Plinius über die Ehe und den idealen Ehemann: Zur literarischen Inszenierung von Männlichkeit und Emotionen in Ehe und Familie der römischen Kaiserzeit 9783825346744, 3825346749

Die Studie ist grundsätzlich dem Bereich der Klassischen Philologie zuzuordnen und beschäftigt sich mit dem Idealbild de

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Plinius über die Ehe und den idealen Ehemann: Zur literarischen Inszenierung von Männlichkeit und Emotionen in Ehe und Familie der römischen Kaiserzeit
 9783825346744, 3825346749

Table of contents :
Umschlag
Titel
Impressum
Inhaltsverzeichnis
1 Prolegomenon: Einordnung des Themas in die Pliniusforschung – zum Forschungsstand
2 Der Mann als ‚maritus‘ im römischen Ehe- und Familienleben
2.1 Der römische Mann als Gegenstand der Forschung
2.2 Der ‚pater familias‘ – die personifizierte Männlichkeit in der römischenAntike
2.3 Zum Auftreten des römischen Mannes innerhalb und außerhalb seiner ‚domus‘
2.4 Der Mann als ‚maritus‘ – zur Ehe in der römischen Antike
2.4.1 Prolegomenon: Begriffsbestimmungen und rechtliche Grundlagen
2.4.2 Sexualität innerhalb und außerhalb der Ehe
2.4.3 Die Norm männlicher Verhaltensweisen in der Ehe
2.4.4 Die Ehe im Übergang von der ‚libera res publica‘ zur Kaiserzeit
2.4.5 Der Einfluss der Stoa auf die eheliche Moral in der römischen Kaiserzeit
2.5 Conclusio: Wann ist der Mann ein Mann? – der römische ‚maritus‘ im Spannungsverhältnis zwischen Wahrung von ‚continentia‘ und Äußerungen von Gefühlen und Emotionen
3 Das Idealbild eines ‚maritus vere Romanus‘ in den Briefen des Plinius
3.1 Prolegomenon: ZumTerminus ‚maritus‘ im plinianischen Briefcorpus
3.2 Wohlwollende Bilder römischer ‚mariti‘ im plinianischen Briefcorpus
3.2.1 Plin. epist. 8,23
3.2.2 Plin. epist. 4,21
3.2.3 Plin. epist. 9,13
3.3 Hinter jedem starken Mann steht eine starke Frau – Plinius’Würdigung heldenhafter (Ehe-)Frauen
3.3.1 Plin. epist. 7,19
3.3.2 Plin. epist. 3,16
3.3.3 Plin. epist. 6,24
3.3.4 Plin. epist. 8,5
3.4 Die Freude des Plinius über die trotz schwieriger familiärer Rahmenbedingungen erfolgreiche Entwicklung des Gaius Ummidius Quadratus zu einem vorbildlichen ‚maritus‘ am Beispiel der Epistel 7,24
3.5 Zur vorbildlichen Verbindung innerer und äußerer Werte römischer ‚mariti‘
3.5.1 Plin. epist. 6,32
3.5.2 Plin. epist. 7,11
3.5.3 Plin. epist. 2,20
3.6 Der Ehemann der Gallitta – das Negativbeispiel eines römischen ‚maritus‘ am Beispiel der Epistel 6,31
3.7 Zwischensicherung: Das facettenreiche Spektrum römischer ‚mariti‘ im plinianischen Briefcorpus
3.8 Das plinianische Idealbild eines ‚maritus vere Romanus‘ anhand der Epistel 1,14
3.8.1 Epistel 1,14 – Einordnung in das plinianische Briefcorpus
3.8.2 Minicius Acilianus als ‚exemplum‘ eines römischen ‚maritus‘ – Plinius als Förderer und Mentor junger Aristokraten
3.8.3 Die zentrale Bedeutung des Sozialprofils eines ‚maritus vere Romanus‘
3.8.4 Die innere und äußere ‚pulchritudo‘ eines römischen ‚maritus‘
3.8.5 Das plinianische Idealbild eines ‚maritus vere Romanus‘ anhand der Epistel 1,14 – ein Anforderungsprofil
3.9 Das plinianische Idealbild eines ‚maritus vere Romanus‘ in Epistel 1,14 und die motivische Verwandtschaft zur Porträtdarstellung des Euphrates in Epistel 1,10
3.10 Das Idealbild eines ‚maritus vere Romanus‘ im plinianischen Briefcorpus – eine Conclusio mitAusblick
4 Plinius als ‚maritus‘ im Spiegel seiner Ehebriefe
4.1 Plinius als ‚maritus‘ in seinen Briefen über Calpurnia
4.1.1 Philologisch-motivanalytische Interpretation Plin. epist. 4,19: Plinius würdigt seine Ehefrau – und sich selbst
4.1.1.1 Prolegomenon
4.1.1.2 Gedanklicher Aufbau
4.1.1.3 Datierung und Einordnung in das Gesamtwerk
4.1.1.4 Philologisch-motivanalytische Interpretation
4.1.1.5 Conclusio
4.1.2 Philologisch-motivanalytische Interpretation Plin. epist. 8,10: Die Fehlgeburt Calpurnias: Plinius informiert die Familie – Teil I
4.1.2.1 Prolegomenon
4.1.2.2 Gedanklicher Aufbau
4.1.2.3 Datierung und Einordnung in das Gesamtwerk
4.1.2.4 Philologisch-motivanalytische Interpretation
4.1.2.5 Conclusio
4.1.3 Philologisch-motivanalytische Interpretation Plin. epist. 8,11: Die Fehlgeburt Calpurnias: Plinius informiert die Familie – Teil II
4.1.3.1 Prolegomenon
4.1.3.2 Gedanklicher Aufbau
4.1.3.3 Datierung und Einordnung in das Gesamtwerk
4.1.3.4 Philologisch-motivanalytische Interpretation
4.1.3.5 Conclusio
4.2 Plinius als ‚maritus‘ in seinen Briefen an Calpurnia
4.2.1 Philologisch-motivanalytische Interpretation Plin. epist. 6,4: Die Ehebriefe an Calpurnia als Prosa-Elegien: Plinius inszeniert sich als leidenschaftlichen ‚maritus‘ – Teil I
4.2.1.1 Prolegomenon
4.2.1.2 GedanklicherAufbau
4.2.1.3 Datierung und Einordnung in das Gesamtwerk
4.2.1.4 Philologisch-motivanalytische Interpretation
4.2.1.5 Conclusio
4.2.2 Philologisch-motivanalytische Interpretation Plin. epist. 6,7: Die Ehebriefe an Calpurnia als Prosa-Elegien: Plinius inszeniert sich als leidenschaftlichen ‚maritus‘ – Teil II
4.2.2.1 Prolegomenon
4.2.2.2 Gedanklicher Aufbau
4.2.2.3 Datierung und Einordnung in das Gesamtwerk
4.2.2.4 Philologisch-motivanalytische Interpretation
4.2.2.5 Conclusio
4.2.3 Philologisch-motivanalytische Interpretation Plin. epist. 7,5: Die Ehebriefe an Calpurnia als Prosa-Elegien: Plinius inszeniert sich als leidenschaftlichen ‚maritus‘ – Teil III
4.2.3.1 Prolegomenon
4.2.3.2 Gedanklicher Aufbau
4.2.3.3 Datierung und Einordnung in das Gesamtwerk
4.2.3.4 Philologisch-motivanalytische Interpretation
4.2.3.5 Conclusio
5 Gesamtfazit und Einordnung der Studienergebnisse in die Forschung
6 Abkürzungsverzeichnis
7 Literaturverzeichnis
8 Indices: Personen-, Sach-, Orts- und Quellenregister
9 Appendices: Stammbäume der Familien des Plinius, der Calpurnia und der Arria
Rückumschlag

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hans-joachim häger

Plinius über die Ehe und den idealen Ehemann Zur literarischen Inszenierung von Männlichkeiten und Emotionen in Ehe und Familie der römischen Kaiserzeit

Universitätsverlag

win t e r

Heidelberg

kalliope Studien zur griechischen und lateinischen Poesie Band 18

hans-joachim häger

Plinius über die Ehe und den idealen Ehemann Zur literarischen Inszenierung von Männlichkeiten und Emotionen in Ehe und Familie der römischen Kaiserzeit

Universitätsverlag

winter

Heidelberg

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Dissertation, Ludwig-Maximilians-Universität München: Fakultät für Sprach- und Literaturwissenschaften, 2019

umschlagbild Sarcophagus, marriage/wedding, classical deity, death © British Museum London, Object reference number 1805,0703.143

isbn 978-3-8253-4674-4 Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. © 2019 Universitätsverlag Winter GmbH Heidelberg Imprimé en Allemagne · Printed in Germany Druck: Memminger MedienCentrum, 87700 Memmingen Gedruckt auf umweltfreundlichem, chlorfrei gebleichtem und alterungsbeständigem Papier. Den Verlag erreichen Sie im Internet unter: www.winter-verlag.de

Allen Menschen gewidmet, die an mich geglaubt haben, insbesondere meinen Eltern und meinem Helden

Die vorliegende Abhandlung ist die modifizierte Version der InauguralDissertation, die zur Erlangung des Doktorgrades der Philosophie der Fakultät für Sprach- und Literaturwissenschaften an der Ludwig-Maximilians-Universität in München im Wintersemester 2018/2019 eingereicht worden ist. Ich möchte meinem verehrten Doktorvater, Prof. Dr. Markus Janka (LMU München), danken, der mir großes Vertrauen entgegengebracht, mir wichtige fachliche Impulse gegeben und mich in nachhaltiger Weise gefördert hat. In seinem Team zu arbeiten, ist ein Privileg. Die Jahre an der LMU haben mich in jeder Hinsicht geprägt und werden mir auf immer im Gedächtnis bleiben. Es ist mir eine besondere Ehre, an dieser traditionsreichen Universität meine Doktoratsprüfung abgelegt zu haben. Ebenso zu danken habe ich meinem lieben und hochgeschätzten Göttinger Kollegen Prof. Dr. Peter Kuhlmann, mit dem mich nicht nur die Liebe zum jüngeren Plinius, sondern auch ein herzliches, mentoral-freundschaftliches Verhältnis verbindet. Sowohl seine fachkundigen Impulse (u. a. im Zuge des Korreferats) als auch seine menschlich angenehme Begleitung waren von unschätzbarem Wert. Ebenfalls zu danken habe ich meiner Münchner Kollegin PD Dr. Bianca-Jeanette Schröder, deren Sachlichkeit und Fachkompetenz ich sehr schätze und die mir ebenfalls wichtige Impulse bei der Erstellung der vorliegenden Studie gegeben hat. Nicht vergessen werden darf in diesem Kontext das Münchner Team des Lehrstuhls für Klassische Philologie und Fachdidaktik der Alten Sprachen. In den stets ergiebigen Doktorandenkolloquien habe ich entscheidende Denkanstöße erhalten; hier bin ich vor allem Dr. Rüdiger Bernek, Patrick König, Volker Müller, Berkan Sariaydin und den von mir besonders geschätzten Raimund Fichtel und Jan Michael König zu großem Dank verpflichtet. Ebenso danke ich den Sekretärinnen Andrea Tietz und Marietta Kremastioti, die mir in ihrer verlässlichen und zugewandten Art in bürokratischen und formellen Angelegenheiten wichtige Begleiterinnen waren. Auch jenseits meines für mich so wichtigen Münchner Lehrstuhlteams wurde ich wissenschaftlich in beeindruckender Weise unterstützt: Dr. Judith Hindermann (Universität Basel), Prof. Dr. Uwe Walter (Universität Bielefeld), Dr. Christopher L. Whitton (University of Cambridge) und nicht zuletzt Prof. Dr. Thorsten Fögen (Durham University) haben aufgrund ihrer herausragenden fachlichen Expertise entscheidenden Anteil

an dem Gelingen meines Werkes. Ich bin ihnen zutiefst verbunden. Ebenso zu danken habe ich meinem verehrten Münsteraner Lehrer Prof. Dr. Christian Gnilka, der mich wissenschaftlich entscheidend geprägt hat. Ähnliches gilt für Prof. Dr. Rainer Henke (ebenfalls WWU Münster), der mit mir zusammen die Idee für die vorliegende Studie entwickelt hat. Dafür werde ich ihm immer dankbar sein. Von Herzen dankbar bin ich auch meinen beiden Lateinlehrern aus Herforder Gymnasialzeiten, StD Dr. Wolfram Keber und OStR Wolfgang Streffing. Beide sind aufgrund ihres inspirierenden Unterrichts entscheidend dafür verantwortlich, dass ich Klassische Philologie studiert habe. Ein kaum in Worte zu fassender Dank gilt meinem privaten Umfeld, das mich in den letzten, mitunter höchst anstrengenden Jahren getragen hat. Ohne meine Familie, die immer an mich geglaubt hat, hätte ich dieses Opus nicht vollenden können. Ich danke meinem unvergessenen Vater, Heinz Häger, und meiner Mutter, Ursel Häger, für ihre so tatkräftige und aufopferungsvolle Unterstützung in all den Jahren. Ebenso danke ich meinen Freunden, die treu und bedingungslos an meiner Seite standen. Stellvertretend möchte ich nennen: Judith Beckebans, Dr. Kirsten Bente, Dr. Andrea Cirkel, Ellen Frenz, Familie Heemeyer, Ute Hilbig, Luis Hitzemann, Christine Kaum, Cordula Küppers, Sylvia Meise-Amthauer, Leon Mertens, Jonathan Moor, Dr. Jochen Sauer, Justus Schäferbarthold, Nico Stanesby, Roland Toman, Dr. Tom van de Loo, Anita Wulf und Familie Wutzke. Ich werde nie vergessen, dass sie auch dann für mich da waren, als es mir nicht gutging. Herausheben möchte ich Roman Eisner und Michael von Sehlen. Beiden bin ich nicht nur für ihre für mich so wichtige Freundschaft, sondern auch für ihr hochkompetentes Lektorat dankbar. Besondere Anerkennung gebührt meinem treuen Freund David. Er ist ein Mensch, der immer das Positive sieht. Ohne seine Energie und Motivation hätte ich dieses Werk niemals vollenden können. Danke für das WIR! Einen besonderen Dank möchte ich an Herrn Dr. Andreas Barth, den leitenden Direktor des renommierten Universitätsverlages Winter in Heidelberg, richten. Es ist eine große Ehre, dass meine Dissertation in die Reihe „Kalliope“ Aufnahme gefunden hat. In diesem Kontext danke ich auch Frau Kathrin Sternberger und Herrn Ralf Stemper für die konstruktive, kompetente Zusammenarbeit im Zuge der Buchpublikation.

Inhaltsverzeichnis

9

________________________________________________

Inhaltsverzeichnis 1 Prolegomenon: Einordnung des Themas in die Pliniusforschung – zum Forschungsstand

17

2 Der Mann als maritus im römischen Ehe- und Familienleben

47

2.1

Der römische Mann als Gegenstand der Forschung

47

2.2

Der pater familias – die personifizierte Männlichkeit in der römischen Antike

49

2.3

Zum Auftreten des römischen Mannes innerhalb und außerhalb seiner domus

53

2.4

Der Mann als maritus – zur Ehe in der römischen Antike

63

2.4.1

Prolegomenon: Begriffsbestimmungen und rechtliche Grundlagen

63

2.4.2

Sexualität innerhalb und außerhalb der Ehe

67

2.4.3

Die Norm männlicher Verhaltensweisen in der Ehe

69

2.4.4

Die Ehe im Übergang von der libera res publica zur Kaiserzeit 74

2.4.5

Der Einfluss der Stoa auf die eheliche Moral in der römischen Kaiserzeit

79

10

Inhaltsverzeichnis

________________________________________________ 2.5

Conclusio: Wann ist der Mann ein Mann? – der römische maritus im Spannungsverhältnis zwischen Wahrung von continentia und Äußerungen von Gefühlen und Emotionen

3 Das Idealbild eines maritus vere Romanus in den Briefen des Plinius

89 91

3.1

Prolegomenon: Zum Terminus maritus im plinianischen Briefcorpus

91

3.2

Wohlwollende Bilder römischer mariti im plinianischen Briefcorpus

93

3.2.1

Plin. epist. 8,23

93

3.2.2

Plin. epist. 4,21

96

3.2.3

Plin. epist. 9,13

99

3.3

Hinter jedem starken Mann steht eine starke Frau – Plinius’ Würdigung heldenhafter (Ehe-)Frauen

101

3.3.1

Plin. epist. 7,19

101

3.3.2

Plin. epist. 3,16

104

3.3.3

Plin. epist. 6,24

108

3.3.4

Plin. epist. 8,5

111

3.4

Die Freude des Plinius über die trotz schwieriger familiärer Rahmenbedingungen erfolgreiche Entwicklung des Gaius Ummidius Quadratus zu einem vorbildlichen maritus am Beispiel der Epistel 7,24 115

3.5

Zur vorbildlichen Verbindung innerer und äußerer Werte römischer mariti

121

Inhaltsverzeichnis

11

________________________________________________ 3.5.1

Plin. epist. 6,32

121

3.5.2

Plin. epist. 7,11

122

3.5.3

Plin. epist. 2,20

124

3.6

Der Ehemann der Gallitta – das Negativbeispiel eines römischen maritus am Beispiel der Epistel 6,31

129

3.7

Zwischensicherung: Das facettenreiche Spektrum römischer mariti im plinianischen Briefcorpus

133

Das plinianische Idealbild eines maritus vere Romanus anhand der Epistel 1,14

145

3.8

3.9

3.8.1

Epistel 1,14 – Einordnung in das plinianische Briefcorpus

145

3.8.2

Minicius Acilianus als exemplum eines römischen maritus – Plinius als Förderer und Mentor junger Aristokraten

150

3.8.3

Die zentrale Bedeutung des Sozialprofils eines maritus vere Romanus

155

3.8.4

Die innere und äußere pulchritudo eines römischen maritus

161

3.8.5

Das plinianische Idealbild eines maritus vere Romanus anhand der Epistel 1,14 – ein Anforderungsprofil

165

Das plinianische Idealbild eines maritus vere Romanus in Epistel 1,14 und die motivische Verwandtschaft zur Porträtdarstellung des Euphrates in Epistel 1,10

171

12

Inhaltsverzeichnis

________________________________________________ 3.10

Das Idealbild eines maritus vere Romanus im plinianischen Briefcorpus – eine Conclusio mit Ausblick 177

4 Plinius als maritus im Spiegel seiner Ehebriefe 4.1

Plinius als maritus in seinen Briefen über Calpurnia 4.1.1

183 183

Philologisch-motivanalytische Interpretation Plin. epist. 4,19: Plinius würdigt seine Ehefrau – und sich selbst 185 4.1.1.1 Prolegomenon

185

4.1.1.2 Gedanklicher Aufbau

186

4.1.1.3 Datierung und Einordnung in das Gesamtwerk 188

4.1.2

4.1.1.4 Philologisch-motivanalytische Interpretation

195

4.1.1.5 Conclusio

242

Philologisch-motivanalytische Interpretation Plin. epist. 8,10: Die Fehlgeburt Calpurnias: Plinius informiert die Familie – Teil I

261

4.1.2.1 Prolegomenon

261

4.1.2.2 Gedanklicher Aufbau

262

Inhaltsverzeichnis

13

________________________________________________ 4.1.2.3 Datierung und Einordnung in das Gesamtwerk 264

4.1.3

4.1.2.4 Philologisch-motivanalytische Interpretation

266

4.1.2.5 Conclusio

281

Philologisch-motivanalytische Interpretation Plin. epist. 8,11: Die Fehlgeburt Calpurnias: Plinius informiert die Familie – Teil II

287

4.1.3.1 Prolegomenon

287

4.1.3.2 Gedanklicher Aufbau

288

4.1.3.3 Datierung und Einordnung in das Gesamtwerk 289

4.2

4.1.3.4 Philologisch-motivanalytische Interpretation

291

4.1.3.5 Conclusio

308

Plinius als maritus in seinen Briefen an Calpurnia 4.2.1

311

Philologisch-motivanalytische Interpretation Plin. epist. 6,4: Die Ehebriefe an Calpurnia als Prosa-Elegien: Plinius inszeniert sich als leidenschaftlichen maritus – Teil I 311

14

Inhaltsverzeichnis

________________________________________________ 4.2.1.1 Prolegomenon

311

4.2.1.2 Gedanklicher Aufbau

313

4.2.1.3 Datierung und Einordnung in das Gesamtwerk 319

4.2.2

4.2.1.4 Philologisch-motivanalytische Interpretation

321

4.2.1.5 Conclusio

350

Philologisch-motivanalytische Interpretation Plin. epist. 6,7: Die Ehebriefe an Calpurnia als Prosa-Elegien: Plinius inszeniert sich als leidenschaftlichen maritus – Teil II 355 4.2.2.1 Prolegomenon

355

4.2.2.2 Gedanklicher Aufbau

356

4.2.2.3 Datierung und Einordnung in das Gesamtwerk 359 4.2.2.4 Philologisch-motivanalytische Interpretation

360

4.2.2.5 Conclusio

383

Inhaltsverzeichnis

15

________________________________________________ 4.2.3

Philologisch-motivanalytische Interpretation Plin. epist. 7,5: Die Ehebriefe an Calpurnia als Prosa-Elegien: Plinius inszeniert sich als leidenschaftlichen maritus – Teil III 389 4.2.3.1 Prolegomenon

389

4.2.3.2 Gedanklicher Aufbau

391

4.2.3.3 Datierung und Einordnung in das Gesamtwerk 394 4.2.3.4 Philologisch-motivanalytische Interpretation

397

4.2.3.5 Conclusio

416

5 Gesamtfazit und Einordnung der Studienergebnisse in die Forschung

423

6 Abkürzungsverzeichnis

441

7 Literaturverzeichnis

443

8 Indices: Personen-, Sach-, Orts- und Quellenregister

501

9 Appendices: Stammbäume der Familien des Plinius, der Calpurnia und der Arria

577

1

Prolegomenon: Einordnung des Themas in die Pliniusforschung – zum Forschungsstand

Die Forschungsgeschichte zum Leben und Werk des jüngeren Plinius1 verläuft bis in die Gegenwart vielschichtig und kontrovers, wobei sie zwischen der Würdigung seiner literarischen Leistung und harter Kritik an seiner Person oszilliert. Im letzten Jahrhundert war das Bild des Plinius in der Philologie überwiegend pejorativ gefärbt, sodass sich das Forschungsinteresse an den plinianischen Werken in Grenzen hielt. Exemplarisch sei verwiesen auf Norden (1915: 318. 321f.), der Plinius zwar als charakteristischen Repräsentanten der ersten Kaiserzeit bezeichnet, mit Blick auf Tacitus jedoch Folgendes zu bedenken gibt: Wie muß dem ernsten Mann [scil.: Tacitus] mit dem weiten Blick und der magischen Fähigkeit, in die Seelen der Menschen zu schauen, ihm, der uns von sich, auch wo er es konnte, fast nichts erzählt, dieser tändelnde, kurzsichtige, von nichts lieber als von seiner eigenen Wenigkeit und ihrer einstigen Ewigkeit redende Durchschnittsmensch [scil.: Plinius] vorgekommen sein?2

1

2

Im Folgenden wird der jüngere Plinius zum Zwecke eines ungetrübten Leseflusses zumeist mit der Kurzform (Plinius) ausgewiesen. Ferner sei darauf aufmerksam gemacht, dass in den Briefanalysen mitunter auch dann von Plinius gesprochen wird, wenn er der Leserschaft in seinem Brief-Ich begegnet. Dennoch wird angestrebt, an entscheidenden Stellen der philologisch-motivanalytischen Interpretationen (bes. in den elegisch durchwirkten Ehebriefen 4,19; 6,4; 6,7; 7,5) eine trennscharfe Unterscheidung zwischen realem Autor und Brief-Ich vorzunehmen, um die literarische Technik in der plinianischen Personendarstellung unter Berücksichtigung der Selbstporträtierung sichtbar werden zu lassen. Vgl. ähnlich hart im Urteil Wilamowitz-Moellendorff (1925: 342).

18

Kap. 1 Prolegomenon: Forschungsstand

________________________________________________ Deutlich kritischer als Norden argumentiert Offermann (1975: 137), der Plinius vor allem Eitelkeit und einen unbändigen Drang nach Selbstbestätigung unterstellt; zumeist gerate das Lob anderer indirekt zum Selbstlob: „Geschickt die Wirkung berechnend legt er dem Leser die Schlußfolgerung nahe, die er selbst mit offenen Worten nicht zieht.“ (ibid.)3 Laut Ludolph (1996: 41. 62–71) nutzt Plinius seine Briefsammlung primär als Medium, um dem Streben nach literarischer immortalitas nachzukommen.4 Gewiss hatte Krasser (1993a: 62) vor allem die Aussagen Nordens und Offermanns vor Augen, als er feststellte: „Dass sich der Platz des jüngeren Plinius im Abteil der zweiten Klasse der römischen Literaturgeschichte befindet, ist allgemeines Urteil.“ Ergänzend sei erwähnt, dass Krasser mit dem obigen Zitat gängige Forschungsmeinungen bündelt, aber den jüngeren Plinius durchaus als „souveränen Kenner der gesellschaftlichen Codes“ in der Kaiserzeit zu schätzen weiß.5 Mittlerweile können die Beurteilungen Nordens und Offermanns als überholt gelten, da das Bild des Plinius in der jüngeren Forschung eine deutliche Aufwertung erfahren hat; exemplarisch sei auf von Albrecht II (2012: 973f.) verwiesen, nach dessen Einschätzung Plinius über eine brillante Erzähltechnik verfüge, glaubwürdige, einprägsame literarische Por3 4

5

Zur Reaktion auf Offermann, der die Härte seiner Kritik in späteren Jahren (1993) ein wenig abmilderte, vgl. Ludolph (1996: 11–19, bes. 13f. 19). Vgl. darüber hinaus die kritischen Bemerkungen in der Forschung, die Plinius häufig als eitel, pedantisch und selbstzufrieden bezeichnen: Radice (1962). Sherwin-White (1969a: 81). Offermann (1975: 125–136). Ludolph (1997: 13. 36. 56. 91). Auhagen (2003). Gibson (2003). Gauly (2008); die zahlreichen kritischen Bewertungen fasst Page (2015: 41 mit dortiger Anm. 150) zusammen: „Ohne es explizit zu formulieren, entsteht doch der Eindruck, Plinius’ Selbstdarstellung sei manipulativ, falsch und unehrlich.“ Zu ebensolchen pejorativen Werturteilen vgl. Haltenhoff (2011b: 174 mit dortiger Anm. 26): „Es überrascht immer wieder, welche Überlegenheit des moralischen Urteils moderne Gelehrte – die auch nur Menschen sind – sich gegenüber Persönlichkeiten des Altertums zumessen.“ Ähnlich argumentiert Lefèvre (2009: 13–21, bes. 14–16). Vgl. dazu Krasser (2000: 1143). Vgl. ähnlich Haltenhoff (2011b: 167f.), der auf die große Zahl von Männern und Frauen verweist, die im plinianischen Briefcorpus Erwähnung finden und ebenso wie Plinius selbst das soziale und kulturelle Leben der frühen Kaiserzeit repräsentieren: „Auch sie sind fast alle ‚Durchschnitt‘, zum guten Teil aber immerhin Durchschnitt einer gesellschaftlichen Elite.“ (ibid.)

Kap. 1 Prolegomenon: Forschungsstand

19

________________________________________________ träts seiner Zeitgenossen liefere und in seiner nahezu epigrammatischen Prägnanz an Martial erinnere. Überhaupt habe Plinius entscheidenden Anteil daran, dass die römische Literatur zu einem harmonischen und gefestigten literarischen Selbstbewusstsein gelangt sei. Nicht zuletzt deshalb seien seine Episteln weit mehr als nur ein idealisiertes Selbstporträt.6 In diesem Kontext weist Fögen (2017: 22 mit dortiger Anm. 2) den gegenüber Plinius vielfach geäußerten Vorwurf der Mittelmäßigkeit zurück: Aber was ist der Wert solcher Geschmacksurteile, die außer acht lassen, daß bereits der Texttypus des Briefes als solcher nach antikem (und ebenso nach modernem) Verständnis ohnehin nicht darauf angelegt ist, Vertreter dieser Gattung in der ‚ersten Reihe‘ stehen zu lassen?7

Wenngleich die Pliniusforschung – insbesondere nach Veröffentlichung der Dissertation von Ludolph (1997) – in ihren verschiedenen Zugriffen kaum überschaubar anmutet, so lassen sich dennoch zwei Bereiche nennen, denen sie sich in besonderer Weise verschrieben hat. Dies ist zum einen die mehr formale Frage nach dem literarischen Charakter der Pliniusbriefe der ersten neun Bücher, zum anderen sind es Versuche, sowohl die Person als auch die geistige Welt des Autors hinter den brieflichen Äußerungen zu erfassen.8 Einig ist sich die moderne Forschung darin, dass Plinius in seinen ersten neun Epistelbüchern (das zehnte nimmt eine Sonderstellung ein 9) ein wohldurchdachtes und sorgfältig stilisiertes Bild seiner selbst entwirft, indem er als Herausgeber seiner eigenen Briefe selbst bestimmt, wie er sich der Mit- und Nachwelt präsentiert. Dabei nutzt er verschiedene Strategien 6

7 8 9

Vgl. auch Haltenhoff (2011b: 184–186). Zur allgemeinen Wirkungsgeschichte der Pliniusbriefe vgl. Römer (1991: 13f.). Vgl. auch (u. a. zur Überlieferungsgeschichte) von Albrecht II (2012: 975–977). Whitton (2013a: 34–37). Page (2015: 38–45); einen Überblick über die Leitlinien der Pliniusforschung gibt Häger (2015: 559–596, bes. 562–571). Vgl. dazu auch Bodel (2015: 104). Die tendenzielle Zweiteilung der Pliniusforschung konstatieren auch Marchesi (2008: 1–4) und Whitton (2013a: 9 mit dortiger Anm. 52). Zur Sonderstellung des zehnten Buches der plinianischen Briefsammlung vgl. Philips (1986: 13). Krasser (1997: 556). Williams (2007); kaum haltbar hingegen erscheint – allein schon aus kompositorischen und sprachlich-stilistischen Gründen – die in der jüngeren Pliniusforschung von Gibson – Morello (2012: 251) propagierte Integration des zehnten Buches.

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Kap. 1 Prolegomenon: Forschungsstand

________________________________________________ der positiven Darstellung seiner Person, um nicht dem Vorwurf des übermäßigen Selbstlobes ausgesetzt zu werden. In diesem Kontext resümiert Lefèvre (2009: 15): „Wenn ein Autor Briefe, die er an Zeitgenossen schreibt, selbst herausgibt, liegt es auf der Hand, daß er ein bestimmtes Bild – der Stärke wie, seltener, der Schwäche – von sich vermitteln will.“ Ähnliches gelte für die Briefwerke Ciceros und Senecas.10 Keinesfalls ist bei der Lektüre plinianischer Epistulae von einer Sammlung unveränderter, beliebig zusammengestellter Briefe auszugehen, wie Plinius in seinem Eingangsbrief 1,1 behauptet, sondern von einem sorgfältig durchkomponierten Werk, in dem verschiedene Themen variiert und die einzelnen Briefe, ähnlich einer Gedichtsammlung, in einer bestimmten Ordnung dargeboten werden.11 Überhaupt hat die von Ludolph (1997) angestoßene literaturwissenschaftliche Neubestimmung der Pliniusbriefe den Blick vom Einzelbrief auf das Corpus als literarisches Ganzes gerichtet und dadurch eine Vielzahl neuer Perspektiven eröffnet. In der Nachfolge Ludolphs zeigt Marchesi (2008: 1–12. 243–251) anhand mehrerer Beispiele, dass der Anlage der Briefe, die auf den ersten Blick entweder beliebig oder variierend erscheinen, übergreifende Prinzipien zugrunde liegen, die aus der Vielzahl der Einzelbriefe ein hochkomplexes literarisches Ganzes formen.12 So gibt es laut Marchesi bei Plinius beispielsweise Briefe, die durch Adressat, Thema oder Zitate aufeinander bezogen sind.13 Marchesi kommt letztlich zu dem Ergebnis, 10

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Vgl. auch Weische (1989: 381). Henderson (2002). Edwards (2007: 279–282). Zu Studien über die plinianische Selbstporträtierung in der jüngeren Forschung vgl. Ludolph (1997). Hoffer (1999). Méthy (2007). Marchesi (2008). Lefèvre (2009). Gibson – Morello (2012); vgl. auch folgende Sammelbände: Castagna – Lefèvre (2003). Gibson – Morello (2003). Devillers (2015). Marchesi (2015). Zu einem Forschungsüberblick bzgl. des Anordnungsprinzips der plinianischen Briefsammlung vgl. Ludolph (1997: 11–19. 96f.). Vgl. in der jüngeren Forschung auch Beutel (2000: 129–137). Zelzer – Zelzer (2002). Henderson (2003). Carlon (2009: 215). Gibson – Morello (2012: 234–264). Whitton (2013a: 11–20). Marchesi (2015). Zur varietas im plinianischen Briefcorpus vgl. in der Forschung Goetzl (1952). Gamberini (1983: 136–143. 333–337). Wolff (2003: 41–45). Gibson – Morello (2012: 244–248). Fitzgerald (2016: 84–100). Fögen (2017: bes. 21–23. 54–56). Zu den unterschiedlichen Brieftypen in der plinianischen Sammlung vgl. auch Sherwin-White (1968: 42– 50). Cugusi (1983: 219–222). Gamberini (1983: 136–143. 333–337). Vgl. dazu Marchesi (2008: XI). Exemplarisch zu nennen seien hier Plin. epist. 2,11 und 2,12 über den Prozess

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________________________________________________ dass die plinianische Briefsammlung in ihrer kompositorischen Eigenart weniger den naheliegenden prosaischen Vorbildern Cicero oder Seneca folge, sondern sich mehr an Gedichtsammlungen der augusteischen und voraugusteischen Zeit orientiere und hauptsächlich Bezug nehme auf Dichter wie Catull, Horaz, Vergil und Ovid.14 In Anlehnung an Ludolph und Marchesi mahnt Whitton in seinen im Jahre 2013 erschienenen Beiträgen, das plinianische Briefcorpus als Gesamtkunstwerk zu betrachten, um dadurch auffällige intertextuelle Bezüge zu ermitteln und diese für neue Lesarten fruchtbar zu machen.15 Ferner gelang es Whitton (2013a: 17–20, bes. 18f.), die engen Verbindungslinien zwischen dem ersten und zweiten Buch aufzuzeigen. Daraus resultiert die Conclusio: „Certainly Epistles 2 invites a reading not just as a single book but also as the second half of a diptych.“ (Whitton 2013a: 18)16 Ferner weist die jüngere Forschung nach, dass Plinius mit der Publikation seines Briefwechsels ganz bewusst ein Bild der römischen Oberschicht seiner Zeit zeichnen wollte, dessen facettenreiches Mosaik zu-

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gegen Marius Priscus; Plin. epist. 6,16 und 6,20 an Tacitus über den Ausbruch des Vesuvs; Plin. epist. 9,36 und 9,40 über Plinius’ Tagesroutine zu verschiedenen Jahreszeiten; zu weiteren Beispielen vgl. Marchesi (2008: 25). Zum Einfluss der Dichtung Catulls auf Plinius vgl. Gunderson (1997). Riggsby (1998). Roller (1998). Marchesi (2008: bes. 7. 71–78); zu Vergilzitaten im plinianischen Briefcorpus vgl. Krasser (1993b). Zum Verhältnis des jüngeren Plinius zu Dichtern seiner Zeit vgl. Janka (2015: 600–602). Forschungsbeiträge zum Themenkomplex „Plinius und die Dichtung“ bieten Guillemin (1929: 117–127). Prété (1948: 14–31). Cova (1966: 48–59. 72–94). Cugusi (1974: 3–27). Gamberini (1983: 82–121). Hershkowitz (1995). Auhagen (2003). Marchesi (2008: 53–96). Hindermann (2010: 46 mit dortiger Anm. 10). Tzounakas (2012). Edmunds (2015). Janka (2015). Schwerdtner (2015: 259f.). Vgl. dazu auch Gibson – Morello (2003). Edwards (2007: 280). Gibson – Morello (2012). Gibson (2015). Eine Zusammenfassung zu den wesentlichen Charakteristika des plinianischen Briefcorpus bietet Haltenhoff (2011b: 172f.). Zu den plinianischen Reflexionen zum römischen Literaturbetrieb unter bes. Berücksichtigung der Buchkomposition und -publikation vgl. Höschele (2010: 46–52). Zum Verhältnis zwischen dem jüngeren Plinius und anderen Schriftstellern vgl. exemplarisch in chronologischer Abfolge: Guillemin (1929). Lefèvre (1989). Weische (1989). Lausberg (1991). Krasser (1993a und 1993b). Lefèvre (1996). Ludolph (1997). Griffin (2000). Pausch (2004: 1–146). Hindermann (2010: 46 mit dortiger Anm. 10). Gibson – Morello (2012: 74–103). Whitton (2012). Edmunds (2015). Janka (2015). Schwerdtner (2015).

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________________________________________________ gleich einen geeigneten Rahmen zur Porträtierung der eigenen Person bot: „Plinius’ Briefe sind keine beiläufig verfassten Werkchen von mäßiger Relevanz, vielmehr beeindruckende Zeugnisse des geistigen Horizonts der Senatsaristokratie an der Wende vom ersten zum zweiten Jahrhundert.“ (Lefèvre 2009: 13)17 In der jüngeren Forschung ist es insbesondere Page (2015: 249f.), der Plinius vor allzu harscher Kritik in Schutz nimmt und ihm ehrliches Interesse an seiner Mitwelt attestiert, wobei dies exemplarisch an dem im Briefcorpus allgegenwärtigen Diskurs über das Sozialprofil des idealen Senators festzumachen sei.18 Ferner ist es opinio communis in der Forschung, dass Plinius sich die flexible Natur der antiken Epistolographie zunutze macht, indem er verschiedene etablierte literarische Gattungen und Texttypen in die von ihm gewählte Briefform umgießt und sie als Textgattungen en miniature präsentiert;19 vgl. dazu auch Hindermann (2010: 46): „Er präsentiert sich als Glied einer langen Kette von Schriftstellern, indem er seine eigenen Vorbilder preist und sich selbst als exemplum für jüngere Schriftsteller darstellt.“ Auf diese Weise konnte Plinius seinem Bedürfnis nach literarischer immortalitas Rechnung tragen – nicht zuletzt dadurch, dass er selbst als handelnde Person in einem literarischen Werk auftrat. Haltenhoff (2011b: 180f. mit dortigen Anm. 49–51) resümiert, dass die Aussicht auf immortalitas, die ein antiker Au17

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Vgl. dazu auch Pausch (2004: 52f.). Bauer (2011: 30). Von Albrecht I (2012: 412); vgl. auch Trisoglio (1972: 97), der von einem „mosaico pieno di vita“ spricht. Zur Weiterentwicklung dieses Bildes vgl. Henderson (2003). Marchesi (2008). Whitton (2013c: 43). Im Verständnis des Terminus „Diskurs“ lehnt sich die vorliegende Studie an die von Foucault inspirierte Theorie Späths (2000: 117–119) an, wonach mit diesem Begriff nicht nur sprachliche Äußerungen bezeichnet werden. Diskurse seien vielmehr die Regeln, die den Rahmen und die Inhalte des Denkens und Handelns in einer bestimmten historischen Situation umschreiben. Vgl. dazu auch das für Plinius charakteristische Understatement in Epistel 9,29,1: Quod intuens ego variis me studiorum generibus nulli satis confisus experior. Vgl. dazu Fögen (2017: 54f. mit dortiger Anm. 79). Einige Pliniusbriefe erinnern an die Geschichtsschreibung (vgl. dazu Traub 1955; Schönberger 1990: bes. 530–534; Ash 2003 und Augoustakis 2005), an die Biographie (vgl. dazu Pausch 2004: bes. 51–146; Fögen 2015), an Nachrufe (vgl. dazu Klodt 2012; Fögen 2015), an Tragödien (vgl. dazu Fögen 2015: 33–35), an Liebeselegien (vgl. dazu Guillemin 1929: 138–141; Ramírez De Verger 1997/98; Hindermann 2010; Gibson – Morello 2012: 99–101; Baeza-Angulo [2015a/b; 2016; 2017]) und an Epigramme (vgl. dazu Guillemin 1929: 150; Wolff 2003: 85f. 89; Fögen 2017: 23–31).

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________________________________________________ tor für sich und sein Werk – gerade als Ausweis von dessen Qualität – geltend mache, einem literarischen Topos entspreche. Dieser sei von seinen Zeitgenossen auch als solcher erkannt worden. Es sei Plinius in erster Linie darauf angekommen, seinen biologischen Tod zu überleben (mit Verweis auf Plin. epist. 3,7,13f.). Darüber hinaus habe er – ebenso wie viele andere Literaten – sein Werk an den Erwartungen und der Kritik seiner Zeitgenossen ausgerichtet. Von daher werde verständlich, dass Plinius in seiner Epistel 9,3 denjenigen für den glücklichsten Menschen erachte, der seinen guten und beständigen Ruf schon im Voraus genieße, sich des Beifalls der Nachwelt sicher sei und sich in seinem zukünftigen Ruhm schon zu Lebzeiten sonne. Hier wird also das Nachleben gleichsam als Verlängerung der gegenwärtigen Rezeption in die Zukunft verstanden.20 Dies wiederum führte in der Forschung zu einer intensiv geführten Debatte darüber, wie authentisch bzw. wie literarisch die Pliniusbriefe sind.21 Kuhlmann (2014b: 5) bezeichnet die im Medium der Briefe geführte literarische Kommunikation als reales bzw. authentisches Merkmal der kaiserzeitlichen Kultur, wobei vor allem die Pliniusbriefe zur literarischen Kultur maßgeblich beitrügen. Im plinianischen Briefcorpus gebe es fast ausschließlich vorbildliche Menschen (vor allem der aristokratischen Oberschicht), wobei dies mit der Propagierung römischer sowie plinianischer Werte einhergehe: „Insofern sind die Plinius-Briefe im literaturtheoretischen Sinne ‚echte‘ Literatur: Sie konstruieren eine eigene Welt sui generis, die zwar Bezüge zur ‚realen‘, d. h. außertextlichen Welt aufweist,

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Vgl. dazu auch Vogt-Spira (2003: 64), der dieses Verständnis als „überaus geistvolle paradoxe Verschachtelung der Zukunft in die Gegenwart“ betrachtet. Zum plinianischen Streben nach literarischer immortalitas vgl. exemplarisch Pausch (2004: 57–65). Vgl. auch Bütler (1970: 21–27). Trisoglio (1972: 176–180). Riggsby (1998). Hindermann (2009b: 224 mit einigen einschlägigen Textstellen aus dem plinianischen Briefcorpus); Whitton (2013a: 10) betont unter Bezugnahme auf Bütler (1970: 28–40) und auf Méthy (2007: 378– 413) den für Plinius untrennbaren Zusammenhang von otium und seinen studia: „Otium is the prerequisite not just for relaxation but for the studia (literary activities) that are the lifeblood of the Epistles and the route to eternity.“ Vgl. auch Kuhn (2015: 14f.) und Page (2015: 267–272). Vgl. dazu Guillemin (1929: 124–127). Zelzer (1964). Sherwin-White (1968: 11–20). Lilja (1969). Cugusi (1983: 207–229). Shelton (1987: 137 mit dortiger Anm. 48). Lausberg (1991: 90). Fuhrmann (1999a: 337–340). Hoffer (1999: 9). Von Albrecht II (2012: 972f.). Page (2015: 60). Neger (2020).

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________________________________________________ aber prinzipiell für sich existiert.“ (ibid.)22 Ferner verfolge der reale Autor implizite (appellative) Anliegen, die vom Brief-Ich im Text nicht explizit geäußert würden. So scheine das Brief-Ich – ähnlich wie in Senecas Epistulae – einen schlichten Alltagsbrief an eine bestimmte Einzelperson über Themen des Alltags zu schreiben; doch auf einer zweiten Verständnisebene richte der reale Autor sich an seine aristokratische Leserschaft, der bestimmte Werte und Lebensmaximen vermittelt werden sollen.23 Einen neuen Ansatz findet Neger (2020), die – inspiriert durch den französischen Literaturwissenschaftler Serge Doubrovsky (2008) – hinsichtlich der Pliniusbriefe von Autofiktion spricht.24 Der Terminus decke verschiedene „Mischzustände“ zwischen Fiktion und Autobiographie ab. Ferner schließe der Leser einen autobiographischen und fiktionalen Pakt ab und wechsele bei der Lektüre zwischen diesen beiden Pakten. Von daher könne von einer epistolaren Autobiographie gesprochen werden, die jedoch einer modernen Definition von Autobiographie nur teilweise entspreche.25 Die Einzelbriefe können als Segmente gelesen werden, die der Rezipient des Gesamtcorpus zu einer (freilich recht selektiven) autobiographischen Narration zusammenfügen könne.26 22 23

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Vgl. ähnlich Mratschek (2003: 233) und Johnson (2010: 54). Zur Differenzierung zwischen literarischer und historischer Person vgl. bes. Ludolph (1997: 14–19. 30–33. 36–40). Vgl. auch Weische (1989). Beutel (2000: 150–156). Henderson (2003). Pausch (2004: 52). Gauly (2008: 188). Haltenhoff (2011b: 169–173, bes. 171). Köstner (2017: 114–116); zur Erläuterung des grundsätzlichen Problems vgl. Radicke (2003: 23–34, bes. 24f.). Zur Kritik an der Diskussion über die Spaltung zwischen literarischer und historischer Person vgl. Zelzer – Zelzer (2002: 399 mit dortiger Anm. 20). In der Wortwahl deutlich schärfer Lefèvre (2009: 16), der die Unterscheidung zwischen dem historischen und literarischen Plinius für eine banale Erkenntnis hält; dass es sich bei den Epistulae des Plinius um literarische Briefe handele, sei ein θρυλούμενον der Forschung: „Abermals wäre gegen die betonte Unterscheidung nichts einzuwenden, wenn ihre Verfechter sie nicht mit dem Ziel machten, dem Invididuum Plinius ‚zu Leibe zu rücken‘.“ (ibid.) Vgl. in diesem Kontext auch Thraede (1970: 74). Henderson (2003). Köstner (2017: 114); zur generellen Problemfrage des realen Kerns der Darstellungen in literarischen Texten vgl. Potter (1999: bes. 5–78). Zu dem von Doubrovsky (2008) vertretenen Verständnis von Autofiktion vgl. Wagner-Egelhaaf (2013) und Neger (2020). Vgl. dazu auch Syme (1964: 750f.). Trapp (2006). Hartmann (2012: 109f.). Gibson – Morello (2012: 13–19). Fögen (2018: 66). Neger (2020). Vgl. dazu auch Shelton (1987: 121) und Gibson – Morello (2012: 13–19, bes.

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________________________________________________ In diesem Zusammenhang sei in Anlehnung an Page (2015: 40) auf Beutel (2000) verwiesen, der hinsichtlich des plinianischen Briefcorpus eine Trennung von Verfasser- und Herausgeberebene vornimmt; sie erlaube es, unterschiedliche Motivationen innerhalb der plinianischen Briefsammlung zu identifizieren, etwa jene des Politikers, der seine Briefe als Bestandteil seines soziopolitischen Netzwerkes nutze, oder jene des stets nach immortalitas strebenden Literaten. Das Konzept der Herausgeberebene ermögliche es in der Folge, Fragen des primären Adressaten- und Leserkreises zu thematisieren, der sich in der Senatsaristokratie und führenden Ritterschaft lokalisieren lasse.27 Die unverkennbare Zweiteilung der jüngeren Pliniusforschung in einen sozial- bzw. kulturgeschichtlich (vertreten u. a. durch Geisthardt, Haltenhoff, Méthy, Page, Shelton) und einen stärker literaturwissenschaftlich (vertreten u. a. durch Fögen, Gibson – Morello, Hindermann, Krasser, Lefèvre, Marchesi, Pausch, Whitton) geprägten Zweig lässt die Frage aufkommen, inwiefern beide Forschungsbereiche synthetisiert werden können, um neue Perspektiven im Sinne eines ganzheitlichen, differenzierten Pliniusbildes zu eröffnen.28

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13). Winsbury (2014: 1f.) wagt den diffizilen Versuch einer Biographie des Plinius und setzt es sich dabei zum Ziel, dessen Lebenswelt als komplexe Einheit zu präsentieren. Grundsätzlich nachvollziehbar ist der Ansatz Winsburys, Plinius als ganzheitliche Figur zu verstehen, „die mit ihren zahlreichen Betätigungs- und Bewährungsfeldern als repräsentativ für die Aristokratie ihrer Zeit und deren Lebenswelt gelten darf“ (Page 2015: 44). Vgl. ähnlich Bütler (1970) und Stein-Hölkeskamp (2003 und 2011); zur sozialen und politischen Rolle des Plinius innerhalb seines aristokratischen Umfeldes vgl. auch Geisthardt (2015: bes. 26–31). Zum schwierigen Unterfangen Winsburys, eine Biographie des Plinius zu rekonstruieren, vgl. Page (2015: 43f. mit dortiger Anm. 175). Vgl. dazu Beutel (2000: 214. 222–237. 265). Zum aristokratischen Adressatenkreis der plinianischen Briefe vgl. Sherwin-White (1968: 738–762). Syme (1968 und 1985). Birley (2000: bes. 35–101). Bauer (2011: 30). Gibson – Morello (2012: 136–168). Page (2015: 249–253). Neger (2020); zum kulturellen Profil der Heimat des Plinius vgl. Mratschek (1984) mit einem ausführlichen prosopographischen Anhang. Gegen eine zu eingleisige Fokussierung auf die Selbstporträtierung wehren sich in Anlehnung an Guillemin (1929) zuletzt vor allem Gibson – Morello (2012: 264): „The collection builds coherence and direction by adding allusive complexity to Pliny’s persona(e), as we find in its pages an Ovid in prose, a Cicero in verse, a ‘Senecan’ philosopher in public life, and Tacitus’ touchy

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________________________________________________ Die Verquickung der oben genannten Forschungszweige erscheint möglich über einen Zugriff, der sowohl sozial- bzw. kulturhistorisch evident ist als auch eine literaturwissenschaftliche Fundierung aufweist. Ein solcher Ansatz bewährt sich insbesondere bei denjenigen Briefen, in denen Plinius das Idealbild eines römischen Ehemannes entwirft und zugleich die Erwartungen an die Rolle eines Mannes in Ehe und Familie formuliert (vgl. bes. die Empfehlungs- bzw. Porträtbriefe Plin. epist. 1,10 und 1,14). Bereits die Verwendung soziologischer Termini in den Briefthemen (vgl. beispielsweise den für die römische Ehe konstitutiven Begriff der concordia) verdeutlicht neben der unverzichtbaren literaturwissenschaftlichen Analyse die Notwendigkeit einer gründlichen sozial- und kulturgeschichtlichen Interpretation. Während die Forschung ihren Fokus in den Ehedarstellungen im plinianischen Briefcorpus bislang vornehmlich auf die Rolle der Ehefrau gelegt hat,29 ist die literarische Porträtierung der Ehemänner stark vernachlässigt worden. Dies hat auch Hindermann (2013: 143f.) festgestellt: Besondere Aufmerksamkeit gilt Plinius’ Gattin Calpurnia sowie ihrem Verhältnis zum Ehemann und gleichzeitigen Verfasser der Epistulae. Analog umfassende Untersuchungen zur Darstellung von Männern in Plinius’ Briefen existieren dagegen nicht.30

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equal. Above all, the collection’s ‘grand design’ invites readers to think carefully […] about the number of reading strategies to which it is hospitable.“ Vgl. auch Fögen (2017: 21–23). Zu Frauenporträts in den Pliniusbriefen vgl. in chronologischer Reihenfolge Maniet (1966). Dobson (1981/82). Shelton (1990). Vidén (1993: 91–107). Gessenharter (1999). Mosquera Souto (2000). De Pretis (2003). Wolff (2003: 79f.). Guzmán Arias (2005). Marchesi (2008: 105 mit dortiger Anm. 3). Centlivres Challet (2008). Carlon (2009). Lefèvre (2009: 204–212). Hindermann (2010). Klodt (2012). Hindermann (2013). Shelton (2013). Boëls-Janssen (2015: 108–116). Es existieren lediglich Untersuchungen zu einzelnen, von Plinius besonders geschätzten Männern, wie z. B. Lucius Verginius Rufus (Plin. epist. 2,1; id. 6,10), Titius Aristo (Plin. epist. 1,22), Titus Vestricius Spurinna (Plin. epist. 3,1), Euphrates (Plin. epist. 1,10), Plinius maior (Plin. epist. 3,5; 6,16; 6,20), Silius Italicus (Plin. epist. 3,7), Martial (Plin. epist. 3,21) und Tacitus (Plin. epist. 7,20; 7,33; 8,7; 9,14). Vgl. hierzu exemplarisch Griffin (1999). Pausch (2004: 51–146). Lefèvre (2009). Eisner (2014). Whitton (2012). Gibson (2014). Geisthardt (2015). Klodt (2015). Köstner (2017). Zur Ehe in der römischen Antike vgl. Gaiser (1974). Garnsey – Saller (1987).

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________________________________________________ So sind die oben angezeigten zwei Briefe zum Idealbild eines römischen maritus (vor allem die unter motivanalytischen Aspekten ergiebige Epistel 1,14) bislang ohne eine nennenswerte Kommentierung geblieben und harren einer gründlichen philologisch-kulturgeschichtlichen Analyse.31 Dies verwundert umso mehr, als in jedem dieser Briefe diejenigen, zum Teil untrennbar miteinander verwobenen, Aspekte hervorstechen, die neben der Frage nach dem Rollenbewusstsein, der Werteorientierung32 und den intra- und intertextuellen Referenzen die Pliniusforschung dominieren: A. Die Kommunikationspragmatik Die Kommunikationspragmatik im plinianischen Briefcorpus wird in Anlehnung an Neger (2020) unter bes. Berücksichtigung der Rolle der Adressaten in den Blick genommen. Die Pliniusforschung hat sich laut Neger in puncto Adressatenkreis bislang eher auf prosopographische Fragen konzentriert oder lediglich prominente Persönlichkeiten (wie z. B. Tacitus) herausgegriffen.33 Allerdings sei davon auszugehen, dass das Auftreten einzelner Adressaten im Gesamtcorpus sorgfältig geplant sei – vornehmlich dann, wenn die allgemein anerkannte Forschungsthese ernstgenommen werde, wonach die plinianische Briefsammlung minutiös komponiert und ihre Lektüre vom Autor gezielt gesteuert werde. Von daher müssen – hier ist Neger recht zu geben – sowohl die Einführung der jeweiligen Adressatenfiguren als auch deren soziale Interaktion mit Plinius genau beleuchtet werden. Gemäß Kuhlmann (2014a: 14f.) inszeniert

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Dixon (1991). Rawson (1991). Treggiari (1991). Veyne (1999). Kunst (2000). Weeber (2003a: 75–77 s. v. Ehe). Krause (2003). Martin (2009c). Dixon (2011). Shelton (2013). Angela (2014). Querschnittsartig auf Ehemänner in der Literatur blickt Sharrock (2013). Zu den Interpreten, die den Pliniusbrief 1,14 kurz gestreift haben, gehören in chronologischer Reihenfolge Treggiari (1991: 87f.). Hoffer (1999: 177–193). Kunst (2000). Mratschek (2003: 220. 228f.). Lefèvre (2009: 292f.). Haltenhoff (2011b: 196f.). Shelton (2013: 206f.). Page (2015: 144–148). Zur Werteorientierung des Plinius vgl. exemplarisch Haltenhoff (2011b); zur plinianischen Präsentation der aristokratischen Werte- und Normenwelt in Form von Charakterisierungen plinianischer amici vgl. Page (2015: 144–153). Vgl. auch unter Berücksichtigung weiterer Autoren (z. B. Iuvenals und Martials) Kuhn (2015). Vgl. dazu in der jüngeren Forschung Eisner (2014) und Köstner (2017).

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________________________________________________ Plinius sich als besonders gut vernetzten Römer, der mit allen bedeutenden Angehörigen der politischen und sozialen Elite einschließlich des Kaisers vertrauten Umgang pflegt. Dabei nutze Plinius das Medium des literarischen Briefes, um durch Ratschläge und eigenes vorbildliches Verhalten auf sein Lesepublikum zu wirken und zugleich sich selbst als exemplum zu präsentieren.34 B. Die Selbstporträtierung In Anlehnung an Leach (1990), Henderson (2002 und 2003), Haltenhoff (2011b: 184f.) und Geisthardt (2015: 171) wird in der vorliegenden Abhandlung der Begriff „Selbstporträtierung“ präferiert, da es Plinius in seiner literarischen Personendarstellung weniger auf die chronologische Ordnung bzw. die Vollständigkeit biographischer Daten ankommt als vielmehr auf das Gesamtbild; darüber hinaus hat Plinius selbst seine literarische Personendarstellung in die Nähe der Bildkunst gerückt (vgl. u. a. Plin. epist. 3,10,6; id. 7,33,2). Dabei beschränken sich die plinianischen Darstellungen nicht auf individuelle Züge der Porträtierten, sondern schließen überpersönliche Qualitäten ein, die sich in sozialen Rollen und Werten ausdrücken und das ethische Profil einer Person prägen; vgl. dazu Haltenhoff (2011b: 184f.): Daß gerade auf dem Wege der literarischen Durcharbeitung manches stilisiert sein kann, ist aus dieser Zwecksetzung leicht zu erklären und entspricht im Übrigen auch der sozial kodierten Typizität von Rollen und Werten.35

Demzufolge ist die Selbstporträtierung des Plinius kein bloßes Posieren, sondern zielt auf die Bewusstmachung der Bedeutung von Rollenbewusstsein und Werteorientierung ab. In seinen Briefen ist nach Haltenhoff (2011b: 179–182) eine Kommunikation erkennbar, in der sich Angehörige einer größeren sozialen Gruppe ihrer kulturellen Identität versichern; hier 34

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Vgl. ähnlich Haltenhoff (2011b: 169–173, hier bes. 171). Geisthardt (2015: 186). Fögen (2017). Neger (2020); vgl. auch Page (2015: 249–253, bes. 252f.), der Kuhlmanns Ausführungen ergänzt: „Es ging Plinius überdies um die Verbreitung grundsätzlicher Wert- und Normvorstellungen sowie habitueller Rahmenbedingungen der aristokratischen Existenz.“ Vgl. auch Krasser (2011) und Page (2015: 145).

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________________________________________________ könne auch von einer Kommunikation unter Gleichgesinnten gesprochen werden. So zeichne sich hinter der Selbstporträtierung eines Einzelnen die Selbstdarstellung der zu einem Kollektiv verschmolzenen Gruppe ab. Demzufolge seien die Pliniusbriefe als kulturelle Selbstvergewisserung einer sozialen Elite zu werten, die sich auf Heimatbindung und alte Traditionen beruft. Zu eben dieser sozialen Elite gehöre Plinius. Alle Angehörigen dieser aristokratischen Gruppe seien Repräsentanten der Rollen und Werte, die ihre soziale Identität strukturieren. So werde in der Darstellung von Handlungen und Haltungen, die jene Rollen und Werte zu konkreter Ausprägung bringen, die soziale Identität bestätigt – nicht zuletzt dadurch, dass das Exemplarische bzw. Vorbildhafte solcher Verhaltensweisen Nachahmung oder Zustimmung erfahre.36 C. Die von humanitas geprägte Geisteshaltung des Plinius Ursprünglich bezeichnete humanitas als Ableitung von humanus recht neutral das Menschsein, durch griechischen Einfluss auch Mitmenschlichkeit im Sinne einer menschenfreundlichen Grundhaltung einschließlich Nachsicht und Milde. In spätrepublikanischer Zeit wertete Cicero die humanitas weiter auf, indem er auch höhere Bildung und Kultur in den Begriff mit einbezog (vgl. dazu Cic. ad Q. fr. 1,1,27f.; Cic. Arch. 17–30; vgl. ähnlich Gell. 13,17). In enger Bezugnahme auf Ciceros Verständnis gehören für Plinius παιδεία (= eruditio institutioque in bonas artes) und φιλανθρωπία (= dexteritas quaedam benivolentiaque erga omnis homines promisca) untrennbar zusammen.37 Méthy (2007) erläutert, dass Plinius in seinen Briefen eine eigene ideale Konzeption des Menschen entwickelt habe, die von sozialen Normen, moralischen Qualitäten und humanem Empfinden bestimmt sei. In seiner Vollständigkeit sei dieses Ideal – so 36 37

Vgl. dazu auch Radicke (1997), Lefèvre (2009: 302) und Fögen (2017: 55 mit dortiger Anm. 82). Zur Entwicklung der humanitas-Vorstellung bei Cicero vgl. Scholz (2009). Zum Vergleich der humanitas-Konzepte Ciceros und des Plinius vgl. Rieks (1967: 226) und Lefèvre (2009: 294). In einer Darstellung der römischen humanitas verdiene Plinius’ Name – so urteilt Lefèvre (2009: 169) – einen ehrenvollen Platz. Zum Ideal der im Denken des Plinius komplex angelegten humanitas vgl. in der älteren Forschung Rieks (1967: 225–253) und Bütler (1970: 107–118), in der jüngeren Forschung Philips (2001). Wolff (2003: 66–70). Méthy (2007: 25–30. 248–255). Lefèvre (2009: bes. 169–221. 289–294). Fögen (2017).

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Kap. 1 Prolegomenon: Forschungsstand

________________________________________________ Méthy (2007: 444) resümierend – nur literarisch zu konstruieren bzw. zu rekonstruieren: „Car l’homme constitue la matière même et le seul élément d’unité des lettres pliniennes.“ Im plinianischen Briefcorpus verkörpert der Philosoph Euphrates in seiner Person all das, was Plinius unter humanitas versteht.38 Einen besonderen Stellenwert nahm die humanitas ab der späten Republik ein: Humanitas fungierte nunmehr als Projektionsfläche für Verhaltensregeln bzw. Umgangsformen der Senatsaristokratie und bezeichnete hier letztlich eine habituell gewordene höflich-zurückhaltende Form des Umgangs untereinander (vgl. dazu bes. Cic. fam. 11,27,6).39 In der römischen Kaiserzeit, in der das Ideal eines integralen Aristokraten noch stärker als zuvor expliziert wurde, blieb die philanthropische Seite des humanitas-Begriffes weiterhin präsent; vermehrt jedoch rückte die intellektuelle Ebene in den Fokus. Dabei ist die Intellektualisierung als Kultivierung der παιδεία zu verstehen; das eigene Verhalten sollte fortan auch vor philosophischen Lehrsätzen Bestand haben und gleichsam auf sich selbst stehen können.40 Alle diese in der Forschung schwerpunktmäßig diskutierten Aspekte vereinigt der Pliniusbrief 1,14 in sich. Hier gibt Plinius – gleichsam in Form eines Anforderungsprofils für einen sogenannten Mustergatten – Aufschluss darüber, über welche Vorzüge ein idealer Ehemann in seinen Augen verfügen müsse. Das von Plinius in Epistel 1,14 gezeichnete Idealbild eines römischen Ehemannes steht in der Tradition der von Gazich (2003) untersuchten „retorica dell’esemplarità“. 41 Hier stellt sich einge38 39 40 41

Vgl. dazu Rieks (1967: 239–241) und Bütler (1970: 116). Einen Überblick über die Forschungsliteratur gibt Scholz (2011: 317 mit dortiger Anm. 374). Vgl. dazu Scholz (2004: bes. 18–22). Ders. (2011: bes. 361–368). Walter (2011). Vgl. dazu auch Whitton (2013a: 9): „In contrast to the usual Roman search for exemplars in the distant past, the Epistles is notable for its celebration of contemporary exempla.“ Zur Bedeutung und Intention der exempla in der plinianischen Briefsammlung vgl. Bütler (1970: 85–93, hier bes. 90–93). Vgl. auch Trisoglio (1972: 125–137). Beutel (2000: 263–266). Pausch (2004: 3f.); grundsätzlich zur exemplarischen Darstellung plinianischer Zeitgenossen vgl. Gazich (2003). Pausch (2004: 51–146). Bernstein (2008). Carlon (2009: bes. 182f.). Bradley (2010). Gibson – Morello (2012: bes. 115–123. 126–135). Langlands (2014: bes. 224–231); zu den der Vergangenheit angehörenden

Kap. 1 Prolegomenon: Forschungsstand

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________________________________________________ denk der markanten, das Briefcorpus prägenden Selbstporträtierung des Plinius beinahe zwangsläufig die Frage, ob dieser den eigenen Anforderungen an einen vorbildlichen römischen Ehemann selbst gerecht werden kann. Zur angemessenen Beantwortung dieser Frage werden Quellen benötigt, die von Plinius unabhängig sind. Da diese jedoch nicht vorliegen, ist die Forschung auf Plinius selbst angewiesen, wobei jedoch stets dessen Streben zu berücksichtigen ist, sich vor der Mit- und Nachwelt in einem denkbar günstigen Licht zu präsentieren. In diesem Zusammenhang bietet sich die Analyse zahlreicher Briefe an: zum einen die bereits genannten Briefe 1,10 und 1,14, zum anderen die sogenannten Ehebriefe (Plin. epist. 4,19; 6,4; 6,7; 7,5; 8,10; 8,11). Dabei stellt sich zum einen die Frage nach der literarischen Technik des Plinius zur Darstellung seiner eigenen Rolle als maritus, zum anderen auch die Frage nach dem Rollenkonzept des Ehemannes, welches das Handeln des Plinius bestimmt. Diese in den Einzelbriefen durchscheinenden Aspekte der Selbstporträtierung sollen in der vorliegenden Untersuchung nicht isoliert, sondern im Rahmen einer integrativen Analyse als Gesamtkonstrukt betrachtet werden – mit der Begründung, dass die Einzelaspekte Ausdruck unterschiedlicher Rollen sind, „in denen die ‚multiple Identität‘ des Briefschreibers sich konstituiert“ (Haltenhoff 2011b: 185).42 Ferner stellt Haltenhoff (2011b: ibid.) fest, dass das Selbstporträt des Autors immer wieder durch Porträts Dritter ergänzt werde und durch diese literarische Technik zusätzlich an Fülle und Kontur gewinne. Bereits Radicke (1997) und Henderson (2002) konstatieren, dass sich die (vornehmlich im dritten Epistelbuch zahlreich vertretenen) Fremdporträts stets auf das Selbstbild des Autors bezögen. Das wiederum führt in Anlehnung an die grundsätzlichen Überlegungen von Pausch (2004: 76) hinsichtlich der literarischen Technik der plinianischen Personendarstellung zu einer Art „Gruppenbild“, in dem sich eine sozial weitgehend homogene Kommunikationsgemeinschaft – mit Plinius an exponierter Stelle – widerspiegele.

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exempla im plinianischen Briefwerk vgl. Méthy (2003). Zu einschlägiger Literatur in Bezug auf exemplarische Personendarstellungen in der römischen Literatur vgl. Whitton (2013a: 9 mit dortiger Anm. 47) und Langlands (2014: 215 mit dortiger Anm. 6). Vgl. ähnlich Radicke (1997: 469).

Kap. 1 Prolegomenon: Methodologie

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________________________________________________

Methodologische Vorgehensweise in der vorliegenden Studie Der oben skizzierte Überblick über die aktuell diskutierten Fragen in der Forschung lässt die Schlussfolgerung zu, dass die Untersuchung des Idealbildes eines römischen maritus dazu geeignet ist, die beiden Zweige der jüngeren Pliniusforschung zur Ermittlung eines differenzierten Pliniusbildes miteinander zu verknüpfen. Auf der einen Seite bietet neben dem sozial- und kulturgeschichtlichen Ansatz von Haltenhoff (2011b) zum Rollenbewusstsein des Autors die von Pausch (2004: 51–146) vorgenommene Untersuchung der Personendarstellung im plinianischen Briefcorpus wertvolle Analyseparameter: Jedem Briefporträt liege eine individuelle und literarisch anspruchsvolle Gestaltung zugrunde; die plinianischen Epistulae seien mehr als nur sermones absentium. Der jüngere Plinius habe den Brief zu einem literarischen Kleinkunstwerk weiterentwickelt. Zugleich werde ein soziales Netzwerk sichtbar, „das einerseits der Verortung und der Selbstdarstellung des Autors dient, andererseits aber als gesellschaftliches Panorama der senatorischen Oberschicht seinen Wert in sich trägt“ (Pausch 2004: 141f.). Dabei hätten die kleinformatigen litterae curiosius scriptae dem Autor mehr Möglichkeiten als die klassische Geschichtsschreibung geboten – sowohl hinsichtlich der Selbststilisierung als auch hinsichtlich der inhaltlichen Ebene. Diese durch die äußere Form vorgegebene verdichtete Darstellungsweise sei charakteristisch für die literarische Landschaft des zweiten nachchristlichen Jahrhunderts und lasse sich einerseits unter den Schlagwörtern claros colere viros (vgl. Krasser 1993a), andererseits in Anlehnung an Steinmetz (1982: 239) als belehrende Unterhaltung bzw. unterhaltende Belehrung zusammenfassen. Kurzum: Die Intention der plinianischen Porträtbriefe besteht darin, die porträtierten Personen als Modelle zur Geltung zu bringen und ihnen zugleich ein literarisches Denkmal zu setzen: „Vor dem Hintergrund dieser spezifischen Intentionen muss sich die Epistolographie in der Gestalt des plinianischen Porträtbriefes den herkömmlichen Formen der Geschichtsschreibung wie der Biographie sogar als überlegen erweisen“ (Pausch 2004: 146). Dass Plinius sich selbst aufgrund seiner laudatorischen Intention, die untrennbar mit der Haltung des claros colere viros verbunden ist, Kritik aussetzt, weiß er sehr wohl, rechtfertigt aber dennoch seine mitunter überschwänglich positiven Personendarstellungen mit dem Hinweis darauf, dass es sich bei diesem Vergehen um eine culpa benignitatis und einen felicissimus error handele (vgl. Plin. epist. 7,28,1f.).

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Kap. 1 Prolegomenon: Methodologie

________________________________________________ Neben den von Pausch gegebenen Impulsen zur Personendarstellung laden die über mehrere Bücher verteilten Briefe im Sinne des bereits von Gnilka (1973) empfohlenen und von Marchesi (2008) bzw. Gibson – Morello (2012: 1–8. 264) wiederaufgenommenen und verstärkt propagierten „Re-Reading“ dazu ein, die Epistelsammlung als Gesamtwerk in den Blick zu nehmen, durch wiederholte Lektüre auffällige Bezüge zwischen den Briefen zu ermitteln und dadurch neue Lesarten zu wagen; vgl. dazu Gnilka (1973: 107): Nur durch geduldige Analyse der einzelnen Briefe – namentlich ihres Aufbaus und der Stellung der Aussagen im Kontext –, durch eingehenden Vergleich der über das ganze Corpus verteilten Stücke ähnlichen Inhaltes, durch Vergleich schließlich mit der Behandlung entsprechender Themen bei anderen Autoren ist es möglich, der Eigenart plinianischer Kunst und so auch der Eigenart des Autors selbst näher zu rücken.

Dass es möglich ist, innerhalb der einzelnen Ehebriefe auffällige intertextuelle Referenzen und die von Marchesi (2008) festgestellte Nähe zum augusteischen Gedichtbuch nachzuweisen, hat Hindermann (2010) in ihrem Beitrag zur Rolle des Plinius als eines ovidischen exclusus amator aufgezeigt; dies wurde in der jüngeren Forschung von Gibson – Morello (2012: 99–101), Baeza-Angulo (2015a/b; 2016; 2017) und Fögen (2017: 23) bestätigt. Daraus wiederum leitet sich die dieser Studie zugrundeliegende Überzeugung ab, dass durch eine vertiefte Beschäftigung mit den plinianischen Ehebriefen wichtige Beiträge zur altertumswissenschaftlichen Genderforschung (einschließlich der Men’s Studies) geleistet werden können. In diesem Kontext gilt es auch, die sich in Plinius’ eigener Ehe widerspiegelnde, zumeist in seinen männlichen Freundschaften propagierte Gegenseitigkeit (Reziprozität) in den Blick zu nehmen. Allerdings ist bei jeder Beschäftigung mit den Ehebriefen des Plinius zu bedenken, dass es sich bei der Beziehung mit Calpurnia weniger um ein Ehebündnis heutiger Zeit als vielmehr um ein hierarchisches Verhältnis handelt, in dem Calpurnia zwar als socia ihres Mannes fungiert, jedoch schon allein aufgrund ihres sehr jungen Alters kaum als gleichberechtigte Partnerin betrachtet werden kann.43

43

Zu den wissenschaftlichen Untersuchungen hinsichtlich der Darstellung Calpurnias in den Ehebriefen des Plinius vgl. oben Anm. 29.

Kap. 1 Prolegomenon: Methodologie

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________________________________________________ Die oben skizzierte Untersuchung hat zum Ziel, einerseits die literarische Technik bei der Porträtierung der betreffenden Männer in Ehe und Familie sichtbar werden zu lassen, andererseits die plinianische Idealvorstellung eines maritus vere Romanus in der römischen Kaiserzeit zu bestimmen.44 In diesem Zusammenhang wird die vordringliche Aufgabe darin bestehen, das Rollenkonzept des Ehemannes im plinianischen Briefcorpus herauszuarbeiten – ein Ansatz, der bislang gänzlich unberücksichtigt geblieben ist und die Möglichkeit bietet, die beiden getrennt nebeneinander stehenden Zweige der Pliniusforschung zu synthetisieren. Unter konsequenter Bezugnahme auf das zu erarbeitende Rollenkonzept des Ehemannes, das die Grundkonstante der vorliegenden Studie bildet, soll Plinius selbst als Ehemann in den Blick genommen und anhand der Ehebriefe geprüft werden, ob er den eigenen, in Plin. epist. 1,14 geäußerten Anforderungen an den idealen römischen Ehemann gerecht wird. Dieser Ansatz trägt zugleich der Frage nach der Selbstporträtierung des Plinius Rechnung. Bei der Erarbeitung des Rollenkonzeptes des Ehemannes im plinianischen Briefcorpus werden die in der sozial- und kulturgeschichtlichen Forschung häufig herangezogenen Studien zur allgemeinen Rolle des Ehemannes in der römischen Kaiserzeit aufgenommen, überprüft und gegebenenfalls modifiziert.45 Diesbezüglich hat Fuhrer (2003) die lange literarische Tradition vorgeprägter Rollen nachgewiesen. Dahinter habe die Vorstellung gestanden, dass die Menschen in der Gesellschaft perpetuierte soziale Rollen zu übernehmen hatten, sodass diese letztlich konventionelle Gegebenheiten seien. Allerdings seien in literarischen Texten die traditionellen Rollen, die mit bestimmten Werten und Normen verbunden seien, immer wieder hinterfragt worden. Dabei würden auch geschlechtsspezifische Kompetenzen und Geschlechtergrenzen implizit oder explizit verhandelt.46 44

45

46

Zu der erforderlichen Verknüpfung der Analyse der literarischen Technik und der jeweiligen Personendarstellung vgl. bereits Lilja (1978b: 55–62, hier bes. 62). Vgl. dazu Garnsey – Saller (1987). Deissmann (1989). Dixon (1991). Treggiari (1991). Bettini (1992a). Kunst (2000). Krause (2003). Martin (2009b– d). Dixon (2011); allgemein zur literarischen Tradition bestimmter Rollen unter konsequenter Bezugnahme auf Fuhrmann (1979) und Konersmann (1986/ 1987) vgl. Fuhrer (2007: 55f.). Vgl. auch Fuhrer – Zinsli (2003). Vgl. ähnlich Haltenhoff (2011b: 174f.).

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Kap. 1 Prolegomenon: Methodologie

________________________________________________ In Anlehnung an Fuhrer (2003) und Haltenhoff (2011b) zielt auch die vorliegende Arbeit darauf ab, unter Bezugnahme auf die sozial- und kulturgeschichtliche Forschung zur Rollenkonzeption des Ehemannes in der römischen Kaiserzeit das Verhalten und die Interaktionen der im plinianischen Briefcorpus auftretenden Personen zu beschreiben und im Hinblick auf die Frage zu analysieren, inwiefern das Funktionieren traditioneller Rollen und die Gültigkeit des damit verbundenen Normensystems diskutiert werden. Hierbei wird es von besonderer Evidenz sein, auch auf mögliche Widersprüche in den normierten Verhaltensweisen zu achten, die für den Ehemann als Rollenträger zu einem Rollenkonflikt führen können. Ferner wird es auf Grundlage des zu erarbeitenden Rollenkonzeptes des Ehemannes reizvoll sein, den Zusammenhang zwischen literarischen Männlichkeiten und Emotionen zu beleuchten, zumal die Pliniusbriefe ein nicht zu unterschätzendes Emotionspotential aufweisen und mit einer kognitiven Emotionalisierung einhergehen. Unter Bezugnahme auf den Forschungsüberblick von Tholen (2013: 17) ist zu konstatieren, dass die literaturwissenschaftliche Männlichkeitsforschung primär auf der Textund Kontextebene forscht. Emotionen werden an konkreten literarischen Figuren oder Figurenkonstellationen untersucht, und diese wiederum werden ins Verhältnis zu den Normen und Gefühlscodes des jeweiligen gesellschaftlichen und kulturellen Umfeldes gesetzt.47 Nachdem in den Sozial-, Geschichts- und Literaturwissenschaften Gefühle und Emotionen als Forschungsgegenstände jahrzehntelang ausgeblendet worden waren, änderte sich dies ab den 1990er Jahren mit dem Erstarken der Genderforschung. Mittlerweile ist es opinio communis, dass Texte ein Emotionspotential aufweisen und mit einer kognitiven Emotionalisierung einhergehen können. Unter dem Emotionspotential eines Textes ist nach Schwarz-Friesel (2017) die Gesamtheit aller emotiven und 47

Zu ersten Studien, welche die Kategorie Männlichkeit unter Berücksichtigung aktueller interdisziplinärer Männer- und Geschlechterforschung in die Literaturwissenschaft eingeführt haben, vgl. Erhart (2001). Feichtinger (2002). Benthien – Stephan (2003: hier bes. 11–35); vgl. in jüngerer Zeit auch Tholen – Clare (2013). Zu Männlichkeiten in der römischen Literatur vgl. Weggen (2013). Hindermann (2014). Albrecht (2016); zur allgemeinen Erforschung der Männlichkeiten im Rahmen der Men’s Studies vgl. Martschukat – Stieglitz (2008). Zu einem Überblick über die Geschichte und Entwicklung der Gender Studies in den Altertumswissenschaften vgl. Feichtinger (2002). Vgl. auch Enterline (2000). Keith (2000). Ulf – Rollinger (2006).

