Politisches Wissen in Deutschland: Empirische Analysen mit dem ALLBUS 2018 [1. Aufl.] 9783658304911, 9783658304928

Was und wie viel wissen die Menschen in Deutschland über Politik? Wie ähnlich oder unterschiedlich sind die Wissensständ

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Politisches Wissen in Deutschland: Empirische Analysen mit dem ALLBUS 2018 [1. Aufl.]
 9783658304911, 9783658304928

Table of contents :
Front Matter ....Pages I-X
Politisches Wissen in Deutschland. Analysen mit dem ALLBUS 2018 (Markus Tausendpfund, Bettina Westle)....Pages 1-10
Die Erfassung politischen Wissens in der Allgemeinen Bevölkerungsumfrage der Sozialwissenschaften (Jessica G. Walter, Martina Wasmer, Michael Blohm)....Pages 11-54
Messung politischen Wissens (Daniel Moosdorf, Christian Schnaudt, Markus Tausendpfund, Bettina Westle)....Pages 55-88
Niveau und Determinanten politischen Wissens (Markus Tausendpfund)....Pages 89-126
Politisches Wissen und politisches Vertrauen (Christian Schnaudt)....Pages 127-164
Kritik an sozialer Ungleichheit – Macht politisches Wissen den Unterschied? (Daniel Moosdorf)....Pages 165-197
Schützt politisches Wissen vor Populismus? (Bettina Westle)....Pages 199-244
Politische Partizipation und politisches Wissen: Fördert politisches Wissen die Bereitschaft zu politischer Beteiligung? (Bettina Westle, Pascal Anstötz)....Pages 245-290

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Politisches Wissen

Markus Tausendpfund Bettina Westle Hrsg.

Politisches Wissen in Deutschland Empirische Analysen mit dem ALLBUS 2018

Politisches Wissen Reihe herausgegeben von Bettina Westle, Institut für Politikwissenschaft, Philipps-Universität Marburg, Marburg, Deutschland Markus Tausendpfund, Fakultät für Kultur- und Sozialwissenschaften, FernUniversität in Hagen, Hagen, Deutschland

Normative Theorien der Demokratie zeichnen nicht selten ein Bild von bestens informierten, politisch kenntnisreichen und ihre wohlgeordneten Präferenzen selbstbewusst und engagiert vertretenden Bürgern. Während sich eine Vielzahl nationaler und international vergleichender Studien seit Jahrzehnten kontinuierlich der empirischen Analyse von politischen Einstellungen und Verhaltensweisen widmet, fehlt es – trotz der so genannten kognitiven Wende in den Sozialwissenschaften – im deutschen Kontext an Studien zum politischen Kenntnisstand. Über das politische Wissen und das Verständnis politischer Vorgänge bei den Bürgerinnen und Bürger liegen nur äußerst fragmentarische, punktuelle empirische Analysen in Fachzeitschriften vor. Angesichts dessen, dass die Kenntnis politischer Fakten und Zusammenhänge jedoch eine grundlegende Voraussetzung ist, um die demokratische Staatsbürgerrolle kompetent zu erfüllen – z.B. die eigenen Interessen zu vertreten, die Handlungen der politischen Eliten verstehen und kontrollieren zu können – besteht hier ein erhebliches Defizit. Ziel der Reihe ist es, diese Lücke zu füllen.

Weitere Bände in der Reihe http://www.springer.com/series/15931

Markus Tausendpfund · Bettina Westle (Hrsg.)

Politisches Wissen in Deutschland Empirische Analysen mit dem ALLBUS 2018

Hrsg. Markus Tausendpfund Fakultät für Kultur- und Sozialwissenschaften, FernUniversität in Hagen Hagen, Deutschland

Bettina Westle Institut für Politikwissenschaft ­Philipps-Universität Marburg Marburg, Deutschland

ISSN 2523-8361 ISSN 2523-837X  (electronic) Politisches Wissen ISBN 978-3-658-30491-1 ISBN 978-3-658-30492-8  (eBook) https://doi.org/10.1007/978-3-658-30492-8 Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. © Der/die Herausgeber bzw. der/die Autor(en), exklusiv lizenziert durch Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlags. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von allgemein beschreibenden Bezeichnungen, Marken, Unternehmensnamen etc. in diesem Werk bedeutet nicht, dass diese frei durch jedermann benutzt werden dürfen. Die Berechtigung zur Benutzung unterliegt, auch ohne gesonderten Hinweis hierzu, den Regeln des Markenrechts. Die Rechte des jeweiligen Zeicheninhabers sind zu beachten. Der Verlag, die Autoren und die Herausgeber gehen davon aus, dass die Angaben und Informationen in diesem Werk zum Zeitpunkt der Veröffentlichung vollständig und korrekt sind. Weder der Verlag, noch die Autoren oder die Herausgeber übernehmen, ausdrücklich oder implizit, Gewähr für den Inhalt des Werkes, etwaige Fehler oder Äußerungen. Der Verlag bleibt im Hinblick auf geografische Zuordnungen und Gebietsbezeichnungen in veröffentlichten Karten und Institutionsadressen neutral. Lektorat: Jan Treibel Springer VS ist ein Imprint der eingetragenen Gesellschaft Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH und ist ein Teil von Springer Nature. Die Anschrift der Gesellschaft ist: Abraham-Lincoln-Str. 46, 65189 Wiesbaden, Germany

Vorwort

Die Allgemeine Bevölkerungsumfrage der Sozialwissenschaften (ALLBUS) ist seit 1980 eine zentrale Datengrundlage für die Beschreibung und Erklärung von Einstellungen und Verhalten der Bevölkerung in Deutschland. In der Erhebung 2018 wurde (erneut nach 2008) ein größeres Politik-Quiz zur Erfassung politischen Wissens realisiert. Auf Basis dieser Daten können politisches Wissen der Bevölkerung in Deutschland erfasst, das Wissensniveau beschrieben, zentrale Determinanten identifiziert und Folgen politischen Wissens untersucht werden. Der ALLBUS 2018 stellt damit die Grundlage für den vorliegenden Band dar. Der Band enthält Ergebnisse zu Pretest, Messung, Determinanten und Folgen politischen Wissens. Damit die verschiedenen Beiträge vergleichbar sind, basieren alle Analysen auf dem ALLBUS 2018 und es wurde gebeten, die Beiträge weitgehend einheitlich zu gestalten. Als Herausgeber sind wir den Autoren für ihre Bereitschaft, die Beiträge nach den vereinbarten Vorgaben zu präsentieren sowie für ihre sorgfältige und mehrfache Überarbeitung ihrer Beiträge zu großem Dank verpflichtet. Neben der Begutachtung durch die beiden Herausgeber haben alle Beiträge ein double-blind Begutachtungsverfahren durchlaufen. Deshalb möchten wir uns an dieser Stelle nochmals herzlich bei den Gutachtern für ihre Hinweise und Kommentare bedanken: Daniela Braun, Oscar W. Gabriel, David Johann, Paul Marx, Reinhold Melcher, Sebastian Schneider, Rolf Porst und Angelika Vetter. Die Beiträge in diesem Band bieten Antworten auf Fragen zur Messung, zu den Determinanten und zu ausgewählten Folgen politischen Wissens, aber sie werfen auch neue interessante Fragen auf und weisen auf Forschungslücken zum politischen Wissen in Deutschland hin. Wir freuen uns daher über weitere Veröffentlichungen in der Reihe „Politisches Wissen“ bei Springer VS. Hagen Marburg Mai 2020

Markus Tausendpfund Bettina Westle V

Inhaltsverzeichnis

Politisches Wissen in Deutschland. Analysen mit dem ALLBUS 2018. . . 1 Markus Tausendpfund und Bettina Westle Die Erfassung politischen Wissens in der Allgemeinen Bevölkerungsumfrage der Sozialwissenschaften. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 Jessica G. Walter, Martina Wasmer und Michael Blohm Messung politischen Wissens. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55 Daniel Moosdorf, Christian Schnaudt, Markus Tausendpfund und Bettina Westle Niveau und Determinanten politischen Wissens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89 Markus Tausendpfund Politisches Wissen und politisches Vertrauen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127 Christian Schnaudt Kritik an sozialer Ungleichheit – Macht politisches Wissen den Unterschied?. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165 Daniel Moosdorf Schützt politisches Wissen vor Populismus? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 199 Bettina Westle Politische Partizipation und politisches Wissen: Fördert politisches Wissen die Bereitschaft zu politischer Beteiligung? . . . . . . . . . . . . . . . . . . 245 Bettina Westle und Pascal Anstötz

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Herausgeber- und Autorenverzeichnis

Über die Herausgeber Dr. Markus Tausendpfund ist Wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Fakultät für Kultur- und Sozialwissenschaften, Arbeitsstelle „Quantitative Methoden“, an der FernUniversität in Hagen. Forschungsschwerpunkte: Methoden der empirischen Sozialforschung, Einstellungs- und Verhaltensforschung sowie lokale Politikforschung. Prof. Dr. Bettina Westle ist Inhaberin der Professur für Methoden der Politikwissenschaft und Empirische Sozialforschung am Fachbereich Gesellschaftswissenschaften und Philosophie der Philipps-Universität Marburg. Forschungsschwerpunkte: Wahl-, Partizipations- und Einstellungsforschung, PolitikKognitionen, Politische Kultur, Kollektive Identität, Migration und Demokratie.

Über die Autoren Pascal Anstötz  ist Wissenschaftlicher Mitarbeiter und Doktorand am Lehrstuhl für Methoden der Politikwissenschaft und Empirische Sozialforschung am Fachbereich Gesellschaftswissenschaften und Philosophie der Philipps-Universität Marburg. Forschungsschwerpunkte: Einstellungs- und Verhaltensforschung, Modellierung und Erklärung von Verhalten in sozialen Kontexten sowie Methoden der empirischen Sozialforschung mit dem Schwerpunkt Strukturgleichungsmodellierung. IX

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Herausgeber- und Autorenverzeichnis

Michael Blohm  ist Senior Researcher bei GESIS – Leibniz-Institut für Sozialwissenschaften in Mannheim. Er ist mitverantwortlich für die Konzeption, Implementierung und Datenaufbereitung des ALLBUS. Forschungsschwerpunkte: Methoden der Umfrageforschung, insbesondere Nonresponse, Incentives und Interviewerverhalten. Daniel Moosdorf ist Wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Professur für Methoden der Politikwissenschaft und Empirische Sozialforschung am Fachbereich Gesellschaftswissenschaften und Philosophie der Philipps-Universität Marburg. Forschungsschwerpunkte: Methoden der empirischen Sozialforschung, Politisches Wissen, Wissen zu Policies, System der Alterssicherung, Demografischer Wandel als politische Herausforderung. Dr. Christian Schnaudt ist Akademischer Mitarbeiter (Post-Doc) am Lehrstuhl für Politikwissenschaft, Politische Soziologie an der Fakultät für Sozialwissenschaften der Universität Mannheim. Forschungsschwerpunkte: Politische Einstellungs- und Verhaltensforschung, quantitative Forschungsmethoden sowie Umfragemethodik. Dr. Jessica G. Walter  ist Wissenschaftliche Mitarbeiterin (Post-Doc) bei GESIS – Leibniz-Institut für Sozialwissenschaften in Mannheim und dort in der Arbeitsgruppe des ALLBUS mitverantwortlich für die Konzeption, Implementierung und Datenaufbereitung des ALLBUS. Forschungsschwerpunkte: Einstellungsforschung zu Geschlechterrollen, Familiensoziologie und Umfragemethodik. Martina Wasmer  ist Senior Researcher bei GESIS – Leibniz-Institut für Sozialwissenschaften in Mannheim. Sie ist mitverantwortlich für die Konzeption, Implementierung und Datenaufbereitung des ALLBUS. Ihre Forschungsschwerpunkte sind Migrationsforschung und Berufsvercodung.

Politisches Wissen in Deutschland. Analysen mit dem ALLBUS 2018 Markus Tausendpfund und Bettina Westle

1 Einleitung Was und wie viel wissen die Menschen in Deutschland über Politik? Wie ähnlich oder unterschiedlich sind die Wissensstände in verschiedenen Bevölkerungsteilen? Was sind hinderliche und was förderliche Faktoren für den Wissenserwerb? Und: Was sind Folgen der politischen Wissensniveaus für Einstellungen gegenüber Politik und Demokratie? Mit diesen Fragen beschäftigt sich der vorliegende Band zu politischem Wissen auf Grundlage der Allgemeinen Bevölkerungsumfrage der Sozialwissenschaften (ALLBUS) 2018 Deutschlands.1 Während insbesondere für die USA umfangreiche Forschungsbefunde zu Niveau und Verteilung politischer Kenntnisse vorliegen, ist die Befundlage in Deutschland überschaubarer (Westle und Tausendpfund 2019, S. 22). Insbesondere gibt es nur wenige Studien, die auf Grundlage zahlreicher

1Aus

Gründen der besseren Lesbarkeit wird in diesem Band nicht durchgängig eine geschlechterneutrale Sprache verwendet. Begriffe wie Bürger oder Staatsbürger werden hier – außer im Fall, dass Unterschiede zwischen Frauen und Männern thematisiert werden – geschlechtsneutral verwendet.

M. Tausendpfund (*)  FernUniversität in Hagen, Hagen, Deutschland E-Mail: [email protected] B. Westle  Philipps-Universität Marburg, Marburg, Deutschland E-Mail: [email protected] © Der/die Herausgeber bzw. der/die Autor(en), exklusiv lizenziert durch Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 M. Tausendpfund und B. Westle (Hrsg.), Politisches Wissen in Deutschland, Politisches Wissen, https://doi.org/10.1007/978-3-658-30492-8_1

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M. Tausendpfund und B. Westle

Fragen das politische Wissen bei der erwachsenen Bevölkerung erfassen und damit die Möglichkeit bieten, das Niveau und die Verteilung politischen Wissens zu beschreiben, seine Bestimmungsfaktoren zu identifizieren und die Konsequenzen politischen Wissens für nachgelagerte politische Einstellungen und Verhalten zu analysieren. Im ALLBUS 2018 wurde (erneut nach 2008) ein größeres ­Politik-Quiz zur Erfassung politischen Wissens realisiert, sodass eine aktuelle Datengrundlage für die empirische Politikwissenschaft verfügbar ist. Der ALLBUS 2018 stellt die Grundlage für den vorliegenden Band dar. Auf Basis dieser Daten kann das politische Wissen der Bevölkerung erfasst, das Wissensniveau beschrieben, zentrale Bestimmungsfaktoren identifiziert und Konsequenzen des politischen Wissens untersucht werden. Bevor wir die einzelnen Beiträge und die zentralen Befunde vorstellen (Abschn. 4), bieten wir eine knappe Spezifikation des Konzepts „Politisches Wissen“ (Abschn. 2) und diskutieren die Rolle politischen Wissens als abhängige und als unabhängige Variable (Abschn. 3). Im Ausblick entwickeln wir weitere Analyseperspektiven dieses Konzepts der politischen Einstellungs- und Verhaltensforschung.

2 Was ist politisches Wissen? In der sozialwissenschaftlichen Literatur existieren verschiedene Bezeichnungen für politisches Wissen (Lawrence 2003, S. 7–24; Schübel 2018, S. 14–21; Westle und Tausendpfund 2019, S. 4–6). Das Konzept „political sophistication“ stellt vermutlich den umfassendsten Ansatz dar, um politisches Wissen sowohl theoretisch als auch empirisch zu erfassen (Luskin 1987, S. 857–864). Neuman (1986, S. 56) unterscheidet dabei drei Komponenten von political sophistication: political salience, political knowledge und political conceptualization. Politische Salienz gilt als Voraussetzung, um politisches Wissen zu erwerben. Interesse und Aufmerksamkeit gegenüber der politischen Sphäre führen zu einer Akkumulation von political knowledge. Political knowledge ist politisches Faktenwissen, das objektiv „richtig“ oder „falsch“ ist. Neuman (1986, S. 56) begreift politisches Faktenwissen als wichtige Ressource, auf die eine Person bei Bedarf zugreifen kann. Er grenzt das Faktenwissen allerdings vom anspruchsvolleren Verständniswissen (political conceptualization) ab, das sich auf die Anwendung von Faktenwissen bezieht. Das Verständniswissen ist definiert als Fähigkeit, Fakten und Konzepte zu nutzen, um politische Sachverhalte zu beurteilen.

