Prinzipien der Entindividualisierung: Theorie und Praxis biographischer Studien bei Johann Gustav Droysen 9783412213374, 9783412207045, 1989100111

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Prinzipien der Entindividualisierung: Theorie und Praxis biographischer Studien bei Johann Gustav Droysen
 9783412213374, 9783412207045, 1989100111

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Falko Schnicke Prinzipien der Entindividualisierung

Beiträge zur Geschichtskultur Band 35

herausgegeben von Jörn Rüsen

Falko Schnicke

Prinzipien der Entindividualisierung Theorie und Praxis biographischer Studien bei Johann Gustav Droysen

2010 BÖHLAU VERLAG KÖLN WEIMAR WIEN

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. Umschlagabbildung: Eduard Bendemann: [Johann Gustav Droysen], 1885, Öl auf Leinwand. © bpk / Nationalgalerie, SMB / Andres Kilger / Eduard Bendemann: Bildnis Johann Gustav Droysen.

© 2010 by Böhlau Verlag GmbH & Cie, Köln Weimar Wien Ursulaplatz 1, D-50668 Köln, www.boehlau.de Alle Rechte vorbehalten. Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist unzulässig. Druck und Bindung: Prime Rate kft, Budapest Gedruckt auf chlor- und säurefreiem Papier Printed in Hungary ISBN 978-3-412-20704-5

INHALT

I. EINLEITUNG: ›BIOGRAPHIE‹ ALS PROBLEM ......................................

1

1.

Gegenstand, Aufbau und Arbeitsgrundlagen ...............................

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2.

Ad personam? Struktur und Kritik des Forschungsstandes ......... 11

II. WERKMEISTER UND IDEE ALS BIOGRAPHIOLOGISCHE POLE ............ 21 1.

Gegenstand und Formen der Geschichtsschreibung .................... 22 a. Bendemanns Visualisierungen biographischer Studien ...... 29 b. Exkurs 1: Universalhistorie und ihr Appendix im späten 18. Jahrhundert .................................................................... 40

2.

Wirkungsmacht und Individuum ................................................. a. Anleihen an Hegels weltgeschichtlichen Individuen .......... b. Widersprüche des ›nur biographischen Maßes‹ .................. c. Race-, class- und gender-Konstellationen ...........................

3.

Zwischenergebnis: Definitionen von ›Biographie‹ ...................... 95

53 62 68 72

III. BIOGRAPHISCHE PRAXIS ALS ›SYMBIOSE VON WISSENSCHAFT UND POLITIK‹ ....................................................................................... 97 1.

Exkurs 2: ›Cum ira et studio‹. Aspekte kleindeutscher Historiographie ......................................................................................... 99

2.

Idealistische Biographik. Alexander der Große als welthistorische Chiffre ............................................................................... 107 a. Einleitung zum und Perspektivierung auf den Historismus 107 b. Alexander – ›Die Geschichte hat nichts Aehnliches aufzuweisen‹ ....................................................................... 115 c. Differenzen in der Kontinuität. Zur Neuauflage 1877 ........ 129

VI

3.

Inhalt

Politische Biographik. Yorck von Wartenburg als Personalisierung Preußens .......................................................................... 132 a. Preußens Heldentum in drei Bänden ................................... 133 b. Yorck als Nicht-Werkmeister .............................................. 138 c. Zur politischen Funktionalität des ›York von Wartenburg‹ 149

IV. RESÜMEE: PRINZIPIEN DER ENTINDIVIDUALISIERUNG ................... 161 1.

Merkmale biographischer Studien im Verhältnis von Theorie und Praxis .................................................................................... 161

2.

Biographische Entindividualisierung: Defokussierte Indi viduen........................................................................................... 166

3.

Ausblick: Droysens Position als Gegenmodell aktueller Biographik ................................................................................... 173

V. DANKSAGUNG ................................................................................. 179

VI. ANHANG ........................................................................................ 183 1.

Übersicht zum Auflagenverlauf .................................................. 183

2.

Siglen- und Abkürzungsverzeichnis ............................................ 185

3.

Quellen- und Literaturverzeichnis................................................ 188 a. Archivalien .......................................................................... 189 b. Publizierte Quellen .............................................................. 189 c. Forschungsliteratur .............................................................. 196

4.

Abbildungsnachweise .................................................................. 240

VII. PERSONENREGISTER ..................................................................... 241

I. EINLEITUNG: ›BIOGRAPHIE‹ ALS PROBLEM

Angesichts der aktuell ubiquitären Rhetorik vom »biographische[n] Verlangen«1, von der »Renaissance der Biographie«2, vom »[b]iographical [t]urn«3 und »boom in [...] biography«4 ernüchtern die vorliegenden Ergebnisse der Biographiologie5. Während durchaus Untersuchungen zur Theorie und Geschichte der Biographik vorliegen, ist schon der Gegenstandsbereich biographiologischer Forschung nicht hinreichend bestimmt. »Was eigentlich ist eine Biographie?«6, fragte Zimmermann und sah sich mit einer breiten Antwortlosigkeit konfrontiert. Die ungesicherte Theorie zur historischen Biographik resultiert aus einer doppelt problematischen Forschungspraxis. In historischer Hinsicht 1

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3

4 5

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Ulrich Raulff. »Der große Lebenshunger. Erlösende Literatur: Das biographische Verlangen wächst«. FAZ (04.03.1997): 33. Neben vielen anderen möglichen Stellen so bei Hans Erich Bödecker. »Biographie. Annäherungen an den gegenwärtigen Forschungs- und Diskussionsstand«. Biographie schreiben [Göttinger Gespräche zur Geschichtswissenschaft, 18]. Hg. v. dems. Göttingen 2003. 11-63, 12. Neben einem Band dieses Titels (Prue Chamberlayne, Joanna Bornat u. Tom Wengraf (Hg.). The Turn to Biographical Methods in Social Science. Comparative Issues and Examples. London 2000) sei auf zwei internationale Tagungen hingewiesen. 2004 veranstaltete das DHI Washington einen Kongress zur biographischen Wende (Toward a Biographical Turn? Biography in Modern Historiography – Modern Historiography in Biography, Washington (D.C.)), zuvor hatte die International Auto/Biography Association eine Tagung organisiert: Approaching the Auto/Biographical Turn. The First International Conference on Auto/Biography, Peking 1999. Nigel Hamilton. Biography. A Brief History. Cambridge u. London 2007, 222. Der Begriff ›biographiologisch‹ ist von Klein übernommen. Er führt ihn als terminus technicus für die »Wissenschaft von der Biographik« ein, die danach fragt, »welche Funktion ihnen [biographischen Studien] als Genre insgesamt, zu einer bestimmten Zeit oder in einer bestimmten Ausprägung zukommen kann«. Christian Klein. »Einleitung. Biographik zwischen Theorie und Praxis. Versuch einer Bestandsaufnahme«. Grundlagen der Biographik. Theorie und Praxis des biographischen Schreibens. Hg. v. dems. Stuttgart u. Weimar 2002. 1-22, 4. – Das thematisch wie zeitlich umfassende Handbuch Biographie, das im November 2009 erschienen ist, fasst den bisherigen Forschungsstand zusammen. Vgl. Christian Klein (Hg.). Handbuch Biographie. Methoden, Traditionen, Theorien. Stuttgart u. Weimar 2009. Da es nach der Fertigstellung des vorliegenden Manuskripts publiziert worden ist, konnte es nicht mehr systematisch ausgewertet werden. Christian von Zimmermann. Biographische Anthropologie. Menschenbilder in lebensgeschichtlicher Darstellung (1830-1940) [Quellen und Forschungen zur Literatur- und Kulturgeschichte, 41]. Berlin u. New York 2006, 1.

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Einleitung: ›Biographie‹ als Problem

ist sie wesentlich durch die mangelnde Präzision in der Verwendung des Begriffs ›Biographie‹ begründet. Nicht zuletzt infolge der bundesdeutschen Debatte um das Verhältnis von Sozialgeschichte und biographischen Studien seit den 1970er Jahren, die mit Epitheta wie »politische«, »klassische«, »sozialgeschichtlich[e]«, »[t]iefenpsychologische«, »experimentelle« und »moderne Biographie« operierte7, existiert keine verbindliche Bedeutung für ›Biographie‹. Ein normativer Sinngehalt ist hinter den divergierenden und miteinander konkurrierenden Bedeutungen nicht auszumachen. Dabei ist nicht davon auszugehen, dass ein solcher einmal bestanden und sich über den pragmatischen Gebrauch verloren hätte. Auch wenn sich etwa für das 19. Jahrhundert keine ähnlichen attributiven Formulierungen nachweisen lassen, finden sich hier durchaus mehrere Vorstellungen zu historischer Biographik. So unterscheidet sich beispielsweise die stark handlungsorientierte Biographik Treitschkes erheblich von der auf einen Gesamtzusammenhang menschlichen Daseins abzielenden Biographik Diltheys. Wenn diese uneindeutige Terminologie im Sinne eines für Innovation und Pluralität offenen Faches nicht prinzipiell zu kritisieren ist, stellt sie für die Biographiologie in praxi aber durchaus eine Herausforderung dar. In systematischer Hinsicht markiert Zimmermanns Frage also eine Leerstelle der historischen Forschung. Während die deutsche, mit biographischen Studien befasste Literaturwissenschaft ihren Gegenstand spätestens seit Ende der 1970er Jahre zu fixieren versucht hat8, gilt das für die 7

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Es gehört zu den Charakteristika der Forschungsgeschichte, dass es bislang keine Aufarbeitung dieser Diskussion um das Genre gibt. Aus diesem Grund sind nachfolgend Einzelnachweise in Reihenfolge der Zitate aufgeführt; sie verstehen sich als Beispiele, die fehlende Systematik kann an dieser Stelle nicht ersetzt werden. Hans-Ulrich Wehler. »Zum Verhältnis von Geschichtswissenschaft und Psychoanalyse«. Geschichte und Psychoanalyse. Hg. v. dems. Köln 1971. 9-31, 9. Hagen Schulze. »Die Biographie in der ›Krise der Geschichtswissenschaft‹«. GWU 29 (1978): 508-518, 508. Andreas Gestrich, Peter Knoch u. Helga Merkel (Hg.). Biographie – sozialgeschichtlich. Sieben Beiträge. Göttingen 1988. Thomas Kornbichler. Tiefenpsychologische Biographik. Diss. masch. (Berlin) 1987. Jürgen Oelkers. »Biographik – Überlegungen zu einer unschuldigen Gattung«. NPL 19 (1974): 296-309, 308. Christian Meier. »Die Faszination des Biographischen«. Interesse an der Geschichte. Hg. v. Frank Nies. Frankfurt am Main u. New York 1989. 100-111, 104. Am wichtigsten sind hierbei die Arbeiten des Kasseler Germanisten Scheuer. Vgl. Helmut Scheuer. Biographie. Studien zur Funktion und zum Wandel einer literarischen Gattung vom 18. Jahrhundert bis zur Gegenwart. Stuttgart 1979. Helmut Scheuer. »Biographie. Überlegungen zu einer Gattungsbeschreibung«. Vom Anderen und vom Selbst. Beiträge zu Fragen der Biographie und Autobiographie. Hg. v. Reinhold Grimm u. Jost Hermand. Königstein (Ts.) 1982. 9-29. Helmut Scheuer. »Biographie1«. Reallexikon der Deutschen Literaturwissenschaft. Neubearbeitung des Reallexikons der deutschen Literaturge-

Einleitung: ›Biographie‹ als Problem

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Geschichtswissenschaft bis heute nicht entsprechend9. Zu konstatieren ist stattdessen die weitgehende Absenz einer über spezielle Forschungsinteressen hinausgehenden, generellen Gattungsbestimmung innerhalb der Historiographie. Was also eine historische Biographie ist, welcher Objektbereich ihr – je nach Perspektive – zuerkannt oder zugestanden wird, über welche Strukturentscheidungen sie zu welchen Ergebnissen kommt, ist nicht systematisch diskutiert und trotz Hähners prinzipieller Differenzierung von personaler und historischer bzw. syntagmatischer und paradigmatischer Biographik10 nicht gesichert. Als erste Konsequenz aus dieser Bestandsaufnahme soll der Terminus ›biographische Studien‹ statt ›Biographie‹ als Bezeichnung des Untersuchungsgegenstandes für die historische Diskussion vorgeschlagen werden. Er bietet einen zweifachen Vorteil: Typologisch fungiert er als Oberbegriff für unterschiedliche Arbeiten und umfasst damit Monographien ebenso wie Darstellungen anderen Zuschnitts (Essays, Nachrufe, Prosopographien u.a.). Damit ist dem enormen Formenspektrum, das vor allem im 18. und 19. Jahrhundert zu beobachten ist11, Rechnung getragen. Daneben ist mit ihm epistemologisch die beschriebene inhaltlich-begriffliche

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schichte 1. Hg. v. Klaus Weimar. Berlin u. New York 1997. 233-236. Vgl. daneben u.a. Horst Oppel. »Grundfragen der literaturhistorischen Biographie«. DVjs 18 (1940). 139172. Holger Dainat. »Biographie2«. Reallexikon der Deutschen Literaturwissenschaft. Neubearbeitung des Reallexikons der deutschen Literaturgeschichte 1. Hg. v. Klaus Weimar. Berlin u. New York 1997. 236-238. Peter-André Alt. »Mode ohne Methode? Überlegungen zu einer Theorie der literaturwissenschaftlichen Biographik«. Grundlagen der Biographik. Theorie und Praxis des biographischen Schreibens. Hg. v. Christian Klein. Stuttgart u. Weimar 2002. 23-39. Das ist schon vor 70 Jahren festgestellt (vgl. Felix Schottlaender. »Über Lebensschilderung«. PJ 217 (1929): 325-333, 325) und seit dem ständig wiederholt worden. – Ullrichs Versuch zu klären, »was [...] eine gute historische Biographie aus[macht]«, ist von wenig Innovativkraft. Volker Ullrich. »Die schwierige Königsdisziplin. Das biografische Genre hat immer noch Konjunktur. Doch was macht eine gute historische Biographie aus?« Die Zeit (04.04.2007): 51-52. Trotz ihrer vielversprechenden Titel bieten auch die Darstellungen von Lee, Thayer, Johnston und Garraty keine umfassende Theorie zu Gattung biographischer Studien. Vgl. Sidney Lee. Principles of Biography. The Leslie Stephen Lecture. Cambridge 1911. William R. Thayer. Art of Biography. New York 1920. James C. Johnston. Biography. The Literature of Personality. London u. New York 1927. John A. Garraty. The Nature of Biography. New York 1957. Vgl. Olaf Hähner. Historische Biographik. Die Entwicklung einer geschichtswissenschaftlichen Darstellungsform von der Antike bis ins 20. Jahrhundert [Europäische Hochschulschriften, III.829]. Frankfurt am Main 1999, 27-33. Vgl. Falko Schnicke. »18. Jahrhundert«. Handbuch Biographie. Methoden, Traditionen, Theorien. Hg. v. Christian Klein. Stuttgart u. Weimar 2009. 234-242, 235. Falko Schnicke. »19. Jahrhundert«. Handbuch Biographie. Methoden, Traditionen, Theorien. Hg. v. Christian Klein. Stuttgart u. Weimar 2009. 243-250, 246-248.

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Einleitung: ›Biographie‹ als Problem

Unschärfe umgangen. Gerade weil ›Biographie‹ selbst als zu problematisierende Vokabel verstanden werden muss, die mit einem semantischen Feld verwandter, aber relativ verschiedener biographischer Formen in Korrespondenz steht12, sind durch sie im Erkenntnishorizont liegende, historische Implikationen nicht auszuschließen. Der Begriff ›biographische Studien‹ ermöglicht damit die Trennung zwischen Objekt- und Beschreibungssprache, die im deutschsprachigen Wissenschaftsraum, im Gegensatz zum englischsprachigen, in dem der Terminus life writing etabliert ist, bislang nicht nachvollzogen worden ist.13 Interpretiert man das Fehlen übergreifender Bestimmungsversuche nicht als Versäumnis, sondern als Resultat methodischer Schwierigkeiten, ergibt sich – als zweite Konsequenz – die Notwendigkeit eines kleinteiligeren Vorgehens. Der Versuch einer generellen Definition biographischer Studien wird wesentlich dadurch erschwert, dass es nur wenige allgemeinverbindliche, überzeitliche Aspekte zu geben scheint.14 Zudem limitieren heuristische Aspekte die Bearbeitung durch Einzelwissenschaftler_innen, denn bereits für die Entwicklung seit dem 18. Jahrhundert sind mehrere hundert biographische und biographiologische Studien zu berücksichtigen. Will man im Ergebnis überdies nicht in lediglich allgemeinen Angaben verbleiben, oder einen Abriss der sich über die Zeit wandelnden Auffassungen als kumulativ-historische Definitionen auflisten, wie das in Lexikonbeiträgen üblicherweise geschieht, ist die Fokussierung auf ein konkretes Beispiel unausweichlich.

1. Gegenstand, Aufbau und Arbeitsgrundlagen Wenn eine solche Lösung einerseits einen engeren Geltungsbereich ihrer Ergebnisse akzeptieren muss, weil sie lediglich einen Ausschnitt der gattungsgeschichtlichen Totalität darstellt, bietet sich andererseits die Möglichkeit einer detaillierten, am Einzelfall ausgerichteten Betrachtung. Für 12

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Vgl. dazu exemaplarisch Falko Schnicke. »Begriffsgeschichte. Biographie und verwandte Termini«. Handbuch Biographie. Methoden, Traditionen, Theorien. Hg. v. Christian Klein. Stuttgart u. Weimar 2009. 1-6. Eine direkte Übersetzung verbietet sich insofern, als ›Lebensbeschreibung‹ ebenfalls ein Quellenbegriff (besonders des 18. Jahrhunderts) ist, während ›Biographik‹ eine im jeweiligen Kontext variable Gesamtheit biographischer Studien bezeichnet. Gittings etwa verneinte die Möglichkeit, generell gültige Merkmale und Regeln für biographische Studien festlegen zu können, gänzlich. Vgl. Robert Gittings. The Nature of Biography. London 1978, 92.

Einleitung: ›Biographie‹ als Problem

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die biographiologische Position Droysens15, die Gegenstand der folgenden Untersuchungen ist, soll diese Möglichkeit insofern genutzt werden, als neben der theoretischen Position auch seine konkreten biographischen Studien berücksichtigt werden. Nur indem die teilweise erheblichen Differenzen – um eine der zu entwickelnden Hauptthesen vorweg zu nehmen – zwischen seinen Ausführungen zur Theorie des Genres und den historiographischen Realisierungen wahrgenommen werden, d.h. nur in der kombinierten Betrachtung beider Produktionsfelder, kann ein wissenschaftsgeschichtliches »Glasperlenspiel«16 vermieden und Droysens biographiologische Position insgesamt untersucht werden. Diese Überzeugung knüpft an Niggls konzeptionelle Ausführungen zur Historiographie nicht-fiktionaler Gattungen an. Dabei geht es hier zwar nicht um die Umsetzung seines Entwurfs zu einem Forschungsprogramm einer »dezidiert 15

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Johann Gustav Bernhard Droysen (1808-1884) studierte ab 1826 klassische Philologie und Philosophie in Berlin. Seine prägenden Lehrer waren Boeckh und Hegel, bei Ranke hörte er nur eine einzige Vorlesung. Vgl. den Studienverlauf bei Hildegard Astholz. Das Problem ›Geschichte‹ untersucht bei Johann Gustav Droysen [Historische Studien, 231]. Berlin 1933/ ND Vaduz 1965, 209-210; das Original des Abgangszeugnisses vom Mai 1829, auf dem alle Veranstaltungen verzeichnet sind, liegt heute im Geheimen Staatsarchiv, Berlin (GstA PK, VI. HA., Nl. Johann Gustav Droysen, Nr. 181, o.Bz.). 1831 wurde Droysen mit einer althistorischen Arbeit promoviert, zwei Jahre später habilitierte er sich. Nach einer außerplanmäßigen Professur in Berlin, lehrte er ab 1840 als Ordinarius in Kiel, danach in Jena (ab 1851) und ab 1859 wieder in Berlin zumeist neue, aber auch alte und mittelalterliche Geschichte sowie antike Literaturgeschichte und Stillehre. Ist er heute aufgrund der Historik vor allem als Theoretiker bekannt, stellte zeitgenössisch die Geschichte der Preußischen Politik (14 Bde., 1855-1886) sein historiographisches Hauptwerk dar. Das, zumindest lebenszeitlich vermessen, »historiographisch[e] Finale« seines Schaffens (Stephan Paetrow. »Die Produktivität der Provinz. Zur Entstehung von Droysens ›Historik‹ und ›Preußischer Politik‹«. Philosophische Fakultät. Historisches Institut. Droysen Vorlesungen. 19. November 2001 bis 6. Februar 2003 [Jenaer Universitätsreden, 18]. Hg. v. Lutz Niethammer. Jena 2005. 201-227, 205), in dem Droysen Preußens deutsche Sendung bis ins Mittelalter hinein materialreich zurückverfolgen können glaubte, besitzt heute keine wissenschaftliche Relevanz mehr, sondern hat vielmehr selbst Quellencharakter. Unter seinen biographischen Studien sind die Geschichte Alexander des Großen (1833, zweite Fassung 1877) und Das Leben des Feldmarschalls Grafen York von Wartenberg (3 Bde., 1851-1852) von besonderer Bedeutung. Das biographische Werk wird von den im Rahmen der Preußischen Politik entstandenen Würdigungen Friedrich Wilhelms I. König von Preußen (Teil 4.2-3, 2 Bde., 1869) und Friedrichs des Großen (Teil 5, 3 Bde., 1874-1886) komplettiert. Wehler forderte mit dieser Metapher den Einbezug der Praxis in wissenschaftstheoretische Diskussionen. Hans-Ulrich Wehler. »Modernisierungstheorie und Gesellschaftsgeschichte – Einwände gegen Chris Lorenz’ kritische Überlegungen«. Wozu Geschichte(n)? Geschichtswissenschaft und Geschichtsphilosophie im Widerstreit. Hg. v. Volker Depkat, Matthias Müller u. Andreas U. Sommer. Stuttgart 2004. 145-153, 147-148.

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Einleitung: ›Biographie‹ als Problem

literaturwissenschaftlichen [Gattungsg]eschichte«17; Punkt vier seines Programms kann in seiner Forderung der Kombination von Gattungstheorie und kontextualisierter Darstellungspraxis jedoch über die Literaturwissenschaft hinaus Geltung beanspruchen, etwa wenn er feststellt, dass »[n]icht schon eine Kette von Einzelinterpretationen, auch nicht in paralleler Typengliederung, sondern erst das Gewebe von Form und Formvorstellungen [...] die Gattungsgeschichte [ergibt]«18. Ziel der vorliegenden Untersuchungen ist es auf einer ersten Ebene, die Frage zu beantworten, in welchem Verhältnis Individuum und überindividuelle Aspekte der Geschichte stehen und welche Folgen sich für die Interpretation und Darstellung historischer Figuren damit verbinden; letztlich also die Frage, was historische Biographik bei Droysen ist, bzw. welches die »historischen Bedingungen der Identität und Individualität«19 bei Droysen sind. Auf einer zweiten Ebene soll mit diesen Erkenntnissen die in der Forschung seit langem virulente These, Biographik sei überzeitlich ein Medium zur Darstellung einer individuellen Person um ihrer selbst willen, überprüft werden. Um der späteren systematischen Entwicklung dieses Problemhorizontes nicht vorzugreifen (vgl. IV.2), seien an dieser Stellen nur zwei Belege angeführt; eine Position der älteren Forschung und ein Beispiel aus der Gegenwart. So beschrieb Romein die Biographik übergreifend als »Lebensbeschreibung von Einzelmenschen«20 und als kulturelle Praktik, »in der es um die Kenntnis des individuellen Menschenlebens geht«21. Auch Hornung notierte allgemeinverbindlich, dass die »essence of live writing is the repressentation of an individual self«22, bevor er verschiedene Beispiele diese Position untermauern ließ. Wie der Titel der vorliegenden Arbeit, Prinzipien der Entindividualisierung, bereits ankündigt, wird der ahistorische Geltungsanspruch dieser Individualisierungsthese für Droysen nicht nur verneint, sondern in sein Gegenteil verkehrt. Dieser Aspekt stellt dabei kein Charakteristikum neben anderen 17

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21 22

Günther Niggl. »Probleme und Aufgaben der Geschichtsschreibung nichtfiktionaler Gattungen«. Textsorten und literarische Gattungen. Dokumentation des Germanistentages in Hamburg vom 1. bis 4. April 1979. Hg. v. Vorstand der Vereinigung der deutschen Hochschulgermanisten. Berlin 1983. 305-316, 310. Ebd., 313. Zimmermann 2006, 21. Jan Romein. Die Biographie. Einführung in ihre Geschichte und ihre Problematik. Übers. v. Huber Noodt. Bern 1948, 14. Ebd., 140. Alfred Hornung. »Anthropology and Life Writing«. Encyclopedia of Life Writing. Autobiographical and Biographical Forms 1. Hg. v. Margaretta Jolly. Chicago u. London 2001. 38-40, 38.

Einleitung: ›Biographie‹ als Problem

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dar, sondern – so die leitende Annahme der sich anschließenden Untersuchungen – definiert Droysens Biographik fundamental. Die offenzulegenden Prinzipien der Entindividualisierung sind nicht im Sinne einer Spezialuntersuchung ein Fokus unter mehreren, sondern als grundsätzliches (und durch Droysen selbst nicht hinreichend reflektiertes) Merkmal des von ihm definierten Genres zu verstehen. Die Bedeutung Droysens für die Historiographiegeschichte generell muss nicht erwiesen werden; die Historik gilt in wissenschaftshistorischer wie -theoretischer Sicht als »Fundamentalschrift«23, d.h. als »einer der bedeutendsten [...] Text[e] zur Theorie der Geschichtswissenschaft«24. Im Speziellen sprechen vor allem drei Gründe für die Wahl Droysens. Erstens ist Droysen für die Geschichte der Biographik eminent wichtig, auch wenn er nicht, wie gelegentlich behauptet25, die erste historische Biogra23

24

25

Stefan Jordan. »Hegel und der Historismus«. Hegels Vorlesungen über die Philosophie der Weltgeschichte [Hegel-Studien. Beihefte, 38]. Hg. v. Dietmar Köhler u. Elisabeth Weisser-Lohmann. Bonn 1998. 205-224, 215. Jörn Rüsen. »Die sittliche Macht der Geschichte – Johann Gustav Droysen«. Ders. Konfigurationen des Historismus. Studien zur deutschen Wissenschaftskultur. Frankfurt am Main 1993. 226-275, 243. – Droysens Historik ist gleichwohl nicht die erste. Vgl. zur langen Tradition der Gattung Horst Walter Blanke. »Von Chyträus zu Gatterer. Eine Skizze der Historik in Deutschland vom Humanismus bis zur Spätaufklärung«. Aufklärung und Historik. Aufsätze zur Entwicklung der Geschichtswissenschaft, Kirchengeschichte und Geschichtstheorie in der deutschen Aufklärung. Hg. v. dems. u. Dirk Fleischer. Waltrop 1991. 113-140. Horst Walter Blanke, Dirk Fleischer u. Jörn Rüsen. »Historik in akademischer Praxis. Zur Tradition geschichtstheoretischer Reflexion in Deutschland von 1750 bis 1900«. Aufklärung und Historik. Aufsätze zur Entwicklung der Geschichtswissenschaft, Kirchengeschichte und Geschichtstheorie in der deutschen Aufklärung. Hg. v. Horst Walter Blanke u. Dirk Fleischer. Waltrop 1991. 1-32. Horst Walter Blanke. »Zur Geschichte und Theorie des Theorie-Gebrauchs und der Theorie-Reflexion in der Geschichtswissenschaft«. Tagungsdokumentation. Theorien über Theorien über Theorien [IWT-Paper, 24]. http:// www.uni-bielefeld.de/iwt/general/iwtpapers/bd-blanke. pdf [19.02.2008]. Hg. v. Anke Jobmann u. Bernd Spindler. Bielefeld 1999. 7-23. Alexandre Escudier. »De Chladenius à Droysen. Théorie et méthodologie de l’histoire de la langue allemande (1750-1860)«. Annales 58 (2003): 743-777. Vgl. Gustav Droysen. Johann Gustav Droysen. Erster Teil. Bis zum Beginn der Frankfurter Tätigkeit. Berlin u. Leipzig 1910, 106. Jürgen Busche. »Nachwort«. Johann Gustav Droysen. Geschichte Alexanders des Großen. Nach dem Text der Erstausgabe 1833. Hg. v. dems. u. Paul König. Zürich 1984. 583-601, 599. Diese Einschätzung übersieht die Arbeiten der Aufklärung oder operiert mit einem Verständnis der Wissenschaftsgeschichte, das nach den Argumenten Blankes und Fleischers zur Aufklärungshistorie als Beginn der wissenschaftlichen Geschichtsschreibung überholt ist. Vgl. Horst Walter Blanke u. Dirk Fleischer (Hg.). Theoretiker der deutschen Aufklärungshistorie [Fundamenta Historica. Texte und Dokumente, 1.1-2]. 2 Bde. Stuttgart-Bad Cannstatt 1990. Horst Walter Blanke. Historiographiegeschichte als Historik [Fundamenta Historica. Texte und Dokumente, 3]. Stuttgart-Bad Cannstatt 1991. Horst Walter Blanke u. Dirk Fleischer (Hg.). Aufklä-

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Einleitung: ›Biographie‹ als Problem

phie verfasst hat. Droysen kommt biographiegeschichtlich hingegen der Rang zu, das Genre nach der Trennung von Biographie und Geschichte systematisch in den wissenschaftlichen Kanon reintegriert zu haben (vgl. dazu II.1). Biographische Studien nehmen zweitens einen quantitativ bedeutenden Teil in seinem Œuvre ein; unter den Historikern überboten wird er hier, wenn man so will, nur von Pertz26. Drittens deckt seine Schaffenszeit einen Großteil des 19. Jahrhunderts ab. Damit ist es möglich, Entwicklungen über politikgeschichtliche Zäsuren hinweg zu verfolgen und gattungsgeschichtliche Verschiebungen zu kontextualisieren. Die vorliegende Arbeit gliedert den Stoff der erörterten Grundüberzeugung (Einbezug von Theorie und Praxis) entsprechend nicht historisch, sondern thematisch. Die Bearbeitung der Fragestellung erfolgt über drei Arbeitsschritte, die den drei Hauptteilen entsprechen. Im Zentrum des ersten Hauptteils (II) steht Droysens methodologisch-theoretische Verortung biographischer Studien. Hier wird zunächst die Stellung des Genres innerhalb von Droysens eigenem historiographischen System analysiert; den Ausführungen zur historischen Topik kommt dafür gegenstandsgemäß besonderes Gewicht zu. Darauf aufbauend werden die für biographische Studien relevanten Bestimmungen systematisch interpretiert und hinsichtlich ihrer internen Logik kritisiert. Diskutiert werden u.a. der dem Genre zugeschriebene Objektbereich, der damit verbundene Erkenntnishorizont sowie implizite race-, class- und gender-Konstellationen. Die Untersuchungen sind dabei auf die überaus relevanten geschichtsphilosophischen Maximen und außerwissenschaftlichen Axiome Droysens abgestützt, ohne eine umfassende Interpretation auch dieser leisten zu können. Insgesamt hat der erste Hauptteil die Funktion eine theoretische Folie bereitzustellen, auf der die biographische Praxis wahrgenommen werden kann. Wie das in der Forschung üblicherweise der Fall ist, dient die Historik in ihren differenten Formen als Hauptquelle, ohne jedoch die Analyse in ihrer Interpretation zu erschöpfen. Systematisch werden daneben weitere, nur selten beachtete methodologisch-theoretische Texte27 (Rede

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rung und Historik. Aufsätze zur Entwicklung der Geschichtswissenschaft, Kirchengeschichte und Geschichtstheorie in der deutschen Aufklärung. Waltrop 1991. Vgl. Georg H.Pertz. Das Leben des Ministers Freiherrn vom Stein. 6 Bde. Berlin 18491855 [= PStein]. Georg H. Pertz. Das Leben des Feldmarschalls Grafen Neidthardt von Gneisenau. 3 Bde. Berlin 1864-1869. Als methodologisch-theoretisch wird im Sinne einer Arbeitsdefinition ein Text verstanden, der nicht primär eine hermeneutische oder analytisch-erklärende Funktion gegenüber einem historischen Ereignis, sondern vorwiegend die Versicherung bzw. diskursive Herstellung der Arbeitsgrundlage historiographischer Erkenntnis und Darstellung zum Ziel

Einleitung: ›Biographie‹ als Problem

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zur tausendjähr. Gedächtnisfeier des Vertrages zu Verdun, [Privatvorrede]28, Die Erhebung der Geschichte zum Rang einer Wissenschaft, Natur und Geschichte, Kunst und Methode, Antrittsrede bei der Berliner Akademie, Philosophie der Geschichte, Vorworte der Geschichte der Preußischen Politik) und Bendemanns posthumes Porträt von Droysen miteinbezogen. Damit ist der ohne Prüfung aufgestellten Behauptung Pflaums widersprochen, dass der Einbezug dieser Texte »unfruchtba[r]«29 sei. Zugestimmt werden kann aber dem bei ihm erstmals explizit entwickelten Verständnis, die Historik Droysens – d.h. hier seine Geschichtskonzeption – sei mehr als der Text der gleichnamigen Vorlesung30. Die folgende Untersuchung ist damit insofern durch die Quellenauswahl vorgeprägt, als ihr die Überzeugung, die Historik formuliert Droysens historiographische Theorie zwar zentral, nicht aber exklusiv, zugrunde liegt. Unter dem Titel Biographische Praxis als ›Symbiose von Wissenschaft und Politik‹ erörtert der zweite Hauptteil (III) am Beispiel Alexanders und York von Wartenburgs die Umsetzung des theoretischen Programms in der Praxis. Im Zentrum steht dabei die Frage, ob es sich bei den ausgewählten Werken um die Umsetzung des Programmentwurfs handelt oder die Texte als eigene biographiologische Positionen zu werten sind. Neben Untersuchungen zur tatsächlich dargestellten Geschichte, zu Intentionen, Eigen- und Fremdwahrnehmungen werden dabei die Analysen zu geschlechter-, klassen- und ethnienspezifischen Zuschreibungsprozessen wieder aufgenommen. Die heutige Beurteilung der indirekt behandelten historischen Figuren ist dabei nicht Gegenstand der Untersuchung und bleibt entsprechend undiskutiert. Alexander und York von Wartenburg bieten sich für die leitende Fragestellung dieses Hauptteils in besonderer Weise an: Werkintern handelt

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hat. Gegenüber anderer geschichtswissenschaftlicher Produktion leistet er damit eine Metakonstruktion der als Geschichte beschriebenen Vergangenheit. Teilweise inhaltliche Überschneidungen mit nicht methodologisch-theoretischen Texten sind – gerade im 19. Jahrhundert – dabei keineswegs ausgeschlossen. Hierbei handelt es sich um das nur in wenigen Exemplaren für Freunde produzierte Vorwort zur ersten Auflage des dritten Bandes der Geschichte des Hellenismus. Der Titel geht auf die Forschung, nicht auf Droysen zurück. Christoph D. Pflaum. J. G. Droysens Historik in ihrer Bedeutung für die moderne Geschichtswissenschaft [Geschichtliche Untersuchungen, 5.2]. Gotha 1907, 4. Vgl. ebd., 3-4. Später so auch bei Bernd Ottnad. Mensch und Natur bei Johann Gustav Droysen. Diss. masch. (Freiburg (i. Br.)) 1952, 7-8. Vgl. nun auch Texte im Umkreis der Historik, die Textsammlung Blankes mitsamt seines Vorwortes: Horst Walter Blanke. »Vorwort des Herausgebers«. Johann Gustav Droysen. Historik 2.1. Texte im Umkreis der Historik [Historik. Historisch-kritische Ausgabe, 2]. Hg. v. dems. Stuttgart-Bad Cannstatt 2007. IX-XXII.

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es sich bei ihnen um zwei wichtige Publikationen Droysens; Alexander ist die erste große historische Arbeit, die vor allem in ihrer zweiten Auflage breit rezipiert worden ist31, York von Wartenburg stellt wohl die quantitativ erfolgreichste historiographische Publikation des 19. Jahrhunderts überhaupt dar (vgl. VI.1) und war mindestens innerhalb der kleindeutschen Schule wirkmächtig32. Alexander und York von Wartenburg bilden zudem gewissermaßen biographiologische Pole. Wie die Analyse der in mehrfacher Hinsicht paradigmatischen Texte zeigt, entspricht Alexander der Theorie weitgehend, während York von Wartenburg quer dazu steht und – wie das gesamte späte Œuvre Droysens – vor allem den Maximen einer politisch fundierten Ethik folgt. Wird der Briefwechsel auch schon im ersten Hauptteil berücksichtigt33, ist er für die Betrachtungen hier von ungleich größerer Relevanz, da ihm für die Rekonstruktionen von Motiven und Bewertungen hinsichtlich beider Arbeiten erhebliche, zum Teil exklusive Erklärungskraft zukommt.34 Die beiden Exkurse zur Biographik des 18. Jahrhunderts (II.1.b) und zur kleindeutschen Schule (III.1) dienen der Kontextualisierung der Spezialuntersuchungen. Sie stehen nicht über, sondern neben den Materialanalysen und sind in den Argumentationsgang integriert. Im abschließenden Teil werden die Studien zur Theorie mit den Fallstudien zusammengeführt (IV.1) und die zuvor implizit verfolgten Prinzipien der Entindividualisierung als programmatische Gemeinsamkeit begründet (IV.2). Damit ist der Schwierigkeit begegnet, zwei Hauptargumentationen zu verfolgen; einerseits das Verhältnis von Individuum und 31

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In der vorliegenden Arbeit werden sowohl die Fassung von 1833 wie von 1877 untersucht. Das ist neben diesem Rezeptionsaspekt auch deshalb geboten, weil die spätere Variante so sehr überarbeitet worden ist, dass es sich in Gestalt und Konzeption um zwei verschiedene Texte handelt (vgl. III.2). – In der Forschung finden sich nur selten Angaben dazu, welche Fassung verwendet wird. Meistens wird die zweite Fassung herangezogen. Es ist also nicht überraschend, wenn Arbeiten, die nicht aus dem engeren Kreis der Droysen-Forschung stammen Alexander ausschließlich in der Fassung von 1877 wahrnehmen Vgl. als neueres Beispiel Uwe Hebekus. Klios Medien. Die Geschichtskultur des 19. Jahrhunderts in der historischen Historie und bei Theodor Fontane [Hermaea. Germanistische Forschungen. N.F., 99]. Tübingen 2003, 108. Vgl. Robert Southard. Droysen and The Prussian School of History. Lexington (Ky.) 1995, 196-198. Ottnad (1952, 13) betont die Bedeutung von Droysens (Alters-)Briefen für seine Geschichtstheorie. In einem Essay hat Assmann denn auch zu Recht jüngst auf die Bedeutung von Briefen als Vorbereitungs- und Präzisierungsinstanz von Ideen und Thesen für die frühere Wissenschaftspraxis hingewiesen. Vgl. Aleida Assmann. »Vom Briefwechsel zum E-MailExerzitium«. Gegenworte 16 (2005). http://www.gegenworte.org/heft16/asmann16.html [27.08.2007].

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Struktur35 und andererseits die Individualitätsrepräsentation. Wird erstes in den beiden Hauptteilen stets auf einer Metaebene neben den Detailuntersuchungen mit verhandelt, hat das Resümee die Funktion letztere systematisch zu diskutieren. Der Ausblick fragt nach den historischen Perspektiven von Droysens biographiologischer Position im späten 20. und 21. Jahrhundert (IV.3). Wenn in der Untersuchung viele verschiedene, zeitlich teils erheblich disparate Texte auf einander bezogen werden, soll der Gefahr einer falschen Inbezugsetzung oder einer mangelnden internen Differenzierung methodisch durch das Verfahren des close reading entgegen gewirkt werden. Daneben ist die Darstellung um stete Kontextualisierung bemüht, deren deutlichster Ausdruck die beiden bereits erwähnten Exkurse sind. Das methodische Vorgehen orientiert sich darüber hinaus am Erkenntnisinteresse, weshalb etwa Bendemanns Droysen-Porträt angeregt durch den pictorial turn als Quelle eigenen Rechts ernst genommen wird (II.1.a). Es wird also nicht, den älteren Status von Bildquellen im Fach reproduzierend, als Illustration an die Ergebnisse der eigentlichen Quellenarbeit angehängt, sondern in diese eingebunden. Konkretere methodische und terminologische Probleme des jeweiligen Untersuchungsganges werden im Verlauf des Textes, am Ort ihrer unmittelbaren Relevanz diskutiert. Im Sinne einer besseren Lesbarkeit wird bei historisch bedingten Varianzen in Orthographie und Grammatik »[sic!]« nicht eingeschaltet. Zitate in Zitaten oder Titeln sind durch einfache Anführungszeichen ersetzt. Häufig herangezogene Quellen werden über Siglen zitiert; zur Übersicht sind sie den bibliographischen Angaben vorangestellt (vgl. VI.3.b).

2. Ad personam? Struktur und Kritik des Forschungsstandes In der nun folgenden Kritik des Forschungsstandes ist keine detaillierte Auseinandersetzung mit einzelnen Thesen angestrengt, vielmehr eine allgemeine Sichtung der vorliegenden Literatur. Dabei wird lediglich auf Arbeiten eingegangen werden, die für die formulierte Fragestellung von unmittelbarer Bedeutung sind. Die Forschungsbeiträge sind hierfür in zwei Rubriken sortiert; zunächst soll eine Übersicht zur Droysen-Forschung allgemein, danach zur Biographiologie Droysens wie des 19. Jahrhunderts generell gegeben werden. 35

Wenn dieses Thema vor allem in der Soziologie verhandelt wird, geht es hier nicht darum, diese Diskussionen aufzuarbeiten. Die Stellung des Individuums soll stattdessen als Problem von Historiographie verstanden werden.

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(α) Traf Gilberts Einschätzung, Droysens Leben sei »oftmals dargestellt worden«36 schon zeitgenössisch nicht zu, gilt das nach wie vor. Nur wenige Studien sind zu den älteren, ausnahmslos aus dem persönlichen Umfeld stammenden Nachrufen und biographischen Skizzen hinzugekommen.37 Den tendenziösen Stil begannen Hintze und Meinecke im ersten Drittel des 20. Jahrhunderts abzulegen und begründeten damit einen weniger anekdotischen und stärker kritischen Stil38, wie er nach einer Pause von etwa 30 Jahren in den Darstellungen von Rüsen, Christ und Gehrke fortgesetzt wurde.39 Obermanns überwiegend deskriptive Darstellung beschränkt sich auf die Ausbildung Droysens.40 Als Lexikonartikel zwangsläufig knapp und nicht immer fehlerfrei sind die Beiträge von Schieder, Weber, Jaeger, Blanke, Maltzahn und Kümper41. Spezielle Auf36

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Felix Gilbert. Johann Gustav Droysen und die preussisch-deutsche Frage [Beiheft der HZ, 20]. Berlin u. München 1931, 1-2. Die Beiträge Dunckers, Doves und G. Droysens sind von der Verehrung des Freundes, Kollegen und Sohnes geprägt. Vgl. Max Duncker. »Johann Gustav Droysen«. PJ 54 (1884): 134-167. Alfred Dove. »Johann Gustav Droysen«. Ders. Ausgewählte Schriften vornehmlich historischen Inhalts. Leipzig 1898. 369-383. G. Droysen 1910. Auch Gilberts Lebensbild ist so einzuschätzen und nurmehr als Quelle zu gebrauchen. Vgl. Felix Gilbert. »Johann Gustav Droysen (1808-1884)«. Pommersche Lebensbilder 1. Pommern des 19. und 20. Jahrhunderts. Hg. v. Adolf Hofmeister. Stettin 1934. 141-154. Vgl. Otto Hintze. »Johann Gustav Droysen« [1904]. Ders. Gesammelte Abhandlungen 2. Zur Theorie der Geschichte. Hg. v. Fritz Hartung. Leipzig 1942. 150-194. Friedrich Meinecke. »Johann Gustav Droysen. Sein Briefwechsel und seine Geschichtsschreibung«. HZ 141 (1930): 249-287. Vgl. Jörn Rüsen. »Johann Gustav Droysen«. Deutsche Historiker. Hg. v. Hans-Ulrich Wehler. Göttingen 1973. 115-131. Karl Christ. »Johann Gustav Droysen (1808-1884)«. Ders. Von Gibbon zu Rostovtzeff. Leben und Werk führender Althistoriker der Neuzeit. Darmstadt 1989. 50-67. Hans-Joachim Gehrke. »Johann Gustav Droysen«. Berlinische Lebensbilder 4. Geisteswissenschaftler [Einzelveröffentlichungen der Historischen Kommission zu Berlin, 60]. Hg. v. Michael Erbe. Berlin 1989. 127-142. Vgl. Werner Obermann. Der junge Johann Gustav Droysen. Ein Beitrag zur Entstehungsgeschichte des Historismus. Diss. masch. (Bonn) 1977. Vgl. Theodor Schieder. »Droysen, Johann Gustav Bernhard«. NDB 4. Hg. v. der Historischen Kommission bei der Bayrischen Akademie der Wissenschaften. Berlin 1959. 135137. Wolfgang Weber. »Droysen, Johann Gustav«. Biographisches Lexikon zur Geschichtswissenschaft in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Die Lehrstuhlinhaber für Geschichte von den Anfängen des Faches bis 1970. Hg. v. dems. Bern, Frankfurt am Main, New York u.a. 1984. 113-114. Friedrich Jaeger. »Droysen, Johann Gustav (Bernhard)«. Literatur Lexikon. Autoren und Werke deutscher Sprache 3. Hg. v. Walter Killy. Gütersloh u. München 1989. 120-121. Horst Walter Blanke. »Droysen, Johann Gustav«. Great Historians of the Modern Age. An International Dictionary. Hg. v. Lucian Boia. London, Westport (Conn.) u. New York 1991. 274-276. Christoph Freiherr von Maltzahn. »Droysen, Johann Gustav (1808-1886)«. Historikerlexikon. Von der Antike bis zum 20. Jahrhundert. Hg. v. Rüdiger vom Bruch u. Rainer A. Müller. München 1991. 74-76. Hi-

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merksamkeit erfuhr Droysens politische Aktivität, die auch hinsichtlich biographischer Studien relevant ist. Dabei standen besonders die Abgeordnetentätigkeit und das Engagement in der Schleswig-Holstein-Frage im Zentrum, ein Aspekt, der gerade während der Weimarer Republik wichtig war, wie die auffällige Häufung von Arbeiten in dieser Zeit verdeutlicht.42 Daneben ist aber auch grundlegend das Konzept politischer Geschichtsschreibung thematisiert worden.43 Es ist bezeichnend für den Stand der Droysen-Forschung, dass – sieht man von Nippels 2008 erschienener Arbeit ab44 – für den »unzweifelhaft [...] bedeutendste[n] Geschichtstheoretiker deutscher Sprache«45 zu seinem 200. Geburtstag eine monographische, wissenschaftlichen Kriterien genügende Würdigung ebenso fehlt46 wie eine historisch-kritische Werkausgabe. Im Foyer der Humboldt-Universität zu Berlin war im Juli/ August 2008 (und wieder-

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ram Kümper. »Droysen, Johann Gustav Bernhard«. Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon 25. Hg. v. Friedrich W. Bautz u. Traugott Bautz. Nordhausen 2005. 303-306. Es wird den Ansprüchen dieses Überblicks gerecht, wenn hier nur auf die wichtigsten Publikationen hingewiesen wird: Walter Fenske. Johann Gustav Droysen und das deutsche Nationalstaatsproblem. Ein Beitrag zur Geschichte der Frankfurter Nationalversammlung von 1848/49 [Erlanger Abhandlungen zur mittleren und neuen Geschichte, 2]. Erlangen 1930. Anni Meetz. Johann Gustav Droysens politische Tätigkeit in der Schleswig-Holsteinischen Frage [Erlanger Abhandlungen zur mittleren und neueren Geschichte, 3]. Erlangen 1930. Gilbert 1931. Wolfgang Hock. Liberales Denken im Zeitalter der Paulskirche. Droysen und die Frankfurter Mitte [Neue Münstersche Beiträge zur Geschichtsforschung, 2]. Münster 1957. Vgl. Hans Rother. Geschichte und Politik in der Gedankenwelt Johann Gustav Droysens [Historische Studien, 268]. Berlin 1935/ ND Vaduz 1965. Hans Schleier. »Die kleindeutsche Schule (Droysen, Sybel, Treitschke)«. Die deutsche Geschichtswissenschaft vom Beginn des 19. Jahrhunderts bis zur Reichseinigung von oben [Schriften des Instituts für Geschichte, I/20]. Hg. v. Joachim Streisand. Berlin 1963. 271-310. Günter Birtsch. Die Nation als sittliche Idee. Der Nationalstaatsbegriff in Geschichtsschreibung und politischer Gedankenwelt Johann Gustav Droysens [Kölner Historische Abhandlungen, 10]. Graz u. Köln 1964. Robert Henry Handy. J. G. Droysen. The Historian and German Politics in Nineteenth Century. Washington (D.C.) 1966. Jörn Rüsen. »Politisches Denken und Geschichtswissenschaft bei J. G. Droysen«. Ders. Für eine erneuerte Historik. Studien zur Theorie der Geschichtswissenschaft [Kultur und Gesellschaft, 1]. Stuttgart-Bad Cannstadt 1976. 76-91. Southard 1995. Vgl. Wilfried Nippel. Johann Gustav Droysen. Ein Leben zwischen Wissenschaft und Politik. München 2008. Auch Nippel ist weniger an einer Gesamtdarstellung interessiert, als an einer aspekthaften Darstellung unter besonderer Berücksichtigung der politischen und karrieristischen Aktivitäten nach 1848. Vgl. ebd., 12-13. Wolfgang Hardtwig (Hg.). Über das Studium der Geschichte. München 1990, 84. Dieser Umstand ist vor allem angesichts der Tatsache, dass biographische Studien die häufigste Gattung der Historiographiegeschichte darstellen (Horst Walter Blanke. »Historiographiegeschichte«. Lexikon Geschichtswissenschaft. Hundert Grundbegriffe. Hg. v. Stefan Jordan. Stuttgart 2002. 155-157, 156), erstaunlich.

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holt im Februar 2009 in der Schleswig-Holsteinischen Landesbibliothek, Kiel) allerdings eine Ausstellung zu Leben und Werk aus diesem Anlass zu sehen.47 In seinem historiographischen Schaffen ist Droysen vor allem als Geschichtstheoretiker wahrgenommen worden. Weil sich Literaturhinweise dazu kaum überschaubar halten lassen, sind nachfolgend nur einige exponierte Arbeiten erwähnt.48 Ein Hauptfeld in der Beschäftigung mit der Historik war die Analyse ihrer Grundlagen und Genese. Im Mittelpunkt standen dabei zumeist die geistesgeschichtlichen Prämissen und Adaptionen.49 Systematisch darauf aufbauend, aber historisch parallel laufend, wurde eine Metakritik der Historik formuliert. Neben der Prüfung der internen Logik war hier die Klärung der angelegten Potenzen zur Vermittlung von Theorie und Praxis vorrangig.50 Eine Analyse der Historik 47

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Der Ausstellungskatalog ist inzwischen erschienen: Christiane Hackel (Hg.). Philologe – Historiker – Politiker. Johann Gustav Droysen 1808-1884. Berlin 2008. Ein leicht von der folgenden Darstellung abweichender Forschungsbericht zur Historik findet sich bei Friedrich Jaeger. Bürgerliche Modernisierungskrise und historische Sinnbildung. Kulturgeschichte bei Droysen, Burckhardt und Max Weber [Bürgertum. Beiträge zur europäischen Gesellschaftsgeschichte, 5]. Göttingen 1994, 17-23. Vgl. Ernst Meister. »Die geschichtsphilosophischen Vorrausetzungen von J. G. Droysens ›Historik‹«. HVjs N.F. 23 (1926): 25-63/ 199-221. Jürgen Frank. Die Geschichtsauffassung von Johann Gustav Droysen und ihre geistesgeschichtlichen Grundlagen. Diss. masch. (Berlin) 1951. Peter Hünermann. Der Durchbruch geschichtlichen Denkens im 19. Jahrhundert. Johann Gustav Droysen, Wilhelm Dilthey, Graf Yorck von Wartenburg. Ihr Weg und ihre Weisung für die Theologie. Basel, Freiburg (i. Br.) u. Wien 1967, 49132. Benedetto Bravo. Philologie, histoire, philosophie de l’histoire. Etude sur J. G. Droysen. Historien de l’antiquité. Breslau, Krakau u. Warschau 1968. Jörn Rüsen. Begriffene Geschichte. Genesis und Begründung der Geschichtstheorie J. G. Droysens. Paderborn 1969. Uwe Barrelmeyer. Geschichtliche Wirklichkeit als Problem. Untersuchungen zu geschichtstheoretischen Begründungen historischen Wissens bei Johann Gustav Droysen, Georg Simmel und Max Weber [Beiträge zur Geschichte der Soziologie, 9]. Münster 1997. Christian-Georg Schuppe. Der andere Droysen. Neue Aspekte seiner Theorie der Geschichtswissenschaft [Studien zur modernen Geschichte, 51]. Stuttgart 1998. Christiane Hackel. Die Bedeutung August Boeckhs für den Geschichtstheoretiker Johann Gustav Droysen. Die Enzyklopädie-Vorlesungen im Vergleich. Würzburg 2006. Vgl. Pflaum 1907. Ottnad 1952. Astholz 1933/ 1965. Hans-Jürgen Weymar. Droysens Theorie der historischen Erfahrung. Diss. masch. (München) 1969. Karl-Heinz Spieler. Untersuchungen zu Johann Gustav Droysens ›Historik‹ [Historische Forschungen, 3]. Berlin 1970. Hans Michael Baumgartner. Kontinuität und Geschichte. Zur Kritik und Metakritik der historischen Vernunft. Frankfurt am Main 1972, 55-87. Tomás Gil Gonzáles. Das Handlungskonzept in der ›Historik‹ J. G. Droysens. Diss. masch. (Münster) 1980. Irene Kohlstrunk. Logik und Historie in Droysens Geschichtstheorie. Eine Analyse von Genese und Konstruktionsprinzipien seiner ›Historik‹ [Frankfurter Historische Abhandlungen, 23]. Wiesbaden 1980. Rüsen 1993, 243-275. Christoph Johannes Bauer.

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aus feministischer Sicht bietet Cyrus.51 Sie ist zwar um die aktuellen Ergebnisse der gender-Forschung zu erweitern – allem voran um die Ergebnisse der Männlichkeitsforschung –, bleibt aber bedeutend und in ihrer Singularität bemerkenswert. Des Weiteren sind interdisziplinäre Spezialuntersuchungen zur Narrativität und Ästhetik der Geschichtsschreibung, wie sie sich aus der Historik ergeben, wichtig.52 (β.1) Wenn Droysen auch als Autor historischer Studien nicht übersehen worden ist, fällt die Quantität der Beiträge zur konkreten Historiographie gegenüber der Theorie doch deutlich ab.53 Das gilt auch bezüglich biographischer Studien, wobei für die beiden ausgewählten Beispiele die Literaturlage noch vergleichsweise günstig ist. Stand eine umfassende Untersuchung zu Droysens Biographik noch aus, lagen immerhin Arbeiten vor, die diese zumindest aspekthaft behandelten. Eine erste ausführlichere Würdigung Alexanders und York von Wartenburgs liegt in Beckers Dissertation von 1928 vor.54 Allerdings ist diese Darstellung stark repetetiv und wenig kritisch, d.h. sie zeichnet sich durch raumgreifende Zitate ohne eigentliche Analyse aus. Ein eigenes Kapitel zur biographiologischen Position der Historik existiert zudem aufgrund einer insgesamt fragwürdigen Konzeption nicht.55 Derselbe Einwand muss gegenüber Janders 1965 abgeschlossener Arbeit erhoben werden. In seinem insgesamt eklektizistisch wirkenden Band finden sich Ausführungen zur theoreti-

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›Das Geheimnis aller Bewegung ist ihr Zweck‹. Geschichtsphilosophie bei Hegel und Droysen [Hegel-Studien, 44]. Hamburg 2001. Vgl. Hannelore Cyrus. Historische Akkuratesse und soziologische Phantasie. Eine Methodologie feministischer Forschung [Facetten]. Königstein (Ts.) 1997, 18-107. Vgl. Werner Schiffer. Theorien der Geschichtsschreibung und ihre erzähltheoretische Relevanz (Danto, Habermas, Baumgartner, Droysen). Stuttgart 1980. Hayden White. »Droysens Historik. Geschichtsschreibung als bürgerliche Wissenschaft«. Ders. Die Bedeutung der Form. Erzählstrukturen in der Geschichtsschreibung. Übers. v. Margit Smuda. Frankfurt am Main 1990. 108-131. Daniel Fulda. Wissenschaft aus Kunst. Die Entstehung der modernen deutschen Geschichtsschreibung 1760-1860 [European Cultures. Studies in Literature and the Arts, 7]. Berlin u. New York 1996, 411-443. Hebekus 2003, 19-115. Die Vor- und Nachworte in den Neuausgaben der biographischen Studien sind nur in Ausnahmefällen in den Argumentationsgang einbezogen und bedürfen an dieser Stelle keiner Besprechung. Sie sind viel stärker pathetischen und essayistischen, denn analytischen Charakters und können wissenschaftlichen Ansprüchen kaum genügen. Ottnads (1952, 13) Bewertung als »verständnisvoll[e] Einleitung[en]« weist schon in diese Richtung. Vgl. Berta Becker. Johann Droysens Geschichtssauffassung. Diss. masch. (Hamburg) 1928, 25-41/ 71-75. Die Qualität der Arbeit ist dadurch, dass Becker lediglich die erste Alexander-Fassung von 1833 berücksichtigt, weiter eingeschränkt. Vgl. ebd., 24.

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schen Position, die auf zweieinhalb Seiten zusammengedrängt werden und sich in großflächigen Zitatabdrucken erschöpfen. In den Werkanalysen zu Alexander und York von Wartenburg werden fast ausschließlich Struktur- und Formkriterien berücksichtigt.56 Gaedekes Untersuchung zu Alexander versucht keine eigentliche Interpretation des Textes als biographische Studie, sondern soll die Nähe zu Hegels Konzeption belegen.57 Wagner bezieht Teile von Droysens theoretischer Position auf Alexander, konzentriert sich aber auf den Vergleich der beiden Fassungen.58 Insgesamt ist sie aber stärker am Althistoriker als am Biographen interessiert. Eine aufschlussreichere Arbeit ist Hähners Dissertation von 1999. Nach seiner konzisen Historik-Exegese befasst er sich kurz mit Alexander und York von Wartenburg59. Hähner kommt das Verdienst zu, die ideengeschichtlichen Prämissen der Biographik systematisch aufgearbeitet und Droysen in die Entwicklung des 19. Jahrhunderts eingeordnet zu haben. Über das Stichwort der Personalhistoriographie ist Droysen bei Zimmermann untersucht. Aufgrund seiner einerseits historisch weiten und andererseits thematisch präzisen Fragestellung nach den zugrunde gelegten Menschenbildern kann Droysen hier kaum mehr als in den Grundpositionen erörtert werden; zumal in einem Kapitel mit Ranke. Das geschieht ebenfalls an den Exempeln Alexander und York von Wartenburg auf der üblichen Quellenbasis.60 Neben diesen Studien, die Droysen als Biographen behandeln, dürfen jene, die ihn in dieser Eigenschaft gerade nicht wahrnehmen, im Sinne einer bilanzierenden Literaturbewertung nicht übersehen werden. So ignorieren etwa Birtsch und González in ihren Kapiteln zum Nationalstaatsgedanken bzw. politischen Gelehrten York von Wartenburg. Ein einziger kurzer Absatz bei letzterem kann sich mit den teils ausführlichen Besprechungen anderer Arbeiten nicht messen.61 Auch in der zweibändigen Encyclopedia of Life Writing, die auf knapp 1.100 Seiten die Ergebnisse der angloamerikanischen Biographieforschung bündelt, ist Droysen –

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Vgl. Eckhart Jander. Untersuchungen zu Theorie und Praxis der deutschen historischen Biographie im neunzehnten Jahrhundert. (Ist die Biographie eine mögliche Form legitimer Geschichtsschreibung?). Diss. masch. (Freiburg (i. Br.)) 1965, 49-51/ 89-107. Vgl. Corinna Gaedeke. Geschichte und Revolution bei Niebuhr, Droysen und Mommsen. Diss. masch. (Berlin) 1978, 101-113. Vgl. Christine Wagner. Die Entwicklung Johann Gustav Droysens als Althistoriker [Habelts Dissertationsdrucke. Reihe Alte Geschichte, 30]. Bonn 1991, 44-83/ 179-211. Vgl. Hähner 1999, 108-118/ 118-122/ 151-160. Vgl. Zimmermann 2006, 109-132. Vgl. Birtsch 1964. González 1980, 24-38.

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anders als etwa Ranke – weder über ein eigenes Lemma, noch in den Einträgen zu Deutschland berücksichtigt.62 Außerhalb der engeren Geschichtswissenschaft verorten Harth und Fulda Alexander in den ästhetischen Diskursen der Zeit und heben die Nähe zu dramatischen bzw. epischen Gattungen hervor.63 Wenn hier vor allem der »›poetisch[e]‹ Präsentationsmodus«64 hervorgehoben wird, ist deutlich, dass kein biographiolologisches Erkenntnisinteresse zugrundeliegt, sondern Alexander vielmehr als Beispiel für die Unschärfe protowissenschaftlicher Kategorien dient. (Stärker biographiologisch ging Kircheisen in seiner literaturwissenschaftlichen Arbeit vor, sie ist allerdings veraltet und zudem nach dem ersten Band unbearbeitet geblieben.65) (β.2) Auch innerhalb der Historiographiegeschichte sind biographische Studien nur wenig untersucht worden. Für eine Disziplin, die seit ihrer Etablierung immer mit diesem Genre befasst war, liegen erstaunlich wenige Studien vor66; neben verschiedenen Teilaspekten sind einzelne Epochen fokussiert worden. Wenn die Darstellungen Romeins, Scheuers, Engelbergs/ Schleiers, Kruckis und Maurers auch keine nennenswerten Passagen zu Droysen enthalten67, sind sie mit ihren allgemeinen Hinwei62

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Vgl. Ralph W. Buechler. »Germany, Austria, Switzerland. 19th-Century Auto/biography«. Encyclopedia of Life Writing. Autobiographical and Biographical Forms 1. Hg. v. Margaretta Jolly. Chicago u. London 2001. 370-371. Laurie R. Johnson. »Germany, Austria, Switzerland. Romanticism and Life Writing«. Encyclopedia of Life Writing. Autobiographical and Biographical Forms 1. Hg. v. Margaretta Jolly. Chicago u. London 2001, 368-369. Vgl. Dietrich Harth. »Biographie als Weltgeschichte. Die theoretische und ästhetische Konstruktion der historischen Handlung in Droysens ›Alexander‹ und Rankes ›Wallenstein‹«. DVjs 54 (1980): 58-104, 62-77/93-104. Fulda 1996, 447-454. Ebd., 448. Vgl. Friedrich M. Kircheisen. Die Geschichte des Literarischen Porträts in Deutschland 1. Von den ältesten Zeiten bis zur Mitte des zwölften Jahrhunderts. Leipzig 1904. Anderseits trifft auch Hamiltons (2007, 1) Szenario, nach dem es keine einzige Einführung zur Biographiologie oder zur Biographik gäbe, nicht zu. Selbst für den angloamerikanischen Raum, auf den er sich bezieht, ist diese Behauptung falsch. Vgl. Romein 1948, 41-62. Scheuer 1979, 9-35. Ernst Engelberg u. Hans Schleier. »Zu Geschichte und Theorie der historischen Biographie. Theorieverständnis – biographische Totalität – Darstellungstypen und -formen«. ZfG 38 (1990): 195-217. Hans-Martin Kruckis. ›Ein potentielles Abbild der Menschheit‹. Biographischer Diskurs und Etablierung der Neugermanistik in der Goethe-Biographik bis Gundolf [Probleme der Dichtung. Studien zur deutschen Literaturgeschichte, 24]. Heidelberg 1995, 29-53/ 130-148. Vgl. zuvor auch schon Hans Martin Kruckis. »Biographie als literaturwissenschaftliche Darstellungsform im 19. Jahrhundert«. Wissenschaftsgeschichte der Germanistik im 19. Jahrhundert. Hg. v. Jürgen Fohrmann u. Wilhelm Vosskamp. Stuttgart u. Weimar 1994. 550-575. Michael Maurer. Die Biographie des Bürgers. Lebensformen und Denkweisen in der forma-

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sen dennoch heranzuziehen. Ergänzend ist auch die vielfach übersehene ältere und neuere angelsächsische Forschung zu berücksichtigen.68 Insgesamt ist am Forschungsstand auffällig, dass – sowohl in Bezug auf die Literatur zu Droysens biographischen Studien als auch in Bezug auf die sich allgemein mit Droysens Geschichtsschreibung befassender Literatur – Alexander gegenüber York von Wartenburg und beide gegenüber den anderen biographischen Studien Droysens stark überrepräsentiert ist bzw. sind. Allen genannten Beiträgen ist zudem gemeinsam, dass sie die Kategorien race, class und gender in der Theorie und Praxis biographischer Studien übergehen. Gerade hinsichtlich der Kategorie gender ist das wenig nachvollziehbar, da durchaus Studien vorliegen, die – wenn auch in anderer Absicht als sie hier verfolgt wird – die Bereiche Biographiologie und Geschlechterforschung verbinden. Dabei sind lokale, disziplinäre und temporale Unterscheide wahrzunehmen, denn es handelt sich zumeist um angloamerikanische Studien aus den Philologien, die besonders neuere Biographik thematisieren.69 Die zum Kreis der engeren Historiographiegeschichte zählenden Studien innerhalb der Droysen-Forschung ignorierten darüber hinaus die erwähnten Arbeiten zur narrativ-ästhetischen Ausgestaltung Alexanders weitgehend. Damit spiegeln die bestehenden Forschungsarbeiten nicht den aktuellen Stand der methodologisch-theoretischen Diskussionen im Fach wider und stehen zudem auch größtenteils unverbunden nebeneinander. Wenn die nachfolgenden Betrachtungen erstmals Droysens Biographik umfassend, d.h. sowohl in ihrer methodologisch-theoretischen wie

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tiven Phase des deutschen Bürgertums (1580-1815) [Veröffentlichungen des MaxPlanck-Instituts für Geschichte, 127]. Göttingen 1996, 80-105. Vgl. zur älteren Literatur Anm. 9 und zur neueren die einschlägigen Artikel in Margaretta Jolly (Hg.). Encyclopedia of Life Writing. Autobiographical and Biographical Forms. 2 Bde. Chicago u. London 2001. Vgl. z.B. Carolyn G. Heilbrun. Writing a Women’s Life. London u. New York 1988. Teresa Illes (Hg.). All Sides of the Subject. Women and Biography. London u. New York 1992. Mary Evans. »Masculine and Feminine Biography«. Imitating Art. Essays in Biography. Hg. v. David Ellis. Boulder (Col.) u. London 1993. 108-123. Anne-Kathrin Reulecke. »›Die Nase der Lady Hester‹. Überlegungen zum Verhältnis von Biographie und Geschlechterdifferenz«. Biographie als Geschichte [Forum Psychohistorie, 1]. Hg. v. Hedwig Röckelein. Tübingen 1993. 117-142. Angelika Schaser. »Bedeutende Männer und wahre Frauen. Biographien in der Geschichtswissenschaft«. Biographisches Erzählen [Querelles. Jahrbuch für Frauenforschung, 6]. Hg. v. Irmela von der Lühe u. Anita Runge. Stuttgart u. Weimar 2001. 137-152. Kay Ferres. »Gender, Biography, and the Public Sphere«. Mapping Lives. The Uses of Biography. Hg. v. Peter France u. William St. Clair. Oxford u. New York 2002. 303-319. Angelika Schaser. »Liberalismus-Forschung und Biographie. Ein Beitrag aus geschlechtergeschichtlicher Perspektive«. JLF 15 (2003): 185198.

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ihrer historiographisch-praktischen Dimension untersuchen, ist eine systematische Weiterentwicklung der geschichtswissenschaftlichen Erzählforschung und speziell der biographiologischen Narratologie an dieser Stelle nicht zu leisten; auch wenn sich dieses Feld aktuell in eine viel versprechende Richtung entwickelt70. Aufgabe soll dagegen aber der Einbezug der bislang vollständig ausgeblendeten, für Droysens biographiologische Position aber überaus aufschlussreichen Wirklichkeits- und Repräsentationskategorien Ethnizität, Klasse und Geschlecht sein.

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Vgl. etwa Hermann Lübbe. »Was sind Geschichten und wozu werden sie erzählt? Rekonstruktion der Antwort des Historismus«. Erzählforschung. Ein Symposion [Germanistische Symposien. Berichtsbände, 4]. Hg. v. Eberhard Lämmert. Stuttgart 1982. 620629. Christopher Nash (Hg.). Narrative in Culture. The Uses of Storytelling in the Sciences, Philosophy, and Literature. London u. New York 1990. Martin Kreiswirth. »Tell Me a Story. The Narrativist Turn in the Human Sciences«. Constructive Criticism. The Human Sciences in the Age of Theory. Hg. v. dems. u. Thomas Carmichael. Toronto 1995. 61-87. Irmela von der Lühe u. Anita Runge (Hg.). Biographisches Erzählen [Querelles. Jahrbuch für Frauenforschung, 6]. Stuttgart u. Weimar 2001. Ansgar Nünning u. Vera Nünning (Hg.). Erzähltheorie transgenerisch, intermedial, interdisziplinär. Trier 2002. Jan Eckel. »Der Sinn der Erzählung. Die narratologische Diskussion in der Geschichtswissenschaft und das Beispiel der Weimargeschichtsschreibung«. Neue Zugänge zur Geschichte der Geschichtswissenschaft. Hg. v. dems. u. Thomas Etzemüller. Göttingen 2007. 201-229. Daniel Fulda. »Geschichtswissenschaft«. Handbuch Literaturwissenschaft 2. Methoden und Theorien. Hg. v. Thomas Anz. Stuttgart u. Weimar 2007. 449458. Christian Klein. »Biographie«. Handbuch Literaturwissenschaft 2. Methoden und Theorien. Hg. v. Thomas Anz. Stuttgart u. Weimar 2007. 187-194.

II. WERKMEISTER UND IDEE ALS BIOGRAPHIOLOGISCHE POLE

Am Beginn seiner als Historik bekannt gewordenen geschichtstheoretischen Überlegungen1 umreißt Droysen stichpunktartig ihre Grundprinzipien. Axiomatisch legt er dabei fest, dass »[j]eder Punkt in dieser Gegenwart [...] ein gewordener [ist]« (DH57/58, 3972). Die Forderung nach einer Historisierung der Lebenswelt als Movens geschichtswissenschaftlicher Forschung soll hier auf Droysen selbst angewendet werden. In der Überzeugung, dass seine biographiologische Position wesentlich über ihre Stellung innerhalb der Tradition des Faches verstanden werden kann, wird sie nachfolgend in ihrer geschichtlichen Fundierung analysiert. Methodisch soll damit allerdings weder ins 19. Jahrhundert, noch in eine überholte Ideengeschichte zurückgefallen werden. Deshalb sind die historisch-genetischen Untersuchungen stets mit systematischen Analysen verschränkt, d.h. neben den Einzelbestimmungen zur Gattung werden stets auch die damit verbundenen, vielfach nicht explizierten Konzeptionen diskutiert. Mittels dieser zweifachen methodischen Orientierung kann der historischen Dimension ebenso wie den strukturellen Aspekten in Droysens Position Rechnung getragen werden. Gleichzeitig ist damit die Gefahr minimiert, einer unkritischen Fortschrittgeschichtsschreibung zu erliegen. Der vorliegende erste Hauptteil beschäftigt sich mit der Grundlegung biographischer Studien wesentlich nach Droysens methodologisch-theoretischen Schriften. Obwohl Droysen sein Geschichtsmodell systematisch 1

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Droysen hielt seine Vorlesung ab 1857 18mal, wobei sich ihre Gestalt und ihr Name veränderte. Vgl. für die damit verbundenen inhaltlichen Konsequenzen Peter Leyh. »Vorwort des Herausgebers«. Johann Gustav Droysen. Historik 1. Rekonstruktion der ersten vollständigen Fassung der Vorlesungen (1857), Grundriß der Historik in der ersten handschriftlichen (1857/1858) und der letzten gedruckten Fassung (1882) [Historik. Historisch-kritische Ausgabe, 1]. Hg. v. dems. Stuttgart-Bad Cannstatt 1977. IX-XXIX, IX, Anm. 2/ 4. Hackel 2006, 24, Anm. 48. Vgl. zur Publikationsgeschichte der Historik die Übersicht im Anhang (VI.1). Johann Gustav Droysen. »Grundriß der Historik. Die erste vollständige handschriftliche Fassung (1857 oder 1858)«. Ders. Historik 1. Rekonstruktion der ersten vollständigen Fassung der Vorlesungen (1857), Grundriß der Historik in der ersten handschriftlichen (1857/1858) und der letzten gedruckten Fassung (1882) [Historik. Historisch-kritische Ausgabe, 1]. Hg. v. Peter Leyh. Stuttgart-Bad Cannstatt 1977. 395-411.

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entwickelt hat, ist es nicht ohne interne Widersprüche und Unklarheiten. Vor allem die »Globalformeln«3 mit denen er operiert (historische Idee u.a.), machen den Text teilweise uneindeutig. Auf stofflicher Ebene handelt es sich bei dem von Leyh erstellten Text zudem um ein editorisches Konstrukt aus mehreren Zeitschichten.4 Diese materialseitigen Schwierigkeiten sind zu berücksichtigen, stehen (soweit sie den Gegenstand nicht unmittelbar betreffen) nachfolgend aber nicht im Zentrum. Im ersten Kapitel wird der wissenschaftliche Ort des Genres bestimmt. Als bislang vernachlässigte Quelle findet in diesem Rahmen auch Bendemanns Droysen-Porträt Berücksichtigung (II.1.a), während der erste Exkurs diese Ergebnisse kontextualisiert, d.h. biographiegeschichtlich einordnet (II.1.b). Das zweite Kapitel thematisiert das für die Gattung konstitutive Verhältnis von – modern formuliert – Struktur und Individuum. Die Untersuchungen dazu gehen neben dem Einfluss Hegels (II.2.a) auch auf die Implikationen zu Ethnie, Klasse und Geschlecht ein (II.2.c). Am Beispiel des ›nur biographischen Maßes‹ sollen zudem die Grenzen der biographiologischen Historik-Exegese bestimmt werden (II.2.b).

1. Gegenstände und Formen der Geschichtsschreibung Für Droysen ist Geschichte sittlich, d.h. eine »ethische Welt« (DEGRW, 215). Sein geschichtsphilosophisches Konzept geht – entwickelt aus einem Rekurs auf Aristoteles’ Staat der Athener und auf Hegels Philosophie des Rechts – von der sittlichen Welt als Grundlage der historischen Entwicklung aus (DH57, 2876). Sittlich meint dabei nicht moralisch, sondern eine Verbindung von individueller und kollektiver Geschichte. Ottnad betont in diesem Sinne, dass Menschsein, Sittlichkeit und Geschicht3

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Alexander Demandt. »Natur- und Geschichtswissenschaft im 19. Jahrhundert«. Ders. Geschichte der Geschichte. Wissenschaftshistorische Essays [Historica Minora, 1]. Köln, Weimar u. Wien 1997. 81-105, 91. Vgl. dazu Leyh 1977, XVI-XIX. Johann Gustav Droysen. »Die Erhebung der Geschichte zum Rang einer Wissenschaft«. HZ 9 (1863): 1-22. Johann Gustav Droysen. »Historik. Die Vorlesungen von 1857. (Rekonstruktion der ersten vollständigen Fassung aus den Handschriften)«. Ders. Historik 1. Rekonstruktion der ersten vollständigen Fassung der Vorlesungen (1857), Grundriß der Historik in der ersten handschriftlichen (1857/ 1858) und der letzten gedruckten Fassung (1882) [Historik. Historisch-kritische Ausgabe, 1]. Hg. v. Peter Leyh. Stuttgart-Bad Cannstatt 1977. 1-393. Leyh (1977, XVII) darin folgend, dass es sich bei der Historik-Fassung von 1857 entgegen späterer Konzessionen an den Lehrbetrieb um Droysens »eigentlich[e] Intention« handelte, wird für die folgende Analyse primär auf sie zurückgegriffen.