Kap. 1 Prolegomenon: Methodologie

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________________________________________________ evaluativen Textelemente formaler wie inhaltlicher Art zu verstehen; es lässt sich mittels textanalytischer Methoden bestimmen.48 Literarische Texte evozieren über figurenbezogene Emotionsmanifestationen Empathie beim Lesepublikum, sodass zu konstatieren ist: Literatur und Emotionen sind untrennbar miteinander verbunden. Dies ist auch in den Kunstbriefen des Plinius der Fall: Hier erzeugen dessen als vorbildhafte exempla gezeichnete Mitmenschen und nicht zuletzt das BriefIch Empathie beim aristokratischen Lesepublikum. In diesem Kontext wird bei den dieser Studie zugrundeliegenden Textanalysen gezielt darauf zu achten sein, wie Plinius die Emotionen seines Adressatenkreises steuert. Die Erforschung von Emotionen wird erst seit dem letzten Jahrzehnt in den einzelnen Fachdisziplinen zum Anlass genommen, die Aufmerksamkeit für die kognitive, soziale und kulturelle Bedeutung von Gefühlen und Affekten auch für die Erforschung von Männlichkeiten fruchtbar zu machen.49 Dabei werden Emotionen zumeist nicht trennscharf definiert, sondern gleichbedeutend mit verwandten Begriffen wie Gefühlen oder Affekten verwendet.50 Konstan (2006: 23f. 31) beruft sich bei seiner auf die Antike gerichteten Bestimmung des Begriffes „Emotion“ auf Aristoteles, der in seiner „Rhetorik“ von πάθη (Plural zu πάθος) spricht, worunter explizit Zorn, Furcht und Mitleid gezählt wurden. Grundsätzlich ist festzuhalten, dass die antiken Autoren Emotion nicht als innere Regung, 48

49

50

Zur Frage des Emotionspotentials in Texten unter bes. Berücksichtigung verschiedener Textsorten vgl. Schwarz-Friesel (2013: 212–235) und Dies. (2017). Vgl. auch Winko (2003: 9) und Tholen (2013). Grundsätzlich gilt die antike Rhetorik von ihrem gesamten Selbstverständnis her als ars, die sich der Erzeugung und Lenkung von Emotionen bedient. Cicero vertritt diese Lehren in mehreren Schriften; vgl. exemplarisch Cic. de orat. 2,185–191: Ein guter Redner müsse die Gefühle, die in seinem Vortrag zum Ausdruck kommen, tatsächlich empfinden. Zur Aufwertung der Emotionsforschung in den Kultur- und Literaturwissenschaften vgl. Benthien – Fleig – Kasten (2000). Eibl – Mellmann – Zymner (2007). Schiewer (2014). Schwarz-Friesel (2017); vgl. auch (einschließlich eines umfangreichen Literaturverzeichnisses) Labouvie (2011). Plamper (2012). Schwarz-Friesel (2017: 368–370) Vgl. dazu auch Tholen (2013: 16), der die Erforschung des Zusammenhangs literarischer Männlichkeiten und Emotionen nicht nur gutheißt, sondern sich in Zukunft etliche weitere Studien auf diesem Gebiet wünscht, „gerade weil die Perspektive mit der Etablierung einer neuen Männlichkeitsforschung eine andere geworden ist“ (ibid.). Vgl. dazu Tholen (2013: 11). Vgl. ähnlich Plamper (2012: 20–34).

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Kap. 1 Prolegomenon: Methodologie

________________________________________________ die durch Zufall oder natürliche Ursachen hervorgerufen wird, sondern als Reaktion auf das Verhalten anderer verstanden. Zentrale Emotionen, die in den Altertumswissenschaften auf Basis literarischer Texte der griechischen und römischen Antike aktuell untersucht werden, sind u. a. Scham, Hass, Eifersucht und Trauer.51 Darüber hinaus wird fächerübergreifend davon ausgegangen, dass Gefühle zwar eine psychophysiologische Fundierung haben, jedoch zugleich soziokulturelle Phänomene sind und deshalb auch einem historischen Wandel unterliegen.52 In diesem Kontext erläutert Tholen (2013: 11f.) in Anlehnung an Benthien – Fleig – Kasten (2000), auf welcher Grundlage Emotionen in literarischen Texten verschiedener Epochen untersucht werden können.53 Es wird wie folgt differenziert: A. Die Historizität von Gefühlen: Gefühle wie Angst oder Freude unterliegen in ihrer kulturellen Codierung historischen Veränderungen. B. Die Gemachtheit von Gefühlen: Die Erforschung eines bestimmten Gefühls ist nicht ablösbar von der Frage nach dem Wie seiner Inszenierung. C. Die Un-/Wahrhaftigkeit von Gefühlsäußerungen: Gefühle werden einerseits inszeniert, vorgetäuscht und in der sozialen Interaktion strategisch eingesetzt; andererseits gelten sie als eigenster und wahrhaftiger Ausdruck eines Individuums, mit dem es sein inneres Leben zu erkennen geben und in eine authentische Kommunikation mit anderen treten möchte.

51

52 53

Vgl. exemplarisch Ancona – Greene (2005). Kaster (2005). Konstan (2006). Munteanu (2011). Chaniotis – Ducrey (2012 und 2013). Plamper (2012). Cairns – Fulkerson (2015). Foster – Hallett (2015). Caston – Kaster (2016). Hagen (2017). Fögen (2018: bes. 66). Vgl. dazu Tholen – Clare (2013: 7). Vgl. dazu Winko (2003: 112): „Nimmt man beide Typen Informationen, die inhaltlichen und die formalen, zusammen, so lässt sich die thematisierende Gestaltung von Emotionen zu einer Zeit rekonstruieren.“ Vgl. auch SchwarzFriesel (2013: 221) und Dies. (2017). In diesem Kontext weisen Grau – Keil (2005: 12) darauf hin, dass Emotionen als „Interaktion von Werk, Schaffendem und Rezipienten“ zustande kommen und innerhalb dieses Zusammenhangs analysiert werden sollten.

Kap. 1 Prolegomenon: Methodologie

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________________________________________________ D. Die Beweglichkeit von Gefühlen: Gefühle sind flüchtig, vergehen oder gehen in andere Gefühle über; mitunter bleiben sie auch undeutlich oder ambivalent. Kurzum: Jede Epoche und jede Kultur entwickelt innerhalb ihrer Wertesysteme ihre eigenen Gefühlscodes, in denen jeweils besondere Gefühlsnormen enthalten sind, die das konkrete Fühlen von Individuen oder Gruppen legitimieren oder auch delegitimieren. Eine solche Codierung erklärt nach Tholen – Clare (2013), warum männliche Gefühle bzw. der Zusammenhang von Emotionalität und Männlichkeit lange Zeit nicht explizite Gegenstände wissenschaftlicher Forschung gewesen seien. Umso dringlicher ist es, die sich hartnäckig haltende, vielfach stereotypisiert auftretende kulturelle und auf die aristotelische Naturlehre (Arist. Pol. 1254b 1,13–15) zurückgehende Codierung von „Weiblichkeit = Emotionalität“ und „Männlichkeit = Rationalität“ kritisch aufzuarbeiten.54 Letzteres macht sich die vorliegende Studie zur Aufgabe, indem die Emotionen und Gefühle römischer Ehemänner im Briefcorpus des Plinius (vordringlich die Emotionen und Gefühle des Autors selbst) auf Aspekte der Konstitution von Männlichkeit hin untersucht werden. Vor diesem Hintergrund ergeben sich grundlegende Erkenntnisse hinsichtlich der plinianischen Inszenierung von Männlichkeiten.55 Unter durchgängiger Bezugnahme auf das zu erarbeitende Rollenkonzept des idealen Ehemannes im plinianischen Briefcorpus sollen folgende Leitfragen die Interpretation der zu analysierenden Briefe bestimmen: 1. Inwieweit fügt sich Plinius in das Rollenkonzept ein bzw. bricht aus ihm aus? 2. Inwieweit handelt es sich hier wieder um Selbstporträtierung (unter be54

55

Zur angestrebten Beseitigung von Stereotypen in der Codierung von Weiblichkeit und Männlichkeit in den Kultur- und Literaturwissenschaften vgl. Tholen (2013: 8. 10). Zur Geschlechterdifferenz bei Aristoteles vgl. bes. Föllinger (1996: 118–227). Zur Instrumentalisierung von Emotionen in der Antike (vor allem in der Rhetorik) vgl. MacMullen (1980). Webb (1997). Munteanu (2011).

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Kap. 1 Prolegomenon: Methodologie

________________________________________________ sonderer Berücksichtigung der Gattung Brief und der für Plinius charakteristischen Technik des indirekten Selbstlobes)? Neben diesen zentralen Fragestellungen, welche die sozial- und kulturgeschichtliche Interpretation der Pliniusbriefe in der vorliegenden Arbeit prägen, sollen auch Verfahren der Emotionslinguistik fruchtbar gemacht werden (u. a. von Gottschalk – Gleser [1969], Battacchi – Suslow – Renna [1997], Schwarz-Friesel [2013], Schiewer [2014] und SchwarzFriesel [2017]). Unter den geläufigen Verfahren der Emotionslinguistik ist die sogenannte affektive Sprachinhaltsanalyse nach Gottschalk – Gleser (1969) die anerkannteste.56 Die Grundannahme der affektiven Sprachinhaltsanalyse ist das sogenannte Frequenztheorem: Je häufiger gewisse affektive Inhalte in einem Text aufträten, umso stärker sei die jeweilige Emotion. Dadurch, dass ein Sprecher gehäuft über gewisse Themen spreche und sich so spezifische sprachinhaltliche Affektindikatoren innerhalb eines Textes massieren würden, steige die Wahrscheinlichkeit der Präsenz eines bestimmten affektiven Merkmales seitens des Sprechers. Durch thematisches Perseverieren und Verharren während einer Erzählung würden sich mit zunehmender Sicherheit markante emotionale Eigenschaften der Persönlichkeit oder die aktuelle Befindlichkeit des Sprechers offenbaren. Nach Gottschalk – Gleser sind folgende drei Kategorien in der Auswertung emotionaler Textgehalte von hoher Relevanz: A. Die Häufigkeit des Auftretens bestimmter Inhaltskategorien (das sogenannte Frequenztheorem). B. Das Ausmaß an Direktheit, mit der in einem sprachlichen Ausdruck ein Affekt präsentiert wird. C. Das Ausmaß der persönlichen Beteiligung, die der Sprecher bzw. die Sprecherin erkennen lässt. Unter Rückgriff auf diese Forschungsansätze werden in der vorliegenden Studie drei weitere, in der bisherigen Pliniusforschung noch nicht gestellte Fragen mitgedacht: 56

Vgl. dazu Schiewer (2014: 105).

Kap. 1 Prolegomenon: Methodologie

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________________________________________________ 1. Zeigen die Ehemänner im plinianischen Briefcorpus Emotionen und Gefühle (wenn ja: welche?) oder sind sie einer Emotionskontrolle unterworfen? 2. Wie werden die Emotionen und Gefühle der Ehemänner in den Briefen des Plinius satz- bzw. textübergreifend explizit und implizit dargestellt? 57 3. Durch welche Mittel und Strategien wird der textexterne Prozess der möglichen Emotionssteuerung des Lesers beim Textverstehen beeinflusst? 58 57

58

Unter Bezugnahme auf das erlebnisästhetische Modell emotionaler Kommunikation weist Schiewer (2014: 122f.) nach, dass die emotionale Involviertheit des realen Autors Voraussetzung für die Authentizität der Darstellung und damit auch für die Intensität der Textwirkung auf den Leser mit seiner emotionalen Beteiligung ist. Ferner spiele auf der Text- und Figurenebene die Darstellung intensiver Emotionen in allen literarischen Gattungen eine zentrale Rolle. In der vorliegenden Arbeit wird den grundlegenden Erkenntnissen von Schwarz-Friesel (2017) zum Emotionspotential literarischer Texte gefolgt. Demzufolge lassen sich auf allen sprachlichen Ebenen Einheiten und Strukturen, die Emotivität vermitteln, identifizieren, wie z. B.: A. Lexeme, die entweder über ihre emotionsbezeichnende Semantik, ihre Konnotationen oder den durch sie bezeichneten Sachverhalt emotive Informationen vermitteln; B. Exklamativ- oder Optativsätze; C. die grundsätzliche Informationsstruktur (= Anordnung von Textteilen, satzübergreifende Kohärenzmittel und die sog. Leerstellen im Text), die zur textuellen Emotionalität beiträgt und beim Lesepublikum das Nachempfinden der textintern vermittelten Emotionen bzw. Gefühle anbahnt. Bei jeder Analyse literarischer Emotions- und Gefühlsdarstellungen spielt die Perspektive der Adressaten bzw. des Lesers eine entscheidende Rolle; unter Bezugnahme auf das rhetorische Modell emotionaler Kommunikation postuliert Schiewer (2014: 123f.), bei der Textanalyse das Kalkül der Textgestaltung zu erfassen, das eine Beeinflussung und die gezielte Emotionssteuerung des Adressaten bzw. des Lesers im Blick habe. In nahezu allen literarischen Texten sei die Fesselung des Lesers über den Weg der literarischen Gestaltungskraft mit den Möglichkeiten der literatursprachlichen Stilisierung zentral, da es hier mehr um das direkte bzw. indirekte Sprechen über Gefühle gehe als um die Manifestation von Gefühlen.

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Kap. 1 Prolegomenon: Methodologie

________________________________________________ Hierbei gilt es, die Rolle der Erzählstrategie bzw. die Darstellungsweise des Plinius in seinen Briefen in besonderer Weise zu berücksichtigen. Die bisherigen Überlegungen haben deutlich gemacht, dass sich die Beschäftigung mit der literarischen Inszenierung römischer Männlichkeiten im plinianischen Briefcorpus mitten im Zentrum der aktuellen Forschung befindet, bewährte Thesen aufgreift und nutzbar macht, jedoch auch neue, lohnende Perspektiven entwickelt und somit einen Beitrag zu einem differenzierten Pliniusbild leisten kann. Anhand konkreter Briefbezüge wird nachzuweisen sein, wie Plinius seine Rolle als Mentor und Förderer römischer (Ehe-)Männer unter Bewahrung des mos maiorum ausübte und dadurch seine Rolle im eigenen gesellschaftlichen Umfeld manifestierte. Überdies wird zu ermitteln sein, über welche Werte ein maritus vere Romanus nach Ansicht des Plinius verfügen musste. Ferner werden in dieser Untersuchung, die auf der Basis von Rollen- und Wertekonzepten erfolgen soll, unter Berücksichtigung der Erkenntnisse aktueller interdisziplinärer Männer- und Geschlechterstudien Perspektiven der Erforschung des Zusammenhangs von literarischen Männlichkeiten und Gefühlen entwickelt. Nicht nur in Letzterem grenzt sich eine solche Untersuchung von bisherigen Forschungsbeiträgen ab, sondern auch im grundsätzlichen methodischen Ansatz, der sich gegen eine einseitige philologische Perspektivierung wehrt und konsequent auf Interdisziplinarität angelegt ist.59 Denn erst durch die Verzahnung der beiden Zweige der jüngeren Pliniusforschung und unter Rückgriff auf textlinguistische, sozialbzw. kulturgeschichtliche Analyseparameter zum Rollenbewusstsein, zur Werteorientierung, zur Selbstporträtierung und zur Emotionssteuerung sowie unter Ermittlung intra- und intertextueller Bezüge scheinen echte Forschungsfortschritte möglich zu sein. Diese Vorüberlegungen spiegeln sich sowohl in der Gliederung als auch in der methodologischen Anlage der vorliegenden Arbeit: Nachdem zunächst der aktuelle Stand der Sozial- und Kulturgeschichte zur Rolle und zum Verhalten eines römischen Ehemannes (einschließlich der ihm zugeschriebenen Männlichkeiten und Gefühle) erhoben worden ist, wird 59

Zu dem hier propagierten Streben nach Interdisziplinarität vgl. auch Humpert (2001: 30): „Natürlich können gerade in der Diskussion um Entstehen und Inhalte männlicher (und weiblicher) Rollen die Disziplinen [d. i.: Sozial- und Mentalitätsgeschichte, Soziologie, historische Anthropologie, Psychologie] nicht streng voneinander getrennt werden.“

Kap. 1 Prolegomenon: Methodologie

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________________________________________________ das Idealbild eines maritus vere Romanus in den Epistulae des Plinius ermittelt, wobei zunächst anhand ausgewählter Empfehlungs- und Porträtbriefe die von Plinius selbst entworfenen Kriterien eines mustergültigen römischen Ehemannes herausgearbeitet werden sollen. Es wird in einem zweiten Schritt unter Heranziehung der Ehebriefe an bzw. über Calpurnia zu fragen sein, inwiefern Plinius dem eigenen Idealbild selbst gerecht zu werden glaubt, wobei angesichts der fehlenden, von Plinius unabhängigen Quellen seine im Briefcorpus markant durchscheinende Selbstporträtierung stets zu berücksichtigen ist. Abschließend wird im Rahmen eines Normdiskurses und in Abgleich mit den Forschungsergebnissen der Sozial- und Kulturgeschichte erörtert, inwiefern das von Plinius entworfene bzw. inszenierte Idealbild eines maritus vere Romanus der damaligen Norm entspricht. In der vorliegenden Abhandlung wird der Begriff „Inszenierung“ nach Goffman (2013) als Handlungssteuerung gemäß einer bestimmten Interaktionsordnung verstanden, als „impression management“ mit dem Ziel, anderen einen bestimmten Eindruck von sich zu vermitteln. Bei solchen Rollenspielen geht es in der Regel um die Repräsentation eines bestimmten Aspektes, z. B. des Status, der Professionalität, aller möglichen Arten von Wissen, der korporalen bzw. geschlechtsspezifischen Kompetenz und der sozialen Distinktion. Des Weiteren wird Formisano – Fuhrer (2010: bes. 2f.) zugestimmt, wonach der Fragestellung, die für die altertumswissenschaftliche Genderforschung grundlegend ist, die These zugrunde liege, dass gerade die im Medium Text überlieferten antiken Darstellungen menschlicher Figuren, von Akteuren, sozialen Situationen und Interaktionen in einem auffällig hohen Maß inszeniert seien. Der größte Teil der überlieferten Texte beziehe sich formal und inhaltlich auf bestimmte Regelsysteme, Konventionen und Traditionen, soziale und kulturelle Codes (z. B. Gender-Codes), rituelle Prozessordnungen und scheine somit einer durch eine hierarchische Ordnung geprägten Verhaltensmatrix verpflichtet zu sein. Vor dem Hintergrund der Genderfrage versteht sich Inszenierung in der vorliegenden Studie als textuelle Umsetzung eines Rollenbildes, da mit der Darstellung von Handlung, Rede, Körper und Gefühlswelt ein bestimmter Wahrnehmungseffekt evoziert werden soll. Gleichzeitig inszeniert sich eine Figur auf der vom empirischen Autor geschaffenen Bühne auch selbst, indem sie die ihr zugewiesene Rolle in dem textuell erzeugten Raum interpretiert. Hierzu gehören auch die Fälle, in denen der implizite Autor oder Erzähler sich selbst inszeniert. Bezogen auf die Selbstinsze-

44

Kap. 1 Prolegomenon: Methodologie

________________________________________________ nierung des Plinius in seinem Briefcorpus resümiert Centlivres Challet (2013: 16): Pliny’s desire to embody perfection and to remain a model for generations to come is expressed through a persona which purports to analyse the behavioural patterns of the people surrounding him, discuss them and praise them.

Unter methodischen Gesichtspunkten werden die selbstreferentiellen Ehebriefe des Plinius an bzw. über Calpurnia (Plin. epist. 4,19; 6,4; 6,7; 7,5; 8,10; 8,11) jeweils einer philologisch-motivanalytischen Interpretation unterzogen – basierend auf dem von Kuhlmann (2014a: 80f.) empfohlenen Kommunikationsmodell des russischen Strukturalisten Roman O. Jakobson. Das Jakobsonsche Modell zielt auf die Entschlüsselung der Funktion verbaler Kommunikation, indem – ausgehend von einer Radiometapher – untersucht wird, welche Bestandteile des Kommunikationsvorganges in literarischen Texten besonders akzentuiert werden: Ein Sender (Produzent) übermittelt einem Empfänger (Rezipienten) eine Nachricht, die von einem Gegenstand oder Sachverhalt handelt: dem Referenzobjekt. Um die Nachricht zu übermitteln, muss sie codiert werden. Sie ist in ein Zeichensystem oder eine Sprache gekleidet. In der Radiometapher sind dies die frequenz- oder amplitudenmodulierten Radiowellen, in denen die Mitteilung gesendet wird. Ferner muss zur Übermittlung dieser codierten Nachricht ein Kontaktmedium vorhanden sein. Eben diesem entspricht in der Radiometapher der Kanal, auf dem gesendet wird; der Empfänger muss auf diesen Kanal „eingestellt“ sein, um codierte Nachrichten empfangen zu können (vgl. dazu Jakobson 1971 und 1974 und 1979). Nach Jakobson werden folgende Funktionstypen unterschieden: A. referentiell:

Informationen vermitteln (sachliche Ebene)

B. phatisch:

Kontakt aufnehmen und erhalten

C. expressiv:

Gefühle bzw. Einstellungen artikulieren, sich selbst darstellen

D. poetisch:

Sprache bewusst bzw. ästhetisch gestalten

E. appellativ:

auffordern, fragen

Kap. 1 Prolegomenon: Methodologie

45

________________________________________________ Erweitert wird das Jakobsonsche Modell in dieser Studie um die aus der Sprechakttheorie von Austin (1962) stammende Kategorie der „Illokution“. Diese ist eng verwandt mit dem appellativen Funktionstyp im Jakobsonschen Modell und umfasst indirekte Aufforderungen bzw. Wünsche, die in scheinbare Sachinformationen gekleidet sind. Letzteres lässt sich anhand der plinianischen Briefe nachweisen, da Plinius oftmals seine Aussageabsicht in nebensächlich erscheinenden Informationen verbirgt. Ergänzt wird das Kommunikationsmodell von Jakobson in der vorliegenden Arbeit durch die textlinguistisch angelegte Matrix von Rühl zur Analyse von Textualitätsmerkmalen in antiken Briefen. Rühl (2010: bes. 130–135) empfiehlt in ihrem Leitfaden die Untersuchung von Abgrenzungs- und Gliederungshinweisen innerhalb der Epistel („Wo beginnt und wo endet mein Text?“), intratextuellen Kohärenzhinweisen („Wie hängt mein Text zusammen?“), Themenhinweisen („Worum geht es in meinem Text?“), Intentionshinweisen („Welche Dinge werden durch meinen Text bewirkt?“) und letztlich Textsortenhinweisen („Was für ein Text ist mein Text?“). Dabei soll in dieser Untersuchung im Hinblick auf die Interpretation plinianischer Briefe vor allem den intratextuellen Kohärenzen unter besonderer Berücksichtigung narrativer, deskriptiver, argumentativer und instruktiver Strukturen Beachtung geschenkt werden. Abgerundet wird die methodologische Ausrichtung der literaturwissenschaftlichen Analyse der Ehebriefe des Plinius durch die literaturtheoretischen Ansätze zur Paratextualität des französischen Narratologen Gérard Genette unter Fokussierung auf die Paratextualität und die „Stimme des Erzählers.“60 Dies erfolgt zum Zwecke einer umfassenden literaturwissenschaftlichen Interpretation, die darüber hinaus sowohl sozial- als auch kulturgeschichtlich ausgerichtet ist und auf die Ergebnisse der Genderforschung (einschließlich der Men’s Studies) sowie der Emotionslinguistik Bezug nimmt und diese nutzbar macht. Ferner soll im Zuge eines historischen Transfers und mit Blick auf heutige Vorstellungen eines mustergültigen Ehemannes danach gefragt werden, wie aktuell das plinianische Idealbild eines Ehemannes ist. Diese konsequent interdisziplinär angelegte Strategie der Lektüre der plinianischen Briefe folgt dem von Marchesi (2008) bzw. Gibson – Mo60

Vgl. dazu Genette (1989 und 1993). Zu Genettes Erzähltheorie, an der sich die moderne Literaturwissenschaft orientiert und die neben den Ebenen bzw. der Zeitstruktur von Erzählungen vor allem den Erzähler selbst in den Blick nimmt, vgl. Genette (2010).

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Kap. 1 Prolegomenon: Methodologie

________________________________________________ rello (2012) propagierten Ansatz, dass das Briefcorpus des Plinius als große Einheit zu verstehen sei und grundlegende Themen im anthologischen Sinne in verschiedenen Episteln über mehrere Bücher der Briefsammlung hinweg entfaltet worden seien – eine These, die für die Analyse des Idealbildes eines maritus vere Romanus maßgeblich ist und der vorliegenden Arbeit als Grundlage dient. Unter Anwendung der Literaturtheorien von Genette (1989 bzw. 1993 bzw. 2010) sowie in Anlehnung an die bereits von Gnilka (1973) empfohlene, von Marchesi (2008) bzw. Gibson – Morello (2012) erneut propagierte und von Janka (2015) modifizierte Lesestrategie wird eine motivanalytische Interpretationsmethode gewählt, die in Bezug auf das plinianische Idealbild eines maritus vere Romanus „den komplexen intra- und intertextuellen Anspielungsreichtum, der Plinius’ Briefsammlung auszeichnet, anhand einer zentralen Thematik zu erhellen und insoweit Bauelemente der Kohärenzbildung innerhalb des Corpus aufzudecken hilft“ (Janka 2015: 599).

2

Der Mann als maritus im römischen Ehe- und Familienleben

2.1

Der römische Mann als Gegenstand der Forschung

Während die Rolle der Frau in den Altertumswissenschaften im Zuge der Genderforschung zu einem begehrten Untersuchungsgegenstand geworden ist, lassen sich Studien zum Männerbild in der Antike deutlich seltener finden. Bereits vor zwanzig Jahren bemerkten Späth (1994: 10) und Foxhall (1998: 1), dass Forschungsstudien zu antiken Männerbildern über einen langen Zeitraum nicht für nötig gehalten worden sind. Dies verwundert umso mehr, als die überlieferten Texte von Männern aus ihrer geschlechtsspezifischen Perspektive heraus geschrieben worden sind und demzufolge männliche Vorstellungen, Fantasien und Ängste zum Ausdruck bringen. Denn freilich – so folgert Späth (1994: 11) – implizierten die überlieferten Frauen- zwangsläufig auch Männerbilder.61 Sowohl Familien- und Verwandtschaftsverhältnisse in der römischen Antike als auch die davon abgeleitete Rolle der Frau in der römischen domus wurden anfangs vor allem aus rechtshistorischer, später auch aus soziologischer und historisch-anthropologischer Perspektive erforscht.62 Dabei ist bei allen Untersuchungen zu berücksichtigen, dass die meisten antiken Texte zur Veröffentlichung bestimmt waren, womit sich die Problemfrage stellt, ob die dort skizzierten Männer- und Frauenbilder die 61 62

Vgl. ähnlich Schweers (1999: 2). Vgl. dazu folgende Standardliteratur in chronologischer Reihenfolge: Späth – Wagner-Hasel (2000). Krause (2003). Ancona – Greene (2005). Harders (2008). Martin (2009). Harders (2014). Zur (bislang vornehmlich aus sozialbzw. kulturgeschichtlicher Perspektive erfolgten) Erforschung der Aufgaben und Rollen von Männern in der römischen Antike vgl. Deissmann (1989). Hallett (1989). Dixon (1991). Eyben (1991). Santoro-L’Hoir (1992). Treggiari (1991). Späth (1994). Schweers (1999). Späth (2003). Treggiari (2007a). Bell – Hansen (2008). Martin (2009). Baroin (2010). Dixon (2011). Haltenhoff (2011b). Rawson (2011). Scholz (2011). Centlivres Challet (2013). Steenblock (2013). Langlands (2014). Geisthardt (2015). Page (2015). Albrecht (2016).

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Kap. 2 Der Mann als maritus im römischen Ehe- und Familienleben

________________________________________________ Realität oder eher „Wunsch- bzw. Zerrbilder“ (Schweers 1999: 2) darbieten. Daraus jedoch die Konsequenz zu ziehen, die Aussagekraft der jeweiligen Männer- und Frauenbilder in der römischen Literaturgeschichte grundsätzlich zu negieren, ist gewiss vermessen; im Gegenteil: Da die meisten Texte an einen bestimmten konkreten Adressatenkreis gerichtet sind (im Falle des Plinius sind dies gebildete Vertreter der herrschenden Aristokratie), ist bei den literarischen Darstellungen von einem realen Kern auszugehen. Ferner sind alle Interpreten literarischer Texte der römischen Antike gehalten, bei all ihren Untersuchungen die jeweiligen kulturhistorischen Rahmenbedingungen zu berücksichtigen. Von daher ist zu schlussfolgern, dass die Leser in antiken Texten keinem statischen, sondern einem dynamischen, in jedem Fall aber facettenreichen Männer- und Frauenbild begegnen werden. In diesem Kontext hat Treggiari (2007a: 372) die Herausforderung jeder wissenschaftlichen Beschäftigung mit antiken Männer- und Frauenbildern auf den Punkt gebracht: „In looking at Rome, we switch between theory [...], prescription/prohibition [...]; convention and fashion [...]. We would like to see how all these change over time.“ Ebenso unwahrscheinlich ist es, einen einheitlichen Männlichkeitsbegriff eruieren zu können, wenngleich dieser sich überwiegend am aristokratischen pater familias orientiert, der wiederum den filii der aristokratischen domus als Maßstab dient.63

63

Vgl. dazu Späth (2003: bes. 121–125 mit dortiger Anm. 63). Vgl. auch GerokReiter (2010: 16), die nachweist, dass literarisch entworfene Emotionskonzepte mitunter Sonderbedingungen einschließlich darin inkludierter Sondernormen unterlägen, deren Kalkül von der literarischen Konstruktion getragen würde und damit nicht unabhängig von ihr gelten könne.

Kap. 2 Der Mann als maritus im römischen Ehe- und Familienleben

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________________________________________________

2.2

Der pater familias – die personifizierte Männlichkeit in der römischen Antike

In der römischen Antike verdichtet sich Männlichkeit in der Figur des aristokratischen pater familias, der an der Spitze der familia stand und die uneingeschränkte Entscheidungsgewalt (patria potestas) über diese besaß.64 Dabei agiert der pater im Namen der res publica gleichsam wie ein Magistrat im Haus (vgl. Martin 2009b). Demzufolge sind weder die familia noch die domus private bzw. unpolitische Räume, sondern miteinander verknüpft. Über die heutige Bedeutung des Wortes „Familie“ hinaus umfasste die römische familia die Gemeinschaft der in einem Haushalt lebenden Personen, zu denen außer den Familienmitgliedern in heutigem Sinne (Eltern und Kinder) auch die Bediensteten bzw. Sklaven gehörten. Das, was in der heutigen Gegenwart Familie genannt wird, bezeichneten die Römer mit domus.65 Späth (2003) definiert die domus als eine hierarchische Ordnung, an deren Spitze der pater steht. Laut Späth (2003: 117f.) ist der idealtypische römische Mann der pater, der sich in einer hierarchisch übergeordneten und unabhängigen Position befindet; darüber hinaus sei sein Körper unantastbar. Der pater pflege ein aktives Verhalten im sexuellen und im gesellschaftlichen Bereich, d. h. er bediene nicht, sondern lasse sich bedienen; ferner gebe er sich nicht seinen Begierden hin, sondern beherrsche sie. Kurzum: Der pater befinde sich in einer Stellung, die keine personale Macht über sich zulasse. Den Verhaltenserwartungen an diesen pater familias entsprächen auch Normerwartungen gegenüber Söhnen, Töchtern und Gattinnen: Das Handeln aus einer untergeordneten Position entspreche nur dann den geschlechterspezifischen Normen, wenn es gleichsam eine Handlungskette fortsetze, die vom pater ausgehe, d. h., wenn es ein ‚Handeln-in-Bezug64

65

Zu den bisherigen soziokulturellen Forschungen hinsichtlich der Rolle des pater familias in Zeiten der ausgehenden Republik und des Prinzipats vgl. exemplarisch Wlosok (1978). Foucault (1984). Thomas (1984). Bettini (1992a). Späth (1994). Meyer-Zwiffelhoffer (1995). Alston (1998). Veyne (1999). Humpert (2001). Harders (2008). Martin (2009a–d). Steenbock (2013). Zur Definition einer domus bzw. familia vgl. Krause (2003: 95f.) und Späth (2003).

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Kap. 2 Der Mann als maritus im römischen Ehe- und Familienleben

________________________________________________ auf‘ und nicht ein ‚Handeln-aus-sich-heraus‘ sei. In dieser Hinsicht seien sich Söhne, Töchter und Gattinnen gleich; was Söhne von untergeordneten weiblichen Positionen unterscheide, sei ihre Aussicht, einst die Stellung eines pater einzunehmen. Martin (2009b: 312) steigert das Verständnis des pater familias als eines Magistrates im Haus durch die Feststellung, wonach im Gegensatz zu dem obersten Magistrat (Konsul) in der römischen Republik der pater familias Vollgewalt besessen habe und jemanden, der unter seine potestas fiel, straflos habe hinrichten lassen können. Daraus schlussfolgert Martin, dass in Rom Magistrate und patres die politische Gewalt repräsentierten: „Mit ihrer Disziplinarsgewalt sichern die Hausväter die Integration des eigenen Hauses in die römische Gesellschaft.“ (Martin 2009c: 336f.)66 In diesem Kontext darf keinesfalls die Rolle der Frau unterschätzt werden, da durch die Heirat die Verbindungen bzw. die Verwandtschaftsbeziehungen unter den einzelnen Häusern erst möglich wurden.67 Überdies arbeitet Späth (2003: 122) heraus, dass jeder römische Mann beim Tod seines Vaters zu einem pater familias wird – unabhängig davon, ob er verheiratet sei und ob er Kinder habe. Entscheidendes Merkmal dieser Position sei die väterliche Rechtsgewalt über alle Personen und materiellen Güter einer domus. Die patria potestas sei eine absolute Rechtsgewalt, eingeschränkt allein durch den mos maiorum, nicht aber durch eine andere personale Macht. Zu den grundlegenden Normen römischer Männlichkeit gehöre die Wahrnehmung dieser dominierenden Stellung. Darunter falle einerseits die Ausübung der Macht und Kontrolle über die Gewaltunterworfenen; andererseits sei die Gewährung von Schutz, Hilfe und Förderung der Abhängigen ebenso Teil einer normentsprechenden Männlichkeit. In diesem Zusammenhang sei mit Deissmann (1989: 533) auf Cato verwiesen, der als strenger Verfechter altrömischer Ideale zu Endzeiten der römischen Republik die Frau nicht nur animal indomitum genannt, sondern von den mariti gefordert hat, dieses animal unter Kontrolle zu halten, wenn es für ihn und die von ihm geschaffene Ordnung nicht gefährlich werden solle (vgl. dazu auch Liv. 34,2,13). Dass diese 66

67

Zum Vergleich der patria potestas mit dem imperium der Magistrate vgl. Humpert (2001: 34), die sich auf entsprechende Belege in Rechtstexten (Dig. 50,17,4) beruft; vgl. dazu auch Gell. 10,23,4 und Cic. Cato mai. 37. Vgl. dazu auch Martin (2009c: 335). Zum durchstrukturierten und komplexen System römischer Verwandtschaftsbeziehungen vgl. Bettini (1992a) und Harders (2008); vgl. auch Dies. (2014: 20–25).

Kap. 2 Der Mann als maritus im römischen Ehe- und Familienleben

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________________________________________________ Ansicht noch bis in die Kaiserzeit Bestand hatte, zeigt eine Passage aus den Annales des Tacitus, der den römischen Senator Aulus Caecina Severus über das weibliche Geschlecht folgendes Werturteil treffen lässt (vgl. Tac. ann. 3,33: non imbecillum tantum et imparem laboribus sexum sed, si licentia adsit, saevum, ambitiosum, potestatis avidum.).68 Vor diesem Hintergrund lassen sich die Forderungen prominenter Vertreter der Stoa erklären, wonach der Frau eine gründliche philosophische Bildung zuteilwerden müsse, damit sie ihr ungezügeltes Wesen und ihre Begierden unter Kontrolle halten könne (vgl. bes. Sen. dial. 2,14,1: aeque imprudens animal est et, nisi scientia accessit ac multa eruditio, ferum, cupiditatum incontinens.).69 Bezogen auf die römische Literatur kann mit Späth (1994: 20) von einem wenig schmeichelhaften Frauenbild gesprochen werden: „Schon eine oberflächliche Lektüre zeigt die erstens weitgehend negative und zweitens sekundäre Rolle weiblicher Figuren in den klassischen Texten.“70 An dieser Stelle soll eine Zwischensicherung gewagt werden: Die geschlechterspezifische Bedeutung des pater familias ist zentral für die Definition des römischen Mannes,71 wobei die politische Dimension der 68 69

70

71

Vgl. auch Tac. ann. 3,34,5; demnach galten Frauen als sexus natura invalidus. Einen Überblick über die vorherrschenden Männlichkeiten und Weiblichkeiten im Geschlechterdiskurs der römischen Gesellschaft bietet Späth (1994: 305–328). Vgl. auch Ders. (1998 und 2000). Weiblichkeit ist in der römischen Gesellschaft im Gegensatz zur Männlichkeit als natürliche Unterlegenheit definiert. Es wird gemeinhin von der natürlichen Unfähigkeit der Frau ausgegangen, ihre Gefühle und Leidenschaften zu kontrollieren (muliebris impotentia). Vgl. dazu Stahlmann (1997). Zur literarischen Darstellung von Frauen in der römischen Literatur mit einem Überblick über die Quellenlage vgl. Patzek (2000: 208–254 zur Quellenlage in der römischen Republik und id. 255– 320 zur Quellenlage in der römischen Kaiserzeit). Vgl. auch von HesbergTonn (1983: 47–58), Späth (2000: 125f. mit dortiger Anm. 35) und Lintott (2010: 97–100). Bereits im Hellenismus wurde die naturgegebene Inferiotät des Weiblichen betont, zuvorderst von Aristoteles (Arist. Pol. 1254b 1,13–15); vgl. dazu auch Humpert (2001: 27) und Mayordomo (2008: 105). An diesem Sachverhalt ändert auch die in der römischen Liebeselegie vorgenommene Verkehrung der traditionellen Unterordnung der Frau in ihrer Funktion als domina und puella divina nichts (vgl. z. B. Prop. 1,1,21; Tib. 1,1,46). Vgl. dazu Deissmann (1989). Dixson (1991). Eyben (1991). Treggiari (1991). Späth (1994). Schweers (1999). Späth (2003). Treggiari (2007a). Martin (2009). Dixon (2011). Rawson (2011). Scholz (2011). Page (2015). Zur männlichen Sexualität in der römischen Antike vgl. Veyne (1978). Foucault (1984).

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Kap. 2 Der Mann als maritus im römischen Ehe- und Familienleben

________________________________________________ Rolle des pater familias insbesondere in republikanischen Zeiten, aber noch bis in die Kaiserzeit hinein unverkennbar ist, wie Steenblock (2013: 18) in Anlehnung an einen Vers des römischen Nationaldichters Ennius (ann. 500) erläutert hat: „Die Stärke und Stabilität des Gemeinwesens (res Romana) beruht [sic!] auf den tradierten Sitten (mores antiqui) und auf Männern (viri), die, so ist impliziert, sittenkonform und tradierten Männlichkeitsnormen entsprechend agieren.“72 Paternalität fungiert also als zentrales Prinzip der römischen Gesellschaft, die sich in ihren Institutionen an dem pater und seiner potestas orientiert habe: „Das Prinzip der Paternalität war mehr als das Prinzip der bloßen biologischen Vaterschaft.“ (Humpert 2001: 34)73

72

73

Meyer-Zwiffelhoffer (1995). Parker (1997). Walters (1997 und 1998). Williams (1999). Treggiari (2007a: 375f.). Steenblock (2013: 12). Harders (2014: 20–25). Albrecht (2016: bes. 204–207). Vgl. ähnlich Severy (2003). Vgl. in der römischen Literatur auch Cic. rep. 5,1: Moribus antiquis res stat Romana virisque. Zur politischen Dimension in der Rolle des pater familias vgl. neben Martin (2009c: 337) und Harders (2014: 20–25) auch Humpert (2001: 34). Vgl. dazu auch Thomas (1996: 324f.), der als politische Grundeinheit in Rom die Familie in ihrer männlichen Ordnung definiert. Söhne seien Staatsbürger zweiter Klasse gewesen.

Kap. 2 Der Mann als maritus im römischen Ehe- und Familienleben

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________________________________________________

2.3

Zum Auftreten des römischen Mannes innerhalb und außerhalb seiner domus

Vor dem Hintergrund der oben skizzierten Forschungsergebnisse ist es nur verständlich, dass die führenden Männer Roms einem fest umrissenen Verhaltenskodex unterworfen waren. Ihr Auftreten sollte stets maßvoll und beherrscht sein, bestimmt von dignitas und gravitas.74 Zu diesem Bild der Männlichkeit gehört die Fähigkeit, sich selbst zu beherrschen (continentia).75 Insbesondere im Verhältnis zu den eigenen Söhnen erfährt die vom pater familias anzustrebende Emotionskontrolle eine Steigerung, weswegen der Vater dem Sohn gegenüber Distanz zu wahren und sich durch Strenge (severitas) auszuzeichnen hatte.76 Männlichkeit in der römischen Antike ist gemäß Mayordomo (2008: 74

75

76

Weggen (2013: 29) plädiert aufgrund der verschiedenen Bedeutungsebenen der beiden Begriffe dafür, sie unübersetzt zu lassen. Vereinfacht stehe dignitas für die persönliche Würde bzw. Ehre eines Mannes, wohingegen gravitas auf die Haltung bzw. Ernsthaftigkeit des Auftretens abziele. Zum Begriff der continentia vgl. Edwards (1993: 81–92) und Gleason (1995: 65). Vgl. auch Steenblock (2013: 12 mit dortiger Anm. 45), die bei ihrer Definition dieser Eigenschaft auf ein Cicero-Zitat zurückgreift (vgl. Cic. fin. 2,47: Nam ex his tribus laudibus quas ante dixi et temeritatem reformidat et non audet cuiquam aut dicto protervo aut facto nocere vereturque quicquam aut facere aut eloqui quod parum virile videatur.). Vgl. dazu auch Bettini (1992a: 13f.). Vgl. dazu auch Späth (1994: 234f.). Bereits vor Bettini und Späth hat Wlosok (1978: 19) die Vater-Sohn-Konstellation „als eine wesentliche Struktur für das römische Selbstverständnis und seine Explikationen“ charakterisiert. Aus juristischer Perspektive war in der römischen Antike ein Mann (auch wenn er selbst noch keine Kinder hatte) dann ein pater familias, wenn sein eigener pater familias gestorben war (vgl. Dig. 50,16,195). Zu einer kritischen Betrachtung der Thesen Bettinis vgl. Weggen (2013: 30f.). Zur häuslichen Vermittlung des senatorischen Habitus und Ethos im Zuge der Vorbereitung der Jugend auf ihre künftige Rolle in Familie und Öffentlichkeit vgl. Späth (1994: 290–306) und Humpert (2001). Vgl. auch Conde Guerri (2004: 45–59). Ruiz Sánches (2004: 7–12). Bormann (2006). Scholz (2011: 89–113). Weggen (2013: bes. 50–54); vgl. auch die Studie von Önnerfors (1974), der sowohl die Erziehungsmethoden römischer Väter (id. 67–74) als auch in zentraler Perspektivierung die Vaterporträts in der römischen Literaturgeschichte unter bes. Berücksichtigung von Horaz (id. 88–91), Statius (id. 91–119) und Ausonius (id. 120–132) in den Blick nimmt.

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Kap. 2 Der Mann als maritus im römischen Ehe- und Familienleben

________________________________________________ 99) als zentrale Kategorie zur Strukturierung sozialer Wirklichkeit zu bezeichnen. Dabei müsse Männlichkeit durch öffentliche Selbstdarstellung in Form von Kontrolle und Herrschaft erworben und erhalten werden.77 Herrschaft und Männlichkeit seien – so Mayordomo (2008: 105) weiter – streng aufeinander bezogen.78 Von daher seien es in erster Linie die Eliten gewesen, die Zugang zur Männlichkeit hatten. Ausgeschlossen seien alle diejenigen gewesen, die per se als unmännlich galten: Frauen, Kinder, Sklaven, sexuell passive Männer, weibliche Männer, Eunuchen und Barbaren. Zusammenfassend konstatiert Steenblock (2013: 11. 13), dass sich sowohl im sexuellen als auch im gesellschaftlich-politischen Bereich eine hierarchische Ordnung manifestierte, wobei Virilität mit Dominanz, Herrschaft, Eroberung und Kontrolle korrespondierte.79 Unter Verweis auf Cic. Cluent. 70, Cic. Tusc. 5,16,47 und Cic. leg. 1,27 sei die römische Kultur von performativen Elementen durchdrungen; äußeres Erscheinungsbild, soziale Umgangsformen bzw. Handlungsweisen und innere Charakterhaltung spiegelten sich in gegenseitiger Analogie.80 Als unmännlich (mollis bzw. effeminatus) gilt, wenn ein Mann – nicht 77

78 79

80

Vgl. in diesem Kontext auch Weggen (2013: 29), die in Anlehnung an Giuliani (1990: 111) darauf aufmerksam macht, dass ein Politiker und patronus idealerweise Kontrolle, Maßhalten, Strenge und Ernst ausstrahlen solle, wobei sich ein solches Verhalten auch in zahlreichen römischen republikanischen Porträts widerspiegele. In der jüngeren Forschung untersucht Albrecht (2016: 111–258) verschiedene Facetten römischer Männlichkeit bei Livius; dabei dienen in erster Linie die Rhetorik und der Kriegsdienst als Analyseparameter. Vgl. ähnlich Schweers (1999: 9). Vgl. dazu auch Frevert (1991: 42). Cantarella (1992: 98–100. 217). Edwards (1993: 70). Meyer-Zwiffelhoffer (1995: 17. 72f. 87. 213). Williams (1999: 19f.). Holzberg (2002: 28–30). Skinner (2005: 195. 197. 212). Meister (2012: 94f.). Mayordomo (2008: 100) merkt an, dass der antike Männlichkeitsdiskurs an unzähligen Stellen ablesbar sei: in juristischen, rhetorischen, physiognomischen und medizinischen Lehrbüchern, bei Historikern, Dichtern, Satirikern und Traumdeutern, auf der Bühne der Dramen und Komödien, in repräsentativen Statuen und Münzen und an vielen Wänden mit ihren bildlichen Darstellungen und unzweideutigen Graffitis. Zum antiken Männlichkeitsdiskurs, der dem Bereich der Men’s Studies zuzuordnen ist, sind neben den Arbeiten von Martin und Späth in den letzten Jahren vornehmlich im anglo-amerikanischen Raum zahlreiche Publikationen erschienen, wie z. B. Edwards (1993). Gleason (1995). Moxnes (1997). Alston (1998). Foxhall (1998). Foxhall – Salmon (1998). Wyke (1998). Gunderson (2000). Golden – Toohey (2003). Rosen – Sluiter (2003).

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________________________________________________ nur ein pater familias – seinen Leidenschaften nachgibt, wie Fögen (2009) in seiner Untersuchung zur Körpersprache in der römischen Antike nachgewiesen hat. Gemäß Meister (2012: bes. 57–63) frönt ein seine continentia nicht wahrender Mann primär seinen Lüsten, verwöhnt seinen Körper mit jedem erdenklichen Luxus, pflegt und schmückt sich in weiblicher Manier; ferner sei er nicht nur selbst sexuell übermäßig aktiv, sondern wende auch passive weibliche Sexualpraktiken an. Kurzum: Ein vir mollis bzw. effeminatus überschreitet gängige Geschlechtergrenzen und lässt jegliche Triebkontrolle vermissen.81 Im Kontrast zu dem von Fögen (2009) und Meister (2012) umrissenen vir mollis zeichnet Seneca ein konträres Bild eines römischen Mannes, indem er ihn als vollendete Symbiose von moralischer Integrität, körperlicher Ausstrahlung und rhetorischer Kunstfertigkeit darstellt – ein Männlichkeitsideal, das göttliche Züge trägt; vgl. dazu Sen. epist. 115,2–4: (2) Nosti comptulos iuvenes, barba et coma nitidos, de capsula totos: nihil ab illis speraveris forte, nihil solidum. Oratio cultus animi est: si circumtonsa est et fucata et manu facta, ostendit illum quoque non esse sincerum et habere aliquid fracti. non est ornamentum virile concinnitas. (3) Si nobis animum boni viri liceret inspicere, o quam pulchram faciem, quam sanctam, quam ex magnifico placidoque fulgentem videremus, hinc iustitia, illinc fortitudine, hinc temperantia prudentiaque lucentibus! Praeter has frugalitas et continentia et tolerantia et liberalitas comitasque et (quis credat?) in homine rarum humanitas bonum, splendorem illi suum adfunderent. Tunc providentia cum elegantia et ex istis magnanimitas eminentissima quantum, di boni, decoris illi, quantum ponderis gravitatisque adderent! Quanta esset cum gratia auctoritas! Nemo illam amabilem qui non simul venerabilem diceret. (4) Si quis viderit hanc faciem altiorem fulgentioremque quam cerni inter humana consuevit, nonne velut numinis occursu obstupefactus resistat et ut fas sit vidisse tacitus precetur? Tum evocante ipsa vultus benignitate productus adoret ac supplicet.

Das Idealbild eines vir bonus, der hier mit dem stoischen Weisen senecaischer Prägung verschmilzt, zeichnet sich vor allem durch die altrömischen, bereits von Cicero gepriesenen Kardinaltugenden Gerechtigkeit (iustitia), Tapferkeit (fortitudo), Mäßigung (modestia) und Klugheit (prudentia) aus. Hinzu kommt die Fähigkeit, die Affekte – im Speziellen die 81

Vgl. dazu Edwards (1993: 63–97). Wyke (1994). Gleason (1995: 55–130). Meyer-Zwiffelhoffer (1995: bes. 88–95. 134–153). Williams (1999).

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Kap. 2 Der Mann als maritus im römischen Ehe- und Familienleben

________________________________________________ Sinnenlust – zu beherrschen. Dies alles verdichtet sich zu einer schönen, beinahe gottgleichen Gestalt (hanc faciem altiorem fulgentioremque quam cerni inter humana consuevit). Auch wenn Seneca in seiner 115. Epistel eine Idealvorstellung eines vir bonus entfaltet, wird dennoch deutlich, dass die Kategorie des Männlichen in sämtliche Lebensbereiche der römischen Gesellschaft hineinragt. Orte für den Vollzug von Männlichkeit waren in der römischen Antike vor allem der militärische Einsatz im Krieg, 82 das Bekleiden politischer Ämter, das öffentliche Auftreten als Rhetor, die Teilnahme an sportlichen Wettkämpfen83 und nicht zuletzt – bei unbedingter Wahrung der continentia – das souveräne Ausführen der Rolle des pater familias in Ehe, Familie und Sexualität. In all diesen Bereichen steigt mit zunehmender Aktivität und Kontrolle zugleich auch die Männlichkeit. 84 Auffällig ist, dass Seneca detailliert auf die imposante äußere Erscheinung (im Speziellen auf das Antlitz und die Augen) dieses Idealbildes eines römischen Mannes eingeht. Letzteres liegt darin begründet, dass sich Männlichkeit in der römischen Antike vornehmlich im Modus der öffentlichen Selbstrepräsentation konstituierte. Die gottgleiche äußere Erscheinung dieses senecaischen Idealbildes erwächst aus den zuvor ausführlich gewürdigten virtutes des vir bonus. Seneca handelt bereits in seinem Dialog De beneficiis von wahrer Schönheit, die er mit der Macht edler Werthaftigkeit gleichsetzt. Von dieser werde jeder Betrachter unwillkürlich angezogen; ja sogar entbrenne dieser in Liebe zu ihr, wenn es ihm gelänge, sie zu sehen (vgl. Sen. benef. 4,22,2: ad alliciendas mentes hominum ingens honesti potentia.).85 82 83 84

85

Vgl. dazu weiterführend Alston (1998). Leitao (2014). Albrecht (2016: 140– 203). Vgl. dazu weiterführend von Nijf (2003). Zur Steigerung der Männlichkeit aufgrund zunehmender Aktivität und Kontrolle vgl. Späth (1997: 195) und Alston (1998: 207–209), die einen engen Zusammenhang zwischen libertas und potestas sehen. Vgl. dazu auch Mayordomo (2008: 104–106). Laut Foucault (1986a: 71–83) ist männliche Sexualität in der römischen Antike als Befriedigung eines natürlichen Verlangens wie Hunger oder Schlaf verstanden worden. Hierzu kann auch auf griechische Quellen zurückverwiesen werden, z. B. auf die Memorabilia Xenophons (1,3,14f.; 2,1,30; 4,5,9) oder auf Diogenes Laërtius (6,46; id. 6,69). Zum Gedanken, wonach die Weisheit nicht mit menschlichem Auge erblickt werden könne, vgl. auch Sen. epist. 90,34; id. 95,48. Das erinnert – wie dies auch Cicero konstatiert (vgl. Cic. off. 1,15) – an Platons Phaidros (250,4–6), wo Platon dasselbe Argument für die Schönheit der intelligiblen Vernunft

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________________________________________________ Aus physiognomischer Perspektive – namentlich vertreten durch den im zweiten nachchristlichen Jahrhundert lebenden Römer Polemon aus Laodizäa86 – sei der männliche Körper nach außen gerichtet, warm, aktiv, stark, kontrolliert und dadurch zur Herrschaft bestimmt. Diese Annahme ist auf die aristotelische Naturlehre (Arist. Pol. 1254b 1,13–15) zurückzuführen und begründet zugleich die Normierung des Männlichen in strikter Opposition zum Weiblichen – eine Auffassung, die Seneca in Epistel 114, 3 vertritt; zu beachten sei hier die direkte Nachbarschaft zu dem oben angezeigten Brief 115.87 Die Männlichkeit stand in der römischen Antike stets auf dem Prüfstand (vgl. bes. Quint. inst. 11,3,61–149) und änderte ihren Wert mit dem Verlust oder der Vermehrung persönlicher Ehre.88 In diesem Zusammenhang war die öffentliche Rede ein wichtiges Feld, auf dem der Nachweis von Männlichkeit erbracht werden konnte.89 Dabei galt die Aufmerksamkeit der Zuhörer nicht nur dem Inhalt des Gesagten, sondern auch Aspekten der körperlichen Erscheinung, Gestik, Mimik und Stimme (vgl. dazu Fögen 2009). Zugleich gibt der Körper auch den Grad an Männlichkeit preis, wie Seneca in seinen Epistulae morales erläutert; vgl. dazu Sen. epist. 52,12: Omnia rerum omnium, si observentur indicia sunt et argumentum morum ex minimis quoque licet capere. Inpudicum et incessus ostendit et manus mota et unum interdum responsum et relatus ad caput digitus et flexus oculorum; inprobum risus, insanum vultus habitusque demonstrat.90

86 87 88 89

90

(φρóνησις) verwendet. Zu einem Vergleich zwischen den platonischen Reflexionen und den senecaischen Anspielungen in Sen. epist. 115 (sowie auch Sen. benef. 4,2,2) hinsichtlich der vollkommenen pulchritudo der Tugend vgl. Zöller (2003: 205–214, hier bes. 209–214). Zur Lehre und Person des Physiognomisten Polemon aus Laodizäa vgl. Mayordomo (2008: 104f.). Vgl. dazu auch Stahlmann (1997: 37). Vgl. dazu auch Gilmore (1991) und Mayordomo (2008: 103f.). Vgl. dazu bes. Gleason (1995). Gunderson (1998 und 2000). Richlin (1997). Mayordomo (2008). Fögen (2009). Glazebrook (2014). Albrecht (2016: bes. 111–140). Bereits in der griechischen Literatur wurde Männlichkeit im öffentlichen Auftreten auf der Projektionsfläche von Gestus, Mimik, Stimme und körperlicher Erscheinung bei öffentlichen Auftritten bewertet, wie u. a. Diogenes Laërtius zu berichten weiß (vgl. id. 7,173). Zur Physiognomik effeminierter Männer vgl. Meyer-Zwiffelhoffer (1995: bes. 139–153). Vgl. auch mit weiteren Be-

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________________________________________________ Vor dem Hintergrund der physiognomischen Überzeugung, dass Seele und Körper in Wechselwirkung zueinander stehen, gilt der Körper als Referenzträger für den Charakter des Mannes.91 Dabei komme nach Auffassung Senecas die höchste Form von Männlichkeit dort zum Ausdruck, wo jemand frei von Affekten lebe und sich seinen sexuellen Begierden nicht hingebe (vgl. dazu Sen. epist. 116,1). Seneca zieht hier eine untrennbare Verbindungslinie zwischen Männlichkeit und dem Verhalten bzw. dem Charakter des Individuums selbst. Die Tugendhaftigkeit und die moralisch angemessene Lebensführung entschieden letztlich darüber, ob von einem vir bonus gesprochen werden könne; vgl. Ganss (1952: 126f.): An betonter Stelle findet sich humanitas – dabei ein schmerzliches Bedauern, daß sie gerade beim Menschen so selten zu finden ist. [...] Eine wahrhaft echte religiöse Sehnsucht nach dem Göttlichen sieht im Weisen die Parousie Gottes, vor dem man ehrfurchtsvoll erschauernd staunt und betet. Wie liebenswürdig ist der Weise der ‚Vision‘! Seine Güte lädt den demütigen Verehrer, der zu ihm fleht, ein [sic!] sich zu nähern, und dieser versinkt in langes Betrachten der Erscheinung.

Die einzelnen von einem vir bonus erwarteten und von Seneca schriftlich fixierten virtutes „dienen dazu, am Ende der vielen Einzelratschläge (für den noch auf dem Wege Befindlichen) das für alle verbindliche Vollkommene darzustellen, als Orientierung und Zielangabe“ (Maurach 1996: 105 mit dortiger Anm. 112). Daraus ist zu schlussfolgern, dass das von Seneca in Epistel 115,2–4 entworfene Idealbild eines vir bonus nicht in unerreichbarer Ferne liegt. Wildberger I (2006: 349) definiert bei ihrer Untersuchung des senecaischen Idealbildes eines vir bonus die Vollkommenheit für einen Menschen in der Weise, dass dieser Gott gleich werde. Und da der vollkommene Mensch das wolle, was Gott wolle, und nicht anders handele als Gott, stehe ihm faktisch nichts im Weg: Der vollkommene Mensch werde zu nichts gezwungen, obwohl er nur ein Teil der differenzierten Welt sei. Maurach (1996: 177) schließt sich im Kern Wildberger an, präzisiert aber den Weg zur Vollkommenheit mit Blick auf das alltägliche Leben eines Menschen, wobei unter Bezugnahme auf Epistel 115,6 und 117,19 folgende Kriterien zu erfüllen seien: Scham vor sich selbst, den Vorbildern und dem Kosmos; darüber hinaus Liebe sowohl zu

91

legstellen Mayordomo (2008: 103). Vgl. dazu Fögen (2009: 37). Meister (2012: 95). Glazebrook (2014: bes. 440– 443). Albrecht (2016: 234–258).

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________________________________________________ den großen Männern der Geschichte als auch zur Schönheit des Kosmos und zum sittlich Guten. Die durchgehende Präsenz des Männlichen in allen Lebensbereichen wird bestätigt durch den älteren Plinius, der im Zuge der Grabrede des Quintus Caecilius Metellus für dessen Vater (Konsul der Jahre 251 und 247 v. Chr.) das exemplum eines vir vere Romanus auf Grundlage eines Tugendkataloges präsentiert; vgl. dazu Plin. nat. 7,139f.: Voluisse enim primarium bellatorem esse, optimum oratorem, fortissimum imperatorem, auspicio suo maximas res geri, maximo honore uti, summa sapientia esse, summum senatorem haberi, pecuniam magnam bono modo invenire, multos liberos relinquere et clarissimum in civitate esse; haec contigisse ei nec ulli alii post Romam conditam.

Die von Quintus Caecilius Metellus aufgelisteten Eigenschaften seines Vaters werden in der sozial- bzw. kulturhistorischen Forschung häufig als charakteristisches Zeugnis der Wertvorstellungen, welche die römische Nobilität im dritten vorchristlichen Jahrhundert für sich beanspruchte, bezeichnet. Allerdings steht eine umfassende philologisch-motivanalytische Kommentierung der Grabrede des Quintus Caecilius Metellus noch aus.92 Dieser Tugendkatalog besitzt nicht zuletzt unter Rückgriff auf zahlreiche Superlative einen „Wettkampfcharakter“ (Schweers 1999: 7), wobei ein vir vere Romanus sich vornehmlich über sein gesellschaftspolitisches Engagement definiert.93 Auch die Zeugungsfähigkeit des Mannes, die auf den ersten Blick in den privaten Bereich fällt, ist im römischen Denken politisch geprägt, da sie doch vordringlich dem Erhalt 92

93

Zu den Interpreten, die auf dieses Dokument Bezug nehmen, gehören Klima (1971: 56–60). Kierdorf (1980: 10–21). Flaig (1995: 129–131). Flower (1996: 136–141). Hölkeskamp (1996: 321 mit einer prägnanten Gliederung der Grabrede). Beck (2005: 20 mit dortiger Anm. 38). Kierdorf (1980: 10–21, bes. 18) merkt an, dass die Grabrede keinen auf Vollständigkeit zielenden Tugendkatalog aufweise. Von dem, was unter altrömischen Tugenden verstanden wird (allen voran pietas und fides), sei hier nur ansatzweise die Rede; lediglich fortitudo (steht für die militärisch-soldatische Stärke und Festigkeit) und sapientia (steht für die staatsmännisch-zivile Weisheit und Einsicht) fänden Erwähnung. Zu diesen beiden Tugenden vgl. Hölkeskamp (2011: 226). Grundsätzlich gehe es in der Grabrede des Quintus Caecilius Metellus – hier kann Kierdorf (1980: 18) zugestimmt werden – weniger um Tugenden oder Werte als vielmehr um Leistungen bzw. die res gestae und die dadurch erlangte dignitas des Verstorbenen.

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________________________________________________ des römischen Staates dient (vgl. bes. Cic. off. 1,54f.).94 Von daher soll nach traditionell römischer Auffassung jeder Mann heiraten und Kinder zeugen, sodass die Ehe – wie Steenblock (2013: 87 mit dortiger Anm. 343) unter Bezugnahme auf Cicero, Musonius Rufus und Plutarch erkannt hat – zunehmend als Staatsbürgerpflicht aufgefasst wurde. Dies korrespondiert mit der häufig anzutreffenden Visualisierung von Eheszenen auf den Sarkophagen römischer Männer; zusammen mit den Darstellungen ihrer militärischen und öffentlichen Erfolge können sie als Reminiszenz daran aufgefasst werden, dass ein Mann seine Pflicht gegenüber der Gesellschaft erfülle, indem er heirate.95 Die künftige Ehepartnerin wurde nach Möglichkeit innerhalb derselben sozialen Schicht (aus dem Ritter- oder Decurionenstand) gesucht, woran eine starke Tendenz zur Homogamie abzulesen ist. Nach den Forschungsergebnissen von Krause (2003: 101) wurde in der frühen und hohen Kaiserzeit lediglich ein Drittel der Ehen von Angehörigen des Senatorenstandes außerhalb dieser Schicht geschlossen. Grundsätzlich wurden die Ehen zumeist nicht von Braut und Bräutigam, sondern von den Eltern oder anderen Mittelspersonen arrangiert.96 Leitende Kriterien der Partnerwahl waren Abstammung, Vermögen und Status. Physische Aspekte (wie z. B. der Charakter des Partners) spielten allenfalls eine untergeordnete Rolle. Die Ehepartner kannten einander bei der Eheschließung häufig nicht oder nur wenig.97 In diesem Zusammenhang betont Harders (2008) das einzigartige Heiratsverhalten, das den rechtlich autarken familiae und dem pater familias insofern gegenüberstehe, als die Frauen in Zeiten der römischen Republik vom gesellschaftlich-politischen Verkehr der Männer nicht ausgeschlossen, sondern aufgrund ihres Bezuges zur Herkunftsfamilie ein zentrales Bindeglied in diesem Geflecht – gewissermaßen ein Scharnier – gewesen seien.98 94 95

96 97 98

Vgl. dazu auch Krause (2003: 114). Meister (2012: 94f.). Steenblock (2013: bes. 86–89). Vgl. dazu auch Kunst (2000: 36). Zur Verpflichtung für einen römischen Mann, Kinder (möglichst Söhne) zu zeugen, vgl. Thomas (1996: 324). Hoffer (1999: 229–233, bes. 231f.). Centlivres Challet (2013: bes. 29–34 unter Bezugnahme auf das ius trium liberorum). Shelton (2013: 125). Baeza-Angulo (2015a: 71 mit dortiger Anm. 16). Vgl. dazu Kunst (2000: 37–41) und Cantarella (2002). Vgl. dazu Treggiari (1991: 119–122) und Shelton (2013: 82–84). Laut Harders (2008) können Veränderungen im Heiratsverhalten im 3./2. Jh. v. Chr. mit politischen Veränderungen parallelisiert werden und die wachsen-

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________________________________________________

de Desintegration der aristokratischen Führungsschicht widerspiegeln. Ebenso könne am Beispiel der dem Augenschein nach die altrömischen Werte restaurierenden augusteischen Ehegesetzgebung die Durchschlagskraft eines neuen politischen Systems verdeutlicht werden.

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________________________________________________

2.4

Der Mann als maritus – zur Ehe in der römischen Antike

2.4.1

Prolegomenon: Begriffsbestimmungen und rechtliche Grundlagen

Der Mann vollzog laut Treggiari (1991: 8) die Ehe primär zum Zwecke der Zeugung legitimer Nachkommen (vgl. dazu auch Cat. c. 62,56–65).99 Legitim bedeutet mit Kunst (2000: 35), dass nur in einer nach römischem Recht gültigen Ehe (iustum matrimonium) geborene Kinder in die patria potestas ihres Vaters fielen und somit seine Erben waren. Voraussetzung war die Anerkennung des Kindes durch den Vater, der darüber entschied, ob der gebadete und gewickelte Säugling vom Boden aufgehoben werden sollte (als Zeichen für die Aufnahme des Kindes in die patria potestas und damit in die Familie) oder ob der Neugeborene auszusetzen sei.100 Die Intention, in einer Ehe legitime Nachkommen zu zeugen, spiegelt sich bereits im Terminus der „rechtmäßigen Mutterschaft“ (iustum matrimonium) wider, die in der gesamten römischen Antike als eine bedeutende soziale Institution betrachtet wurde, ohne jedoch zunächst rechtlich definiert gewesen zu sein.101 Die Ehe in der frühen römischen Republik kam aufgrund einer bloßen Willensbekundung zwischen Frau und Mann zu99

100 101

Vgl. dazu auch Cancik-Lindemaier – Cancik (2006a: 110f.). Einen wissenschaftlichen Abriss zur Ehe in der römischen Antike gibt Krause (2003), dem die Ausführungen in diesem Kapitel wichtige Informationen verdanken. Vgl. auch Garnsey – Saller (1987). Deissmann (1989). Dixon (1991). Treggiari (1991). Späth (1994). Schweers (1999). Veyne (1999). Kunst (2000). Weeber (2003a: 75–77 s. v. Ehe). Cancik-Lindemaier (2006). Dixon (2011). Rawson (2011). Steenblock (2013). Glazebrook – Olson (2014: 75–80). Vgl. dazu auch Cantarella (2002). Die Bezeichnung matrimonium ist von dem Wort mater (Mutter) abgeleitet, bedeutet eigentlich Mutterschaft und verweist auf den Zweck einer Eheschließung im römischen Sinne: Kinder zu zeugen, die rechtlich dem Vater gehörten, sofern er diese anerkannte. Vgl. dazu auch Cat. c. 62,56–65. Zur Begriffsbestimmung von matrimonium vgl. ThLL 8 (1936–1966: 476,6–481,16); zur Erläuterung dieses Thesaurusartikels vgl. auch Frei (1979: 132–136). Vgl. ferner Treggiari (1991: 8 mit dortiger Anm. 37). Kunst (2000: 35 mit dortiger Anm. 90). Weeber (2003a: 75–77 s. v. Ehe, hier 75). Treggiari (2007a: 376). OLD II (2012: 1193).

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________________________________________________ stande (consensus facit nuptias).102 Es gab unter Bezug auf Krause (2003) und Angela (2014: 104–109) ursprünglich drei Arten der Eheschließung: A. Die feierlichste Form war die confarreatio, die vor allem den Patriziern vorbehalten war. Unter Mitwirkung des pontifex maximus und des flamen dialis wurde in Gegenwart von zehn Zeugen u. a. dem Iupiter ein Opferkuchen aus Weizen dargebracht. B. Die coemptio war eine Art Scheinverkauf der Frau und ging wohl auf einen urtümlichen Brauch des Brautkaufes zurück. C. Schließlich konnte eine Ehe ohne besondere Zeremonie durch den usus geschlossen werden. Hierbei wurde die Rechtsgültigkeit durch ein einjähriges ununterbrochenes Zusammenleben der Eheleute bewirkt. Allerdings konnte sich eine Frau in diesem Fall der durch die Ehe begründeten Rechtsgewalt des Ehemannes entziehen, indem sie innerhalb eines Jahres jeweils mindestens drei aufeinanderfolgende Nächte (trinoctium) außerhalb des Hauses zubrachte. Neben diesen drei Eheformen gab es noch den concubinatus, ein eheartiges Zusammenleben, das nicht zur vollgültigen Ehe werden konnte, aber doch auf Dauer zielte, weil einer der Partner nicht ebenbürtig, fremdvölkisch oder freigelassen war.103 Voraussetzungen einer gültigen Ehe waren laut Kunst (2000: 35), Krause (2003: 97) und Kersten (2012: 37) sowohl die Mündigkeit beider Partner als auch der Besitz des römischen Bürgerrechtes. Vertraglich geregelt wurden allenfalls Fragen der Mitgift und des Vermögens.104 Erst in 102

103 104

Zum juristischen Terminus consensus facit nuptias vgl. in den Digesten 23,1, 11. Der formale Ausdruck der auf Freiwilligkeit gegründeten Ehe war der Handschlag (dextrarum iunctio). Vgl. dazu und zu weiteren Formalia bzw. Ritualen der römischen Heirat Kunst (2000: 32 mit dortiger Anm. 78). Vgl. auch Hartmann (2007: 230 mit dortiger Anm. 19). In diesem Zusammenhang verweist Kunst darauf, dass der eheliche Handschlag die idealtypische Ehevorstellung – die der concordia und der gegenseitigen fides – symbolisiere, was auf zahlreichen Grabreliefs römischer Eheleute dokumentiert sei. Vgl. dazu Angenendt (2015: 45). Zur rechtlichen Vereinbarung hinsichtlich der Mitgift bzw. des Vermögens

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________________________________________________ der Folgezeit entwickelte sich das klassische Eherecht,105 wobei die Frau in die Gewalt des Mannes überging, was durch bestimmte Rituale veranschaulicht wurde, welche die sogenannte manus-Ehe begründeten (vgl. Gaius inst. 1,109–113; Gell. 10,23,1–5; Liv. 34,2f.). Das durchschnittliche Alter von Frauen und Männern bei der ersten Heirat lässt sich schwerlich ermitteln. Wie in Griechenland wurden auch in Rom Mädchen mit Beginn der Geschlechtsreife (mit zwölf bis vierzehn Jahren) für heiratsfähig gehalten (vgl. Dig. 23,2,4; id. 24,1,32,27).106 Nach Ausweis literarischer Quellen heirateten Männer in Rom etwa im Alter von zwanzig bis dreißig Jahren zum ersten Mal, wobei jedoch mit Abweichungen und schichtspezifischen Unterschieden zu rechnen ist. Cicero beispielsweise heiratete im Alter von sechzig Jahren eine Sechzehnjährige.107 In jedem Fall wurde ein harmonisches Zusammenleben der beiden Ehepartner vor allem gewährleistet durch „die Anpassung der mädchenhaft jungen Frau an die Bedürfnisse des Ehemannes“ (Stahlmann 1997: 48). Die Hochzeitsnacht soll vielfach eine legale Vergewaltigung gewesen sein.108 Allerdings wird auch dem maritus unter Bezug auf die Coniugalia praecepta Plutarchs (vgl. id., Moralia 138D/E) empfohlen, denjenigen jungen Frauen, die sich vornehmlich in der Anfangsphase einer Ehe schwertun (vgl. dazu exemplarisch Cat. c. 61,36f.), mit Verständnis zu begegnen. Eine Frau, die ‚in die Hand des Gatten‘ verheiratet wurde (in manu mariti), war von diesem Zeitpunkt an nicht mehr an ihren Vater gebunden, sondern unterstand der rechtlichen Gewalt ihres Ehemannes.109 Alles, was sie besaß, wurde Eigentum ihres Mannes. Im Zuge dieser Heirat wechselte die Frau ihre Familienzugehörigkeit und fügte sich – gleichsam wie eine Tochter – in die Familie ihres Ehemannes ein. Es gab auch eine der Hochzeit vorangehende Verlobung (sponsalia), bei der sich die Brautleute unter Zeugen ein (rechtlich nicht bindendes) Versprechen gaben und der

105 106 107 108 109

vgl. Krause (2003: 105–109). Vgl. zuletzt auch Angenendt (2015: 42f.). Zur rechtlichen Bedeutung der Ehe vgl. Treggiari (2007a: 373f.). Vgl. dazu Hopkins (1964/1965). Shaw (1987). Treggiari (1991: 400–403). Kunst (2000: 36f.). Vgl. dazu Fuhrmann (2006: 217). Zum Alter der Gatten beim Eintritt in die Ehe vgl. auch Garnsey – Saller (1987: 187) und Shelton (2013: 82f.). Vgl. dazu Veyne (1999: 46). Zu der aus juristischer Perspektive bedeutsamen Verheiratung in manu mariti vgl. Treggiari (1991: 20f.). Vgl. auch Krause (2003: 109–119). Weeber (2003a: 75–77 s. v. Ehe, hier 75). Treggiari (2007a: 376). Glazebrook – Olson (2014: 75–80).

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________________________________________________ Braut ein Ring überreicht wurde. Die manus-Ehe verstand sich ausdrücklich als lebenslange Verbindung, die idealerweise monogam zu führen war.110 Trotz der Idealvorstellung einer lebenslangen, auf fides und longa concordia basierenden Eheverbindung kam es häufig zu Scheidungen, was u. a. mit dem unkeuschen Verhalten oder der Unfruchtbarkeit der Ehefrau begründet wurde.111 Ergänzend ist anzumerken, dass die Frauen im antiken Rom sowohl im Privaten als auch in der Öffentlichkeit über deutlich mehr Bewegungsfreiheit verfügten als die Frauen in Griechenland.112 Im Gegensatz zu den Gepflogenheiten im antiken Griechenland nahmen die römischen Frauen gemeinsam mit ihren Ehemännern an Gastmählern teil; sie besuchten das Theater oder den Circus, wo sie aber oftmals nur in den obersten Rängen Platz nehmen durften. Ohnehin war das öffentliche Auftreten der Frauen Restriktionen unterworfen, weswegen von ihnen stets ein zurückhaltendes, maßvolles Verhalten erwartet wurde. Nach der Heirat wurde eine Frau uxor (Gattin) ihres Mannes, mater familias (das weibliche Haupt des Haushaltes) und matrona genannt.113 Der Ehemann hingegen wurde als maritus bezeichnet. Frau und Mann zu110

111

112 113

Kunst (2000: 33f. 41) erläutert, dass seit dem Ende der Punischen Kriege (264–146 v. Chr.) die sogenannte manus-Ehe einen erheblichen Bedeutungsverlust erlitten habe, da Ehen zunehmend zum Zwecke politischer Allianzen geschlossen worden seien; so hätten heiratsfähige Töchter häufig als Unterpfand zur Absicherung politischer Bündnisse gedient. Parallel dazu habe die wachsende Rivalität innerhalb der Oligarchie kurzfristige Zweckbündnisse zwischen einzelnen Familien, die durch familiäre Verbindungen abgesichert wurden, erzwungen, um sowohl ihre politischen als auch ihre ökonomischen Kräfte zu bündeln. Vgl. ähnlich Feichtinger (1993: 43). Vgl. dazu auch Gardner (1995: 86f.). Veyne (1999: 46). Kunst (2000: 33. 36. 40). Krause (2003: 119–125). Weeber (2003a: 75–77 s. v. Ehe, hier 75). Treggiari (2007a: 379). Shelton (2013: bes. 103f. 110f. 113f. 120f. 136f.). Angenendt (2015: 47). Vgl. zum Gesamtzusammenhang Krause (2003: 115–119). Die matrona ist die Idealvorstellung einer älteren, Würde ausstrahlenden römischen Ehefrau, so auch im Verständnis des Plinius; vgl. dazu Carlon (2009: 146–185 mit weiterführender Literatur). Vgl. auch Boëls-Janssen (2015), die das plinianische Idealbild der matrona in die römische Literaturgeschichte einordnet. Vgl. auch von Hesberg-Tonn (1983: 212–217), die anhand der Epitheta auf kaiserzeitlichen Grabinschriften ein umfassendes Anforderungsprofil für eine römische matrona zusammengestellt hat. Vgl. auch Pomeroy (1985: 249f.), Treggiari (1991: 230–249) und Feichtinger (1993: 43f.).

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________________________________________________ sammen wurden als coniuges (als Jochgespann) wahrgenommen. Hindermann (2013) verweist in ihrer Studie zur Begriffsbezeichnung römischer Eheleute darauf, dass Männer weit seltener als Frauen durch ihre soziale Stellung bzw. Funktion definiert gewesen seien. Dafür reichte bereits die Nennung des Eigennamens aus. Die Bezeichnung maritus wird laut Hindermann (ibid.) vor allem in Werken verwendet, in denen es spezifisch um die Rolle bzw. die Aufgaben und Rechte eines Ehemannes geht. Demgegenüber werde in anderen literarischen Gattungen (wie etwa dem Epos) von dem Begriff maritus selten Gebrauch gemacht. Laut OLD II (2012: 1188) erscheint der Begriff maritus häufig in Rechtstexten (z. B. in den Digesten: 2,8,15,4; id. 3,2,11,1), aber auch in deklamatorischen Übungen bzw. Werken über Rhetorik, ferner in Werken, in denen Frauen als Akteurinnen tragende Rollen innehaben (z. B. Apul. met. 5,4; 9,5; 9,20 oder Tac. ann. 4,3; id. 13,19), und in Werken, in denen Männer oft in diffamierender Absicht über ihr Verhältnis zur Ehefrau definiert werden (z. B. Mart. 2,47; id. 7,71; Iuv. 6,211; id. 6,432; Plin. epist. 3,16,2; id. 6,31,4). Während der Begriff maritus sich auf die klar umrissene soziale und rechtliche Rolle eines Ehemannes bezieht, steht coniunx (bzw. das weit seltenere coniux) laut OLD I (2012: 449) generell für den männlichen Partner in einer Ehe. Bei einzelnen Autoren würden sich Vorlieben für einen der beiden Begriffe konstatieren lassen: Während z. B. Apuleius maritus dem Begriff coniunx eindeutig vorziehe, präferiere Vergil in der Aeneis zumeist coniunx. Generell sei coniunx häufiger in der Poesie zu finden, während maritus vornehmlich in der Prosa anzutreffen sei. Diese These Hindermanns bestätigt sich im Briefcorpus des Plinius, der den Terminus maritus durchgängig (insgesamt zweiundzwanzig Mal) verwendet. 2.4.2

Sexualität innerhalb und außerhalb der Ehe

Lustvolle Sexualität innerhalb der Ehe war in republikanischen Zeiten geradezu verpönt;114 keinesfalls sollte die Gattin ihrem maritus beim Geschlechtsakt Liebesfreuden gewähren (vgl. bes. Lucr. 4,1274–1277). Die Ehe hatte ausschließlich der Kinderzeugung zu dienen.115 Insbesondere die Kinderzeugung zum Zwecke des Erhaltes bzw. der Erweiterung der 114 115

Vgl. dazu auch Veyne (1999: 55–59). Vgl. dazu auch Krause (2003: 114).