Politisches Wissen in Deutschland. Analysen mit dem ALLBUS 2018

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In der Forschungspraxis wird politisches Wissen meist als politisches Faktenwissen verstanden und definiert als „the range of factual information about politics that is stored in long-term memory“ (Delli Carpini und Keeter 1996, S. 10). Es handelt sich um politische Kenntnisse, die eindeutig als richtig oder falsch klassifiziert werden können, und im Langzeitgedächtnis einer Person gespeichert sind (Westle und Tausendpfund 2019, S. 4). Delli Carpini und Keeter (1996, S. 14) unterscheiden drei zentrale politische Wissensbereiche: Institutionen und Verfahren, Personen und Parteien sowie politische Themen. Die Bürger sollten wissen, wie das politische System funktioniert und nach welchen Prinzipen es arbeitet. Um bei Wahlen begründete Entscheidungen für oder gegen eine politische Partei bzw. einen Kandidaten treffen zu können, stellt die Kenntnis der politischen Akteure, ihrer ideologischen Orientierungen sowie ihrer inhaltlichen Positionen ein weiteres zentrales Element politischen Wissens dar. Schließlich ist Wissen über politische und sozioökonomische Themen, Probleme und Streifragen erforderlich, um vergangene Politik bewerten und politische Entscheidungen für künftige Politik begründet treffen zu können. Die Beschränkung auf politisches Faktenwissen ist konzeptionell zwar bedauerlich, aber aus forschungspraktischer Perspektive durchaus nachvollziehbar. Nur großangelegte Bevölkerungsumfragen, die auf einer strikten Zufallsstichprobe basieren, erlauben verallgemeinerbare Rückschlüsse von der Stichprobe auf die Grundgesamtheit. In solchen Massensurveys können zwar Items zu politischen Faktenkenntnissen integriert werden, aber die Erfassung von anspruchsvollerem Verständniswissen ist nur schwierig realisierbar, da geeignete Messinstrumente noch nicht vorliegen. Sicher sind politische Faktenkenntnisse allein keine hinreichende Bedingung für ein tieferes Verständnis politischer Vorgänge, aber es stellt eine zentrale Grundlage für kognitiv anspruchsvollere Leistungen dar. Mit anderen Worten: Wer über keine politischen Faktenkenntnisse verfügt, der kann dieses Wissen auch nicht anwenden. Auch sog. Heuristiken sind kein vollwertiger Ersatz für Wissen, da Personen mit größerem Wissen diese Heuristiken besser verstehen und kompetenter nutzen als solche mit geringerem Wissen (z. B. Cutler 2002; Westle 2020b, c). Darüber hinaus liegen erste Befunde vor, die darauf hindeuten, dass politisches Faktenwissen mehr repräsentiert als die jeweils erfragten Kenntnisse zu konkreten politischen Sachbeständen (z. B. zu Deutschland Schübel 2018).

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3 Politisches Wissen als abhängige und als unabhängige Variable Delli Carpini und Keeter (1996, S. 8) beschreiben politisches Wissen als „currency of citizenship“ und Mondak (2001, S. 238) betrachtet politisches Wissen als „cornerstone construct in research on political behavior“, das Orientierungen wie Selbstwirksamkeit und Vertrauen sowie politische Beteiligung und die Wahlentscheidung beeinflusst (Barabas et al. 2014). Diese Sichtweisen verdeutlichen, dass politisches Wissen als abhängige und als unabhängige Variable betrachtet werden sollte (Abb. 1). Politisches Wissen als abhängige Variable richtet den Blick auf das Niveau und die Determinanten politischen Wissens. Eine weitverbreitete politische Kompetenz gilt normativ als zentrales Qualitätskriterium einer Demokratie (Bennett 1989, S. 422; Lupia und McCubbins 1998; Mondak 2001, S. 238; Dahl 2000, S. 37) und ist eine „zentrale Voraussetzung für eine gesamtgesellschaftlich inklusive, qualitativ hochwertige Demokratie“ (Westle und Tausendpfund 2019, S. 10; Westle 2020a, S. 273). Für die meisten Bürger hat Politik aber nur wenig Bedeutung und andere Lebensbereiche sind ihnen wichtiger (van Deth 2000). Zudem unterscheiden sich auch die kognitiven Voraussetzungen für den Erwerb politischer Kenntnisse zwischen den Menschen. Individuelle Unterschiede beim politischen Wissen sind daher die Konsequenz und stellen nicht per se ein Krisensymptom der Demokratie dar. Demokratietheoretisch problematisch sind unterschiedliche Wissensstände aber, wenn sie nicht zufällig verteilt sind, sondern sich das Wissensniveau systematisch zwischen Bevölkerungsgruppen unterscheidet (Westle 2011, S. 835). Dies gefährdet die politische Gleichheit (Delli Carpini 1986, S. 265), begünstigt die Durchsetzung nicht-repräsentativer Interessen und kann auf Dauer die Lebenschancen einer Demokratie gefährden (van Deth 2009, S. 155). Die Beschreibung des politischen Wissensniveau einer Bevölkerung und

Abb. 1   Politisches Wissen als abhängige und unabhängige Variable. (Quelle: Darstellung Tausendpfund und Westle)

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die Identifikation zentraler Bestimmungsfaktoren stellt daher eine zentrale Aufgabe der empirischen Sozialforschung dar. Die Perspektive auf politisches Wissen als unabhängige Variable richtet sich auf Konsequenzen politischen Wissens für Einstellungen und Verhalten. In der empirischen Politikwissenschaft hat sich in den vergangenen Jahren ein Forschungsstrang entwickelt, der sich insbesondere mit der Rolle politischen Wissens für die Wahlentscheidung beschäftigt und als „correct voting“ bezeichnet wird (Lau und Redlawsk 1997; Lau et al. 2008; zusammenfassend s. Rapeli 2018). Politisches Wissen beeinflusst aber nicht nur die Stimmabgabe und trägt zu höherer Wahlbeteiligung bei (Braun und Tausendpfund 2019), sondern prägt laut amerikanischen Befunden auch politische Einstellungen der Bürger. Demnach unterstützt politisches Wissen die Stabilität (Bartle 2000; Galston 2007, S. 637), die Konsistenz (Delli Carpini und Keeter 1996; Bartle 2000) und die Differenziertheit politischer Einstellungen (Delli Carpini und Keeter 1996; Krosnick und Milburn 1990). Zudem fördert politisches Wissen auch eine größere Unterstützung für demokratische Werte, insbesondere für politische Toleranz (Delli Carpini und Keeter 1996, S. 220–224; Galston 2007, S. 637; Green et al. 2011), sodass politisches Wissen als zentraler Einflussfaktor für nachgelagerte politische Einstellungen und Verhaltensweisen bezeichnet werden kann.

4 Beiträge in diesem Band Der Band besteht aus sieben inhaltlichen Beiträgen. Der Beitrag von Jessica G. Walter, Michael Blohm und Martina Wasmer stellt den ALLBUS vor. Mit dem ALLBUS werden seit 1980 alle zwei Jahre Informationen über Einstellungen, Verhalten und Sozialstruktur der Bevölkerung in der Bundesrepublik Deutschland erhoben. Es handelt sich um eine langfristig angelegte Befragung mit einem teils gleichen, teils variablen Frageprogramm (Trendstudie), bei der gegenwärtig jeweils ca. 3500 Personen in persönlich-mündlichen Interviews befragt werden. Erstmals wurde 2008 ein Politik-Quiz zur Erfassung des politischen Faktenwissens implementiert, das 2018 in modifizierter Version wiederholt wurde. Die Autoren erläutern in ihrem Beitrag die Entwicklung des entsprechenden Fragemoduls und präsentieren die Ergebnisse umfangreicher Pretests, um geeignete Indikatoren für das Politik-Quiz auszuwählen. Daniel Moosdorf, Christian Schnaudt, Markus Tausendpfund und Bettina Westle stellen im Beitrag zur Messung politischen Wissens die im ALLBUS 2018 verwendeten Wissensfragen vor und präsentierten deskriptive Informationen zu den Antworten. Dabei werden auch die Bearbeitungszeiten, Schwierigkeits-

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grade und die Qualität der Distraktoren diskutiert. Im zweiten Teil des Beitrags werden auf Grundlage einer Mokken-Analyse (Mokken 1971) eine Skalenanalyse und eine Skalenkonstruktion der verwendeten Items durchgeführt. Zwar erfassen die im ALLBUS 2018 verwendeten Wissensitems unterschiedliche Wissensbereiche, aber die empirischen Ergebnisse deuten darauf hin, dass es sich bei dem erfassten politischen Wissen um ein eindimensionales, latentes Konstrukt handelt. Die entwickelten Skalen bilden die Grundlage für die empirischen Analysen in den folgenden Kapiteln, in denen das politische Wissen als abhängige oder als unabhängige Variable betrachtet wird. Markus Tausendpfund beschäftigt sich mit dem Niveau und den Determinanten des politischen Wissens in Deutschland. Zwar entspricht das Wissensniveau der Bevölkerung nicht dem Idealbild des „homo politicus“, aber die meisten Personen verfügen zumindest über Grundkenntnisse des politischen Systems und kennen die zentralen politischen Akteure. Allerdings ist das politische Wissen in Deutschland sozial ungleich verteilt. Männer haben ein höheres Wissensniveau als Frauen, ältere Bürger zeigen mehr Kenntnisse als jüngere Menschen, und Personen mit Migrationshintergrund sind schlechter über Politik informiert als Befragte ohne Migrationshintergrund. Die empirischen Befunde der Regressionsanalysen zeigen deutlich, dass die individuellen Ressourcen und Fähigkeiten (z. B. Bildung), die Motivation (z. B. politisches Interesse) und die Gelegenheiten (z. B. Nachrichten im öffentlich-rechtlichen Fernsehen) den Erwerb politischen Wissens beeinflussen. Der Beitrag von Christian Schnaudt betrachtet politisches Wissen als unabhängige Variable und untersucht mögliche Effekte auf das politische Vertrauen. Dabei unterscheidet er drei Szenarien. Ein erstes Szenario behandelt strukturierende Effekte politischen Wissens. Dabei argumentiert Schnaudt, dass politisches Wissen einen Einfluss darauf ausübt, in welcher konkreten Struktur sich das politische Vertrauen der Bürger manifestiert. Ein zweites Szenario fokussiert auf direkte Effekte politischen Wissens. Ein drittes Szenario rückt moderierende Effekte politischen Wissens in den Vordergrund. Die empirischen Befunde zeigen, dass politisches Wissen kein Effekt auf die dimensionale Struktur politischen Vertrauens hat. Mit Blick auf direkte Effekte politischen Wissen zeigen sich zwar keine Effekte für regulative Institutionen, aber eine negative Beziehung für repräsentative Institutionen. Die empirischen Analysen zu den moderierenden Effekten politischen Wissens zeigen, dass wirtschaftliche und politische Leistungsbewertungen primär für die Vertrauensentscheidung jener Bürger relevant sind, die über ein vergleichsweises größeres politisches Wissen verfügen.

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Kritische Einstellungen gegenüber den zentralen Verteilungsprinzipien zur Legitimierung sozialer Ungleichheit und ihrer Umsetzung nehmen mit dem schulischen Bildungsniveau zu. Daniel Moosdorf untersucht in seinem Beitrag, ob dieser Zusammenhang auch auf politisches Wissen zurückzuführen ist und ob von politischem Wissen selbst Effekte auf Einstellungen gegenüber sozialer Ungleichheit ausgehen. Auf Grundlage politischen Wissens könnte ein tiefer gehendes Verständnis zentraler Verteilungsprinzipien entwickelt und Verteilungsergebnisse kritischer bewertet werden. Besonders für Menschen in vergleichsweiser schlechter sozialer Lage, die weniger auf schulisch erworbene Fähigkeiten und Kompetenzen zurückgreifen können, könnte politisches Wissen entsprechende Bedeutung besitzen. Erwartet wird daher, dass politisches Wissen den Zusammenhang zwischen sozialer Lage und Einstellungen gegenüber sozialer Ungleichheit moderiert. Die Analysen weisen den postulierten Moderationseffekt politischen Wissens allerdings nur vereinzelt nach. Für das untersuchte allgemeine politische Faktenwissen kann daher nicht von einem moderierenden Effekt auf den Zusammenhang von sozialer Lage und Einstellungen gegenüber sozialer Ungleichheit ausgegangen werden. Schützt politisches Wissen vor populistischem Denken? Diese Frage bearbeitet Bettina Westle und argumentiert, dass politische Kenntnisse die weitere politische Involvierung fördern und das Verständnis komplexerer politischer Vorgänge und Zusammenhänge erleichtern. Zwar müssen politische Kenntnisse nicht per se zu einer zustimmenden Haltung gegenüber politischen Akteuren oder dem politischen Regime führen, aber mit Blick auf populistische Einstellungen argumentiert Westle, dass politisch kenntnisreichere Personen besser in der Lage sind, problematische Aspekte, insbesondere die Homogenitätsunterstellungen und daran anknüpfende Versprechungen des Populismus, kognitiv zu durchschauen und von den Begründungen der liberalen, repräsentativen Demokratie abzugrenzen. Die empirischen Analysen können einen negativen Zusammenhang zwischen politischem Wissen und populistischen Einstellungen bestätigen, aber bei Berücksichtigung alternativer Erklärungsfaktoren wie Bildung und Wertorientierung schwächt sich der Zusammenhang ab. Allerdings verschwindet der direkte Effekt nicht und weiterführende Analysen können auch indirekte Effekte des Wissens auf vorgelagerte Einstellungen nachweisen. Bettina Westle und Pascal Anstötz untersuchen die Rolle politischen Wissens für die Bereitschaft zu politischer Partizipation. Die Befunde zeigen, dass Wissen eine kleine, aber durchaus sichtbare und signifikante förderliche Rolle sowohl für konventionelle Formen wie Wahlen als auch für diverse Protestformen mit Ausnahme der Wahlverweigerung aus Protest einnimmt. Der Effekt wird zwar durch die Zunahme klassischer Erklärungsvariablen aus dem Bereich der

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Fähigkeiten und Ressourcen, der Motivation, der Netzwerke und der Bewertungen der Politik gemindert, jedoch verschwindet er nur bei gleichzeitiger Berücksichtigung von politischem Interesse und subjektiver politischer Kompetenz vollständig. Politisches Wissen stellt also durchaus einen kleinen Grundstein für den Beteiligungswillen der Bevölkerung am politischen Geschehen und damit eines Kernelements der Demokratie dar.

5 Ausblick und Forschungsperspektiven Die Beiträge in diesem Band behandeln Fragen der Messung, der Bestimmungsfaktoren und der Folgen politischen Wissens auf individueller Ebene. Die empirischen Analysen dazu basieren nicht nur auf derselben Datengrundlage (ALLBUS 2018), sondern das zentrale Konzept „Politisches Wissen“ wurde in den empirischen Analysen auch einheitlich operationalisiert. Dies fördert die Vergleichbarkeit der empirischen Befunde und erleichtert allgemeinere Schlussfolgerungen. Zwar bietet der Band eine umfassende Betrachtung der Bestimmungsfaktoren politischen Wissens und betrachtet ausgewählte Konsequenzen des politischen Wissens, aber das Analysepotenzial der Daten ist damit noch keineswegs vollständig ausgeschöpft. Künftige Studien könnten sich bspw. (A) auf Basis des ALLBUS 2018 erstens intensiver mit einzelnen Determinanten des politischen Wissens beschäftigen wie bspw. der Frage nach dem sog. gender gap, zu der im ALLBUS neben der Variable „Geschlecht“ auch Geschlechtsrollenorientierungen verfügbar sind sowie eine Vielzahl von demografischen Variablen, die eine weitere Ausdifferenzierung der gelebten Geschlechterrollen ermöglichen. Zweitens bieten sich im Bereich von Wissen als unabhängiger Variable eine größere Zahl von weiteren erfassten Einstellungsbereichen an, die in diesem Band nicht analysiert wurden. Dazu gehören bspw. Verständnis und Unterstützung von Demokratie, Patriotismus und Nationalismus, Haltungen zu Flüchtlingen oder Parteipräferenzen. Drittens wurde der Bereich des tatsächlichen (bzw. berichteten) Verhaltens als abhängiger Variable von Wissen in diesem Band ausgespart, also etwa von Wahlverhalten. Viertens bietet das Zusammenspiel von Wissen mit Heuristiken wie etwa der Parteiidentifikation und der ideologischen Links-Rechts-Dimension ein weites Feld für neue Forschung. Des Weiteren bestehen (B) auch mit den beiden ISSP-Erhebungen im Anschluss an den ALLBUS zu den Themen „Soziale Netzwerke“ und „Religion“ Verknüpfungsmöglichkeiten. Ein noch völlig unausgeschöpftes Forschungsfeld sind (C) Vergleiche zwischen den Daten des ALLBUS 2008 und 2018. Hier

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stellen sich eine Vielzahl von offenen Fragen sowohl erstens zur Vergleichbarkeit der Messungen als auch zweitens zu Stabilität und Veränderung der Wissensstände, ihrer Determinanten und Folgen. Ferner ist (D) auch an Vergleiche mit anderen Studien, die in Teilen ähnliche Fragen zu politischem Wissen enthalten, zu denken (bspw. GLES). Darüber hinaus können (E) im Bereich der Messung, Itementwicklung und des Itemtests interessante Erweiterungen durch Anwendung weiterer Methoden wie kognitiver Tests bestehen, die Hinweise auf die Qualität der Distraktoren und die Lösungswege der Fragen (etwa durch Ausschlussverfahren, spontanen Abruf von Kenntnissen oder Raten) geben können. Will man sich zudem nicht auf Individualdaten beschränken, so wären (F) Verknüpfungen mit Kontextdaten wie etwa politischen Ereignissen, Medienberichten u. ä. zu den abgefragten Themen interessant. Dies sind nur einige Beispiele zu spannenden Fragestellungen im Themenbereich politischen Wissens. Für weitere Fragestellungen sind der Fantasie der Profession sicher keine Grenzen gesetzt.