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lichkeit für Droysen Synonyma sind.7 Der Mensch, so diese Annahme, lebe in einem Rahmen sittlicher Gemeinsamkeiten, die ihm unumgänglich und unhintergehbar sind. Dieser Rahmen besteht aus drei, die Gegenwart konstituierenden »Reihen« (DH57, 336-342). Dabei handelt es sich um die »natürlichen« (Familie, Geschlecht, Stamm), »idealen« (Sprache, Kunst, Idee des Wahren, Sphäre des Heiligen) und »praktischen Gemeinsamkeiten« (Idee des Wollens, Sphäre des Rechts, Staat). In ihrer Durchdringung entstehen die »›Institutionen‹ des Sittlichen«8. Systemintern ist es damit folgerichtig, dass diese Sittlichkeit den Objektbereich historischer Forschung darstellt (DH57/58, 406). Dabei ist ihre Einheit von entscheidender Bedeutung, denn »[n]ur in der Gesamtauffassung der Geschichte als der Entwicklung der Menschheit kann den einzelnen Gestaltungen, Völkern, [...] Individuen ihre rechte Bedeutung gewonnen werden« (DPV, XXII9), wie Droysen bereits in einer frühen methodologisch-theoretischen Schrift festhielt. Droysen zielt damit auf einen übergeordneten Zusammenhang in der Geschichte und sieht dieses überindividuelle Prinzip der sittlichen Welt in der als »›höchste Aufgabe unserer Wissenschaft‹« (DPV, XI) begriffenen Theodizee10. Als Endpunkt der Entwicklung zum Kollektivsingular Geschichte11, steht für Droysen »über den Geschichten [...] die Geschichte« (DH57/58, 7 8

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Vgl. Ottnad 1952, 36. Herbert Schnädelbach. Geschichtsphilosophie nach Hegel. Die Probleme des Historismus. Freiburg u. München 1974, 98. Die Diskussion der sittlichen Mächte ist ein Hauptgegenstand der Droysen-Forschung gewesen. Sie kann hier nicht aufgearbeitet werden. Vgl. deshalb Pflaum 1907, 18-30. Meister 1926, 33-40. Astholz 1933/ 1965, 49-80. Rother 1935/ 1965, 30-38. Frank 1951, 14-19. Ottnad 1952, 44-47. Hünermann 1967, 78-88. González 1980, 174-210. Kohlstrunk 1980, 118-134. Baur 2001. Johann Gustav Droysen. »Vorwort zur ersten Auflage (1843)«. Ders. Geschichte des Hellenismus 3. Geschichte der Epigonen. Hg. v. Erich Bayer. Neue, durchges. Aufl. Tübingen 1953. IX-XXIII. Bei diesem Text handelt es sich um die bereits erwähnte ›Privatvorrede‹. Es ist darauf hingewiesen worden, dass dieser Gottesbezug keine Behinderung, sondern Voraussetzung für die wissenschaftliche Erkenntnis ist. Thomas Kornbichler. Deutsche Geschichtsschreibung im 19. Jahrhundert. Wilhelm Dilthey und die Begründung der modernen Geschichtswissenschaft [Reihe Geschichtswissenschaft, 1]. Pfaffenweiler 1984, 147. Auch Hardtwig geht in Falle Droysens von einer »empirisch-wissenschaftliche[n] Explikation« einer »Geschichtsreligion« aus. Wolfgang Hardtwig. Geschichtsreligion – Wissenschaft als Arbeit – Objektivität. HZ 252 (1991): 1-32, 6. Zu Droysens TheodizeeVorstellung und zum christlichen Fundament seines Geschichtsverständnis Frank 1951, 59-61. Ottnad 1952, 88-96. González 1980, 50-57. Genauer zu Genese und Bedeutung des Kollektivsingular Geschichte bei Reinhart Koselleck. »Geschichte, Historie V.«. Geschichtliche Grundbegriffe. Historisches Lexikon zur politisch-sozialen Sprache in Deutschland 2. Hg. v. Otto Brunner, Werner Conze u.

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409); in diesem Sinne gilt eine Historie, die auf einzelne Handlungsakte rekurriert als »willkürlich«. Der Zielpunkt der Geschichte sei ein anderer »als die persönlichen Zwecke derer, die in ihr handeln« (DH57, 392).12 Indem sowohl auf der Ebene der Heuristik als auch der Kritik Menschen oder Willensakte präsent sind, ist die Geschichte zwar »anthropologisch veranker[t]«13, allerdings in einem überindividuellen Verständnis, dass das Individuum wiederum »entanthropologisiert«14. In der Bestimmung des Geschichtsbegriffs nämlich geht Droysen konsequent über den einzelnen Menschen hinaus15; Geschichte behandele die Menschheit insgesamt (DH57, 367)16, das überpersonale »Walten der sittlichen Mächte« (DGPP I, III17). Angesichts dieses generellen thematischen Zuschnitts scheinen biographische Studien als Darstellungsform auszuscheiden, ist er doch keineswegs affin einem Genre gegenüber, das seinem griechischen Wortstamm nach als Beschreibung eines Einzellebens verstanden wird.18 Und dennoch sind sie bei Droysen Teil der wissenschaftlichen Historiographie. Betonte er in seiner Akademierede die Bedeutung des Individuellen (DAR, 44819), hatte er sie über eine konzise Argumentation zuvor bereits

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dems. Stuttgart 1975. 647-691. Reinhart Koselleck. »Historia Magistra Vitae. Über die Auflösung des Topos im Horizont neuzeitlich bewegter Geschichte«. Ders. Vergangene Zukunft. Zur Semantik geschichtlicher Zeiten. 4. Aufl. Frankfurt am Main 2000. 38-66. Vgl. auch: »Wer eines [...] Mannes Leben [...] ausersehen, – er erinnere sich, daß er ein Teilchen einer großen Arbeit macht, und daß auch dieses Teilchen nur in solchem Zusammenhang seinen Wert [...] hat«. DH57, 63. Hackel 2006, 80. Zimmermann 2006, 120. Gleichwohl muss sich Geschichte nicht immer nur auf Menschen beziehen, sondern kann auch die Natur einschließen. Vgl. Johann Gustav Droysen. »Philosophie der Geschichte«. JdG 1 (1880): 626-635 [= DPG], 629. Vgl. auch Dietrich Fischer. Die deutsche Geschichtswissenschaft von J. G. Droysen bis O. Hintze in ihrem Verhältnis zur Soziologie. Grundzüge eines Methodenproblems. Diss. masch. (Köln) 1966, 20: »Die in stets fortschreitender Steigerung begriffene [...] ›rastlos werdende humanitas‹ erscheint als eigentlicher Inhalt«. Johann Gustav Droysen. Geschichte der Preußischen Politik. Teil 1. Die Gründung. Leipzig 1855.  íí stellt ein Kompositum aus  í (Leben) und  (einritzen, zeichnen, schreiben) dar, wie schon zu Droysens Lebzeiten Krug notiert hatte. Vgl. Wilhelm Traugott Krug. »Biographie«. Allgemeines Handwörterbuch der philosophischen Wissenschaften nebst ihrer Literatur und Geschichte. Nach dem heutigen Standpunkte der Wissenschaft. Hg. v. dems. 2. verm. Aufl. Leipzig 1832/ ND Stuttgart-Bad Cannstatt 1969. 362-363 [= KBio], 362. Auch alle modernen Lexika verzeichnen diese Bedeutung. Johann Gustav Droysen. »Antrittsrede bei der Berliner Akademie der Wissenschaften (1867)«. Ders. Historik 2.2. Texte im Umkreis der Historik [Historik. Historisch-kritische Ausgabe, 2]. Hg. v. Horst Walter Blanke. Stuttgart-Bad Cannstatt 2007. 444-449.

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in der Historik innerhalb der Disziplin verortet. Die Angaben sind zwar knapp20 und erscheinen wie ein »sekundärer Faktor«21, geben aber prägnant Auskunft zur Stellung der Gattung. Trotz dieser Thematisierung der historischen Topik ist die Vokabel Schiffers vom »Rang einer ›Poetik der Geschichtsschreibung‹«22 für die Historik verfehlt, denn Poetiken – verstanden als Dichtungslehren – sind traditionell weit mehr als eine topische Erörterung23. Im Rahmen der Apodeixis – dem Unterkapitel der Methodik24, in dem diese Diskussion stattfindet – erörtert Droysen die Idealtypiken der untersuchenden, erzählenden, didaktischen und diskursiven Darstellungsform als Formenkanon legitimer Geschichtsschreibung.25 Im hier verfolgten Zusammenhang sind die Ausführungen zum Teilbereich der erzählenden Darstellung von Interesse. Nach Droysens Zusammenstellung bildet die »biographische Darstellung« einen der drei Subtypen der erzählenden 20

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Das ist in der Forschung mehrfach festgestellt worden. Vgl. Wolfgang Hardtwig. »Konzeption und Begriff der Forschung in der deutschen Historie des 19. Jahrhunderts«. Konzeption und Begriff der Forschung in den Wissenschaften des 19. Jahrhunderts. Referate und Diskussionen des 10. wissenschaftstheoretischen Kolloquiums 1975 [Studien zur Wissenschaftstheorie, 12]. Hg. v. Alwin Diemer. Meisenheim am Glan 1978. 11-26, 20. Schiffer 1980, 191. Barrelmeyer 1997, 76. Schiffers 1980, 142. Vgl. etwa Hermann Wiegmann. Geschichte der Poetik. Stuttgart 1977. Jürgen Kühnel. »Poetik«. Metzler Literatur Lexikon. Begriffe und Definitionen. Hg. v. Günther Schweikle u. Irmgard Schweikle. 2. Aufl. Stuttgart 1990. 353-356. Stephan Lieske. »Poetik«. Metzler Lexikon. Literatur- und Kulturtheorie. Ansätze – Personen – Grundbegriffe. Hg. v. Ansgar Nünning. 3. Aufl. Stuttgart u. Weimar 2004. 531-533. Joachim Knape. Poetik und Rhetorik in Deutschland 1300-1700. Wiesbaden 2006. – Die Frage nach der Präsentation historiographischer Forschung war außerdem keineswegs neu. In Deutschland rückte sie bereits ab etwa 1760 stärker in den Fokus. Vgl. Horst Walter Blanke u. Dirk Fleischer. »Artikulation bürgerlicher Emanzipationsstrebens und der Verwissenschaftlichungsprozeß der Historie. Grundzüge der Aufklärungshistorie und die Aufklärungshistorik«. Theoretiker der Aufklärungshistorie 2. Elemente der Aufklärungshistorik [Fundamenta Historica. Texte und Dokumente, 1.2]. Hg. v. dens. Stuttgart-Bad Cannstatt 1990. 33112, 73. In der Historik-Fassung von 1857/ 1858 ist dieser Abschnitt mit »Darstellung« betitelt, die Fassung von 1882 führt ihn unter »Topik« als neben »Methodik« und »Systematik« eigenständigem Teil. Vgl. dazu Hebekus 2003, 94. Dazu Hünermann 1967, 124-128. Warum Pflaum (1907, 63) die diskursive und didaktische Darstellung als nicht zugehörig auffasst, bleibt unverständlich. Eine kurze wissenschaftsgeschichtliche Einordnung dieser fundamentalen Bestimmungen bietet Rüsen. Vgl. Jörn Rüsen. »Bemerkungen zu Droysens Typologie der Geschichtsschreibung«. Formen der Geschichtsschreibung [Beiträge zur Historik, 4]. Hg. v. Reinhart Koselleck, Heinrich Lutz u. ders. München 1982. 192-200.

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Darstellung (DH57, 242). Für biographische Studien wird – soweit sie Personen gelten26 – hier ein grundsätzlich paradoxes Profil entworfen. Obwohl sie im Unterschied zur monographischen Darstellung keine Entwicklungsgeschichte sein sollen27, habe der erzählende Historiker – und damit auch der Biograph –, »das ›Werden‹ dessen dar[zustellen], wovon er erzählt; [...] von der Jugend eines Mannes [...] beginnend, verfolgt er die Entwicklungen, und Tatsache auf Tatsache erzählend, läßt er das Werden dessen, wovon er handelt, gleichsam vor den Augen des Lesers vor sich gehen, und er kann das in dem Maß, als er das Tun und Wollen der Handelnden, das Hemmende und Fördernde in diesem Werden, dessen Zusammenhang mit Früherem, dessen Bedeutung mit Sicherheit erforscht« (DH57, 229-230).

Indem Droysen eine Biographiekonzeption formuliert, wie sie den Forderungen der sozialgeschichtlichen Kritiker des Genres im 20. Jahrhunderts weitgehend entsprochen hätte28, gerät er in Konflikt mit der eigenen, wiederholt anders lautenden Definition biographischer Studien als Mittel zu Erklärung übergeordneter Wirkungskräfte. Es ist an keiner Stelle aufge26

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Diese Bedingung ist für Droysen nicht zwingend. Im Rahmen seiner Besprechung weist er darauf hin, dass auch apersonale Entwicklungen prinzipiell biographisch dargestellt werden können. Vgl. DH57, 243. Diese aus heutiger Sicht sehr weite Definition ist im 19. Jahrhundert nicht unüblich. Vgl. etwa KBio, 362. Vgl.: »Eigentlich die einfache Umkehrung zeigt die zweite Art. [...] Es ist recht eigentlich Entwicklungsgeschichte, die es hier zu erzählen gilt; ›monographisch‹ verfolgt die Erzählung diese eine werdende Gestaltung durch alle ihre geschichtlichen Verpuppungen und Metamorphosen hindurch«. DH57, 244. Auf den Gegensatz dieser beiden Erzählformen hat erstaunlicherweise erst Hähner (1999, 116, Anm. 26) hingewiesen. Lässt man den Tatsachenpositivismus beiseite, bestechen die erwähnten hemmenden Strukturen. Droysens Passage ist nicht weit von Riesenbergers resümierenden methodischem Postulat der 1970er Jahre entfernt: »Als geschichtswissenschaftliche Form hat die Biographie ihre Berechtigung, wenn sie ihre Aufgabe in der Erforschung der Problematik des Verhältnisses von Individualität und Allgemeinem am konkreten Beispiel sieht«. Dieter Riesenberger. »Biographie als historiographisches Problem«. Persönlichkeit und Struktur in der Geschichte. Historiographische Bestandsaufnahme und didaktische Implikationen [Geschichtsdidaktik. Studien, Materialien, 1]. Hg. v. Michael Bosch. Düsseldorf 1977. 25-39, 37. Die Diskussion um historische Biographik ist – auch im 19. Jahrhundert schon – vielschichtiger, als das oft wahrgenommen worden ist. Der Variantenreichtum wurde allerdings von Pauschalurteilen und der der Historiographie des 19. Jahrhunderts implizit zugeschriebenen Rolle als Negativfolie zur aktuellen Geschichtswissenschaft verdeckt. Es ist daher nicht erstaunlich, dass die zitierte Position Droysens kaum rezipiert worden ist und stattdessen global von einem »oft dogmatisierten Individualitätsprinzip des deutschen Historismus« ausgegangen wurde. Hans-Ulrich Wehler. »Geschichte und Psychoanalyse«. Ders. Historische Sozialwissenschaft und Geschichtsschreibung. Studien zu Aufgaben und Traditionen deutscher Geschichtswissenschaft. Göttingen 1980. 79-94, 81.

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löst, ob das Genre zeigen soll, »wie der Gedanke sich in seinen Erscheinungsformen [...] ›ausprägt‹« (DH57, 242) oder der Biograph eine historische Metastruktur zu fokussieren hat, die »[d]ie handelnden Personen [...] nur darauf an[sieht], wie sie in diesen Zusammenhang eingreifen« (DH57, 230). Quantitativ dominiert die letzte Variante in den methodologischtheoretischen Schriften; sie fügt sich zudem auch qualitativ, d.h. argumentativ besser in die sonstigen geschichtstheoretischen Ausführungen Droysens ein. Damit wird zugleich die Ausschnitthaftigkeit des Genres festgelegt. Im Maßstab des Anspruchs, die Summe der sittlichen Welt abbilden zu wollen, ist jedes Genre nur eine Vorstufe zum »Gesamtzusammenhang aller historischen Gedanken« (DH57, 234). Auch biographische Studien sind für Droysen zwar in sich ein »relativ geschlossenes Ganzes« (DH57, 230), gegenüber der historischen Totalität aber nur ein Teil ihrer Wahrheit. Wird zunächst ein leitender Gedanke ausgewählt und die Darstellung auf diesen hin ausgerichtet29, d.h. konstruiert30, kann dieser Gedanke 29

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Vgl.: »Der Erzähler kann uns nicht alles und jedes erzählen wollen, was dieser Mann Tag für Tag getan« hat. Die notwendige Auswahl obliegt dem Historiker zunächst selbst. Nachdem ein »Gedank[e] oder Gedankenkomplex, den der Erzähler darlegen will« (DH57, 230) gefunden ist, determiniert dieses nun »›Gedanke der Darstellung‹« (DH57, 231) genannte Prinzip die weitere Auswahl. Vgl. auch einen Brief von 1842: »[W]as wir notwendig nennen, heißt nicht ein produzierter Zwang, sondern eine rückwärts begreifende Konstruktion«. Johann Gustav Droysen. Briefwechsel 1 [Deutsche Geschichtsquellen des 19. Jahrhunderts, 25]. Hg. v. Rudolf Hübner. Osnabrück 1929/ ND Osnabrück 1967 [= DBW], 219. Es ist von Bedeutung, dass es sich bei ›Konstruktion‹ um einen Quellenbegriff handelt, denn damit kann der Fundamentalkritik Bourdieus an biographischen Studien für das Beispiel Droysens in systematischer Hinsicht teilweise begegnet werden. In einem Essay hatte Bourdieu die vorreflexive Annahme von der Existenz einer Lebensgeschichte kritisiert. Das Ergebnis sei erkenntnistheoretisch nicht von fiktiver Literatur zu trennen; »[e]ine Lebensgeschichte zu produzieren, das Lebens als eine Geschichte zu behandeln, also als eine kohärente Erzählung einer bedeutungsvollen und gerichteten Abfolge von Ereignissen, bedeutet vielleicht, sich einer rhetorischen Illusion zu unterwerfen, einer trivialen Vorstellung von der Existenz, die eine literarische Tradition nicht aufgehört hat [...], zu unterstützen«. Pierre Bourdieu. »Die biographische Illusion«. Übers. v. Eckart Liebau. BIOS 1 (1990): 75-81, 76. Wenn auch für Droysen gilt, dass er biographischen Studien eine »gleichzeitig chronologische und logische Ordnung« zugrunde legt, das »Postulat der Sinnhaftigkeit« teilt und »Beziehungen stiftet« (ebd.), hat die Berechtigung der Kritik insofern Grenzen, als Droysen diesen Prozess durchaus reflektiert hat. In Abwehr ästhetischer Positionen gibt er für das Genre an, dass Künstlerische bestehe darin, »daß wir erzählend die Resultate unserer Forschung in einer Form geben, die gleichsam mimetisch das Nacheinander des Werdens vorführt, dass wir also das ex post Rekonstruierte, das von der Gegenwart und den noch gegenwärtigen Materialien aus Gewonnene für die Darstellung gewissermaßen umkehren und von seinem Anfang her sich entwickelnd zeigen«. DH57, 231. Wenig später

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zwar umfassend dargelegt werden, nicht aber die Geschichte insgesamt; in diesem Sinne hat »jeder dieser [...] Gedanken nur relative Wahrheit« (DH57, 234). Für den Wert des Genres innerhalb der Geschichtswissenschaft ist daneben schon die Verortung innerhalb der erzählenden Darstellung als solche aufschlussreich. Indem Droysen zu Beginn der Apodeixis angemerkt hatte, dass keine der Darstellungsformen prinzipiell zu bevorzugen sei, »sondern je nach der Aufgabe [...] sich die eine oder andere als geeigneter, ja als die gebotene zeigen [wird]« (DH57, 221), schreibt er jedem Darstellungsmodus ein eigenes Sujet ein. Die Logik dieser Argumentation behauptet die Existenz von Gegenständen, die speziell in Form von biographischen Studien zu behandeln wären; denn wenn auch biographische Studien Teil des Systems der Darstellungsweisen von Historiographie sind, müssen auch sie für bestimmte Aufgaben geeigneter sein als andere Formen. Der abstrakte, funktionale Imperativ nach dem die Geschichtswissenschaft das von ihr Gefundene »in angemessener Weise« (DEGRW, 4) darstellen könne, gilt auch für biographische Studien. Auf Ebene der Topik ist das Genre für die Historiographie damit nicht entbehrlich. Die Ausführungen der Apodeixis sind deshalb von besonderem Gewicht, weil sie keinen Anhang zur Historik darstellen, sondern integraler Bestandteil dieser sind. Droysen betont ihre Konsequenz aus dem Gang der bisherigen Erörterung, indem er feststellt, sie ergäben sich »aus dem Wesen und Begriff unserer Wissenschaft« (DH57, 217). Wesentlich, indem dem Genre in der »historiographiefunktional ausdifferenzierten«31 Diskussion der Darstellungsformen ein eigener Gegenstandsbereich zugeordnet ist, kommt ihm – in bis heute einmalig systematischer Weise – eine theoretisch abgesicherte Stellung in der Geschichtsschreibung zu.

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äußert er sich zur Verwendbarkeit der erzählenden Darstellung; »[i]ndem sie voraussetzt, daß man den Tatverlauf nach seinen wesentlichen Momenten rekonstruieren und in diesem als gewollte und bewusste Handlung zeigen kann, so wird sie da nicht anwendbar sein, wo dieser Verlauf nicht mehr oder noch nicht mit hinreichender Vollständigkeit zu rekonstruieren ist«. Ebd., 234. Droysen ist also nicht nur die »artifizielle Kreation von Sinn« (Bourdieu 1990, 76) bewusst, sondern er stellt sie auch in Bezug zur Erzählung und definiert sie überdies zum Konstitutionsprinzip biographischer Studien. Vgl. allgemein zu Bourdieu Lutz Niethammer. »Kommentar zu Pierre Bourdieu: Die biographische Illusion«. BIOS 1 (1990): 91-93. Eine Kritik aus soziologischer Sicht bietet Stefanie Engler. ›In Einsamkeit und Freiheit‹? Zur Konstruktion der wissenschaftlichen Persönlichkeit auf dem Weg zur Professur [Analyse und Forschung. Sozialwissenschaften]. Konstanz 2001, 55-100. Fulda 1996, 416.

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a. Bendemanns Visualisierung biographischer Studien Die bisherigen, wesentlich auf Grundlage der Historik gewonnenen Ergebnisse können durch einen Medienwechsel im Bereich der Quellen bestätigt werden. Im Sinne einer kulturwissenschaftlich erweiterten Historiographie soll mit Bendemanns Droysen-Porträt (Abb. 1) dafür eine visuelle Wirklichkeitsdeutung berücksichtigt werden. Es handelt sich dabei um ein für die Biographiologie aufschlussreiches Dokument, das bislang nur wenig beachtet worden ist; die einzige kunsthistorische Betrachtung umfasst nur einen Absatz32, d.h. weder die Droysen-Forschung noch biographiologische Untersuchungen im Allgemeinen widmeten sich in der Vergangenheit Bendemanns Gemälde. In der sich anschließenden Interpretation soll die enthaltene Aussage zur Bedeutung von Droysens biographischen Studien erschlossen werden: Bendemann präsentiert Droysen hier – so die nachfolgend zu entwickelnde These – explizit als Vertreter einer personenzentrierten Geschichtsschreibung.33 Im Rahmen der als visual-, iconic- oder pictorial turn apostrophierten Hinwendung der Geschichtswissenschaft zu nicht-schriftlichen Quellen sind Kunstwerke als »unauflöslicher Bestandteil der Gesamtkultur«34 hervorgehoben worden.35 Ihre besondere Funktion bestehe darin, Textexege32

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Vgl. Guido Krey. Gefühl und Geschichte. Eduard Bendemann (1811-1889). Eine Studie zur Historienmalerei der Düsseldorfer Malerschule. Weimar 2003, 202. Achenbachs knappe Angaben stützen sich darauf. Vgl. Sigrid Achenbach. Eduard Bendemann 18111889. Die Werke in den Staatlichen Museen zu Berlin und im Mendelssohn-Archiv der Staatsbibliothek zu Berlin Preußischer Kulturbesitz. Berlin 2007, 99-100. Für die instruktive kunstgeschichtliche Beratung, von der dieser Untersuchungsteil profitiert hat, danke ich Miriam Sarah Marotzki (Hamburg) sehr herzlich. Martin Knauer. »›Dokumentsinn‹ – ›historischer Dokumentensinn‹. Überlegungen zu einer historischen Ikonologie«. Historische Bildkunde. Problem – Wege – Beispiele [ZHF, Beiheft 12]. Hg. v. Brigitte Tolkemitt u. Rainer Wohlfeil. Berlin 1991. 37-47, 37. Vgl. zu dieser in den 1980er Jahren einsetzenden Entwicklung generell William J. T. Mitchell. »Der Pictorial Turn«. Privileg Blick. Kritik der visuellen Kultur. Hg. v. Christian Kravagna. Berlin 1997. 15-40. David Gugerli. »Sozialtechnische Evidenzen. Der ›pictorial turn‹ als Chance für die Geschichtswissenschaft«. Traverse 6 (1999): 131-159. Hannah Baader. »Iconic Turn«. Metzler Lexikon Kunstwissenschaft. Ideen, Methoden, Begriffe. Hg. v. Ulrich Pfisterer. Stuttgart 2003. 143-146. Peter Burke. Augenzeugenschaft. Bilder als historische Quellen. Übers. v. Matthias Wolf. Berlin 2003. Bernd Roeck. »Visual turn? Kulturgeschichte und ihre Bilder«. GG 29 (2003): 294-315. Jens Jäger u. Martin Knauer. »Historische Bildforschung oder ›Iconic Turn‹ – das ungeklärte Verhältnis der Geschichtswissenschaft zu Bildern«. Integration des Widerläufigen. Ein Streifzug durch geistes- und kulturwissenschaftliche Forschungsfelder. Hg. v. Nicole Wachter u. Elke Huwiler. Münster 2004. 211-221. Jens Jäger. »Geschichtswissenschaft«. Bildwissenschaft. Disziplinen, Themen, Methoden. Hg. v. Klaus Sachs-Hombacher. Frank-

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sen kommentieren und ergänzen zu können.36 Waren Gemälde auch zuvor schon zum Quellenbereich historischer Forschung gerechnet worden37, liegt die neue Dimension erstens in der Erfassung prinzipiell aller Bildquellen38, zweitens in der epistemologischen Gleichrangigkeit von textlichen und visuellen Repräsentationen39 und drittens in der Erschließung von Themen über die Grenzen der engeren Kulturgeschichte hinaus. Gehören historiographiegeschichtliche Aspekte allgemein nicht dazu, soll hier dennoch der Versuch unternommen werden, Bendemanns Porträt für eine solche zu erschließen. Dafür bedarf es einer entsprechenden Methode. Trotz des beständigen Topos einer unterentwickelten Reflektion40 liegt in den Arbeiten des ehe-

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furt am Main 2005. 185-195. Doris Bachmann-Medick. Cultural Turns. Neuorientierungen in den Kulturwissenschaften. Reinbek bei Hamburg 2006, 329-377. Gerhard Paul. »Von der Historischen Bildkunde zur Visual History. Eine Einführung«. Visual History. Ein Studienbuch. Hg. v. dems. Göttingen 2006. 7-36. Kritisch gegenüber eines zu weit ausgreifenden epistemologischen Anspruchs äußert sich Karlheinz Lüdeking. »Was unterscheidet den ›pictorial turn‹ vom ›linguistic turn‹?«. Bildwissenschaft zwischen Reflexion und Anwendung. Hg. v. Klaus Sachs-Hombacher. Köln 2005. 122-131. Ralph Andraschek-Holzer. »Historische Bildkunde – Geschichte, Methoden, Ausblick«. WZGN 6 (2006): 6-20. Bernd Roeck. »Vom Umgang mit Bildern. Die Kulturwissenschaftliche Perspektive«. WZGN 6 (2006): 21-34. So z.B. bei Burke 2003, 213. Bernd Roeck. Das historische Auge. Kunstwerke als Zeugen ihrer Zeit. Von der Renaissance zur Revolution. Göttingen 2004, 9. Vgl. z.B. Wilhelm Bauer. Einführung in das Studium der Geschichte. 2. verb. Aufl. Frankfurt am Main 1928/ ND Frankfurt am Main 1961, 325-328. Erich Kayser. »Das Bild als Geschichtsquelle«. Historische Bildkunde 2. Hg. v. Walter Goetz. Hamburg 1935. 5-32. Weitere Nachweise bei Rainer Wohlfeil u. Trudl Wohlfeil. »Landsknechte im Bild. Überlegungen zur ›Historischen Bildkunde‹«. Bauer, Reich und Reformation. Festschrift für Günther Franz zum 80. Geburtstag. Hg. v. Peter Blickle. Stuttgart 1982. 104119, 104-108. Auch Droysen sah sie in der Historik als Quellen für die Geschichtswissenschaft. Vgl. DH57, 81. Paul (2006, 18) spricht von einem »verkürzten Bild-Begriff«, der erst in den 1990er Jahren durch den Einbezug von Fotographien und Filmen etc. überwunden worden ist. So thematisierte Jaworski Postkarten, während Maurer zuvor neben klassischen Gemälden auch die Bildpublizistik diskutiert hatte. Vgl. Rudolf Jaworski. »Alte Postkarten als kulturhistorische Quellen«. GWU 51 (2000): 88-103. Michael Maurer. »Bilder«. Aufriß der Historischen Wissenschaften 4. Quellen. Hg. v. dems. Stuttgart 2002. 402-426, 419-422. So bei Rainer Wohlfeil. »Methodische Reflexionen zur Historischen Bildkunde«. Historische Bildkunde. Problem – Wege – Beispiele [ZHF, Beiheft 12]. Hg. v. Brigitte Tolkemitt u. dems. Berlin 1991. 17-35, 20. Heike Talkenberger. »Historische Erkenntnis durch Bilder. Zur Methode und Praxis der Historischen Bildkunde«. Geschichte. Ein Grundkurs. Hg. v. Hans-Jürgen Goertz. 2. unv. Aufl. Reinbek bei Hamburg 2001. 83-98, 83. Burke 2003, 213. Roeck 2004, 9. Vgl. zuletzt Alexander Kraus. »Die Ikonologie Panofskys auf dem Prüfstein des Historikers«. Bildungs- und kulturgeschichtliche Bildforschung. Tagungsergebnisse – Erschlie-

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maligen Hamburger Ordinarius Wohlfeil seit mehr als 25 Jahren eine Methode zur historiographischen Bildkritik vor. Als »Historische Bildkunde« applizierte er Panofskys dreistufiges Interpretationsmodell kritisch auf die Geschichtswissenschaft.41 Sah Panofsky zur Identifikation einer »erste[n] Sphäre des Sujethaften«42 zunächst eine »vorikonographische Beschreibung«43 vor, in der eine »rein phänomenale Beschreibung«44 gegeben werden soll, hielt auch Wohlfeil weitgehend daran fest. In der zweiten, eigentlich ikonographischen Stufe kam es Panofsky wesentlich auf das »›[s]ekundär[e]‹ [...] Sujet«45 an, auf die Verknüpfung von künstlerischem Motiv und Konzeption. Wohlfeil differenzierte sie in drei Teilschritte aus46, die nicht im Einzelnen zu referieren sind. Bedeutender ist

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ßungshorizonte. Hg. v. Rudolf W. Keck, Sabine Kirk u. Hartmut Schröder. Baltmannsweiler 2006. 25-37, 29. Panofsky hatte sein Modell in Anlehnung an u.a. Winckelmann, Hegel, Warburg und Mannheim entwickelt und bis 1955 in veränderten Fassungen publiziert. Kritik innerhalb der Kunstgeschichte wurde vor allem von Pächt und Gombrich geübt. Vgl. Otto Pächt. »[Kritik der Ikonologie]«. Ikonographie und Ikonologie. Theorien – Entwicklung – Probleme. Bildende Kunst als Zeichensystem 1. Hg. v. Ekkehard Kaemmerling. Köln 1979. 353-376. Ernst H. Gombrich. »Ziele und Grenzen der Ikonologie«. Übers. v. Peter Gerlach. Ikonographie und Ikonologie. Theorien – Entwicklung – Probleme. Bildende Kunst als Zeichensystem 1. Hg. v. Ekkehard Kaemmerling. Köln 1979. 377-428. Zu Panofskys Modell allgemein Erik Forssman. »Ikonographie und allgemeine Kunstwissenschaft«. ZÄK 11 (1966): 132-169. Gottfried Boehm. »Zu einer Hermeneutik des Bildes«. Die Hermeneutik und die Wissenschaften. Hg. v. Hans-Georg Gadamer u. dems. Frankfurt am Main 1978. 444-471. David Mannings. »Panofsky und die Interpretation von Bildern«. Ikonographie und Ikonologie. Theorien – Entwicklung – Probleme. Bildende Kunst als Zeichensystem 1. Hg. v. Ekkehard Kaemmerling. Köln 1979. 434-459. Rainer Wohlfeil. »Das Bild als Geschichtsquelle«. HZ 243 (1986): 91-100. Johann Konrad Eberlein. »Inhalt und Gestalt. Die ikonographisch-ikonologische Methode«. Kunstgeschichte. Eine Einführung. Hg. v. Hans Belting. Berlin 1988. 169-190. Oskar Bätschmann. Einführung in die kunstgeschichtliche Hermeneutik. Die Auslegung von Bildern. 4. akt. Aufl. Darmstadt 1992, 57-82. Willem F. Lash. »Iconography and Iconology«. The Dictionary of Art 15. Hg. v. Jane Turner. New York 1996. 89-98. Thomas Noll. »Ikonographie/Ikonologie«. Metzler Lexikon Kunstwissenschaft. Ideen, Methoden, Begriffe. Hg. v. Ulrich Pfisterer. Stuttgart 2003. 151-155. Kraus 2006. Erwin Panofsky. »Ikonographie und Ikonologie« [1939]. Übers. v. Wilhelm Höck. Ikonographie und Ikonologie. Theorien – Entwicklung – Probleme. Bildende Kunst als Zeichensystem 1. Hg. v. Ekkehard Kaemmerling. Köln 1979. 207-225, 207. Ebd., 210. Roeck (2004, 48) hat diese Formulierung als »begrifflich verquer« kritisiert. Erwin Panofsky. »Zum Problem der Beschreibung und Inhaltsdeutung von Werken der bildenden Kunst« [1932]. Ikonographie und Ikonologie. Theorien – Entwicklung – Probleme. Bildende Kunst als Zeichensystem 1. Hg. v. Ekkehard Kaemmerling. Köln 1979. 185-206, 190. Panofsky 1979: Ikonographie, 210. Vgl. Wohlfeil 1991, 26-28.

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die Erweiterung der Suche nach einem »Bedeutungssinn«47 zur »›ikonographisch-historischen Analyse‹«48. Neben dem Bildinhalt soll auch der Sinngehalt, d.h. die soziale und programmatische Einbindung untersucht werden.49 Der dritten Stufe kommt bei Wohlfeil die Funktion zu, den »historische[n] Dokumentensinn«50 zu bestimmen, was die Berücksichtigung von Sehgewohnheiten, Rezeptionsvorgaben und etwa die zeitgenössische Bildauffassung einschließt. Neben einer unklaren Abgrenzung der einzelnen Stufen, verdeutlicht sich hier der Unterschied zur Interpretation des Kunstwerkes als ahistorisches »Symptom von etwas anderem«51. Wenn die Stufen nur theoretisch, nicht aber in der Praxis klar zu trennen sind52, gilt das auch für die folgende Anwendung. Wohlfeils Modell wird zudem nicht vollständig umgesetzt, vielmehr empfiehlt sich aufgrund des speziellen, auf die visuelle Aussage zur Stellung biographischer Studien bei Droysen gerichteten Erkenntnisinteresses eine gezielte Fokussierung. Auf thematischer Ebene kann zudem keine psychologische Deutung53, auf analytischer Ebene keine Deutung des künstlerisch-ästhetischen Wertes vorgenommen werden54. Bendemanns55 Porträt zeigt Droysen im Hochformat und ist in gedeckten Farben gehalten. Der Innenraum wird als Arbeitszimmer identifi47 48 49

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Panofsky 1979: Problem, 199. Wohlfeil 1991, 26. Die Erweiterung von Panofskys Modell um sozialhistorische Faktoren war mehrfach eingefordert worden. Vgl. etwa Brigitte Talkenberger. »Von der Illustration zur Interpretation. Das Bild als historische Quelle. Methodische Überlegungen zur Historischen Bildkunde«. ZHF 21 (1994): 289-313, 294. Burke 2003, 205. Kraus 2006, 31. Wohlfeil 191, 31. Panofsky 1979: Ikonographie, 212. – Zum Verhältnis der dritten Stufe bei Panofsky und Wohlfeil Knauer 1991. Kritik an Panofskys zeitenthobener Ikonologie ist fächerübergreifend erhoben worden, u.a. bei Hans Fiebrig. »Die Geschichtlichkeit der Kunst und ihre Zeitlosigkeit. Eine historische Revision von Panofskys Philosophie der Kunstgeschichte«. Wissenschaftstheorie der Geisteswissenschaften. Konzeptionen, Vorschläge, Entwürfe. Hg. v. Roland Simon-Schaefer u. Walther Zimmerli. Hamburg 1975. 141-161. Pächt 1979, 357. Gombrich 1979, 389. Bätschmann 1992, 78-80. Talkenberger 2001, 95, Anm. 10. Noll 2006, 154-155. Vgl. Panofsky 1979: Problem, 203. Panofsky 1979: Ikonographie, 222. Wohlfeil 1991, 24. Auch die neuere kunsthistorische Forschung fokussiert eher die Funktion, Wirkung und Botschaft von Bildnissen. Vgl. Andreas Köstler. »Das Portrait. Individuum und Image«. Bildnis und Image. Das Portrait zwischen Intention und Rezeption. Hg. v. dems. u. Ernst Seidl. Köln, Weimar u. Wien 1998. 9-14, 13. Diese Einschränkung war für die geschichtswissenschaftliche Interpretation insgesamt mit Ausnahme Kaysers (1935, 16) übereinstimmend reklamiert worden. Vgl. zuletzt Haskell 1995, 10-11. Jäger 2005, 192. Eduard Bendemann (1811-1889) wuchs im bürgerlichen Milieu Berlins auf und war Schüler Wilhelm von Schadows, dessen Nachfolger als Präsident der Düsseldorfer Kunst-

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ziert.56 In einem Büchertisch (Repositorium) in der linken unteren Bildecke stehen verschiedene Bücher. Ein Manuskript und ein Buch liegen darauf; Droysen stützt seinen rechten Arm auf dem leuchtend roten Band ab. Im linken Hintergrund befindet sich ein zur Hälfte sichtbares Bücherregal. In der oberen linken Ecke des Bildes ist eine Büste platziert, die ihre Entsprechung in der etwa gleich großen Standfigur im rechten Hintergrund findet. Droysen selbst ist lebensgroß zu drei Vierteln dargestellt (Kniestück). Er trägt schwarze Kleidung. Deutlich sichtbar sind der weiße Kragen und die weißen Manschetten. Er hält mehrere Papiere in der linken Hand, schaut nach vorn und zugleich am Betrachter vorbei rechts aus dem Bild heraus. Der Bestand des Repositoriums lässt sich in zwei Gruppen teilen: Nicht von Droysen ist neben den Puffendorf Comentarii Dunckers Geschichte des Alterthums.57 Von Droysens Werken sind die Historik, Aischylos58 und Alexander aufgestellt; das obenauf liegende Manuskript wird als »Geschichte der Preussischen Politik« ausgewiesen, der rote Band ist York von Wartenburg (Abb. 2). Als Ergebnis ihrer sekundären Porträtähnlichkeit können die beiden Plastiken als Friedrich Wilhelm I. (Büste) und sein Sohn, Friedrich II. (Skulptur)59, identifiziert werden.

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akademie er wurde. Er gehört mit Carl F. Lessing zu den erfolgreichsten Vertretern der Düsseldorfer Schule. Bedeutend sind seine monumentalen Historiengemälde und Fresken. Vgl. zu Person und Werk u.a. Josepf Schrattenholz. Eduard Bendemann. Betrachtungen und Erinnerungen. Düsseldorf 1891. Eduard Daelen. »Bendemann«. ADB 46. Hg. durch die historische Commission bei der Königlichen Akademie der Wissenschaften. Berlin 1902/ ND Berlin 1971. 348-350. Board. »Bendemann«. Allgemeines Lexikon der bildenden Künstler. Von der Antike bis zur Gegenwart 3. Hg. v. Ulrich Thieme u. Felix Becker. Leipzig 1909. 300-301. Helmut Börsch-Supan. »Bendemann«. Saur Allgemeines Künstlerlexikon. Die bildenden Künstler aller Zeiten und Völker 8. Hg. v. Günter Meißner. Leipzig u. München 1994. 618-620. Guido Krey. »Bendemann, Eduard«. Lexikon der Düsseldorfer Malerschule 1819-1918 1. Hg. v. Kunstmuseum Düsseldorf u. Galerie Paffrath. München 1997. 110-117. Krey 2003. Achenbach 2007. Vgl. Max Jordan. Katalog der Königlichen National-Galerie zu Berlin 1. Das Gebäude – Geschichte der Sammlung – Verzeichnis sämmtlicher Kunstwerke. Berlin 1902, 200. Krey 2003, 202. Es handelt sich um Samuel von Pufendorf. Commentariorum De Rebus Suecicis Libri XXIV. Ab Expeditione Gustavi Adolphi Regis in Germaniam ad abdicationem usque Christinae. Utrecht 1686 oder: Samuel von Pufendorf. De Rebus Gestis Friderici Wilhelmi Magni Electoris Brandenburgici Commentariorum Libri Novendecim. Berlin 1695. Max Duncker. Geschichte des Alterthums. 8 Bde. Berlin u. Leipzig 1852-1882. Vgl. Johann Gustav Droysen. Des Aischylos Werke. 2 Bde. Berlin 1832. Vgl. Krey 2003, 202. Achenbach (2007, 100) weist daraufhin, dass es sich bei der rechten Figur um die Insbildsetzung von Johann Gottfried Schadows Original, Friedrich der Große mit Windspielen (1822), handelt.

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Verweist die Handschrift auf das unvollendete Gesamtwerk der Geschichte der Preußischen Politik, vertreten die Figuren zwei Teile dieser60. Der Band auf dem Tisch rechts unten ist mit »Dante« beschriftet. Folgt man Kreys Deutung, werden die beiden Monarchen und Yorck von Wartenburg61 im Dienst einer »Hommage an Droysen als Deuter der preußischen Geschichte«, als »Etappen der historischen ›Mission‹ Preußens«62 zitiert. Trifft es auch zu, dass Droysens Werk deutlich in den Zusammenhang zu Preußen gestellt wird, erschließt diese Interpretation lediglich einen verkürzten Dokumentensinn. Im Folgenden geht es deshalb um die Skizze einer umfassenderen Deutung. Bendemanns Porträt soll als »Bedeutungskategorie« in ihrer »über das Ästhetische hinausgehenden Bedeutung«63 ernst genommen und in die bisherige Argumentation integriert werden. Die Analyse der »personalen Doppelbestimmtheit«64 steht dabei im Mittelpunkt, d.h. die Situation, dass sowohl die porträtierte Person (Objekt), als auch der sie mit der Darstellung deutende Künstler (Subjekt) die Repräsentation semantisch bestimmen. Bereits auf attributiver Ebene wird Droysen primär als Biograph verortet. Mit York von Wartenburg, Friedrich Wilhelm I., Friedrich dem Großen und Alexander – der trotz seines keineswegs prominenten Platzes nicht übergangen werden darf65 – sind die biographischen Studien aus Droysens Werk komplett repräsentiert. Alle anderen Werkgruppen sind hingegen nur unvollständig im Bild vertreten und deshalb anders als die biographischen Studien lediglich als Verweise zu lesen: Bei den Dichtungen fehlen die Werke Aristophanes’, zum Hellenismus die beiden Folgebände zu Alexander und zur preußischen Geschichte neben den Freiheitskriegen ein Hinweis auf die kleineren Publikationen zur Schleswig-Holstein-Frage. Wenn es auch keineswegs üblich ist, jeweils das komplette Œuvre darzustellen, ist dieses qualitative Verhältnis dennoch bemerkenswert. Angesichts der genregeschichtlichen Tradition, in Porträts auch den 60

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Vgl. Johann Gustav Droysen. Geschichte der Preußischen Politik. Teil 4.2-3. Wilhelm I. König von Preußen. Leipzig 1869. Johann Gustav Droysen. Geschichte der Preußischen Politik, Teil 5.1-4. Friedrich der Große. 4 Bde. Leipzig 1874-1886. Entgegen Droysens Variante schreibt sich der historische Wartenburg mit ›ck‹ im Vornamen. Vgl. dazu näher III.3.a. Krey 2003, 202. Hermann Deckert. »Zum Begriff des Porträts«. Marburger Jahrbuch für Kunstwissenschaft 5 (1924): 1-22, 2. Ebd., 3. Die hier vorzuschlagende Deutung wird heuristisch dadurch erschwert, dass das Gemälde teilweise beschnitten abgebildet ist, wobei Alexander im Bildrand verschwindet und für die Interpretation ›unsichtbar‹ ist. Das Original war im Rahmen der Ausstellung zu Bendemanns Zeichnungen im Herbst 2007 in der Alten Nationalgalerie, Berlin zugänglich.

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Grund der Biographiewürdigkeit darzustellen66, geht es in Bendemanns Gemälde weniger um ein historisches Thema (Preußen) als um historiographische Genres. Ähnlich etwa einem Architekturmodell, das den Dargestellten als Architekten kennzeichnet, sind die Büsten und die entsprechenden Bände als »Gattungs-A[ttribute]«67 zu lesen, die Droysen als Autor biographischer Studien ausweisen. Insofern ist es kein Zufall, sondern Ausdruck einer präzisen Werkkenntnis Bendemanns68, dass gerade die Monarchen dargestellt – und in Personenmetaphern dargestellt – sind, und nicht etwa über ein Historiengemälde an verschiedene Etappen preußischer Geschichte erinnert wird; an der Wand im Hintergrund hätte ein solches nicht nur Platz gefunden, sondern wäre zudem auch eines der bevorzugten Genres des 19. Jahrhunderts wie Bendemanns gewesen69. Hinsichtlich formaler Aspekte70 ist vor allem die obere Hälfte von Bendemanns Gemälde wichtig. Zunächst ist die Position des York von Wartenburg auffällig. Kommt ihm schon durch seine markante farbliche Absetzung zum restlichen Inventar eine herausgehobene Bedeutung zu, wird diese noch dadurch gesteigert, dass Droysen sich darauf stützt. Das ist insofern wörtlich als auch metaphorisch zu verstehen, als diese Publikation wesentlich zu Droysens Popularität beigetragen hat und eine der erfolgreichsten des 19. Jahrhunderts überhaupt war (vgl. VI.1). Den Band derart zu platzieren, kann als Verweis auf seine zeitaktuelle Bewertung aufgefasst werden. In Dunckers Nekrolog war sie zum Zeitpunkt der Anfertigung des Gemäldes auch für den historiographischen Laien leicht zugänglich. Es ist möglich, dass Bendemann Duncker selbst oder zumindest 66

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Vgl. Erwin Panofsky. Early Netherlandish Painting. Its Origins and Character. The Charles Eliot Norton Lectures 1947-1948 1. Evanston u.a. 1953/ ND New York 1971, 194. Shearer West. Portraiture. Oxford 2004, 29. Aufgabe der Porträtanalyse ist es deshalb, zu bestimmen, was die »individual’s role is within the work of art«. Shearer West. »Portraiture. Likeness and Identity«. Guide to Art. Hg. v. ders. London 1996. 71-83, 72. »Attribut«. Lexikon der Kunst 1. Hg. v. Harald Olbricht, Dieter Dolgner, Hubert Faensen u.a. Leipzig 1987. 333-336, 333. Diese Kenntnis ist in Bezug auf York von Wartenburg, die Historik und die Geschichte der Preußischen Politik zu belegen. Vgl. DBW II, 334/ 345/ 963. Das Gemälde belegt sie darüber hinaus visuell. Vgl. Board 1909. Börsch-Supan 1994, 619. Krey 1997, 112. Krey 2003. Achenbach 2007, 9. In Dresden hatte Bendemann mehr als 20 Jahre lang, von 1838 bis 1859, eine Professur für Historienmalerei bekleidet. Die besondere Bedeutung von Beziehungen und Verhältnissen hatte Wohlfeil (1991, 24) hervorgehoben. – Im Anschluss an Roeck (2004, 50) gehen die folgenden Interpretationen vom Primat künstlerischer Intentionen aus. »Ihren Funktionssinn empfangen Zeichen und Symbole«, wie es bei diesem heißt, »nicht aus sich selbst [...]; sie müssen ›gestiftet‹ werden. [...] als Medien der Kommunikation sind sie zweckbestimmt«.

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dessen Text kannte.71 Für den zeitgenössischen Kontext war das Urteil, mit York von Wartenburg liege ein »mustergültiges Lebensbild«, ein »Vorbild biographischer Darstellung«72 vor, prägend. Wenn Bendemann also in seinem Gemälde eine generelle Aussage zu Droysens biographischen Studien formuliert, findet sie in der Positionierung des York von Wartenburg eine pointierte Miniatur. Durch dessen Exponiertheit und physische Nähe zu Droysen überträgt es die Konnotation des biographiologischen Vorbildes nämlich auf seinen Autor, auf Droysen selbst zurück. Ein weiterer Formaspekt betrifft das Verhältnis des York von Wartenburg zu den Plastiken. Sie bilden ein Dreieck, dessen Schenkel durch Droysens Gesicht läuft. Durch die Zentrierung in der Gruppe und der gleichzeitigen Positionierung im Vordergrund wird er einerseits in die Dreiecksform integriert und ihr andererseits vorangestellt. Droysen erscheint selbst als einer jener historischen Akteure der preußischen Geschichte mit denen er abgebildet ist – womit über die Identifikation seines Werkes mit einem personalistischen Geschichtsbild erneut seine biographischen Studien implizit im Mittelpunkt stehen. Bendemann legt es nahe, Droysens patriotische Tat in der biographischen Würdigung von Preußens Helden zu sehen, und damit genauso, wie Droysen es ihm einige Monate zuvor ausdrücklich mitgeteilt hatte. »Ja eigentlich nur noch das Große reizt mich«, konstatierte er in einem Brief 1883, »und ich bin in der glücklichen Lage, derartiges in meinen Arbeiten und Gedanken immerfort zur Aufgabe zu haben. So ist mir jetzt der Alte Fritz ans Herz gewachsen« (DBW II, 964). 30 Jahre zuvor hatte er York von Wartenburg gegenüber Bendemann als eine »Art [...] Porträtmalerei« (DBW II, 334) ausgewiesen und so über eine bewusste Metapher aus dem Bereich von dessen Profession auf seinen personalistischen Ansatz aufmerksam gemacht. Das Gemälde geht aber über diese Bestandsaufnahme noch hinaus indem es, gewissermaßen als Komplettierung von Droysens Werk, auch die noch geplanten biographischen Studien über seine Komposition antizipiert. Hatte Droysen ursprünglich den Plan, »eine ›Geschichte der preußischen Politik‹ [...] bis 1840« (DBW II, 152) zu schreiben – was angesichts seiner Intention auch sinnvoll war73 – hatte er ihn aufgrund seines 71

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Aus ihrem Briefwechsel wird ersichtlich, dass Bendemann Teil von Droysens Freundeskreis war, zu dem, wenngleich nicht zum inneren, Duncker ebenfalls gehörte. Auch der Verweis auf Dunckers Geschichte des Alterthums im Gemälde deutet daraufhin, dass Bendemann ihn einzuordnen wusste. Vgl. Achenbach 2007, 100. Duncker 1884, 156. Vgl. Paetrows (2005, 222) Einschätzung zu diesem Punkt: Die Fortführung bis 1840 »war nur logisch, denn Droysen sah den einzigen Weg zur nationalen Einigung (für ihn das wichtigste politische Ziel) in einer preußischen Führungsrolle im Reich. Nach dem Tod

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Todes nicht mehr vollenden können; schon der letzte Band von Friedrich der Große war 1886 posthum erschienen. Die geplante Fortsetzung hätte die Regierungszeit Friedrich Wilhelms II. und Friedrich Wilhelms III. thematisiert und wäre ähnlich in biographischer Form abzufassen gewesen, wie Droysen das bei ihren beiden direkten Vorgängern auch schon getan hat. In Bendemanns Gemälde sind diese beiden potentiellen biographischen Arbeiten mindestens indirekt präsent, wie die Dramaturgie der Verortung zeigt. Die erwähnte Dreiecksform hat ihren Ausgangspunkt im York von Wartenburg in der linken Bildmitte, folgt der publizistischen Chronologie zu Friedrich Wilhelm I. am linken oberen Rand und vollendet sich im Friedrich der Große in der Bildrechten. Ihr Basispunkt liegt in Droysens rechter Hand als Ort der Produktion seiner Arbeiten, während Droysens Kopf als Ort ihrer Konzeption im Zentrum liegt. Der obere Schenkel des Dreieckes überlagert sich dabei mit Droysens Blick aus dem Bild heraus und holt damit die zwar vorgesehenen, aber nicht mehr vollendenden biographischen Studien in das Thema des Gemäldes hinein: Die in die historische Zukunft verweisende Dreiecksform deutet mit ihrer Ausformung als spitzwinkeliges Dreieck in jene Richtung, der aufgrund der bestehenden Anordnung der Attribute die dynastischen Nachfolger auf dem preußischen Thron und Droysens wissenschaftlichen Plänen entsprechen würden. Unterstützt wird das durch den vorausschauenden, die Fortsetzung der Geschichte der Preußischen Politik fokussierenden Blick. Droysen schaut deshalb aus dem Gemälde heraus, weil vor ihm noch weitere Arbeit liegt, der er sich, seiner Konzeption folgend, zuwenden muss, deren Realisierung aber das Ende seiner Lebenszeit verhindert hat. Die Situation des unabgeschlossen (biographischen) Arbeitsprozesses wird durch die Manuskriptseiten in seiner linken Hand symbolisch bestätigt. Bendemann ruft mit diesen Platzierungen einerseits die im Laufe von Droysens Lebenszeit zunehmende Ausrichtung auf biographisches Arbeiten auf und präsentiert den Betrachter_innen das biographische Œuvre seines Objekts andererseits in einer überrealistischen, d.h. die zu Lebzeiten publizierten Arbeiten übersteigenden, pointierenden Perspektive. Für die »›Ermittlung der historischen-gesellschaftlichen Einbindung‹«74 sind die Produktionsbedingungen der vorliegenden Quelle bedeutend.

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Friedrichs II. hatte der preußische Staat [...] seinen Beruf zur Führung Deutschlands jedoch vernachlässigt und damit den verhängnisvollen preußisch-österreichischen Dualismus befestigt. Auf diesen – aus Droysens Sicht – Kardinalfehler zielte die geplante ›Preußische Politik [...] bis 1840‹ offenbar ab«. Nach der »›Interpretation im engeren Sinne‹« und dem »sekundäre[n] Sinn des Bildes als Ganzheit« handelt es sich um den dritten Schritt von Wohlfeils (1991, 27) zweiter Interpretationsstufe.

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Bendemann hat das Porträt im Jahr nach Droysens Tod auf Bestellung der Königlichen National-Galerie zu Berlin geschaffen.75 Er empfahl sich zum einen durch seine bisherigen Arbeiten dafür. War der Name Bendemann in Berlin so bekannt wie etwa Mendelssohn76, erfuhren vor allem seine Porträts hohe Achtung77. Zum anderen dürfte aber die lange Freundschaft zu Droysen wichtig gewesen sein; seit den 1830er Jahren kannten sich beide, besuchten sich gegenseitig und standen lebenslang (etwa 50 Jahre) in Briefkontakt78. Es ist bereits darauf hingewiesen worden, dass Bendemann auch Anteil an Droysens Arbeit nahm. Die Nationalgalerie hatte mithin einen Künstler verpflichtet, der technisch, konzeptionell und persönlich überaus geeignet gewesen ist, den Auftrag auszuführen. Nach den Vorüberlegungen zur Konzeption und der hierfür in Frage kommenden Personen sollte das Gemälde Teil der nationalen BildnisSammlung werden.79 Ziel dieser Sammlung war es, die großen Männer der preußischen Geschichte öffentlich zu ehren und sie dem »Gedächtnis des Volkes zu erhalten«80, d.h. Teil des kulturellen Gedächtnisses werden zu lassen. Aufgrund der Quellenlage ist nicht zu belegen, welche Überlegungen Bendemann für die Einpassung seines Beitrages in dieses Programm angestellt hat. Aufzeichnungen konzeptioneller Art sind nicht überliefert und Zugang zu Bendemanns Ego-Dokumenten ermöglichen lediglich die wenigen – hier zudem nicht weiterführenden – Editionen in Droysens Briefwechsel. Zunächst ist es denkbar, dass er Droysen – wie Krey meinte – als »Apologet der Reichseinigung«81 idealisieren wollte. Die Rahmung mit den Monarchen und Wartenburg würde dann die Be75

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Vgl. die Liste der 26 zwischen 1880 und 1908 bestellten Gemälde bei Jörn Grabowski. »Die Nationale Bildnis-Sammlung. Zur Geschichte der ersten Nebenabteilung der Nationalgalerie«. Jahrbuch Preußischer Kulturbesitz 31 (1994): 297-322, 320, Anm. 19. Das Droysen-Porträt ist in dieser Übersicht als Nummer 10 eingeordnet. Vgl. Achenbach 2007, 8. Nach Krey (1997, 112) gehörten Bendemanns Bildnisse zu den besten der Düsseldorfer Schule. So auch Schrattenholz 1891, 26. Board 1909, 300. Börsch-Supan 1994, 618-619. In der von Hübner edierten Briefedition findet Bendemann erstmals 1836 in einem Schreiben an Mendelssohn Erwähnung (DBW I, 101), letztmals über den bereits zitierten Brief kurz vor Droysens Tod. Dazu insgesamt: Paul Ortwin Rave. Die Geschichte der Nationalgalerie Berlin. Berlin 1968, 73-77. Grabowski 1994. In der Forschung ist eine Expertise Rankes zum potenziellen Personenkreis erwähnt, die sich im Geheimen Staatsarchiv (Berlin) befinden soll. Eine Recherche dazu am 04.12.2007 und 22.01.2008, bei der die entsprechenden Aktenkonvolute des Ministeriums der geistlichen, Unterrichts- und Medicinal-Angelegenheiten für die Jahre 1873-1884 (GStA PK, Kultusministerium, Rep. 76 Ve. Sekt. 1, Abt. I.2, Bd. V-VII) komplett durchgesehen wurden, blieb allerdings erfolglos. Rave 1968, 74. Krey 2003, 202.

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rechtigung unterstreichen, in der Sammlung vertreten zu sein. Auch die Erwähnung Pufendorfs würde sich hier einpassen, denn er gilt als Wegbereiter der preußischen Geschichtsschreibung der kleindeutschen Schule82; Droysen hatte sich intensiv mit ihm auseinandergesetzt83. Genauso gut könnte der Hinweis auf ihn als geistesgeschichtliche Verortung verstanden werden, wie etwa auch jener auf Dante. Für eine diese Aspekte akzeptierende, gleichzeitig aber über den Historiographen Preußens hinausgehende Interpretation spräche daneben die Tatsache, dass Droysen nicht als dieser Historiograph vorgestellt werden musste; er war im Kaiserreich, besonders im gebildeten Berlin bekannt. Es ist insofern nicht unwahrscheinlich, dass Bendemann – über die medientheoretisch verbürgte Vergegenwärtigungsfunktion des Porträts84 – die Gelegenheit nutzte, um den Freund in dessen Sinne zu überliefern. Droysens Brief zur auf Friedrich II. bezogenen historischen Größe, musste sich für Bendemann doch wie ein autobiographisches Fazit auf sein Werk ausgenommen haben. Droysen als Biograph zu präsentieren, hätte sich daneben auch deshalb angeboten, weil es im Rahmen der Historiographie zur Größe Preußens seinen besonderen Beitrag herausstellen würde. Gegenüber dem überpersönlichen Kontext von Porträtsammlungen85, war »uniqueness«86 von Panofsky als eine der Grundfunktionen des Porträts benannt worden. Droysen schlicht als Historiker mit seinen Werken darzustellen, wäre für einen in komplexen Bildprogrammen geübten Künstler wie Bendemann hingegen gleichsam banal gewesen, wie exemplarisch das kürzlich wiederentdeckte Historiengemälde Wegführung der Juden in die Gefangenschaft (1872) zeigt. Nach Achenbach charakterisiert Bendemann demgegenüber vielmehr generell ein auf »groß[e] Zusammenhänge ausgerichtete[s] Denke[n]«87, wie auch die »hervorragenden Leistungen« der Porträts und speziell das »in der Charakteristik gut erfasst[e]«88 Droysen-Bildnis betont worden sind. Ein gezieltes Bildprogramm korrespon82

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Vgl. Wilhelm Dilthey. »Das achtzehnte Jahrhundert und die geschichtliche Welt«. Ders. Studien zur Geschichte des deutschen Geistes [Gesammelte Schriften, 3]. Hg. v. Karlfried Gründer. Stuttgart 1976. 210-268, 221-222. Vgl. Johann Gustav Droysen. »Zur Kritik Pufendorfs«. Ders. Abhandlungen zur neueren Geschichte. Leipzig 1876, 307-386. Vgl. z.B.: Porträts »exist as potential extentions of an Individual’s presence beyond the spatial and temporal limitations of his life«. Richard Brilliant. »On Portraits«. ZÄK 16 (1971): 11-26, 11. Vgl. Maurer 2002, 413. Panofsky 1953/ 1971, 194. So auch bei Deckert 1924, 4. West 1996, 80. West 2004, 25/ 29. Achenbach 2007, 13. Board 1909, 300-301.

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diert zudem auch mit dem durch Droysen überlieferten Motto Bendemanns »›ein gutes Porträt ist eine Predigt‹« (DBW II, 947). Auch wenn sich jede Interpretation ihrer Grenzen bewusst bleiben muss und für ikonologische Analysen eine prinzipielle Ergebnisunsicherheit als unhintergehbar formuliert worden ist89, lässt sich Bendemanns Porträt mit den aufgelisteten Argumenten hinsichtlich thematischer, formaler und programmatischer Aspekte als Visualisierung des Biographen Droysens lesen. Ohne unterstellen zu müssen, Droysens aus den Texten erschlossene Selbstverortung sei lediglich ›abgebildet‹90, ist über Bendemanns Deutung eine Wahrnehmungsdimension von Droysens biographiologischer Konzeption erschlossen. Obwohl es sich bei der biographischen Darstellung nur um eine Form der Geschichtsschreibung bei Droysen handelt – und keineswegs um die wichtigste91 –, wird dem Genre über die methodologisch-theoretischen Schriften ebenso wie über Bendemanns Porträt eine prominente Stellung eingeräumt; gegenüber dem 18. Jahrhundert ist es erheblich aufgewertet. Wurden biographische Studien in der Aufklärung, wie die nachfolgenden Erörterungen zeigen, skeptisch bewertet, stehen sie bei Droysen im Zentrum seines Wirkens.

b. Exkurs 1: Universalhistorie und ihr Appendix im späten 18. Jahrhundert Gewannen biographische Studien im Übergang des 17. zum 18. Jahrhundert zunehmend an Bedeutung – was mit der fragwürdig gewordenen panegyrischen Staaten- und Herrscherhistoriographie erklärt worden ist92 – lief die theoretische Etablierung des Genres zeitlich dazu nicht parallel. Eine signifikante methodologisch-theoretische Reflektion zur historischen Biographik setzt erst im späten 18. Jahrhundert ein. Dieser zeitliche Ab89 90

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Vgl. Pächt 1979, 357. Gombrich 1979, 389. Vgl.: »Das Porträt ist [...] niemals nur Wiedergabe der Erscheinung eines Menschen, sondern Deutung«. Deckert 1924, 16. Maurer spricht vom »Abbild einer sekundären Realität«. Michael Maurer. »Bilder repräsentieren Geschichte. Repräsentieren Bilder Geschichte? Zur Funktion historischer Bildquellen in Wissenschaft und Öffentlichkeit«. Historische Faszination. Geschichtskultur heute. Hg. v. Klaus Füßmann, Heinrich Theodor Grütter u. Jörn Rüsen. Köln, Weimar u. Wien 1994. 61-89, 62. Vgl. González 1980, 166. Harth 1980, 76. Schiffer 1980, 87/ 89. Fulda (1996, 417) argumentiert abweichend, wenn er mit der Formel eines stets »impliziten Narrativismus« das erzählende Element stärker betont. Vgl. Ulrich Muhlack. Geschichtswissenschaft im Humanismus und in der Aufklärung. Die Vorgeschichte des Historismus. München 1991, 98. Maurer 1996, 78.

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stand schlägt insofern auf die Quellensituation durch, als relevante Überlieferungen ab Mitte des Jahrhunderts zunehmen. Hinsichtlich von Qualität und Modus bedeutet das zugleich, dass selbstständige Arbeiten und größere Abschnitte in Proto-Historiken die Vorworte und sonstigen Kleinbeiträge zunehmend überwiegen.93 Damit ist ein einigermaßen systematisch auswertbarer Quellenfundus zur formativen Phase des »Gattungsbewusstseins«94 biographischer Studien vorhanden; auch hier fehlt es aber häufig an Nachdrucken oder gar historisch-kritischen Ausgaben, so dass die Texte teilweise schwer zugänglich sind. Herangezogen sind – soweit vorhanden – Neuausgaben, sonst die Originaldrucke. Die zum 19. Jahrhundert differente Stellung des Genres wird im Folgenden über drei wesentliche Ebenen erschlossen; nach dem disziplinären Ort biographischer Studien sollen der Gegenstandsbereich und das Verhältnis der Gattung zur Ästhetik analysiert werden.95 Mit den Bezeichnungen ›18.‹ bzw. ›19. Jahrhundert‹ sind dabei die Begriffe ›Aufklärungshistorie‹ und ›Historismus‹ vermieden, weil sich mit ihnen keine feststehenden, allgemein akzeptierten Gegenstände verbinden. Stattdessen zeichnet sich die Summe der Definitionsversuche vielmehr durch Mehrdeutigkeiten aus.96 Für die dreistufige Untersuchung werden zwei exemplarische Positionen herangezogen: (1) Als einer der ersten Theoretiker in Deutschland strengte Abbt97 eine Definition biographischer Studien an. In den Briefen, 93 94

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Vgl. Engelberg u. Schleier 1990, 196. Günther Niggl. Geschichte der deutschen Autobiographie im 18. Jahrhundert. Theoretische Grundlegung und literarische Entfaltung. Stuttgart 1977, 41. Es passt in das Gesamtbild des Forschungsstands zu biographischen Studien, dass diese Entwicklung bislang nur selten und wenn nur knapp behandelt worden ist. Vgl. Jander 1965, 31-33. Niggl 1977, 41-61. Kruckis 1995, 29-53. Hähner 1999, 56-81. Für eine primär begriffsgeschichtlich perspektivierte Aufarbeitung dieser fundamentalen wissenschaftsgeschichtlichen Verschiebung vgl. Falko Schnicke. »Transgressive Semantiken. Zur erkenntnistheoretischen Umwertung von ›Biographie‹ im Übergang vom 18. zum 19. Jahrhundert (Abbt, Wiggers, Droysen)«. Wissenschaftsgeschichte als Begriffsgeschichte. Terminologische Umbrüche im Entstehungsprozess moderner Wissenschaften. Hg. v. Michael Eggers u. Matthias Rothe. Bielefeld 2009. 235-266. Vgl. als Zusammenfassungen der Debatten etwa Horst Walter Blanke. »Aufklärungshistorie und Historismus. Bruch ›und‹ Kontinuität«. Historismus in den Kulturwissenschaften. Geschichtskonzepte, historische Einschätzungen, Grundprobleme [Beiträge zur Geschichtskultur, 12]. Hg. v. Otto Gerhard Oexle u. Jörn Rüsen. Köln, Weimar u. Wien 1996. 69-97. Peter Hanns Reill. »Aufklärung und Historismus: Bruch oder Kontinuität?«. Übers. v. Britta Jünemann. Historismus in den Kulturwissenschaften. Geschichtskonzepte, historische Einschätzungen, Grundlagenprobleme [Beiträge zur Geschichtskultur, 12]. Hg. v. Otto Gerhard Oexle u. Jörn Rüsen. Köln, Weimar u. Wien 1996. 45-68. Thomas Abbt (1738-1766) studierte Theologie, Philosophie und Mathematik in Halle und wurde vor allem von Wolffs Philosophie und Voltaires Schriften beeinflusst. Er hatte ver-

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die Neueste Litteratur betreffend äußert er sich unter einem Pseudonym in Form von kurzen Exkursen im Rahmen von Rezensionen; eine Publikationsform, die, wie Salzbrunn erarbeitet hat, durchaus zeittypisch ist98. In die Jahre 1761/ 1762 datieren drei Briefe, die im hier verfolgten Zu-

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schiedene Professuren inne und war ab 1765 gräflicher Hof- und Regierungsrat in Bückeburg. Abbts Hauptwerk Vom Verdienste (1765) machte ihn überregional bekannt. Die Abbt-Forschung hat ihn meist als Literaten oder Populäraufklärer, fast nie als Historiker wahrgenommen. Ihre Ergebnisse stammen zudem überwiegend aus dem 19. oder frühen 20. Jahrhundert, neuere Arbeiten fehlen weitgehend. Vgl. u.a. Johann Georg Meusel. »Abbt (Thomas)«. Ders. Lexikon der vom Jahr 1750 bis 1800 verstorbenen teutschen Schriftsteller 1. Leipzig 1802/ ND Hildesheim 1967. 3-5. Robert Eduard Prutz. »Thomas Abbt«. Literarhistorisches Taschenbuch 4 (1846): 369-444. Fr. Pressel. »Abbt, Thomas A.« ADB 1. Hg. durch die Historische Commission bei der Königlichen Akademie der Wissenschaften. Berlin 1875/ ND Berlin 1967. 2-4. Edmund Pentzhorn. Thomas Abbt. Ein Beitrag zu seiner Biographie. Berlin 1884. Oskar Claus. Die historisch-politischen Anschauungen Thomas Abbts. Gotha 1906, 3-40. Annie Bender. Thomas Abbt. Ein Beitrag zur Darstellung des erwachenden Lebensgefühls im 19. Jahrhundert. Cohen 1922. Michel Wilhelm. »Abbt, Thomas«. NDB 1. Hg. v. der Historischen Kommission bei der Bayrischen Akademie der Wissenschaften. Berlin 1953. 4-5. Hans Erich Bödecker. »Thomas Abbt. Patriot, Bürger und bürgerliches Bewußtsein«. Bürger und Bürgerlichkeit im Zeitalter der Aufklärung [Wolfenbütteler Studien zur Aufklärung, 7]. Hg. v. Rudolf Vierhaus. Heidelberg 1981. 221-253. Peter Fischer. »Abbt, Thomas«. Literatur Lexikon 1. Hg. v. Walter Killy. Gütersloh u. München 1988. 26-27. Benjamin W. Redekop. »Thomas Abbt and the formation of an enlightened German ›Public‹«. JHI 58 (1997): 81-103. Michael Zarembra. »Philosoph und Freund Berlins. Thomas Abbt«. Berlinische Monatsschrift 11 (1998): 52-56. – Da Claus sich in Referaten von Abbts Texten erschöpft, verbleiben für die Auseinandersetzung mit Abbt als Historiker nur die knappen Ausführungen Benders und die Bemerkungen bei Menges. Vgl. Karl Menges. »Was leistest ›Pragmatische Geschichtsschreibung‹? Zur Aktualisierung der Historiographie bei Abbt und Herder«. Humanität in einer pluralistischen Welt? Themengeschichtliche und formanalytische Studien zur deutschsprachigen Literatur. Festschrift für Martin Bollacher. Hg. v. Christian Kluwe u. Jost Schneider. Würzburg 2000. 185-201. Salzbrunn gibt an, es habe einen »die Epoche kennzeichenden Hang zu anonymen [...] Veröffentlichungen« gegeben. Ingeborg Salzbrunn. Studien zum deutschen historischen Zeitschriftenwesen von der Göttinger Aufklärung bis zur Herausgabe der ›Historischen Zeitschrift‹ (1859). Diss. masch. 1967 (Münster), 117. – Zu den Literaturbriefen fehlt noch immer eine Gesamtdarstellung. Vgl. deshalb Wolfgang Bender. »Nachwort«. Gotthold Ephraim Lessing. Briefe, die Neueste Literatur betreffend. Hg. u. komm. v. dems. Stuttgart 1979. 483-494. Auf speziell Abbts Rolle geht die trotz ihres Alters unentbehrliche Studie Thieles ein. Vgl. Richard Thiele. »Thomas Abbts Anteil an den Briefen, die Neueste Literatur betreffend. Eine literarhistorische Studie«. Beiträge zur deutschen Philologie. Julius Zacher dargebracht als Festgabe zum 28. October 1879. Hg. v. Ernst Bernhardt, Hugo Busch, Oskar Erdmann u.a. Halle 1880. 147-190. Wie viele Rezensionen Abbt verfasste, ist in etwa, nicht aber im Detail klar; die Angaben der Forschung schwanken zwischen 36 (Fischer 1988, 27), 37 (Prutz 1846, 401; hier auch eine Liste (ebd., 403-405)) und 38 Arbeiten (Thiele 1880, 155).

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sammenhang deshalb von Bedeutung sind, weil sie »programmatischer Natur«99 sind. Nicht selten gingen solche Rezensionen über den zu besprechenden Text hinaus und dienten dann der öffentlichen Diskussion wissenschaftstheoretischer Positionen. Diese »theoretische Metaebene«100 ist Gegenstand der nachfolgenden Analysen. (2) Den Wandel in Form und Struktur des Quellenmaterials auch praktisch verfolgend, soll daneben eine Monographie berücksichtigt werden. Das 1777 von Wiggers101 publizierte Traktakt Ueber die Biographie nimmt deshalb eine besondere Stellung ein, weil es sich dabei um die erste selbstständige Arbeit zur Theorie und Methode historischer Biographik handelt.102 In Charakterisierung des bisherigen (vorwiegend literaturwissenschaftlichen) Forschungsstandes zum 18. Jahrhundert hatte Hähner – nicht ohne berechtigte Kritik daran anzumelden – eine »Zwei-Lager-Theorie«103 konstatiert. Neben einer Trennungspartei, deren Vertreter (darunter Abbt) biographische Studien aus der wissenschaftlichen Geschichtsschreibung ausschlossen, weil sie ihnen nur moralisch-didaktischen Nutzen zuschrieben, habe es eine Verbindungspartei gegeben, die auch Gemeinsamkeiten zwischen biographischen Studien und geschichtswissenschaftlichen Texten sah, allerdings ohne für eine vollständige Integration ersterer in letztere zu optieren (so auch Wiggers). Für die Untersuchung dieser Position ist die Wahl von zwei nicht-professionellen Historikern insofern gegenstandsgemäß, als ihre Existenz Ausdruck einer noch nicht abgeschlossenen Institutionalisierung des Faches ist, die auch historiographischen ›Laien‹ noch Platz bietet. Die Wahl von Beispielen aus der zweiten Hälfte des 18. Jahrhun99 100 101

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Blanke u. Fleischer 1990: Artikulation, 64. Claus 1906, 30. Von Johann Georg Wiggers (1743-1820) ist wenig mehr bekannt, als dass er seit 1782 eine außerordentliche Professur für Philosophische Wissenschaften in Kiel bekleidete und diese 1787 zugunsten einer Stellung als Agent verschiedener Hansestädte aufgab. Zu seinen geschichtstheoretischen Schriften zählen neben der hier behandelten Die Moral der Clio. Ein Versuch über den Einfluß der historischen Lectüre in die Besserung des Herzens (1782) und eine Sammlung Vermischter Aufsätze (1784). – Es existieren weder Studien zu Leben oder Werk, sieht man von den älteren und sehr kurzen Einträgen im Deutschen Biographischen Archiv und den notgedrungen knappen Angaben bei Jander, Hofmann, Blanke u. Fleischer und Hähner ab. Vgl. Jander 1965, 31-33. Erich Hofmann. Geschichte der Christian-Albrechts-Universität Kiel 1665-1965 5.2. Geschichte der Philosophischen Fakultät. Neumünster 1969, 124, Anm. 61. Blanke u. Fleischer 1990: Theoretiker 2, 807. Hähner 1999, 64-66. Der häufiger zitierte, angebliche Titelzusatz »und über das Studium des Menschen« (z.B. bei Blanke u. Fleischer 1990: Theoretiker 2, 807. Hähner 1999, 64) existiert im Titel des hier benutzten Exemplars nicht, sondern stellt den Titel des ersten Kapitels dar. Vgl. Herzogin Anna Amalia-Bibliothek, Weimar: Sig. 19 A 1596. Hähner 1999, 61.

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derts erklärt sich daraus, dass die Muster der zu untersuchenden Historiographie erst dann »ihre spezifische Ausprägung«104 gewinnen. (α) Geschichtsschreibung legt Abbt apodiktisch auf politische »Hauptbegebenheiten« (AB151, 121105) – an anderer Stelle ist von »Hauptrevolutionen« (AVG, 128106) die Rede – fest. Der Historiker soll sich auf der Suche nach den »wichtigsten Triebfedern« (AB151, 119) an den »allgemeinen philosophischen Ursachen« (AB151, 123) historischer Entwicklungen orientieren. Aus Sicht der damit implizierten zeittypischen Vernunftbehauptung der Geschichte ist es folgerichtig, biographische Studien für »unfruchtbar und unnütze« (AB211, 58107) zu halten; gerade weil sie Privatpersonen fokussieren, mithin keinen der »schicklichen Gegenstände [...] öffentliche[r] Achtsamkeit« (AB211, 54), stellen sie lediglich den Appendix einer eigentlichen Historie dar. Abbt grenzt biographische Studien auch explizit von Geschichtsschreibung ab (AB161, 212108), wodurch eine prinzipielle Differenz zwischen ihr und biographischen Studien unterlegt wird. Wiggers integriert das Genre hingegen durchaus in den Korpus der gerade entstehenden Geschichtswissenschaft. Allerdings zählt er biographische Studien dabei nicht zum Kernbereich der Historiographie. Sie werden nicht primär als Mittel der allgemeinen, sondern der Personengeschichte entworfen, die damit zwar verbunden ist, aber insgesamt gesehen separiert bleibt.109 Orientiert an der »menschliche[n] Thätigkeit« (WUB, 104

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Hans Erich Bödecker, Georg G. Iggers, Jonathan B. Knudsen u.a. »Einleitung. Aufklärung und Geschichtswissenschaft«. Aufklärung und Geschichte. Studien zur deutschen Geschichtswissenschaft im 18. Jahrhundert [Veröffentlichungen des Max-Planck-Instituts für Geschichte, 81]. Hg. v. dens. Göttingen 1986. 9-22, 11. Vgl. auch Muhlack 1991, 137. Thomas Abbt. »Hundert und ein und funfzigster Brief. Anmerkungen über den wahren Begriff einer pragmatischen Geschichte«. Briefe, die Neueste Litteratur betreffend 9 (1761): 118-125. Thomas Abbt. »Vom Vortrag der Geschichte«. Ders. Vermischte Werke. Sechster Theil welcher Briefe und Fragmente enthält. [Hg. v. Friedrich Nicolai]. Frankfurt u. Leipzig 1783. 124-129. Thomas Abbt. »Zwey hundert und eilfter Brief. P. Pauli Abzug aus dem Reiche der schönen Wissenschaften, nebst desselben Abschiedsunterredung mit seinem Kunstrichter. Nützliche Regeln für Biographen, aus dem Rambler«. Briefe, die Neueste Litteratur betreffend 13 (1762): 33-60. Thomas Abbt. »Hundert und ein und sechszigster Brief. Allgemeine Erfordernisse der Schreibart eines Biographen, die Herr P. nie gekannt hat«. Briefe, die Neueste Litteratur betreffend 10 (1761): 211-214. Diese Deutung ist insofern eine Konstruktion, als Wiggers’ Text aufgrund des eklektizistischen Vorgehens in sich nicht widerspruchsfrei ist. Die textinternen semantischen Spannungen sind zwar nicht aufzulösen, dennoch kann sie über die Stellung innerhalb der Gesamtargumentation herausgelesen werden.