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________________________________________________ gens und des Staates wird in der römischen Literatur immer wieder betont (vgl. dazu bes. Cic. rep. 5,7; Cic. Phil. 13,8). In diesem Zusammenhang erklärt Cicero die Ehe zum Grundpfeiler der römischen Gesellschaft; vgl. dazu Cic. off. 1,54: Nunc cum sit hoc natura commune animantium, ut habeant libidinem procreandi, prima societas in ipso coniugio est, proxima in liberis, deinde una domus, communia omnia; id autem est principium urbis et quasi seminarium rei publicae.116

Der Gedanke hinsichtlich der Legitimation des ehelichen Sexualverkehrs allein zum Zwecke der Kinderzeugung ist gemäß Krause (2003: 114) in späteren Zeiten von christlichen Autoren übernommen worden. Für ihre Ehe blieb die Frau auf unbedingte Treue verpflichtet (vgl. Dig. 48,5,14,5), während aber der maritus – wie dies der Moralphilosoph Plutarch in den Coniugalia praecepta (vgl. id., Moralia 140B) anmerkt – außerehelich mit Sklavinnen und Hetären verkehren konnte.117 Verfügbar für den außerehelichen Geschlechtsverkehr waren Frauen, die minderen Rechts waren oder sich in persönlicher Abhängigkeit befanden; nicht selten waren dies Sklavinnen im eigenen Haushalt oder Prostituierte. An eben jenen konnte der Mann sowohl vor als auch während seiner Ehe „ungehindert und sanktionsfrei seine sexuellen Bedürfnisse befriedigen“ (Stahlmann 1997: 70; vgl. dazu auch Val. Max. 6,7,1). Folglich verteilten sich die beiden heutzutage von einer Ehefrau als selbstverständlich aufgefassten Rollen der Lebensgefährtin und Sexualpartnerin in der römischen Antike auf mindestens zwei Frauen. Letzteres erforderte zur damaligen Zeit vonseiten der Ehefrau weibliche Duldsamkeit (patientia). Laut Krause (ibid.) vertrat Plutarch sogar die Auffassung, wonach die Ehefrau froh sein solle, wenn ihr Mann Ausschweifungen mit einer Sklavin, nicht mit ihr selbst begehe. Die Ehefrau hingegen machte sich bei einem sexuellen Verstoß ehrlos (infamis), wurde nicht mehr des gesetzlichen Schutzes für 116

117

Nach den bei Kunst (2000: 36) fixierten demographischen Erhebungen musste eine Frau im Durchschnitt sechs lebende Kinder gebären, um eine gleichbleibende Bevölkerungsdichte im römischen Staat aufrecht zu erhalten. Vgl. dazu auch Kunst (2000: 38 mit zahlreichen literarischen Belegen, z. B. zu sexuellen Eskapaden der Ehemänner mit weiblichen Haushaltsangehörigen). Vgl. auch Lilja (1978a: 176f.). Feichtinger (1993: 43). Friedl (1996: bes. 49–60). Hodkinson (2014: 473). Jope (2014: 422). Zu den Reflexionen Plutarchs über die Ehe vgl. exemplarisch Goessler (1962).

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________________________________________________ wert gehalten und kam in der Folge für eine Eheschließung nicht mehr in Frage.118 2.4.3

Die Norm männlicher Verhaltensweisen in der Ehe

In erster Linie hatte der maritus in der Ehe den römischen Vatervorstellungen Genüge zu leisten. Diese enthielten neben den Elementen der auctoritas und severitas, welche die Autorität des pater über die ihm Gewaltunterworfenen (auch über die Ehefrau) symbolisieren, stets die regulativen Elemente der cura und der pietas im Sinne eines officium, also einer ethischen Verpflichtung.119 Als Musterfall eines pater gilt Aeneas, da dieser alle Eigenschaften in sich vereinigte, welche die römische Gesellschaft von ihren Vätern gefordert hat: die cura gegenüber gens und familia, die pietas gegenüber dem Vater Anchises und schließlich das officium, das beim Verlassen Didos über die Emotion triumphiert.120 Liebe und Zuneigung waren keine Vorbedingung für die Ehe, wenngleich nicht ausgeschlossen werden konnte, dass sich eine liebevolle Beziehung zwischen den beiden Partnern entwickelte.121 Ferner gehörte Vertrauen (fides) bzw. respektvolles Verhalten (reverentia) gegenüber den weiblichen Familienangehörigen zur Norm männlichen Verhaltens.122 118 119 120

121

122

Vgl. dazu auch Kunst (2000: 39 mit dortiger Anm. 108) und Cancik-Lindemaier (2006). Vgl. dazu auch Wlosok (1978), Späth (1994: 307) und Humpert (2001: 36f.). Vgl. dazu auch Thomas (1996: 291). Alston (1998: 213). Humpert (2001: 36f.). Hindermann (2010: 46f.); vgl. auch Sen. dial. 3,24,3; id. 3,35,1. Sharrock (2013: 188f.) hingegen sieht in Ceyx den nahezu idealen römischen Ehemann (vgl. Ov. met. 11,410–748). Vgl. dazu auch Veyne (1999: 52), der die Liebe zwischen den Gatten für glückliche Fügung oder Zufall hält; sie bestimme weder die Form der Ehe noch die Grundbefindlichkeit eines Paares. Jeder sei sich bewusst gewesen, dass Uneinigkeit in der Ehe gang und gäbe war, und habe sich damit abgefunden. Vgl. ähnlich Deissmann (1989: bes. 540. 548). Vgl. dagegen Angenendt (2015: 44), der von einem inneren Zusammenwachsen der Ehepartner mit der Ausbildung tiefer Gefühle ausgeht. In diesem Kontext verweist er auf zahlreiche kaiserzeitliche Inschriften auf Grabsteinen, die eine andauernde Innigkeit zwischen den beiden Ehepartnern dokumentierten. Vgl. dazu auch von Hesberg-Tonn (1983: 112f. 215). Dixon (1991: 101f.). Treggiari (1991: 251–253). Veyne (1999: 52). Krause (2003: 114f.). Zur reverentia des maritus vgl. mit zahlreichen konkreten Beispielen aus dem

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________________________________________________ Doch allzu innige Liebe zur Gattin konnte die Gefahr in sich bergen, einen Kontrollverlust (incontinentia) sowohl über sich selbst als auch über die Ehefrau zu erleiden. Die häufig (u. a. auf antiken Bildzeugnissen) zu konstatierende Distanz zwischen den Ehepartnern brachte die den Frauen unterstellte angeborene Triebhaftigkeit bzw. ihre angebliche dämonische Wirkung auf Männer zum Ausdruck; gleichzeitig wurde die hier propagierte Distanz (zumindest in Zeiten der Republik) als Zeichen männlicher Stärke und moralischer Integrität gewertet.123 Zu vermeiden sei – wie Deissmann (1989: 540f.) und Schweers (1999: 7 mit dortiger Anm. 18) ermittelt haben – ein Kontrollverlust des Ehemannes beim Sexualakt mit seiner Ehefrau. Demnach sei in der antiken Medizin der Sexualakt beim Mann aufgrund seiner krampfartigen Erscheinungsform mit Krankheit, im Speziellen mit Epilepsie, in Verbindung gebracht worden. Darüber hinaus sei der Ausstoß seines Spermas ein erheblicher Schaden, was mit einem Kontroll- und Autoritätsverlust gegenüber der Ehefrau gleichzusetzen sei.124 Sollte der maritus die Liebe zu seiner Ehefrau sogar über die gesellschaftlich-politischen Aufgaben gestellt haben, so wurde diese Haltung als Unterworfenheit verurteilt. Überhaupt galt der Verliebte in der römischen Literatur als Kranker.125 Die augusteische Liebesdichtung verarbeitete das Thema der Liebesleidenschaft in der Form, dass der Dichter zum Sklaven der geliebten Frau wurde (vgl. z. B. Prop. 1,4,3f.; id. 1,5,19f.). In der Nachfolge Catulls (Cat. c. 5; 52; 93) präsentiert die augusteische Elegie junge Männer, die zwar von einer lebenslangen Beziehung zu ihrer puella träumen, aber eine Eheschließung – vordringlich zum Zwecke der Fortpflanzung – ablehnen (vgl. u. a. Prop. 2,7,13f.20; 2,6,41f.; 2,15,22; Ov. am. 2,13; id. 2,14). Eine hervorstechende Ausnahme bildet Properzens Elegie 4,11. Durch die pas-

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125

römischen Alltagsleben Angenendt (2015: 45). Vgl. auch Saller (1994) und Treggiari (2007a: 380f.). Vgl. dazu Kunst (2000: 39 mit zahlreichen literarischen Belegen, z. B. Val. Max. 6,3,9). Auch Foucault (1984: 145) verortet in der männlichen Rolle die Herrschaft über sich selbst und die eigenen „unvernünftigen“ Triebe, gleichzeitig aber auch die Herrschaft über die Ehepartnerin: „Der Exzeß und die Passivität sind für einen Mann die beiden Hauptformen der Immoralität in der Praktik der aphrodísia.“ (Foucault 1986a: 64) Vgl. ähnlich Veyne (1990: 40f.). Vgl. dazu in Anlehnung an Schweers (1999: 7 mit dortiger Anm. 19) Lucr. 4,1034–1036; Cat. c. 76,25; id. 83,4; Prop. 2,34,2. Zur Bezeichnung des Mannes als uxorius vgl. Sharrock (2013).

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________________________________________________ sive Hingabe an ihre puella, worin sich das männliche servitium amoris spiegelt, erweisen sich die elegischen Liebhaber als effeminati. Eben diese haben – wie Fögen (2006) in seiner Studie zu Emotionen in der römischen Liebeselegie ermittelt hat – kein Problem damit, ihre Gefühle schonungslos offen zu zeigen (z. B. Tränen der Angst bzw. der Freude sowie Furcht vor der Geliebten). Tibull und Properz bezeichnen ihre Haltung selbst als inertia bzw. nequitia und demonstrieren, dass sie damit nach traditioneller Vorstellung unmännlich und zugleich unfähig seien, ein guter Soldat und Bürger zu sein (vgl. exemplarisch Prop. 1,6, 26–30; id. 2,7,7f.13f.; vgl. zuvor bereits Cat. c. 52; id. 93).126 Der friedliebende Mann, der vir mollis, lehne politische Verantwortung ab und lebe lieber in den Tag hinein; vgl. dazu Meister (2012: 60): Der vir mollis steht also völlig im Dienste seiner voluptas und missachtet, um diese zu befriedigen, sämtliche gesellschaftlichen Konventionen. Ein mollis vir als Konsul musste somit als akute Bedrohung für die res publica wahrgenommen werden.127

Andererseits verhalten sich die von den Elegikern dargestellten jungen Männer in der Tradition der Liebesdichtung Catulls dominant und aggressiv männlich. Steenblock (2013: 259) weist nach, dass Ovid – markanter noch als Properz und Tibull – zum Modell männlicher Dominanz zurückkehrt. Der ovidische amator ironisiere die augusteischen Ehegesetze und spiele mit den Motiven der Liebeselegie; auch das Motiv des Geschlechterrollentausches scheine einem artifiziellen Spiel zu dienen. Die Konzeption von Männlichkeit kehre – so resümiert Steenblock (ibid.) – im Zuge der Konsolidierung Roms unter Kaiser Augustus in ihr traditionelles Bild zurück. Für diese Interpretation spricht auch das Bild der scripta puella, das von traditionellen Weiblichkeitsvorstellungen geprägt ist: Die Geliebte wird als puella verkindlicht. Ferner wird der puella Treue in der Untreue – „gleichsam ein symbolisches Univirat“ (Humpert 2001: 43) – ab-

126 127

Vgl. dazu Lyne (1980: 71–78) und Fear (2005: bes. 19f.). Vgl. dazu auch Prop. 1,1,58. Zum neuen Männlichkeitsideal der Elegiker, das sich in der Ablehnung des Krieges als eines traditionellen Weges zur Erlangung von virtus und in der Betonung der freiwilligen Aufgabe der männlichen libertas paradoxerweise einer militärischen Bildersprache bedient, vgl. Alston (1998: 213f.). Humpert (2001: 42f.). Cancik-Lindemaier (2006).

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________________________________________________ verlangt, ihre Untreue in der Treulosigkeit getadelt.128 Allerdings unterwirft sich der Dichter selbst ebenfalls der Forderung nach unbedingter fides (vgl. exemplarisch Cat. c. 87): „Hier trifft sich der coniugalis amor mit dem eros der Elegiker.“ (Humpert 2001: ibid.) Ausgerechnet Catull, der in seinen carmina mit den Geschlechterrollen kunstvoll zu spielen versteht, lässt in den ersten vier Versen seines 72. Gedichtes erkennen, dass sich die Liebe zu Lesbia deutlich von derjenigen abhebt, die irgendein Liebhaber seinem Mädchen entgegenbringt. Stattdessen liebte Catull seine puella wie ein Vater seine Söhne und Schwiegersöhne (vgl. Cat. c. 72,1–4): Dicebas quondam solum te nosse Catullum, Lesbia, nec prae me velle tenere Iovem. Dilexi tum te non tantum, ut vulgus amicam, sed pater ut gnatos diligit et generos.

Hier dokumentiert sich eine die Frau durchaus würdigende Haltung – fernab von oberflächlichen, durch sexuelle Begierde bestimmten Gefühlen. Zunächst einmal erinnert die Erwähnung der Verwandtenliebe an den locus classicus für die Gleichsetzung der Bindung an einen Partner in Liebe und Ehe mit der an Verwandte;129 in diesem Kontext verweist Syndikus 128

129

Zur Ausschließlichkeit der Beziehung zwischen dem Dichter und seiner Geliebten vgl. bes. Prop. 1,12,19f.; vgl. auch id. 1,15,29–32; 2,6,41; 2,7,17–20; 2,9,43–46; 2,13b,35f.; 2,15,31–36; 2,17,17; 2,20,15–18; vgl. dazu auch Lyne (1980: 62f. 66). Vgl. in der römischen Liebeselegie noch Cat. c. 58; id. 109. Zum Univirat als Ideal weiblicher Existenz vgl. exemplarisch Deissmann (1989: 514–519). Treggiari (1991: 233f. 328). McCullough (2011). Bei einer elegischen Geliebten ist nicht an eine ehrbare Bürgerstochter oder eine verheiratete Frau der römischen Oberschicht zu denken, sondern an eine puella, die unter den Hetären oder den römischen Libertinen zu suchen ist; vgl. dazu Stroh (1979b: bes. 329–336). Vgl. auch Lyne (1980: bes. 8–13) und Stroh (1983: 221). Catull hat mit seinem Familienvergleich andere Elegiker inspiriert; vgl. dazu bes. Prop. 1,11,23: Tu mihi sola domus, tu, Cynthia, sola parentes. Zu dieser feierlichen Formel, in der Fedeli (1980: 282) einen Hymnenstil erkennen will (vgl. ähnlich Cat. c. 58,2f.), vgl. auch Syndikus (2010: 70f. mit dortiger Anm. 182). Properz beteuert noch an zahlreichen anderen Stellen seiner Elegiensammlung, Cynthia werde ihm auf ewig Freundin und Gattin sein (vgl. bes. Prop. 2,6,42: Semper amica mihi, semper et uxor eris.). Vgl. ähnlich Prop. 2, 16,21f. (hier erwartet er von der außerehelichen Freundin die Treue einer uni-

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________________________________________________ (2001b: 10) auf die iliadische Andromache, gemäß deren Beteuerung Hektor ihr Vater und Mutter, Bruder und Gatte ist (vgl. Hom. Il. 6,429f.). Ferner sei auch an Terenzens Andria zu denken, in der ein Liebhaber von der sterbenden Mutter des Mädchens beschworen wird, ihm Mann, Freund, Vormund und Vater zu sein (vgl. Ter. Andr. 295). Doch Catulls Verse verfolgen eine andere Intention; er erwähnt nichts, was sofort mit geschlechtlicher Liebe in Verbindung zu bringen ist. Zwar kann mit Syndikus (2001b: 11) in Anlehnung an Cat. c. 6,4; id. 81,2 und Plaut. Amph. 509 das Prädikat diligit (Cat. c. 72,4) auch für eine erotische Beziehung stehen, „aber wenn es gleich darauf auf die Liebe eines Vaters angewendet wird, tritt mehr die übliche Bedeutung des Wortes hervor, das gewöhnlich die Zuneigung zwischen Freunden bezeichnet130 und das Catull hier also zur Charakterisierung einer über leidenschaftliche Erregung hinausgehenden herzlichen Liebe131 gebraucht“ (Syndikus 2001b: 11). Catulls Liebe zu Lesbia scheint hier nichts Eigennütziges in sich zu tragen: Sie ist geprägt von treuer, herzlicher Zuneigung und Sorge für den anderen. Diese Liebe scheint ganzheitlich geprägt zu sein. Die sinnliche Liebe zu seiner puella bedarf also der geistig-seelischen Komponente, die Catull anhand des Verhältnisses eines Vaters gegenüber seinen Söhnen und Schwiegersöhnen zu verdeutlichen sucht – eine Haltung, die auf traditionellen Werten wie Treue (fides) und gegenseitiger Achtung (reverentia) beruht. Sexualität wird in der Liebesbeziehung zu Lesbia zwar nicht ausgeblendet (vgl. die ambivalente Bedeutung von diligere), doch der Schwerpunkt liegt in Cat. c. 72,1–4 auf der umsorgenden Zuneigung der beiden Liebenden. Gemäß der Studie von Eicks (2011: 148f.) ist die elegische Liebe und die konventionelle Ehe in der Wunschphantasie des Ich-Sprechers häufig nicht mehr zu unterscheiden. Es scheine, als provozierten die desillusionierenden Erfahrungen des Ich-Sprechers im Verbund mit dem bevorstehenden Kriegsdienst – es kann von der völligen Aussichtslosigkeit auf eine Verwirklichung elegischer Ideale gesprochen werden – die größtmögliche elegische Illusion: die Ehe als elegische Lebensform.132

130 131 132

vira); id. 2,29,38 (Cynthia nennt den Seitensprung, den sie vorgeblich nicht begangen habe, adulterium). Ähnlich wie Properz vertritt auch Tibull das Ideal einer eheähnlichen Beziehung; vgl. dazu exemplarisch Tib. 1,3,83–94; 1,5, 21–34; 1,6,60; 1,10,41–45a. Vgl. dazu auch Plaut. Pseud. 233; Ter. Andr. 292; Cic. Lael. 28f. 50. 82. Vgl. auch Cat. c. 76,23. Vgl. ähnlich Wildberger (1998: 323). Vgl. in der römischen Liebeselegie noch

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________________________________________________ Auch wenn es sich bei der Beziehung zwischen Catull und Lesbia um eine fiktive, außereheliche Liebschaft handelt, ist aus dem oben zitierten 72. carmen zu folgern, dass der Frau in der ausgehenden Republik bzw. zu Beginn des Prinzipats offensichtlich ein Selbstwert zuteilwurde: Frauen erhielten Würde – eine Erkenntnis, die sowohl durch das Porträt der noch jungen und dennoch tapfer sterbenden Minicia Marcella (vgl. Plin. epist. 5,16) als auch durch die Grabrede auf Turia (CIL 6,1527 = ILS 8393) unterstrichen wird. In eben dieser Grabrede erscheint die Ehefrau weniger in der Rolle der amica als vielmehr der socia ihres Gatten. Keinesfalls jedoch wird hier die Gleichrangigkeit der Partner angedeutet; die Machtverhältnisse innerhalb einer römischen Ehe blieben auch im Übergang von der ausgehenden res publica zur Kaiserzeit trotz der moralischen Aufwertung der (Ehe-)Frau unberührt. Diese Beobachtung wird an späterer Stelle dieser Studie durch den Verweis auf die stoischen Reflexionen Senecas in Epistel 104,3–5 bekräftigt und inhaltlich vertieft. 2.4.4

Die Ehe im Übergang von der libera res publica zur Kaiserzeit

Gegen Ende der römischen Republik veränderte sich das Eherecht grundlegend. Nunmehr wurde überwiegend die manus-freie Ehe praktiziert, wobei die Gattin – im Gegensatz zur bislang gängigen Praxis – der patria potestas ihres Vaters unterworfen blieb. Ob die in der Forschung häufig erscheinende Behauptung zutrifft, wonach der Übergang zur manusfreien Ehe den Frauen Roms zu verstärkter Selbstständigkeit verholfen habe, ist mehr als fraglich, da die Frauen zu Lebzeiten ihrer Väter unter deren Gewalt blieben. Nicht selten setzten – wie z. B. Sen. benef. 3,16,2 belegt – die Väter ihre Töchter auch nach der Verheiratung für ihre politischen Ziele ein.133

133

Ov. am. 2,11,7; id. 3,11,45; vgl. auch Cat. c. 68; id. 70,1f. Vgl. dazu in der Forschung Lyne (1980: 52–61). Zum elegischen Konzept der eheähnlichen Beziehung vgl. Reitzenstein (1912). Boucher (1965: 92f.). Lilja (1978a: 73f.). Lyne (1980: 78–81). Holzberg (1990: 10). James (2003). Vgl. dazu auch Schweers (1999: 10), welche die Rolle der Frau als vornehmlich instrumentell einstuft. Normentsprechendes weibliches Handeln könne als Unterordnung im Sinne eines Handelns-unter-einer-Ordnung verstanden werden, und zwar unter der patriarchalisch hierarchischen Ordnung der domus bzw. familia. Insofern sei davor zu warnen, das Selbstbewusstsein und die

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________________________________________________ Die Aufgabenteilung innerhalb einer unter Aristokraten geschlossenen Ehe war nach der Idealnorm klar geregelt: Der maritus ging seinen juristischen, politischen und rhetorischen Beschäftigungen in Rom nach; die Frau war die Hüterin des Hauses und kümmerte sich primär um die Erziehung der Kinder.134 In geradezu stereotyper Weise sind auf zahlreichen Grabsteinen im gesamten römischen Reich vergleichbare Idealvorstellungen hinsichtlich einer römischen Ehefrau anzutreffen. Dabei kristallisieren sich folgende Kardinaltugenden römischer Ehefrauen heraus: pudicitia, castitas, obsequium, comitas, facilitas, frugalitas, reverentia, fides und pietas.135 Das Eheideal war durch concordia und fides beider Ehepartner gekennzeichnet.136 Allerdings lag zwischen Anspruch und Realität vielfach eine erhebliche Diskrepanz – dies umso mehr, weil sich die überlieferte Idealvorstellung vor allem auf die gesellschaftliche Oberschicht bezog. Trotz des männlichen Ideals der Selbstbeherrschung als eines zentralen Elementes römischer Männlichkeitsnorm finden sich immer wieder Belege für die offensichtliche Gewalttätigkeit seitens der Ehemänner (vgl. u. a. Sen. dial. 5,35; Tac. ann. 4,22,1; id. 13,32,2; Aug. conf. 9,19), „die die gesellschaftlich legitimierte Strafkompetenz über den Haushalt, oft-

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Unabhängigkeit römischer Frauen zu überschätzen. Vgl. ähnlich kritisch Späth (1994: 168f.) und Kunst (2000: 33f. 37–41). Vgl. auch von HesbergTonn (1983: 22–46). Deissmann (1989: 514f.). Krause (2003: 113f. 117). Hartmann (2007: 136–138). Vgl. dazu auch Deissmann (1989: 506–514). Kunst (2000: 40). Krause (2003: 115f.); dies wird im philosophischen Kontext im Rahmen der stoischen Lehre von den καθήκοντα akzentuiert. Vgl. dazu Pohlenz (1970: bes. 130f.) und Hossenfelder (1985: 64f.). Vgl. in diesem Kontext auch ILS 7472; 8398; 8402. Vgl. in der Forschung auch Bradley (1985). Stahlmann (1997: 39). Treggiari (2007a: 379–381). Zur Idealvorstellung einer römischen matrona vgl. auch oben Anm. 113. Vgl. dazu auch Arthur (1973: bes. 15). Bradley (1985). Pomeroy (1985). Shelton (1990: 182–186). Dixon (1991: 106f.). Treggiari (1991: 248–251). Feichtinger (1993: 42–46). Späth (1994: 92f.). Thomas (1996: 321). Krause (2003: 114f.). Treggiari (2007a: 379–381). Bradley (2010: 409). Centlivres Challet (2013: 108–111); in diesem Kontext sei auf die Kaisergattin Livia hingewiesen, die zur Erinnerung an ihre Ehe den Tempel der Concordia errichten ließ (vgl. Ov. fast. 6,637f.). Vgl. dazu in der Forschung exemplarisch Krause (2003: 114f. mit weiteren literarischen Belegen). Vgl. auch Temporini (1978: 48. 67f.). Severy (2003: 131–138). Centlivres Challet (2013: 108). Carlon (2016: 80 s. v. concordia).

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________________________________________________ mals in unbeherrschter Weise, als allgemeines Züchtigungsrecht auslegten“ (Kunst 2000: 38f.). Die Harmonie zwischen den Ehepartnern war also nicht selten getrübt (vgl. dazu auch Cic. Att. 5,1,3f.).137 Auch im Kaiserhaus war die vollständige Umsetzung des Ideals einer römischen Ehe eine Utopie; so soll nach Suet. Aug. 71 Kaiser Augustus eine allseits bekannte Vorliebe für junge Mädchen gehabt haben; seine eigene Frau habe ihm diese Mädchen sogar von überallher zugeführt. Ehebrüche und zerrüttete Eheverhältnisse waren in der römischen Gesellschaft keine Ausnahme. Dieses Spannungsverhältnis zwischen Idealbild und Realität machten sich sowohl in republikanischen Zeiten der Komödiendichter Plautus als auch in der Kaiserzeit der Epigrammatiker Martial sowie die Satiriker Persius und Iuvenal mit ihrem Personal von herrischen Frauen und unterdrückten Ehemännern zunutze.138 Beispielsweise nimmt Plautus die sogenannten Gardinenpredigten römischer Ehefrauen gegenüber ihren Gatten karikierend in den Blick (vgl. dazu Plaut. Asin. 851–853; Plaut. Mil. 678–681; Plaut. Most. 690–713). Martial widmet sich in den Epigrammen dem sprichwörtlichen Pantoffel-Regiment (Mart. 8,12). Neben den zahlreichen, häufig ironisch-augenzwinkernd dargestellten Klagen über Ehe-Verdrossenheit spielten in besonderer Weise die Satiriker mit dem Motiv der Eheklage (vgl. die Weibersatire Iuvenals, vgl. hier bes. Iuv. 6,21–285).139 Allerdings sei angemerkt, dass weder Satire noch Komödie eine verlässliche Quellengrundlage für die Rekonstruktion realer Verhältnisse in der römischen Antike bieten. Dennoch greifen sie gesellschaftliche (Fehl-)Entwicklungen auf und halten den beteiligten Personen den literarischen Spiegel vor. Als Reaktion auf häufige Scheidungen und Kinderlosigkeit vieler Ehen (vor allem in der römischen Oberschicht) setzte Kaiser Augustus eine rigorose Ehegesetzgebung durch, die für alle Männer zwischen fünfundzwanzig und sechzig Jahren und für alle Frauen zwischen zwanzig und fünfzig Jahren eine Pflicht zur Ehe festschrieb. Scheidungen wurden erschwert, und die Wiederverheiratung nach einer Scheidung oder dem Tod eines Ehepartners wurde vorgeschrieben. Ehe- und Kinderlosigkeit wurden mit Sanktionen bis hin zum Ausschluss vom Theaterbesuch belegt. Diese rigorosen Maßnahmen des Kaisers hatten im Wesentlichen ei137 138 139

Vgl. auch Weeber (2003a: 75–77 s. v. Ehe, hier bes. 77). Vgl. dazu auch Kunst (2000: 39). Vgl. dazu auch Centlivres Challet (2013: 132–150).

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________________________________________________ ne politische Funktion, indem sie in die bis dahin unangetastete familiäre Kompetenz in diesem Bereich eingriffen. Eben jene Regelungen betrafen vornehmlich die Aristokratie, da die Strafmaßnahmen eine Behinderung des cursus honorum zur Folge haben konnten. Letztlich hatte die verschärfte Gesetzgebung nur begrenzten Erfolg (vgl. exemplarisch Tac. ann. 4,22,1; Lact. 6,23,29) und führte sogar dazu, dass neben der Ehe der concubinatus an Bedeutung gewann.140 Dass dabei die Frau weiterhin – insbesondere im gesellschaftlich-politischen Bereich – eine untergeordnete Rolle spielte, unterstreicht ein Topos innerhalb der römischen Literatur, wonach die Frau gemäß ihrer natürlichen Anlage als triebhaft und schwach galt, sodass ihr Schranken aufzuerlegen seien (vgl. exemplarisch Cic. Mur. 27; Cic. Cat. 4,20; Liv. 34,3,1; id. 34,7,15).141 Weitere negative Eigenschaften, die den Frauen bis weit in die Kaiserzeit hinein zugewiesen wurden, sind ihre levitas animi und ihre infirmitas sexus, womit leichte Erregbar- und Zügellosigkeit im Sexuellen, im Luxus und im offenen Bekunden von Emotionen zu verbinden sind (vgl. exemplarisch Cic. rep. 4,6; Cic. pro Marc. 23; Cic. Tusc. 2,21,48; Sen. benef. 1,9,5).142 Letzteres 140

141

142

Zur Ehegesetzgebung des Kaisers Augustus vgl. Mette-Dittmann (1991). Zur Bewertung der augusteischen Maßnahmen vgl. Angenendt (2015: 47), der als Intention dieser Ehegesetzgebung weder die Disziplinierung der (männlichen) Erotik noch die Verbesserung des Eheklimas erkennen will; vielmehr sei der augusteische Vorstoß als Stimulus für eine vermehrte Kinderzeugung zu verstehen. Dies sei eine der markantesten strafrechtlichen Neuschöpfungen, welche die Geschichte kennt. Vgl. ähnlich Galinsky (1981: 126). Einen Abriss zu den augusteischen Ehegesetzen gibt unter Nennung weiterführender Forschungsliteratur Steenblock (2013: 18–34 mit dortiger Anm. 102) und BaezaAngulo (2015a: 69 mit dortiger Anm. 4). Zur Konstruktion des Weiblichen in der römischen Gesellschaft vgl. unter Nennung weiterführender Forschungsliteratur auch oben Anm. 69. Bereits in der griechischen Antike galten Frauen vor dem Eintritt in die Ehe als ungebildet und dringend der Erziehung bedürftig; vgl. dazu exemplarisch die Unterredung zwischen Ischomachos und Sokrates, die im Oikonomikos Xenophons überliefert ist (vgl. bes. id. 7,4–6). Überhaupt haben auch griechische Autoren eine Asymmetrie zwischen den beiden Geschlechtern als natürlich gegeben vorausgesetzt. Vgl. dazu Krause (2003: 59). Vgl. dazu Pomeroy (1985: 229f.). Edwards (1993: 43. 46). Stahlmann (1997: 37. 41–49). Wildberger (1998: 90. 284–292). Schweers (1999). Vgl. auch Kunst (2000: 40), die einen Sinnspruch des republikanischen Autors Publilius Syrus zitiert, „wonach eine keusche Matrone neben ihrem Mann durch Gehorsam herrschen müsse (casta ad virum matrona parendo imperat).“

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________________________________________________ untermauert die Asymmetrie der männlichen und weiblichen Eigenschaften, die beinahe zwangsläufig zu einer Hierarchie der Geschlechter geführt hat.143 Dazu passt die von Steenblock (2013: 11) ermittelte polarisierende Schematisierung der männlichen und weiblichen Charakteristika in binärer Opposition von durus (robust, standhaft, stark, ausdauernd) und mollis (wankelmütig, schwach, schlaff, aber auch hemmungslos und unbeherrscht).144 Auch die Terminologie für sexuelle Begierde macht den Wertungsunterschied zwischen Männern und Frauen deutlich; so verwendet beispielsweise Ovid in der Ars für das Verlangen des Mannes Begriffe wie parcus und legitimus (vgl. Ov. ars 1,281f.). Diese Begriffe fallen in den Bereich des Erlaubten. Anders verhält es sich bei den Attributen furiosa und acrior (vgl. Ov. ars 1,341f.), die der Darstellung der Frau einen animalischen Anstrich geben (vgl. dazu auch Ov. ars 1,279f.).145 Zusammengefasst bedeutet das: Auch wenn die Normen, die in den überwiegend auf die Oberschicht beschränkten Quellen konstitutiv sind, wenig über das tatsächliche Verhalten von Männern und Frauen aussagen, so tritt darin dennoch der gesellschaftlich geforderte Soll-Zustand zutage, der seinerseits Bestandteil der sozialen Realität eines jeden Einzelnen war. Dabei wird der Frau eine instrumentalisierte und hierarchisch untergeordnete Position zugewiesen.146 Demgegenüber kann für aristokratische Männer bis zum Ende der Republik mit Späth (1994: 306) folgende Definition gelten: „Patres sind Männer, Männer sind patres.“ Norm der Männlichkeit der patres ist „ein Handeln von Männern in dominierender Stellung, ein Handeln, das sich durch die Realisierung dieser Dominanz 143

144 145

146

Vgl. dazu Kühne (1996: 13), der das polare Geschlechtersystem für die Zeit der römischen Kaiserzeit nicht als symmetrisch, sondern als asymmetrisch konfiguriert auffasst. Weiblichen Defiziten stünden in seinen Kodierungen männliche Überlegenheiten gegenüber. Männlichkeit und Weiblichkeit seien nicht parataktisch nebeneinander, sondern hypotaktisch über- und untereinander angeordnet. Vgl. zuvor bereits Blok (1987). Vgl. ähnlich Holzberg (2002: 29). Sharrock (2002: 96). Severy (2003: 22f.). Zum furor amoris der Urmenschen und Tiere vgl. die Darstellung Ovids im zweiten Buch seiner Ars (vgl. bes. id. 2,467–488). Vgl. dazu auch den Kommentar von Janka (1997: 346–361). Vgl. dazu auch Späth (2004: 221): „Die Verpflichtung des Mannes, der Gattin gegenüber eine Schutzfunktion wahrzunehmen, bestätigt die Darstellung der Ehe als einer hierarchischen Ordnung.“ Vgl. auch Cohen – Saller (1994: 45f.), welche die Ehe auch für die Kaiserzeit als hierarchisches Konstrukt verstanden wissen wollen. Vgl. ähnlich Feichtinger (1993: 43).

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________________________________________________ in den verschiedensten Bereichen und Formen auszeichnet“ (Späth 1994: 309).147 In diesem Kontext codiert Meyer-Zwiffelhoffer (1995) in Anlehnung an Veyne und Foucault die sexuelle Vereinigung der Ehepartner vor allem als Herrschaftsbeziehung. Ferner wird in der soziokulturellen Forschung immer wieder darauf hingewiesen, dass die Gleichsetzung von Virilität mit der Ausübung von Herrschaft nicht allein für die Antike, sondern für patriarchalische Gesellschaften überhaupt gelte.148 2.4.5

Der Einfluss der Stoa auf die eheliche Moral in der römischen Kaiserzeit

Mit dem Ende der libera res publica änderten sich nicht nur die politischen, sondern auch die gesellschaftlichen Verhältnisse. Dies hatte auch Auswirkungen auf die Vorstellungen römischer Männlichkeit, da die libertas als eines ihrer beherrschenden Elemente zunehmend beschnitten wurde.149 Dies führte aber nicht etwa zu einem Rückzug aristokratischer Führungspersönlichkeiten aus der Politik; das Gegenteil war der Fall: die Aristokraten machten als Amtsträger und im Senat – wenngleich unter anderen Rahmenbedingungen als zuvor – weiterhin Politik, wofür Plinius ein exponiertes Beispiel darstellt (vgl. dazu bes. Page 2015). Allerdings differenzierten sich in einem komplexen Prozess neue Betätigungs- und Konkurrenzfelder heraus, darunter in erster Linie die Literatur. Die in republikanischen Zeiten evidenten Rollen, die auf Erfolgen in Politik und Krieg beruhten, wurden durch neue Prominenzrollen (z. B. als Redner, 147

148 149

Das Leben des außerhalb der aristokratischen Oberschicht lebenden römischen Mannes unterschied sich recht deutlich von dem der führenden Elite. Im sozialen Bereich waren seine Bezüge Freigelassene, Sklaven und gewöhnliche Frauen. Er suchte seinen Weg getreu dem eigenen moralischen Kompass, lebte in Furcht bzw. in Hoffnung und setzte auf Aberglauben, Magie und Religion, um sich die Nöte seiner Welt zu erklären und ihrer Herr zu werden. Vgl. dazu auch Knapp (2012: 64). Vgl. dazu auch Gilmore (1991: 119). Alston (1998: 205). Foxhall (1998: 8). Humpert (2001: 42. 45). Zur zunehmenden Begrenzung der libertas vgl. auch Alston (1998: 206–216). Vgl. auch Steenblock (2013: 17), gemäß deren Studie traditionelle Konzeptionen von Geschlechterrollen, Paarbeziehungen, Sexualmoral und virtus im Zuge der politischen Umbrüche der späten Republik Veränderungen unterworfen waren.

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________________________________________________ Literaten oder Protagonisten eines kultivierten Lebensstils) teils ergänzt, teils ersetzt. Gemäß der Studie von Stein-Hölkeskamp (2011) traten literarisches Talent und rhetorische Fertigkeiten, individuelle Sensibilität und gebildeter Kunstsinn sowie die Fähigkeit zu einer urbanen und gebildeten Kommunikation neben die traditionellen Kompetenzen des Feldherrn und Politikers. Rezitationen und Deklamationen, Elogien und Elegien, die vor einem immer exklusiver werdenden Publikum präsentiert wurden, hätten dem Einzelnen Prestige und Bekanntheit jenseits von cursus honorum und Karriere gesichert. Dabei hätten sich mit den Inhalten zugleich auch der Stil der Kommunikation und der Habitus der Beteiligten verwandelt. Neben einer generellen Ästhetisierung des Spektrums von akzeptierten Vorzüglichkeitsmerkmalen lasse sich eine Tendenz zu Intellektualisierung und Emotionalisierung konstatieren. Prominente Beispiele seien Silius Italicus, Publius Pomponius Secundus und der jüngere Plinius gewesen. Walter (2011: 227) verweist ergänzend darauf, dass die oben angezeigten alternativen Optionen auch deshalb durchsetzbar gewesen seien, weil sie die konstitutiven sozialen Elemente, die einen Aristokraten immer auszeichneten, nicht angetastet, ja sie sogar intensiviert hätten: Kommunikation, Reziprozität, Wettbewerb, kollektive wie individuelle Distinktion durch überlegenes Urteilsvermögen (elegantia). Auch das eheliche Zusammenleben gewann in der Kaiserzeit – hier ist sich die Forschung durchweg einig – deutlich an Anerkennung.150 Dabei forderte die erstarkte eheliche Moral von beiden Gatten, das Leben miteinander zu teilen – auf Grundlage einer dauerhaften, auf Gegenseitigkeit beruhenden Gesinnung. In zahlreichen Grabinschriften der römischen Kaiserzeit dokumentiert sich in formelhaften Wendungen und mannigfachen Superlativen eine Vorstellung von Ehe, die im Idealfall auf wechselseitigen Gefühlen von Liebe und Respekt beruhte. Dieses Eheideal wird auch von zahlreichen Autoren der römischen Republik und der frühen Kaiserzeit propagiert, wobei sie das Familien- und Eheleben als von Liebe und Zuneigung

150

Vgl. dazu Bradley (1985). Dixon (1991: 104f.). Treggiari (1991: 229–261). Hemelrijk (1999: 33f. 237). Veyne (1999: 53–59). Krause (2003: 114–116). Carlon (2009: 138). Shelton (2013: 118f.). Angenendt (2015: 45); auch Foucault will für die römische Kaiserzeit eine persönliche Beziehung zwischen den Ehegatten ausgemacht haben und charakterisiert sie als „Konjugalisierung“ (zitiert nach Angenendt 2015: 45 mit dortiger Anm. 70). Vgl. auch Foucault 1986b: 160f.).

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________________________________________________ geprägt schildern.151 Nach Auswertung sämtlicher Primärquellen kommt Dixon (1991: 106. 108) zu folgender Conclusio: „All of these references make explicit the exspectation that married couples would enjoy a community of purpose, affection, and a certain dependence on one another.“152 Allerdings ist Dixon sich durchaus bewusst, dass „the ideal might not have been realized universally“ (ibid.). Ferner sei in Bezugnahme auf Krause (2003: 115) und Angenendt (2015: 46) darauf verwiesen, dass die Philosophen der römischen Kaiserzeit neben der von Kaiser Augustus postulierten Kinderzeugung auch andere, weniger utilitaristische Motive für die Eheschließung empfohlen haben; exemplarisch zu nennen sei hier der aus Etrurien stammende Stoiker Musonius Rufus (um 30–108 n. Chr.),153 der die Auffassung vertrat, dass keine Notwendigkeit bestehe, Ehen zu schließen, nur um Kinder zu zeugen.154 Vielmehr diene die Ehe – hier lehnt sich Musonius an Plutarchs Coniugalia praecepta (vgl. bes. id., Moralia 142E–143A) an – dem Zweck, das Leben in vertrauensvoller Verbundenheit und gegenseitigem Respekt miteinander zu teilen; vgl. dazu Muson. 13A: Βíου καì γενέσεως παíδων κοινωνíαν κεφάλαιον εἶναι γάμου. Τὸν γὰρ γαμοῦντα, ἔφη, καὶ τὴν γαμουμένην ἐπì τούτῳ συνιέναι χρὴ ἑκάτερον θατέρῳ, ὥσθ’ ἅμα μὲν ἀλλήλοις βιοῦν, ἅμα δὲ ποιεῖσθαι, καì κοινὰ δὲ ἡγεῖσθαι πάντα καì μηδὲν ἴδιον, μηδ’ αὐτὸ τὸ σῶμα. μεγάλη μὲν γὰρ γένεσις ἀνθρώπου, ἣν ἀποτελεῖ τοῦτo τὸ ζεῦγος. ἀλλ’ οὔπω τοῦτo ἱκανὸν τῷ 151

152 153

154

Vgl. dazu mit zahlreichen Belegstellen aus der römischen Literatur Deissmann (1989: 543f.). Dixon (1991: 101f.). Treggiari (1991: 229f.). Ruhl (2001: 3). Krause (2003: 114f.). Skinner (2005: 244f.). Angenendt (2015: 45–47). Vgl. ähnlich Krause (2003: 115). Zur Person des Musonius Rufus in der römischen Literatur vgl. bes. Tac. ann. 15,71; Tac. hist. 4,10.40. Vgl. in der Forschung grundlegend Reydams-Schils (2018: 157–162). Im Zusammenhang mit der Pisonischen Verschwörung wurde Musonius Rufus im Jahre 65 n. Chr. auf die Kykladeninsel Gyarus verbannt (vgl. Tac. ann. 15,71). Unter Galba wurde er im Jahre 69 n. Chr. zurückgerufen. Unter Vespasian wurde er um 75 n. Chr. erneut verbannt und von Titus um 79 n. Chr. abermals zurückbeordert. Vgl. dazu in der jüngeren Forschung Dillon (2004: 3–7) und Shelton (2013: 350 mit dortiger Anm. 144). Letztere geht auch auf die Freundschaft des Musonius Rufus zu dem als Stoiker bekannten Quintus Iunius Arulenus Rusticus ein. Vgl. dazu auch Plin. epist. 1,5, 2. Zur Antizipation der konjugalen Liebesethik durch die Stoa vgl. Veyne (1978: 49f.), Hemelrijk (1999: 33f.) und Krause (2003: 115).

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________________________________________________ γαμοῦντι, ὃ δὴ καì δíχα γάμου γένοιτ’ ἂν συμπλεκομένων ἄλλως, ὥσπερ καì τὰ ζῷα συμπλέκεται αὑτοῖς. δεῖ δὲ ἐν γάμῳ πάντως συμβíωσíν τε εἶναι καì κηδεμονíαν ἀνδρὸς καì γυναικὸς περì ἀλλήλους, καì ἐρρωμένους καì νοσοῦντας καì ἐν παντì καιρῷ, ἧς ἐφιέμενος ἑκάτερος ὥσπερ καì παιδοποιíας εἶσιν ἐπì γάμον.155

Zugleich bedeutete dies für den maritus, gemeinsam den Geburtstag der Gattin zu feiern, sie als Herrin zu bezeichnen, für ihre Gesundheit zu beten und zu opfern, an ihrem Krankenbett zu sitzen und ihre Verwandten hochzuschätzen.156 Die Ehefrau solle in der römischen Kaiserzeit also nicht mehr nur als mater familias, sondern auch zunehmend als socia des Mannes fungieren, weswegen sich in der Forschung in Anlehnung an die stoische Morallehre des Musonius Rufus und an die grundlegenden Thesen von Garnsey – Saller (1987: 130–136) der Terminus der „companionate marriage“ durchgesetzt hat.157 Allerdings gewichtet Plutarch in der Nachfolge Platons die Rollen von Mann und Frau unterschiedlich: Obwohl beide in gleicher Weise Tugend besäßen, solle der Mann die Frau leiten wie die Seele den Körper (vgl. Plut. Moralia 142D).158 Besonderen Nachhall erzielte der eine „companionate marriage“ lehrende Musonius Rufus beim jüngeren Plinius (vgl. exemplarisch Plin. 155

156 157 158

Unter Bezugnahme auf den Artikel von Reydams-Schils (2018: bes. 161f.) seien für das Eheverständnis des Musonius Rufus die Ansichten des Antipatros von Tarsos und des Stoikers Hierokles von Bedeutung gewesen. Die gegenseitige Wertschätzung innerhalb einer Ehe ist gemäß der Lehre des Antipatros von Tarsos ein entscheidendes Kriterium auf dem Weg zur sittlichen Vervollkommnung. Vgl. dazu Pohlenz (1970: 190) und Mauch (1997: 13–17, hier bes. 14f.). Ehebruch hingegen sei aus stoischer Perspektive – dies geht laut Veyne (1999: 57) auf Epiktet zurück – strengstens zu verurteilen, „denn sie [scil.: sexuelle, außereheliche Verhältnisse mit Frauen] werden nur aus Zuchtlosigkeit eingegangen. So würde auch niemand, der einsichtig ist, mit einer Hetäre verkehren oder, außerhalb der Ehe, mit einer Unverheirateten oder, bei Gott, mit einer, die im Hause arbeitet“ (Muson. 12 in der deutschen Übersetzung von Angenendt 2015: 46). Zur Lehre des Musonius Rufus vgl. auch Nussbaum (2002). Dillon (2004: 10–13). Jope (2014: bes. 421f.). Reydams-Schils (2018: 159–162). Vgl. dazu auch Dillon (2004: bes. 22–25) und Angenendt (2015: 45). Vgl. dazu auch Jope (2014: 421). Zur Partnerschaftlichkeit als Eheideal in der römischen Kaiserzeit vgl. Feichtinger (1993: 43). Vgl. dazu Deissmann (1989: 644 mit dortiger Anm. 145 einschließlich weiterführender Literatur) und Shelton (2013: 118f.).

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________________________________________________ epist. 3,11,5: Musonium [...] cum admiratione dilexi).159 Doch auch im Allgemeinen soll Musonius als Lehrer der Philosophie in Rom – vornehmlich bei den Vertretern der aristokratischen Oberschicht – sehr erfolgreich gewesen sein,160 was Bütler (1970: 56) damit begründet, dass 159

160

Vgl. dazu auch Hoffer (1999: 2). Dillon (2004: 50. 53). Von Albrecht II (2012: 972); Shelton (2013: 350 mit dortiger Anm. 144) arbeitet die enge Vernetzung des Musonius Rufus zu den Exponenten der aristokratischen Oberschicht (u. a. zu Quintus Iunius Arulenus Rusticus und Rubellius Plautus) heraus. Vgl. dazu auch Dillon (2004: bes. 49–57) und Reydams-Schils (2018: 157–159). Neben Musonius Rufus gehörte im Speziellen Thrasea Paetus zu den stoischen Autoritäten, die Plinius bewunderte (vgl. bes. Plin. epist. 6,29,1–3). Vgl. dazu auch Turpin (2008: 398f.) und von Albrecht II (2012: 972). Gewiss ist es überzogen, Plinius als strengen Vertreter des Stoizismus zu bezeichnen; doch bei Betrachtung des gesamten Briefcorpus ist eine Affinität des Plinius für die stoische Lehre nicht in Abrede zu stellen; vgl. dazu auch André (1975: 236): „La morale des Lettres ne repose pas, au départ, sur un traité des valeurs dogmatique: avec le stoïcisme Pline révélera des affinités, et non un accord théorique.“ Vgl. auch Griffin (2007: 474): „His echoes of Stoicism reflect its dominance at Rome in his day, a position no doubt enhanced by its persecution under successive tyrants.“ Vgl. in jüngerer Vergangenheit auch Fögen (2017: 55 mit dortiger Anm. 81). Vgl. dazu unter Nennung zahlreicher Belegstellen grundlegend ReydamsSchils (2018: 157–159); vgl. in der älteren Forschung auch Shaw (1985) und Dillon (2004: ibid.). Dagegen geht Dietsche (2014: 38–45) davon aus, dass die gebildete Oberschicht der römischen Kaiserzeit dem Stoizismus – anders als dem Epikureismus – ferngestanden habe, wobei vor allem die Rigidität der stoischen Lehre skeptisch betrachtet worden sei. Griffin (2007: 474) hingegen will insbesondere in den mannigfachen impliziten und expliziten Bezügen im Briefcorpus des Plinius die Beliebtheit der stoischen Lehre in aristokratischen Kreisen erkennen. Vgl. dazu auch unten Anm. 188. Ergänzend ist anzumerken, dass Plinius trotz seiner unverkennbaren Sympathie gegenüber stoischen Philosophen (Musonius Rufus, Euphrates, Thrasea Paetus) in seinem Denken nicht auf eine ganz bestimmte philosophische Schule oder auf ein hochkomplexes System theoretischer Doktrinen festgelegt werden kann; vgl. dazu Fögen (2017: 55). Vgl. zuvor bereits André (1975: 236). Plinius verfolgte – ähnlich wie Musonius Rufus – eine praktische, populäre Philosophie (vgl. bes. Plin. epist. 7,26,4: Possum ergo quod plurimis verbis, plurimis etiam voluminibus philosophi docere conantur, ipse breviter tibi mihique praecipere, ut tales esse sani perseveremus, quales nos futuros profitemur infirmi.). Diese Lebensnähe versuchte Plinius – ähnlich wie Seneca (vgl. Sen. epist. 6,5) – zum Zwecke der Anschaulichkeit bzw. Nachvollziehbarkeit mit konkreten exempla zu unterfüttern; vgl. dazu exemplarisch Plin. epist. 9,12.

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________________________________________________ dieser „unter den zeitgenössischen Stoikern vielleicht der größte Praktiker und Realist“ gewesen sei.161 Auch gemäß den Moralvorstellungen Senecas, der den Wert und die Aufgaben einer Ehe strikt an der stoischen Gesellschaftslehre ausrichtet, steht die Ehefrau auf einer Stufe mit den Freunden ihres Gatten (vgl. Sen. epist. 104,3), wobei gegenseitige Verantwortung der tragende Balken einer Ehe ist (vgl. Sen. epist. 104,5).162 Vor allem in der soziokulturellen Forschung besteht Einigkeit darüber, dass die moralische Aufwertung der römischen (Ehe-)Frau und deren Rolle als socia des maritus auf prominente Vertreter der Stoa zurückzuführen sind. Insbesondere Musonius Rufus (vgl. frg. 3,8–13; id. 4) gilt als engagiertester Vorkämpfer eines Verständnisses, das die moralische Gleichheit der Frau propagiert. Dies taten vor Musonius bereits – jedoch mit weniger Durchschlagskraft – Kleanthes und Antipatros von Tarsos.163 Auch Seneca, der die gesellschaftliche Unterordnung der Frau unter den Mann niemals in Frage stellte, postulierte die moralische Gleichheit der Frau eindringlich; vgl. Sen. dial. 6,16,1: Quis autem dixerit naturam maligne cum mulierum ingeniis egisse et virtutes illarum in artum retraxisse? Par illis, mihi crede, vigor, par ad honesta, dum libeat, facultas est; dolorem laboremque ex aequo, si consuevere, patiuntur.164 161

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Gemäß Reydams-Schils (2013: 348) verstand die kaiserzeitliche Lehre der Stoa die Ehe als rechtmäßige Ausdrucksform eines tugendhaften Lebens. Durch die Betonung des Wertes der Verbindung zwischen Ehegatten, deren Verpflichtung es gewesen sei, alles miteinander zu teilen, habe Musonius Rufus dieses Verhältnis nicht geringer eingestuft als die höchste Form von Freundschaft unter Männern; ferner habe Musonius Rufus sich in seiner Lehre gegen sexuelle Abstinenz in der Ehe ausgesprochen. Vgl. dazu auch Pohlenz (1970: 190) und Mauch (1997: 13–17, hier bes. 14f.). Zu Senecas Eheverständnis vgl. Manning (1973). Köhler (1988: 69–74). Harich (1994). Lavery (1997). Mauch (1997). Hodkinson (2014: 472f.). Jope (2014: bes. 422f.); zum Einfluss des stoischen Gedankengutes auf die Idealvorstellung einer Ehe in der römischen Kaiserzeit vgl. Mauch (1997: 13–20). Veyne (1999: 53–59). Krause (2003: 114f.). Jope (2014: 419–423). Angenendt (2015: 45–47); zum allgemeinen Einfluss der Moralvorstellungen Senecas auf Plinius vgl. André (1975 und 1979). In der jüngeren Pliniusforschung vgl. auch Griffin (2000 und 2007) und Marchesi (2008: 15). Vgl. dazu van Geytenbeek (1962: 56). Mauch (1997: 13–17, hier bes. 14f.). Reydams-Schils (2018: 161f.). Vgl. auch Sen. benef. 3,18,2; allgemein zur Diskussion über die Gleichheit

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________________________________________________ Die Wertschätzung der (Ehe-)Frau scheint in der römischen Kaiserzeit über jene der Erfüllung ihrer instrumentellen Funktion hinauszuweisen. Zuneigung und Vertrauen waren zusätzliche Elemente, die zur Norm des Handelns eines maritus gehören konnten. Diese Beobachtung wird von Späth (1998a: 16f.) bekräftigt, indem in der Grundstruktur der männlichen Freundschaftsbeziehungen zu Frauen kein Unterschied zu denen zu Männern konstatiert wird: Freundschaft erscheine als Austausch von Gaben – Hilfe, Rat, Begünstigungen, die eine gegenseitige Verpflichtung bedeuteten – und als Basis für Unterhaltung und Gespräch. Allerdings umfasse das freundschaftliche Verhältnis zu Frauen nicht das gleiche Spektrum an Möglichkeiten, worüber ein männlicher Freund verfügen könne und müsse, denn es fehle die direkte, auf der Bühne der öffentlichen Institutionen manifestierte Unterstützung in der politischen Karriere, die als Zentrum der Freundschaft unter Männern bezeichnet werden könne. Auch wenn eine Entwicklung des römischen Ehebündnisses von der matrimonialen Form hin zu einer konjugalen, auf Respekt basierenden Ehebeziehung vor dem Hintergrund der „Krise der Subjektivierung“ (Foucault 1989: 129) nachvollziehbar scheint, ist der Forschungsthese bezüglich einer grundlegend veränderten ehelichen Moralvorstellung des römischen Mannes mit Vorsicht zu begegnen – nicht zuletzt vor dem Hintergrund, dass noch in der Kaiserzeit politisch motivierte Ehen unter Aristokraten geschlossen worden sind. Von daher muss weiterhin – dies ist aus sämtlichen zeitgenössischen Quellen (u. a. aus den Coniugalia praecepta Plutarchs) abzuleiten165 – von der fremdbestimmten Inferiorität des weiblichen Geschlechtes ausgegangen werden: „Die Unterordnung der Frau unter ihren Mann wurde zu keinem Zeitpunkt in Frage gestellt.“ (Krause 2003: 115) Dies fußt nach stoischer Auffassung in erster Linie auf der naturgegebenen Unterordnung der Frau unter die Herrschaft des Mannes (vgl. dazu Sen. dial. 2,1,1: utraque turba ad vitae societatem tantundem conferat, sed altera pars ad obsequendum, altera imperio nata sit.).166

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der Geschlechter unter Berücksichtigung stoischer Betrachtungsweisen Voelke (1973: 118), Föllinger (1996: bes. 256–284) und Mauch (1997: 13–17). Vgl. dazu exemplarisch Plut. Moralia 145B–146. Vgl. auch Hemelrijk (1999: 34) und Sharrock (2013: 185). Unter Bezugnahme auf Val. Max. 6,3,9 resümiert Kunst (2000: 39): „Den Autoren der Kaiserzeit galt die Republik nicht zuletzt deshalb als Glanzzeit römischer Ehen, weil die Männer ihre Frauen unter vermeintlich strenger sittlicher Kontrolle hielten.“ Vgl. auch Sen. dial. 5,35,1; id. benef. 1,1,10. Zur Inferiorität der (Ehe-)Frau

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________________________________________________ In diesem Kontext konstatiert Kunst (2000: 39f.) für die Zeit des Prinzipats eine Wandlung vom Gedanken des Fremdzwanges zur Vorstellung der Erziehbarkeit der Frau. Von daher erfülle die Ehe einen pädagogischen Zweck, indem der Ehemann seine Frau in ihren Schwächen domestizierte.167 Ganz ähnlich argumentiert Stahlmann (1997: 41–48), die – ebenso wie Hemelrijk (1999: 34) – im Ehemann aufgrund seiner vermeintlichen moralischen Integrität und seiner intellektuellen Fähigkeiten ein für die Gattin nachahmenswertes exemplum erkennt. Hauptsächlich im Bereich der Sexualität bestehe weiterhin ein Machtverhältnis zwischen den Ehepartnern. Dabei sei nach Veyne (1990: 45) die sexuelle Beherrschung anderer (also die sexuelle Aktivität beim Geschlechtsakt) ein wichtiges Charakteristikum römischer Männlichkeit (vgl. dazu Holzberg 2002: 29). Auch die in der Forschung immer wieder geäußerte These (vgl. u. a. Veyne 1978: 37f.), wonach die Beschneidung der libertas römischer Aristokraten im Zuge der veränderten politisch-gesellschaftlichen Verhältnisse in der Kaiserzeit eine liebevollere Hingabe des Ehemannes an die Gattin zur Folge gehabt habe, bewertet Steenblock (2013: 31 mit dortiger Anm. 156) kritisch: „Dieser Kausalschluss ist jedoch nicht zwingend, da ein unbefriedigtes Herrschaftsbedürfnis sich auch auf andere Weise hätte auswirken können, etwa durch umso stärkere Ausübung der innerfamiliären Macht.“ Ferner warnt Deissmann (1989: 543f.) davor, die sich verändernden ehelichen Strukturen in der römischen Kaiserzeit mit einer gesellschaftlichen Aufwertung der Frau gleichzusetzen. Da deren Rolle weiterhin eine überwiegend fremdbestimmte sei und darüber hinaus die patriarchale Struktur Bestand habe, solle das Selbstbewusstsein und die Unabhängigkeit römischer Frauen nicht überschätzt werden.168 In diesem Kon-

167

168

in der römischen Kaiserzeit vgl. Dixon (1991: 103). Mauch (1997: 18–20). Kunst (2000: 39f.). Krause (2003: 114–116). Angenendt (2015: 46f.); vgl. auch Veyne (1999: 53–57), der hinsichtlich der gesellschaftlichen Gleichberechtigung der Ehepartner in der römischen Kaiserzeit von einer „Illusion“ spricht. Vgl. dazu bes. Hemelrijk (1999: 31–36). Vgl. auch Mauch (1997: 15f.). Späth (2000: 125). Humpert (2001: 39). Carlon (2009: 138). McCullough (2011: 189 mit dortiger Anm. 21). Shelton (2013: 118f.). Vgl. ähnlich Gardner (1995: 258–267), der Späth (1994: 341) zustimmt und sich zugleich (id. 330) gegen Äußerungen wehrt, „welche die Beziehung zwischen Römerinnen und Römern in den milden Farben harmonischer Komplementarität ehelicher Partnerschaft zeichnen“. Vgl. ähnlich Schweers (1999: 10). Vgl. auch Mauch (1997: 13–20, bes. 18–20).

Kap. 2 Der Mann als maritus im römischen Ehe- und Familienleben

87

________________________________________________ text ergänzt Gardner (1995: 7), dass die Einschätzung der Rolle der Ehefrau in der römischen Antike vom jeweiligen Zeitgeist abhängig gewesen sei. Dies wird von Humpert (2001) bekräftigt, die Männlichkeit und Weiblichkeit für gesellschaftliche, dem historischen Wandel unterliegende Konstrukte hält.169

169

Laut Humpert (2001: 28) können vordringlich gesellschaftliche Krisen und Umbrüche zur Neudefinition der Geschlechterrollen führen. Dabei stelle die Neu- oder erneute Definition des männlichen Verhaltens den Versuch der Abgrenzung und Identitätswahrung angesichts einer als bedrohlich empfundenen Umwelt dar.

Kap. 2 Der Mann als maritus im römischen Ehe- und Familienleben

89

________________________________________________

2.5

Conclusio: Wann ist der Mann ein Mann? – der römische maritus im Spannungsverhältnis zwischen Wahrung von continentia und Äußerungen von Emotionen und Gefühlen

Die sozial- und kulturgeschichtlichen Forschungen (auch im Bereich der Men’s Studies) haben sich hinsichtlich der römischen Antike vor allem auf die Rolle des pater familias in Zeiten der ausgehenden Republik und des Prinzipats konzentriert. Dabei entsteht eine Vatervorstellung, die in der Bewahrung des mos maiorum neben den Elementen der auctoritas und der severitas stets die regulativen Elemente der cura und der pietas im Sinne eines auf ethische Verpflichtung zielenden officium gegenüber den ihm Gewaltunterworfenen betont. In diesem Kontext ist auch die eigene continentia, die Kontrolle über sich selbst (auch die über die eigenen Emotionen), mitzudenken. Von daher überrascht Gilmore (1991: 53–56. 152) nicht mit seiner Feststellung, dass in der Forschung der Wille zu herrschen und die damit einhergehende Furcht, beherrscht zu werden, als prägendste Attribute des aristokratischen Mannes herausgearbeitet worden sind. So wenig realistisch es ist, einen einheitlichen Männlichkeitsbegriff für die römische Antike ermitteln zu können, so eindeutig ist es, dass sich dieser grundsätzlich am aristokratischen pater familias zu orientieren hätte. Männliches Verhalten lässt sich – diese Erkenntnis ergibt sich aus den bisherigen Forschungsergebnissen – gemäß dem jeweiligen sozialen Wirkungskreis differenzieren in die individuelle Ausübung von Sexualität, in die Ausübung der familiären Rolle und in das Verhalten im politischen Gemeinwesen. Auf individueller Ebene prägen zuvorderst folgende Aspekte das männliche Verhalten: die continentia, die severitas und ein aktives, dominantes Verhalten beim Geschlechtsakt. Da die Frage nach der Rolle des pater familias in der Forschung umfassend erörtert wurde und dadurch andere Fragestellungen überlagerte, ist die Rolle des maritus kaum definiert worden. Dabei sind es im Speziellen zwei Bereiche römischer Männlichkeit, die im Zusammenhang mit der Rolle des maritus zwar bereits markiert (vgl. Humpert 2001: 39), jedoch wenig diskutiert wurden: die der Sexualität und der Emotionalität. Die bisherigen Ergebnisse belegen, dass der Prinzipat, der durch die poli-

90

Kap. 2 Der Mann als maritus im römischen Ehe- und Familienleben

________________________________________________ tische Neuordnung die aktive Mitbestimmung des aristokratischen Mannes zunehmend beschnitt und ihn zur Beschäftigung auf anderem Feld veranlasste, in seiner Literatur einen größeren Spielraum für die Äußerung männlicher Emotionalität eröffnete, ohne die traditionelle Vorstellung dominanter Männlichkeit und die klare Hierarchie der Geschlechter aufzuheben.170 Diese These gilt es in den folgenden Kapiteln für den weiteren Verlauf der römischen Kaiserzeit – hauptsächlich an der Wende vom ersten zum zweiten nachchristlichen Jahrhundert – auf Grundlage der Darstellungen römischer Ehemänner im plinianischen Briefcorpus zu überprüfen.

170

Vgl. dazu bes. Steenblock (2013: 258–260). Das Changieren der Geschlechterrollen scheint laut Steenblock (ibid.) mit der Konsolidierung der neuen politischen Ordnung bzw. in der Literatur mit dem Tod Ovids beendet. Vor dem Hintergrund des Spannungsfeldes von moralischer Restauration und Neuorientierung werde in der augusteischen Literatur die Rückkehr zu traditionellen Verhaltensnormen propagiert, auch zu den traditierten Geschlechterkonzeptionen. Primär werde das Konzept des pater verstärkt in Erinnerung gerufen, möglicherweise in Anlehnung an Augustus als pater patriae. Mit eben diesem Bild des pater könnten sich alle Familienväter der aristokratischen Oberschicht identifizieren.

3

Das Idealbild eines maritus vere Romanus in den Briefen des Plinius

3.1

Prolegomenon: Zum Terminus maritus im plinianischen Briefcorpus

Plinius verwendet den Terminus maritus insgesamt zweiundzwanzig Mal in dreizehn verschiedenen Episteln, die über das gesamte Briefcorpus verteilt sind.171 Während sich der Begriff im fünften Buch nicht findet, erscheint er gehäuft (insgesamt siebenmal) im sechsten Buch, in dem auch zwei der drei an Calpurnia gerichteten Ehebriefe eingebettet sind. Innerhalb der dreizehn angezeigten Episteln wird ein facettenreiches Bild römischer Ehemänner gezeichnet, sodass erst in der Zusammenschau das plinianische Idealbild eines maritus sichtbar gemacht werden kann. In freier Anlehnung an den Begriff vir vere Romanus als Bezeichnung für einen wahren Römer wird in der vorliegenden Studie im Zuge der Ermittlung des Idealbildes eines römischen Ehemannes von einem maritus vere Romanus gesprochen. Dieser Terminus geht auf kein Zitat zurück, umschreibt aber den Untersuchungsgegenstand präzise. Die Untersuchung aller den Terminus maritus aufweisenden Textstellen legt eine kriteriengeleitete Binnengliederung nahe: Während zunächst die wohlwollenden Bilder römischer mariti (Kap. 3.2) und damit einhergehend auch die Würdigung vorbildlicher Ehefrauen untersucht werden (Kap. 3.3), wird im Anschluss ein markantes exemplum eines jungen aufstrebenden maritus beleuchtet (Kap. 3.4), bevor nach einigen kurzen Reflexen zur musterhaften Verbindung innerer und äußerer Werte römischer Ehemänner (Kap. 3.5) ein Negativbeispiel eines römischen maritus erläutert wird (Kap. 3.6). Nach einer Zwischensicherung, die das facettenreiche Spektrum römischer Ehemänner im plinianischen Briefcorpus zu bündeln sucht (Kap. 3.7), rückt die für die Ermittlung des plinianischen Idealbildes eines maritus vere Romanus zentrale Epistel 1,14 in den Fokus 171

Vgl. Plin. epist. 1,14; 2,20; 3,16 (4x); 4,21; 6,24 (3x); 6,31 (3x); 6,32; 7,11; 7,19 (3x); 7,24; 8,5; 8,23; 9,13.

92

Kap. 3 Das plinianische Idealbild eines maritus vere Romanus

________________________________________________ (Kap. 3.8). Nach der Erarbeitung des von Epistel 1,14 abzuleitenden Anforderungsprofils für einen mustergültigen römischen Ehemann wird unter motivanalytischer Perspektive ein intertextueller Vergleich mit der plinianischen Darstellung des stoischen Philosophen Euphrates in Epistel 1,10 durchgeführt (Kap. 3.9). Eine Conclusio, die sich auch buchkompositorischen Fragen widmet, rundet das dritte Kapitel ab (Kap. 3.10).

Kap. 3 Das plinianische Idealbild eines maritus vere Romanus

93

________________________________________________

3.2

Wohlwollende Bilder römischer mariti im plinianischen Briefcorpus

3.2.1

Plin. epist. 8,23

Begonnen werden soll mit den mariti, von denen Plinius ein wohlwollendes Bild entwirft. In der an Aefulanus Marcellinus172 adressierten Epistel 8,23, die der Gattung der Trauerbriefe angehört173 und einen exponierten Platz im achten Buch des plinianischen Briefcorpus einnimmt, 174 werden in Form einer laudatio die zahlreichen positiven Charaktereigenschaften des verstorbenen Iunius Avitus175 gerühmt.176 Iunius Avitus sei von ein172

173

174

175

176

Über den Adressaten Aefulanus Marcellinus ist laut Sherwin-White (1968: 475) sonst nichts weiter bekannt. An ihn ist auch der Trauerbrief 5,16 (über den Tod der Tochter des Fundanus) gerichtet; vgl. dazu Gnilka (1973). Zur Gattung der Trauerepisteln im plinianischen Briefcorpus vgl. Gokel (1920) und Gnilka (1973). Zu der hier vorliegenden Trauerarbeit des Plinius vgl. Lefèvre (2009: 290), der die Epistel 8,23 als ehrliche, ergreifende Klage über den plötzlichen Tod des von Plinius vielfach geförderten jungen Iunius Avitus verstanden wissen will, zumal hier der Trauer freier Lauf gelassen werde. Zur besonderen Stellung der 23. Epistel innerhalb des achten Buches vgl. Lefèvre (2009: 217–221. 289f., hier bes. 221); demnach stehe die Epistel – ähnlich wie manche Gedichte Horazens – an vorletzter Stelle des Buches. Mit Epistel 8,23 korrespondiere der zweite Brief 8,2 an Calvisius Rufus; in eben diesem zeichne Plinius ein Porträt von sich als Menschenführer. Darüber hinaus sei die Stellung der beiden abschließenden Episteln 8,23 und 8,24 von Gewicht, da sie als Musterbeispiele für die humanitas Pliniana aufzufassen seien. Zur Gliederung der Epistel 8,23 vgl. Lefèvre (2009: 217); philologischmotivanalytische Interpretationen legen Glücklich (2003: 28–31) und Lefèvre (2009: 217–221) vor. Zur Person des Iunius Avitus († 108 n. Chr.), der ritterlicher Abkunft war und als designierter Ädil am Beginn einer senatorischen Karriere stand, vgl. PIR2 I 731. Vgl. auch Sherwin-White (1968: 152. 475) und Birley (2000: 67); Lefèvre (2009: 217) und Page (2015: 233 mit dortiger Anm. 302) sehen in Avitus auch den Empfänger der Epistel 2,6. Zu der plinianischen Würdigung der ihm nahestehenden Mitglieder der aristokratischen Oberschicht und der damit einhergehenden wohlwollenden (häufig glorifizierenden) Charakterbeschreibungen vgl. bes. Plin. epist. 1,22; 2,9; 4,17; 5,16; 6,16; 7,31; 9,9.

94

Kap. 3 Das plinianische Idealbild eines maritus vere Romanus

________________________________________________ zigartiger Klugheit (Plin. epist. 8,23,3: praecipua prudentia) und Bildung (ibid.: praecipua eruditio) gewesen und habe eine hoffnungsvolle Karriere vor Augen gehabt (Plin. epist. 8,23,8: modo designatus aedilis). Gemäß der Interpretation von Glücklich (2003: 29) erwies Iunius Avitus sich in den Augen des Plinius dadurch als besonders klug, dass er andere für klüger hielt; ferner sei er stets lernbereit gewesen und habe sich weiterentwickeln wollen, um sich im Laufe seines Lebens allmählich der persönlichen Vervollkommnung zu nähern. Lefèvre (2009: 219) ergänzt, dass sich in der besonderen Lernbereitschaft des Adepten Moral (sog. Wissensmoral) spiegele, was belege, dass Bildung und Moral zusammengehörten.177 Besondere Aufwertung erfährt der Verstorbene – ähnlich wie Minicius Iustus in Epistel 7,11 – durch die Freundschaft zu Plinius, der sein Lehrer bzw. Mentor gewesen ist (Plin. epist. 8,23,2: Suffragio meo adiutus in petendis honoribus fuerat; ad hoc ita me diligebat, ita verebatur, ut me formatore morum, me quasi magistro uteretur.). Hier wird einmal mehr die Technik des indirekten Selbstlobes deutlich,178 da nicht nur der lernwillige, stets die auctoritas seines Lehrmeisters respektierende Iunius Avitus, sondern auch Plinius selbst porträtiert wird – in diesem Fall als ein der humanitas verpflichteter „Menschenführer“ (Lefèvre 2009: 221). Wie an zahlreichen Stellen in seinem Briefcorpus erkennbar wird,179 genießt Plinius offenkundig die Beliebtheit, derer er sich aufgrund seiner literarischen bzw. beruflichen Erfolge und nicht zuletzt aufgrund seiner auf humanitas basierenden Geisteshaltung bei jungen Menschen erfreut.180 Da177

178

179 180

Die direkte Verbindung zwischen prudentia und eruditio erscheint im plinianischen Briefcorpus nur an dieser einen Stelle. Zum differenzierten Bedeutungsgehalt der prudentia innerhalb der aristokratischen Oberschicht unter expliziter Berücksichtigung der politischen Perspektive vgl. Hellegouarc’h (1972: 256–267). Zur Frage des Selbstlobes bzw. des iudicium alienum als eines Charakteristikums der plinianischen Briefsammlung vgl. Offermann (1975: bes. 137). Rudd (1992). Illias-Zarifopol (1996). Krasser (1997). Ludolph (1997: bes. 196–198). Radicke (1997: bes. 461f.). Gibson (2003). Gauly (2008). Haltenhoff (2011b). Fögen (2015: bes. 26f. 30. 38). Neger (2015). Vgl. dazu exemplarisch Plin. epist. 2,18,1f.; 4,16; 6,11. Zur Förderung anderer Mitglieder der aristokratischen Oberschicht, deren Charakter Plinius gerne mit seinem eigenen in Bezug setzt, vgl. Plin. epist. 2, 9; 2,13; 4,15; 6,6; 7,22. Im Speziellen liegt Plinius die Förderung junger Talente am Herzen (vgl. z. B. Plin. epist. 3,2,5f.; 6,23; 10,26; 10,87). Vgl. in der

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95

________________________________________________ zu passt die intertextuelle Beobachtung, dass der hier vorliegende 23. Pliniusbrief des achten Buches von zwei Episteln gerahmt wird, die beide tief im Bereich des Privaten bzw. Zwischenmenschlichen wurzeln,181 sodass in der Gesamtschau von einer markanten, nicht zufällig den Buchschluss bildenden Trias der humanitas Pliniana gesprochen werden kann. Nach der Würdigung der Ämterlaufbahn des Iunius Avitus werden dessen familiäre Bindungen in den Blick genommen (Plin. epist. 8,23,8: Recens maritus recens pater intactum honorem, orbam matrem, viduam uxorem, filiam pupillam ignaram patris reliquit.). Innerhalb des anaphorischen Parallelismus recens maritus recens pater, der mit der chiastischen Wortfolge viduam uxorem filiam pupillam korrespondiert, nimmt die Rolle des maritus die exponierte Frontstellung ein. Wie sehr der Verlust des Iunius Avitus seine Familie trifft, belegen zum einen der durch die Wiederholung des recens unterlegte Hinweis auf die allzu kurze Lebenszeit des Verstorbenen, zum anderen die Trauer bzw. Betroffenheit markierenden Adjektivattribute viduam und pupillam. Die hier zutage tretenden Emotionen, die Plinius in seine laudatio einfügt, werden nicht explizit (wie in der den Briefschluss Plin. epist. 8,23,8 bildenden Darstellung seiner eigenen Tränen: lacrimis meis), sondern implizit sowohl durch die anaphorische Betonung des recens als auch durch die beiden inhaltsschweren, auf die Leere bzw. die Sinnlosigkeit hindeutenden Adjektive evoziert. Dies erfährt eine zusätzliche Steigerung durch die Erwähnung der nunmehr verwaisten Mutter bzw. verwitweten Ehefrau. Plinius selbst ist zutiefst erschüttert ob der Todesnachricht und macht keinerlei Hehl daraus, dass er Mühe hat, die Fassung zu wahren (vgl. bes. Plin. epist. 8, 23,8: Accedit lacrimis meis quod absens et impendentis mali nescius, pariter aegrum, pariter decessisse cognovi, ne gravissimo dolori tempore consuescerem.). Plinius „erlaubt sich keinen gedanklichen Trost, sondern läßt der Trauer freien Lauf“ (Lefèvre 2009: 220). Damit rührt er nicht nur den unmittelbaren Adressaten Aefulanus Marcellinus, sondern auch seine aristokratische Leserschaft, die nicht nur Trauer über den Verlust eines Mitgliedes ihres sozialen Netzwerkes, sondern auch Mitleid empfinden soll mit dem empathisch und als weiser Lehrmeister des Verstorbenen auftretenden Plinius, der es liebte, „aus Anlaß des Todes oder der Krankheit

181

älteren Forschung Guillemin (1929: 32–40) und Bütler (1970: 103–106). Vgl. zuletzt auch Gazich (2003) und Bernstein (2008). Zur Interpretation der beiden Episteln 8,22 und 8,24 vgl. Cova (1978) und Lefèvre (2009: bes. 169–176. 289–291).

