Die Bibliothek der Historischen Gesellschaft von Johann Gustav Droysen 1860-1884: Eine Büchersammlung in der Zweigbibliothek Geschichte der Humboldt-Universität zu Berlin 9783050086972, 9783050043814

Die Bibliothek der Historischen Gesellschaft von Johann Gustav Droysen bildet den ältesten Bestandteil der Zweigbiblioth

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Die Bibliothek der Historischen Gesellschaft von Johann Gustav Droysen 1860-1884: Eine Büchersammlung in der Zweigbibliothek Geschichte der Humboldt-Universität zu Berlin
 9783050086972, 9783050043814

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Wolfgang Eric Wagner (Hg.) Die Bibliothek der Historischen Gesellschaft von Johann Gustav Droysen 1860-1884

Die Bibliothek der Historischen Gesellschaft von Johann Gustav Droysen 1860-1884 Eine Büchersammlung in der Zweigbibliothek Geschichte der Humboldt-Universität zu Berlin

Verzeichnet und kommentiert von Wolfgang Eric Wagner unter Mitarbeit von Mirjam Eisenzimmer, Barbara Groth, Kristin Huster, Stefanie Klemm, René Leipold, Tillmann Lohse, Susanne Pickert, Solveig Reineboth, Lucas Rüger, Rebecca Schaarschmidt, Maria Schultz, Niels Seehaase, Nikolai Wehrs, Romy Wolf und Henning Zillinger

Akademie Verlag

Gedruckt mit Unterstützung durch die Philosophische Fakultät der Universität Rostock, das Institut fiir Geschichtswissenschaften der Humboldt-Universität zu Berlin und den Förderverein des Instituts. Abbildung auf dem Einband: Exlibris von Johann Gustav Droysen (siehe Seite 39 in diesem Buch)

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

ISBN 978-3-05-004381-4 © Akademie Verlag GmbH, Berlin 2008 Das eingesetzte Papier ist alterungsbeständig nach DIN/ISO 9706. Alle Rechte, insbesondere die der Übersetzung in andere Sprachen, vorbehalten. Kein Teil dieses Buches darf ohne schriftliche Genehmigung des Verlages in irgendeiner Form - durch Photokopie, Mikroverfilmung oder irgendein anderes Verfahren - reproduziert oder in eine von Maschinen, insbesondere von Datenverarbeitungsmaschinen, verwendbare Sprache übertragen oder übersetzt werden. Einbandgestaltung: Ingo Scheffler, Berlin Druck und Bindung: Hubert & Co, Göttingen Printed in the Federal Republic of Germany

Zum Geleit

Kurz bevor die Humboldt- und frühere Friedrich-Wilhelms-Universität zu Berlin 2010 ihr zweihundertjähriges Bestehen feiert, wird in unmittelbarer Nachbarschaft des Hauptgebäudes Unter den Linden das neue „Jacob und Wilhelm Grimm-Zentrum" eröffnet. In dieser „Zentralen Universitätsbibliothek" sollen einige Institutsbibliotheken aufgehen, darunter die Büchersammlung der Historiker. Das schöne Haus, das in seiner Verbindung mit dem „Computer- und Medienservice" in umfassender Weise aktuellen Bedürfnissen der Informationsbeschaffung gerecht werden mag, erbt damit auch das Herzstück des „Instituts für Geschichtswissenschaften". Denn seit Gründung des Instituts bis heute war die Bibliothek das Zentrum der gemeinsamen Arbeit von Studierenden und Dozenten, ja tatsächlich hatte erst die Bibliothek die Errichtung des vormals so genannten „Historischen Seminars" veranlasst. Studenten des 1859 nach Berlin berufenen Johann Gustav Droysen gründeten als Geburtstagsgabe für ihren Lehrer am 6. Juli 1860 mit eigenen Büchergeschenken die Handbibliothek der „Historischen Gesellschaft", die ihre Übungen in der Wohnung des Gelehrten erleichtern sollten. Droysen trug dann mit eigenen Mitteln das meiste zum Ausbau der Handbücherei bei, die nach seinem Tod den letzten Anstoß zur Gründung des Seminars im Januar 1885 gab. Die Rückbesinnung auf die Anfange entspringt keineswegs einer nostalgischen Stimmung und ist auch kein Tribut an ahistorischen Traditionalismus, denn der Geist von 1860 ist noch immer lebendig. Als nach dem stürmischen Neuaufbau der Nachwendejahre die finanzielle Misere des Landes Berlin die Bücherankäufe fast zum Erliegen brachte, waren es nämlich 1997 einige Studierende der Geschichte, die wie ihre Vorgänger in der Kaiserzeit die Not zu wenden suchten. Sie gründeten einen Förderverein, dessen finanzielles Engagement „vor allem dem Herzen des Instituts: der Zweigbibliothek Geschichte" gelten sollte: „Ihre wertvollen Bestände aus dem 19. Jahrhundert zu er-