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53110), sind Individuen für Wiggers nicht per se von Relevanz, sondern lediglich »nach dem Maaß des Beytrages [...] wichtig« (WUB, 53). Menschen deren Leben diesem Verständnis nach »Thatenleer« (WUB, 55) war, seien für den Geschichtsschreiber irrelevant. (β) Den Gegenstandbereich biographischer Studien sieht Abbt – und dabei folgt er Johnson111 – in »nichts weiter, als d[en] Zusätze[n], die in den Plan einer grossen Geschichte nicht konnten gebracht werden« (AB161, 211).112 Die »regierenden Personen« (AB151, 120) – wenngleich es sich hier um ein personales Modell handelt, dass der Geschichte als Metanarrativ zugrunde gelegt wird, ist es nicht, wie zumeist im 19. und 20. Jahrhundert, auf (politisch) privilegiertes Personal festgelegt113 – sind über Memoiren oder so genannte »geheim[e] Nachrichten« in eine Kausalkette zu integrieren. »Diese geheimen Nachrichten erzählen zuweilen einige kleine Umstände, die unvermerkt eine Hauptveränderung veranlasst haben. Es ist wahr, es ist ein Glück sie zu wissen, aber nicht allemal ein Unglück sie nicht zu wissen. Diese besondern kleinen Umstände sind entweder ganz zufällig, oder in der Staatsverfassung gegründet gewesen. In dem ersten Fall nützen sie für einen andern Staat nichts, wenn sie erzählt werden, weil sich kein Staat vor ihnen hüten kann, in dem andern Fall sind sie nur das Complement zu den Ursachen einer Würkung, die man schon vermuthete. Denn die Hauptaufgaben, die durch eine solche Geschichte aufgefasset werden, sind wohl diese, daß man bey einer gegebenen Regierungsform bey dem gegebenen Karackter des Herrschenden, und bey dem gegebenen Verhältnis anderer Staaten dagegen genau bestimmen

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Johann Georg Wiggers. Ueber die Biographie. Mittau 1777. Samuel Johnson (1709-1784) ist einer der wichtigsten Biographietheoretiker des 18. Jahrhunderts. Angesichts des generellen Interesses an britischen Aufklärern (Bödecker, Iggers, Knudsen u.a. 1986, 13) ist es nahe liegend, dass sich Abbt mit ihm beschäftigte. Beide Theoretiker stimmen in den wesentlichen biographiologischen Aspekten überein: in der Personenwahl, ebenso wie hinsichtlich des Zwecks, Erkenntnisinteresses und Gegenstandes biographischer Studien. Vgl. Samuel Johnson. The Rambler. Nr. 60 [Works of Samuel Johnson, 3]. Hg. v. Walter Jackson Bate u. Albrecht B. Strauss. New Haven (Conn.) 1969. 318-323. Zu Johnson als Biograph und Biographietheoretiker u.a. Richard D. Altick. Lives and Letters. A History of Literary Biography in England and America. New York 1969, 46-74. Reed Whittemore. Pure Lives. The Early Biographers. Baltimore u. London 1988, 101-122. Vgl. dazu Claus 1906, 61-63. Menges (2000, 196) liest Abbt fundamental falsch, wenn er behauptet, jede Form der Historiographie habe die Funktion Zusätze zu liefern. Von der Philosophie Kants noch unbeeinflusst, versteht Abbt unter regierenden Personen »diejenigen [...], welche würklich regieren, und solten es auch Kammerdiener seyn«. AB151, 120. Vgl. zu diesem Punkt Bödecker 1981, 232-236. Wie das folgende Zitat zeigt, ist das Modell zudem nicht intentionalistisch; die Passage räumt die Möglichkeit ein, dass Entwicklungen sich »unvermerkt« realisieren können.

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lernen, was vor Hauptveränderungen für den Staat erfolgen müssen, das Zufällige bey Seite gesetzet« (AB151, 120-121).

Stellt man die hier als Gegensatzpaare konstruierten Bereiche zur Verdeutlichung tabellarisch gegenüber, ergibt sich ein aufschlussreiches Bild. Biographische Studien sind der pragmatischen Universalhistorie114 darin komplementär entgegengesetzt. biographische Studien Ursache Zufall »kleine Umstände« Erzählung Individuum (einzelner) Charakter

Geschichtswissenschaft Wirkung Regel/ Szenario »Hauptveränderungen« Belehrung Staat (allgemeine) Geschichte

Am deutlichsten ist der jeweilige epistemologische Ort an dem Paar Zufall – Regel/ Szenario abzulesen. Für eine Vergangenheitsdeutung, die auf regelhafte Prozesse abstellt, um künftige Politik durch historische zu begründen, ist die Aufmerksamkeit gegenüber zufälliger Geschichte nicht zielführend. Diesen Aspekt verdeutlicht auch eine Textstelle aus dem Vortrag der Geschichte. Hier heißt es, »[d]er Geschichtsschreiber, wenn er einmal von den Fähigkeiten eines Helden oder Staatsklugen eine vortheilhafte Meynung gefasset hat, denkt sich denselben immer als einen Geist der höheren Ordnung« (AVG, 125). Individuen werden keineswegs ignoriert, aber nicht als solche, sondern als Ausdruck und Zeichen wahrgenommen. Die Auffassung, Abbt halte biographische Darstellungen für »[g]anz besonders«115 geeignet oder würde die Abwertung der Gattung nicht forcieren, sondern sie im Gegenteil stärken116, ist für die Empirie damit nicht zu bestätigen. Außerhalb wissenschaftlicher Sinnbildung sind biographische Studien allerdings nicht unbrauchbar. Mit »moralischen [...] Betrachtungen an[gef]üll[t]« (AB161, 212), dienen sie als Ethik, womit der Anspruch zur Erziehung und Bildung des Menschen, den alle großen Aufklärer formuliert 114

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Bei dem Terminus ›Universalhistorie‹ handelt es sich um einen Quellenbegriff. Vgl. z.B. Thomas Abbt. »Einrichtung der ersten Studien eines jungen Herrn von Stande«. Ders. Vermischte Werke. Fünfter Theil welcher vermischte Aufsätze und Briefe enthält. [Hg. v. Friedrich Nicolai]. Frankfurt u. Leipzig 1783. 43-104 [= AES], 84. Das Bildungsideal seiner Zeit, um eine sinngemäße Entsprechung anzuführen, sieht Abbt in einer »höheren vollständigen Geschichte«. Ebd., 61. Vgl. interpretierend dazu Claus 1906, 67-69. Bender 1922, 120-121. Vgl. Hähner 1999, 61-62.

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haben117, praktisch eingelöst wird. Als »Muster für eine grosse Menge« (AB161, 212) sollen sie pädagogische Imperative formulieren, wofür ihre erkenntnisleitenden Prinzipien genau entgegengesetzt zur Geschichte konstruiert sind118. Das biographische Objekt wird nicht historisiert und explizit nicht als Quelle der »Hauptveränderungen« gelesen, sondern vielmehr »das Wichtige, in Absicht auf sich« (AB161, 211), d.h. den Biographen und sein Publikum beurteilt. Wiggers verknüpft mit seiner Handlungsorientierung, die als Wirkungsorientierung zu verstehen ist, die Etymologie von ›Biographie‹. Wenn er ausführt, dass »[d]er Begriff [...] anfangs von dem Leben solcher Männer abgezogen [ward], welche [...] sehr geschäfftig gewesen« (WUB, 122), liefert er die Begründung, lediglich solche Personen zu berücksichtigen, deren Darstellung zum Verständnis der gesamten Geschichte diente. Im Kapitel Beziehung der Biographie auf die größere Geschichtsschreibung fasst er seine Position prägnant zusammen: »Wenn die Geschichtsschreibung [...] Einen herausnimmt, und, um ihn als ein seltenes Individuum zu zeigen, sein Leben zum besondern Vorwurf ihrer Analyse macht, so wird sie Biographie. Ein Werk, das die Art untersucht, auf welche ausserordentliche Männer wurden, wie wir sie sehen, das den Umständen nachforscht, welche mit zu ihrer Bildung unterhalfen, welches uns zeigt, daß sie nothwendig werden mussten, was sie geworden sind, ein solches Werk erfüllt unsre Wünsche, und der Schriftsteller, der es liefert, wird in nicht geringem Verstande unser Lehrer [...]. Wenn der Geschichtsschreiber die Menschen, [...], nicht anders als im Gepränge aller ihrer Denkwürdigkeiten, und von allen ihren Handlungen begleitet, vorführen wollte, so würde sein Werk freylich eine Menge ausgemalter Portraite liefern, aber verlieren würden wir auf der andern Seite dabey. Die Vereinigung dieser Figuren zu einem historischen Gemälde. [...] Und so hätten für mich die Biographie und die höhere Geschichtsschreibung ihre Grenzen. Die Letztere spricht von dem Handelnden, um aus ihm seine Handlungen zu erklären. Die Erste erzählt die Handlungen, um von dem Handelnden ein genaues und vollständiges Bild zu geben. Hier liegt beyder wesentlicher Unterschied, der Grund des jeder eigenthümlichen Tones« (WUB, 75-79).

Um die Ausführungen zur nicht-wissenschaftlichen Gattung des Denkmals ergänzt und erneut in tabellarische Ordnung übersetzt, ergibt sich 117

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Vgl. z.B. Immanuel Kant. »Beantwortung der Frage: Was ist Aufklärung?« Ders. Abhandlungen nach 1781 [Kant’s gesammelte Schriften, I.8]. Hg. v. der Königlich Preußischen Akademie der Wissenschaften. Berlin u. Leipzig 1923. 33-42. Moses Mendelssohn. »Ueber die Frage: was heißt aufklären?« Ders. Kleinere Schriften 1 [Gesammelte Schriften, 6.1]. Hg. v. Alexander Altmann. Stuttgart-Bad Cannstatt 1981. 113-119. Insgesamt dazu Scheuer 1979, 9-21. Entsprechend falsch bei Pressel 1875/1963, 3. Dazu auch Bender 1922, 121.

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auf Grundlage dieser Passagen eine halbintegrative Darstellung des Verhältnisses von Geschichte und Biographie. Denkmal

Geschichtsschreibung «höhere Geschichtsschreibung«120 Individuum als GeIndividuum und Geschichte schichte Belehrung121 »historische[s] Gemälde« Porträt »Handlungen« Biographie

»politische Ephemeriden«119

Obwohl das Denkmal nicht näher bestimmt ist, steht es als nichtwissenschaftliche Form außerhalb des Bereiches der Geschichtsschreibung. Biographien sind als »eigenständige Gattung«122 demgegenüber Teil der Geschichtsschreibung, weil ihnen hinsichtlich der Allgemeingeschichte ein partielles, begrenztes Erklärungspotenzial zugesprochen ist. Die gestufte Hierarchie der Bereiche ist dabei markant. Insgesamt sind Kruckis’ Forschungsergebnisse insoweit zu bestätigen, als biographische Studien in der Tat »nur mehr subsidiäre Dienste«123 zu einer als Endzweck dahinter stehenden, mithin größeren Geschichtsschreibung leisten. (γ) Auch über den Ästhetikdiskurs, der an dieser Stelle nur skizziert werden kann, stellen die beiden Beispiele eine fundamentale Oppositionen zu Droysens Position her. So hält Abbt den Biographen aktiv an, seinen »Styl zu schmücken« (AB161, 212), und Wiggers plädiert für eine 119

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Vgl.: »Wie Taugenichts geruht, was sie geträumt, durch welche Klapper sie sich haben wecken lassen, meldet er [der Geschichtsschreiber] nicht, wenn sie gleich auf Thronen schliefen, und unterscheidet sich dadurch als ein Mann, der künftigen Jahrhunderten erzählt, von dem Verfasser politischer Ephemeriden«. WUB, 55. Dieser Begriff wird uneingeführt verwendet. Aufgrund seiner Stellung innerhalb der Argumentation kann er als Synonym für Universalgeschichte gelesen werden, sowohl als theoretisches und als darstellerisches Prinzip. Belehrung ist auch bei Wiggers wichtig, naive Moral lehnt er aber ab. Vgl. W UB, 87-88. Diverse Stellen belegen das. Vgl. Johann Georg Wiggers. »Versuch die verschiedenen Pflichten eines Geschichtsschreibers aus einem Grundsatze herzuleiten (1784)«. Theoretiker der deutschen Aufklärungshistorie 2. Elemente der Aufklärungshistorik [Fundamenta Historica. Texte und Dokumente, 1.2]. Hg. v. Horst Walter Blanke u. Dirk Fleischer. Stuttgart-Bad Cannstatt 1990. 429-452, 434/ 443. Vgl. auch die generelle anthropologiegeschichtliche Wendung bei Hornung (2001, 39): »Part of the discourse on anthropology [...] in the second half of the 18th century, was its relation to literary forms of representation, in which the exploration of an individual self served as a model for the exploration of universal human characteristics«. Hähner 1999, 65. Kruckis 1955, 33.

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funktionalisierte Ästhetik, mittels derer die Rezeptionsweite ausgedehnt werden soll: »Es ist allerdings verdienstlich, der Geschichte durch den Reiz ihrer Einkleidung auch solche Liebhaber zu gewinnen, die sonst von ihrem inneren Werth ungerührt bleiben möchten« (WUB, 96). Beide Positionierungen sind vor dem institutionengeschichtlichen Hintergrund, dass Geschichte als Disziplin an den Universitäten noch der Rhetorik oder der Poetik beigeordnet war124, zu sehen. Droysen hingegen lehnt die intentionale Rhetorisierung und Ästhetisierung der Historiographie prinzipiell und umfassend ab, wie das in der ironischen Formulierung vom »zweideutige[n] Glück« der Geschichte, »auch Kunst sein zu sollen« (DKM, 483125) deutlich wird. Dabei handelt es sich nicht um eine Umwertung, die nur Droysen beträfe, die »antirhetorisch[e] Wendung«126 ist ein übergreifendes Phänomen des 19. Jahrhunderts.127 Als Methodologe ist die »Entliterarisierung«128 der Historiographie für ihn deshalb kein sekundäres Problem, weil aus Sicht der Historik in einer literarisch ambitionierten Geschichtsschreibung eine Differenz ums Ganze besteht (DH57, 241); dieser Aspekt war ihm so wichtig, dass er ihn auch in seine Antrittsrede nach der Wahl in die Akademie der Wissenschaften aufnahm (DAR, 447).129 124 125

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Vgl. Bödecker, Iggers, Knudsen u.a. 1986, 11. Johann Gustav Droysen. »Kunst und Methode«. Ders. Historik 1. Rekonstruktion der ersten vollständigen Fassung der Vorlesungen (1857), Grundriß der Historik in der ersten handschriftlichen (1857/ 1858) und der letzten gedruckten Fassung (1882) [Historik. Historisch-kritische Ausgabe, 1]. Hg. v. Peter Leyh. Stuttgart-Bad Cannstatt 1977. 480488. Blanke u. Fleischer 1990: Artikulation, 102. Vgl. dazu u.a. Ute Daniel. »›Ein einziges großes Gemählde‹. Die Erfindung des historischen Genres um 1800«. GWU 47 (1996): 3-20 Daniel Fulda u. Thomas Prüfer. »Das Wissen der Moderne. Stichworte zum Verhältnis von wissenschaftlicher und literarischer Weltdeutung und -darstellung seit dem späten 18. Jahrhundert«. Faktenglaube und fiktionales Wissen. Zum Verhältnis von Wissenschaft und Kunst in der Moderne [Kölner Studien zur Literaturwissenschaft, 9]. Hg. v. dens. Frankfurt am Main 1996. 1-22. Gerrit Walther. »Der ›gedrungene‹ Stil. Zum Wandel der historiographischen Sprache zwischen Aufklärung und Historismus«. Historismus in den Kulturwissenschaften. Geschichtskonzepte, historische Einschätzungen, Grundlagenprobleme [Beiträge zur Geschichtskultur, 12]. Hg. v. Otto Gerhard Oexle u. Jörn Rüsen. Köln, Weimar u. Wien 1996. 99-116. Blanke u. Fleischer 1990: Artikulation, 102. Noch Gervinus hatte das anders gesehen; so spricht er vom »künstlerisch darstellende[n] Historiker«. Georg Gottfried Gervinus. »Grundzüge der Historik (1837)«. Ders. G. G. Gervinus Leben. Von ihm selbst 1860. Hg. v. J[ulius] K[eller]. Leipzig 1893. 353-396 [= GGH], 366. – Diese ausgreifende Dimensionierung der Frage ›Kunst oder Wissenschaft‹ ist keineswegs auf Droysen begrenzt. Als in der Weimarer Republik die Fachvertreter gegen die ›historische Belletristik‹ am Beispiel Ludwigs und Zweigs vorgingen, stritten sie um die legitime Geschichtsschreibung – so der Titel bei Mommsen. Vgl. Wilhelm Mommsen. ›Legitime‹ und ›Illegitime‹ Geschichtsschreibung. Eine Auseinandersetzung mit

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Gegenüber den unscharfen mittelalterlichen Gattungsgrenzen130 akzentuieren Abbt und Wiggers über alle drei Ebenen die geringe Kompatibilität biographischer Studien mit einer Geschichte, die als Traditionsüberlieferung Totalität beansprucht (Ziel sei das »Gesamt eines historischen Ganzen«131 gewesen). Obwohl es auch Gegenpositionen gibt, denn Zedler etwa las biographische Studien durchaus als wissenschaftliche Historiographie132, sind sie darin repräsentativ, wie Parallelstellen belegen: Gatterer trennt »›Biographie‹ [...] und eigentliche ›Historien‹«133 und Möser stellt fest, dass »[d]as Leben eines Königs [...] gewissermaßen das Leben eines Privatmannes [ist], und der Geschichtschreiber [...] sich dieser Abmessungen nicht weiter bedienen [sollte]«134. Die Theoretiker des 18. Jahr-

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Emil Ludwig. München 1930. Neben den politisch reaktionären Interessen fiel ihre Reaktion deshalb so heftig aus, weil sie die Definition der Disziplin mit der Frage der Ästhetizität verbunden sahen. Vgl. dazu Leo Lowenthal. »Die biographische Mode«. Sociologica. Aufsätze, Max Horkheimer zum sechzigsten Geburtstag gewidmet [Frankfurter Beiträge zur Soziologie, 1]. Hg. v. Theodor W. Adorno u. Walter Dirks. Frankfurt am Main 1955. 363-386. Michael Kienzle. »Biographie als Ritual. Am Fall Emil Ludwig«. Trivialliteratur. Hg. v. Annamaria Rucktäschel u. Hans Dieter Zimmermann. München 1976. 230-248. Eberhard Kolb. »›Die Historiker sind ernstlich böse‹. Der Streit um die ›Historische Belletristik‹ in Weimar-Deutschland«. Libertas. Festschrift für Erich Angermann [Transatlantische Studien, 1]. Hg. v. Norbert Finzsch u. Hermann Wellenreuther. Stuttgart 1992. 67-86. Christoph Gradmann. Historische Belletristik. Populäre historische Biographien in der Weimarer Republik [Historische Studien, 10]. Frankfurt am Main u. New York 1993. Sebastian Ullrich. »›Der Fesselnste unter den Biographen ist heute nicht mehr der Historiker‹. Emil Ludwig und seine historischen Biographien«. Geschichte für Leser. Populäre Geschichtsschreibung in Deutschland im 20. Jahrhundert [Stiftung Bundespräsident-Theodor-Heuss-Haus. Wissenschaftliche Reihe, 7]. Hg. v. Wolfgang Hardtwig u. Erhard Schütz. Stuttgart 2005. 35-56. Christian Klein u. Falko Schnicke. »20. Jahrhundert«. Handbuch Biographie. Methoden, Traditionen, Theorien. Hg. v. Christian Klein. Stuttgart u. Weimar 2009. 251-264, 255-256. Vgl. Alun Munslow. »Biography and History«. Encyclopedia of Life Writing. Autobiographical and Biographical Forms 1. Hg. v. Margaretta Jolly. Chicago u. London 2001. 114-116, 114-115. Menges 2000, 186. Vgl. Johann Heinrich Zedler. »Lebens-Beschreibung«. Ders. Grosses vollständiges Universal-Lexikon 16. Halle u. Leipzig 1737/ ND Graz 1961. 1276-1277 [= ZLB], 1277. Siehe auch Georg Christoph Lichtenberg. »Von den Charakteren in der Geschichte«. Ders. Gesammelte Werke 2. Hg. v. Wilhelm Grenzmann, Frankfurt am Main 1949. 517-523. Johann Christoph Gatterer. »Vom historischen Plan, und der darauf sich gründenden Zusammenfügung der Erzählung (1767)«. Theoretiker der deutschen Aufklärungshistorie 2. Elemente der Aufklärungshistorik [Fundamenta Historica. Texte und Dokumente, 1.2], Hg. v. Horst Walter Blanke u. Dirk Fleischer. Stuttgart-Bad Cannstatt 1990. 621-662, 630. Justus Möser. »[Die Geschichte in der Gestalt einer Epopee]«. Ders. Justus Mösers Sämtliche Werke. Dritte Abteilung. Osnabrückische Geschichte und historische Einzelschrif-

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hunderts sind damit in ihrer Mehrheit insgesamt nicht in der Lage, den konzeptionell auf einen Ausschnitt verlegten modus operandi biographischer Studien in ihr Geschichtsverständnis zu integrieren.135 Zudem optieren sie für die Literarisierung des Genres. Wirkungsästhetisch wird daneben auf der »didaktische[n] Funktion«136 bestanden und das Genre keineswegs insgesamt zur Disposition gestellt.137 Das »allgemein[e] Interesse [...] a[m] Menschlichen«138 wirkte der Historisierung von Individuen entgegen. Das Anliegen der Historiker des 18. Jahrhunderts »bestand einerseits in der Veränderung des einzelnen Menschen; andererseits beabsichtigten sie, durch die Veränderung der Individuen auch die gesamten menschlichen Lebensverhältnisse zu verbessern«139. Das Verständnis vom prinzipiell unhistorischen Individuum wird später von Herder in Frage gestellt.140 Auch Goethes Diktum von der Vermittlung des Individuellen mit dem Überindividuellen ist für diese Entwicklung prägend gewesen: »Denn dieses scheint die Hauptaufgabe der Biographie zu sein, den Menschen in seinen Zeitverhältnissen darzustellen, und zu zeigen, in wiefern ihm das Ganze widerstrebt, in wiefern es ihn begünstigt«141; wenn bei Gervinus dieser Passus zitiert ist (GGH, 374375), verdeutlicht das exemplarisch seine Wirksamkeit. Stand in diesem Sinne die Erarbeitung von universalen Verhaltensregeln im Zentrum, war die »Antithetik von Historie und Biographie«142 für die Spätaufklärung nahezu zwingend. Auch Munslow verweist in seinem kurzen Überblick auf die Differenz von Geschichte als objektiver Disziplin und biographi-

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ten [Justus Mösers Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe, 14.1]. Bearb. v. Paul Göttsching. Osnabrück 1976. 167-170, 169. Vgl. dazu auch Ruth Hoberman. »Biography. General Survey«. Encyclopedia of Life Writing. Autobiographical and Biographical Forms 1. Hg. v. Margaretta Jolly. Chicago u. London 2001. 109-112, 109. Michael Maurer. »Zur Theorie der Biographik im 18. Jahrhundert«. Biographie und Kunst als historiographisches Problem. Bericht über die Internationale Wissenschaftliche Konferenz anläßlich der 16. Magdeburger Telemann-Festtage [Telemann-Konferenzberichte, 14]. Hg. v. Joachim Kremer, Wolf Hobohm u. Wolfgang Ruf. New York u. Zürich 2004. 40-45, 42. Es verwundert deshalb, dass in der Auflistung von 15 Arbeitsbereichen der Historiographie bei Blanke u. Fleischer (1990: Artikulation, 48) biographische Studien oder personenzentrierte Historiographie insgesamt fehlen. Maurer 1996, 82. Blanke u. Fleischer 1990: Artikulation, 41. Vgl. dazu Scheuer 1979, 21-35. Maurer 1996, 78-80. Hähner 1999, 83-86. Johann Wolfgang Goethe. Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit [Sämtliche Werke, I.14]. Hg. v. Klaus-Detlef Müller. Frankfurt am Main 1986, 13. Niggl 1977, 42.

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schen Studien als Moralstreben.143 Ob über eine darstellungspraktische144 oder geschichtsphilosophische145 Perspektive begründet, bedeutet dieses generalisierende Moment den Ausschluss von für biographische Studien hinreichenden Individualität. Wie Koselleck nachgewiesen hat, wird sie über die auf Cicero zurückgehende Formel der »historia magistra vitae«146 und der ihr inhärenten »Exemplarität«147 aus der wissenschaftlichen Geschichtsschreibung ausgelagert. »Wird die Geschichte«, so der Zusammenhang, »zu einer einzigen Veranstaltung der Erziehung des Menschengeschlechts, dann verliert natürlicherweise jedes vergangene Beispiel an Kraft. Die je einzelne Belehrung geht in der pädagogischen Gesamtveranstaltung auf«148. Mit der erfolgreichen Durchsetzung des Kollektivsingulars Geschichte verkehrt sich die historiographische Grundausrichtung in ihr Gegenteil.149 Der Historismus – verstanden als Strömung historischen Denkens, nicht als Epochenbezeichnung – habe auf die »wandelbar[e] Aktualität« reagiert und sich in ein indirektes Verhältnis zur Geschichte gesetzt in dem der Einzelfall »seines politisch-didaktischen Charakters«150 entbehre. Neben den hier analysierten Quellen, ist das auch im Wandel des lexikalischen Wissens ablesbar151. 143 144

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Vgl. Munslow 2001, 115. Vgl. mit Blick auf die Praxisformen: »Erzähltechnisch ist die aufgeklärte Geschichte eine Makrogeschichte, die zwar beim Exemplarischen beginnt, aber bei generellen Wirkursachen endet«. Markus Völkel. Geschichtsschreibung. Eine Einführung in globaler Perspektive. Köln, Weimar u. Wien 2006, 235. Vgl. dazu Menges 2000. Marcus Tullius Cicero. De oratore – Über den Redner. Lateinisch – deutsch. Übers. u. hg. v. Theodor Nüßling. Düsseldorf 2007, 144 (II, 9.36). Koselleck 2000, 51. Ebd., 58. Eine umfangreiche Auseinandersetzung mit Koselleck leistet Jan Marco Sawilla. »›Geschichte‹. Ein Produkt der deutschen Aufklärung? Eine Kritik an Reinhart Kosellecks Begriff des ›Kollektivsingulars Geschichte‹«. ZHF 31 (2004). 381-428. Neben einer detaillierten Stellenkritik beanstandete er die Verlaufsdatierung, die »Originalität des deutschen Geschichtsbegriffs« (ebd., 395) und die »Numeralität« als Untersuchungskategorie (ebd., 419). Diese Einwände sind überzeugend; Kosellecks Modell ist hier dennoch verwandt, weil es weniger auf z.B. den Beginn der Datierung ankommt, als auf die Analysekategorie des Kollektivsingulars als solche. Ihre Erklärungskraft gestattet es, den Wandel in der Bewertung biographischer Studien nuancierter zu verstehen. Koselleck 2000, 64-65. Vgl. auch: »Wird das Geschehen zur Auseinandersetzung und Abfolge einzigartiger [...] Kräfte, so entfällt die unmittelbare Applikabilität historischer Vorbilder auf die eigene Situation«. Ebd., 55. Während bei Zedler 1737 neben dem allgemein-menschlichen Interesse die moralische Belehrung zentral ist (ZLB, 1277), stellt etwa Krug 1832 eher memoria als Ziel biographischer Studien heraus (KBio, 362).

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Droysen positioniert sich in zweifacher Weise anders als die angeführten Beispiele. Methodisch schließt er biographische Studien nicht aus, weil die Geschichte nicht mehr Lehrmeisterin sein soll; damit können auch nicht-exemplarische Personen, d.h. beim ihm so genannte »Werkmeister« berücksichtigt werden (vgl. II.2). Konzeptionell kann das Genre integriert werden, weil die am Fortschritt orientierte Geschichte einer Idee auch im Individuum verfolgt werden kann. Da diese Aspekte allerdings nicht originär von Droysen entwickelt wurden (neben Wiggers sind für diesen Prozess auch Jenisch152 und Gervinus (GGH) als Vorläufer wichtig), ist der Hähners Begriff der »kopernikanischen Wende«153 in diesem Bereich unangemessen. Auf die biographiologischen Positionen des 18. Jahrhunderts geht Droysen dabei nicht ein. Eine dezidierte Auseinandersetzung war für ihn bereits unnötig geworden.154 Die Frage, wodurch der Gegensatz zwischen einer historistischen Fortschrittsgeschichte und der Reintegration biographischer Studien in wissenschaftliche Historiographie aufzulösen ist, führt auf die Frage nach dem Verhältnis von Individuum und sittlichen Mächten.

2. Wirkungsmacht und Individuum Dieser Beziehung nachzugehen, ist insofern schwierig, als konkurrierende Verständnisse von der Rolle des Individuums – etwa die psychologisch und sozialgeschichtlich geprägten Vorstellungen des 20. Jahrhunderts – in die Interpretation hineingetragen zu werden drohen. Der Gefahr einer ahistorischen Überblendung des Quellenmaterials soll durch die textnahe Herleitung jeder Deutung entgegengewirkt werden; in den beiden Unterkapiteln wird zudem eine systematische und ideengeschichtliche Kontextualisierung der Analyse angestrebt.155 Vor diesen Spezialun152

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Vgl. Daniel Jenisch. Theorie der Lebens-Beschreibung. Nebst einer Lebens-Beschreibung Karls des Großen: einer Preisschrift. Berlin 1802. Hähner 1999, 113. Verkürzend ist dagegen Scheuers (1997, 223) Hinweis, dass biographische Studien auch im 19. Jahrhundert nicht als Wissenschaft akzeptiert gewesen sein. Zeitgemäße Diskussionen galten anderen Gebieten, vor allem der Abgrenzung der Geschichte von den Naturwissenschaften, speziell von einem materialistischen Geschichtsverständnis. Vgl. DPG. Als Reaktion auf die nach dem Zweiten Weltkrieg an sie herangetragene Kritik unterscheidet sich die Neue Ideengeschichte von der traditionellen vor allem in der Ideologiekritik und der Betonung der Historizität der untersuchten Texte. Zudem wird auf die methodische Vernetzung ideengeschichtlicher Forschungen mit Nachbardisziplinen, etwa der Begriffsgeschichte abgehoben. Vgl. ausgewählte Originaltexte jetzt in Martin Muslow

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tersuchungen sollen allerdings die allgemeinen Konstruktionsprinzipien personal-historischer Individualität erarbeitet werden. Insofern jede Persönlichkeit die sittliche Welt mikroskopisch in sich abbildet (DH57, 364), handelt es sich bei dem Verhältnis von Individuum und Struktur um ein durch Prägung und Abhängigkeit wechselseitig bestimmtes Verhältnis, d.h. Droysen geht von zwei Polen aus, die sich gegenseitig determinieren (DH57, 18). Aus dieser Spannung begründet sich, dass für die Historiographie beide Seiten nötig sind, Geschichte also auf Struktur und Individuum angewiesen ist. Wie hier deutlich wird, ist Droysen Teil der hermeneutischen Tradition: »[d]as Einzelne wird verstanden im Ganzen und das Ganze aus dem Einzelnen« (DH57/58, 398).156 Für die Funktionsbestimmung biographischer Studien ist es dabei entscheidend, dass diesem Einzelnen enge Grenzen gesetzt sind, es nur

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u. Andreas Mahler (Hg.). Die Cambrigde School der politischen Ideengeschichte. Frankfurt am Main 2010. Vgl. dazu insgesamt Melvin Richter. »Zur Rekonstruktion der Geschichte der Politischen Sprachen. Pocock, Skinner und die Geschichtlichen Grundbegriffe«. Alteuropa – Ancien Régime – Frühe Neuzeit. Probleme und Methoden der Forschung [Problemata, 124]. Hg. v. Hans Erich Bödeker u. Ernst Hinrichs. Stuttgart 1991. 134-174. Günther Lottes. »Neue Ideengeschichte«. Kompass der Geschichtswissenschaft. Ein Handbuch. Hg. v. Joachim Eibach u. dems. Göttingen 2002. 261-296. Luise SchornSchütte. »Ideengeschichte«. Lexikon Geschichtswissenschaft. Hundert Grundbegriffe. Hg. v. Stefan Jordan. Stuttgart 2002. 174-178. Luise Schorn-Schütte. »Neue Geistesgeschichte«. Kompass der Geschichtswissenschaft. Ein Handbuch. Hg. v. Joachim Eibach u. Günther Lottes. Göttingen 2002. 270-280. Diese Auslegung deckt sich mit Schnädelbachs (1974, 107) Deutung: »Das Individuum und die ›sittlichen Mächte‹ rückt Droysen darum in ein dem hermeneutischen Modell analoges Verhältnis von Ganzem und Teil, weil er die Teilhabe des Einzelnen an der ›sittlichen Welt‹ selbst als ein Verstehen und Verstandenwerden bestimmt. Der ›sittliche‹ Zusammenhang der Menschen erscheint damit selbst ›als ein Verstehenszusammenhang‹«. Er konstatierte deshalb die »›Integration von Historik und Hermeneutik‹«. Herbert Schnädelbach. Philosophie in Deutschland 1831-1933. Frankfurt am Main 1983, 72. Gadamer hatte zuvor die diesem Standpunkt implizite Selbstreflexivität hervorgehoben. Vgl. Hans-Georg Gadamer. Wahrheit und Methode. Grundzüge einer philosophischen Hermeneutik. 2. erw. Aufl. Tübingen 1965, 202. Eine größere Systematik des hermeneutischen Zirkels formuliert später Dilthey in der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert. Vgl. Wilhelm Dilthey. »Ideen über eine beschreibende und zergliedernde Psychologie (1894)«. Ders. Die geistige Welt. Einleitung in die Psychologie des Lebens. Erste Hälfte. Abhandlungen zur Grundlegung der Geisteswissenschaften [Gesammelte Schriften, 5]. Hg. v. Georg Misch. 2. Aufl. Göttingen 1957. 139-240. Wilhelm Dilthey. »Die Entstehung der Hermeneutik (1900)«. Ders. Die geistige Welt. Einleitung in die Psychologie des Lebens. Erste Hälfte. Abhandlungen zur Grundlegung der Geisteswissenschaften [Gesammelte Schriften, 5]. Hg. v. Georg Misch. 2. Aufl. Göttingen 1957. 317-338. Wilhelm Dilthey. Der Aufbau der geschichtlichen Welt in den Geisteswissenschaften [Gesammelte Werke, 7]. Hg. v. Bernhard Groethuysen. 2. Aufl. Göttingen 1958. 191-251. Zur Hermeneutik bei Droysen auch Weymar 1969, 99-108.

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»Tei[l] einer umgreifenden Ganzheit«157 ist. Gilt das Einzelne nicht als autonom, sondern als »Durchgangspunk[t]« (DH57, 193), wirkt sich das auf die Konzeption des Individuums aus. Im Zugriff des Historikers soll die Persönlichkeit als »Mittelpunkt ihrer Leistungen« (DH57, 242), d.h. hinsichtlich der übergeordneten Menschheitsgeschichte, nicht als solche dargestellt werden. Biographischen Studien kommt auf der Grundlage von Droysens Überzeugung, dass historische Prozesse »weder rein empirisch-psychologisch, noch aber auch metaphysisch zu bestimmen«158 sind, entsprechend eine wichtige, aber keine entscheidende Rolle für die Erklärung geschichtlicher Entwicklungen zu. Und wenngleich dieser Punkt nicht ohne Seitenbewegungen ist159, wird die Linie dieser Argumentation deutlich, wenn er ausführt, es »wäre geradezu töricht, eine Biographie Friedrich des Großen oder Caesars schreiben zu wollen. Denn daß Friedrich auf der Flöte blies oder Caesar einige grammatische Schriften verfaßt hat, ist zwar sehr interessant, aber für die große geschichtliche Tätigkeit beider äußerst gleichgültig. Ebensowenig sollte man eine Biographie von Scharnhorst schreiben wollen: die militärische Organisation Preußens [...] ist sein biographisches Denkmal« (DH57, 243).

Zuvor schon hatte er die Überlegung, die hier für den Bereich der Politik und des Militärwesens angestellt wird, für die Sphäre der Philosophie und Dichtung reklamiert: »Es ist wahrlich sehr gleichgültig, zu erfahren, ob Kant oder Schiller nicht alle 24 Stunden jedes Tages in der idealen Höhe, um derentwillen sie uns teuer sind, gelebt haben, und ich wüsste nicht, daß ich Kant besser verstünde, wenn ich erführe, daß er gute Mahlzeiten geliebt, oder Schiller mehr erklärte, wenn ich allerlei Weimarischen Klatsch über seine Tagtäglichkeiten erführe. Wenigstens die höchst genialen Wirkungen gehen weit über den Bereich der persönlichen Motive [...] hinaus« (DH57, 196-197).

Vielzitiert ist in diesem Zusammenhang auch ein Brief an seinen Sohn Gustav, in dem er mit Blick auf York von Wartenberg anmerkt, es sei ihm gleichgültig, ob der Protagonist, »sich Mätressen gehalten, ob er seinen zweiten Sohn fast missachtet und verstoßen, ob er gelegentlich in Gütern geschachert hat« (DBW II, 968).

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Georg G. Iggers. Deutsche Geschichtswissenschaft. Eine Kritik der traditionellen Geschichtsauffassung von Herder bis zur Gegenwart. Übers. v. Christian M. Barth. Köln, Weimar u. Wien 1997, 145. Meister 1926, 57. Vgl.: »Auch das [...] Engste ist geschichtlich für den, welchen es angeht«. D H57/58, 409.

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Anhand dieser Passagen wird der Grund für den Ausschluss des in Droysens Terminologie Biographischen deutlich. Das damit Bezeichnete ist nicht das eigentliche Sujet historischer Deutung und trägt somit nicht zur Erhellung des Untersuchungsgegenstandes, der leitenden, weltgeschichtlichen Idee – die Droysen als das »eigentliche ›Subjekt der Geschichte‹« (DH57, 289) zugrunde gelegt hatte160 – bei. Soll die biographische Darstellung zeigen, »wie der Genius dieser historischen Gestalt [d.h. der Idee] ihr Dasein von Anfang her bestimmt hat, in ihm sich bezeugt« (DH57/58, 405), sind biographische Details lediglich interessant und deshalb zu vernachlässigen. Nur soweit biographische Details dazu beitragen, dem überpersönlichen Ziel der Geschichte näher zu kommen, sind sie demnach im Genre gerechtfertigt. Wenn Ottnad hier das Gegenteil behauptet (»Und doch geht es Droysen ›auch‹ um den Menschen als Individuum, um das Persönlichste«161), wird das schon durch die hierfür herangezogene Quelle (DBW II, 968) negiert, denn Droysen schließt hier gerade das Persönliche, eigentlich Lebensgeschichtliche mit der Formel von den Mätressen aus. Insgesamt zeigt sich also, dass es sich bei biographischen Studien paradoxerweise in der Tat um »die am wenigsten biographische Form«162 des gesamten Darstellungskanons handelt. Die monographische Darstellung, ein weiterer Subtyp der erzählenden Darstellung, ist als »[e]igentlich die einfache Umkehrung« der biographischen Darstellung und dieser gegenüber als »recht eigentlich Entwicklungsgeschichte« (DH57, 244) aufzufassen. Biographische Studien hingegen sollen von den Aspekten geleitet werden, die Teil der gesamten, nicht nur persönlichen 160

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Mit Rüsen (1993, 251) sind die Ideen als »innere[r] Zusammenhang äußerer, zeitlich aufeinander folgender Vorgänge und Ereignisse« zu definieren. Auch Frank (1951, 64) weist darauf hin, dass die Ideen nicht im Sinne Platons als ewig seiende Urbilder zu verstehen sind. Gerade weil die Arbeit mit der Kategorie der historischen Idee typisch für das 19. Jahrhundert ist (Blanke 1996, 88), kann man eine eindeutige Quelle nicht ermitteln. Sicher ist lediglich, dass Droysen stark von Humboldt und Hegel beeinflusst worden ist und hier auch fast wörtliche Übernahmen nachweisbar sind. Vgl. Fulda 1996, 431, Anm. 8. Humboldts Aufsatz Über die Aufgabe des Geschichtsschreibers (1821) war ebenso wichtig wie Hegels Vorlesungen. Droysen hat sie allerdings nicht jedes Semester gehört, wie hin und wieder angeben wird. Vgl. Duncker 1884, 141. Pflaum 1907, 4. Hintze 1942, 154. González 1980, 96. Er besuchte u.a. Logik und Metaphysik und Geschichte der Philosophie und Philosophie des Geistes. Vgl. Astholz 1933/ 1965, 209-210. Vgl. dazu insgesamt Silvia Caianiello. »La recezione de Humboldt in Droysen. Elementi per una riconstruzione«. Lo storicismo e la sua storia. Hg. v. Guiseppe Cacciatore. Mailand 1997. 233-245. Jorge Navarro-Pérez. »Fichte, Humboldt und Ranke über die Idee und die historischen Ideen. (Mit einem Anhang über Hegel und Droysen)«. PhilJ 104 (1997): 361-373. Ottnad 1952, 67. Hähner 1999, 116.

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Geschichte sind. Droysen ist in diesem Punkt so konsequent, dass er das Genre in Bezug auf bestimmte Personen für nicht zielführend hält, trüge doch nach dem Beispiel kein Detail aus dem Leben Scharnhorsts zum Verständnis seines Beitrages zur Geschichte bei. Die preußische Heeresordnung würde er, dieser Position folgend, in einer monographischen Darstellung erschöpfend abhandeln können. Droysen begründet diese Position mit den erkenntnisleitenden Interessen. Der Historiker widme sich einer historischen Person nicht um nachzuweisen, dass sie »denkwürdige Dinge leisten ›mußte‹«, sondern um zu zeigen, dass sie sie »leisten ›konnte‹« (DH57, 242). An dieser Stelle erst, d.h. auf der Ebene der historischen Topik und nicht schon in Höhe der Heuristik, fällt die Entscheidung gegen private und psychologische Aspekte. Biographische Details sind damit allerdings nicht in toto aus der Geschichte ausgelagert, mit der monographischen Darstellung sind sie lediglich einem anderem Medium zugeordnet. Den engen Zusammenhang dieser beiden Darstellungsweisen belegt exemplarisch das Vorwort des Alexander. Rhetorisch schließt Droysen hier beide Formen zugleich aus: »[W]irst Du es nicht unrecht finden, wenn ich sie nicht als Monographie noch als Biographie behandelt [...] habe« (DA33, I163). In Abweichung von der generellen Wechselbeziehung zwischen Individuum und Struktur bedeutet diese epistemologische Position für den hier verfolgten Zusammenhang die strukturelle Betonung der faktischen Überformtheit des Individuums durch die sittlichen Mächte. In einem Aufsatz, der diese Beziehung detailliert auseinandersetzt spricht Meister entgegen der Vorstellung eines »passiven Geformtwerden[s]«164 von einem »unlösbaren Wechselverhältnis« von Individuum und Gemeinschaft bzw. Geschichte, in dem »eins die Voraussetzung für die Existenz des anderen bilde[t]«165. Liegt dieses Verhältnis bei nahezu allen Individuen in ähnlicher Weise vor, sind ihre Lebensumstände für biographische Studien im Zuschnitt Droysens entbehrlich. Ein einzelnes Leben ist innerhalb dieses Theorems lediglich dann von Relevanz, wenn es die von den sittlichen Mächten präfigurierten Grenzen verlässt und – trotz allem durch sie bestimmt – schöpferisch tätig wird, d.h. im Verhältnis hinsichtlich des historisch Ganzen außergewöhnlich ist.166 In diesem Sinne ist es kein Zu163

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Johann Gustav Droysen. Geschichte Alexanders des Grossen. Berlin 1833. Vgl. III.2.a zur problemorientierten Interpretation der Passage. Meister 1926, 39. Ebd., 37. In der longue durée ist es aus biographiologischer Sicht aufschlussreich, dass es bedeutende Parallelen zwischen diesen Bestimmungen und etwa der französischen Sozialphilosophie der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts gibt. Ohne diesem Aspekt hier en detail

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fall, dass Droysen die Gefahr präsent ist, der Persönlichkeit zuviel zuzuschreiben (DH57, 243), während er die Gefahr, sie zu sehr im Allgemeinen zu subsumieren, nicht sieht. »Auch der Gewaltigste«, notiert er in der Historik stattdessen, »ist nur ein Moment in dem rastlosen Strom der Dinge, nur ›eines‹ der Medien, durch welche sich die Gestaltungen der sittlichen Welt weiter bewegen und vollziehen, immerhin an seiner Stelle ein besonders wirksames und bezeichnendes. Als solches und nur als solches sucht ihn die Forschung, deutet ihn die Interpretation, nicht um seiner Persönlichkeit, sondern um seiner geschichtlichen Bedeutung willen« (DH57, 193-194).

Spätestens an dieser Stelle ist offensichtlich, dass die referierte sich an der Etymologie orientierte Bestimmung biographischer Studien im Falle Droysens nicht greift; biographische Studien kommt bei ihm nicht die Aufgabe zu, ein spezielles Leben um seiner selbst willen zu thematisieren. Dem Einzelnen kommt vor dem Hintergrund der Fokussierung auf die hinter den sittlichen Mächten stehende Idee vielmehr eine exemplifizierende, paradigmatische Funktion zu.

oder gar systematisch nachgehen zu können, sei die Position Bourdieus beispielhaft herausgegriffen. Hinsichtlich der Konzeptionen der Wirkungs-, Präge- und Inkorporierungsprozesse ist deutlich, wie sehr sich Droysen und Bourdieu ähneln. Stark verkürzt, versteht Bourdieu die Umwelt, die so genannte strukturierte Struktur als entscheidend für die Ausformungen der Handlungsfreiheit des Einzelnen, die von der strukturierenden Struktur, dem Habitus, getragen wird. Wie bei Droysen ist diese Handlungsfreiheit bei Bourdieu nur relativ, weil sie sich zwar kreativ, d.h. in einem Akt nicht vorhersehbarer Gestalt entäußert, aber sich systemlogisch lediglich innerhalb eines durch die strukturierende Struktur schon zuvor abgesteckten Rahmens zu konstituieren vermag. Vgl. vor allem Pierre Bourdieu. »Der Habitus als Vermittler zwischen Struktur und Praxis«. Ders. Zur Soziologie der symbolischen Formen. Übers. v. Wolf H. Fietkau. Frankfurt am Main 1970. 125158. Pierre Bourdieu. Entwurf einer Theorie der Praxis auf der ethnologischen Grundlange der kabylischen Gesellschaft. Übers. v. Cordula Pialoux u. Bernd Schwibs. Frankfurt am Main 1976. Pierre Bourdieu. Sozialer Sinn. Kritik der theoretischen Vernunft. Übers. v. Günther Seib. Frankfurt am Main 1987. Wenn darüber auch die fundamentalen Unterscheide beider Positionen nicht zu übersehen sind – sie liegen vor allem im philosophischen Fluchtpunkt der jeweiligen Konzeption und in den politischen Implikationen –, kann an dieser Parallele belegt werden, dass die bei Droysen artikulierten Vorstellungen nicht auf das 19. Jhd. begrenzt sind. Zudem zeigt sich daran, dass die historiographischen Konsequenzen einer solchen Argumentation in verschiedenen Epochen der modernen Wissenschaftsgeschichte identisch sind; Bourdieus Konzeption schließt eine bedeutende Rolle von Individualität ebenso wie Droysen in der Historik aus. Diese Konsequenz ist deshalb nicht als vermeintlich logische Banalität abzutun, weil sie den Gegenstand biographiologischer Untersuchungen darstellt.

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In der Konsequenz nimmt Droysen historische Personen als »nur ein[en] Moment in der Fortbewegung der sittlichen Welt«167 wahr; der Einzelne wird lediglich hinsichtlich »seine[r] Stelle im Prozeß«168 geschichtlich erfasst. Von diesem Standpunkt aus ist verständlich, dass Droysen vor der »Atomistik der einzelnen« (DH57, 196) ausdrücklich warnt und persönliche Motive nur im Rahmen von »wesentliche[n] und sachgemäße[n] Momente[n]« (DH57, 200) verhandelt werden sollen.169 Am Ende der Historik, im Abschnitt Der Mensch und die Menschheit präzisiert Droysen diesen Aspekt hinsichtlich der Natur des Menschen, indem er anmerkt, sie könne sich nur über ihre Endlichkeit erheben, wenn die Idee sich im Ich der Menschheit inkarniere (DH57, 390). Die Darstellung des Menschen wird dadurch »potentiell Weltgeschichte«170. Damit erklärt sich auch der biographiologische Verwurf Plutarchs und die Bestätigung Tacitus’, mit der Droysen sich gegen die personale und für die historische Biographik entscheidet.171 Darin kommt zum Ausdruck, dass das Indivi167 168

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Gadamer 1965, 202. Dieter Jähnig. »Wissenschaft und Geschichte bei Droysen«. Wirklichkeit und Reflexion. Walter Schulz zum 60. Geburtstag. Hg. v. Helmut Fahrenbach. Pfullingen 1973. 313-333, 330. Wie bereits erwähnt, wird diese Position in der Rückbindung an den »höheren Aspekt« (Armin Hohlweg. »Vorwort«. Johann Gustav Droysen. Geschichte Alexanders des Grossen. Nachdruck der Ausgabe Gotha 1877. Hg. v. dems. Neuried 2004. V-IX, V) einer religiös aufgeladenen Fortschrittsgeschichte abgestützt. Vgl.: »[...] gleich als wenn die Geschicke nicht ihres Ganges gingen trotz des guten oder üblen Willens derer, durch welche sie sich vollziehen«. DEGRW, 17. Der Referenzpunkt geschichtlicher Erkenntnis und im konkreten Fall das Verständnis des Individuums sind auf diese Weise in den Bereich vorwissenschaftlicher Prämissen, »jenseits aller erforschbaren Wirklichkeit« (Hardtwig 1991, 5) verlegt. Auch erstaunlich unkritisch gegenüber der antiindividuellen Ausrichtung des Dritten Reiches, erfährt Droysens Position bei einem seiner Schüler eine zustimmende Würdigung: »Es war ein kritisch und weltanschaulich gebändigter Subjektivismus, den er lehrte und der die Gefahren der Subjektivität dadurch zu überwinden versuchte, daß er tief eintauchte in das Bewußtwerden einer allgemeinen Kontinuität der menschlich-sittlichen Entwicklung und der Gliedschaft des einzelnen in ihr«. Friedrich Meinecke. »Droysens Historik«. Ders. Zur Geschichte der Geschichtsschreibung [Werke, 7]. Hg. v. Eberhard Kessel. München 1968. 168-172, 171. Hähner 1999, 113. Vgl.: »Nicht die alberenen Plutarchischen Biographien, wohl aber die Taciteische des Agricola ist für diese Gattung Muster«. DH57, 243. Zum Verhältnis von Plutarch und Tacitus sowie der Diskussion um sie in historischer Perspektive detailliert bei Thomas Winkelbauer. »Plutarch, Sueton und die Folgen. Konturen und Konjunkturen der historischen Biographie«. Vom Lebenslauf zur Biographie. Geschichte, Quellen und Probleme der historischen Biographik und Autobiographik [Schriftenreihe des Waldviertler Heimatbundes]. Hg. v. dems. Horn u. Waidhofen 2000. 9-46. – Unter personaler Biographik hatte Hähner (1999, 27) die »Darstellung eines individuellen Lebenslaufes« verstanden, un-

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duum für Droysen nicht aufgrund der »Mannigfaltigkeit [...] persönliche[r] psychologische[r] Motive« (DH57, 194) Beachtung findet, sondern als vollziehendes Organ, als »Träger« (DEGRW, 18) der sittlichen Verwirklichungen fungiert. Individuen sind bei Droysen Ideenträger.172 Dem steht auf der anderen Seite entgegen, dass Droysen bei der Funktionsbestimmung der Interpretationstypen einen engen Zusammenhang zwischen der Gestaltungskraft der Geschichte und ihren Objekten konstruiert. So stellt er fest, dass »die Lücke, die die psychologische Interpretation läßt, [...] die Interpretation der Ideen zu füllen« (DH57, 194) vermag, und schafft damit eine methodische Verbindung, die nach dem grundsätzlichen Ausschluss des Psychologischen aus der Untersuchung der Idee nicht unmittelbar anschlussfähig ist.173 Verständlich wird diese Position dadurch, dass sie mit der Einführung einer weiteren Kategorie korrespondiert. Die produktive Verbindung von Psychologie und Idee gilt nur, wenn ein Werkmeister das Objekt ist. In einer funktionalen, an den Ideen ausgerichteten Klassifizierung teilt Droysen die Menschheit historiographisch folgenreich in »Arbeiter« und »Werkmeister« der Geschichte: »Diesen Arbeitern an der Geschichte, man kann wohl sagen, den Tagelöhnern und Handlangern, stehen die Werkmeister gegenüber, ich meine die, welche wissen, um was es sich auch in dem tagtäglichen Tun handelt, daß es nicht bloß Tageswerk und ephemeres Geschäft ist, sondern jedes, auch das Kleinste, eine Masche in dem großen Gewebe der Geschichte« (DH57, 388).

Der Begriff des Arbeiters der Geschichte ist in der zitierten Bedeutung in der Historik nicht fixiert, sondern taucht kurz zuvor schon einmal, in generalisierender Bedeutung auf. »Man sieht, es ist in zwiefacher Art, daß der Mensch ein Arbeiter der Geschichte sein kann. Denn auch der ist, ohne daß er es weiß, ein solcher, der einfach seinem Geschäft nachgeht, [...]. In jenen Bereichen der sittlichen Mächte sich bewegend, wirkt er mittelbar doch auch Geschichtliches; nur daß es ihm im entferntesten nicht als solches gilt, sondern nur als sein Geschäft; er meint nicht in dem Besonderen das Allgemeine, in dem Einzelnen das Ganze, sondern er sieht und kennt von dem Ganzen nur das Einzelne; er ist ganz und gar nur in seiner kleinen

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ter historischer Biographik die Darstellung eines Individuums, das »nicht um seiner selbst willen, sondern aufgrund seiner historischen Bedeutung« interessant ist. So auch Astholz (1933/ 1965, 145), die vom »Träger einer Idee« spricht, oder Rother (1935/ 1965, 31-32), der den Menschen bei Droysen als »geniale[n] und willensstarke[n] [...] Träger der Ideen« sieht. Die psychologische Interpretation wird bei Droysen als analytisches Instrument verstanden, das »in dem Tatbestand die Motive der Willensakte [sucht], welche ihn hervorbrachten«. DH57/58, 404. Vgl. zum Verhältnis der Interpretationstypen u.a. Hünermann 1967, 118-124. González 1980, 158-163. Barrelmeyer 1997, 73-77. Hackel 2006, 96-100.

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Welt, zu der sich die großen Dinge nur peripherisch verhalten; von diesem ephemeren Gesichtspunkt aus denkt und handelt er. So also sind die meisten Menschen nicht direkt und mit Absicht, aber indirekt und ohne es zu wissen und zu wollen, geschichtliche Arbeiter, und zwar so, daß sie, ›ihre‹ Ziele verfolgend, der Geschichte als Mittel dienen, die geschichtlichen Zwecke zu erfüllen« (DH57, 387).

›Arbeiter‹ bildet im zweiten Zitat einen Oberbegriff und meint alle Menschen.174 Für die Unterscheidung beider Gruppen ist ihre Geschichtswirksamkeit ausschlaggebend. Dabei wird die Trennung zwischen den kreativen Werkmeistern und den rezeptiven Arbeitern nicht durch Aktivität oder Passivität festgeschrieben; als tätig wurden beide bestimmt. Die Differenz wird über die subjektive Stellung zur Idee produziert, d.h. in Höhe der Einsicht in den historischen Prozess. Während also beide Gruppen eine Funktion innerhalb der Geschichte haben, obliegt der entscheidende Einfluss den Werkmeistern; gegenüber der quantitativen Dominanz der Arbeiter, dominieren sie die Ebene der Qualität im historischen Prozess. Mit der Kategorie des Werkmeisters findet Droysen einen Ausweg aus dem Dilemma, den Menschen als Teil eines Ganzen entscheidend handeln zu lassen. Ist die Historik auch so gelesen worden, dass die Zusammenführung von Individuum und Struktur nicht gelingt175, belegt die Konzeption des Werkmeisters das Gegenteil. Als »Inkarnation einer sittlichen Idee«176 ist der Genius ein »in sich zentrierte[s] Wertmomen[t] am Ganzen«177. Meister versteht diese Inkarnation als einen aktiven Prozess: »Der Genius hat die von außen, aus der Welt des Objektiven auf ihn einwirkenden Einflüsse, die latent in den Zuständen liegenden Ideen sich zu eigen zu machen und sie in dieser individuellen Form, als den ›Gedanken dieses Mannes‹ seinem Zeitalter einzuprägen«178.

Droysen sieht keinen Widerspruch darin, den Menschen über relative Willensfreiheit verfügen zu lassen und ihm zugleich nur die Rolle eines 174

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Es ist damit korrekt, aber unterspezifisch, wenn Barrelmeyer (1997, 45) in seiner Studie lediglich von den Arbeitern spricht. Vgl.: Droysens »materielles Geschichtsbild definiert den Menschen als ›Arbeiter der Geschichte‹, als funktionierenden Teil einer ›Maschinerie [...]‹«. Vgl. z.B.: »Droysens Aussagen diesbezüglich widersprechen sich. Auf der einen Seite hält er an der Freiheit der menschlichen Persönlichkeit fest, die als Selbstzweck nie Mittel für die einzelnen Gemeinsamkeiten werden kann. Auf der anderen Seite scheint der sittliche und geschichtliche Wert des Individuums von seiner Mitarbeit in den einzelnen Sphären abzuhängen«. González 1980, 214. Meister 1926, 41. Ebd., 45. Ebd., 41.

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Mediums der Ideen zuzuschreiben; der Mensch ist bei ihm »zugleich Subjekt und Objekt der Geschichte«179. In dem Versuch, das Individuum mit der Struktur des geschichtlichen Prozesses philosophisch zu verbinden – die Zuweisung zum Objekt- und Subjektstatus ist Ausdruck dessen –, war Droysen wesentlich von Hegel geprägt, wie die folgende Untersuchung zeigt.

a. Anleihen an Hegels weltgeschichtlichen Individuen Droysens Werkmeister sind den welthistorischen Individuen Hegels wesentlich nachempfunden180; die Anleihen sind auf verschiedenen Ebenen nachweisbar. Hegels Subjektverständnis, das Droysen aus der Berliner Vorlesung zur Philosophie der Geschichte (WS 1828/ 1829) kannte181, bot ihm einerseits die Möglichkeit, Individuum und Struktur zu vermitteln, ohne den Primat der Idee aufgeben zu müssen und war andererseits als weniger spekulativer Aspekt in Hegels Überlegungen mit der empirischen Konzeption der Historik vereinbar182. 179 180

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Hackel 2006, 87. Darauf hat die Forschung verschiedentlich hingewiesen. Vgl. z.B. Gilbert 1931, 32. Ottnad 1952, 64. Obermann 1977, 148, Anm. 221. Hähner 1999, 112, Anm. 21. Bauer 2001, 120. Vgl. Astholz 1933/ 1965, 210. Der Vorlesungstext ist erst posthum veröffentlicht worden, wobei unklar ist, ob Hegel das seinerseits geplant hatte. Vgl. Walter Jaeschke. HegelHandbuch. Leben – Werk – Schule. Stuttgart u. Weimar 2003, 401. Die Herausgabe ist durch die Überlieferungssituation, auf die Nachschriften angewiesen. Vgl. zum Publikationsverlauf Karl Heinz Ilting, Karl Brehmer u. Hoo Nam Seelmann. »Vorbemerkung«. Georg Wilhelm Friedrich Hegel. Vorlesungen über die Philosophie der Weltgeschichte. Berlin 1822/23. Nachschriften von Karl Gustav Julius von Griesheim, Heinrich Gustav Hotho und Friedrich Carl Hermann Victor von Kehler [Vorlesungen. Ausgewählte Nachschriften und Manuskripte, 12]. Hg. v. dens. Hamburg 1996. VII-X, VII-VIII. Hespe beschreibt die Nachschriften und kommentiert sie kurz. Vgl. Franz Hespe. »Hegels Vorlesungen zur ›Philosophie der Weltgeschichte‹«. Hegel-Studien 26 (1991): 78-87. Die nachfolgenden Interpretationen sind deshalb einerseits mit dem Problem konfrontiert, nicht mit Hegels Originalwortlauten arbeiten zu können, und können andererseits auf die neuen, aus jeweils mehreren Nachschriften eines Semesters kompilierten Texteditionen der Ausgabe des Felix Meiner Verlages zurückgreifen. Gerade von Hegels »windschiefe[n] Spekulationen« (DBW I, 15) distanzierte sich Droysen in den Historik-Vorlesungen. Durch Boeckh, seinen zweiten maßgeblichen Lehrer, sei er schon früh vom »Vorzug der historisch-kritischen Methode« (Obermann 1977, 135) überzeugt worden. Vielzitiert ist ein Brief aus dem Jahr 1864, der in der Forschung teilweise als finale Abwendung Droysens von Hegel verstanden wurde (DBW II, 849-850); diese Auffassung ist aber zu strikt, wie Bauer (2001) darlegt. Vgl. zu Hegel und Droysen generell Gilbert 1931, 21-25. Rüsen 1969, 16-21. Bravo 1968, 317-393.

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Wenn für die Angaben Droysens zum historischen Individuum keine über Nebenbemerkungen hinausgehenden Untersuchungen vorliegen183, ist die Forschungslage bezüglich Hegels Individuumskonzeption geradezu paradox. Das Problem ist nur wenig systematisch bearbeitet worden, und doch gibt es zwei konträr entgegen gesetzte Positionen, die die Sekundärliteratur zu Hegel in Form von Nebensätzen oder Kurzkommentaren durchziehen und in ihrer Bewertung zwischen dem »antiindividualistische[n] Systemdenker« und dem »große[n] moderne[n] Universalist[en]«184 schwanken. Insgesamt zeigt sich aber, dass es sich hierbei um ein Scheinproblem handelt. Beschrieben wird jeweils das gleiche Individuum-Struktur-Verhältnis, die verschiedenen Forschungsbeiträge sind aufgrund der fehlenden Systematik allerdings insofern nicht gegenseitig anschlussfähig, als sie die Diskussionen mit differenten Fragestellungen führen185; während eine Fraktion die Stellung des Individuums aufklären will, fokussiert die andere die Funktion des Weltgeistes. So schließen sich die Behauptungen, das Individuum gehe im Denken Hegels »verloren«186 und sei im historischen Prozess ein »notwendiges ›Moment‹«187, nicht aus, sondern bilden stattdessen den argumentativen Rahmen ab, in dem Hegel operiert. Zimas Formel von der »Allmacht aus Ohnmacht«188 pointiert diesen Aspekt; in seiner Deutschen Geschichte im Neunzehnten Jahrhundert hatte Treitschke das schon 1885 festgestellt (»Der [...] Mensch erschien [...] unermesslich groß als Träger der Idee und verschwindend klein neben den [...] Gesetzen der göttlichen Vernunft«189). 183

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Auch die Bemerkungen Zimmermanns (2006, 109-132) im Rahmen seiner Menschenbilder in lebensgeschichtlicher Darstellung untersuchenden Arbeit sind nur knapp und stehen diesem Eindruck nicht prinzipiell entgegen. Henning Ottmann. Individuum und Gesellschaft bei Hegel 1. Hegel im Spiegel der Interpretationen [Quellen und Studien zur Philosophie, 11]. Berlin u. New York 1977, 1. Ein weiteres Problem besteht in Hegels Diktion. Viele Begriffe und Zusammenhänge sind sprachlich nicht eindeutig; speziell hinsichtlich der Vermittlung von Allgemeinem und Besonderen stellte Jaeschke (2003, 411) diesen Mangel fest. Eine generelle Sprachkritik, die über die Geschichte der Philosophie hinaus reicht, ist Teil von Hillers Ausführungen. Kurt Hiller. »Glossen zu Hegels sogenannter Philosophie der Geschichte«. Hegel und die Folgen. Hg. v. Gerd-Klaus Kaltenbrunner. Freiburg 1970. 161-177. Iring Fetscher. »Individuum und Gemeinschaft im Lichte der Hegelschen Philosophie des Geistes«. ZpF 7 (1953): 511-532, 532. Emil Lask. »Fichtes Idealismus und die Geschichte«. Ders. Gesammelte Schriften 1. Hg. v. Eugen Herrigel. Tübingen 1923. 1-273, 66. Peter V. Zima. Theorie des Subjekts, Subjektivität und Identität zwischen Moderne und Postmoderne. 2. Aufl. Basel u. Tübingen 2007, 107. Heinrich von Treitschke. Deutsche Geschichte im Neunzehnten Jahrhundert. Dritter Theil. Bis zur Juli-Revolution [Staatengeschichte der neuesten Zeit, 26]. Leipzig 1885, 719.

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Als historiographischen Fluchtpunkt seiner Geschichtsphilosophie legt Hegel den Endzweck des Weltgeistes fest (HPWG22/23, 24190). Wie später bei Droysen ist die Idee als »Führer [...] der Welt« (HPWG22/23, 14) im Zentrum, aber schon die Formulierung von der Führerschaft verweist auf eine weitere Komponente, eine Instanz nämlich, die geführt wird. Dabei handelt es sich neben den Völkern um die welthistorischen Individuen; die »Tätigkeit der Individuen« bestimmt Hegel an anderer Stelle weitgehender sogar als Bedingung für die Realisierung des Weltgeistes (HPG, 253191). Autonom ihren Leidenschaften folgend – damit »Selbstzweck«192 – vollbringen die Individuen Allgemeines – in diesem Sinn als »Mittel«193 und »Werkzeug«194. Die Übertragung ist dadurch gewährleistet, dass sich das welthistorische Individuum als »Geschäftsführer eines Zweckes« (HPWG30/31, 165195) objektiviert, d.h. »objektiv macht« (HPR, 200196). »Diß sind die grossen Menschen in der Geschichte«, heißt es bei Hegel, »deren eigene, particulären Zwecke das substantielle enthalten, welches Wille des Weltgeistes ist« (HPWG30/31, 165). Für diese Objektivierung prägte Hegel die Formel der »List der Vernunft«, eine Figuration, die zwischen 190

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Georg Wilhelm Friedrich Hegel. Vorlesungen über die Philosophie der Weltgeschichte. Berlin 1822/23. Nachschriften von Karl Gustav Julius von Griesheim, Heinrich Gustav Hotho und Friedrich Carl Hermann Victor von Kehler [Vorlesungen. Ausgewählte Nachschriften und Manuskripte, 12]. Hg. v. Karl Heinz Ilting, Karl Brehmer u. Hoo Nam Seelmann. Hamburg 1996. Georg Wilhelm Friedrich Hegel. Vorlesungen über die Philosophie des Geistes. Berlin 1827/1828. Nachgeschrieben von Johann Eduard Erdmann und Ferdinand Walter [Vorlesungen. Ausgewählte Nachschriften und Manuskripte, 13]. Hg. v. Franz Hespe u. Burkhard Tuschling. Hamburg 1994. So bei Kurt Leese. Die Geschichtsphilosophie Hegels auf Grund der neu erschlossenen Quellen untersucht und dargestellt. Berlin 1922, 130. Klaus Vieweg. »Einleitung des Herausgebers«. Georg Wilhelm Friedrich Hegel. Die Philosophie der Geschichte. Vorlesungsmitschrift Heimann (Winter 1830/1831) [jena-sophia. Studien und Editionen zum deutschen Idealismus und zur Frühromantik, I.3]. Hg. v. dems. München 2005. 7-22, 17. So bei Friedrich Meinecke. »Zur Entstehungsgeschichte des Historismus und des Schleiermacherschen Individualitätsgedankens«. Ders. Zur Theorie und Philosophie der Geschichte [Werke, 4]. Hg. v. Eberhard Kessel. Stuttgart 1959. 341-357, 343. So bei Fetscher 1953, 522. Theodor Litt. Hegel. Versuch einer kritischen Erneuerung. Heidelberg 1953, 128. Georg Wilhelm Friedrich Hegel. »Philosophie der Weltgeschichte. Einleitung 1830/31«. Ders. Vorlesungsmanuskripte II (1816-1831) [Gesammelte Werke, 18]. Hg. v. Walter Jaeschke. Hamburg 1995. 138-207. Georg Wilhelm Friedrich Hegel. Vorlesungen über die Philosophie des Rechts. Berlin 1818/1820. Nachgeschrieben von Johann Rudolf Ringier [Vorlesungen. Ausgewählte Nachschriften und Manuskripte, 14]. Hg. v. Emil Angehrn, Martin Bondeli u. Hoo Nam Seelmann. Hamburg 2000.

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Struktur und Subjekt vermitteln soll.197 Daran wird deutlich, dass es sich nicht um eine »›Genie‹-Theorie«198 handelt. Insgesamt ist die Weltgeschichte nach Hegel »nicht [...] als bloße Macht des Geistes [zu betrachten], die Gattung hat Macht des Allgemeinen über die Individuen [...], aber die Gattung fällt auch wieder in die Einzelheit zurück«199. Im Vergleich mit Droysens Werkmeistern sind drei Aspekte hervorzuheben. Zum einen ist auch bei Droysen, das wurde bereits dargestellt, ein von den Ideen und den sittlichen Mächten ausgehender Vorgang der Prägung des Individuums zu konstatieren. Fischer hat diesbezüglich von der »Bindung des Individuums durch die Kollektivphänomene«200 gesprochen. Stärker als bei Hegel kann es aber auf die sie prägenden Strukturen zurückwirken. Damit ist das Individuum in einer sowohl »imperativische[n] als auch [...] kollektivistische[n] Ausrichtung«201 gedacht und sozialethisch nicht so isoliert wie bei Hegel. Zum zweiten wird die analoge Situierung des Individuums in der Geschichte deutlich. Ohne dass ein direkter Bezug nachzuweisen wäre, ist bei Hegel wie bei Droysen der Mensch das handelnde Wesen, durch das Veränderungen realisiert werden.202 Über diese Vorstellung ist der Begriff der geschichtlichen Arbeit – ein Schlüsselbegriff der Historik203 – mit dem 197

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Vgl.: »Das dritte ist nun, daß diese Zwecktätigkeit, die schon objektive Sätze, noch weiter sich objektiviere; die Tätigkeit ist von neuem gegen das Objekt gekehrt, aber vermittelst des Mittels, und mit diesem Objekt kehrt sie sich gegen das andere Objekt, etwa das ›Material‹. Objekte kommen gegeneinander; das ist die List der Vernunft, der Zweck. Das Mittel wird aufgebraucht«. Georg Wilhelm Friedrich Hegel. Vorlesungen über die Logik. Berlin 1831. Nachgeschrieben von Karl Hegel [Vorlesungen. Ausgewählte Nachschriften und Manuskripte, 10]. Hg. v. Udo Rameil. Hamburg 2001, 207. Vgl. dazu generell Carl Schmitz. Die List der Vernunft. Diss. masch. (Zürich) 1951. Jaeschke 2003, 411-412. Michael Rosen. »Die Geschichte«. Handbuch Deutscher Idealismus. Hg. v. Hans Jörg Sandkühler. Stuttgart u. Weimar 2005. 218-240, 237-238. Vgl. Hähner (1999, 99): »Hegel formuliert keine ›Genie‹-Theorie der Geschichte«. Georg Wilhelm Friedrich Hegel. Vorlesungen über Naturrecht und Staatswissenschaft. Heidelberg 1817/18 mit Nachträgen aus der Vorlesung 1818/19. Nachgeschrieben von P. Wannenmann [Vorlesungen. Ausgewählte Nachschriften und Manuskripte, 1]. Hg. v. C. Becker, Annemarie Gethmann-Siefert u.a. Hamburg 1983, 257. Fischer 1966, 29. Frank 1951, 24. Dazu auch Ottnad (1952, 47): »Das Individuum, Kreuzungspunkt umfassender ›individueller Totalitäten‹ bildet sich erst in der schaffenden, weiterarbeitenden Teilhabe an den sittlichen Sphären«. Vgl. für Droysen hierzu Ottnad (1952, 20-32), der das an den Phänomenen Sprache und Arbeit belegt. Darauf weist González hin. Droysens Arbeitsbegriff differiert vom aktuellen: »Der Terminus ›Arbeit‹ im modernen Sinne wird nicht mehr synonym mit dem Terminus ›Handeln‹ verstanden, d.h. als geplantes, überlegtes, instrumentales Handeln« (González 1980, 238). Dazu auch Ottnad 1952, 20-32/ 36-38.

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geschichtlichen Fortschritt verbunden. Kontrastiv zu Hegel reklamiert Droysen diese Art der Arbeit allerdings für alle Menschen, nicht nur die Werkmeister204; ebenso wie der Begriff des Arbeiters doppelt belegt ist, findet in der Historik auch der Begriff des Werkmeisters eine zweite Verwendung, dann nämlich, wenn im eben erwähnten Zusammenhang die Persönlichkeit prinzipiell jedes Individuums als »Werkmeisterin der Geschichte« (DH57, 385) bezeichnet wird. Mit Hegel decken sich Droysens Äußerungen allerdings insoweit, als beide die entscheidenden historischen Veränderungen für die »großen geschichtlichen, welthistorischen Individuen« (HPWG22/23, 68) bzw. die »Werkmeister« (DH57, 388) im engeren Sinn reservieren.205 Zum dritten ist die Rolle der individuellen Freiheit zu erwähnen. Als Resultat der Prägungssituation kommt selbst den herausgehobenen Individuen keine autonome Handlungsfreiheit zu; sie sind an den Weltgeist bzw. an die Idee gebunden. Hegel und Droysen sind in diesem Punkt nicht eindeutig, dennoch ist in der Tendenz festzustellen, dass die Freiheit bei Droysen präsenter ist. Wenn Jordan allerdings davon gesprochen hat, dass Droysen die »Befreiung des Menschen aus seiner Stellung als unbewusstem Mittel«206 betrieben hätte, kann das insofern missverstanden werden, als es eine zu große Freiheit der Individuen bei Droysen suggeriert. Zwar schreibt er ihr einen hohen sittlichen Wert ein, lässt sie gleichzeitig aber nicht uneingeschränkt: »Auch in [...] der Philosophie ist neuester Zeit Aehnliches gelehrt worden; ein Denker [...] sagt: wenn man alles, was ein einzelner Mensch ist und hat und leistet, A nennt, so besteht dies A aus a + x, indem a alles umfaßt, was er durch äußere Umstände von seinem Land, Volk, Zeitalter u. s. w. hat und das verschwindend kleine x sein eigenes Zuthun, das Werk seines freien Willens ist. Wie verschwindend klein immer dies x sein mag, es ist von unendlichem Werth, sittlich und menschlich betrachtet allein von Werth« (DEGRW, 13-14).

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Vgl.: »So in ihren Individuen bauend und formend, im Arbeiten werdend, schafft die Menschheit die sittlichen Mächte, die sittliche Welt«. D H57/58, 407. Vgl. dazu die Beschreibung der Geschichte bei Droysen als autopoietisches System: »[...] daß die Geschichte Arbeiter zur Arbeit ermächtigt und zu neuen Zielen aufruft, indem sie sich selbst zum Ziel gibt«. Hünermann 1967, 131. Das hat die Vereinnahmung Hegels durch politisch reaktionäre Kreise befördert. So etwa bei Leese der 1922 affirmativ feststellt, dass durch Hegels Geschichtsphilosophie »der charaktervolle Zug eines herben und entsagungsvollen Heroismus« gehe. Zur historischen Größe sei damit »Entgültiges« gesagt. Leese 1922, 138. Jordan 1998, 218. Bauer (2001, 120) hingegen stellt lediglich Differenzen hinsichtlich des freien Willens fest.

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Die Forschung las die entsprechenden Passagen im Sinne einer gerichteten, d.h. relativen Freiheit. So stellte Frank fest, dass das Individuum seinen freien Willen »in Selbstgesetzgebung [...] zur Verwirklichung der Imperative der sittlichen Ideen«207 einzusetzen habe und Ottnad hob hervor, dass Willensfreiheit für Droysen lediglich »das Jasagen zur Entschluss fordernden Tat«208 sei. Konstitutiv für die Definition der Werkmeister ist bei Droysen gleichzeitig die Einsicht der Individuen in ihr weltgeschichtliches Handeln. Im Unterschied zu Hegel209 besteht er auf dem um seine Funktion »wissen[den]« (DH57, 388) Werkmeister. Wie stets ließe sich auch hier eine gegenläufige Aussage finden. So etwa einen Brief von 1857, d.h. aus dem unmittelbaren Entstehungszeitraum der Historik, in dem es heißt, »kein General oder Staatsmann, kein Künstler oder crédit mobilier will Geschichte machen, indem er tut, was er tut« (DBW II, 476). Insgesamt überwiegt aber die Betonung der Einsicht in die historischen Notwendigkeiten für die Werkmeister. Die Einschätzung Meisters nach der die Werkmeister kein Bewusstsein ihrer Rolle hätten210, ist damit zurückzuweisen. Gleichzeitig ist Schuppe zuzustimmen, wenn er notiert, dass »Droysens ›Zweck der Geschichte‹ [...] also ein vom Historiker durch Interpretation der verfügbaren Daten herausgearbeiteter, nicht unbedingt von den Akteuren intendierter Entwicklungsprozeß«211 ist. Auf die Konstruiertheit der Darstellung wurde mit Verweis auf Bourdieu schon eingegangen. Über alle drei Punkte wird deutlich, dass Droysen zwar von Hegel stark beeinflusst war, aber weder als »Hegelianer«212, noch als »konsequent[er]«213 Vertreter der Lehre von den welthistorischen Individuen gesehen werden kann. Auch Meineckes Einschätzung andererseits, Droysen habe mit der »Hegelschen Marionettentheorie [...] nichts zu schaffen«214, ist nicht haltbar. Vielmehr konzipiert Droysen die Werkmeister als ent207 208

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Frank 1951, 24. Ottnad 1952, 43. In diesem Sinne auch Meister 1926, 45-46. Astholz 1933/ 1965, 62-66. Hünermann 1967, 90. Ottnad (1952, 97) begründet die Einführung der Willensfreiheit mit wissenschaftspolitischen Überlegungen. Vgl.: »Dem Kausalbegriff, wie ihn das 19. Jahrhundert verstand, stellte Droysen die menschliche Willensfreiheit entgegen, die ihm im Zweckbegriff den Unterschied zwischen Naturwissenschaft und Geschichte begründet«. Außerhalb der singulären Formulierung von den welthistorischen Individuen als den »einsichtvollsten in ihrer Welt« (HPWG22/23, 69) ist es der »Wille des Weltgeistes« (HPWG30/31, 165), nicht des Einzelnen von dem Hegel ausgeht. Vgl. Meister 1926, 55. Schuppe 1998, 33. Obermann 1977, 123. Ebd., 148, Anm. 221. Meinecke 1930, 274.