96

Kap. 3 Das plinianische Idealbild eines maritus vere Romanus

________________________________________________ einer ihm nahestehenden Person dem Schmerzlichen des Ereignisses und seiner eigenen Anteilnahme daran möglichst rührenden Ausdruck zu verleihen“ (Gnilka 1973: 114).182 3.2.2

Plin. epist. 4,21

Auch die an Velius Cerialis183 gerichtete Epistel 4,21 ist in die Gattung der Trauerbriefe einzuordnen.184 Hier trauert Plinius – ähnlich intensiv wie in der zuvor besprochenen Epistel 8,23 um Iunius Avitus oder wie in der Epistel 1,12 um Quintus Corellius Rufus oder in Epistel 2,1 um Lucius Verginius Rufus – um die beiden Helvidiae, die Töchter des jüngeren Helvidius Priscus.185 Die beiden jungen Frauen sind während der Entbindung einer Tochter verstorben. Im Zentrum der Epistel 4,21 steht Plinius, dessen tiefe Trauer und persönliche Anteilnahme sich durch die gesamte Darstellung zieht.186 Dabei ist das folgende anaphorische Trikolon augenfäl182

183 184

185

186

Dazu passt die recht ähnliche Beobachtung von Boëls-Janssen (2015: 111), wonach die Emotionen des Plinius vornehmlich bei der Porträtierung verstorbener Familienmitglieder und Freunde spürbar intensiv seien: „La maladie et la mort mettent particulièrement en lumière cet attachement.“ Vgl. dazu auch Lefèvre (2009: 290). An Velius Cerialis ist nur diese eine Epistel adressiert; vgl. dazu SherwinWhite (1968: 297). Zur Klassifizierung der Epistel 4,21 als Trauerbrief vgl. auch Sherwin-White (1968: 45). Zur Gattung der Trauerepisteln im plinianischen Briefcorpus vgl. oben die in Anm. 173 genannte Literatur. Zu einem differenzierten Vergleich der Trauerbriefe 1,12; 2,1; 4,21; 5,5; 5,16; 8,23 vgl. Carlon (2009: 49–52). Zur personalen Bestimmung der HelvidiaeSchwestern vgl. PIR2 H 61. Zur Person ihres Vaters Helvidius Priscus des Jüngeren, der als erklärter Gegner des Kaisers Domitian im Jahre 93 n. Chr. hingerichtet worden ist und in den Pliniusbriefen 3,11,3; 7,30,4; 9,13 lobende Anerkennung erfährt, vgl. PIR2 H 60. Nach dem Tode Domitians (96 n. Chr.) verfasste Plinius zur Rehabilitierung des jüngeren Helvidius Priscus eine nicht erhalten gebliebene Schrift (De Helvidi ultione). Vgl. dazu Weische (1989: 382). Beutel (2000: bes. 224f.). Lefèvre (2009: 66 mit dortiger Anm. 77); zum Schicksal des Helvidius Priscus vgl. in der römischen Literatur Tac. Agr. 45,1; Suet. Dom. 10,4. Die (Selbst-)Tröstungsstrategie, die Plinius mit Blick auf den überlebenden Bruder der Verstorbenen hier entfaltet, erinnert an Epistel 8,10 (vgl. Kap. 4.1.2 der vorliegenden Studie).

Kap. 3 Das plinianische Idealbild eines maritus vere Romanus

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________________________________________________ lig (Plin. epist. 4,21,2: Angor infantium sorte, quae sunt parentibus statim et dum nascuntur orbatae, angor optimorum maritorum, angor etiam meo nomine.). In seine Trauer schließt Plinius in sinnabbildender Wortstellung beide Ehemänner ausdrücklich ein. Allerdings wird die Emotionssteuerung der Leser weniger über die mit einem Superlativ (optimorum) gekennzeichnete Wertschätzung der beiden Ehemänner angebahnt,187 deren Namen hier nicht genannt werden, sondern – wie bereits in der oben verhandelten Epistel 8,23 – implizit durch das Verzweiflung und Leere andeutende Adjektivattribut orbatae. Doch damit nicht genug: Die Emotionssteuerung der Leserschaft erreicht durch die betonte Endstellung im anaphorischen Trikolon ihren Höhepunkt, als Plinius seine eigene Trauer beschreibt: Angor etiam meo nomine. Mit dieser Wortfolge, die an eine vergleichbare Formulierung aus der ersten Trauerepistel seines Briefcorpus erinnert (vgl. Plin. epist. 1,12,2: Doleo autem meo nomine), lenkt Plinius den Blick auf sich selbst und seine eigene Trauerstrategie: Neben die Trauer tritt die Hoffnung, die auf dem Überleben eines dem Vater gleichkommenden, moralisch vorbildlichen filius beruht (vgl. Plin. epist. 4,21,3f., hier 3: Cui nunc unus ex tribus liberis superest, domumque pluribus adminiculis paulo ante fundatam desolatus fulcit ac sustinet.). Über allem jedoch steht die Erinnerung an den in den Wirren der Pisonischen Verschwörung hingerichteten Helvidius Priscus, dem Plinius eine eigene Schrift (De Helvidii ultione) gewidmet hat. Hier werden durch die lebendige Erinnerung an einen erklärten Gegner des ungeliebten Kai187

Die Freundesliebe wird im plinianischen Briefcorpus häufig von in Superlativen gekleideten Adverbien begleitet. Vgl. dazu mit zahlreichen Belegen Bütler (1970: 94), der kritisch einwendet, dass die Superlative sich durch ihren inflationären Gebrauch von selbst abwerten. Zu zahlreichen Textbelegen bzgl. des überschwänglichen Lobpreises in der plinianischen Briefsammlung vgl. Bütler (ibid.). Der bereits von Zeitgenossen des Plinius geäußerten Kritik am überschwänglichen Lobpreis seiner Freunde begegnet dieser mit Verständnis bzw. nimmt deren Einwand sogar selbst vorweg (Plin. epist. 1,14,10a: Tu fortasse me putes indulsisse amori meo, supraque ista quam res patitur sustulisse.). Doch Plinius fügt hinzu, er habe eher zu wenig als zu viel gelobt, denn „wen man liebe, den überhäufe man nicht mit Lob“ (Bütler 1970: 96). Vgl. ähnlich Plin. epist. 4,15,9. Der Kommentator Poteat (1937: 134) verteidigt den abundanten Gebrauch von Superlativen im plinianischen Briefcorpus: „Perhaps he overdoes it, but we should remember that Martial and Iuvenal, presenting the other side of the Silver Age picture, are not always to be found within the restraining walls of the positive degree.“

98

Kap. 3 Das plinianische Idealbild eines maritus vere Romanus

________________________________________________ sers Domitian nicht nur Emotionen erzeugt, sondern Plinius stellt sich durch seine Trauerarbeit in eine Reihe mit Helvidius Priscus, dessen in Plin. epist. 4,21,3f. entfalteter Lobpreis letztlich auf Plinius selbst zurückfällt.188 Dabei ist Plinius die persönliche Betroffenheit angesichts seiner engen, geistigen Verbundenheit mit dem Vater der verstorbenen Schwestern nicht abzusprechen: „There is no doubt that, in doing so, Pliny speaks in loco parentis, leaving the reader of 4.21 with a strong impression of his close connections to and great concern for the family of the younger Helvidius Priscus.“ (Carlon 2009: 52)

188

Zur Beziehung des Plinius zum jüngeren Helvidius Priscus als einem erbitterten Gegner des Kaisers Domitian vgl. exemplarisch Beutel (2000: 116–123. 187–237, hier bes. 222–234). In der Forschung wird in diesem Kontext häufig von der sogenannten stoischen Opposition gesprochen; deren prominenten Vertretern soll Plinius besondere Sympathien entgegengebracht haben. Vgl. dazu neben der Studie von Beutel (2000: ibid.) auch Vidén (1993: 92–94). Hoffer (1999: 161–176). Gauly (2008: 196f.). Carlon (2009: 21–36). Baraz (2012). Centlivres Challet (2013: 15 mit dortiger Anm. 43). Shelton (2013: 43–91). Geisthardt (2015: bes. 189–219); allerdings wird in der jüngeren Forschungsgeschichte davon ausgegangen, dass es sich bei der stoischen Opposition um eine literarische Konstruktion handelt. Vgl. dazu Blochmann (2017: 83–91, bes. 87f.). Vgl. zuvor bereits ähnlich Griffin (1984). Flaig (1992). Roller (2001). Hahn (2011); so gilt es mittlerweile als erwiesen, dass die stoische Lehre unter den Aristokraten der römischen Kaiserzeit zwar Verbreitung fand, jedoch mit einer oppositionellen Haltung gegenüber dem Prinzipat als einer monarchischen Regierungsform kaum in Verbindung zu bringen ist. Die Philosophie der Stoa sei vielmehr als neue Ausdrucksform einer aristokratischen Identität zu verstehen; demzufolge hätten die Anforderungen an das Verhalten römischer Aristokraten in einer Phase grundlegender gesellschaftlicher und politischer Veränderungen überprüft und neu ausgerichtet werden müssen.

Kap. 3 Das plinianische Idealbild eines maritus vere Romanus

99

________________________________________________

3.2.3

Plin. epist. 9,13

Auch in Epistel 9,13, die an Gaius Ummidius Quadratus189 adressiert ist, steht der jüngere Helvidius Priscus im Zentrum.190 Wurde noch in dem soeben behandelten Pliniusbrief 4,21 dessen Rolle als Vater gespiegelt, so tritt er dem Leser in der vorliegenden Epistel – neben seiner politischen Bedeutung im Zuge der Pisonischen Verschwörung – als maritus vor Augen (vgl. Plin. epist. 9,13,5: ‘destinatum est’, inquam, ‘mihi maritum tuum non inultum pati’.). Plinius hatte dessen Ehefrau Anteia191 zu sich kommen lassen, um sie persönlich für ein gemeinsames rechtliches Vorgehen gegen einen Exponenten des Domitian-Regimes zu gewinnen – und nicht nur sie: Anteia solle nach der Unterredung mit Plinius auch die jüngere Arria und Fannia von dem gemeinsamen Vorgehen überzeugen, was letztlich auch geschah (vgl. Plin. epist. 9,13,5: nec illae morantur). Anders als in den zuvor besprochenen Textstellen erregt Plinius Emotionen nicht implizit, sondern explizit – unter Bezugnahme auf einen persönlichen Beschluss, der einer Drohung nahekommt (destinatum est [...] mihi maritum tuum non inultum pati): „Plinius […] stilisiert sich in den Jahren nach 96 n. Chr. zum selbsternannten Wächter aristokratischer Werte und Normen, zum Rächer für verurteilte oder hingerichtete Freunde.“ (Page 2015: 88 mit dortiger Anm. 51) Wurden die mariti bislang entweder betrauert oder hinsichtlich ihrer geistigen Haltung gelobt, so wird der jüngere Helvidius im Zuge der von Plinius angekündigten juristischen Racheaktion als ein unbeirrt für seine Ideale eintretender Römer inszeniert. Angesichts der sonstigen Zurückhaltung des Autors wird die Leserschaft von der Leidenschaftlichkeit der plinianischen Ankündigung emotional 189

190 191

Zur Person des Gaius Ummidius Quadratus, den Plinius förderte, vgl. PIR 2 V/U 603; vgl. dazu unter Nennung weiterführender Literatur auch unten Anm. 234. Vgl. auch Shelton (2013: 351 mit dortiger Anm. 163), die nachweist, dass Plinius darum bemüht war, die Erinnerung an den jüngeren Helvidius Priscus wachzuhalten – in besonderer Weise durch die zahlreichen, über das gesamte Briefcorpus gestreuten Anspielungen (vgl. u. a. Plin. epist. 6,11; 4, 21; 6,29; 7,24). Zur Interpretation der vorliegenden Epistel 9,13 vgl. Beutel (2000: 187–200). Carlon (2009: 58–64). Lefèvre (2009: 66–76). Geisthardt (2015: 32–39). Zur Person der Anteia, der Gattin des jüngeren Helvidius Priscus, vgl. Shelton (2013: 77–79).

100

Kap. 3 Das plinianische Idealbild eines maritus vere Romanus

________________________________________________ gepackt – vornehmlich dadurch, dass er seine geplante Racheaktion vor Gericht mit dem gloria-Gedanken in Verbindung bringt (Plin. epist. 9,13, 5: Non ita gloriae meae faverim, ut vobis societate eius invideam.).192

192

Zur Ankündigung des Plinius, gemeinsam mit den für die Anklage gewonnenen Frauen Anteia, Arria maior und Fannia an der gloria partizipieren zu wollen, vgl. Lefèvre (2009: 69 mit dortiger Anm. 89): „Das ist ebenso Uneigennützigkeit wie erstrebter Zugewinn an Gewicht bei der Anklage.“ Vgl. ähnlich Sherwin-White (1968: 493).

Kap. 3 Das plinianische Idealbild eines maritus vere Romanus

101

________________________________________________

3.3

Hinter jedem starken Mann steht eine starke Frau – Plinius’ Würdigung heldenhafter (Ehe-)Frauen

3.3.1

Plin. epist. 7,19

Fannia193, die Plinius für die oben erwähnte geplante Anklage gewinnen konnte, war verheiratet mit dem älteren Helvidius Priscus. 194 Über ihren widrigen Gesundheitszustand informiert Plinius in der an Priscus195 gerichteten Epistel 7,19; in dieser wird – wie die jüngere Forschung argumentiert – die ideale römische Ehefrau porträtiert.196 Neben Fannia kön193

194

195

196

Fannia, die Tochter des Thrasea Paetus und der jüngeren Arria, folgte ihrem Mann, dem älteren Helvidius Priscus, zunächst im Jahre 66 n. Chr. unter Kaiser Nero und später noch einmal unter Kaiser Vespasian in das Exil. Auf ihre Bitte hin verfasste Herennius Senecio die Biographie ihres Gatten (vgl. dazu Tac. Agr. 2,1); ihr Stiefsohn, der jüngere Helvidius Priscus, wurde 93 n. Chr. hingerichtet und sie nicht nur ihrer Güter beraubt (vgl. Plin. epist. 3,11,3), sondern auch von Kaiser Domitian relegiert. Erst 97 n. Chr. durfte sie zusammen mit ihrer Mutter, der Älteren Arria, zurückkehren. Zum Leben und Wirken Fannias vgl. Lefèvre (2009: 200) und Shelton (2013: 89–91). Zur Person des älteren Helvidius Priscus († 75 n. Chr.) vgl. den Familienstammbaum der Arria-Familie in App. 2 der vorliegenden Studie; vgl. auch Bütler (1970: 73) und Lefèvre (2009: 196). Letzterer (id. 200) nennt Helvidius Priscus maior in Anlehnung an Sherwin-White (1968: 412) einen „champion of liberty under Vespasian“, wodurch der jüngere Plinius in der Kaiserzeit seine „republikanische Gesinnung“ unter Beweis stelle. Vgl. zu dieser in der Tradition Ciceros stehenden Gesinnung auch Bradley (2010: 408). Zum Schicksal des Helvidius Priscus maior vgl. auch Allen (1915: 130) und Shelton (2013: 57f.). Zur Person des schwer zu identifizierenden Priscus vgl. Merrill (1919: 241). Sherwin-White (1968: 412). Birley (2000: 52f.); die Forschung geht davon aus, dass es sich um Cornelius Priscus handelt (vgl. Plin. epist. 5,20,7), der im Jahre 104 n. Chr. das Konsulat bekleidet und 120/121 n. Chr. als Statthalter von Asia fungiert hat. Vgl. dazu auch Carlon (2009: 175) und Boëls-Janssen (2015: 109). Eine Interpretation der Epistel 7,19 einschließlich einer gedanklichen Gliederung bietet Lefèvre (2009: 200–204). Vgl. auch Carlon (2009: 52–58. 175–182); Langlands (2014: 222 mit dortiger Anm. 31) weist nach, dass der vorliegende Brief 7,19 als Pendant zur Epistel 1,22 zu verstehen ist. Dort porträtiert Plinius seinen schwer erkrankten Freund Titius Aristo.

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Kap. 3 Das plinianische Idealbild eines maritus vere Romanus

________________________________________________ nen auch Pompeia Plotina Augusta (Plin. epist. 9,28,1), Serrana Procula (Plin. epist. 1,14,6a/b), die Ehefrau Spurinnas (Plin. epist. 3,1,5), die Gattin des Macrinus (Plin. epist. 8,5,1) und seine eigene Ehefrau Calpurnia (Plin. epist. 4,19,6) als plinianische Idealbilder einer römischen Ehefrau gelten. Fannia hat sich in treuer Pflichterfüllung bei der zunächst freiwillig übernommenen, dann ihr von den Pontifices übertragenen Pflege der Vestalin Iunia, einer Verwandten, eine schwere Krankheit zugezogen (Plin. epist. 7,19,1), weswegen Plinius großer Sorge ausgesetzt ist. Inmitten dieses Briefes, der im Sinne der laudatio keine objektive Würdigung Fannias geben möchte, kommt Plinius im Zuge des Kampfes der Fannia gegen den drohenden Tod auf ihre Eheverbindung mit dem älteren Helvidius Priscus zu sprechen; vgl. Plin. epist. 7,19,3f.: Animus tantum et spiritus viget Helvidio marito, Thrasea patre dignissimus; reliqua labuntur, meque non metu tantum, verum etiam dolore conficiunt. Doleo enim feminam maximam eripi oculis civitatis, nescio an aliquid simile visuris. Quae castitas illi, quae sanctitas, quanta gravitas quanta constantia! Bis maritum secuta in exilium est, tertio ipsa propter maritum relegata.

Lefèvre (2009: 201) hat den ersten Teil dieser Textpassage (Plin. epist. 7,19,3) als inschriftartiges Elogium bezeichnet, da Fannia als exemplum einer tapferen, geistig nicht zu brechenden Frau dargestellt wird – eine Frau, die dem Tode mit einer schier übermenschlichen Stärke trotzt. In diesem Kontext, der durch die Detailfreudigkeit hinsichtlich des heldenhaften Lebenskampfes Emotionen bei den Lesern auslöst, wird ihre unverbrüchliche Geisteshaltung als ihres Mannes und ihres Vaters höchst würdig (dignissimus) bezeichnet, wodurch die beiden Männer ebenfalls eine Aufwertung erfahren. Letzteres trifft auch auf Plinius zu, der sich direkt nach jenem Elogium als Bewunderer und Freund dieser beispielhaften Frau bzw. Familie präsentiert (meque non metu tantum, verum etiam dolore conficiunt) und dadurch – wie bereits im Zusammenhang mit dem Tod der beiden Helvidiae-Schwestern (Plin. epist. 4,21,3f.) – indirekt selbst lobenswert erscheint. Nach der Würdigung Fannias, die hier als unverzichtbarer Eckpfeiler des Staates (und das als Frau!) gezeichnet wird, wechselt der Sprachstil des Plinius, der im Folgenden die Charaktereigenschaften Fannias mit Hilfe von zwei, jeweils durch Anaphern verbundenen Ausrufen würdigt: Quae castitas illi, quae sanctitas, quanta gravitas,

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________________________________________________ quanta constantia! In diesem Kontext ist in der Forschung konstatiert worden, dass von den angezeigten vier virtutes für gewöhnlich nur die erste (castitas) einer römischen Frau zugeschrieben werde, die anderen drei ausschließlich Männern vorbehalten seien.197 Da aber Plinius die vorbildliche Geisteshaltung Fannias sowohl ihres maritus als auch ihres pater für würdig erachtet, werden alle diese virtutes auch auf die männlichen Exponenten dieser Familie zurückprojiziert – in erster Linie constantia, die Fannia neben dem tapferen Ertragen ihrer schweren Krankheit dadurch zeigte, dass sie ihrem Gatten zweimal in die Verbannung gefolgt ist (bis maritum secuta in exilium est). Nicht zuletzt deshalb bezeichnet Bütler (1970: 75 mit dortiger Anm. 16) Fannia als idealtypische Römerin, „die sogar den Männern die exempla fortitudinis liefere.“198 Diese Geisteshaltung Fannias fällt letztlich indirekt wieder auf den maritus, den älteren Helvidius Priscus, zurück, der sich in seiner republikanischen Geisteshaltung bis zu seinem gewaltsamen Tod treu blieb.

197

198

Zur Zuweisung der vier hier angezeigten virtutes an eine Frau vgl. in der Pliniusforschung Merrill (1919: 350). Carlon (2009: 175–182). Lefèvre (2009: 202). Shelton (2013: 86f.); zu den einzelnen Tugenden im römischen Wertedenken unter expliziter Berücksichtigung der politischen Perspektive vgl. Hellegouarc’h (1972: 283–285 zur gravitas; id. 283–285 zur constantia). Zum Konnex zwischen virtus und constantia vgl. Curtius (1967); Langlands (2014: 229) merkt an, dass in der römischen Literatur castitas sich ebenso häufig auf Männer wie auf Frauen bezieht. Centlivres Challet (2013: 78 mit dortiger Anm. 190) weist für das plinianische Briefcorpus nach, dass sich castitas – ebenso wie die Tugend der verecundia – sogar häufiger auf Männer als auf Frauen bezieht. Zur Bedeutung der castitas in den Briefen des Plinius vgl. Maniet (1966: 151f.). Carlon (2009: 176f.). Haltenhoff (2011: 315 mit dortiger Anm. 5). Vgl. ähnlich Lefèvre (2009: 202): „In der maskulinen Welt des jüngeren Plinius ist das gewiß das höchste Lob, das einer Frau zuteil werden kann.“

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Kap. 3 Das plinianische Idealbild eines maritus vere Romanus

________________________________________________

3.3.2

Plin. epist. 3,16

Motivisch verbunden mit der Fannia-Episode ist das Schicksal ihrer Großmutter, der Älteren Arria.199 Von dieser ebenfalls als heldenhaft gezeichneten matrona weiß Plinius nach einem Gespräch mit besagter Fannia in seiner Epistel 3,16 zu berichten, die an Nepos200 adressiert ist. 201 Auch hier steht die hohe Wertschätzung des Plinius gegenüber vorbildlichen Frauen im Mittelpunkt der Darstellung: facta dictaque virorum feminarumque (Plin. epist. 3,16,1) werden – wie an zahlreichen weiteren Stellen im Briefcorpus202 – gleichwertig nebeneinander genannt und ohne geschlechtsspezifische Abstufung gewürdigt.203 Vielmehr noch: Hier tritt der maritus der Älteren Arria, Caecina Paetus204, hinter seine als exemplum porträtierte Gattin zurück. Denn die Ältere Arria steht ihrem tod199

200

201 202

203

204

Zur Älteren Arria vgl. den Familienstammbaum in App. 2 der vorliegenden Studie. Vgl. auch Westcott (1965: 185f.). Bütler (1970: 73). Lefèvre (2009: 196). Shelton (2016: 203); eine kulturhistorische Einordnung gibt Shelton (2013: 15–92). Die Identität des Nepos, an den noch drei weitere Pliniusbriefe (2,3; 4,26; 6, 19) adressiert sind und der als vir gravissimus, doctissimus, disertissimus (Plin. epist. 4,26,2) bezeichnet wird, ist unklar. Es könnte sich entweder um den Senator Maecilius oder Metilius Nepos handeln. Vgl. dazu Merrill (1919: 291). Sherwin-White (1968: 146). Birley (2000: 71f.). Lefèvre (2009: 195f.). Zwischen Arrias Tod und der Abfassung der plinianischen Epistel 3,16 liegen mehr als fünfzig Jahre; vgl. dazu Bütler (1970: 78). Eine Sammlung des Lobpreises exemplarischer Frauen in den plinianischen Briefen findet sich in der älteren Pliniusforschung bei Bütler (1970: 90) und Shelton (1990). Vgl. diesbezüglich u. a. Plin. epist. 1,12,7; 3,1,5; 3,3,1; 4,17; 5,16; 7,11,3; 8,18. Vgl. in der jüngeren Forschung Marchesi (2008: 105 mit dortiger Anm. 3). Carlon (2009). Bradley (2010). Shelton (2013). Boëls-Janssen (2015: bes. 108–110. 114–116). Eine Interpretation der Arria-Episode bietet unter bes. Berücksichtigung der ars moriendi Fögen (2015: 33–36). Vgl. zuvor bereits Bütler (1970: 73–75), Carlon (2009: 43–48) und Lefèvre (2009: 195–200). Eine Gliederung dieses verhältnismäßig langen Briefes gibt Allen (1915: 118). Der Selbstmord der Älteren Arria findet bereits bei Martial (1,13) und bei Cassius Dio (60,16) Erwähnung. Vgl. dazu mit weiteren literarischen Zeugnissen Fögen (2015: 33 mit dortiger Anm. 46). Vgl. auch Lefèvre (2009: 200 mit dortiger Anm. 121). Zur Person des Caecina Paetus vgl. Lefèvre (2009: 196) und Shelton (2013: 15–42).

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________________________________________________ kranken Mann – ähnlich wie Fannia (Plin. epist. 7,19)205 – bis zuletzt treu zur Seite und geht schlussendlich sogar zusammen mit ihm in den Tod, nachdem ihr Gatte von Kaiser Claudius im Jahre 42 n. Chr. zum Tode verurteilt worden ist. Darüber hinaus erweist sie sich als weibliches exemplum eines stoischen Weisen, der seine Gefühle und Affekte im Zaume hält,206 indem sie ihrem Mann – tamquam orbitatem foris reliquisset (Plin. epist. 3,16,5) – den Tod ihres gemeinsamen Sohnes verheimlicht, um die Leiden ihres Gatten nicht weiter zu vergrößern. Insbesondere diese sich in aller Stille vollziehende Heldentat Arrias weckt Emotionen bei den Lesern, wobei die Emotionssteuerung nicht nur explizit (durch die lacrimae, die sie heimlich weint; vgl. Plin. epist. 3,16,5), sondern auch implizit erfolgt – in der Betrachtung der Selbstbeherrschung symbolisierenden, jede menschliche Vorstellungskraft übersteigenden Geisteshaltung der Ehefrau.207 Das scheint auch Plinius zu rühren, der diese geistige Grundhaltung Arrias für noch bedeutsamer erachtet als den gemeinsamen Freitod des Ehepaares und dies sentenzartig zum Ausdruck bringt (Plin. epist. 3, 16,6: Quo maius est sine praemio aeternitatis, sine praemio gloriae, abdere lacrimas operire luctum, amissoque filio matrem adhuc agere.). Plinius rückt die Vorspiegelung falscher Tatsachen in die Nähe einer schauspielerischen Darbietung, was an der von ihm herangezogenen Junktur matrem agere abzulesen ist.208 Demgegenüber habe – so urteilt Plinius weiter – die Ältere Arria in dem Moment, als sie ihrem Gatten den Dolch zur Selbsttötung in die Hand legte und die ultima verba (Paete, non dolet) sprach, gloria und aeternitas vor Augen gehabt, was jedoch die Bewunderung des Plinius für die vorbildliche Geisteshaltung Arrias nicht mindert (vgl. Plin. epist. 3,16,6: addere vocem immortalem ac paene divi205

206

207 208

Zu dem Wert der constantia als einer vergleichbaren Komponente der beiden verwandten Episteln 3,16 und 7,19 vgl. auch Carlon (2009: 46): „Although Pliny does not use the term constantia, it is surely this quality that he sees in her determined resistance to outliving her spouse.“ Zur Darstellung der an einen stoischen Weisen erinnernden Gefasstheit, Selbstbeherrschung und Affektkontrolle im plinianischen Briefcorpus vgl. neben der vorliegenden Epistel 3,16 noch Plin. epist. 1,12; 5,16; 6,20; 6,24; 7,1. Vgl. dazu auch von Albrecht II (2012: 975). Bütler (1970: 77) ordnet die Geisteshaltung bzw. das Sterben Arrias in eine überpersönliche, historisch verklärte Sphäre ein. Vgl. dazu Kukula (1916: 40); vgl. ähnlich Westcott (1965: 187). Vgl. in der römischen Literatur Hor. sat. 2,6,111: agit laetum convivam; vgl. auch Tac. hist. 1,30,1.

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________________________________________________ nam): „Es ist […] offensichtlich, daß Plinius darum bemüht ist, die Position der Älteren Arria innerhalb des Kanons der römischen Erinnerungskultur noch weiter zu festigen.“ (Fögen 2015: 33f.)209 Ferner erweckt vor allem die wörtliche Rede der zu einem moralischen exemplum stilisierten Arria maior nicht nur eine unmittelbare Lebendigkeit, sondern zielt eben darin auf eine explizite Emotionalisierung der aristokratischen Leserschaft ab. Eben diese fühlt sich hier, wie auch bei der Lektüre der gesamten Textpassage, an die griechisch-römische Tragödie erinnert, sodass der emotionale Charakter der Arria-Episode sich auf einer tragischen ἔκπληξις gründet. Der Suizid wird hier nach Ansicht Fögens (2015: 34) zu einem Schauspiel stilisiert; dies lasse sich durch die eingepflegten Zitate begründen, die Ausschnitten aus dramatischen Miniatur-Monologen ähnelten, wie sie einer Figur der griechisch-römischen Tragödie zukommen konnten. Demzufolge werde der Rezipient dieses Pliniusbriefes gleichsam vom Leser zum Zuschauer. Allerdings besteche die plinianische Inszenierung nicht allein durch ihre Theatralik, sondern vermittele zugleich eine tiefergehende Botschaft, die auf das römische Werte- und Normensystem rekurriere. Ein helles Licht fällt durch die konsequente, unerschütterliche Geisteshaltung Arrias auch auf ihren Ehemann Caecina Paetus, der an einer entscheidenden Tugend seiner Gattin nicht unerheblich partizipiert: an ihrer fides, die als römische Kardinaltugend gilt.210 Ganz entgegen der in der römischen Gesellschaft gängigen Rollenzuweisung ist die Ältere Arria die stets aktive Protagonistin, ja mehr noch: Sie ist die Heldin der Geschichte, sie „wird heroisiert“ (Lefèvre 2009: 197 mit dortiger Anm.

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210

Zum vorbildhaften Verhalten der Älteren Arria und zum Streben des Plinius, ein solches exemplum gebührend anzuerkennen, vgl. Malaspina (1996: bes. 323–326). Vgl. auch Bütler (1970: 24): „Was aeternitas verdient, darf nicht untergehen.“ Vgl. dazu auch Plinius selbst in Epistel 9,3,1: Ac mihi nisi praemium aeternitatis ante oculos, pingue illud altumque otium placeat. Zur weiblichen Loyalität und Opferbereitschaft, die nach römischer Auffassung eine Tradierung verdienen, vgl. Fögen (2015: 35 mit dortiger Anm. 53). Zur Untermauerung seiner These führt Fögen (ibid.) zwei vergleichbare Episoden bei Velleius Paterculus an (vgl. Vell. 2,26,3; id. 2,88,3). Zur Kategorisierung der fides als einer altrömischen Kardinaltugend vgl. Meister (1967: 5): „fides, virtus, pietas sind die Säulen, auf denen das Wesen altrömischer Sittlichkeit ruht. Es ist eine den Volkscharakter sehr scharf bezeichnende Sittlichkeit.“ Vgl. auch Hellegouarc’h (1972: 23–35).

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________________________________________________ 112).211 Auch Fögen (2015: 34f.) bezeichnet Arrias Verhalten als modellhaft; sie sei ein weibliches exemplum. Doch mehr noch: Sie unterstütze durch ihr Handeln ihren Mann bei seinem Wirken gegen einen schlechten Herrscher, den Kaiser Claudius. Von daher habe der Selbstmord des Ehepaares auch und vor allem eine politische Symbolfunktion. Folgendes kann festgehalten werden: Der Ehemann wird in der vorliegenden Episode immer dann passiv bzw. von seiner Gattin abhängig dargestellt, wenn der Terminus maritus zur Anwendung kommt (insgesamt viermal). Zunächst ist sie ihrem Mann Trost und Beispiel im Sterben (Plin. epist. 3,16,2: marito et solacium mortis et exemplum). Ferner wird dieser in einer Apposition als Ehemann Arrias gekennzeichnet (Plin. epist. 3,16,3: maritus eius). Anschließend wird seine Unwissenheit hinsichtlich des Todes bzw. des Begräbnisses des eigenen Sohnes betont,212 wobei die passive Haltung des maritus in der Selbstmordszene dramatisch zugespitzt wird, indem ihm die Gattin den Dolch reicht (vgl. Plin. epist. 3,16,6: Praeclarum quidem illud eiusdem, ferrum stringere, perfodere pectus, extrahere pugionem, porrigere marituo, addere vocem immortalem ac paene divinam.). Die Ehefrau geht voran, der maritus folgt, die Frau unterwirft sich in der Öffentlichkeit einer Emotionskontrolle, der Ehemann leidet und ist auf Hilfe seiner Frau angewiesen – eine bemerkenswerte Verkehrung der geschlechterspezifischen Rollen in der frühen römischen Kaiserzeit. Allerdings darf die schwere Erkrankung des Ehemannes nicht vergessen werden, sodass seine Passivität unvermeidbar scheint. Das ändert jedoch nichts an der beeindruckend aktiven Rolle, die Arria maior hier einnimmt. Neben den zahlreichen weiblichen Attributen werden in der Arria-Episode zwei bedeutsame Aussagen über römische Männlichkeiten getätigt; zum einen findet die außergewöhnliche pulchritudo des Sohnes der Älteren Arria, zum anderen dessen Ehrgefühl (verecundia) lobende Erwähnung.213 211

212 213

Vgl. dazu auch Malaspina (1996: bes. 326) und Fögen (2015: 36f.). Überdies ordnet Lefèvre (2009: 308) das tugendhafte Verhalten der Älteren Arria unter die mirabilia ein – eine Kategorie, die unerklärliche Phänomene (wie z. B. Naturwunder) umfasst. Vgl. dazu Plin. epist. 3,16,4: Huic illa ita funus paravit, ita duxit exsequias, ut ignoraret maritus. Bütler (1970: 88 mit dortiger Anm. 17) erhebt verecundia zur Haupttugend junger römischer Männer – zumeist im Verbund mit reverentia. Vgl. dazu bes. Plin. epist. 1,14,7a; 4,15,6; 5,17,3; 6,26,2. Zur Bedeutung der verecundia im

108

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________________________________________________

3.3.3

Plin. epist. 6,24

Ein Ehepaar, dessen Rollenverteilung ebenfalls beachtenswert ist, steht im Zentrum der Epistel 6,24, die nicht nur mit der namentlichen Erwähnung der Älteren Arria (Plin. epist. 6,24,5), sondern auch mit einigen inhaltlichen Parallelen zur soeben behandelten Epistel 3,16 aufwartet (vgl. bes. den gemeinsamen Selbstmord des Ehepaares). Adressiert ist Plin. epist. 6,24 an Quintus Baebius Macer, der zu den durchgängig und in jeglicher Hinsicht als mustergültig dargestellten Bürgern aus Comum, der Heimatstadt des Plinius, gehört.214 Diesem Adressaten wird ein leuchtendes exemplum ehelicher Treue und concordia – eingebettet in das von Plinius immer wieder gepriesene Heimatkolorit von Comum215 – präsentiert: Auf einer Segelpartie auf dem Lariner See habe ein älterer Freund dem Plinius ein Haus gezeigt, aus dem sich ein namentlich nicht näher bezeichnetes Ehepaar gestürzt habe (Plin. epist. 6,24,2).216 Grund für den gemein-

214

215

216

altrömischen Wertekanon vgl. Lossmann (1967). Stahl (1968: bes. 3–50). Vaubel (1969). Damon (2010). Zur Person des Quintus Baebius Macer vgl. PIR2 B 20. Vgl. auch SherwinWhite (1968: 384) und in der jüngeren Forschung Page (2015: 325 mit dortiger Anm. 156). Quintus Baebius Macer war Senator unter Kaiser Domitian und fungierte im Jahre 103 n. Chr. als consul suffectus. Im plinianischen Briefcorpus findet seine Rolle im Repetundenprozess gegen C. Iulius Bassus im Jahre 103 n. Chr. (Plin. epist. 4,9,16–19) und in einer Erbschaftsangelegenheit (Plin. epist. 4,12,4) Erwähnung. Zu der Heimatliebe des Plinius und zu deren konsequenter Einflechtung in sein Briefcorpus vgl. Page (2015: 324 mit dortigen Anm. 148–150), der die besondere Verbundenheit des Plinius mit seiner Heimatstadt Comum hervorhebt. Immer wieder bezeichne Plinius sie als seinen Lieblingsort, verherrliche sie und preise detailreich deren Schönheit, Lage und ihre Sehenswürdigkeiten. Vgl. dazu auch Plin. epist. 1,3,1 (zur Bezeichnung Comums als Lieblingsort); Plin. epist. 2,5,3 (zur Verherrlichung Comums); Plin. epist. 1,3,1; 2,8,1; 4,30,2–10; 8,20,2–9 (zum Heimatkolorit rund um Comum). Vgl. dazu auch Krieckhaus (2004: 302). Vgl. auch Ders. (2006: 33) und Bradley (2010: 408). Vgl. in der älteren Pliniusforschung Bütler (1970: 131f.). Die hier geschilderte Erzählung des Selbstmordes des namentlich unbekannten Ehepaares gehöre nach Bütler (1970: 78) nicht der unmittelbaren Vergangenheit an. Zur Technik des Plinius, solche bemerkenswerten Geschehnisse in seine Briefe einzuflechten, vgl. Traub (1955).

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________________________________________________ samen Freitod sei die auf Geschwüre (ulcera) in der Schamgegend zurückzuführende unheilbare Krankheit des Mannes gewesen, sodass die Gattin – ähnlich mutig und selbstbeherrscht wie die Ältere Arria – entschied, ihren Mann von seinen Leiden zu erlösen; vgl. Plin. epist. 6,24, 3f.: Uxor ut inspiceret exegit; neque enim quemquam fidelius indicaturum, possetne sanari. Vidit desperavit hortata est ut moreretur, comesque ipsa mortis, dux immo et exemplum et necessitas fuit; nam se cum marito ligavit abiecitque in lacum.

Das Hauptaugenmerk des Erzählers liegt in dieser von vergleichsweise kurzen Sätzen geprägten Passage, die „als ein Drama en miniature konzipiert ist“ (Fögen 2015: 36), gänzlich auf dem Verhalten der Gattin des unheilbar Kranken. Unterstrichen durch ein verbales Trikolon (vidit desperavit hortata est) und eine viergliedrige substantivische Enumeratio (comesque ipsa mortis, dux immo et exemplum et necessitas fuit), ist es die Ehefrau, die in dieser Erzählung nicht nur die treibende Kraft ist, sondern auch zur Heldin der Erzählung avanciert. Der Ehemann hingegen „bleibt stumm, passiv und verschwindet in der Darstellung [des] Plinius völlig hinter der dominierenden Gattin.“217 Wirkte die Geisteshaltung, vor allem jedoch die Emotionskontrolle der Älteren Arria in Epistel 3,16 – hauptsächlich im Vergleich zu ihrem Ehemann – einprägsam, so wird dies im vorliegenden Brief 6,24 nochmals gesteigert: Die Gattin ist die unbestreitbare Protagonistin, sie entscheidet, dass die Krankheit ihres Mannes unheilbar ist, fordert diesen letztlich zum Sterben auf und ist ihm – in enger Anlehnung an das Verhalten der Älteren Arria in Epistel 3,16 – Führerin und Vorbild (dux et exemplum). Doch nicht nur das: Sie drängt ihn geradezu in den Tod (necessitas fuit).218 So sehr sie sich in puncto Be217

218

Müller (2003: 294), zitiert nach Fögen (2015: 37). Vgl. ähnlich bereits Bütler (1970: 75). Anders verhält es sich bei dem Selbstmord des Corellius (vgl. Plin. epist. 1,12). Dieser hat sich – anders als die beiden mariti in Epistel 3,16 bzw. 6,24 – freiwillig der inneren Notwendigkeit der ratio unterworfen und sich angesichts seiner schweren Erkrankung dem Freitod überantwortet. Vgl. dazu Bütler (1970: 75). Shelton (2013: 142). Fögen (2015: 37 mit dortiger Anm. 36). Bütler (1970: 75) spricht hier von einem äußeren Zwang, den die Ehefrau in der Epistel 6,24 schafft, indem sie sich – an ihren Ehemann gefesselt – aus dem Fenster der villa in den Lariner See stürzt.

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________________________________________________ kanntheitsgrad unterscheiden, so sehr sind sie durch ihre Geisteshaltung, ihre Entschlossenheit und ihre Furchtlosigkeit im Angesicht des Todes miteinander verbunden. Beide Taten sind aus Sicht des Plinius gleichrangig zu würdigen (vgl. Plin. epist. 6,24,1: eadem … facta), zumal es für beide Ehefrauen eine Selbstverständlichkeit ist, an der Seite ihrer Ehemänner zu leben und zu sterben: „Bold and righteous action on behalf of one’s husband is a source of praise, especially when it requires dying with him.“ (Carlon 2009: 180)219 Darüber hinaus fühlen sich beide verantwortlich für die Bewahrung der männlichen dignitas, die sie in beiden Fällen gefährdet sehen. Die Emotionssteuerung der Leserschaft wird hier jeweils implizit durch die heldenhaften exempla der beiden Matronen bewirkt, wobei die Emotionskontrolle der namentlich nicht genannten Protagonistin in Epistel 6,24 noch bedingungsloser einzuschätzen ist als die der Älteren Arria, die sich ihrem Schmerz bzw. ihren Tränen überlässt, sobald sie ihren kranken Mann verlassen hat (vgl. Plin. epist. 3,16,5). Einmal mehr tritt der maritus hinter seiner als socia gezeichneten Ehefrau zurück und überlässt ihr allein das Heft des Handelns. Die Ehe ist sowohl hier in Epistel 6,24 als auch schon zuvor in Epistel 3,16 von unverbrüchlicher fides und concordia geprägt, wobei die Bezogenheit der Ehefrauen auf ihre mariti in allen Handlungen – im Speziellen in den Heldentaten – signifikant ist. Nicht um Selbstverwirklichung, um Entfaltung persönlicher Wünsche und Ziele, auch nicht um die eigene gloria ist es den Ehefrauen zu tun, sondern um den Dienst an ihren Ehemännern. Sie haben deren körperliches und seelisches Wohl im Auge, in allererster Linie jedoch deren dignitas und damit verbunden deren Bild in der Geschichte bzw. in den Augen der Nachwelt. Nicht zuletzt aufgrund ihres selbstlosen und aufopferungsvollen Einsatzes erfüllen die beiden Ehefrauen in Epistel 3,16 bzw. 6,24 die ihnen in der römischen Gesellschaft zugewiesene Funktion als uxor bzw. matrona in geradezu idealtypischer Weise. Diese Beobachtung korrespondiert mit Fögen (2015: 37), gemäß dessen Studie als Quintessenz der Epistel 6,24 gelten kann, dass weibliche Tugend sich auch im Stillen entfalten kann und beispielhaftes Handeln nicht stets mit großen Namen assoziiert werden muss. Die richtige innere Einstellung, wie sie die unbekannte Ehefrau repräsentiere, sei es aus Sicht des Plinius 219

Zur Selbsttötung von Frauen in der römischen Antike vgl. z. B. Shelton (2013: 33–41). Vgl. auch Fögen (2015) in Bezug auf die Porträts von Selbsttötung bei Plinius und Tacitus.

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________________________________________________ wert, der Nachwelt überliefert zu werden, auch wenn der konkrete Name und individuellere Züge der Betreffenden ausgespart blieben. Von daher stehe Epistel 6,24 im Dienste der Kommemoration eines weiteren weiblichen exemplum.220 3.3.4

Plin. epist. 8,5

In die lange Kette der in den vorangegangenen Episteln 7,19; 3,16; 6,24 gezeichneten heldenhaften Frauen kann sich die in Epistel 8,5 gewürdigte Gattin eines nicht genau bestimmbaren Macrinus221 mühelos einreihen. In eben dieser an Paetus Rosianus Geminus222 gerichteten fünften Epistel des achten Buches betrauert Plinius in Form eines Elogiums den Verlust dieser einzigartigen matrona, die mit ihrem Gatten eine 39-jährige harmonische Ehe ohne Streit (Plin. epist. 8,5,1: sine iurgio) und ohne persönliche Kränkungen (ibid.: sine offensa)223 geführt hatte. Die hier erneut zu einem Idealbild einer römischen matrona stilisierte Frau, die selbst in dem von Plinius so gepriesenen aevum prius ein Vorbild gewesen wäre, zeichnete sich durch mannigfache virtutes verschiedener Altersstufen aus, was Plinius in Form von emphatisch wirkenden Ausrufen zum Ausdruck bringt (vgl. Plin. epist. 8,5,1: Quam illa reverentiam marito suo praestitit, cum ipsa summam mereretur! Quot quantasque virtutes, ex diversis aetatibus sumptas, collegit et miscuit!). Das Elogium (Plin. epist. 5,16) auf die 220 221

222

223

Vgl. ähnlich Cova (1978: 90f.). Zur Schwierigkeit bei der Identifizierung des hier genannten Macrinus vgl. Sherwin-White (1968: 452). Birley (2000: 70). Carlon (2009: 36 mit dortiger Anm. 26). Lefèvre (2009: 274 mit dortiger Anm. 5). Shelton (2013: 108). Zur Person des Paetus Rosianus Geminus vgl. PIR2 P 938. Vgl. auch SherwinWhite (1968: 452) und Page (2015: 223 mit dortiger Anm. 246). Paetus Rosianus Geminus fungierte im Jahre 125 n. Chr. als consul suffectus und dient im plinianischen Briefcorpus in zahlreichen Episteln als Adressat (vgl. Plin. epist. 7,1; 7,24; 8,22; 9,11; 9,30). In der Epistel 10,26 empfiehlt Plinius ihn dem Kaiser Trajan für eine Beförderung. Vgl. dazu auch Page (2015: 223 mit dortiger Anm. 246). Die Phrase sine offensa ist eine Anspielung auf die berühmte Grabinschrift zu Ehren Turias (CIL 6,1527 = ILS 8393), die mit ihrem Ehemann ebenfalls über einen langen Zeitraum harmonisch zusammengelebt haben soll; vgl. dazu in der älteren Forschung Burck (1969: 56–63) und Flach (1991); vgl. zuletzt auch Shelton (2013: 110).

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Kap. 3 Das plinianische Idealbild eines maritus vere Romanus

________________________________________________ verstorbene Tochter des Fundanus, Minicia Marcella, gibt wichtige Aufschlüsse sowohl über die Art der von Plinius in Epistel 8,5 avisierten virtutes der verstorbenen Gattin des Macrinus als auch über die angedeuteten Altersstufen, denen die virtutes zugeordnet sind (vgl. Plin. epist. 5,16,2: Et iam illi anilis prudentia, matronalis gravitas erat et tamen suavitas puellaris cum virginali verecundia.). Es handelt sich bei den drei Altersstufen um die des Kindes, des Jugendlichen und des Erwachsenen.224 Plinius assoziiert in Epistel 5,16 mit einer vorbildlichen Frau jungfräuliche Zurückhaltung (verecundia), einen damit verbundenen kindlichen Liebreiz (suavitas), mütterliche Würde (gravitas) und Weisheit (prudentia) einer Greisin, wobei Minicia Marcella trotz oder gerade wegen ihrer erst dreizehn Jahre unter die weiblichen exempla im plinianischen Briefwerk zu zählen ist.225 Besondere Betonung erfährt hier der Wert der reverentia,226 die sie ihrem Gatten erwies, die sie sich aber auch selbst verdiente, was durch die auf Gegenseitigkeit und Harmonie beruhende Verbindung der beiden Ehepartner unter Beweis gestellt wird, wenngleich Plinius den Terminus concordia – anders als in der Porträtierung seiner eigenen Ehe (vgl. Plin. epist. 4,19,5a) – ausspart: „He nonetheless depicts Macrinus’ marriage as a union of perfect harmony.“ (Shelton 2013: 110) In der Forschung ist die inhaltliche Nähe des hier vorliegenden Briefes 8,5 zu der auf kaiserzeitlichen Grabinschriften beinahe stereotyp gepriesenen concordia der beiden 224

225

226

Vgl. ähnlich – jedoch bezogen auf einen Mann, den Bräutigam Gn. Pedanius Fuscus Salinator – Plin. epist. 6,26,1: puer simplicitate, comitate iuvenis, senex gravitate. Die Polarität von Jugend und Alter ist ein literarischer Topos, der in flavischer Zeit entsteht und für den Manierismus, aber auch für das neue Menschenbild der Epoche charakteristisch ist; vgl. dazu Bütler (1970: 117 mit dortiger Anm. 36). Neben der häufig anzusetzenden Bedeutung der reverentia als gegenseitige Wertschätzung unter den Ehepartnern findet sich im plinianischen Briefwerk die Ausweitung der gegenseitigen Wertschätzung auch auf entferntere Familienangehörige (vgl. z. B. Plin. epist. 7,24,5). In erster Linie seinem Schwiegergroßvater Lucius Calpurnius Fabatus erweist Plinius eine intensiv anmutende reverentia; vgl. dazu Plin. epist. 4,1 (Versprechen, ihn möglichst schnell mit seiner Enkelin zu besuchen); Plin. epist. 5,11 (Bewunderung für die liberalitas des Lucius Calpurnius Fabatus); Plin. epist. 6,12 und 7,23 (Ehrerbietung gegenüber dem Schwiegergroßvater, indem dieser respektvoll als pater familias bezeichnet wird; vgl. Plin. epist. 7,23,2). Vgl. dazu auch Bütler (1970: 132f.); vgl. zuletzt auch Geisthardt (2015: 204 mit dortiger Anm. 304).

Kap. 3 Das plinianische Idealbild eines maritus vere Romanus

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________________________________________________ Ehepartner betont worden.227 Darüber hinaus kann eine motivische Verwandtschaft mit der Epistel 4,19, in der Plinius über seine Ehe mit Calpurnia schreibt, konstatiert werden.228 Die Emotionen, die Plinius in diesem Elogium evoziert, liegen auf der Hand: Er schildert den Schmerz und die Trauer eines der Emotionskontrolle nicht unterworfenen Ehemannes, wobei Plinius sich einer anschaulichen Bildsprache bedient (vgl. Plin. epist. 8,5,1: Grave vulnus Macrinus noster accepit; vgl. auch id. 8,5,3: Ero ergo suspensus pro homine amicissimo, dum admittere avocamenta et cicatricem pati possit.). Der Witwer empfindet Schmerz über den Verlust, trägt ihn aber – wie dies für römische Männer die Norm war – in Würde und Selbstdisziplin.229 Plinius selbst überlässt sich in Epistel 8,5 – anders als noch in Epistel 4,21 – nicht so sehr der Trauer, sondern konzentriert seine Sorge vornehmlich auf seinen Freund Macrinus. Dennoch wird in einer für Plinius charakteristischen Sentenz seine Anteilnahme verbalisiert (vgl. Plin. epist. 8,5,2: Nam fruendis voluptatibus crescit carendi dolor.). Neben diesen expliziten, anschaulichen Beschreibungen von Emotionen gelingt es Plinius – erneut mittels der Schilderung einer vorbildlichen Frau230 –, auch implizit Emotionen beim Leser zu erregen. Vordringlich die reverentia, die sich beide Ehepartner über einen Zeitraum von neununddreißig Jahren gegenseitig erwiesen haben, rührt die aristokratische, auf altrömische Werte rekurrierende Leserschaft und lässt diese Verbindung als Idealtypus einer römi227 228 229

230

Vgl. dazu Larsson Lovén (2010). Centlivres Challet (2013: 108–111). Shelton (2013: 109f.). Page (2015: 55 mit dortiger Anm. 17). Vgl. dazu in der vorliegenden Studie das Kapitel 4.1.1. Zur Trauerarbeit im antiken Rom vgl. Schrumpf (2006) und Hope (2009). Eine Zusammenfassung der Norm für männliche Trauer bietet Weggen (2013: bes. 40f.); demnach erfüllten die Männer ihren Teil der Pflicht durch Reden zu Ehren der bzw. des Verstorbenen. Frauen sei der non-verbale Teil der Trauer zugedacht gewesen, darunter auch das Herausschreien und Weinen. Dagegen sei es für Männer Pflicht gewesen, in Würde und Selbstdisziplin zu trauern. Vgl. dazu auch Erker (2009: bes. 216f.). Zur männlichen Trauerarbeit in der römischen Literatur vgl. exemplarisch Sen. epist. 63,13; vgl. auch Cic. fam. 5,17,5 und Cic. Tusc. 2,23,55. Zur männlichen Trauerarbeit in den Briefen des Plinius vgl. Hindermann (2014). Zur allgemein konstatierten, jedoch von Plinius nicht näher spezifizierten Tugendhaftigkeit der Gattin des Macrinus vgl. Shelton (2013: 109): „Perhaps Pliny saw in her the type of woman he hoped his wife Calpurnia would develop into as she grew older.“

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Kap. 3 Das plinianische Idealbild eines maritus vere Romanus

________________________________________________ schen Ehe im Sinne einer „companionate marriage“ erscheinen, wobei die Betonung der treuen Ergebenheit der Gattin und deren damit einhergehende Bezogenheit auf den maritus signifikant sind. Es ist letztlich die von der Ehefrau bekundete obsequentia, „qui permet la concordia familiale“ (Boëls-Janssen 2015: 109).

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________________________________________________

3.4

Die Freude des Plinius über die trotz schwieriger familiärer Rahmenbedingungen erfolgreiche Entwicklung des Gaius Ummidius Quadratus zu einem vorbildlichen maritus Plin. epist. 7,24

Eine weitere exponierte Frauenfigur begegnet dem Leser in der (ebenfalls an Paetus Rosianus Geminus231 adressierten) Epistel 7,24: Ummidia Quadratilla, die nach Angaben des Plinius im Alter von achtzig Jahren verstorben sei.232 Wie bereits in den oben behandelten Episteln 4,21 (Tod der Helvidiae-Schwestern), 8,5 (Tod der Gattin des Macrinus) und 8,23 (Tod des Iunius Avitus) berichtet Plinius in der vorliegenden Epistel 7,24 von dem Ableben einer ihm bekannten, der römischen Oberschicht angehörenden Person (in diesem Fall Ummidia Quadratilla). Allerdings weist der 231

232

Zur Person des Paetus Rosianus Geminus vgl. unter Nennung weiterführender Literatur auch oben Anm. 222. In der Forschung wird der vorliegende Brief 7,24 auf das Jahr 107 n. Chr. datiert; vgl. dazu bereits Mommsen (1869: 50f.). Plinius begründet die Abfassung dieses Briefes damit, dass Geminus stets an Neuigkeiten sowie geschehenen Begebenheiten interessiert sei und die Briefform eine willkommene Gelegenheit darstelle, das Geschehene nochmals zu reflektieren (vgl. dazu Plin. epist. 7,24,8). Ein Porträt der Ummidia Quadratilla unter bes. Berücksichtigung ihres (schwer zu rekonstruierenden) familiären Stammbaumes bietet Shelton (2013: 240–255). Vgl. auch Birley (2000: 96). Kytzler (2000: 169f.). Carlon (2009: 186–191. 204–211). Gibson – Morello (2012: 194–196); Ummidia Quadratilla († 107 n. Chr.) gehörte der gens Ummidia an, einem römischen Adelsgeschlecht aus Casinum, das im ersten und zweiten nachchristlichen Jahrhundert zahlreiche Senatoren und Konsuln stellte. Sie selbst ist vor allem für ihre private Pantomimengruppe in Rom bekannt, durch deren öffentliche Auftritte sie große Beliebtheit in der Bevölkerung erlangte. Daneben engagierte sie sich in der Heimatstadt ihrer Familie als Euergetin und finanzierte mehrere umfangreiche Bauvorhaben, worunter die Errichtung eines Tempels, eines Amphitheaters sowie die Restauration eines Theaters zu zählen sind. Carlon (2009: 187) erklärt Ummidia Quadratilla zu einer Matriarchin. Plinius selbst bezeichnet sie als princeps femina (Plin. epist. 7,24,4) – eine Junktur, die Hemelrijk (2013: 80f.) als majestätischen Ehrentitel verstanden wissen will. Dagegen nennt Schuster (1961: 603) sie ein „Weib von Eigenart und überdurchschnittlicher Bedeutung“.

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Kap. 3 Das plinianische Idealbild eines maritus vere Romanus

________________________________________________ Briefbeginn im Gegensatz zu den oben skizzierten Proömien kein Wort der Anteilnahme oder Trauer seitens des Plinius auf, sondern setzt unmittelbar mit der Nennung des vollständigen Namens der Verstorbenen in Nominalform ein, was an eine öffentliche Inschrift erinnert. Sogar die schwere Krankheit der Fannia (vgl. oben Plin. epist. 7,19) hat bei Plinius eine sorgenreichere, emotionalere Reaktion ausgelöst: „The absence of any statements of personal distress or of consolation suggests that the death of Ummidia Quadratilla is not the main subject of the letter.“ (Shelton 2013: 244)233 Tatsächlich wird in der vorliegenden Epistel Gaius Ummidius Quadratus, der von Plinius protegierte Enkel der Verstorbenen (vgl. Plin. epist. 7,24,9: Quadratus meus), porträtiert.234 Auch in der kurzen Epistel 6,11 tritt Quadratus in Erscheinung und wird – gemeinsam mit Gn. Pedanius Fuscus Salinator – als junges hoffnungsvolles und rhetorisch beflissenes Talent beschrieben (vgl. Plin. epist. 6,11,1–3).235 Ferner zeichne sich Quadratus durch Rechtschaffenheit (probitas), Standhaftigkeit (constantia), Anstand (decorus habitus) und ein hohes Urteilsvermögen (magnum iudicium) aus. Die besondere Zuneigung des Plinius gegenüber dem Enkel der Ummidia Quadratilla sei nach Shelton (2013: 379 mit dortiger Anm. 44) durch die Nutzung des Cognomens „Quadratus“ statt des Gentilnamens „Ummidius“ spürbar. Dies sei auch bei Quintus Corellius Rufus, einem engen Freund, der Fall, der Plinius mit Secundus (statt Plinius) anspreche (vgl. Plin. epist. 4,17,8f.).236 233

234

235 236

Die Position Sheltons wird von Gibson – Morello (2012: 195) und Carlon (2009: 205) unterstützt: „7.24 must be viewed as offering an exemplum of character and comportment.“ Vgl. zuvor bereits Sherwin-White (1980: 136): „A character sketch in the form of an obituary notice is a favourite type of letter.“ Vgl. dazu exemplarisch Plin. epist. 8,17. Die zurückhaltende Reaktion des Plinius kann – ergänzend zu den oben ausgeführten Gründen – auch mit dem vorgerückten Alter der Verstorbenen zusammenhängen; ferner ist Ummidia Quadratilla offensichtlich eines natürlichen Todes gestorben. Zur Person des Gaius Ummidius Quadratus (* um 83 n. Chr.) vgl. PIR1 V/U 603. Vgl. auch Page (2015: 109 mit dortiger Anm. 144) und Birley (2000: 96), der das obige Cognomen „Quadratus“ um „Sertorius Severus“ erweitert. Zu diesem Sachverhalt vgl. Shelton (2013: 243f. mit weiterführender Literatur). Gaius Ummidius Quadratus durchlief den cursus honorum, fungierte als consul suffectus im Jahre 118 n. Chr. und gehörte dem engsten Zirkel um Kaiser Hadrian an. Vgl. dazu Sherwin-White (1980: 137) und Shelton (2013: 254f.). In den Pliniusbriefen ist Quadratus der Adressat der Episteln 6,29 und 9,13. Vgl. dazu auch Stein-Hölkeskamp (2011: 188f.). Darüber hinaus erkennen Gibson – Morello (2012: 194) in dem in Epistel 6,11

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________________________________________________ Die vorliegende Porträtdarstellung ist eingebettet in das lebhafte Charakterbild der Großmutter, die von Plinius als wohlhabende, kulturbeflissene, heimatliebende,237 rüstige und für ihr Alter erstaunlich aktive Frau gezeichnet wird. Letzteres ist insofern bemerkenswert, als die Epistel 7,24 das einzige Schreiben im plinianischen Briefwerk ist, in dem auf die Physis einer Frau näher eingegangen wird. Auch die Vorstellung einer Frau, die ein eigenständiges Testament (honestissimum testamentum) in einer männerdominierten Welt durchsetzen kann, ist singulär.238 Folgerichtig ordnet Boëls-Janssen (2015: 114f.) Ummidia Quadratilla unter die matronae luxuriosae ein und merkt an: „On image sans peine le parti qu’aurait tiré Juvénal d’une telle femme.“239 Obwohl Plinius Ummidia Quadratilla wohlwollend beurteilt, schimmert in seinen Worten vorsichtige Kritik durch. Eben diese gehört hier zur Technik plinianischer Personendarstellung dazu: Die Schwächen Ummidias – primär ihre übermäßige und als nicht standesgemäß empfundene Vorliebe für das Pantomimen- und das Glücksspiel – werden von Plinius unverblümt genannt, erscheinen aber im grundsätzlich positiv gefärbten Gesamtkontext als Stärken.240 Sherwin-White (1968: 431 und 1980: 137f.) betrachtet aus soziokultureller Perspektive heraus den mondänen Lebensstil der alten Dame als Relikt der julisch-claudischen Epoche, der von der vermehrt auf Sittenstrenge achtenden aristokratischen Oberschicht der flavischen Kaiserzeit als anstößig empfunden worden sei.241

237

238 239 240

241

porträtierten Gn. Pedanius Fuscus Salinator einen weiteren hochgeschätzten Protegé des Plinius. Zu dessen Person vgl. PIR2 P 200. Vgl. auch Page (2015: 223 mit dortiger Anm. 246). Eben dieser Fuscus Salinator stammte aus einer Patrizierfamilie, war ein bekannter Anwalt und bekleidete im Jahre 118 n. Chr. zusammen mit Hadrian das Konsulat. An ihn sind die Pliniusbriefe 7,9; 9,36; 9,40 adressiert. Die Betonung der Heimatverbundenheit des Plinius ist ein Charakteristikum der plinianischen Briefsammlung, in besonders signifikanter Weise jedoch im sechsten Epistelbuch. Vgl. auch Gibson – Morello (2012: 54). Zu weiterer Literatur vgl. auch unten Anm. 281. Vgl. dazu Carlon (2009: 205f.) und Shelton (2013: 245). Vgl. ähnlich Hindermann (2013: 156); vgl. zuvor bereits Henderson (1987: 117–120). Vgl. auch Carlon (2009: 186. 204) und Boëls-Janssen (2015: 115); Fitzgerald (2007: 210 mit dortiger Anm. 47) setzt sogar Epistel 7,24 mit der Porträtierung der von Plinius hochgeschätzten Fannia in Beziehung, was angesichts der hier durchschimmernden Kritik an Ummidia Quadratilla gewagt wirkt. Allgemein merkt Hindermann (2013: 156f.) an, dass im plinianischen Brief-

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________________________________________________ Der in den Augen des Plinius gewagte Lebensstil der Großmutter habe jedoch den jungen Mann nicht negativ beeinflusst, im Gegenteil: Er habe sich moralisch tadellos verhalten und sei den zweifelhaften Beschäftigungen seiner Großmutter ferngeblieben, was den Respekt der Leserschaft gegenüber dessen Geisteshaltung um ein Vielfaches steigert (vgl. Plin. epist. 7,24,3f.): Ac primum conspicuus forma omnes sermones malignorum et puer et iuvenis evasit, intra quartum et vicensimum annum maritus, et si deus adnuisset pater. Vixit in contubernio aviae delicatae severissime, et tamen obsequentissime. Habebat illa pantomimos fovebatque, effusius quam principi feminae convenit.

Plinius, den der junge Quadratus offensichtlich als seinen Lehrer (magister) und sogar als seinen Lebensführer (rector) erachtet (vgl. Plin. epist. 6,11,2),242 zeichnet seinen Schützling als vorbildlichen römischen

242

corpus das Adjektiv anilis im Konnex mit Klugheit (prudentia) Verwendung findet, was in der römischen Literatur als singulär einzustufen sei. Beispielsweise finde sich anilis bei Cicero sowohl in den Reden als auch in den philosophischen Schriften ausschließlich in negativer Konnotation, meist bezogen auf den Aberglauben; vgl. dazu exemplarisch Cic. dom. 105; Cic. nat. deor. 2,7; id. 3,92. Zur Funktion des Plinius als eines Patrons für aufstrebende (politische und literarisch ambitionierte) Talente vgl. Guillemin (1929: bes. 32–40). Bütler (1970: bes. 103–106). Hoffer (1999: bes. 93–110). Henderson (2002: 67. 149). Saller (2002). Gazich (2003). Haltenhoff (2005). Rühl (2006: 42–64). Krasser (2007). Niemann (2007). Bernstein (2008). Marchesi (2008: 21). Glock (2009). Johnson (2010: 56–62). Haltenhoff (2011b). Krasser (2011). Gibson – Morello (2012: 21). Hartmann (2012). Whitton (2013a). Nicols (2014: bes. 125–147). Geisthardt (2015: bes. 203–219). Germerodt (2015: 122). Kuhn (2015: bes. 10–16). Page (2015: bes. 217–227 zur Förderung des aristokratischen Nachwuchses im Kontext der politischen Netzwerkbildung und id. 230–236 zum Literaturpatronat); Page (2015: 174) definiert das Patronat recht eng als ein auf ständiger Kommunikation und Interaktion beruhendes Sozialverhältnis zwischen Personen mit unterschiedlichem sozialen Status, das zu beiderseitigem Nutzen dem sozioökonomischen Güteraustausch gedient habe. Es habe auf Reziprozität und Freiwilligkeit basiert. Ferner hätten derartige Verhältnisse immer eines konkreten Anlasses bedurft, um wirksam zu werden. Diesen Sachverhalt ergänzt Geisthardt (2015: 205) mit Blick auf Plinius; dessen cura habe sich nicht allein im Beistand seiner politischen Karriere erschöpft, sondern auch in seinem consilium in allen Lebenslagen wie auch in

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________________________________________________ Mann, dessen sittenstrenge Geisteshaltung selbst in jungen Jahren als exemplum für seine Zeitgenossen dienen könne – nicht zuletzt für seine eigene Großmutter Ummidia Quadratilla: „In a sense, their roles had been reversed, with the younger generation providing a model of decency and restraint for the older.“ (Shelton 2013: 246)243 Die Emotionssteuerung seiner aristokratischen Leserschaft bahnt Plinius implizit durch die bemerkenswerte Verkehrung der sozialen Rollen an, explizit durch die mit Superlativen unterstrichene Betonung der konsequenten sittenstrengen Haltung des Enkels (vgl. Plin. epist. 7,24,3: Vixit in contubernio aviae delicatae severissime, et tamen obsequentissime.).244 Hier tritt dem Leser ein junger Mann aristokratischer Prägung entgegen, der sich bereits in jungen Jahren gänzlich den altrömischen Werten verschrieben hat und der trotz seiner noch fehlenden Lebenserfahrung und seiner außergewöhnlichen äußeren Schönheit (conspicuus forma) nicht den frivolen Verlockungen erlegen ist, die sich im Zusammenhang mit den öffentlichen Auftritten von Pantomimenspielern und -tänzern245 häufig geboten haben: „Ummidius’ complete ignorance of her actors’ work before he attended the tribune performance after her death can be marked out as a wonder.“ (Gibson – Morello 2012: 196)246 Im Gegenteil: Quadratus nutzt seine hervor-

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der richtigen Ausbildung. Dass Plinius mit der vorliegenden Epistel die Evidenz des positiven Einflusses der jüngeren auf die ältere Generation zu markieren beabsichtigt, konstatieren auch Gibson – Morello (2012: 196). Zur Bedeutung der Junktur in contubernio als Zeichen eines engen familiären Zusammenhaltes vgl. Merrill (1927: 354) und Shelton (2013: 380 mit dortiger Anm. 47). Vgl. dazu passend Plin. epist. 3,3,3 und 4,19,6. Zu dem vergleichbaren Terminus contubernalis vgl. Shelton (2013: 374 mit dortiger Anm. 147). Das Epitheton delicatae, das der Großmutter hier zugewiesen wird, hat laut Carlon (2009: 206) eine ambivalente Bedeutung: „delicata can also suggest addiction to pleasure and certainly signals that she has habits of which Pliny disapproves.“ Zu dem Pantomimenspiel und den damit häufig verbundenen sexuellen Inhalten vgl. Sick (1999). Vgl. auch Kukula (1916: 77f.). Merrill (1927: 354f.). Carlon (2009: 206f.). Shelton (2013: 246f.); vgl. dazu in der römischen Literatur auch Cic. Phil. 2,67; Sen. epist. 47,17; Suet. Cal. 36,1; id. 55,1; Plin. paneg. 46,4. Die Gefahr, dass junge attraktive Männer zum Objekt sexueller Begierde werden, deutet Plinius bereits in Epistel 3,3,3f. an. Hier wird der Sohn der Corellia Hispulla sowohl als hochbegabt als auch als außergewöhnlich schön gekennzeichnet.

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________________________________________________ stechende Physis dazu, eine Rhetorenschule zu besuchen und seine diesbezüglichen Fähigkeiten zu schärfen (vgl. dazu Plin. epist. 6,11). Hier verbindet sich also eine gute Physis bzw. eine hohe Attraktivität weniger mit dem persönlich-intimen Bereich der Sexualität als vielmehr mit dem öffentlichen Bereich der Rhetorik, welche die Voraussetzung für eine erfolgreiche politische Karriere bot. Als Abrundung des durchgehend wertschätzend gestalteten Porträts des Ummidius Quadratus erfährt der Leser, dass dieser bereits im Alter von dreiundzwanzig Jahren geheiratet hat, wenngleich Plinius über diese Ehe wenig Konkretes mitteilt – abgesehen von der Bemerkung, dass sie kinderlos geblieben sei (Plin. epist. 7,24,3: Intra quartum et vicensimum annum maritus, et si deus adnuisset pater.).247 Wie sehr dies Plinius bedauert und welch große Bedeutung er damit der Zeugung von Nachkommen beimisst, wird nicht nur anhand des in einen Irrealis der Vergangenheit gekleideten Prädikates, sondern vor allem anhand der (episch klingenden) Bezugnahme auf göttliche Einwirkung (si deus adnuisset) deutlich. Trotz dieser minimalen Einschränkung stilisiert Plinius – hier in der Rolle des Lehrers bzw. Mentors – den jungen Ummidius Quadratus zu einem männlichen exemplum reinterpretierter καλοκἀγαθíα; vor allem dessen hohe Attraktivität bzw. dessen ausgesprochen gute Physis wird im Zeichen gelebter severitas nicht an fragwürdige Sinnenlüste verschwendet, sondern geht gänzlich in der Ausbildung und Schärfung rhetorischer Fähigkeiten auf.

247

Zu der vermeintlich kinderlosen Ehe des Ummidius Quadratus und der diffizilen Identifizierung seiner Gattin vgl. Sherwin-White (1980: 137). Hoffer (1999: 233). Shelton (2013: 254f.).

Kap. 3 Das plinianische Idealbild eines maritus vere Romanus

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________________________________________________

3.5

Zur vorbildlichen Verbindung innerer und äußerer Werte römischer mariti

3.5.1

Plin. epist. 6,32

Mit der Verbindung von äußeren und inneren Werten beschäftigt sich auch die an Quintilianus248 adressierte Epistel 6,32, in der Plinius sich als Euergeten inszeniert und die Tochter des Adressaten, eines einfachen römischen Bürgers, mit Toilette und Gefolge im Werte von 50.000 Sesterzen ausstatten möchte,249 weil die Stellung ihres maritus einen gewissen äußeren Glanz verlange; vgl. Plin. epist. 6,32,1: Quamvis et ipse sis continentissimus, et filiam tuam ita institueris ut decebat tuam filiam, Tutili neptem, cum tamen sit nuptura honestissimo viro Nonio Celeri, cui ratio civilium officiorum necessitatem quandam nitoris imponit, debet secundum condicionem mariti veste comitatu, quibus non quidem augetur dignitas, ornatur tamen et instruitur.

248

249

Der hier gemeinte Quintilianus ist nicht der berühmte Rhetorikprofessor des jüngeren Plinius (vgl. Plin. epist. 2,14,9; id. 6,6,3), sondern ein weitgehend unbekannter Anwalt, der als Adressat nur an dieser einzigen Stelle im plinianischen Briefcorpus fungiert. Vgl. dazu Sherwin-White (1968: 398) und Shelton (2013: 287f.). Zu Art und Umfang der Aussteuer eines zu verheiratenden Mädchens vgl. Weis (2011: bes. 455–458). Zur liberalitas des Plinius in seinem Briefcorpus vgl. bes. Plin. epist. 1,19,2; 2,4,2; 3,11,2; 3,21,2; 6,3; 6,25,3; 6,32,2; 7,11,1; 7,14,1. Vgl. in der älteren Pliniusforschung Bütler (1970: 123–128); vgl. in der jüngeren Forschung Ludolph (1997: 179–193). Manuwald (2003). Gauly (2008: 189. 191–193). Seelentag (2008: 221f.). Geisthardt (2015: 151–156. 204–206). Germerodt (2015: 95–118); zur Rolle des Plinius als eines Euergeten – sowohl im öffentlichen als auch im privaten Bereich – vgl. unter Nennung weiterführender Literatur auch unten Anm. 253. Zu der bemerkenswerten Aussage (Plin. epist. 6,32,2), wonach Plinius sich als zweiter Vater des zur Vermählung vorgesehenen Mädchens bezeichne (parens alter puellae nostrae), und zu dem damit zusammenhängenden Streben, für die von ihm geförderten jungen Menschen als Patron, Mentor und sogar als Vater zu wirken, vgl. Bernstein (2008). Vgl. auch Gazich (2003: 132), der in dieser besonderen Förderung durch Plinius den „anello connettivo“ zwischen der älteren und der jüngeren Generation sieht.

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________________________________________________ Hier verbinden sich Mäßigung und Freigebigkeit – eine paradox anmutende Verquickung, die Plinius an anderer Stelle in seinem Briefcorpus wie folgt erläutert; vgl. Plin. epist. 2,4,3: Sunt quidem omnino nobis modicae facultates, dignitas sumptuosa, reditus propter condicionem agellorum nescio minor an incertior; sed quod cessat ex reditu, frugalitate suppletur, ex qua velut fonte liberalitas nostra decurrit.

In diesem Kontext mahnt Bütler (ibid.), in jener Aussage die kokette Über- bzw. Untertreibung nicht zu übersehen, da der Hinweis auf die geringen landwirtschaftlichen Erträge in der plinianischen Briefsammlung stereotyp seien. Insofern relativiert sich die in Epistel 6,32 von Plinius gegebenenfalls initiierte Emotionalisierung der Leserschaft (explizit durch die hohe Geldsumme, implizit durch die Begründung, als zweiter Vater der Braut fungieren zu wollen) in dem Moment, wenn die intertextuelle Referenz in Epistel 2,4,3 hinzugezogen wird. Der gemäß Shelton (2013: 288) in der Forschung völlig unbekannte Bräutigam Nonius Celer wird hier lediglich als sehr ehrenhaft (honestissimus vir) deklariert,250 was aber letztlich wenig über seine Wesensart und noch viel weniger über das Verhältnis zu seiner Gattin aussagt. Festzuhalten bleibt, dass zwar eine moralisch einwandfreie Geisteshaltung weiterhin als entscheidendes Kriterium bei der Wahl eines maritus zu gelten hat, dabei jedoch materieller Wohlstand als äußeres Gut von nicht zu unterschätzender Relevanz ist. 3.5.2

Plin. epist. 7,11

Ebenfalls als großzügigen amicus präsentiert Plinius sich in der an seinen Schwiegergroßvater Lucius Calpurnius Fabatus251 gerichteten Epistel 7, 250

251

Der übermäßige Gebrauch von Superlativen im Zuge der Charakterzeichnung der von Plinius in den Blick genommenen Personen wird in der Forschung mitunter kritisch kommentiert; vgl. dazu mit weiterführender Literatur auch oben Anm. 187. Zur Person seines Schwiegergroßvaters Lucius Calpurnius Fabatus vgl. PIR2 C 263. Dieser stammt – ebenso wie Plinius selbst – aus Comum und ist der Großvater Calpurnias, der dritten Ehefrau des Plinius. Vgl. auch Merrill (1927: 311) und Sherwin-White (1968: 264f.). Er fungiert als Adressat zahl-

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________________________________________________ 11, indem er der von ihm sehr geschätzten Corellia,252 einer Familienfreundin, eine seiner geerbten Villen zu einem sehr günstigen Preis (200. 000 Sesterzen unter Wert) überlässt; vgl. dazu auch Page (2015: 322): Neben dem wirtschaftlichen Aspekt besaß Plinius’ Heimatverbundenheit noch eine weitere, emotionale Komponente. Sie demonstrierte seine enge Bindung an Comum ebenso wie dort in besonderem Maße an ausgewählte Besitztümer, welche sich schon über Generationen hinweg im Familienbesitz befanden.253

In dieser Epistel, die durchgehend von der beinahe greifbaren Heimatliebe des Plinius geprägt ist, findet auch der maritus der Corellia, der Schwester des von Plinius verehrten Quintus Corellius Rufus 254, Erwähnung. Es handelt sich um Minicius Iustus255, dem Plinius nach eigener Aussage freundschaftlich zugetan war (vgl. Plin. epist. 7,11,4: Sunt mihi et cum marito eius, Minicio Iusto, optimo viro, vetera iura.). Auch wenn das Epitheton (optimo viro) über das Verhältnis zwischen den Ehepartnern

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253

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255

reicher Episteln im plinianischen Briefcorpus (vgl. Plin. epist. 5,11; 6,12; 6, 30; 7,11; 7,16; 7,23; 7,32; 8,10). Wie aus Plin. epist. 10,120,2 hervorgeht, starb er um das Jahr 112 n. Chr.; auch Tacitus erwähnt ihn in seinen Annales (vgl. id. 16,8,3). Zur Person der Corellia vgl. PIR2 C 1295. Vgl. auch Sherwin-White (1968: 414). Vgl. zuletzt auch Carlon (2009: 68–99) und Shelton (2013: 199–203). An Corellia ist im plinianischen Briefwerk die Epistel 7,14 adressiert. Zu dem für Plinius charakteristischen Euergetismus in seiner eigenen Heimat vgl. Hartmann (2012). Germerodt (2015: bes. 95–97. 190–197). Page (2015: 319–325). Zur Person des Quintus Corellius Rufus vgl. PIR2 C 1294. Vgl. auch SherwinWhite (1968: 111f.) und McDermott – Orentzel (1979: 59–68). Quintus Corellius Rufus war ein bekannter Rechtsgelehrter seiner Zeit; ferner war er 78 n. Chr. consul suffectus und 82 n. Chr. Statthalter in Obergermanien. Während er mit den Kaisern Vespasian und Titus befreundet war, gehörte er der erklärten Gegnerschaft gegen Kaiser Domitian an. Im plinianischen Briefcorpus wird seine Person immer wieder wertschätzend hervorgehoben (vgl. Plin. epist. 1,12; 3,3,1; 4,17; 5,1,5; 7,11,3; 7,31,4; 9,13,6). Zur Person des Minicius Iustus vgl. Sherwin-White (1968: 415) und Shelton (2013: 199f.). Er war ein Anhänger des Kaisers Vespasian und zeichnete sich in der treuen Erfüllung militärischer Dienste vor allem durch seine beeindruckende Disziplin aus; vgl. dazu Tac. hist. 3,7. Vgl. weiterführend auch Shelton (2013: 373 mit dortiger Anm. 101). Allgemein zur disciplina militaris vgl. Scholz (2011: 221f.).