6

Vorwort

halten und Neuerwerbungen zu ermöglichen", so schrieben sie fest, „ist eine der vorrangigen Aufgaben des Vereins". Es ist die gleiche Liebe zur Alma Mater Berolinensis und ihrer Stätte historischer Studien, die nun auch Wolfgang Eric Wagner und einen Kreis von fünfzehn Studierenden veranlasst hat, in langwierigen, mühevollen Forschungen die Handbibliothek Johann Gustav Droysens in der noch bestehenden Institutsbibliothek zu rekonstruieren. Sollte der alte Bestand in der neuen Universitätsbibliothek künftig unkenntlich werden, so haben Wagner und seine Mitautorinnen und -autoren mit ihrem Katalog den Studierenden und Lehrenden der Geschichte einen veritablen „Gedächtnisort" geschaffen, den, wie die neuere Historie gezeigt hat, menschliche Gruppen zu ihrer Selbsterhaltung benötigen. Wer die Aufgabe der Zweigbibliothek als Verlust empfindet, mag darin auch einen symbolischen Ausgleich finden. Es ist eine glückliche Koinzidenz, dass der Katalog der historischen Kernbibliothek zugleich zum 200. Geburtstag Johann Gustav Droysens am 6. Juli 2008 erscheinen kann, fast genau einhundertfünfzig Jahre nach jenem Geburtsfest Droysens, das die Anfänge markierte. Wolfgang Eric Wagner, der die Arbeit an diesem Katalogband als Wissenschaftlicher Mitarbeiter des Instituts begonnen und jetzt als Juniorprofessor für Geschichte des Mittelalters an der Universität Rostock glücklich beendet hat, schulden wir, ebenso wie den anderen Mitwirkenden, großen Dank für die geleistete Arbeit. Das Institut für Geschichtswissenschaften verfügt mit dem Buch über eine „Erinnerungskolumne", die die nie zu verschmerzenden Brüche seiner Geschichte im 20. Jahrhundert durchstößt. Den Druck des Bandes hat das Institut natürlich gern unterstützt; dass sich auch der Förderverein finanziell beteiligt hat, versteht sich bei seiner selbst gewählten Aufgabenstellung von selbst. Berlin, im Juni 2007

Prof. Dr. Michael Borgolte Dekan der Philosophischen Fakultät I Direktor des Instituts für Geschichtswissenschaften Vorsitzender des Fördervereins

Inhalt

Zum Geleit

5

Vorwort

9

1.

Einleitung

1.1

Von der Bibliothek der Historischen Gesellschaft

13

zur Bibliothek des Historischen Seminars

13

1.2

Wege der Rückerschließung

34

1.3

Zum Profil der Büchersammlung

38

1.4

Hinweise zur Benutzung des Katalogs

42

2.

Katalog der Bibliothek der Historischen Gesellschaft

45

2.1

Verzeichnis der nummerierten Titel

45

2.2

Alphabetischer Index der nummerierten Titel

157

2.3

Alphabetisches Verzeichnis der übrigen Titel

165

3.

Dokumente zur Geschichte der Bibliothek der Historischen Gesellschaft und des Historischen Seminars

197

Abbildungsverzeichnis

225

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Abb. 1 Titelblatt mit handschriftlich vermerkter Erwerbungsnummer (oben), Stempel (Mitte rechts) und Einkleber