Literatur Barabas, Jason, Jennifer Jerit, William Pollock, und Carlisle Rainey. 2014. The question(s) of political knowledge. American Political Science Review 108 (4): 840–855. Bartle, John. 2000. Political awareness, opinion constraint and the stability of ideological positions. Political Studies 48 (3): 467–484. Bennett, Stephen Earl. 1989. Trends in Americans’ political information, 1967–1987. American Politics Research 17 (4): 422–435. Braun, Daniela, und Markus Tausendpfund. 2019. Politisches Wissen und Europawahlen. In Politisches Wissen. Relevanz, Messung und Befunde, Hrsg. Bettina Westle und Markus Tausendpfund, 207–236. Wiesbaden: Springer VS. Cutler, Fred. 2002. The simplest shortcut of all: Sociodemographic characteristics and electoral choice. The Journal of Politics 64 (2): 466–490. Dahl, Robert A. 2000. On democracy. New Haven: Yale University Press. Delli Carpini, Michael X. 1986. Stability and change in American politics: The coming of age of the generation of the 1960s. New York: New York University Press. Delli Carpini, Michael X., und Scott Keeter. 1996. What Americans know about politics and why it matters. New Haven: Yale University Press. Galston, William A. 2007. Civic knowledge, civic education, and civic engagement: A summary of recent research. International Journal of Public Administration 30 (6–7): 623–642. Green, Donald P., Peter M. Aronow, Daniel E. Bergan, Pamela Greene, Celia Paris, und Beth I. Weinberger. 2011. Does knowledge of constitutional principles increase support for civil liberties? Results from a randomized field experiment. Journal of Politics 73 (2): 463–476. Krosnick, Jon A., und Michael A. Milburn. 1990. Psychological determinants of political opinionation. Social Cognition 8 (1): 49–72.

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M. Tausendpfund und B. Westle

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Die Erfassung politischen Wissens in der Allgemeinen Bevölkerungsumfrage der Sozialwissenschaften Jessica G. Walter, Martina Wasmer und Michael Blohm 1 Einleitung Dieses Kapitel widmet sich der Erfassung politischen Wissens in der Allgemeinen Bevölkerungsumfrage der Sozialwissenschaften (ALLBUS). Im ALLBUS wurde 2008 erstmals politisches Wissen erfasst. Hierzu wurde ein Quiz entwickelt, bei dem die Studienteilnehmer geschlossene Faktenfragen zu verschiedenen politischen Aspekten beantworteten. In der Erhebung 2018 wurde politisches Wissen erneut erfasst, wobei ein im Vergleich zum ALLBUS 2008 modifiziertes Instrument eingesetzt wurde. Nachfolgend wird nach einer kurzen Einführung in den ALLBUS und den Themenschwerpunkt Politik erläutert, warum politisches Wissen Eingang in das Frageprogramm des ALLBUS fand. Anschließend wird dargestellt, wie das Wissensquiz anhand von Pilotstudien entwickelt wurde. Hierbei werden insbesondere die Operationalisierung und Implementierung ausführlich dargelegt und es werden Analysen zur Qualität der eingesetzten Wissensfragen berichtet. Den Abschluss bildet eine Diskussion der Erfassung politischen Wissens im Rahmen von Mehrthemenstudien wie dem ALLBUS. J. G. Walter (*) · M. Wasmer · M. Blohm  Dauerbeobachtung der Gesellschaft, GESIS Leibniz-Institut für Sozialwissenschaften, Mannheim, Deutschland E-Mail: [email protected] M. Wasmer E-Mail: [email protected] M. Blohm E-Mail: [email protected] © Der/die Herausgeber bzw. der/die Autor(en), exklusiv lizenziert durch Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 M. Tausendpfund und B. Westle (Hrsg.), Politisches Wissen in Deutschland, Politisches Wissen, https://doi.org/10.1007/978-3-658-30492-8_2

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2 Die Allgemeine Bevölkerungsumfrage der Sozialwissenschaften Der ALLBUS ist eine multithematische, replikative Querschnittserhebung zur Erfassung von Verhaltensweisen und Einstellungen sowie sozialstrukturellen Merkmalen der Bevölkerung in Deutschland. Die Studie wurde 1980 ins Leben gerufen und wird seitdem im zweijährigen Turnus erhoben. Mit dem ALLBUS wird der sozialwissenschaftlichen Profession eine Datenbasis für Sekundäranalysen zur Verfügung gestellt (Braun und Mohler 1991; Koch et al. 2001), die sowohl Querschnitt- als auch Längsschnittanalysen ermöglicht. Sie bietet damit für die Forschung und Lehre in den Sozialwissenschaften eine methodisch anspruchsvolle und inhaltlich fruchtbare Informationsgrundlage (Brückner et al. 1982; Koch und Wasmer 2004). Befragt wird im ALLBUS eine Zufallsstichprobe der erwachsenen (bis 1994 deutschen) Bevölkerung in (bis 1990 West-) Deutschland. Seit 1994 – mit Ausnahme von 1998 – werden in einem zweistufigen Zufallsverfahren zunächst Gemeinden und dann aus den Einwohnermelderegistern dieser Gemeinden die Zielpersonen für die Studie ausgewählt. Um für Ostdeutschland ausreichende Fallzahlen für differenzierte Analysen, insbesondere für den West-Ost-Vergleich, zur Verfügung stellen zu können, liegt der Stichprobenziehung seit der Wiedervereinigung ein disproportionaler Stichprobenansatz zugrunde, bei dem die Bevölkerung in dem Gebiet der ehemaligen DDR überrepräsentiert ist. Es wird in der Regel angestrebt, etwa 1400 Personen in Ostdeutschland und etwa 2100 Personen in Westdeutschland zu befragen. Die Daten werden mittels persönlich-mündlicher Interviews – seit 2000 computergestützt – erhoben. Teilweise kommen hierbei Befragungshilfen in Papierform (Listen und Kärtchenspiele) zum Einsatz. Die ALLBUS Erhebungen sind für eine Befragungsdauer von ca. 50 min konzipiert. Das Frageprogramm des ALLBUS zeichnet sich durch einen hohen Anteil an Replikationsfragen aus, die als Datenbasis für Längsschnittanalysen genutzt werden können. Ein wichtiger Bestandteil des ALLBUS sind daher Indikatoren, die geeignet sind, langfristigen Wandel oder Stabilität in verschiedenen Bereichen abzubilden. Die umfangreiche Standarddemographie des ALLBUS sowie einige zentrale Merkmale – insbesondere solche, die oft als erklärende Variablen verwendet werden – werden in jeder Umfrage repliziert, weitere inhaltliche Fragen zu verschiedenen gesellschaftlichen Bereichen in größeren Zeitabständen. Das politische Interesse, die Wahlabsicht anhand der Sonntagsfrage, politische Wertorientierungen, die Links-Rechts-Selbsteinstufung und die Mitgliedschaft in einer politischen Partei werden regelmäßig abgefragt. Daneben gibt es in

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jeder Erhebung ein oder zwei Themenschwerpunkte, für die eine 10-jährige Replikation angestrebt wird.1 Die Schwerpunkte mit ihren theoretisch zusammenhängenden Indikatoren sollen die Analysefähigkeit im Querschnitt sicherstellen. Ein wichtiges Kriterium für die Aufnahme von Indikatoren ins Frageprogramm ist daher auch ihre Theoriebezogenheit und ihre inhaltliche Anschlussmöglichkeit an andere Variablen des Frageprogramms. Bei Neuaufnahmen von Fragen in das Frageprogramm wird bevorzugt auf Instrumente zurückgegriffen, die Anschlussmöglichkeiten an andere sozialwissenschaftliche Studien bieten. Um aktuellen Entwicklungen in Wissenschaft und Gesellschaft Rechnung tragen zu können, wird das Frageprogramm des ALLBUS mithilfe der Einbindung in die Profession laufend modifiziert und ergänzt. „Politisches Wissen“ fand im Rahmen dieser Erweiterungen 2008 Eingang in das Frageprogramm des ALLBUS und wurde im Schwerpunkt 2018 erneut erfasst. Mit der Erhebung dieser Studien war das Institut TNS Infratest bzw. das Nachfolgeinstitut Kantar Public aus München beauftragt. Die Anzahl realisierter Interviews betrug im Jahr 2008 3469 (2392 in Westdeutschland, 1077 in Ostdeutschland) und 3477 (2387 in Westdeutschland, 1090 in Ostdeutschland) im Jahr 2018. Die Datensätze zu diesen Studien, die vollständigen Fragebögen sowie weitere Informationen sind auf der ALLBUS-Homepage zu finden.2 Gemeinsam mit dem ALLBUS wird seit 1985 (mit Ausnahme von 1998) auch die deutsche Erhebung für das International Social Survey Programme (ISSP) realisiert. Basierend auf einer länderübergreifenden Kooperation von derzeit etwa 50 Mitgliedsländern werden im Rahmen des ISSP vergleichende Daten zu verschiedenen Schwerpunktthemen für die wissenschaftliche Forschung zur Verfügung gestellt. Seit 2000 werden im Anschluss an eine ALLBUS Erhebung je zwei ISSP-Studien mit ca. 15 min Befragungsdauer im randomisierten Split erhoben. Das Interview wird dabei in Deutschland seit 2005 im CASI (computer assisted self interview) Modus durchgeführt, d. h. die Befragten füllen den ISSP Fragebogen selbst am Laptop aus.3 Das Thema „Politik“ war bisher viermal Schwerpunkt in den ALLBUS Erhebungen: 1988, 1998, 2008 und 2018. Breiten Raum nahm dabei von Beginn an die Erfassung von Einstellungen zum politischen System sowie politischer

1Für

ausführliche Informationen zu den jeweiligen Schwerpunkten siehe https://www.gesis. org/allbus/inhalte-suche/studienprofile-1980-bis-2018 (Abruf am 05.05.2020). 2Siehe unter https://www.gesis.org/allbus/allbus (Abruf am 05.05.2020). 3Weitere Informationen zum ISSP finden sich unter https://www.gesis.org/issp/home (Abruf am 05.05.2020).

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Partizipation und ihrer Determinanten ein. In den Jahren 2008 und 2018 fand das Thema „Politisches Wissen“ Eingang ins Frageprogramm des ALLBUS, und zwar über offene „Calls for Proposals“, mit denen der Profession die Möglichkeit geboten worden war, Modifikationen und Neuvorschläge – basierend auf den Frageprogrammen 1988 und 1998 zum Thema „Politische Partizipation, politische Kultur und Sozialkapital“ – vorzuschlagen. Dies wurde – wie in den folgenden Abschnitten noch ausführlicher dargelegt wird – in beiden Fällen u. a. genutzt, um sich für eine Erfassung „Politischen Wissens“ auszusprechen. Neben den Vorschlägen zu „Politischem Wissen“ wurden 2008 als Neuerungen für den Politikschwerpunkt die Themen „politische Mediennutzung und interpersonale politische Kommunikation“ sowie „Dimensionen des politischen Raumes“ entlang der Links-Rechts-Achse und Rechtsextremismus berücksichtigt. Im Rahmen des Calls für 2018 wurden daneben Vorschläge zu den Themen „Populismus“, „Macht der Medien“, „Volksabstimmung“ und „Kommunikation zu Politik“ aufgenommen bzw. modifiziert. Die neu berücksichtigten Themenfelder eröffneten sowohl untereinander als auch mit den bereits in früheren Erhebungsjahren eingesetzten ALLBUS-Politikfragen zahlreiche neue Analysemöglichkeiten.

3 Politisches Wissen als Thema im ALLBUS Die Berücksichtigung politischen Wissens im Frageprogramm des ALLBUS basiert auf unabhängigen Vorschlägen von Bettina Westle und Rüdiger Schmitt-Beck, die anlässlich des Calls für den ALLBUS 2008 eingereicht ­ wurden. Im Rahmen des ALLBUS 2018 wurde in einem Vorschlag von Markus Tausendpfund, Viktoria Kaina und Toni Alexander Ihme das Thema „Politisches Wissen“ wieder aufgegriffen und Modifikationen an dem im ALLBUS 2008 eingesetzten Instrument vorgeschlagen. Sowohl 2008 als auch 2018 wurden die Fragevorschläge nicht unverändert übernommen, sondern von der „Arbeitsgruppe ALLBUS“ bei GESIS überarbeitet und weiterentwickelt. Dies geschah jeweils in Kooperation bzw. nach Rücksprache mit den Einreichern der Vorschläge. In den Vorschlägen von Rüdiger Schmitt-Beck und Bettina Westle wurde – mit unterschiedlichem Schwerpunkt – befürwortet, politisches Faktenwissen als zentralen Bestandteil der politischen Kompetenz zu erheben (Schmitt-Beck 1993; Westle 2005, 2006, 2007; siehe auch in den folgenden Jahren Westle 2011, 2012; Westle und Tausendpfund 2019). Es sollte darum gehen, die politische Informiertheit der Bürger zu erfassen und zwar mit einem Fokus auf dem Umfang und der Differenziertheit der politischen Kenntnisse. Politisches Wissen wird als Faktenwissen über politische Akteure, Inhalte, Strukturen, Regeln und Funktionsweisen

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verstanden (Delli Carpini und Keeter 1996; vgl. zu diesem Thema v. a. Bennett 1988; Zaller 1990; Schmitt-Beck 1993; Baker et al. 1996; Schulz 1997; Price 1999; Maier 2000; Vetter und Maier 2005; Westle 2005, 2006). Was die Relevanz des Themas angeht, wurde von den Vorschlagseinreichern insbesondere auf die folgenden Punkte hingewiesen: Vor allem im amerikanischen Kontext war politisches Wissen schon länger ein wichtiger Bestandteil der politikwissenschaftlichen Forschung (Mondak 2001). Aufgrund von US-amerikanischen Studien war davon auszugehen, dass politisches Wissen sowohl für Einstellungen z. B. zur Demokratie als auch für das politische Engagement eine Rolle spielt (Delli Carpini und Keeter 1996; Dudley und Gitelson 2002) und dass Personen, die über ein höheres Niveau politischen Wissens verfügen, einen vergleichsweise größeren Einfluss auf politische Entscheidungsprozesse nehmen können (Westle 2005; Grönlund und Milner 2006). Die Erfassung politischen Wissens hilft damit auch bei der Einschätzung, ob bestimmte Bevölkerungsgruppen auf Basis ihres Wissens ihre politischen Rechte und Partizipationsmöglichkeiten wahrnehmen können. Auch auf die Bedeutung der Erhebung politischen Wissens für die Überprüfung der Homogenitätsannahme in Bezug auf Aspekte des politischen Verhaltens wurde von den Vorschlagseinreichern hingewiesen. Die Homogenitätsannahme ist in der amerikanischen politischen Soziologie die weitverbreitete Annahme, dass alle Bürger nach denselben Regeln politisch handeln und daher ihr politisches Verhalten mit denselben theoretischen Modellen beschrieben werden kann (Rivers 1988). Diese Homogenitätsannahme wird durch die Heterogenitätsperspektive in Frage gestellt (Moon 1990). „Politisches Wissen“ ist dabei einer der Faktoren, der einen Einfluss darauf hat, welchen Regeln Bürger hinsichtlich ihres politischen Verhaltens folgen. Zudem ist die Erfassung politischen Wissens gerade für eine Längsschnittstudie wie den ALLBUS interessant, da Studien aus dem amerikanischen Kontext zeigen, dass trotz steigendem Bildungsniveau in der Bevölkerung kein Anstieg in den politischen Kenntnissen zu beobachten ist (Bennett 1988, 1989, 1995; Jennings 1996; Galston 2001). Mit dem ALLBUS lassen sich diese Befunde mit Beobachtungen aus dem deutschen Kontext abgleichen. Darüber hinaus ermöglicht die Erhebung politischen Wissens in verschiedenen Bereichen Analysen dazu, ob das Wissen in all diesen Bereichen gleich stark ausgeprägt ist, und dies sowohl auf der Individual- als auch auf der Aggregatebene. Die erstmalige Berücksichtigung der kognitiven Dimension durch objektive Wissensindikatoren sollte zudem die bisher lediglich „subjektive“ Messung der politischen Kompetenz im ALLBUS ergänzen. Items zur Überzeugung, politische Vorgänge zu verstehen und zur politischen Partizipation in der Lage