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________________________________________________ ebenso wenig aussagt wie über die Art bzw. Tiefe der Freundschaft zwischen dem Genannten und Plinius,256 so kann aus dem Kontext geschlossen werden, dass die Heimatverbundenheit, unter deren Schutzdach sämtliche hier angedeuteten Beziehungen stehen, alle Protagonisten eint und in ein von gegenseitigem Respekt geprägtes Verhältnis treten lässt. Insbesondere gegenüber Corellia verspürte Plinius ein hohes Maß an Respekt und Anerkennung, was allein schon daran abzulesen ist, dass er das Verb diligere verwendet, um seine ihr entgegengebrachte Zuneigung zu dokumentieren. Dies lässt sich in Verbindung zu weiblichen Personen in seinem Briefcorpus nur noch im Zusammenhang mit den von Plinius hochverehrten Fannia und Arria maior (vgl. Plin. epist. 7,19,10) und Corellia Hispulla (Plin. epist. 3,3,1) nachweisen. Dass tiefes Vertrauen die Protagonisten in der vorliegenden Epistel 7, 11 verbindet, belegt die Übertragung der freundschaftlichen Gefühle des Plinius auf Lucius Minicius Rufus257, den Sohn des Minicius Iustus und der Corellia (vgl. Plin. epist. 7,11,4: Fuerunt et cum filio maxima, adeo quidem ut praetore me ludis meis praesederit.).258 Gleichzeitig wird hier das soziale Netzwerk sichtbar, das Plinius sich rund um seine oberitalische Heimat aufgebaut hat. Und eben diese Heimatverbundenheit und die damit einhergehenden altrömischen Werte sind die Faktoren, die sowohl bei dem primären (hier: Calpurnius Fabatus) als auch sekundären Adressaten (der aristokratischen Oberschicht bzw. der Nachwelt im Allgemeinen) implizit Emotionen freizusetzen vermögen. 3.5.3

Plin. epist. 2,20

Emotionen ganz anderer Art evoziert die Epistel 2,20, die gemäß Whitton (2013a: 271) Anleihen bei einem satirischen Epigramm des oströmischen 256 257 258

Westcott (1965: 228) will in der Junktur vetera iura den Beweis für eine lang andauernde Freundschaft erkennen. Zur Person des Lucius Minicius Rufus, dessen exakte Namensnennung in der Forschung umstritten ist, vgl. Shelton (2013: 200). Dass die Übertragung des Vorsitzes bei der Austragung der ludi Apollinares im Circus Maximus eine große Ehre darstellte, wird belegt durch Suet. Aug. 45,1 und Suet. Claud. 7. Vgl. dazu auch Shelton (2013: 200). Allgemein zu den ludi Apollinares vgl. Scholz (2011: 203). Vgl. in der römischen Literatur auch Liv. 27,23.

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________________________________________________ Historikers und Dichters Agathias genommen hat: Der neben seiner Delatorentätigkeit als Erbschleicher aktive und von Plinius zutiefst verachtete Marcus Aquillius Regulus259 begibt sich an das Krankenbett der Verania260, stellt ihr – um sich ihre Gunst zu sichern – mit Hilfe eines von ihm selbst gestellten Horoskopes ihre Genesung in Aussicht und schlägt ihr schließlich vor, noch einen haruspex, mit dem Regulus gut bekannt sei, zu konsultieren, um für dessen beruhigende Begutachtung den entrichteten Legat selbst einzustreichen, während Verania in Wahrheit der Tod bevorsteht (vgl. Plin. epist. 2,20,2–5).261 Diese in den Augen des Plinius verbrecherische Tat untermauert das negativ konnotierte Bild, das er in seinem Briefcorpus von Regulus zeichnet; vgl. Plin. epist. 4,7,4: Exemplo est Regulus. Imbecillum latus, os confusum, haesitans lingua, tardissima inventio, memoria nulla, nihil denique praeter ingenium insanum, et tamen eo impudentia ipsoque illo furore pervenit, ut orator habeatur.

Regulus ist für Plinius der Inbegriff eines moralisch Verkommenen, 259

260

261

Zur Person des Marcus Aquillius Regulus vgl. PIR2 A 1005. Vgl. auch Sherwin-White (1968: 93–96). McDermott – Orentzel (1979: 94–107). Hoffer (1999: 55–91). Méthy (2007: 141–151). Lefèvre (2009: 50–60). Gibson – Morello (2012: 68–73); Marcus Aquillius Regulus war unter den Kaisern Nero bis Domitian als politischer Ankläger (delator) aktiv. Die Delatoren übten das Amt des Anklägers vornehmlich in Majestätsprozessen aus und erwarben sich großen Reichtum, indem sie aus dem konfiszierten Vermögen der Verurteilten einen Anteil für sich einstrichen und auch durch den Staat sowie durch Privatpersonen reichlich entlohnt wurden. Ihm widmet sich Plinius – in durchgehend verachtender Haltung – an zahlreichen Stellen seiner Briefsammlung (vgl. Plin. epist. 1,5; 1,20,14; 2,11,22; 4,2; 6,2). Zur Person der Verania vgl. in der älteren Pliniusforschung Kukula (1916: 31); vgl. in der jüngeren Forschung Shelton (2013: 152–155). Verania war die Ehefrau des von Kaiser Galba adoptierten Lucius Calpurnius Piso Frugi Licinianus, der nach dem Tod seines Adoptivvaters auf Betreiben des Kaisers Otho ermordet wurde. Vgl. dazu Sherwin-White (1968: 202); vgl. zuletzt auch Whitton (2013a: 271f.) und Shelton (2013: bes. 153–155. 363 mit dortiger Anm. 224). Tacitus widmet Piso in seinem Geschichtswerk zahlreiche Passagen (vgl. bes. Tac. hist. 1,14–21.34–44). Zu dem hier durchschimmernden Aberglauben in der römischen Antike und den damit einhergehenden dubiosen Praktiken des Regulus vgl. Westcott (1965: 170). Allen (1915: 113). Kukula (1916: 32). Merrill (1927: 261f.). Sherwin-White (1968: 202f.). Whitton (2013a: 272–275).

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________________________________________________ der – in Opposition zu den im Briefcorpus zahlreich vertretenen, vorbildhaften virtus-Trägern – als Symbol für nequitia und improbitas zu gelten habe (vgl. dazu bes. Plin. epist. 2,20,12). Page (2015: 150 mit dortiger Anm. 32) konstatiert unter Bezugnahme auf die negativ konnotierte Darstellung des Regulus, dass dieser sich zwar in der Öffentlichkeit als Senator habe stilisieren können, jedoch von seinen Zeit- und Standesgenossen keinesfalls als wahrer Aristokrat wahrgenommen worden sei. Vielmehr zeichneten die zahlreichen negativen Epitheta, die Plinius dem Regulus zuschreibt, ein verheerendes Charakterbild: feige (vgl. Plin. epist. 1,5,1; id. 2,11,22), unzuverlässig (vgl. Plin. epist. 2,11,22), unverschämt (vgl. Plin. epist. 2,20,2; id. 4,7,4), skrupellos (vgl. Plin. epist. 2,20,6), habgierig (vgl. Plin. epist. 2,20; id. 4,2,5) und grausam (vgl. Plin. epist. 1,5,13). Laut Kukula (1916: 31) war Erbschleicherei „eine der häufigsten Begleiterscheinungen des sittlichen Tiefstandes im kaiserlichen Rom.“262 Nicht zuletzt deshalb ist die vorliegende, an Calvisius Rufus263 adressierte Epistel geprägt von einer pessimistischen Grundhaltung, die an zahlreichen Stellen der plinianischen Briefsammlung vorherrscht (vgl. u. a. Plin. epist. 3, 3,5; 4,15,8; 5,8,12f.; 6,2,9); zugleich jedoch bildet sie einen Kontrast zum Hymnus auf die Regierungszeit Trajans, die Plinius im Panegyricus als neues goldenes Zeitalter preist.264 262 263

264

Vgl. dazu auch Cic. off. 3,18,74; Hor. sat. 2,5; id. epist. 1,1,78. Zur Person des Calvisius Rufus vgl. PIR2 C 349. Vgl. auch Allen (1915: 112). Sherwin-White (1968: 202). Sherwin-White (1980: 95f.). Shelton (2013: bes. 263f.). Calvisius Rufus stammt – ebenso wie Plinius – aus Comum und war dessen Jugendfreund. Er fungierte als Ratsherr seiner Heimatstadt und beriet Plinius häufig in geschäftlichen Angelegenheiten. Calvisius Rufus ist Adressat zahlreicher Episteln im plinianischen Briefwerk (vgl. Plin. epist. 3,1; 3,19; 5,7). Darüber hinaus hat Whitton (2015a: 124f.) nachgewiesen, dass im Sinne der von Plinius wohldurchdachten Konzeption des zweiten Epistelbuches der Eingangs- und (der vorliegende) Ausgangsbrief in einem auffälligen Zusammenhang stehen. Zu der Klage des Plinius über moralische Missstände in der römischen Kaiserzeit (bes. hinsichtlich der Regierungszeiten unter Domitian und den späten Julo-Claudiern) und zu dem damit zusammenhängenden metus temporum vgl. Ludolph (1997: 155f.). Beutel (2000: 178–183). Lefèvre (2009: 273–285). Gibson (2015); vgl. vor diesem Hintergrund auch Gibson – Morello (2012: 71 mit dortiger Anm. 108), die zwischen den beiden Episteln 2,14 und 2,20 einen intertextuellen Konnex erkannt haben wollen. Hinsichtlich des dem Leser im Briefcorpus häufig begegnenden Spannungsverhältnisses zwischen den Klagen des Plinius über die moralische Verkommenheit einzelner Mitmenschen

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________________________________________________ Um wieviel höher ist angesichts der moralischen Verdorbenheit des Regulus die geistige Grundhaltung des Lucius Calpurnius Piso Frugi Licinianus, des maritus der Verania, zu bewerten – nicht zuletzt deshalb, weil er zu seinen Lebzeiten mit Regulus verfeindet war (vgl. Plin. epist. 2,20,2: Primum impudentiam hominis, qui venerit ad aegram, cuius marito inimicissimus, ipsi invisissimus fuerat!).265 Die persönliche Feindschaft, die Piso gegenüber Regulus hegte, wird durch den Superlativ gesteigert und korrespondiert in Form eines mit einer intensiven i-Assonanz einhergehenden Bicolons mit dem Synonym invisissimus, das den Hass Veranias zu erkennen gibt. Das Ehepaar erscheint hier – auch über den Tod hinaus – vereint in der Verachtung gegenüber Regulus, was die ohnehin schon durch das skrupellose Verhalten des Regulus erregten Emotionen der Leserschaft steigert – in diesem Fall implizit durch das berührende Bild des sowohl im Hass als auch im Tod wiedervereinten Ehepaares. Dabei stehen beide Ehepartner für das von Plinius so hochgeschätzte aevum prius, wobei insbesondere der maritus als Gegenentwurf zu der korrupten Geisteshaltung des Erbschleichers Regulus zu gelten hat.

265

und seinem Lobpreis der unter Kaiser Trajan vermeintlich zurückgekehrten aurea aetas scheint es – das betrifft freilich alle historischen Epochen – angeraten, bei deren Bewertung differenziert vorzugehen, um nicht der Einseitigkeit im Urteil bezichtigt zu werden; vgl. dazu Kissler – Marguier (2018). Zur Feindschaft zwischen Piso und Regulus vgl. Hoffer (1999: 73 mit dortiger Anm. 40) und Shelton (2013: 154f.). Gemäß der Darstellung des Tacitus in seinem Geschichtswerk (vgl. u. a. Tac. hist. 2,11) unterstützte Regulus Otho, der Galba, den Adoptivvater Pisos, ermorden ließ. Regulus soll – so berichtet Tacitus weiter (Tac. hist. 4,42) – die Häscher bzw. Mörder Pisos mit Geld unterstützt und eben diesen nach dessen Ermordung in gleichsam kannibalischer Weise in den Kopf gebissen haben.

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________________________________________________

3.6

Der Ehemann der Gallitta – das Negativbeispiel eines römischen maritus Plin. epist. 6,31

Moralische Verfehlungen kritisiert Plinius auch in der an Cornelianus 266 gerichteten Epistel 6,31, in deren Verlauf ein von einer gewissen Gallitta267 begangener Ehebruch zur Sprache kommt. Eingebettet ist diese Episode in einen Bericht des Plinius über seine Teilnahme als Mitglied des consilium an den unter dem Vorsitz des Kaisers Trajan im Jahre 107 n. Chr. abgehaltenen Gerichtstagen auf dem kaiserlichen Landsitz in Centum Cellae. Hierbei handelt es sich um Konsultationen, nicht um Gerichtsprozesse. Plinius hat bereits zweimal an solchen Gerichtstagen teilgenommen (vgl. Plin. epist. 4,22; id. 6,22).268 An diesen Sommertagen 266

267

268

Die Identifizierung des Adressaten ist diffizil. Der Name Cornelianus erscheint im gesamten plinianischen Briefcorpus nur an dieser einzigen Stelle. Von daher gehen einige Kommentatoren von einer Verwechslung mit Cornelius Minicianus, einem römischen Ritter aus Bergamum, aus. Vgl. dazu Sherwin-White (1968: 391) und zuletzt Page (2015: 97 mit dortiger Anm. 84). Zur Person des Cornelius Minicianus vgl. PIR2 C 1406. Er ist der Adressat der Episteln 3,9 und 4,11. Zur Person der Gallitta vgl. Carlon (2009: 201–204) und Shelton (2013: bes. 173–175). Über diese Frau ist nichts weiter bekannt außer das, was Plinius in dem vorliegenden Brief mitteilt. Zum bedeutsamen Charakter des consilium des Kaisers vgl. Page (2015: 97f. mit weiterführender Literatur). Vgl. auch Kukula (1916: 67f.). Sherwin-White (1968: 391f.). Shelton (2013: 173 mit dortiger Anm. 332). Zur villa als Ort des kaiserlichen consilium vgl. Lefèvre (2009: 235. 237): „Der Arbeit in der Abgeschiedenheit schöner Landschaft – secessus ist ein Schlüsselbegriff – eignet besonderer Adel. […] Drei Bereiche verschmelzen in diesem einzigartigen Brief in eins: ernsthafte Arbeit, zwanglose Geselligkeit, angenehmer Aufenthaltsort.“ Überhaupt ist laut Gibson – Morello (2012: 49) das sechste Buch durchzogen von den öffentlichen Aufgaben des Plinius; vgl. neben dem vorliegenden Brief noch Plin. epist. 6,2; 6,5; 6,6; 6,9; 6,11; 6,13; 6,18; 6,19; 6,22; 6,23; 6,27; 6,29; 6,33. Zur in Epistel 6,31 durchscheinenden Wertschätzung des Plinius gegenüber Kaiser Trajan vgl. Geisthardt (2015: bes. 83–219). Vgl. auch Lefèvre (2009: bes. 236f.) und Gibson – Morello (2012: 49). Vgl. zuvor bereits Bütler (1970: 117). Zur Darstellung charakterlicher Ähnlichkeiten zwischen Kaiser Trajan und Plinius vgl. Geisthardt (2015: 203–219). Zur

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________________________________________________ des Jahres 107 n. Chr. werden insgesamt drei Konsultationen abgehalten, wobei Plinius diese nach dem Gesetz der wachsenden Glieder schildert.269 Der Ehebruch Gallittas wird am zweiten Tag verhandelt, wobei diese nicht anwesend ist, da es sich nicht um einen Gerichtsprozess, sondern um eine Anhörung handelt. Dass ein Fall von Ehebruch überhaupt vor dem Kaiser verhandelt wurde, liegt laut Shelton (2013: 174) daran, dass der namentlich nicht bekannte maritus einer einflussreichen römischen Familie angehört hat. Als betrogener Ehemann tritt dem Leser ein namentlich nicht genannter Militärtribun entgegen,270 der am Anfang seiner politischen Laufbahn stand (vgl. Plin. epist. 6,31,4). Den Ehebruch vollzog seine Gattin mit einem Centurio271 (vgl. ibid.: Nupta haec tribuno militum honores petituro, et suam et mariti dignitatem centurionis amore maculaverat.). Plinius ist entsetzt über dieses Vergehen, was sowohl an seiner metaphorischen Wortwahl (dignitatem … maculaverat)272 als auch an der kontrastiven, den eigentlichen Ehebruch markierenden Iuxtaposition von amore bzw. maculaverat abzulesen ist: „On pourrait inclure ce personnage dans la galerie de la Satire 6: elle est un exemple de ces femmes libidinosae qui s’encanaillent avec des amants d’une classe sociale inférieure et rappellent la Circé de Pétrone. Juvénal dénonce ce comportement avec indignation.“ (Boëls-Janssen 2015: 114) Besonders jedoch die Bemerkung, wonach Gallitta die dignitas ihres maritus (und ihre eigene) befleckt habe, hallt nach, da nicht nur die innere Würde, sondern auch das

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270

271 272

Förderung des Plinius durch Kaiser Trajan vgl. Germerodt (2015: 89–94). Vgl. dazu auch Soverini (1989) und Henderson (2002: 141–151). Unter Rückgriff auf die OCT-Textausgabe von Mynors (1963) sind der ersten Verhandlung drei Zeilen vorbehalten, der zweiten Verhandlung (in welcher der Ehebruch erörtert wird) fünfzehn Zeilen und der dritten Verhandlung zweiundzwanzig Zeilen. Vgl. dazu auch Lefèvre (2009: 235). Zum Militärtribunat vgl. Shelton (2013: 173 mit weiterführender Literatur). Shelton (ibid.) merkt an, dass es ungewöhnlich gewesen sei, bereits während der Ausführung des Militärtribunats zu heiraten. Die fehlende Namensnennung des betrogenen Ehemannes bzw. des Liebhabers Gallittas hält Shelton (2013: 173) für „curious“, da „Pliny supplies her name, but not that of her husband or lover.“ Zu den Aufgaben eines Centurios vgl. Shelton (2013: 173f.). Zur metaphorischen Bedeutung von maculare im Sinne der entehrenden Befleckung einer reinen Sache vgl. Menge (1988: 45, § 69 s. v. maculare). Vgl. auch OLD II (2012: 1165). Im plinianischen Briefcorpus findet sich diese metaphorische Kennzeichnung der Entehrung nur an dieser einen Stelle, bei Tacitus hingegen häufiger (vgl. u. a. Tac. hist. 1,37,4; id. 4,60,1).

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________________________________________________ öffentliche Ansehen des Betrogenen beschädigt worden ist. Dies bestätigt Haltenhoff (2011b: 176f. mit dortiger Anm. 36), der herausarbeitet, dass der Sprachgebrauch des Plinius hinsichtlich der dignitas ein Gleichgewicht zwischen der Bedeutung „Würde“ bzw. „Ansehen“ und der Bezeichnung konkreter sozialer Positionen halte.273 Kukula (1916: 69) und Shelton (2013: 174) vermuten sicher nicht zu Unrecht, dass diese Tat – sowohl für die Ehebrecherin als auch für den betrogenen maritus – umso beschämender war, als dass der Liebhaber gegenüber dem Ehemann einen niedrigeren Dienstrang einnahm. Gallitta wurde laut Plinius folgerichtig verurteilt (vgl. Plin. epist. 6,31,5: Illam damnari […] necesse erat),274 während der Centurio aus dem Dienst entlassen und in die Verbannung geschickt wurde (vgl. Plin. epist. 6,31,5f.). Aber auch der betrogene Ehemann verhält sich in den Augen des Autors moralisch unangemessen. Zwar hatte der maritus seine untreue Gattin zunächst bei dem für solche Fälle zuständigen Konsularlegaten (legato consulari)275 angezeigt und damit die juristische Aufarbeitung des Ehebruches in Gang gesetzt, zögerte dann jedoch aus Liebe zu seiner Ehefrau, den Fall zu einem rechtmäßigen Ende zu bringen; vgl. Plin. epist. 6,31,5: Sed maritum non sine aliqua reprehensione patientiae amor uxoris retardabat, quam quidem etiam post delatum adulterium domi habuerat quasi contentus aemulum removisse.

Während Plinius das Verhalten der Ehefrau in wenigen Worten geißelt (illam damnari […] necesse erat),276 tadelt er die in seinen Augen zu nachsichtige und verweichlicht wirkende Geisteshaltung des betrogenen 273 274

275 276

Vgl. dazu auch Lind (1979: bes. 22–29). Da Gallitta aufgrund ihres Ehebruchs den Strafen der lex Iulia überantwortet wurde (vgl. Plin. epist. 6,31,6), wurde als Strafmaß sowohl der Verlust ihres Besitzes als auch die Landesverweisung festgesetzt. Vgl. dazu und zu kritischen Rückfragen an dieses Gesetz Shelton (2013: 174f.). Vgl. zuvor bereits Kukula (1916: 69f.). Zu den Aufgaben eines Konsularlegaten vgl. Sherwin-White (1968: 393). Gallitta ist eine der wenigen Frauen, die im plinianischen Briefcorpus eine negative Konnotation erfahren. Vgl. dazu Shelton (2013: 175). Vgl. auch Boëls-Janssen (2015: 114f.), die Gallitta als matrona impudica bezeichnet. Kritisch beäugt wird neben der oben beleuchteten Ummidia Quadratilla auch eine namentlich nicht näher bezeichnete Frau, die im vorgerückten Alter die Ehe mit einem schwerkranken Greis eingegangen ist (vgl. Plin. epist. 8,18,8).

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________________________________________________ Gatten – auch wenn die eheliche Liebe sein Motiv war: „Her husband was an object of reproach, not pity, because he was unable and unwilling to control the behavior of his wife.“ (Shelton 2013: 175)277 Plinius wirft dem betrogenen Ehemann nicht nur den Verlust seiner Emotionskontrolle vor, sondern vor allem dessen Unfähigkeit, das Verhalten seiner Ehefrau zu kontrollieren.278 Hier schimmert das werteorientierte Männlichkeitsideal durch, das die dignitas des Mannes (vordringlich das äußere Ansehen) über die Liebe zur Ehepartnerin stellt. 279 Dennoch darf gemäß Boëls-Janssen (2015: 114) der moralisch verwerfliche Ehebruch Gallittas den positiven Gesamteindruck der im plinianischen Briefwerk auftretenden Frauen nicht trüben: „En bon citoyen soucieux de la morale publique, Pline approuve la décision de l’empereur, conforme au mos maiorum, mais n’en conclut pas à l’immoralité de toutes les femmes.“ Bei aller Wertschätzung des Plinius für die eheliche Liebe, die – wie in den vorangegangenen Briefanalysen festzustellen möglich war – vor allem auf fides und concordia beruhen solle, hat der maritus dennoch – das ist aus der GallittaEpisode zu folgern – die dominierende Position in der Ehe einzunehmen und sich von einer inkonsequenten, verweichlichten Geisteshaltung zu distanzieren.

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278 279

Eine zugespitzte, jedoch nachvollziehbare These wagt Carlon (2009: 202): „It is not so much her adultery that would have damaged him, we must assume, but the way in which he dealt with his errant wife.“ Zu den plinianischen Vorstellungen des angemessenen Lenkens von Frauen vgl. Carlon (2009: 137. 203). Vgl. auch Shelton (2013: 175), welche die Intention der vorliegenden Epistel wie folgt umreißt: „A warning to readers that such behavior deservedly ends in a harsh punishment – and the everlasting shame of being named, as Gallitta was, in a letter.“

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________________________________________________

3.7

Zwischensicherung: Das facettenreiche Spektrum römischer mariti im plinianischen Briefcorpus

Vor der abschließenden motivanalytischen Interpretation der Epistel 1,14, in der Plinius seine Idealvorstellung eines maritus vere Romanus darlegt, soll ein Zwischenfazit gezogen werden. Nach Analyse aller Textstellen, in denen Plinius explizit den Terminus maritus verwendet, liegt klar auf der Hand, dass sich der methodologische Ansatz, die beiden Zweige der jüngeren Pliniusforschung (sowohl den literaturwissenschaftlichen als auch den sozial- bzw. kulturgeschichtlichen) zu synthetisieren, bewährt hat. Hauptsächlich der von Marchesi (2008) bzw. Gibson – Morello (2012) propagierte Ansatz, dass das plinianische Briefcorpus als große Einheit zu verstehen sei und grundlegende Themen im anthologischen Sinne in verschiedenen Episteln über mehrere Bücher der Briefsammlung hinweg entfaltet worden seien, lässt sich im Falle der Ermittlung des plinianischen Idealbildes eines maritus vere Romanus belegen. Insbesondere die intertextuellen Bezüge innerhalb der Briefsammlung liefern wichtige Rückschlüsse auf das plinianische Männlichkeitsideal unter besonderer Berücksichtigung der Sexualität und Emotionalität der in den Briefen auftretenden mariti. Dabei tritt ein facettenreiches Bild eines maritus zutage, das vor allem im Verhältnis zur Gattin einerseits von dem damaligen Zeitgeist, andererseits von humanitas geprägt ist. Hinsichtlich der Klassifizierung der mit dem Terminus maritus versehenen Männer im plinianischen Briefwerk ist zu konstatieren, dass Plinius dem Leser nicht nur alterserfahrene (wie Plin. epist. 8,5), sondern auch jüngere Ehemänner (wie z. B. Plin. epist. 6,31; 7,24; 8,23) präsentiert. Viele der Genannten bleiben aber recht farblos und werden nur kurz – zumeist in Form eines wertschätzenden, im Grunde jedoch wenig aussagekräftigen Epithetons – gestreift (vgl. z. B. Plin. epist. 4,21,2; 6,32,1; 7, 11,4). Andere hingegen werden in schillernden Farben gepriesen, was mitunter der Gattung des Porträtbriefes geschuldet ist (vgl. bes. den Porträtbrief 7,24 über den Protegé Gaius Ummidius Quadratus; vgl. ähnlich den Trauerbrief 8,23 über den von Plinius hochgeschätzten Iunius Avitus). In beiden Fällen wird den mariti eine hohe Bildung und Lernbereitschaft attestiert. Ebenso wird die mit severitas einhergehende constantia ge-

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________________________________________________ rühmt – im Falle des Iunius Avitus hinsichtlich der konsequenten, jederzeit verlässlichen Ausübung der ihm übertragenen Ämter, im Falle des Gaius Ummidius Quadratus in der beharrlichen, asketisch wirkenden Ablehnung der sexuellen Verlockungen, die ihm im Hause seiner lebensfreudigen Großmutter geboten wurden. Überhaupt zieht sich der Wert der constantia wie ein roter Faden durch diejenigen Bemerkungen über mariti, die sich in beeindruckender Weise – zumeist auf Kosten des eigenen Lebens – gegen das jeweilige ungeliebte Regime gestellt haben (vgl. bes. Plin. epist. 3,16; 6,24; 7,19). Diesbezüglich kommt dem jüngeren Helvidius Priscus eine exponierte Stellung zu, da er von Plinius nicht nur als Privatmann gewürdigt (vgl. Plin. epist. 4,21), sondern auch aufgrund seines aufopferungsvollen öffentlichen Kampfes gegen Kaiser Domitian als ein unbeirrt für seine Ideale eintretender Römer inszeniert wird (vgl. Plin. epist. 9,13). In diesem Zusammenhang muss auch der Ehemann der Verania, Lucius Calpurnius Piso Frugi Licinianus, Erwähnung finden, da er in Epistel 2,20 als moralischer Gegenentwurf zu Marcus Aquillius Regulus gezeichnet wird (vgl. bes. Plin. epist. 2,20,2: inimicissimus).280 Letzterer steht – vor allem aufgrund seines korrupten Auftretens als Erbschleicher und Delator – in den Augen des Plinius wie kein Zweiter für moralische Verkommenheit. Als davon nahezu unberührt wird die oberitalische Heimat des Plinius geschildert. Daraus erklärt sich, warum Plinius die dort ansässigen mariti wertschätzend darstellt, wobei die Heimatverbundenheit nicht nur ein konstitutives Element des gesamten plinianischen Briefcorpus, sondern zugleich eine entscheidende Komponente im Verhältnis zu seiner Familie und seinen Freunden bildet (vgl. dazu bes. Plin. epist. 7,11).281 Nicht von ungefähr stammen zahlreiche seiner Adressatinnen und Adressaten aus der für ihre Sittenstrenge (severitas) und Bodenstän280

281

Im Sinne des indirekten Selbstlobes wird auch Plinius zum Gegenentwurf des Regulus. Vgl. dazu Geisthardt (2015: 206), der die beiden Protagonisten kontrastiert: auf der einen Seite Regulus als „Anti-Senator“, dessen sozialer Aufstieg und zunehmender Reichtum untrennbar mit der Herrschaft Neros und Domitians verknüpft seien, auf der anderen Seite Plinius als „idealer Senator“ bzw. als vorbildlicher Bürger (optimus civis), der mit Kaiser Trajan eng verbunden sei. Zur Heimatliebe des Plinius vgl. in der älteren Pliniusforschung Bütler (1970: 129–147); vgl. in der jüngeren Forschung umfassend Mratschek (2003). Krieckhaus (2004). Krieckhaus (2006: bes. 31–50). Page (2015: 319–325). Fögen (2018: bes. 64–68); vgl. auch – mit kurzen Reflexen – Hoffer (1999: 189f.). Lefèvre (2009: 276). Haltenhoff (2011b: 179. 196f.).

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________________________________________________ digkeit (rusticitas) bekannten Heimat (vgl. z. B. Plin. epist. 2,20; 6,24; 7,11). In diesem Kontext will Haltenhoff (2011b: 196) in der Liebe des Plinius zu seiner Heimat sentimentale Züge erkennen; in erster Linie erscheine sie diesem als Verpflichtung: Die patria sei zu ehren und zu rühmen. Ferner gelte auch die liberalitas des Plinius seiner Familie und seinen Freunden, vor allem der Heimatgemeinde. Für Plinius also verkörpert „ganz Oberitalien die reine Sinnesart der guten, zum größten Teil vergangenen Zeit. Hier lebt, im Gegensatz zur Dekadenz Roms und des Südens überhaupt, noch jenes echte, bodenständige Italien fort, das die alte Kraft und Sittsamkeit, die herbe bäuerliche Zucht bewahrt hat“ (Bütler 1970: 132). Überhaupt sind es vornehmlich die alten römischen Werte (allen voran fides und pietas), für deren Bewahrung Plinius wirbt und die er – wie die Episteln 7,24 und 8,23 belegen – seinen Schülern bzw. Protegés als erstrebenswerte virtutes, gleichsam als Leuchtfeuer, mit auf den Weg gibt. Diese These bekräftigt Bradley (2010: 408), der die Heimatliebe des Plinius mit dessen Idealbild eines vir vere Romanus in Bezug setzt: „He sees himself as the successor of many past generations of Roman senators (3,4, 5; 8,6,2), priding himself on the maintenance of longstanding attitudes, and, in the continuum of Rome’s history (cf. 6,21), as the forerunner of more generations of elite Roman leaders to come.“ Innerhalb seiner werkimmanenten Bemerkungen über römische Ehemänner kommt die Sprache nicht nur auf deren innere Grundhaltung, sondern auch auf die Relevanz der äußeren Werte, zu denen einerseits eine standesgemäße äußere Erscheinung (vgl. Plin. epist. 3,16,3; 7,24,3; 8,23, 6), andererseits der materielle Wohlstand eines maritus (vgl. Plin. epist. 6,32,1) gezählt werden. Darüber hinaus ist es in den Augen des Autors für einen römischen (Ehe-)Mann von elementarer Wichtigkeit, Nachkommen zur Weitergabe der unbedingt zu bewahrenden Werte an künftige Generationen zu zeugen (vgl. Plin. epist. 7,24,3); vgl. auch id. 4,15,3: Nam in hoc quoque functus est optimi civis officio, quod fecunditate uxoris large frui voluit, eo saeculo quo plerisque etiam singulos filios orbitatis praemia graves faciunt.282

Plinius wählt bei der Darstellung der mariti einen ganzheitlichen Zu282

Vgl. ähnlich Plin. epist. 1,14,2; 6,26,3; 8,10,1.

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________________________________________________ griff. Diese haben sich – das ergibt sich aus der Gesamtschau aller bislang untersuchten Episteln – sowohl im Inneren durch eine möglichst sittenstrenge Geisteshaltung als auch im Äußeren durch eine gute, standesgemäße Physis bzw. durch einen angemessenen Wohlstand zu bewähren. Doch die bemerkenswerteste Erkenntnis der bisherigen motivanalytischen Untersuchungen ist die Tatsache, dass sich zahlreiche von Plinius skizzierte mariti in Abhängigkeit von ihren Ehefrauen befinden, ja sogar durch deren positive Darstellung auf indirektem Wege eine klare Aufwertung erfahren. In diesem Kontext ist zu konstatieren: Es muss zwischen expliziter und impliziter Charaktersierung der im Briefcorpus auftretenden mariti differenziert werden. Die Verehrung einiger (die alten römischen Werte vertretenden) matronae geht sogar so weit, dass diese nicht zuletzt durch ihre heldenhaften Taten sowohl ihren Ehemännern als auch den Adressaten der plinianischen Episteln (überwiegend Männern) als nachahmenswerte exempla dienen (vgl. oben bes. Plin. epist. 3,16; 6,24; 7,19).283 Insbesondere in den drei motivisch eng miteinander verzahnten Episteln 3,16; 6,24; 7,19 (3,16 und 7,19 bilden durch die Verwandtschaft der beiden Protagonistinnen eine zusätzliche Verbindungslinie) verknüpfen die Gattinnen ihr eigenes Schicksal unverbrüchlich mit dem ihrer mariti und nehmen dafür sogar den eigenen Tod in Kauf. In allen drei Fällen symbolisieren die weiblichen Heldentaten die von Plinius in seinem Briefwerk propagierten alten römischen Kardinaltugenden fides, virtus und pietas, was in dieser geballten und kompromisslosen Form in der römischen Literatur als singulär einzustufen ist. Santoro-L’Hoir (1992: 160) sieht vor allem in den Porträts Fannias und Arrias eine Reminiszenz an „Livy’s sugar-coated replicas of Cloelia and Verginia, prototypes that were lampooned by Apuleius in his onedimensional confection of Plotina.“ Plinius geht sogar so weit, Fannia in Epistel 7,19,4 neben der überwiegend Frauen zugeschriebenen Tugend der castitas die ausschließlich Männern vorbehaltenen virtutes der sanc283

Zu den oftmals mit heroischen Zügen ausgestatteten, nachahmenswerten bzw. exemplarischen Frauen im plinianischen Briefcorpus (u. a. Arria maior in Plin. epist. 3,16 oder Fannia in Plin. epist. 7,19 oder seine eigene Mutter in Plin. epist. 6,20) vgl. exemplarisch Dobson (1981/82: 83): „Pliny was no stranger to heroic women.“ Vgl. auch in der älteren Pliniusforschung Bütler (1970: 90); vgl. in der jüngeren Forschung Marchesi (2008: 105 mit dortiger Anm. 3) und Shelton (2013: 15–42). Vgl. auch Centlivres Challet (2013: 75–83, hier bes. 75–78). Langlands (2014). Boëls-Janssen (2015: 108f. 114–116).

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________________________________________________ titas, gravitas und constantia beizumessen; vgl. dazu auch Boëls-Janssen (2015: 115): La reconnaissance des valeurs considérées comme féminines, comme la tendresse, la gentillesse, la compassion, conduit à un sage équilibre par rapport aux principes du temps passé. Les feminines associent leurs qualités humaines à une vertu digne des philosophes.284

Auch die Emotionskontrolle, die in der römischen Sozial- und Kulturgeschichte traditionell als ein Kennzeichen männlicher Selbstbeherrschung gilt, wird hier umgekehrt: Während die mariti leiden (entweder an Krankheit wie in Plin. epist. 3,16; id. 6,24 oder unter kaiserlichen Strafen wie in Plin. epist. 7,19), geben sich ihre Gattinnen, abgesehen von den in der Abgeschiedenheit vergossenen Tränen der Älteren Arria (Plin. epist. 3,16,5), im Sinne der severitas kontrolliert und selbstbeherrscht. Sie sind nicht nur zu selbständigem Handeln fähig, sondern setzen diese Gabe auch voller Mut und Standfestigkeit um. Überhaupt sind die weiblichen Auftritte im gesamten plinianischen Briefwerk – abgesehen von wenigen Ausnahmen (vgl. Plin. epist. 6,31,4–6; 7,24,4–7; 8,18,8) – von einem wohlwollenden Grundton durchzogen. Der wertschätzende Ton in der Darstellung weiblicher Figuren im plinianischen Briefcorpus ist vornehmlich an folgenden Episteln abzulesen: 1,14,6a/b; 2,16,1; 3,1,5; 4,19, 1; 6,24,4f.; 7,19,7; 8,5,1.285 Die etwaige Erwartungshaltung, in der plinianischen Briefsammlung Schilderungen selbstsüchtiger, machtgieriger 284

285

Dass virtus im plinianischen Briefcorpus an keiner Stelle als rein männliche Domäne erscheint, weist Langlands (2014: 220) nach. Plinius setzt statt des Singulars häufiger das Pluralwort virtutes, womit er ein Sammelbecken an Tugenden verstanden wissen will. Im Singular erscheint virtus nur dann, wenn er ein außerordentliches Verhalten, das gloria verdient hat, anzeigen will; vgl. dazu Méthy (2007: 118f.) und Langlands (2014: 220). Dass die Kardinaltugend der virtus bis in die Zeit des Prinzipats den Männern vorbehalten blieb, lässt sich bei Cicero (id. Tusc. 2,18,43) nachweisen. Vgl. dazu Nussbaum (2002: 323 mit dortiger Anm. 22) und Langlands (2014: 219 mit dortiger Anm. 21). Zur beinahe durchgängig positiven Porträtierung der Frauen im plinianischen Briefcorpus vgl. Krasser (1997: 558). Pausch (2004: 71). Marchesi (2008: 105 mit dortiger Anm. 3). Lefèvre (2009: 195–212. 292f.). Gibson – Morello (2012: 105 mit dortiger Anm. 3); Bütler (1970: 90) steigert diese Ansicht und stellt fest, Plinius habe seine „Frauengestalten fast ausnahmslos mit den edelsten Zügen ausgestattet.“ Vgl. ähnlich Sherwin-White (1968: 347).

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________________________________________________ und lasterhafter Frauen vorzufinden, die mit den kritisch-pessimistischen Darstellungen des Tacitus in dessen Geschichtswerken vergleichbar sind, wird enttäuscht. Einen solchen Frauentypus gibt es in den Pliniusbriefen nicht (ausgenommen die Frauen, denen Untreue unterstellt wird; vgl. z. B. Plin. epist. 6,31,4–6). Einige kritische Elemente weist das Porträt der Ummidia Quadratilla auf, welche die Würde ihres hohen Standes verletzte, indem sie sich mit Tänzerinnen und ihren eigenen Freigelassenen einließ und sich sogar dem Laster des Würfelspieles hingab (vgl. Plin. epist. 7,24,4f.). Diese ambivalente Darstellung, die an die Schilderung der Sempronia in Sallusts Coniuratio Catilinae 25 erinnert, rückt Plinius dadurch in ein positiveres Licht, dass er ihre durchaus vorhandene Sittsamkeit betont; denn diese Sittsamkeit habe Ummidia Quadratilla dazu bewegt, den in ihrem Haus aufwachsenden Enkel von lasterhaften Beschäftigungen fernzuhalten und in ihrem Testament ausschließlich Blutsverwandte, keine zwielichtigen Personen aus ihrem Umfeld zu begünstigen (vgl. Plin. epist. 7,24,1f.). Durch diese Ausgewogenheit im Urteil gewinnt Plinius’ Darstellung an Distanz und Objektivität.286 Bei Betrachtung der plinianischen Schilderungen von Frauen in der Gesamtschau decken sich diese mit den in Kap. 2 der vorliegenden Studie skizzierten Forschungsergebnissen zur Rolle der (Ehe-)Frau in der römischen Antike. Die Pliniusbriefe dokumentieren, dass der Frau in erster Linie die Rolle der Gattin und Mutter zugekommen ist. Dabei entlastete sie ihren Mann insofern, als sie den Haushalt organisierte, über die Hausangestellten gebot und die Erziehung der Kinder begleitete (vgl. bes. Plin. epist. 3,3,3). Anders als die griechische Frau konnte sich – wie Schuller (1995: 16) erläutert – die römische Frau gemäß der plinianischen Darstellung am gesellschaftlichen Leben beteiligen. Allerdings blieb ihr die aktive Partizipation am politischen Leben in Rom versagt, obgleich sie als Gattin eines Politikers ähnlichen Gefahren ausgeliefert war wie ihr Ehemann (vgl. exemplarisch die Ältere Arria in Plin. epist. 3,16). Dennoch ist Plinius weit davon entfernt, das Frauenbild in seinem Briefcorpus zu pauschalisieren, im Gegenteil: Er differenziert zwischen lebenserfahrenen 286

Vgl. dazu auch Santoro-L’Hoir (1992: 160), die konstatiert, dass die Porträtierung der Ummidia Quadratilla „is totally cleansed of the sugary moral accretions that cleave to the word as it is employed of Arria and Fannia.“ Santoro-L’Hoir vertritt die kühn anmutende Position, dass Ummidia Quadratilla eine Arria und Fannia insofern überragt, als sie von Plinius gezeichnet wird als „a visceral red-blooded matron with a delicious sense of the vulgar“ (ibid.).

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________________________________________________ Frauen (wie Fannia und Arria maior), die sich durch eine hohe moralische Geisteshaltung auszeichnen, und mädchenhaften uxores (wie Calpurnia), deren Bild von Liebreiz und Intelligenz bestimmt ist. Dazu passt die Beobachtung von Gibson – Morello (2012: 105), die darauf verweisen, dass sich die von Plinius differenziert angelegten Porträtdarstellungen von Frauen in der unterschiedlichen Sprach- und Wortwahl widerspiegeln. Tatsächlich wirkt die Schilderung heldenhafter Frauen vor allem in Plin. epist. 3,16,1; 6,24,4f.; 7,19,7 überhöht. Dagegen wirken Plin. epist. 3,1,5; 4,19,1; 8,5,1 ungleich nüchterner im Sprachduktus. Lefèvre (2009: 293) will die wohlwollende Darstellung der Frauen im Briefcorpus nicht so sehr mit dem allgemeinen Zeitgeist des ersten bzw. zweiten nachchristlichen Jahrhunderts erklärt wissen als vielmehr mit dem plinianischen Streben nach humanitas.287 Waren die Ehen der Älteren Arria (Plin. epist. 3,16), Fannias (Plin. epist. 7,19) und der namentlich nicht genannten Heroine vom Lariner See (Plin. epist. 6,24) durchgängig von unerschütterlicher fides und concordia geprägt, so tritt in Epistel 8,5 die reverentia hinzu – die gegenseitige Hochachtung beider Ehepartner (vgl. Plin. epist. 8,5,1: Quam illa reverentiam marito suo praestitit, cum ipsa summam mereretur!). Hier ein kurzes Resümee: Die in Kapitel 2 der vorliegenden Arbeit entfalteten sozial- und kulturgeschichtlichen Erkenntnisse, wonach die Frau in der Kaiserzeit vermehrt zur socia des Ehemannes geworden ist und die Ehe im Sinne einer „companionate marriage“ auf Gegenseitigkeit bzw. concordia beruht, werden im plinianischen Briefwerk vollauf bestätigt. Es ist sogar möglich, zu konstatieren, dass Plinius in den bislang untersuchten Briefen – zumindest im moralischen Bereich – keinen Unterschied zwischen den Geschlechtern macht (vgl. Plin. epist. 5,14,4: Una diligimus, una dileximus omnes fere, quos aetas nostra in utroque sexu

287

Vgl. dazu auch Cova (1978: 88), der konstatiert, dass die Frauen von Plinius im Zeichen gelebter humanitas zwar wertschätzend porträtiert werden, sich jedoch grundsätzlich den kaiserzeitlichen Konventionen unterwerfen. Dabei sei es gerade die oftmals von Plinius gewürdigte weibliche Tugendhaftigkeit, die dem traditionellen Rollenbild eine bemerkenswerte Nuance verleiht: „Questo particolare, che potrebbe sembrare storicamente arretrato, apporta invece una novità sostanziale, perché allarga il campo di esercizio delle virtù.“ Vgl. auch Lefèvre (2009: 293), der die von Cova ermittelte Tugendhaftigkeit römischer (Ehe-)Frauen um deren intellektuelle Fähigkeiten ergänzt.

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________________________________________________ aemulandos tulit.).288 Eine moralisch vorbildliche und von den alten römischen Tugenden durchzogene Geisteshaltung kann aus plinianischer Sicht auch von Frauen eingenommen werden und für Männer als nachahmenswertes exemplum dienen (vgl. bes. Plin. epist. 8,5,1: uxorem singularis exempli, etiam si olim fuisset.). In dieser dezidierten Haltung, wonach sogar (Ehe-)Frauen als nachahmenswerte exempla – auch für die männliche Mit- bzw. Nachwelt – gelten können, geht Plinius über seine literarischen Zeitgenossen bzw. Vorbilder – zuvorderst Tacitus und Quintilian – hinaus; vgl. dazu Langlands (2014: 217f.): For instance, introducing the well-known letter 3.16 about Arria the Elder, Pliny uses the phrase facta dictaque virorum feminarumque. […] Here he expands the usual formulation that we saw used at the start of the Agricola so that it includes women as well as clari viri.

In diesem Zusammenhang betont Klodt (2012: 52 mit dortiger Anm. 83), dass die hingebungsvolle Selbstlosigkeit der plinianischen Heroinen immer dann besonders aufleuchtet, wenn diese im Verborgenen blüht. Das gelte für Arria maior (Epistel 3,16,3–6) und nicht anders als für die namentlich ungenannte Frau des Domitius Tullus (Epistel 8,18,8–10) und die unbekannte Heldin in Epistel 6,24. Sie alle bewiesen ihren Gatten, als diese sterben mussten, höchste Loyalität, z. T. unter Opferung des eigenen Lebens. Hindermann (2013: 155) ist in ihrer Bewertung vorsichtiger, indem sie feststellt, dass die hohe moralische Integrität der uxores von Plinius überwiegend in denjenigen Ehebeziehungen geschildert wird, in denen der maritus bereits verstorben ist. Hierbei sei das weibliche exemplum für die dahingeschiedenen Ehemänner der feminae optimae Arria oder Fannia nichts Ehrrühriges. Dagegen könne bei einem noch lebenden maritus die Definition über die uxor kritisch intendiert sein. Dennoch ist in allen oben skizzierten Fällen die Bezogenheit der Ehefrauen auf ihre mariti – vordringlich in ihren als Heldentaten gezeichneten Handlungen – signifikant. Sie haben weder ihre Selbstverwirklichung 288

Plinius schließt hier in die erste Person Plural seinen langjährigen Freund Cornutus Tertullus ausdrücklich mit ein. Die beiden Männer verband ihre besondere Liebe zu (männlichen und weiblichen) exempla; vgl. dazu Gibson – Morello (2012: 154–157). Cornutus Tertullus ist Adressat der Episteln 7,21 und 7,31. Zu dessen Leben und Wirken vgl. McDermott – Orentzel (1979: 108–119).

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________________________________________________ noch ihre eigene gloria, sondern ausschließlich das (körperliche und seelische) Wohl ihrer Ehemänner im Blick. Untrennbar damit verbunden ist ihr selbstloser und aufopferungsvoller Einsatz für die Bewahrung der dignitas ihrer mariti und deren Bild in der Mit- und Nachwelt. Nicht zuletzt aufgrund ihres gelebten Pflichtgefühls bzw. ihrer unbedingten Treue erfüllen zuvorderst die Ältere Arria (Plin. epist. 3,16), Fannia (Plin. epist. 7, 19), die Heroine vom Lariner See (Plin. epist. 6,24) und die Gattin des Macrinus (Plin. epist. 8,5) die ihnen in der römischen Gesellschaft zugewiesene Funktion als uxor bzw. matrona in geradezu idealtypischer Weise. Es ist sinnvoll, im Gender-Diskurs die Gleichberechtigung in der moralischen Grundhaltung von der in den sozialen Rollen zu unterscheiden. So wertschätzend die von humanitas durchzogene und an die stoische Lehre des Musonius Rufus angelehnte Haltung des Plinius gegenüber moralisch vorbildlichen (Ehe-)Frauen auch ist und so schwächlich einige in den Epistulae auftretende mariti unter Verlust ihrer Emotionskontrolle auch wirken: Die traditionelle Rollenverteilung der beiden Geschlechter wird im plinianischen Briefcorpus nicht aufgebrochen. Untermauert wird diese Feststellung ausgerechnet von einer Epistel, die in einer für Plinius geradezu untypischen Weise das Verhalten einer Frau namens Gallitta geißelt (vgl. Plin. epist. 6,31,4–6). Nicht etwa den Ehebruch Gallittas rückt Plinius in den Fokus, sondern vielmehr den Verlust der Emotionskontrolle des maritus und nicht zuletzt dessen Unfähigkeit, das Verhalten seiner Ehefrau zu kontrollieren. Hier schimmert das werteorientierte, auch von Plinius vertretene Männlichkeitsideal durch, das die dignitas des Mannes (in erster Linie dessen äußeres Ansehen) über die Liebe zur Ehepartnerin stellt. Die eheliche Liebe darf in den Augen des Plinius nicht zu einer unmännlichen Haltung des maritus führen: Bei aller plinianischen Freude über eine auf fides und concordia beruhenden und häufig mit reverentia einhergehenden Ehe hat der maritus in den Augen des Autors dennoch die dominierende Position in der Ehe einzunehmen, zu bewahren und von einer inkonsequenten, verweichlichten Geisteshaltung Abstand zu nehmen. Diese offensichtliche Differenzierung des Plinius hinsichtlich des Verhältnisses beider Geschlechter zueinander konnte nur auf dem Wege des von Gnilka (1973) angebahnten und von Marchesi (2008) bzw. Gibson – Morello (2012) propagierten „Re-Reading“-Verfahrens ermittelt werden, indem die Epistelsammlung als Gesamtwerk in den Blick genommen und durch wiederholte Lektüre versucht wurde, auffällige Bezüge zwischen

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________________________________________________ den Briefen zu ermitteln. Dabei wurde neben der oben erläuterten Differenzierung im Geschlechterverhältnis auch die innere Verschränkung einiger der hier analysierten Briefe erkennbar. So sind beispielsweise die Episteln 3,16; 6,24; 7,19; 7,24; 8,5 in ihrer Schilderung weiblicher exempla und der Betonung der ehelichen concordia motivisch ebenso ineinander verschränkt wie die Briefe 4,21; 7,24; 8,5; 8,23, in denen Plinius um gute Freunde oder Schüler trauert. In diesem Zusammenhang ist auch die Emotionalisierung der Leserschaft zu bedenken. Denn in dieser Hinsicht sind eindeutige Vernetzungen innerhalb des plinianischen Briefwerkes zu beobachten. Während es den Heldentaten in den Episteln 3,16; 6,24; 7,19 implizit gelingt, aufgrund des aufopferungsvollen Einsatzes der Protagonistinnen, vor allem aber aufgrund der ihnen zugewiesenen Symbolkraft Emotionen freizusetzen, geschieht dies in den sogenannten Trauerbriefen 4,21; 8,5; 8,23 stärker explizit (was gewiss auch in der Briefgattung selbst begründet liegt), z. B. durch die Verwendung emotional aufgeladener Epitheta (vgl. z. B. Plin. epist. 8,23,8: orbam matrem, viduam uxorem, filiam pupillam) oder durch die aufgrund der Textsorte des Trauerbriefes vorgegebenen Worte der Anteilnahme – hauptsächlich im Falle des verstorbenen Protegés Iunius Avitus (vgl. Plin. epist. 8,23). Eine weitere Verschränkung lässt sich hinsichtlich der von Neger (2020) untersuchten epistularum personae sowie der jeweiligen Adressaten im plinianischen Briefwerk feststellen. Denn es fungieren hier einige mariti sowohl als Adressaten als auch als Protagonisten, z. B. im Falle des von Plinius geförderten Gaius Ummidius Quadratus, der in Epistel 7,24 im Rahmen einer wertschätzenden Porträtierung seines Mentors selbst im Fokus steht und später in Epistel 9,13 als Adressat fungiert. Thematisch sind beide Briefe insofern miteinander verknüpft, als in beiden Episteln eine moralisch einwandfreie, auf constantia gründende Geisteshaltung thematisiert wird, wobei in Epistel 9,13 der jüngere Helvidius Priscus in seiner moralischen Untadeligkeit geradezu als älteres Pendant des in Epistel 7,24 bereits in jungen Jahren mit einer beeindruckenden severitas ausgestatteten Gaius Ummidius Quadratus verstanden werden kann. Angesichts der Vielzahl an Männern und Frauen, die mit lobenden Epitheta versehen werden, ist die Glaubwürdigkeit der plinianischen Personendarstellung mitunter kritisch hinterfragt worden.289 Plinius selbst ist 289

Zu den Skeptikern hinsichtlich der Aufrichtigkeit der in den Porträts enthaltenen Personendarstellungen vgl. exemplarisch Bütler (1970: 96f., hier bes.

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________________________________________________ sich des grundsätzlichen Problems bewusst und rechtfertigt innerhalb der eigenen Intentionalität und Subjektivität seine nahezu durchgängig positiven Porträtdarstellungen (vgl. dazu Plin. epist. 7,28,2: Qui sunt tamen isti, qui amicos meos melius norint? Sed, ut norint, quid invident mihi felicissimo errore? Ut enim non sint tales quales a me praedicantur, ego tamen beatus quod mihi videntur.). Zugleich lässt diese Aussage Rückschlüsse sowohl auf die literarische Technik als auch auf die Intention der plinianischen Porträtbriefe zu: Es geht dem Autor gemäß der antiken Technik der rhetorischen laudatio primär um das Herausschälen der positiven Attribute seiner Mitmenschen, nicht um deren Diffamierung. Letzteres würde seiner Intention zuwiderlaufen, seinem Adressatenkreis die von ihm (mit Ausnahme seines Intimfeindes Regulus und des Marcus Antonius Pallas290) überwiegend freundlich gezeichneten Menschenbilder als exempla zu präsentieren. Überdies spielt auch hier die Selbstporträtierung des Plinius eine nicht unerhebliche Rolle, da diese – wie Hindermann (2013: 159) konstatiert – einen Kreis herausragender Personen verlangt, die Plinius umgeben und zu denen auch prominente, namentlich genannte Frauen – optimae feminae – gehören.

290

147), der sich im plinianischen Briefcorpus an der abundant anmutenden Zahl von mit lobenden Epitheta versehenen Männern und Frauen stößt. Diese Kritik gelte umso mehr, als demgegenüber oftmals die licentia temporum und die zahlreichen vitia der anonymen Massen gegeißelt würden. Vgl. auch Ludolph (1997: 76–82) und Hoffer (1999: 16f.). Zu weiteren kritischen Belegen aus der Sekundärliteratur vgl. Pausch (2004: 143f. mit dortiger Anm. 522). Zu der Person des Marcus Antonius Pallas, eines von Claudius’ Mutter Antonia minor Freigelassenen, und zu seiner wenig schmeichelhaften Bewertung seitens des Plinius vgl. Lefèvre (2009: 81–93).

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________________________________________________

3.8

Das plinianische Idealbild eines maritus vere Romanus anhand der Epistel 1,14

3.8.1

Epistel 1,14 – Einordnung in das plinianische Briefcorpus

Es darf als Glücksfall bezeichnet werden, dass im plinianischen Œuvre ein Brief enthalten ist, der in der Forschung unerklärlicherweise bislang wenig Berücksichtigung gefunden hat. Dabei handelt es sich um den im Jahre 97 n. Chr. abgefassten Empfehlungsbrief Plin. epist. 1,14,291 der an Iunius Mauricus292 gerichtet ist und in dem Plinius einen potentiellen Bräutigam beschreibt, den er auf Bitten des Adressaten für die Tochter von dessen Bruder Quintus Iunius Arulenus Rusticus293 ausgesucht hat. Vergleichbar ist dieses Unterfangen mit der Suche Ciceros nach einem geeigneten Schwiegersohn (vgl. Cic. Att. 7,3,12). Hoffer (1999: 179f.) 291 292

293

Zu dem in der Forschung unstrittigen Abfassungsdatum der Epistel 1,14 vgl. dazu Sherwin-White (1968: 117). Hoffer (1999: 180). Shelton (2013: 108). Iunius Mauricus, der Adressat von Plin. epist. 1,14, war ein bedeutender Jurist und Senator aus Oberitalien. Sein Bruder war Quintus Iunius Arulenus Rusticus. Iunius Mauricus wurde im Jahre 93 n. Chr. verbannt. Als Freund Nervas (vgl. Tac. hist. 4,40; Mart. 5,28,5) kehrte er unter dessen Regentschaft aus der Verbannung zurück. Vgl. auch Sherwin-White (1968: 98 zu Plin. epist. 1,5, 10) und Hoffer (1999: 179f. mit dortiger Anm. 1). Vgl. auch PIR2 I 771 und Birley (2000: 67). Zur Person des Iunius Mauricus aus Sicht des Plinius vgl. Plin. epist. 1,5,16; 2,18; 3,11,3; 4,22,3; 6,14. Zur Verbindung des Plinius mit den Domitian-Gegnern rund um Iunius Mauricus und Quintus Iunius Arulenus Rusticus vgl. Bütler (1970: 87 mit dortiger Anm. 11), der die beiden Männer zu erklärten Förderern des Plinius erhebt. Vgl. dazu auch Hoffer (1999: 179f.) und Gibson – Morello (2012: 24 mit dortiger Anm. 61). Vgl. unter Nennung weiterführender Literatur auch oben Anm. 188. Zur Person des Quintus Iunius Arulenus Rusticus vgl. PIR2 I 730. Vgl. auch Plin. epist. 1,5 und in der Forschung Hoffer (1999: 179 mit dortiger Anm. 1). Quintus Iunius Arulenus Rusticus fungierte als Prätor im Jahre 69 n. Chr., war stoischer Philosoph und stand in zielgerichteter Gegnerschaft zu Kaiser Domitian. Vgl. dazu Plin. epist. 1,5,2 und Tac. hist. 3,80,2. Als er die wegen ihrer republikanischen Gesinnung verurteilten Thrasea Paetus und Helvidius Priscus in einer Schrift verherrlichte, ließ ihn Kaiser Domitian im Jahre 93 n. Chr. hinrichten.

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________________________________________________ macht darauf aufmerksam, dass Plinius mit Einsetzen der flavischen Kaiserdynastie (beginnend mit Nerva im Jahre 97 n. Chr.) auf die „restoration to the Roman ruling-class“ hoffte. In diesen Kontext seien auch die hier vorliegende Epistel 1,14 und mit dieser der eng verwandte Brief 2,18 eingewoben; vgl. dazu auch Hoffer (1999: ibid.): Now that the New Age has begun, Pliny and Acilianus are arranging marriages for themselves and hoping for children, and Rusticus’ children are able to enter the adult upper class through marriage or education.294

Haltenhoff (2011b: 178 mit dortiger Anm. 40) weist in Anlehnung an Merwald (1964) und Sherwin-White (1968: 34f.) nach, dass das Lob in den plinianischen Empfehlungsschreiben das häufigste Briefthema ist, wobei dies im vierten und fünften Epistelbuch forciert erscheine, was wiederum auf deren gemeinsame Publikation schließen lasse.295 Gemäß Pausch (2004: 71–78) lässt sich etwas mehr als ein Fünftel der fünfzig von Plinius als Porträtbriefe verfassten Episteln als klassische Empfehlungsschreiben begreifen, die relativ gleichmäßig über die ersten neun Bücher der plinianischen Briefsammlung verteilt sind.296 Im Allgemeinen folgt der Aufbau der plinianischen Briefe dem traditionellen dreigliedrigen Schema Briefeingang – Briefcorpus – Briefschluss, das auf Demetrios von Phaleron zurückzuführen ist.297 Eingelei294

295 296

297

Vgl. auch Shelton (2013: 71). Zum Phänomen der arrangierten Ehen in der römischen Antike vgl. auch Kunst (2000: bes. 37–41) und Cantarella (2002); zur arrangierten Ehe zwischen Plinius und Calpurnia vgl. exemplarisch Guzmán Arias (2005: 190) und Alston – Spentzou (2011: 126). Zum charakteristischen Aufbau eines plinianischen Empfehlungsschreibens vgl. Germerodt (2015: 122f.). Dies seien im Einzelnen: Plin. epist. 1,14; 2,9; 2,13; 3,2; 4,4; 4,15; 5,19; 6,6; 6,8; 7,22; 7,31); im gesonderten zehnten Buch, der beruflich-politischen Korrespondenz mit Kaiser Trajan, nutze Plinius mehrfach die Gelegenheit, sich direkt beim Kaiser für seine Freunde zu verwenden, sodass es nicht verwundere, dass dort eine Reihe weiterer Empfehlungsschreiben zu finden sei (dies seien im Einzelnen: Plin. epist. 10,5; 10,11; 10,12; 10,26; 10,85; 10,86; 10,87; 10,104; 10,106; 10,107). Zur durchaus üblichen (politischen) Patronage, der sogenannten recommendatio bzw. commendatio, vgl. Sherwin-White (1968: 119) und Cotton (1981: 3f.); vgl. zuletzt auch Germerodt (2015: bes. 119–156) und Page (2015: 172–246). Zur Literaturpatronage im Spiegel der Pliniusbriefe vgl. Rühl (2006: 51–58). Zu den rhetorischen Vorschriften für die stilistische Gestaltung eines Briefes

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________________________________________________ tet werden die Briefe des Plinius durch ein Präskript298 sowie ein Proömium, das zumeist von einem konkreten Erlebnis oder Ereignis ausgeht und in den Hauptteil mit der gegebenenfalls untergliederten Darlegung der Gedanken mündet, bevor gegen Ende der Epistel häufig eine allgemeingültige Sentenz folgt.299 Plinius, der sich in der Tradition des Tacitus dem Stil der brevitas verschrieben hat, konzentriert sich innerhalb einer Epistel zumeist auf ein

298

299

vgl. Sykutris (1931: 194f.). Peter (1965: bes. 19–28). Schmidt (1979). Görgemanns – Zelzer (1997: 1161f.). Klauck (1998: 36f. 54). Bauer (2011: 33–51); nach den Vorgaben jenes Demetrios von Phaleron hatten bei der Abfassung von privaten Briefen neben Kürze und Klarheit folgende Kriterien zu gelten: die Voranstellung eines Briefpräskriptes (praescriptio), die Anwendung der Umgangssprache von Gelehrten unter Vermeidung entlegener Begriffe und eines periodischen Satzbaus, der maßvolle Gebrauch von Redeschmuck, Legenden, Sprichwörtern, Zitaten und Witzen, der Verzicht auf wissenschaftliche Fragestellungen und Belehrungen des Adressaten und die Heranziehung von Klauselrhythmen. Zur Sprache des Plinius vgl. auch Lagergren (1872). Das Präskript besteht für gewöhnlich aus drei Elementen: der superscriptio (Absenderangabe), der adscriptio (Angabe des Adressaten) und der salutatio, dem Gruß, der im griechischen Brief durch den Infinitiv χαίρειν, im römischen durch einen elliptischen Satz (salutem = salutem dicit) ausgedrückt wird. Vgl. dazu Koskenniemi (1956: 155–158). Vgl. auch Divjak (1996–2001: 901f. mit dortiger Anm. 26) und Klauck (1998: 36f. 54). Auch das hinzugefügte Possessivpronomen suae ist in der antiken Epistolographie nicht ungewöhnlich. Vgl. dazu Lanham (1975: 21). Hier folgt Plinius dem jüngeren Seneca, der in seinen Briefen generell die Begrüßungsformel Seneca Lucilio suo salutem verwendet. Allerdings variiert Plinius diese Formel insofern, als er den Begriff salutem durchgehend mit s. abkürzt; hiervon ausgenommen ist das zehnte Buch an Kaiser Trajan, wo Plinius auf eine salutatio gänzlich verzichtet. Der ehrende Charakter der Erwähnung des Adressaten wird in der plinianischen Briefsammlung noch dadurch verstärkt, dass die sonst obligatorische Angabe des Datums und des Ortes bei der Publikation eliminiert ist und daher die Funktion der Namensnennung im Sinne einer Widmung deutlicher hervortreten kann. Vgl. auch Guillemin (1929: 58) und Beutel (2000: 154). Allgemein zum klassischen Briefformular vgl. Lanham (1975: 13–22). Dziatzko (1987: 838f.). Klauck (1998: 54). Bauer (2011: 44–47); zur praefatio als Element paratextueller Rahmung vgl. – einschließlich eines Forschungsabrisses – Johannsen (2006: 35–48). Zur literaturtheoretischen Bedeutung des Präskriptes in den Briefen des Plinius und zur Rolle, die es in dessen Vorworten spielt, vgl. Pagán (2012). Zur grundsätzlichen gedanklichen Gliederung der plinianischen Briefe vgl. Philips (1986: 15) und Bury (1999: 109).

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________________________________________________ Hauptthema.300 Dieses wird mitunter von einem weiteren Aspekt – nicht selten von dem plinianischen Streben nach gloria – flankiert. Das jeweilige Hauptthema wird dann in prägnanter Form abgehandelt, wobei nicht so sehr auf Vollständigkeit als vielmehr auf stilistische Ausformung Wert gelegt wird. Jeder Brief ist von dem Autor mit großer Sorgfalt zu einem rhetorischen Kunstwerk gestaltet worden, woran der Einfluss seines Lehrers Quintilian abzulesen ist.301 Die Epistel 1,14 folgt in ihrem gedanklichen Aufbau dem oben skizzierten dreigliedrigen Schema Briefeingang – Briefcorpus – Briefschluss, wobei im vorliegenden Fall das Briefcorpus einen bemerkenswert breiten Raum einnimmt (Plin. epist. 1,14,3–9). Dies ist damit zu begründen, dass Plinius hier in differenzierter Weise die Kriterien erläutert, an denen sich ein maritus vere Romanus messen lassen muss. Die Rahmenteile des Briefes (Plin. epist. 1,14,1f.: Briefeingang; Plin. epist. 1,14,10: Briefschluss) sind der Konversation mit dem Adressaten Iunius Mauricus gewidmet, wobei Plinius danach strebt, seine enge Vernetzung mit der aristokratischen Oberschicht und seine exponierte Position in eben dieser unter Beweis zu stellen. Der im Anschluss abgedruckte lateinische Text folgt der Ausgabe von Mynors (1963). Der textkritische Apparat ist nicht beigefügt worden. Sollten textkritische Probleme auftreten, werden sie im Rahmen der Interpretation behandelt: C. PLINIUS IUNIO MAURICO SUO S. (1a) Petis ut fratris tui filiae prospiciam maritum; quod merito mihi potissimum iniungis. (1b) Scis enim quanto opere summum illum virum suspexerim dilexerimque, quibus ille adulescentiam meam exhortationibus foverit, quibus etiam laudibus ut laudandus viderer effecerit. (2) Nihil est quod a te mandari mihi aut maius aut gratius, nihil quod honestius a me 300

301

Zur Konzentration auf ein zentrales Thema als Charakteristikum der plinianischen Briefe vgl. Gamberini (1983: 151). Philips (1986: 15). Philips (2001: 5f.). Von Albrecht II (2012: 972); zum Stilprinzip der brevitas im plinianischen Briefcorpus vgl. in der jüngeren Forschung Baeza-Angulo (2017: 296) und Fögen (2020). Zu den rhetorischen Vorbildern des Plinius vgl. das Prolegomenon (Kap. 1) der vorliegenden Studie mit den dortigen Anm. 14 und Anm. 16 unter Nennung weiterführender Literatur; zur Bedeutung Quintilians für Plinius vgl. Whitton (2013a: 28–32. 32–34). Whitton (2013b). Baeza-Angulo (2017: 296).

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________________________________________________ suscipi possit, quam ut eligam iuvenem, ex quo nasci nepotes Aruleno Rustico deceat. (3) Qui quidem diu quaerendus fuisset, nisi paratus et quasi provisus esset Minicius Acilianus302, qui me ut iuvenis iuvenem — est enim minor pauculis annis — familiarissime diligit, reveretur ut senem. (4a) Nam ita formari a me et institui cupit, ut ego a vobis solebam. (4b) Patria est ei Brixia, ex illa nostra Italia quae multum adhuc verecundiae frugalitatis, atque etiam rusticitatis antiquae, retinet ac servat. (5a) Pater Minicius Macrinus, equestris ordinis princeps, quia nihil altius voluit; (5b) adlectus enim a Divo Vespasiano inter praetorios honestam quietem huic nostrae — ambitioni dicam an dignitati? — constantissime praetulit. (6a) Habet aviam maternam Serranam Proculam303 e municipio Patavio. (6b) Nosti loci mores: Serrana tamen Patavinis quoque severitatis exemplum est. (6c) Contigit et avunculus ei P. Acilius gravitate prudentia fide prope singulari. (6d) In summa nihil erit in domo tota, quod non tibi tamquam in tua placeat. (7a) Aciliano vero ipsi plurimum vigoris industriae, quamquam in maxima verecundia. (7b) Quaesturam tribunatum praeturam honestissime percucurrit, ac iam pro se tibi necessitatem ambiendi remisit. (8a) Est illi facies liberalis, multo sanguine multo rubore suffusa, est ingenua totius corporis pulchritudo et quidam senatorius decor. (8b) Quae ego nequaquam arbitror neglegenda; debet enim hoc castitati puellarum quasi praemium dari. (9a) Nescio an adiciam esse patri eius amplas facultates. (9b) Nam cum imaginor vos quibus quaerimus generum, silendum de facultatibus puto; cum publicos mores atque etiam leges civitatis intueor, quae vel in primis census hominum spectandos arbitrantur, ne id quidem praetereundum videtur. (9c) Et sane de posteris et his pluribus cogitanti, hic quoque in condicionibus deligendis ponendus est calculus. (10a) Tu fortasse me putes indulsisse amori meo, supraque ista quam res patitur sustulisse. (10b) At ego fide mea spondeo futurum ut omnia longe ampliora quam a me praedicantur invenias. (10c) Diligo quidem adu302

303

Zur Person des Minicus Acilianus, eines Freundes des Plinius, vgl. PIR 2 M 606; vgl. auch Plin. epist. 2,16,1. Vgl. auch Sherwin-White (1968: 185). Zur politischen Karriere des Minicius Acilianus unter bes. Berücksichtigung der Prätur vgl. Shelton (2013: 85 mit dortiger Anm. 193). Wahrscheinlich ist Minicius Acilianus nur wenige Jahre nach Abfassung der Epistel 1,14 im Jahre 100 oder 101 n. Chr. verstorben. Aufgrund des fortgeschrittenen Alters des Minicius Acilianus vermutet Shelton, dass dieser zuvor bereits einmal verheiratet gewesen sei. Vgl. dazu Shelton (2013: 84–86). Zur Person der Serrana Procula, der Großmutter des Minicius Acilianus mütterlicherseits, vgl. PIR2 S 547 und Shelton (2013: 379 mit dortiger Anm. 32).

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________________________________________________ lescentem ardentissime sicut meretur; (10d) sed hoc ipsum amantis est, non onerare eum laudibus. Vale.

3.8.2

Minicius Acilianus als exemplum eines römischen maritus – Plinius als Förderer und Mentor junger Aristokraten

Ähnlich wie dies Whitton (2013a) in seinem philologischen Kommentar in Bezug auf zahlreiche Adressaten im zweiten Epistelbuch konstatiert, 304 kann Plinius im Brief 1,14 als Mentor für den aufstrebenden Minicius Acilianus ausgewiesen werden. Dabei haben sich die sozialen Rollen der Protagonisten in dieser Epistel umgekehrt: War Plinius anfangs noch der Lernende und Quintus Iunius Arulenus Rusticus (für dessen Tochter in Epistel 1,14 ein Bräutigam gesucht wird) der Lehrmeister, 305 so fungiert Plinius jetzt in der Rolle des reifen Förderers, der seine Erfahrungen und politischen Kontakte einerseits zum Nutzen für den Bräutigam, andererseits für die stoisch geprägte Familie seines früheren Förderers einbringt.306 Zugleich leistet Plinius einen Beitrag zum zeitgenössischen Diskurs über den aristokratischen Habitus und die senatorische Standesidentität. Es geht ihm – hier wird Page (2015: 145) gefolgt – neben normativen Handlungsanweisungen im Besonderen um die Etablierung einer in Plinius̕ Augen idealen Geisteshaltung. Deshalb fördert er andere Mitglieder der aristokratischen Oberschicht wegen ihrer Charakter- und Wesenszüge, die er mit seinen eigenen vergleicht und die Protegés auf diese Weise der Geistesaristokratie zurechnet.307 304

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307

Zur Mentorenrolle des Plinius im zweiten Epistelbuch vgl. Whitton (2013a: 9) unter Verweis auf Plin. epist. 2,4; id. 2,18 (Plinius jeweils als Vaterfigur) und auf Plin. epist. 2,5; 2,9; 2,13 (Plinius jeweils als Patron). Zu der hier durchschimmernden Reziprozität zwischen dem Stoiker Quintus Iunius Arulenus Rusticus und Plinius sowie zu dessen damit einhergehendem indirekten Selbstlob vgl. auch Hoffer (1999: 183f.); Page (2015: 147 mit dortiger Anm. 17) nennt neben Plin. epist. 8,23 als weiteren Beleg für die Rolle des Plinius als eines Lehrmeisters für junge Talente noch Plin. epist. 8,13, wo Plinius vordergründig den Vater des Adressaten als Vorbild des Sohnes präsentiert, dieser aber am Beispiel der Schriften des Plinius geschult wird. Zu dem (nicht nur auf Oberitalien beschränkten, sondern sich bis nach Rom erstreckenden) Netzwerk kultureller, sozialer und persönlicher Beziehungen des Plinius vgl. die oben unter Anm. 281 aufgeführte Literatur. Vgl. dazu auch exemplarisch die bewusst über das gesamte Briefcorpus ge-

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________________________________________________ Der avisierte Bräutigam, Minicius Acilianus, kommt aus einer aristokratischen Familie, ist (ebenso wie Plinius selbst) als homo novus in den Senat aufgestiegen, hat den cursus honorum durchlaufen und steht kurz davor, „in den einflussreichsten Kreis der Reichselite aufzusteigen“ (Page 2015: 147). Insofern gereichte diesem jungen aufstrebenden Talent eine Heirat mit der Tochter des von Plinius verehrten, wohlhabenden und mit einem hervorragenden Leumund ausgestatteten Quintus Iunius Arulenus Rusticus, der sein Leben für seine stoischen Ideale und in erklärter Gegnerschaft gegen das Regime unter Kaiser Domitian ließ, gewiss zum Vorteil: „This will be a marriage of blood with money: the bride provides power and prestige, the groom wealth.“ (Hoffer 1999: 181) In jedem Fall beachtenswert ist hier die offenkundige Umkehrung der konventionellen Geschlechterverhältnisse: Nicht eine passende Gattin wird gesucht, sondern ein geeigneter maritus, um den Fortbestand der berühmten stoischen Familie rund um Quintus Iunius Arulenus Rusticus in der nächsten Generation zu sichern (vgl. Plin. epist. 1,14,2: Nihil quod honestius a me suscipi possit, quam ut eligam iuvenem, ex quo nasci nepotes Aruleno Rustico deceat.).308 Augenfällig ist, dass die namentlich nicht genannte Gattin (hier die Tochter des Quintus Iunius Arulenus Rusticus) in Epistel 1,14 völlig in den Hintergrund tritt; es geht nicht um ihre virtutes – sie strahlt aufgrund ihres berühmten Vaters –, sondern um den (politisch nicht unerheblichen) Fortbestand ihrer Familie. Zugleich war die Zusammenführung dieser zwei jungen Menschen für Plinius eine willkommene Gelegenheit, sein aus Freunden und Verwandten bestehendes soziales Netzwerk auszuweiten und im gleichen Maße zu festigen.309 Sowohl in der erklärten Bewunderung seiner Förderer Quintus Iunius Arulenus Rusticus und Iunius Mauricus (vgl. Plin. epist. 1,14,

308

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streuten Episteln 2,9; 2,13; 3,2; 4,15; 6,6; 6,23; 7,22; 8,23. Die Bemerkung, wonach eine Familie oder das Mitglied dieser Familie einer Sache (hier: Nachkommen zu erhalten) würdig sei, ist ein Topos der plinianischen Empfehlungsschreiben; vgl. dazu Guillemin (1929: 10) und Hoffer (1999: 186 mit dortiger Anm. 23). Zur Intention dieser in Epistel 1,14 durchscheinenden politischen Patronage vgl. Hoffer (1999: 181f.), der die von Plinius beabsichtigte Festigung des aristokratischen Netzwerkes kritisch betrachtet und dem Autor beinahe kriminelle Energie unterstellt: „He camouflages systems of patronage under the guise of friendly ties of affection, encouragement, and advice, and correspondingly he camouflages the power and wealth that creates a member of the upper class under the guise of personal, moral qualities.“

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________________________________________________ 1b)310 als auch besonders in der durch den anaphorischen Parallelismus geradezu exaltiert wirkenden Freude, als Heiratsvermittler fungieren zu können (vgl. Plin. epist. 1,14,2), liegt das emotionale Potential des Briefanfangs: Plinius ist begeistert von der Förderung und Sicherung von Familien, deren Mitglieder nicht nur über eine hohe (stoisch geprägte) moralische Integrität verfügen, sondern auch die Werte des aevum prius bewahren und in kommende Generationen weitertragen. In diesem Kontext bemerkt Kunst (2000: 38), dass sich dieser Text „[…] wie eine Empfehlung für ein Staatsamt“ lese. Zwar kann Kunst zugestimmt werden, dennoch greift sie mit ihrer Einschätzung zu kurz, denn hier „kandidiert“ nicht nur Minicius Acilianus, sondern auch kein Geringerer als Plinius selbst.311 Dies zeigt das im Brief inkludierte Alter-EgoIdeal, das auf das für Plinius charakteristische Prinzip der Gegenseitigkeit verweist, und zwar sogar über die Altersgrenzen hinweg; vgl. Plin. epist. 1,14,3: Minicius Acilianus, qui me ut iuvenis iuvenem – est enim minor pauculis annis – familiarissime diligit, reveretur ut senem.