Vorwort

Die Zweigbibliothek Geschichte der Humboldt-Universität zu Berlin ist eine historisch „gewachsene" Büchersammlung. Ihre Anfange waren indes keineswegs durch eine planmäßige Anschaffungspraxis gekennzeichnet, wie sie heute üblich ist. Neben dem laufenden Ankauf von einzelnen Bänden gelangten vielmehr immer wieder ganze Bücherfonds durch Schenkungen und Nachlässe von Professoren und Dozenten in den Bestand (Wilhelm Wattenbach, Samuel Löwenfeld, Hans Delbrück). Bis zum Ende des 19. Jahrhunderts haben diese Legate den Bestandsaufbau sogar wesentlich mitbestimmt. Durch sie erhielt die Bibliothek ihren eigenen, sie bis heute prägenden Zuschnitt. Im Laufe der Zeit ist das Wissen um diese Erwerbungsgeschichte allerdings in Vergessenheit geraten. Die Schenkungskomplexe wurden aufgelöst und in den Gesamtbestand eingeordnet. Ihr ursprünglicher Zusammenhang, ihre einstige Aufstellung, ihr jeweiliges Profil gingen dadurch verloren. Angeregt durch die Ausstellung „Theater der Natur und Kunst (Theatrum naturae et artis) - Wunderkammern des Wissens", die im Winter 2000/01 die wissenschaftlichen Sammlungen der Humboldt-Universität im Martin-Gropius-Bau vorstellte, entstand in Zusammenarbeit mit Petra Hoffmann die Idee, die eigene Institutsbibliothek als Sammlung zu betrachten und im Rahmen einer hilfswissenschaftlichen Übung einen der umfangreichsten Schenkungskomplexe zu rekonstruieren: die Bibliothek der Historischen Gesellschaft von Johann Gustav Droysen. Diese Büchersammlung wurde ab 1860 angelegt und stellte nach Droysens Tod (19. Juni 1884) den ersten umfangreichen geschlossenen Bücherfundus dar, der an die Bibliothek des durch Julius Weizsäcker gegründeten Historischen Seminars (30. Ja-

Vorwort

10

nuar 1885) gelangte. Ihre Rückerschließung machte aufwändige Untersuchungen am Bestand selbst nötig. Jedes vor 1885 erschienene Buch der gesamten Institutsbibliothek war in Augenschein zu nehmen. Darüber hinaus musste die Band- und Provenienzgeschichte für jeden Einzelfall anhand von älteren Katalogen, Exlibris, Besitzstempeln und auch Archivalien aufgehellt werden. Mit den anzuwendenden Recherchetechniken sollten die angehenden Historiker, Bibliothekare und Lehrer auf die Anforderungen ihrer künftigen Berufsfelder vorbereitet werden. Die entsprechende Übung „Vom Gelehrtennachlass zur Bibliothek des Historischen Seminars" fand im WS 2001/02 unter Beteiligung von 15 Studierenden statt. Neben einem Kurzreferat hatte jede/r Studierende mehrere Signaturengruppen des Bibliotheksbestandes auf „Droysiana" hin zu „durchforsten" und bibliographisch zu erfassen. Einige von ihnen, Mirjam Eisenzimmer, Barbara Groth und Stefanie Klemm, haben zusammen mit mir die Vervollständigung des Katalogs noch weiter vorangetrieben. Die folgende Übersicht soll den Arbeitsanteil der Übungsteilnehmer veranschaulichen: Name

Mirjam Eisenzimmer

Barbara Groth

Stefanie Klemm Tillmann Lohse

Susanne Pickert

Signaturengruppen

Bereiche

Ca-Cx; La- Paläographie; Paläographisches Material; Allgemeine deutsche Gesch.; SpätLk; mittelalter; Deutsche Gesch. ab 1500; Deutsche Gesch./Mitte 19. Jh. Fa-Fe; Jb- Staatswissenschaften; Dorf- und StadtJe; Na-Nk; gesch.; Methodik der Gesch.; Literaturgesch.; Philosophie; Kulturgesch.; Ν U-N Yc Gesch. Österreichs, Ungarns/Siebenbürgens; Asien-Afrika Ec; Ed; Ν Ausländische Quellen; Quellen zur Kd Kirchengesch.; Weltgesch. Ac; Ad-Af; Schriftenreihen; Aufsatzsammlungen Ba-Bc; Ν (Festschriften); Gesammelte Werke; U-N Yc Nachschlagewerke, Bibliographien; Asien-Afrika A Ae-Cb; Alte Gesch. A Cc-Cd; A Da-Ff