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scheidend handelnde Figuren, die ihre Taten freiwillig vollbringen und deren Dimension kennen. Wenn eine Übertragung dieser Konstruktion auf die Darstellungsprinzipien biographischer Studien auch auf die Tatsache hinausläuft, dass die Werkmeister den Arbeitern als Sujet für diese vorgezogen werden, ist sie innerhalb der Historik nicht widerspruchsfrei entwickelt.

b. Widersprüche des ›nur biographischen Maßes‹ In der Bestimmung des Gegenstandes biographischer Studien erkennt Droysen eine Gefahr darin, »daß man [...] jede Persönlichkeit zur Biographie geeignet hält, während doch nur unter Umständen diese Form indiziert ist« (DH57, 243). Welche Umstände hier gemeint sind, wird an dieser Stelle nicht erläutert, kann aber aus früheren Passagen rekonstruiert werden. Im Abschnitt zur Interpretation formulierte er ähnlich, indem er angab, die Forschung solle nicht, »jedem ersten besten in seinem Tun und Leiden nach[g]ehen« (DH57, 194). An dieser Stelle ging Droysen gleichzeitig über diese Aussage hinaus und präzisierte, dass sie stattdessen diejenigen auswähle, »welche [...] eine geschichtliche Bedeutung haben, d. h. deren Leben eine maßgebende Stelle in dem großen ›geschichtlichen‹ Zusammenhang der Dinge hat« (DH57, 194). Damit ist das entscheidende Kriterium, für biographische Studien geeignet zu sein, festgelegt. Besteht es in einer großen Nähe zur Idee – über »maßgebend« ist abgesichert, dass es sich um ein qualitatives Verhältnis handelt –, ist die Gattung nach dieser Festlegung den Werkmeistern vorbehalten. Bestärkt wird diese Deutung dadurch, dass den Arbeitern eine lediglich quantitative Berücksichtigung zukommen soll.215 Pointiert formuliert bevorzugt Droysen die Werkmeister deshalb für biographische Studien, weil im Gegensatz zu den Arbeitern über sie die »historische Wahrheit« erschlossen werden kann. Das beschriebene Leben gewinnt mit steigender Exponiertheit der Person an Bedeutung für die Erkenntnis der sittlichen Mächte.216 215

216

Vgl. eine Passage, die sich in der Historik direkt anschließt und exemplarisch den historiographischen Umgang mit den Arbeitern thematisiert: »[...] von den Tausenden, die nach den Berichten in der [...] Schlacht gefallen sind, sprechen wir nur als Zahlen und als verwendete militärische Kraft«. DH57, 195. Vgl.: »Die Wahrheit eines Komplexes von historischen Richtigkeiten weist sofort über diese selbst hinaus und in einen größeren Zusammenhang hinauf [...]. Natürlich kann man von jedem einzelnen seine Biographie schreiben, aber die Richtigkeiten, die man aus Kirchenbüchern und Geschäftsbüchern über ihn zusammenstellte, würden auch nicht einen Deut historische Wahrheit ergeben; diese träte erst hinzu, wenn man nachwiese, wie

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In den Detailbestimmungen stellt sich Droysens Position allerdings weitaus uneinheitlicher dar. So verweist er zum einen gegen den bisherigen Argumentationsverlauf auf die Biographiewürdigkeit jeder historischen Person, d.h. auch in Bezug auf die Arbeiter. Zum anderen gibt es für Droysen paradoxerweise Personen, die gerade aufgrund ihrer Größe für das Genre ungeeignet sind. So betont er in der Diskussion des Gegenstandes zunächst die potentielle Offenheit biographischer Studien und setzt gleichzeitig ihre obere Grenze fest. »Ich möchte nicht sagen, daß die biographische Darstellungsweise nur für die Biographie bedeutender ›Menschen‹ ist, so wie anderseits die bedeutendsten unter diesen über das nur biographische Maß hinausreichen. Also keine Biographie Caesars oder Friedrichs des Großen, aber auch keine Scharnhorsts. [...] Aber Alkibiades, Cesare Borgia, Mirabeau, das sind durch und durch biographische Figuren. Die geniale Willkür, die ihre geschichtliche Tätigkeit bezeichnet und die kometenhaft die geregelten Bahnen und Sphären störend ihr persönlichstes Wesen zu beachten zwingt, macht ihre Biographie zum einzigen Schlüssel für die Bedeutung, die sie in ihrer Zeit hatten« (DH57, 243).

Diese Passage ist deshalb problematisch und steht einer direkten Übertragung des Werkmeister-Konzepts auf das Genre biographischer Studien entgegen, weil hier nicht dargelegt ist, was das »nur biographische Maß« meint. Hinzu kommt, dass es sich um die einzige Stelle in Droysens Werk handelt, an der sich diese Formulierung findet und sich die Möglichkeit zu einer vergleichenden Interpretation somit nicht bietet. Im Folgenden ist eine Deutung auf zwei textimmanenten Ebenen und der Ebene der Praxis versucht. (α.1) Betrachtet man zunächst den Zusammenhang zwischen der Formel und den genannten Personen, liegt der Schluss nahe, dass historische Personen ab einer bestimmten weltgeschichtlichen Bedeutung mit einer biographischen Darstellung nicht, unterhalb dieser Bedeutung aber durchaus adäquat dargestellt werden können. Diese Auslegung widerspricht Droysens sonstiger theoretischer Position allerdings erheblich. Es ist im Rahmen der Gesamtargumentation nicht plausibel, warum eine der »bedeutendsten« Figuren, die per definitionem gerade deshalb bedeutend ist und andere überragt, weil sie die Idee der Geschichte in außerordentlicher Weise verkörpert, die Potenzen einer Darstellungsform übersteigen soll, derselbe [...] in seinem Vaterlande, wie er in Kunst oder Wissenschaft mittätig gewesen; erst in diesen größeren sittlichen Zusammenhängen hat der einzelne seine sittliche Bedeutung, und hat [...] seine Wahrheit; und diese Wahrheit seines Lebens herauszustellen wäre erst eine ›historische‹ Aufgabe«. DH57, 60.

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der »es [...] zu zeigen [gilt], wie der Gedanke sich in seinen Erscheinungsformen ›völlig ausprägt‹« (DH57, 242). (α.2) Legt man die Betonung hingegen auf das »nur«, irritiert der Bezug auf das Biographische. Eine Deutung, die darauf abhebt, Droysen verbinde die biographische Darstellung mit der Darstellung einer Biographie im etymologischen Sinn, fände zwar eine interne Lösung: Caesar und Friedrich der Große wären deshalb für biographische Studien ungeeignet, weil sie sich als historisch bedeutende Figuren nicht auf ein »biographisches Maß« reduzieren ließen, d.h. weil sie größer als dieser Rahmen wären. Auch eine solche Deutung kollidiert aber mit Droysens Geschichtsausfassung, denn das Individuell-Private ist – wie bereits festgestellt – prinzipiell kein Gegenstand der Historiographie, damit auch nicht von biographischen Studien. (β) Bezieht man die praktischen biographischen Studien in Form einer strukturellen Analyse schon an dieser Stelle mit ein, ist festzustellen, dass die hypothetischen Überlegungen aus (α.1) auf die Titelfigur des York von Wartenburg und Friedrich Wilhelm I. als nicht unwichtige, aber historisch eher Personen zweiten Ranges zutreffen, auf die Titelfigur des Friedrich der Große und Alexander allerdings nicht. Auch die Vermutung aus (α.2) findet keine Entsprechung auf Seiten der bei Droysen zur Verfügung stehenden Beispiele. Einem »nur« biographischen Maß ist sprachlogisch ein ›auch‹ biographisches Maß, d.h. eine Darstellung die das Biographische mit behandelt, zugehörig. Der Aufbau von Friedrich der Große und Alexander müsste sich insofern deutlich von den anderen beiden Darstellungen abheben, als der Koppelung an Kontext und Zeit wesentlich mehr Raum zugesprochen sein müsste. Im York von Wartenburg und Friedrich Wilhelm I. müsste hingegen die Darstellung der Persönlichkeit überwiegen. Tatsächlich unterscheiden sich die Bände hinsichtlich ihres formalen Aufbaus jedoch nur minimal; neben personalisierter Politikgeschichte finden sich in allen Bänden nur wenige Passagen, die private oder gar psychologische Aspekte fokussieren. Eine Trennung in verschiedene Kategorien historischer Personen kann auf Grundlage dieser Quellen nicht begründet vorgenommen werden. Über beide Zugänge kann somit keine sinnvolle Einordnung des »nur biographischen Maßes« erreicht werden; es ergeben sich Differenzen auf logischer und empirischer Ebene. Auch die vorliegende Forschung bietet – soweit sie dieses Problem überhaupt behandelt – keine überzeugende Lösung an. Während Jander und Zimmermann ohne besonderes Problembewusstsein für Variante (α.1) optieren217, werte Hähner die Passage 217

Vgl. Jander 1965, 51. Zimmermann 2006, 115.

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als »Polemik«218 gegen eine das Private einbeziehende Biographik. Das kann einerseits deshalb nicht überzeugen, weil Droysen gewöhnlich die Personen nennt, gegen die er sich wendet219, und er Stellen, an denen sich eine Argumentation gegen frühere Biographik vielmehr angeboten hätte, auch nicht genutzt hat. Gegenüber diesen um ein geschlossenes Theoriemodell bemühten Interpretationen ist für die Möglichkeit des Nichtverstehens an dieser Stelle zu plädieren. Das »nur biographische Maß« ist vor dem Hintergrund der bisherigen Aussagen und Positionen weder in die theoretischen Überlegungen zu integrieren, noch mit der biographischen Praxis vereinbar; das ist als Untersuchungsergebnis zu akzeptieren. Die semantische Kongruenz zum Gesamttext hatte Eco als Orientierung für die Textexegese festgelegt. »Die Initiative des Lesens«, heißt es in den Grenzen der Interpretation, »besteht im Aufstellen einer Vermutung [...]. Diese Vermutung muß vom Komplex des Textes als einem organischen Ganzen bestätigt werden. Das heißt nicht«, präzisiert er diese Bestimmung, »daß man zu einem Text nur eine einzige Vermutung aufstellen kann [...]. Zuletzt aber müssen diese Vermutungen sich an der Kongruenz des Textes bewerten und die Textkongruenz wird zwangsläufig bestimmte voreilige Vermutungen als falsch verwerfen«.220

Festgehalten werden kann für Droysen aber gleichwohl, dass daneben mehrere Äußerungen und auch die geschichtsphilosophische Position allgemein dafür sprechen, in den Werkmeistern die Objekte zu sehen, die biographischen Studien zugeordnet sind. Im Sinne einer umfassenden Untersuchung von Droysens biographiologischer Position sind die bisherigen Befunde um die impliziten sozialen Bestimmungen zu erweitern.

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Hähner 1999, 117. So in allen wichtigen geschichtstheoretischen Aufsätzen, wie Erhebung der Geschichte zum Rang einer Wissenschaft (DEGRW), Kunst und Methode (DKM) und Philosophie der Geschichte (DPG). Für die Historik sei allein auf die häufigen Namensnennungen im Register verwiesen. Vgl. Peter Leyh u. Christiane Münst. »Register«. Johann Gustav Droysen. Historik 1. Rekonstruktion der ersten vollständigen Fassung der Vorlesungen (1857), Grundriß der Historik in der ersten handschriftlichen (1857/ 1858) und der letzten gedruckten Fassung (1882) [Historik. Historisch-kritische Ausgabe, 1]. Hg. v. Peter Leyh. Stuttgart-Bad Cannstatt 1977. 494-532. Umberto Eco. Die Grenzen der Interpretation. Übers. v. Günter Memmert. München u. Wien 1992, 49.

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c. Race-, class- und gender-Konstellationen Hatte Pflaum schon Anfang des 20. Jahrhunderts festgestellt, dass Droysens Werkmeister insofern sozial strukturiert sind, als sie »gross[e] und stark[e]« Individuen gegenüber »kleineren und schwächeren«221 privilegieren, ging damit zeitgemäß keine hegemoniekritische Analyse einher. Diese wurde später von beispielsweise feministischen Positionen nachhaltig eingefordert. »Feministische Wissenschaft ist zunächst Wissenschaftskritik«222, formulierte Nagl-Docekal programmatisch. Dabei ging es zentral um »Veränderungen des ›allgemeinen‹ Geschichtsbildes«223, um einen »›andere[n] Blick‹«224. So wandte sich Hausen in einem inzwischen kanonischen Aufsatz gegen die »historiographische Marginalisierung des Nicht-Dominanten«225. Über die Infragestellung des Primats der bislang als allgemein verstandenen Geschichte sollte der historiographische »Zuschnitt«226 konsequent kritisiert werden. Ziel war eine »erneuerte«227 Historiographie; Hunt sprach von der »reconceptualizing [...] of history«228, von »reshape«229 und »rewriting«230. In diesem Sinne kann sich die Unter221

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Wie das komplette Zitat zeigt, kommt Pflaum eher beiläufig zu diesem Ergebnis: »Das Kontinuum der ›sittlichen Welt‹ will ausser und über den diskreten Persönlichkeiten aus dem geschichtlichen Material herausinterpretiert sein, woraus dann unvermeindlich folgt, dass die kleineren und schwächeren Persönlichkeitsfiguren ausser acht gelassen werden und die grossen und starken nur noch als ›Träger einer Idee‹, d.h. auf eine verhältnismässig kurze Formel reduziert, eine Rolle spielen«. Pflaum 1907, 57. Hertha Nagl-Docekal. »Feministische Geschichtswissenschaft – ein unverzichtbares Projekt«. L’Homme 1 (1990): 7-18, 13. Ute Frevert. »Bewegung und Disziplin in der Frauengeschichte. Ein Forschungsbericht«. GG 14 (1988): 240-262, 261. Claudia Opitz. »Der ›andere Blick‹ der Frauen in der Geschichte«. Methoden in der Frauenforschung. Hg. v. der Zentraleinrichtung zur Förderung von Frauenstudien und Frauenforschung an der FU Berlin. Frankfurt am Main 1985. 76-93. Von einem »neuen Blick« sprach wenig später auch Bock. Gisela Bock. »Geschichte, Frauengeschichte, Geschlechtergeschichte«. GG 14 (1988): 364-391, 367. Karin Hausen. »Die Nicht-Einheit der Geschichte als historiographisches Herausforderung. Zur historischen Relevanz und Anstößigkeit der Geschlechtergeschichte«. Geschlechtergeschichte und Allgemeine Geschichte. Herausforderungen und Perspektiven [Göttinger Gespräche zur Geschichtswissenschaft, 5]. Hg. v. Hans Medick u. Anne-Charlott Trepp. Göttingen 1998. 15-55, 40. Ebd., 50. Ebd., 52. Lynn Hunt. »The Challenge of Gender. Deconstruction of Categories and Reconstruction of Narratives in Gender History«. Geschlechtergeschichte und Allgemeine Geschichte. Herausforderungen und Perspektiven [Göttinger Gespräche zur Geschichtswissenschaft, 5]. Hg. v. Hans Medick u. Anne-Charlott Trepp. Göttingen 1998. 57-97, 97. Ebd., 81.

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suchung zu Droysens biographiologischer Position nicht in der Beschreibung erschöpfen, sondern hat Kritik an den Implikationen zu race, class und gender zu üben. In einer Historik-Kritik231 und einem Aufsatz, der intersektionale Ungleichheiten bei Droysen, Wilhelm Wachsmuth und Gervinus analysiert232, bestehen die bislang einzigen, zudem nicht auf biographische Studien konzentrierten Versuche dazu. War der intersektionale Zusammenhang dieser drei Kategorien immer schon thematisiert worden – aufgrund des historischen Verhältnisses zur Sozialgeschichte ist vor allem Klasse mit Geschlecht korreliert worden, wobei dabei die Geschlechterforschung frühzeitig dem Versuch entgegentrat, beide Kategorien gegeneinander auszuspielen; ›Rasse‹ bzw. Ethnie wurde seltener mit einbezogen, fehlt aber keineswegs komplett233 –, erfuhr er im Rahmen der postcolonial studies234 eine neue systematische 230

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Ebd., 60. Bereits 12 Jahre zuvor wollte schon Scott die Disziplin neu strukturieren. Ihr Ziel war es, »fundamentally transform disciplinary paradigms«. Joan W. Scott. »Gender. A Useful Category of Historical Analysis«. AHR 91 (1986): 1053-1075, 1054. Vgl. Cyrus (1997, 66-67) für die Auflistung der zu »korrigierenden[den]« Punkte. Vgl. Falko Schnicke. »Doppelstruktur des Hegemonialen. Intersektionale Perspektiven auf die historiographische Differenzproduktion des 19. Jahrhunderts«. Perspektive – Medium – Macht. Zur kulturellen Codierung neuzeitlicher Geschlechterdispositionen. Hg. v. Ann-Kristin Düber u. dems. Würzburg 2010. 27-48. Vgl. zu beiden Aspekten u.a. Bock 1988, 384-386. Ute Frevert. »Klasse und Geschlecht – ein deutscher Sonderweg?«. Nichts als Unterdrückung. Geschlecht und Klasse in der englischen Sozialgeschichte [Theorie und Geschichte der bürgerlichen Gesellschaft, 4]. Hg. v. Logie Barrow, Dorothea Schmidt u. Jutta Schwarzkopf. Münster 1991. 259-270. Hanna Schissler. »Geschlechtergeschichte. Herausforderung und Chance für die Sozialgeschichte«. Was ist Gesellschaftsgeschichte? Positionen, Themen, Analysen. Hg. v. Manfred Hettling, Claudia Huerkamp, Paul Nolte u.a. München 1991. 22-30, 29. Ute Frevert. »Männergeschichte als Provokation?!«. WerkstattGeschichte 6 (1993): 9-11, 10. Rebekka Habermas. »Geschlechtergeschichte und ›anthropology of gender‹. Geschichte einer Begegnung«. HA 1 (1993): 485-509, 502. Hanna Schissler. »Soziale Ungleichheit und historisches Wissen. Der Beitrag der Geschlechtergeschichte«. Geschlechterverhältnisse im historischen Wandel [Geschichte und Geschlechter, 3]. Hg. v. ders. Frankfurt am Main u. New York 1993. 9-36, 9. Joan W. Scott. »Von der Frauen- zur Geschlechtergeschichte«. Geschlechterverhältnisse im historischen Wandel [Geschichte und Geschlechter, 3]. Hg. v. Hanna Schissler. Frankfurt am Main u. New York 1993. 37-58, 50. Eve Rosenhaft. »Zwei Geschlechter – eine Geschichte? Frauengeschichte, Männergeschichte, Geschlechtergeschichte und ihre Folgen für unsere Geschichtswahrnehmung«. Was sind Frauen? Was sind Männer? Geschlechterkonstruktionen im historischen Wandel. Hg. v. Christiane Eifert, Angelika Epple, Martina Kessel u.a. Frankfurt am Main 1996. 257-274, 267. Hausen 1998, 52. Martina Kessel u. Gabriela Signori. »Geschichtswissenschaft«. Gender-Studien. Eine Einführung. Hg. v. Christina von Braun u. Inge Stephan. Stuttgart u. Weimar 2000. 119-129, 125. Auf die Diskussionen um Bedeutung und Inhalt des Begriffs postcolonial studies seit Said kann an dieser Stelle nicht eingegangen werden. Vgl. als Überblick dazu Leela

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Begründung. Für die hier verfolgte Argumentation ist es von Bedeutung, dass race, class und gender in ihrer Zusammengehörigkeit und Interdependenz als »central concepts in [...] social history«235 gelten. In der Diskussion wird als Grund dafür die wechselseitige Beeinflussung der Kategorien angeführt. Betont wird ihre Eigenschaft, sich gegenseitig zu ergänzen und dadurch je neu zu akzentuieren.236 Die – anglo-amerikanisch dominierte – Forschung zu den Gesellschaftssystemen und Hierarchien in Kolonien und postkolonialen Sozialstrukturen hebt daneben auf ähnliche Konstruktions- und Funktionsprinzipien der genannten Kategorien ab. Beruhen sie, wie race und gender, teilweise auf Körperlichkeit, sind sie als gesellschaftliches Unterscheidungsmerkmal doch wesentlich sozialen und konstruktivistischen Charakters237; diesen Aspekt zu verkennen, so

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Gandhi. Postcolonial Theory. A Critical Introduction. Edinburgh u. St. Leonards 1998, 1-80. Robert J. C. Young. Postcolonialism. An Historical Introduction. Malden (Mass.) u. Oxford 2001, 57-97. Geeta Chowdhry u. Sheila Nair. »Introduction. Power in a Postcolonial World: Race, Gender and Class in International Relations«. Power, Postcolonialism and International Relations. Reading Race, Gender and Class. Hg. v. ders. London u. New York 2002. 1-32, 10-14. Marío do Mar Castro Varela u. Nikita Dhawan. Postkoloniale Theorie. Eine kritische Einführung [Cultural Studies, 12]. Bielefeld 2005. Eileen Boris u. Angélique Janssens. »Complicating Categories. An Introduction«. Complicating Categories. Gender, Class, Race and Ethnicity [International Review of Social History. Supplement, 7]. Hg. v. dens. Cambridge 1999. 1-13, 1. Vgl. Maryanne Cline Horowitz. »Introduction. Race, Class, Gender and Human Unity«. Race, Class and Gender in Nineteenth-Century Culture. Hg. v. ders. Rochester u. New York 1991. IX-XIX, X/ XII. Boris u. Janssens 1999, 1. Bishnupriya Ghosh. »Feminisms«. Encyclopedia of Postcolonial Studies. Hg. v. John C. Hawley. London u. Westport (Conn.) 2001. 170-177, 170. Bill Ashcroft, Gareth Griffiths u. Helen Tiffin. »Class and Post-Colonialism«. Post-Colonial Studies. The Key Concepts. Hg. v. dens. 4. Aufl. London u. New York 2002. 37-40, 37-38. Bill Ashcroft, Gareth Griffiths u. Helen Tiffin»Feminism and Post-Colonialism«. Post-Colonial Studies. The Key Concepts. Hg. v. dens. 4. Aufl. London u. New York 2002. 101-104, 103. Chowdhry u. Nair 2002, 2-3/ 19. Denise Daum, Andrea Geier, Iulia-Karin Patrut u.a. »Einleitung«. Ethnizität und Geschlecht. (Post-)Koloniale Verhandlungen in Geschichte, Kunst und Medien. Hg. v. Graduiertenkolleg Identität und Differenz. Köln, Weimar u. Wien 2005. 3-20, 5. Regina Becker-Schmidt. »›Class‹, ›Gender‹, ›Ethnicity‹, ›Race‹. Logiken der Differenzsetzung, Verschränkung von Ungleichheitslagen und gesellschaftliche Strukturierung«. Achsen der Ungleichheit. Zum Verhältnis von Klasse, Geschlecht und Ethnizität [Politik der Geschlechterverhältnisse, 36]. Hg. v. Cornelia Klinger, Gundrun-Axeli Knapp u. Birgit Sauer. Frankfurt am Main u. New York 2007. 56-83, 76. Kritisch gegenüber der vorliegenden Forschung ist Bruce Robbins. »Race, Gender, Class, Postcolonialism: Toward A New Humanistic Paradigm?«. A Companion to Postcolonial Studies. Hg. v. Henry Schwarz u. Sangeeta Ray. 2. Aufl. Calden, Malden (Mass.) u. Oxford 2005. 556-573. Vgl. Horowitz 1991, XII. Tracy Robinson. »The Intersections of Gender, Class, Race, and Culture. On seeing Clients Whole«. JMCD 21 (1993): 50-58, 51. Boris u. Janssens 1999, 6. Pamela Scully. »Race and Ethnicity in Women’s and Gender History in Global Per-

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Christian, hieße die Definitionskriterien für die soziale Stellung als natürlich zu akzeptieren238. Sie sind vielmehr als »machtstabilisierende Phänomene«239 wahrzunehmen, an denen die historische Variabilität von Herrschaftskonzepten beschrieben werden kann. Als Produktionsinstanz von sozialer Ungleichheit und politischer Macht ist die Trias race, class und gender als Zusammenhang konstitutiv; in diesem Sinne wird mit der Analyse dieser Kategorien ein explizit aufklärerischer und emanzipatorischer Impetus verbunden240. Den Postulaten zur Berücksichtigung der Wechselwirkung von race, class und gender ist empirisch selten entsprochen worden.241 Das gilt besonders für wissenschaftsgeschichtliche Arbeiten. Wenn nachfolgend eine Analyse der Interdependenzen von race-, class- und gender-Zuschreibungen in Droysens Konzeption des Werkmeister versucht wird, ist es nicht Ziel, die komplexen Verflechtungen umfassend zu behandeln, sondern lediglich Perspektiven der Vernetzung zu eröffnen. Eine systematische Untersuchung der Trias ist mit der Schwierigkeit eines kontinuierlichen Systems konfrontiert, d.h. eine lineare Darstellung ist deshalb nicht möglich, weil es sich bei dem zu untersuchenden Gegenstand um eine zirkuläre Beziehungsstruktur handelt.242 Dem wird hier insofern begegnet, als jeweils eine der Kategorien fokussiert wird, um die relevanten Beziehungen von ihr ausgehend entwickeln zu können. (α) Die Konstruktionsprinzipien der Werkmeister in Bezug auf Ethnien243 liegen – wie jene zu Klasse und Geschlecht – lediglich implizit

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spective«. Women’s History in Global Perspective 1. Hg. v. Bonnie G. Smith. Chicago u. Urbana 2004. 195-228, 195-196. Vgl. Barbara Christian. »But Who Do You Really Belong To – Black Studies or Women’s Studies?«. Women’s Studies 17 (1989): 17-23. Daum, Geier, Patrut u.a. 2005, 6. Vgl. Horowitz 1991, X. Daneben auch Scully 2004, 224: »It also [...] shows the revolutionary potential of such categories to help people assert humanity in the face of racial and gender prejudice«. So auch bei Daum, Geier, Patrut u.a. 2005, 5. Auf prinzipielle darstellungspraktische Schwierigkeiten hatte auch Curthoys aufmerksam gemacht. Vgl.: »But if keeping two such concepts in play is hard enough, look what happens when the third concept [...] is brought seriously into play. The system, the analysis, becomes too complex to handle«. Ann Curthoys. »The Three Body Problem. Feminism and Chaos Theory«. Hecate 17 (1991): 14-21, 15. Die hier favorisierte Verwendung von ›Ethnie‹ statt ›Rasse‹ begründet sich mit politischen und epistemologischen Konnotationen. Wie Daum, Geier, Patrut u.a. (2005, 5, Anm. 4) feststellen, ist ›Rasse‹ im Deutschen viel stärker durch die Verwendungskontexte des Nationalsozialismus negativ geprägt, als der nach dem Zweiten Weltkrieg positiv besetzte Begriff race. Letzterer sei zudem eine stärker soziale Kategorie, während ›Rasse‹ auf »naturalisierenden Begründungen« beruht. Cornelia Klinger u. Gundrun-Axeli Knapp.

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vor. Es finden sich bei Droysen keine detaillierten Auseinandersetzungen mit diesen Kategorien, dennoch prägen sie das entwickelte Geschichtsbild entscheidend. So wird bereits über die angeführten Beispiele deutlich, dass Droysen eine eurozentrische Perspektive einnimmt und lediglich zentralkontinentale Figuren wie Alexander den Großen, Caesar, Karl V., Goethe oder Napoleon nennt. Könnten Alexander der Große und Caesar auch als Vertreter von südeuropäisch-mediteranen Ethnien aufgefasst werden, wird das durch die der römisch-griechischen Antike zugeschriebene Geltung als kulturelle Grundlegung der mitteleuropäischen Nationalstaaten244 relativiert. Die damit präsentierte Geschichte ist nicht nur hegemonial-männlich codiert und bürgerlich orientiert, sondern beschränkt sich personell auch auf Europa als Zentrum der Geschichte. In Droysens Allgemeingültigkeit reklamierender Geschichtsauffassung erscheinen andere Kontinente kaum245 und hinsichtlich der Werkmeister lediglich als Medium. Die Idee der Menschheit »sprach zuerst Alexander aus: Hellenen seien alle Guten; er gab dieser neuen Idee, Asien erobernd, Ausdruck und Nachdruck, dieser Gedanke durchdrang allmählich die Bildung des Hellenismus, und erst auf diesem neuen Gedanken hat sich das Christentum auferbauen können« (DH57, 211).

Asien ist hier als Mittel zur Durchsetzung der Geschichte degradiert und wird beiläufig in einen Nebensatz erwähnt. Eine analoge Abwertung erfahren auch die »Jägervölker Nordamerikas«, die zwar von der historischen Idee inspiriert seien, allerdings »arm« und auf die »kümmerlichsten Formen beschränkt« (DH57, 207) lebten. Ähnlich wie schon etwa 60 Jahre

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»Achsen der Ungleichheit – Achsen der Differenz. Verhältnisbestimmungen von Klasse, Geschlecht, ›Rasse‹/Ethnizität«. Achsen der Ungleichheit. Zum Verhältnis von Klasse, Geschlecht und Ethnizität [Politik der Geschlechterverhältnisse, 36]. Hg. v. dens. u. Brigit Sauer. Frankfurt am Main u. New York 2007. 19-41, 20, Anm. 2. Dieser Aspekt wird dadurch verstärkt, dass eine Unterscheidung zwischen race und ethnicity nicht immer möglich ist. Vgl. Scully 2004, 196; zu den daraus resultierenden Forschungsansätzen ebd., 204-214. Vgl. zur Definition auch Bill Ashcroft, Gareth Griffiths u. Helen Tiffin. »Race«. Post-Colonial Studies. The Key Concepts. Hg. v. dens. 4. Aufl. London u. New York 2002. 198-206. Becker-Schmidt 2007, 66-68. Vgl. etwa die Bemerkungen Bichlers zur Geschichte des Hellenismus: Reinhold Bichler. »Geschichte des Hellenismus«. Hauptwerke der Geschichtsschreibung. Hg. v. Volker Reinhardt. Stuttgart 1997. 138-142. Vgl. erneut das Register der Historik: Nordamerika 2 Einträge, Südamerika 0, Afrika 1, Asien 2, die weiteren Kontinente jeweils 0. Leyh u. Münster 1977. Europa ist zwar auch nur mit einem Eintrag verzeichnet, allerdings ist Droysen gesamte Darstellung auf Europa ausgerichtet.

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zuvor Schiller in seiner bekannten Antrittsvorlesung Was heißt und zu welchem Ende studiert man Universalgeschichte? (1789) sieht Droysen in den Ureinwohnern eine vormoderne Entwicklungsstufe der Menschheit und stellt über die lokal gebundene Charakterisierung eine ethnische Klassifizierung her. Schiller war in seiner Jenaer Vorlesung eindeutig auf die ›fremden‹ Ethnien eingegangen, wobei er seine patriarchale Argumentation auf ganze Völker ausgeweitete: »Die Entdeckungen, welche unsre europäischen Seefahrer in fernen Meeren und auf entlegenen Küsten gemacht haben [...] zeigen uns Völkerschaften, die auf den manichfaltigsten Stufen der Bildung um uns herum gelagert sind, wie Kinder verschiedenen Alters um einen Erwachsenen herum stehen, und durch ihr Beispiel ihm in Erinnerung bringen, was er selbst vormals gewesen, und wovon er ausgegangen ist. [...] Wie beschämend und traurig aber ist das Bild, das diese Völker von unser Kindheit geben! und doch ist es nicht einmal die erste Stufe mehr, auf der wir sie erblicken«246.

Droysen übernimmt die Grundpositionen der aufgeklärten Universalgeschichte in diesem Punkt, d.h. Geschichte als solche wird europäisiert und eurozentriert, gehen von hier doch die historisch relevanten Entwicklungen aus und werden am europäischen Niveau alle anderen Regionen gemessen. Alexander handelt für Europa (Zweck) mit Asien (Mittel), als Zielpunkt seiner Eroberungen ist die für das Abendland wichtige Durchsetzung des Christentums antizipiert. In diesem Sinne operieren biographische Studien folgerichtig mit europäischen Figuren, deren Handeln auf Europa zugeschnitten ist. Nicht-europäische Figuren werden nicht nur nicht als handelnd vorgestellt, sondern als Behandelte zu einem objekthaften Gegenüber.247 Als Begründung für diese implizite Setzung dient der Entwicklungsstand der jeweiligen Gesellschaften, wobei die europäischen in Gestalt ihrer bürgerlichen, männlichen Mitglieder gegenüber anderen aufgewertet sind.248 Über die den Werkmeistern eingeschriebene 246

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Friedrich Schiller. »Was heisst und zu welchem Ende studiert man Universalgeschichte. Eine akademische Antrittsrede«. Ders. Historische Schriften und Erzählungen 1 [Werke und Briefe, 6]. Hg. v. Otto Dann. Frankfurt am Main 2000. 411-431, 416-417. Diesen Effekt beschreiben auch Boris u. Janssens (1999, 7), wenn sie festhalten, dass mit ethnischen Kategorien immer auch die Verfügbarkeit der Umwelt diskursiv verhandelt wird. Vgl.: »Race, class and gender do structure people’s [...] relationships with [...] the objects surrounding them«. Werden Privilegien als prinzipiell nach Ethnie und Geschlecht differenziert angesehen (vgl. ebd., 8), geschieht das stets nicht-explizit. Vgl.: »Die Kategorien ›weiß‹ und ›männlich‹ bleiben im hegemonialen Diskurs meist unmarkiert, worüber implizit ein Herrschaftsanspruch erhoben wird. Diesen vermeintlich universellen und allgemein gültigen

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patriarchale und imperialistische249 Macht wird – historiographisch wirksam – Differenz hergestellt; die Kategorie Ethnie dient Droysen, ohne dass dieser Punkt aktiv reflektiert ist, insgesamt dazu, den personalisierten Prozess der Geschichte hierarchisch zu strukturieren und den »nonWestern other«250 als aktive Figur aus ihr auszuschließen. (β) Wird damit das Bild einer »›männlichen, weißen Dominanzkultur‹«251 stabilisiert, sind die Werkmeister auf Ebene der Klasse bürgerlich geprägt. Droysens Geschichtstheorie ist sozial keineswegs unbestimmt, sondern explizit auf die »›bürgerliche Gesellschaft‹« (DH57, 344) ausgerichtet. Inwiefern sich das auch hinsichtlich der Subjektdefinition auswirkt, zeigt Kohlstrunks Untersuchung, die nachweist, dass Droysen in seiner Argumentation genuin bürgerliche Standpunkte vertritt. Über den hohen Wert der historischen Arbeit und den darin artikulierten Leistungsgedanken gerät die »Person der ›bürgerlichen Gesellschaft‹ zum Menschen überhaupt«252. Indem »alles Menschliche, in dem Maß, als es besser ist, schwerere Mühe, härteren Kampf fordert« und »nur das Schlechte [...] uns nach unserer Natur mühelos [ist]« (DH57, 211), gilt Leistung als Gradmesser für positiv besetzte Entwicklung. In seiner grundsätzlichen Untersuchung pointiert Reckwitz das bürgerliche Subjekt entsprechend primär als ein Arbeitssubjekt. »In seiner Arbeitsleistung versichert das moderne Subjekt sich seiner souveränen Selbsterhaltung und moralischen Disziplin, seines vollwertigen Subjektseins«253, stellt er fest. Dieses genuin bürgerliche Ideal der Arbeit – in Charakterisierung der bürgerlichen Gesellschaft hatte Nipperdey angemerkt, dass das »den sozialen Stand bestimmende ständische Merkmal der Geburt [...] durch das moderne Prinzip der Leistung- und des Berufes abgelöst [wird]: die Berufs- und Leistungsgesellschaft entsteht«254 – ist den Werkmeistern in besonderer Weise ein-

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Kategorien wird ein als ›ethnisch‹ und/oder ›weiblich‹ markiertes ›Anderes‹ gegenübergestellt«. Daum, Geier, Patrut u.a. 2005, 5. Die Verbindung dieser beiden Aspekte wird generell hervorgehoben. Vgl.: »[B]oth patriarchy and imperialism can be seen to exert analogous forms of domination over those they render subordinate«. Ashcroft, Griffiths u. Tiffin 2002: Feminism, 101. Die Funktionalisierung von ethnischen Diskursen für die Differenzherstellung hebt Reichl hervor. Susanne Reichl. »Ethnicity«. Encyclopedia of Postcolonial Studies. Hg. v. John C. Hawley. London u. Westport (Conn.) 2001. 158-159, 158. Ghosh 2001, 174. Daum, Geier, Patrut u.a. 2005, 9. Kohlstrunk 1980, 103. Andreas Reckwitz. Das hybride Subjekt. Eine Theorie der Subjektkulturen von der bürgerlichen Moderne zur Postmoderne. Weilerswist 2006, 109. Thomas Nipperdey. Deutsche Geschichte 1800-1866. Bürgerwelt und starker Staat. München 1983, 255. Dazu auch grundlegend Werner Conze. »Arbeit«. Geschichtliche

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geschrieben, weil sie es sind, die die Geschichte bewusst in die zukunftsträchtige Richtung weisen. Im Allgemeinen werden die geschichtlich Handelnden über ihre Taten zu Mitgliedern der sittlichen Welt, was in Droysens System immer auch bedeutet, dass sie Teil der bürgerlichen (Staats-)Utopie werden. In der Konsequenz geht damit die »Identifikation von Mensch und Bürger«255 einher. Dieses System ist insofern zirkulär, als der Staat andererseits als Mittel zur Durchsetzung bürgerlicher Machtansprüche fungiert.256 Wie González mit Blick auf die Historiographie zu Preußen bemerkt, geht es Droysen darum, »bürgerliche Freiheit in einer nationalstaatlichen Form zu realisieren, die die revolutionär angemeldete Autonomie des Bürgers garantiert«257. Eingang in die Wissenschaftsgeschichte hat das gefunden, indem dem Staat als Zentrum des Sittlichen viel Aufmerksamkeit gewidmet worden ist.258 Neben der Arbeit legt Droysen einen zweiten Schwerpunkt auf die historische Bildung und vollzieht damit in der Historik den hohen Stellenwert nach, der der Bildung im 19. Jahrhundert zukommt.259 Bildung wird als »Inhalt der Geschichte« (DH57, 14) verstanden und analog zur ethnisch aufgeladenen Vervollkommnung der Völker als Fortschritts- und Entwicklungsprinzip aufgefasst. Auch in diesem Bereich gilt eine bürgerliche Hegemonie, die eng an personale Geschichtswirksamkeit gekoppelt wird. »Bildung«, führt Droysen dazu aus, »heißt das Bewußtsein über dies Verhältnis, das Gegenwärtig-Behalten, das geistige DurchlebtHaben der Vergangenheiten. Und geistig durchlebt haben soll man sie, damit man in jedem Moment in dem Bewusstsein und nach der Anleitung dieser Kontinuität sich entschließe und handele, damit man die Dinge nach dem erkannten Gang und Sinn ihres Werdens weiterführe« (DH57, 269).

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Grundbegriffe. Historisches Lexikon zur politisch-sozialen Sprache in Deutschland 1. Hg. v. Otto Brunner, dems. u. Reinhart Koselleck. Stuttgart 1972. 154-215, 188-196. Kohlstrunk 1980, 104. Dazu auch Manfred Riedel. »Bürger, Staatsbürger, Bürgertum«. Geschichtliche Grundbegriffe. Historisches Lexikon zur politisch-sozialen Sprache in Deutschland 1. Hg. v. Otto Brunner, Werner Conze u. Reinhart Koselleck. Stuttgart 1972. 672-725, 706-710. Vgl. Kohlstrunk 1980, 97. González 1980, 29. Vgl. Kohlstrunk 1980, 118-119. Vgl. zu diesem Stellenwert nur Karl-Ernst Jeismann. »Zur Bedeutung der ›Bildung‹ im 19. Jahrhundert«. Handbuch der deutschen Bildungsgeschichte 3. 1800-1870. Von der Neuordnung Deutschlands bis zur Gründung des Deutschen Reiches. Hg. v. dems. u. Peter Lundgreen. München 1987, 1-21.

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Wird das hier beschriebene historische Wissen wesentlich über humanistische Gymnasien und Universitäten vermittelt, ist das erneut nicht ohne differenzspezifische Implikationen. Beide Institutionen sind im 19. Jahrhundert nicht nur lange auf Europa beschränkt260, sondern auch nahezu (aristokratisch-)bürgerlichen Kreisen und darin speziell Männern vorbehalten: Die Verbindung von Bildung und Bürgertum ist eindrücklich über die zeitgenössische Diskussion um das als gefährlich empfundene »›gebildet[e] Proletaria[t]‹«261 nachvollziehbar. Jeismann weist zudem daraufhin, dass die höhere Mädchenbildung im 19. Jahrhundert lange nicht als allgemeine öffentliche Aufgabe verstanden wurde (der allgemeine Hochschulzugang wird Frauen im Preußen erst 1908 gewährt).262 In Kritik dessen definierte sich die Frauenbewegung im Kaiserreich entsprechend wesentlich als Bildungsbewegung.263 Die wesentlich über ihre Einsicht in 260

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Vgl. die Einzelbeiträge im von Schwinges herausgegebenen, dazu einschlägigen Sammelband: Rainer Christoph Schwinges (Hg.). Humboldt international. Der Export des deutschen Universitätsmodells im 19. und 20. Jahrhunderts [Veröffentlichungen der Gesellschaft für Universitäts- und Wissenschaftsgeschichte, 3]. Basel 2001. Für diesen Zusammenhang ebenfalls instruktiv: Marc Schalenberg. Humboldt auf Reisen? Die Rezeption des ›deutschen Universitätsmodells‹ in den französischen und britischen Reformdiskursen (1810-1870) [Veröffentlichungen der Gesellschaft für Universitäts- und Wissenschaftsgeschichte, 4]. Basel 2002. Edward Shils u. Johan Roberts. »The Diffusion of European Models Outside Europe«. A History of the University in Europe 3. Universities in the Nineteenth and Early Twentieth Centuries (1800-1945). Hg. v. Walter Rüegg. Cambridge 2004. 163-230. Metternich 1850 – belegt bei Rudolf Vierhaus. »Bildung«. Geschichtliche Grundbegriffe. Historisches Lexikon zur politisch-sozialen Sprache in Deutschland 1. Hg. v. Otto Brunner, Werner Conze u. Reinhart Koselleck. Stuttgart 1972. 508-551, 543. Vgl. zu diesem Zusammenhang generell Karl-Ernst Jeismann. »Das höhere Knabenschulwesen«. Handbuch der deutschen Bildungsgeschichte 3. 1800-1870. Von der Neuordnung Deutschlands bis zur Gründung des Deutschen Reiches. Hg. v. ders. u. Peter Lundgreen. München 1987. 152-171, 166. Hans-Ulrich Wehler. Deutsche Gesellschaftsgeschichte. Dritter Band. Von der ›Deutschen Doppelrevolution‹ bis zum Beginn des Ersten Weltkrieges 1849-1914. München 1995. 405-414/ 417-429. Vgl. Jeismann 1987: Bedeutung, 19. Dazu näher bei Angelika Schaser. Frauenbewegung in Deutschland 1848-1933 [Geschichte kompakt]. Darmstadt 2006, 23-37. Vgl. als Überblicke zur Entwicklung des Frauenstudiums Anne Schlüter (Hg.). Pionierinnen, Feministinnen, Karrierefrauen? Zur Geschichte des Frauenstudium in Deutschland. Pfaffenweiler 1992. Elke Kleinau u. Claudia Opitz (Hg.). Geschichte der Mädchen- und Frauenbildung 2. Vom Vormärz bis zur Gegenwart. Frankfurt am Main u. New York 1996. Elisabeth Dickmann u. Eva Schöck-Quinteros (Hg.). Barrieren und Karrieren. Die Anfänge des Frauenstudiums in Deutschland. Dokumentationsband der Konferenz ›100 Jahre Frauen in der Wissenschaft‹ im Februar 1997 an der Universität Bremen. Berlin 2000. Die Situation in der Geschichtswissenschaft thematisiert (mit Verweisen auf weitere Literatur) Falko Schnicke. »›Obrigkeit ist männlich‹ – Zur Systematik kultureller Suspendierung von Frauen in

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den historischen Prozess definierten Werkmeister werden durch die Betonung der dafür notwendigen Bildung ethnisch an europäische Identitäten und sozial an bürgerliche Schichten gebunden. Unterbürgerliche Schichten sind damit systematisch gleichzeitig von historischer Gestaltungsmöglichkeit und biographischen Studien ausgeschlossen. Die »unteren Massen« (DH57, 89) waren Droysen nach den revolutionären Erfahrungen ohnedem suspekt, er begegnete ihnen mit »abwertende[m] Unterton«264 und betrieb insgesamt »›Geschichte von oben‹«265. Besonders deutlich wird das in der Gegenüberstellung der »Masse der Geführten, der Schauenden usw. der Beobachtung« mit den »Führenden, d[en] schöpferisch Tätigen« (DH57, 165). Die marxistische Forschung kritisierte – ihrerseits ideologisch motiviert – diesen Zuschnitt als Negierung der »entscheidende[n] Rolle der Volksmassen«266. Droysen entspicht damit der biographiegeschichtlichen Entwicklung; während Zedler 1737 noch explizit auf alle Stände als Objekt verwies (ZLB, 1276), wird das etwa hundert Jahre später keineswegs mehr so deutlich hervorgehoben (KBio, 362-363). Machtanalytisch ist für Droysen mithin die Reproduktion jener Sozialkategorien zu konstatieren, von denen er selbst profitierte.267 Er ist damit, wie sich mit Johnson argumentieren lässt, Teil eines generellen Trends, der die Biographik der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts auf die Schicht des Bürgertums festlegt.268 Bereits Meister hatte das erkannt und machte auf das »eigentümlich aristokratisch[e] Lebensgefühl«269 aufmerksam, aus dem heraus die ›Großen‹ privilegiert werden. Weniger indirekt als außer-europäische oder unterbürgerliche Individuen werden Frauen in Droysens Verständnis der personalen Geschichtswirksamkeit diskriminiert. Es ist Teil des situierten, d.h. unreflektierten (Standort-)Wissens, dass durchgängig »Helden« (DH57, 242) im Sinne

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Treitschkes ›Vorlesungen über Politik‹«. Das Geschlecht der Wissenschaften. Zur Geschichte von Akademikerinnen im 19. und 20. Jahrhundert. Hg. v. Ulrike Auga, Claudia Bruns, Levke Harders u.a. Frankfurt am Main u. New York 2010. 219-236. Cyrus 1997, 35. Ebd., 34. Schleier 1963, 302. Eine solche (machtanalytische) Vorgehensweise hatten Boris u. Janssen (1999, 8) als grundlegend für race-, class- und gender-Diskurse attestiert. Vgl.: »White men try to regulate systems of race, gender and class to ensure their position within a classified, racialized, and gendered system of privileges«. Vgl. Johnson 2001, 368. So auch Buechler (2001, 370): »A major theme to emerge [...] was the cultural formation of the bourgeois identity outside of the socio-economic and political spheres«. Meister 1926, 45.

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»große[r] Männe[r]« (DH57, 391) in der Position der Werkmeister erscheinen.270 Ohne die Kategorie Geschlecht im Sinne von gender zu problematisieren271, sind Frauen bei Droysen explizit marginalisiert, d.h. ihr gesellschaftlicher Beitrag ist so konstruiert, dass er »historisch unsichtba[r]«272 bleibt. Gegenüber dem »ersten Geschlecht«273 – wie es in Anspielung auf Frauen als zweites oder anderes Geschlecht ironisch bei Frevert und Stephan heißt – sind sie dabei dreifach geschichtlich entwertet. Sie werden erstens, wie im 19. Jahrhundert üblich274, in der Historik unter den Termini ›Mensch‹, ›Menschheit‹ oder ›Gesellschaft‹ subsumiert. Deutlich wird das u.a. an der Grundbestimmung von Geschichte als »alles Werden und Sein ›menschlicher‹ Dinge« (DH57, 4). Damit sind sie einerseits zwar tatsächlich mit gemeint, gehen angesichts einer eindeutig männlich konzipierten Geschichte andererseits aber verloren. »Droysen hatte [...] eine ›männliche Welt‹ im Blick«275, wie Cyrus formuliert, wenn sie auf den generellen Zuschnitt der Geschichte eingeht. Am signifikantesten für den hier verfolgten Kontext ist der Ausschluss in der Passage zum ›nur biographischen Maß‹; hier wird ausdrücklich über »›Menschen‹« (DH57, 243) insgesamt diskutiert, als Beispiele werden aber nur Männer, d.h. lediglich ein Ausschnitt genannt. Frauen erscheinen zweitens nur im Rahmen der Familie relevant und sind dem Mann beigeordnet: »Vielen, den meisten Menschen bewegt sich ihr ganzes sittliches, d.h. geschichtliches Leben in dem Bereich der Fami270

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Die Regentinnen, die Cyrus (1997, 35) als Ausnahmen anführt (Elisabeth I. und Maria Theresia) sind insgesamt zu vernachlässigen, so wird etwa letztere lediglich einmal am Rande erwähnt. Vgl. DH57, 189. ›Geschlecht‹ wird bei Droysen nur im genealogischen Verständnis verwendet. Vgl. DH57, 297-303/ 311. Cyrus 1997, 25. Ute Frevert. »Männergeschichte oder die Suche nach dem ›ersten‹ Geschlecht«. Was ist Gesellschaftsgeschichte? Positionen, Themen, Analysen. Hg. v. Manfred Hettling u.a. München 1991. 31-43. Inge Stephan. »Im toten Winkel. Die Neuentdeckung des ›ersten Geschlechts‹ durch ›men’s studies‹ und Männlichkeitsforschung«. Männlichkeit als Maskerade. Kulturelle Inszenierungen vom Mittelalter bis zur Gegenwart [Literatur – Kultur – Geschlecht. Studien zur Literatur- und Kulturgeschichte, 18]. Hg. v. Claudia Benthien u. ders. Köln, Weimar, Wien 2003. 11-35. Ist dieser Aspekt in nahezu jeder Publikation zur Geschlechtergeschichte erwähnt, sind detaillierte Nachweise an dieser Stelle entbehrlich. Hingewiesen sei lediglich auf Stollberg-Rilingers Beitrag, der verdeutlicht, dass es auch schon im 18. Jahrhundert eine geschlechtsspezifische Geschichtsschreibung gab, diese im 19. Jahrhundert aber aus der Disziplin heraus gedrängt worden ist. Vgl. Barbara Stollberg-Rilinger. »Väter der Frauengeschichte? Das Geschlecht als historiographische Kategorie im 18. und 19. Jahrhundert«. HZ 262 (1996): 39-71. Cyrus 1997, 21.

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lie [...]; die Familie ist ihre Welt, und während sie die großen Geschicke als ein Fernes und Fremdes kaum empfinden, ist ihnen das Sein mit Weib und Kind und Kindeskind alles« (DH57, 296). Hausen konnte diese Beiordnung als allgemeine Praxis ausweisen und stellte fest, dass »[i]n der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts [...] Frauen und Familie gesellschaftspolitisch zu einer ›natürlich‹ genannten Einheit verschmolzen [wurden]. Diese gesellschaftspolitische Platzierung der Menschen weiblichen Geschlechts hatte weitreichende Konsequenzen. Die FrauFamilie-Einheit blieb in der Phase der Entfaltung der modernen Öffentlichkeit ohne eigene Stimme und Vertretung«276.

Bereits 1976 hatte Hausen in einem vielbeachteten Aufsatz zudem auf die sich seit dem 18. Jahrhundert vollziehende Polarisierung der Lebenswelten der Geschlechter hingewiesen.277 Frauen ist diesem Sinne ein Leben eigenen Rechts verweigert, sie gelten als besonders und nicht-allgemein. Damit verbunden wird Frauen drittens eine weniger exponierte Position in der Gesellschaft zugewiesen. Ohne mit dieser Feststellung die vieldiskutierte Dichotomie von öffentlichen und privaten Räumen unkritisch zu rehabilitieren278, ist als Folge dieser konzeptionellen wie gesellschaftli276 277

278

Hausen 1998, 47. Karin Hausen. »Die Polarisierung der ›Geschlechtscharaktere‹ – Eine Spiegelung der Dissoziation von Erwerbs- und Familienleben«. Sozialgeschichte der Familie in der Neuzeit Europas. Neue Forschungen [Industrielle Welt. Schriftenreihe des Arbeitskreises für moderne Sozialgeschichte, 21]. Hg. v. Werner Conze. Stuttgart 1976. 363-393. Wie stark diese Tradition nachgewirkt hat, zeigt das Beispiel Wehlers, der noch 1987 eine ähnliche Passage verfasst. Obwohl er darin reflektiert, dass die Debatte auf »die berufstätigen Männer eingegrenzt« wird, hält er an dem Ausschluss von Frauen fest. Hans-Ulrich Wehler. Deutsche Gesellschaftsgeschichte. Erster Band. Vom Feudalismus des Alten Reiches bis zur Defensiven Modernisierung der Reformära 1700-1815. München 1987, 580, Anm. 1. Schissler (1991, 30, Anm. 4) hat diesen Zuschnitt als »Abwehr und Selbstbegrenzung« kritisiert. War das Oppositionspaar privat/ öffentlich von Beginn an in der Diskussion, wurde sein Erkenntnispotential zunehmend in Zweifel gezogen. Bereits früh betonte die amerikanische Anthropologin Rosaldo, dass das Festhalten an den Kategorien einer Stabilisierung der damit verbunden Zweiteilung gleichkommt. Vgl. Michelle Z. Rosaldo. »The Use and Abuse of Anthropology. Reflections on Feminism and Cross-cultural Understanding«. Signs 5 (1980): 389-417. In diesem Sinne sprach auch Habermas (1993, 503) von der bloßen »Annahme einer starren Segregation« und Bock von »vermeintlich klassische[n] Frauen- und Männerbereiche[n]«. Gisela Bock. »Geschlechtergeschichte auf alten und neuen Wegen. Zeiten und Räume«. Wege der Gesellschaftsgeschichte [GG. Sonderheft, 22]. Hg. v. Jürgen Osterhammel, Dieter Langewiesche u. Paul Nolte. Göttingen 2006. 4566, 50. Gleichwohl sind die Kategorien nicht aufgegeben, sondern umformuliert worden, wie die Frage nach dem »Wirken subalterner Öffentlichkeiten« zeigt. Elisabeth Klaus. »Öffentlichkeit und Privatheit. Frauenöffentlichkeiten und feministische Öffentlichkei-

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chen Restriktion festzuhalten, dass Frauen systembedingt weniger geschichtswirksam sein können als Männer. »Wurde den Frauen die Gabe verliehen, Helden [...] zu gebären«, beschreibt Cyrus dieses asymmetrische Geschlechterverhältnis, »so den Männern, Heldentaten zu vollführen«279. Damit ist die realpolitische Situation des 19. Jahrhunderts genau so thematisiert wie ihre historiographische Wahrnehmung, denn die Produktion von Ungleichheit geht mit ihrer Reproduktion insofern einher, als Frauen in den ihnen zugeschriebenen Stellungen nicht als Werkmeister agieren können und diese Ohnmacht über die theoretisch-konzeptionelle Nichtthematisierung in der Historik einerseits und die daraus resultierende Ausblendung in biographischen Studien in das kulturelle Gedächtnis eingelagert wird. Frauen, schreibt Hobsbawm dazu, »were not outside history, but they were outside the history of nineteenth-century society«280. In dieser Situation liegt ein wesentlicher Unterschied zur Autobiographie, die die bestehenden Machtverhältnisse seltener reproduziert, wie Hoffmann ausführt: »Gegenüber der Biographie, die ihr Objekt restriktiv nach den Normen der herrschenden Kultur wählt, ist die Autobiographie seit ihren Anfängen freier und beweglicher in ihrer Objektwahl«281. Die benannte doppelte Depotenzierung in biographischen Studien – die sich noch radikalisiert, wenn man unterbürgerliche und nicht-europäische Frauen mit einbezieht – stellt demgegenüber die »gesellschaftlich erwünschte Dominanz und Privilegierung des männlichen Geschlechts«282 sicher und »privilegiert die Logik des und der Dominierenden«283. (Hausen

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ten«. Handbuch der Frauen- und Geschlechterforschung. Theorien, Methoden, Empirie [Geschlecht & Gesellschaft, 35]. Hg. v. Ruth Becker u. Beate Kortendiek. Wiesbaden 2004. 209-216, 214. Zu dieser Debatte allgemein Karin Hausen. »Frauenräume«. Frauengeschichte – Geschlechtergeschichte [Geschichte und Geschlechter, 1]. Hg. v. ders. u. Heide Wunder. Frankfurt am Main u. New York 1992. 21-24. Karin Hausen. »Öffentlichkeit und Privatheit. Gesellschaftspolitische Konstruktionen und die Geschichte der Geschlechterbeziehungen«. Frauengeschichte – Geschlechtergeschichte [Geschichte und Geschlechter, 1]. Hg. v. ders. u. Heide Wunder. Frankfurt am Main u. New York 1992. 81-88. Linda Kerber. »Seperate Spheres, Female Worlds, Women’s Place. The Rhetoric of Women’s History«. Dies. Toward an Intellectual History of Women. Chapel Hill u. London 1997. 159-199. Margarete Hubrath (Hg.). Geschlechter-Räume. Konstruktionen von ›gender‹ in Geschichte, Literatur und Alltag [Literatur – Kultur – Geschlecht. Studien zur Kulturgeschichte, 15]. Köln, Weimar u. Wien 2001. Cyrus 1997, 24. Eric J. Hobsbawm. The Age of Empire. London 2002, 196. Volker Hoffmann. »Tendenzen in der deutschen autobiographischen Literatur 18901923«. Die Autobiographie. Zu Form und Geschichte einer literarischen Gattung. Hg. v. Günter Niggl. 2. Aufl. Darmstadt 1998. 482-519, 495. Hausen 1998, 33. Ebd., 40.

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hatte auch festgestellt, dass damit wissenschaftspolitische Probleme bis in die Gegenwart verbunden sind. Als Ergebnis von tradierten Wahrnehmungsmustern befürchtet sie, dass sie die Marginalisierung des Gegenstandes auf die ihn untersuchenden Wissenschaftler_innen übertragen wird.284) Feministische Biographik stellt in Abkehr von diesen Positionen isolierte, individuelle, vorgeblich allgemeine Größe zur Disposition.285 Es soll in feministischer Biographik mithin keine Kopie der tradierten und etablierten Dominanzstrukturen erzeugt werden, sondern eine Variante, die »fundamentally different from traditional biography«286 ist. Als Schwierigkeit auf praktischer Ebene ist, darauf hat die Forschung ebenfalls hingewiesen, allerdings ein Mangel an role models verbunden.287 Eine Kritik an den beschriebenen Mechanismen stellt nicht darauf ab, die Topoi der frühen Frauengeschichte – »in Vergessenheit geraten[e] Heldinnen« und »stumm[e] Opfer«288 – zu rehabilitieren oder stereotype Machtzuweisungen vorzunehmen; Farge berichtet für die 1970er und 1980er Jahre von einem sekundären, von der Forschung neu produzierten Differenzdiskurs, der »hier de[n] frauenfeindliche[n] Mann, dort die unterdrückte Frau«289 sah. Der Zweck der Kritik besteht vielmehr in der Betonung der Ausschnitthaftigkeit. Nach Droysens Prinzipien organisierte biographische Studien bildeten keineswegs Geschichte insgesamt ab, wie es durch die Historik suggeriert wird, sondern beschränken die Vergangenheit auf einen kleinen Teilbereich. Dabei wird nicht nur die Komplexität der Trias race, class und gender deutlich, sondern auch die Multidimensionalität der kulturell-sozialen Stratifikationskriterien. (γ) Hinsichtlich der Kategorie Geschlecht heißt das etwa, dass nicht nur Frauen diskriminiert sind, sondern – als »Differen[z] in der Geschlechterdifferenz«290 – auch nicht-hegemoniale Männlichkeiten in Droy284 285

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Vgl. ebd., 53. Vgl. Belinda Robson. »Biography«. Routledge International Encyclopedia of Women. London u. New York 2000. 107-108, 107-108. Antje Lindenmeyer. »Biography«. Encyclopedia of Feminist Theory. Hg. v. Lorraine Code. London u. New York 2000. 45-46, 46. Vgl. Helena Grice. »Gender and Life Writing«. Encyclopedia of Life Writing. Autobiographical and Biographical Forms 1. Hg. v. Margaretta Jolly. Chicago u. London 2001. 359-361, 360. Vgl. Arlette Farge. »Praxis und Wirkung der Frauengeschichtsschreibung«. Geschlecht und Geschichte. Ist eine weibliche Geschichtsschreibung möglich?. Übers. v. Wolfgang Kaiser. Hg. v. Michelle Perrot. Frankfurt am Main 1989. 29-45, 33. Ebd., 36. Kati Röttger u. Heike Paul (Hg.). Differenzen in der Geschlechterdifferenz – Differences within Gender Studies. Aktuelle Perspektiven der Geschlechterforschung [Geschlechterdifferenz & Literatur. Publikationen des Münchener Graduiertenkollegs, 10]. Berlin 1999.

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sens biographiologischen Überlegungen systematisch unterrepräsentiert sind. Connells Konzept versteht Männlichkeit nicht als homogene Einheit im Singular, sondern geht von der Gleichzeitigkeit verschiedener, miteinander konkurrierender Männlichkeiten aus. Den umfassenden Fokus in seiner Betrachtung verdeutlicht schon der Plural im Titel von Masculinities. Explizit nennt er Männlichkeit einen »aspect of a larger structure«291. An anderer Stelle spricht er von der »internal complexity of masculinities«292. Die nicht-hegemonialen Männlichkeiten sind dabei von der aktuellen hegemonialen Männlichkeit sozial dominiert, was sich in der Definition hegemonialer Männlichkeit widerspiegelt, wenn Connell darunter »the configuration of gender practice which embodies the currently accepted answer to the problem of the legitimacy of patriarchy, which guarantees (or is taken to guarantee) the dominant position of men and the subordination of women«293

versteht. Damit wird eine auch auf Männer zurückwirkende patriarchiale Sozialordnung durchgesetzt294, in der Hegemonie in Anlehnung an Gramsci 291 292

293 294

Robert W. Connell. Masculinities. St. Leonards 1995, 67. Robert W. Connell u. James W. Messerschmidt. »Hegemonic Masculinity. Rethinking the Concept«. Gender & Society 19 (2005): 829-859, 852. – Connell entwickelte seine Theorie seit Anfang der 1980er Jahre. Er stützte sich dabei auf empirische Fallstudien, zur (australischen) Gegenwartsgesellschaft, aus denen er seine prinzipiellen Überlegungen induzierte. Neben seinem Hauptwerk Masculinities präzisierte er sein Konzept auch in verschiedenen anderen Arbeiten. Vgl. u.a. Robert W. Connell. Gender and Power. Society, the Person and Sexual Politics. Cambridge 1996. In Folge der regen Aufnahme in unterschiedlichsten Disziplinen wurde auch Kritik an Connell geübt. Darauf ging er jüngst in einer langen Auseinandersetzung ein, hielt aber grundsätzlich an seiner Theorie fest. Vgl. Connell u. Messerschmidt 2005. Als teilweise sehr kritische und als Resultat zur späten deutschen Rezeption vorwiegend englischsprachige Literatur zum Konzept der hegemonialen Männlichkeit: Mike Donaldson. »What is Hegemonic Masculinity«. Theory and Society 22 (1993): 643-657. Stephen Whitehead. »Hegemonic Masculinity Revisited«. Gender, Work, and Organization 6 (1998): 58-62. Demetrakis Z. Demetriou. »Connell’s Concept of Hegemonic Masculinity. A Critique». Theory and Society 30 (2001): 337361. Sylka Scholz. »›Hegemoniale Männlichkeit‹ – Innovatives Konzept oder Leerformel?« GeschlechterVerhältnisse. Analysen aus Wissenschaft, Politik und Praxis [RosaLuxemburg-Stiftung. Texte, 18]. Hg. v. Hella Hertzfeldt, Karin Schäfgen u. Silke Veth. Berlin 2004. 33-45. John Tosh. »Hegemonic Masculinity and the History of Gender«. Masculinities in Politics and War. Gendering Modern History. Hg. v. Stefan Dudink, Karen Hagemann u. dems. Manchester u. New York 2004. 41-58. Martin Dinges. »›Hegemoniale Männlichkeit‹ – Ein Konzept auf dem Prüfstand«. Männer – Macht – Körper. Hegemoniale Männlichkeiten vom Mittelalter bis heute [Geschichte und Geschlechter, 49]. Hg. v. dems. Frankfurt am Main u. New York 2005. 7-33. Connell 1995, 77. Vgl. Connell 1996, 183.

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durch physische Gewalt produziert werden kann, aber auch andere Mittel anwendet295. Die Rückwirkung auf Männer besteht insofern, als neben Frauen auch bestimmte Männlichkeiten innerhalb der gesellschaftlichen Machthierarchie systemlogisch nicht mit der hegemonialen Männlichkeit gleichgestellt sind.296 Gegenüber typisch hegemonialen Männlichkeiten, wie militärisch-soldatischen bzw. »›patriotisch-wehrhafte[n]‹«297 Identitäten, sind nonkonforme Männlichkeiten wie homosexuelle oder jüdische Identitäten298 marginalisiert. Kulturell dominiert werden aber auch bestimmte ethnische Gruppen, etwa Nicht-Weiße und untere Gesellschaftsschichten299; seit in Preußen 1808 das Adelsprivileg für die Offizierslauf295

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Vgl.: »›[H]egemonic‹ means [...] a social ascendancy achieved in a play of social forces that extends beyond contests of brute power into the organization of private life and cultural processes. [...] The connection between hegemonic masculinity and patriarchical violence is close, though not simple«. Connell 1996, 184. So auch Connell u. Messerschmidt 2005, 832. Vgl. ebd., 846: »The concept of hegemonic masculinity presumes the subordination of nonhegemonic masculinities«. Die Beziehung der Männlichkeiten zueinander beschreibt auch Scholz (2004, 35) als »hierachisch strukuriertes Über- und Unterordnungsverhältnis«. Karen Hagemann. ›Mannlicher Muth und Teutsche Ehre‹. Nation, Militär und Geschlecht zur Zeit der Antinapoleonischen Kriege Preußens [Krieg in der Geschichte, 8]. Paderborn, München, Wien u.a. 2002, 65. – Dazu kritisch Karen Hagemann. »›Heran, heran, zu Sieg oder Tod!‹ Entwürfe patriotisch-wehrhafter Männlichkeit in der Zeit der Befreiungskriege«. Männergeschichte – Geschlechtergeschichte. Männlichkeit im Wandel der Moderne [Geschichte und Geschlechter, 14]. Hg. v. Thomas Kühne. Frankfurt am Main u. New York 1996. 51-68. Karen Hagemann. »German Heroes. The Cult of the Death for the Fatherland in Nineteenth-Century Germany«. Übers. v. Pamela Selwyn. Masculinities in Politics and War. Gendering Modern History. Hg. v. Stefan Dudink, ders. u. John Tosh. Manchester u. New York 2004. 116-134. Christa Hämmerle. »Zur Relevanz des Connell’schen Konzepts hegemonialer Männlichkeit für ›Militär und Männlichkeit/en in der Habsburgermonarchie (1868-1914/18)‹«. Männer – Macht – Körper. Hegemoniale Männlichkeiten vom Mittelalter bis heute [Geschichte und Geschlechter, 49]. Hg. v. Martin Dinges. Frankfurt am Main u. New York 2005. 103-121. Als Kontrastform stehen Homosexuelle im Zentrum von Connells neueren Arbeiten. Vgl. etwa Connell 1995, 79. Zu den idealtypischen Verhältnissen der Männlichkeiten untereinender ebd., 76-81. Vgl. hinsichtlich männlich-jüdischer Identitäten Andreas Herzog. »Die Krise des Mannes als Krisen des Juden. Otto Weininger, Ludwig Jacobowski und Ernst Sommer«. Abschied vom Mythos Mann. Kulturelle Konzepte der Moderne. Hg. v. Karin Tebben. Göttingen 2002. 155-170. Vgl. z.B. Connell 1995, 81. Diesen Aspekt betont auch Dinges (2005, 18), wenn er hegemoniale Männlichkeit und Oberschichten bzw. obere Mittelschichten parallelisiert. Vgl. zu diesem Aspekt auch den neuen Beitrag von Morgan, der die Interaktion verschiedener Differenzmerkmale am Beispiel Klasse hervorhebt: David Morgan. »Class and Masculinity«. Handbook of Studies on Men & Masculinities. Hg. v. Michael S. Kimmel, Jeff Hearn u. Robert W. Connell. Thousand Oaks (CA) 2005. 165-177.

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bahn aufgehoben worden war, zeigte sich in diesem Sinne auch hier der über Prüfungen und Wissen abgesicherte »Sieg des bürgerlichen Leistungsprinzips«300. Die Differenzsetzung zwischen der dominanten und dominierten Männlichkeit wird dabei wesentlich über eine »symbolic blurring with femininity«301 hergestellt. Nach Connell geht mit der nach »sozialen Kämpfen«302 zugewiesenen subordinierten Stellung nicht nur weniger faktische Macht und ein geringeres Sozialprestige einher, sondern auch ein reduziertes Repräsentationsvolumen. Während hegemoniale Männlichkeit »very public«303 ist, agieren nicht-hegemoniale Männlichkeiten tendenziell im Hintergrund. Darin liegt – neben der grundsätzlichen Obrigkeitsorientierung – eine Ursache für Droysens Favorisierung der großen Männer; sie sind einfach deutlich sichtbarer als andere Persönlichkeitskonzepte. Wird Geschichte zudem grundsätzlich als »[a]ktenmäßige Geschichte«304 verstanden, ist diese Sichtbarkeit insofern ein Problem, als nicht-dominante Individuen hinsichtlich der Quellenüberlieferung auch heuristisch marginalisiert werden. So erscheinen etwa Frauen, aber auch Arbeiter und Homosexuelle in einer an den politikgeschichtlichen Hauptüberlieferungen orientieren Historiographie als nicht existent. Darauf ist vielfach hingewiesen worden.305 Im Rahmen der Forschungen zu Egodokumenten werden deshalb neue Quellen systematisch erschlossen oder gegen ihre ursprüngliche Intention gelesen, wie das etwa bei Gerichtsakten, Personaldokumenten oder Krankenakten der Fall ist.306 300 301

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Wehler 1987, 467. Connell 1995, 79. Alle hegemonialen Männlichkeiten, das wird bei Connell deutlich, sind als Spezialfälle heterosexueller Männlichkeit aufzufassen, die als normierende Grundlage des Patriarchats gilt. Scholz 2004, 36. Connell 1996, 185. Vgl. den exemplarischen Titel bei Johann Gustav Droysen u. Karl Samwer: Die Herzogthümer Schleswig-Holstein und das Königreich Dänemark. Aktenmäßige Geschichte der dänischen Politik seit dem Jahre 1806. Hamburg 1850 [= D/ SSHKD]. Z.B. hinsichtlich der Liberalismus-Forschung jüngst bei Schaser 2003, 187. Vgl. als Überblick Benigna von Krusenstjern. »Was sind Selbstzeugnisse? Begriffskritische und quellenkundliche Überlegungen anhand von Beispielen aus dem 17. Jahrhundert«. HA 2 (1994): 462-471. Winfried Schulze (Hg.). Ego-Dokumente. Annäherung an den Menschen in der Geschichte [Selbstzeugnisse der Neuzeit, 2]. Berlin 1996. Kaspar von Greyerz, Hans Medick u. Patrice Veit (Hg.). Von der dargestellten Person zum erinnerten Ich. Europäische Selbstzeugnisse als historische Quellen (1500-1850) [Selbstzeugnisse der Neuzeit, 9]. Köln, Weimar u. Wien 2001. Andreas von Bähr, Peter Burschel u. Gabriele Jancke (Hg.). Räume des Selbst. Selbstzeugnisforschung transkulturell. Köln, Weimar u. Wien 2007. An der Freien Universität Berlin war von 2004-2010 eine Forschergruppe zum Thema Selbstzeugnisse in transkultureller Perspektive installiert.

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An diesem Punkt ist Droysen als Verfasser biographischer Studien mit einzubeziehen. Trägt seine Historiographie zur Aufrechterhaltung des patriarchalen Systems bei, muss er als Person als gesellschaftlicher Faktor der Produktion und Reproduktion hegemonialer Männlichkeiten wahrgenommen werden. In dieser Unterstützung drückt sich seine »complicity«307 aus. Droysen ist als Intellektueller nicht selbst Träger einer hegemonialen Männlichkeit, er profitiert über die Patriarchatsdividende aber prinzipiell von ihr.308 Aus diesem Grund ist es dezidiert in seinem Interesse das Geschichtsbild in genau der beschriebenen Form zu tradieren. Zudem – das schließt an den zitierten Hinweis Hauses zur Abhängigkeit des Prestiges des Forschers vom Prestige seines Forschungsgegenstandes an – wertet Droysen über die Beschäftigung mit hegemonialen Männlichkeiten seine historiographische (zeitgenössisch wie nachwirkend) Arbeit auf. Die geschichtswissenschaftliche wie soziale Politik der Dominanz sichert ihm im Ergebnis sowohl Zugang zur akademischen und politisch-funktionalen Herrschaftselite als auch Eingang in den Kanon legitimen disziplinären Wissens wie der öffentlichen Erinnerung. Droysen stehen damit qua Geschlecht und sozialer Stellung gesellschaftliche Distinktionsinstrumente zur Verfügung, wie sie für Frauen oder nicht-hegemoniale Männlichkeiten nicht in gleicher Weise operationalisierbar gewesen sind. Neben den auf die Werkmeister bezogenen Aspekten, ergibt sich aus der Kategorie Geschlecht deshalb eine weitere Konsequenz für biographische Studien bei Droysen: Biographische Geschichtsschreibung wird nicht nur auf ihrer Objektseite als männlich verstanden, sondern ist auch auf ihrer Subjektseite männlich konnotiert. Textextern wird das über Droysens Lebenssituation, d.h. sein mikrosoziales Umfeld vermittelt. Erscheint es einerseits banal, festzustellen, dass seine biographischen Studien von ihm als Mann produziert worden sind, hat das eine für das 19. Jahrhundert generelle Entsprechung. Hinsichtlich biographischer Studien erweist sich die Identität von biographischem Objekt und Subjekt als Regel309, d.h. auch dass Autor_innen biographischer Studien über Frauen 307 308

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Connell 1995, 79. Vgl.: »Masculinities constructed in ways that realize the patriarchal dividend, without the tensions or risk of being the frontline troops of patriarchy, are complicit in this sense«. Ebd. Die bekannteste Ausnahme stellt Treitschkes Essay zu Königin Luise dar. Vgl. Heinrich von Treitschke. »Königin Luise. Vortrag, gehalten am 10.03.1876 im Kaisersaale des Berliner Rathauses«. Ders. Historische und politische Aufsätze 4. Biographische und historische Abhandlungen. Leipzig 1879. 310-324. Vgl. aber auch Heinrich von Sybel. »Katharina II. von Rußland. München, 26. März 1859«. Ders. Kleine Historische Schriften 1. München 1863. 147-177. Die Ausnahmestellung besteht nur in der Wahl des biographi-

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sind fast ausschließlich Frauen und damit Teil der außerakademischen Tradition deutscher Geschichtsschreibung gewesen sind. Wie wirkmächtig und nachhaltig ihr institutioneller Ausschluss im 18. und 19. Jahrhundert war, stellte Epple fest, indem sie darauf aufmerksam machte, dass Frauen als Produzenten von Geschichtsschreibung bis heute wenig beachtet worden sind.310 Wenn Historiographie in der Tradition des Faches als männliche Tradition erscheint, gilt das mithin auch für die Gattung biographischer Studien, denn keine der vorliegenden monographischen Untersuchungen zur Biographik des 19. (oder auch 18.) Jahrhunderts thematisiert nicht-männliche Beispiele. Szöllösi-Janze hat in diesem Kontext darauf aufmerksam gemacht, dass auch die Arbeitsleistung eines männlichen Wissenschaftlers nicht ohne geschlechterspezifische Implikationen ist. Sie legte dar, dass der extensive Arbeitsrhythmus, der bei exponierten Wissenschaftlern zu beobachten ist, nicht unabhängig von Frauen möglich war. Am Beispiel Habers verweist sie diesbezüglich einerseits auf die grundlegenden Aufgaben im Haushalt (Nahrung, Kleidung, Kinder etc.), »die bei Ledigen eine Haushälterin und bei Verheirateten eine Ehepartnerin voraus[setzten]«311 und andererseits auf die Pflichten, die sich im Rahmen einer Professorenehe ergaben und deren Organisation nach der bürgerlichen Norm der Ehefrau zugeordnet war312. Diese Befunde lassen sich insofern auf Droysen übertragen, als er die enormen Arbeitsbelastungen, die mit seinen biographischen Studien zusammenhingen313, bewältigte, indem er von der

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schen Objekts. Inhaltlich reproduzieren beide Texte das vorherrschende Frauen- und Männerbild mitsamt der ihnen zugeschriebenen Rollenverständnisse. Vgl. Angelika Epple. Empfindsame Geschichtsschreibung. Eine Geschlechtergeschichte der Historiographie zwischen Aufklärung und Historismus [Beiträge zur Geschichtskultur, 26]. Köln, Weimar u. Wien 2003, 4-12. Im dritten Teil ihrer Fallstudien geht sie auf biographische Studien von Frauen genauer ein. Vgl. ebd., 326-394. Margit Szöllösi-Janze. »Lebens-Geschichte – Wissenschafts-Geschichte. Vom Nutzen der Biographie für Geschichtswissenschaft und Wissenschaftsgeschichte«. BzWG 23 (2000): 17-35, 28. Vgl. ebd., 29. Während der Arbeit an seinem Alexander etwa, war er aus finanziellen Gründen zu einer Doppelbelastung von Universitäts- und Schullehre gezwungen. Zudem erledigte er daneben die Übersetzungen der Werke des Aischylos und Aristophanes. Vgl. Droysen 1832. Johann Gustav Droysen. Des Aristophanes Werke. 3 Bde. Berlin 1835-1838. Auch wenn sich die finanzielle Situation in den 1840er und 1850er Jahren wesentlich verbessert hatte und eine Zweifachbeschäftigung nicht mehr nötig war, stellt die Fertigstellung des insgesamt über 1400 Seiten umfassenden York von Wartenberg in nur 5 Jahren bei voller Lehrbelastung und neben dem Engagement in der Paulskirche, den zahlreichen Schriften zur Schleswig-Holstein-Frage und den Freiheitskriegen (Johann Gustav Droysen. Vorlesungen über die Freiheitskriege. 2 Bde. Kiel 1846) eine gewaltige Leistung dar. Treiben-

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Hauswirtschaft entbunden war. Wenn Droysen klagte, »[m]ir brummt der Kopf, wenn ich denke, was ich alles will und soll« (DBW I, 182) und konstatierte, sich »totzuarbeiten« (DBW I, 74), bezog sich das ausschließlich auf seine wissenschaftlichen Aktivitäten, nicht etwa auf Bereiche wie Kinderpflege. So umsorgte einige Jahre später nicht er die vier Kinder während der Tuberkuloseerkrankung seiner Frau, sondern ihre Eltern, zu denen er sie gebracht hatte (DBW I, 349). Obwohl aufgrund der Quellenlage keine Gründe dafür rekonstruierbar sind, ist darin eine Distanznahme zu als nicht-männlich, nicht-statusgemäß verstandenen Arbeiten zu sehen. In diesem Sinne ist die auf seine Ehefrauen zurückgehende Entlastung ein wesentlicher, wenn auch indirekter Produktionsfaktor, der in der Rezeption der Schriften gleichwohl verloren geht. Obwohl Droysen zweimal verheiratet war – nach dem Tod Maria Adelgunde Franziska Mendheims (1820-1847) heiratete er 1849 Emma Michaelis (1829-1881) –, schenken die vorliegenden Studien zu Droysens Leben und Werk seinen Ehefrauen kaum Aufmerksamkeit; oft sind nicht einmal ihre Namen erwähnt. In den Darstellungen erscheint Droysen als Wissenschaftler, der neben seiner Profession kein Privatleben hatte und dessen Existenz sich damit auf die Wissenschaft beschränkte. Damit geht die Konstruktion einer männlichen Arbeitsleistung einher, zu der Frauen als Ergebnis der gesellschaftlichen Rollenverteilung nicht in der Lage waren oder dabei mit erheblich größeren Schwierigkeiten konfrontiert worden wären, als dies bei Männern der Fall war. In der historisch nachgelagerten Rezeption erfahren sie so eine zusätzlich zur zeitgenössischen erneute Marginalisierung. Eine visuelle Repräsentation hat das im bereits besprochenen Porträt von Bendemann gefunden. In der Darstellung Droysens als Wissenschaftler verweist der Ehering auf die private Lebenssituation, auf Droysens Ehefrau (vgl. Abb. 2).314 Auch der erwähnte weiße Kragen und die Manschetten belegen mehr als nur bürgerlichen Formalismus und entwickeltes Hygienebewusstsein. Sie deuten eine arbeitsintensive und Frauen zugeordnete Kleiderpflege an. Dem Porträt ist mit diesen Attributen insofern eine über die faktische Beobachtung hinausgehende geschlechtsspe-

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de Kraft dabei war sein eigener Ehrgeiz. Vgl.: »Und hier in Kiel arbeitet man [...] unsäglich wenig; ich schäme mich förmlich vor mir selbst«. DBW I, 188. Welcker wies schon zeitgenössisch drauf hin, wenn er riet, »und arbeiten [Sie] nicht allzu viel«. D BW I, 185. Christ (1989, 54) spricht von einer »stürmisch vorangetriebenen Produktion«, Nippel (2007, 19) von einer »geradezu titanischen Arbeitskraft«. West (1996, 81) hatte dafür plädiert, die Kategorie Geschlecht auch bei Porträts von Männern nicht zu ignorieren. Vgl. zu dem Komplex Geschlecht und Porträt insgesamt West 2004, 145-161. Vgl. in erweiterter Perspektive dazu auch Gill Perry (Hg.). Gender and Art [Art and its Histories, 3]. London u. New Haven 1999.