Minicius Acilianus und Plinius sollen – hier besteht in der Forschung Einigkeit312 – zur Zeit der Briefabfassung zwischen dreißig und vierzig Jahre alt gewesen sein; vgl. dazu Hoffer (1999: 184): Acilianus loves Pliny as youth to youth, but reveres him as youth to elder. The paradox attributes the perfect union of ages to Acilianus as well as to 310

311

312

Zu dem lange währenden und auf gegenseitigem Respekt fußenden Verhältnis zwischen den Iunius-Brüdern und Plinius vgl. Shelton (2013: 69–71). Vgl. auch Bütler (1970: 87 mit dortiger Anm. 11). Marchesi (2008: 24). Carlon (2009: 49); in diesem Zusammenhang sei erwähnt, dass Plinius nicht nur mit der Suche nach einem Ehemann für die Tochter des Quintus Iunius Arulenus Rusticus, sondern auch mit der Suche nach einem geeigneten Lehrer für dessen Söhne betraut war; vgl. dazu den durch diese inhaltliche Parallele eng verwandten Pliniusbrief 2,18. Zur Technik der Selbstporträtierung in den Pliniusbriefen vgl. auch Whitton (2013a: 9 mit dortiger Anm. 52): „Celebrating the exempla of others, however, is only part of the story: Pliny also provides one himself. […] He presents at every turn a model life in the fragmentary self-portrait that is the Epistles.“ Zu weiterführender Literatur bzgl. der Selbstporträtierung des Plinius vgl. das Prolegomenon der vorliegenden Studie. Vgl. dazu Shelton (2013: 384 mit dortiger Anm. 90).

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________________________________________________ Pliny: just as Pliny is both youthful friend and senatorial elder, so too Acilianus is both distinguished senator (as Pliny’s ‘equal’ friend) and modest young protégé (as Pliny’s junior).313

Die Begeisterung des Plinius für den avisierten Bräutigam Minicius Acilianus erscheint in Epistel 1,14 zweimal und wird in beiden Fällen durch ein Superlativadverb verstärkt (Plin. epist. 1,14,3: familiarissime; Plin. epist. 1,14,10c: ardentissime). Dadurch wird zugleich ein Rahmen um die in Plin. epist. 1,14,4–9 erfolgende Würdigung des Sozialprofils des Kandidaten gebildet.314 Allerdings verfüge nach Méthy (2007: 256) 313

314

Zur Trope der „union of ages“, die ihre exponiertesten exempla zum einen in der sehr jungen Tochter des Fundanus (vgl. Plin. epist. 5,16,2), zum anderen in dem Plinius-Schüler Gn. Pedanius Fuscus Salinator (vgl. Plin. epist. 6,26,1) findet, vgl. mit weiteren Belegen Hoffer (1999: 184 mit dortiger Anm. 18). Die Bezeichnung iuvenis bzw. adulescens, die Plinius zur Kennzeichnung des Minicius Acilianus in Epistel 1,14 nutzt, findet sich in seinem Briefwerk noch in Plin. epist. 3,3,4; 4,15,6.9.10.13. Zur Überwindung der natürlichen Altersstufen in der Antike und beim jüngeren Plinius vgl. Bütler (1970: 85–93, hier bes. 86–88). Vgl. auch Gnilka (1972). In diesem Zusammenhang verweist Bütler (1970: 86–88) auf den rund vierzig Jahre älteren Quintus Corellius Rufus, dem Plinius mit Liebe und Bewunderung begegnet sei (vgl. Plin. epist. 4,17,4); dieser Quintus Corellius Rufus habe Plinius’ Bewerbungen unterstützt, ihn in die Ämter eingeführt, sei sein Ratgeber und der „Zeuge und Lehrmeister seines Lebens“ geblieben. Ähnliches gelte für Lucius Verginius Rufus (vgl. Plin. epist. 2,1,8). Vgl. resümierend Bütler (1970: 87): „Die Liebe, die er [scil.: Plinius] den Freunden entgegenbringt, ist von der Anerkennung ihrer Qualitäten und damit auch ihrer auctoritas nicht zu trennen.“ Als weiteres konkretes Beispiel nennt Bütler das Verhältnis des Plinius zu Cornutus Tertullus, seinem Kollegen im Konsulatsamt des Jahres 100 n. Chr.; in diesem Amt sei Plinius ihm wie einem Lehrer gefolgt und habe ihn wie einen Vater verehrt, nicht aufgrund seines reiferen Alters (Cornutus Tertellus soll etwa fünfzehn Jahre älter gewesen sein), sondern aufgrund seiner Lebensführung (vgl. Plin. epist. 5,14,5). Zum reziproken Verhältnis zwischen Plinius und Tacitus vgl. Vielberg (1988). Griffin (1999). Lefèvre (2009). Whitton (2012). Eisner (2014). Geisthardt (2015); Gauly (2008: 195f.) unterstellt Plinius unter Bezugnahme auf Plin. epist. 7,20; 7,33; 9,23, durch diese Korrespondenz seinen eigenen literarischen Ruhm befördern zu wollen. Vgl. dazu auch Köstner (2017). Das Verb diligere wird im plinianischen Briefcorpus zumeist von einem Superlativadverb begleitet: Die in Epistel 1,14,3 verwendete Junktur familiarissime diligo findet sich noch Plin. epist. 7,8,2; 7,16,1; 7,24,2. Ebenfalls gerne wird das Superlativadverb ardentissime zur inhaltlichen Verstärkung herange-

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Kap. 3 Das plinianische Idealbild eines maritus vere Romanus

________________________________________________ das Verb diligere im plinianischen Briefcorpus über einen geringeren Emotionsgehalt als amare. Diese These Méthys wird gestützt durch die Belegstelle Plin. epist. 6,26,2f.; hier betont Plinius seine Zuneigung gegenüber seinem von ihm besonders geschätzten Schüler Gn. Pedanius Fuscus Salinator und verwendet durchgängig – anders als in der vorliegenden Epistel – das Verb amo. Plinius weiß also um seine soziale Rolle als normative Instanz für den aufstrebenden Minicius Acilianus und genießt diese Rolle (vgl. bes. Plin. epist. 1,14,4a: Nam ita formari a me et institui cupit.). Wie lernwillig und im besten Sinne formbar sich der avisierte Bräutigam Minicius Acilianus zeigt, unterstreicht das im plinianischen Briefcorpus nur an dieser Stelle so komponierte Hendiadyoin formari et institui, wobei das vorangestellte formari durch seine metaphorische Bedeutung erhöhte Aufmerksamkeit verdient. Markant ist die intertextuelle Referenz im Ehebrief über Calpurnia (Plin. epist. 4,19,7), wo Plinius sich selbst als formbar bezeichnet und sich damit einmal mehr auf eine Stufe mit Minicius Acilianus stellt. 315 Trotz der hier durchschimmernden, das gesamte plinianische Briefcorpus prägenden Selbstporträtierung und des inkludierten indirekten Selbstlobes ist dem Autor die ehrliche Begeisterung für das Auffinden eines geeigneten Bräutigams nicht abzusprechen. Dabei steht außer Frage, dass Plinius – in besonderer Weise durch die Verwendung der beiden Superlativadverbien familiarissime und ardentissime – gewährleisten will, dass seine hier zutage tretende Freude im Sinne der Emotionssteuerung auf seine Leserschaft überspringen soll – sowohl auf den primären Adressaten (den nach einem Bräutigam Ausschau haltenden Iunius Mauricus) als auch zum Zwecke der Exemplarität auf den sekundären Adressaten (die aristokratische Oberschicht im Allgemeinen bzw. die Nachwelt).

315

zogen (vgl. z. B. Plin. epist. 6,4,3b; id. 7,20,7). Zur Begriffsbestimmung von diligere und amare bei Plinius vgl. Baeza-Angulo (2015a: 77 mit den dortigen Anm. 54 und 55). Vgl. auch Guillemin (1929: 2–12). Maniet (1966: 149–165). Bütler (1970: 94–106). Trisoglio (1972: 139–164). Méthy (2007: 255–262). Vgl. ähnlich Plin. epist. 3,10,6; Plin. paneg. 88,3; id. 94,5. Zu weiteren Belegstellen in der römischen Literatur vgl. ThLL 6.1 (1912–1926: 1104,5–1105,31 s. v. formare). Zu der von Plinius in seiner Briefsammlung gelobten Lernwilligkeit jüngerer Mitmenschen vgl. Plin. epist. 1,22,1 (bezogen auf Titius Aristo); 4,19,6 (bezogen auf seine eigene Ehefrau Calpurnia); 6,32,1 (bezogen auf die Tochter des Quintilianus); 8,23,3f. (bezogen auf Iunius Avitus). Zur Klugheit und Lernbereitschaft des Iunius Avitus vgl. unter Nennung weiterführender Literatur oben das Kapitel 3.2.1.

Kap. 3 Das plinianische Idealbild eines maritus vere Romanus

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________________________________________________ 3.8.3

Die zentrale Bedeutung des Sozialprofils eines maritus vere Romanus

Im Anschluss an den sich über zwei Paragraphen erstreckenden emotional-expressiven Briefeinstieg (Plin. epist. 1,14,1f.), der die soziale Vernetzung des Plinius mit der politisch nicht unbedeutenden Familie der Iunius-Brüder ausführlich beleuchtet hat, werden der avisierte Kandidat und dessen Sozialprofil in den Fokus gerückt. Dies geschieht in Form eines Anforderungsprofils, das gegenüber dem Briefeinstieg in einen eher referentiellen Grundton gekleidet ist und in der vorliegenden Breite – bezogen auf das Idealbild eines maritus vere Romanus – im plinianischen Briefcorpus seinesgleichen sucht (vgl. Plin. epist. 1,14,3–9). Bei näherer Betrachtung eben dieser virtutes,316 die einen maritus vere Romanus plinianischer Prägung ausmachen, fällt ihre werteorientierte Ausrichtung auf. Alle in Plin. epist. 1,14,3–9 genannten Werte sind der altrömischen Trias virtus – pietas – fides zuzuordnen.317 Im plinianischen Denken sind diese drei prominenten altrömischen Werte nicht abstrakt zu verstehen, sondern äußern sich – wie im weiteren Verlauf dieser Abhandlung zu belegen sein wird – im konkreten sozialen Handeln.318 Hinsichtlich der in der angezeigten Textpassage verhandelten Werte kann folgende Kategorisierung vorgenommen werden: Die fides, die nach den Erkenntnissen von Meister (1967: bes. 4) und Becker (1969: 801) als wechselseitige Redlichkeit im Sinne eines Relationsbegriffes bezeichnet werden kann, ist bis zur römischen Kaiserzeit und darüber hinaus ein zentraler Wertbegriff, durch den fast alle Arten von Bindungen (u. a. Abhängigkeits- und Loyalitätsbeziehungen) charakterisiert worden sind. Ebenso wie pietas ist fides ein Relationsbegriff, der eine Partnerschaft konstituiert. Wie gratia sowohl der Dank ist, den der Beschenkte dem Schenken316

317

318

Mit Haltenhoff (2000: 23 mit dortiger Anm. 25) dient der Plural virtutes hier nur als kategorialer Hilfsbegriff und sagt nichts Grundsätzliches über das römische virtus-Verständnis aus. Im ursprünglichen Sprachgebrauch habe der Plural konkretisierende Funktion und bezeichne Handlungen, die als Aktualisierungen der virtus im Singular gelten konnten. Zur altrömischen Vorstellung, über welche Werte ein vir vere Romanus verfügen müsse, vgl. in der älteren Forschung Meister (1967: bes. 4–7), vgl. zuletzt auch – mit weiteren (mitunter wertspezifischen) Literaturangaben – Haltenhoff (2000 und 2005 und 2011). Vgl. dazu auch Haltenhoff (2005: 86).

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________________________________________________ den schulde, als auch der Anspruch auf Dank, den der Schenkende habe, so meint fides das Vertrauen und den Anspruch auf eben solches.319 Diese Bedeutungsebene wird von Scholz (2011: 328), der den Begriff fides im plinianischen Briefcorpus untersucht hat, um den Aspekt der Verlässlichkeit ergänzt. Dabei werde fides in den Porträtbriefen des Plinius vornehmlich dessen männlichen Freunden zugeschrieben (vgl. exemplarisch Plin. epist. 1,22,3; id. 8,23,5).320 Epistel 1,14 bestätigt diese These: Fides umfasst hier zum einen das in Plin. epist. 1,14,1–3 entfaltete reziproke Verhältnis zwischen Plinius und dem Bräutigam Minicius Acilianus, zum anderen das damit einhergehende, auf fides fußende Verhältnis zwischen Plinius und den beiden Iunius-Brüdern als eine patronus–cliens–Beziehung. Hier fällt der Begriff fides sogar explizit (vgl. Plin. epist. 1,14,6c), und zwar bezogen auf den Onkel des Bräutigams. Eng verwandt mit dem fides-Begriff ist die pietas, die ebenfalls – wie Pöschl (1980: 13) betont – eine Partnerschaft konstituiert, wobei in der pietas nach Schröder (2012) innerhalb der hierarchisch strukturierten römischen Familie eine ethische Verpflichtung gegenüber älteren Verwandten, insbesondere von Kindern gegenüber ihren Eltern – mitunter auch gegenüber der patria – impliziert ist. Wie tief die pietas im plinianischen Denken verwurzelt ist, zeigt sich in der vorliegenden Epistel 1,14 daran, dass sowohl der Wert des familiären Zusammenhaltes als auch die Liebe zur Heimat (in diesem Fall zu Oberitalien) betont wird (vgl. bes. Plin. epist. 1,14,4b): „The emotionally resonant pietas, loving duty to family or homeland, caps them both.“ (Whitton 2013a: 113) Es kommt nicht von ungefähr, dass unter den Kriterien, die hier bei der Auswahl des maritus angelegt werden, zunächst die Besonderheiten dessen oberitalischer Hei319

320

Zur zentralen Bedeutung der fides im Leben und Denken der Römer vgl. Becker (1969: bes. 801–804). Vgl. zuvor bereits Fraenkel (1916) und Heinze (1960). Vgl. auch Freyburger (1986) und Brandt (1999: 229–236). Von den insgesamt siebenundfünfzig Nennungen im Briefcorpus des Plinius erscheint fides hauptsächlich im Zusammenhang mit dem Gerichtswesen (vgl. Plin. epist. 2,9,4; 3,9,23; 5,13,2; 7,33,7), pro concreto sogar als hervorstechendes Charakteristikum eines Anwaltes, der sich seinen Klienten gegenüber verpflichtet fühlt (vgl. u. a. Plin. epist. 1,18,4; 2,5,3; 3,4,4; 6,18,3). Vgl. dazu auch Bütler (1970: 58). Vgl. auch Philips (1986: 57). Zur rechtlichen Komponente im fides-Begriff vgl. auch Meister (1967: 4) und Whitton (2013a: 113). Zur politischen Dimension der fides vgl. bes. Hellegouarc’h (1972: 23–35). Vgl. dazu auch Pöschl (1980: 13). Eine Studie über die Bedeutungsebenen von fides im plinianischen Briefcorpus bietet Barbuti (1994).

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________________________________________________ matstadt Brixia gewürdigt werden, bevor die einzelnen virtutes seiner Familienangehörigen in den Fokus rücken (ab Plin. epist. 1,14,5). Die Heimat des Bräutigams sei von ehrerbietender Zurückhaltung bzw. Bescheidenheit (verecundia), Sparsamkeit (frugalitas) und ländlicher Einfachheit (rusticitas) durchwirkt: A. verecundia Gemäß der grundlegenden Begriffsstudie von Stahl (1968: 16) erweist sich verecundia im zwischenmenschlichen Verkehr als ehrerbietiges, bescheidenes und zurückhaltendes Benehmen. Voraussetzung dafür sei die Achtung vor dem einzelnen Menschen und das Einfühlen in den Mitmenschen; ferner bedeute es, vom Gegenüber statt vom Ich her zu denken. Dass in Epistel 1,14 verecundia (häufig flankiert von reverentia) als eine der Kardinaltugenden aufgeführt wird (zu beachten ist hier das in einen Superlativ gekleidete attributive Adjektiv maxima), überrascht nicht, da Plinius Bescheidenheit bei jungen Männern für eine Schlüsselqualifikation erachtet.321 B. frugalitas Als Qualitätsmerkmal ist frugalitas ein fester Bestandteil der aristokratischen Werte- und Normenwelt;322 vgl. dazu Carlon (2016: 19): „frugalitas is an imperial virtue, one that Pliny assigns to Trajan in his Panegyricus (3.41.49.51.88) and that appears repeatedly throughout the letters to define proper behavior and Pliny’s character.“323 321

322 323

Vgl. dazu exemplarisch Plin. epist. 3,16,3; 4,15,6; 5,17,3; 6,26,2. Vgl. dazu Poteat (1968: 16). Vaubel (1969: 214–221). Bütler (1970: 88 mit dortiger Anm. 17); vgl. zuletzt auch Centlivres Challet (2013: 78 mit dortiger Anm. 190). Zur Bedeutung der verecundia im altrömischen Wertekanon vgl. Lossmann (1967). Stahl (1968: bes. 3–50). Vaubel (1969). Damon (2010); vgl. auch OLD II (2012: 2243). Vgl. dazu auch Page (2015: 311 mit dortiger Anm. 83) mit den weiteren Belegstellen Plin. epist. 1,22,4; 2,4,3; 2,6,6; 3,12; 4,19,2; 6,8,5; 10,31,3. Vgl. dazu auch Carlon (2009: 159f.) und Whitton (2013a: 109): „frugalitas features recurrently in Pliny’s lexicon of praise.“ Zur terminologischen Gleichsetzung von frugalitas mit parsimonia vgl. Brandt (1999: 396), der frugalitas bzw. parsimonia als moralischen Wertbegriff identifiziert, indem er der Definition von Kloft (1970: 36) folgt: „Die bewusste Absage an einen aufwendigen Lebensstil, den Willen, die eigenen Mittel nur spärlich einzusetzen und anzuwenden.“ (Brandt 1999: 396) Vgl. dazu auch OLD I (2012: 811) und

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________________________________________________ C. rusticitas Nach Zinsmaier (2007: 350) ist rusticitas als konträres Gegenteil zur urbanitas zu verstehen. Im weitesten Sinne bezeichne rusticitas die bäurische Ungeschlachtheit bzw. – ohne verächtlichen Beiklang – Schlichtheit in Lebensweise, Habitus und Gebaren.324 Wenn Plinius in Plin. epist. 1,14, 4b an Minicius Acilianus die aus der ländlichen Umgebung Brixias resultierenden Qualitätsmerkmale der Bescheidenheit (verecundia), Sparsamkeit (frugalitas) und Bodenständigkeit (rusticitas) lobt, wird offenkundig, dass Plinius – aus dem ländlichen Comum stammend – diese Lebensart überaus schätzt; nicht von ungefähr stammen zahlreiche Adressaten seiner Briefe aus dem oberitalischen Umland:325 In erster Linie der aus Mailand stammende Lucius Verginius Rufus, dessen Grund und Boden an den plinianischen Gütern grenzt (vgl. Plin. epist. 2,1,8), verkörpert für Plinius wie kaum ein Zweiter eine verloren gegangene, jedoch unbedingt hochzuachtende Zeit: exemplar aevi prioris (Plin. epist. 2,1,7). Bütler (1970: 132) ergänzt, dass der von Plinius propagierte Idealzustand (vgl. in diesem Kontext auch Varro rust. 3,3,6; Sen. dial. 12,3,5) sich von der zeitgenössischen Üppigkeit und Prunkliebe in jeder Hinsicht abhebe. Abzulesen sei die heimatliche Prägung an dem Vater des Bräutigams, Minicius Macrinus, der das Angebot des Kaisers Vespasian abgelehnt habe, in den Senat einzutreten, und stattdessen lieber im ordo equester326 verblieben sei (vgl. Plin. epist. 1,14,5a). Page (2015: 146 mit dortiger Anm. 10) folgert, dass die Weigerung des Vaters nicht als aktiver Rückzug aus dem politischen Raum verstanden werden dürfe, da Vespasian ihm die Entscheidung wohl nicht negativ ausgelegt habe und Minicius Acilianus kaum mehr eine politische Karriere habe verfolgen können.327

324 325 326

327

ThLL 6.1 (1912–1926: 1400,74–1402,68 s. v. frugalitas). Vgl. ähnlich Thomas (2014); vgl. auch unter Nennung der vorliegenden Textstelle OLD II (2012: 1843). Vgl. auch Lagergren (1872: 66). Vgl. dazu auch Lefèvre (2009: 276), Bradley (2010: 409f.) und Haltenhoff (2011b: 196f.). Zum Rang und Verdienst eines equestris ordinis princeps vgl. Westcott (1965: 142) und Sherwin-White (1968: 118). Demnach stand der equestris ordinis princeps im Verzeichnis des Zensors an erster Stelle; sein Name wurde bei der zensorischen Musterung zuerst verlesen. Vgl. dazu Shelton (2013: 193 mit dortiger Anm. 75; 199 mit dortiger Anm. 101). Zur Person des Minicius Macrinus vgl. PIR2 M 617; vgl. auch Plin. epist. 8,5. Vgl. dazu mit weiteren Belegen aus der Sekundärliteratur Page (2015: 146 mit dortiger Anm. 10). Vgl. auch Bütler (1970: 51).

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________________________________________________ Offensichtlich hat Plinius durchaus Verständnis, ja sogar Sympathie für Männer, die bereits zu einem deutlich früheren Zeitpunkt aus dem öffentlichen Leben ausscheiden oder von vornherein ganz bewusst auf eine Karriere in Politik, Militär und Reichsverwaltung verzichten.328 Doch Plinius belässt es nicht bei einem personalen exemplum zum Beweis für die besondere Eignung des Bräutigams. Denn indem Plinius mithilfe eines Kameraschwenks und der gleichzeitig erfolgenden Erweiterung des Blickes (gewissermaßen als Ausweitung des Brennwinkels eines Kameraobjektivs) auch entferntere Familienmitglieder in seine Charakterstudie mit einbezieht, schärft er nicht nur das Sozialprofil des Bräutigams, sondern verleiht seiner Empfehlung Tiefe (vgl. dazu Plin. epist. 1,14,6c). Der Onkel, Publius Acilius329, zeichne sich durch die politisch gefärbte Trias gravitas – prudentia – fides aus: A. gravitas Ein vir gravis sticht durch sittlichen Ernst sowohl im Auftreten als auch im konkreten Handeln hervor. Grundsätzlich wird gravitas zu den alten Römertugenden gezählt.330 Ebenso wie prudentia wird gravitas zumeist einer älteren, reiferen Person zugebilligt (vgl. u. a. Plin. epist. 3,2,2).331 Im plinianischen Briefcorpus begegnet den Lesern gravitas für gewöhn328

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330

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Vgl. dazu auch Bütler (1970: 69): „Zur Welt der Stadt gehören dignitas und honor, stehen dort ständig auf dem Spiel (2,9,2; 6,6,9); nur wer die Zurückgezogenheit wählt, kann auf sie verzichten (1,14,5; 7,3,2).“ Ein ähnliches Beispiel der Ablehnung einer offenstehenden politischen Laufbahn findet sich noch Plin. epist. 7,25,2 in der Person des C. Terentius Iunior. Die in Plin. epist. 1,14,5b genannte ambitio und ihr Gegenstück, das reine, zurückgezogene Dasein, sind auch in der Lebensbeschreibung des Silius Italicus zu finden (Plin. epist. 3,7). Vgl. dazu Bütler (1970: 51 mit dortiger Anm. 43). Zur Person des Publius Acilius, des Onkels des Minicius Acilianus mütterlicherseits, vgl. Westcott (1965: 143). Sherwin-White (1968: 119). Shelton (2013: 383 mit dortiger Anm. 68); Shelton (2013: 84) charakterisiert diesen Publius Acilius als „man of dignity, good judgement, and exceptional integrity.“ Vgl. dazu Hiltbrunner (1967: bes. 416 mit dortiger Anm. 30). Vgl. auch Drexler (1956) und Hellegouarc’h (1972: 279–290). Zur Bedeutung der gravitas als eines zentralen Kriteriums des pater familias vgl. Lind (1979: 34–38) und Scholz (2011: 97. 106). Vgl. dazu Méthy (2007: 136). Vgl. auch Hellegouarc’h (1972: bes. 281f.), der den untrennbaren Zusammenhang zwischen gravitas und anderen Wertbegriffen (zuvorderst der prudentia und severitas) herausarbeitet.

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________________________________________________ lich in der Bedeutung eines würdevollen, verantwortungsbewussten, konsequenten und mitunter strengen Auftretens. Besondere Erwähnung verdient die Feststellung, wonach Plinius gravitas sowohl Männern (vgl. u. a. Plin. epist. 6,26,1; id. 9,12,1) als auch Frauen (vgl. u. a. Plin. epist. 5,16, 2; id. 7,19,4) zuweist; ferner findet gravitas in den Pliniusbriefen sowohl im privaten als auch im öffentlichen Bereich Verwendung, besonders gerne im politischen (vgl. u. a. Plin. epist. 6,31,2.11) und juristischen Umfeld (vgl. u. a. Plin. epist. 9,23,1). B. prudentia Die Tugend der prudentia wird im plinianischen Briefcorpus – wie zuvor bereits gravitas – für gewöhnlich (außer im Fall der Minicia Marcella in Plin. epist. 5,16,2 und des Iunius Avitus in Plin. epist. 8,23,3) einer reiferen Person zugeschrieben (vgl. u. a. Plin. epist. 3,1,10).332 Auch bei der Zuweisung der prudentia macht Plinius keinen Unterschied bei den Geschlechtern. Im Bedeutungsgehalt lehnt sich Plinius an die Definition Ciceros (off. 1,153) an, wonach prudentia zu verstehen sei als Einsicht in das, was jemand zu tun bzw. zu meiden hat. Auch bei Plinius ist im Begriff prudentia die Fähigkeit impliziert, in einer konkreten Situation die richtige Handlungsentscheidung zu treffen (vgl. bes. Plin. epist. 5,7,5).333 C. fides Zur Begriffsbestimmung der fides als einer der Säulen, auf denen das Wesen altrömischer Sittlichkeit ruht, vgl. ausführlich oben Kapitel 3.8.3 mit den damit verbundenen Anm. 319 und 320. Doch neben den beiden männlichen Verwandten (Vater und Onkel) erstrahlt vor allem Serrana Procula als Großmutter mütterlicherseits, welche die Liste der zahlreichen weiblichen exempla im plinianischen Briefcorpus fortsetzt. Diese steht – gleichsam als Höhepunkt des familiären Profils des Bräutigams – sinnbildlich für den für Plinius untrennbaren Konnex von pietas und virtus. Dies zeigt sich nicht zuletzt darin, dass sie nach Darstellung des Plinius den Einwohnern ihres oberitalischen Heimatortes Patavium als exemplum für severitas dient. Unter Bezugnahme 332 333

Vgl. dazu auch Carlon (2009: 152) und Whitton (2013a: 133). Zur Abgrenzung der prudentia von sapientia vgl. Klima (1971: 28–37). Zur politischen Dimension des Wertbegriffes prudentia vgl. Hellegouarc’h (1972: 256–267).

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________________________________________________ auf die Definition im Briefcorpus Ciceros (vgl. Cic. ad Q. fr. 1,1,20f.) stellt severitas maßvolle Strenge dar.334 Kurzum: Serrana Procula und mit ihr Patavium verkörpern in Epistel 1,14 alte republikanische Tugenden, die nach Meinung des Plinius während der julisch-claudischen und flavischen Dynastien verlorengegangen sind, nunmehr jedoch unter der Herrschaft Nervas und Trajans wiederhergestellt werden können. 3.8.4

Die innere und äußere pulchritudo eines römischen maritus

Es ist signifikant, dass Plinius erst im siebten Paragraphen der vorliegenden Epistel auf die virtutes des Bräutigams zu sprechen kommt. Dies ist zwar einerseits dramaturgisch mit dem gewiss intendierten Spannungsaufbau, andererseits aber auch damit zu begründen, dass dem Sozialprofil aus Sicht des Plinius eine entscheidende Bedeutung für die Wahl eines Bräutigams zukommt. Minicius Acilianus partizipiert an und profitiert von den am mos maiorum orientierten virtutes seiner oberitalischen patria bzw. seiner dort ansässigen gens. Letzteres ebnet ihm seinen Weg in die (für ihn und seine Familie politisch recht lukrative) Heirat. Zwar werden dem ausgewählten Kandidaten elementare Werte wie vigor, industria und verecundia335 zugewiesen, doch diese finden – anders als die virtutes seiner Heimat bzw. seiner Familienangehörigen – nur beiläufig Erwähnung (innerhalb nur eines einzigen Paragraphen), da diese für einen maritus vere Romanus offensichtlich eine Selbstverständlichkeit darstellen: Vigor ist im Denken des Plinius multivalent, da es sich in seinen Briefen sowohl auf die körperlichen (vgl. Plin. epist. 2,19,2; id. 3,1,10) als auch auf die mentalen bzw. seelischen Kräfte beziehen kann (vgl. Plin. epist. 5,16, 4).336 Industria hingegen zielt eindeutig – das weist Scholz (2011: 70) 334

335 336

Vgl. dazu Poteat (1968: 16) und Brandt (1999: 175). Zur Einordnung der (von Plinius nicht von ungefähr insgesamt vierzehnmal genannten) severitas unter die urrömischen Tugenden vgl. Hellegouarc’h (1972: 282 mit dortiger Anm. 12). Vgl. dazu auch Val. Max. 2,9,2; Tac. hist. 1,37,4; Gell. 4,20,1–10. Vgl. auch Langlands (2007/2008). Zur Strenge der Pataviner vgl. die Anspielung bei Mart. 11,16,7f.; vgl. in der Forschung auch Hoffer (1999: 189). Zur Begriffsbestimmung der verecundia als eines zentralen römischen Wertbegriffes vgl. oben Kapitel 3.8.3 mit der damit verbundenen Anm. 321. Häufig geht in der römischen Literatur (wie im vorliegenden Fall) vigor mit industria einher. Vgl. Geisthardt (2015: 56 mit dortiger Anm. 118). Vgl. auch OLD II (2012: 2273). Im Briefcorpus erscheint dieser Konnex noch Plin.

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________________________________________________ nach – auf den Fleiß und die Beharrlichkeit eines pater familias.337 Im plinianischen Briefcorpus ist der Wertbegriff industria häufig in den wertschätzenden Porträtdarstellungen berühmter Männer wie z. B. Titus Vestricius Spurinna eingebettet (vgl. dazu Plin. epist. 3,1,2; 3,7,3; 8,23,5). Gesteigerte Aufmerksamkeit hingegen schenkt Plinius einem Detail, das im Zusammenhang mit der Darstellung eines männlichen Protagonisten auf den ersten Blick bemerkenswert erscheint (Plin. epist. 1,14,8a: Est illi facies liberalis, multo sanguine multo rubore suffusa, est ingenua totius corporis pulchritudo et quidam senatorius decor.). Klodt (2012: 60 mit dortigen Anm. 106–108) hat herausgearbeitet, dass immer dann, wenn Plinius von menschlicher Schönheit spricht, es männliche Schönheit sei. Dabei werde das Aussehen junger Männer im Zusammenhang mit dem frühen Tod, mit der sittlichen Gefährdung in der Jugend und (wie im aufgezeigten Fall in Plin. epist. 1,14) mit der Verheiratung thematisiert. Die Männer seien potentielles Objekt der Begehrlichkeit von Männern, aber auch (was die Bräutigame betrifft) von Frauen – und nicht etwa umgekehrt. Die pulchritudo des Minicius Acilianus sei das praemium für die castitas der Frau, die ihn zum Gatten bekomme. Diese einseitige Beschränkung falle ins Auge, einerseits angesichts der andersgearteten Parallelzeugnisse bei Statius, Martial oder Tacitus, andererseits angesichts des Umstands, dass das Adjektiv pulcher bzw. das Substantiv pulchritudo zu den von Plinius meistverwendeten Begriffen gehören (gesamtes Vorkommen im plinianischen Briefcorpus: vierundsechzig Mal). Der Lobpreis auf die körperliche Attraktivität des Minicius Acilianus hat spitze Bemerkungen nach sich gezogen: „Obviously our prospective bridegroom was too beautiful for words.“ (Poteat 1968: 16) Diese Bemerkung des englischen Kommentators wird relativiert durch die exakte Beschreibung der vor Lebenskraft strotzenden facies liberalis, die in der Forschung als Kennzeichen eines „gentleman“ (Westcott 1965: 143) gedeutet wird: „Worthy of a free man in personal appearance, fine, noble.“ (OLD I 2012: 1127) Dazu passt auch die von Ovid erhobene Forderung nach der Natürlichkeit in der äußeren Erscheinung des Mannes, der auf übertriebene Körperpflege bzw. Kosmetik verzichten solle.338

337

338

epist. 3,1,2.10, bezogen auf Titus Vestricius Spurinna. Zu den weiteren Bedeutungsebenen von industria vgl. OLD I (2012: 977f.). Zur politischen Dimension des Begriffs vgl. Hellegouarc’h (1972: 253f. 481– 483). Vgl. dazu Ov. ars 1,505–524. Vgl. dazu unter Nennung weiterführender Lite-

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________________________________________________ Tatsächlich ist signifikant, dass Plinius die ausnehmend schöne und würdevolle Gestalt der von ihm genannten Männer preist: In Plin. epist. 1,14 die des Minicius Acilianus, in Plin. epist. 3,3,4 die des Sohnes der Corellia Hispulla, in Plin. epist. 3,16,3 die des verstorbenen Sohnes des Caecina Paetus und der Arria maior, in Plin. epist. 7,24,3 die des Quadratus, in Plin. epist. 1,10,6 die des Philosophen Euphrates und im Panegyricus 4,7 (vgl. auch id. 55,11) die des Kaisers Trajan.339 Beachtenswert ist, wie Plinius in Epistel 1,14 die Schönheit des avisierten Bräutigams auch sprachlich-stilistisch unterstreicht: Die exakte Beschreibung des Gesichtes, dessen Feurigkeit durch das parallel angeordnete, anaphorische Dikolon multo sanguine, multo rubore in bildhafter Erinnerung bleibt, ist eingebettet in ein Hyperbaton von facies liberalis auf suffusa, wobei dies wiederum den ersten Teil eines mit einer Klimax einhergehenden Trikolons bildet: Est illi facies liberalis … suffusa, est ingenua … pulchritudo et quidam senatorius decor. Die natürliche Schönheit des ausgewählten Bräutigams wird hier von Plinius mit senatorischer Würde (senatorius decor) gleichgesetzt, was wiederum die Schlussfolgerung zulässt, dass sich Männlichkeit im römischen Denken neben dem unerlässlichen Vorhandensein der einzelnen virtutes, eines angemessenen Sozialprofils und der beruflichen (zumeist politischen) Ambitionen eben auch in einer stattlichen äußeren Erscheinung ausweist, wobei dieser Aspekt innerhalb der Klimax durch die Endstellung der Junktur senatorius decor Gewicht erhält. Decor ist hier – so konstatiert Pöschl (1989: 26) – beinahe als Synonym von dignitas aufzufassen. Bereits Cicero nennt die

339

ratur Wildberger (1998: 125–127 mit dortigen Anm. 123–131). Vor diesem Hintergrund ist es nicht verwunderlich, dass in der Pliniusforschung Stimmen laut geworden sind, wonach Plinius eine homoerotische Seite habe. Vgl. dazu Gunderson (1997: 201–231, hier bes. 226f.), der unter Bezugnahme auf konkrete Textstellen (u. a. Plin. epist. 3,3; id. 3,4) nachweist, dass die Liebe, die Plinius an unzähligen Stellen seiner Briefsammlung – vielfach im Verbund mit dem Verb amare – seinen Freunden, männlichen Verwandten und Lehrern entgegenbringt, zumeist von Respekt und Bewunderung geprägt sei. Allerdings war Plinius von Ciceros erotischen Epigrammen an dessen Sekretär Tiro beeindruckt, was Plin. epist. 7,4,3–6 belegt. Zur Geschichte der Homosexualität in der römischen Antike (auch unter literarischer Perspektive) vgl. exemplarisch Veyne (1984). Stroh (1992). Obermayer (1998). Williams (1999); in diesem Zusammenhang bezeichnet Obermayer (1998: 9) in Anlehnung an Stroh (1992: 69f.) die Homosexualität, im Speziellen Knabenliebe, als ein von den Griechen importiertes Zivilisationsgut.

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________________________________________________ Hautfarbe als Zeichen einer dignitas, die er vor allem mit dem senatorischen Habitus verbindet (vgl. Cic. off. 1,130: Formae autem dignitas coloris bonitate tuenda est, color exercitationibus corporis.). Gemäß Pöschl (1989: 26f. 32) ist dignitas ein römisches Stil- und Formprinzip in einem sehr umfassenden Sinn und hebt dessen ästhetisches Moment hervor, wie es im Auftreten, in Gebärde und Haltung und überhaupt in allen Aspekten der äußeren Erscheinung zur Geltung kommt.340 In diesem Zusammenhang analysiert Haltenhoff (2011b: 176f. mit dortiger Anm. 36) die Bedeutungsebenen des Begriffes dignitas im plinianischen Sprachgebrauch; demzufolge werde hier ein Gleichgewicht gehalten zwischen der Bedeutung „Würde“ bzw. „Ansehen“ und der Bezeichnung konkreter sozialer Positionen.341 Page (2015: 148) gibt unter Bezugnahme auf die Natürlichkeit der Schönheit zu bedenken, dass Wesen und Würde der Führungsschicht nur sehr bedingt zu erwerben gewesen seien. Es sei vielmehr erforderlich gewesen, sich zu einer Art Geistesaristokratie zählen zu können, die sich durch das Vorhandensein grundlegender, von Plinius als exzellent verstandener Eigenschaften und Veranlagungen auszeichnete oder die deren Besitz zumindest in der tagtäglichen Kommunikation glaubhaft machen konnte. Eine weitere Intention des Plinius, sowohl die gute körperliche Konstitution als auch die Attraktivität des avisierten Bräutigams herauszuheben, spiegelt sich in der für den Adressaten bedeutsamen Beweisführung, dass der procreatio prolis nichts im Wege stehe. Es ist gewiss nicht übertrieben, anzunehmen, dass aus Sicht des Plinius die Zeugung möglichst vieler Nachkommen der eigentliche Zweck einer Ehe darstellt. Diese These wird bestätigt durch die Gedankenführung des Autors, der in Form eines inhaltlichen Rahmens sowohl zu Beginn des Briefes als auch am Ende der Charakterisierung des avisierten Bräutigams die familiäre Bedeutsamkeit der Nachkommenschaft explizit betont (vgl. Plin. epist. 1,14,2: ex quo nasci nepotes Aruleno Rustico deceat; vgl. auch Plin. epist. 1,14, 9c: Et sane de posteris et his pluribus cogitanti hic quoque in condicionibus deligendis ponendus est calculus.). 340 341

Vgl. dazu weiterführend Scholz (2005). Scholz (2011: 73–88, hier bes. 77). Kuhn (2015). Zur vielschichtigen Bedeutung des senatorius decor, der nicht selten die innere Haltung der betreffenden Person (z. B. eines virtus-Trägers) widerspiegelt, vgl. ThLL 5.1 (1909–1934: 208,13–47 s. v. decor). Zur angemessenen Haltung eines römischen vir honestus vgl. Scholz (2011: 76f.).

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________________________________________________ 3.8.5

Das plinianische Idealbild eines maritus vere Romanus anhand der Epistel 1,14 – ein Anforderungsprofil

Hinsichtlich des konkreten Anforderungsprofils, das Plinius als Leitfaden für einen maritus vere Romanus in Epistel 1,14 entfaltet, sind vier Aspekte entscheidend: Erstens nimmt die Darstellung der geographischen und familiären Herkunft des heiratswilligen Kandidaten in dem vorliegenden Empfehlungsschreiben einen nicht unerheblichen Platz ein, wobei vordringlich das klare Bekenntnis zu der oberitalischen Heimat und den dort fest verwurzelten virtutes der Bescheidenheit (verecundia), Sparsamkeit (frugalitas), ländlichen Einfachheit (rusticitas) und Sittenstrenge (severitas) augenfällig ist (vgl. Plin. epist. 1,14,4–6).342 Zweitens spielt das soziale Umfeld bzw. das Sozialprofil des maritus eine entscheidende Rolle. Alle in der Epistel 1,14 Erwähnung findenden Familienmitglieder zeichnen sich durch besondere Tugenden aus: verecundia (Vater), severitas (Großmutter), gravitas – prudentia – fides (Onkel). Wenngleich die virtutes der patria bzw. der gens eindeutig im Fokus stehen und bei der Wahl des richtigen Kandidaten den entscheidenden Ausschlag geben, wird der Umstand, dass die Familie des Minicius Acilianus über großen Reichtum verfügt (amplas facultates), nicht verschwiegen – allein schon deshalb nicht, weil umfangreiche Geldmittel nicht nur für die Hochzeit, sondern vor allem für die weitere Familiengründung von nicht zu unterschätzender Bedeutung waren; vgl. dazu Hoffer (1999: 186): His appearance is ‘proper’ for a senator […] just as he is ‘proper’ to beget Rusticus’ grandchildren […]. Birth, appearance, and power all have a moral ‘rightness’. Finally, Acilianus’ climactic qualification, money, has the clearest aristocratic ‘propriety’.343 342

343

Zum Lobpreis der transpadanischen Heimat des Plinius vgl. auch Bütler (1970: 120), der hier weniger an Horaz als an Vergil und die von ihm in den Georgica evozierte einfache Bäuerlichkeit des alten Italiens denkt. In jedem Fall gereiche die transpadanische Heimat dem avisierten Bräutigam zur Empfehlung. Zur ausschlaggebenden Bedeutung eines umfangreichen Vermögens als einer unerlässlichen Voraussetzung der Zugehörigkeit zu den oberen gesellschaftlichen Ständen in der römischen Kaiserzeit unter bes. Berücksichtigung der Mitgift in einer römischen Ehe vgl. Poteat (1968: 17). Hoffer (1999: 186). Shelton (2013: 82. 86 mit Verweis auf Plin. epist. 2,4); unter Rückbezug auf die in Patavium bekannte severitas der Großmutter des avisierten Bräutigams

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________________________________________________ Letztlich wird das Sozialprofil abgerundet durch die personalen Kompetenzen des als maritus in Frage kommenden Mannes, wobei dessen eigene virtutes die Liste an Vorzügen seiner Familienangehörigen um die Aspekte der Tatkraft (vigor), des Fleißes (industria) sowie der politischen ambitio erweitern und dadurch vervollständigen. Drittens ist aus Sicht des Plinius eine auf Reziprozität bzw. dankbarer Verpflichtung fußende Haltung sowohl gegenüber dem persönlichen Umfeld (u. a. gegenüber Mentoren) als auch gegenüber der patria von unabdingbarer Evidenz (vgl. bes. Plin. epist. 1,14,3). Viertens wird ein Kriterium eines maritus vere Romanus in den Blick genommen, das allein schon aufgrund der Tatsache, dass ihm ein eigener, recht breit angelegter Paragraph eingeräumt wird (Plin. epist. 1,14,8a/b), von besonderer Signifikanz ist: die männliche ingenua pulchritudo als Ausweis für Lebens-, Tat- und Zeugungskraft. Die in Epistel 1,14 in Form eines Anforderungsprofils eines maritus vere Romanus entfalteten männlichen virtutes können unter Bezugnahme auf weitere, über das gesamte Briefcorpus verteilte Reflexe des Plinius von folgenden Faktoren ergänzt werden: A. Uneigennützigkeit bzw. liberalitas (Plin. epist. 5,1; 5,14; 7,31; 9,30), situativ erweitert durch Nachsicht bzw. lenitas (Plin. epist. 8,22; 9,12; 9,17, 4; 9,21; 9,24). B. Standhaftigkeit bzw. firmitas (Plin. epist. 7,31; id. 9,9). C. Wachsamkeit bzw. vigilantia (Plin. epist. 8,23). D. Redlichkeit bzw. integritas (Plin. epist. 2,7; 7,31; 9,9). Insgesamt betrachtet wird mit diesem Reservoir männlicher virtutes – das hat Page (2015: 151 mit dortigen Anm. 33–36) herausgearbeitet – die kann davon ausgegangen werden, dass dessen Familie reich war. Vgl. dazu die von Syme (1958b: 19) hinsichtlich der Familie Agricolas geprägte Sentenz: „To be parsimonious with effect and success, you need to have quite a lot of money.“

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________________________________________________ emotionale Überlegenheit der aristokratischen Oberschicht akzentuiert, die sich in Selbstbeherrschung bzw. Affektkontrolle (Plin. epist. 5,16; id. 6,20), Gefasstheit im Hinblick auf Krankheiten (Plin. epist. 1,12; 7,1; 7,26), Entschlossenheit (Plin. epist. 1,12; 1,22; 3,7) und Mut (Plin. epist. 6,16; id. 7,22) bewähre. Darüber hinaus kann Männlichkeit aus Sicht des Plinius – hier beweist sich dessen humanitas – auch Emotionalität und Zuneigung (jedoch im richtigen Maß) umfassen: als pater familias zum einen in Bezug auf die eigene Ehefrau (Plin. epist. 4,19; 6,4; 6,7; 7,5), zum anderen in Bezug auf Sklaven und Freigelassene (Plin. epist. 1,4; 5, 19; 8,1; 8,16; 9,21; 9,24). Die einzelnen von einem maritus vere Romanus erwarteten virtutes in der Gesamtschau betrachtend, ist eine klare Ausrichtung auf den mos maiorum zu erkennen, da sich alle in Epistel 1,14 verhandelten Tugenden auf die altrömische Trias virtus – pietas – fides zurückführen lassen und gleichsam mit ihr verwoben sind: Der mos maiorum und virtus bilden im Denken des Plinius einen untrennbaren Zusammenhang. Sämtliche von Plinius im Charakterprofil eines maritus erwarteten virtutes dokumentieren eine von hoher Moral durchzogene innere Haltung (vgl. hier bes. gravitas, prudentia, severitas, verecundia), die auch in der äußeren Erscheinung des maritus erkennbar sein muss (vgl. hier senatorius decor) und sich im konkreten Umgang mit den Mitmenschen zu bewähren hat (vgl. hier fides). Innerhalb der besagten altrömischen Trias virtus – pietas – fides, deren politische Dimension für Plinius in seiner Ablehnung des domitianischen Regimes und in seiner Affirmation des trajanischen Prinzipats von hoher Evidenz ist, stellt die Verquickung von pietas und fides im Denken des Plinius das entscheidende Kriterium bei der Wahl eines maritus dar: Das Prinzip der gegenseitigen Verpflichtung (Reziprozität) – einerseits gegenüber dem persönlichen Umfeld (u. a. gegenüber Freunden, Förderern und Mentoren), andererseits gegenüber der patria – durchzieht das Sozialprofil des ausgewählten Bräutigams in stringenter Weise. Nicht etwa die einzelnen virtutes an sich sind aus Sicht des Plinius ausschlaggebend bei der Wahl eines angehenden Ehemannes (sie werden vorausgesetzt), sondern dessen Sozialprofil und nicht zuletzt der gute Leumund des Förderers, in diesem Fall des Plinius. Überhaupt ist augenfällig, dass Plinius weniger an dem einzelnen Individuum gelegen ist (z. B. spielt die Braut in Plin. epist. 1,14 überhaupt keine Rolle), sondern an der Zusammenführung privilegierter Familien

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________________________________________________ infolge arrangierter Ehen (vgl. dazu auch Plin. epist. 6,26,1), wodurch zugleich das aristokratische Netzwerk erweitert und gefestigt werden konnte; vgl. dazu Geisthardt (2015: 190): Indem er [scil.: Plinius] ein enges freundschaftliches Verhältnis zwischen sich und den ‚Oppositionellen‘ inszeniert, erhalten die Exilierten und ihre Familienangehörigen für das plinianische Selbstbild einen symbolischen Wert, da sie seinen ‚inneren‘ Widerstand gegen das domitianische Regime und den Antagonismus zu dessen Vertretern beweisen.344

Diese Intention ist in Epistel 1,14 evident, da Plinius mit Entschiedenheit danach strebt, den Fortbestand einer politisch nicht unbedeutenden Familie, die sich (wie auch Plinius selbst) während der als Schreckensherrschaft empfundenen Regierungszeit Domitians in dessen erklärter Gegnerschaft befunden hat, zu sichern, was allein schon daran abzulesen ist, dass die meisten in Epistel 1,14 gepriesenen virtutes nicht primär von Minicius Acilianus stammen, sondern auf sekundärem Wege übernommen worden sind – zum einen von dessen Familienangehörigen, zum anderen sogar von der oberitalischen patria. Doch Plinius verfolgt in Epistel 1,14 neben der Erweiterung und Festigung des aristokratischen Netzwerkes eine weitere Intention, die auf die Empfehlung einer von hohen Moralvorstellungen durchzogenen inneren Grundhaltung zielt. Dabei verknüpft Plinius in Personenkonstellation und existentieller Grundbedeutung des besprochenen Gegenstandes Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft miteinander – ein epistolographischer Kunstgriff und zugleich ein Charakteristikum seiner Briefsammlung. Dies ist laut Hoffer (1999: 193) a record of the past cycle of upper-class formation of ‘character’, a means for the renewal and repayment of this past cycle through the present marriage transaction, and a promise of future benefits from the transaction, in particular through the creation of the future ruling class. The letter con344

Zum freundschaftlichen Verhältnis zwischen Plinius und den zielgerichteten Gegnern des domitianischen Regimes vgl. Beutel (2000: 220–237, hier bes. 222–234). Vgl. ähnlich Hoffer (1999: 8). Gauly (2008: 196f.). Shelton (2013: 10–12); vgl. auch mit Hinweisen auf weiterführende Literatur oben Anm. 188; zum inneren Widerstand des Plinius gegen Kaiser Domitian und zur Affirmation des trajanischen Prinzipats sowie zur stark an der senatorischen persona Trajans ausgerichteten Konzeption des plinianischen Selbstbildes innerhalb der Briefsammlung vgl. Geisthardt (2015: 189–219).

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________________________________________________ ceals networks of patronage and power in the guise of morals, merits, and mutual affection.

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________________________________________________

3.9

Das plinianische Idealbild eines maritus vere Romanus in Epistel 1,14 und die motivische Verwandtschaft zur Porträtdarstellung des Euphrates in Epistel 1,10

Die Epistel 1,10 – als laudatio auf den Stoiker Euphrates zu verstehen – gehört zu den programmatischen Briefen, die das Thema humanitas behandeln; die gedankliche Gliederung der Epistel folgt dem traditionellen Schema Briefeingang – Briefcorpus – Briefschluss, wobei die würdigende Porträtierung des Euphrates dem breit angelegten Briefcorpus vorbehalten bleibt (Plin. epist. 1,10,2c–11a); in den Rahmenteilen (Plin. epist. 1, 10,1–2b: Briefeingang; Plin. epist. 1,10,11b–12: Briefausgang)345 erhebt Plinius Euphrates zu einem exemplum an humanitas; diesem gelte es nachzueifern – eine Empfehlung, die Plinius nicht nur auf den Adressaten Attius Clemens beschränkt, sondern auch auf sich selbst und seine aristokratische Leserschaft ausgeweitet wissen will. Hinsichtlich des Abfassungsjahres der Epistel 1,10 wird in der Pliniusforschung von 98 n. Chr. ausgegangen.346 Wenngleich in der Forschung umstritten ist, welche Nationalität Euphrates hatte, wird überwiegend davon ausgegangen, dass dieser aus Tyros in Syrien stammte.347 Er war Schüler des stoischen Philosophen Musonius Rufus und ist zu den bedeutendsten Rednern und Philosophen der flavisch-trajanischen Zeit zu zählen. Er hielt sich unter der Herrschaft des Kaisers Vespasian in Rom auf, von wo er sich nach Vertreibung der Philosophen durch Kaiser Domitian im Jahre 93/94 n. Chr. nach Syrien zurückzog. Hier hat ihn der damals etwa vierundzwanzigjährige Plinius, der dort zu diesem Zeitpunkt seinen Dienst als Militärtribun verrichtete, ebenso wie dessen Lehrer Musonius Rufus kennen und schätzen gelernt (vgl. dazu Plin. epist. 1,10,2; id. 3,11,5). Unter Kaiser Nerva ist Euphrates nach Rom zurückgekehrt und dort bis zum Jahre 98 n. Chr. geblieben. Unter 345 346 347

Eine alternative Gliederung der Epistel 1,10 gibt Bury (1999: 109). Vgl. dazu in der älteren Pliniusforschung Sherwin-White (1968: 108); vgl. in der jüngeren Forschung Shelton (2013: 160). Vgl. dazu in der älteren Pliniusforschung exemplarisch Grimal (1955). Sherwin-White (1968: 108f.). McDermott – Orentzel (1979: 131–135); vgl. in der jüngeren Forschung Hoffer (1999: 119–140). Flaig (2002: 130). Shelton (2013: 160f. mit dortigen Anm. 257–263).

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________________________________________________ der Herrschaft des Kaisers Hadrian hat er im Jahre 118 n. Chr. Selbstmord begangen. Es ist konsequent, dass Plinius seine Epistel 1,14 eng an die Porträtdarstellung des stoischen Philosophen Euphrates anlehnt (Plin. epist. 1, 10). Dieser intertextuelle Bezug liegt deshalb auf der Hand, da von allen bedeutenden männlichen exempla in der plinianischen Briefsammlung der Stoiker Euphrates – ähnlich wie Minicius Acilianus in Epistel 1,14 – ganzheitlich betrachtet wird: Er wird charakterisiert als „Philosoph mit dem gepflegten, imponierenden Äußeren und der Mischung von Güte und Strenge“ (Bütler 1970: 91). Dagegen werden alle anderen männlichen exempla vor allem hinsichtlich eines speziellen Aspektes gewürdigt: Plinius’ stoisch geprägter Onkel wird als Mann der Tat, furchtlos, vernunftgeleitet, als Ausbund menschlicher Solidarität und Hilfsbereitschaft und als pflichtgetreu bis in den Tod geschildert (vgl. bes. Plin. epist. 6,16). Isaeus hingegen wird als asketischer Redner gewürdigt, der sich selbst im fortgeschrittenen Alter mit hohem Lerneifer den studia widmet (vgl. Plin. epist. 2,3). Titus Vestricius Spurinna schließlich wird aufgrund seiner literarisch-ästhetischen Lebensführung zum exemplum erhoben – ein exemplum, das in privaten literarischen Studien und in den im Freundschaftskreis geführten intellektuellen Gesprächen sowohl die Literatur selbst als auch die herausragenden Persönlichkeiten der Vergangenheit und deren Taten würdigend traktiert (vgl. Plin. epist. 3,1). Euphrates jedoch überstrahlt alle diese männlichen exempla insofern, als innerhalb einer ganzheitlichen Porträtdarstellung sowohl die inneren als auch die äußeren Vorzüge dieses Stoikers umfassend beleuchtet werden (vgl. bes. Plin. epist. 1,10,2–8). Neben ein gewinnendes Wesen,348 eine mitreißende Rhetorik,349 eine würdevolle Haltung350 tritt eine imponierende äußere Erscheinung351. Mit eben dieser Bemerkung zu dem gepflegten Äußeren des Eu348 349

350 351

Vgl. dazu Plin. epist. 1,10,2: Est enim obvius et expositus, plenusque humanitate quam praecipit. Vgl. dazu Plin. epist. 1,10,5: Disputat subtiliter graviter ornate, frequenter etiam Platonicam illam sublimitatem et latitudinem effingit. Sermo est copiosus et varius, dulcis in primis, et qui repugnantes quoque ducat, impellat. Vgl. dazu Plin. epist. 1,10,7: Reverearis occursum, non reformides. Vitae sanctitas summa; comitas par. Vgl. dazu Plin. epist. 1,10,6: Ad hoc proceritas corporis, decora facies, demissus capillus, ingens et cana barba. […] Nullus horror in cultu, nulla tristitia, multum severitatis.

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________________________________________________ phrates korreliert der Hinweis auf seine väterlichen Freuden: Er kann drei Kinder sein eigen nennen, wobei Plinius es in diesem Zusammenhang nicht versäumt, Euphrates in lobender Absicht als einen vorzüglichen Erzieher zu bezeichnen (Plin. epist. 1,10,8: Iam vero liberi tres, duo mares, quos diligentissime instituit.). Letzteres darf keineswegs nur als ein unwesentlicher Zusatz in der Porträtdarstellung des Stoikers erachtet werden, im Gegenteil: Die einleitende Junktur iam vero unterstreicht, dass diese Textpassage als weitere Steigerung im Gesamtporträt verstanden werden will – nicht zuletzt vor dem Hintergrund, dass sich unter den drei Kindern des Euphrates zwei Söhne (duo mares) befinden. Letzteres ist keine unerhebliche Bemerkung, strebte doch Plinius zeitlebens selbst danach, einen Stammhalter zu zeugen (vgl. das Diptychon Plin. epist. 8,10/ 8,11; vgl. auch Plin. epist. 10,2,2). Zwar wird Euphrates in Epistel 1,10 nicht explizit als maritus ausgewiesen; allerdings kann dies aus dem Kontext abgeleitet werden. Entscheidend ist für Plinius etwas anderes, und zwar das durch die Ehe erlangte (und von Euphrates erlebte) Glück, Familienvater zu sein. Es ist gewiss nicht unbeabsichtigt, dass die virtutes des Philosophen mit dem Hinweis auf die Familie ihre Abrundung finden – gleichsam als Spiegelbild des vorbildlichen Charakters des Gewürdigten. Während Plinius über die konkrete Lehre des Euphrates nichts verlauten lässt, beleuchtet er umso intensiver dessen Lebensweise, dessen Wesen, vor allem aber die Wirkung, die dieser auf sein Umfeld ausübt. Offensichtlich ist seine Philosophie ganz auf die Praxis ausgerichtet, sie versteht sich als Lebensphilosophie. Was Euphrates vordringlich auszeichnet, ist einerseits das Gesamtbild einer überaus konzilianten, von comitas geprägten Persönlichkeit und andererseits die Vorbildhaftigkeit seiner Existenz, zu der er – gewissermaßen als lebendes, direkt vor Augen stehendes Ideal – seine Schüler hinleitet. Exakt an dieser Stelle lässt sich nachweisen, dass Plinius Euphrates als Idealbild eines stoisch geprägten und nach humanitas strebenden Mannes betrachtet,352 indem er sich selbst als dessen Schüler 352

Vgl. auch Bütler (1970: 115f.), der die von Euphrates vorgelebte humanitas primär als Milderung aller Härten versteht; Euphrates sei zugänglich (expositus), gefällig (obvius), liebenswürdig und gewinnend im Gespräch; allen öffne er sein Herz (vgl. Plin. epist. 1,10,2). Seinem Äußeren und seinem Gebaren fehle jede Rauheit, jeder finstere, kalte Ernst (vgl. Plin. epist. 1,10,6: tristitia), werde doch das Strenge, Erhabene und Ehrfuchtgebietende an seinem Wesen (severitas) begleitet von freundlicher Heiterkeit (vgl. Plin. epist. 1,10,7); das

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________________________________________________ bezeichnet und seine Freunde dazu ermuntert, sich zwecks Ausbildung und eigener Vervollkommnung in die Obhut des Euphrates zu begeben (vgl. Plin. epist. 1,10,11b: Quo magis te cui vacat hortor, cum in urbem proxime veneris – venias autem ob hoc maturius – illi te expoliendum limandumque permittas.). Diese Vervollkommnung habe Plinius selbst noch nicht erreicht (vgl. Plin. epist. 1,10,12: Sensum quendam voluptatemque percipio, si ea quae mihi denegantur amicis video superesse.).353 Dass der in Epistel 1,14 ausgewählte Bräutigam dem nahezu unerreichbaren Ideal des Euphrates in Epistel 1,10 nicht gerecht werden kann, liegt auf der Hand (selbst Plinius gelingt dies nicht), dennoch sind die Parallelen zwischen den jeweiligen Idealvorstellungen kaum zu übersehen – in besonderer Weise hinsichtlich der für die vorliegende Abhandlung zentralen Frage nach dem maritus vere Romanus. Dass Plinius in beiden Fällen hohe moralische Wertmaßstäbe anlegt, bleibt unwidersprochen (zu beachten ist hier vor allem die Parallele hinsichtlich der Betonung von gravitas und severitas), doch von hoher Relevanz ist die sich in der äußeren Erscheinung der mariti spiegelnde Lebens- und die damit untrennbar zusammenhängende Zeugungskraft. Vornehmlich durch den aufgrund der Junktur iam vero gesteigerten Hinweis auf die drei Kinder des Euphrates wird unterstrichen (Plin. epist. 1,10,8), von welch entscheidender Wichtigkeit Nachkommen in einer Ehe sind (der eingeschobene Zusatz duo mares ist hier signifikant). Die Zeugungskraft des Euphrates gründet sich auf seiner offensichtlich gesunden Konstitution, mit der eine stattliche äußere Erscheinung einhergeht (vgl. Plin. epist. 1,10,6.8). Dieser Konnex (stattliche, Lebenskraft widerspiegelnde äußere Erscheinung = begründete Hoffnung auf Zeugung von Nachkommen) ließ sich auch

353

alles zusammengenommen mache das volle, wahre Menschsein aus. Zur Bedeutung des sowohl die παιδεία als auch die φιλανθρωπία umfassenden humanitas-Begriffes im plinianischen Briefwerk vgl. unter Nennung weiterführender Literatur auch oben Anm. 37. Dass Euphrates authentisch gewesen sei und seine von ihm gelehrte Philosophie tatsächlich selbst vorgelebt habe, meinen Grimal (1955: 380), Hoffer (1999: 130), Gazich (2003: 138f.) und Griffin (2007: 454–457) zu wissen. Vgl. dazu auch Plinius selbst in Epistel 1,10,2. Zur Wirkung der auf Lebenspraxis ausgerichteten Philosophie des Stoikers Euphrates auf Plinius vgl. in der älteren Pliniusforschung Bütler (1970: 55f.); vgl. in der jüngeren Forschung Hoffer (1999: 2). Flaig (2002: 130). Pausch (2004: bes. 138f.). Geisthardt (2015: 168f.); vgl. dazu auch im plinianischen Briefcorpus die Epistel 8,9, die den philosophischen Einfluss auf das Denken des Plinius – neben der oben besprochenen Epistel 1,10 – unter Beweis stellt.

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________________________________________________ im Falle des von Plinius ausgewählten Bräutigams Minicius Acilianus konstatieren (vgl. Plin. epist. 1,14,8a/b). Von zentraler Bedeutung scheint das Antlitz der von Plinius (im wahrsten Sinne des Wortes) porträtierten Männer zu sein: Euphrates verfügt laut Plinius über eine decora facies (Plin. epist. 1,10,6),354 Minicius Acilianus über eine facies liberalis multo sanguine, multo rubore suffusa (Plin. epist. 1,14,8a). In beiden Fällen fühlt sich Plinius bemüßigt, seine Begeisterung für die äußere Attraktivität seiner Protagonisten mit einem Nachsatz zu rechtfertigen: Im Falle des Euphrates sieht Plinius die makellose Erscheinung des Stoikers als Beweggrund für seine weit verbreitete Verehrung (Plin. epist. 1,10,6: Quae licet fortuita et inania putentur, illi tamen plurimum venerationis adquirunt.). Im Falle des Minicius Acilianus ist dessen Attraktivität die Belohnung für die castitas der jungen Mädchen, die sich – nach Plinius – glücklich schätzen sollten, sich für einen solchen Mann aufsparen und etwaige Nachkommen mit eben diesem zeugen zu können (Plin. epist. 1,14, 8b: Debet enim hoc castitati puellarum quasi praemium dari.).355 Andere Aspekte (wie etwa die zentrale Bedeutung des Sozialprofils oder die heimatliche Verbundenheit des Bräutigams) können hier nicht für einen Vergleich fruchtbar gemacht werden, da es sich bei der Porträtdarstellung des Euphrates – anders als in Epistel 1,14 – nicht um die Idealvorstellung eines maritus vere Romanus handelt, sondern in einem ganzheitlichen Zugriff um die Idealvorstellung eines stoischen Weisen, wie dies bereits für die Darstellung Senecas in dessen 115. Epistel nachgewiesen werden konnte (vgl. Kap. 2.3 der vorliegenden Abhandlung). In einem intertextuellen Vergleich mit der senecaischen Darstellung eines beinahe gottgleichen vir bonus sticht neben der durchgängig geforderten hohen moralischen Integrität römischer Männer (vgl. dazu bes. Sen. epist. 115,3) die gegenüber den beiden Plinius-Episteln 1,10 und 1,14 nochmals gesteigerte Betonung des Stellenwertes der äußeren Erscheinung des Mannes 354

355

Laut Philips (1986: 35) findet sich die Junktur decora facies noch bei Sall. Iug. 6,1; Hor. sat. 1,2,87; Sen. suas. 6,24; Tac. hist. 2,89,2 [...]; Plin. paneg. 56,6. Vgl. auch bes. Tac. ann. 15,48,3 (aderant etiam fortuita, corpus procerum, decora facies), eine Stelle, die eine signifikante sprachliche Ähnlichkeit mit Plin. epist. 1,10,6 aufweist. Denn Gaius Calpurnius Piso wird von Tacitus mit beinahe denselben Worten charakterisiert wie Euphrates von Plinius. Vgl. dazu Kunst (2005: 113): „Die castitas war Voraussetzung für die Fruchtbarkeit der domus.“

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________________________________________________ heraus. Letztere wird von Seneca in seiner 115. Epistel ganz bewusst mit einer übermenschlichen Aura umgeben, sodass der Leser hier sinnbildlich einer vergöttlichten männlichen Statue gegenübersteht. Nicht von ungefähr umrahmt Seneca die abundant anmutende Aufzählung der geforderten Werte durch seine exakte Beschreibung der männlichen Attraktivität unter expliziter Berücksichtigung des Antlitzes, wobei der Begriff facies zweimal Verwendung findet, dabei einmal als Bestandteil des Synonympaares facies – vultus; vgl. Sen. epist. 115,4: Si quis viderit hanc faciem altiorem fulgentioremque quam cerni inter humana consuevit, nonne velut numinis occursu obstupefactus resistat et ut fas sit vidisse tacitus precetur? Tum evocante ipsa vultus benignitate productus adoret ac supplicet.

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________________________________________________

3.10

Das Idealbild eines maritus vere Romanus im plinianischen Briefcorpus – eine Conclusio mit Ausblick

In allen betrachteten Fällen wird im intertextuellen Vergleich sowohl innerhalb (Plin. epist. 1,10 und 1,14) als auch außerhalb des plinianischen Briefwerkes (Plin. epist. 1,10 und 1,14 – Sen. epist. 115) von den Männern ein umfassendes, bei Seneca sogar ein höchstes Maß an moralischen Werten gefordert, wobei es unter den propagierten Werten gravitas und prudentia sind, die in keinem der untersuchten Plinius- und Seneca-Briefe fehlen. Bemerkenswerterweise sind gravitas und prudentia Werte, die eine politische Färbung haben und den Männern, die in der Öffentlichkeit stehen, zu hohem Ansehen gereichen. Die Betätigung im öffentlichen Leben wird von den Stoikern als Pflicht des Weisen, des sapiens, angesehen. Als Teil der menschlichen Gemeinschaft muss er eben dieser dienen, sodass virtus als summum bonum in der vita activa verwirklicht werden kann. So deutet auch der von Plinius verehrte Euphrates die Bekleidung öffentlicher Ämter als Verwirklichung philosophischer Erkenntnisse im Sinne praktisch ausgeübter Philosophie (vgl. Plin. epist. 1,10,10), wobei in der konzilianten, von comitas geprägten Persönlichkeit des Euphrates gelebte humanitas greifbar wird; diese fußt sowohl auf παιδεία als auch auf φιλανθρωπία und dient der aristokratischen Oberschicht als Verhaltensregel (vgl. dazu Scholz 2011: 317–323). In diesem Kontext zeigt sich auch die Nähe des Plinius zur stoischen Philosophie, namentlich zu der des Musonius Rufus, der laut jüngerer Forschung (z. B. Reydams-Schils 2018: 157–162, hier bes. 158f.) nicht zuletzt aufgrund seiner auf praktische Lebensführung ausgerichteten Lehre in aristokratischen Kreisen der römischen Kaiserzeit hohes Ansehen genoss. Deutlich lässt sich dies an der Epistel 1,14 nachweisen, in der Plinius durch die Suche nach einem geeigneten Bräutigam den Fortbestand der berühmten stoischen Familie rund um Quintus Iunius Arulenus Rusticus und Iunius Mauricus zu sichern sucht. Letzterem werden in einer weiteren politisch durchwirkten Epistel die oben bereits verhandelten zentralen Werte gravitas und prudentia zugeschrieben (Plin. epist. 1,5,16: Exspecto Mauricum. Vir est gravis, prudens, multis experimentis eruditus, et qui futura possit ex praeteritis providere.).

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________________________________________________ Die oben angesprochenen drei Episteln des ersten Buches (Plin. epist. 1,5; 1,10; 1,14), welche die von Marchesi (2008: bes. 24 mit dortiger Anm. 62) aufgestellte These der offenkundigen Intertextualität innerhalb der plinianischen Briefsammlung untermauern, spiegeln nicht nur das politische Interesse des Plinius, sondern auch seine offenkundige Sympathie für die stoische Philosophie. Von daher können diese drei Episteln aus dem ersten Briefbuch als Subcorpus verstanden werden. Darin empfiehlt Plinius eine von altrömischen Werten geprägte Geisteshaltung. In diesen Zusammenhang gehören auch die oben traktierten, über die gesamte Briefsammlung verstreuten Episteln 3,16; 4,21; 6,24; 7,19; 9,13, die moralisch untadelige Protagonistinnen und Protagonisten würdigen und im Spiegel des von Plinius verehrten aevum prius nachahmenswerte Beispiele für die Gegenwart geben sollen. Hinsichtlich der oben angezeigten drei zusammenhängenden Episteln des ersten Buches hebt sich als Haupttext die Epistel 1,10 deutlich heraus, da sie das von Plinius selbst als solches deklarierte Idealbild eines stoisch gebildeten, sowohl im Inneren als auch im Äußeren hervorragenden Mannes in sich trägt (vgl. Plin. epist. 1,10,1: Si quando urbs nostra liberalibus studiis floruit, nunc maxime floret. Multa claraque exempla sunt; sufficeret unum, Euphrates philosophus.). Auch ohne in Epistel 1,10 als maritus bezeichnet worden zu sein, hat Euphrates als solcher zu gelten; was jedoch aus Sicht des Plinius viel bedeutsamer ist: Euphrates ist Familienvater und darf sich an drei Kindern erfreuen, wobei Plinius als traditionsbewusster Mann nicht verschweigen will, dass sich darunter zwei Söhne befinden. Die Episteln 1,5 und 1,14 – inhaltlich durch die plinianische Bewunderung gegenüber den Iunius-Brüdern miteinander verbunden – orientieren sich als Paratexte an diesem schillernden Vorbild (sowohl hinsichtlich der hohen Moralvorstellungen als auch hinsichtlich des Stellenwertes der Lebenskraft und Attraktivität des Mannes), setzen jedoch auch eigene Akzente, indem sie – wie in Epistel 1,14 dezidiert umgesetzt – ein konkretes Anforderungsprofil für einen maritus vere Romanus zusammenstellen, das von einem römischen Mann in Bezug auf eine mögliche Ehe neben hoher moralischer Integrität, stattlicher äußerer Erscheinung auch noch ein ansehnliches Vermögen und ein angemessenes Sozialprofil einschließlich damit einhergehender Heimatverbundenheit fordert.356 356

Marchesi (2008: 34) konstatiert in Anlehnung an Hoffer (1999: 233), dass die

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________________________________________________ Doch das von Plinius in Epistel 1,14 entworfene Anforderungsprofil hat noch eine andere, nicht unwesentliche Bedeutung, nicht zuletzt für den Autor selbst: Aufgrund der Betonung der auf fides fußenden Reziprozität zwischen ihm und der Familie der Iunius-Brüder bzw. dem avisierten Bräutigam hofft Plinius unausgesprochen, von der Öffentlichkeit als Paradebeispiel eines mustergültigen maritus wahrgenommen zu werden. Zugleich weiß er um seine soziale Rolle als normative Instanz, wobei sein Rollenbewusstsein – hier ist Bradley (2010: 408) und Haltenhoff (2011b: 174–177) zuzustimmen357 – eine dezidierte Werteorientierung aufweist; diese greift auf traditionelle Werte358 zurück (nicht zuletzt auf eine stark ausgeprägte Liebe zur patria) und bekräftigt sie zugleich, lässt darin aber auch Kontinuitäten sozialer Praxis erkennen, die sowohl Inneres als auch Äußeres betreffen, wie in Plin. epist. 1,14,8a die Junktur senatorius decor suggeriert. Letztere nimmt sowohl auf das Handeln als auch die äußere Erscheinung des Rollenträgers – hier des Minicius Acilianus – Bezug. Plinius verknüpft also in seiner literarischen Kommunikation – exemplarisch an Plin. epist. 1,14 verdeutlicht – Werteorientierung und Rollenbewusstsein geschickt miteinander.359 Zugleich stellt Plinius in seinem eigenen Handeln (hier: Förderung eines hoffnungsvollen Talentes) sicher, dass in etwas Neuem (in diesem Fall: Minicius Acilianus) alte Werte fort-

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ersten drei plinianischen Briefbücher vom Ton her eher seriös, politisch und von maskuliner Emphase geprägt seien; dies sei exemplarisch an dem signifikant häufigen Lobpreis auf seine eigene Heimat und die dort lebenden bodenständigen Menschen abzulesen. Erst ab dem vierten Briefbuch fänden die poetischen Ambitionen des Plinius Erwähnung. Von daher nehme es nicht Wunder, dass auch seine Rolle als maritus und die damit verbundenen Emotionen bzw. Gefühle erst ab dem vierten Briefbuch evident würden. Zum Bewusstsein des Plinius für seine soziale Rolle als normative Instanz vgl. auch Pöschl (1989: 26f.). Riggsby (1998). Haltenhoff (2005). Scholz (2005). Weis (2011). Geisthardt (2015). Zu dem im plinianischen Briefcorpus eingewobenen Wertecode zählt SantoroL’Hoir (1992: 408) fama, gloria, fides, constantia, gravitas, prudentia, castitas, fortitudo, iustitia, liberalitas, pudor, dignitas, existimatio, auctoritas, sanctitas, patientia, virtus. Diese virtutes werden laut Santoro-L’Hoir (ibid.) u. a. in folgenden Pliniusbriefen entfaltet: Plin. epist. 1,5; 1,7; 1,14; 1,18; 1,22; 2,4; 2,7; 2,9; 2,15; 3,21; 4,12. Zur Verquickung von rollenbewusstem und werteorientiertem Handeln als eines Charakteristikums der Pliniusbriefe vgl. Haltenhoff (2011b: 177f., hier bes. 178). Vgl. dazu auch Santoro-L’Hoir (1992: 408), der das dezidiert werteorientierte Rollenbewusstsein des Plinius in die Tradition Ciceros stellt.

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________________________________________________ bestehen, nicht zuletzt durch seinen eigenen freundschaftlich-mentoralen Einfluss.360 Zugleich stellt die Nachahmung seiner Person durch Minicius Acilianus – vor dem Hintergrund, dass Plinius selbst sein eigenes Ideal in Perfektion zu erfüllen vorgibt – die höchste Form der Auszeichnung dar, mit der er einen seiner Protegés bedenken kann. Ganz im Zeichen der Reziprozität steht auch der gegenüber Epistel 1,14 deutlich kürzere Pliniusbrief 6,26, der an Lucius Iulius Servianus, den väterlichen Freund des Plinius und dreimaligen Konsul, gerichtet ist. Eben diesen Lucius Iulius Servianus beglückwünscht Plinius in Form eines Epithalamiums zu dessen Schwiegersohn Gn. Pedanius Fuscus Salinator, der ein hochgeschätzter Protegé des Plinius ist (vgl. dazu Page 2015: 223 mit dortiger Anm. 246). Ähnlich wie in dem oben ausgedeuteten Brief 1,14 wird in Epistel 6,26 besonderer Wert auf das Sozialprofil des Bräutigams gelegt (vgl. Plin. epist. 6,26,1: domus patricia, pater honestissimus, mater pari laude.). Überdies wird dessen hoher Bildungsstand gepriesen, wobei diesem – anders als in Epistel 1,14 – in Form eines mit einer Klimax einhergehenden Trikolons wissenschaftliches Interesse und rhetorische Fertigkeiten zugeschrieben werden (vgl. Plin. epist. 6,26,1: ipse studiosus, litteratus, etiam disertus). Während ein aus Epistel 1,14 bekannter Wertekanon in Epistel 6,26 nicht entfaltet wird (lediglich die simplicitas, comitas und gravitas des Bräutigams werden explizit genannt), rückt Plinius in der Briefmitte in einem emotional-expressiven Grundton die gegenseitige Zuneigung zwischen ihm und seinem Protegé in den Fokus. Diese Zuneigung untermauert die bereits im Zuge der In360

Zum Freundschaftsverständnis des Plinius vgl. exemplarisch Castagna (2003). Lefèvre (2009: 142–168). Germerodt (2015: bes. 35–78); vgl. auch Geisthardt (2015: 185), der die plinianische Briefsammlung als Buch der idealen Freundschaften bezeichnet. Gemäß Germerodt (2015: 53) sind jedoch Differenzierungen hinsichtlich der Intensität der jeweiligen Freundschaftsbeziehungen vorzunehmen. Personen, zu denen er eine auf Zuneigung basierende Freundschaft pflegte, bezeichne Plinius häufig als commilito (wie z. B. Plin. epist. 7,31,2), sodalis (wie z. B. Plin. epist. 4,7,6; id. 7,4,7) oder noch häufiger als socius (wie z. B. Plin. epist. 4,24,2; 6,6,1; 6,17,6; 6,29,8). Demgegenüber werde der engste Kreis um Plinius mit Begriffen wie familiaris (vgl. z. B. Plin. epist. 1,19,1; 4,17,2; 5,14,4; 6,8,2; 7,8,2; 7,11,3; 7,16,1; 10,87,1) oder gar contubernalis (vgl. z. B. Plin. epist. 1,2,5; 1,12,12; 1,19,1; 1,24,1; 3,4,1; 4,27,5; 6,33,11; 10,4,1) bedacht. Besonders starke freundschaftliche Bande haben gemäß Germerodt (ibid.) zu Gaius Suetonius Tranquillus, Publius Cornelius Tacitus und Romatius Firmus bestanden.