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zu sein, waren als Teil der „Efficacy“-Skala (vgl. im Überblick z. B. Balch 1974; Carmines und Zeller 1983; Craig et al. 1990; Vetter 1997) Bestandteil aller ALLBUS-Studien mit Politikschwerpunkt. 2008 wurde die Skala überarbeitet, sodass sich für die „internal efficacy“ die Subdimensionen ‚Zutrauen in die persönlichen politischen Kompetenzen von Ego‘ und ‚Zutrauen in die politischen Kompetenzen der Bürger im Allgemeinen‘ trennen lassen. Die gleichzeitige Erfassung subjektiver Befähigungsüberzeugungen und objektiver Kenntnisse ermöglicht es zu untersuchen, ob das Selbstbild mit dem objektiven politischen Wissen übereinstimmt und wie einflussreich das objektive Wissen für das politische Selbstbewusstsein ist. Darüber hinaus können Indikatoren zur subjektiven Einschätzung und zur objektiven Kompetenz gemeinsam als erklärende Faktoren in Analysen herangezogen werden. Was die Inhalte objektiven politischen Wissens angeht, sollten Kenntnisse über verschiedene Aspekte erfasst werden. Basierend auf den eingereichten Vorschlägen wurden für das objektive Wissen zwei Dimensionen unterschieden: zum einen Wissen über das politische System und seine institutionelle Ordnung, zum anderen Wissen über politische Inhalte und politische Akteure (Barber 1969; Delli Carpini und Keeter 1993, 1996). Während es beim Wissen über das politische System um dauerhaft gültige Strukturen geht, steht in Bezug auf politische Akteure und politische Inhalte der Aspekt der Informiertheit der Befragten über das aktuelle Geschehen im Mittelpunkt. Hier ist eine Erfassung, die Zeitvergleiche ermöglicht, nur eingeschränkt realisierbar, da sowohl das politische Personal als auch die diskutierten Themen oft kurzfristigem Wandel unterworfen sind. In Bezug auf politische Inhalte sollte dementsprechend versucht werden, Themen mit einer möglichst hohen „Halbwertszeit“ zu wählen. Dabei lag der Fokus zwar auf nationalen Themen, Aspekte der internationalen Politik wurden aber auch einbezogen. Die Einreichung zum „Call for Proposals“ für den ALLBUS 2018 von Markus Tausendpfund et al. plädierte dafür, politisches Wissen erneut im ALLBUS zu erfassen, um auch zeitliche Veränderungen des Wissensniveaus beobachten und erklären zu können. Eine Replikation würde es auch ermöglichen zu untersuchen, ob sich Bestimmungsfaktoren und Konsequenzen politischen Wissens über die Zeit verändern. Sie verwiesen darauf, dass für die Erfassung von political sophistication nach Neuman (1986) die Erhebung von Faktenwissen (political knowledge) als eine von drei Dimensionen notwendig ist (vgl. auch Luskin 1987). Die weiteren Dimensionen sind „political salience“ und „political conceptualization“. „Political salience“ umfasst das Interesse und die Aufmerksamkeit gegenüber Politik und gilt als Grundlage für den Erwerb von Faktenwissen. „Political conceptualization“ bezeichnet die Fähigkeit, politische

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Sachverhalte auf Grundlage des erlangten Faktenwissens und des Verständnisses für abstrakte Konstrukte bewerten zu können. Da das Faktenwissen für „political sophistication“ eine entscheidende Grundlage ist, wird der Fokus im ALLBUS auf die Erhebung des politischen Faktenwissens gelegt. Allerdings enthält der ALLBUS auch Messungen zur Salienz der Politik, wie das subjektive politische Interesse und das Ausmaß der Medien- und Internetnutzung für politische Informationen. Als Modifikation des bisherigen Moduls zum politischen Wissen schlugen Tausendpfund und Kollegen vor, das Wissen zu verschiedenen Ebenen des politischen Systems, insbesondere auch zur europäischen Ebene stärker zu berücksichtigen (wie es auch bei Maier 2009 thematisiert wird). Zum einen sind politische Entscheidungsprozesse der nationalen und europäischen Ebene eng miteinander verbunden (Benz 2009), zum anderen zeigen Studien, dass das Wissensniveau wie auch die Bestimmungsfaktoren politischen Wissens in Abhängigkeit der nationalen und europäischen Ebene variieren (Hobolt 2007).

4 Messung politischen Wissens im ALLBUS Das im ALLBUS 2008 erstmals implementierte Wissensquiz4 sollte einerseits sowohl das Wissen über das politische System und seine institutionelle Ordnung als auch das Wissen über politische Inhalte und politische Akteure erfassen, wobei zwischen nationalen und internationalen Inhalten/Akteuren unterschieden werden sollte. Andererseits galt es zu berücksichtigen, dass nur wenige Minuten Befragungszeit zur Verfügung stehen. Als Infrastrukturprojekt und multithematische Studie will der ALLBUS für eine Vielzahl an Nutzern möglichst vielfältige Analysemöglichkeiten eröffnen und kann daher nicht den Schwerpunkt auf einen einzigen Teilbereich legen.

4Darüber

hinaus enthielt das Frageprogramm – sowohl 2008 als auch 2018 – eine Itembatterie, bei der die Befragten aufgefordert werden, die Parteien auf dem politischen Links-Rechts-Kontinuum zu verorten. Die Antworten können als Indikator für die Informiertheit der Wähler über die Positionierung der Parteien im politischen Raum verstanden werden (Zaller 1992; van der Brug 1998; Price 1999; ­Schmitt-Beck 2000; Vetter und Maier 2005; Westle 2005; Westle und Tausendpfund 2019). Insbesondere kann auch der Anteil der „weiß nicht“-Antworten als Indikator für politische (In-)Kompetenz herangezogen werden.

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Abgesehen von dem konkreten Inhalt der einzelnen Wissensfragen wird die Erfassung politischen Wissens auch vom Fragekontext und Fragedesign beeinflusst (Prior und Lupia 2008; Barabas et al. 2014; Robison 2015). Mit ihrem „Testcharakter“ unterscheiden sich die Fragen zum politischen Wissen grundlegend vom sonstigen Frageprogramm des ALLBUS. Im Allgemeinen wird den Teilnehmenden an Umfragen vermittelt, dass es kein ‚richtig‘ oder ‚falsch‘ bei den Antworten gibt, und die Interviewer sind angehalten z. B. bei Problemen mit einzelnen Begriffen vage zu bleiben und zu antworten „was immer Sie darunter verstehen“. Die Fragen sind im Allgemeinen so konstruiert, dass ihre Beantwortung möglichst keine besonderen Kenntnisse und Fähigkeiten erfordert. Wo zu erwarten ist, dass sich Befragte nicht in der Lage sehen könnten, eine Frage zu beantworten, gibt es auch die Antwortalternative „weiß nicht“ und generell steht es dem Befragten offen, aus welchen Gründen auch immer, keine Antwort auf eine Frage zu geben. Der grundsätzlich andere Charakter der Wissensfragen wurde den Befragten verdeutlicht, indem sie darauf hingewiesen wurden, dass jetzt noch „ein kurzes Quiz“ käme. Bei der Entwicklung der Wissensfragen wurde festgelegt, dass geschlossene Fragen gestellt werden. Zum einen ermöglichen diese eine weniger zeitaufwendige und weniger anspruchsvolle Erhebung als offene Fragen. Eine offene Erhebung stellt höhere Anforderungen an die Befragten, z. B. durch eine längere Befragungsdauer und die erforderliche Eingabe der Antwort in Textform. Ferner erfordert eine offene Erhebung häufig interpretative Arbeitsschritte bei der nachträglichen Codierung der Angaben. Geschlossene Fragen erlauben dagegen eine eindeutige Einstufung der Antworten als „richtig“ oder „falsch“ und erleichtern somit auch die Analyse (Gibson und Caldeira 2009; Boudreau und Lupia 2011; DeBell 2013). Umgekehrt erfordern geschlossene Fragen im Vorfeld einen hohen Aufwand bei der Auswahl und Formulierung der falschen Antwortvorgaben, um nicht ungewollt Cues auf die richtige Antwort durch Ausschlussverfahren zu setzen. Die Wissensfragen für den ALLBUS sollten Multiple Choice Fragen sein, mit jeweils mindestens vier Antwortmöglichkeiten (einer richtigen und drei Distraktoren), um die Wahrscheinlichkeit des richtigen Ratens nicht zu groß werden zu lassen. Dies erfordert, dass auch die Distraktoren möglichst große Plausibilität besitzen. Es wurde bewusst entschieden, den Befragten die Möglichkeit zu bieten, mit „weiß nicht“ zu antworten. Die Möglichkeit, eine Antwort durch Weiterklicken zu verweigern, bestand hingegen nicht. Eine substanzielle Antwort wurde somit nicht forciert. Gegen das Darbieten einer „weiß nicht“ Antwort spricht jedoch die Gefahr, dass dadurch die Wissensmessung durch die unterschiedliche

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Rateneigung der Befragten verzerrt wird, weil die z. B. von Persönlichkeitsmerkmalen wie Selbstsicherheit abhängen könnte. Daher empfehlen manche Forscher, keine „weiß nicht“ Antworten zuzulassen oder ihnen nachträglich per Zufallsverfahren substanzielle Antworten zuzuweisen (z. B. Mondak 1999, 2001; Mondak und Creel Davis 2001; Mondak und Anderson 2004). Neuere Ergebnisse von Jessee (2017) deuten allerdings darauf hin, dass Persönlichkeitsmerkmale bei der Nutzung der „weiß nicht“ Option keine Rolle spielen. Zudem ermöglicht erst die Darbietung der „weiß nicht“ Kategorie, Personen zu identifizieren, die diese Antwortmöglichkeit verstärkt nutzen, denn ein entsprechendes Antwortverhalten kann selbst als wichtiges Merkmal aufgefasst werden, das zur Erklärung der Handlungsrelevanz politischen Wissens beiträgt (Nadeau und Niemi 1995; siehe auch in den folgenden Jahren Johann 2008; Miller und Orr 2008; Sturgis et al. 2008; Luskin und Bullock 2011; Tsai und Lin 2017). Besonderer Wert wurde darauf gelegt, dass die Fragen unterschiedliche Schwierigkeitsgrade widerspiegeln, um mit einer begrenzten Anzahl an Items möglichst gut unterschiedliche Wissensstände erfassen zu können. Um Befragte mit geringem Wissen nicht zu frustrieren und eventuellen Abbrüchen vorzubeugen, sollten zudem auch einige leichte Items dabei sein, gerade zu Beginn des Wissensquiz. Eine weitere Entscheidung betraf den Kontext, also die Platzierung der Fragen im Frageprogramm. Die meisten Fragen des Politikschwerpunkts sind Bestandteil des intervieweradministrierten ALLBUS-Teils. Der Frageblock zum „Politischen Wissen“ war hingegen sowohl 2008 als auch 2018 vom Befragten als Selbstausfüller am Laptop (CASI) im Anschluss an das jeweilige I­ SSP-Modul zu bearbeiten. Die Durchführung im Rahmen des ALLBUS unterscheidet sich dabei von anderen Selbstausfüllern dadurch, dass der Interviewer nach wie vor anwesend ist und somit Recherchen während des Beantwortens und Hilfen durch Dritte weniger leicht möglich sind. Abweichend von der Konzeption als Selbstausfüller führten einige Interviewer bei einem Teil der Befragten auf deren Wunsch das Interview mündlich fort. Als Grund hierfür wurden am häufigsten, insbesondere bei älteren Befragten, fehlende Computerkenntnisse genannt. Dieses vom Standard abweichende Vorgehen wurde dokumentiert: im ALLBUS 2018 laut Interviewerangaben bei 14,4 %, im ALLBUS 2008 bei ca. 28 % der am ISSP teilnehmenden Personen. Bei der Auswertung der Wissensfragen können die Unterschiede im tatsächlich realisierten Modus (wurden die Fragen wie vorgesehen selbst am Laptop beantwortet versus auf Wunsch des Befragten durch den Interviewer administriert) berücksichtigt werden, da die entsprechende Information (basierend auf Angaben des Interviewers) im ALLBUS-Datensatz vorhanden ist (ISSP_C).

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Die Platzierung der Fragen zum politischen Wissen erfolgte aus verschiedenen Gründen am Ende des Fragebogens. Zum einen sind Effekte der Beantwortung des Wissensquiz auf andere – insbesondere politische – Inhalte des Frageprogramms denkbar (wie z. B. das politische Interesse oder interne Efficacy). Um Effekte des Wissensquiz auf ALLBUS-Inhalte zu minimieren und auch den Fragekontext der Replikationsfragen über verschiedene Erhebungsjahre hinweg möglichst konstant zu halten, wurden diese Fragen dem Wissensquiz vorangestellt. Die Vermeidung von Effekten auf das übrige Frageprogramm impliziert gleichzeitig, dass umgekehrt Effekte auf das Wissensquiz denkbar sind. Das Thema „Politik“ war durch das vorausgehende Frageprogramm des ALLBUS für den Befragten bei der Beantwortung des Wissensquiz voraussichtlich salienter als es bei einer umgekehrten Reihenfolge gewesen wäre. Allerdings bieten die Fragen im Frageprogramm des ALLBUS keine Hilfestellung zur Beantwortung der Wissensfragen, sodass diese potenziellen Effekte als geringer eingestuft wurden als mögliche Effekte des Wissensquiz auf das übrige Frageprogramm. Des Weiteren sollte durch die Integration des Wissensquiz in den ohnehin für das ISSP vorgesehenen CASI-Teil auch der Fluss des Interviews gewährleistet werden. Durch diese Integration wurden mehrfache Übergänge zwischen CAPI und CASI vermieden. Zudem wurde so das Risiko minimiert, dass sich das Wissensquiz auf das Teilnahmeverhalten der Befragten während des Interviews auswirkt, indem Befragte z. B. eine Teilnahme am ISSP verweigern oder das Interview früher abbrechen. Generell bietet die Durchführung als Selbstausfüller darüber hinaus den Vorteil, dass potenzielle Interviewereffekte vermieden werden können. Durch die Durchführung des Wissensquiz am Ende des Frageprogramms ist mit einer gewissen Ermüdung und eventuell verminderten Konzentrationsfähigkeit der Befragten zu rechnen. Etwaige Ermüdungseffekte lassen sich ansatzweise durch die dokumentierte Gesamtinterviewdauer sowie im ALLBUS 2018 auch durch die dokumentierte Dauer des Wissensquiz abschätzen und zusammen mit anderen relevanten Merkmalen der Befragten bei Analysen berücksichtigen. Die konkreten Wissensfragen für das Frageprogramm des ALLBUS wurden auf Basis der Itemvorschläge der Einreicher und mit Hilfe von Pilotstudien entwickelt. In den folgenden Abschnitten werden die Fragebogenentwicklung für den ALLBUS 2008 – als Grundlage für das im ALLBUS 2018 eingesetzte Instrument – und die Weiterentwicklung des Instruments für den ALLBUS 2018, den in diesem Band analysierten Datensatz, detaillierter beschrieben.