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zifische Aussage eingeschrieben, als die repräsentierten biographischen Studien zunächst auf Droysen bezogen werden. Geschichtsschreibung ist über die Instanz des Autors als Gattung männlich markiert. Auf einer zweiten Ebene rekurrieren der Ehering und die weiße Wäsche aber auf den beschriebenen familiären Produktionskontext und verweisen damit auf die auch wissenschaftsgeschichtlich relevante Rollenteilung der Geschlechter. Biographische Studien werden bei Droysen zudem dadurch hegemonial-männlich markiert, dass sie Teil einer als Zeugungsakt apostrophierten Wissenschaft sind. Wenn nur der im »Adel des höheren geistigen Lebens« (DH57, 108) stehende Mensch als Forscher geeignet erscheint, greifen dafür dieselben Ausschlusskriterien hinsichtlich Frauen und nichthegemonialer Männlichkeiten, wie sie im Abschnitt zur Bildung für die Objektseite der Historiographie und der Beziehung zwischen Männern (β-γ) bereits beschrieben worden sind. Unmissverständlich wird die Einengung auf männliche Wissenschaftler dadurch, dass das Auffinden der Fragestellung als »Akt der Empfängnis« (DH57, 108) beschrieben und von Droysen selbst direkt mit der »Empfängnis in der Begattung« (DH57/58, 398) parallelisiert wird. Dieser Empfängnisakt ist durch aktives Handeln und schöpferischen Prozess gekennzeichnet315 und damit auf Männer beschränkt. Hatte Zedler mit dem Hinweis auf die Zeugungsfähigkeit Männer als Gegenstände biographischer Studien absolut gesetzt (ZLB, 1277), weitet Droysen diese Setzung in der Nachfolge aus. Die Sexualisierung der Wissenschaft – die bei Droysen keineswegs singulär ist, wie intertextuelle Bezüge zu Humboldt316 oder Nietzsche317 und die Forschungen Smiths zum Seminar und Archiv im 19. Jahrhunderts318 zeigen – bewirkt damit den Ausschluss von Frauen als Wissenschaftlerinnen und in der Konsequenz auch als Verfasserinnen von biographischen Studien; (reproduktive) Schöpferkraft und Autorschaft stehen in einer direkten Korres315 316

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Vgl. dazu Cyrus 1997, 24. Vgl. Wilhelm von Humboldt. »Ueber den Geschlechtsunterschied und dessen Einfluß auf die organische Natur«. Die Horen 2 (1795): 99-132. Interpretierend dazu Inge Stephan. »›Gender‹. Eine nützliche Kategorie für die Literaturwissenschaft«. ZfG N.F. 9 (1999): 23-35, 24-27. Vgl. z.B. Friedrich Nietzsche. »Menschliches, Allzumenschliches, Zweiter Band«. Ders. Menschliches, Allzumenschliches. Zweiter Band – Nachgelassene Fragmente, Frühling 1878 bis November 1879 [Werke. Kritische Gesamtausgabe, IV.3]. Hg. v. Giorgio Colli u. Mazzino Montinari. Berlin 1967. 13-342, 130. Vgl. die beiden wichtigsten Publikationen: Bonnie G. Smith. »Gender and the Practices of Scientific History. The Seminar and Archival Research in the Nineteenth Century«. AHR 100 (1995): 1150-1176. Bonnie. G. Smith. The Gender of History. Men, Women, and Historical Practice. 2. Aufl. Cambridge (Mass.) 2000.

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pondenz, die Frauen im Medium ihrer Körperlichkeit übergeht. Stephan hat in der Konsequenz die Klärung der Frage, »welche Rolle die ›sexgender‹-Relationen bei der Ausbildung der Gattung hat«319, als Aufgabe künftiger Forschung formuliert. Auch in der Geschichtswissenschaft sind derartige Fragestellungen bislang nicht ausreichend thematisiert worden, erstaunlich angesichts der traditionsbildenden Wirkung, die ihnen innewohnt.320 Ohne die Verbindung von Gattung und Geschlecht zu direkt anzulegen – mit Hinweis auf abnehmende Komplexität und Ambiguität hatte davor Gerhart einleitend gewarnt321 –, ist für Droysen festzustellen, dass die grundlegende Definition einer hegemonial-maskulin ausgerichteten Disziplin auf das Genre biographischer Studien zurückwirkt. Als »literarisch-soziale Institution«322 sind sie auch durch außerwissenschaftliche Aspekte, wie eben diese Sexualisierung bedingt. Entgegen einem systematischen Gattungsbegriff, ist – wie das in der kulturwissenschaftlichen Forschung Konsens ist323 – für einen historischen Zugriff zu plädieren. So ist das Genre heute nicht immer noch männlich bestimmt, wie sich an vielen Beispielen zeigen ließe324, für das 19. Jahrhundert, und speziell Droy319

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Inge Stephan. »Literaturwissenschaft«. Gender-Studien. Eine Einführung. Hg. v. Christiana von Braun u. ders. Stuttgart u. Weimar 2000. 290-299, 294. Anstrengungen in diese Richtung unternahm jüngst eine Hamburger Tagung, zu der inzwischen auch der Dokumentationsband erschienen ist. Vgl. Angelika Epple u. Angelika Schaser (Hg.). Gendering Historiography. Beyond National Canons. Frankfurt am Main u. New York 2009. Vgl. Mary Gerhart. Gender Choises, Gender Questions. London u. Norman 1992, 4. Wilhelm Voßkamp. »Gattungen als literarisch-soziale Institutionen. Zu Problemen sozialund funktionsgeschichtlich orientierter Gattungstheorie und -historie«. Textsortenlehre – Gattungsgeschichte [medium literatur. Studienbibliothek für Wissenschaft und Unterricht, 4]. Hg. v. Walter Hinck. Heidelberg 1977. 27-44, 30. Voßkamp wendet sich mit dieser Formulierung gegen einen »ontologisch-anthropologischen oder bloß literaturimmanenten Gattungsbegriff«. Ebd., 29. Vgl. dazu ebd., 27. Gerhart 1992, 21-26. Auch Weigel weist auf die Kulturkonstante der (veränderbaren) geschlechtlichen Zuschreibung von Kunst hin: »Immer schon nämlich wurde den Künsten selbst ein Geschlecht zugeschrieben, wurden die einzelnen Künste – auch die verschiedenen Gattungen, Formen und Materialen, die Stile und Epochen – in geschlechtsspezifischen Bildern oder Szenarien dargestellt«. Sigrid Weigel. »Musen und Junggesellenmaschinen – Mythen vom Geschlecht der Künste«. Das Geschlecht der Künste [Literatur – Kultur – Geschlecht. Studien zur Literatur- und Kulturgeschichte, 8]. Hg. v. Corina Caduff u. ders. Köln, Weimar u. Wien 1996. VII-XV, VII. Während die Seite biographischer Objekte quantitativ unterrepräsentiert bleibt (vgl. dazu Schaser 2001, 141. Sybil Oldfield. »Women’s Biographies«. Encyclopedia of Life Writing. Autobiographical and Biographical Forms 2. Hg. v. Margaretta Jolly. Chicago u. London 2001. 948-950, 948-949. Ursula Apitzsch u. Regina Kreide. »Biographie«. Metzler Lexikon. Gender Studies, Geschlechterforschung. Ansätze – Personen – Grundbegrif-

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sen hingegen gilt diese Zuordnung als wissenschaftspolitische Grenzmarkierung gegenüber dem Weiblichen als dem genuin »Unprofession[ellen]«325 gleichwohl. Insgesamt wird an den Analysekategorien race, class und gender, die sich bei Droysen als Limitationsparameter erweisen, indem über sie deviante Positionen ausgeschlossen werden, deutlich, dass biographische Studien nicht nur durch explizite Bestimmungen definiert werden, sondern auch wesentlich von argumentativen Leerstellen geprägt sind. Die erarbeiteten sozialen Positionierungen sind in den Subtext von Droysens Text eingelagert und stellen keinen reflektierten Theoriebestandteil dar. Klasse, Ethnie und Geschlecht können bei Droysen deshalb als funktionale Latenzzonen des Biographischen gelten, deren Wirken ihm nicht bewusst ist und denen gerade dadurch erhebliche Wirksamkeit in der Praxis zukommt. Als master narratives326 fungieren biographische Studien mithin als »Medium der [...] kulturelle[n] Hegemonie«327, d.h. sie organisieren den historischen Diskurs in Hinsicht auf die Ob- und Subjekte von Historiographie klassen-, ethnien- und geschlechtsspezifisch zugunsten bürgerlicher, weißer und hegemonial-männlicher Identitäten. Im zeitgenössischen Produktionsprozess wird diese auf Ausschluss und Reduktion

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fe. Hg. v. Renate Kroll. Stuttgart u. Weimar 2002. 40-41, 40), schließen sich auf Seiten biographischer Subjekte akademische Professionalität und Weiblichkeit nicht mehr prinzipiell aus. Auf thematisch-analytischer Ebene dazu Littler: »Ästhetische Beurteilungskriterien, die anhand von kanonisierten Texten männlicher Autoren entwickelt wurden und die dementsprechend die männliche Erfahrung als ›das Menschliche‹ darstellten, wurden [im 20. Jahrhundert] nicht mehr als allgemein gültig akzeptiert«. Margaret Littler. »Einleitung zu ›Geschlechterforschung und Literaturwissenschaft‹«. Akten des X. Internationalen Germanistenkongresses Wien 2000. ›Zeitenwende – Die Germanistik auf dem Weg vom 20. ins 21. Jahrhundert‹ 10 [Jahrbuch für Internationale Germanistik, A.62]. Hg. v. Peter Wiesinger. Bern, Berlin, Brüssel u.a. 2003. 13-19, 13. Stephan (1999, 31) nennt diesen Vorwurf gegen weibliche Autorschaft topisch. Vgl. auch die Beiträge in Ina Schabert u. Barbara Schaff (Hg.). Autorschaft. Genus und Genie in der Zeit um 1800 [Geschlechterdifferenz & Literatur, 1]. Berlin 1994. Zur historischempirischen Dimension weiblicher Autorschaft Barbara Hahn. Unter falschem Namen. Von der schwierigen Autorschaft der Frauen. Frankfurt am Main 1991. Claudia Spanily. Autorschaft und Geschlechterrolle. Möglichkeiten weiblichen Literatentums im Mittelalter [Tradition – Reform – Innovation, 5]. Frankfurt am Main 2002. Zu diesem analytischen Konzept u.a. Matthias Middell, Monika Gibas u. Frank Hadler. »Sinnstiftung und Systemlegitimation durch historisches Erzählen. Überlegungen zu Funktionsmechanismen von Repräsentationen des Vergangenen«. Comparativ 10 (2000): 7-35. Konrad H. Jarausch u. Martin Sabrow. »›Meistererzählung‹ – Zur Karriere eines Begriffs«. Die historische Meistererzählung. Deutungslinie der deutschen Nationalgeschichte nach 1945. Hg. v. dens. Göttingen 2002. 9-32. Hausen 1998, 36.

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basierende »Fiktion des Allgemeinen«328 allerdings als gültig und akademisch legitimierte Wahrheit anerkannt. Das ist für eine wissenschaftsgeschichtliche Untersuchung insofern relevant, als auch Geschichte, die nicht geschrieben wird, in disziplinhistorischer Perspektive als Kennzeichen der jeweiligen Epoche zu gelten hat.329

3. Zwischenergebnis: Definitionen von ›Biographie‹ Vor dem zweiten Hauptteil sollen die Ergebnisse aus der Analyse der Theorie biographischer Studien destilliert werden. Die grundlegende Spannung in Droysens Position ist mit den Titelstichworten Werkmeister und Idee bereits wiedergegeben. Sie strukturiert jede weitere Bestimmung vor. Während die Idee als horizontale Dimension die erkenntnistheoretische Aufgabe des Genres definiert, legt das Konzept des Werkmeisters als vertikale Dimension seinen Gegenstand fest. Werkmeister und Idee bestimmen einerseits als Pole die Grenzen der Gattung, bleiben gleichzeitig aber stets mit einander vermittelt. Grundsätzlich ist festzustellen, dass biographische Studien bei Droysen im Gegensatz zum 18. Jahrhundert Teil der wissenschaftlichen Geschichtsschreibung sind. Für diese topologische Definition ist es konstitutiv, dass der Kunstcharakters der Gattung vereint ist. Als Subkategorie der erzählenden Darstellung werden sie darüber hinaus als narrative Texte verstanden. Für die folgenden Analysen ist es von Bedeutung, dass die Gattung biographischer Studien bei Droysen als Mittel zur Beschreibung historischer Ideen identifiziert wird. Daraus ergeben sich mehrere Konsequenzen, etwa dass ihr epistemologisches Ziel gerade nicht das Individuum ist, sondern es vielmehr lediglich als Anlass und Zweck der Darstellung fungiert. Der zweite wesentliche Ergebniskomplex betrifft die Objekte biographischer Studien. Die Gattung ist auf Werkmeister der Geschichte limitiert, mithin auf Figuren großer Geschichtswirksamkeit, die sich durch eine wissende und wollende Haltung gegenüber der geschichtlichen Entwicklung auszeichnen. Damit geht eine eindeutige, unhintergehbare soziale Präfigurierung als hegemonial-männlich, weiß und bürgerlich einher.

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Ebd. Vgl. Edward H. Carr. Was ist Geschichte? Übers. v. Siglinde Summerer. 5. Aufl. Berlin, Köln, Mainz u.a. 1977, 22/ 103.

III. BIOGRAPHISCHE PRAXIS ALS ›SYMBIOSE VON WISSENSCHAFT UND POLITIK‹

Stehen auch im zweiten Hauptteil Idee und Werkmeister als Grundsignaturen biographischer Studien bei Droysen im Mittelpunkt, soll hier ihre Situierung in der Praxis untersucht werden. Wenn bereits in der Einleitung vorweg genommen worden ist, dass Theorie und Praxis bei Droysen teilweise erheblich differieren und letztlich zwei unterschiedliche biographiologische Realisierungsräume darstellen1, ist es im Folgenden Ziel, dieses Urteil auch empirisch zu belegen. Gleichzeitig sollen dabei die internen Unterschiede für die ausgewählten Beispiele (Alexander und York von Wartenburg) akzentuiert werden. Gemeinsam ist ihnen indes der politische Kontext von Droysens Geschichtsschreibung. Als Vertreter der so genannten kleindeutschen Schule positioniert er seine Historiographie dezidiert in öffentlich-politischen Diskursen, was vice versa nicht ohne Auswirkungen auf die historiographische Konzeption und Intention bleibt; das gilt wesentlich auch für den Teilbereich biographischer Studien. Diese außerwissenschaftlichen Verpflichtungen sind für das Verständnis von Droysens Arbeiten entscheidend; in der Formel der »Symbiose von Wissenschaft und Politik«2 hat das einen prägnanten Ausdruck gefunden. (Sybel hatte zeitgenössisch eine ähnliche Formulierung für den Historiker geprägt. Indem er vom »enge[n] Bündniß der Politik und Wissenschaft« (SStand, 3503) oder vom »Bündniß zwischen Geschichte und Politik« (SStand, 354) spricht, nimmt das als Selbstbeschreibung der kleindeutschen Historiker Meineckes Urteil zeitlich vorweg und dehnt es antizipatorisch auf die gesamte Disziplin aus.) Wenn Meineckes auf Droysen insgesamt bezogenes Diktum hier für seine Biographik steht, dokumentiert das die Überzeugung, mit den Sektoren Wissenschaft und Politik die Praxisform Biographie für Droysen bestimmen zu können. 1

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Wird das in der Forschung festgestellt, beruht dieses Urteil nicht immer auf konkreten Untersuchungen. Vgl. insgesamt Hermann Haering. »Über Biographik im Rahmen der Historik«. WaG 13 (1953): 164-178, 172. Jander 1965, 98. Busche 1984, 586. Hähner 1999, 111/ 118. Meinecke 1930, 249. Heinrich von Sybel. »Ueber den Stand der neueren deutschen Geschichtschreibung. Marburg 1856«. Ders. Kleine Historische Schriften 1. München 1863. 343-359.

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Biographische Praxis als ›Symbiose von Wissenschaft und Politik‹

Dieser Überlegung folgend, ist den Kapiteln zu Alexander (III.2) und York von Wartenburg (III.3) ein Exkurs zur kleindeutschen Schule vorgeschaltet, der die Grunddispositionen dieses Verhältnisses klärt (III.1). Die Fallstudien sind ihrerseits so organisiert, dass sie nach einer allgemeinen Charakteristik der Texte (III.2.a/ III.3.a) die Repräsentation von Idee und Werkmeister diskutieren. Leitendes Erkenntnisinteresse ist dabei die Frage, inwieweit die dargestellten Figuren Ideenträger im Sinne der analysierten methodologisch-theoretischen Texte sind und welchen Konstruktionslogiken sie entsprechen. In dieser Fragestellung werden nicht nur die Komplexe Idee und Werkmeister kombiniert, sondern auch kontextualisierende Aspekte berührt. So ist es für das Verständnis der Texte einerseits unumgänglich, auf werkgeschichtliche Fragen – etwa zur Wirkungsabsicht, zur Entstehungsgeschichte und Rezeption – einzugehen und andererseits einzelne textinterne Perspektiven – etwa zum Aufbau, zur Textlichkeit, d.h. zur (rhetorischen) Präsentation von race, class und gender – zu verfolgen. Es bedeutet dabei kein ahistorisches Vorgehen, wenn die Ergebnisse aus der Betrachtung der Historik auf biographische Studien bezogen werden, die ihr zeitlich vorausgehen. Zum einen deshalb, weil die in der Historik kulminierende Geschichtsphilosophie schon früher entstanden ist.4 Zum zweiten werden Alexander und York von Wartenburg in der Historik weder direkt noch indirekt kritisiert und damit von ihr de facto akzeptiert. Zum dritten weicht auch die der Historik nachfolgende Biographik von deren Bestimmungen ab, sie entfaltete mithin keine die Praxis normierende Funktion. Die späteren Auflagen des York von Wartenburg und die zweite Fassung des Alexander belegen das ebenso wie die im Rahmen der Geschichte der Preußischen Politik entstandenen Arbeiten (Friedrich Wilhelm I. und Friedrich der Große). Geht es nachfolgend weniger um die historischen Epochen, die Droysen behandelt, sondern um die Struktur und Konzeption der Darstellungen, werden auch wesentlich die Paratexte der herangezogenen Werke berücksichtigt (Vorworte, Einleitungen, Anhänge u.a.). Eine zentrale Quelle stellt darüber hinaus der Briefwechsel dar; als Egodokumente geben Droysens Korrespondenzen Auskunft über Intentionen, Entscheidungen und (Eigen-)Bewertungen, die sonst nicht rekonstruierbar wären. Ne4

In Form von Nebenargumentationen in ansonsten nicht-theoretischen Arbeiten waren Teile davon bereits zuvor formuliert worden. Vgl. zu dieser Genese Rüsen 1969. Spieler 1970, 18-28. Die frühesten Texte im Umkreis der Historik datieren in die 1820er Jahre Vgl. Johann Gustav Droysen. Historik 2.1. Texte im Umkreis der Historik [Historik. Historisch-kritische Ausgabe, 2]. Hg. v. Horst Walter Blanke. Stuttgart-Bad Cannstatt 2007.

Biographische Praxis als ›Symbiose von Wissenschaft und Politik‹

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ben den publizierten Quellen ist auch auf Archivalien zu Droysens Person oder seinen Texten zurückgegriffen worden, die bislang wenig beachtet worden sind, aber weiterführende und pointierende Erkenntnisse liefern.

1. Exkurs 2: ›Cum ira et studio‹. Aspekte kleindeutscher Historiographie »Denn allein eine ›wahrhaft historische Ansicht‹ der Gegenwart [...] wird imstande sein, die traurige Zerrüttung unserer staatlichen und sozialen Verhältnisse auszuheilen und die rechten Wege zu einer froheren Zukunft anzubahnen« (DPV, XX-XXI); »So fordert sich unsere Wissenschaft ihre Stelle und ihre Pflicht in dem je Werdenden« (DGPP I, III); »Alle Vergangenheiten, die ganze ›Geschichte‹ ist ideell in der Gegenwart und dem, was sie hat, enthalten« (DEGRW, 10) – in diesen chronologisch gereihten Passagen aus 20 Jahren (1843, 1855, 1863), die hier exemplarisch für andere stehen, wird deutlich, in welcher paradigmatischen Form Droysen die Ausrichtung der kleindeutschen Schule mitgeprägt hat. Unabhängig davon, ob er als ihr Gründer gelten kann5, steht er in ihrem Zentrum und operiert mit ihren überaus praxisrelevanten Maximen. Mit der kleindeutschen Schule – in der Forschung wird sie lexemisch abweichend auch »preußische Schule«6 oder »borussische Geschichtsschreibung«7 genannt – ist eine historiographische Strömung des 19. Jahrhunderts gemeint, de5

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Ohne dass sie sonderlich weiterführend wäre, wird die Diskussion um die Begründerschaft hin und wieder geführt. Für Droysen wird dabei am häufigsten votiert, was damit zu erklären sein dürfte, dass er der sichtbarste Opponent der kritischen Schule in Gestalt Rankes gewesen ist. Vgl. in diesem Sinne Becker 1928, 86. Heinrich Ritter von Srbik. Geist und Geschichte vom deutschen Historismus 1. München u. Salzburg 1950, 367. Günther List. »Historische Theorie und nationale Geschichte zwischen Frühliberalismus und Reichsgründung«. Geschichtswissenschaft in Deutschland. Traditionelle Positionen und gegenwärtige Aufgaben. Hg. v. Bernd Faulenbach. München 1974. 35-53, 43-44. Kornbichler 1984, 135. Maltzahn 1991, 75. Southard 1995, 196. White (1990, 108) sieht Droysen in Verbindung mit Treitschke und Sybel als Gründer. Eduard Fueter. Geschichte der neueren Historiographie. 3. Aufl. Berlin u. München 1936/ ND London u. New York 1968, 492. George Gooch. Geschichte und Geschichtsschreiber im 19. Jahrhundert. Übers. v. Herta Lazarus. Frankfurt am Main 1964, 145. List 1974, 38. Walter Bussmann. »Friedrich der Große im Wandel des europäischen Urteils«. Deutschland und Europa. Historische Studien zur Völker- und Staatenlandschaft des Abendlandes. Festschrift für Hans Rothfels. Hg. v. Werner Conze. Düsseldorf 1951. 375-408, 391. Stephan Skalweit. »Das Problem von Recht und Macht und das historiographische Bild Friedrichs des Grossen«. GWU 2 (1951): 91-106, 101.

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ren Ziel in der kulturellen Etablierung ›Deutschlands‹ unter Führung Preußens und Ausschluss Österreichs bestand. Mit wissenschaftlichen und journalistischen Mitteln beabsichtigten ihre Promotoren ein konstruktives politisches Engagement. Neben Droysen sind dabei auch Duncker, Sybel, Haym, Baumgarten und Treitschke maßgebend gewesen.8 So formulierte etwa Sybel in seinem Marbacher Vortrag zur [N]eueren deutschen Geschichtsschreibung9 eine Art Programm, während Treitschke in seinem Essay Bundesstaat und Einheitsstaat10 den deutschen Zentralstaat historisch begründete. Handelte es sich bei der kleindeutschen Schule nicht um eine Schule im institutionellen Sinn, wie das im 18. Jahrhundert etwa bei der universalgeschichtlichen Göttinger Schule oder im 20. Jahrhundert bei der mentalitätsgeschichtlichen Annales und der sozialgeschichtlichen Bielefelder Schule der Fall gewesen ist, konstituierte sie sich über einen intensiven internen Austausch. Die Briefwechsel der genannten Vertreter zeigen dabei das verbindende politische Interesse.11 Zudem etablierten strategische Lehrstuhlbesetzungen eine zeitweise beherrschende Position innerhalb des Faches; am prominentesten ist Treitschke als Nachfolger Rankes12. Über die daraus erwachsende »Stellung innerhalb der Hierarchie«, d.h. über ihr »[u]niversitäres Kapital« sicherten sich ihre Vertreter die Dominanz über die »Reproduktionsinstanzen der universitären Körperschaft«13 und erreichten die Marginalisierung konkurrierender master nar8

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Bussmann (1951, 391) sieht in Droysen den »charakteristischsten Vertreter«. Mit Sybel und Treitschke bildete er den Kern. Vgl. Schleier 1963. Es überrascht mithin, dass sie in neueren Einführungen zum Nationalismus nicht, oder kaum Erwähnung finden. Vgl. Siegfried Weichlein. Nationalbewegungen und Nationalismus in Europa [Geschichte kompakt]. Darmstadt 2006. Christian Jansen u. Henning Borggräfe. Nation – Nationalität – Nationalismus [Historische Einführungen, 1]. Frankfurt am Main u. New York 2007. Vgl. SStand. Als zweiter Text dieser Art auch wichtig: Heinrich von Sybel. »Ueber die Gesetze des historischen Wissens«. Ders. Vorträge und Aufsätze. Berlin 1874. 1-20. Vgl. Heinrich von Treitschke. »Bundesstaat und Einheitsstaat«. Ders. Historische und politische Aufsätze vornehmlich zur neuesten deutschen Geschichte 1. Leipzig 1865. 444595. Vgl. neben DBW I/ II auch Heinrich von Treitschke. Heinrich von Treitschkes Briefe. Hg. v. Max Cornicelius. 3 Bde. Leipzig 1912-1920. Generell dazu Jürgen Kuczynski. Zum Briefwechsel bürgerlicher Wissenschaftler [Studien zu einer Geschichte der Gesellschaftswissenschaften, 4]. Berlin 1976, 111-124. Jürgen Kuczynski. Gesellschaftswissenschaftliche Schulen [Studien zu einer Geschichte der Gesellschaftswissenschaften, 7]. Berlin 1977, 157-202. Vgl. u.a. Fritz Kaphahn. »Jacob Burckhardt und die Wiederbesetzung von Rankes Geschichtsprofessur an der Universität Berlin«. HZ 168 (1943): 113-131. Pierre Bourdieu. Homo academicus. Übers. v. Bernd Schwibs. Frankfurt am Main 1992, 149.

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ratives, so etwa der großdeutschen und empfindsamen Geschichtsschreibung14. Mit der Parteinahme für Preußen war gleichzeitig die Ansicht verbunden, dass der Historiker sich nicht als weltanschaulich neutral verstehen dürfe, sondern Position zu beziehen habe. Parteilichkeit gilt mithin nicht als Mangel an Wissenschaftlichkeit, sondern geradezu als ihre Bedingung. In diesem Sinne wies Droysen mehrfach auf die patriotische Pflicht hin und forderte einen deutlichen Standpunkt des Historikers (z.B. DH57, 235/ 240)15; die Behauptung Schaffs, erst Mannheim habe den Standort in die Wissenssoziologie eingeführt16, ist damit nicht haltbar. In gleicher Weise lehnte Sybel die »objectiven, unparteiischen [...] Historiker« als »blut- und nervenlo[s]« (SStand, 349) ab und verlangte Treitschke ein »Herz, das die Geschichte des Vaterlandes wie selbsterlebtes Leid und Glück empfindet«17. Mit dieser Positionierung ist nicht nur das auf Tacitus zurückgehende Diktum der Geschichtsschreibung, »sine ira et studio«18 vorzugehen, sondern auch das Wissenschaftsverständnis der wesentlich auf Niebuhr gründenden kritischen Schule negiert. Im Kontrast zu dieser bemerkte Droysen, dass Quellen nur das »vornehme Garnichts« (DBW I, 364) enthielten und wandte sich dagegen, sein »Selbst gleichsam auszulöschen«19. Damit markierte er insofern eine ver14

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Vgl. Thomas Brechenmacher. Großdeutsche Geschichtsschreibung im neunzehnten Jahrhundert. Die erste Generation (1830-48) [Berliner Historische Studien, 22]. Berlin 1996. Epple 2003. Zur Gegenwartsorientierung von Droysens Geschichtsschreibung u.a. Jörn Rüsen. »Droysen heute – Plädoyer zum Bedenken verlorener Themen der ›Historik‹«. Philosophische Fakultät. Historisches Institut. Droysen Vorlesungen. 19. November 2001 bis 6. Februar 2003 [Jenaer Universitätsreden, 18]. Hg. v. Lutz Niethammer. Jena 2005. 177-200, 192. Vgl. Adam Schaff. »Der Streit um die Objektivität der historischen Erkenntnis«. Historische Objektivität. Aufsätze zur Geschichtstheorie. Hg. v. Jörn Rüsen. Göttingen 1975. 3347, 38. Heinrich von Treitschke. Deutsche Geschichte im Neunzehnten Jahrhundert. Fünfter Teil. Bis zur März-Revolution [Staatengeschichte der neuesten Zeit, 28]. Leipzig 1894, VI. P. Cornelius Tacitus. Annalen. Lateinisch-deutsch. Hg. v. Erich Heller. 4. Aufl. Düsseldorf u. Zürich 2002, 16. Heller übersetzt »ohne Abneigung und Vorliebe« (ebd., 17), Koestermann »frei von jeder Voreingenommenheit und Parteileidenschaft« (Erich Koestermann. Cornelius Tacitus. Annalen 1. Heidelberg 1963, 61). Zur Diskussion um die korrekte Übersetzung auch Manfred Asendorf. Geschichte und Parteilichkeit. Historisches Bewußtsein in Deutschland. Berlin 1984, 127, Anm. 19. Vgl. zu Tacitus durchaus ambivalenter Position Joseph Vogt. »Tacitus und die Unparteilichkeit des Historikers«. WSA 9 (1936): 1-20. Werner Eck. »Die Täuschung der Öffentlichkeit oder: Die ›Unparteilichkeit‹ des Historikers Tacitus«. AA 46 (2000): 190-206. Leopold von Ranke. Englische Geschichte vornehmlich im siebzehnten Jahrhundert 2 [Sämmtliche Werke, 15]. Leipzig 1870, 103. Vgl. zu Rankes bekanntem Diktum Asen-

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änderte Wahrnehmung der Vergangenheit als Urkundenkritik nicht mehr als Ziel der Historiographie akzeptiert wurde. »Nur scheinbar sprechen hier die Tatsachen allein, objektiv; sie wären stumm ohne den Erzähler [...]. Objektiv ist nur das Gedankenlose« (DH57/58, 405), stellt Droysen in Abgrenzung zu Ranke fest20 und betont vor allem die Konstruktion der Geschichte durch den Historiker. Wenn die Vergangenheit also nicht ontologisch vorliegt, keine bloße »Photographie der Geschäfte« (DBW II, 476) ist, sondern durch die Wissenschaft erarbeitet werden muss, ist darin insofern ein politisches Moment eingelagert, als der Historiker aus dem historischen Stoff einen Gedanken auswählen muss, den er darlegen will (DH57, 230). Weil Geschichtswissenschaft als Teil der Entwicklung der Menschheit verstanden wird21, ist diese Auswahl nicht kontextfrei, sondern an den geschichtlichen Fortschritt, und d.h. für den vorliegenden Fall an Preußen, gebunden. Objektivität ist nach diesem Verständnis »eunuchisc[h]« (DH57, 236), weil sie den Menschen zum einen anthropologisch verkürzt und zum anderen die Geschichte selbst limitiert, letztlich also »so etwas wie Vaterlandsverrat«22 ist. Damit ist der Ansicht zu widersprechen, erstmals Lamprecht habe die Abhängigkeit der wissenschaftlichen Erkenntnis von der Weltanschauung konstatiert23, erste Erwähnungen dieser Einsicht stammen ohnehin schon aus der Aufklärung24.

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dorf 1984, 11-65. Rudolf Vierhaus. »Rankes Begriff der historischen Objektivität«. Objektivität und Parteilichkeit in der Geschichtswissenschaft [Beiträge zur Historik, 1]. Hg. v. Reinhart Koselleck, Wolfgang J. Mommsen u. Jörn Rüsen. München 1977. 63-76. In der Forschung wird gelegentlich eine Nähe zwischen Ranke und Droysen hergestellt. Vgl. etwa Ulrich Muhlack. »Leopold von Ranke und die Begründung der quellenkritischen Geschichtswissenschaft«. Historische Debatten und Kontroversen im 19. und 20. Jahrhundert [Historische Mitteilungen im Auftrag der Ranke-Gesellschaft. Beihefte, 46]. Hg. v. Jürgen Elvert u. Susanne Krauß. Stuttgart 2003. 23-33. – Mit der fachlichen Differenz geht keine persönliche Ablehnung einher, wie verschiedentlich behauptet worden ist. Vgl. nämlich DBW I, 257. Trotz der Ankündigung Franks (1951, 35, Anm. 3) steht eine monographische Studie zu dem Verhältnis beider Historiker nach wie vor aus. Diesen Mangel hatte bereits Meinecke (1930, 283) festgestellt. Vgl. deshalb Otto Diether. »Leopold von Ranke und Johann Gustav Droysen. Eine Parallele«. PJ 142 (1910): 1-20. J[ulius] Kaerst. »Die Geschichtsauffassung Rankes und Droysens in ihrer nationalen Bedeutung«. VSWG 20 (1928): 219-233. Vgl. dazu: »Die historische Arbeit des einzelnen Historikers ist wie die Arbeit jedes Menschen selbst eine am Werden der sittlichen Welt beteiligte Operation«. Barrelmeyer 1997, 57. Demandt 1997: Natur- und Geschichtswissenschaft, 96. Vgl. Stefan Haas. Historische Kulturforschung in Deutschland 1880-1930. Geschichtswissenschaft zwischen Synthese und Pluralität [Münstersche historische Forschungen, 5]. Köln, Weimar u. Wien 1994, 141. Martin Dinges. »Neue Kulturgeschichte«. Kompass der

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Sind wissenschaftliche Schulen prinzipiell stark lebensweltlich bestimmt25, ist Historiographie auch bei den kleindeutschen Historikern als Handlungsorientierung für die Gegenwart konzipiert; einer »antiquarische[n], selbstgenügsame[n]«26 Wissenschaft stehen sie kritisch gegenüber. In der Funktion einer gesellschaftlichen Leitdisziplin – diesen Anspruch erhebt Droysen für die Geschichtswissenschaft explizit (DH57, 5/ DRGVV, 9027) – kommt ihr zudem erneut (tages-)politische Relevanz zu.28 Aus diesem Grund verstand Droysen den Staatsmann auch als »praktische[n] Historiker« (DH57/58, 399) und beabsichtigte eine national-pädagogische Wirkung seiner Schriften.29 Geschichte zielt damit auf den Staat und wird zum Gegenstand individueller wie kollektiver Erziehung, deren »Strukturmomente [...] Erinnerung und Wollen, Vergangenheit und Zukunft [sind]«30. In diesem Sinne ist auch eher die bildungsbürgerliche Öffentlichkeit als die Fachwissenschaft Zielpublikum (z.B. DBW I, 38). Während Treitschke das als »Praeceptor Germaniae«31 in der Deutschen Geschichte im Neunzehnten Jahrhundert32 umsetzte, steht bei Droysen neben

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Geschichtswissenschaft. Ein Handbuch. Hg. v. Joachim Eibach u. Günther Lottes. Göttingen 2002. 179-192, 183. Vgl. u.a. Johann Martin Chladenius. Allgemeine Geschichtswissenschaft [Klassische Studien zur sozialwissenschaftlichen Theorie, Weltanschauungslehre und Wissenschaftsforschung, 3]. Leipzig 1752/ ND Graz, Köln u. Wien 1985, 151. Georg Friedrich Brandes. »Über die Unparteilichkeit eines Geschichtschreibers (1788)«. Theoretiker der deutschen Aufklärungshistorie 2. Elemente der Aufklärungshistorik [Fundamenta Historica. Texte und Dokumente, 1.2]. Hg. v. Horst Walter Blanke u. Dirk Fleischer. Stuttgart-Bad Cannstatt 1990. 478-491. Vgl. Hans Schleier. »Epochen der deutschen Geschichtsschreibung seit der Mitte des 18. Jahrhunderts«. Geschichtsdiskurs 1. Grundlagen und Methoden der Historiographiegeschichte. Hg. v. Wolfgang Küttler, Jörn Rüsen u. Ernst Schulin. Frankfurt am Main 1993. 133-156, 136. Arno Seifert. »Droysen und die Objektivität«. HJ 99 (1979): 414-424, 418. [Johann] Gustav Droysen. »Rede zur tausendjähr. Gedächtnisfeier des Vertrages zu Verdun, gehalten auf der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel am 10. August 1843«. Deutsche Akademiereden. Hg. v. Fritz Strich. München 1924. 89-110. Muhlack diskutiert entsprechend pointiert die Zeit der Revolution 1848/ 1849 als Zenit von Droysens öffentlicher Wirksamkeit. Vgl. Ulrich Muhlack. »Johann Gustav Droysen. Das Recht der Geschichte«. Die Achtundvierziger. Lebensbilder aus der deutschen Revolution 1848/49. Hg. v. Sabine Freitag. München 1998. 263-276. Vgl. Rüsen 2005, 193. Vgl. dazu auch das Präsens in Droysens Satz: »Die Geschichte giebt uns das Bewußtsein dessen, was wir sind und haben«. DEGRW, 11. Baumgartner 1972, 67. Vgl. auch Rother 1935/ 1965, 57. Andreas Dorpalen. Heinrich von Treitschke. London u. New Haven 1957, 226. Heinrich von Treitschke. Deutsche Geschichte im neunzehnten Jahrhundert [Staatengeschichte der neuesten Zeit, 24-28]. 5 Bde. Leipzig 1879-1894. Vgl. dazu Wolfgang J. Mommsen. »Objektivität und Parteilichkeit im historiographischen Werk Sybels und

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der Geschichte der Preußischen Politik vor allem York von Wartenburg für diese Art der Nationalgeschichtsschreibung. Weder die zeitgeschichtliche Ausrichtung noch das Vertrauen in identitätsstiftende Biographik sind dabei ein Zufall. Geht es um eine didaktische Aufgabe, bietet sich die »Epoche der Mitlebenden«33 geradezu an, weshalb auch ein »lebhaftes Interesse« (SStand, 354) an der Zeitgeschichte besteht. Sybel begründet damit auch die Konjunktur biographischer Studien. Während Hoberman allgemein auf die herrschaftsaffine Funktion hinweist34, betonen Haym und Weber den bewussten Einsatz biographischer Studien für die kleindeutsche Schule35. Neben einer gezielten Produktion ist auch ein steigender Konsum zu beobachten.36 In der Forschung ist die gleichsam geschichtsreligiöse37 Fixierung auf Preußen als wirksame »Hinführung zum zweiten Kaiserreich«38 bezeichnet und als »borussische Legende«39 kritisiert worden. In der Nachfolge des Katholiken Klopp, haben es marxistische Forschungen zur Tradition erhoben, von ›Geschichtsbaumeisterei‹ zu sprechen.40 Im Rahmen der so genannten Rankerenaissance verlor das kleindeutsche Paradigma Ende des 19. Jahrhunderts wieder an Einfluss.41 Eine spöt-

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Treitschkes«. Objektivität und Parteilichkeit in der Geschichtswissenschaft [Beiträge zur Historik, 1]. Hg. v. Reinhart Koselleck, dems. u. Jörn Rüsen. München 1977. 134-158. Ulrich Langer. Heinrich von Treitschke. Politische Biographie eines deutschen Nationalisten. Düsseldorf 1998, 358-372. Hans Rothfels. »Zeitgeschichte als Aufgabe«. VfZ 1 (1953): 1-8, 4. Vgl. Hoberman 2001, 111-112. Vgl. Rudolf Haym. Das Leben Max Dunckers. Berlin 1891, 151. Wolfgang Weber. »Geschichte und Nation. Das ›nationale Princip‹ als Determinante der deutschen Historiographie 1840-1880«. Literatur und Geschichte. Ein Kompendium zu ihrem Verhältnis von der Aufklärung bis zur Gegenwart. Hg. v. Daniel Fulda u. Silvia Serena Tschopp. Berlin u. New York 2002. 343-365, 345. Vgl. Garraty 1957, 101. Auf die Nähe zum Religiösen hatte besonders Hardtwig (1991) aufmerksam gemacht. Vgl. auch Hobsbawm (2002, 149): »The nation was the new civic religion of states«. Ulrich Herrmann. »Einleitung. Was ist ›deutsche Geschichte‹«? Kleine deutsche Geschichte. Hg. v. Ulf Dirlmeier, Andreas Gestrich, dems. u.a. 2. Aufl. Stuttgart 2001. 9-16, 12. Hans-Ulrich Wehler. Das deutsche Kaiserreich 1871-1914 [Deutsche Geschichte, 9]. 7. Aufl. Göttingen 1994, 129. Vgl. Onno Klopp. Kleindeutsche Geschichtsbaumeister. Freiburg (i.Br.) 1863. Kuczynski 1977. Schleier 1963. Karl Buchheim. »Der Staat – die Verwirklichung des Sittlichen? Die Kleindeutschen Geschichtsbaumeister des 19. Jahrhunderts im Ringen um die Gestalt Deutschlands«. Zeitenwende. Kultur – Theologie – Politik 38 (1967): 17-28. Diese Entwicklung ist – anders als kleindeutsche Schule insgesamt – recht gut erforscht, vgl. u.a. Hans-Heinz Krill. Die Rankerenaissance. Max Lenz und Erich Marcks. Ein Beitrag zum historisch-politischen Denken in Deutschland 1880-1935 [Veröffentlichungen

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tische Distanzierung hatte aus Sicht der Schweiz Burckhardt bereits 1871 formuliert, wenn er befürchtete, dass die Geschichte im kleindeutschen Geist nun, bei Adam angefangen, »siegesdeutsch angestrichen«42 und auf die vollzogene Reichgründung hin orientiert würde. Vor allem Weber leitete die Trennung von Wissenschaft und Politik ein. »Eine empirische Wissenschaft«, schrieb er, »vermag niemanden zu belehren, was er ›soll‹, sondern nur, was er ›kann‹ und – unter Umständen – was er ›will‹«43. Dennoch blieben (konservative) politische Positionen innerhalb der Geschichtswissenschaft unterschwellig präsent; eine Hypothek, die für die Weimarer Republik nicht ohne Folgen blieb. In den 1920er und 1930er Jahren ist gerade unter Professoren und besonders bei Historikern eine antidemokratische Tendenz und nicht unerhebliche Republikskepsis zu konstatieren. Wurden eindeutige politische Äußerungen einerseits getätigt, verwahrten sich die Mandarine andererseits, in die ›Niederungen der Politik‹ herabzusteigen. Die wenigen Ausnahmen, wie der ›Vernunftrepublikaner‹ Meinecke oder Cassirer, können das Bild nicht in Gänze kor-

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der Berliner Historischen Kommission beim Friedrich-Meinecke-Institut der Freien Universität Berlin, 3]. Berlin 1962. Hans Schleier. »Die Ranke-Renaissance«. Die bürgerliche deutsche Geschichtsschreibung von der Reichsgründung von oben bis zur Befreiung Deutschlands vom Faschismus [Studien über die deutsche Geschichtswissenschaft, I.20]. Hg. v. Joachim Streisand. Berlin 1965. 99-135. Elisabeth Fehrenbach. »Rankerenaissance und Imperialismus in der wilhelminischen Zeit«. Geschichtswissenschaft in Deutschland. Traditionelle Positionen und gegenwärtige Aufgaben. Hg. v. Bernd Faulenbach. München 1974. 54-65. Asendorf 1984, 194-232. Hans Schleier. »Die Auseinandersetzungen mit der Rankeschen Tradition Ende des 19. Jahrhunderts in Deutschland. Die deutschen Historiker und die Herausforderungen an die Geschichtswissenschaft«. JfG 32 (1985): 271-287. Wolfgang J. Mommsen. »Ranke and the Neo-Rankean School in Imperial Germany. State-Oriented Historiography as a Stabilising Force in the Post-Revolutionary Nation-State«. Leopold von Ranke and the Shaping of the Historical Discipline. Hg. v. Georg G. Iggers u. James M. Powell. Syracuse 1990. 124-140. Jens Nordalm. Historismus und moderne Welt. Erich Marcks (1861-1938) in der deutschen Geschichtswissenschaft [Historische Forschungen, 76]. Berlin 2003. Gegenkritik übte Ludwig Dehio. »Ranke und der deutsche Imperialismus«. HZ 170 (1950): 307-328. Jacob Burckhardt. Briefe. Fünfter Band. Scheitelpunkt der historischen Professur, Entstehungszeit der ›Weltgeschichtlichen Betrachtungen‹ und der ›Griechischen Culturgeschichte‹, Wiederaufnahme kunstgeschichtlicher Vorlesungen. 1868 bis März 1875 [Briefe. Vollständige und kritische Ausgabe]. Hg. v. Max Burckhardt. Basel u. Stuttgart 1963, 184. Max Weber. »Die ›Objektivität‹ sozialwissenschaftlicher und sozialpolitischer Erkenntnis (1904)«. Ders. Gesammelte Aufsätze zur Wissenschaftslehre. Hg. v. Johannes Winckelmann. 6. erg. Aufl. Tübingen 1985. 146-214, 151. Vgl. daneben auch Max Weber. »Der Sinn der ›Wertfreiheit‹ der soziologischen und ökonomischen Wissenschaften (1917)«. Ders. Gesammelte Aufsätze zur Wissenschaftslehre. Hg. v. Johannes Winckelmann. 6. erg. Aufl. Tübingen 1985. 489-540.

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rigieren. Im »Rückzug auf die reine Forschung«44 waren die antirepublikanischen Artikulationen nach der Weimarer Verfassung nicht zu sanktionieren. Im Grundgesetz der Bundesrepublik bindet Artikel 5 die Forschungsfreiheit als Reaktion auf diese Erfahrung unlösbar an die Treue zur Verfassung.45 Insgesamt ergeben sich für die folgenden Fallstudien damit drei relevante Aspekte. Zum einen ist Droysens Historiographie programmatisch auf den preußischen Staat ausgerichtet. Er ist Objekt und Ziel seines historiographischen Handelns. Zum anderen ist eine außertextuelle Gegenwartsfunktion angelegt, die sowohl auf die Themen- als auch die Gattungswahl zurückwirkt. Überdies ist Geschichtsschreibung bei Droysen in einen pädagogischen Diskurs eingebunden. Horizont des Faches ist darin explizit die Zukunft gestaltende Gegenwart. Astholz’ Fehleinschätzung, nach der die Zukunft »überhaupt nicht in den Blick«46 komme, wurde in diesem Sinne bereits von Ottnad widersprochen47.

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Wehler 1995, 1221. Vgl. in der nötigen Differenzierung dazu u.a. Heinrich Ritter von Srbik. Geist und Geschichte vom deutschen Historismus 2. München u. Salzburg 1951. 1-31. Wolfgang Abendroth. »Das Unpolitische als Wesensmerkmal der deutschen Universität«. Universitätstage 1966. Nationalsozialismus und die deutsche Universität. Berlin 1966. 189-208. Hans Peter Bleuel. Deutschlands Bekenner. Professoren zwischen Kaiserreich und Diktatur. Bern, München u. Wien 1968. Fritz Ringer. The Decline of the German Mandarins. Cambridge (Mass.) 1969. Herbert Döring. »Deutsche Professoren zwischen Kaiserreich und Dritten Reich«. NPL 19 (1974): 340-352. Anselm Faust. »Professoren für die NSDAP. Zum politischen Verhalten der Hochschullehrer 1932/33«. Erziehung und Schulung im Dritten Reich 2. Hochschule, Erwachsenenbildung [Veröffentlichungen der Historischen Kommission der Deutschen Gesellschaft für Erziehungswissenschaft, 4.2]. Hg. v. Manfred Heinemann. Stuttgart 1980. 31-49. Kurt Sontheimer. »Die deutschen Hochschullehrer in der Zeit der Weimarer Republik«. Deutsche Hochschullehrer als Elite 1815-1945 [Deutsche Führungsschichten in der Neuzeit]. Hg. v. Klaus Schwabe. Boppard am Rhein 1988. 215-224. Barbara Vogel. »Anpassung und Widerstand. Das Verhältnis Hamburger Hochschullehrer zum Staat 1919 bis 1945«. Hochschulalltag im ›Dritten Reich‹. Die Hamburger Universität 1933-1945 1. Einleitung, Allgemeine Aspekte [Hamburger Beiträge zur Wissenschaftsgeschichte, 3.1]. Hg. v. Holger Fischer, Ludwig Huber u. Eckart Krause. Berlin u. Hamburg 1991. 3-83. Christian Jansen. Professoren und Politik. Politisches Denken und Handeln der Heidelberger Hochschullehrer 1914-1935 [Kritische Studien zur Geschichtswissenschaft, 99]. Göttingen 1992. Astholz 1933/ 1965, 45. Vgl. Ottnad 1952, 50-51.

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2. Idealistische Biographik. Alexander der Große als welthistorische Chiffre Droysens frühe Biographik ist – wie das auch an weiten Teilen der Historik zu beobachten war (vgl. II.1/ II.2.a) – an den von Hegel u.a. inspirierten idealistischen Maximen orientiert. Wenn Alexander die einzige biographische Studie des idealistischen Typs in Droysens Œuvre darstellt, nimmt er eine wichtige Position darin ein und formuliert gleichzeitig einen Sonderstatus. Gegenüber den späteren, wesentlich außerwissenschaftlich-politisch motivierten biographischen Arbeiten – York von Wartenburg, Friedrich Wilhelm I. und Friedrich der Große – zeichnen ihn die Intentionen aus, der historischen Idee Absolutgeltung einzuräumen und den geschichtlichen Kontext zentral zu fokussieren. Wird dabei der titelgebende Protagonist als Werkmeister thematisiert, aber als Mensch aus dem Blick verloren, gehört das zu den Konstanten der Biographik Droysens und begegnet auch in der politischen Variante (vgl. III.3.b). Idealistische Biographik, zu der neben Alexander etwa auch Rankes Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation und die Geschichte Wallensteins zu rechnen sind48, vollzieht damit eine deutliche Abkehr von der individual-pädagogischen Position des 18. Jahrhunderts wie Abbt oder Wiggers sie artikulierten (vgl. II.1.b), ohne allerdings – in Droysens Fall – gänzlich auf weltanschauliche Motive zu verzichten und darin im Sinne einer historischen Vorwegnahme über sich hinauszuweisen.

a. Einleitung zum und Perspektivierung auf den Hellenismus Verschiedentlich als Habilitationsschrift wahrgenommen49, lag die Geschichte Alexanders des Großen entgegen des gedruckten Publikationsda48

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Vgl. Leopold von Ranke. Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. 5 Bde. Berlin 1839-1843. Leopold von Ranke. Geschichte Wallensteins. Leipzig 1869. – Wenn Rankes idealistische Biographik später als die Droysens datiert, ist das Resultat der Wissenschaftsauffassungen, wie sie angedeutet worden sind (vgl. III.1). Rankes Biographik ist bislang ebenfalls nicht genügend von der Forschung beachtet worden, vgl. neben Doves über 110 Jahre altem Text (Alfred Dove. »Ranke’s Verhältnis zur Biographie«. BB 1 (1895): 1-22) im Wesentlichen Jander 1965, 46-48/ 123-133. Harth 1980, 76-89. Hähner 1999, 122-134. Zimmermann 2006, 123-134. Diese Angabe ist nie belegt worden, weshalb sie zweifelhaft bleiben muss. Vgl. Florian Kuintke. »Johann Gustav Droysen (1808-1884)«. http://www.historicum.net/themen/klassiker-der-geschichtswissenschaft/a-z/art/Droysen_Johann/html/artikel/1991/ca/1e66e48878/ (2003) [01.04.2008]. Hohlweg 2004, VII.

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tums erst im Februar 1834 vor, wie der Briefwechsel Droysens belegt50. Waren alte Geschichte und klassische Philologie bereits im Studium und den ersten Jahren als Dozent fachlicher Schwerpunkt51, ist die griechische Geschichte auch Gegenstand von Droysens erster biographischer Studie. Thematisch war Droysen dabei wesentlich von Boeckhs Staatshaushaltung der Athener52 beeinflusst. Niebuhrs Bonner Alexander-Vorlesung aus dem WS 1829/ 1830 dürfte Droysen demgegenüber nicht gekannt haben, sie war erst 1848 publiziert worden.53 Droysen hatte Alexander nach einem bereits während des Studiums gefassten Plan54 1829 begonnen (DKmA, 17155) und 1833 25-jährig abgeschlossen. Beginnend bei der Regierungszeit seines Vaters, Philipps II., beschreibt Droysen die Eroberung und Kolonisierung Persiens durch Alexander (356-323 v. Chr.). Ausgehend von der alten Gesellschaftsordnung vor diesen Militäroperationen fokussiert er die Entstehung der neuen Kultur des Hellenismus. Droysens Darstellung ist dabei grundsätzlich chronologisch aufgebaut und folgt dem Truppenvormarsch. Erzählt wird konsequent aus griechischer Perspektive. Dabei ist die Darstellung programmatisch auf ihr Ende hin ausgerichtet, d.h. teleologisch auf das zu erreichende Ziel zugeschrieben. Neben ereignisgeschichtlichen Fakten zu den einzelnen Feldzügen geht Droysen auch auf wirtschafts- und kulturgeschichtliche Themen ein. Teilweise ausgiebig sind daneben auch die geographischen Beschreibungen. 50

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Vgl.: »[A]nfang Dezember [1833] sollte der Druck beendet sein. Seit dem haben sich wenige Bogen bis Mitte Februar hingezogen, und erst jetzt habe ich fertige Exemplare«. DBW I, 59. Vgl. für die belegten Vorlesungen Astholz 1933/ 1965, 209-210. Droysens von Boeckh unterzeichnete Immatrikulationsurkunde von 1826 führt ihn entsprechend auch als »Philos. et Philolog. Stud.«. GStA, VI. HA, Nl. Johann Gustav Droysen, Nr. 181, o.Bz. Mit Urkunde von 1835 wird er zum außerplanmäßigen Professor »für das Fach der klassischen Philologie und der alten Geschichte« ernannt. Ebd., o.Bz. Nach Obermann (1977, 70-74) sei Droysens Interesse für griechische Geschichte von seinem Lehrer geweckt worden, für die Studienzeit konstatiert er eine »fast grenzenlose Griechenbegeisterung«. Ebd., 90. Vgl. August Boeckh. Staatshaushaltung der Athener. 2 Bde. Berlin 1817. Der Hinweis auf diese Lektüre bei Droysen 1910, 44. Obermann 1977, 93. Vgl. B[arthold] G[eorg] Niebuhr. »Alexander von Makedonien«. Ders. Vorträge über alte Geschichte, an der Universität zu Bonn gehalten [Historische und philologische Vorträge, II.2]. Hg. v. Marcus von Niebuhr. Berlin 1848. 417-508. So bei Droysen 1910, 101. Becker 1928, 25. Johann Gustav Droysen. »Katalog meiner Arbeiten«. Ders. Historik. Droysen-Bibliographie [Historik. Historisch-kritische Ausgabe, Supplement]. Hg. v. Horst Walter Blanke. Stuttgart-Bad Cannstatt 2008. 166-187.

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Alexander gilt als »Höhepunkt«56 seiner ersten historischen Werke und machte Droysen im Fach bekannt57. Das lag wesentlich an seiner Beurteilung Alexanders. War das Alexanderbild der Klassik, die ihn als Zerstörer der griechischen Polis wahrgenommen und mit Napoleon identifizierte hatte, »notwendig negativ«58, betrieb Droysen eine »Apotheose Alexanders«59. Zwar las auch er ihn als Eroberer, allerdings werden seine Taten nun positiv gewendet, ihm das Verdienst der »Verschmelzung des Abendund Morgenlandes« (DA33, 346), das Schaffen der »Weltkultur des Hellenismus«60 zugestanden, die als Prämisse für die Entstehung des modernen Christentums interpretiert wird. In diesem auf die Figur Alexanders des Großen projizierte »Heraufkunft des weltgeschichtlichen Prinzips«61 besteht die Neuakzentuierung Droysens. Der überzeitliche Erfolg seiner Perspektive beweist sich darin, dass sie zunächst von Burckhardt und Ranke übernommen62, später auch im Ausland rezipiert worden ist63 und bis heute alle neueren Monographien »mehr oder weniger«64 in der Nachfolge Droysens stehen. Demandt sieht bis heute eine prägende Wirkung von Alexander65, was Hohlweg in beinahe emphatischem Ton teilte: »Und wenn auch deren Gültigkeit immer wieder von der einen oder anderen Seite bezweifelt und bestritten wurde und wird, Droysens ›Geschichte Alexanders des Großen‹ bleibt die lebendigste und tiefsinnigste Deutung dieses Herrschers«66. 56 57

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Gehrke 1989, 132. Vgl. die einschlägige Passage bei Schieder (1959, 135): »Tat des 25jährigen, die ihn mit einem Schlage in die erste Reihe der Historiker seiner Zeit setzte«. Weniger pathetisch so auch bei Stephan-Alexander Thomas. Makedonien und Preußen. Die Geschichte einer Analogie. Engelsbach, Frankfurt am Main u. Washington 1994, 159. Gaedeke 1978, 109. Christ 1989, 57. Alexander Demandt. »Politische Aspekte im Alexanderbild der Neuzeit. Ein Beitrag zur historischen Methodenkritik«. Ders. Geschichte der Geschichte. Wissenschaftshistorische Essays [Historica Minora, 1]. Köln, Weimar u. Wien 1997. 1-38, 16. Rüsen 1969, 33. Vgl. Demandt 1997: Politische Aspekte, 7-8. Nach der ersten französischen Übersetzung noch zu Droysens Lebzeiten (1883) folgten weitere 1935, 1981, 1991 und 2005, Übersetzungen ins Türkische 1945 und 1946, im selben Jahr auch ins Holländische und Spanische und 1996 ins Italienische. Vgl. Horst Walter Blanke. »Schriftenverzeichnis Johann Gustav Droysen«. Johann Gustav Droysen. Historik. Droysen-Bibliographie [Historik. Historisch-kritische Ausgabe, Supplement]. Hg. v. dems. Stuttgart-Bad Cannstatt 2008. 1-124, 82-122. Franz Hampl. Alexander der Grosse [Persönlichkeit und Geschichte, 9]. 2. Aufl. Berlin, Frankfurt am Main u. Göttingen 1965, 92. Vgl. Demandt 1997: Politische Aspekte, 2. Hohlweg 2004, VI.

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Droysens Text liegt in zwei Erstauflagen vor; neben einer Berliner Ausgabe, die bei Finke publiziert ist (DA33), gibt es auch eine von Perthes betreute.67 Ein Grund dafür ist nicht zu ermitteln, da es keine Quellen gibt, wesentlich, weil Hinweisstellen etwa in der Briefedition gestrichen worden sind (z.B. DBW I, 180)68. Beide Ausgaben sind allerdings seitenidentisch, knapp 600 Seiten stark und je mit einer Karte zu Alexanders Route versehen. Nach einer anderthalbseitigen Zueignung ist die Darstellung in neun umfangreiche Kapitel gegliedert, die ihrerseits nicht weiter strukturiert sind; Berve hat sie in dem Oxymoron »kompakt[e] Riesenkapitel«69 treffend charakterisiert. Die nur andeutungsweise Formung des Stoffes wird auch an den Titeln der Kapitel deutlich; so deuten »Erstes Kapitel. Einleitung« oder »Viertes Kapitel. Der Syrische Feldzug« auf komplexe, weitausgreifende und thematisch breite Abschnitte hin. Es ist ein Stereotyp der Droysen-Forschung, dass Alexander von ausnehmend literarischer Gestalt ist. Neben unbestimmten Allgemeinplätzen70 wird dabei das »seltene Formtalent«71, das »Streben nach Eleganz und Effekt meist mit guten Mitteln«72, die »künstlerisch[e] Höhe«73, der 67

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Vgl. Johann Gustav Droysen. Geschichte Alexanders des Großen. Hamburg 1833. Diese Hamburger Ausgabe ist sehr viel seltener. Liegt Nachdrucken einerseits meist die Fassung von 1877 zugrunde (vgl. III.2.c), wird bei Nachdrucken der 1833er Fassung gewöhnlich die Berliner Ausgabe bevorzugt. Vgl. Johann Gustav Droysen. Geschichte Alexanders des Großen. Neudruck der Urausgabe. Hg. v. Helmut Berve. Leipzig [1931] [= DND A33]. Wenn es in der angegebenen Passage auch um eine spätere Ausgabe geht, ist sie gleichwohl beispielhaft für die Editionsprinzipien Hübners, der nicht nur private Details, sondern auch vermeintlich nebensächliche Informationen weggelassen hat. Durch derartige Eingriffe sind aktuelle Forschungen direkt betroffen, d.h. limitiert, wie sich an dieser Stelle zeigt, weil in die heuristischen Grundlagen ungünstig eingegriffen ist. Auch wenn es sich um gekennzeichnete Eingriffe handelt, müssen die forschungspraktischen Bedenken, die gegen Hübners Historik-Edition erhoben worden sind, für den Briefwechsel wiederholt werden. Hier allerdings liegt keine Neuausgabe vor, mit der Hübners Arbeit umgangen werden könnte. Helmut Berve. »Einführung«. Johann Gustav Droysen. Geschichte Alexanders des Großen. Neudruck der Urausgabe. Hg. v. dems. Leipzig [1931]. VII-XXXIV, XXXIII. Vgl. Duncker 1884, 143. Sven Hedin. »Vorwort«. Johann Gustav Droysen. Geschichte Alexanders des Großen. Mit einem Vorwort von Sven Hedin und einer Einleitung von Arthur Rosenberg. Berlin 1917. VII-XII, VII. Berve [1931], VII. Schiffer 1980, 193. Demandt 1997: Politische Aspekte, 10. C[arl] Brandt. »Johann Gustav Droysen«. Zeitschrift des Bergischen Geschichtsvereins 20 (1884): 228-230, 228. UA HU, Acta der königl[ichen] Friedrich-Wilhelms-Universität zu Berlin, betreffend: die Anstellung von Professoren und Lectoren, Nr. 1458, 168. – Für den Hinweis auf diesen Aktenbestand danke ich Christiane Hackel (Berlin). Droysen 1910, 106.

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»künstlerische Schwung«74, die »poetische Kraft«75, der »epische Zug«76, der »schöpferische Nachvollzug«77 oder die »literaturnah[e] Bildlichkeit«78 betont. Schieder erinnerte die »höchst[e] Kraft der Anschauung und Gestaltung«79 sogar an Schiller. Dieser Hinweis ist insofern bemerkenswert, als er mit Droysens Nähe zu Schillers Ästhetik einen wesentlichen Aspekt assoziativ vorwegnahm, den die germanistische Forschung einige Jahrzehnte später belegen sollte.80 Darin wird zudem deutlich, dass Droysen in den Reflektionen seiner methodologisch-theoretischen Texte den notwendig sprachgebundenen Präsentationsmodus ignorierte.81 Er achtete darauf, Alexander mit Anmerkungen »nicht [zu] belasten« (DBW I, 56) und strich Beilagen als »entbehrlich« (DA33, II)82. Das hatte zum einen

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Gilbert 1934, 143. Hintze 1942, 158. Harth 1980, 90. Gehrke 1989, 132. Fulda 1996, 448. Schieder 1959, 135. Vgl. Harth 1980. Fulda 1996, 418-429. Vgl. speziell im Hinblick auf die Literarizität von wissenschaftlich-historiographischen Texten auch Rudolf Vierhaus. »Wie erzählt man Geschichte? Die Perspektive des Historiographen«. Historisches Erzählen. Formen und Funktionen. Hg. v. Siegfried Quandt u. Hans Süssmuth. Göttingen 1982. 49-56, 49. So ist jede historische Darstellung »nicht nur sprachlichen, sondern auch ästhetischen Kriterien« (ebd., 49) unterlegen und die Darstellung »wesentliches Mittel, der ›Wahrheit‹ der Geschichte als Vergangenheit nahe zu kommen« (ebd., 55). »Reine Sachdarstellung, purer Tatsachenbericht« sind also schlechthin nicht möglich. Johannes Fried. »Wissenschaft und Phantasie. Das Beispiel Geschichte«. HZ 263 (1996): 291-316, 298. In seinen Reflexionen differenzierte Droysen letztlich nicht »zwischen sprachlicher Fassung und literarischer Formung«. Franz Georg Meier. »Der Historiker und die Texte«. HZ 238 (1984): 83-94, 90. Alexander stützt sich dennoch auf eine »fundiert[e] Quellenkenntnis« (Wagner 1991, 80), die Droysen aufgrund seiner Sanskritkenntnisse erarbeiten konnte. So auch bei Becker 1928, 41. Horst Walter Blanke. »Die Kritik der Alexanderhistoriker bei Heyne, Heeren, Niebuhr und Droysen. Eine Fallstudie zur Entwicklung der historisch-philologischen Methode in der Aufklärung und im Historismus«. Aufklärung und Historik. Aufsätze zur Entwicklung der Geschichtswissenschaft, Kirchengeschichte und Geschichtstheorie in der deutschen Aufklärung. Hg. v. dems. u. Dirk Fleischer. Waltrop 1991. 227-247, 239246. Erscheint der Band zunächst dadurch unwissenschaftlich, dass es nur wenige Fußnoten gibt, relativiert sich dieser Eindruck durch die im Hintergrund ablaufende Sach- und Quellenkritik (vgl. dazu auch Hintze 1942, 158). Gerade dieser indirekte Umgang mit den philologischen Quellen trug Droysen aber gleich nach der Veröffentlichung heftige Ablehnung ein, das Buch ist »keineswegs begeistert« aufgenommen worden. Hans-Ulrich Wiemer. Alexander der Große. München 2005, 202. Duncker (1884, 144) machte die Kritiker in seinem Nachruf als »Philologen strengster Observanz« der überzogenen Beurteilung verdächtig. Dieses Urteil hatte Droysen insofern vorstrukturiert als er 1843 bilan-

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ökonomische Gründe83, belegt zum anderen aber auch, dass ästhetischen Kategorien gegenüber dem wissenschaftlichen Apparat ein Primat eingeräumt worden ist. Ähnlich wird Droysen später in der Geschichte der Preußischen Politik argumentieren: »Der Zweck meiner Darstellung gestatte nicht, sie mit Einzelforschung zu belasten« (DGPP I, VI). Biographiologisch ist damit eine wesentliche Abweichung von der Theorie zu konstatieren; in Differenz zur »Anästhetik seiner Geschichtstheorie«84 häuft er wertende Adjektive, beschreibt bildhaft, setzt Metaphern ein, erzeugt Spannung, verwendet fiktive Anekdoten und (fiktive) wörtliche Rede. Insgesamt schafft er einen Text, der nur selten von reflektierenden oder Forschungsprobleme thematisierenden Einschüben unterbrochen ist. Diese Differenz, die weder zufällig noch singulär ist, beweist wie »äußerlich«85 der Abstand von künstlerischer Gestaltung im konkreten Fall bleiben musste. Wird der historische Yorck von Wartenburg als Nicht-Werkmeister zu beschreiben sein (vgl. III.3.b), verhält es sich in Bezug auf Alexander fundamental anders. Ohne den Ausführungen dazu (vgl. III.2.b) zu weit vorzugreifen, ist die Verortung des Alexander in Droysens Werk ein Beitrag zur Klärung dieser Frage. An der Intention, Alexander nicht isoliert betrachten zu wollen, sondern ihn in eine »Geschichte des Griechentums nach Alexander« (DBW I, 46) einzubinden, die Droysen als das eigentlich »groß[e] Opus« (DBW I, 46) galt, verdeutlicht sich die lediglich relative Bedeutung Alexanders. Final wird das darin dokumentiert, dass die zweite Auflage 1877 schließlich tatsächlich als erster Teil der Geschichte des Hellenismus firmiert86 und Droysen bemerkte, dieses Publikationsdetail bedürfe »keiner Rechtfertigung« (DA77 I, X). Von Anfang an waren seine Untersuchungen an der Historisierung des Hellenismus orientiert gewesen87, Alexander war »nur der Anfang eines weiteren Plans; er bahnt mir

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zierend anmerkte, »[s]chon sonst haben sich deren [d.h. Philologen] etliche an mir geärgert«. DPV, XIII. Vgl. etwa einen Brief Perthes’ zu einer späteren Auflage: »Erlauben Sie mir nur eine recht ordinäre Verlegeräußerung: suchen Sie möglichst zu kürzen, nur daß der Band nicht zu stark werde und nicht zu teuer. Das Publikum, das für dieses Werk in Betracht kommt, ist gewaltig schreckhaft hohem Preise gegenüber«. DBW I, 185. Fulda 1996, 443. Ebd., 440. Vgl. Johann Gustav Droysen. Geschichte des Hellenismus. Erster Theil. Geschichte Alexanders des Großen. 2 Bde. Gotha 1877 [= DA77]. Droysen wird in der Forschung vielfach die Prägung des Terminus ›Hellenismus‹ zugeschrieben. Vgl. Becker 1928, 43. Obermann 1977, 142. Jürgen Busche. »Hellenismus«. Historisches Wörterbuch der Philosophie 3. Hg. v. Joachim Ritter. Basel u. Darmstadt 1974. 1050-1053, 1050. González 1980, 17. Dabei ist es weder korrekt, ihm die Einfüh-

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nur den Weg« (DBW I, 79). Am titelgebenden Helden ist Droysen lediglich »zunächst« (DBW I, 53) interessiert und will vielmehr den »Zeitraum [...], der zu dem Griechentum hinüberführt« (DAR, 445) in den Blick nehmen. Die Thematisierung Alexanders erscheint nach seiner eigenen Darstellung in der Akademierede fast widerwillig, wenn Droysen in der Retrospektive davon spricht, dass »das hellenistische Wesen als das eigentlich maaßgebende und befruchtende nachzuweisen und dessen Antheil an der Schaffung der neuen Weltepoche, die da werden sollte, zu entwickeln« war. »Ich durfte, um mich dessen zu bemächtigen, nicht unterlassen, mich mit der classischen Zeit des Griechenthums und ihrer großen Repräsentanten bis zum Demosthenes hinab vertraut zu machen« (DAR, 445). Diese universalgeschichtliche Perspektivierung ist auch bereits Alexander eingeschrieben88, womit Weltgeschichte und Biographie – die Vierhaus apodiktisch für die Geschichtsschreibung insgesamt getrennt hatte89 – bei Droysen gerade keine Pole sind; in der Forschung ist Alexander entsprechend korrekt als »Einleitung«90, »Auftakt«91 und »Vorarbeit«92 aufgefasst worden. Mit dieser Verortung ist ein Zuschnitt verbunden, der weit über

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rung des Begriffs, noch die Entdeckung des griechischen Altertums für die Wissenschaft zu attestieren, wie Bichler nachgewiesen hat. Reinhold Bichler. Hellenismus. Geschichte und Problematik eines Epochenbegriffs [Impulse der Forschung, 41]. Darmstadt 1983. So auch bei Meißner, der feststellt, dass lediglich Droysens »glänzender Name« alle Vorläufer in den Schatten gestellt hat. Burkhard Meißner. Hellenismus [Geschichte kompakt], Darmstadt 2007, 113. Vgl. zur Begriffsgeschichte daneben Richard Laqueur. Hellenismus. Akademische Rede zur Jahresfeier der Hessischen Ludwigs-Universität am 1. Juli 1924 gehalten [Schriften der Hessischen Hochschulen, 1924.1]. Gießen 1925. Wilfried Nippel. »›Hellenismus‹ – von Droysen bis Harnack – oder: Interdisziplinäre Mißverständnisse«. Adolf von Harnack. Christentum, Wissenschaft und Gesellschaft. Wissenschaftliches Symposion aus Anlaß des 150. Geburtstages [Veröffentlichungen des Max-PlanckInstituts für Geschichte, 204]. Hg. v. Kurt Nowack, Otto Gerhard Oexle, Trutz Rendtorff u.a. Göttingen 2003. 15-28. An dieser Stelle wird Weymars (1969, 146) Urteil, Droysen habe es abgelehnt »den Sinn der Weltgeschichte von einem Endzweck her thematisch zu machen, näherhin geschichtliche Bewegung als geradlinigen und exklusiven Verlauf auf dieses absolute Ziel hin zu erkennen«, negiert. Im Briefwechsel findet sich entsprechend auch die fast wörtliche Gegenstelle. Vgl. »[...] der ich doch weiß, daß der Gang der Geschichte linear ist«. DBW I, 44. In diesem Sinn bestätigt sich auch Lessings Vermutung, dass biographische Studien, »immer doch das vom Denken reproduzierte, nicht aber das unmittelbar gelebte Leben wiedergeben«. Theodor Lessing. Geschichte als Sinngebung des Sinnlosen. Mit einen Nachwort von Rita Bischof. München 1983, 122. Die universalgeschichtliche Perspektive des Alexander betonen explizit auch Fenkse (1930, 2) und Birtsch (1964, 227). Vgl. Vierhaus 1982, 50. Gilbert 1931, 26. Birtsch 1964, 227. Christ 1989, 57. Kümper 2005, 304.

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Alexander hinausreicht, d.h. weiter als seine Geburt zurückgreift – die lange Einleitung (DA33, 1-33) ist eine Vorgeschichte der Zeit Alexanders, die Geschichte Philipps II. und seiner Reformen – und über seinen Tod hinaus vorausgreift.93 Für die Figur des Alexander bedeutet diese Art der Kontextualisierung gleichzeitig eine Bindung an dieses historische wie historiographische Programm. Trotz der Formeln wie »Buch vom Alexander« und »Geschichte Alexanders« (DA33, I) ist er nicht um seiner selbst Willen dargestellt, sondern Teil einer übergeordneten Narration, die auf ihn – wie es auf der ersten Seite heißt – als »Werkmeiste[r]« (DA33, 1), nicht verzichten kann, in ihm aber auch nicht ihren Sinn findet. Alexander wird zudem nicht als Individuum wahrgenommen, sondern als Zentrum seiner Leistungen, als historische Kraft, die der Idee zur Realisierung verhilft. Die beschriebene Positionierung innerhalb der eigenen Arbeiten ist bei Droysen explizit mit der Genredefinition verknüpft. In der viel zitierten – dabei allerdings nur selten analysierten – Passage aus der Zueignung schrieb er an seinen Freund Friedländer, »[d]a Du weißt, daß ich die Geschichte Alexanders in der Absicht, die Zeit der Diadochen und weiter die des Hellenismus zu bearbeiten, entworfen habe, so wirst Du es nicht unrecht finden, wenn ich sie nicht als Monographie noch als Biographie behandelt [...] habe« (DA33, I).