Vorwort Name

li Signaturengruppen

Bereiche

u. H-He; Ν R; Religionsgesch.; Kirchengesch.; Kirchliche Institutionen; Mönchtum; KirchenΝ Sa-N U gesch. 19./20. Jh.; Spanien-Zypern; Schweiz-Asien Lucas Rüger Eb 272f- Deutsche Quellen; Quellen einzelner 1480; Wa- Städte; Balkan/Slaven; Amerika Za Rebecca Schaarschmidt Da-Dz; Historische Geographie; Quellenkunde; u. René Leipold (Ma)-(Ms); Gesch. Preußens, Brandenburgs u. A I-EII; Ν Württembergs; Marxismus; Arbeiterbewegung; Philosophie; StaatswissenEb-N-Gi; schaften; Verfassungsgesch.; KulturNP gesch.; Großbritannien Maria Schultz Ja; Je; Jf- Bildungsgesch.; Kulturgesch.; Kunstgesch.; Weltgesch.; Frankreich Kc;NO Allgemeine Quellen; Allgemeine QuelEa-Eb Niels Seehase 145ff.; Oa- len/Zeitabschnitte; Frankreich, Irland Ph Nikolai Wehrs A Fg-Gp; Alte Gesch.; Nachschlagewerke; BiblioA Ha-Lm; graphien; Asien-Afrika A M-Pc; Ba-Bc; Ν U-N Yc Ll-Mz Romy Wolf Deutsche Gesch. ab 1860; Deutsche Gesch./l. Weltkrieg; Deutsche Gesch. ab 1919; Landesgesch./Hanse; Landesgesch. Westfalen; Landesgesch. Bayern; Gesch. der Orte Henning Zillinger Fg; Ga-Gh; Militärgesch.; Wirtschaftsgesch.; SozialQa-Uf gesch.; Spanien; Island Solveig Reineboth Kristin Huster

Ohne das bereitwilligste Entgegenkommen der Leiterin der Zweigbibliothek des Instituts für Geschichtswissenschaften, Gisela Meister, und ihrer Mitarbeiterinnen, uns zu allen möglichen Zeiten mit den Beständen arbeiten zu lassen, wäre das Vorhaben freilich nicht umzusetzen g e w e s e n . Daneben hat Hans Cymorek (München) durch seinen archivarischen Spürsinn mit zahlreichen Fingerzeigen auf Akten im Geheim e n Staatsarchiv PK in Dahlem und manchem hilfreichen Literaturhinweis den W e g zum Verständnis der Bibliotheksentstehung bereitet

12

Vorwort

und mit akribischer Lektüre die Drucklegung begleitet. Gina Schäfer (Rostock) hat aus dem ältesten Erwerbungskatalog der Seminarbibliothek den Bestand der relevanten Sammelkapseln abgeschrieben. Doreen Menzlin (Rostock) hat dann mit großem Einsatz versucht, deren Inhalt bibliographisch exakt nachzuweisen. Sie hat schließlich auch die quantitative und qualitative Auswertung des Katalogs unterstützt und archivalische Nachrecherchen in Halle unternommen. Marcel Knie (Rostock) war bei der Erstellung der Druckvorlage behilflich. Allen Beteiligten sei für Ihre Mitarbeit gedankt! Dank gebührt ebenso der Universität Rostock, die mit einem großzügigen Zuschuss den Druck des Bandes ermöglicht hat, sowie dem Institut für Geschichtswissenschaften der Humboldt-Universität zu Berlin und seinem Förderverein, die sich daran in gleichem Maße beteiligt haben. Wenn als Ergebnis nun zum 200. Geburtstag von Johann Gustav Droysen ein Katalog der einstigen Bibliothek seiner Historischen Gesellschaft vorgelegt werden kann, so versteht sich dieser in erster Linie als wissenschaftshistorischer Beitrag zu den Anfangen des Historischen Seminars und seiner Bibliothek, im weiteren Sinne aber auch als Reminiszenz an die reiche Tradition der Berliner Alma Mater, nicht zuletzt im Hinblick auf ihr bevorstehendes Jubiläum 2010. Rostock, 6. Juli 2007

Wolfgang Eric Wagner

1.