Die Erfassung politischen Wissens in der Allgemeinen …

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4.1 Pilotstudie für den ALLBUS 2008 Die Proposals von Rüdiger Schmitt-Beck und Bettina Westle umfassten insgesamt 68 (zum Teil sich überschneidende) Itemvorschläge zum politischen Wissen. Diese wurden zunächst gesichtet und hinsichtlich ihrer Eignung für den ALLBUS bewertet. Dabei galt es zum Beispiel zu berücksichtigen, dass es sich beim ALLBUS um eine allgemeine Bevölkerungsumfrage handelt – was etwa bedeutet, dass zu schwierige oder nur eine Teilpopulation tangierende Themen vermieden werden sollten. Danach wurde eine quantitative Online-Pilotstudie mit 541 anhand eines Quotenplans ausgewählten Befragten durchgeführt. Die Quoten für diese Pilotstudie waren drei Altersgruppen (jeweils 1/3: 18 bis 35 Jahre, 36 bis 59 Jahre und 60 Jahre und älter), das Geschlecht der Befragten (jeweils ½: Männer und Frauen), der Wohnort der Befragten (1/3 Landbevölkerung versus 2/3 Stadtbevölkerung sowie ca. 60 % aus den westdeutschen Bundesländern versus ca. 40 % aus den ostdeutschen Bundesländern) und der Schulabschluss der Befragten (drei Bildungsgruppen, jeweils 1/3: Hauptschule versus Realschule versus Abitur). Die Quotierung erfolgte durch Screening-Fragen am Anfang des Fragebogens der Pilotstudie. Die Teilnehmer wurden von dem mit der Studiendurchführung beauftragten Erhebungsinstitut Respondi aus einem Online Access Panel rekrutiert. Die Befragung hatte eine Dauer von durchschnittlich ca. 20 min und wurde mit einer Feldzeit von ca. zwei Wochen im Juni und Juli 2007 durchgeführt. Das Frageprogramm der Pilotstudie umfasste neben dem Wissensquiz demographische Fragen und einige inhaltliche Fragen, hauptsächlich aus dem Bereich Politik. Bei einer Gesamtzahl von 24 Items legt die Befragungszeit von durchschnittlich 6 min nahe, dass bei den Wissensfragen nicht in größerem Umfang durch die Befragten recherchiert wurde. Analysen legen zudem nahe, dass es keinen Zusammenhang zwischen Quizdauer und Anzahl richtig beantworteter Wissensfragen gibt. Dies war auch nicht unbedingt zu erwarten, da für die Befragten auch kein Anreiz bestand die richtigen Antworten zu recherchieren. Es ergeben sich durch eine längere Befragungszeit keine Vorteile in der Entlohnung, sondern ein Mehraufwand und es gab keine Prämie für eine hohe Anzahl richtig beantworteter Quizfragen. Eine Möglichkeit zum Vergleich mit anderen Befragten bestand auch nicht. Die 24 in Absprache mit den beiden Vorschlagseinreichern ausgewählten Wissensitems wurden entweder direkt den eingereichten Vorschlägen entnommen oder in Kooperation mit den Einreichern im Vorfeld entwickelt. Das Wissensquiz wurde in der Pilotstudie etwas umfangreicher

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konzipiert, um einen Pool an Fragen für das finale Frageprogramm der Hauptstudie zu generieren. Am Beginn des Wissensquiz stand der Bereich der politischen Akteure. Gefragt wurde nach der Parteizugehörigkeit verschiedener Politiker. Hierbei kann über die Berücksichtigung vergleichbarer Positionen der in den Items vorgegebenen Politiker trotz wechselnder konkreter Personen eine gewisse Vergleichbarkeit der Items über die Zeit erreicht werden. Die Parteien, die 2007/2008 im damaligen 16. Deutschen Bundestag vertreten waren – CDU/CSU, SPD, FDP, Die Linke.PDS sowie Bündnis 90/Die Grünen – bildeten die Antwortmöglichkeiten. Die Items sollten Politiker aus all diesen Parteien umfassen, um einen für die Anhänger aller Parteien vergleichbaren Schwierigkeitsgrad zu gewährleisten. Darüber hinaus sollten die Politiker Ämter auf Bundesebene innehaben, um Effekte der regionalen Herkunft der Befragten zu minimieren. Es sollten sowohl Politiker als auch Politikerinnen vertreten sein. Die Politiker, die in der Pilotstudie berücksichtigt wurden, waren Angela Merkel (CDU/CSU), Brigitte Zypries (SPD), Renate Künast (Bündnis 90/Die Grünen), Ursula von der Leyen (CDU/CSU), Gregor Gysi (Die Linke.PDS), Guido Westerwelle (FDP), Horst Köhler (CDU/CSU) und Kurt Beck (SPD). In Tab. 1 werden die zentralen Ergebnisse der Pilotstudie und des ALLBUS 2008 für diesen Teil des Wissensquiz dargestellt. Dabei wird der Anteil richtiger Antworten an allen Antworten (einschließlich „weiß nicht“), der darauf bezogene Schwierigkeitsgrad und die Trennschärfe der Items ausgewiesen. Die meisten der getesteten Politiker-Items wiesen den erwarteten Schwierigkeitsgrad und eine ausreichende Trennschärfe auf und wurden daher als für die Hauptstudie geeignet befunden. Alle Items wiesen die zu erwartenden positiven Korrelationen mit den externen Variablen Interesse an Politik und Bildung auf. Mit größerem politischem Interesse sowie höherer Bildung des Befragten stieg die Anzahl richtiger Antworten (vgl. Westle 2006; Westle und Tausendpfund 2019). Zudem hatten Personen, die in der Efficacy-Frage angaben, über ein hohes politisches Wissensniveau zu verfügen, ein größeres Wissen. Männer erzielten unabhängig vom Geschlecht der Politiker bessere Ergebnisse als Frauen (für ähnliche Befunde in anderen Ländern vgl. Sanbonmatsu 2003; Dow 2009; Dolan 2011; Barabas et al. 2014; Ferrin et al. 2018; Fortin-Rittberger 2016, 2020).5

5Diese

Zusammenhänge werden aus Platzgründen nicht gesondert in den Tabellen aufgeführt.

Die Erfassung politischen Wissens in der Allgemeinen …

23

Tab. 1   Ergebnisse Pilotstudie und ALLBUS 2008 – Parteizugehörigkeit Politiker Politiker

Schwierigkeit

Pilotstudie (in %)

ALLBUS 2008 (in %)

TrennAnteil Anteil ‚weiß nicht‘ schärfe1 richtige Antworten Antworten

Anteil Anteil ‚weiß richtige Antworten nicht‘ Antworten

96,1

1,0

0,37

90,5

6,9

Leicht

Guido 88,5 Westerwelle

5,7

0,58

77,7

17,4

Leicht

Angela Merkel

Gregor Gysi

84,1

10,0

0,61

76,5

19,4

Leicht

Renate Künast

75,9

12,9

0,60

67,1

26,5

Mittel

Kurt Beck

74,4

15,9

0,69

74,5

19,8

Mittel

Horst Köhler

66,3

21,0

0,56





Mittel

Ursula von 60,7 der Leyen

16,5

0,69

57,1

30,2

Mittel

Brigitte Zypries

49,4

35,9

0,59

39,0

49,8

Schwer







36,3

51,5

Schwer

Franz Josef Jung

Anmerkungen: (1) Korrigierte Item-Skala Korrelation, „weiß nicht“ Antworten als falsch codiert; geordnet nach Schwierigkeitsgrad. Einleitung zum politischen Quiz in der Pilotstudie und dem ALLBUS 2008: „Wir haben hier ein kurzes Quiz mit Fragen zur Politik (im ALLBUS 2008 davon abweichend: „Hier haben wir noch ein kurzes Quiz mit Fragen zur Politik). Manche Fragen sind eher einfach, andere eher schwierig. Bitte lesen Sie die Fragen sorgfältig durch und antworten Sie darauf, so weit Sie können. Wenn Sie irgendeine Frage nicht beantworten können, kreuzen Sie einfach „weiß nicht“ an und machen mit der nächsten Frage weiter. Bei jeder Frage gibt es nur eine richtige Antwort, also machen Sie bitte immer nur ein Kreuz.“; In der Pilotstudie wurden die Politiker getrennt nach Geschlecht auf zwei Bildschirmseiten dargeboten: erst die Frauen, dann die Männer. Der Einleitungstext zur ersten Bildschirmseite lautete: „Bitte ordnen Sie jede Politikerin einer Partei zu. Nur eine Antwort ist richtig. Bitte machen Sie in jeder Zeile ein Kreuz.“ Der Einleitungstext zur zweiten Bildschirmseite lautete: „Bitte ordnen Sie jeden Politiker einer Partei zu. Nur eine Antwort ist richtig. Bitte machen Sie in jeder Zeile ein Kreuz.“ Im ALLBUS 2008 wurden alle Politiker auf einem Bildschirm angezeigt, der Einleitungstext dazu war: „Zu welcher Partei gehören die folgenden Politiker und Politikerinnen? Bitte machen Sie in JEDER Zeile eine Markierung!“; ungewichtete Daten der Pilotstudie und des ALLBUS 2008; Berechnungen von Walter et al.

24

J. G. Walter et al.

Für die Einstiegsfrage in das Wissensquiz sollte der Schwierigkeitsgrad eher niedrig sein. Deshalb wurde auch das wenig trennscharfe Item zur Bundeskanzlerin Angela Merkel im Fragebogen der Haupterhebung belassen. Um sicherzustellen, dass die Fragebatterie auch im höheren Wissensniveau ausreichend diskriminiert, wurde einer der CDU/CSU Politiker durch eine schwierigere Alternative ersetzt. Die Verteilungen aus dem ALLBUS 2008 bestätigen, dass die Parteizuordnung von Franz Josef Jung in der Tat für die Befragten schwieriger war als der ursprünglich vorgesehene Horst Köhler. Die Ergebnisse in Tab. 1 zeigen, dass in der Pilotstudie das Wissensniveau etwas höher war als im ALLBUS 2008 und die Befragten in der Hauptstudie häufiger mit „weiß nicht“ geantwortet haben. Die aufgrund der Pilotstudie vermuteten Unterschiede im Schwierigkeitsgrad der einzelnen Items wurden jedoch auch im ALLBUS 2008 realisiert. Die Fragen zum politischen System und zu weiteren politischen Akteuren, bei denen jeweils die richtige Antwort sowie drei Distraktoren die Antwortmöglichkeiten bildeten, werden in Tab. 2 dargestellt. Die Fragen werden danach unterschieden, ob sie nationalen oder internationalen Bezug haben. Innerhalb der größeren Gruppe der nationalen Fragen wird zudem nach Systemwissen und politischen Inhalten unterschieden. Tab. 3 zeigt die Verteilungen aus der Pilotstudie und dem ALLBUS 2008 für diese weiteren Wissensfragen zum politischen System, den politischen Inhalten und internationalen Aspekten. Die Fragen haben – wie intendiert – unterschiedliche Schwierigkeitsgrade. Die Fragen zum Schwangerschaftsabbruch und zu den Bundesländern wiesen in der Pilotstudie die geringsten Zusammenhänge mit den externen Variablen politisches Interesse, Bildung, subjektives Wissen und Geschlecht auf. Ihre Zugehörigkeit zum Thema Politik ist nicht so eindeutig, was sich auch an der geringeren Item-Skala-Korrelation zeigt. Sie wurden in der Hauptstudie nicht berücksichtigt. Da im ALLBUS 2008 weniger Zeit für das Wissensquiz eingeplant war als in der Pilotstudie, wurden aus den unterschiedlichen Bereichen jeweils Fragen mit unterschiedlichem Schwierigkeitsgrad ausgewählt. Es wurden vor allem solche Items ausgewählt, die voraussichtlich über die Feldzeit und bestenfalls auch für einen längeren Zeitraum stabil sind. Ein Item zur UNESCO wurde als Ersatz für das Item „NATO“ formuliert, da hier Bedenken bestanden, dass die Auswahl der richtigen Antwort zu stark durch die englischen Sprachkenntnisse mitbestimmt werden könnte. Tab. 4 gibt einen Überblick über die im ALLBUS 2008 eingesetzten Wissensfragen gruppiert nach Dimensionen und Schwierigkeitsgrad. Insgesamt umfasste das Modul „objektives politisches Wissen“ im ALLBUS 2008 17 Items in zehn Fragen.

Die Erfassung politischen Wissens in der Allgemeinen …

25

Tab. 2   Quizfragen zum politischen System, politischen Inhalten und internationalen Aspekten in der Pilotstudie und im ALLBUS 2008 Frage

Antwortkategorien (ohne „weiß nicht“)(1) Dimension politisches System national

Pilotstudie/ALLBUS 2008

Durch wen wird der Bundeskanzler der Bundesrepublik gewählt?

ja/ja Durch das Volk/durch den Bundesrat/durch den Bundestag/durch die Bundesversammlung

Durch wen wird der Bundespräsident gewählt?

ja/nein Durch das Volk/durch den Bundesrat/durch den Bundestag/durch die Bundesversammlung

Wie bezeichnet man das vorherrschende Wirtschaftssystem der Bundesrepublik?

Gelenkte Verbraucherwirtschaft/Gesteuerte Planwirtschaft/Soziale Marktwirtschaft/Zentrale Verwaltungswirtschaft

ja/nein

Woraus besteht eine Bundestagsfraktion?

Aus den Bundestagsabgeordneten einer Partei/aus allen Abgeordneten einer Regierungspartei/aus jeweils fünf Abgeordneten, egal welcher Partei/aus den Abgeordneten der Oppositionspartei

ja/nein

ja/ja Was bedeutet der Begriff Politische Entscheidungen „repräsentative Demokratie“? werden unmittelbar vom Volk getroffen/Politische Entscheidungen werden von einer vom Volk gewählten Vertretung getroffen/Eine vorbildliche Demokratie/Eine Demokratie, die im Ausland gut vertreten wird (Fortsetzung)

26

J. G. Walter et al.

Tab. 2   (Fortsetzung) Frage

Antwortkategorien (ohne „weiß nicht“)(1)

Pilotstudie/ALLBUS 2008

Was bedeutet der Begriff „Wahlgeheimnis“?

Ein Wahlgeheimnis gibt es nicht/Man darf nicht darüber sprechen, wen man gewählt hat/Man erfährt nicht, welchen Kandidaten man gewählt hat. Man kann nur eine Partei wählen/Niemand kann herausfinden, wen man gewählt hat, außer man erzählt es

ja/ja

Wer verfügt über die so genannte „Richtlinienkompetenz“?

ja/ja Der Außenminister/Der Bundeskanzler/Der Bundespräsident/Der Bundestagspräsident

Aus wie vielen Bundesländern 10/11/16/25 besteht die Bundesrepublik Deutschland? Dimension politische Inhalte national

ja/nein

Bei welchen Wahlen in Deutschland dürfen EUBürger ohne(2) deutsche Staatsbürgerschaft wählen?

ja/ja Bei Bundestagswahlen/Bei Kommunalwahlen/Bei Landtagswahlen/Dürfen bei nichts davon wählen

Ist ein Schwangerschaftsabbruch aus sozialen Gründen nach § 218 erlaubt oder strafbar?

ja/nein Jederzeit erlaubt/Innerhalb einer 12-Wochen-Frist erlaubt/Rechtswidrig, bleibt aber bei Beratung und Einhaltung einer 12-WochenFrist straffrei/Rechtswidrig und strafbar

Frauen dürfen seit 2000 in der Bundeswehr Dienst leisten. Wer gab den Ausschlag für die Grundgesetzesänderung?

Alice Schwarzer/Der deutsche ja/nein Verteidigungsminister/der Europäische Gerichtshof/die Bundeswehr (Fortsetzung)

Die Erfassung politischen Wissens in der Allgemeinen …

27

Tab. 2   (Fortsetzung) Frage

Antwortkategorien (ohne „weiß nicht“)(1)

Pilotstudie/ALLBUS 2008

Der Solidaritätszuschlag ist ein Zuschlag zur Einkommens- und Körperschaftssteuer. Wozu dient er?

ja/ja Zur Finanzierung des deutschen Bergbaus/Zur Finanzierung der deutschen Einheit/Zur Finanzierung der gesetzlichen Renten/Zur Finanzierung der Reform des Gesundheitswesens

ja/nein Was versteht man unter Hartz Abschaffung der SozialIV? hilfe/Zusammenführung von Sozialhilfe und Arbeitslosenhilfe/Konzept zur Sicherung des Arbeitsplatzes/Einführung eines Mindestlohns Dimension Systemwissen/politische Akteure/politische Inhalte international Günter Verheugen/Jaques Wie heißt der derzeit amtierende Präsident der EU- Delors/José Manuel Barroso/Romano Prodi Kommission?

ja/ja

Was bedeutet die Abkürzung NATO?

Niederländische Arbeitslohn- und Tarifordnung/ Nordamerikanische Terrorbekämpfungsorganisation/North Atlantic Treaty Organization/North Pole and Antarctic Temperature Office

ja/nein

Welches Land hat keinen ständigen(2) Sitz im UN Sicherheitsrat?

China/Japan/Russland/USA

ja/ja

Welche der folgenden internationalen Organisationen beschäftigt sich mit Kultur und Wissenschaft?

NATO/ OPEC/UNESCO/WHO

nein/ja

Anmerkungen: geordnet nach Dimensionen; (1) richtige Antworten in fett; (2) im ALLBUS 2008 die Wörter „ständigen“ bzw. „ohne“ nur durch Versalschrift hervorgehoben, keine Unterstreichung bzw. Fettdruck. Darstellung: Walter et al.

83,4

66,7

65,3

62,1

42,7

40,5

Repräsentative Demokratie

Wahl Bundeskanzler

Bundestagsfraktion

Richtlinienkompetenz

Wahl Bundespräsident

7,5

36,6

17,1

4,1

18,8

6,5 4,6

Wirtschaftssystem 88,2

4,5

90,3

0,50

0,50

0,51

0,43

0,51

0,35

0,43

0,19



55,9



59,9

72,6

83,9



– 8,8



51,7



16,3

34,7





Anteil „weiß nicht“ Antworten

ALLBUS 2008 (in %) Anteil richtige Antworten

Anteil „weiß Trennnicht“ Antworten schärfe (1)

Pilotstudie (in %)

Anteil richtige Antworten

Wahlgeheimnis

Bundesländer

Wissensfrage

Tab. 3   Ergebnisse Pilotstudie und ALLBUS 2008 – Politisches System und politische Inhalte

Schwer

Mittel

Leicht

Schwierigkeit

(Fortsetzung)

Politisches System national

Dimension

28 J. G. Walter et al.

34,9

Sicherheitsrat

24,5

27,2 0,44

0,48

0,47

0,40

0,44

0,18

0,44

0,29

45,0

55,7



85,4

43,3





88,3



39,2

48,7



25,7

28,6





16,8



Schwer

Mittel

Leicht

Schwer

Mittel

Leicht

Schwierigkeit

Systemwissen/ politische Akteure/ politische Inhalte international

Politische Inhalte national

Dimension

Anmerkungen: (1) Korrigierte Item-Skala Korrelation für die gezeigten Items, „weiß nicht“ als falsch codiert; geordnet nach Dimensionen und Schwierigkeitsgraden; ungewichtete Daten; Berechnungen von Walter et al.