In einer bemerkenswerten Vorwegnahme der später in der Historik entwickelten Systematik von Darstellungsformen (vgl. II.1) formuliert Droysen indirekt eine am konkreten Gegenstand ausgerichtete Definition von Biographie. Soll der historische Alexander als Aspekt der Hellenismusgeschichte gelten, ist es nur folgerichtig, ihn als Person gerade nicht lebensgeschichtlich zu interpretieren, wie das der griechische Wortursprung (íí) nahe legen würde. Ist die zitierte Bestimmung biographischer Studien, die er für Alexander ablehnt, noch der antiken Etymologie verpflichtet, wird die Historik diese Definition später nicht erneuern (vgl. II.1). Die Passage markiert also – trotz aller sonstigen ideengeschichtlichen Kontinuitäten – eine historische Varianz innerhalb von Droysens 93

Insofern diese Fixpunkte benannt sind, gilt Hobermans (2001, 109) These, dass biographische Studien sich dadurch gegenüber allgemeiner Geschichte auszeichnen, dass sie durch die Geburt, den Tod und die Taten ihres Protagonisten begrenzt sind, nicht uneingeschränkt. Hanne hingegen hatte generell darauf hingewiesen – und bei Alexander bestätigt sich diese Annahme –, dass »[t]he biographer [...], if they have done their work well, may extend a life beyond its natural end«. Michael Hanne. »Narrative«. Encyclopedia of Life Writing. Autobiographical and Biographical Forms 2. Hg. v. Margaretta Jolly. Chicago u. London 2001. 633-635, 635.

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biographiologischer Position.94 Dabei zu übersehen, dass sie sich lediglich auf explizit-sprachlicher Ebene realisiert und Alexander als Darstellung de facto der über die Historik artikulierten Theorie entspricht – und zwar als einzige biographische Studie im Œuvre Droysens –, bedeutete eine Differenz ums Ganze. Auch wenn die eigensprachlich markanteste Abweichung paradoxerweise mit der größten strukturellen Nähe zur Historik zusammenfällt, ist Alexander die Umsetzung einer über die Konzepte Idee und Werkmeister dominierten Biographietheorie. Dem konkret nachzugehen, ist die Funktion des folgenden Abschnitts.

b. Alexander – ›Die Geschichte hat nichts Aehnliches aufzuweisen‹ Bereits am Beispiel der erwähnten Kapitelthemen wird die Ausrichtung des Alexander auf eine historische Idee deutlich. Nicht die Person Alexanders wird thematisiert, sondern sein Feldzug und die damit verbundenen Ereignisse. Wenn Vierhaus darauf hingewiesen hat, dass an den Gliederungsprinzipien die Intention des Autors einer historiographischen Darstellung abzulesen ist95, gilt das auch für Droysen. Im vorliegenden Fall ist die Intention insofern eindeutig, als fünf der sieben Hauptkapitel explizit nach einem (Teil-)Feldzug benannt sind; Kapitel drei bis sieben heißen etwa »Der Feldzug in Kleinasien«, »Der Syrische Feldzug«, »Der Babylonisch-Persische Feldzug«, »Der Feldzug in Arian und Turan« und »Der Indische Feldzug«. Mit dieser Strukturentscheidung ist die Wahrnehmung Alexanders vorgeprägt; er ist als Anlass der Darstellung wichtig, nicht aber als eigentliches Ziel. »Steht der Name eines einzelnen«, hatte auch Harth ausgeführt, »für einen epochalen Wandel der Weltgeschichte, so ist zu erwarten, daß seine Handlungen aus weltgeschichtlicher Perspektive dargestellt werden«96. Dazu passt, dass Alexander – anders als etwa Yorck von Wartenburg – zum ersten Mal nach etwa 50 Seiten überhaupt Erwähnung findet (DA33, 46) und vorher lediglich von all94

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Gilbert (1934, 143) erwähnte Alexander in seiner Darstellung zwar, thematisierte ihn in Reaktion darauf aber nicht als biographische Studie. Es deckt sich insgesamt nicht mit der Forschungslage, wenn Jander (1965, 90) konstatiert, dass Alexander generell nicht als Biographie thematisiert werde. Seit den ersten Nekrologen auf Droysen wird Alexander im Gegenteil sehr wohl – meist ohne Hinweis auf diese Stelle – als biographische Studie wahrgenommen. Vgl.: Die Gliederung »ist selber ein Stück Interpretation, insofern die Entscheidung für ein bestimmtes [...] Vorgehen eine bestimmte Vorstellung von historischen Zusammenhängen [...] impliziert«. Vierhaus 1982, 53. Harth 1980, 63.

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gemeinen Entwicklungen gesprochen wird. Droysen ist er nicht früher wichtig, geht es in dem umfangreichen Einleitungsteil doch mehr um die Ausgangssituation, mit der die Notwendigkeit der nachfolgend betrachtenden Idee begründet wird (DA33, 1-33). Er ist damit keineswegs nur ein »Seitenstück«97, wie Thomas meinte, sondern entwirft den »ethischen Horizont«98 der Darstellung und ist damit entscheidend für die historiographische Ausrichtung des Textes insgesamt. Alexander wird – wie zuvor schon bei Hegel99 – in den Gesamtzusammenhang der griechischen Geschichte eingeordnet, der Droysens eigentliches Interesse gilt. In der Forschung ist in diesem Kontext von der Etablierung eines »überindividuellen Lebens- und Wirkungszusammenhang[s]«100, in dem »Individualität und Allgemeinheit in der Person Alexanders zur Deckung kommen«101, gesprochen worden. Es ist trotz dieser engen Verbindung mit der allgemeinen Geschichte kein Widerspruch, dass Alexander als Werkmeister erscheint, denn die Werkmeister waren gegenüber den Arbeitern zwar als exponiert beschrieben worden, sind aber immer auch Teil der Geschichte (vgl. II.2). Zudem konstatiert gerade die Einleitung, dass es »die Geschichte selbst [gewesen sei], die mit dem König [...] war«102. Droysen bestimmte Alexander denn auch zu einem geradezu idealtypischen Werkmeister, wenn er angab, Alexanders Persönlichkeit sei »nur das Organ seiner That, seine That nur der erste Impuls einer Wirkung auf Jahrhunderte« (DA33, I). Mit Sicht auf seinen Protagonisten stellte er fest, die »Geschichte hat nichts Aehnliches aufzuweisen«103; in der überarbeiteten zweiten Fassung notiert Droysen »[d]ie Geschichte kennt kein zweites Ereigniß so erstaunlicher Art« (DA77 I, 3). Damit ist auch verständlich, weshalb Droysen keine biographische Studie für etwa Philipp II. verfasst hatte. In scharfem Gegen97 98 99

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Thomas 1994, 176. Becker 1928, 25. Während Gaedeke (1978, 107) eine vollständige Übereinstimmung zu Hegel sieht, erkennt González (1980, 54) lediglich »einen Hauch«. Insgesamt ist Meister (1926, 41-42) zuzustimmen, der konstatiert, dass Alexander bei Droysen weder ein reines Produkt der Geschichte ist, noch die reine Verkörperung des absoluten Geistes. In diesem vermittelnden Sinne ist auch Obermanns (1977, 141) Einschätzung, Droysen halte zwar an der Entwicklung als Prinzip Hegels fest, fordere aber eine empirische Überprüfung ein, zu lesen. Meister (1926, 33) betont dabei gleichzeitig die darin liegende Differenz zum 18. Jahrhundert. Harth 1980, 66-67. Berve [1931], XXI. Johann Gustav Droysen. Geschichte des Hellenismus. Dritter Theil. Geschichte der Epigonen 1. Gotha 1877, 26.

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satz zu dessen Sohn sah er ihn nur von »unbestimmten Gedanken« und »unbestimmten Gestaltungen seiner Wünsche« (DA33, 46) getragen. Die eigentliche Darstellung hob bezeichnenderweise mit einer Vorwegnahme der späteren Historik-Passage zu den Werkmeistern an und begründete über eine vermeintlich ontologische Anthropologie die historiographische Ausrichtung des Alexander. »Wenigen Menschen«, so leitet er den Text ein, »und wenigen Völkern wird das Vorrecht zuteil, eine höhere Bestimmung als die Existenz, eine höhere Unsterblichkeit als zeitloses Vegetieren, als das Nichts der körperlosen Seele zu haben. Berufen sind alle; aber denen, welche die Geschichte zu Vorkämpfern ihrer Siege, zu Werkmeistern ihrer Gedanken auserwählt, gibt sie die Unsterblichkeit des Ruhmes« (DA33, 1).

Gleichzeitig wird die Geschichtsschreibung eng an eine heilsgeschichtliche Interpretation gebunden und Gott als Fluchtpunkt eingeführt. So wird Gott in der Einleitung nicht nur viermal explizit erwähnt (DA33, 1/ 3/ 17), sondern die Geschichte auch insgesamt heilsgeschichtlich aufgeladen, indem es heißt, »denn es ist das Leben des Geschaffenen, sich aufzuzehren und zurückzusinken in die alte friedliche Nacht des ungeschaffenen Anfangs; drum ringen die Völker aus Abend und Morgen den Kampf der Vernichtung [...]. Diese Sehnsucht der Völker ist ein verlornes Paradies« (DA33, 1-2).

Die Aspekte Idee, Werkmeister und Theodizee ergänzen sich insofern gegenseitig, als zur Durchsetzung der Idee ein Werkmeister entscheidend handelt, womit sich Gottes Wirken bezeugen lässt. Das historische Wirken des Protagonisten ist letztlich nicht sein Verdienst, sondern das der Geschichte selbst.104 Damit geht fast notwendig eine »Prädestination«105 einher, nach der Alexander als geborener Held erscheint. Mit dem Aristoteles entlehnten Motto, das Alexander gegeben ist, wird das eindrücklich bestätigt. »Wie ein Gott unter Menschen«, ließ Droysen auf das Titelblatt drucken, »müsste ein solcher Mann sein … Für solche Männer gilt kein Gesetz; denn sie selbst sind Gesetz«106. Nach »syllogistische[m] Muster« wird er damit auf eine Existenz reduziert, die »die Subjektivität des Han104

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Vgl. Gaedeke 1978, 114. Dazu auch: »Alexanders Welteroberung war keine Laune des Schicksals. Die Verschmelzung des abend- und morgenländischen Lebens, ihm ein Mittel, das große Reich zu sichern, war der Geschichte der Zweck, um dessen Willen sie ihn siegen ließ«. Becker 1928, 56. Harth 1980, 81. DA33, Titelblatt – zit. nach der Übersetzung aus DND A33, XXXV. Die Auslassung findet sich im Original.

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delnden zum Spiel des allgemeinen Spiels der Kräfte macht«107. Für Droysen liegt Alexanders Bedeutung in der weltgeschichtlichen Zusammenführung Europas und Asiens, wobei ihm »die Sache wichtiger gewesen [ist] als die Person«108; Alexander ist in diesem Sinne – wie es für die Werkmeister bestimmt worden war (vgl. II.2) – gleichzeitig »große[r] Genius«109 und »Werkzeug einer großen historischen Absicht«110. Wie positiv diese Ausrichtung zeitgenössisch rezipiert worden war, belegt etwa ein Brief von Welker, in dem er sich nach der Lektüre mit »dem hohen Begriffe von dem Helden« (DBW I, 65) beschäftigt zeigte. Textintern wird die grundsätzliche Präsenz der Kategorien Idee und Werkmeister im Alexander auf mehreren Ebenen deutlich. Über zwei Aspekte soll nachfolgend belegt werden, dass die sie als konstitutives Prinzip der Darstellung insgesamt zugrunde gelegt sind. Der erste dieser Aspekte ist die Limitation der Darstellung auf das öffentliche und geschichtswirksame Leben ihres Protagonisten, d.h. die faktische NichtThematisierung des privaten Alexanders. Damit geht Droysens Ziel einher, »einen Gedanken zu verfolgen, bis er erschöpft ist, der Mann und der Gedanke« (DBW I, 45). Eine generelle Entwicklung in der deutschen Biographik des 19. Jahrhunderts widerspiegelnd111, ist er lediglich an der 107 108

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Harth 1980, 83. Arthur Rosenberg. »Einleitung«. Johann Gustav Droysen. Geschichte Alexanders des Großen. Mit einem Vorwort von Sven Hedin und einer Einleitung von Arthur Rosenberg. Berlin 1917. XIII-XXVII, XV. So auch Thomas 1994, 159. Schieder 1959, 135. Iggers 1997, 139. So auch Kaegi, der konstatiert, Droysen erkenne Alexander zu, »die Gesamtheit der griechischen Ideen und Gestaltungen in einer höheren Form des Daseins« zu subsumierten. Werner Kaegi. »Burckhardt und Droysen«. Festschrift für Gerhard Ritter zu seinem 60. Geburtstag. Hg. v. Richard Nürnberger. Tübingen 1950. 342-352, 346. Wagner (1991, 59) sah in Alexander »Träger und Verkörperung des Prinzips seiner Zeit«. Vgl. auch Becker 1928, 31-32. Vgl. etwa Thayers (1920, 107-108) Hinweis zum 19. Jahrhundert: »The traditional biographies must be constructed according to well-recognized patterns. Just as the ›dignity of history‹ had to be respected [...]. The intimate life of a man, his every-day doings, his weaknesses and follies and mistakes, must not be mentioned«. Daneben auch: »The best biographies written since 1870 are much closer to life than those of the middle and earlier part of the nineteenth century«. Ebd., 103. Rollysen weist darauf hin, dass gerade die Jugendzeit ausgespart bleibt und der Fokus auf dem Erwachsenen liegt. Vgl. Carl Rollyson. »Biography and Fiction«. Encyclopedia of Life Writing. Autobiographical and Biographical Forms 1. Hg. v. Margaretta Jolly. Chicago u. London 2001. 112-114, 113. Auch Hähner (1999, 211) hatte die Fokussierung auf die Adoleszenz als Gattungsmerkmal der Biographik vor 1890 ausgewiesen: »Äußerlich ist dieser Schwerpunkt daran erkennbar, daß die Biographien den Titel ›Geschichte‹ tragen (›Geschichte Alexanders des Großen‹, ›Geschichte Wallenstein‹)«.

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»geschichtlichen Größe« (DA33, I) seines biographischen Objekts interessiert. Im zweiten Kapitel (»Das Macedonische Königthum. Alexanders Regierungsantritt«) wird Alexanders Geburt fast nebenbei erwähnt und mehr in die dynastische Linie eingeordnet als – wie es nach den gängigen Biographiedefinitionen zu erwarten gewesen wäre – hervorgehoben (DA33, 46). Droysen teilt auf wenigen Seiten einige Details zu Alexanders Jugend mit. Am Beispiel seiner Erziehung wird das dabei verwandte Verfahren deutlich. Alle erwähnten Informationen dienen letztlich nicht der Personenbeschreibung, sondern sind immer auf den übergreifenden Argumentationsrahmen orientiert, wie er auch schon bis zu diesem Punkt in der Darstellung vorherrschend war. Alexander ist »von vornherein über das Privatleben hinausgehoben«112. Aristoteles’ Einfluss wird als Vorbereitung der kommenden Eroberungen gedeutet. »Der die Welt dem Gedanken erobert hat«, schreibt Droysen, »erzog den, der sie mit dem Schwerte erobern sollte« (DA33, 47). Auch hinsichtlich der Persönlichkeit Alexanders konstatiert Droysen den Umstand ihrer Ausbildung lediglich, er stellt aber nicht den damit verbundenen Prozess dar. Psychologisch uninteressiert, legt er die Grundcharakteristika seines Helden auf das welthistorische Programm, das er erfüllen soll, fest. »So in jeder Weise vom Glücke begünstigt, bildet sich Alexander und sein Charakter früh [...]; voll Tatendurst und Ruhmbegier trauerte er oft um die Siege seines Vaters, die ihm nichts mehr zu thun übrig ließen« (DA33, 48). Nach den kurzen und eher abstrakten Auslassungen zu seiner Jugend, erscheint Alexander nur noch als öffentliche Person, als Heerführer, König und Sieger. Nur gelegentlich und in Nebenbemerkungen wird er näher charakterisiert, etwa als jähzornig im Zusammenhang mit der Ermordung Klitus’ (DA33, 337-338) oder großmütig nach dem Sieg in Indien (DA33, 400-401). Diese im Wesentlichen beiläufigen Beschreibungen bilden weder des Fokus der Narration, noch gehen sie in die Tiefe. Droysen entwarf mit Alexander den »Gegentypus zu der herkömmlichen personalen Biographi[k]«113. Beckers Bewertung, Droysen habe versucht, »Alexanders innere Entwicklung zu verstehen«114, geht somit weit am Text vorbei. Die natürlichen Reifephasen spielen keine Rolle, weshalb Alexanders Persönlichkeit auch »geradezu statisch«115 erscheint. Ge112 113

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Jander 1965, 93. So auch Zimmermann 2006, 113. Hähner 1999, 121. Hier ist auch die Differenz zum seit der Antike tradierten Modell Plutarchs betont. Becker 1928, 36/ 38. Wagner 1991, 63.

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rade weil die Individuen bei Droysen nur »Momente in der Bewegung der sittlichen Mächte«116 sind – wie Becker selbst feststellte, aber ihren eigenen Ergebnissen nicht folgte –, ist das Gegenteil der Fall, d.h. eine im etymologischen Verständnis biographische Würdigung systemlogisch ausgeschlossen117. Das methodische Vorgehen des Alexander dennoch als »biographisch«118 zu verstehen, zeigt, wie sehr Droysens Sohn das Verständnis des Biographischen von seinem Vater entlehnt hat. Mit Harth ist es entsprechend vielmehr bezeichnend, »daß Droysen sein Resümee der weltgeschichtlichen Bedeutung von Alexanders Taten gibt, bevor er im Schlusskapitel die letzten tristen Ereignisse und den Tod des Königs schildert. Das physische Ende des ›Helden‹ ist belanglos im Vergleich zu seiner geschichtlichen Bedeutung«119.

Genau im Ausblenden des Privatmenschen liegt der Idealismus, der für diese Biographik typisch ist. Präsentiert wird mithin ein »allgemeine[s] Subjekt«, das »der Bildungsgeschichte der menschlichen Gattung angehört und nicht dem individuellen Leben«120. Alexander ist paradigmatisch für die biographischen Studien dieser Epoche. Auch hier nämlich zeigt sich der Autor »unable to get inside of the man, or even to stand uprigth and look at him eye to eye«121. Droysen erscheint demgegenüber in der Haltung des um die fortlaufende Geschichte Wissenden, und bewundert den Helden seines Textes. Er – Droysen als soziale Person im Kontext seiner Zeit – hat sich schon dadurch auf die Seite des Siegers gestellt, dass er Alexander historiographisch thematisiert und diese Thematisierung in der analysierten Weise realisiert ist. Der zweite Aspekt über den die genannten historiographischen Kategorien in Droysens Text eingelagert werden, stellt die moralische Bewertungspraxis verschiedener Personen dar. Hatte Droysen in seinem bereits mehrfach zitierten Brief am Beispiel von Mätressen und dem Umgang mit der Familie behauptet, historische Personen ohne persönlichen Impetus und Moralkategorien zu bewerten (DBW II, 968) – nicht darin liege sein

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Becker 1928, 56. Das hatte auch Gaedeke (1978, 110) festgestellt, obwohl sie nur auf Alexander zurückgriff und die Theorieposition der Historik nicht berücksichtigte. Droysen 1910, 101. Harth 1980, 74. Ebd. Thayer 1920, 142-143.

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historischer Maßstab122 –, findet das hinsichtlich Alexander eine Entsprechung auf formaler Ebene. So fehlen direkte Urteile zu seiner Person oder Bewertungen seines Charakters in der Darstellung. Droysen selbst teilte in einem Schreiben aus der Entstehungszeit des Alexander mit, dass ihm »mehr daran lag, seine Größe bis in das Detail der Taten und der Persönlichkeit zu begreifen als zu beurteilen; ist denn überhaupt das Urteilen in der Geschichte an seiner Stelle?« (DBW I, 59)123. Tatsächlich ist das Endprodukt Alexander aber keineswegs ohne Wertungen. Enthält sich Droysen auch weitgehend direkter Beurteilungen von Alexanders Charakter, werden die ihn umgebenden Figuren umso deutlicher (dis-)qualifiziert; auch über die Gesamtanlage der Darstellung erreicht Droysen eine indirekte, aber gleichwohl äußerst sichtbare Moralinstanz, die immer mit der Autorität der wissenschaftlichen Geschichtsschreibung verbunden wird. Diese »Taktik des ›indirekten Richtverfahrens‹«124 ist an den Figuren sichtbar, die Droysen als Gegenentwürfe zu Alexander präsentiert. Für Tribazus etwa überliefert er einen »barbarische[n] Charakter [...], überall voll Tücke und Treulosigkeit« (DA33, 22); auf die Einwände gegen Philipp II. wurde bereits hingewiesen. Am deutlichsten ist dieses Verfahren allerdings in Bezug auf Demosthenes. Er gilt Droysen als »Demagog[e]« (DA33, 88), der dem Aufstieg Griechenlands im Weg steht und mit den Feinden paktiert. Insgesamt erscheint er als Anti-Werkmeister, denn »die Geschichte [zeigt] wenig so traurige Gestalten, wie die des großen Redners [...]; er miskannte seine Zeit, sein Volk, seinen Gegner und sich selbst; sein Leben, die ermüdende Consequenz eines Grundirrtums, hat keinen anderen Erfolg gehabt, als den Sieg Macedoniens nur entschiedener und erfolgreicher zu machen« (DA33, 13).

Entsprechend anders nehmen sich die Attributierungen Alexanders aus. »Man muß behaupten«, heißt es exemplarisch, »daß die glückliche Raschheit in allen Unternehmungen dieses Jahres [...], ebenso sehr in dem Charakter des jungen Königs begründet, wie von den Zeitumständen gefordert war« (DA33, 78). Alexander wird in seiner Persönlichkeit des122

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Vgl. auch die Argumentation der Historik: »[E]s ist gleichgültig, ob er mir persönlich so genehm ist oder ungenehm. Nicht darin liegt mein historischer Maßstab für ihn«, heißt in Bezug auf einen abstrakten Dichter. »Ihr [der Interpretation] Zweck ist nicht und kann nicht sein, moralisch Gericht zu halten, und nur die seichteste Art der Geschichtsbetrachtung kann sich auf das Moralisieren stellen«. DH57, 196. Frank (1951, 41) zieht diesbezüglich einen treffenden Vergleich zu Benedetto Croces gleichlautender Position. Obermann 1977, 152.

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halb anders bewertet als die anderen Figuren, weil er in Droysens Konzeption direkt mit der historischen Idee verknüpft ist, d.h. er als Träger der Geschichte, des Fortschritt und letztlich Gottes auftritt. Seine Eroberungen sind nicht zu verurteilen, sie waren »sein Beruf« (DA33, 176). Der »regelrecht[e] Hymnus«125, den Droysen Alexander zu Teil werden lässt, ist damit geschichtsteleologisch begründet, denn »nur was in ihr [der Geschichte] lebendig, lebenskräftig, der Zukunft fähig« ist, hält Droysen für »historisches Recht« (DRGVV, 91). Alexander traf »die einzig möglichen und rechten« (DA33, 234) Entscheidungen126; genau das macht ihn ihm zum Werkmeister und kann ihm zugeschrieben werden, weil er als Werkmeister konstruiert ist. Wie sehr es sich hierbei um eine intentionale Entscheidung handelte, die durchaus auch anders hätte ausfallen können, belegen die bekannten Briefstellen der Entstehungszeit des Alexander: »Ich habe Partei genommen für den geschichtlichen Fortschritt« (DBW I, 59) und »Sie wissen schon, daß ich Verehrer der Bewegung und des Vorwärts bin; Cäsar, nicht Cato, Alexander und nicht Demosthenes ist meine Passion. Alle Tugend und Moralität und Privattrefflichkeit gebe ich gern den Männern der Hemmung hin, die Gedanken der Zeit aber sind nicht bei ihnen« (DBW I, 66-67).

In der Forschung ist zudem vermutet worden, die Themenwahl könnte davon beeinflusst gewesen sein127, was allerdings Spekulation bleiben muss. In jedem Falle ist aber Lessings Frage, ob jene ›Gestalten‹, welche man Geschichte machen lasse, nicht eigentlich erst dadurch zum Produkt der Geschichte würden128, für Droysen überaus berechtigt und zutreffend. Die Bemessungsgrundlage für den Charakter Alexanders ist damit durch die welthistorische Stellung der jeweiligen Person vorgeprägt129 und von 125 126 127

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Wiemer 2005, 202. Diesen Aspekt hatte Hähner (1999, 120) als den auffälligsten an Alexander markiert. Vgl.: »Droysen fühlte sich vielleicht nicht zuletzt deshalb von der Zeit Alexanders des Großen so angezogen, weil sich ihm in ihr klarer als in irgendeiner anderen Epoche der Geschichte ein solcher Wille zu manifestieren schien«. Redaktion Kindlers Literatur Lexikon. »Geschichte des Hellenismus«. Kindlers Neues Literatur Lexikon 4. Hg. v. Walter Jens. München 1989. 880-881, 881. Vgl. Lessing 1983, 125. Vgl. z.B.: »Beide, Demetrius und Pyrrhos, sind wohl beide typische Vertreter ihrer Zeit; aber sie haben die Ideen derselben nicht schöpferisch umgestaltet«. Becker 1928, 56. So auch Gehrke 1989, 132. Wagner 1991, 82. Renos H. Apostolides. »Aus den Einleitungen zu den griechischen Ausgaben von Renos H. Apostolides«. Johann Gustav Droysen. Geschichte Alexanders des Großen. Nachdruck der Ausgabe Gotha 1877. Hg. v. Armin Hohlweg. Neuried 2004. XI-XX, XV. – An abgelegener Stelle hatte Droysen sich 1854

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»ihrem Nutzen für den Gedanken der Geschichte abhängig«130, d.h. von der Nähe zur Idee. In Droysens Denken wird es »zur Pflicht [...] das geschichtliche Recht [...] zu erkennen und zu fördern. Es ist [...] eine Sünde [...] ihm zu widersprechen und entgegenzuarbeiten«131. Bruns’ Ausdifferenzierung von zwei verschieden Typen von Biographen, einem der mit direkten Urteilen operiert und einem, der über indirekte Darstellung wertet132, findet in Droysen damit eine (Re-)Kombination. Seine Geschichtstheorie, stellte entsprechend auch Berve fest, führe Droysen zu einer »blinden Rechfertigung aller seiner Taten, die im Grunde kaum weniger moralisierend ist als die von ihm bekämpfte moralische Verurteilung seines Helden«133. Die Charakterisierungstechniken wiederholen sich bei der geographischen Deskription und gehen über sie auf die beteiligten Ethnien über. In der Einleitung werden die als geschichtliche Konkurrenten inszenierten Kontinente als zivilisatorische Extreme konstruiert. Generell steht für Droysen »[d]er traurigen Einförmigkeit des Asiatischen Festlandes [...] die schöne Gliederung des Europäischen Erdkörpers« (DA33, 3) gegenüber. Hatte Europa zudem, das »geistig[e] Lebe[n] vorgestaltend« (DA33, 3), bereits eine hohe Kulturstufe erreicht, sah Droysen Asien im Gegensatz dazu durch den »reichsten Wechsel von Bergen und Thälern« (DA33, 4) charakterisiert. Die zeitgenössisch vor allem geschlechterspezifisch verorteten Pole Kultur und Natur erweitert Droysen in der zitierten Verwendung auf generelle Differenzpositionen, ohne dass ihnen ihre genderImplikation dabei abhanden kommt: während Europa durch die Gleichsetzung mit Kultur als maskulin ermächtigt wird, ist Asien durch die Identifizierung mit Natur als weiblich depotentiert. Bereits in der geographischen Oberflächenbeschreibung ist damit Droysens Konzept unterschiedlicher Wertstufen präsent und in der praktischen Historiographie

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davon allerdings distanziert, ohne dass sich das auf die Fassung von 1877 ausgewirkt hätte. Vgl.: »[...] nur zu leicht sieht man die Dinge dann nur in der Beleuchtung, welche sie von dem Ausgange rückwärts fallenden Streiflichter ergeben; es erscheint dann gar erklärlich, dass dies misslingen und jenes gar nicht hätte versucht werden sollen und dass die Dinge eben so kommen mussten. Nicht immer wird man damit der Bedeutung der Dinge und Personen gerecht; und nur aus dem Erfolg urtheilend verzichtet die Geschichte auf ihr ›stolzestes Vorrecht‹, auch für diejenigen Zeugnis zu geben, gegen die der Erfolg gesprochen«. Johann Gustav Droysen. »Zur Geschichte der deutschen Partei in Deutschland (1854)«. Ders. Abhandlungen zur Neueren Geschichte. Leipzig 1876. 153-200, 171. Wagner 1991, 58. Fenske 1930, 22. Vgl. Ivo Bruns. Die Persönlichkeit in der Geschichtsschreibung der Alten. Untersuchungen zur Technik der antiken Historiographie. Berlin 1898, V – zit. nach Jander 1965, 21. Berve [1931], XXI.

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umgesetzt. Es wird nicht nur auf Personen bezogen, sondern davon ausgehend auch übergreifend verallgemeinert. In der Historik war das mit Verweis auf Schillers Entwicklungsmodell für ganze Völker diskutiert worden (vgl. II.2.c). Auf die mit den Kontinenten verbundenen Ethnien appliziert, bedeutet das ihre signifikante Differenz untereinander. So »sang [der Grieche] und [...] [wurde] nicht müde [...] zu dichten« (DA33, 2), während Asien »in sich versunken« (DA33, 3) blieb. Gegenüber Alexanders von »höherer geistiger Entwicklung« (DA33, 235) geprägtem Volk fielen die Bewohner der eroberten Gebiete als »Barbaren« (z.B. DA33, 191), wie Droysen sie noch nannte, weit ab. Das ist insofern folgenreich, als das Ergebnis damit wesentlich schon vor der Untersuchung des Gegenstandes feststeht. Droysen war das bewusst, als er angab, dass Europas »geschichtliche Stellung unzweideutig ausgeprägt ist« (DA33, 4) und Asien an »den großen Kämpfen der Geschichte nie fördernd [...] Antheil genommen« (DA33, 3) hätte. Damit sind es nicht nur Männer, die die Entwicklung des Hellenismus befördern oder behindern, sondern auch ausschließlich europäische Männer. Ihnen ist qua gender und qua race Geschichtswirksamkeit eingeschrieben. Auch die Kategorie class ist über die Diskussion Alexanders als Werkmeister bereits implizit miteinbezogen worden. Nach der Historik können sie deshalb wissend welthistorisch handeln, weil sie geschichtlich gebildet sind. Für Alexander wird entsprechend eigens betont, dass er »in der Höhe der Bildung, der Erkenntnisse seiner Zeit [stand]« (DA77 II, 15). Gegen die implizite Behauptung, das heroische bürgerliche Subjekt gestalte als singuläres Individuum allein die Geschichte, setze später Brecht einen ironischen Kontrapunkt. In seinem 1935 entstandenen Gedicht Fragen eines lesenden Arbeiters hinterfragte ein Proletarier die bürgerliche Geschichtskonstruktion. In der vierten Strophe sind die bürgerlichen Geschichtshelden angesprochen. »Der junge Alexander eroberte Indien. | Er allein? | Cäsar schlug die Gallier. | Hatte er nicht wenigstens einen Koch bei sich? | Philipp von Spanien weinte, als seine Flotte | Untergegangen war. Weinte sonst niemand? | Friedrich der Zweite siegte im Siebenjährigen Krieg. Wer | Siegt außer ihm?«134

Der Bezug auf Alexander dürfte auf Droysen zielen. In sehr regelmäßigen Abständen waren in den Jahren zuvor Neuauflagen des Alexanders gedruckt worden, d.h. Droysens Arbeit war im kulturellen Gedächtnis des 134

Bertolt Brecht. »Fragen eines lesenden Arbeiters«. Ders. Gedichte 2. Sammlungen 19381956 [Werke, 12]. Bearb. v. Jan Knopf. Berlin, Frankfurt am Main u. Weimar 1988, 29.

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frühen 20. Jahrhunderts weithin präsent (vgl. VI.1). Brecht vergegenwärtigt die den Werkmeistern zugeschriebene Stellung und führt das Konzept des allmächtigen Individuums als absurd vor. Dabei wird genau jene natürlich-menschliche Skepsis angesprochen, an die die akademische Historiographie mit wissenschaftlicher Autorität gerade nicht appellierte. Analog zu Hegel hat Droysen mit seiner, in der Geschichtsphilosophie begründeten Konzeption des historischen Helden, das stellte Demandt in seinem Aufsatz zu den politischen Aspekten im neuzeitlichen Alexanderbild fest, vielmehr die (historiographische) Freiheit verloren, ein historisches Ereignis oder auch historische Akteure zu verurteilen, wenn sie sich – aus der »Ex-post-Perspektive«135 – erst durchgesetzt haben.136 Bei dieser Affinität zu »aktivistisch-heroische[n] Z[ü]g[en]«137 handelt sich um ein generelles Symptom exemplarisch-idealistischer Biographik138. Wie schon zuvor bei Hegel139 lässt Droysen in einer »unio mystica [...] mit seinem Gegenstand«140 alles potentiell Negative an Alexander aus oder problematisiert es nicht als solches, gleichzeitig werden die Charaktere der genannten Figuren absolut gesetzt und an historiographische Positionen gebunden. Dem »entzückenden Enthusiasmus Alexanders« (DBW I, 964) geschuldet, konnte Droysen trotz anderslautender Ansätze doch nicht neutral bleiben. »Ich kann nicht ohne Gemütsbewegung arbeiten«, heißt es in einem späten Brief durchaus kritisch aber vor allem ohnmächtig, »am wenigsten solchem ›Menschen‹ im vollsten Sinn des Wortes nachlebend und nachsinnend. Und das ist mein Pläsier« (DBW II, 920). Die politische Implikation dieser »Parteilichkeit als Prinzip«141 besteht dabei darin, dass die beschriebenen Bewertungsstrategien alle dem vorgegebenen Ziel entgegen laufenden Umstände nicht würdigen können. Das ist einerseits als Wesensmerkmal der politischen Professoren des 19. Jahrhunderts be135 136

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Fulda 1996, 448. Vgl. Demandt 1997: Politische Aspekte, 3. – Eine Kritik war Hegel unmöglich, weil »[d]ie Idee [...] nicht eine Schöpfung der menschlichen Vernunft [ist], sondern [...] die allumfassende Weltvernunft selber«. Leese 1922, 24-25. Meinecke 1930, 260. Vgl.: »The problem with exemplary and model life writing as a genre is its tendency towards hagiography and monotonous enthusiasm for its subjects«. Oldfield 2001, 315. Hinsichtlich Droysen so auch Rother (1965, 34): »Dem aktivistischen Moment, den dynamischen Kräften, die wir in seiner Lebensgestaltung und Geschichtsforschung selbst als bestimmende und fördernde Faktoren wiederfinden, gestand Droysen auch im Ablauf der Geschichte die größte Bedeutung zu«. Nach Christ (1989, 51) zeichnete Hegel ein absolut integeres, positives Portrait von Alexander. Gehrke 1989, 140. Asendorf 1984, 124.

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schrieben und besonders auf Droysen bezogen worden.142 Andererseits ist auf die Verbindung von teleologischer Denkstruktur und der Neutralisierung von moralischen und theoretischen Widersprüchen bei den kleindeutschen Historikern hingewiesen worden.143 Besteht der fundamentale moralische Widerspruch in Droysens Positivbewertung eines aggressiven, expansionistischen und kolonialistischen Herrschers, liegt der gravierendste theoretische Widerspruch darin, dass Droysen neben diesen Idee und Werkmeister stützenden Aspekten, die Einigungen Makedoniens und ›Deutschlands‹ parallelisiert. Die Berücksichtigung dieses Punktes ist im vorliegenden Zusammenhang deshalb wichtig, weil sich mit ihm eine entscheidende Differenzierung verbindet. So wird an dieser Parallelisierung deutlich, dass auch Droysens als idealistisch beschriebene Biographik nicht außerhalb politischer Kontexte steht und sich auch hier schon evidente Indizien seiner kleindeutschen Ausrichtung finden lassen. Wird der Name Preußens auch »nirgendwo unmittelbar«144 erwähnt und handelt es sich also insgesamt um eine indirekte Analogie145, ist die argumentative Richtung unübersehbar. Für Droysen stellten der Aufstieg Preußens und der Aufstieg Makedoniens verwandte Phänomene dar, die sich wechselseitig als Vergleich anboten.146 Das antike Griechenland wurde damit allerdings »in hohem Maße politisch instrumentalisiert«147, denn über die Parallelsetzung beider Entwicklungen führte Droysen nicht nur sein eigenes Ideal vom Nationalstaat als Maßstab ein, sondern artikulierte auch eine Kritik an der gegenwärtigen preußisch-deutschen Politik148. An den Urteilen zu Griechenland wird das sichtbar. Droysen sprach schon 1833 in der Erstauflage von dem »Nationalgefüh[l]« (DA33, 26) und dem »Nationalwerk der Griechen« (DA33, 33) und übertrug darin das Nationen-Konzept auf die griechische Antike. Daran zeigt sich, wie sehr auch die Untersuchung zeitlich so weit entfernt liegender Themen von der politischen Vision für die Gegenwart getragen 142 143 144 145

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Vgl. Meinecke 1930, 252-253. Vgl. Hardtwig 1990: Von Preußens Aufgabe, 123. Thomas 1994, 169. Hintze (1942, 157) spricht entsprechend davon, dass das politische Problem »im Hintergrund« stehe. Vgl. Hermann Bengtson. »Hellenen und Barbaren. Gedanken zum Problem des griechischen Nationalbewusstseins«. Ders. Kleine Schriften zur Alten Geschichte. München 1974. 158173, 166. Peter Funke. »Das antike Griechenland: Eine gescheiterte Nation? Zur Rezeption und Deutung der antiken griechischen Geschichte in der deutschen Historiographie des 19. Jahrhunderts«. StorStor 33 (1998): 17-32, 18. Vgl. Bauer 2001, 122.

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war, denn dem Gegenstand angemessen war diese Übertragung keineswegs.149 »Bei diesen Versuchen«, gemeint sind die Einigungsbemühungen, »haben den Griechen [...] die Grundsätze des modernen nationalstaatlichen Denkens vollständig ferngelegen«, wie Bengtson darlegt. »Was die nationalstaatliche Bewegung des 19. Jahrhunderts als Idealzustand anstrebte, die Identität von Volk, Sprache und Staat – ein derartiger Gedanke wäre den Griechen niemals in den Sinn gekommen, wie er überhaupt dem politischen Denken der Antike vollständig fremd gewesen ist«150.

Wiederholte Droysen die aus heutiger Sicht problematische Rückprojektion auch an anderer Stelle151, zeigt gerade das Beispiel Alexanders, dass Droysen auf die nationale Einheit ›Deutschlands‹ orientiert war und der Nationalstaatsbegriff als Darstellungsprinzip zugrunde gelegt ist. Es mutet entsprechend auch primär als Appell an seine eigene Zeit an, wenn er den Partikularismus als »das rechte ›panhellenische Unheil‹« (DA77 I, 10) beschreibt und konstatiert, es zeige sich jeden Tag »schärfer und mahnender, daß die Zeiten der autonomen Kleinstaaterei, der partiellen Bündnisse [...] vorüber, daß neue staatliche Formen nötig seien, panhellenische« (DA77 I, 29). »Das Reich Alexanders«, heißt es in diesem Sinne auch am Schluss von Droysens Darstellung, »ist der erste Versuch eines monarchischen Organismus, wie ihn bisher weder das Morgenland, noch die Theorien Hellenistischer Philosophen geahnet hatten. Und wenn dieser erste Versuch noch [...] mangelhaft gewesen, wenn das Neue selbst noch despotisch in der Person Alexanders aufgetreten ist, so darf man weder vergessen, daß in der Vollendung dieses Systems selbst die Geschichte unserer Gegenwart noch immer ihre höchste Arbeit findet, noch auch verkennen, was es heißt, daß den verknechteten Völkern Asiens ihre Nationalität, dem zerrissenen Leben Griechenlands Friede und Einheit zurückgegeben worden« (DA33, 538).

Droysen war sich seiner vergleichenden Verfahrensweise dabei bewusst, er verglich ›Deutschland‹ und Griechenland auch direkt.152 Wenn die Exis149

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Für die weitere Forschung war die Parallelisierung, wenn sie auch von Droysen nicht inauguriert worden war (vgl. Thomas 1994), aber überaus prägend. Vgl. Funke 1998, 27. Bengtson 1974, 170. Vgl. z.B. die Verdun-Rede. Hier ist für das ›Deutschland‹ des 9. Jahrhunderts vom »nationale[n] Prinzip« (DRGVV, 93) die Rede. Droysen erklärt: »[S]o beginnt doch mit dem Tage von Verdun die nationale Entwicklung des deutschen Staates«. DRGVV, 93. Vgl. daneben auch DAR, 445. Vgl.: »Wie das zerrissene Deutschland zwischen Frankreich und Russland, so stand zu Antigonos Zeit das zerrissene Griechenthum zwischen Aegypten und Rom«. Johann Gus-

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tenz der Makedonien-Preußen-Parallele in der Forschung dennoch nicht unumstritten war153, wird an diesen Zitatstellen erkennbar, dass Alexander dem wissenschaftsgeschichtlichen Trend des frühen 19. Jahrhunderts entsprach und die griechische Antike als Modell für die Gegenwart begriff154. Wenn Alexander von allen Werken Droysens auch »am wenigsten politisch«155 ist, sah Droysen an seinem Untersuchungsgegenstand dennoch das »eigen[e] Ideal eines geeinten Deutschland präfiguriert«156 und verband eine »historiographische Bildungsabsicht«157 damit. In den Akten des Universitätsarchivs der Humboldt-Universität zu Berlin zur Berufung Droysens wird der »praktisch-politisch[e] Zug«158 Alexanders auch schon zeitgenössisch erkannt und mit seinen späteren Arbeiten zur preußischen Geschichte, darunter auch York von Wartenburg, in Verbindung gebracht: In den »Litterartische[n] Nachweisungen«, die für jeden Kandidaten zusammengestellt und kurz kommentiert wurden, heißt es, dass Droysen »als hellenischer Enthusiast« beginne »um ein gleiches für Deutschland zu werden«159. Sein ambitioniertes Vorgehen, Alexanders Zug und die Zeit der Nachfolger darzustellen und an die Gegenwart zurückzubinden, wird als »meist leidenschaftlich« und »nicht ohne koketten UniversalDilettantismus«160 charakterisiert. Neben der Umsetzung der Kategorien Idee und Werkmeister – wie sie über die beiden oben diskutierten Aspekte (›öffentlicher Alexander‹ und indirekte Bewertungen) belegt werden konnten – stellt diese politische Motivation ein weiteres wichtiges Moment für die Bewertung von Droysens Biographik dar. Ist es der präsentierte Held, dem die Einigung Griechenlands gelingt, ist ihm nicht nur die historische Idee eingeschrieben, sondern auch ein explizit politisches, auf Droysens Aktualität bezogenes Moment. Damit ist zwar die Klassifizierung des Alexander als idealistische Biographik nicht relativiert, Alexander bleibt das Werkzeug der Ge-

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tav Droysen. Geschichte des Hellenismus. Dritter Theil. Geschichte der Epigonen 2. Gotha 1878, 157. Birtsch (1964, 235) etwa widersprach in diesem Punkt und konnte keine Verbindung zwischen Preußen und Makedonien erkennen. Zur Analogie in der älteren Literatur vgl. Gilbert 1931, 25, Anm. 5. Siehe zur Akzeptanz der Parallelisierung auch Demandt 1997: Politische Aspekte, 6. Vgl. Funke 1998, 19. Muhlack 1998, 272. Jaeger 1989, 120. Barrelmeyer 1997, 77. Hintze 1942, 151. UA HU, Acta der königl[ichen] Friedrich-Wilhelms-Universität zu Berlin, betreffend: die Anstellung von Professoren und Lectoren, Nr. 1458, 168. Ebd.

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schichte, aber diese Zuordnung ist um die signifikante Gegenwartsorientierung erweitert.

c. Differenzen in der Kontinuität. Zur Neuauflage 1877 Stand während der bisherigen Erörterungen im Wesentlichen die Erstauflage des Alexander von 1833 im Mittelpunkt, ist das angesichts des Ziels, Droysens idealistische Biographik zu untersuchen, zielführend gewesen. Für die biographiegeschichtliche Diskussion des Alexander insgesamt ist es aber unerlässlich einen Vergleich zwischen dieser und der zweiten Fassung von 1877 anzustellen. Sollte bereits 1840 auf Betreiben seines Verlegers Perthes eine zweite Auflage des Alexander erscheinen, schreckte Droysen vor dem damit verbundenen Arbeitsaufwand zurück.161 Beide gemeinsam entscheiden dann aber, dass es Vorrang habe, die Geschichte des Hellenismus fortzusetzen (DBW I, 185). Darin ist ein weiterer Beleg für die beschriebene Einordnung in den Gesamtrahmen der Hellenismus-Konzeption zu sehen (vgl. III.2.a). Droysen war von dem Plan einer Neuauflage zunächst deshalb eingenommen, weil er die Gelegenheit nutzen wollte, »die ganze Geschichte umzuwerfen« (DBW I, 188). Und tatsächlich handelt es sich bei der schließlich 1877 erschienenen Neuausgabe um ein so stark verändertes Werk, dass Droysen nahezu einen zweiten Text unter gleichem Namen vorgelegt hat. In der Forschung wird die Fassung von 1877 mehrheitlich als »weitgehend verändert«162 wahrgenommen, sie trage ein »wesentlich anderes Gesicht«163. Äußerlich zeigt sich das besonders daran, dass der Text nun mit teilweise umfangreichen Fußnoten gedruckt wurde. 161

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Vgl. das Schreiben an Perthes vom April 1840: »Freilich wäre es mir lieber gewesen, wenn meinem Alexander die Möglichkeit einer neuen Bearbeitung zuteil geworden wäre. Es ist seit 1833 gar viel Neues in Asien entdeckt worden, was glücklicherweise meine Ansichten meist bestätigt, und ich selbst bin, wenn ich nicht irre, imstande jetzt anders als damals zu arbeiten. Viel Material liegt zu einer solchen Umarbeitung bereit«. DBW I, 170171. Im Dezember des gleichen Jahres schließlich teilt er mit: »Denke Dir, Perthes hat Neigung, vom Alexander eine zweite Auflage zu machen. Das würde mir ungemein angenehm und lästig sein, lästig, weil ich nicht absehe, wie ich hier das nötige Material zusammenfinden soll. Jedenfalls müßte ich mir noch ein, zwei Jahre Zeit ausbedingen und zwischendurch in Berlin recht fleißig sein; auch einige Anhänge würden dann wohl nötig sein«. DBW I, 182. Gilbert 1931, 33. Christ 1989, 57. Für G. Droysen (1910, 104) hingegen gab es zwar Änderungen, der ursprüngliche Charakter sei dabei aber nicht verwischt worden. So sah auch Wiemer (2005, 203) die zweite Auflage. Die folgenden Erörterungen widerlegen diese Einschätzungen.

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Auch durch die zwei ausführlichen Beilagen164 wuchs das inzwischen in zwei Halbbänden publizierte Werk um etwa 200 auf nun deutlich über 800 Seiten (der erste Halbband umfasst 400, der zweite 420 Seiten). Trotz des gestiegenen Umfanges wurden die Leser_innen durch eine detaillierte Binnengliederung in vier Bücher mit insgesamt 14 Kapiteln und je bis zu 15 Unterkapiteln deutlich besser durch den Text geführt, als dies bei den Erstauflagen der Fall gewesen war. Mit der Neuauflage setzte dann auch eine größere Rezeption ein, vor allem bei einem breiteren Publikum.165 Während York von Wartenburg bis zum Ende des langen 19. Jahrhunderts die meisten Auflagen erzielte, stellt Alexander insgesamt gesehen Droysens erfolgreichste Publikation dar (vgl. VI.1). Die Nachdrucke folgen dabei vorwiegend der Neufassung. 1877 ist deshalb, nicht ohne Pathos, auch als »Epochenjahr«166 der Alexander-Forschung bezeichnet worden. Die erste wesentliche inhaltliche Veränderung betrifft die Darstellung Alexanders. Erschien er in der ersten Auflage als von der Idee geführt, wird er nun stärker als Handelnder mit Eigenverantwortung gezeigt.167 Alexander erscheint planmäßiger und von äußeren Einflüssen stärker berührt. Das dokumentiert sich einerseits darin, dass das oben zitierte Motto von der Gottgleichheit Alexanders in der Neuauflage weggelassen worden ist. Andererseits ist auch der Beginn des eigentlichen Textes verändert. 1877 setzte Droysen nicht mehr die Werkmeister zur Eröffnung ein, sondern fasste die Funktion, die er seinem Protagonisten zuschrieb, in einem Satz zusammen: »Der Name Alexander bezeichnet das Ende einer 164

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Die Beilagen befinden sich im zweiten Band und bestehen aus einer Chronologie und quellenkritischen Anmerkungen. Vgl. DA77 II, 341-420. Es handelt sich keineswegs um Stichworte oder ähnliches, sondern um einen ausformulierten Text. Die breiten Anmerkungen und die Beilagen belegen Droysens fortgesetztes Interesse an der antiken Geschichte. Bis zum Ende seines Lebens beschäftigten ihn Themen der griechischen Kultur-, Literatur- und allgemeinen Geschichte in der akademischen Lehre, wie die Manuskripte zu gehaltenen Vorlesungen belegen; noch im SS 1882 las er »Hellenistische Geschichte«. Vgl. Horst Walter Blanke. »Verzeichnis des Berliner Nachlasses Johann Gustav Droysen«. Johann Gustav Droysen. Historik. Droysen-Bibliographie [Historik. Historisch-kritische Ausgabe, Supplement]. Hg. v. dems. Stuttgart-Bad Cannstatt 2008. 125-138, 128129. Vgl. Thomas 1994, 215. Jakob Seibert. Alexander der Grosse [Erträge der Forschung, 10]. 3. unv. Aufl. Darmstadt 1990, XIII. Vgl. dazu auch: »Das hohe Ansehen, das Droysens ›Alexander‹ im deutschen Kaiserreich genoß, läßt sich auch daran ablesen, daß das Buch als Biographie lange Zeit konkurrenzlos blieb; die Forschung zu Alexander konzentrierte sich auf die Behandlung von Einzelfragen«. Wiemer 2005, 204. Vgl. zu diesem Komplex insgesamt Wagner 1991, 179-211.

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Weltepoche, den Anfang einer neuen« (DA77 I, 3). »Der Historiker beginnt«, so beschreibt Fulda den neuen Auftakt, »nun nicht mehr mit der Ausnahmestellung der ›weltgeschichtlichen Persönlichkeit‹, sondern mit der konkreten Ausnahmeleistung des Alexanderzuges [...]. Alexanders Bedeutung ist jetzt von Anfang an dahin präzisiert, eine neue historische Epoche [...] heraufgeführt zu haben«168.

Ein weiterer Ausdruck dieser Umdeutung ist in der Veränderung des Stils zu sehen. Die zweite Auflage ist nicht mehr »überschwänglic[h] oder panegyrisc[h]«169, sondern im Gegenteil ihres »Überschwangs entkleidet«170. Die abnehmende Idealisierung hat eine ihrer wesentlichen Ursachen in der veränderten politischen Lage; nahm in den 1870er Jahren der gesamtgesellschaftliche Pessimismus zu171, blieb das nicht ohne Auswirkungen auf eine sensibel auf die Gegenwart reagierende Historiographie. Damit ist auch verbunden, das Droysen den Gegenkräften stärker gerecht wird. Insgesamt ist also eine stärkere Historisierung zu beobachten. Im Vergleich beider Fassungen wird erkennbar, dass biographiologisch damit eine Entfernung von den Prinzipien, wie sie die Historik vorsah, verbunden war. Ähnlich wie im York von Wartenburg konzentriert Droysen sich mehr auf die Rationalität der Aktionen als auf die Durchsetzung der Idee. Sie ist andererseits aber auch nicht abhanden gekommen, Alexander ist auch in der Neufassung noch eindeutig als Werkmeister präsentiert, aber das »Extrem der historisch-idealistischen Position«172 ist abgeschwächt. Die Umarbeitung ist im Vergleich zur Fassung von 1833 als Annäherung an die politische Biographik zu bewerten, ohne dass sie in toto als solche gelesen werden kann. Ein weiteres deutliches Zeichen für diese Tendenz ist mit der Verstärkung der Makedonien-Preußen-Parallele die zweite wichtige inhaltliche Veränderung. Wurden für die vorangegangene Diskussion dieser Analogie auch schon Passagen aus der zweiten Fassung angeführt, liegt das daran, dass sie hier sehr viel stärker akzentuiert ist.173 Ein Grund dafür dürfte in der generellen Interessensverschiebung Droysens vom philologisch orientierten Wissenschaftler hin zur deutlicheren Einflussnahme auf die Politik liegen. Daneben war aber vor allem die inzwischen vollzogene 168 169 170 171

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Fulda 1996, 449. Seibert 1990, 62. Gehrke 1989, 139. So auch Christ 1989, 57. Wagner 1991, 209. Vgl. etwa: »By the 1870s the progress of the bourgeois world had led to a point where more sceptical, even more pessimistic, voices began to be heard«. Hobsbawm 2002, 33. Hähner 1999, 121. So auch bei Christ 1989, 55. Gehrke 1989, 133. Thomas 1994, 171/ 179.

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Reichseinigung entscheidend. Solange die politische Forderung der Konstitution Deutschlands durch Preußen nicht eingelöst war, bestand für den Historiker das nicht unwahrscheinliche »Risiko einer Widerlegung durch die Zukunft«174. War das Buch bis zur Reichsgründung nicht sonderlich nachgefragt, erschienen nach 1871 gleich vier Auflagen in rascher Folge (vgl. VI.1), d.h. die realpolitischen Ereignisse bestätigten nachträglich Droysens Perspektive und verhalfen Alexander wie der darin gezogenen Parallele zum Erfolg. Die zweite Auflage bereits wurde »als klassisches Werk begrüßt«175. Macht bereits die Überarbeitung des Alexander für sich die Entwicklung Droysens deutlich, wird sie noch evidenter, wenn man ein weiteres Beispiel hinzuzieht. Im nächsten Kapitel wird in diesem Sinne York von Wartenburg stellvertretend für die politische Biographik interpretiert. Droysen selbst hatte seine Abwendung von antiken Stoffen mit seinem Wunsch, stärker zeitgeschichtliche Themen bearbeiten zu wollen, begründet: »[I]ch bin eigentlich ein rechter Narr gewesen«, formuliert er in einem Schreiben von 1841, »daß ich mich an das alberne abgebröckelte Altertum gemacht habe, statt lieber in den vollen, buntbewegten, luftnäheren Zeiten zu schwelgen« (DBW I, 195). Damit war – wie pointiert die Veränderung des Alexander zeigt – wesentlich eine Abkehr von der idealistisch geprägten Biographik verbunden.

3. Politische Biographik. ›Yorck von Wartenburg‹ als Personalisierung Preußens Nach der Revolution von 1848/ 1849 entsprach eine idealistische Biographik nicht mehr Droysens Lebensrealität. Erstens war er nicht mehr nur ideell mit Preußen verbunden, sondern nach seinem Engagement im Siebzehnerausschuss und der Paulskirche auch als Politiker für Preußen aktiv.176 In die Schleswig-Holstein-Frage griff Droysen publizistisch ein und führte seine Argumentationen historisch.177 Zweitens wollte er in der 174 175 176

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Demandt 1997: Politische Aspekte, 5. Wiemer 2005, 203. Vgl. Nippel 2008, 62-143. An älterer Literatur zu Droysens politischen Aktivitäten von 1848: Heinrich Ulmann. »Johann Gustav Droysen als Abgeordneter zur Paulskirche im Jahre 1848«. FBPG 42 (1929): 263-273. Fenkse 1930. Meetz 1930. Hock 1957. Handy 1966. Vgl. Johann Gustav Droysen. Annehmen oder Ablehnen? Das Reskript über eine dänische Gesamtstaatsverfassung. Bremen 1848. D/ SSHKD. Nach eigenen Abgaben »[n]ennenswerth« (DKmA, 179) war Droysen ein Essay von 1848: Johann Gustav Droysen. Die

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aktuellen mentalitätshistorischen Situation ein positives Vorbild produzieren. Es wurde bereits darauf hingewiesen, dass für diese Intention biographische Studien als besonders geeignet angesehen worden sind (vgl. III.1). Entsprechend würdigten Sybel und Droysen Pertz’ Freiherrn vom Stein trotz konzeptioneller Mängel178 als »geschichtliches Ereignis« (SStand, 356) und »unschätzbar[e] Förderung« (DAR, 446); Droysen wollte Preußen jene Männer zeigen, auf die es »stolz sein darf und stolzer sein würde, wenn es sie zu kennen Gelegenheit hätte« (DBW I, 367). Diese Form der über die Fachgrenzen hinaus wirken wollenden Wissenschaft war durch die Parallelisierung von Historiker und Staatsmann (DH57/58, 399) bereits angelegt und überdies für Vertreter der kleindeutschen Schule typisch.179 In Politik wie Wissenschaft betrieben sie als »Gelehrtenpolitiker«180 eine realpolitisch flankierte geistig-moralische Protektion ›Deutschlands‹ in Form Preußens.

a. Preußisches Heldentum in 3 Bänden In der zweiten Hälfte der 1840er Jahre begonnen – die erste Erwähnung im Briefwechsel datiert als »vertraulich[e] Mitteilung« (DBW I, 220) von 1847, kurz darauf heißt es, das Projekt beschäftige Droysen »seit einiger Zeit« (DBW I, 366); nach seiner kommentierten Bibliographie arbeitete Droysen »seit Sept. 1847« (DKmA, 179) an dem Text181 –, erschien Das

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gemeinsame Verfassung für Dänemark und Schleswig-Holstein. Eine deutsche Frage. Bremen 1848. Die von Gilbert herausgegebenen Schriften umfassen ein kommentiertes Verzeichnis aller politischen Beiträge. Vgl. Johann Gustav Droysen. Politische Schriften. Hg. v. Felix Gilbert. Berlin u. München 1933, 355-371. Vgl. daneben auch die Aktenstücke im Nachlass: GStA PK, VI. HA., Nl. Johann Gustav Droysen, Nr. 155a-c. – Allgemein und kontextualisierend zur Rolle Droysens in der Schleswig-Holstein-Frage: Karl Jordan. »Von Dahlmann zu Treitschke. Die Kieler Historiker im Zeitalter der schleswigholsteinischen Bewegung«. AfK 49 (1967): 262-296. Pertz’ Arbeit (PStein) hat viel Kritik hervorgerufen. Sie galt als »weitläufig und formlos« (SStand, 356) und war von Gottschall als »Urkunden- und Monstrebiographie« degradiert worden. Rudolf Gottschall. »Die Biographie der Neuzeit«. Unserer Zeit N.F. 2 (1874): 577-593, 585. Wie bereits Kuczynski (1977, 174) ausweist, waren fast alle kleindeutschen Historiker Ordinarien für Geschichte und mindestens einmal Abgeordneter in einem Regional- oder dem Paulskirchenparlament. Utz Haltern. »Geschichte und Bürgertum. Droysen – Sybel – Treitschke«. HZ 259 (1994): 59-107, 103. Es ist nicht ersichtlich, auf Grund welcher Quellen Haering (1953, 172) und Gehrke (1989, 137) davon ausgehen, die Arbeiten hätten 1845/ 1846 begonnen.

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Leben des Feldmarschalls Grafen York von Wartenburg182 schon 1851/ 1852 in drei Bänden.183 Ab der dritten Auflage 1854 erschien der Text zweibändig. Das war nicht nur von der Stärke der Bände her möglich, sondern wohl auch eine Konzession an den Rezeptionserfolg. Der Gesamttext ist auf fünf Bücher verteilt; zentrale Quellen oder Nebenstudien sind in umfangreichen Anhängen dokumentiert.184 Mit Rüsen kann darin ein spezifischer Ausdruck der erzählenden Darstellung, deren Subkategorie biographische Studien nach Droysen sind (vgl. II.1), gesehen werden; ihr ist das Moment des Forschens stärker eingeschrieben als das des Verstehens.185 Auf die mit dem Umfang von etwa 1400 Seiten verbundene Arbeitsleistung ist bereits verwiesen worden (vgl. II.2.c). Droysens Eile – der Text ist nach eigenen Angaben das Ergebnis großen »Eifer[s]« (DBW I, 364) und Tatendranges186 – ist auf zwei Ursachen zurückzuführen. Er fürchtete zum einen, dass sich die Rezeptionshaltung verändern könnte: »Die Gegenwart [...] zwingt mich, mit der Biographie aus jener preußischen Zeit zu eilen, damit es mir nicht geht wie denen, welche vom Siebenjährigen Kriege zu schreiben zögerten, bis dann den Halbwahrheiten und Feigheiten von 1803 und 1805 plötzlich der Jammer von 1806 folgte, der nur den Besten nicht die Erinnerung und den Stolz und den Glauben an Preußen, den jene große Zeit gegründet hatte, entriß« (DBW II, 13).

Zum anderen bestand Gefahr für seine Quellen, weil Droysens Arbeit wesentlich auf mündlichen Überlieferungen basierte; »es [ist] hohe Zeit« ließ er 1847 Schön wissen, »die lebendigen Erinnerungen jener Zeit zu sammeln und zu retten, deren Zeitgenossenschaft schon nur ein kleiner 182

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Meinecke (1930, 270) hat darauf hingewiesen, dass Droysen seinen Protagonisten »immer unrichtig mit k«, statt mit ›ck‹ schreibe. Meinecke übersieht allerdings, dass es sich nicht um einen Fehler, sondern um eine bewusste Entscheidung handelte. Über einen Brief ist belegt, dass Droysen auch die Variante mit ›ck‹ kannte. Vgl. D BW I, 616. Zudem ist nachzuweisen, wie akribisch er seine Schreibweise aus der Familiengeschichte Yorcks ableitet. Vgl. DBW II, 84 und den entsprechenden Anhang des dritten York-Bandes: Johann Gustav Droysen. Das Leben des Feldmarschalls Grafen York von Wartenburg [= DYork] Dritter Band. Berlin 1852, 509-510. Entsprechend falsch sind die Datierungen »1851 ff.« (Meinecke 1930, 257), »1851-54« (Southard 1995, 196) und »1855-1886« (Kümper 2005, 305). Ein handschriftliches Original ist in Droysens Nachlass zugänglich. Vgl. GStA PK, VI. HA, Nl. Johann Gustav Droysen, Nr. 153. Es handelt sich offenbar um eine Vorbereitung für die Neuauflage von 1875. Vgl. Rüsen 1993, 274. Vgl. das Ende desselben Briefes: »Wie ich Verlangen trage, zur Arbeit selbst zu kommen, mögen Sie selbst ermessen. Ich sehne mich nach Ostern, um [...] weiter in den Archiven arbeiten zu können«.

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Kreis ist« (DBW I, 367). An anderer Stelle heißt es in ähnlicher Absicht: »Bitten Sie Blanc doch um die Yorkschen Aufzeichnungen für mich. Der Mann stirbt mir sonst auch noch hinweg wie schon mancher« (DBW I, 679). Die Quellensituation war zudem auch ein Grund für die Vorabveröffentlichung des ersten Teils. Im Vorwort erklärt er, dass er diesen Abschnitt schon vor der Fertigstellung des gesamten Manuskriptes in der Hoffnung publizierte, »daß die erneute Erinnerung an den alten Feldherrn mir hilfreich sein wird, für die weitere Darstellung einen desto reicheren Stoff zu gewinnen« (DYork I, III). In ihrer Eigenschaft als »große, ausführliche, mehr oder weniger akademische Biographie«187 ist sie für den deutschen Raum im 19. Jahrhundert – beispielsweise im Unterschied zu Frankreich – typisch. Ähnlich wie Mommsens Römische Geschichte188 wurde York von Wartenburg zum Gemeingut der gebildeten Öffentlichkeit und mit neun Auflagen zu Droysens Lebzeiten »eines der populärsten deutschen Geschichtsbücher«189 des 19. Jahrhunderts überhaupt (vgl. VI.1); Rüsen spricht von einem »außerordentlichen Publikumserfolg«190. Der erste Band soll nach kurzer Zeit vergriffen gewesen sein191, seine zweite Auflage erschien noch vor der Erstpublikation der anderen Teile, »da der Buchhändler es dringend wünschte« (DBW II, 24), wie Droysen angibt. Heute ist es trotz gelegentlicher Neuauflagen (zuletzt 1996192) nahezu unbekannt; Doves Einschätzung von 1898, nach der es sich um Droysens »unvergänglichste Leistung«193 handeln soll, erweist sich aus der Rücksicht damit als voreilig. Werkintern gehört Droysens zweite biographische Studie zu jenen Arbeiten, die den Beginn einer neuen Schaffensperiode markieren. Ist die Behauptung, Droysen schlage damit eine »ganz andere Richtung«194 in Leben und Wissenschaft ein, auch zu absolut, ist die Grundbeobachtung der steigenden Bedeutung der Zeitgeschichte durchaus zutreffend. Nach den Freiheitskriegen wandte sich Droysen mit York von Wartenburg vorerst endgültig der erweiterten Zeitgeschichte zu. Droysens autobiographischer Bericht in der Akademierede belegt, dass auch er diese Wende in seiner Werkautobiographie wahrgenommen hat (DAR, 445) und es sich somit nicht um 187 188 189 190 191 192

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Romein 1948, 55. Vgl. Theodor Mommsen. Römische Geschichte. 5 Bde. Berlin 1853-1885. Hintze 1942, 175. Rüsen 1971, 10. Vgl. Hintze 1942, 175. Vgl. Johann Gustav Droysen. York von Wartenburg. Ein Leben preußischer Pflichterfüllung. Hg. v. Alexander Kleine. Essen 1996. Dove 1898, 378. Gehrke 1989, 134.

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eine nachträgliche Projektion der Forschung handelt. Nicht weiterführend ist danach Berves Frage nach der Motivation: »Nicht durch äußere Einwirkungen, auch nicht auf Grund eines späteren Wandels oder gewaltsamen Druchbruchs seines eigentlichen Wesens ist Droysen zum Geschichtsschreiber Yorks und des Zeitalters der Befreiungskriege geworden. Dies lag von Anbeginn auf der Bahn seines Lebens. Mit besserem Rechte wäre zu fragen, wie der geborene Preuße und Protestant zur antiken Geschichte kam und hier das Bedeutendste wirken konnte«195.

Dove hatte sie in seinem Nachruf als stoffgeschichtlichen Rückschritt gewertet, denn Droysen thematisiere nun »statt der leuchtenden Königsgestalt Alexanders das verdüsterte Heldenthum des alten York«196. Die konstatierte Differenz zwischen Droysens biographischer Theorie und Praxis ist bei York von Wartenburg besonders ausgeprägt. Das zeigt bereits ein Blick auf den verhandelten Inhalt. In fünf Büchern schildert Droysen detailreich die Militärbiographie des späteren Generalfeldmarschalls Johann David Ludwig Graf Yorcks von Wartenburg (1795-1830).197 Er stellt ihn als treuen und pflichtbewussten Offizier dar. Nach verschiedenen Zwischenstationen seiner Soldatenkarriere kommt ihm mit der Erkrankung des Regimentchefs schließlich die Aufgabe zu, die preußischen Truppen allein zu führen. Als Höhepunkt seiner Laufbahn ist das gleichzeitig der Höhepunkt von Droysens Darstellung; im siebten und letzten Kapitel des zweiten Buches (DYork I, 453-504) wird diese Phase beschrieben. Yorck verhandelt hier mit der Konvention von Tauroggen einen preußisch-russischen Waffenstillstand, der zum Bruch der Allianz mit Frankreich und in dessen Folge zu den Befreiungskriegen führt.198 Droysen artikuliert seine Bewunderung für Yorck in seiner Arbeit direkt: »Man

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Berve [1931], IX. Alfred Dove. »An J. G. Droysen«. Ders. Ausgewählte Schriften vornehmlich historischen Inhalts. Leipzig 1898. 396-398, 397. Die Person Wartenburgs ist – außerhalb von Droysens Arbeiten – nur wenig beachtet worden. Vgl. etwa Otto Nasemann. »York, Hans David Ludwig Graf Y. von Wartenburg«. ADB 44 (1898): 594-606. Untersucht worden ist dieser als Teilakt zur Gründung des Deutschen Reiches verstandene Vertrag vor allem im Kaiserreich. Vgl. u.a. Thies Wilkens. Friedrich Wilhelm III. und die Konvention von Tauroggen. Berlin 1909. Werner Voss. Die Konvention von Tauroggen. Berlin 1910. August von Janson. Das Verdienst um die Konvention von Tauroggen [Beihefte zum Militär-Wochenblatt, 10]. Berlin 1912. Adam Leo. Kritische Erörterungen zur Konvention von Tauroggen. Diss. masch. (Frankfurt am Main) 1922. Eine aktuellere Darstellung bietet Christopher Clark. Iron Kingdom. The Rise and Downfall of Prussia 1600-1947. Cambridge (Mass.) 2006. 358-378.

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wird nicht umhin können«, formuliert er als Fazit der eigenmächtigen Verhandlungen um einen Waffenstillstand, »anzuerkennen, daß York genau den letzten, aber auch den reifsten Moment für seinen Entschluß ergriffen hatte. Seine Briefe an den König erweisen, daß dies im vollen Bewußtsein aller entscheidenden Momente geschehen ist« (DYork II, 15).

Yorck erscheint insgesamt als Held Preußens und darin implizit nicht als Werkmeister. Aus diesem Grund ist die Darstellung auch als exemplarisch für kleindeutsche Biographik überhaupt wahrgenommen worden199; nach einem anderen historiographiegeschichtlichen Urteil hat mit York von Wartenburg »die eigentliche politische Biographik im Dienste Preußens«200 begonnen. Gerade weil der Text die Sphäre idealistischer Geschichtsdeutung verlässt und Teil des politischen Diskurses ist, wurde er als Gründungsschrift der kleindeutschen Schule angesehen.201 Auf Ebene der Darstellung handelt es sich um eine ereignis- und politikgeschichtlich angelegte Erzählung, die häufig von langen Zitaten aus Briefen und Urkunden unterbrochen wird. Die Reaktionen auf die ästhetische Qualität sind weniger eindeutig als bei Alexander, aber dennoch nicht zu ignorieren; Arendt etwa sah sich hinsichtlich der sprachlichen Ausgestaltung »lebhaft an den Alexander erinnert« (DBW II, 297) und Meinecke stellte fest, dass die »epischen Qualitäten des Werkes [unerreicht geblieben sind]«202. Damit ergibt sich insofern eine signifikante Differenz zur Historik, als Droysen die Zuordnung der Historiographie zur Kunst hier deutlich ablehnte (vgl. II.1.b), das in der Rezeption aber nicht geschlossen erkannt werden konnte. Beide in der vorliegenden Studie untersuchten biographischen Studien (Alexander und York von Wartenburg) sind damit »›[h]istoria cum figura‹«203, d.h. sie vermitteln Geschichtsschreibung und literarische Ästhetik, wie es medientheoretisch auch gar nicht anders möglich ist. Auch bezüglich der Konstruiertheit von Erzählungen unterscheidet sich York von Wartenburg von Droysens eigener biographiologischer Theoriebildung; die gelegentlichen metanarrativen Einschaltungen zum Fokus oder Zweck der Darstellung reichen nicht an das Reflexionsniveau 199 200 201

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Vgl. Duncker 1884, 156. Hintze 1942, 175. Hähner 1999, 151. Scheuer 1979, 64. So zuvor auch schon Meinecke 1930, 270. Vgl. Southard 1995, 196. Hähner 1999, 151. Bei Becker (1928, 66) sind es hingegen die Freiheitskriege. Meinecke 1930, 270. Gegenpositionen bei Dove 1898: Johann Gustav Droysen, 378. Gilbert 1934, 150. Hebekus 2003, 87.

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der Historik heran (vgl. II.1). Droysen weist an den entsprechenden Stellen zwar darauf hin, welche interpretatorischen Entscheidungen der folgenden Passage zugrunde liegen, eine konsequente Reaktion der Praxis auf die Einsicht in den Konstruktionscharakter auch nicht-fiktionaler Texte kann darin gleichwohl nicht gesehen werden. In York von Wartenburg liegt damit eine so gravierende Abweichung zur Historik vor, dass es sich geradezu um einen Gegenentwurf zu ihr handelt. Die bedeutendste Differenz zwischen Droysens biographietheoretischer und -praktischer Position fällt mithin paradoxerweise mit dem geringsten entstehungszeitlichen Abstand zusammen; zwischen beiden liegen lediglich sechs bzw. fünf Jahre (York von Wartenburg: 1851-1852; Historik: 1857). Die sich nun anschließende Detailanalyse bestätigt diesen Eindruck des erheblichen Unterschieds zunächst hinsichtlich der Repräsentation von Idee und Werkmeister und anschließend hinsichtlich der politischen Funktionalität.

b. Yorck als Nicht-Werkmeister Droysen selbst weißt Yorck in der Einleitung zum ersten Band als eine Figur aus, die gerade kein Werkmeister ist: »Nie hat sich ein Staat aus tieferem Sturz schneller und stolzer erhoben als Preußen nach dem Tage von Jena. Auch fern liegende Verhältnisse, die Wechsel der allgemeinen Weltlage haben mitgewirkt. Aber das Wesentliche war, dass man sich innerlich aufraffte, dass der alten Kraft und Treue des Preußenthums neue Formen und Ziele zu schaffen sich ein Kreis von Männern um den Thron scharte, wie die Zeit ihrer bedurfte, – mächtige Charaktere, Talente seltener Art. Einer aus diesem Kreis ist es, dessen Gedächtniß die folgende Darstellung erneuern will. [...] Noch leben in der Armee die ›Geschichten vom alten York‹ [...]. Das Bild ist in den wesentlichen Zügen richtig. Aber es fehlen andere, die diesen harten Charakter doch erst verstehen lassen« (DYork I, [4204]).

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Wohl als Ergebnis der großen Eile sind im hier zugrunde gelegten Exemplar der Forschungsbibliothek Gotha, Signatur: Biogr. 8° 1369/1 (1) mehrere druck- und buchbinderhandwerkliche Fehler zu beobachten. So beginnt etwa das erste Buch fälschlich mit Seite 15, woran sich auf der nächsten Doppelseite links die erste Seite des zweiten Kapitels anschließt, rechts aber der hier zitierte Text; Seitenzahlen sind keine vermerkt. In späteren Ausgaben ist diese Stelle ohne Titel – lediglich das Inhaltsverzeichnis gibt sie als »Einleitung« aus – dem ersten Kapitel des ersten Buches vorangestellt. Vgl. z.B. Johann Gustav Droysen. Das Leben des Feldmarschalls Grafen York von Wartenburg. Erster Band. Neue, wohlfeile Ausgabe. Berlin 1854.

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Ausgehend vom »Symboldatum«205 des »Tage[s] von Jena« – der vernichtenden Niederlage des preußischen Heeres gegen Napoleon 1806206 – beschreibt Droysen den moralisch-mentalen Wiederaufstieg Preußens zur neben Österreich führenden deutschen Macht, wie er sie knapp 45 Jahre später vor Augen hatte.207 Droysen führt im Sinne einer personengebundenen Historiographie als Erklärung die instruktive Kraft der »Männe[r] um den Thron« an und argumentiert dabei kausalistisch. Im hier verfolgten Zusammenhang ist es von besonderer Relevanz, dass es Droysen nicht um diese Entwicklung als historischen Prozess geht, also die erwähnten 205

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207

Jürgen John. »›Jena 1806‹. Symboldatum der Geschichte des 19. und 20. Jahrhunderts«. Umbruch im Schatten Napoleons. Die Schlachten von Jena und Auerstedt und ihre Folgen [Bausteine zur Jenaer Stadtgeschichte, 3]. Hg. v. Gerd Fesser u. Reinhold Jonscher. Jena 1998. 177-196. Zur Bewertung von Schlacht und Niederlage als Fanal bzw. Trauma der preußischen Identität aus Sicht der Forschung siehe an neuerer Literatur: Gerd Fesser. »Die Schlacht bei Jena und Auerstedt im Jahre 1806«. Militärgeschichte 25 (1986): 416-424. Ilja Mieck. »Napolen et Berlin«. Etudes Napoléoniennes 3 (1993): 553-576. Dennis E. Showalter. »Hubertusberg to Auerstädt. The Prussian army in decline?« GH 12 (1994): 308333. John 1998. Holger Nowak. »Die Schlacht bei Jena und Auerstedt (1806)«. Gerhard von Scharnhorst. Vom Wesen und Wirken der preußischen Heeresreform. Ein Tagungsband. Hg. v. Eckhardt Opitz. Bremen 1998. 49-65. Ilja Mieck. »Napoleon in Potsdam«. Francia 31 (2004): 121-146. Holger Nowak u. Brigitt Hellmann. Die Schlacht bei Jena und Auerstedt am 14. Oktober 1806. 2. verb. Aufl. Jena 2005. Karl-Horst Bichler. Napoleons Krieg gegen Preußen und Sachsen 1806 (Schleiz, Saalfeld, Jena und Auerstedt). 2. Aufl. Berlin 2006. Gerd Fesser. 1806. Die Doppelschlacht bei Jena und Auerstedt. Jena 2006. Wolfgang Handrick u. Detlef Wenzlik. Die Schlacht von Auerstedt 14. Oktober 1806. Hamburg 2006. Jürgen John. »Jena und Auerstedt 1806. Zur Erinnerung und Deutung einer Schlacht«. Jena und Auerstedt. Ereignis und Erinnerung in europäischer, nationaler und regionaler Perspektive [Veröffentlichungen des Landesheimatbundes Sachsen-Anhalt e.V. zur Landes-, Regional- und Heimatgeschichte, 3]. Hg. v. Konrad Breitenborn u. Justus H. Ulbricht. Dößel 2006. 197-226. Jörn Leonhard. »Krise und Wandel. 1806 als europäischer Erfahrungsumbruch«. Jena und Auerstedt. Ereignis und Erinnerung in europäischer, nationaler und regionaler Perspektive [Veröffentlichungen des Landesheimatbundes Sachsen-Anhalt e.V. zur Landes-, Regional- und Heimatgeschichte, 3]. Hg. v. Konrad Breitenborn u. Justus H. Ulbricht. Dößel 2006. 79-106. Justus H. Ulbricht. »›Jena und Auerstedt‹. Erinnerung an eine Schlacht. Vom nationalen Trauma zum Fest der Völker«. Jena und Auerstedt. Ereignis und Erinnerung in europäischer, nationaler und regionaler Perspektive [Veröffentlichungen des Landesheimatbundes Sachsen-Anhalt e.V. zur Landes-, Regional- und Heimatgeschichte, 3]. Hg. v. Konrad Breitenborn u. dems. Dößel 2006. 17-28. Hans-Werner Hahn. »›Ohne Jena kein Sedan‹. Die Erfahrung der Niederlage von 1806 und ihre Bedeutung für die deutsche Politik und Erinnerungskultur des 19. Jahrhunderts«. HZ 285 (2007): 599-642. Vgl. an modernen Überblicksdarstellungen dazu u.a. Wehler 1987: Gesellschaftsgeschichte 1, 347-546. Hans-Ulrich Wehler. Deutsche Gesellschaftsgeschichte. Zweiter Band. Von der Reformära bis zur industriellen und politischen ›Deutschen Doppelrevolution‹ 1815-1845/49. München 1987. Clark 2006, 284-467.