Kap. 3 Das plinianische Idealbild eines maritus vere Romanus

181

________________________________________________ terpretation von Epistel 1,14 aufgestellte These, wonach allein die Liebe des Plinius als Nachweis für die Eignung des Bräutigams ausreiche. Dass der Adressat Lucius Iunius Servianus dem Urteil des Plinius vertrauen kann, wird im Schlussteil der Epistel 6,26 unterstrichen, wo die enge Verbindung der beiden Männer, die trotz des Lobpreises auf Gn. Pedanius Fuscus Salinator die beiden zentralen Figuren dieser Epistel sind, an den von Plinius sehr persönlichen, beinahe liebevoll formulierten Worten abzulesen ist (vgl. Plin. epist. 6,26,3: Quam felix tempus illud, quo mihi liberos illius nepotes tuos, ut meos vel liberos vel nepotes, ex vestro sinu sumere et quasi pari iure tenere contingeret.). Da Plinius in seinen Epistulae ein sorgsam bzw. minutiös gestaltetes Porträt seiner selbst entwirft und sich dabei durchgängig als exponierten und nachahmenswerten Vertreter der aristokratischen Oberschicht präsentiert, ist das plinianische Briefcorpus als Leitfaden auf dem Weg zu einem idealen, wertebewussten Aristokraten zu lesen.361 Dabei wird die Rolle des maritus in den Darstellungen römischer Männer neben den politischen Errungenschaften und Karriereschritten gleichberechtigt vermerkt (vgl. Plin. epist. 7,24,3; id. 8,23,8), was wiederum unter Beweis stellt, wie sehr Plinius die Ehe wertschätzt. Wenngleich Plinius die Rollen und Werte, die er vertritt, in eigener Person darstellt, so lobt er doch niemals sich selbst explizit, sondern überlässt dies anderen – entweder dem Adressaten oder einer dritten Person oder letztlich dem Leser. Doch sagt er eben dadurch auch etwas über sich selbst aus. Das Lob des Anderen ergeht – so konstatiert auch Haltenhoff (2011b: 178) – auf Grundlage gemeinsam geteilter Werte. Mehr noch: Indem sich der Lobende in den Qualitäten bzw. Tugenden seines Gegenübers spiegelt, erweist er sich selbst als lobenswert.362 In Bezug auf Epis361

362

Zum Verständnis des plinianischen Briefcorpus als eines Leitfadens für junge, die aristokratische Oberschicht anstrebende Männer vgl. Gibson – Morello (2012: 198) und Page (2015: bes. 148). Vgl. ähnlich Ludolph (1997: 40). Hoffer (1999: 44. 187). Radicke (2003: 27f.). Gauly (2008: 191). Whitton (2013a: 4). In diesem Zusammenhang kann in Anlehnung an Ludolph (1997: 157 mit dortiger Anm. 182) und Geisthardt (2015: 186 mit dortiger Anm. 197) auf die Strategie des BIRGing, des „Basking in Reflected Glory“, als eines Bestandteils der Selbstporträtierung des Plinius verwiesen werden: Auf diesem Wege werde der Erfolg, die Beliebtheit, die Prominenz oder auch die Vorbildlichkeit einer Person dazu genutzt, an eben diesen Eigenschaften zu partizipieren (vgl. Geisthardt 2015: ibid.): „Dies entspricht Plinius’ Assertion, dass, wer gute Charaktereigenschaften eines an-

182

Kap. 3 Das plinianische Idealbild eines maritus vere Romanus

________________________________________________ tel 1,14 muss es als „Plinius’ Zusicherung gelesen werden, dass Acilianus letzten Endes dieselben Vorstellungen zum Sozialprofil vertritt, wie sie auch in den Epistulae formuliert sind – auf diese Weise kann Iunius Mauricus den künftigen Bräutigam genauestens einschätzen, ohne ihn jemals persönlich treffen zu müssen“ (Page 2015: 148). Der Leserschaft begegnen also in Epistel 1,14 im Zeichen der Reziprozität gleich zwei exempla für einen maritus vere Romanus: zum einen der gelobte Minicius Acilianus, zum anderen der Lobende selbst – der jüngere Plinius.

deren zu erkennen und zu würdigen weiß, ebenfalls einen guten Charakter besitzen muss.“ Vgl. dazu auch Plin. epist. 1,17,4: Scias ipsum plurimis virtutibus abundare, qui alienas sic amat. Vgl. auch Plut. Moralia 539A–547F und Quint. inst. 11,1,15–38.

4

Plinius als maritus im Spiegel seiner Ehebriefe

4.1

Plinius als maritus in seinen Briefen an Calpurnia

Die Episteln 4,19; 6,4; 6,7; 7,5; 8,10; 8,11, die als sogenannte Ehebriefe ein weiteres Subcorpus in der plinianischen Briefsammlung bilden, führen die Leserinnen und Leser in den intimsten Lebensbereich des Plinius, wobei der Fokus in der Pliniusforschung bislang vornehmlich auf die Darstellung seiner Ehefrau Calpurnia gelegt wurde. Dagegen ist der Rolle des Plinius als maritus kaum Beachtung geschenkt worden. So harren die oben angezeigten sechs Ehebriefe, wovon drei an Calpurnia selbst und die anderen drei jeweils an nahe Verwandte gerichtet sind, einer profunden wissenschaftlichen, philologisch-motivanalytischen Interpretation. Unter methodischen Gesichtspunkten werden die plinianischen Ehebriefe an bzw. über Calpurnia (Plin. epist. 4,19; 6,4; 6,7; 7,5; 8,10; 8,11) jeweils einer den intra- und intertextuellen Anspielungsreichtum berücksichtigenden Briefanalyse unterzogen – basierend auf dem Kommunikationsmodell von Roman O. Jakobson, der textlinguistisch geprägten Matrix von Meike Rühl zur Analyse von Textualitätsmerkmalen und den Literaturund Erzähltheorien von Gérard Genette unter besonderer Berücksichtigung der Paratextualität und der „Stimme des Erzählers“. Dies erfolgt zum Zwecke einer umfassenden, interdisziplinär angelegten Interpretation, die zur Ermittlung des plinianischen Idealbildes eines maritus vere Romanus neben ihrem philologischen Kern sowohl sozial- als auch kulturgeschichtlich ausgerichtet ist und darüber hinaus auf die Ergebnisse der Genderforschung sowie der Emotionslinguistik Bezug nimmt und diese nutzbar macht.

Kap. 4 Plinius als maritus im Spiegel seiner Ehebriefe

185

________________________________________________ 4.1.1

Philologisch-motivanalytische Interpretation Plin. epist. 4,19: Plinius würdigt seine Ehefrau – und sich selbst

4.1.1.1

Prolegomenon

Ein aussagekräftiges Zeugnis für die Idealvorstellung einer Ehe in der römischen Kaiserzeit bietet die Plinius-Epistel 4,19, die in der Forschung gemeinhin als Porträtbrief klassifiziert wird.363 In der folgenden philologisch-motivanalytischen Interpretation wird auch das umstrittene Datierungsproblem der vorliegenden Epistel im Zusammenhang ihrer Einordnung in das plinianische Briefcorpus behandelt. Zugleich werden die Protagonistinnen Calpurnia (ihr Porträt ist dem Brief zugrundegelegt) und deren Tante Calpurnia Hispulla (an sie ist der Brief adressiert) vorgestellt. Zunächst jedoch soll der lateinische Text gegeben werden, wobei die vorgenommene gedankliche Gliederung – wie bei allen anderen Ehebriefen des Plinius und zuvor bereits bei Epistel 1,14 – nicht nur optisch durch Absätze kenntlich gemacht, sondern auch erläutert wird. Bei allen philologisch-motivanalytischen Interpretationen in diesem vierten Kapitel wird der Maxime gefolgt, gründlich, jedoch nicht zu kleinschrittig vorzugehen. Neben der Ermittlung der Idealvorstellung des maritus vere Romanus und der damit untrennbar verknüpften Frage nach Plinius’ Selbstporträtierung werden an passender Stelle, stets in zielführender Absicht auch Stil- und Satzrhythmusfragen erörtert. In diesem Zusammenhang wird zu fragen sein, wie es der Autor versteht, Inhalt und Form miteinander zu verknüpfen. Überdies können zentrale sozial- und kulturgeschichtliche Erkenntnisse gewonnen werden: „This letter offers an interesting glimpse into the social practices of everyday Rome.“ (Shelton 1990: 163)364

363

364

Zur Einordnung der Epistel 4,19 unter die Porträtbriefe vgl. exemplarisch Kuhlmann (2014b: 35f.). Zu den knapp fünfzig Episteln des Plinius, die als Porträtbriefe klassifiziert werden, und den damit verbundenen gattungsspezifischen Fragestellungen vgl. Pausch (2004: 51–146, hier bes. 71–78). Die Epistel 4,19 wurde in der bisherigen Pliniusforschung vornehmlich philologisch beleuchtet. Vgl. dazu in chronologischer Reihenfolge Döring (1843). Church – Brodribb (1882). Kreuser (1894). Allen (1915). Kukula (1916). Zenoni (1924). Merrill (1927). Poteat (1937). Prichard – Bernard

186

Kap. 4 Plinius als maritus im Spiegel seiner Ehebriefe

________________________________________________ 4.1.1.2

Gedanklicher Aufbau

Der im Anschluss abgedruckte lateinische Text folgt der Ausgabe von Mynors (1963).365 Der textkritische Apparat ist nicht beigefügt worden. Sollten textkritische Probleme auftreten, werden sie im Rahmen der Interpretation behandelt: C. PLINIUS CALPURNIAE HISPULLAE SUAE S. (1) Cum sis pietatis exemplum, fratremque optimum et amantissimum tui pari caritate dilexeris, filiamque eius ut tuam diligas, nec tantum amitae ei adfectum verum etiam patris amissi repraesentes, non dubito maximo tibi gaudio fore cum cognoveris dignam patre dignam te dignam avo evadere. (2a) Summum est acumen summa frugalitas; (2b) amat me, quod castitatis indicium est. (2c) Accedit his studium litterarum, quod ex mei caritate concepit. (2d) Meos libellos habet lectitat ediscit etiam. (3a) Qua illa sollicitudine cum videor acturus, quanto cum egi gaudio adficitur! (3b) Disponit qui nuntient sibi quem adsensum quos clamores excitarim, quem eventum iudici tulerim. (3c) Eadem, si quando recito, in proximo discreta velo sedet, laudesque nostras avidissimis auribus excipit. (4) Versus quidem meos cantat etiam formatque cithara non artifice aliquo docente, sed amore qui magister est optimus. (5a) His ex causis in spem certissimam adducor, perpetuam nobis maioremque in dies futuram esse concordiam. (5b) Non enim aetatem meam aut corpus, quae paulatim occidunt ac senescunt, sed gloriam diligit. (6) Nec aliud decet tuis manibus educatam, tuis praeceptis institutam,

365

(1965). Westcott (1965). Scarcia (1967). Bury (1999). Blank-Sangmeister (2000). Vgl. auch den Kommentar von Glücklich (2003), der mit philologischen Beobachtungen aufwartet, die den Verfasser der vorliegenden Interpretation an einigen Stellen inspiriert haben. Darüber hinaus treiben mehrere Beiträge die sozial- bzw. kulturgeschichtliche Durchdringung der vorliegenden Epistel mitsamt wichtigen intertextuellen Referenzen voran. Vgl. dazu bes. Maniet (1966). Dobson (1981/82). Von Hesberg-Tonn (1983: bes. 101–103). Shelton (1990). Ramírez De Verger (1997/98). Gessenharter (1999). Hemelrijk (1999: bes. 31–36). Mosquera Souto (2000). De Pretis (2003). Wolff (2003). Fögen (2007: bes. 267–269). Carlon (2009: bes. 157–165). Lefèvre (2009: bes. 209–211). Centlivres Challet (2013: bes. 99–107). Shelton (2013: bes. 96–129). Die Nutzung der OCT-Edition von Mynors (1963) wird zu Beginn der Interpretation der folgenden Ehebriefe des Plinius als bekannt vorausgesetzt.

Kap. 4 Plinius als maritus im Spiegel seiner Ehebriefe

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________________________________________________ quae nihil in contubernio tuo viderit, nisi sanctum honestumque, quae denique amare me ex tua praedicatione consueverit. (7) Nam cum matrem meam parentis loco vererere, me a pueritia statim formare laudare, talemque qualis nunc uxori meae videor, ominari solebas. (8) Certatim ergo tibi gratias agimus, ego quod illam mihi, illa quod me sibi dederis, quasi invicem elegeris. Vale.

Die vorliegende Epistel macht hinsichtlich der klassischen Gliederung keine Ausnahme. Dem Briefpräskript folgt das Proömium, in dem das Thema des Briefes anklingt (Plin. epist. 4,19,1): Die Adressatin Calpurnia Hispulla, welche die Erziehung ihrer Nichte Calpurnia nach dem Tod des Vaters übernommen hat, wird unmittelbar zu Beginn als ein Muster an pietas apostrophiert. Dies bietet zugleich die Gewähr für die vorbildliche moralische Entwicklung des jungen Mädchens (vgl. Plin. epist. 4,19,1: filiamque eius […] dignam patre dignam te dignam avo evadere.). Hier schwingt bereits ein Kerngedanke der vorliegenden Epistel mit: Der Autor hat in Calpurnia die ideale Ehepartnerin gefunden. Den Mittelteil des Briefes dominiert eine umfassende und durchweg positive Porträtierung Calpurnias (Plin. epist. 4,19,2–4), woraus in Abrundung des Mittelteils die für den maritus erfreuliche Schlussfolgerung gezogen wird: Die Ehe werde gewiss von beständiger concordia geprägt sein (Plin. epist. 4,19,5a: His ex causis in spem certissimam adducor perpetuam nobis maiorem in dies futuram esse concordiam.). In einem auffallend langen Briefschluss (Plin. epist. 4,19,6–8),366 dem traditionell ein Epilog und das Postskript angehören (Plin. epist. 4,19,8), wird Calpurnia Hispulla unter Bezugnahme auf den Briefeingang (Plin. epist. 4,19,1) in Form einer Ringkomposition erneut gewürdigt und ihr entscheidendes Verdienst hinsichtlich der vorzüglichen Erziehung Calpurnias explizit gelobt (Plin. epist. 4,19,6f., hier 6: Nec aliud decet tuis manibus educatam, tuis praeceptis institutam, quae nihil in contubernio tuo viderit.). Diese beinahe überschwängliche Freude des maritus über den mit Dank kaum aufzuwiegenden Einsatz der Tante bei der Erziehung seiner Ehefrau und den positiven Einfluss, den Hispulla in der Jugend auch auf ihn selbst ausgeübt hat, bestimmt den Schlussteil des Briefes: Hispulla könne nicht genug gedankt werden für ihren Einsatz bei der Erziehung beider Ehepartner und vor allem für ihre 366

Den ausgesprochen umfangreichen Briefschluss stellt auch Lefèvre (2009: 209) heraus und begründet diesen mit der Bedeutung der Adressatin Calpurnia Hispulla für Plinius.

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Kap. 4 Plinius als maritus im Spiegel seiner Ehebriefe

________________________________________________ entscheidende Rolle beim Zustandekommen dieser Ehe (Plin. epist. 4,19,8: Certatim ergo tibi gratias agimus, ego quod illam mihi, illa quod me sibi dederis, quasi invicem elegeris.). Die Grundstimmung, die diesen Brief auszeichnet, ist durchzogen von Dankbarkeit und freundschaftlicher Verbundenheit, die Plinius gegenüber Calpurnia Hispulla empfindet (vgl. bes. die semantischen Felder zu den Aspekten „Freundschaft“, „Freude“ und „Dankbarkeit“ in Plin. epist. 4, 19,1.6–8). Von daher fungiert die vorliegende Epistel 4,19 als Mittel freundschaftlichen Austausches.367 Darüber hinaus führt sie – ebenso wie fünf weitere Briefe (Plin. epist. 6,4; 6,7; 7,5; 8,10; 8,11) – in einen sehr persönlichen, ja sogar intimen Lebensbereich des Plinius. Denn all diese angezeigten Briefe stellen seine Gattin Calpurnia (und indirekt auch ihn selbst) in den Mittelpunkt.368 4.1.1.3

Datierung und Einordnung in das Gesamtwerk

Plinius war dreimal verheiratet. Name und Herkunft seiner ersten Frau sind unbekannt. Seine zweite Frau war die Tochter der reichen und brieflich mehrfach erwähnten Pompeia Celerina369 (vgl. Plin. epist. 5,14,8; 8, 367

368

369

Zur Funktion des Briefes als eines freundschaftlichen Austausches vgl. Koskenniemi (1956: 34–37). Vgl. ähnlich Thraede (1970: 22f.) und Hoffer (1999: 10–13). Vgl. auch Radicke (1997: 468), der die ausdrückliche Bezugnahme des Plinius auf das zwischen Absender und Empfänger bestehende freundschaftliche Verhältnis als Charakteristikum der Pliniusbriefe bezeichnet. Vgl. auch Guillemin (1929: 2–12. 22–32), die ihren Blick auf die gesellschaftliche Funktion des Briefes richtet: „C’est dans ce groupe d’amis que nous allons rencontrer, mais transformés et rajeunis, les services de l’amité que pratiquaient les anciens, en premier lieu celui de la recommandation.“ Zur lange bestehenden Freundschaft zwischen Plinius und Calpurnia Hispulla, die allem Anschein nach gleichen Alters waren, vgl. Shelton (1990: 163 mit dortiger Anm. 3). Zu der Person Calpurnias und ihrer wohlhabenden Familie vgl. in der älteren Pliniusforschung Allain II (1901/1902: 181–197). Vgl. auch – wenngleich knapper – Sherwin-White (1968: 296). Kytzler (1994: 44f. s. v. Calpurnia II). Bury (1999: 55). Hemelrijk (1999: 236 mit dortiger Anm. 57). Vgl. auch PIR2 C 326. Vgl. in der jüngeren Pliniusforschung Carlon (2009: 138–185) und Shelton (2013: 97–104. 111–119. 120–129. 305). Zur These, wonach die Tochter von Pompeia Celerina die zweite Ehefrau des Plinius gewesen sei, vgl. in der älteren Pliniusforschung Westcott (1965:

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________________________________________________ 11,3; 10,120,2). Diese besaß Landgüter in der Nähe der umbrischen Landstädte Ocriculum, Narnia und Carsulae, die an der Via Flaminia lagen. Außerdem hatte Pompeia Celerina ein Landgut bei Perugia, nicht weit vom Trasumenischen See. Ihre Tochter starb unter Kaiser Nerva. Epistel 9,13 erwähnt ihren Tod gleichzeitig mit politischen Vorgängen der Zeit bald nach Domitians Ermordung im Jahre 96/97 n. Chr. (vgl. Plin. epist. 9,13,4: tristis amissa nuper uxore). Dieses Datum wird durch eine Bemerkung der vor 98 n. Chr. verfassten Epistel 1,4 bestätigt, in der Plinius seiner Schwiegermutter mitteilt, dass weitere Briefe an ihn nicht mehr nötig seien (vgl. Plin. epist. 1,4,1: Nam iam tuis opus non est.). Dem trotz zweier Ehen kinderlos gebliebenen Plinius verlieh Kaiser Trajan zu Beginn seiner Regierungszeit im Jahre 98 n. Chr. das sogenannte Dreikinderrecht (ius trium liberorum),370 wobei Plinius in seinem unmittelbar nach der Verleihung verfassten Dankschreiben371 an Kaiser Trajan den innigen Wunsch nach eigenen Nachkommen unterstreicht (Plin. epist. 10,2,2: Eoque magis liberos concupisco, quos habere etiam illo tristissimo saeculo volui, sicut potes duobus matrimoniis meis credere.). An dieser Stelle kann trotz gelegentlicher Versuche einer Frühdatierung372 kaum die Ehe mit Calpurnia gemeint sein, da die in Plin. epist.

370 371

372

XVIII); vgl. in der jüngeren Forschung Page (2015: 309 mit dortiger Anm. 74). Zu der Person der Pompeia Celerina und ihrem Verhältnis zu Plinius vgl. Birley (2000: 80 s. v. Pompeia Celerina). Vgl. auch Königer (1990: 56). Zum Überblick über die Positionen in der Streitfrage bzgl. der Anzahl der Ehen des Plinius vgl. Monti (1952). Sherwin-White (1968: 296. 559f.). Wolff (2003: 73); die These, wonach Plinius dreimal verheiratet war, vertreten Poteat (1937: 114). Sherwin-White (1968: bes. 559f.). Syme (1968: 137). Guzmán Arias (2005). Baeza-Angulo (2015a: 71). Shelton (2016: XVIII–XIX. 138). Zur Bedeutung des ius trium liberorum vgl. unter Nennung weiterführender Literatur auch oben Anm. 95. Zur in der Forschung unumstrittenen Datierung der Epistel 10,2 an Kaiser Trajan in das Frühjahr des Jahres 98 n. Chr. vgl. Sherwin-White (1968: 557). Vgl. auch Hoffer (1999: 232). Eine kurze Aufarbeitung der Epistel 10,2 findet sich bei Guzmán Arias (2005: bes. 176f.). Als prominenter Vertreter einer Frühdatierung von Epistel 4,19 gilt Otto (1919: 26. 36 mit dortiger Anm. 1); vgl. auch Hoffer (1999: 231–233). In jüngerer Vergangenheit argumentiert Shelton (2013: 98) gegen eine Frühdatierung, indem sie die Jahre nach dem Amtsantritt des Kaisers Trajan – im Speziellen die Jahre zwischen 98 und 100 n. Chr. – nicht zuletzt aufgrund der zahlreichen, außerhalb von Rom zu erledigenden Aufgaben als für Plinius beruflich höchst betriebsam kennzeichnet und letztlich zu folgendem nachvoll-

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________________________________________________ 10,2,2 spürbare Enttäuschung über die bisher kinderlos verlaufenen Ehen nicht mit der hoffnungsvollen Atmosphäre der Ehebriefe Plin. epist. 4,19; 8,10; 8,11 übereinstimmt. Dies gilt in erster Linie für die im Jahre 104 n. Chr. verfasste und an seinen Schwiegergroßvater Lucius Cornelius Fabatus gerichtete Epistel 8,10,373 in der Plinius trotz der jüngst erlittenen Fehlgeburt seiner Ehefrau in unerschütterlichem Glauben und in beinahe freudiger Erwartung fest davon ausgeht, mit Calpurnia noch Kinder zu haben (vgl. Plin. epist. 8,10,2: [...] sic debes agere dis gratias, [...] ut servarent neptem, illos reddituri, quorum nobis spem certiorem haec ipsa quamquam parum prospere explorata fecunditas facit.). Diese hoffnungsfrohe Annahme des Plinius widerspricht dem in Epistel 10,2,2 unverkennbaren Unterton, der die Enttäuschung des Autors über die bislang kinderlos verlaufenen Ehen spürbar werden lässt. Ferner datiert Plinius an eben derselben Stelle des Dankschreibens an Kaiser Trajan seine zwei ersten Ehen in das tristissimum saeculum – gemeint ist hier die von Plinius als bedrückend empfundene Regierungszeit des Kaisers Domitian (81–96 n. Chr.)374 –, wodurch seine dritte Ehe (diejenige mit Calpurnia) nach dem im Jahre 98 n. Chr. erfolgten Amtsantritt des Kaisers Trajan anzusetzen ist. Den wohl schlagendsten Grund, der gegen eine Datierung der Epistel 4,19 in das Jahr 97/98 n. Chr. spricht und der auch von einigen Vertretern einer Frühdatierung anerkannt wird,375 liefert die Tatsache, dass Calpurnia in den ersten drei Büchern der plinianischen Briefsammlung (verfasst 96– 103 n. Chr.) mit keinem einzigen Wort erwähnt wird. Erst ab dem vierten Buch (verfasst ab 104 n. Chr.), und zwar bereits im ersten Brief, tritt sie in Erscheinung.376 Von daher kann mit einiger Sicherheit von einer Datie-

373 374 375

376

ziehbaren Urteil gelangt: „Pliny seems to have been too busy between 98 und 100 to have embarked on a search for a wife, particularly if it had required that he travel out of Rome.“ Zur in der Pliniusforschung unumstrittenen Datierung von Epistel 8,10 vgl. Sherwin-White (1968: 264). Zur Gleichsetzung von tristissimum saeculum mit der Regierungszeit Domitians vgl. Sherwin-White (1968: 559f.). Vgl. auch Beutel (2000: 177–220). Die Angreifbarkeit einer Frühdatierung erkennt Hoffer (1999: 233) an: „The only plausible argument for assuming an unmarried Pliny at 98 is Calpurnia’s absence from books 1–3.“ Vgl. ähnlich Shelton (2013: 98). In der Forschung wird davon ausgegangen, dass die Bücher IV bis VIII Briefe aus den Jahren 104 bis 109 n. Chr. enthalten. Die Abfassungszeit der Briefe aus den ersten beiden Büchern wird zwischen 96 und 100 n. Chr. angesetzt; für Buch III kommt 100 bis 103 n. Chr. in Frage, wohingegen das neunte Buch

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________________________________________________ rung der Hochzeit zwischen Plinius und Calpurnia nach 103 n. Chr. ausgegangen werden, wobei sich in der Forschung immer häufiger das Jahr 104 n. Chr. als Abfassungsjahr des Ehebriefes 4,19 findet.377 Briefe an die Gattin selbst hat Plinius erst ab dem sechsten Buch in seine Epistelsammlung aufgenommen, darunter auch intime Liebesbeteuerungen an Calpurnia (vgl. Plin. epist. 6,4; 6,7; 7,5).378 In diesem Zusammenhang hat De Pretis (2003) nachgewiesen, dass die Ehebriefe an Calpurnia (Plin. epist. 6,4; 6,7; 7,5) und der vorliegende Porträtbrief über Calpurnia (Plin. epist. 4,19) zahlreiche lexikalische Bezüge untereinander aufweisen und daher als Einheit in der plinianischen Briefsammlung zu lesen sind, wobei die beiden benachbarten Episteln 6,4 und 6,7, die sich thematisch mit dem Kuraufenthalt Calpurnias und der dadurch ausgelösten Sehnsucht des Plinius auseinandersetzen, die Mitte zwischen den beiden exponierten Rahmenbriefen 4,19 und 7,5 bilden.379 Allerdings versäumt es De Pretis (2003), die als Einheit zu lesenden Episteln 4,19; 6,4; 6,7; 7,5 um die Ehebriefe 8,10 (an Lucius Calpurnius Fabatus gerichtet) und 8,11 (erneut an Calpurnia Hispulla gerichtet) zu erweitern, zumal aus eben diesen wichtige Erkenntnisse hinsichtlich des Eheverständnisses des Plinius und seiner Rolle als maritus vere Romanus gezogen werden können – nicht zuletzt hinsichtlich der Fragen, ob diese literarisch inszenierte Ehe als harmonisches, auf Beständigkeit zielendes und auf Gegenseitigkeit beruhendes Verhältnis bezeichnet werden kann oder ob signifikante Brüche in der Darstellung zu verzeichnen sind.

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außer Briefen der Jahre 106 bis 108 n. Chr. auch noch ältere Episteln umfasst. Mit eben jenem neunten Buch, das mehrere inhaltliche Bezüge zum ersten aufweist, dürfte Plinius versucht haben, dem Ganzen den Charakter einer geschlossenen Sammlung zu geben. Zur Abfassung und Herausgabe der plinianischen Briefsammlung vgl. grundlegend Sherwin-White (1968: 27–41). Vgl. auch Syme (1985). Von Albrecht II (2012: 970). Whitton (2013a: bes. 17f.). Vgl. dazu Westcott (1965: XVIII) und Sherwin-White (1968: 264. 296). Vgl. ähnlich Shelton (1990: 163 mit dortiger Anm. 3). Kytzler (1994: 44 s. v. Calpurnia II). Bury (1999: 55). Wolff (2003: 18). Lefèvre (2009: 209). Shelton (2013: 98). Zum erotischen Vokabular in den Ehebriefen an Calpurnia unter expliziter Berücksichtigung der Epistel 7,5 vgl. ausführlich Baeza-Angulo (2017). Vgl. dazu De Pretis (2003: 145). Zu der Komposition des sechsten Epistelbuches und den intertextuellen Bezügen innerhalb des gesamten plinianischen Briefcorpus unter Berücksichtigung des „Re-Reading“-Verfahrens vgl. Gibson – Morello (2012: 36–73, hier bes. 53–68).

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________________________________________________ Die vorliegende Epistel 4,19, die durch die Verortung an einer recht zentralen Mittelposition im vierten Buch kontextualisiert ist, weist noch einen weiteren, bislang gänzlich unentdeckten intertextuellen Bezug auf: Sie ist eng verwandt mit der ebenfalls zentral gestellten und von Janka (2015) interpretierten Epistel 4,14, in der Plinius seine eigene poetische Produktion von Kleindichtung zum Hauptthema erhebt. Dies klingt auch im Brief 4,19 an, wenn der Autor davon berichtet, dass seine musisch begabte Gattin seine Verse nicht nur singt, sondern diese sogar auf der Kithara begleitet (vgl. Plin. epist. 4,19,4: Versus quidem meos cantat etiam formatque cithara.).380 Ganz offensichtlich ist Plinius sehr daran gelegen, neben seinen Rollen als erfolgreicher Anwalt, anerkannter Rhetor, liebender Ehemann auch als ästhetisch begabter poeta wahrgenommen zu werden. Dies wird auch durch die Iuxtaposition der vorausgehenden Epistel 4,18 bestätigt, in welcher der Autor von seinen Bestrebungen berichtet, die griechischen Epigramme des Cn. Arrius Antoninus nachzubilden und in die lateinische Sprache zu transferieren (vgl. bes. Plin. epist. 4,18,1). Auch in der nachfolgenden Epistel 4,20 ist Literatur zentrales Thema, da Plinius über die kreative Begabung seines Freundes Novius Maximus urteilt. An dem oben skizzierten Bezug auf die Epistel 4,14 und der Iuxtaposition der Episteln 4,18 und 4,20 ist abzulesen, dass das Motiv der literarisch-ästhetischen Begabung im plinianischen Briefcorpus eine zentrale Rolle spielt und in untrennbarem Konnex zum gloria-Gedanken steht, wobei dieser sowohl das öffentliche als auch das eheliche Leben des Plinius prägt (vgl. Plin. epist. 4,19,2–5, hier bes. 5 mit Bezug auf Calpurnia: Non enim aetatem meam aut corpus, quae paulatim occidunt ac senescunt, sed gloriam diligit.). Demnach heiratete Plinius in dritter Ehe Calpurnia, die Enkelin des

380

Formare meint hier mit ThLL 6.1 (1912–1926: 1106,14–16) die Verse nach eigener Melodie zur Kithara singen. Vgl. ähnlich Stat. silv. 3,5,65: Mea carmina flectit. Vgl. dazu auch Döring I (1843: 244). Zenoni (1924: 170). Merrill (1927: 312). Carlon (2016: 80 s. v. formo); Plinius selbst empfiehlt in Epistel 7,17,3, lyrische Gedichte nicht vorzulesen, sondern sie möglichst durch einen Chor – von der Lyra begleitet – vorzutragen: Lyrica, quae non lectorem sed chorum et lyram poscunt. Vgl. dazu auch Plin. epist. 7,4,9 in Bezug auf seine eigenen Hendecasyllabi: Legitur, describitur, cantatur etiam, et a Graecis quoque, quos Latine huius libelli amor docuit, nunc cithara nunc lyra personatur. Zur Bedeutung der Stimme während eines Vortrages vgl. auch Plin. epist. 5,17,3.

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________________________________________________ Lucius Calpurnius Fabatus381 aus Comum, eines angesehenen römischen eques, der – wie Tacitus berichtet (Tac. ann. 16,8) – unter Kaiser Nero in eine gefährliche Intrige involviert war. Mit eben diesem Lucius Calpurnius Fabatus, einem prominenten Exponenten seiner geliebten norditalischen Heimat, pflegte Plinius einen engen Kontakt, was allein schon dadurch zum Ausdruck kommt, dass Fabatus der Adressat von insgesamt neun Briefen ist (Plin. epist. 4,1; 5,11; 6,12; 6,30; 7,11; 7,16; 7,23; 7,32; 8,10), wobei Shelton (2013: 99) sogar von einer „father figure“ für Plinius spricht.382 Die letzte Epistel der Korrespondenz mit Kaiser Trajan berichtet vom Tod des Lucius Calpurnius Fabatus, aus dessen Anlass Calpurnia aus Bithynien zu ihrer Tante Hispulla, der Tochter des Lucius Calpurnius Fabatus, heimreiste (vgl. Plin. epist. 10,120). Über das Zustandekommen der Ehe mit Calpurnia teilt Plinius in der vorliegenden Epistel 4,19 einige Einzelheiten mit (vgl. bes. Plin. epist. 4,19,7). Die beiden in der gleichen Stadt beheimateten Familien waren seit langem miteinander befreundet. Zwischen der Mutter des Plinius und Calpurnia Hispulla, der Adressatin der Epistel 4,19, bestand eine Art Mutter–Tochter–Verhältnis, wobei Hispulla Jahre zuvor auch an der Erziehung des Plinius maßgeblich beteiligt war.383 Von einer Mutter Calpurnias 381

382

383

Zu der Person des Lucius Calpurnius Fabatus und seinem Verhältnis zu Plinius vgl. Birley (2000: 45 s. v. Calpurnius Fabatus) und Shelton (2013: bes. 98–101. 355 mit dortiger Anm. 24). Vgl. auch McDermott – Orentzel (1979: 39–44). Vgl. auch Geisthardt (2015: 204 mit dortiger Anm. 304), der im Verhalten des Plinius gegenüber Lucius Calpurnius Fabatus und dessen Familie eine stark ausgeprägte reverentia erkannt haben will. Als Belege führt Geisthardt (ibid.) die Episteln 4,1; 5,11; 6,12; 7,23 an. Vgl. ähnlich Bütler (1970: 132f.). Eine differenzierte Ausdeutung des Verhältnisses zwischen Plinius und Lucius Calpurnius Fabatus geben Alston – Spentzou (2011: bes. 127–130) und Shelton (2013: bes. 97–101). Vgl. auch Winsbury (2014: 129–131, hier 129): „As with Verginius Rufus, there was also a local connection.“ Zu der Person der Calpurnia Hispulla und ihrem Verhältnis zu Plinius vgl. Hemelrijk (1999: 236 mit dortiger Anm. 58). Birley (2000: 45 s. v. Calpurnia Hispulla). Fögen (2007: 267 mit dortiger Anm. 31). Shelton (2013: 102. 112. 305); laut Shelton (2013: 256) spricht Plinius über Calpurnia Hispulla wie über eine ältere Schwester. Fögen (2007: 267) bezeichnet Calpurnia Hispulla als „one of his [scil.: Pliny’s] intimate friends“. Sie war bei der Abfassung von Epistel 4,19 offensichtlich unverheiratet und ohne eigene Kinder. Vgl. dazu Shelton (2013: 112). Zur engen familiären Bindung im Hause der Calpurnii vgl. auch Shelton (2016: 71): „Calpurnia, Hispulla, and Calpurnius Fabatus

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________________________________________________ ist nirgends die Rede, der Vater ist früh gestorben.384 So war die Erziehung beider Ehepartner von derselben Person und den gleichen Grundsätzen geprägt, worin Plinius eine besondere Garantie für ein harmonisches und beständiges Zusammenleben sah (vgl. Plin. epist. 4,19,5a). Auch auf das Zustandekommen dieser Ehe dürfte Hispulla – das legen die Aussagen des Plinius in Epistel 4,19 nahe – den größten Einfluss gehabt haben. In diesem Kontext sprechen Alston – Spentzou (2011: 126) unter Verweis auf die langwährende enge Verbindung der Familien der Calpurnii und Caecilii von einer „lineage marriage“.385 Calpurnia war nach Aussage ihres Gatten zum Zeitpunkt der Heirat noch sehr jung (etwa dreizehn Jahre), wohingegen Plinius das Alter von vierzig Jahren bereits überschritten hatte.386 Gemäß den Ausführungen des Plinius in seinen Briefen an bzw. über Calpurnia (Plin. epist. 4,19; 6,4; 6,7; 7,5; 8,10; 8,11) wurde ihre Ehe glücklich,387 blieb aber nach einer Fehlgeburt Calpurnias kinderlos. Calpurnia begleitete ihren Mann – durch ihre pietas motiviert (Plin. epist. 10,120,2) – in die Provinz Bithynia-Pon-

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had formed a three generation household. At a time when many people died when quite young a multigenerational household of ‘survivors’ was not unusual.“ Zum Familienstammbaum der Calpurnii und Caecilii (der Familie des Plinius) vgl. in der vorliegenden Studie auch App. 1. Auch Epistel 8,11, in deren Verlauf Plinius ebenfalls über Calpurnia berichtet, ist an Hispulla adressiert. Anspielungen auf eben diese Hispulla finden sich auch noch Plin. epist. 4,1,7; 5,14,8; 10,120 und 10,121. Zu Andeutungen über den frühen Tod von Calpurnias Vater vgl. Plin. epist. 5,11,1; id. 6,12,3. Vgl. dazu auch Shelton (1990: 168f. mit dortiger Anm. 20). Vgl. ähnlich Guzmán Arias (2005: 190). Zu den Altersangaben der Ehepartner vgl. Shelton (1990: 163 mit dortiger Anm. 3; 165 mit dortiger Anm. 7); vgl. zuletzt auch Dies. (2013: 98). Das gesetzliche Mindestalter für die Eheschließung von Mädchen lag bei zwölf, das durchschnittliche Alter bei etwa vierzehn Jahren. Männer heirateten selten vor, häufig aber bald nach dem zwanzigsten Lebensjahr. Zum Mindestalter beim Eintritt in die Ehe vgl. z. B. Gardner (1995: 44–48) und Schweers (1999: 6–8). Den Aussagen des Plinius über seine glücklich verlaufene Ehe mit Calpurnia schenken ausdrücklich Glauben: Maniet (1966: 166). Trisoglio (1972: 157). Wolff (2003: 18). Geisthardt (2015: 204); dagegen differenzierter Shelton (2013: 103), die jedoch Plinius nicht absprechen will, als maritus in einer glücklichen, harmonischen Ehe mit Calpurnia zu leben: „Nonetheless, his description of his marriage may be a presentation of an idealized situation. He is, in a culture obsessed by models, presenting the picture of a model marriage.“

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________________________________________________ tus, wo dieser in seiner Funktion als Statthalter etwa im Jahr 113 n. Chr. starb. Es darf als sicher gelten, dass Calpurnia ihren Mann überlebt hat.388 4.1.1.4

Philologisch-motivanalytische Interpretation

§ 1: Briefeingang einschließlich Proömium (= briefinterner Paratext) In Reverenz an Marcus Tullius Cicero, einem literarischen Vorbild des Plinius,389 beginnt dieser seinen Brief mit einem für ihn, der nach größtmöglicher brevitas strebt, ungewöhnlich langen, einem Redeproömium gleichenden Satz,390 in dem er die Adressatin in unvermittelter Direktheit anspricht (vgl. das exponiert an den Satzanfang gerückte Prädikat sis) und ihr seine hohe Wertschätzung für ihre ausgeprägte pietas mitteilt: Pietas meint klassisch die pflichtgemäße Liebe, dankbare Liebe zu Personen und Sachen, denen jemand durch sittliches Gefühl in Liebe verpflichtet ist. 391 Das textliche Umfeld zeigt, wie der Begriff hier verstanden werden muss: Es wird ausschließlich über die Pflichterfüllung gegenüber Familienmitgliedern (hier Bruder und Nichte) gesprochen, sodass als Bedeutung „Familiensinn“ anzusetzen ist; bestärkt wird diese Deutung durch das Wortfeld für Liebe, das neben den zahlreichen Verwandtschaftsbezeichnungen frater, filia, amita, pater (zweimal) und avus den gesamten ersten Paragraphen beherrscht. Bei Plinius erscheint pietas in dieser Bedeutung häufig.392 388

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391 392

Calpurnia erscheint im plinianischen Briefcorpus nicht nur in den oben genannten sechs Ehebriefen, sondern noch fünf weitere Male; vgl. dazu Plin. epist. 4,1; 5,14,8; 8,19,1; 10,120,2; 10,121. Zur rhetorischen Vorbildfunktion Ciceros für den jüngeren Plinius vgl. Weische (1989) und Lefèvre (2009: 111–122). Vgl. auch Pflips (1973) und Whitton (2013a: 32–34). Vgl. auch von Albrecht II (2012: 972): „Unter den Rednern verdient Cicero als Vorbild einen Ehrenplatz.“ Zur imitatio der pathetischen Breite Ciceros vgl. Weische (1989: 379). Zur technischen Gestaltung eines Briefproömiums vgl. Janson (1964: 106–112, hier bes. 107–109) und Lausberg (2008: 151–160). Vgl. dazu Menge (1988: 104, § 172 s. v. pietas). Vgl. ähnlich Kreuser (1894: 61) und Bury (1999: 55f.). Vgl. dazu Plin. epist. 2,13,4; 6,25,5; 9,9,2; 10,120,2 (mit Bezug auf Calpurnia). Zur pietas als Regulativ für Verhaltensweisen innerhalb der hierarchisch strukturierten römischen Familie – insbesondere von Kindern gegen-

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________________________________________________ Eben dieser Hispulla, welche die Stifterin seiner Ehe mit Calpurnia und zugleich eine Verehrerin seiner eigenen Mutter war, gibt Plinius einen Bericht über den bisherigen (erfolgreichen) Verlauf seiner Ehe. Einen konkreten Anlass für diesen Bericht nennt der Autor nicht; es steht aber zu vermuten, dass Hispulla um Informationen bezüglich des bisherigen Eheverlaufes gebeten hat.393 Dass Plinius Hispulla nicht persönlich besucht, liegt offensichtlich an seiner politischen Funktion eines curator alvei Tiberis et riparum et cloacarum urbis, die ihn zwischen 104–107 n. Chr. dazu zwang, den überwiegenden Teil seiner Zeit in Rom zu verbringen.394 Von daher kann hier von einem sermo absentium gesprochen werden – einem Topos, der in der epistolographischen Praxis häufig anzutreffen ist.395 Allerdings ist Epistel 4,19 mehr als nur ein sermo absentium, da Plinius in seinen Porträtbriefen eine viel zentralere Intention verfolgt, indem er durch seine literarischen Würdigungen (hier der Calpurnia Hispulla) ein soziales Netzwerk sichtbar werden lässt, „das einerseits der Verortung und der Selbstdarstellung des Autors dient, andererseits aber als gesellschaftliches Panorama der senatorischen Oberschicht seinen Wert in sich trägt“ (Pausch 2004: 141f.). Bereits in den ersten vier Worten der Epistel – hier zeigt sich trotz des beachtlichen Satzumfanges das Streben nach brevitas – wird ein thematisches Schlaglicht gesetzt: Hispulla wird als leuchtendes Vorbild für pietas apostrophiert, wobei der Autor Hispulla und den lateinischen Begriff exemplum inhaltlich gleichsetzt.396 Daran lässt sich eine der zentralen Intentionen des Autors ablesen: Hispulla wird zu einem exemplum par excellence stilisiert, reiht sich ein in zahlreiche Würdigungen vorbildhafter Frauen im plinianischen Briefcorpus und steht nunmehr mit Serrana Procula (Plin. epist. 1,14,6a/b), der Gattin des Titus Vestricius Spurinna (Plin. epist. 3,1,5), der nicht näher bezeichneten Ehefrau des Macrinus (Plin. 393 394 395

396

über Eltern – vgl. grundlegend Schröder (2012). Zur Eigenart des Plinius, in seinen Briefen den Wünschen bzw. Forderungen seiner Adressaten nachzukommen, vgl. Janson (1964: 117–119). Zur politischen Funktion eines curator alvei Tiberis et riparum et cloacarum urbis vgl. Philips (1986: 11). Vgl. dazu bes. Thraede (1970: 27–47). Vgl. auch Zelzer (1997: bes. 321f. 341–347). Vgl. ähnlich – mit Bezugnahme auf Thraede (1970) – Wenskus (1999). Glücklich (2003: 58) interpretiert, dass Plinius hier ganz bewusst keinen, sonst in seinem Briefcorpus üblichen Dativus commodi (z. B. mihi) zu pietas hinzusetzt: „Sie [scil.: Hispulla] ist exemplum schlechthin und für alle.“

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________________________________________________ epist. 8,5,1), mit den heldenhaften uxores Arria maior (Plin. epist. 3,16,1) und Fannia (Plin. epist. 7,19,7) sowie der unbekannten Heroine vom Lariner See (Plin. epist. 6,24,4f.) auf einer Stufe. Nach dieser captatio benevolentiae, welche die freundschaftliche Verbundenheit zu Hispulla unterstreicht, wird das Brief-Ich konkreter und erläutert das exemplum pietatis: Hispullas herausragender Familiensinn richtete sich zunächst auf ihren Bruder, den sie sehr liebte (vgl. die bedeutungsverwandten Begriffe caritas und diligere). Dem Kontext entsprechend markiert diligere hier die auf Achtung gegründete Liebe, die „der Erkenntnis der Vortrefflichkeit einer Person oder Sache“ (Menge 1988: 4, § 6 s. v. diligere) entspringt; nach ThLL 5.1 (1909–1934: 1177,81–1178, 22) bezeichnet diligere hier die Liebe unter Verwandten und findet sich bereits im klassischen Latein.397 Caritas meint – in Anlehnung an pietas – die fürsorgliche, gebende Liebe ohne sinnliches Verlangen oder eigennütziges Streben.398 Dass auch Hispullas Bruder ein Muster an moralischer Integrität war und ihre Zuneigung in gleicher Weise (pari caritate) erwiderte, überrascht nicht, da sich an keiner Stelle der plinianischen Briefsammlung ein kritisches Wort über die Familie Hispullas bzw. Calpurnias findet (vgl. dazu auch Allain II 1901/1902: 181f.): „La famille dans laquelle il entrait, présentait, de son cóté, le plus parfait ensemblè des conditions désirables: honorabilité, fortune, intelligence et affection.“ Mit dem beinahe überschwänglichen Lobpreis auf Hispullas Bruder (vgl. die mit einem Homoioteleuton einhergehende Junktur der beiden 397

398

Vgl. dazu auch Cic. inv. 1,46; Cic. Cluent. 135; Cic. de orat. 2,168. Besonders häufig findet sich diese Bedeutung im nachklassischen Latein. Vgl. dazu Ov. epist. 11,127; Sen. contr. 2,1,14; Sen. epist. 99,24; Suet. Tib. 52; Suet. Cal. 24; Stat. silv. 3,3,207; bei Plinius noch Plin. epist. 7,23,2. Vgl. dazu auch Menge (1988: 104, § 172 s. v. caritas). Vgl. auch Bury (1999: 53f.) und Glücklich (2003: 58f.). In den Briefen des Plinius tritt caritas häufig an die Stelle von amor. Vgl. dazu Thraede (1970: 74 mit dortiger Anm. 103) unter Nennung der Belegstellen Plin. epist. 3,7,15; id. 8,21,6; zu weiteren Belegstellen vgl. Heberlein – Slaby (1991: 310f.). Die soeben erläuterte Bedeutung von diligere im Sinne einer auf Achtung gegründeten, gebenden und ohne sinnliches Verlangen versehenen Liebe findet sich im plinianischen Briefcorpus auch in der für unseren Kontext evidenten vierzehnten Epistel des ersten Buches; vgl. dort explizit Plin. epist. 1,14,1.3; zur differenzierten Analyse des Begriffes der caritas von den klassischen bis zu den spätantiken christlichen Autoren vgl. Pétré (1948: bes. 30–98).

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________________________________________________ Superlative optimum et amantissimum)399 gelingt es dem Brief-Ich mittels des nachfolgenden pari, dessen Schwester in einem moralisch ebenso guten Licht erscheinen zu lassen. Hispulla zeichnet sich durch höchste Sittsamkeit aus und ist ein Mensch, der seinem Umfeld, vor allem seiner Familie, liebevoll zugetan ist: „He depicts them [scil.: the women] as morally and intellectually equal to men and capable of the same heroism.“ (Dobson 1981/1982: 85) Doch Hispullas ausgeprägter Familiensinn erstreckt sich nicht nur auf ihren Bruder, sondern auch auf die Tochter des Bruders, deren Namen (Calpurnia) der Leser im vorliegenden Brief bemerkenswerterweise vergeblich sucht. Im Gegensatz zu der Liebe zum Bruder, der – wie das Perfekt in dilexeris anzeigt – bereits verstorben ist, dauert die liebevolle Zuneigung zu ihrer Nichte noch an (vgl. das Präsens in diligas). Mit dem stilistischen Kunstgriff des Polyptotons dilexeris … diligas dokumentiert das Brief-Ich die verwandtschaftliche Harmonie, welche die Familie Calpurnias auszeichnet. Diese gens – so ist aus der abundanten Verwendung des Wortfeldes „Liebe“ zu folgern (vgl. die Begriffe pietas, amans, caritas, diligere und adfectus)400 – steht fest zusammen und füreinander ein. Somit wird auch verständlich, warum Hispulla nach dem Tod des Vaters und der in der Briefsammlung nirgends erwähnten Mutter bereit war, die Erziehung Calpurnias zu übernehmen. Centlivres Challet (2013: 41) zieht 399

400

Der Superlativ optimus steht hier – wie oftmals in den Epistulae des Plinius – als Ehrerbietung gegenüber einem tugendhaften Mann. Bei Plinius ist dies häufig Kaiser Trajan; vgl. Plin. epist. 2,13,8; 3,13,1; 5,13,7; 9,13,23. Vgl. dazu auch unter Nennung weiterer Belegstellen ThLL 2 (1900–1906: 2085,56– 2086,14 s. v. bonus). Der zweite Superlativ amantissimus verweist hier auf die geschwisterliche Liebe von Hispulla und ihrem Bruder und ist frei von jeglicher sexuellen Konnotation; zu dieser Bedeutung vgl. ThLL 1 (1900: 1952,76–1953,81); bei Plinius noch Plin. epist. 5,21,3. Die Verwendung des Superlativs amantissimus findet sich bei Plinius auch zur Bezeichnung eines sehr guten Freundes; vgl. dazu Plin. epist. 4,15,12; 5,1,12; 9,22,1. Zur abundanten Verwendung von Superlativen als Stilmittel in den plinianischen Porträtbriefen vgl. auch Wolff (2003: 55). In Weiterführung des mit pietas, amantissimum, caritas, diligere begonnenen Wortfeldes „Liebe“ bezeichnet adfectus die natürliche, emotionale, nicht berechnende Zuneigung; zu dieser laut Allen (1915: 124), Merrill (1927: 311) und Poteat (1937: 92) nachklassischen Bedeutung, die auch Glücklich (2003: 59) als gegeben ansieht, vgl. ThLL 1 (1900: 1190,20–1191,72); bei Plinius noch Plin. epist. 2,1,8 (ebenfalls bezogen auf die Vaterliebe); 3,10,3; 8,11,1; 10,4,6; id. paneg. 4.69.75.79.

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________________________________________________ aus der Übernahme der Elternrolle durch Hispulla die nicht unbegründete Erkenntnis: „The above occurrences show that women could take after men, or replace a father in the family hierarchy, and illustrate the flexibility of gender roles.“ Diese These wird auch durch das Prädikat repraesentes – hier als Epimone mit diligas korrespondierend – untermauert, das nicht nur die väterliche Liebe zu Calpurnia, sondern auch deren ununterbrochene, kontinuierliche Fortsetzung nach dem Tod des Vaters anzeigt. Gemäß Döring I (1843: 243), Antibarbarus (1866: 849) und Lewis – Short (1969: 1571f.) ist als Bedeutung von repraesentare im klassischen Sinne „zurückbringen, zeigen, entgegenbringen, erweisen“ anzusetzen. Der Kontext offenbart einen deutlichen Gegenwartsbezug und erweckt die Liebe des Vaters in der Tante zu neuem Leben, sodass die Bedeutung „zeigen“ dem beschriebenen Sachverhalt nicht ausreichend gerecht würde; vielmehr ist an dieser Stelle die Bedeutung „lebendig vor Augen stellen“ bzw. „vergegenwärtigen“ anzusetzen.401 Dabei wird die zeitumspannende väterliche Liebe sprachlich-stilistisch durch die Verwendung eines ἀπὸ κοινοῦ abgebildet (Klammerbildung von repraesentes sowohl auf das erste Objekt adfectum amitae als auch auf das zweite Objekt adfectum patris amissi). Nachdem Plinius in der für ihn charakteristischen variatio das gesamte Wortfeld „Liebe“ abgeschritten ist,402 zieht er aus der Beispielreihung die Schlussfolgerung, dass sich ein so liebevoller und moralisch ausgezeichneter Mensch wie Hispulla über die guten Nachrichten, die ihr in den folgenden Zeilen übermittelt werden, gewiss sehr freuen werde (vgl. die erneute Verwendung eines Superlativs maximo403 und vor allem die Lito401

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Wenig zielführend erweisen sich die Erläuterungen der Kommentatoren Allen (1915: 124), Westcott (1965: 201), White (1965: 41) und Blank-Sangmeister (2000: 16); eine überzeugende Kommentierung hingegen findet sich bei Zenoni (1924: 169): „Repraesento vale praesentem esse facio; ob oculos pono.“ Vgl. dazu auch Carlon (2016: 78 s. v. repraesento). Bei Plinius tritt diese Bedeutung noch in Plin. epist. 9,28,3 zutage. Zur variatio lateinischer Verben unter Nennung mehrerer Beispiele vgl. Boese (1936: 137–139); zur variatio allgemein im plinianischen Briefwerk vgl. von Albrecht II (2012: 972f.). Die Konstruktion eines doppelten Dativs (= Verbindung von Dativus finalis und Dativus commodi) ist klassisch. Vgl. dazu Menge (2000) 419f., § 333. Laut Sherwin-White (1968: 7) und Philips (1986: 52 zu Plin. epist. 2,11,1) stellt Plinius mit dieser Wendung eine affektive Verbindung mit dem Adressaten her; vgl. ähnlich Cic. fam. 10,12,2; id. 15,9,1. Zum allgemeinen Dativ-

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________________________________________________ tes non dubito404, die seinen Zweifel in Gewissheit verwandelt). Die aus der Erkenntnis (cognoveris) resultierende Freude gründet sich auf der hervorragenden Entwicklung, die Calpurnia genommen hat und deren Ergebnis (evadere)405 das Brief-Ich Hispulla nun mitteilen kann: Ihre Nichte erweise sich der Familie in allen Belangen als würdig, was durch ein asyndetisches Trikolon, das mit einer Anapher in paralleler Anordnung einhergeht, unterstrichen wird: Sie entspreche ihrem Vater, dem Bruder Hispullas (dignam patre), sie entspreche Hispulla selbst (dignam te) und sie entspreche sogar ihrem Großvater (dignam avo). Glücklich (2003: 59) betrachtet die in Epistel 4,19 vielfältig verwendeten Termini für Liebe und Zuneigung als Rahmen für die Entwicklung Calpurnias und für das Ergebnis dieser Entwicklung. Dabei sei es erstaunlich, dass Plinius dies Hispulla mitteilen müsse und sie es nicht selbst wisse und sehe. Von daher könne Plinius in der vorliegenden Epistel als Evaluator und Glücksbote bezeichnet werden. Die Freude des maritus über die so erfolgreich verlaufene Entwicklung seiner jungen Gattin wird auch in der Verwendung der zweiten Hauptform des metrischen Klauselsystems erkennbar, des

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gebrauch im plinianischen Briefcorpus vgl. Kraut (1872: 13–15) und Boese (1936: 75–83). Die Konstruktion des verneinten Verbs des Zweifelns non dubitare in Verbindung mit einer Infinitivkonstruktion (hier mit einem A. c. I.; es ist sinngemäß eam als Subjektsakkusativ zu ergänzen) findet sich zuerst bei Cornelius Nepos (vgl. id. praef. 1) und ist vornehmlich im nachklassischen Latein ab Livius anzutreffen; im klassischen Latein ist non dubitare mit quin und nachfolgendem Konjunktiv häufiger. Vgl. dazu KS II, 2, 265, § 191, Anm. 3; vgl. auch LHS II, 2, 2, 347, § 191, I. Vgl. auch Allen (1915: 124). Merrill (1927: 311). Shelton (2016: 67); bei Plinius noch Plin. epist. 1,20,8; 5,5,7; 5,18,1; 8,6,17; 8,21,6 (allesamt Belege für non dubitare mit A. c. I.). Die Konstruktion von non dubitare mit folgendem quin findet sich bei Plinius nur ein einziges Mal (vgl. Plin. paneg. 14). Das Verb evadere (hier der Prädikatsinfinitiv im A. c. I.; zu ergänzen ist gedanklich das Demonstrativponomen illam) bezeichnet „il risultato di uno sforzo assiduo“ (Zenoni 1924: 169). Vgl. ähnlich Menge (1988: 38, § 57 s. v. evadere): „Das Werden als Endresultat oder Ergebnis einer allmählichen, an Mühen [...] reichen Entwicklung.“ Vgl. unter Nennung des hier genannten Epistelbeleges auch ThLL 5.2 (1931–1953: 988,81–989,30); die angezeigte Bedeutung von evadere fand bereits bei den klassischen Autoren – im Speziellen bei Cicero – Verwendung; vgl. Cic. Verr. II 3,161; Cic. Mur. 29; Cic. Brut. 35,131; bei Plinius findet sich aber auch die Bedeutung „weggehen, entweichen, entgehen“. Vgl. dazu u. a. Plin. epist. 1,12,11; id. 7,24,3.

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________________________________________________ Dicreticus:406 … dignam patre dignam te dignam avo evadere. (2 γ δ)

So entsteht vor den Augen des Lesers eine Generationenkette (avus – pater – amita – filia), die sich durch moralische Integrität und ein hohes Maß an Familienliebe auszeichnet (pietas, amans, caritas, diligere, adfectus): „This statement reveals how central it was for women, according to Roman thinking, not to be a disgrace for the family.“ (Fögen 2007: 267) Wie tief verwurzelt die pietas in Calpurnias Geisteshaltung ist, zeigt sich an ihrem selbstlosen Einsatz, trotz des weiten Weges und ohne ihren Gatten (dieser musste seinen Pflichten als Statthalter nachkommen) aus der Provinz Bithynia-Pontus aus Anlass des Todes des Vaters ihrer Tante nach Comum heimzureisen, um Hispulla Trost zu spenden (vgl. Plin. epist. 10, 120,2). Die ausgezeichnete Entwicklung Calpurnias kommt nicht von ungefähr, sondern ist Resultat der caritas, die sie durch Hispulla erfahren hat. Dadurch wird zugleich der Weg für einen glücklichen Verlauf des Ehelebens von Calpurnia und Plinius geebnet – eine Beobachtung, die von dem Autor an späterer Stelle im Brief auch explizit bestätigt wird (vgl. Plin. epist. 4,19,5a). Unter Bezugnahme auf den offenkundigen Enthusiasmus des Autors angesichts der prächtigen Entwicklung seiner Ehefrau und der damit zusammenhängenden Dankbarkeit für das exemplum Hispullas ist das Briefproömium gemäß dem Kommunikationsmodell nach Jakobson durchgängig expressiv gefärbt, wobei aber auch die illokutiv-instruktive Ebene in Plin. epist. 4,19,1b bedient wird – ein Passus, der aus sprachlich-stilistischer Perspektive heraus kunstvoll durchwirkt ist (vgl. die Litotes non dubito und den in ein Hyperbaton eingebundenen Superlativ maximo tibi gaudio fore und das anaphorische Trikolon dignam patre – dignam te – dignam avo). Hier schwingt der nicht direkt artikulierte, jedoch intendierte Wunsch des maritus mit, Hispulla möge sich über die fortschreitende hervorragende Entwicklung Calpurnias freuen. Dabei gilt diese 406

Zum antiken Prosarhythmus vgl. exemplarisch Primmer (1968 und 1990). Zur Klauselauflösung in der plinianischen Briefsammlung vgl. grundlegend Hofacker (1903). Vgl. auch Philips (1986: 15f.). Vgl. ferner Pflips (1973: 392– 405, hier bes. 392): „Die rhythmische Durchbildung der Sprache ist für Plinius ein bewusstes Kunstprinzip, das er in seinen Briefen wirksam anzuwenden versteht.“

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________________________________________________ Emotionalisierung nicht nur Hispulla selbst, sondern auch der aristokratischen Leserschaft, die explizit an der Freude über den erquicklichen Werdegang eines derselben Gesellschaftsschicht entstammenden jungen Mädchens teilhaben soll. Gleichzeitig wird eine implizite Emotionalisierung dadurch evoziert, dass nicht nur die von Hispulla vorbildlich vorgelebte pietas betont wird, sondern auch das enge soziale Beziehungsgeflecht, in dessen Mitte Plinius sich seit seiner Jugend befindet und dieses durch seine Heirat mit Calpurnia stärkt und erweitert. Plinius verfolgt also durch seine Ehe mit Calpurnia in erster Linie keine eigennützigen, sondern unter Stärkung und Vertiefung seines aristokratischen Netzwerkes und der damit einhergehenden Tradierung altrömischer Werte vornehmlich soziokulturelle Ziele. Dies ist die vordringliche schriftstellerische Absicht des Plinius in seinem gemäß der Terminologie Genettes als werkinternen Paratext zu markierenden Briefproömium, das dem nun folgenden Basistext – dem eigentlichen Briefcorpus (Plin. epist. 4,19,2–5) – vorausgeht. §§ 2–5: Briefcorpus (= Basistext im vorliegenden Brief) Nachdem der erste Paragraph im Zeichen der captatio benevolentiae stand und die Leistungen Hispullas bei der Erziehung ihrer Nichte in nahezu epischer Breite dokumentierte, verändern sich in den folgenden Paragraphen sowohl der Sprachstil als auch der Blickwinkel. In Form eines Kameraschwenkes wird im Briefcorpus nunmehr Calpurnia in den Blick genommen, wobei das Brief-Ich in kurzen, prägnanten Sätzen jedes Detail im (geistigen) Wesen der jungen Frau in den Blick zu nehmen scheint: „Plinius belebt seine brillante Erzähltechnik durch kühne ‚Kameraführung‘.“ (von Albrecht II 2012: 973) Ließ Plinius sein Brief-Ich im Proömium noch als Lobredner auftreten, lässt er es im Briefcorpus als Berichterstatter fungieren.407 Dabei konzentriert das Brief-Ich sich auf die geistigen und musischen Anlagen Calpurnias. Bereits die ersten Worte geben – wie dies auch im Briefproömium der Fall war – die Richtung vor, die das Porträt der jungen uxor in407

Zur Verbindung von epischer Breite und dem Streben nach brevitas in den plinianischen Briefen vgl. von Albrecht II (2012: 973): „Sprache und Stil der Briefe des Plinius erfreuen durch Klarheit, oft auch durch Kürze. Als Redner hingegen huldigt er dem Prinzip der Fülle.“ Vgl. dazu auch Fögen (2020).

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________________________________________________ haltlich nehmen wird (vgl. Plin. epist. 4,19,2a: Summum est acumen summa frugalitas.). Ohne weitere Ausschmückung geht das Brief-Ich medias in res und zeichnet in seinem Bemühen um brevitas in nur fünf Worten ein Bild Calpurnias, das in den Ohren derer, die altrömische Wertvorstellungen im Sinne des mos maiorum propagieren, einen Wohlklang erzeugt. Die junge Gattin besticht im Inneren durch ihre Scharfsinnigkeit (acumen) und nach außen hin durch ihre Genügsamkeit (frugalitas), die eine ökonomische Haushaltsführung ermöglicht:408 Nach ThLL 1 (1900: 459,72–460,49) ist acumen hier als „Scharfsinn“ zu verstehen und als lobenswerte Eigenschaft einer Person zu werten (id. 460,29). Im plinianischen Briefwerk ist acumen nur an dieser Stelle nachzuweisen.409 Acumen ist als Hinweis auf die Intelligenz Calpurnias aufzufassen.410 In Anlehnung an Allen (1915: 125) sieht Gessenharter (1999: 29) in der Wahl des Begriffes acumen einen Verweis auf eine bestimmte Art von Intelligenz; dies impliziere Unterhaltsam- und Pfiffigkeit. Demzufolge habe Calpurnia den Esprit, der Frauen ziert. Verglichen mit ingenium und ratio spreche Plinius seiner Frau hier die verspieltere Version zu. Gessenharter ist in ihrer Beobachtung insofern zuzustimmen, als sich im weiteren Verlauf der Epistel 4,19 zeigen wird, dass Calpurnia nicht genuin gebildet ist, sondern ihren Geist erst im konkreten Umgang mit den literarischen Werken ihres maritus schärft. Die Bemerkung, wonach Calpurnia acumen besitze, trägt letztlich zur Selbstporträtierung ihres Ehemannes bei, da er sich einerseits innerhalb seines aristokratischen Umfeldes mit einer offensichtlich klugen uxor schmücken und sich andererseits als ruhmreichen Verfasser literarischer opera präsentieren kann. Denn um sich mit Letzteren angemessen zu beschäftigen, bedarf es – so will es der gewiss nicht uneitle Plinius seiner aristokratischen Leserschaft glauben machen – eines gehörigen Maßes an acumen.411 Der Begriff frugalitas verweist auf Genügsamkeit und Sparsamkeit im alltäglichen Leben der Römer: „La

408 409 410 411

Vgl. dazu auch Zenoni (1924: 169) und bes. Carlon (2009: 159), die in diesem Zusammenhang den engen Konnex zwischen acumen und frugalitas betont. Vgl. dazu Heberlein – Slaby (1991: 51) und Carlon (2009: 159). Vgl. dazu auch Blank-Sangmeister (2000: 16). Vgl. dazu auch Westcott (1965: 201) und Centlivres Challet (2013: 51). Zur Bedeutung von acumen im Zusammenhang mit literarischer Bildung vgl. auch die im ThLL 1 (1900: 460,29–33) gegebenen Parallelstellen: Cic. fam. 5,14,2; Hor. epist. 2,1,161; Colum. 1,9,3.

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________________________________________________ frugalitas est encore opposée à la luxuria.“ (Maniet (1966: 151)412 Eine Definition von frugalitas gibt Cicero (Tusc. 3,8,16f.), der diesen Begriff den höchsten römischen Tugenden zuordnet. Ähnlich kommentiert Zenoni (1924: 169): „Grandissima lode per una donna romana.“413 Dies konkretisiert Columella, der in seinem Werk de re rustica in Bezug auf die Ehefrau einen kleinen, altrömisch geprägten Tugendkanon entfaltet (vgl. id. 12, praef. 7: Apud Romanos usque in patrum nostrorum memoriam […] erat enim summa reverentia cum concordia et diligentia mixta, flagrabatque mulier pulcherrima diligentiae aemulatione studens negotia viri cura sua maiora atque meliora reddere.). Die Vernetzung der frugalitas mit anderen altrömischen weiblichen virtutes erläutert Shelton (2013: 111) wie folgt: „Thriftiness was associated with temperance and sexual restraint; extravagance with promiscuity.“414 Akzentuiert durch die Ellipse (das Prädikat est ist im zweiten Hauptsatz entfallen), die parallele Satzanordnung und das Polyptoton summum … summa, avanciert Calpurnia in der Briefmitte zur Hauptfigur und zugleich zum exemplum für die Leserschaft. Offensichtlich hat sich Calpurnia der Bescheidenheit verschrieben und ist der luxuria nicht verfallen. Shelton (2013: 111) sieht in der Betonung der unter Plinius fortgesetzten Erziehung Calpurnias zu einer umsichtigen Leiterin seines Haushaltes einen abermaligen Beleg für ein indirektes Selbstlob des Autors: „Implicit in his statement is the suggestion that he deserved credit for her training in this important area of wifely duties.“ (ibid.) Diese Eigenschaften Calpurnias dürften Plinius freuen, da er für seine genügsame und sparsame Lebenshaltung bekannt ist.415 Dass Plinius frugalitas an Frauen schätzt, 412

413

414

415

Vgl. dazu auch Lewis – Short (1969: 784 s. v. frugalitas). Nach ThLL 6.1 (1912–1926: 1402,10–1402,17) erscheint frugalitas in den Pliniusbriefen häufig. Vgl. dazu Plin. epist. 1,14,4b; 1,22,4; 2,4,3; 2,6,6; 5,19,9; 6,8,5. Vgl. ähnlich Kreuser (1894: 61) und Shelton (2016: 68). Zur häufigen Erwähnung dieser Eigenschaft auf Grabinschriften vgl. mit zahlreichen Belegen Shelton (1990: 166 mit dortiger Anm. 11). Zu frugalitas als einer zentralen altrömischen Tugend, die eine vorbildliche Ehefrau auszeichnet, vgl. auch Carlon (2009: 159f.) und Lefèvre (2009: 210). Vgl. in diesem Zusammenhang auch die Kritik Sallusts an den Eigenschaften und dem Lebenswandel Sempronias (Sall. Cat. 25). Zur Einordnung des Wertbegriffes frugalitas in die aristokratische Werte- und Normenwelt unter Nennung weiterführender Literatur vgl. oben Kapitel 3.8.3 mit den damit verbundenen Anm. 322 und 323. Zur genügsamen Lebenshaltung des Plinius vgl. Bütler (1970: 121), Radicke

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________________________________________________ zeigt sich auch an seinen lobenden Worten über die sparsam lebende Gattin des Kaisers Trajan.416 Dies wiederum lässt zwischen der vorliegenden Epistel und dem unter Kap. 3.8 analysierten Brief 1,14, in dem Minicius Acilianus als idealer maritus gezeichnet wird, eine enge Verbindung entstehen, denn hauptsächlich die frugalitas ist es, die das Kolorit des von Plinius hochgeschätzten Norditaliens prägt. Überdies liegt ein Vergleich zu der jung verstorbenen Minicia Marcella nahe (vgl. Plin. epist. 5,16), die in der glorifizierenden und damit intentionalisierten Darstellung des Plinius trotz ihres noch nicht weit fortgeschrittenen Alters (sie war bei ihrem Tod dreizehn Jahre alt) alle altrömischen Tugenden (u. a. auch verecundia) in sich vereint und dadurch für die aristokratische Leserschaft zum exemplum einer filia stilisiert wird.417 Die nicht zu unterschätzende Bedeutung junger Frauen in ihrer Funktion als Töchter spiegelt sich auch sonst im Briefwerk des Plinius, der – anders als beispielsweise Cicero – in seinen Episteln filiae ebenso oft wie filii erwähnt (filia erscheint an 34, filius an 36 Stellen). In diesem Zusammenhang resümiert Hindermann (2013: 157): „Die ideale Tochter erscheint eingebettet in ein Netz von sozialen Kontakten, die sie, trotz ihres jungen Alters, je nach Status und Bedeutung des Gegenübers adäquat pflegt.“ Darüber hinaus wird in Epistel 5,16 der Intellekt der Verstorbenen gerühmt, den sie – ebenso wie Calpurnia in Epistel 4,19 – dafür einsetzt, um sich der Literatur zu widmen; hier wie dort wird die literarische Begeisterung der beiden jungen Frauen nicht aus eigenem Antrieb heraus entfacht, sondern durch die Liebe zu ihren jeweiligen männlichen exempla: Bei Minicia Marcella ist dies der Vater, bei Calpurnia ist es der maritus. Zu den beiden Eigenschaften acumen und frugalitas treten in Epistel

416

417

(1997: 461f.) und Shelton (2013: 111f.). Vgl. dazu Plin. paneg. 83,7: Eadem quam modica cultu, quam parca comitatu, quam civilis incessu. Dienen möge als intertextuelle Referenz auch Stat. silv. 3,5,14–18a: Cur hoc triste tibi? Certe lascivia corde / nulla nec aut rabidi mulcent te proelia Circi / aut intrat sensus clamosi turba theatri, / sed probitas et opaca quies et sordida numquam / gaudia. Zu einer Interpretation des Elogiums auf die jung verstorbene Minicia Marcella, deren Name in der gesamten Epistel 5,16 nicht genannt wird und der ohne eine inschriftliche Überlieferung (CIL 6,16631) nicht bekannt wäre, vgl. in der älteren Pliniusforschung Gnilka (1973). Vgl. in der jüngeren Forschung Carlon (2009: 148–157). Lefèvre (2009: 213–217). Klodt (2012). Shelton (2013: 275–282); zur sozialen Evidenz von Töchtern (filiafocality) für Väter in der römischen Elite vgl. Hallett (1984a: 76–149).

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________________________________________________ 4,19,2 zwei weitere, von denen die eine eher traditionell ist (castitas): Mit ThLL 3 (1906–1912: 540,80–541,52) ist castitas an dieser Stelle als Keuschheit im Sinne ehelicher Treue aufzufassen:418 „Her thoughts did not run on younger, more attractive men.“ (Westcott 1965: 201) Für wie bedeutsam Plinius castitas für das Eheleben erachtete, belegt die Tatsache, dass Plinius im Panegyricus dem von ihm verehrten Kaiser Trajan castitas als Tugend zuweist (vgl. Plin. paneg. 1,3; id. 20,2). Die andere Eigenschaft Calpurnias ist für eine römische Frau ungewöhnlich und somit exklusiv (studium litterarum). Diese Exklusivität teilt sich Calpurnia mit Statius’ Claudia, die sich aus denselben Motiven für Literatur interessiert.419 Literarische Bildung zeigen in der römischen Literatur auch Sempronia in Sall. Cat. 25 oder die der libelli Stoici kundige vetula in Horazens achter Epode (vgl. Hor. epod. 8,15–18). Auch Ovid mahnt die Frauen zu einer umfassenden literarischen Bildung (vgl. Ov. ars 3,329–348).420 Angesichts der Tatsache, dass die Frau im literarischen und philosophischen Leben der römischen Kaiserzeit keine bedeutende Rolle spielte, kann es als beachtlich gelten, dass Plinius, der sich zeitlebens seinen stu418

419 420

Vgl. ähnlich Shelton (2013: 112). Bei Plinius in dieser Bedeutung noch Plin. epist. 1,14,8b; id. 7,19,4. Als intertextuelle Referenzen bzgl. der ehelichen Treue der Gattin seien Belege der von Plinius besonders geschätzten Autoren Statius, Ovid und Cicero genannt; vgl. dazu Stat. silv. 3,5,3f.: Non metuo ne laesa fides aut pectore in isto / alter amor. Vgl. auch Ov. Pont. 1,4,45f.: Durius est igitur nostrum, fidissima coniunx, / illo. Vgl. auch Ov. trist. 1,6,19.26 (hier fungiert die Ehefrau sogar als Vorbild; vgl. dazu bes. id. 1,6,26: Te docet exemplum coniugis esse bonae); 3,3,48.55; 4,3,14.72 (hier wird die Ehefrau erneut als Vorbild bezeichnet; vgl. dazu bes. id. 4,3,72: exemplumque mihi coniugis esto bonae.). Vgl. auch unter Bezugnahme auf Ciceros Frau Terentia Cic. fam. 14,4,6: Mea Terentia, fidissima atque optima uxor; vgl. auch id. 14, 3,2: Pudet enim me uxori meae optimae. Vgl. ferner id. 14,1,1: Te ista virtute, fide, probitate, humanitate in tantas aerumnas propter me incidisse, Tulliolamque nostram, ex quo patre tantas voluptates capiebat, ex eo tantos percipere luctus! Vgl. dazu Fögen (2007) und McCullough (2011). Vgl. dazu auch Lilja (1978a: 151f.). Gibson (2004: 230–240). Brunelle (2015: 70–73); zur kritischen Betrachtung eines zu hohen Maßes an Intellekt unter Frauen in der römischen Antike vgl. Hemelrijk (1999: 31–36). Fögen (2007: 268 mit dortiger Anm. 33). Carlon (2009: 159); vgl. dazu auch – in bewusst überspitzter Form – Iuv. 6,434–456. Vgl. auch Mart. 2,90,9; id. 11,19,1. Zum Vergleich zwischen den Positionen Iuvenals und des Plinius vgl. Shelton (1990: 164. 177).

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________________________________________________ dia widmete, literarisches Interesse seiner Gattin als wichtige Vorbedingung für eine harmonische und auf Beständigkeit abzielende Ehe erachtet. Calpurnia opponiert nicht dagegen, im Gegenteil: Sie zeigt sich unterwürfig und richtet ihre eigenen Interessen vollständig an denen ihres Mannes aus. Die völlige Anpassung der uxores an die Belange ihrer mariti zieht sich wie ein roter Faden durch die plinianische Briefsammlung: Sie begleiten ihre Männer bei Reisen und zu Gastmählern (vgl. z. B. Plin. epist. 3,1,5; 5,18,1; 9,36,4), sie sind Vertraute bzw. feingeistige sociae (vgl. z. B. Plin. epist. 1,12,7; 1,16,6; 8,5,1) und sie unterstützen ihre Ehemänner in deren Krankheitsphasen und anderen schwierigen persönlichen oder politischen Umständen (vgl. z. B. Plin. epist. 1,5,5; 1,12,3.9; 1,22,9; 6,24,3; 8,18,10).421 Ein eigenes Profil entwickelt Calpurnia als junge uxor nicht; indem sie sich mit den studia ihres maritus beschäftigt und sich diesen offensichtlich voll hingibt (concepit), wird sie zum Spiegelbild bzw. zum Teil der persona ihres Ehemannes. Nicht von ungefähr lässt Plinius das Brief-Ich in Epistel 4,19,2c metaphorisch und klanglich effektvoll formulieren (vgl. die ausdrucksstarke Alliteration caritate concepit): Die caritas für die studia entspringe der Liebe zu ihrem maritus (ex mei caritate)422 wie einer Quelle und werde – das spiegelt sich in dem Verb concipere – von Calpurnia innerlich aufgesogen; vgl. dazu Zenoni (1924: 169): Nelle anime sorelle, che si amano e si stimano profondamente, i pregi e le virtù dell’una non tardano ad entrare, per amorosa e mutua corrispondenza, anche nell’altra: di qui quell’affinità di aspirazioni e di sentimenti su cui riposa e si rinsalda l’affetto coniugale.423 421 422

423

Vgl. dazu auch die Ergebnisse in Kapitel 3.3 der vorliegenden Studie. Der Genitiv mei bezeichnet hier – ähnlich wie tui in Plin. epist. 3,7,15 und 4,19,1 – nicht den Besitzer, sondern steht im Sinne eines Genitivus obiectivus vor seinem Bezugswort caritate. Vgl. dazu auch Zenoni (1924: 169). Westcott (1965: 201). Blank-Sangmeister (2000: 16); vgl. dazu KS II, 1, 597, § 116, 2. Die Präposition ex ist hier mit Döring I (1843: 243) und Zenoni (1924: 169) kausal aufzufassen. Zu der klassischen Verwendung vgl. KS II, 1, 504, § 92, 4 γ und LHS II, 2, 2, 266, § 147; bei Plinius noch Plin. epist. 2,1,10; 2,7,6; 4,27,6; 5,14,6; 5,19,7; 6,6,8. Vgl. ähnlich Plin. epist. 6,7,3: Sed eo magis ad desiderium tui accendor; id. 7,5,1: Incredibile est quanto desiderio tui tenear. Vgl. dazu auch Poteat (1937: 92): „The word concepit is apt and vivid here, for it is often used of the conception of a child.“ Die durch concipere verdeutlichte emotionale Hingabe an eine Person findet sich noch Plin. paneg. 14.