84,8

40,9

NATO

EU-Präsident

7,2

21,1 –

Wahlberechtigung 38,6

UNESCO



36,4

46,0

6,0

Schwangerschafts- 47,9 abbruch

Frauen Bundeswehr

7,9

79,8

Solidaritätszuschlag

1,0

93,3

Anteil „weiß nicht“ Antworten

Anteil richtige Antworten

Anteil richtige Antworten

Anteil „weiß Trennnicht“ Antworten schärfe (1)

ALLBUS 2008 (in %)

Pilotstudie (in %)

Hartz IV

Wissensfrage

Tab. 3   (Fortsetzung)

Die Erfassung politischen Wissens in der Allgemeinen … 29

30

J. G. Walter et al.

Tab. 4   Übersicht Wissensquiz im ALLBUS 2008 Wissensdimension Politisches System national

Schwierigkeitsgrad Schwer

Mittel

Leicht

Richtlinienkompetenz

Bundeskanzlerwahl

Wahlgeheimnis

Repräsentative Demokratie Politische Inhalte national

Ausländerwahlrecht

Politische Akteure national

Brigitte Zypries, Franz Josef Jung

Politische Inhalte und Sicherheitsrat Akteure international

Solidaritätszuschlag Ursula von der Leyen, Kurt Beck, Renate Künast

Gregor Gysi, Guido Westerwelle, Angela Merkel

Präsident der EUKommission

UNESCO

Darstellung: Walter et al.

4.2 Pilotstudien für den ALLBUS 2018 Das in der Einreichung zum „Call for Proposals“ des ALLBUS 2018 von Tausendpfund und Kollegen vorgeschlagene Instrument zum politischen Wissen umfasste insgesamt 24 Items. Lediglich zwei der Items waren solche, die bereits im ALLBUS 2008 eingesetzt worden waren. Das vorgeschlagene Instrument wurde zum einen als zu umfangreich für das Frageprogramm des ALLBUS 2018 eingestuft. Zum anderen wurde beschlossen, den Fokus stärker auf die ­ALLBUS-interne Replikation zu legen. In zwei Pilotstudien wurde das Modul von 2008 weiterentwickelt und dabei aus dem eingereichten Vorschlag insbesondere die Idee aufgegriffen, die europäische Ebene stärker abzudecken. Für die Entwicklung des Frageprogramms des ALLBUS 2018 wurden zwei quantitative Pilotstudien durchgeführt. Beide Pilotstudien wurden von dem Erhebungsinstitut Respondi mittels dessen Online Access Panel durchgeführt. In beiden Fällen kam ein Quotenplan mit Kreuzquoten basierend auf den Merkmalen Alter (drei Altersstufen), Geschlecht (Männer und Frauen), Bildung (zwei Bildungsgruppen: mit Hochschulzugangsberechtigung versus ohne Hochschulzugangsberechtigung) und Region (1/3 Ostdeutsche, 2/3 Westdeutsche) zum Einsatz. Wie 2008 wurden neben den Wissensfragen auch weitere Fragen aus dem Bereich Politik sowie demographische Informationen erhoben. Die erste Pilotstudie wurde mit einer Fallzahl von ca. 1600 Befragten in einer durch-

Die Erfassung politischen Wissens in der Allgemeinen …

31

schnittlichen Dauer von ca. 26 min im Juni 2017 realisiert. Die zweite Pilotstudie war weniger umfangreich angelegt und wurde mit ca. 900 Befragten und einer durchschnittlichen Dauer von ca. 14 min im November 2017 realisiert. Ausgangspunkt der Modifikationen und Ergänzungen war das Modul von 2008. Zum einen wurde die Itembatterie zur Parteizugehörigkeit von Politikern überarbeitet und aktualisiert. Die Parteienlandschaft hatte sich dahin gehend verändert, dass mit einem Einzug der AfD in den Bundestag zu rechnen war und die Partei dementsprechend 2018 in der Frage zu berücksichtigen war – sowohl als Antwortalternative als auch mit einem Item. Zum anderen wurden die meisten der 2008 im Hintergrund der erfragten Politiker stehenden politischen Ämter (v. a. Parteibzw. Fraktionsvorsitz und Bundesministerposten) zwischenzeitlich von anderen Personen besetzt. Die Bundestagswahl 2017 hatte weitere Wechsel auf politischen Posten zur Folge und war einer der Gründe dafür, dass eine zweite Pilotstudie für notwendig erachtet wurde. Tab. 5 gibt einen Überblick für diesen Teil des Wissensquiz für die Pilotstudien und den ALLBUS 2018. Es wird analog zu den Ergebnissen von 2008 die Verteilung der Items (Anteil richtiger Antworten an allen Antworten sowie der „weiß nicht“-Antworten), deren Schwierigkeitsgrad und Trennschärfe berichtet. In der ersten Pilotstudie 2017 kam für die „Politische Akteure“-Frage ein Split zum Einsatz. Es wurden zwei Itembatterien mit jeweils neun Items bei jeder Hälfte der Befragten eingesetzt. Auch in dem im ALLBUS 2018 eingesetzten Instrument sollten alle Parteien, unterschiedliche Geschlechter und unterschiedliche Schwierigkeiten abgedeckt werden. Die Ergebnisse der Pilotstudien – wie in Tab. 5 berichtet – zeigten wieder, dass prinzipiell alle Items eingesetzt werden können. Sie weisen unter anderem eine ausreichende Trennschärfe auf. Als Vertreter der CDU/CSU wurden für den ALLBUS 2018 Angela Merkel und Ursula von der Leyen sowie Peter Altmaier ausgewählt. Die beiden Politikerinnen waren auch schon im Wissensquiz 2008 vertreten (auch wenn Ursula von der Leyen damals ein anderes Bundesministerium leitete). Peter Altmaier wurde als eher weniger bekannter CDU-Politiker aufgenommen, als Ersatz für den aus der Regierung ausgeschiedenen Franz Josef Jung. Als Vertreter der SPD wurden für den ALLBUS 2018 Andrea Nahles und Heiko Maas ausgewählt. Andrea Nahles ersetzte – positionsgetreu als SPD-Bundesvorsitzende – Kurt Beck, Heiko Maas als Bundesminister wegen des Geschlechterproporzes Brigitte Zypries. Für die anderen kleineren Parteien wurde jeweils (einer) der Politiker ausgewählt, der dasselbe Amt innehatte wie die Person, nach der im ALLBUS 2008 gefragt worden war: Christian Lindner statt Guido Westerwelle als FDP-Bundesvorsitzender, Dietmar Bartsch statt Gregor Gysi und Katrin ­Göring-Eckhardt statt Renate Künast als (Co-)Fraktionsvorsitzende ihrer

Anteil „weiß nicht“ Antworten in %

77,1

75,6

69,4

SPD

SPD

AfD

Grüne

CDU

Linke

SPD

Martin Schulz

Sigmar Gabriel

Frauke Petry

Cem Özdemir

Ursula von der Leyen

Sahra Wagenknecht

Andrea Nahles

77,5

81,9

CDU

19,7

13,1

14,4

13,7

8,1

93,0/94,4(1) 4,0/4,5(1)

Anteil richtige Antworten in %

1. Pilotstudie Juni 2017

Angela Merkel

Politiker Anteil richtige Antworten in %

0,69

0,63

0,65

0,56

0,41

63,9

75,3

77,2

91,4

0,45/0,27 97,0

(2)

Trennschärfe

25,3

15,2

13,7

5,3

1,9

Anteil „weiß nicht“ Antworten in %

0,62

0,49

0,44

0,46

0,33

(2)

Trennschärfe

2. Pilotstudie November 2017

Tab. 5    Parteienzugehörigkeit Politiker in den Pilotstudien und im ALLBUS 2018

68,4

73,4

92,1

Anteil richtige Antworten in %

24,4

19,6

6,9

Anteil „weiß nicht“ Antworten in %

ALLBUS 2018

(Fortsetzung)

Mittel

Mittel

Leicht

Leicht

Leicht

Leicht

 Leicht

Leicht

Schwierigkeit

32 J. G. Walter et al.

41,2

SPD

Linke

Heiko Maas

Dietmar Bartsch

37,9

45,7

Wolfgang FDP Kubicki

49,9

37,3

43,5

36,7

0,72

0,69

0,71

0,69

59,0

46,7

Grüne

Katrin GöringEckhardt

61,7

0,66

78,7

Peter Alt- CDU maier

31,8

0,69

Anteil richtige Antworten in %

63,2

53,0

33,0

(2)

Trennschärfe

Alexander CSU Dobrindt

59,1

Anteil „weiß nicht“ Antworten in %

32,2

28,2

29,2

24,0

15,6

Anteil „weiß nicht“ Antworten in %

0,74

0,56

0,77

0,55

0,50

(2)

Trennschärfe

2. Pilotstudie November 2017

68,8

FDP

Anteil richtige Antworten in %

1. Pilotstudie Juni 2017

Alexander AfD Gauland

Christian Lindner

Politiker

Tab. 5   (Fortsetzung)

30,6

40,6

44,2

58,2

71,1

Anteil richtige Antworten in %

60,6

38,7

44,6

31,6

25,3

Anteil „weiß nicht“ Antworten in %

ALLBUS 2018

(Fortsetzung)

Schwer

Mittel

Mittel

Mittel

Mittel

Mittel

Mittel

Mittel

Schwierigkeit

Die Erfassung politischen Wissens in der Allgemeinen … 33

24,8

24,7

AfD

CDU

CSU

Alice Weidel

Johanna Wanka

Gerd Müller

66,3

58,8

66,9

50,9

49,6

Anteil „weiß nicht“ Antworten in %

0,58

0,61

0,61

0,55

0,56

(2)

Trennschärfe

54,3

Anteil richtige Antworten in %

39,3

Anteil „weiß nicht“ Antworten in %

0,46

(2)

Trennschärfe

2. Pilotstudie November 2017

20,0

Anteil richtige Antworten in %

73,7

Anteil „weiß nicht“ Antworten in %

ALLBUS 2018

Schwer

Schwer

Schwer

Schwer

Schwer

Schwierigkeit

Anmerkungen: geordnet nach Schwierigkeitsgrad; (1) aufgrund des Splits zwei Verteilungen in der Pilotstudie (in beiden Splitversionen aufgeführt; (2) Korrigierte Item-Skala-Korrelation mit „weiß nicht“ auf falsch codiert; ungewichtete Daten der Pilotstudien und des ALLBUS 2018; Berechnungen von Walter et al.

26,4

35,6

SPD

Malu Dreyer

37,6

SPD

Anteil richtige Antworten in %

1. Pilotstudie Juni 2017

Brigitte Zypries

Politiker

Tab. 5   (Fortsetzung)

34 J. G. Walter et al.

Die Erfassung politischen Wissens in der Allgemeinen …

35

Parteien. Die neu im Bundestag vertretene AfD wird im Quiz durch Alice Weidel repräsentiert, die seit 2017 den Co-Vorsitz der AfD-Bundestagsfraktion innehat. Der Schwierigkeitsgrad – bestimmt anhand des Anteils richtiger Antworten – variiert zum Teil deutlich zwischen den verschiedenen Pilotstudien und dem ALLBUS 2018. Dies trifft vor allem auf Christian Lindner zu, der im Juni 2017 noch weniger bekannt war als im November 2017 bzw. während der Feldzeit des ALLBUS 2018. Die Politikerinnen Katrin Göring-Eckhardt und Alice Weidel waren im November 2017 deutlich bekannter als im Juni 2017 oder später während der Feldzeit des ALLBUS 2018. Da Mediennutzung und politisches Wissen zusammenhängen (de Vreese und Boomgaarden 2006; Kenski und Stroud 2006; Bakker und de Vreese 2011), ist davon auszugehen, dass die im Zeitverlauf unterschiedlich starke Medienpräsenz dieser Personen hierbei eine wichtige Rolle spielt. In Bezug auf Faktenwissen zum politischen System und zu politischen Inhalten und Akteuren wurden viele Alternativen im Bereich „internationale Politik“ getestet. Tab. 6 gibt einen Überblick über die Formulierung der in den zwei Pilotstudien getesteten und der final im ALLBUS 2018 eingesetzten Wissensfragen. Tab. 7 zeigt dann die Antwortverteilungen auf diese Fragen, angeordnet nach Bereich und Schwierigkeitsgrad. Da sich die Schwierigkeitsgrade für einige der im ALLBUS 2008 eingesetzten Wissensfragen in den Pilotstudien replizieren ließen, wurden diese auch im ALLBUS 2018 eingesetzt. Dies betrifft die Wissensfragen zur Richtlinienkompetenz, zur Bundeskanzlerwahl, zum Wahlgeheimnis, zum Ausländerwahlrecht, zum Solidaritätszuschlag, zum Sitz im Sicherheitsrat, zur UNESCO und zur Personalie „Präsident der EU-Kommission“. Bei der letzten Frage mussten allerdings die Antwortalternativen angepasst werden, da José Manuel Barroso 2018 das Amt nicht mehr innehatte. Dazu wurden in den Pilotstudien verschiedene Varianten getestet. Ein vorrangiges Ziel bei der Auswahl der Antwortalternativen war ein vergleichbarer Schwierigkeitsgrad zu der im ALLBUS 2008 eingesetzten Frage. Auch für das Item zum Wahlrecht von EU-Ausländern wurde in der Pilotstudie eine alternative Itemformulierung im Split mit der etwas unklaren 2008er Formulierung getestet. Die neue unmissverständliche Frageformulierung wurde dann auch im ALLBUS 2018 eingesetzt. In der zweiten Pilotstudie wurden 15 Items eingesetzt, darunter auch einige nochmalige Versuche für Ergänzungen im Bereich EU-Politik. Da bisher ein mittelschweres Item zu politischen Inhalten fehlte, wurde hier ein neues Item integriert – eine Frage zur Sitzverteilung im Bundestag –, das in adaptierter Form auch in zukünftigen Studien einsetzbar ist. Dieses Item wurde zwar vorab nicht getestet, zeigt aber im ALLBUS 2018 den erwarteten mittleren

36

J. G. Walter et al.

Tab. 6   Quizfragen zum politischen System, politischen Inhalten und internationalen Aspekten in den Pilotstudien und im ALLBUS 2018 Frage

Antwortkategorien (ohne „weiß 1. Pilotstudie/2. Pilotnicht“)(1) studie/ALLBUS 2018 Dimension politisches System national Durch wen wird der Bundes- Durch das Volk/durch kanzler der Bundesrepublik den Bundesrat/durch den Bundestag/durch die Bundesgewählt? versammlung Bei der Bundestagswahl haben Sie zwei Stimmen, eine Erststimme und eine Zweitstimme. Wie ist das eigentlich, welche der beiden Stimmen ist ausschlaggebend für die Sitzverteilung im Bundestag?

Die Erststimme/Die Zweitstimme/Beide Stimmen sind gleich wichtig/Der Bürger hat nur eine Stimme

ja/ja/ja

ja/–/–

ja/–/– Was bedeutet der Begriff Politische Entscheidungen „repräsentative Demokratie“? werden unmittelbar vom Volk getroffen/Politische Entscheidungen werden von einer vom Volk gewählten Vertretung getroffen/Eine vorbildliche Demokratie/Eine Demokratie, die im Ausland gut vertreten wird Was bedeutet der Begriff „Wahlgeheimnis“?

ja/ja/ja Ein Wahlgeheimnis gibt es nicht/Man darf nicht darüber sprechen, wen man gewählt hat/Man erfährt nicht, welchen Kandidaten man gewählt hat. Man kann nur eine Partei wählen/Niemand kann herausfinden, wen man gewählt hat, außer man erzählt es

Wer verfügt über die so genannte „Richtlinienkompetenz“?

Der Außenminister/Der Bundeskanzler/Der Bundespräsident/Der Bundestagspräsident

ja/ja/ja

(Fortsetzung)

Die Erfassung politischen Wissens in der Allgemeinen …

37

Tab. 6   (Fortsetzung) Frage

Antwortkategorien (ohne „weiß 1. Pilotstudie/2. Pilotnicht“)(1) studie/ALLBUS 2018

Dimension politische Inhalte national Bei welchen Wahlen in Deutschland dürfen EUBürger ohne(2) deutsche Staatsbürgerschaft wählen?(4) Bei welchen Wahlen dürfen EU-Bürger, die in Deutschland leben, wählen, auch wenn sie nicht die deutsche Staatsbürgerschaft haben?(3/4)

Bei Bundestagswahlen/Bei Kommunalwahlen/Bei Landtagswahlen/Dürfen bei nichts davon wählen

Der Solidaritätszuschlag ist ein Zuschlag zur Einkommens- und Körperschaftssteuer. Wozu dient er?