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»Wechsel der allgemeinen Weltlage« explizit nicht im Zentrum stehen sollen. Stattdessen ist »[e]iner« jener Männer, die diese Restitution Preußens in seiner Perspektive trugen, paradigmatisch für die historische Betrachtung ausgewählt worden. Der preußische Aufstieg und in der Folge auch eine Darstellung desselben ist damit geschlechtsspezifisch auf Männer festgelegt; neben der eindeutigen Vokabelebene werden Frauen und nicht-hegemoniale Männlichkeiten über den antizipierten diplomatischmilitärischen Handlungsraum ausgeblendet. Über die Betonung der maskulinen Primärtugenden »Kraft und Treue« wird diese Exklusion bestätigt.208 Der generelle inhaltliche Zuschnitt stabilisiert zudem eine eurozentristische Perspektive. So sollen gerade die »fern liegende[n] Verhältnisse« nicht behandelt werden, während das »Preußenthu[m]« ohne eigentliche Argumentation, mithin als Setzung zum »Wesentliche[n]« erklärt wird. Obwohl es Stellen gibt, in denen er entscheidend handeln soll209, wird an dieser Passage ebenfalls deutlich, dass Yorck nicht als Werkmeister vorgestellt wird. »Einer« unter anderen kann kein Werkmeister sein, denn diese sind als einzigartig, welthistorisch bestimmt worden. Dem historischen Yorck von Wartenburg, der als Ideenträger dieser Entwicklung Preußens präsentiert werden könnte, soll diese Funktion denn auch gerade nicht eingeschrieben, vielmehr das »Gedächtniß« an ihn befördert werden. Sujet der Darstellung ist damit die Persönlichkeit Yorcks, die in ihren »Zügen«, wie es heißt, verstanden werden soll. Über ein solches leitendes Interesse kehren die in den methodologisch-theoretischen Schriften mehrfach und pointiert ausgeschlossenen privaten Details zurück in den Betrachtungsrahmen des Genres. Auf Ebene der Praxis wird die biographiologische Unkategorie des Persönlichen, wie sie bei Droysen formuliert worden war (vgl. II.2), also relativiert, wenn nicht gänzlich in Frage gestellt. Droysen benennt das selbst explizit, wenn er an Schön schreibt, dass »[i]n betreff Yorks [...] mein Bemühen gewesen [ist] und [...] es bis zum Abschluß des Werkes bleiben [wird], diesen komplizierten Charakter aus seiner Lebensgeschichte zu erläutern« (DBW II, 71). Der selbst gestellten Maxime, das Privatleben des biographischen Objekts nicht zu berücksichtigen, folgt er diesem Prinzip nach nicht. Diese Entscheidung schlägt sich in den Selbstbezeichnungen seiner Arbeit nieder. Gegenüber den beiden Stellen, die eine Nähe zur Idee be208

209

Zur Analyse von Männlichkeit in der Zeit der antinapoleonischen Kriege vgl. Hagemann 2002. Vgl.: »Und doch zwang ihn die Gewalt der Ereignisse, nach eigenem Sinn sich zu entschließen und zu handeln«. DYork I, 452.

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tonen könnten210 und eher aussagelosen Benennungen wie »meiner Yorkschen Arbeit« (DBW I, 673) dominiert die Einordnung als biographische Studie. Die Varianten reichen hier von schlicht »Biographie« (DBW I, 366; DBW II, 13; DYork II, 263) über »Biographie Yor(c)ks« (DBW I, 667/ 697; DKmA, 179) und »Biographie von York« (DBW I, 720) bis zur »Yorkschen Biographie« (DBW I, 730; DBW II, 107) und »›Yorcks Biographie‹« (DKmA, 181). Da Droysen die biographische Darstellung explizit auch zur Erklärung von Ideen einsetzen wollte (vgl. II.1), ist damit noch keine eindeutige Aussage verbunden. Eine dritte Gruppe von Formulierungen hingegen belegt, dass es Droysen um Yorck, nicht seinen – wie immer gearteten – historischen Beruf ging. So evoziert das Wort vom »historische[n] Denkmal« (DBW I, 371) oder »historiographische[n] Denkmal« (DBW I, 366) die semantische Nähe zum Nachruf oder Nekrolog. Das verstärkt sich noch, wenn Droysen an anderen Stellen von der »Geschichte Yorcks« (DBW I, 371), seinem »Porträt« (DBW I, 720) spricht. Auch der singuläre Ausdruck »Yorkiade« (DBW II, 81) ist in diesem Sinne zu lesen; er ist aber gleichzeitig Hinweis darauf, dass das Ziel der Darstellung nicht primär eine im Sinne Rankes objektive, sondern eine Arbeit bewusst affirmativen Charakters gewesen ist. Mit dem Genretypus des Charakterbildes als Subform der ›Biographie‹ würde sich auch der hohe Identifikationsgrad decken, der Droysens Beziehung zu seinem Helden kennzeichnet.211 Dabei ist die Grundkonstellation des Textes überaus paradox; er scheint zugleich auf Yorcks Person ausgerichtet zu sein, als auch – im Gegensatz dazu – die Strukturelemente einer Geschichte Yorcks zu fokussieren. Zunächst belegt der Text der eigentlichen Darstellung also den Eindruck einer Betonung des Privaten. Obwohl Droysen eigentlich das »Ich des Staates« dem »kleinen privaten Ich« (DBW II, 969) vorziehen will, teilt er viele Details mit, die nach seinen Ausführungen in der Historik nicht zur Erklärung einer übergeordneten Geschichte beitragen. So be210

211

Vgl.: »Schon immer hatte ich mir gewünscht, einmal den alten, herben Feldmarschall York gründlicher zu studieren; ich wusste wohl, daß seine Verhältnisse in die Mitte der preußischen Politik von 1807 bis 1815 hereinführen mussten«. DBW I, 362-363. »[D]enn der Natur der Sache nach wird meine Arbeit mehr historisch als biographisch zu sein versuchen«. DBW I, 375. Droysen spricht mehrfach von »mein[em] arme[m] York« und sieht sich mit ihm »verkehren«. DBW I, 616. Es ist dennoch nicht zu übersehen, dass Droysen diese Variante (Charakterbild) nicht umgesetzt hat. Direkte Charakterisierungen gibt es im Text kaum. Dazu bei Hähner (1999, 158): »Droysen enthält sich psychologischer Spekulationen über die letzten Handlungsursachen und ausgiebiger Charaktermalerei, indem er das Wesentliche den Quellen überläßt«.

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richtet er von einer Liebe zu einem »sehr schöne[n], aber arme[n] Mädchen« (DYork I, 49) in Holland, erwähnt die Jagd als bevorzugte Freizeitbeschäftigung und Yorcks Lektürevorliebe für Bücher zu Kolonien in Indien (DYork I, 52), gibt Einblick in die Situation der Familie Yorck in den Kriegsmonaten, besonders hinsichtlich der Frau Yorcks (DYork I, 242), und thematisiert auch psychologische Regungen, wie die sich üblicherweise vor einem Gefecht bei Yorck einstellende Aufregung (DYork I, 377), oder informiert mehrfach über innere Reaktionen auf ihm zugestellte Nachrichten (DYork I, 215-216). Diese Erwähnungen sind jeweils nicht umfangreich oder zentral und Droysen schränkt sie zum Teil auch selbst wieder ein, wie hinsichtlich der holländischen Liebe: »Vor Allem aber, er sah jenes Mädchen wieder [...]. Es liegt außer dem Bereich dieser Darstellung, den Verlauf eines Liebesverhältnisses innigster Art zu schildern« (DYork I, 54). Von Bedeutung ist auch vielmehr, dass diese Details überhaupt mitgeteilt werden. Andere Einzelheiten zu »Yorks Häuslichkeit« hat Droysen zwar nicht in seinen Text aufgenommen, »eine Menge Aufklärung« (DBW I, 668), wie er erklärt, konnten sie ihm dennoch bieten. Darüber hinaus wird Yorcks Familiengeschichte viel Raum eingeräumt. Es handelt sich dabei aber um ein Vorgehen, dem zur Erklärung des Genius als von der Idee bestimmter Größe – so die Definition der biographischen Darstellung (vgl. II.2) – keine Erklärungskraft zukommt. Und auch wenn York von Wartenburg keine Entwicklungsgeschichte ist212, beginnt nicht nur das erste Buch mit der Genealogie und Jugendzeit (DYork I, 530)213, auch der Anhang zum dritten Band enthält eine längere Passage, die mit Ueber Yorks Familie betitelt ist (DYork I, 498-510). Gleichzeitig finden sich allerdings konzeptionell gewichtigere Indizien, die belegen, wie wenig Droysen tatsächlich an der Person des histo212 213

Vgl. Jander 1965, 98. Erwähnung finden hier u.a. Angaben zur militärischen Ausbildung des Vaters, die körperliche Ausbildung Yorcks, Details zum Waffendienst, seinem Salär, dem Garnisonsalltag, der Fremdwahrnehmung und zu Geldproblemen wie dem daraus resultierenden Verkauf zweier väterlicher Pistolen. Zitiert seien exemplarisch zwei Stellen zu Yorcks Geburt und seinen Geschwistern, außerdem zu seinem Bildungsniveau: »Während er im Felde war, am 29. Sept. 1759, war ihm ein Sohn geboren [...], unser York. Wo ist nicht klar; er selbst meinte, auf jenem pommerschen Gütchen, er nannte sich einen Pommer [...]; schon die älteren Stamm- und Ranglisten bezeichneten ihn so. Die Mutter war eine Potsdamerin, Marie Pflugin, eines Handwerkers Tochter. Von ihr, von einem zweiten Sohne ist keine weitere Kunde; zwei Töchter überlebten die Aeltern«. DYork I, 8-9. »Noch in späten Jahren hat York bedauert, so wenig in der Jugend gelernt zu haben; selbst späterer Fleiß ersetzte nicht die frühe Versäumniß in den Grundlagen; er theilte nicht die wunderliche Eitelkeit, die so lange in der Armee geherrscht hat, die Muttersprache nicht correct zu brauchen«. DYork I, 10.

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rischen Yorck interessiert gewesen ist. Es ging ihm vielmehr um die »Erklärung seiner geschichtlichen Leistung« (DBW II, 968). Über die Angaben zur Prägung der Jugendzeit hinaus findet bei Droysen keine Entwicklung Yorcks mehr statt. Die Komposition des Textes evoziert mithin den Eindruck, Droysen habe nach der genreüblichen genealogischen Herleitung des biographischen Objekts214 das Interesse an der inneren Entwicklung seines Protagonisten verloren. Textintern wird sie nicht mehr verfolgt, was dazu führt, dass Yorck – wie zuvor auch schon Alexander (vgl. III.2.b) – als statischer Charakter, als »Standbild«215 erscheint. Umfassend belegt wird das fehlende Interesse an Yorck als Person und stattdessen an überpersönlichen Entwicklungen daneben auch durch die Papiere aus Droysens Berliner Nachlass. Während zu Alexander keine Akten (mehr?) vorhanden sind, existieren für York von Wartenburg mehrere Konvolute im Geheimen Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz, Berlin-Dahlem. Insgesamt vier dieser Aktenkonvolute sind hier von Relevanz216; sie beinhalten neben Briefen217, Tagebuchauszügen, Literaturlisten und Exerpten auch viele, von Droysen angefertigte Karten, Truppenpläne und Schlachtordnungen. Diese Vorarbeiten, die nicht als Grafiken oder Abdrucke direkt in das Endprodukt eingegangen sind218, aber der Konzeption wie der Erzähllogik zugrunde liegen, zeigen exemplarisch, dass Yorck als Individuum keineswegs im Zentrum steht, sondern seine militärische Leitungsfunktion auf Droysens Interesse stieß. In einem zurückschauenden Brief hatte er diesen Aspekt auch explizit formuliert (vgl. III.3.c). In diesem Sinne wird auf den Corps- und Militärplänen (Abb. 3; Abb. 4) Droysens Orientierung auf Details der Heeresstärke sowie auf die militärischen Gliederungen erkennbar. In kleinteiliger Auflistung ist auf den Papieren die Struktur der Kampfverbände systematisch erfasst, wobei ihm jede organisatorische Unterform wichtig ist. Durch Klammern sind davon ausgehend immer wieder auch interne Funktionseinheiten markiert. 214

215 216

217

218

Das ist insofern ein generelles Charakteristikum, als auffallend viele biographische Studien im 19. und 20. Jahrhundert nach dem ersten Band zur Jugend ohne Fortsetzung geblieben sind. Vgl. Schaser 2001, 147, Anm. 8. Jander 1965, 98. Vgl. GStA PK, VI. HA., Nl. Johann Gustav Droysen, Nr. 93. GStA PK, VI. HA., Nl. Johann Gustav Droysen, Nr. 153a-c. GStA PK, VI. HA., Nl. Johann Gustav Droysen, Nr. 93 enthält den gesamten überlieferten Briefwechsel, den Droysen in Bezug auf seine York von Wartenburg-Publikation im Vorwege geführt hat. Er ist zu großen Teilen in den edierten Briefwechsel aufgenommen worden. Dennoch sortiert Blanke die Akten Nr. 153a-c mit Materialien und Beilagen zum York von Wartenburg unter die Manuskripte für Publikationen ein. Vgl. Blanke 2007: Verzeichnis, 133.

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Ausgewählte Positionen sind darauf sogar mit den Namen des Führungspersonals ausgewiesen. Im zweiten Beispiel (Abb. 4) sind diverse Subgliederungen überdies funktionsspezifisch durch verschiedene Kolorierungen von einander abgesetzt, sodass sich eine differenzierte optische Staffelung ergibt. An einer handskizzierten Karte zum Russlandfeldzug (Abb. 5) wird deutlich, wie wichtig Droysen der genaue Nachvollzug aller Stationen gewesen ist. Diverse Orte sind säuberlich lokalisiert und beschriftet, Grenzverläufe bunt hervorgehoben und die rekonstruierten Truppenbewegungen mit sich teilweise überlappenden, zeitliche Unterscheide markierenden Strichen eingetragen. Die hier entwickelte Heereslogistik nimmt entsprechend einen breiten Raum im York von Wartenburg ein; die Leser_innen werden mit unzähligen Ortsangaben konfrontiert. Alle drei Archivalien – die keine isolierten Beispiele sind, sondern exemplarisch für andere stehen219 –, zeigen Droysens Orientierung auf die strukturellen Elemente von Yorcks Feldzügen. Ohne die erwähnten Dokumente an dieser Stelle in Gänze interpretieren zu können, lassen sie eine Erkenntnisenergie für das Verständnis und die Verbildlichung der organisatorischen Zusammenhänge erkennen, die Droysen für die Beschreibung von Yorcks Persönlichkeit nicht aufwendet. Auch die umfangreichen Beilagen, die im ersten Band 50 (DYork I, 505-554), im zweiten Band 93 (DYork II, 261-354) und im dritten Band 43 Seiten umfassen (DYork III, 467-510) – insgesamt handelt es sich um 38 Beilagen, die teilweise mit quellenkritischen Anmerkungen abgedruckt sind –, stützen diese Deutung. Relevant für das Leben [...] Yorks, so der komprinierte Titel, sind Droysen damit »Circular-Schreiben« (DYork I, 509-513), Truppeninstruktionen (DYork I, 517-520), Tagesbefehle (z.B. DYork II, 348-349) und überwiegend detaillierte Auflistungen zur aktuellen Truppenstärke (DYork II, 349-351/ 353-354; DYork III, 471-477/ 481-483). Wenn daneben auch die Informationen, die Droysen über seine Briefe einholte, wesentlich militärische Operationen betrafen, ist offensichtlich, dass Droysen nicht die Privatperson Yorck darstellen wollte, sondern ihn zum Anlass nahm, einen Teil der preußischen Militärgeschichte zu beschreiben. »Ich begann mit dem Studium der letzten entscheidenden Epoche«, ließ Droysen in diesem Sinne vor der Akademie der Wissenschaften 1867 verlauten, »die Preußen und Deutschland durchlebt hatten. Die geschichtliche 219

GStA PK, VI. HA, Nl. Johann Gustav Droysen, Nr. 153b etwa enthält daneben noch recht detaillierte Stammbäume und genealogische Listen (Bl. 67-68) und GStA PK, VI. HA, Nl. Johann Gustav Droysen, Nr. 153c eine Reihe anderer Karten (Bl. 29-37), ein Exemplar der Verordnung über die Organisation der Landwehr von 1813 inklusive diverser Beilagen (Bl. 49-58), Kommandanturpläne (Bl. 65-66) und Bestandslisten (Bl. 68-71).

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Auffassung dieser großer Zeit« (DAR, 446). Die erwähnten Daten zum privaten Yorck weisen York von Wartenburg trotz ihrer Fülle somit zwar als Darstellung eines Nicht-Werkmeisters aus220, sind aber nicht Ausdruck einer Personalbiographie, die ihren Protagonisten als Menschen zu präsentieren sucht. Es wird entsprechend dem Gegenstand nicht gerecht, wenn Dove behauptete, das die Persönlichkeit »[v]oll und rund [...] in den Mittelpunkt«221 trete und Becker meinte, Droysen habe es verstanden in Yorcks Persönlichkeit einzudringen222. Neben Jander223 und Hähner224 erkannten das schon Zeitgenossen. So stellte Brandt in seinem Nekrolog heraus, dass Yorck die preußische Strenge »verkörpert darstellt«225. Konzeptionell dominiert im Ergebnis eine entindividualisierende Argumentationsstrategie226; Meinecke machte Droysen das zum Vorwurf, wenn er schrieb, »Droysen verwechselte die Aufgabe der historischen Biographie mit der Aufgabe allgemeingeschichtlicher Darstellung«227 und verkannte in diesem Urteil die hier erarbeitete Spezifik von Droysens biographiologischer Position (vgl. auch IV.2). Ging das historische Individuum in der idealistischen Biographik hinter der Idee verloren, geht es in der politischen Biographik hinter dem politischen Interesse, das Droysen mit seiner Arbeit verband (vgl. III.3.c), verloren. Gemeinsames Merkmal beider Varianten ist mithin die Defokussierung der im Titel genannten Figuren. Hinsichtlich der verwandten Quellen ist zudem auffällig, dass eine Vielzahl von Briefen an und von Yorck direkt und meist ungekürzt zitiert sind – und das obwohl auch Droysen in der dokumentarischen Biographik Pertz’ ein abschreckendes Beispiel erkannt hatte228. Das ist einerseits 220

221 222 223 224 225 226

227 228

Das stellte auch Berve ([1941], XXIX), allerdings ohne nachvollziehbare empirische Grundlage, fest. Dove 1898: Johann Gustav Droysen, 377. Vgl. Becker 1928, 74. Vgl. Jander 1965, 99. Vgl. Hähner 1999, 158. Brandt 1884, 229. Auch wenn diese Strategie dominiert, finden sich Gegenbeispiele, die quantitativ allerdings nicht von Relevanz sind. Vgl. etwa folgende Passagen aus dem ersten und zweiten Band: »Es entgeht uns, indem wir die Ergänzung des mobilen Corps und die Bildung der 13.000 Mann Reserven aus Mangel an Material unerörtert lassen müssen, ein namhafter Theil der umfassenden Thätigkeit Yorks«. DYork II, 125-126. »Verlassen wir einen Augenblick York und sein Corps, um den Marsch der andern Corps zu verfolgen«. DYork I, 460. Meinecke 1930, 272. Ohne diese Wertung so auch schon Becker 1928, 72. Pertz’ Stein erschien in sechs Bänden nahezu parallel (zwischen 1849 und 1855). Droysen kritisierte sie mehrfach in seinem Briefwechsel; der Hauptort der Kritik ist allerdings sein Aufsatz im Augustheft der Allgemeinen Monatsschrift. Vgl. Johann Gustav Droysen. »Randglossen zu ›Stein’s Leben‹ von Pertz. Dritter Theil«. Allgemeine Monatsschrift für Wissenschaft und Literatur o.N. (1851): 159-170. Es handelt sich um ein Rezensions-

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Resultat der Quellensituation; während ihm die Staatsarchive weitgehend verschlossen geblieben waren, hatte Droysen Zugang zu den Familienpapieren erhalten. Von Yorcks Sohn, Graf Ludwig Yorck, hatte Droysen die »vorhandenen Papiere« erhalten, »[h]errliche Sachen, aber freilich sehr lückenhaft« (DBW I, 363). Wie aus demselben Brief hervorgeht, hatte er zwar durchaus Zugang zu einigen wenigen Archiven, etwa dem Archiv des Generalstabes, »das gerade für York unschätzbares Material enthält«, dennoch griff Droysen vor allem auf Briefe als Quellen zurück. Das wird nicht nur an der Darstellung selbst deutlich, sondern auch wenn er über sein Quellenmaterial reflektiert und die Korrespondenz besonders hervorhebt; »Ich habe eine Menge von Mitteilungen über York von verschiedenen Seiten und Ansichtsweisen her, Briefe von und an ihn« (DBW II, 71). Wie sehr er Wert darauf legte, dass ihm die Nutzung der preußischen Staatsarchive für die Geschichte der Preußischen Politik genehmigt wurde und wie schmerzlich er den Verzicht bei den Arbeiten am York von Wartenburg empfunden haben muss, belegen Droysens autobiographische Ausführungen von 1867 (DAR, 198). Der Wunsch in den Archiven zu arbeiten, ist mit dem Wissenschaftsverständnis korreliert und ein Merkmal professioneller Historiographie. Zeichnet sich nicht-akademische Geschichtsschreibung wesentlich durch die Verwendung mündlicher Überlieferung aus, Epple hat das am Beispiel der empfindsamen Geschichtsschreibung gezeigt229, ist damit eine geschlechtsspezifische Implikation verbunden. War es Frauen im 18. und 19. Jahrhundert nicht möglich in Archiven zu arbeiten, kann über diesen Ausschluss eine männlichakademische Historiographie begründet werden. Über den vermeintlich objektiv-neutralen Tatbestand der Benutzung von Archivalien wird damit eine männliche Hegemonie im Bereich der professionellen Geschichtsschreibung etabliert, die bis heute wenig reflektiert ist.230 Andererseits ist der Hinweis auf die Quellensituation als Erklärung nicht hinreichend, denn er lässt die Verwendung des Quellenmaterials außer Acht. Vielfach nämlich werden über die Briefe, d.h. in einer psychologisch motivierten Argumentation Entscheidungen und Gefühlssituationen zu verstehen versucht. Wie sehr die vorliegende Darstellung auf die Person Yorcks insgesamt zugeschnitten ist und nicht auf die der The-

229 230

journal, das von einem Kollegium Kieler Professoren, darunter auch Droysen selbst, herausgegeben wurde. Die Randglossen sind bislang nicht wieder abgedruckt worden und in der Folge recht unbekannt. Vgl. zur Kritik an der Dokumentarik: »Briefe preußischer Beobachter in Lyck und in Plock sprechen diese Absicht aus. Es wäre erwünscht gewesen, wenn das Leben Stein’s auch derartige Verhältnisse hätte erläutern wollen«. Ebd., 168. Vgl. Epple 2003, 412. Vgl. dazu Smith 1995. Smith 2000.

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orie nach zu fokussierende Entwicklung der sittlichen Mächte, offenbart eine exemplarische Stelle aus dem ersten Buch. »Es wird nicht nöthig sein«, schreibt Droysen in einer der bereits erwähnten metanarrativen Anmerkungen, »die politische Weltlage weiter, als sie York interessierte, zu überschauen« (DYork I, 78). Genau diese analytische Erweiterung aber wäre erstes Ziel, wenn es um die Genese und Wirkung einer weltgeschichtlichen Idee ginge. Nur über eine reflektierende Betrachtung könnte gewährleistet werden, dass der als Träger der Idee verstandenen Einzelperson ihr gebührender Ort in der Geschichte zugewiesen wird. Verengt sich der Analyserahmen hingegen auf Yorck, entbehrt die Darstellung mit der damit einher gehenden Dekontextualisierung ein wesentliches Instrument zur Erklärung historischer Ideen. Der eingangs zitierten Passage zum Fokus Droysens folgend ist Yorck, nicht eine Idee der definierte Referenzpunkt des York von Wartenburg. Der Umstand, dass historische Kontexte nicht gänzlich geleugnet werden und Yorck sich hier und da auch tatsächlich in sie eingeordnet findet231, stellt die nicht Idee-gebundene Personalität und Akteurszentriertheit nicht grundsätzlich zur Disposition. Bereits 1851, d.h. noch im Jahr der Erstpublikation, konstatierte Droysen entsprechend, dass Yorck ihm keine Natur höherer Idee sei. »Weder Yorks noch Steins Biographien« (gemeint sind ihre Lebensläufe), ließ er Schön wissen, »haben diese Wucht eines gestaltenden, unverrückbar festgehaltenen, mit Bewusstsein durchgeführten Gedankens« (DBW I, 740). Später wiederholte

231

Das hervorzuheben, war besonders der älteren Forschung wichtig. Vgl. z.B.: »Es war ein mustergültiges Lebensbild, das Droysen mit diesem Werke schuf, ein Vorbild biographischer Darstellung. In markiger Kraft treten die Charakterzüge des Helden hervor; die Zeichnung des Hintergrundes, von dem sie sich abheben, der Lagen, die die Aktion des Helden bedingen, ist knapp und doch von scharfer Deutlichkeit«. Duncker 1884, 156. »Wir lernen York begreifen und verehren, ohne doch nur einen Augenblick mit ihm und seinetwegen die Stein [!] und Blücher verkennen zu müssen. Aber während so das Urteil des Biographen mit seltener Unbefangenheit über seinem Auserwählten schwebt, bequemt sich aufs wunderbarste Geist und Form der Darstellung dem Wesen des Dargestellten an«. Dove 1898: Johann Gustav Droysen, 377-378. »Droysen konzentriert alles auf den handelnden Helden, vernachlässigt keineswegs die geschichtliche Umwelt, aber verschmilzt sie aufs engste mit seinen persönlichen Entschlüssen und Taten«. Meinecke 1930, 270. »Es kam darauf an, ein scharfes und klares Porträt der Persönlichkeit zu geben, deren Schicksale das Ganze der Komposition beherrschen und zusammenhalten mußten, und doch zugleich in diesem Rahmen so viel von den politischen und militärischen Zusammenhängen darzustellen, daß der historische Wirkungskreis des Helden in seiner Größe und Bedeutung veranschaulicht wird«. Hintze 1942, 175. Ein neueres Beispiel ist Jaeger 1989, 120.

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und bekräftigte er dieses Urteil.232 Yorcks Natur sei »ohne Idee« (DBW II, 62), durch welche sein Leben erhöht gewesen wäre. Ihm sei es also »nicht eingefallen«, notiert Droysen, »Yorks Charakter […] als in der Kraft höchster Ideen mächtig zu schildern« (DBW II, 70). Implizit räumt er mit diesen Stellungnahmen ein, dass, dem theoretischen Konstrukt folgend, eine biographische Studie für Yorck oder eine Figur seines Zuschnitts nicht angemessen gewesen ist, fehlt ihr doch der allgemeingeschichtliche Kern, der »immantent[e] Sinngehalt«233, der in den methodologisch-theoretischen Schriften dafür veranschlagt worden war bzw. zeitgleich und später in diesen wiederholt werden wird. Der Kontrast zu Alexander ist deshalb gleichwohl scharf, hatte Droysen doch hier auf die höhere Bestimmung und die Werkmeisterschaft seines Helden noch wortreich insistiert (vgl. III.2). Als Erklärung für diese Diskrepanz griffe es entschieden zu kurz, eine schlichte Abweichung von einer ansonsten geltenden Regel, persönliches Interesse oder Ähnliches zu vermuten. Die Deutung, dass Droysens Vorgehen eine zumindest interne Systematik zu eigen war, erschließt sich durch das Vorhaben, York von Wartenburg weitere Arbeiten desgleichen konzeptionellen Formats folgen zu lassen. »Ich habe«, berichtet er 1847 Schulze, »dem Minister Thile förmlich versprechen müssen, nach York auch Gneisenau zu bearbeiten. Wie gern tue ich es, würde ich es tun, wenn ich inmitten der Archive säße! Und müssten dann nicht Humboldt und vor allem Hardenberg ebenso erforscht werden?« (DBW I, 363).

Zudem hatte er im Briefwechsel mit Schön zugestimmt, das Abfassen seiner Biographie zu übernehmen (DBW I, 616; DBW II, 426). Wenn diese Pläne auch nicht realisiert worden sind, zeugen sie immerhin von einer substanziellen Position, die eine Zufälligkeit oder Unüberlegtheit unwahrscheinlich erscheinen lassen. Sie trägt sich insofern bis zu seinem Tod, als er noch 1882 die Biographik seines Sohnes Gustav (1838-1908) – inzwischen selbst Professor für Neuere Geschichte in Halle – positiv aufnahm und sich nach dem Fortschritt des Bernhard von Weimar erkun232

233

Der Brief, in dem Droysen notiert, »ich meinerseits werde froh sein, wenn ich diesen äußerst komplizierten Charakter so modelliert haben werde, dass man erkennt, wie er oder Gottes Hand durch ihn so Großes hat leisten können« (DBW II, 36), widerspricht dem nicht, denn es handelt sich hierbei nicht um die Behauptung einer Ideenträgerschaft für Yorck, sondern um den Ausdruck des für Droysen eminent wichtigen, allgemeinen Rückbezugs der Geschichte zu Gott. Vgl. II.1. Jander 1965, 105.

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digte (DBW II, 955).234 Alle genannten Figuren (Yorck, Gneisenau, Humboldt, Hardenberg, Schön, Weimar) sind ausnahmslos nicht von dem Rang, eine geschichtliche Idee zu verkörpern. Daran schon wird evident, dass Droysens historiographische Praxis – sieht man von Alexander einmal ab – vielmehr neben den methodologisch-theoretischen Reflexionen steht, statt ihre präzise Übersetzung zu sein. Im Fall des York von Wartenburg drängt sich, wie die folgenden Argumentationen vertiefen, stattdessen die politische Intention Droysens nahezu unvermittelt auf.

c. Zur politischen Funktionalität des ›York von Wartenburg‹ Das »Gedächtniß« (DYork I, [4]) an Yorck erneuern zu wollen, wie Droysen seinen Plan in der schon erwähnten Eingangspassage formuliert hatte, ist und kann nicht ohne politische Absicht sein. Über den zeitlichen Entstehungskontext der Studie nach der gescheiterten Revolution von 1848 und dem damit verbundenen verstärkten Wirkungsinteresse aus der Fachwissenschaft heraus, ist ein solches Interesse zudem vorstrukturiert (vgl. III.1). Mit einem »Denkmal [...] der Erhebung«235 sollte Preußens deutsche Sendung generell beschworen und bestimmten Bevölkerungsgruppen – allen voran den Soldaten und Offizieren – ein vorbildhaftes Leben zur Orientierung nach 1848 angeboten werden. Es ging Droysen »speziell auch darum, das preußische Offizierskorps aufzuschütteln, indem er einen Offizier porträtierte, der auf der Grundlage lebendiger soldatischer Pflichterfüllung auf eigene Verantwortung richtig im Sinne des wahren Staatsinteresses gehandelt hatte«236,

wie Gehrke beschreibt. Droysens zweite biographische Studie beabsichtigte damit nicht nur Aufklärung im engeren Wortsinne237, sondern rea234

235 236 237

Bernhard von Weimar erschien erst nach J. G. Droysens Tod. – Die Biographik G. Droysens, die außerdem noch Gustav Adolf und Johann Gustav Droysen umfasst, ist bislang nicht untersucht worden, scheint aber, soweit ein erster Einblick vermuten lässt, weitgehend den Maximen seines Vaters zu folgen. Vgl. Gustav Droysen. Gustav Adolf. 2 Bde. Leipzig 1869-1870. Gustav Droysen. Bernhard von Weimar. 2 Bde. Leipzig 1885. Droysen 1910. Gilbert 1934, 150. Gehrke 1989, 137. Eines der Anliegen besteht dennoch in der Wahrheitsfindung, wenn es Droysen gilt, »endlich einmal den Lügen der fremden, namentlich französischen Autoren auch für die Verhältnisse, die sich 1811 und 1812 an Yorks Namen reihen, mit der vollen Wahrheit der aktenmäßigen Geschichte entgegenzutreten«. DBW I, 675.

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gierte auf das wahrgenommene politische Versagen seiner Gegenwart238. In der Situation enttäuschter Hoffnungen, der »Ernüchterung und Abwendung von der erfolglosen [...] Politik«239 sollte in Gestalt Yorcks das Ideal Preußen präsentiert und nach den militärischen Niederlagen ein »agitatorische[r] Kontrapunkt«240 in der öffentlichen Diskussion gesetzt werden. Jander hat die deutliche Perspektivnahme Preußens mit Blick auf den tagespolitischen Unterton dezidiert hervorgehoben: »So zieht sich durch diese Biographie [...] eine unverhohlene Tendenz gegen Österreich und andere europäische Nachbarstaaten und ein Misstrauen gegen die preußische friedensfreundliche Politik«241. Wenn Droysen »diese Art geschichtlicher Pädagogik notwendig« (DBW I, 668) schien, verdeutlicht sich darin die Funktionalisierung der Geschichte zum kollektivpolitischen Moment. Es ging um die Gestaltung einer Gegenwart, deren anvisiertes Ziel eine Zukunft im Sinne der kleindeutschen Ideologie ist. Der Untertitel späterer Ausgaben – er tritt bei erstmals der Neuauflage des Berliner Safari-Verlages auf – drückt das prägnant aus; die Arbeit ist dann auch dem Namen nach Ein Leben preußischer Pflichterfüllung.242 Droysens eigene Angaben lassen an dieser Intention keinen Zweifel. Wiewohl er im York von Wartenburg auch die Möglichkeit zur persönlichen Gegenwartsflucht sah – so hält er in einem Schreiben fest, dass es »[w]ahrlich [...] ein Trost [ist], sich in so kassierten Zeitläufen in die stolzere Vergangenheit vertiefen zu können« (DBW I, 668) –, standen politische Aspekte qualitativ im Vordergrund. Er wollte »nach[w]eisen, wie ein stolzer und treuer Soldat in jenen peinlichsten politischen Schwankungen festgestanden« (DBW I, 675) war; er habe damals geplant, gab er 1878 rückblickend an, »in der typischen Gestalt Yorks das, was die preußische Armee Wesentliches habe und nicht verlieren dürfe, darzustellen« (DBW II, 931). Im Vorwort zur siebten Auflage bekräftigte er diesen Anspruch noch. Yorcks »Leben bot mir«, konstatierte er, »die Momente, das, was mir im Sinn lag, zur Anschauung zu bringen. Es ist der alte

238 239

240 241 242

Vgl. Rother 1965, 63. Southard 1995, 202. Hagen Schulze. »Die deutsche Nationalbewegung bis zur Reichseinigung«. Die Rolle der Nation in der Deutschen Geschichte und Gegenwart. Beiträge zu einer internationalen Konferenz in Berlin (West) vom 16. bis 18. Juni 1983 [Einzelveröffentlichungen der Historischen Kommission zu Berlin, 50]. Hg. v. Otto Büsch u. James J. Sheehan. Berlin 1985. 84-117, 97-98. Wehler 1995, 237. Jander 1965, 106. Vgl. Johann Gustav Droysen. York von Wartenburg. Ein Leben preußischer Pflichterfüllung. Berlin [1934].

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fridericianische Geist der preußischen Armee, der in ihm und in dem er mächtig war und sich bewährt hat«243. Durch die Rezeptionsgeschichte bestätigt sich, dass York von Wartenburg auf Basis ideologischer Überzeugung als Appellschrift konzipiert war und auch so gewirkt hat. »Jahrzehnte hindurch«, berichtet Meinecke retrospektiv, war es »ein nationales Lese- und Erhebungsbuch«244. In einer Anzeige von 1876 wurde das explizit hervorgehoben: »Seit einer Reihe von Jahren ist ›Droysen’s York‹ ein Volksbuch im edelsten Sinne des Wortes. Zahllose haben sich an der stahlharten Gestalt des kühnen Mannes erbaut und Zahllose werden wieder in ihm den Gedanken nie wankender Pflichttreue verkörpert finden«245.

Teilweise sehnsüchtig erwartet246, fand Droysens Arbeit – wenn von Seiten der Fachwissenschaft auch bald als zu wohlwollend kritisiert247 – im erweiterten Leser_innenkreis breite Zustimmung. »Ihr Buch«, so konnte der Verleger Veit denn auch 1852 berichten, »wird zu Weihnachten recht erfreulich verlangt« (DBW II, 141). Positiv aufgenommen wurde es dabei ›deutschlandweit‹, so sah sich etwa Below nach der Lektüre in Königsberg »unendlich gefesselt« und versprach, seine Kinder »sollen es mehr als einmal lesen« (DBW II, 103); als »Meisterwerk« (DBW II, 469) würdigte es Dohna von Helgoland aus, während Beseler aus Greifswald schrieb, dass er sich an dem »vortrefflichen Wer[k] [...] sehr erquickt [habe] und [sich nur] wünsche [...], daß ein Strahl jener eisernen Zeit in das heutige schlaffe, unpreußische Preußentum zündend einschlagen möge« (DBW II, 141); Sybel hob in einem Brief aus Marburg anerkennend hervor, dass »sofort [...] bei dem Leser ein persönliches Interesse an der Sache [entsteht], und nicht bloß ein sachliches, das die Person laufen ließe« (DBW II, 243

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Johann Gustav Droysen. Das Leben des Feldmarschalls Grafen York von Wartenburg. 7. Aufl. Leipzig 1875, IX. Meinecke 1930, 257. »[Verlagsanzeige]«. Johann Gustav Droysen. Abhandlungen zur neueren Geschichte. Leipzig 1876. Hinterer Einband. So fragte etwa Freiherr von Müffling im Januar 1851 nach, »[w]as macht ihr York?« (DBW I, 698) und Gerog Beseler befand im Oktober desselben Jahres, »York und der Stein von Pertz wirken aber doch sehr, in der Stille; lassen Sie diesen Hebel nicht aus den Händen; der zweite Band muß bald folgen«. DBW II, 4. So z.B. bei Sybel: »Bei Ihnen ist durch und durch subjektive Behandlung: man sieht den Autor so deutlich wie den Helden«. DBW II, 172. Auch wenn Tiedemann Droysens Arbeit noch 1937 als »eine der glänzendsten Biographien der Weltliteratur« würdigte (H. Tiedemann. »Joh. Gust. Droysen, York von Wartenburg«. HZ 156 (1937): 425-426, 425), ist dieser Eindruck die bis heute gängige Lesart. Vgl. z.B. bei Schieder 1959, 136. Jander 1965, 105. Rüsen 1993, 229. Hähner 1999, 157. Zimmermann 2006, 121.

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172) und Franke eröffnete seinen Brief aus Koburg mit der Versicherung, »Ihr York erfreut uns allabendlich [...] und die Macht Ihres Wortes hat [...] Sophie durchdrungen« (DBW II, 185). In einer späteren Rezension beschied auch Dilthey dem York von Wartenburg, »die erste biographische Leistung für die größte Epoche unserer Geschichte« zu sein, die fortfahren werde, »das Interesse aller gebildeten Leser zu verdienen und zu finden«248. Sogar Schön, der mit Droysen in regem Briefkontakt über die Frage stand, wie Yorck darzustellen sei und sich darüber mit ihm überworfen hatte249, fand den ersten Band teilweise »anziehend« (DBW II, 725). Eine solche Interpretation liefert auf biographiologischer Ebene Indizien für die These zum Zusammenhang von Krise und einer Konjunktur biographischer Studien. Vor allem der niederländische Historiker Romein hat die Auffassung vertreten, biographische Studien dienten besonders in Phasen der Unsicherheit der Selbstvergewisserung. Aber auch Scheuer verweist auf die Konjunktur biographischer Studien »in sozialen und politischen Krisenzeiten«250. »Der Mensch«, so erklärt Romein für krisenhafte Verwerfungen, »fällt sozusagen aus der Gesellschaft, in der er sich vorher zu Hause fühlte, heraus, auf sich selbst zurück, um sich auf seine Kraft und seine Schwächen und auf seine Möglichkeiten zu besinnen«251. Diese geistige Regeneration, die nach der »autoritätsauflösende[n] Wirkung«252 von Krisen nötig wird, hielt auch Droysen in der Mitte des 19. Jahrhunderts für angezeigt. York von Wartenburg kann mithin als wissenschaftliche Reaktion auf eine als politische Problemsituation wahrgenommene Realität verstanden werden. Schöns Einwand von 1847, Droysen schreibe

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Wilhelm Dilthey. »Johann Gustav Droysen. Das Leben des Feldmarschalls Grafen York von Wartenburg«. Ders. Zur Geistesgeschichte des 19. Jahrhunderts. Aus ›Westermanns Monatsheften‹. Literaturbriefe, Berichte zur Kunstgeschichte, verstreute Rezensionen 1867-1884 [Gesammelte Werke, 17]. Hg. v. Ulrich Herrmann. Göttingen 1974. 364-365, 365. Vgl. das vorläufige Fazit der Beziehung zu Schön durch Droysen, der sich merklich in seinem Selbstverständnis als Historiker getroffen fühlte: »[A]ber mein trefflicher und trotz alles Zornes hochverehrter Schön ist über meine Yorkiade so bitterbös, mit meiner Art historischen, freilich nicht tendenziösen Biographierens so wenig einverstanden, daß ich zweifeln muß, ob er die früher gehegten Absichten noch im Auge behalten wird«. DBW II, 81. Vgl. auch die kurzen Bemerkungen zur Diskussion zwischen Droysen und Schön bei Hähner 1999, 154-158. Scheuer 1997, 234. Romein 1948, 17. Wenn diese Meinung in der Forschung auch nicht unkritisiert geblieben ist, besteht keine starke Opposition. Vgl. aber etwa Gittings (1978, 17) Behauptung, biographische Studien spiegelten Zufriedenheiten wider. Romein 1948, 61.

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mit seiner Arbeit zu früh (DBW I, 373), wies er entsprechend bestimmt zurück, »denn nicht bloß auf theoretischem, sondern vor allem auch auf historischem Wege, dünkt mich, hat sich das Bewusstsein der Gegenwart zu klären nötig, jenem wahren historischen Wege, auf dem die Geschichte der Gegenwart ihr ernstes: ›erkenne dich selbst‹! so ernst zuruft« (DBW I, 376).

Mit »tiefstem Gram«, sah er »dies stolz-edle Preußen dahinwelken« (DBW II, 35) und hoffte, dass es »diese Zeit der Prüfung besteht und nicht an der Pusillanimität derer zugrunde geht, welche jetzt klar, fest und kühn sein sollten« (DBW I, 653). Zur Überwindung der Krise, die aus seiner Sicht eben auch eine Krise der Persönlichkeiten gewesen ist, wollte Droysen mit seiner biographischen Studie aktiv beitragen. Anders als Teile seiner Zeitgenossen glaubte er an die Zukunft Preußens; »Viele meiner politischen Freunde verzweifeln bereits förmlich an der Zukunft dieses stolzen Staates. Ich teile die Meinung nicht« (DBW I, 697). Um dieses Ziel zu erreichen, organisiert Droysen auf Ebene der Darstellung eine deutliche, inhaltlich wertende Führung der Leser_innen. Es lassen sich dabei drei Aspekte unterscheiden. Erstens präsentiert Droysen die Geschichte aus dem Blickwinkel Yorcks; sehr häufig beginnt er Sätze mit Formeln in denen »York« mit einem Verb kombiniert ist. So ist Yorck bei Droysen derjenige, der handelt, befiehlt, entscheidet etc. Geschichte scheint – gemäß der beschriebenen Intentionen – auf diese Weise in den Optionsbereich und die Verantwortung eines Einzelnen verlegt, der sich an dieser Aufgabe gleichzeitig bewährt. Zweitens sind direkte Wertungen in die Darstellung eingelassen. Droysen hebt in deutlichen Zuschreibungen die »moralisch[e] Kraft« (DYork I, 478) und die »groß]e] That« (DYork II, 20) Yorcks hervor oder spricht von »sein[em] militärische[n], seine[em] Preußenstolz« (DYork I, 133), nennt ihn einen »alte[n] Kriegsheld[en]« (DYork III, 445). Es ist auffällig, dass auch die scheinbar objektiven Angaben zu den Schlachtkonstellationen überaus parteilich gehalten sind. Wie eine exemplarische Passage aus dem dritten Band zeigt, werden Positivmeldungen unmittelbar auf die Repräsentanten des Staates projektiert und in Unterstützung dessen stets generalisierend von Preußen und seinen »Feinde[n]« gesprochen. »In Görlitz [...] traf die Nachricht des Sieges von Kulm [...]; es war eine schöne Zugabe zu der Siegesfreude der Preußen, dass der Erfolg des Tages vor Allem dem militärischen Blick ihres Königs zu danken war. Der nächste Marsch, so hoffte man, sollte dem Avantcorps [...] Gelegenheit geben, den Feind hinter die Spree zu treiben. Der Feind hatte [...]. Der Feind zog [...]. [D]ie

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Jägerbüchsen hielten den Feind im Zaum [...]. Das Avantcorps, ausdrücklich zu immerwährender und energischer Beunruhigung des Feindes vereint, war so in eine Defensive gerathen [...]. Da brach Major Pentzig mit den ostpreußischen Füsilieren vor, warf den Feind mit dem Bajonett hinaus, behauptete sich trotz des feindlichen Andrängens« (DYork III, 78-79).

Diese impliziten Wertungen des dualen Preußen-Feind-Schemas sind teilweise weiter ausdifferenziert und operieren dann mit eindeutigen ethnographischen Akzentuierungen; im Text heißt es etwa: »Wahrlich nur vereint brauchten diese tapferen Preußen zu sein, und man hielt am Riemen den Ansturz der Russen auf, warf sie in ihre öde Heimat zurück« (DYork I, 465). Und an anderer Stelle schreibt Droysen, dass »endlich der Marschall den Ausweg fand, den preußischen und anderen Truppen den rückständigen Sold zu bezahlen; vielleicht daß damit den empörenden Erpressungen, die Polen und Baiern wetteifernd übten, ein Ende gemacht würde; vielleicht auch, um den preußischen Truppen ein Zeichen seiner Vorsorge zu geben, sie desto sicherer an sich zu ketten« (DYork I, 466).

Yorck werden, drittens, die Tugenden eines vermeintlich preußischen Heldens über Beschreibungen und Charakterisierungen seiner militärischen Führung eingeschrieben; er wird immer wieder als tapfer, mutig, führungsstark, diszipliniert, streng, entschlossen aber auch als gerecht und strategisch geschickt bezeichnet. Besonders am Ende des zweiten Buches ist das deutlich. »Vor Allem das Vertrauen der Truppen zu York«, heißt es hier, »das eben so groß war, wie seine Strenge, war durch eine glänzenden Erfolg vollkommen gerechtfertigt. Zum ersten Male hatten sie unter seiner persönlichen Leitung gekämpft und an dem raschen und straffen Gang [...] die Meisterhand, die sie leitete, gefühlt. Die Officiere waren voll Bewunderung, wie klar, sicher, zur Sache jeder Befehl des Generals, wie fest und rechtzeitig jeder Stoß, zugleich wie wohl ausgespart und ohne Vergeudung der Mittel jeder Zug gewesen« (DYork I, 385). »Und wenigstens York hatte dem Marschall nie Anlaß gegeben zu der Hoffnung, als habe er den König [Friedrich Willhelm III.] über den Kaiser [Napoleon I.], den Preußenstolz über den Ruhm der französischen Waffengenossenschaft vergessen« (DYork I, 467). »Nicht als würde York Bedenken haben sich durchzuschlagen« (DYork I, 471).

Mit diesen drei Aspekten der interpretativen Leser_innenführung ist angedeutet, wie der Text operiert. Primär, und das ist auch die intern artikulierte Hauptintention, stellt er das Leben und Handeln des historischen Yorcks in den Mittelpunkt, um auf anderer Ebene über Bewertungen und Kommentare, die in der Konsequenz als suggestive Imperative fungieren, ein Modell preußischen Charakters zu kreieren.

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York von Wartenburg ist von Droysen als Beitrag zur historischen Tradition Preußens instrumentalisiert worden, seine empfundene Verantwortung für das Vaterland betonte er explizit.253 Die Arbeit des Historikers wird über diese Vereinahmung zum Mittel einer aktiven Identitätsstiftung, die Geschichtsschreibung in den Dienst politischer Willensbildung und Weltdeutungskämpfe stellt. Gerät sie damit letztlich selbst zu Politik, erfüllt sich ein wesentlicher Teil von Droysens geschichtsphilosophischem Programm, wie es in der Historik formuliert ist. Demnach ist nicht nur »[d]ie Ethik [...] zur Historik fortzuführen« (DH57/58, 411)254, sondern auch die Politik um die Dimension des Historischen zu erweitern.255 York von Wartenburg ist mithin als Teil jenes Prozesses zu verstehen, den Anderson als Produktion von »imagined communitites«256 beschrieben hatte. Weil die Nation in der Zeit der nachrevolutionären Restauration nicht staatlich manifestierte Realität ist, muss sie kollektiv vorgestellt werden.257 Als politisch engagierte Wissenschaft entsprach die kleindeutsche Geschichtsschreibung dem zeitaktuellen »Selbstverständigungs- und Orientierungsbedürfnissen«258 und realisierte mit ihren Texten Projektionen einer deutschen Nation, die durch erfahrungswissenschaftliche Grundlagen gleichwohl potentiell real erschienen. Breitenwirksam platzierte und an eine gemeinsame Vorbildung anknüpfende Texte wie York von Wartenburg – es wurde darauf hingewiesen, dass Yorck »nicht [...] vergessen« (DYork I, [3]) war und Droysen eine günstige Rezeptionssituation für seine Arbeit mitbedacht hatte (vgl. III.3.a) – etablierten einen kollektiven, national aufgeladenen Wahrnehmungsraum. Als Teil der Geschichte Preußens soll die Geschichte Yorcks – medientheoretisch und

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Vgl. auch: »Welche Männer dieses Preußen gehabt hat! [...] Diese sittliche Macht Preußens ist ein Kleinod, das von Geschlecht zu Geschlecht zu vererben jeder wahre Vaterlandfreund das Seine tun möge!« DBW I, 372. Dazu auch ein Schreiben Droysens an Sybel aus dem zeitlichen Umfeld der Entstehung des York von Wartenburg, das den Gegenstandsbereich der Historiographie absteckt. Vgl.: »[U]nsre Wissenschaft ist von denen, die vor allem den Menschen auch besser machen sollen; ihre beste Kraft ist ethischer Art«. DBW II, 169. Die Überlegung Riesenbergers (1977, 34), nach der er Droysen sich mit York von Wartenburg gegenüber der Historik »[selbst] korrigiere[n]« sah, kann damit nicht geteilt werden. Benedict Anderson. Imagined Communities. Reflections on the Origin and Spread of Nationalism. 2. Aufl. London u. New York 1998. Vgl. Schulze 1985, 107. Wolfgang Hardtwig. »Von Preußens Aufgabe in Deutschland zu Deutschlands Aufgabe in der Welt. Liberalismus und borussianisches Geschichtsbild zwischen Revolution und Imperialismus«. Ders. Geschichtskultur und Wissenschaft. München 1990. 103-160, 107.

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nationalismusspezifisch an die Schriftsprache gebunden259 – zur moralischen Befriedung nach der Napoleonischen Besatzung fungieren. »Nie hat sich ein Staat«, so lautet denn auch der dieses Vorhaben prägnant fokussierende erste Satz, »aus tieferem Sturz schneller und stolzer erhoben als Preußen nach dem Tage von Jena« (DYork I, [3]). Wenn Anderson vor allem auf die Aspekte Patriotismus, Erinnerung und Vergessen hinwies260, beschreibt das Droysens in Geschichtsbildung, Geschichtsabwehr und Idealsetzung des Preußentums aufgehender Text geradezu idealtypisch.261 In dieser Funktion liegt auch der Grund für die Vernachlässigung von Yorcks Persönlichkeit. Im Sinne einer Vergemeinschaftung kam es nicht darauf an, ein Individuum, sondern einen konsensfähig identitätsstiftenden Typus zu zeigen. Damit ist paradoxerweise gegenwärtige Kollektivität das Ziel der Betrachtung des historischen Individuums. So ist die »Wahl, Beschreibung und Durchsetzung historischer Persönlichkeiten als überpersonaler, für eine große Gruppe, vielleicht eine ganze Nation gültiger Leitbilder ein zentraler Vorgang bei der Herausbildung der kollektiven Identität. Charakter, Ziele, Methoden, Leistungen solcher Persönlichkeiten erhalten wert- und verhaltensnormierende Funktion für die politische und soziale Gemeinschaft«262.

Im nationalen Kontext des 19. Jahrhunderts sind diese Leitbilder nicht nur Positivdefinitionen, sondern immer auch mit sozialer, ethnischer, rassischer und religiöser Ausgrenzung verbunden. Während territoriale »Partizipationsverweigerung«263 im Text der Darstellung selbst thematisiert wird264, wurde bereits darauf eingegangen, dass die entwickelte Erzählung implizit eine hegemonial-männliche und bürgerlich dominierte Geschichte favorisiert (vgl. III.3.b). York von Wartenburg stellt in seiner auf nationale Homogenität265 zielenden Intention einen Kontrast zu jenem Zweig 259

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Vgl.: »Linguistic nationalism was the creation of people who wrote and read, not of people who spoke«. Hobsbawm 2002, 147. Dazu auch Weber 2002, 347. Jeweils ganze Kapitel widmen sich diesen Phänomenen: »Patriotism and Racism« u. »Memory and Forgetting«. Vgl. Anderson 1998, 141-154/ 187-206. Es ist damit bemerkenswert, dass Birtsch (1964) für die Untersuchung des Nationalstaatsgedankens in seiner Studie ausgerechnet York von Wartenburg nicht als Fallstudie heranzieht. Hardtwig 1990: Preußens Aufgabe, 110. Dieter Langewiesche. Nation, Nationalismus, Nationalstaat in Deutschland und Europa. München 2000, 49. Vgl. u.a. Janders (1965, 106) schon zuvor zitierte Äußerung zur antiösterreichischen Tendenz. Nach Langewiesche (2000, 49) ist Homogenität exponierter Ausdruck der Nationalstaatsbewegung im 19. Jahrhundert. Vgl. dazu auch Wolfgang Kaschuba. »Volk und Nation.

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der aktuellen Biographik dar, die über das Betonen von multinationalen und hybriden Identitäten und die Infragestellung von geschlossenen Nationalkulturen die beschriebenen Konstruktionen aufzubrechen versucht.266 In der internationalen Nationalismusforschung wird zudem die Maskulinisierung von Nation dekonstruiert.267 Seine Profession zunehmend als gesellschaftlichen Auftrag verstehend, ist es nachvollziehbar, dass sich Droysen mit York von Wartenburg vom »albernen, abgebröckelten Altertum« (DBW I, 195) entfernen will. Nicht die »Todtenmaske der Vergangenheiten« (DGPP I, III) ist das bevorzugte Sujet, sondern mit der Geschichte Yorcks ein Stoff der, diesen Maximen folgend, medientheoretisch an außertextuellen Konstitutionsprinzipien ausgerichtet ist.268 Wenn York von Wartenburg als Medium der Identitätsvergegenwärtigung Mittel zur Herstellung und Popularisierung einer preußischen Identität ist269, folgt diese Vorbildsetzung nicht der Logik des 18. Jahrhunderts, wie sie Abbt oder auch Wiggers vertreten haben (vgl. II.1.b). Droysen nämlich geht es nicht um persönlich-individuelle Handlungsmuster im Duktus der Nachnahmung; Fluchtpunkt seiner Darstellung ist die sittliche Disposition der zu generierenden Nation. In diesem überpersönlichen Sinne ist Yorck ein »Held des ›Kategorischen Imperativs‹«270. In den Freiheitskriegen eingeübt, wird die »Einheit von historischer Belehrung und politischem Engagement«271 im York von Wartenburg fort-

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Ethnozentrismus in Geschichte und Gegenwart«. Nationalismus – Nationalitäten – Supranationalitäten [Industrielle Welt. Schriftenreihe des Arbeitskreises für moderne Sozialgeschichte, 53]. Hg. v. Heinrich August Winkler u. Hartmut Kaeble. 2. Aufl. Stuttgart 1995. 56-81. Vgl. dazu Betty Ann Bergland. »National Identity and Life Writing«. Encyclopedia of Life Writing. Autobiographical and Biographical Forms 2. Hg. v. Margaretta Jolly. Chicago u. London 2001. 635-638, 636-637. So hat etwa Bhabha über literarische Quellen nachgewiesen, dass Nation häufig über sexualisierte Narrative mit exklusivierender und vereinheitlichender kultureller Wirkung produziert wird. Vgl. Homi K. Bhabha. Nation and Narration. London u. New York 1990. Vgl. dazu auch Nira Yuval-Davis. Gender and Nation. London, Thousand Oaks u. New Delhi 1997. Vgl.: »Da nichtfiktionale Gattungen immer Zweck- und Gebrauchsformen sind, spielen bei ihnen – im Unterschied zu den meisten fiktionalen Gattungen – die außerliterarischen Bezüge, Intentionen und Zwecke eine konstitutive Rolle«. Niggl 1983, 306-307. Vgl. dazu den Abschnitt »Identität durch Geschichten« in Hermann Lübbe. Geschichtsbegriff und Geschichtsinteresse. Analytik und Pragmatik der Historie. Basel u. Stuttgart 1977, 145-154. Hähner 1999, 156. Gehrke 1989, 134.

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gesetzt.272 Der »Missionsgeist«273 Droysens ist unverkennbar vorhanden. Dem entspricht es, dass mit Droysens Arbeit gleichzeitig eine Bestandsaufnahme und eine Vorwegnahme vorliegt, »a summing up as well as an anticipation«274. Über diese narrative Anlage wird die »Sinnbestimmung der Gegenwart [...] modifiziert«275 und von der Geschichtswissenschaft gezielt gesteuert; die Form des präsentierten Ideals korrespondiert mit diesem Produktionsprinzip. Die dargestellte und ideal gesetzte preußische Realität ist eine Fiktion, die ein imaginierendes, nachvollziehendes Gegenüber braucht. Droysens Text ist also auf einen Rezipienten angewiesen, der seine nationale Utopie teilt und durch seine positive Rezeptionshaltung mitproduziert. Das erklärt warum York von Wartenburg zeitaktuell so erfolgreich war und heute bei einem breiteren Publikum wie der Fachwissenschaft nahezu vergessen ist.276 Hatte die Geschichte der Preußischen Politik ein ähnliches Anliegen wie York von Wartenburg, konnte im Gegensatz zur ersten letztere deshalb auf ein breiteres Publikum wirken, weil sie genrespezifische Vorzüge bot. Die Präferenz der kleindeutschen Schule für die Gattung biographischer Studien (vgl. III.1) ist u.a. mit der günstigen Rezeptionsmöglichkeit zu begründen. Für den konkreten Fall des York von Wartenburg hat Southard gegenüber der Geschichte der Preußischen Politik festgestellt, dass »it was more accessible. Even a long biography, with a ›laconic‹ interpretive voice, is easier to handle than a history that begins in the fourteenth century«277. Auf Seiten seiner Schriften ist damit neben der Geschichte der Preußischen Politik wesentlich York von Wartenburg Ursache dafür, dass Droysen in der deutschen Öffentlichkeit bis vor etwa zwei Generationen auch noch als Politiker erinnert worden war. Davon zeugt das 1958 durch den Senat von Berlin eingerichtete Ehrengrab auf dem Alten ZwölfApostel-Friedhof in Berlin-Schöneberg; es führt Droysen in der bedeutenden und folgenreichen Doppelfunktion als »grossen Historiker u. Politiker« (Abb. 6).278 Wie aus den zurückliegenden Interpretationen deutlich 272 273 274

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Vgl. III.2.c zu den latenten politischen Implikationen auch schon im Alexander. Kümper 2005, 304. Southard 1995, 205. Den Aspekt der Vorwegnahme betont auch Hähner (1999, 160): »Der ›York‹ ist nicht deshalb eine historische Biographie, weil in ihr Geschichte beschrieben wird, sondern weil durch sie Geschichte gemacht werden soll«. Rüsen 1993, 226. Niggl (1983, 311) hatte das Vergessen von literarischen Gebrauchsformen genretheoretisch mit dem starken Gegenwartsbezug erklärt, der für Folgegenerationen nicht mehr gilt. Southard 1995, 209. Nach telefonischer Auskunft vom 01.02.2010 bei der Friedhofsverwaltung des Alten Zwölf-Apostel-Friedhofs gab es Anfang der 1950er Jahre eine Vorschlagliste für 20 ein-

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geworden ist, kombiniert diese Bezeichnung die beiden zentralen, sich aus Droysens Sicht wechselseitig bedingenden Aspekte seines Verständnisses von Historiographie. Insgesamt kann York von Wartenburg damit nicht als praktische Umsetzung eines Theorems gelesen werden, er ist keine bloße Wiederholung theoretischer Positionen auf anderer Ebene. Die Abweichung von der Theorie hat auch Jander mit der politischen Instrumentalisierung begründet. Nicht die Erfüllung des theoretischen Programms war Ziel, Droysen »hat etwas völlig anderes erreichen wollen«279. Droysen vertritt zwar ein deutlich personalistisches Geschichtsbild, dieses ist allerdings nicht mit der Position der im ersten Hauptteil analysierten methodologisch-theoretischen Texte vereinbar. Und auch wenn in Teilen der älteren Forschung die These virulent gewesen ist, York von Wartenburg wäre eine biographisch argumentierende Darstellung der Kriege gegen Napoleon, die historische Figur Yorcks also als Zentrum der Freiheitsidee zu lesen280, ist eine solche Bewertung schwer nachvollziehbar und mit dem Text in Anbetracht der vorgetragenen Argumente nicht in Übereinstimmung zu bringen. Die Darstellung fokussiert nicht die Entwicklung einer Idee, der Autor verfolgt vielmehr ein eigenes, eigentlich genresunspezifisches Interesse und artikuliert über seine Darstellung eine ideologische Adresse. Nachdem die im Historismus bedeutsam gewordene Geschichte als Kollektivsingular die »hermeneutische Erschließung von Gegenwart und Vergangenheit als Bedingung gegenwärtiger Praxis«281 ermöglichte, konnte Geschichtsschreibung auch explizit politisch werden, insofern Politik hier die Formierung eines Erwartungshorizontes, einer Vision meint.

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zurichtende Ehrengrabstellen, die über Fachgutachten bearbeitet worden sind. Infolge eines Senatsbeschlusses vom 09.12.1958 ist das Ehrengrab für Droysen dann auf 25 Jahre eingerichtet worden. 1983 wurde diese Entscheidung von der Berliner Senatsverwaltung für Kultur geprüft und über einen zweiten Senatsbeschluss 1990 für 20 Jahre verlängert. Seit dem 23.01.2010 sind die Nutzungsrechte des Landes Berlin für die Ehrengrabstelle abgelaufen. Die Prüfung der Verlängerung liegt bei der zuständigen Senatskanzlei des Regierenden Bürgermeisters und stellt ein laufendes Verfahren dar. Wie seitens dieser Behörde (ebenfalls am 01.02.2010) mitgeteilt worden ist, könne das »fortlebende Andenken in der allgemeinen Öffentlichkeit«, dass Grundlage für eine positive Entscheidung darstellt, für Droysen wohl nicht mehr angenommen werden, weshalb eine erneute Verlängerung des Ehrengrabes in Zweifel steht. Aufgrund des denkmalgeschützten Status des Friedhofes sei eine bauliche Veränderung oder gar der Abbau des Ehrengrades aber dennoch nicht wahrscheinlich. Jander 1965, 98. Vgl. z.B.: »Die drei Bände dieser Biographie waren eigentlich eine Schilderung der Freiheitskriege, verkörpert in der Gestalt eines ihrer Führer«. Gooch 1964, 147. Rüsen 1969, 44.

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Die politische Funktionalisierung des York von Wartenburg liegt damit in seiner Weltdeutung und Weltvorwegnahme und gewinnt ihre Wirkung aus der Zeitangemessenheit des von ihr indirekt entworfenen Zukunftsprofils. Darin liegt auch die gesellschaftliche wie wissenschaftspolitische Bedeutung der kleindeutschen Schule insgesamt begründet. Kleindeutsche master narratives und die mit ihnen verknüpften sozialen wie institutionellen Strukturen innerhalb Preußens und später des Deutschen Kaiserreiches werden deshalb einflussreich und wirkungsmächtig, weil sie den Diskursen der Zeit entstammen und an sie anschlussfähig sind. In Erweiterung von Baumgartners genereller Bestimmung zur Struktur der Geschichte bei Droysen282 erweist sich die politische Ökonomie des York von Wartenburg mithin als zweifach codiert, indem sie einen prognostisch-ideologischen mit einem wissenschafts- und sozialpolitischen Horizont vereint. Die monumentale Fortsetzung dieses Anliegens in der Geschichte der Preußischen Politik wenig später verdeutlicht, dass es sich bei dem beschriebenen Impetus um kein ephemeres Phänomen im Werk Droysens handelte, sondern vielmehr um das Wesensmerkmal seiner Geschichtsschreibung. Hatte Droysen 1840 angesichts seiner thronkritischen Einstellung noch Angst, sich »um eine preußische Professur [zu] [...] schreiben« (DBW I, 183), trug seine lebenslange Preußen- und Hohenzollern-Affinität – die er in seinem Werk vor allem biographisch realisiert hat – 1877 ihm im Gegenteil neben dem seit dem Beginn seiner Karriere begehrten Berliner Lehrstuhl auch den Titel ›Historiograph des Brandenburgischen Hauses‹ ein.

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Vgl.: »Geschichte als Prozeß ist zentriert in der jeweiligen Gegenwart, deren Struktur durch einen die Tiefendimension ihrer Vorstellungswelt hervorbringenden Reflexionsakt nach zwei Richtungen hin bestimmt ist: ihre Strukturmomente sind Erinnerung und Wollen, Vergangenheit und Zukunft«. Baumgartner 1972, 67.

IV. RESÜMEE: PRINZIPIEN DER ENTINDIVIDUALISIERUNG

Nachdem im ersten Hauptteil die Problemkreise Idee und Werkmeister in den methodologisch-theoretischen Schriften Droysens analysiert und im zweiten Hauptteil ihre Geltung für die Praxis überprüft worden ist, kann das Verhältnis von Theorie und Praxis biographischer Studien bei Droysen im Folgenden auf Grundlage dieser Ergebnisse zusammengefasst und bilanziert werden (IV.1). Im Anschluss wird nach einer Synthese der verschiedenen Teiluntersuchungen gefragt. Diese besteht – wie es dem Titel der vorliegenden Studie als Leitthese zugrunde liegt – in der das Genre bei Droysen theoretisch und praktisch bestimmenden Entindividualisierung (IV.2). Vor der Diskussion der Prinzipien dieser Entindividualisierung ist allerdings der Individualitätsbegriff zu klären. Dabei ist es nicht Ziel, die Ideengeschichte seit der Antike en detail aufzuarbeiten, sondern vielmehr einen reflektierten Gebrauch des Terminus’ sicherzustellen. Der Ausblick zur Rezeption von Droysens biographiologischer Position im späten 20. und 21. Jahrhundert konturiert diese Ergebnisse (IV.3), wobei die Bemerkungen sich dazu nicht auf explizite Rezeptionen richten und notwendig aspekthaft und selektiv bleiben müssen.

1. Merkmale biographischer Studien im Verhältnis von Theorie und Praxis Ausgehend von dem doppelten Befund, dass (1) die Forschungen zur interdisziplinären Biographik gegenwärtig zwar eine Konjunktur erleben, aber kaum intensive Analysen zu konkreten Beispielen vorliegen und (2) Droysen als einer der wichtigsten Theoretiker und Produzenten biographischer Studien des 19. Jahrhunderts in dieser Eigenschaft bislang noch nicht umfassend behandelt worden ist, thematisierte die vorliegende Arbeit die Theorie und Praxis biographischer Studien bei Droysen zugleich systematisch und historisch. Sie verfolgte dabei eine zweifache Fragestellung: Die historiographiegeschichtliche Perspektive zielte auf die theoretische Verortung des Biographischen innerhalb von Droysens Historik – verstanden als Summe der metahistoriographischen Positionierungen – und die praktische Realisierung von zwei exemplarischen Fällen ab; sie ist in den ersten beiden Hauptteilen explizit verhandelt worden. In biogra-

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phiologischer Perspektive war der Status der Individualität als überhistorisches und universales Produkt biographischen Arbeitens schon implizit thematisiert worden und wird, auf Grundlage der zunächst zu resümierenden Ergebnisse der konkreten Analysen, im folgenden Abschnitt vertieft. Insgesamt schließt die vorliegende Arbeit neben diesen thematischen auch heuristische Forschungslücken, denn sie hat für den Rahmen biographiegeschichtlicher Untersuchungen bislang unerschlossenes Archivmaterial aus dem Geheimen Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz, Berlin und dem Universitätsarchiv der Humboldt-Universität zu Berlin, in der Forschung nur wenig beachtete Texte Droysens sowie das von Bendemann geschaffene, in der vorliegenden Literatur (fast) unbehandelte Droysenporträt erstmals produktiv, d.h. den ikonologischen Sinngehalt interpretierend, nicht illustrativ miteinbezogen. Die drei Hauptteile widmen sich je einem Sachzusammenhang von Droysens Biographik. So stand im Zentrum des ersten Hauptteils (II.) die Rekonstruierung der verstreuten Theoretisierungen biographischer Studien in Droysens methodologisch-theoretischen Schriften. Neben der Historik als historiographietheoretischer Hauptschrift wurden dafür auch weitere Texte ausgewertet.Die prinzipiellen Pole von Droysens Biographietheorie bilden die Komplexe Werkmeister und Idee. Wenn die Beschreibung der Idee als grundsätzliche Vorgabe für Geschichtsschreibung bestimmt wurde, ist ihre Aufdeckung auch Aufgabe biographischer Studien. Dabei korrespondiert sie mit dem Konzept der Werkmeister, das den Kreis potenzieller biographischer Objekte festlegt: Während die Werkmeister die historische Idee idealtypisch verfolgen, bedingt diese Nähe zur Idee erst ihre herausgehobene Stellung; Werkmeister und Idee sind deshalb als aufeinander bezogene Pole der biographischen Theoretisierung beschrieben worden. Das erste Kapitel bestimmte den wissenschaftlichen Ort biographischer Studien mit dem Ergebnis, dass Droysen sie als Kernbestandteil von Geschichtsschreibung ansieht. In der Diskussion der historiographischen Genres rechnet er sie nicht nur selbstverständlich zum Kanon der legitimen Gattungen hinzu, sondern schreibt ihnen darüber hinaus auch einen eigenen Gegenstandsbereich ein. Für diese Definition ist es konstitutiv, dass der Kunstcharakters der Gattung verneint ist, denn nur dadurch ist sie für Droysen mit Wissenschaftlichkeit zu korrelieren. Als Subkategorie der erzählenden Darstellung werden sie darüber hinaus als narrative Texte verstanden. Wie im pointierten ersten Exkurs gezeigt werden konnte, bewertet Droysen die Biographik damit grundlegend anders als weite Teile der Aufklärungshistorie; ein Aspekt seiner Geschichtstheorie, der Droy-

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sens Modernität ausmacht, von der vorliegenden Forschung aber erstaunlich wenig beachtet worden ist. Als Quelle besonderen Werts wurde im Rahmen der Bestimmung der Stellung biographischer Studien in Droysens Werk auch Bendemanns Porträt von Droysen herangezogen. In der Analyse der ikonologischen Bildsprache konnte dabei die über die Schriften erarbeitete These von der zentralen Stellung der Biographik in einem weiteren Medium bestätigt werden. Mit Bendemanns Gemälde ist zudem ein Teil der historischen Wahrnehmungsdimension von Droysens biographiologischer Position erschlossen worden. Wie der intime Briefwechsel zwischen den Freunden Droysen und Bendemann zeigte, thematisiert es anders als die (wenige) vorhandene Forschung zu diesem Gemälde vermutet, Droysen nicht primär als Historiographen Preußens, sondern vor allem als biographisch arbeitenden Historiker. Das zweite Kapitel des ersten Hauptteils untersuchte im Anschluss an diese weitgehend gattungstypologischen Probleme die Personentheorie, die bei Droysen mit biographischer Geschichtsschreibung verbunden ist. Dem für biographische Studien in besonderer Weise konstitutiven Verhältnis von – modern formuliert – Struktur und Individuum wurde dabei in geistesgeschichtlicher und differenzanalytischer Perspektive anhand der Kategorien race, class und gender nachgegangen. Von zentraler Bedeutung ist hierbei das Ergebnis, dass biographische Studien bei Droysen als historiographisches Instrument zur Beschreibung historischer Ideen aufgefasst werden. Wie gezeigt werden konnte, sind damit mehrere entscheidende Verortungen verbunden, etwa dass ihr epistemologisches Ziel gerade nicht das Individuum ist, sondern es vielmehr lediglich als Anlass und Instrument der Darstellung fungiert. Der zweite wesentliche Ergebniskomplex betrifft die Objekte biographischer Studien. Wesentlich vom deutschen Idealismus, v.a. von Hegel, beeinflusst, formuliert Droysen ein Programm, das biographische Studien auf die öffentlichen Aspekte von Heroen, die in der Historik als Gegenpol zu den konträr charakterisierten Arbeitern der Geschichte als Werkmeister bezeichnet werden, festlegt. Die Gattung ist nach den methodologisch-theoretischen Schriften auf Figuren von apostrophiert großer Geschichtswirksamkeit limitiert, die sich – das ist die Differenz zu den Arbeitern – durch eine wissende und wollend-affirmative Haltung gegenüber der geschichtlichen Entwicklung auszeichnen. Sie werden als Träger einer historischen Idee interpretiert und die private, nicht-öffentliche Seite ihres Lebens prinzipiell aus dem Genre ausgeschlossen, weil in ihr kein Erkenntnispotential für die Erklärung universalhistorischer Linien angenommen wird (der empirische Beweis dieser zentralen Position wird – wie es für idealistische Positionen

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typisch ist – allerdings nicht erbracht). Bei Droysen korrespondiert damit eine eindeutige, unhintergehbare soziale Präfigurierung dieser – nach der biographischen Theorie – auf nur wenige, extrem exponierte Protagonisten beschränkten Objekte als hegemonial-männlich, weiß, zentraleuropäisch und bürgerlich. Sie stellt einerseits die Reproduktion der von Droysen rezipierten dominanten bürgerlichen Geschlechternorm der Zeit dar, Droysen reproduziert sie in bewusster Absicht aber andererseits auch historiographisch, d.h. mithin gesellschaftspolitisch zur Unterstützung und Promotion seiner eigenen sozialen Position innerhalb dieser Norm. Im zweiten Hauptteil (III.) ist Droysens biographische Praxis daraufhin untersucht worden, ob es sich um die Umsetzung dieses kumulierten Programms handelt. Analysiert wurde die Geschichte Alexanders des Grossen (1833 u. 1877) und Das Leben des Feldmarschalls Grafen York von Wartenburg (1851-1852), weil diese Texte seine mit weitem Abstand wichtigsten biographischen Arbeiten darstellen. Da sich Droysens historiographisches Wirken nur als Teil seines politischen Engagements verstehen lässt, war der zweite Hauptteil mit einem Exkurs zur politischen Fundierung der Historiographie im Rahmen der so genannten kleindeutschen Schule, in dem das grundsätzliche Ineinander von Wissenschaft und Politik bei Droysen klärt werden konnte, zu eröffnen. In den Detailuntersuchungen zu Alexander und York von Wartenburg konnte im Anschluss festgestellt werden, dass sie Droysens eigener Theorie nur zum Teil entsprechen. Droysens biographische Praxen weichen in unterschiedlicher quantitativer und qualitativer Weise von der im ersten Hauptteil systematisch erarbeiten Theorie personenzentrierter Historiographie ab. Zwar werden nicht alle Aspekte verworfen, aber insgesamt ist doch eine markante Differenz zwischen den Realisierungsräumen Theorie und Praxis als Grundkonstante in Droysens biographiologischer Position zu konstatieren. Wenn das in Bezug auf Alexander nicht übergreifend verallgemeinert werden darf, ist hinsichtlich York von Wartenburg festzustellen, dass hier selbst fundamentalen Prinzipien keine Geltung zukommt, mithin nicht von Detailabweichungen ausgegangen werden kann. Insgesamt sind die behandelten biographischen Studien bei Droysen zwar einerseits Teil der Geschichtsschreibung, andererseits gestaltet Droysen sie in einer rhetorischen Form, die er für Geschichtsschreibung generell – und damit auch für biographische Studien – prinzipiell verneint hatte. Selbst wenn ihm das nicht bewusst gewesen sein sollte, bleibt die Distanz zwischen der Reflexion dieses Aspekts und der Realisierung deutlich. Konzeptionell werden zudem lediglich im Alexander die Aspekte Idee und Werkmeister konsequent vertreten, d.h. hier wird ein von der Geschichte be-

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und ermächtigter Held gezeigt, der nur als öffentliche Person Droysens Interesse weckt, während Idee und Werkmeister für York von Wartenburg nicht zu identifizieren sind – und von Droysen teilweise selbst als fehlend konstatiert werden, ohne dass daraus eine durch Quellen nachweisbare Rückwirkung auf die biographische Theoriebildung zu beobachten wäre. In beiden biographischen Studien sich daneben die in der Theorie angelegten sozialen Ausschlusskriterien realisiert. Geschichte ist damit auch auf Seite der Praxis bereits nach den Titelhelden auf hegemonial-männliche und europäisch-weiße Identitäten festgelegt; biographische Würdigungen eines subordiniert-männlichen Subjekts finden sich in Droysens Œuvre nicht. Über die stets fokussierte historische Leistung werden erneut bürgerliche Ideale wirksam reproduziert und – historiographisch wirksam – absolut gesetzt. Im Verlauf der Darstellung erscheinen unterbürgerliche Schichten, Frauen, nicht-hegemoniale Männlichkeiten, Außereuropäer und andere, in Droysens Diktion, Arbeiter der Geschichte entsprechend als wenig bedeutsam und höchstens in Form von Objekten als relevant. Beide Arbeiten unterscheiden sich, als praxisinterne Differenz, hinsichtlich ihrer Intentionen von einander: Sollte mit erstem ein wissenschaftsinternes Problem behandelt werden (Einleitung zur Geschichte des Hellenismus), reagierte Droysen mit letzterem auf eine wissenschaftsexterne, realpolitische Situation. Im York von Wartenburg ist Droysen nicht an der Darstellung der Umsetzung einer welthistorischen Idee interessiert, sondern versteht seine biographische Historiographie stattdessen eindeutig und explizit als Mittel politischer Einflussnahme, womit ein Gegensatz zu Alexander besteht, der nicht als zuerst außerwissenschaftlichen Interessen verpflichtet gelten muss. In beiden Fällen ist nicht die präsentierte Figur und deren privates Leben – das reproduziert die Vorgaben der Theorie weitgehend – Fluchtpunkt der Darstellung, vielmehr stehen die historische Idee oder das ideale Preußentum im Zentrum und sind das eigentliche Objekt von Droysens Interesse. In der Analyse der beiden biographischen Studien konnten als übergeordnetes Ergebnis des zweiten Hauptteils in Anlehnung an diese sehr unterschiedlichen Intentionen zwei Typen biographischen Arbeitens bei Droysen herausgearbeitet werden. Alexander war deshalb als Modell idealistischer Biographik bezeichnet worden, weil die Darstellung an Alexander dem Großen lediglich den Verlauf der allgemeinen Geschichte demonstriert, d.h. die historische Entfaltung der übergreifenden, göttlichen Idee im Vordergrund steht. Die entsprechende Analyse des York von Wartenburg macht hingegen deutlich, dass dieser Text in erster Linie

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politischen Interessen verpflichtet ist. Er entstand, wie Droysen explizit anmerkt, zur Ermutigung der preußischen Öffentlichkeit nach der gescheiterten Revolution von 1848; ein Vorhaben, das recht erfolgreich war, wie die Untersuchung der Rezeption zeigte. Die Zuordnungen zur idealistischen und politischen Biographik bilden die – vor allem intentionalen – Unterschiede beider Arbeiten ab. Sie sind dabei mehr heuristisches Modell als starres System, denn Alexander ist mit der (impliziten) Makedonien-Preußen-Parallele durchaus eine politische Botschaft und York von Wartenburg mit der Orientierung auf das antizipierte Ideal Preußens eine höhere Ordnung inhärent. In Berücksichtigung dieser Argumente ist für Droysen mithin eine markante Differenz zwischen Theorie und Praxis festzustellen. Sie berührt verschiedene Ebenen und prägt sich in den beiden untersuchten biographischen Studien unterschiedlich aus (Alexander folgt der entworfenen Theorie signifikant stärker als York von Wartenburg), ist aber jeweils nachweisbar. Droysen hat diese Theorie-Praxis-Differenz wohl deshalb nie reflektiert, weil Historiographie für ihn, darauf hat auch der zweite Exkurs verwiesen, nicht in der präzisen Applikation programmatischer Vorgaben – auch seiner eigenen nicht – besteht, sondern stattdessen als politischer Akt zu verstehen ist. Aus dieser Perspektive ist der in der Forschung teilweise virulenten Einschätzung, nach der die Historik Grundlage oder historisch-logisches Resultat der Praxis sei1, entgegenzutreten; zumindest für den Teilbereich biographischer Studien ist sie nicht haltbar. Nach dieser Zusammenfassung führt des folgende zweite Kapitel die Teilergebnisse unter der im Titel aufgeworfenen Frage nach dem Status der Individualität zusammen. Hierbei geht es nicht um einen erneuten chronologischen Durchgang durch die Einzelergebnisse, sondern um den Versuch, ihren übergreifenden Zusammenhang zu formulieren.