Einleitung

1.1

Von der Bibliothek der Historischen Gesellschaft zur Bibliothek des Historischen Seminars

Die Bibliothek der Historischen Gesellschaft von Johann Gustav Droysen bildet den ältesten Bestandteil der Zweigbibliothek Geschichte der Humboldt-Universität zu Berlin. Sie stammt sogar bereits aus der Zeit vor der Entstehung des Historischen Seminars der Friedrich-WilhelmsUniversität. Am 28. Januar 1860 hatte sich der kurz zuvor, zum 1. Oktober 1859, als Ordinarius für Geschichte nach Berlin berufene Droysen mit einer ausfuhrlich begründeten „Denkschrift, die historischen Studien betreffend" an den preußischen Kultusminister gewandt. Damit wollte er die Einrichtung eines Historischen Seminars anregen, das mit jährlichen Bibliotheksmitteln in Höhe von 200 Talern, zwei Reisestipendien für die „Ausgelernten", um Urkunden und Archivalien zur preußischen Geschichte zu erschließen, sowie einem Zuschuss für den Druck hervorragender Qualifikationsarbeiten ausgestattet sein sollte. Die auf den Reisen gesammelten Abschriften sollten von den Stipendiaten in der Bibliothek der Historischen Gesellschaft deponiert werden, deren Eigentum sie bleiben würden. 1 Um die

1

GStA PK, I. HA Rep. 76 Va, Sekt. 2 (Universität Berlin), Tit. X, Nr. 78, Bl. Ιό. S. hierzu ausführlicher Max Lenz, Das historische Seminar in: Geschichte der königlichen Friedrich-Wilhelms-Universität zu Berlin. Hrsg. v. de ms. Bd. 3. Halle/S. 1910, S. 247-260, hier S. 250-252; Hermann Heimpel, Über Organisationsformen historischer Forschung in Deutschland, in: Historische Zeitschrift 189, 1959, S. 139-222, hier S. 147f., u. Markus Huttner, Historische Gesellschaften und die Entstehung historischer Seminare - zu den Anfängen institutionalisierter Geschichtsstudien an den deutschen Universitäten des 19. Jahrhunderts, in: Matthias Middell/Gabriele Lingelbach/Frank Hadler (Hrsg.), Histori-

14

Einleitung

Entscheidungsträger der preußischen Kultuspolitik für sein Vorhaben zu gewinnen, baute Droysen eine „Drohkulisse" auf. Da man beispielsweise in Österreich mit dem 1854 in Wien gegründeten „Institut für österreichische Geschichtsforschung", in Frankreich mit der Pariser „École des Chartes" sogar seit 1829 und auch in Belgien seit 1834 vorbildliche Anstrengungen zur Institutionalisierung zeitgemäßer Geschichtsforschung unternommen und damit schneller auf die Fortschritte und den Bedeutungszuwachs der historischen Wissenschaften reagiert hatte, sei zu befurchten, dass Preußen auf diesem staatspolitisch hochwichtigen Feld in einen gefährlichen Rückstand gerate.2 Das Kultusministerium, zu dem Droysen über die mit ihm befreundeten Geheimen Regierungsräte Justus Olshausen und Ludwig Wiese, die Referenten für Hochschulangelegenheiten bzw. höheres Schulwesen, ausgezeichnete Verbindungen besaß, nahm die Denkschrift zwar wohlwollend auf, antwortete jedoch nicht.3 Der Finanzminister Erasmus Robert von Patow hatte nämlich das Ansinnen abgelehnt, weil „die Einrichtung von Seminarien die Freiheit des akademischen Studiums beeinträchtige".4 Ungeachtet dessen beschlossen die Mitglieder der Historischen Gesellschaft um Droysen an dessen 52. Geburtstag, dem 6. Juli 1860, eine Bibliothek zu gründen, die sie zunächst mit eigenen Büchergeschenken ausstatteten, für die sie aber in Zukunft

2

3

4

sehe Institute im internationalen Vergleich. (Geschichtswissenschaft und Geschichtskultur im 20. Jahrhundert, Bd. 3.) Leipzig 2001, S. 39-83, hier S. 39-45. „Die historischen Studien sind in den raschen Fortschritten, welche ihnen die drei letzten Jahrzehnte gebracht, zu einem Umfang und einer Bedeutung gelangt, welche über die hergebrachte Form und Fassung derselben schon weit hinauszielt und für sie andere Mittel und andere Organisationen als bisher fordert." Denkschrift Droysens (wie Anm. 1), Bl. 2. Vgl. Huttner, Historische Gesellschaften (wie Anm. 1), S. 40f. Ober seine zweite Ehefrau Emma, geb. Michaelis, eine Schwester des Kieler Gynäkologieprofessors Gustav Adolf Michaelis, war Droysen zu Olshausen, der ebenfalls eine Michaelis geheiratet hatte, sogar in verwandtschaftliche Beziehung getreten. Vgl. Pommersche Lebensbilder 1, 1934, S. 141-154, hier S. 150 u. 154. Eines der ersten Buchgeschenke an die Bibliothek der Historischen Gesellschaft stammte von Olshausen (s. Katalog, Nr. 111). Johann Gustav Droysen, Briefwechsel. Hrsg. v. Rudolf Hübner. 2 Bde. Berlin 1929, Bd. 2, S. 708 Anm. 3.