Zur Finanzierung des deutschen ja/ja/ja Bergbaus/Zur Finanzierung der deutschen Einheit/Zur Finanzierung der gesetzlichen Renten/Zur Finanzierung der Reform des Gesundheitswesens

AfD/FDP/CDU,CSU/SPD Welche Partei befürwortet den Einsatz der Bundeswehr im Inland zur Terrorismusbekämpfung?

ja/–/ja

–/ja/–

–/–/ja Welche von diesen Parteien FDP/AfD (Alternative für hat aktuell die meisten Sitze Deutschland)/Die Linke/Bündnis 90, Die Grünen im deutschen Bundestag? Dimension Systemwissen/politische Akteure/politische Inhalte international Mario Draghi/Donald Wie heißt der derzeit ja/ja/ja amtierende Präsident der EU- Tusk/Jean-Claude Juncker/José Manuel Barroso3 Kommission? Frans Timmermans/ Romano Prodi/Jean-Claude Juncker/José Manuel Barroso4 Günther Oettinger/Romano Prodi/Jean-Claude Juncker/José Manuel Barroso4 Wie heißt der Präsident der Europäischen Zentralbank?

Jeroen Dijsselbloem/Jens Weid- ja/–/– mann/Hans-Werner Sinn/Mario Draghi

Wer wählt den Präsidenten der Europäischen Kommission?

Die Bürger/Die nationalen Regierungschefs/Das Europäische Parlament/Die Europäische Kommission

ja/ja/ja

(Fortsetzung)

38

J. G. Walter et al.

Tab. 6   (Fortsetzung) Frage

Antwortkategorien (ohne „weiß 1. Pilotstudie/2. Pilotnicht“)(1) studie/ALLBUS 2018

Dimension: Systemwissen/politische Akteure/politische Inhalte international Welche Institution auf europäischer Ebene hat das Initiativrecht für europäische Verordnungen?

Das Europäische Parlament/Die ja/–/– Europäische Kommission/Der Rat/Die Europäische Zentralbank

Wie viele Mitgliedsstaaten umfasst die Europäische Union zurzeit?

28/18/25/314 18/22/28/343

Irland/Kroatien/Schweden/ Welches dieser Länder wurde zuletzt in die EU auf- Polen genommen?

ja/–/ja

ja/ja/–

Welche der folgenden internationalen Organisationen beschäftigt sich mit Kultur und Wissenschaft?

NATO/OPEC/UNESCO/WHO ja/ja/ja

Welches Land hat keinen ständigen(2) Sitz im UN Sicherheitsrat?

China/Japan/Russland/USA

ja/ja/ja

Für welche Politik ist ausschließlich die Europäische Union zuständig?(3) Welches der folgenden Politikfelder liegt in Deutschland ausschließlich in der Zuständigkeit der Europäischen Union?(4)

Währungspolitik/Bildungspolitik/Sicherungs- und Verteidigungspolitik/Asylpolitik

ja/ja/–

Was wurde mit dem Maastricht-Vertrag beschlossen?

Die Bildung der Europäischen ja/–/– Union/Das Ende des zweiten Weltkrieges/Die deutsch-niederländische Zusammenarbeit/Das Ende des römischen Reichs (Fortsetzung)

Die Erfassung politischen Wissens in der Allgemeinen …

39

Tab. 6   (Fortsetzung) Frage

Antwortkategorien (ohne „weiß 1. Pilotstudie/2. Pilotnicht“)(1) studie/ALLBUS 2018

ja/–/– Was regeln die Kopenhagener Voraussetzungen für EUKriterien? Beitritt/Finanzausgleich zwischen EU-Mitgliedsstaaten/ Fangquoten des Europäischen Fischereifonds/Die Höhe der Mehrwertsteuer in den EU-Mitgliedsstaaten Worum handelt es sich bei CETA?

CETA ist die Abkürzung für ja/–/– das Europäisch-Kanadische Freihandelsabkommen/CETA ist der Name eines neuen Medikamentes gegen Ebola/ CETA ist die Abkürzung für das traditionelle Wirtschaftsabkommen zwischen der EU und den USA/CETA ist der Name eines neuen Medikamentes gegen Aids

Welches der folgenden Länder ist ein offizielles Kandidatenland für einen Beitritt zur Europäischen Union?

Montenegro/Moldawien/Island/ –/ja/– Norwegen

Was ist das Schengener Abkommen?

–/ja/– Richtlinie für den freien Verkehr von Chemikalien auf dem Binnenmarkt/Ein Förderprogramm für Forschung und Innovation in der Europäischen Union/Ein Förderprogramm von Auslandsaufenthalten an Universitäten/Vereinbarung über den Abbau von Personenkontrollen an den Binnengrenzen (Fortsetzung)

40

J. G. Walter et al.

Tab. 6   (Fortsetzung) Frage

Antwortkategorien (ohne „weiß 1. Pilotstudie/2. Pilotnicht“)(1) studie/ALLBUS 2018

Was versteht man unter dem „Dublin-Verfahren“?

EU-Programm zur Korruptions- –/ja/ja bekämpfung/Angleichung der Steuersätze zwischen den EUStaaten/Feststellung des Staats, der für die Prüfung eines Asylantrags zuständig ist/Einführung von vergleichbaren Studienabschlüssen in vielen europäischen Ländern

Wie oft wechselt der Vorsitz Alle 6 Monate/Jährlich/Alle 2 Jahre/Alle 5 Jahre im Rat der Europäischen Union – die sogenannte Ratspräsidentschaft?

–/ja/–

Anmerkungen: geordnet nach Dimensionen; (1) richtige Antworten in fett; (2) im ALLBUS 2018 die Wörter „ständigen“ bzw. „ohne“ nur durch Versalschreibung hervorgehoben, keine Unterstreichung bzw. Fettdruck; (3) Formulierung ALLBUS 2018 und/oder 2. Pilotstudie; (4) Formulierungsvarianten in 1. Pilotstudie. Darstellung: Walter et al.

Schwierigkeitsgrad. Zugunsten dieses neuen Items zur aktuellen Politik wurde auf die Replikation der Wissensfrage zur repräsentativen Demokratie verzichtet, wodurch die Fragen zum politischen System im ALLBUS 2018 ein etwas geringeres Gewicht haben als 2008. Als Fragen mit EU-Bezug wurden drei neue Items aufgenommen. Einige der von Tausendpfund und Kollegen vorgeschlagenen Fragen erwiesen sich in den Pilotstudien als zu schwierig für den Einsatz in einer allgemeinen Bevölkerungsumfrage. Als Frage mit hohem Schwierigkeitsgrad wurde schließlich eine Wissensfrage zum Dublin-Verfahren ausgewählt. Als Item zum politischen System wurde eine Frage zur Wahl des Präsidenten der EU-Kommission ergänzt. Des Weiteren wurde nach der Anzahl der EU-Mitgliedsstaaten gefragt, als weitere relativ leicht zu replizierende Wissensfrage im mittleren Schwierigkeitsgrad. Bei dieser Frage wurden im Vergleich zur Pilotstudie die Antwortalternativen in der Hauptstudie des ALLBUS 2018 modifiziert. Allerdings wurde die Frage dadurch nicht wie intendiert einfacher. Auch für die in den Pilotstudien zum ALLBUS 2018 eingesetzten Wissensfragen zeigen sich alle erwartbaren Zusammenhänge mit Bildung, subjektivem politischen Interesse und Geschlecht der Befragten.

Einsatz Bundeswehr

Wahlrecht

Sitze deutscher Bundestag

79,8

Solidaritätszuschlag

0,46

0,45

0,31

0,35

0,53

0,34

21,7/28,9(1) 20,8/28,7(1) 0,31/0,31

11,8

10,8

50,2

41,6

29,3

6,6

Wahl Bundes- 60,4 kanzler

Erststimme

24,7

Repräsentative 62,0 Demokratie

Richtlinienkompetenz

4,8

23,3

83,0

29,9

65,9

84,2

33,2

9,4

43,4

5,0

2,6

0,24

0,46

0,47

0,39

0,24

29,8

45,2

78,2

27,1

58,4

79,9

30,5

26,2

13,7

52,5

10,9

6,6

Anteil „weiß nicht“ Antworten

ALLBUS 2018 (in %)

TrennAnteil Anteil schärfe(2) richtige „weiß nicht“ Antworten Antworten

2. Pilotstudie (in %)

TrennAnteil Anteil Anteil schärfe(2) richtige „weiß richtige Antworten Antworten nicht“ Antworten

1. Pilotstudie (in %)

80,9

Wahlgeheimnis

Wissensfrage

Tab. 7   Ergebnisse Pilotstudien und ALLBUS 2018 – Politisches System und politische Inhalte

Schwer

Mittel

Leicht

Schwer

Mittel

Leicht

Schwie­ rigkeit

(Fortsetzung)

Politische Inhalte national

Politisches System national

Dimension

Die Erfassung politischen Wissens in der Allgemeinen … 41

25,0

21,0

54,1 Wahl Präsident EUKommission

Mitgliedsstaaten

53,9

26,7

55,9

Letztes EU Mitglied

26,4

59,4

Maastricht Vertrag

18,5

60,0

CETA

0,48

0,29

0,48

0,61

0,51

60,3

54,4 20,2

27,0

24,4

Präsident EU- 65,5/61,6(1) 25,3/26,0(1) 0,49/0,47 52,4 Kommission

75,3

0,22

0,43

0,30

0,56

0,39

47,0

50,7

46,6

73,8

11,9

0,44 20,0

14,6

72,5

29,7

27,3

33,0

16,5

Anteil „weiß nicht“ Antworten

ALLBUS 2018 (in %)

TrennAnteil Anteil schärfe(2) richtige „weiß nicht“ Antworten Antworten

2. Pilotstudie (in %)

TrennAnteil Anteil Anteil schärfe(2) richtige „weiß richtige Antworten Antworten nicht“ Antworten

1. Pilotstudie (in %)

72,9

Schengener Abkommen

UNESCO

Wissensfrage

Tab. 7   (Fortsetzung)

Mittel

Leicht

Schwie­ rigkeit

(Fortsetzung)

Systemwissen/ politische Akteure/ politische Inhalte international

Dimension

42 J. G. Walter et al.

0,30

0,34

19,3

27,7

33,2

49,6

34,6

47,0

0,42

0,45

0,42

0,49

0,41

35,0

35,5

37,7

54,0

Schwer

Schwie­ rigkeit

Dimension

Anmerkungen: geordnet nach Dimensionen und Schwierigkeitsgraden; ungewichtete Daten; (1) Verteilung alte Formulierung/Verteilung neue Formulierung; (2) Korrigierte Item-Skala Korrelation, „weiß nicht“ als falsch codiert; Berechnungen von Walter et al.

Vorsitz Rat Europäische Union

46,3

Initiativrecht

19,9

61,8

Kopenhagener 23,5 Kriterien

0,43

33,4

39,3

Sicherheitsrat 32,3

Beitrittskandidat

40,2

Dublin-Verfahren

58,3

24,1

0,53

0,46

29,8

36,1

50,2

49,9

EU Politik

Anteil „weiß nicht“ Antworten

ALLBUS 2018 (in %)

Präsident Europäische Zentralbank

2. Pilotstudie (in %) TrennAnteil Anteil schärfe(2) richtige „weiß nicht“ Antworten Antworten

1. Pilotstudie (in %)

TrennAnteil Anteil Anteil schärfe(2) richtige „weiß richtige Antworten Antworten nicht“ Antworten

Wissensfrage

Tab. 7   (Fortsetzung)

Die Erfassung politischen Wissens in der Allgemeinen … 43

44

J. G. Walter et al.

Tab. 8   Übersicht über das im ALLBUS 2018 eingesetzte Wissensquiz Wissensbereich

Schwierigkeitsgrad Schwer

Mittel

Leicht

System

Richtlinienkompetenz

Bundeskanzlerwahl

Wahlgeheimnis

Politische Inhalte national

Ausländerwahlrecht

Stärkste Oppositions- Solidaritätszuschlag partei

Politische Akteure

Alice Weidel, Dietmar Bartsch

Heiko Maas, Katrin Göring-Eckhardt, Peter Altmaier, Christian Lindner, Andrea Nahles

Ursula von der Leyen, Angela Merkel

Politische Inhalte und Akteure international

Sicherheitsrat, Dublin-Verfahren

Präsident der EUKommission, Wahl Präsident der EU-Kommission, Anzahl Mitgliedsstaaten EU

UNESCO

Darstellung: Walter et al.

Basierend auf den Pilotstudien und theoretischen Überlegungen wurde das finale Instrument für den Einsatz im ALLBUS 2018 konstruiert. In Tab. 8 wird dieses Instrument dargestellt. Dabei werden der jeweilige Schwierigkeitsgrad und der inhaltliche Bereich, den die jeweilige Wissensfrage abdeckt, aufgeführt. Das finale Quiz besteht aus 21 Items, die in 13 Fragen gestellt wurden, und ist somit etwas umfangreicher als das Quiz im ALLBUS 2008. Eingeleitet wurde das Wissensquiz im ALLBUS 2018 wie im ALLBUS 2008 mit folgendem Statement: „Hier haben wir noch ein kurzes Quiz mit Fragen zur Politik. Manche Fragen sind eher einfach, andere eher schwierig. Bitte lesen Sie die Fragen sorgfältig durch und antworten Sie, soweit Sie können. Wenn Sie irgendeine Frage nicht beantworten können, kreuzen Sie einfach „weiß nicht“ an und machen mit der nächsten Frage weiter. Bei jeder Frage gibt es nur e i n e richtige Antwort, also machen Sie bitte immer nur e i n Kreuz.“ Ein Vergleich zwischen den Erhebungen 2008 und 2018 zeigt, dass das im ALLBUS 2018 eingesetzte Quiz für die Befragten im Durchschnitt mit ca. 53 % richtiger Antworten etwas schwieriger war als das im ALLBUS 2008 eingesetzte Quiz (ca. 56 % richtige Antworten). Dies liegt vor allem an dem stärkeren Einsatz von Fragen zu internationalen Aspekten, die eher einen hohen Schwierigkeitsgrad aufwiesen.