2. Biographische Entindividualisierung: Defokussierte Individuen Unter dem Terminus ›Individuum‹ fasst die moderne Gesellschaftstheorie ein »›Einzelwesen‹«2 im Sinne einer »raumzeitliche[n] Singularität«3. Als 1

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Vgl. González 1980, 44. Zuvor schon so bei Becker (1928, 7): »[...] denn es ist doch so, daß die Theorie sich entwickelt hat aus seinen historischen Studien und deren Wahl und besondere Auffassung wiederum nicht denkbar sind ohne die gesamte geistige Einstellung Droysens«. Lucien Sève. »Individuum/Individualismus«. Europäische Enzyklopädie zu Philosophie und Wissenschaften 2. Hg. v. Hans Jörg Sandkühler. Hamburg 1990. 654-659, 654.

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Subjekt des Individualismus gilt der »Mensch, der sich autonom entwickeln und verwirklichen will«4; der Mensch wird in diesem Zusammenhang insgesamt als ein sich »ausdrücklich individualisierende[s] Lebewesen«5 verstanden. Kann das Verhältnis von Individuum und Gesellschaft als eines der Hauptprobleme der neuzeitlichen Sozialphilosophie charakterisiert werden6, ist für die Gegenwart eine prinzipielle Akzeptanz der »Autonomie des Individuums«7 zu konstatieren. In historischer Perspektive ist damit das antike Verständnis, nach dem sich das Individuum nicht gegenüber anderen Menschen auszeichnete, sondern von der Natur abgrenzte8, erheblich erweitert. Seit Mitte des 18. Jahrhunderts wurde unter Individuum ein Einzelsubjekt verstanden9, und im Laufe 19. Jahrhundert wurden die Begriffe ›Individualisierung‹ und ›Individualismus‹ geprägt10; in den (früh-)kapitalistischen Gesellschaften schließlich ging mit der Individualität des Privateigentümers eine bürgerlich-ökonomische Konzeption in generelle Geltung über11. Bedeutet das einerseits die Ausdifferenzierung des Begriffes, ist der hohe Wert des Einzelnen andererseits ohne das antike Fundament nicht als Neubewertung zu verstehen. Individualität ist gerade nicht jenes Signum der nachmittelalterlichen Epochen, als das es wesentlich über Burckhardts Kultur der Renaissance in Italien apostrophiert wurde12, sondern war bereits in 3

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Hans-Ernst Schiller. Das Individuum im Widerstreit. Zur Theoriegeschichte des modernen Individualismus [Schriftenreihe des Fachbereichs Sozial- und Kulturwissenschaften der Fachhochschule Düsseldorf. Transfer aus den Sozial- und Kulturwissenschaften, 3]. Berlin 2006, 15. Ebd., 11. Volker Gerhardt. Individualität. Das Element der Welt. München 2000, 37. Vgl. Schiller 2006, 9. Niklas Luhmann. »Individuum, Individualität, Individualismus«. Ders. Gesellschaftsstruktur und Semantik. Studien zur Wissenssoziologie 3. Frankfurt am Main 1989. 149-258, 258. Vgl. ebd., 175. Vgl. Manfred Frank. »Subjekt, Person, Individuum«. Individualität [Poetik und Hermeneutik, 13]. Hg. v. dems. u. Anselm Haverkamp. München 1988. 3-20, 3. Zur differenten Verwendung des Individuum-Begriffs in nicht-geisteswissenschaftlichen Disziplinen bei Sève 1990, 655-656. Vgl. ebd., 654/ 656. Vgl. Schiller 2006, 27. Vgl. Jacob Burckhardt. Die Kultur der Renaissance in Italien [Bibliothek der Geschichte und Politik, 8]. Hg. v. Horst Günther. Frankfurt am Main 1989, 107. Ähnlich noch bei Norman Nelson. »Individualism as a Criterion of the Renaissance«. JEGP 32 (1933): 316-334. Diese Position wird in neueren Publikationen dezidiert zurückgewiesen. Vgl. Heinz Löwe. »Von der Persönlichkeit im Mittelalter«. GWU 2 (1951): 522-538. Walter Ullmann. Individuum und Gesellschaft im Mittelalter. Göttingen 1974. Peter Burke. »Die italienische Renaissance und die Herausorderung der Postmoderne«. Kulturtheorie der

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Antike und Mittelalter diskutiert worden13, um in der Moderne schließlich reformuliert werden zu können.14 Die nachfolgend zu entwickelnden Prinzipien der Entindividualisierung berücksichtigen, dass Droysen die Realisierung von Individualität in Form einer »Lebensgeschichte, in der soziale Determination und individueller Entwurf ineinander greifen«15, nicht als konstitutiv für die Objekte seiner biographischen Studien anerkennt. Die destillierten Prinzipien werden dabei auf drei Ebenen verfolgt; auf Ebene des epistemologischen Interesses, des historiographischen Gegenstandes und der Konzeption des geschichtswirksamen Individuums. Da diese Aspekte miteinander korrespondieren, sich wechselseitig bedingen und verstärken, ergeben sich auch in der folgenden Analyse Überschneidungen. Sie sind insofern gegenstandsadäquat als sich an ihnen die Verflechtungen und die Komplexität der Strukturen verdeutlichen. (α) In Droysens Geschichtsverständnis steht die Menschheit insgesamt im Zentrum. Historiographie ist nicht nur Teil der menschlichen Entwicklung, sondern bildet diese auch in ihrer Summe ab. Wenn Geschichte deshalb als der »Gattungsbegriff des Menschen« (DH57, 17) definiert wird, ist die Rolle des Individuums darin insofern negiert, als sie auf die Eigenschaft, Teil der Menschheit, des Gesamt zu sein, reduziert sind. In der Forschung ist diese Insverhältnissetzung als »Extrapolation der IchIdentität des Menschen auf ein Makrosubjekt«16 beschrieben worden. Droysens gelegentliche Hinweise darauf, dass prinzipiell jedes Leben interessant sei, stellen innerhalb seiner Argumentation Randaspekte dar und sind von ihm selbst nicht verwirklicht worden. Individuen werden in Droysens

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Gegenwart. Ansätze und Positionen. Hg. v. Gerhart Schröder u. Helga Breuninger. Frankfurt am Main u. New York 2001. 27-38. Gerhardt 2000, 11. Schiller 2006, 34. Vgl. Th[eo] Kobusch. »Individuum, Individualität I. Antike und Frühscholastik«. Historisches Wörterbuch der Philosophie 4. Hg. v. Joachim Ritter u. Karlfried Gründer. Darmstadt 1976. 300-304. Vgl. überblicksartig zur Begriffsgeschichte Richard Koebner. »Zur Begriffsbildung der Kulturgeschichte II. Zur Geschichte des Begriffs ›Individualismus‹«. HZ 149 (1924): 253293. Stephen Lukes. Individualism [Key Concepts in the Social Science]. Oxford 1973. Aus disziplingeschichtlicher Sicht ist es zudem aussagekräftig, dass die sozialgeschichtlich orientierten Geschichtlichen Grundbegriffe das Lexem Individuum oder seine Ableitungen nicht behandeln. Vgl. Otto Brunner, Werner Conze u. Reinhart Koselleck (Hg.). Geschichtliche Grundbegriffe. Historisches Lexikon zur politisch-sozialen Sprache in Deutschland 3. Stuttgart 1982. Schiller 2006, 26. Vgl. auch Luhmann (1989, 207): »Das Individuum gewinnt, als Parasit der Differenz von Allgemeinen und Besonderem und daraus, dass diese nicht übereinkommen, seine Individualität«. González 1980, 260.

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Historiographiekonzeption also wahrgenommen, sind aber immer – und programmatisch – an einen höheren Zweck gebunden. Individualität wird bei Droysen nie um ihretwillen untersucht. Sowohl die Werkmeister wie auch die Arbeiter der Geschichte erscheinen lediglich als Medien einer historischen Idee, die das eigentliche epistemologische Ziel Droysens ist. Die Darstellung des Entwicklungsganges von Ideen war im Kapitel zu den Gegenständen und Formen der Geschichtsschreibung als grundlegendes Prinzip für Droysens gesamte Historiographie beschrieben worden (vgl. II.1). In der Analyse des Alexander hat sich ihre entindividualisierende Zentralstellung bestätigt; er ist als universalhistorische Chiffre präsentiert, nicht als »soziale Adresse«17. Politisch motiviert, wird die Idee zeitweise von der Orientierung auf den preußischen Staat ersetzt; im York von Wartenburg kommt ihr deshalb keine Absolutgeltung zu, dafür ist der Sinn der Geschichte auf Preußen appliziert, womit erneut die titelgebende Figur nicht als solche, sondern im Verweis auf ein höheres Interesse verhandelt wird. Das historische Individuum ist in beiden Fällen gerade nicht als »die Idee seiner selbst«18 präsentiert, sondern nimmt die Position eines Stellvertreters ein. Auch jenseits dieser konkreten Vereinnahmung spielt Geschichte als Erfüllungsimperativ künftiger Politik eine zentrale Rolle. Droysen kommuniziert über beide Darstellungen auch politische Inhalte und entsprechend sind die Makedonien-Preußen-Parallele, die Moralisierung militärischer Kreise und die Glorifizierung Preußens wichtiger als die charakterliche Entwicklung der zur Erzählung anlassgebenden Protagonisten. In Bendemanns Porträt sind diese Aspekte insofern reproduziert, als die symbolisch repräsentierten Personen (Alexander, Yorck, Friedrich Wilhelm I., Friedrich II.) nicht als Figuren für sich stehen, sondern als gruppierte Stellvertreter preußisch-deutscher Geschichte inszeniert werden (vgl. II.1.a). Könnten sie zunächst als Individuen verstanden werden, haben sie insgesamt bei Droysen und Bendemann eine gänzlich andere Funktion; die Figuren verweisen nicht auf sich, sondern – alle zusammen – auf einen außerhalb ihnen liegenden, damit überindividuellen Zweck. Sie fungieren als Siglen für einen dahinter stehenden eigentlichen Inhalt, der bei Droysen in Preußen und bei Bendemann in biographischer Historiographie besteht. (β) Das beschriebene Erkenntnisinteresse zeigt sich wesentlich an den in praxi über biographische Studien dargestellten Gegenständen. Bereits in seiner theoretischen Argumentation schloss Droysen die Berücksichti17 18

Luhmann 1989, 251-252. Ebd., 214.

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gung privater Details mehrfach pointiert aus. Neben dem Brief zu den Mätressen Yorcks, die ihn nicht interessierten (DBW II, 968), ist dafür jene Historik-Passage an eindrücklichsten, in der er sich gegen die Tagesplanung Kants und die Speisegewohnheiten Schillers als Gegenstände wissenschaftlicher Geschichtsschreibung ausspricht (DH57, 196). Mit den Informationen zum alltäglichen Leben aber – die genannten Beispiele stehen dabei für viele andere – gehen erhebliche Teile des individualisierenden Potentials eines als Lebensgeschichte firmierenden Narrativs verloren. In Folge dieser konzeptionellen Entscheidung bilden biographische Studien bei Droysen keine individualisierten Einzelpersönlichkeiten in ihrer Eigenart, ihrer Singularität ab und sollen das auch nicht, sondern thematisieren die titelgebenden Personen ganz im Gegenteil als exemplarisch und stellvertretend. In Droysens eigener Biographik sind die Konsequenzen der Umsetzung dieses Formprinzips paradigmatisch zu beobachten. Alexander und Yorck werden nur soweit als Individuen wahrgenommen, wie es für die Rückbindung ihres Lebens an die eigentlich im Vordergrund stehende Idee bzw. den eigentlich thematisierten politischen Horizont notwendig ist. Zu beiden Protagonisten liefert Droysen mithin kaum lebensgeschichtliche Einzelheiten19, die sie in ihrer Individualität erkennbar werden ließen und in beiden Fällen wurde das Fehlen einer darstellungsinternen Persönlichkeitsentwicklung festgestellt. Sujet sind demgegenüber die an der angestrebten Perspektive orientierten Handlungen und Erfolge; der Mensch Alexander gilt Droysen als Produzent seiner Taten, als Ideenträger und Funktion der Geschichte, in dem Menschen Yorck sieht er lediglich ein vorbildhaftes Modell, eine austauschbare Schablone. Darin zeigt sich, dass Droysen nicht an dem Fortschritt der historischen Einzelpersönlichkeit interessiert ist, wohl aber an der Entwicklung der an ihnen beispielhaft verfolgten Universalgeschichte bzw. an den über sie veranschaulichten abstrakten Wertvorstellungen und Idealen. Die Erwähnung der wenigen privaten Details in beiden Werken bestätigt diesen Umstand dabei mehr als sie ihn in Frage gestellt. Wenn Droysen einerseits auch kein allgemeinmenschliches Moraltableau zur ethischen Erbauung vorlegen will, wie die Biographen des 18. Jahrhunderts das angestrebt hatten, kann ihm andererseits auch kein Interesse an der Privatperson über ihre öffent19

Wie in den Fallanalysen deutlich geworden ist, ist diese Einschränkung wichtig, denn Droysen teilt in beiden Arbeiten durchaus sehr vereinzelt persönliche Details mit, deren Erwähnung deshalb bemerkenswert ist, weil sie in den theoretischen Positionen stets kategorisch ausgeschlossen worden sind. Sie stellen andererseits den formulierten Befund, des nicht vorhanden Fokus auf die Privatsphäre nicht in Frage.

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lichen Leistungen hinaus attestiert werden. Pointiert formuliert, präsentiert Droysen mit biographischen Studien, und hier decken sich theoretische Reflexion und praktische Umsetzung, damit eine Geschichte, die nicht die Geschichte eines Individuums ist. (γ) Als dritter, implizit teilweise schon erwähnter Aspekt wirkt Droysens Konzeption des geschichtswirksamen Individuums entindividualisierend. Mit der prinzipiellen Einteilung der Menschheit in Arbeiter und Werkmeister der Geschichte und der damit verbundenen, aber auch geschichtsphilosophisch begründeten historiographischen Privilegierung der Werkmeister ist einerseits der überwiegende Teil der Menschen aus biographischen Studien ausgeschlossen, d.h. die Mehrzahl aller Individuen wird von der Gattung in Droysens Zuschnitt prinzipiell ausgeblendet. Andererseits sind die berücksichtigten Figuren mit den Werkmeistern gerade durch ihre überindividuellen Eigenschaften definiert und für die Geschichtswissenschaft erst von Interesse, wenn sie nicht als Individuen verstanden werden; »[a]ls solches und nur als solches sucht ihn die Forschung [...], nicht um seiner Persönlichkeit, sondern um seiner geschichtlichen Bedeutung willen« (DH57, 194), lautete die prägnante Formel dazu. Die präsentierten Figuren stellen gerade keine Diskontinuität vor dem Hintergrund einer sich wandelnden Zeit dar, wie biographische Identität definiert worden ist20; sie entwickeln sich in Droysens Arbeiten nicht als Individuen. Es wird deutlich, dass in seiner Konzeption die Einzelnen nur als Teile einer Ordnung wahrgenommen werden können, als Aspekte eines umfassenden Systems. Darin dokumentiert sich der Einfluss idealistischer Tendenzen, die Droysen wesentlich über Hegel vermittelt worden waren. Eine andere, außerwissenschaftlich etablierte Prägung, die für den hier verhandelten Zusammenhang relevant ist, stellen die beschriebenen race-, class- und gender-Konstellationen dar. Sie strukturieren nicht nur die soziale Herkunft der Werkmeister, sondern fixieren diese gleichzeitig in einem bestimmten Modell. Wenn personale Geschichtswirksamkeit implizit als hegemonial-männlich, weiß, zentraleuropäisch und bürgerlich gesetzt wird, handelt es sich um ein zum Typus gewordenes Profil, das nicht mehr hinterfragt wird, kein Produkt eines am historischen Spezialfall geführten Diskussionsprozesses ist, sondern als verfestigtes Muster natürlicherweise Anwendung findet. Dabei gilt eine Wechselwirkung, bei der die aktuell dominante Kultur abgebildet wird und sich darüber immer

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Vgl. Jens Brockmeier. »Identity«. Encyclopedia of Life Writing. Autobiographical and Biographical Forms 1. Hg. v. Margaretta Jolly. Chicago u. London 2001. 455-456, 455.

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wieder restabilisiert.21 Wie Droysens biographische Praxis zeigt, ist ein Aufbrechen dieses Axioms nicht möglich. Alexander wie York von Wartenburg folgen ihm und entwickeln keinerlei Perspektive auf eine Alternative. Historische Größe ist – als jenes Muster – systematisch gerade auf nicht-individualisierte, typisierte Personenentwürfe beschränkt. Vor dem Hintergrund dieser drei übergreifenden Prinzipien erweist sich eine ahistorisch und wenig differenzierende Definition biographischer Studien, die die »ureigenste Aufgabe« des Genres darin sieht, »ihren Helden als einzigartige Erscheinung zu schildern«22, als problematisch. Für Droysen gilt diese normative und generalisierende Bestimmung nicht, wie in einer Randbemerkung auch Zimmermann angemerkt hatte23. Das grundlegende Ziel des Alexander und York von Wartenburg ist keineswegs die »soul of man«24 oder gar eine »representation of an individual self«25. Vielmehr ist Droysen zwischen den bei Opgenoorth aufgestellten Beziehungsmodellen von Individuum und Struktur für Ranke und Burckhardt einzuordnen, d.h. seine biographiologische Position liegt zwischen dem Individuum »›als Akteur der Staatengeschichte‹« und einer »›[h]istorische[n] Größe der Persönlichkeit als Verdichtung der Weltgeschichte‹«26. Biographiedefinitionen legen in ihrem Bedürfnis nach übergeordneten, generellen und überzeitlichen Momenten die Gattung häufig vorschnell auf die Darstellung von Individualität fest.27 Auch Beschreibungen des Historismus als prinzipiell von einem »Individualitätsdenken«28 geprägt, verstellen den Blick auf die Historiographiegeschichte mehr 21

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Vgl. Sybil Oldfield. »Exemplary and Model Lives«. Encyclopedia of Life Writing. Autobiographical and Biographical Forms 1. Hg. v. Margaretta Jolly. Chicago u. London 2001. 314-316, 315. Hähner 1999, 145. Vgl. Zimmermann 2006, 122. Thayer 1920, 120. Hornung 2001, 38. Ernst Opgenoorth. »Biographie und historische (Liberalismus-)Forschung«. JLF 15 (2003): 11-43, 26. Vgl. etwa Lee 1911, 8. Garraty 1957, 28. Martin A. Danahay. »Individualism and Life Writing«. Encyclopedia of Life Writing. Autobiographical and Biographical Forms 1. Hg. v. Margaretta Jolly. Chicago u. London 2001. 466-468. Hamilton 2007, 294. So auch: »Immer sind es Zeiten einer besonderen Ausprägung des Sinns für das Individuelle, in denen sich die Biographie glanzvoll entfaltet«. Günter Blöcker. »Biographie – Kunst oder Wissenschaft?« Definitionen. Essays zur Literatur. Hg. v. Adolf Frisé. Frankfurt am Main 1963. 58-84, 65. Eine Ausnahme stellt Zimmermann (2006, 122) dar: »Vom Alexander-Buch über die Ausführungen in der ›Historik‹ bis zu den Vorbereitungen einer ›Geschichte‹ Friedrichs II. hat er [Droysen] seine skeptische Haltung gegenüber einer individualistischen Biographik bewahrt«. Schleier 1993, 142.

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als sie ihn erhellen. Ist ein gewisser Abstraktionsgrad bei Definitionen immer hinzunehmen – Nobis übersetzt den etymologischen Ursprung von Definition mit »Umgrenzung«29 und verdeutlicht damit, dass es sich um ein Weglassen und Konzentrieren handelt –, führt er im konkreten Fall dazu, dass die biographiologische Position eines der wichtigsten Biographietheoretikers wie Biographen der Geschichtswissenschaft des 19. Jahrhunderts ihrer Spezifik und individuellen Signifikanz nach nicht berücksichtigt wird bzw. werden kann. Wenn Droysen die Frage nach dem Wesen des Menschen historisch beantwortete30, ist damit auch die Rolle der Individualität vorbestimmt; sie ist stets eingeordnet, kontextualisiert, funktionalisiert, sodass der konkrete Einzelne in der Konsequenz defokussiert wird. Mit dieser Feststellung bestätigt sich auch das in der Einleitung zur vorliegenden Arbeit erwähnte Organisationsprinzip, nach dem die Definition biographischer Studien nicht universell vorgenommen werden kann, sondern eine kleinteiligere, an konkreten Beispielen ausgerichtete Orientierung notwendig ist.

3. Ausblick: Droysens Position als Gegenmodell aktueller Biographik War Droysens Biographiekonzeption (in Teilen), d.h. nachdem die Historik lange nur unzureichend bekannt war vor allem die biographische Praxis, im 19. Jahrhundert weithin akzeptiert – Sybel und Treitschke verfahren nahezu genauso31 –, wurde sie im späten 20. Jahrhundert mindestens indirekt massiv kritisiert. Vom sozialgeschichtlichen Paradigma wurde sie seit den 1970er Jahren grundlegend methodologisch in Frage gestellt. Im Sinne einer Negativfolie – Schleier sprach von »Heldenfriseure[n]«32 – stand die Biographik des 19. Jahrhunderts, die in Droysens biographiologischer Position nicht komplett aufgeht, aber von ihm wesentlich geprägt war, stets im Hintergrund dieser Diskussion. Kocka, als einer seiner Hauptvertreter, beispielsweise zielte auf »umgreifend[e] Synthesen«, die die »Ge29

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H[eribert] Nobis. »Definition. I«. Historisches Wörterbuch der Philosophie 2. Hg. v. Joachim Ritter u. Karlfried Gründer. Darmstadt 1972. 31-35, 31. Vgl. Ottnad 1952, 4. Für Treitschke ist das untersucht. Demnach sind seine Helden keine isolierten Größen, sondern an Volk, Staat und Geschichte gebunden. Vgl. Jens Nordalm. Der gegängelte Held. ›Heroenkult‹ im 19. Jahrhundert am Beispiel Thomas Carlyles und Heinrich von Treitschkes. HZ 276 (2003): 647-675. Hans Schleier. »Narrative Geschichte und strukturgeschichtliche Analyse im traditionellen Historismus«. ZfG 34 (1986): 99-112, 104.

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schichtsmächtigkeit kollektiver, vor allem sozialökonomisch vermittelter gesellschaftlicher Strukturen und Prozesse«33 beweisen sollten. Entscheidungs- und Handlungsspielräume sollten zwar nicht übersehen werden34, gleichzeitig waren soziale Formationen und die Folgen ökonomischer, politischer und kultureller Phänomene aber so wichtig, dass dafür jenseits der Programmatik kaum Raum blieb35. Auch die Deutsche Gesellschaftsgeschichte war prinzipiell nicht am Individuum orientiert, sondern ging über politisch-soziale Achsen primär den »schwer überschreitbare[n] Grenzen«36 intentionalen Handelns nach. Biographische Studien wurden von Wehler aber auch direkt disqualifiziert37 und gerieten ihm – in nahezu ideeller Fortsetzung von Nietzsches Kritik an der »biographische[n] Seuche«38 – schließlich unter den Generalverdacht der fast nie zu vermeidenden Einseitigkeit39. Insgesamt führte also der Versuch, mit dem die Struktur- und Sozialgeschichte angetreten war, die dominierende personenzentrierte Politikgeschichte zu kritisieren, dazu, das Individuum formal aus der Historiographie zu verdrängen. Dabei darf nicht übersehen werden, dass in den konkreten Darstellungen auch sozialhistorische Arbeiten biographisch argumentieren40, und auch in den Konjunkturphasen der Sozialgeschichte biographische Studien publiziert worden sind. Die wissenschaftsinternen Auswirkungen der erwähnten theoretischen Verdrängung allerdings beschreibt Gilman: »In den 1950er und 1960er Jahren wurden Biographien zwar gelesen, aber nicht ernst genommen. Man hätte sich mit einer Biographie in Wissenschaftskreisen niemals etablieren können, die schrieb man erst, wenn man schon in Amt und Würden war«41. 33

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Jürgen Kocka. »Sozialgeschichte – Strukturgeschichte – Gesellschaftsgeschichte«. AfS 15 (1975): 1-42, 34-35. Vgl. ebd., 41. Vgl. Jürgen Kocka. »Sozialgeschichte, Gesellschaftsgeschichte«. Handbuch der Geschichtsdidaktik. Hg. v. Klaus Bergmann, Klaus Fröhlich, Annette Kuhn u.a. Seelze-Velber 1997. 191-197, 191. Wehler 1987: Gesellschaftsgeschichte 1, 30. Vgl. Wehler 1971. Friedrich Nietzsche. »Die Philosophie im tragischen Zeitalter der Griechen«. Ders. Werke in drei Bänden 3. Hg. v. Karl Schlechta. München 1956. 349-413, 366. Vgl. Hans-Ulrich Wehler. »Aus der Geschichte lernen?« Ders. Aus der Geschichte lernen? Essays. München 1988. 11-18, 14-15. Vgl. dazu Paul Nolte. »Darstellungsweisen deutscher Geschichte. Erzählstrukturen und ›master narratives‹ bei Nipperdey und Wehler«. Die Nation schreiben. Geschichtswissenschaft im internationalen Vergleich. Hg. v. Christoph Conrad u. Sebastian Conrad. Göttingen 2002. 236-268. Sander L. Gilman. »›Wir wollen jetzt Geschichten erzählen...‹. Sander L. Gilman über seine Jurek-Becker-Biographie, Biographik in Deutschland und den USA. Ein Gespräch

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Biographiologische Forschungen betrieben in der Folge als Reaktion die »Wiederentdeckung des ›wirklichen Menschen‹«42. Allerdings konnten auch biographieaffine Positionen im 20. Jahrhundert nicht an Droysen anknüpfen. Schulze schlug mit den als »geologische Bohrsonde« verstandenen »durchschnittlichen«43 Figuren letztlich die Umkehrung seines Modells vor: Mit dem Ziel möglichst nicht-exponierte, nicht-privilegierte Figuren in den Blick zunehmen (das seinerseits kein Erkenntnisinteresse am Individuum, sondern an einer exemplarischen Sozialgeschichte hatte) wird eine Geschichte von unten, aus bislang vernachlässigten Perspektiven verbunden. Als ungerechtfertigte Limitationen erfuhren alle für Droysen herausgehobenen Parameter seiner biographischen Positionen – das Erkenntnisinteresse, der Gegenstandszuschnitt und die Konzeption des Individuums – Kritik. Ein Zweig der modernen Biographietheorie stellt in Abkehr davon isolierte und allgemeine Größe generell zur Disposition44 und betont die Chance, mit biographischen Studien etwa Nicht-Weißen, ethnischen und religiösen Minderheiten, gesellschaftlich und kulturell Diskriminierten, Nicht-Heterosexuellen, Arbeitern und Behinderten einen Raum im kulturellen Gedächtnis schaffen45: »[M]odern biography does choose [...] unorthodox subjects«46. Zu beschreibendes Leben soll nicht nur als Summe öffentlicher Leistungen erscheinen, sondern im Gegenteil auch Aufmerksamkeit in bislang unterrepräsentierte Bereiche lenken.47 Besteht die Aufgabe marginalisierungssensibler Geschichtswissenschaft wesentlich darin, auch bislang ausgeschlossene Vergangenheiten darzustellen48, sollen dabei allerdings

42

43 44 45 46 47 48

mit Christian Klein«. Grundlagen der Biographik. Theorie und Praxis des biographischen Schreibens. Hg. v. Christian Klein. Stuttgart 2002. 203-217, 211. So auch bei Schaser 2001, 142. Hans-Jörg Berlepsch. »Die Wiederentdeckung des ›wirklichen Menschen‹ in der Geschichte. Neue biographische Literatur«. AfS 29 (1989): 488-510. Vgl. auch Theodor Schieder. »Strukturen und Persönlichkeiten in der Geschichte«. HZ 195 (1962): 265-296. Imanuel Geiss. »Die Rolle der Persönlichkeit in der Geschichte. Zwischen Überbewerten und Verdrängen«. Persönlichkeit und Struktur in der Geschichte. Historische Bestandsaufnahme und didaktische Implikationen [Geschichtsdidaktik, 1]. Hg. v. Michael Bosch. Düsseldorf 1977. 10-24. Schulze 1978, 513. Vgl. Robson 2000, 107-108. Vgl. ebd., 108. Gittings 1978, 73. Vgl. Lindenmeyer 2000, 46. Hamilton 2007, 219. Hinsichtlich der Biographik hebt das Bergland hervor. Betty Ann Bergland. »Historiography«. Encyclopedia of Life Writing. Autobiographical and Biographical Forms 1. Hg. v.

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Resümee: Prinzipien der Entindividualisierung

keine Reproduktionen der traditionellen Dominanzstrukturen erzeugt werden; Ergebnis der Dominanzkritik sollen damit keine Heroinen sein, die am hegemonial-männlichen Rollenideal orientiert sind49. Feministische Biographik versuchte diesen Anspruch einzulösen. In Bäumer und Lange etwa wurden, um das exemplarisch zu belegen, mit zwei Vertreterinnen der ersten deutschen Frauenbewegung mehrfach marginalisierte Subjekte thematisiert. Über die Form der Doppelbiographie ist zudem das singulär-heroische Geschichtsbild infrage gestellt und die wechselnde Rollenverteilung in der intellektuellen und politischen Kooperation dieser »Lebensgemeinschaft«50 fokussiert. Kollektivbiographik wird auch insgesamt als generelles Mittel zur (Wieder-)Herstellung weiblicher Individualität angesehen und soll den bei Droysen u.a. wirkenden Limitationsparametern entgegentreten; »[i]n der Frauenbiographik ist [...] die Biographik von Gruppen [...] ein Ausdruck der ›schwachen‹ Individualisierung von Frauen (und zugleich ein Gegenmittel gegen sie)«51. »[F]ast verschüttete Spur[en]«52 verfolgt auch die jüdische Biographik. Am Beispiel Landshuts wird die Biographie gesellschaftlichen Ausschlusses beispielhaft deutlich. Mit dem jüdischen Intellektuellen, der unter Vertreibung, Exil und lange verhinderter Universitätskarriere litt, wird gerade kein Werkmeister präsentiert, sondern wesentlich lebensgeschichtliches Scheitern untersucht. Eine andere Art der Dekonstruktion versucht eine Arbeit zu dem muslimischen Gelehrten Nadwî.53 Neben der Überwindung von Droysens exponierter zentraleuropäisch-weißen Geschichtswirksamkeit bricht sie die Größe und Einheit des biographischen

49 50

51

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53

Margaretta Jolly. Chicago u. London 2001. 430-433, 432. Wie sehr dieses Anliegen mit dem Ziel der Frauengeschichte korrespondiert, zeigt das Projekt biografiA. Vgl. Ilse Korotin. »Frauen sichtbar machen. Das Projekt ›biografiA – Biografische Datenbank und Lexikon österreichischer Frauen‹«. Frauenbiographik. Lebensbeschreibungen und Porträts [Mannheimer Beiträge zu Sprach- und Literaturwissenschaft, 63]. Hg. v. Christian von Zimmermann u. Nina von Zimmermann Tübingen 2005. 355-367. Vgl. Lindenmeyer 2000, 46. Angelika Schaser. Helene Lange und Gertrud Bäumer. Eine politische Lebensgemeinschaft [L’Homme. Schriften, 6]. Köln, Weimar u. Wien 2000. Vgl. zur Infragestellung des heroischen Subjekts auch Bödecker 2003, 19-31. Gisela Febel. »Frauenbiographik als kollektive Biographik«. Frauenbiographik. Lebensbeschreibungen und Porträts [Mannheimer Beiträge zu Sprach- und Literaturwissenschaft, 63]. Hg. v. Christian von Zimmermann u. Nina von Zimmermann. Tübingen 2005. 127-144, 129. Rainer Nicolaysen. Siegfried Landshut. Die Wiederentdeckung der Politik. Eine Biographie. Frankfurt am Main 1997, 7. Vgl. Jan-Peter Hartung. Viele Wege und ein Ziel. Leben und Wirken von Sayyid Abû lHasan ’Alî al-Hasanî Nadwî. 1919-1999. Würzburg 2004.

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Objekts auf, indem sie keine linear-chronologische Erzählung bietet, sondern ein lebensgeschichtliches Netzwerk entwickelt. Darin ist das Individuum als Zentrum der Geschichte hinterfragt ohne es dabei als solches gänzlich zu negieren. Die »Biographik des ›Bösen‹«54 stellt die kritiklose Darstellung von Werkmeistern, wie sie vor allem im Alexander zu beobachten war, in Frage und thematisiert einen Anti-Helden, d.h. die Umkehrung von Droysens Position. Die Rückverlegung des biographischen Erkenntnisinteresses auf den Einzelnen und seine Positioniertheit in der Gesellschaft betreiben daneben Arbeiten, die sich als Pathographien verstehen, d.h. eine individuelle Krankengeschichten untersuchen.55 Psychobiographische Ansätze hatten das biographische Interesse schon im späten 19. und frühen 20. Jahrhundert von der öffentlichen, auf ein Kollektiv bezogenen Leistungsbilanz auf die Innenräume des Individuums gelenkt.56 Existieren neben diesen neuen Ansätzen weiterhin auch biographische Studien zu den so genannten großen Männern – sie bilden in der Außenwahrnehmung geschichtswissenschaftlicher Forschungen vielleicht sogar die dominante Variante –, ist das insofern gerechtfertigt, als sie zu einem vollständigen Bild der Geschichte gehören. Eine Historiographie, die die Bandbreite pluralistischer Gesellschaften abdecken, aber der geschichtsphilosophischen Position des 19. Jahrhunderts dabei nicht folgen will, ist allerdings wesentlich darauf angewiesen, sich der Vergangenheit in Ergänzung und Korrektur dazu auch »[v]om Rand zur Mitte«57 zu nähern, d.h. auch andere nicht-dominante Identitäten in gleicher Weise zu thematisieren. Biographiologie ist – so zeigen die erwähnten (und recht willkürlichen) Beispiele – zu weiten Teilen die Geschichte der Einsetzung und 54

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56

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Bernd-Ulrich Hergemöller. »Adolf Hitler und andere. Zur Biographik des ›Bösen‹«. Kursbuch 148 (2002): 163-177. Vgl. Annette Runte. »Biographie als Pathographie. Lebens- und Fallgeschichten zum Geschlechtswechsel«. Spiegel und Maske. Konstruktionen biographischer Wahrheit [Profile, 13]. Hg. v. Bernhard Fetz u. Hannes Schweiger. Wien 2006. 128-142. Vgl. dazu Kornbichler 1987. Hedwig Röckelein. »Der Beitrag der psychohistorischen Methode zur ›neuen historischen Biographie‹«. Biographie als Geschichte [Forum Psychohistorie, 1]. Hg. v. ders. Tübingen 1993. 17-38. Edgar Weiß. »Die Bedeutung der Psychoanalyse in der biographischen Forschung«. Biographie als Geschichte [Forum Psychohistorie, 1]. Hg. v. Hedwig Röckelein. Tübingen 1993. 63-88. Thomas Anz. »Autoren auf der Couch? Psychopathologie, Psychoanalyse und biographisches Schreiben«. Grundlagen der Biographik. Theorie und Praxis des biographischen Schreibens. Hg. v. Christian Klein. Stuttgart 2002. 87-106. Uta C. Schmidt. Vom Rand zur Mitte. Aspekte einer feministischen Perspektive in der Geschichtswissenschaft. Zürich 1994.

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Resümee: Prinzipien der Entindividualisierung

Absetzung biographischer Objekte sowie der darin artikulierten Vergangenheitspolitiken. Kann Droysens biographiologische Position geradezu als Gegenmodell aktueller Biographik gelesen werden – das war hier anzudeuten –, ist die Beschäftigung mit ihr dennoch keineswegs obsolet. Forschungen zu vermeintlich überholter Biographik sind immer auch ein Konstruktionsmoment zukünftiger Biographik, wenn in ihr die Vergegenwärtigung, Diskussion und Kritik ausformulierter Positionen der Vergangenheit hinsichtlich aktueller Praxis biographischen Arbeitens produktiv gewendet wird. Weiterführende Anstrengungen des Faches sind hier also schon im eigenen Interesse zu verstetigen und könnten zudem dazu führen, dass aus dem »diskutierte[n] Genre«58, als das Szöllösi-Janze biographische Studien noch 2002 beschrieben hatte, in Zukunft noch stärker ein erforschtes würde, als das bislang der Fall ist.

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Margit Szöllösi-Janze. »Biographie«. Lexikon Geschichtswissenschaft. Hundert Grundbegriffe. Hg. v. Stefan Jordan. Stuttgart 2002. 44-48, 48.

V. DANKSAGUNG

Im Gegensatz zu ihrem individuell-singulären Habitus ist wissenschaftliche Arbeit stets Produkt verschiedener, ineinander greifender sozialer Konstellationen. Das gilt auch für die vorliegende Arbeit, die von vielfacher, dabei sehr unterschiedlicher Unterstützung profitiert hat. Zentral war die Kontaktierung mit der Geschichte und Theorie historiographischer Biographik am Historischen Seminar der Universität Hamburg durch Prof. Dr. Angelika Schaser und PD Dr. Rainer Nicolaysen. Beide haben nicht nur initiativ inspirierend für die Beschäftigung mit der Biographik des 19. Jahrhunderts gewirkt, sondern meiner Arbeit stets aufmerksames Interesse entgegen gebracht. Daneben habe ich ihre motivierende wie kritische Anteilnahme, die große wissenschaftliche Freiheit, die beide zuzugestehen bereit waren und ihre teilweise weit über diese Untersuchung hinausreichende Beratung immer als wesentliche Unterstützung empfunden. Auf ihren Vorschlag geht auch die Verleihung des Karl. H. Ditze-Preises 2010 der Universität Hamburg für die vorliegende Arbeit zurück, mit der ein Großteil der finanziellen Voraussetzungen für ihre Publikation gesichert war. Für diese vielfältige, keineswegs selbstverständliche Förderung danke ich ihnen sehr herzlich. Prof. Dr. Angelika Epple (Bielefeld) hat es daneben auf ganz grundsätzlicher Ebene und mit einer ihr eigenen Leidenschaft verstanden, mich für Wissenschaftstheorie und Historiographiegeschichte zu begeistern. Auch ihr danke ich dafür sehr. Großen Dank schulde ich zudem Prof. Dr. Claudia Benthien (Hamburg). Sie hat mir mit ihrer großzügigen Entbindung von meinen Dienstpflichten an ihrer Professur nicht nur eine konzentrierte Endphase ermöglicht, sondern mich stets durch ihr konsequentes Vertrauen motiviert. Ein Übriges tat in langen Arbeitsnächten die Schokolade, die ich eines Tages auf meinem Schreibtisch vorfand. Prof. Dr. Claudia Bruns (Berlin) hat mich mit regem Interesse und großer Selbstverständlichkeit bei der Beantragung von Druckkostenzuschüssen unterstützt. Ihr danke ich dafür herzlich. Für die freundliche Aufnahme meiner Arbeit in die »Beiträge zur Geschichtskultur« bin ich außerdem Prof. Dr. Jörn Rüsen (Essen) – der mit seinen zahlreichen Forschungsbeiträgen auch thematisch eine wichtige Inspiration für die vorliegende Studie gewesen ist – dankbar. Seitens des Verlages danke ich

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V. Danksagung

Dorothea Rheker-Wunsch für die angenehme Zusammenarbeit und Beratung. Anregungen, Kritik und fachlicher Mehrwert ergaben sich aus Tagungen in Berlin (1. Studientag: Literatur- und Wissenschaftsgeschichte, 07/ 2006), Frankfurt/ Oder (Wissenschaftsgeschichte des 17. und 18. Jahrhunderts als Begriffsgeschichte: Übertragungen, Wechselwirkungen, Parallelen, 06/ 2007), Jena (Was bleibt von der ›Historik‹? Johann Gustav Droysen in Jena, 07/ 2007), Hamburg (Im Kern des Biographischen. 3. Jahrestagung des Zentrums für Biographik, 03/ 2008) und Halle (Weitwinkel – Nahaufnahme. Zeitperspektiven in der Wissenschaftsgeschichte. XLV. Symposium der Gesellschaft für Wissenschaftsgeschichte, 05/ 2008), auf denen ich Vorüberlegungen, Teilaspekte und kontextualisierende Überlegungen der hier zusammenhängend präsentierten Argumentationen diskutieren konnte. Im Rahmen der wissenschaftlichen Ausstellung Philologe – Historiker – Politiker. Johann Gustav Droysen (1808-1884) zum 200. Geburtstag, an der ich in Kooperation mit dem Sonderforschungsbereich 644: Transformationen der Antike an der Humboldt-Universität zu Berlin 2008 mitarbeiten konnte, hatte ich Gelegenheit einige Forschungsergebnisse einem größeren Publikum vorzustellen. Mein Dank gilt deshalb allen Organisator_innen und Teilnehmer_innen dieser Veranstaltungen. Bei der eigentlichen Textarbeit hat mich eine Vielzahl von Freunden in ganz unterschiedlicher Weise unterstützt. Kritische wie wohlwollende, mich an vielen Stellen zu stärkerer Präzision und größerer sprachlicher Zugänglichkeit zwingende Interventionen verdanke ich Ann-Kristin Düber, Andrea Fischel, Svenja Kornher, Miriam Sarah Marotzki sowie Erika und Klaus Reiber. Sie haben ausdauernd und teilweise mehrfach, frühere Fassungen des Manuskripts gelesen und dabei konstruktiv mit mir um den Text gerungen. Ihre Geduld und die Bereitschaft, sich auf ein Thema einzulassen, dass weit von den eigenen Forschungsinteressen liegt, haben mir sehr geholfen. Unverzichtbar für die Erarbeitung der vorgetragenen Analysen waren mir nicht zuletzt auch Maren Schröter, mit der ich unzählige perfekte Dinner genießen konnte und Tim Meyer, mit dem ich viel Zeit in Berlin, einige Risotti und manches Geheimnis teilen durfte. Paula und Max, die beim Sitten nicht nur einmal schnurrend auf mir eingeschlafen sind, verdanke ich den in Phasen größter Anspannung nötig gewordenen Hinweis, auch selbst nicht auf zu viel Schlaf zu verzichten. Oliver Meyn hat mich im Rahmen der Überarbeitung tatkräftig bei der enervierenden Korrektur der Literaturangaben unterstützt. Viel wichtiger

V. Danksagung

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war aber noch, dass er es während der eigentlichen Erarbeitung des Textes ein ums andere Mal verstanden hat, mich in wunderbarer Weise von Droysens Biographik und allen damit verbundenen Problemen, Krisen, Sorgen und Selbstzweifeln abzulenken – auch darüber ist er zum wichtigsten Menschen in meinem Leben geworden. Dafür bin ich ihm ganz besonders dankbar. Meine Eltern, Christine und Frank Schnicke, haben mit ihrer vertrauenden, sicheren Unterstützung, durch ihr mutiges Gewährenlassen und ihr voraussetzungsloses Verständnis und Wohlwollen, mit dem sie mir eine Vielzahl von Chancen ermöglicht haben, den wohl substanziellsten Beitrag zu der vorliegenden Arbeit geleistet. Ihnen ist sie deshalb mit herzlichem Dank in großer Anerkennung gewidmet. Berlin, im Sommer 2010

VI. ANHANG

1. Übersicht zum Auflagenverlauf Da ein Auflagenverlauf zu Droysens Werken, d.h. eine Übersicht zur rezeptiven Entwicklung seiner Publikationen bislang nicht vorliegt, für die hier verfolgten Argumentationen aber notwendig ist, ist er erarbeitet worden und nachfolgend dargestellt. Als Grundlage dienten neben dem 2008 erschienen Schriftenverzeichnis Droysens1 und Hübners älterer, selektiven Zusammenstellung2 auch umfangreiche Recherchen im Karlsruher Virtuellen Katalog (KVK). Berücksichtigt wurden die wichtigsten historiographischen Monographien ohne fremdsprachige Übersetzungen, mithin (in chronologischer Reihenfolge) die Geschichte Alexanders des Grossen, die Geschichte des Hellenismus, die Vorlesungen über die Freiheitskriege, Das Leben des Feldmarschalls Grafen York von Wartenburg, die Geschichte der Preußischen Politik und die Historik. Die Rechercheergebnisse sind in der Übersicht in quantitativchronologischer Ordnung abgebildet, wobei die erste Ziffer ohne Klammer die Stellung in der Rangfolge unter Droysens Publikationen nach Auflagen im 19. Jahrhundert bezeichnet, d.h. die Entwicklung zu seinen Lebzeiten wiedergibt. Die nachfolgende Ziffer in der Klammer markiert die Rangfolge unter Droysens Publikationen nach Auflagen generell, d.h. bis heute an. Auch wenn die Auflagenzahl ohne das Wissen um die jeweilige Auflagenhöhe nur relativen Wert hat – diesen Aspekt hatte Wilfried Nippel auf der der Tagung Was bleibt von der ›Historik‹? Droysen in Jena (Jena 07/ 2007) zurecht geltend gemacht –, und diese im Rahmen der vorliegenden Arbeit nicht für alle erwähnten Arbeiten zu ermitteln war, bleibt sie für eine Verhältnisabbildung der Veröffentlichungen das einzig anwendbare Ordnungskriterium.

1 2

Vgl. Blanke 2008. Vgl. Emil Hübner. »Verzeichnis von Joh. Gust. Droysens Schriften zur alten Geschichte und zur griechischen und römischen Litteratur«. Johann Gustav Droysen. Kleine Schriften zur alten Geschichte 2. Leipzig 1894. 444-448.

184

Anhang

1 (2) York von Wartenburg (16: 10/ 63) EA: 1851-1852 NA1: 1851-1852, 1854, 1863, 1868, 1868, 1871, 1875, 1878, 1884 NA2: 1890, 18974, 1913, 1934, 1936, 1996 2a (1) Geschichte Alexanders des Grossen5 (20: 4/ 16) EA: 1833, 18336 NA1: 1877, 1880 NA2: 1892, 1898, 1917, 1931, 1934 1939, 1941, 1952, 1955, 1966, 1980, 1984, 1986, 2000, 2004, 20047 2b (4) Geschichte des Hellenismus8 (7: 4/ 3) EA: 1836-1843 NA1: 1877, 1878, 18789 NA2: 1952, 1953, 1980 3 (3) Historik (14: 3/ 11) EA: 185810 NA1: 1862, 1875 NA2: 1925, 1937, 1943, 1958, 1960, 1967, 1971, 1974, 1977, 1977, 197711 3

4

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Die erste Angabe beziffert jeweils die Gesamtzahl der Auflagen, die beiden folgenden präzisieren sie für Droysens Lebenszeit bzw. die Zeit danach. Die anschließende Auflistung belegt die Zahlenwerte mit den konkreten Publikationsdaten; EA = Erstauflage, NA 1 = Neuauflagen bis 1884, NA2 = Neuauflagen ab 1885. Nominal handelt sich um die elfte Auflage, obwohl die als »10. Aufl., neue Ausg.« firmiert. Da es auf die Gesamtrezeption ankommt, ist hier nicht nach erster und zweiter Fassung unterschieden. Es existieren zwei erste Auflagen. Vgl. III.2.a. 2004 erschien sowohl im Insel-Verlag als auch bei ars una eine Neuausgabe. Diese Zählung beschränkt sich auf die ursprünglichen beiden Bände Geschichte der Nachfolger Alexanders und Geschichte der Bildung des hellenistischen Staatensystems überschneidet sich entsprechend nicht mit der Geschichte Alexanders des Grossen. In diesem Jahr erschien die zweite Auflage des ursprünglich ersten Bandes und die dritte Auflage des ursprünglich zweiten Bandes. Es handelt sich hierbei um die nur Stichworte enthaltende Skizze für die Hörer von Droysens Vorlesung. Sie erschien als Manuskriptdruck und wurde 1862 und 1875 in dieser Form neu gedruckt. Ab 1937 handelt es sich um die Kompilation Hübners. In diesem Jahr erschien die achte Auflage von Hübners Text von 1937. Gleichzeitig wurde Leyhs Ausgabe sowohl als gebundene Version und als Studienausgabe herausgegeben.

Anhang

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4 (6) Geschichte der Preußischen Politik (2: 2/ 0) EA: 1855-188612 NA1: 1868-187213 NA2: – 5 (5) Vorlesungen über die Freiheitskriege (3: 1/ 2) EA: 1846 NA1: – NA2: 1886, 1917

2. Siglen- und Abkürzungsverzeichnis Neben allgemeinen Abkürzungen sind nachfolgend auch die Zeitschriftensiglen aufgeführt. Weil in gängigen Zusammenstellungen, etwa jener der Historischen Zeitschrift, nicht alle benötigten Titel berücksichtigt sind, enthält die Übersicht alle in der vorliegenden Arbeit verwandten Kurzformen. Die Siglen für mehrfach zitierte Quellen sind nicht aufgeführt, weil sie sowohl bei der Erstnennung im Text aufgelöst sind als auch der bibliographischen Angabe im Literaturverzeichnis (vgl. VI.3.b) alphabetisch sortiert voran stehen.

AA Abb. ADB AfK AfS AHR akt. Annales Aufl. BB Bd./ Bde. bearb. BIOS 12

13

Antike und Abendland Abbildung Allgemeine Deutsche Biographie Archiv für Kulturgeschichte Archiv für Sozialgeschichte The American Historical Review aktualisierte Annales. Histoire, Sciences sociales Auflage Biographische Blätter Band/ Bände bearbeitete BIOS. Zeitschrift für Biographieforschung, oral history und Lebensverlaufsanalysen

Der vierte Band des fünften Teils erschien 1886, d.h. posthum. Herausgeber war Gustav Droysen. Es handelt sich um die zweite Auflage der ersten sieben Bände.

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4 (6) Geschichte der Preußischen Politik (2: 2/ 0) EA: 1855-188612 NA1: 1868-187213 NA2: – 5 (5) Vorlesungen über die Freiheitskriege (3: 1/ 2) EA: 1846 NA1: – NA2: 1886, 1917

2. Siglen- und Abkürzungsverzeichnis Neben allgemeinen Abkürzungen sind nachfolgend auch die Zeitschriftensiglen aufgeführt. Weil in gängigen Zusammenstellungen, etwa jener der Historischen Zeitschrift, nicht alle benötigten Titel berücksichtigt sind, enthält die Übersicht alle in der vorliegenden Arbeit verwandten Kurzformen. Die Siglen für mehrfach zitierte Quellen sind nicht aufgeführt, weil sie sowohl bei der Erstnennung im Text aufgelöst sind als auch der bibliographischen Angabe im Literaturverzeichnis (vgl. VI.3.b) alphabetisch sortiert voran stehen.

AA Abb. ADB AfK AfS AHR akt. Annales Aufl. BB Bd./ Bde. bearb. BIOS 12

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Antike und Abendland Abbildung Allgemeine Deutsche Biographie Archiv für Kulturgeschichte Archiv für Sozialgeschichte The American Historical Review aktualisierte Annales. Histoire, Sciences sociales Auflage Biographische Blätter Band/ Bände bearbeitete BIOS. Zeitschrift für Biographieforschung, oral history und Lebensverlaufsanalysen

Der vierte Band des fünften Teils erschien 1886, d.h. posthum. Herausgeber war Gustav Droysen. Es handelt sich um die zweite Auflage der ersten sieben Bände.

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bzw. BzWG CA Col. Comparativ Conn. D.C. dems. dens. Ders./ ders. DHI Dies. Diss. masch. DVjs erg. erl. erw. FAZ FBPG Francia Gegenworte GG GH GStA PK GWU HA Hecate HJ Hrsg./ hrsg. HVjs HZ i.Br.

Anhang

beziehungsweise Berichte zur Wissenschaftsgeschichte. Organ der Gesellschaft für Wissenschaftsgeschichte California Colorado Comparativ. Zeitschrift für Globalgeschichte und vergleichende Gesellschaftsforschung Connecticut District of Columbia demselben denselben Derselbe/ derselben Deutsches Historisches Institut Dieselbe(n) maschinenschriftliche Dissertation Deutsche Vierteljahrsschrift für Literaturwissenschaft und Geistesgeschichte ergänzte erläutert erweiterte Frankfurter Allgemeine. Zeitung für Deutschland Forschungen zur brandenburgischen und preußischen Geschichte Francia. Forschungen zur westeuropäischen Geschichte Gegenworte. Hefte für den Disput über Wissen Geschichte und Gesellschaft. Zeitschrift für Historische Sozialwissenschaft German History. The Journal of the German History Society Geheimes Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz Geschichte in Wissenschaft und Unterricht Historische Anthropologie. Kultur, Gesellschaft, Alltag Hecate. A Women’s Interdisciplinary Journal Historisches Jahrbuch Herausgeber/ herausgegeben Historische Vierteljahrsschrift Historische Zeitschrift im Breisgau

Anhang

JdG JEGP JfG JHI JLF JMCD komm. Ky. L’Homme Mass. ND NDB N.F. Nl. NPL Nr. o.Bz. o.N. o.S. PhilJ PJ Rez. Sig. Signs SMPK StorStor Traverse Ts. u.a. UA HU übers. Unserer Zeit unv. verb. verm. VfZ

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Jahresberichte der Geschichtswissenschaft Journal of English and Germanic Philology Jahrbuch für Geschichte Journal of the history of ideas Jahrbuch für Liberalismus-Forschung Journal of Multicultural Counseling and Development kommentiert Kentucky L’Homme. Zeitschrift für feministische Geschichtswissenschaft Massachusetts Nachdruck Neue Deutsche Biographie Neue Folge Nachlass Neue Politische Literatur. Berichte über das internationale Schrifttum Nummer ohne Blattzählung ohne Nummer ohne Seite(n)/ -angaben Philosophisches Jahrbuch Preußische Jahrbücher Rezension Signatur Signs. Journal of Women in Culture and Society Staatliche Museen Preußischer Kulturbesitz Storia della Storiografia Traverse. Zeitschrift für Geschichte Taunus unter anderen/ und andere Universitätsarchiv der Humboldt-Universität zu Berlin übersetzt Unserer Zeit. Deutsche Revue der Gegenwart unveränderte verbesserte vermehrte Vierteljahrschrift für Zeitgeschichte

Anhang

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VSWG Women’s Studies WSA WZGN ZÄK ZdPh ZfG ZfGerm ZHF zit. ZpF ZVGS

Vierteljahrschrift für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte Women’s Studies. An Interdisciplinary Journal Würzburger Studien zur Altertumswissenschaft Wiener Zeitschrift zur Geschichte der Neuzeit Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft Zeitschrift für deutsche Philologie Zeitschrift für Geschichtswissenschaft Zeitschrift für Germanistik Zeitschrift für Historische Forschung zitiert Zeitschrift für philosophische Forschung Zeitschrift des Vereins für Geschichte und Alterthum

3. Quellen- und Literaturverzeichnis Nachfolgend aufgeführt sind zitierte Quellen und Forschungsbeiträge. Selbst wenn man die viel zitierte Definition von Kirn14 zugrunde legt, fällt eine Trennung der Texte in diese beiden Bereiche nicht in jedem Fall leicht. Eine auf den historischen Informationsgehalt gestützte Bestimmung ist gerade in einer wissenschaftsgeschichtlichen Untersuchung unterspezifisch, sollen nicht nahezu alle Texte als Quellen gelten. Das vorliegende Verzeichnis ist von der pragmatischen Definition der Quelle als Gegenbegriff zur Fachliteratur15 geprägt und bleibt dem Bewusstsein verpflichtet, dass diese Trennung idealtypisch und keineswegs absolut ist16. Für mehrfach zitierte Quellen sind die verwandten Siglen – die jeweils aus der Autorinitiale und einer tiefergestellten Titelsigle bestehen – den bibliographischen Angaben vorangestellt. Zeitschriften sind weitgehend 14

15

16

Vgl.: »Quellen nennen wir Texte, Gegenstände oder Tatsachen, aus denen Kenntnis der Vergangenheit gewonnen werden kann«. Paul Kirn. Einführung in die Geschichtswissenschaft. 5. bearb. Aufl. Berlin 1968, 29. So z.B. bei Peter Borowsky, Barbara Vogel u. Heide Wunder. Einführung in die Geschichtswissenschaft 1. Grundprobleme, Arbeitsorganisation, Hilfsmittel. Opladen 1975, 120. Brandt begründet das – im Sinne der vorliegenden Studie – damit, dass »jede Darstellung [...] auch als Quelle verwendet werden kann und verwendet werden wird«. Ahasver von Brandt. Werkzeug des Historikers. Eine Einführung in die Historischen Wissenschaften. 15. erw. Aufl. Berlin, Köln u. Stuttgart 1998, 48-49.

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VSWG Women’s Studies WSA WZGN ZÄK ZdPh ZfG ZfGerm ZHF zit. ZpF ZVGS

Vierteljahrschrift für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte Women’s Studies. An Interdisciplinary Journal Würzburger Studien zur Altertumswissenschaft Wiener Zeitschrift zur Geschichte der Neuzeit Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft Zeitschrift für deutsche Philologie Zeitschrift für Geschichtswissenschaft Zeitschrift für Germanistik Zeitschrift für Historische Forschung zitiert Zeitschrift für philosophische Forschung Zeitschrift des Vereins für Geschichte und Alterthum

3. Quellen- und Literaturverzeichnis Nachfolgend aufgeführt sind zitierte Quellen und Forschungsbeiträge. Selbst wenn man die viel zitierte Definition von Kirn14 zugrunde legt, fällt eine Trennung der Texte in diese beiden Bereiche nicht in jedem Fall leicht. Eine auf den historischen Informationsgehalt gestützte Bestimmung ist gerade in einer wissenschaftsgeschichtlichen Untersuchung unterspezifisch, sollen nicht nahezu alle Texte als Quellen gelten. Das vorliegende Verzeichnis ist von der pragmatischen Definition der Quelle als Gegenbegriff zur Fachliteratur15 geprägt und bleibt dem Bewusstsein verpflichtet, dass diese Trennung idealtypisch und keineswegs absolut ist16. Für mehrfach zitierte Quellen sind die verwandten Siglen – die jeweils aus der Autorinitiale und einer tiefergestellten Titelsigle bestehen – den bibliographischen Angaben vorangestellt. Zeitschriften sind weitgehend 14

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Vgl.: »Quellen nennen wir Texte, Gegenstände oder Tatsachen, aus denen Kenntnis der Vergangenheit gewonnen werden kann«. Paul Kirn. Einführung in die Geschichtswissenschaft. 5. bearb. Aufl. Berlin 1968, 29. So z.B. bei Peter Borowsky, Barbara Vogel u. Heide Wunder. Einführung in die Geschichtswissenschaft 1. Grundprobleme, Arbeitsorganisation, Hilfsmittel. Opladen 1975, 120. Brandt begründet das – im Sinne der vorliegenden Studie – damit, dass »jede Darstellung [...] auch als Quelle verwendet werden kann und verwendet werden wird«. Ahasver von Brandt. Werkzeug des Historikers. Eine Einführung in die Historischen Wissenschaften. 15. erw. Aufl. Berlin, Köln u. Stuttgart 1998, 48-49.

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über Kürzel nachgewiesen (vgl. Siglen- und Abkürzungsverzeichnis). Anonyme Publikationen erscheinen in der alphabetischen Folge ihres Titels.

a. Archivalien GEHEIMES STAATSARCHIV PREUSSISCHER KULTURBESITZ, Berlin Dahlem, VI. HA., Nl. Johann Gustav Droysen, Nr. 93/ 153/ 153a-c/ 155 ac/ 181. GEHEIMES STAATSARCHIV PREUSSISCHER KULTURBESITZ, Berlin Dahlem, Kultusministerium, Rep. 76 Ve. Sekt. 1, Abt. I.2, Bd. V-VII. UNIVERSITÄTSARCHIV DER HUMBOLDT-UNIVERSITÄT ZU BERLIN, Acta der königl[ichen] Friedrich-Wilhelms-Universität zu Berlin, betreffend: die Anstellung von Professoren und Lectoren, Nr. 1458.

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ZIMMERMANN, Christian von (2006). Biographische Anthropologie. Menschenbilder in lebensgeschichtlicher Darstellung (1830-1940) [Quellen und Forschungen zur Literatur- und Kulturgeschichte, 41]. Berlin u. New York.

4. Abbildungsnachweise Abb. 1 Abb. 2 Abb. 3 Abb. 4 Abb. 5 Abb. 6

bpk/ Nationalgalerie, SMB/ Andres Kilger/ Eduard mann: »Bildnis Johann Gustav Droysen«. bpk/ Nationalgalerie, SMB/ Andres Kilger/ Eduard mann: »Bildnis Johann Gustav Droysen«. GStA PK, VI. HA Familienarchive und Nachlässe, hann Gustav Droysen, Nr. 153c, 36. GStA, VI. HA Familienarchive und Nachlässe, Nl. Gustav Droysen, Nr. 153c, o.Bz. GStA, VI. HA Familienarchive und Nachlässe, Nl. Gustav Droysen, Nr. 153c, 29. Archiv des Verfassers.

BendeBendeNl. JoJohann Johann

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ZIMMERMANN, Christian von (2006). Biographische Anthropologie. Menschenbilder in lebensgeschichtlicher Darstellung (1830-1940) [Quellen und Forschungen zur Literatur- und Kulturgeschichte, 41]. Berlin u. New York.

4. Abbildungsnachweise Abb. 1 Abb. 2 Abb. 3 Abb. 4 Abb. 5 Abb. 6

bpk/ Nationalgalerie, SMB/ Andres Kilger/ Eduard mann: »Bildnis Johann Gustav Droysen«. bpk/ Nationalgalerie, SMB/ Andres Kilger/ Eduard mann: »Bildnis Johann Gustav Droysen«. GStA PK, VI. HA Familienarchive und Nachlässe, hann Gustav Droysen, Nr. 153c, 36. GStA, VI. HA Familienarchive und Nachlässe, Nl. Gustav Droysen, Nr. 153c, o.Bz. GStA, VI. HA Familienarchive und Nachlässe, Nl. Gustav Droysen, Nr. 153c, 29. Archiv des Verfassers.

BendeBendeNl. JoJohann Johann

VII. PERSONENREGISTER

Das nachfolgende Register gibt Namensnennungen im Haupttext und Anmerkungsapparat der Teile I-IV und VI wieder; rein bibliographische Angaben sind dabei nicht berücksichtigt. Nennungen in Anmerkungen sind durch Kursivierung angezeigt.

Abbt, Thomas 41, 42, 44-46, 48, 50, 107, 157 Achenbach, Sigrid 29, 33, 39 Adam 105 Agricola, Gnaeus Iulius 59 Alexander der Große 76-77, 107-110, 112-122, 124-128, 130-131, 136, 143, 165, 169170 Alkibiades 69 Anderson, Benedict 155-156 Antigono 127 Arendt, Wilhelm Amadeus 137 Aristophanes 34 Aristoteles 22, 117, 119 Assmann, Aleida 10 Astholz, Hildegard 60, 106 Barrelmeyer, Uwe 61 Bauer, Christoph Johannes 62, 66 Bäumer, Gertrud 176 Baumgarten, Hermann 100 Baumgartner, Hans Michael 160 Becker, Berta 15, 119-120, 137, 145, 166 Below, Gustav von 151

Bendemann, Eduard 9, 11, 22, 29-30, 32, 34-40, 91, 162163, 169 Bender, Annie 42 Bengtson, Hermann 127 Bergland, Betty Ann 175 Berve, Helmut 110, 123, 136, 145 Beseler, Georg 151 Bhabha, Homi K. 157 Bichler, Reinhold 76, 113 Birtsch, Günter 16, 113, 128, 156 Blanke, Horst Walter 7, 9, 12, 43, 51, 143 Blücher von Wahlstatt, Gerhard Leberecht 147 Bock, Gisela 72, 83 Boeckh, August 5, 62, 108 Borgia, Ceasare 69 Boris, Eileen 77, 81 Bourdieu, Pierre 27, 28, 58, 67 Brandt, Ahasver von 188 Brandt, Carl 145 Brecht, Bertolt 124-125 Bruns, Ivo 123 Buechler, Ralph W. 81

242

Personenregister

Burckhardt, Jacob 105, 109, 167, 172 Bussmann, Walter 100 Caesar 55, 69-70, 76, 122, 124 Cassirer, Ernst 105 Cato der Jüngere 122 Cicero, Marcus Tullius 52 Christ, Karl 12, 91, 125 Christian, Barbara 75 Claus, Oskar 42 Connell, Robert W. 86, 87, 88 Croce, Benedetto 121 Curthoys, Ann 75 Cyrus, Hannelore 15, 73, 82, 84 Dante 39 Daum, Denise 75 Demandt, Alexander 109, 125 Demetrius 122 Demosthenes 113, 121-122 Dilthey, Wilhelm von 2, 54, 152 Dinges, Martin 87 Dohna, Siegmar zu 151 Dove, Alfred 12, 107, 135-136, 145 Droysen, Gustav 12, 55, 120, 129, 148 Duncker, Max 12, 33, 35, 36, 100, 111 Eco, Umberto 71 Elisabeth I. 82 Engelberg, Ernst 17 Epple, Angelika 90, 146 Farge, Arlette 85 Fenske, Walter 113 Fischer, Dietrich 65

Fleischer, Dirk 7, 43, 51 Frank, Jürgen 56, 67, 102, 121 Franke, Karl 152 Friedländer, Gottlieb 114 Friedrich II. 33, 36, 39, 55, 6970, 124, 169, 172 Friedrich Wilhelm I. 33, 169 Friedrich Wilhelm II. 37 Friedrich Wilhelm III. 37, 154 Frevert, Ute 82 Fulda, Daniel 17, 131 Gadamer, Hans-Georg 54 Gaedecke, Corinna 16, 116, 120 Garraty, John A. 3 Gatterer, Johann Christoph 50 Gehrke, Hans-Joachim 12, 133, 149 Geier, Andrea 75 Gerhart, Mary 93 Gervinus, Georg G. 49, 51, 53, 73 Gilbert, Felix 12, 114 Gilman, Sander L. 174 Gittings, Robert 4, 152 Gneisenau, August Neidhardt von 148-149 Goethe, Johann Wolfgang 51, 76 Gombrich, Ernst H. 31 González, Tomás Gil 16, 65, 79 Gottschall, Rudolf 133 Gramsci, Antonio 86 Haber, Fritz 90 Habermas, Rebekka 83 Haering, Hermann 133 Hähner, Olaf 3, 16, 26, 43, 53, 70, 118, 122, 141, 145, 158

Personenregister

Hanne, Michael 114 Hamilton, Nigel 17 Hardenberg, Karl August von 148-149 Hardwig, Wolfgang 23, 104 Harth, Dietrich 17, 115, 120 Hausen, Karin 72, 83-84, 89 Haym, Rudolf 100, 104 Hegel, Georg W. Friedrich 5, 16, 22, 31, 56, 62-67, 107, 116, 125, 163, 170 Heller, Erich 101 Herder, Johann Gottfried 51 Hiller, Kurt 63 Hintze, Otto 12, 126 Hoberman, Ruth 104, 114 Hobsbawm, Eric J. 84, 104 Hofmann, Erich 43 Hoffmann, Volker 84 Hohlweg, Armin 109 Hornung, Alfred 6, 48 Hübner, Rudolf 38, 110, 183, 184 Humboldt, Wilhelm von 56, 92, 148-149 Hunt, Lynn 72 Jaeger, Friedrich 12 Jaeschke, Walter 63 Jander, Eckhard 15, 43, 70, 114, 145, 150, 156, 159 Janssens, Angélique 77, 81 Jaworski, Rudolf 30 Jeismann, Karl-Ernst 80 Jenisch, Daniel 53 Johnson, Samuel 45, 81 Johnston, James C. 3 Jordan, Stefan 66

243

Kaegi, Werner 118 Kant, Immanuel 45, 55, 170 Karl V. 76 Kayser, Erich 32 Kircheisen, Friedrich M. 17 Kirn, Paul 188 Klein, Christian 1 Klitus 119 Klopp, Onno 104 Koestermann, Erich 101 Kocka, Jürgen 173 Kohlstrunk, Irene 78 Koselleck, Reinhart 52 Krey, Guido 34, 38 Kruckis, Hans-Martin 17, 48 Krug, Wilhelm Traugott 24, 52 Kuczynski, Jürgen 133 Kümper, Hiram 12 Lamprecht, Karl 102 Landshut, Siegfried 176 Lange, Helene 176 Langewiesche, Dieter 156 Lee, Sidney 3 Leese, Kurt 66 Leyh, Peter 22, 184 Lessing, Carl F. 33 Lessing, Theodor 113, 122 Litter, Margaret 94 Ludwig, Emil 49 Luhmann, Niklas 168 Luise von Preußen 89 Maltzahn, Christoph Freiherr von 12 Mannheim, Karl 31, 101 Maria Theresia 82 Maurer, Michael 17, 30, 40 Mendelsohn [Familie] 38

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Personenregister

Mendheim, Maria A. F. 91 Menges, Karl 42, 45 Meinecke, Friedrich 12, 67, 97, 102, 105, 134, 137, 145, 151 Meißner, Burkhard 113 Meister, Ernst 57, 61, 67, 81, 116 Metternich, Fürst von 80 Michaelis, Emma 91 Mirabeau, Gabriel Victor 69 Mommsen, Theodor 135 Mommsen, Wilhelm 49 Möser, Justus 50 Müffling, Karl von 151 Muhlack, Ulrich 103 Munslow, Alun 51 Nadwî, Sayyid Abû l-Hasan ‘Alî al-Hasanî 176 Nagl-Docekal, Hertha 72 Napoleon I. 76, 109, 139, 154, 156, 159 Niebuhr, Barthold Georg 101, 108 Nietzsche, Friedrich 92, 174 Niggl, Günther 5, 158 Nippel, Wilfried 13, 91, 183 Nipperdey, Thomas 78 Nobis, Heribert 172 Obermann, Werner 12, 108, 116 Opgenoorth, Ernst 172 Ottnad,Bernd 10, 15, 22, 56, 65, 67, 106 Pächt, Otto 31 Paetrow, Stephan 36 Panofsky, Erwin 31, 32, 39 Patrut, Iulia-Karin 75

Paul, Gerhard 30 Pentzig, Major 154 Perthes, Friedrich Christoph 110, 112, 129 Pertz, Georg Heinrich 8, 133, 145 Pflaum, Christoph D. 9, 25, 72 Philipp II. 108, 114, 116, 119, 121 Philipp von Spanien 124 Platon 56 Plutarch 59 Pufendorf, Samuel von 39 Pyrrhos 122 Ranke, Leopold 5, 16-17, 38, 99, 100, 101, 102, 104, 107, 109, 141, 172 Reckwitz, Andreas 78 Reichl, Susanne 78 Riesenberger, Dieter 26, 155 Roeck, Bernd 31, 35 Rollysen, Carl 118 Romein, Jan 6, 17, 152 Rosaldo, Michelle Z. 83 Rother, Hans 60, 125 Rüsen, Jörn 12, 25, 56, 134, 135, 158 Sachsen-Weimar, Berhard von 149 Said, Edward 73 Salzbrunn, Ingeborg 42 Schadow, Johann Gottfried 33 Schadow, Wilhelm von 32 Schaff, Adam 101 Scharnhorst, Gerhard von 55, 57, 69 Scheuer, Helmut 2, 17, 53, 152

Personenregister

Schieder, Theodor 12, 109, 111 Schiffer, Werner 25 Schiller, Friedrich 55, 77, 111, 124, 170 Schissler, Hanna 83 Schleier, Hans 17, 173 Schnädelbach, Herbert 54 Schön, Theodor von 134, 147149, 152 Schulze, Hagen 175 Schulze, Johannes 148 Schuppe, Christian-Georg 67 Scott, Joan W. 73 Stein, Karl von und zum 147 Stephan, Inge 82, 93, 94 Stollberg-Rilinger, Barbara 82 Sully, Pamela 75 Sybel, Heinrich von 97, 99, 100101, 104, 133, 151, 155, 173 Szöllösi-Janze, Margit 90, 178 Tacitus, Publius Cornelius 59, 101 Thayer, William R. 3, 118 Thiele, Richard 42 Thile, Ludwig Gustav von 148 Tiedemann, H. 151 Thomas, Stephan-Alexander 116 Treitschke, Heinrich von 2, 63, 89, 99, 100-101, 103, 173 Tribazus 121 Ullrich, Volker 3 Veit, Moritz 151 Vierhaus, Rudolf 113, 115 Voltaire 41 Voßkamp, Wilhelm 93

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Wachsmuth, Wilhelm 73 Wagner, Christine 16 Warburg, Aby 31 Wartenburg → York von Wartenburg Weber, Wolfgang 12, 104 Wehler, Hans-Ulrich 5, 83, 174 Weigel, Sigrid 93 Weimar → Sachsen-Weimar Welcker, Friedrich Gottlieb 91, 118 West, Shearer 91 Weymar, Hans-Jürgen 113 White, Hayden 99 Wiemer, Hans-Ulrich 129 Wiggers, Johann Georg 43-45, 47-48, 50, 53, 107, 157 Winckelmann, Johann Joachim 31 Wohlfeil, Rainer 31-32, 35, 37 Wolff, Christian 41 York von Wartenburg, Hans David Ludwig 34, 38, 112, 115, 134, 135-138, 140-150, 152157, 159, 169-170 York von Wartenburg, Ludwig 146 Zedler, Johann Heinrich 50, 52, 81, 92 Zima, Peter V. 63 Zimmermann, Christian von 1-2, 16, 63, 70, 172 Zweig, Stefan 49