Einleitung

15

auch Mittel von der obersten Kultusbehörde erhalten wollten.5 In einem Brief an den böhmischen Landeshistoriker Franz von Palacky vom 29. November 1860 schildert Droysen die Gründung der Bibliothek folgendermaßen: „Namentlich an den jungen Leuten meines historischen Seminars, das hier fröhlichst gedeiht, habe ich große Freude. Sie haben in der richtigen Einsicht, dass daß wir fur unsere Gesellschaft eine eigene Bibliothek brauchen, mir jüngst zu meinem Geburtstag einen Anfang zu einer solchen geschenkt, und durch allerlei Geschenke an Büchern und handschriftlichen Dingen wächst die Sammlung, für deren fernere Förderung der Staat wohl demnächst ein paar hundert Taler jährlich aussetzen wird."6

Droysens Zuversicht rührte daher, dass er beim Kultusministerium nachgefasst hatte. Am 5. November 1860 hatte er in einem Schreiben an Olshausen an seine Denkschrift erinnert, die auf diejenigen Punkte hingewiesen hatte, in denen nach seinem Dafürhalten den historischen Studien in Berlin „einige Nachhülfe zu theil werden müsse", wenn sie nicht noch mehr, als schon der Fall sei, gegenüber München und anderen, selbst kleineren Universitäten zurückbleiben sollten.7 Ausfuhrlich berichtete Droysen deshalb über die Anstrengungen, die mittlerweile von den Mitgliedern seiner Historischen Gesellschaft unternommen worden seien. Sie hätten bislang aus eigenen Mitteln einen Zuschuß bereitgestellt, um den Anfang eines Lehrapparates an Büchern, Archivalien usw. zu stiften. In der Bibliothek der Gesellschaft befanden sich dadurch bereits mehrere wertvolle Werke wie die Konstanzer Konzilsakten, 1696-99 herausgegeben von Hermann von der Hardt, die Scriptores rerum Germanicarum, 1728-1730 herausgegeben von Johann Burckard Mencken, oder der Codex Diplomaticus Brandenburgensis, 1838-1869 herausgegeben von Adolph Friedrich Riedel. Hinzu kämen von früheren Mitgliedern der Gesellschaft beigesteuerte Schriften und 5

6 7

Universitäts- und Landesbibliothek Sachsen-Anhalt, Abt. Sondersammlungen: Familiennachlass Droysen, Lebensdokumente, Yi 32 A4, lose im Bücherverzeichnis der Historischen Gesellschaft einliegendes Blatt von der Hand Droysens, das die Gründungsumstände kurz festhält; s. Dokumente, Nr. 4. Zur Historischen Gesellschaft s. weiter unten. Droysen, Briefwechsel (wie Anm. 4), 2, S. 708. GStA PK, I. HA Rep. 76 Va, Sekt. 2 (Universität Berlin), Tit. X, Nr. 78, Bl. 8; s. Dokumente, Nr. 1. Vgl. Lenz, Das historische Seminar (wie Anm. 1), S. 253.