Die Erfassung politischen Wissens in der Allgemeinen …

45

4.3 Stichprobenzusammensetzung in Pilot- und ALLBUS-Studien Alle Pilotstudien zur Entwicklung des Fragemoduls zu politischem Wissen wurden als Online-Studien durchgeführt, bei denen die Befragten den Fragebogen selbst online ausfüllten. Auch in den Hauptstudien war das Wissensquiz als Selbstausfüller (angehängt an den CASI-ISSP-Fragebogen) konzipiert. Abgesehen von Einflüssen der unterschiedlichen Modi (Selbstausfüller Online vs. Selbstausfüller CASI-Teil ALLBUS Interview) und dem jeweiligen Studiendesign (z. B. Fragebogenlänge, thematische Einbettung) auf die Beantwortung der Wissensfragen kann auch der Aspekt der unterschiedlichen Erhebungszeitpunkte von Bedeutung sein. Insbesondere könnte dies der Fall sein, wenn die erfragten Themen zu den unterschiedlichen Erhebungszeitpunkten zum Beispiel in den Medien unterschiedlich salient sind. Ein weiterer Aspekt im Zusammenhang mit dem Studiendesign, der bei einem Vergleich der Ergebnisse und Verteilungen der Pilotstudien mit den Hauptstudien berücksichtigt werden kann, betrifft die Stichprobenzusammensetzung. Während der ALLBUS-Studie eine reine Zufallsauswahl zugrunde liegt, arbeiteten die mit den Online-Pilotstudien beauftragten Institute mit Access-Panels. Tab. 9 zeigt für die zwischen den Pilotstudien und den ALLBUS-Erhebungen vergleichbaren Fragen die Verteilungen. Zum einen sind dies demographische Fragen und zum anderen inhaltliche Fragen aus dem Politikbereich. Es zeigt sich, dass die Quoten in den Pilotstudien in Bezug auf Geschlecht und Bildung gut die Verteilungen im ALLBUS abdecken und gut umgesetzt wurden. Die Verteilungen der anderen demographischen Variablen lassen auf keine systematischen Unterschiede zwischen den Stichproben schließen, wobei auch nur wenige weitere vergleichbare Merkmale vorliegen. Hinsichtlich der inhaltlichen Variablen zeigt sich aber dennoch eine stärkere politische Orientierung der Teilnehmer der Pilotstudien im Vergleich zu den Teilnehmern des ALLBUS (zum Beispiel ein größeres politisches Interesse). Diese Unterschiede in der realisierten Stichprobe können potenziell die Übertragbarkeit der Ergebnisse der Pilotstudien auf die ALLBUS Befragungen beeinflussen. Die Antwortverteilungen auf die Wissensfragen in den Pilotstudien und den ALLBUS-Erhebungen lassen darauf schließen, dass das unterschiedliche Studiendesign – das sich wie hier berichtet z. B. auf die Stichprobenzusammensetzung auswirkt – zum Teil Einfluss auf die Beantwortung des Wissensquiz hat. Hinsichtlich des relativen Schwierigkeitsgrads der einzelnen Items sowie der Zusammenhänge der Wissensitems untereinander und mit externen Variablen

58,1

62,5 30,5 58,4

46,8 98,3 71,9 45,3 60,3 58,4

Verheiratete zusammenlebende Befragte

Deutsche Staatsbürgerschaft

Personen mit subjektiv hohem pol. Wissensniveau(4)

Personen mit subjektiv. großem pol. Interesse(5)

Personen, die sich subjektiv (eher) links einordnen(6)

Personen mit sehr guter u. guter Gesundheit

58,1

93,6

31,4 69,0

Alter (18 bis 40 Jährige)(3) 40,9

28,3

Befragte mit hoher Bildung (ab Fach- 29,6 hochschulreife)(2)

Befragte aus den alten Bundesländern 64,8 der BRD

49,4

49,2

Männer(1)

ALLBUS 2008

Pilotstudie 2008

Anteil (Angaben in %)

Na

68,2

48,5

71,5

97,9

Na

67,5

32,9

39,9

49,5

1. Pilotstudie 2018

Na

58,1

48,4

Na

97,2

Na

66,7

33,3

40,0

50,0

2. Pilotstudie 2018

Tab. 9   Zusammensetzung Stichproben im ALLBUS 2008 und 2018 im Vergleich zu den Pilotstudien

(Fortsetzung)

61,1

65,7

38,2

69,8

94,1

55,4

68,7

29,9

39,6

51,0

ALLBUS 2018

46 J. G. Walter et al.

42,7

80,4

75,3

Man sollte Na keine Kinder bekommen

Na Politiker interessieren sich nicht für einfache Leute Na

Meisten kümmern sich nicht um Mitmenschen

90,7

Na

Anomia selbe Meinung

Lage einfacher Leute wird schlechter

ALLBUS 2008

Pilotstudie 2008

Anteil (Angaben in %)

Tab. 9   (Fortsetzung)

75,9

79,8

56

80,1

1. Pilotstudie 2018

74,3

80,5

54,1

84,3

2. Pilotstudie 2018

(Fortsetzung)

69,4

63,1

32,7

75,0

ALLBUS 2018

Die Erfassung politischen Wissens in der Allgemeinen … 47

43,3

31,9

48,6

1. Pilotstudie 2018

31,3

Na

2. Pilotstudie 2018

38,7

35,1

ALLBUS 2018

Anmerkungen: na: nicht erhoben; (1) im ALLBUS vom Interviewer ohne Nachfrage eingetragen; (2) in Pilotstudien 2018 Hochschulabschluss bei Schulbildung mit erfasst; (3) die größere Differenz der Pilotstudie 2008 lässt sich durch eine von den anderen Pilotstudien abweichende Quotierung der jungen Altersgruppe erklären (18 bis 35 Jahre statt 18 bis 40 Jahre); (4) in der Pilotstudie 2008 positive Formulierung, sonst negative (weiß viel/weiß wenig), entsprechend umkodiert, Anteil stimme voll und ganz/eher zu; (5) sehr starkes und starkes Interesse; (6) Werte 1 bis 5; (7) unterschiedliche Parteien wurden präsentiert; ungewichtete Daten Pilotstudie 2008, Pilotstudien 2018, ALLBUS 2008 und ALLBUS 2018; Berechnungen von Walter et al.

30,5

Potentielle CDU/CSU und SPD Wähler (Wahlabsicht)(7)

ALLBUS 2008 31,2

Pilotstudie 2008

48,2 Personen, die voll und ganz/eher zustimmen sich aktive politische Rolle zuzutrauen

Anteil (Angaben in %)

Tab. 9   (Fortsetzung)

48 J. G. Walter et al.

Die Erfassung politischen Wissens in der Allgemeinen …

49

ließen sich die Ergebnisse der Pilotstudien im Großen und Ganzen auch in den ALLBUS-Erhebungen replizieren. Es lässt sich hingegen eine leichte Tendenz dahin gehend beobachten, dass die Befragten der Pilotstudien zu einem höheren Anteil die richtigen Antworten wählen und seltener „weiß nicht“. Eine Erklärung hierfür könnte das größere politische Interesse der Befragten der Pilotstudien sein.

5 Zusammenfassung und Diskussion Durch die Aufnahme eines Quiz zu politischem Faktenwissen wurde der Themenschwerpunkt „Politik“ im ALLBUS 2008 und 2018 um objektive Indikatoren zu Kognitionen erweitert. Angeregt wurde diese Erweiterung durch Vorschläge aus der Profession. Zum ALLBUS 2008 gingen gleich zwei Vorschläge – von Rüdiger Schmitt-Beck und Bettina Westle – zu diesem Thema ein. 2018 wurde dieses Thema in einem Vorschlag von Markus Tausendpfund und Kollegen wieder aufgegriffen. Mithilfe von Online Pilotstudien und in Rücksprache mit den Vorschlagseinreichern wurde jeweils das Wissensquiz für den Einsatz in den Hauptstudien entwickelt. Auch wenn Schlussfolgerungen aus den ­Online-Pilotstudien für den ALLBUS wegen der Unterschiede im Fragebogendesign, im Modus und in der Stichprobenziehung nur mit Vorsicht zu ziehen sind, hat sich die Durchführung der Online-Pilotstudie 2008 bewährt und wurde deshalb auch für den ALLBUS 2018 wieder realisiert. Das politische Wissensquiz wird im ALLBUS im Selbstausfüllermodus am Computer von den Befragten ausgefüllt. Der Schwerpunkt liegt auf der Erfassung von Faktenwissen über das politische System, politische Akteure und politische Inhalte. Neben Wissen zu nationalen Aspekten wird auch das Wissen über internationale Inhalte abgefragt, im ALLBUS 2018 ausführlicher als 2008. Das Fragemodul im ALLBUS 2008 besteht aus 18 Items, das im ALLBUS 2018 aus 21 Items. Erstens gab es eine Itembatterie, in der die Befragten gebeten wurden, Politiker Parteien zuzuordnen. Zweitens wurden Fragen im Multiple Choice Format mit vier Antwortalternativen gestellt. Bei allen Items hatten die Befragten auch die Möglichkeit, mit „weiß nicht“ zu antworten. Der Einsatz eines Wissensquiz in einer multithematischen, replikativ angelegten allgemeinen Bevölkerungsumfrage wie dem ALLBUS stellt in verschiedener Hinsicht eine Herausforderung dar. Zum einen können aufgrund zeitlicher Restriktionen nicht alle Wissensbereiche in aller Ausführlichkeit abgefragt werden. Eine weitere Herausforderung besteht darin, ein in der Schwierigkeit ausgewogenes Quiz zu generieren, das die Befragten nicht über-

50

J. G. Walter et al.

fordert und dennoch Unterschiede im Wissen darstellen kann. Schließlich ist es auch eine herausfordernde Aufgabe, ein Wissensquiz zu generieren, das sowohl Analysen über die Zeit ermöglicht als auch detailliertere Analysen des aktuellen politischen Wissensstands der Bevölkerung. Zwar lässt sich das Wissensniveau in der Bevölkerung zu einem Zeitpunkt mit dem Instrument gut messen, ein Zeitvergleich gestaltet sich aber schwieriger, da sich politische Inhalte über die Zeit verändern. Selbst wenn gleiche Fragen gestellt werden, kann sich deren Schwierigkeitsgrad über die Zeit verändert haben. Im ALLBUS wurde daher auf den Aspekt einer möglichst großen zeitlichen Äquivalenz der Wissensfragen großer Wert gelegt. Das politische Wissensquiz bietet – zusammen mit den anderen im ALLBUS eingesetzten Politikfragen – vielfältige Analysemöglichkeiten, wie zahlreiche Publikationen zeigen.

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Die Erfassung politischen Wissens in der Allgemeinen …

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54

J. G. Walter et al.

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Messung politischen Wissens Daniel Moosdorf, Christian Schnaudt, Markus Tausendpfund und Bettina Westle

1 Einleitung Während in früheren Studien politisches Wissen nur sehr selten und wenn, dann mit singulären oder wenigen Indikatoren erhoben wurde, finden sich inzwischen mehrere Studien zur expliziten Ermittlung unterschiedlicher Bereiche politischen Wissens in Deutschland und auch in thematisch anders fokussierten politikwissenschaftlichen Studien werden zunehmend einige Fragen zu politischem Wissen integriert (vgl. z. B. die Beiträge in Westle und Tausendpfund 2019a). Innerhalb der ALLBUS-Reihe wurden 2018 erneut einige Fragen zu politischem

Dieses Kapitel ist Produkt gemeinsamer Überlegungen und Analysen. Die Autorenreihenfolge ist alphabetisch. D. Moosdorf (*) · B. Westle  Philipps-Universität Marburg, Marburg, Deutschland E-Mail: [email protected] B. Westle E-Mail: [email protected] C. Schnaudt  Universität Mannheim, Mannheim, Deutschland E-Mail: [email protected] M. Tausendpfund  FernUniversität in Hagen, Hagen, Deutschland E-Mail: [email protected] © Der/die Herausgeber bzw. der/die Autor(en), exklusiv lizenziert durch Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 M. Tausendpfund und B. Westle (Hrsg.), Politisches Wissen in Deutschland, Politisches Wissen, https://doi.org/10.1007/978-3-658-30492-8_3

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D. Moosdorf et al.

Faktenwissen aufgenommen (zuvor bereits einmal im Jahr 2008, jedoch mit teilweise anderen Items). Die zunehmende Berücksichtigung des Themas „Politisches Wissen“ bringt auch eine steigende Vielfalt von unterschiedlichen Item- und Messvorschlägen mit sich, welche einerseits einen forschungsförderlichen Pluralismus impliziert, andererseits oft jedoch auch die Vergleichbarkeit der Befunde erschwert oder gar verhindert.1 Die nachfolgenden Beiträge in diesem Band arbeiten ausschließlich mit den Daten des ALLBUS 2018. Dies ermöglicht eine weitgehende Parallelisierung von Vorgehensweisen, um die Vergleichbarkeit der Befunde aus den verschiedenen Kapiteln zu Bestimmungsfaktoren und Folgen des Wissens zu optimieren. Das betrifft insbesondere das zentrale Konstrukt „politisches Wissen“. Deshalb wird im vorliegenden Kapitel eine valide Messung politischen Faktenwissens auf Basis der ALLBUS-Erhebung angestrebt, die die Grundlage der weiterführenden Analysen in den folgenden Kapiteln darstellt. Der Beitrag ist wie folgt aufgebaut. Abschn. 2 gibt eine Übersicht der Wissensitems im ALLBUS 2018 und stellt die Antwortverteilungen dar. Anschließend werden die Bearbeitungszeiten, die Schwierigkeitsgrade der Fragen sowie die Qualität der Distraktoren diskutiert. Abschn. 3 widmet sich der Skalenanalyse und -konstruktion. Zunächst werden die Grundlagen der Mokken-Analyse dargestellt. Anschließend erfolgen die Skalenanalyse der ­ Wissensitems und die Skalenkonstruktion. Die Ausführungen in Abschn. 4 fassen die Ergebnisse zusammen und ordnen sie in die Diskussion zum politischen Wissen ein.

2 Verteilung und Dimensionierung politischen Wissens im ALLBUS 2018 Im ALLBUS wurden 21 Wissensfragen gestellt, welche die Teilnehmenden am Ende der Befragung selbst am Laptop bearbeiten sollten. Diese späte Position im Fragebogen kann für die Erfassung politischen Wissens aus zwei Gründen

1Das

Hohenheimer Inventar zum Politikwissen (HIP) stellt unseres Wissens aktuell den umfangreichsten Versuch zur Erstellung einer wissenschaftlichen Skala zur Erfassung politischen Wissens in Deutschland dar (Trepte et al. 2017). Es umfasst 85 Items in zwei Dimensionen: Grundlagen- und aktuelles Wissen. Allerdings wurde die Validierungsstudie mit einer online rekrutierten Quoten-Stichprobe durchgeführt, sodass die Ergebnisse nicht repräsentativ für die deutsche Bevölkerung sind. Für weitere Informationen s. http://www. hip-online.org (letzter Abruf am 19.05.2020).

Messung politischen Wissens

57

problematisch sein. Erstens könnten durch die vorangegangene Befragung Cues (Hinweise) zur Beantwortung der Wissensfragen gesetzt worden sein. Eine Durchsicht der Fragen und Antwortvorgaben vor den Wissensfragen lässt allerdings keine offensichtlichen Probleme dieser Art erkennen. Zweitens könnten nach der durchaus längeren Face-to-Face Befragung am Ende Ermüdungserscheinungen den Willen zur Bearbeitung der Wissensfragen und die Konzentrationsfähigkeit beeinträchtigen. Auch dies hat aber, soweit überprüfbar, kein gravierendes Problem dargestellt (vgl. Abschn. 2.3).

2.1 Möglichkeiten der theoretischen Dimensionierung der Fragen zu politischem Wissen Das erste Frageinstrumentarium zu politischem Wissen im ALLBUS 2018 betrifft die Zuordnung von neun Spitzenpolitiker/innen zu den fünf größten Parteien. Dies ist ein inzwischen national und international gängiges Frageformat bei Studien zu politischem Wissen, das auch durchaus singulär Anwendung findet (d. h. ohne weitere Fragen zu politischem Wissen). Daher wird für gewöhnlich angestrebt, bereits innerhalb dieses Instruments eine möglichst große Bandbreite der Wissensverteilung abzubilden. Grundlagen dafür können sowohl die Größe und Medienpräsenz der Parteien als auch die Bekanntheit der Politiker sein (sei es infolge ihrer Funktionen, Ämter oder Amtsdauer, ihrer Medienpräsenz oder sonstiger Auffälligkeiten). Darüber hinaus ist bei diesem Instrument auf eine möglichst ausgewogene Verteilung der Items auf verschiedene Parteien zu achten, um nicht evtl. Befragte mit bestimmten Parteipräferenzen indirekt zu bevorzugen. Ebenso wird zumeist versucht, eine ausgewogene Verteilung der Geschlechter anzubieten.2 Im vorliegenden Fall wurden die sechs größten Parteien angeboten, wobei für jede der vier kleineren Parteien je eine Person, für die SPD zwei und für die Union drei Personen vorgesehen waren.

2Ferner

wird dieser Fragetypus gelegentlich genutzt, um der Rateneigung von Befragten durch sog. Fake-Items auf die Spur zu kommen, d. h. es werden nicht-existierende Politiker zur Einordnung angeboten. Der Schluss von einer einzigen substanziellen Einordnung (statt einer „weiß n­ icht“-Antwort) auf Raten ist allerdings nicht zwingend, denn dieses Verhalten kann auch auf Fehlerinnerung beruhen. Erst dann, wenn auf eine größere Anzahl von ­Fake-Items in dieser Weise reagiert wird, liegt ein valider Schluss auf Raten nahe. Im ALLBUS 2018 wurde auf dieses Vorgehen verzichtet.

58

D. Moosdorf et al.

Tab. 1   Zuordnung von Politiker/innen zu Parteien Angaben in %

Linke

Angela Merkel

0,0

Ursula von der Leyen

SPD

FDP

CDU/ AfD CSU

2 bis 3 min

12,2

>2 bis 3 min

9,88

2,77

8,35

>3 bis 4 min

23,6

>3 bis 4 min

11,27

3,33

6,40

>4 bis 5 min

23,7

>4 bis 5 min

11,80

3,50

5,70

>5 bis 6 min

14,1

>5 bis 6 min

11,98

3,49

5,53

>6 bis 7 min

9,2

>6 bis 7 min

11,46

3,74

5,80

>7 bis 8 min

5,3

>7 bis 8 min

12,34

3,78

4,88

>8 bis 9 min

2,7

>8 bis 9 min

12,00

3,85

5,14

>9 bis 10 min

1,3

>9 bis 10 min

11,57

4,39

5,04

>10 bis 11 min

1,0

>10 bis 11 min

10,86

3,63

6,51

>11 bis 13 min

1,0

>11 bis 13 min

11,62

3,18

6,20

>13 min +

1,0

>13 min +

10,53

3,85

6,62

,09**

,08**

-,13**

Basis unrecodiert in Sekunden: Mittelwert/Std. abw.

Basis unrecodiert in Sekunden: 289/213

Modus/Median

187/263

Min./Max.

6/8481

Pearson’s r

Anmerkungen: Signifikanzniveaus * = p