16

Einleitung

auch mehrere Abschriften aus den Archiven von Weimar, Dresden und München, die von Mitgliedern der Gesellschaft für die gemeinsamen Arbeiten angefertigt worden seien. Damit die begonnene Sammlung aber nun über „die ersten armseligen Anfange" hinauskommen könne, würde es das Zweckmäßigste sein, eine kleine historische Bibliothek, „die mit Freude und recht eigentlich für das Studium gebildet worden ist", anzukaufen. Offenbar hatte Droysen hierbei schon ein geeignetes Objekt im Auge, unterließ es aber, auf Näheres einzugehen. Abschließend verwies er noch einmal darauf, dass die Sammlung von vornherein mit der Bestimmung begonnen worden sei, Eigentum der Historischen Gesellschaft zu bleiben, die den lebhaften Wunsch habe, seitens der höchsten Behörde als eines der Institute der Berliner Universität anerkannt zu werden. Nun erst antwortete das Ministerium. Am 8. Mai 1861 bewilligte der Kultusminister Moritz August von Bethmann-Hollweg 150 Taler „als Beihülfe zur Begründung einer Bibliothek" für die Historische Gesellschaft, jedoch mit der Maßgabe, daß die dafür angeschafften Bücher, die in einen besonderen Katalog einzutragen seien, Eigentum des Staates bleiben und in den Besitz eines Historischen Seminars übergehen sollten, falls ein solches demnächst errichtet würde.8 Die Generalkasse des Ministeriums wurde angewiesen, die erforderlichen Zahlungen auf Anweisung Droysens und auf Grund der entsprechenden Rechnungen, die mit der Bestätigung über die vorgenommene Katalogisierung der Bücher zu versehen waren, zu leisten.9 Mit den 150 Talern erhielt die weiterhin „als private Anstalt firmierende Übungsgesellschaft" Droysens und seiner Schüler genau die Hälfte an Fördermitteln, die vom selben Ministerium dem Bonner Historischen Seminar bewilligt wurde, das zur gleichen Zeit an der

8

Universitäts- und Landesbibliothek Sachsen-Anhalt, Abt. Sondersammlungen: Familiennachlass Droysen, Lebensdokumente, Yi 32 A5 a (Universitätsangelegenheiten Johann Gustav Droysens: Kiel, Jena, Berlin, 1840-1875), Bl. 44; s. Dokumente, Nr. 2.

9

GStA PK, I. HA Rep. 76 Va, Sekt. 2, Tit. X, Nr. 78, Bl. 11; s. Dokumente, Nr. 3.

Einleitung

17

dortigen Universität eingerichtet worden war.10 Möglicherweise ist es allein dem Bonner Präzedenzfall zu verdanken, dass Droysen überhaupt eine Zusage erhielt. Angesichts der Schrittmacherfunktion der Berliner Universität nicht nur auf dem Gebiet der historischen Wissenschaften und der guten Beziehungen, die Droysen zum Kultusministerium unterhielt, erscheint es aber umso erstaunlicher, dass seinen Anträgen auf Errichtung eines Historischen Seminars kein ebensolcher Erfolg beschieden war. Gleichwohl hat Droysen mit der geforderten Katalogisierung sogleich begonnen, wie ein von ihm seit 1861 eigenhändig geführtes Bücherverzeichnis belegt.11 Darin sind die Erwerbungen der Historischen Gesellschaft unter laufender Nummer, mit Kurztitel, Anschaffiingskontext und Kaufpreis aufgeführt. Danach bestehen die Nummern 1-49 ausschließlich aus Geschenken der jeweiligen Verfasser und von den Mitgliedern der Historischen Gesellschaft insgesamt, worunter sich auch die von Droysen gegenüber Olshausen angegebenen Titel finden (Nr. 1-3, 13-39 u. 47-49), während mit Nummer 50 die Ankäufe „aus dem ministeriellen Fonds" einsetzen.12 Die Titelblätter der erworbenen Bände wurden, zumeist von Droysen selbst, handschriftlich mit der laufenden Nummer und der Regal-Signatur beschriftet, zudem blau oder grün bestempelt („HIST. GESELLSCH.") und ζ. T. mit einem kleinen ovalen blauen Einkleber versehen, der folgende Inschrift trägt: „BIBLIOTHEK DES HISTORISCHEN SEMINARS / J.G. DROYSEN / VI. JULI MDCCCLX". 13

10

Zur zeitgleichen Bonner Seminargründung durch Heinrich von Sybel, die von Droysen sogar unterstützt wurde, s. Lenz, Das historische Seminar (wie Anm. 1), S. 253f., Paul Egon Hübinger, Das Historische Seminar an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität zu Bonn. Vorläufer - Gründung - Entwicklung. Ein Wegstück deutscher Universitätsgeschichte. Bonn 1963, bes. S. 84-89, u. Huttner, Historische Gesellschaften (wie Anm. 1), S. 44f., das Zitat S. 45 Anm. 19.

11

Universitäts- und Landesbibliothek Sachsen-Anhalt, Abt. Sondersammlungen: Familiennachlass Droysen, Lebensdokumente, Yi 32 A4; 11 Blatt, 4°; lose in blauem Pappumschlag. S. Abb. 2, S. 18. S. Katalog, bei Nr. 50. S.Abb. 1,S. 8.

12 13

18

Einleitung

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