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________________________________________________ Die Liebe zu ihrem maritus führt also zu einer völligen Identifikation Calpurnias mit den literarischen Interessen ihres Gatten und fungiert zugleich als stimulus für die eigene Beschäftigung mit den studia, ja mehr noch: Calpurnia scheint aus Liebe zu Plinius im studium litterarum vollends aufzugehen. Denn ihr reicht es nicht, die Bücher ihres Ehemannes nur zu besitzen (libellos habet) und immer wieder intensiv zu lesen (libellos lectitat),424 sie lernt sie sogar auswendig (ediscit etiam). Diese Bemerkung markiert den Höhepunkt jener dreigliedrigen, asyndetischen Klimax (vgl. auch das exponiert den Satzschluss bildende und dadurch betonte Konjunktionaladverb etiam, das die sachliche Meldung zu einer sogenannten Sensationsmeldung werden lässt). Die Emphase der Textstelle wird durch das Verb ediscere noch verschärft; vgl. dazu Shelton (2016: 68): „Ediscere is an emphatic form of its cognate discere.“425 In diesem Kontext weist De Pretis (2003: 140) die nicht zu unterschätzende Bedeutung der libelli im Verhältnis zwischen den beiden Ehepartnern nach – insbesondere in Zeiten, wenn Calpurnia und ihr maritus räumlich getrennt waren (vgl. dazu Plin. epist. 6,7,1: Scribis te absentia mea non mediocriter adfici unumque habere solacium, quod pro me libellos meos teneas, saepe etiam in vestigio meo colloces.). Zwar war die Ausrichtung der Interessen der Ehefrau auf die ihres Gatten für römische Verhältnisse keinesfalls ungewöhnlich (vgl. Kap. 3.3 der vorliegenden Studie), dennoch erstaunt die hier beschriebene Intensität, mit der Calpurnia ihr studium litterarum betrieb. Dabei erinnert die oben angezeigte, poetisch-verspielt wirkende Klimax an den von Plinius

424

425

Neben der oben angezeigten Bedeutung hat concipere laut ThLL 4 (1906– 1909: 61,16–62,4) auch als vollständiges und klares geistiges Erfassen eines Gegenstandes zu gelten. Lectitare zählt zu den Verba iterativa (frequentativa) et intensiva, die eine Wiederholung oder eine verstärkte Handlung bezeichnen. Vgl. dazu Menge (2000: 244, § 194) und Fögen (2007: 268). Im plinianischen Briefcorpus vgl. noch Plin. epist. 2,17,8; 3,5,1; 4,23,1; 5,5,3; 5,16,3; 6,7,2; 7,17,4. In der römischen Literatur noch Suet. Cal. 16,1. Zu weiteren Belegstellen vgl. ThLL 7.2 (1956–1979: 1089,80–1090,28) und OLD I (2012: 1114). Zur Methode des Auswendiglernens literarischer Meisterwerke vgl. auch Plin. epist. 6,21,7. Libellus als Deminutivum für liber ist eine für Plinius typische Ausdrucksweise und kann als Bescheidenheitstopos gekennzeichnet werden. Vgl. dazu Shelton (2016: 68). Zur abundanten Verwendung dieses Begriffes vgl. die Zusammenstellung sämtlicher Belegstellen in der plinianischen Briefsammlung bei Heberlein – Slaby (1991: 1437–1439).

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________________________________________________ hochgeschätzten Ovid, auf dessen Dichtungen Plinius in seinem Briefcorpus häufig anspielt.426 Plinius nimmt konkreten Bezug auf die ovidischen Lehrsätze in der Ars (vgl. 3,329–339), denen zufolge die Frauen mit literarischen Werken vertraut sein sollten (z. B. mit denen des Kallimachos und sogar mit umfangreichen Epen).427 Die literarische Anlehnung an Ovids Lehrdichtung liegt klar auf der Hand: Plinius, der sich – wie im Speziellen Plin. epist. 4,19,5b dokumentieren wird – schon zu Lebzeiten an seiner gloria erfreuen kann, wagt es hier im artifiziellen Spiel, sich gegenüber seinem dichterischen Vorbild als überlegen zu präsentieren; denn wurde der Gedanke, wonach Frauen seine eigenen Werke lesen mögen, von Ovid noch als hoffnungsfroher, jedoch vorsichtiger Wunsch formuliert (vgl. Ov. ars 3,339: forsitan), ist dies im Falle des Plinius in Person Calpurnias bereits Realität: Frauen lesen die plinianischen Werke, ja verinnerlichen sie sogar. Dieser von Plinius für sich (vermeintlich) entschiedene „dichterische Wettstreit“ birgt nicht zuletzt aufgrund der von Calpurnia bei der Lektüre an den Tag gelegten Intensität eine implizite Emotionalisierung der aristokratischen Leserschaft und ist ein weiteres Element der im Briefcorpus angebahnten Selbstporträtierung des Autors: Je intensiver die Begeisterung für seine Bücher – das Brief-Ich setzt das studium litterarum hier geschickt mit einem studium libellorum Plinii gleich – ausfällt, umso mehr steigt die Anerkennung für den Autor, also für Plinius selbst: „It is conspicuous that she does not seem to be concerned at all with other writer’s literary works. 426

427

Zur literarischen Wirkung Ovids auf Plinius vgl. Guillemin (1929: bes. 117– 127). Prété (1948: 14–31). Cova (1966: 48–59. 72–94). Cugusi (1974: 3–27). Gamberini (1983: 82–121). Marchesi (2008: 53–96). Whitton (2013a: 3f.); zu weiterer Literatur vgl. oben Anm. 14. Vor allem lehnt Plinius sich hier in Form einer intertextuellen Referenz an folgende Stelle aus der ovidischen Ars an (vgl. id. 3,339–346: Forsitan et nostrum nomen miscebitur istis / nec mea Lethaeis scripta dabuntur aquis /atque aliquis dicet ‘nostri lege culta magistri / carmina, quis partes instruit ille duas, / deve tener libris titulus quos signat AMORUM / elige quod docili molliter ore legas, / vel tibi composita cantetur EPISTULA voce; / ignotum hoc aliis ille novavit opus.’). Zur Kommentierung dieser Textpassage vgl. Gibson (2004: 236–238) und Brunelle (2015: 72f.). Letzterer betont den existentiellen Lebensbezug von Literatur (id. 73): „Like life, literature is an act that requires hard work and attention to skillful performance (cf. Am. 2,1,3–4, where Ovid compares his love poems to a theater show); ancient literature was generally read aloud, and good materials require good presentation (vs. Martial 1,38).“

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________________________________________________ According to Pliny’s description, it is only his own books that she reads.“ (Fögen 2007: 268) In Bezug auf auf eine Bemerkung in Epistel 9,13,1 kann hier von edierten Reden bzw. Schriften wie De ultione Helvidii – einer Rede zu Ehren des der Herrschaft Domitians zum Opfer gefallenen Stoikers Helvidius des Jüngeren – ausgegangen werden.428 De Pretis (2003: 140) versteht unter den libelli im Rückbezug auf Ovid (epist. 11,2; id. 17,145f.) die sehnsuchtsvoll-erotischen Briefe, die Plinius an Calpurnia in deren Abwesenheit geschrieben hat (vgl. dazu Plin. epist. 6,7,1). Allerdings greift die Interpretation von De Pretis für die Epistelstelle 4,19, 2c–d zu kurz, da es Plinius darum geht, in puncto literarischem Können ganzheitlich zu wirken, um das inkludierte indirekte Selbstlob zu verstärken. Überdies kommt Plinius an späterer Stelle von Epistel 4,19 noch dezidiert – dann unter expliziter Nutzung des Begriffes versus – auf seine Dichtungen zu sprechen. Insofern sind die libelli des Plinius in einem ganzheitlichen, seine literarische gloria umfänglich fördernden Sinne aufzufassen; die libelli stehen gleichsam für das plinianische Œuvre, dem neben lusus bzw. nugae und Liebesbriefen vor allem edierte Reden angehören.429 Die literarischen Werke des Plinius üben – so will es dieser seiner aristokratischen Leserschaft vermitteln – einen solchen Reiz auf die Rezipienten (hier: Calpurnia) aus, dass sie dadurch in wahre Verzückung geraten und dem Autor (hier: Plinius) höchste Anerkennung und ewiges Andenken im Sinne literarischer immortalitas zollen sollen. Dabei handelt es sich neben edierten Reden – das zumindest legt die oben erörterte Anlehnung an Ovids Ars nahe – auch um die versus des Plinius, wobei diesem daran gelegen ist, sowohl in der Gegenwart als auch von der Nachwelt als erfolgreicher, ja sogar ruhmreicher poeta wahrgenommen zu werden.430 Alle in diesem Paragraphen dargestellen Wesenszüge Calpurnias, unter denen – wie oben gezeigt werden konnte – das studium litterarum hervorsticht, sind Indikatoren für die Liebe zu ihrem Gatten. Diese wird unterstrichen durch die Einbettung des Satzes amat me in die Aufzählung der vier genannten Eigenschaften (acumen – frugalitas – castitas – stu428 429 430

Vgl. dazu auch Sherwin-White (1969b: 114) und Shelton (2013: 359 mit dortiger Anm. 111). Vgl. dazu auch die Interpretation zu Plin. epist. 6,7,1 in der vorliegenden Studie unter Kap. 4.2.2.4. Vgl. dazu auch Ov. ars 3,403f.: Quid petitur sacris, nisi tantum fama, poetis? / Hoc votum nostri summa laboris habet.

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________________________________________________ dium litterarum). Dass ausgerechnet diese Liebe, die im Briefproömium (Plin. epist. 4,19,1) einen exponierten Stellenwert einnahm, in den Augen des Autors ein Zeichen von Keuschheit im Sinne ehelicher Treue ist (castitatis indicium), unterstreicht, worauf es in der Beziehung zwischen Calpurnia und Plinius ankommt; vgl. dazu Bury (1999: 56): Die Liebe zum Gatten wird als logische Folge der castitas angesehen, d. h. sie ist ein sekundärer Wert, nicht Voraussetzung für die Ehe, sondern eher ihr Produkt.

Königer (1990: 57) verweist hier auf Martial (12,97,3), der die ideale Ehefrau mit den Adjektiv-Attributen dives – nobilis – erudita – casta kennzeichnet. Plinius nehme in Epistel 4,19,2 nur auf die beiden letzten Eigenschaften Bezug. Dies überrasche nicht, da er ein Mann sei, der unter Rückgriff auf die philosophischen Grundsätze der Stoa, soweit es ihn persönlich angeht, nicht auf zufällige Glücksgüter, sondern nur auf charakterliche Qualitäten achte. Königer kann hier zugestimmt werden, wenngleich das Vermögen Calpurnias innerhalb des aristokratischen Netzwerkes stillschweigend vorausgesetzt wurde und bei der Familiengründung bzw. -erweiterung von kaum zu unterschätzender Evidenz war (vgl. dazu Plin. epist. 1,14,9a–c). In der Ehe zwischen Plinius und Calpurnia steht – ebenso wie bei sämtlichen Begriffen des Briefproömiums – nicht die sexuelle Liebe zwischen den Ehepartnern im Fokus, im Gegenteil: Es handelt sich um „une autre sorte d’amour“ (Maniet 1966: 166), um geistige concordia. Calpurnia liebt nicht den Körper, sondern in erster Linie den Verstand und die gloria ihres Gatten.431 Somit verleiht Plinius amare in diesem Brief eine neue Bedeutung: Die geistige Vereinigung der Ehepartner drängt die sexuelle Komponente des Begriffes amare in den Hintergrund.432 Dennoch 431

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Zur Bedeutung von gloria als Markierung des grundsätzlichen Lebenszieles des Plinius vgl. Epistel 3,7,14; 6,16,1; 6,20,20; 7,33,1–3.10; 9,3; 9,23,5f.; vgl. dazu Guillemin (1929: 13–22). Prété (1948: 98–101). Bütler (1970: 21–27). Aubrion (1975). Ludolph (1997: bes. 19). Griffin (1999). Mayer (2003: bes. 227–229. 233f.). Rühl (2006: bes. 44–48). Kuhn (2015). Vgl. dazu auch Glücklich (2003: 60) und Haltenhoff (2011a: 315 mit dortiger Anm. 5). Zur Umdeutung bzw. Neudeutung einzelner klassischer Begriffe im plinianischen Briefcorpus vgl. Westcott (1965: XXVIII): „Careful lists have been made [...] of words [...] which were, so far as we know, either newly formed by Pliny; or were used by him and contemporary writers [...] or were

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________________________________________________ spielt die Sexualität auch in dem vorliegenden Brief – zumindest implizit – eine Rolle.433 Denn durch die Inszenierung Calpurnias als einer gelehrsamen jungen Frau wird auf die römische Liebeselegie verwiesen, indem die Intensität der Rezeption mit den literarischen Werken des Plinius nicht nur auf die hohe Bildung und die gloria des maritus hindeutet, sondern die eigene Attraktivität und Anziehungskraft steigert.434 Diese These wird durch die achte Epode Horazens untermauert, wonach die Attraktivität der Frau neben deren äußerer Schönheit (Hor. epod. 8,1–10) von drei entscheidenden Vorzügen bestimmt wird: der Abstammung (Hor. epod. 8, 11f.: imagines triumphales), dem Vermögen (Hor. epod. 8,13f.: onustabacis) und der literarischen Bildung (Hor. epod. 8,15f.: libelli Stoici).435 Calpurnia erfüllt alle diese von Horaz angelegten Kriterien vollständig und hat der vetula in Horazens achter Epode sogar etwas Entscheidendes voraus, und zwar die jugendliche Frische, die für die angestrebte Zeugung von Nachkommen nicht unerheblich ist. Calpurnia definiert sich in ihrer Rolle als uxor im plinianischen Denken in erster Linie als Verehrerin der geistigen und literarischen Leistungen ihres maritus und damit zugleich seiner schon zu Lebzeiten erlangten

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used by earlier poets or prose writers, but in a different sense.“ Nach ThLL 1 (1900: 1951,42–1959,78) kann amare sowohl wohlwollende Zuneigung als auch sexuelle Liebe bezeichnen. Vgl. dazu auch Menge (1988: 4, § 6 s. v. amare) und Shelton (2013: 2012). Zu den intellektuellen und musisch-ästhetischen Anforderungen an die elegische puella docta vgl. Leary (1993: 91): „Well-spoken, witty and widely read, having the ability to sing, dance, play and compose, and being possessed of good taste and manners – such then was the puella docta.“ Vgl. zuletzt auch Hindermann (2010). Eine Zusammenstellung aller Attribute einer puella docta findet sich in der Porträtierung Sempronias in Sallusts Coniuratio Catilinae (vgl. Sall. Cat. 25: Haec mulier […] forma, praeterea viro liberis satis fortunata fuit; litteris Graecis et Latinis docta, psallere et saltare elegantius quam necesse est probae, multa alia, quae instrumenta luxuriae sunt. […] verum ingenium eius haud absurdum: posse versus facere, iocum movere, sermone uti vel modesto vel molli vel procaci; prorsus multae facetiae multusque lepos inerat.). Vgl. auch Cat. c. 35,13–17; vgl. ähnlich die Charakterzeichnung Cornelias in Plut. Pomp. 55,1. Zum Frauenbild in der Elegie vgl. Stroh (1971). Luck (1974). Lilja (1978a). Hallett (1984b). Garbarino (1987). Wyke (1987). Feichtinger (1993). Wyke (1994). James (2003). Ingleheart (2012). Von Albrecht (2013: 185–202). Barbosa (2016). Zur sprachlichen Tradition und Komposition der achten Epode Horazens vgl. Grassmann (1966: 47–70).

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________________________________________________ gloria. Sexualität schwingt in seinen Ausführungen implizit mit (vgl. die Anspielungen auf die Unterweisungen Ovids in dessen Ars und die Reminiszenz an Horazens achte Epode),436 nimmt jedoch eine nachrangige Rolle ein und dient vornehmlich – so ist zu schlussfolgern – der procreatio prolis.437 Dieser Zusammenhang erinnert an eine Stelle aus dem Panegyricus des Plinius für Kaiser Trajan, die eine ähnliche Begeisterung vonseiten der jungen Pompeia Plotina Augusta gegenüber Trajan dokumentiert (vgl. Plin. paneg. 83,6: Quam illa nihil sibi ex fortuna tua nisi gaudium vindicat! Quam constanter, non potentiam tuam, sed ipsum te reveretur!).438 Darüber hinaus gehören zum Idealbild einer römischen uxor nach Meinung des Plinius nicht nur die traditionellen Werte castitas und frugalitas, sondern auch acumen und studium litterarum.439 Allerdings trifft der Leser mit Calpurnia nicht auf eine formvollendete matrona (wie sie beispielsweise eine Ältere Arria repräsentiert), sondern auf eine junge uxor, die es insbesondere aufgrund ihres Interesses an den literarischen Werken des maritus und ihres dadurch geschärften acumen vermag, ihren Teil zum Gelingen einer harmonischen und auf Bestand ausgerichteten Ehe beizutragen. Durch diesen Sachverhalt feilt Plinius seine Selbstporträtierung weiter aus, denn erst durch Calpurnias intensive Rezeption der opera ihres maritus wird aus der uxor eine uxor docta. Letzteres gelingt ihr nicht von sich aus, sondern bedarf der literarischen gloria des Plinius. Die innere Freude, die das studium litterarum seiner Gattin im maritus ausgelöst hat, war bislang nur an einer mit einem asyndetischen Trikolon korrespondierenden Prädikatsklimax ablesbar (vgl. Plin. epist. 4,19,2d: Meos libellos habet lectitat ediscit etiam.). War dies als implizite Emotionssteuerung der Adressatin bzw. der Leserschaft aufzufassen, wandelt sich nunmehr der Grundton der plinianischen Darstellung und gipfelt in 436

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Dass Plinius die römische Liebeselegie kennt und schätzt, wird im Briefcorpus vor allem anhand folgender Stellen untermauert: Plin. epist. 6,15,1; 7,4,3. 7; 9,22. Vgl. ähnlich Shelton (1990: 166); vgl. auch Alston – Spentzou (2011: 131), welche die Liebe Calpurnias zu ihrem maritus in dessen Besitz literarischer gloria begründet sehen, sodass Folgendes konstatiert werden könne: „Their love is therefore pure, completely integrated into the symbolic economy.“ Zu der Person der Pompeia Plotina Augusta und ihrem Verhältnis zu Kaiser Trajan vgl. Balsdon (1989: 149–156) und Shelton (2013: bes. 104–106). Zu den Plotina zugeschriebenen intellektuellen Fähigkeiten vgl. McDermott – Orentzel (1979: 148–156). Vgl. dazu auch Wellmann-Bretzigheimer (1981: 5).

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________________________________________________ der expliziten Wiedergabe der Emotionen des Brief-Ichs in Form eines emphatischen Ausrufes (vgl. Plin. epist. 4,19,3a: Qua illa sollicitudine cum videor acturus, quanto cum egi gaudio adficitur!). Das Brief-Ich verkündet stolz, dass seine Ehefrau hohen Anteil an seinen beruflichen Aktivitäten nimmt, wobei diese zwischen Sorge und Freude hin- und hergerissen ist (vgl. das mit einem Hyperbaton einhergehende Oxymoron: Qua ... sollicitudine – quanto ... gaudio).440 Wie bereits zuvor im Falle der castitas (Plin. epist. 4,19,2b), die als Beweis für die Sittenreinheit Calpurnias diente, sind es hier sollicitudo und gaudium, welche die emotionale Verbundenheit Calpurnias mit ihrem maritus markieren.441 Dabei ist die junge uxor sogar aufgeregter als ihr 440

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Zur besonderen Vorliebe des Plinius für die exclamatio vgl. unter Nennung zahlreicher Belegstellen Niemirska-Pliszczynska (1955: 119): „Omnia, quae Plinii animum praecipue detineant, exclamatione exprimuntur. Quae ex intimo pectore Plinii fluere videtur. Elocutionem Plinii enim affectus ducunt et alunt. Scriptoris nostri animus exclamationibus admirationis, maeroris, odii pascitur et delectatur.“ Zur mentalen Unruhe der Ehefrau als Zeichen innerer Verbundenheit mit ihrem Gatten vgl. als intertextuelle Referenz auch Stat. silv. 3,5,28b–33a: Tu me nitidis Albana ferentem / dona comis [...] / visceribus complexa tuis, sertisque dedisti / oscula anhela meis; tu, cum Capitolia nostrae / infitiata lyrae, saevum ingratumque dolebas / mecum victa Iovem.). Vgl. auch Ov. Pont. 3,1, 60: Et pia non paucis testibus uxor eris; vgl. auch Ov. trist. 1,6,5f.: Te mea subposita veluti trabe fulta ruina est: / Siquid adhuc ego sum, muneris omne tui est. Vgl. auch Cic. fam. 14,1,3: De loco, nunc quidem iam abiit pestilentia, sed quam diu fuit me non attigit. Plancius, homo officiosissimus, me cupit esse secum et adhuc retinet. Ego volebam loco magis deserto esse in Epiro, quo neque Piso veniret nec milites, sed adhuc Plancius me retinet; sperat posse fieri ut mecum in Italiam decedat; quem ego diem si videro et si in vestrum complexum venero ac si et vos et me ipsum reciperaro, satis magnum mihi fructum videbor percepisse et vestrae pietatis et meae; vgl. auch id. 14,2,3: Quod de domo scribis, hoc est de area, ego vero tum denique mihi videbor restitutus si illa nobis erit restituta; verum haec non sunt in nostra manu; illud doleo, quae impensa facienda est, in eius partem te miseram et despoliatam venire. Quod si conficitur negotium, omnia consequemur; sin eadem nos fortuna premet, etiamne reliquias tuas miseras proicies? Obsecro te, mea vita, quod ad sumptum attinet, sine alios, qui possunt si modo volunt, sustinere; et valetudinem istam infirmam, si me amas, noli vexare. Nam mihi ante oculos dies noctesque versaris. Omnis labores te excipere video; timeo ut sustineas, sed video in te esse omnia. Quare, ut id quod speras et quod agis consequamur, servi valetudini.

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________________________________________________ Mann selbst, wenn dieser vor Gericht als Prozessredner442 auftritt. Erst wenn ihr maritus den Prozess erfolgreich beendet habe, verwandele sich Calpurnias emotionale Anspannung in Freude. Diese Beobachtung wird nicht nur durch die Antithesen qua ... sollicitudine – quanto ... gaudio bzw. cum videor acturus – cum egi, sondern auch durch die Verwendung des Periodenschlusses aus Creticus und Tribrachys unterstrichen: ... quanto cum egi gaudio adficitur!

Plinius setzt sein artifizielles Spiel mit einer weiteren Reminiszenz an die erotischen Dichtungen Ovids fort. Denn ähnlich wie Ovid in seiner Ars (vgl. id. 1,125f.) scheint Plinius Freude daran zu empfinden, dass sich seine junge Frau um ihn sorgt.443 Dieses Verhalten Calpurnias schmeichelt ihm, bestätigt es doch mit Nachdruck, wie sehr ihr Leben auf ihn ausgerichtet ist.444 Doch Plinius wird noch konkreter und schildert Calpurnias Anteilnahme an seinen Aktivitäten in immer neuen, selbst für die Adressatin bzw. seine Leserschaft erstaunlichen Bildern, womit nicht nur eine explizite Emotionalisierung, sondern auch eine inhaltliche Klimax sichergestellt wird: Calpurnia entsende Boten, die – ähnlich wie vom Feldherrn instruierte Späher im Kriege – über den Verlauf des von ihrem Gatten geführten Prozesses Auskunft geben sollen (vgl. den finalen Nebensinn des konjunktivischen Relativsatzes in Plin. epist. 4,19,3b: Disponit qui nuntient sibi quem adsensum quos clamores excitarim, quem eventum iudici tulerim.). Die Notwendigkeit, Boten als Prozessbeobachter auszusenden,445 stellt unter Beweis, dass es römischen Frauen in der Kaiserzeit nicht gestattet war, als Zuhörerinnen an Gerichtsprozessen teilzunehmen. Wie wenig Calpurnia das Eintreffen dieser Nachrichten erwarten kann, 442

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Als Objekt zu acturus (Plin. epist. 4,19,3a) ist mit Zenoni (1924: 170), Poteat (1927: 92) und Westcott (1965: 201) causam zu ergänzen. Vgl. ähnlich Shelton (2016: 69). Zur Darstellung der Furcht junger Frauen in der ovidischen Ars vgl. Richlin (1992: 169). Zu dem als Bestätigung der Liebe empfundenen, bereits bei Homer (Hom. Od. 5,306; id. 6,154f.) anzutreffenden Eifersuchtsschmerz der Geliebten vgl. bes. Prop. 3,8; vgl. auch id. 3,6; id. 3,15. Vgl. dazu auch Lilja (1978a: 163). Vgl. in der römischen Liebesdichtung Ov. ars 2,445–454. Vgl. dazu Janka (1997: 334–340). Nach Poteat (1937: 92) ist als Akkusativ-Objekt gedanklich cursores zu ergänzen.

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________________________________________________ zeigt sich sowohl an der sprachlich-stilistischen Gestaltung (vgl. das parallel angeordnete Trikolon quem adsensum quos clamores excitarim, quem eventum iudici tulerim, das durch die Verwendung eines Polyptotons quem ... quos ... quem klanglich verstärkt wird) als auch an der Verwendung des Periodenschlusses aus Creticus und Tribrachys: ... quem eventum iudici tulerim. Neben der Schilderung der Begeisterungsfähigkeit seiner Gattin verfolgt der Autor noch eine weitere Intention: die Porträtierung seiner selbst. Unübersehbar, aber recht dezent wird konstatiert, welch ein erfolgreicher Prozessredner Plinius ist.446 Denn indem aus der Perspektive Calpurnias berichtet wird, macht Plinius sich nicht des übertriebenen Selbstlobes schuldig, sondern überlässt den Lobpreis seiner eigenen Person anderen. Die Technik des indirekten Selbstlobes, derer sich Plinius in seinem Briefcorpus oftmals bedient, manifestiert sich hier in einem erneuten Ausruf (quanto cum egi gaudio adficitur) und im konkreten Hinweis auf die durch seine (vorgebliche) rhetorische Brillanz ausgelösten Beifallsbekundungen der Zuhörer (vgl. die Synonymenhäufung adsensum und clamores und die Junktur eventum iudici tulerim).447 Dies erinnert an eine intertextuelle Referenz auf die ovidische Ars (vgl. id. 2,123: Non formosus erat, sed erat facundus Ulixes); denn der dort im Zusammenhang mit Kirke genannte Odysseus wird „als Musterbeispiel für die Bedeutung der Intelligenz in der Liebe eingeführt, da er stets nicht durch körperliche Schönheit, sondern durch schöne Reden geglänzt habe“ (Janka 1997: 127).448 446 447

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Zur Betätigung des Plinius als eines Prozessredners vgl. Pflips (1973: 14f.) und Fantham (1998: 192–199). Zur Bedeutung von clamor als „Beifallsgeschrei“ vgl. Sherwin-White (1968: 116). Vgl. auch Menge (1988: 162, § 291 s. v. clamor). Diese Bedeutung findet sich bei Plinius häufig; vgl. dazu Plin. epist. 2,10,7; 2,14,6; 4,5,1; 4,9,22; 9,13,18; 9,26,3. Vgl. auch Jacques – van Oosteghem (1965: 137) und Whitton (2013a: 153), der unter Bezugnahme auf Cic. Brut. 95,326 und Mart. 6,38,5f. erläutert, dass clamor im Zusammenhang mit Reden vor Gericht als „index of success“ zu verstehen sei. Vgl. dazu auch Plin. epist. 9,23,1 mit dem Hinweis auf seinen großen Erfolg als Gerichtsredner. Zur Bedeutung des Synonyms adsensus vgl. ThLL 2 (1900–1906: 851,83–853,13). Zur Bedeutung der Redegabe in der römischen Elegie unter Bezugnahme auf die ovidische Darstellung des Odysseus in der Ars vgl. Wildberger (1998: 193–205). Zum Verhältnis zwischen Eloquenz und der äußeren Erscheinung

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________________________________________________ Plinius überzeugt – ähnlich wie Odysseus – nicht durch seine äußere pulchritudo, sondern durch seine Fertigkeiten im Bereich der Redekunst. Dass Plinius seine Prozesse zu gewinnen versteht, ergibt sich aus dem Kontext und bedarf keiner gesonderten Bemerkung, wobei diese Leerstelle mit Bedacht gesetzt wird, um die (in diesem Fall implizite) Emotionalisierung seiner Leserschaft zu steigern. Dabei will Plinius – hier ist Bradley (2010) recht zu geben – von seinem aristokratischen Umfeld als exemplum wahrgenommen werden, das es nachzuahmen gilt. Zugleich verbindet sich einmal mehr die Emotionssteuerung der Leserschaft mit der auf Exemplarität ausgerichteten Porträtdarstellung im Briefwerk des Plinius. Dass sich der Erfolg des Plinius jedoch nicht nur auf dessen Auftreten als Prozessredner, sondern auf seine literarischen Tätigkeiten bezog, untermauern die folgenden Zeilen, die seine opera als feste Bestandteile damaliger Rezitationen in den Blick nehmen (vgl. Plin. epist. 4,19,3c: Eadem449, si quando recito, in proximo discreta velo sedet, laudesque nostras avidissimis auribus excipit.). Bei eben diesen Rezitationen, die entweder öffentlich vor einem größeren Publikum in einem gemieteten Raum bzw. in einer Vortragshalle oder privat in einem kleinen exklusiven Kreis von befreundeten Dichtern und Rednern stattfanden,450 trägt Plinius seine eigenen literarischen Werke, vornehmlich – wie der folgende Paragraph suggeriert – seine eigenen Gedichte, vor (vgl. Plin. epist. 4,19,4:

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in der griechischen und römischen Literatur vgl. mit zahlreichen Belegstellen Janka (1997: 127). Dazu bemerkt von Albrecht II (2012: 974) in Bezug auf Plinius: „Die Briefe des Plinius dokumentieren durch konkrete Beispiele den am alten Cato geschulten Gedanken Quintilians, der Redner habe ein vir bonus zu sein.“ Vgl. dazu auch Picone (1978: 143–148). Das Demonstrativum eadem erfüllt hier die (überwiegend im nachklassischen Latein anzutreffende) Funktion eines Adverbs; vgl. dazu LHS II, 2, 2, 189, § 105, e. Das Rezitationswesen, in der Zeit des Kaisers Augustus eingeführt, war ein charakteristisches Merkmal des geistigen Lebens in Rom. Vgl. dazu im plinianischen Briefcorpus bes. Plin. epist. 1,13; id. 8,12. Zum Rezitationswesen im Allgemeinen vgl. Binder (1995). Vgl. auch Fantham (1998: 77–81. 199– 209). Hemelrijk (1999: 45). Shelton (2013: 188); dass insbesondere zur Regierungszeit des Kaisers Trajan kaum ein Tag ohne Rezitationen verging, dokumentiert Plin. epist. 1,13 anhand der dortigen abundanten Verwendung des Verbs recitare und der von ihm abgeleiteten Formen (vgl. id. 1,13,1: recitaret; 1,13,2: recitator; 1,13,3: recitare, recitandi; 1,13,5: recitandi; 1,13,6: recitem, recitationibus).

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________________________________________________ Versus quidem meos cantat.).451 Obwohl Plinius großes Interesse an Rezitationen hatte (vgl. Plin. epist. 1,13), war er zunächst mit Vorlesungen eigener Schriften noch zurückhaltend (vgl. Plin. epist. 2,19). Erst später, vor allem nach dem Erfolg seines Panegyricus (vgl. Plin. epist. 3,18), nahm er an Rezitationen im kleinen Kreis immer häufiger teil.452 Diese Tatsache ist zugleich ein weiterer Beleg für die Datierung der Epistel 4,19 in die Zeit um 104/105 n. Chr., da die Veröffentlichung seines Panegyricus erst gegen Ende des Jahre 101 n. Chr erfolgt ist.453 Die Bemerkung, wonach Calpurnia bei Rezitationen im eigenen Privathaus hinter einem Vorhang Platz zu nehmen hatte, um ihrem Gatten zu lauschen (Plin. epist. 4,19,4: In proximo discreta velo sedet), unterstreicht, dass das Rezitationswesen eine Männerdomäne gewesen ist, in die Calpurnia als uxor nicht einzudringen vermochte. Shelton (2013: 188) verweist darauf, dass Frauen nur an den Gastmählern und dem damit verbundenen unterhaltsamen Begleitprogramm teilnehmen durften. Allerdings sei die Bedeutung solcher Veranstaltungen – im Kontrast zu den Rezitationen – „lower-class“.454 In Epistel 4,19,3c wird auf Rezitationen im Privathaus des Plinius angespielt, von denen auch in Epistel 8,21,2 die Rede ist. Da Frauen der Zutritt zu diesen Veranstaltungen nicht erlaubt war, musste Calpurnia notgedrungen im Nachbarraum – getrennt durch ein velum – dem Vortrag ihres maritus lauschen.455 Dazu passt die plinianische 451

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Zur Betätigung des Plinius als eines Poeten vgl. Prété (1948: 31). Gamberini (1983: 100–103). Fantham (1998: 204–209); vgl. in der jüngeren Forschung Janka (2015). Zu weiterführender Literatur zum Themenkreis „Plinius als poeta“ vgl. auch oben Anm. 14. Vgl. dazu unter Nennung zahlreicher Belegstellen und unter bes. Berücksichtigung von Plin. epist. 1,13,6 Sherwin-White (1968: 116). Vgl. dazu von Albrecht II (2012: 970). Ferner verweisen Sherwin-White (1968: 296) und Shelton (2013: 98) darauf, dass Plinius erst nach Beendigung seines Konsulates im Jahre 100 n. Chr. wieder Zeit finden konnte, um als Prozessredner und als Rezitator seiner eigenen literarischen Werke aufzutreten. Vgl. dazu eine Episode in Plin. epist. 9,36,4, in der von einem Essen in der plinianischen Villa in Etrurien berichtet wird; hier wird zwar auch aus einem Buch vorgelesen, doch dies war eingebettet in ein größeres Unterhaltungsprogramm (einschließlich Tanzeinlagen). Zur Funktion des velum vgl. Zenoni (1924: 170): „Il velum era anche una specie di portiera (cortina o tappeto) che copriva, ma non chiudeva, la porta di una stanza negli appartamenti.“ Zu dieser Tür-Vorrichtung vgl. auch Sen. epist. 80,1. Sogar die Kaisermutter Agrippina musste sich in ihrer Neugier bei

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________________________________________________ Verwendung des Prädikates in der Wortfolge avidissimis auribus excipit (Plin. epist. 4,19,4), da excipere laut Lewis – Short (1969: 677 s. v. excipio II. B. 2. a) „das Aufschnappen“ einer Sache kennzeichnet, die nicht für die Ohren des Rezipienten (in diesem Fall: Calpurnias) bestimmt ist.456 Doch das hielt Calpurnia nicht davon ab, ihrem Mann nahe zu sein – zu groß war ihr innerer Drang, an den literarischen Erfolgen ihres Mannes teilzuhaben (vgl. die abermalige Verwendung des Superlativs und die klangverstärkende, der Emphase dienende Assonanz in der Junktur avidissimis auribus excipit).457 Im Bild der begierig lauschenden Ehefrau zeigt sich die in den Briefen des Plinius häufig zu konstatierende literarische Verbindung zu den Silvae des Statius, der ebenfalls von seiner Frau berichtet, die ihm bei den Rezitationen seiner Werke aufmerksam zuhört (vgl. dazu Stat. silv. 3,5,33b–35a: Tu procurrentia primis / carmina nostra sonis totasque in murmure noctes / aure rapis vigili; vgl. auch id. 3,5,65; 5,1,44).458 Überdies wird – wie bereits bei der für die römische Antike ungewöhnlich intensiven Beschäftigung Calpurnias mit den literarischen Werken ihres maritus (vgl. oben zu Plin. epist. 4,19,2c–d) – durch das unterwürfige, vollständig auf die Belange des Ehemannes ausgerichtete Verhalten der uxor die Selbstporträtierung des maritus weiter ausgeschärft, indem dessen bislang auf das geschriebene Wort ausgerichtete gloria nunmehr auf das gesprochene Wort ausgeweitet wird. Dadurch erstrahlt die gloria des Plinius in einem umfänglichen, ganzheitlichen Licht. Calpurnia wird nicht enttäuscht: Augenscheinlich hat ihr maritus mit seinen Rezitationen eigener Gedichte Erfolg, was sich in der Junktur lau-

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einer Senatorenversammlung hinter einem Vorhang verbergen. Vgl. dazu Tac. ann. 13,5,1f. Diese Bedeutung kennt bereits Döring I (1843: 244). Vgl. auch Menge (1988: 17, § 28 s. v. excipere). In der römischen Literatur vgl. noch Liv. 2,4,5. Zu weiteren Belegstellen vgl. Lewis – Short (1969: 677 s. v. excipio II. B. 2. a). Dass das Adjektiv avidus, -a, -um häufig attributiv als Kennzeichen von Körperteilen Verwendung findet, bekräftigt ThLL 2 (1900–1906: 1427,25–1428, 31). Zum literarischen Verhältnis zwischen Statius und Plinius vgl. in der älteren Pliniusforschung Peter (1965: 114–116) und Santoro-L’Hoir (1992: 17); vgl. in der jüngeren Forschung Fögen (2007). Hindermann (2010: bes. 58–60). Centlivres Challet (2013: bes. 99–111); zu einer vergleichenden Studie der Frauendarstellungen bei Plinius, Cicero, Statius und Ovid unter philologischen Aspekten vgl. Maniet (1966: 179–185).

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________________________________________________ des nostras dokumentiert. Allerdings vermeidet er es hier, sich zu sehr in den Vordergrund zu stellen, indem er statt des im klassischen Latein zu erwartenden Genitivus obiectivus mei den Pluralis maiestatis nostras setzt. Diese Scheu, seine Dichtungsversuche allzu sehr zu loben, passt mit Aussagen des Plinius überein, wonach er der Qualität seiner Dichtungen skeptisch gegenüberstand, was jedoch als Understatement gedeutet werden kann (vgl. Plin. epist. 9,29,1: Quod intuens ego variis me studiorum generibus nulli satis confisus experior.).459 Zusammengefasst gibt die plinianische Gedankenführung bereits in diesem dritten von insgesamt acht Paragraphen einen Vorverweis auf die Hauptaussage der gesamten Epistel: Unabhängig davon, ob sie ihrem Gatten bei Rezitationen nahe ist oder ob sie nur durch Boten von den juristischen Erfolgen ihres Mannes erfährt, liebt Calpurnia in erster Linie die gloria ihres Mannes, die sich in Plin. epist. 4,19,3b–c vor allem an der Synonymenhäufung adsensus, clamores, eventus, laudes ablesen lässt. In Bezugnahme auf die zuvor in Plin. epist. 4,19,3c angedeutete Dichtkunst des Autors vertieft Calpurnia ihre Beschäftigung mit den versus ihres Mannes und vertont sie.460 Dieses Verhalten erscheint in Form einer inhaltlichen Klimax: Versus quidem meos cantat etiam formatque cithara. Es reicht für die junge Gattin nicht aus, seine Verse nur zu hören, sie muss sie vielmehr singen können (vgl. hier das eine Steigerung anzeigende Adverb quidem).461 Dazu jedoch ist es nötig, diese zu vertonen. Dies wiederum erinnert an die elegische puella docta, die Singen und Musizieren zu vereinen vermag.462 Vgl. dazu Leary (1993: 90): 459

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Zur Qualität der plinianischen Dichtungen vgl. auch Fantham (1998: 205): „Doch sind die Lesungen von Dichtung [...] wohl häufiger und peinlicher gewesen.“ Dennoch war es ihm mit seinem Streben nach gloria durch seine lusus ernst. Vgl. dazu Auhagen (2003: bes. 12f.). Zu den Dichtungsversuchen des Plinius vgl. bes. Plin. epist. 4,14; vgl. auch id. 5,3,2: Facio […] versiculos severos parum; vgl. id. 9,10,2: Poemata quiescunt. Vgl. auch Plin. epist. 7,4,6; id. 7,9,11. Zur Bezeichnung seiner versus als Hendecasyllabi vgl. Plin. epist. 7,4,1: Ais legisse te hendecasyllabos meos. Zur Bewertung der plinianischen hendecasyllabi vgl. exemplarisch Auhagen (2003) und Janka (2015). Zur steigernden Funktion des Adverbs quidem im plinianischen Briefcorpus vgl. mit zahlreichen weiteren Belegstellen Whitton (2013a: 145 zu Plin. epist. 2,9,3). Allgemein zu dem eine inhaltliche Steigerung einleitenden quidem vgl. Lewis – Short (1969: 1511 s. v. quidem I. B. 1). Vgl. dazu exemplarisch Prop. 1,2,27f.; id. 2,3,19f.; zur grundsätzlichen musi-

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________________________________________________ It can be taken as certain that an accomplished girl would have set to music the words of her poet-lover. Ability to set words to music implies, of course, a familiarity with the words in the first place. [...] With singing went, of course, the ability to play an instrument. Men were captivated by music.

Da Calpurnia ihren maritus liebt und sie seine Werke – wie zuvor bereits angeklungen war (Plin. epist. 4,19,2c: studium litterarum, quod ex mei caritate concepit) – begierig in sich aufnimmt, ist es ihr möglich, ohne Gesangsausbildung die Gedichte ihres Gatten mit Hilfe ihrer Kithara zu vertonen (Plin. epist. 4,19,4: non artifice aliquo docente).463 Somit bringt sie die Liebe zu ihrem maritus nicht nur dazu, sich dem studium litterarum hinzugeben, sondern auch ihrer offensichtlich vorhandenen musischästhetischen Begabung nachzugehen: „Her musical skills are self-taught.“ (Shelton 2013: 116) Dass dies primär aus liebevoller Zuneigung zu ihrem Mann geschieht, lässt Plinius sein Brief-Ich in der wirkungsvollen, die explizite Emotionalisierung der Adressatin bzw. der Leserschaft evozierenden Sentenz amore qui magister est optimus markieren (vgl. hier die betonte Endstellung des durch ein Hyperbaton von seinem Bezugswort magister getrennten, in einen Superlativ gekleideten Attributs optimus).464 Die Bedeutung der Liebe zu dem Ehegatten als einem Impulsgeber für die

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schen Begabung und zum Kunstverständnis Cynthias vgl. auch Prop. 1,4,13; 1,8,39–42; 2,11,6; 2,13a,7–12; 3,23,17f.; dass Götter einer schönen Frau ihr besonderes musisches Talent verliehen hätten, ist bereits ein Motiv griechischer Epigramme; vgl. dazu Fedeli (1980: 106–108). Dass Frauen in der Antike auch eigene Dichtungsversuche wagen sollten, fordert Ovid in seiner Ars (2,273–286); wie ernst diese Forderung zu nehmen ist, diskutiert Janka (1997: 231–235) unter Einbezug der intertextuellen Referenz auf Prop. 2,3,19–22. Zur musischen Begabung von Frauen in der Antike vgl. Hemelrijk (1999: 146–153). Vgl. auch zuvor bereits Holzberg (1990: 13) und Shelton (1990: 168f. mit dortiger Anm. 20). Zur genauen Anleitung des Plinius, wie mit seinen Hendecasyllabi zu verfahren sei und ob sie mit der Kithara oder Lyra zu vertonen seien, vgl. Plin. epist. 7,4,9. Laut Zenoni (1924: 170) und Trisoglio I (1973: 481 mit dortiger Anm. 312) entstand der Begriff cithara aus dem griechischen Wort κιθάρα; auch in späteren Zeiten wurde von ihr Gebrauch gemacht, wie Isidor von Sevilla überliefert (vgl. id. Orig. 2,3,22). Zur Vorliebe des Plinius für Sentenzen vgl. in der älteren Pliniusforschung Meister (1924). Gallent-Kočevar (1933). Dragićević (1936: 73); vgl. in der jüngeren Forschung Vielberg (2003) und von Albrecht II (2012: 973f.).

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________________________________________________ eigene künstlerisch-ästhetische Betätigung wird untermalt von der zweiten Hauptform des metrischen Klauselsystems (Dicreticus): ... sed amore qui magister est optimus. (2 γ δ)

An dieser Stelle ist – wie bereits im Briefeingang Plin. epist. 4,19,1 nachgewiesen werden konnte – das plinianische Streben nach imitatio seines Vorbildes Marcus Tullius Cicero erkennbar, dem Plinius hier neben der rhetorischen Einflussnahme hinsichtlich der rhythmischen Satzschlüsse auch ein lebenspraktisches Paradigma zu verdanken hat: Denn eben dieser Cicero hat die Liebe des Atticus zu ihm dafür verantwortlich gemacht, dass jener Atticus zu einem Liebhaber der Redekunst geworden ist (vgl. Cic. Att. 1,13,5: Quae laudas ex orationibus, mihi crede, valde mihi placebant sed non audebam antea dicere; nunc vero, quod a te probata sunt, multo mi ἀττικώτερα videntur.). Diese Situation überträgt Plinius auf die Liebe Calpurnias zu ihm. Doch Plinius geht noch einen Schritt weiter und verleiht seiner Sentenz amore qui magister est optimus den Charakter einer sprichwörtlichen Wendung.465 Spätestens an dieser Stelle der Epistel hebt sich die Ehe zwischen Calpurnia und Plinius von anderen Verbindungen der römischen Kaiserzeit ab: Calpurnia ist nicht nur wohlerzogen, intelligent und stolz auf die beruflichen bzw. literarischen Erfolge ihres Mannes, sondern wird durch die Liebe zu ihrem als poeta gefeierten maritus dazu motiviert, dessen versus in Töne zu verwandeln. Dies ist für Wildberger (1998: 411) ein Beweis dafür, wie sehr elegische Konventionen im Laufe der Zeit zum Allgemeingut geworden sind. So liege klar auf der Hand, dass Plinius seine Gattin als puella docta preise: Kein Musiker, sondern allein die Liebe habe sie gelehrt, seine erotischen nugae zu vertonen.466 465

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Vgl. ähnlich den zum geflügelten Wort avancierten Ausspruch Vergils in seiner Ekloge 10,69: Omnia vincit amor. Vgl. auch Cic. or. 10,33: Sed nihil difficile amanti puto. Zum sprichwörtlichen Charakter der plinianischen Aussage unter Nennung weiterer Belegstellen vgl. Otto (1988: 17 s. v. amare, 1). Relativiert wird die hier erfolgte Gleichsetzung mit amor durch die Parallelstelle Plin. epist. 1,20,12, wonach die praktische Erfahrung (usus) ein magister egregius ist. Vgl. ähnlich Plin. epist. 6,29,4; auch hier wird das Einüben rhetorischer Techniken mit einem optimus dicendi magister assoziiert. Zu amor als Lehrmeister in der römischen Literatur vgl. unter bes. Berücksichtigung der Liebeselegie Stroh (1979b: 131f.) und Giangrande (1991: 72f.). Vgl. auch Prop. 1,10,19f.: Cynthia me docuit semper quaecumque petenda /

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________________________________________________ Abermals ist die völlige Unterwürfigkeit Calpurnias augenfällig, deren Abhängigkeit von der gloria des maritus an dieser Stelle ihren vorläufigen Höhepunkt erreicht: Ist es zunächst die bereits konstatierte intensive Beschäftigung mit den literarischen Werken des Ehegatten (vgl. Plin. epist. 4,19,2c–d), steigert sich dies im Bild der die öffentlichen Tätigkeiten ihres maritus in schmerzvoller Sorge begleitenden uxor (Plin. epist. 4, 19,3), um nunmehr eine Calpurnia anzutreffen, die selbst zur musikalischen Interpretin der versus ihres Ehegatten wird (Plin. epist. 4,19,4). In eben dieser Darstellung dokumentiert sich das artifizielle Spiel des Plinius, der sich hier wiederholt der Gedankenwelt Ovids bedient.467 In Anlehnung an Ov. ars 3,315–348 und Ov. rem. 757f. sollen die vom praeceptor amoris unterwiesenen Frauen schwierige Werke des Kallimachos und sogar umfangreiche Epen an der Harfe darbieten.468 Dies konnte gemäß Wildberger (1998: 350) nur unter der Prämisse gelingen, dass die Interpretinnen die literarischen Vorlagen genau studiert, verstanden, auswendig gelernt und immer wieder rezitiert oder gesungen haben. Auf diesem Wege hätten – so Wildberger weiter (ibid.) – die puellae doctae einen Kunstsinn entwickeln können, ganz abgesehen davon, dass die Lektüre der von Ovid empfohlenen erotischen Gedichte eine sexuell anregende Wirkung habe – auch auf die Vortragende selbst.469 Dazu passt, dass Ovid den von ihm unterwiesenen Frauen nahelegt, die Männer beim Gastmahl

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quaeque cavenda forent: non nihil egit Amor. Vgl. ferner Verg. ecl. 8,47f.; vgl. in der jüngeren Forschung unter Nennung weiterführender Literatur Socas Gavilán (2011). In Anlehnung an Wildberger (1998: 411), Dixon (2001: 42), Carlon (2009: 165–173) und Hindermann (2010) wird im Folgenden auch dann von elegischer Motivik gesprochen, wenn Belegstellen aus der Ars oder den Remedia amoris herangezogen werden. Diese fallen zwar nicht unter die Kategorie der Liebeselegie, weisen aber formal und inhaltlich enge Bezüge zu dieser auf. Vgl. dazu auch Fögen (2006: 246f.). Wildberger (1998: 200 mit dortiger Anm. 39) mutmaßt, es könne sich um Kallimachos’ Epigramme oder dessen Erzählung von Akontios und Kydippe in den Aitien handeln. Hinsichtlich der epischen Vorlagen sei an die Sagen um Iason und Medea oder an die Liebesgeschichte von Dido und Aeneas zu denken. Vgl. ähnlich Leary (1993: 91 mit dortiger Anm. 10); vgl. in der jüngeren Forschung auch Gibson (2004: 231–236) und Brunelle (2015: 70f.). Vgl. dazu in der römischen Literatur Prop. 3,3,19f.; id. 3,9,45; Ov. am. 2,1,5f.; vgl. auch unter Aufarbeitung des literarischen Hintergrundes McKeown III (1998: 7). Wildberger (1998: 350 mit dortiger Anm. 23). Gibson (2004: 224 zum Distichon Ov. ars 3,311f.).

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________________________________________________ durch sirenenhaften Gesang zu betören (vgl. dazu exemplarisch Ov. ars 3, 311–315).470 Die unbestreitbare Anlehnung des Plinius an die ovidische Lehrdichtung legt mit Wildberger (1998: 411) zugleich die begründete Annahme nahe, dass es sich bei den von Calpurnia auf der Kithara interpretierten versus des Plinius um erotische Liebesgedichte handeln muss. Zugleich ist die Anspielung auf die ovidischen Lehrsätze ein Hinweis darauf, dass Sexualität in der Ehe zwischen Plinius und Calpurnia durchaus eine Rolle spielte. Er war für sie durch seine ganzheitlich geschilderte gloria – einerseits im literarischen, andererseits im öffentlichen Tätigkeitsbereich – auch sexuell attraktiv, ebenso wie sie für ihn durch ihre völlige Unterwürfigkeit und die ganz bewusst angebahnte Verinnerlichung der Rolle einer elegischen puella docta (vgl. in diesem Zusammenhang auch Ov. am. 2,4,25f. als weitere Anspielung auf die erotische Liebesdichtung Ovids: Huic, quia dulce canit flectitque facillima vocem, / oscula cantanti rapta dedisse velim.).471 Plinius hat in Calpurnia ein geistiges Pendant gefunden, das im Sinne der Reziprozität den Part des unerfahrenen, jedoch lernwilligen jüngeren Partners einnimmt. Dabei ist – nicht zuletzt aufgrund ihrer musikalischen imitatio seiner Werke – davon auszugehen, dass sie an der gloria ihres maritus partizipieren möchte, womit erneut eine Anspielung auf die Liebeskunst Ovids zu konstatieren ist (vgl. Ov. ars 3,403–421).472 Allerdings wird Calpurnia an keiner Stelle der vorliegenden Epistel als eigenständig und innovativ gezeichnet, vielmehr ist sie in all ihren Tätigkeiten (selbst in ihren musisch-ästhetischen Begabungen) von ihrem maritus abhängig. Zwar erhält sie (und das ist bemerkenswert) durch die Liebe zu ihrem Gatten Einblick in alle seine Lebensbereiche, kann aber daran nicht aktiv, erst recht nicht gleichrangig partizipieren. Vielmehr fungiert der maritus, 470 471

472

Zur Forderung Ovids, wonach die Frauen durch Gesang, literarisches Interesse, Tanz und Anmut bezaubern mögen, vgl. exemplarisch Fränkel (1970: 72). Vgl. dazu unter Aufarbeitung des literarischen Hintergrundes McKeown III (1998: 76f.). Vgl. dazu auch die Darstellung Cynthias in Prop. 1,2,27f.; 1,3,42; 2,1,9f.; Ovid lehrt eine doppelte Intention seiner Liebesdichtung: Einerseits strebt er nach gloria (vgl. Ov. ars 2,733–740; id. 3,339–346; Ov. am. 1,15,7f.), andererseits will er die Frauen betören und gefügig machen (vgl. Ov. ars 2, 273–286; id. 3,547; Ov. am. 2,1,33f.). Vgl. dazu unter Aufarbeitung des literarischen Hintergrundes McKeown III (1998: 22f.). Vgl. dazu auch Gibson (2004: 223–229).

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________________________________________________ auf den Calpurnias Liebe fokussiert ist, als ihr praeceptor. Dies wiederum erinnert an das eheliche Verhältnis des mit Plinius befreundeten Pompeius Saturninus, der seine Gattin aufgrund seiner hervorragenden rhetorischen Fähigkeiten zu einem von Literatur geprägten Leben anleitet.473 Diese intertextuelle Referenz auf Plin. epist. 1,16,6 dokumentiert, dass es in der römischen Kaiserzeit gängige Praxis war, dass der maritus seine (zum Teil noch recht junge) Ehefrau unterrichtete und in dieser Funktion gerne seine eigenen literarischen Werke als Textgrundlage heranzog.474 Zugleich ist in der Darstellung der Ehe zwischen Pompeius Saturninus und seiner anonym bleibenden Gattin ein Lob für den maritus inkludiert – entweder weil er (wie Plinius vermutet) die Briefe seiner Frau in Wirklichkeit selbst verfasst hat oder weil die uxor ihm als Ehemann und Lehrer ihre Bildung verdankt. Zugleich spielt Plinius hier auf eine Stelle aus Ciceros De oratore (3,45) an, wo Lucius Licinius Crassus die Redeweise seiner Schwiegermutter Laelia beschreibt, die ihn an Plautus oder Naevius erinnere. Auffallend an der Ehedarstellung in Plin. epist. 1,16,6 ist die Gleichsetzung der Ehefrau mit einer virgo tam polita docta. Hindermann (2013: 153) unterstreicht den Terminus virgo, der im plinianischen Briefcorpus nur noch ein weiteres Mal in ähnlichem Zusammenhang erscheine (vgl. Plin. epist. 8,23,7). Die in Epistel 1,16,6 betonte Jungfräulichkeit der anonym bleibenden Gattin des Pompeius Saturninus dokumentiert nach Hindermann (ibid.), dass zuvor kein anderer Mann Einfluss auf die geistige Entwicklung des jungen Mädchens ausgeübt hat. Indem Plinius den terminus technicus für das Ausarbeiten von Versen – polire – nutzt (vgl. dazu Cat. c. 1,1f.), suggeriert er der Leserschaft, dass die uxor mit der literarischen materia verglichen werden könne: „Die Ehefrau wird dadurch vom schreibenden Subjekt zum Objekt, das ein Ehemann – ebenso wie es ein 473

474

Vgl. dazu Plin. epist. 1,16,6: Legit mihi nuper epistulas; uxoris esse dicebat. Plautum vel Terentium metro solutum legi credidi. Quae sive uxoris sunt ut adfirmat, sive ipsius ut negat, pari gloria dignus, qui aut illa componat, aut uxorem quam virginem accepit, tam doctam politamque reddiderit. Zu der an den Gelehrten Sextus Erucius Clarus gerichteten Epistel 1,16 vgl. SherwinWhite (1968: 103). Zum archaischen Stil der in Epistel 1,16,6 angedeuteten Briefe vgl. Williams (1978: 306–312) und Fögen (2004: 221–223). Zur literarischen und rhetorischen Ausbildung von Frauen in der römischen Antike vgl. Hemelrijk (1999: 188–206). Im Allgemeinen zur Erziehung aristokratischer Frauen vgl. ebenfalls Hemelrijk (1999: 17–96). Vgl. auch Stahlmann (1997: 41–48) und Kunst (2000: 39f.). Vgl. dazu auch Carlon (2009: 161f.).

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________________________________________________ Dichter mit seinen Versen tut – verfeinern und verbessern kann.“ (Hindermann 2013: 153)475 Zugleich verweist die literarisch-ästhetische Bildung der uxor im Sinne des indirekten Selbstlobes sowohl auf die Bildung als auch auf das didaktische Geschick ihres maritus. Ganz ähnlich verhält es sich in der Ehe des Plinius: Die durch die gloria ihres Ehemannes in Calpurnia entfachte Leidenschaft für dessen literarische Werke wird ihr – wie die oben analysierte Sentenz in Plin. epist. 4,19,4 nahelegt – in ihrer weiteren Entwicklung zum Vorteil gereichen, worin letztlich wieder ein indirektes Selbstlob des Plinius zu erkennen ist: Dadurch, dass er in allen Lebensbereichen (vor allem auf literarischem Gebiet) Erfolge aufweisen kann und sich im ganzheitlichen Sinne als Musterfall aristokratischer Schaffenskraft präsentiert, hat seine Gattin eine Orientierung in ihrem eigenen Leben. Er ist als praeceptor ihr Impulsgeber in literaturästhetischer Perspektive und im stetigen Bemühen um humanitas gleichsam als paedagogus ihr geistiger Kompass.476 In keiner Weise kann Calpurnia an den Status einer Arria maior, Fannia oder der Heroine vom Lariner See heranreichen – allesamt Frauen, die als matronae einzustufen sind und in ihrer moralischen Geisteshaltung sowohl ihren eigenen mariti als auch der aristokratischen Leserschaft als exempla dienen können. Dies kann und will Plinius von seiner Calpurnia nicht behaupten, da sie sich als ein von Hispulla erzogenes Mädchen und als eine von Plinius weiterentwickelte gelehrsame uxor noch auf dem Weg hin zu einer vorbildlichen matrona altrömischer Prägung befindet. Bei aller Gelehrsamkeit ist Calpurnia keinesfalls als elegische puella docta zu bezeichnen, da sie sich den an eine Frau gerichteten gesellschaftlichen Erwartungen der römischen Kaiserzeit fügt, die Interessen ihres maritus zu den ihrigen macht und dadurch die von einer puella docta angestrebte Unabhängigkeit aufgibt. Von daher ist davor zu warnen, die Epistel 4,19 als plinianische Ode an seine Gattin zu interpretieren; vgl. dazu Centlivres Challet (2013: 101): „Pliny reinforces her role of foil for his self-presentation and exposition of his literary skills, her position being accordingly reassessed as an inferior and subservient one.“ 475 476

Vgl. ähnlich Stahlmann (1997: 47f.). Vgl. auch Habinek (1998: 127) und Wyke (2002: 60–63). Vgl. dazu auch Hemelrijk (1999: 33), welche die Unterwürfigkeit unter die (in diesem Fall literarischen) Interessen des Mannes als Grundvoraussetzung für die Gewährleistung einer harmonischen Ehe einstuft: „Calpurnia had to devote herself to his interests and to adapt to his taste.“ (ibid.)

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________________________________________________ Zwar ist die Freude des maritus an der Empathiefähigkeit und dem musisch-ästhetischen Interesse seiner Ehefrau unverkennbar, dennoch wirkt die Darstellung – wird Epistel 4,19,2–4 in der Gesamtschau betrachtet – trotz einiger emotional-expressiver Wendungen eher nüchtern, sodass sich der Eindruck aufdrängt, die Liebe in dieser Beziehung sei „onesided“ (De Pretis 2003: 137 mit dortiger Anm. 27). Aus der Gewissheit heraus, dass Calpurnia ihrem Gatten und all dem, was ihn auszeichnet, völlig zugetan ist, nimmt das Brief-Ich im Folgenden die Rolle eines Sehers ein und sagt unter erneuter Heranziehung eines Superlativs und eines Infinitivs Futur voraus, dass die concordia zwischen ihnen lange fortbestehen und sogar immer weiter wachsen werde (Plin. epist. 4,19,5a: His ex causis in spem certissimam adducor perpetuam nobis maioremque in dies futuram esse concordiam.). Das Motiv der beständigen concordia477, das sich bereits bei Statius findet (vgl. Stat. silv. 5,1,43f.), dient in dieser Epistel als charakteristische Bezeichnung der ehelichen Verbindung zwischen Calpurnia und Plinius. Die intertextuelle Referenz auf die Silvae des Statius kommt nicht von ungefähr, da sich dort – ähnlich wie in den Ehebriefen des Plinius – eine Verquickung traditioneller Werte, ele-

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Zum Begriff der concordia bei Plinius, der – wie in Kap. 3 der vorliegenden Arbeit dargelegt wurde – in Epistel 8,5 sein Idealbild ehelicher concordia findet, vgl. in der älteren Pliniusforschung Hoŝek (1968); vgl. in der jüngeren Forschung Larsson Lovén (2010). Centlivres Challet (2013: 108–111). Shelton (2013: 109f.); zur differenziert zu betrachtenden Bewertung des Begriffes concordia in der Ehe zwischen Calpurnia und Plinius vgl. Shelton (2016: 70): „Although the etymology of the word suggests mutual efforts to love together harmoniously, in practice it was generally the wife who was expected to adapt herself to her husband’s interests.“ Vgl. zuvor bereits Wolff (2003: 79). Zu der Idealvorstellung, die Ehepartner mögen in concordia einander zugetan sein, vgl. gemäß ThLL 4 (1906–1909: 85,5–27) noch Colum. 12, praef. 7; Quint. decl. 291. 338; Tac. Agr. 6,1. Vgl. ferner Mart. 4,13,7 (concordia als Teil der an Verheiratete gerichteten Segenswünsche Martials): Candida perpetuo reside, Concordia, lecto. Vgl. auch die Beschreibung der ehelichen Verbindung von Pollius und Polla in Statius’ Epithalamium (vgl. Stat. silv. 2,2,154f.: Non ulla deo meliore cohaerent / pectora, non alias docuit Concordia mentes.). Vgl. ähnlich Stat. silv. 5,1,43f. in Bezug auf Abascantus und Priscilla: Nec mirum si vos conlato pectore mixtos / iunxit inabrupta concordia longa catena. Bei Plinius noch Epistel 3,16,10 in Hinblick auf die von concordia geprägte Ehe der Älteren Arria mit Caecina Paetus. Zur christlichen Nutzung des Begriffes caritas vgl. Pétré (1948).

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________________________________________________ gischer Motive und positiver Selbstdarstellung finden lässt.478 Hauptsächlich in der um 92 n. Chr. von Statius verfassten und seiner Gattin Claudia zugedachten Silve 3,5, die der Gattung der laudationes zuzuordnen ist, unterstreicht der Dichter die intime und auf Beständigkeit ausgerichtete Beziehung zu seiner uxor. Obgleich Statius die Vorstellung vom Liebesjoch aufgreift und sich als von Claudia gezähmt darstellt (vgl. Stat. silv. 3,5,26), wird die traditionelle Rollenverteilung nicht hinterfragt. Das hindert den Dichter nicht daran, seine Gattin als ideale Ehefrau zu porträtieren, im Gegenteil: Er entfaltet einen wahren Strauß an virtutes, die er an Claudia lobt. Sie sei ein Muster an Treue und Tugendhaftigkeit (vgl. Stat. silv. 3,5,3–10.14–17), wobei vor allem ihre Rechtschaffenheit, Zurückhaltung und Keuschheit hervorgehoben werden (vgl. Stat. silv. 3,5,17f.: probitas et opaca quies et sordida numquam gaudia.). Letzteres verleitet Statius dazu, seine Gattin mit den griechischen und altrömischen Heroinen zu vergleichen (vgl. Stat. silv. 3,5,45). Ferner sei sie in puncto Treue mit Penelope vergleichbar (vgl. Stat. silv. 3,5,6–9.44). Es scheint sowohl für Plinius als auch für Statius ein beruhigender, ja sogar tröstender Gedanke zu sein, dass das Leben ihrer Ehefrauen gänzlich an den Bedürfnissen ihrer mariti ausgerichtet ist, wobei es die literarischen Erfolge der jeweiligen mariti sind, die das Zentrum des Ehelebens bilden (vgl. bei Plinius: Plin. epist. 4,19,2–4; bei Statius: Stat. silv. 3,5,28–36).479 Daraus ergibt sich die Schlussfolgerung: Sowohl die Liebe der mariti als auch die unterwürfige Zuneigung der Gattinnen fußen letztlich auf den von den aristokratischen Lesern erwarteten Gefühlen und Verhaltensweisen.480 478

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Zum Weiterleben der römischen Liebeselegie nach Ovid vgl. Rosati (2005). Wheeler (2004/2005). Hindermann (2009a: 23–32); zu den elegischen Reminiszenzen in den Pliniusbriefen vgl. Shelton (1990: 167f.). Ramírez De Verger (1997/98). Hindermann (2010: 58–60). Baeza-Angulo (2015a/b; 2016; 2017). Zu den motivischen Parallelen im Briefwerk des Plinius und den Silven des Statius vgl. in der älteren Forschung Burck (1986: 219 mit dortiger Anm. 24) und Deissmann (1989: 544 mit dortiger Anm. 146); vgl. in der jüngeren Forschung Fögen (2007: 262f.). Vgl. auch Hindermann (2010: 58–60, hier 60), die konstatiert, dass sowohl Plinius als auch Statius sich in eklektischer Weise elegischer Elemente bedienen, um die Ehe zu schildern. Beide würden entsprechend ihrer Intention der positiven Selbstdarstellung bestimmte Motive und Wertvorstellungen auswählen und übertrügen diese auf andere Gattungen wie Brief und Epithalamium. Zum Frauenbild des Statius vgl. Klodt (2005: bes. 202–222); vgl. auch Zeiner-Carmichael (2007). Vgl. dazu auch Centlivres Challet (2013: 105), die es als vordringlichste Auf-

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________________________________________________ Wie sicher sich Plinius als maritus seines exklusiven Anspruches auf die beständige Liebe seiner Gattin ist, markiert nicht nur das satzumspannende und damit die lange Dauer der Ehe anzeigende, sinnabbildende Hyperbaton perpetuam ... concordiam und das zwischen den beiden Attributen perpetuam und maiorem eingebettete Personalpronomen nobis, sondern auch die Verwendung der zweiten Hauptform des metrischen Klauselsystems (Dicreticus): ... in dies futuram esse concordiam. (2 α γ)

Zwar hat Plinius das Brief-Ich die besonderen Merkmale seiner Ehe mit Calpurnia bereits in der Briefmitte (Plin. epist. 4,19,2–4) eingehend beleuchten lassen, fühlt sich aber an dieser Stelle dazu veranlasst, das zuvor Gesagte prägnant und begründet zusammenfassen zu lassen (vgl. Plin. epist. 4,19,5b: Non enim aetatem meam aut corpus, quae481 paulatim occidunt ac senescunt, sed gloriam diligit.). Der Hinweis auf den allmählich alternden Körper bzw. auf die dahinschwindende Lebenskraft erinnert sowohl an die Textpassage Ov. ars 2,113–122 als auch an Ov. fast. 6,771f.: Tempora labuntur, tacitisque senescimus annis, / et fugiunt freno non remorante dies. Mit Hilfe dieser erneuten Anspielung auf die Lehrdichtung Ovids setzt Plinius nicht nur sein artifizielles Spiel fort, sondern erläutert hier explizit, was er unter dem in Plin. epist. 4,19,2b nur vage angedeuteten indicium castitatis versteht: Die Liebe Calpurnias gründe sich nicht auf Äußerlichkeiten wie jugendliche Schönheit (aetas, corpus), sondern auf dauerhafte Werte, zu denen gloria zu zählen ist. Diese Haltung ist erstaunlich für eine junge Frau, eingedenk dessen, dass sie hinsichtlich des Aussehens ihres Partners noch anspruchsloser ist als der maritus selbst, der in seinem Empfehlungsschreiben für Minicius Acilianus die pulchritudo eines maritus als Ausweis für dessen Lebens- und Zeugungskraft zu einem zentralen Kriterium bei der Suche nach einem geeigneten Bräutigam erhebt (vgl. Plin. epist. 1,14,8a/b: Est illi facies liberalis multo sanguine, multo rubore suffusa, est ingenua totius corporis pulchritudo et

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gabe römischer uxores erachtet, die Qualitäten, Fähigkeiten und Verdienste ihrer mariti zu bezeugen: „And it is in this essential role, that of witnesses, that women gain power.“ Das Relativpronomen quae (hier Nom. Pl. n.) fasst die beiden vorausgehenden Akkusativ-Objekte aetatem und corpus zusammen. Vgl. dazu auch Shelton (2016: 70).

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________________________________________________ quidam senatorius decor. Quae ego nequaquam arbitror neglegenda; debet enim hoc castitati puellarum quasi praemium dari.). Nicht zuletzt deshalb erreicht die Porträtierung der jungen Gattin in Plin. epist. 4,19,5b ihren Höhepunkt. Dabei kulminieren die von Calpurnia geschätzten dauerhaften Werte in einem einzigen Wort: gloria. Dieser Begriff steht für all das, was die Römer – auch die römischen Literaten – ihr gesamtes Leben hindurch suchten: Bestätigung der Leistungen, Anerkennung und ein Nachleben, das ewiges Andenken gewährleistet. Dieser Gedanke, der aus der griechischen Philosophie stammt und bereits bei den Autoren der späten Republik ein konstitutives Element ihrer Werke bildet (vgl. Cic. off. 2,45f.), erfährt in der zweiten Hälfte des ersten nachchristlichen Jahrhunderts eine spezifische Ausprägung.482 Denn während es bei Angehörigen des senatorischen Standes früher als das vornehmste Ziel galt, gloria in Politik und Krieg zu erwerben, wird es nun gleichermaßen wichtig, auch auf dem Feld der studia Ruhm zu erlangen.483 Bei Plinius erfährt dieser Gedanke im Hinblick auf das literarische Interesse seiner Gattin eine weitere inhaltliche Steigerung, denn im kontrastiven Vergleich zu dem vergänglichen corpus sei literarische gloria von unverbrüchlicher Dauer. In dieser Einschätzung geht Plinius mit Cicero, Sallust und Ovid konform (vgl. dazu Sall. Cat. 1,4: Divitiarum et formae gloria fluxa atque fragilis est, virtus clara aeternaque habetur; vgl. auch Cic. Arch. 11,26; Ov. ars 3,403f.).484 Dabei sei das Streben nach gloria aus Sicht des Plinius nichts Verwerfliches, sogar ganz im Gegenteil: Er empfindet es als misslich, wenn sich jemand dadurch, dass er mit seinen studia nicht an die Öffent482

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Vgl. auch Radicke (1997: 464), der feststellt, dass diese gedankliche Tradition sich besonders gut bei Plinius fassen lasse, da die Ansicht, wonach literarischer Erfolg Gewähr für immerwährende gloria biete, sich wie ein roter Faden durch das gesamte Briefcorpus ziehe. Vgl. dazu auch Hoŝek (1968: 51). Zur Bedeutung der in der römischen Kaiserzeit verstärkt literarisch geprägten gloria vgl. in der älteren Forschung Guillemin (1929: 13–22). Knoche (1934: bes. 112–124). Vermeulen (1981: 202); vgl. in der jüngeren Forschung exemplarisch Radicke (1997: 464) und Griffin (2000: 552f.); konkret zur gloria des Plinius vgl. Maniet (1966: 153–156) und Kuhn (2015). Zum plinianischen Streben nach unvergänglicher gloria vor dem Hintergrund der otium–negotium–Dichotomie vgl. Castagna (2003: 145f.). Rühl (2006: 44–48). Fitzgerald (2007: 197f.). Lefèvre (2009: 285). Haltenhoff (2011b: 198–205). Geisthardt (2015: 158–189). Köstner (2017: 111–113). Vgl. ähnlich Ov. am. 1,15,7f.; Ov. rem. 393f.; Ov. trist. 5,1,75f.; vgl. auch Lucr. 1,922f.; Hor. ars 324.

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________________________________________________ lichkeit tritt, um sein verdientes Ansehen bringt (vgl. Plin. epist. 5,8,2: Me autem nihil aeque ac diuturnitatis amor et cupido sollicitat, res homine dignissima, eo praesertim qui nullius sibi conscius culpae posteritatis memoriam non reformidet.).485 Das Zwischenfazit lautet: In der Erwartung einer immer innigeren und auf Beständigkeit angelegten concordia zwischen den Ehegatten tritt die Körperlichkeit hinter die Übereinstimmung in der geistigen Grundhaltung zurück.486 In diesem Zusammenhang mag es für Calpurnia ein Kompliment sein, weniger den Körper als vielmehr die gloria ihres Gatten zu lieben (Plin. epist. 4,19,5b: gloriam diligit); dies stellt – und das zum wiederholten Male – ein indirektes Selbstlob für Plinius dar: Denn während er bei anderen mariti die männliche pulchritudo als ein zentrales Kriterium bei der Suche nach einem geeigneten Bräutigam ausweist (vgl. Plin. epist. 1,14,8a/b), strahlt Plinius einzig und allein aus seiner offensichtlich schon zu Lebzeiten erlangten gloria heraus. Dies wiederum bedeutet im Umkehrschluss: Attraktiv wird Plinius vor allem durch seine geistigen Vorzüge, die sich in seinem literarischen und rhetorischen Erfolg spiegeln.487 Hier folgt Plinius ein weiteres Mal den elegischen Unterweisungen Ovids, der in seiner Ars vor dem trügerischen Gut der Schönheit warnt und zu einer Wertschätzung anderer virtutes rät (Ov. ars 2,143f.: Ergo age, fallaci timide confide figurae, / quisquis es, aut aliquid corpore pluris habe.).488 Plinius porträtiert sich also mit Hilfe seines Brief-Ichs als 485

486

487

488

Zum Ruhmesgedanken im plinianischen Briefcorpus vgl. auch Epistel 7,25,1: O quantum eruditorum aut modestia ipsorum aut quies operit ac subtrahit famae! Vgl. dazu Bütler (1970: 22). Leach (2003: 147f.). Pausch (2004: bes. 61 mit dortiger Anm. 56). Ähnlich verhält es sich zwischen Claudia und Statius, der von seiner Frau trotz seiner zunehmenden Gebrechlichkeit nicht verlassen worden ist; vgl. dazu Stat. silv. 3,5,37–42a: Qualem te nuper Stygias prope raptus ad umbras, / cum iam Lethaeos audirem comminus amnes, / aspexi, tenuique oculos iam morte cadentes! / Scilicet exhausti Lachesis mihi tempora fati, / te tantum miserata dedit, superique potentes / invidiam timuere tuam. Eine recht harsche, die auf gloria fußende Attraktivität des Plinius zu wenig berücksichtigende Interpretation findet sich bei Gessenharter (1999: 30): „Obwohl als nüchterne Feststellung formuliert, fördert dieser Satz doch das Bild eines alternden, äußerlich an Attraktivität verlierenden Mannes zutage, der um dauerhafte Bestätigung ringt.“ Janka (1997: 140f.), der Ovids These der vergänglichen körperlichen Schönheit in Anlehnung an das Odysseus–Kalypso–Exemplum auf die Formel „Intelligenz macht liebenswürdig“ bringt, kommentiert die Textstelle unter Ein-

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________________________________________________ einen vir bonus, dessen Männlichkeit – wie in Kap. 2 der vorliegenden Studie herausgearbeitet wurde – sich einerseits über eine strikt auf Tugendhaftigkeit abzielende Geisteshaltung, andererseits über eine nach außen gerichtete, auf guter Physis gründende rhetorische Kunstfertigkeit definiert. Zu einem solchen männlichen Ideal passt auch das Bild, das er von seinem weiblichen Pendant entwirft: Seine Gattin Calpurnia zeichnet sich in erster Linie durch ihre moralische Integrität aus, die eines Plinius – so mag der geneigte Leser denken – würdig ist. Auch hinsichtlich ihrer virtutes findet sich kein expliziter Hinweis auf körperliche Attraktivität, ja vielmehr noch: Erwähnung findet unter den Tugenden zunächst ihr acumen (Plin. epist. 4,19,2a), darauf folgend ihre frugalitas (Plin. epist. 4,19,2a) und erst ganz am Schluss ihre castitas (Plin. epist. 4,19,2b). Hier geht Plinius über Statius hinaus, der von einer römischen Ehefrau vornehmlich simplex hilarisque fides und mixta pudori gratia erwartet (vgl. Stat. silv. 5,1,65f.). Calpurnia hingegen glänzt durch das von ihrem maritus selbst evozierte und geförderte studium litterarum, das sie dazu motiviert, die versus ihres Gatten zu vertonen und sich an dessen literarischen Erfolgen zu erfreuen. Ihre unbedingte Fixierung auf ihren maritus und die damit einhergehende musikalische Interpretation seiner Dichtung auf der Kithara macht sie – hier sind die zahlreichen elegischen Anspielungen in Plin. epist. 4,19,2–5 zu beachten – letztlich für ihren maritus auch sexuell attraktiv. In diesem Zusammenhang sind Verbindungslinien zwischen Calpurnia und Properzens Cynthia offenkundig: Sowohl bei Cynthia als auch bei der jungen Gattin des Plinius rufen die literarischen Werke ihrer Männer Bewunderung, ja sogar zärtliche Gefühle hervor (vgl. dazu Prop. 2,13a; vgl. auch Prop. 1,8,39–42; 2,24c,21f.; 2,26,25f.; 2,33b,36–38). Allerdings besteht der zentrale Unterschied zwischen beiden Frauen darin, dass sich Cynthia bereits vor der Bekanntschaft mit Properz für Literatur interessiert haben soll. Eben diese literarische Bildung sowie Cynthias künstlerische Talente (Tanz, Leierspiel, Dichtkunst) zeichneten entscheidend dafür verantwortlich, dass die junge Frau einen besonderen (auch sexuellen) Reiz auf Properz ausgeübt hat (vgl. zum Gesamtkontext Prop. 1,2,26–32; 1,4,13; 2,1,9f.; 2,3,17–28; 2,11; 2,30,25–40).489 Durch ihre

489

bezug intertextueller Referenzen (zur Antinomie animus – corpus vgl. u. a. Ov. am. 1,10,13; id. 3,11,37f.; Ov. ars 1,384; Ov. rem. 229–231; Ov. epist. 7,7; id. 19,7). Vgl. auch Ov. am. 2,4,17f.25–28. Vgl. dazu unter Aufarbeitung des literarischen Hintergrundes McKeown III (1998: bes. 75–77). Zum gesamten Sach-

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________________________________________________ Nähe zu den schönen Künsten wird Cynthia zur Muse Properzens: Sie ist es, die sein ingenium entfesselt (vgl. Prop. 2,1,4: Ingenium nobis ipsa puella facit.).490 Bei Calpurnia ist der Weg ein umgekehrter: Erst die Liebe zu ihrem maritus und die damit in Aussicht stehende gloria, an der sie als seine uxor partizipieren kann, veranlasst sie dazu, sich für Literatur zu interessieren. Eine Muse ist Calpurnia für ihren Gatten – so lässt sich schlussfolgern – keineswegs. Zugleich befördert die Unterwürfigkeit Calpurnias die Selbstporträtierung des Plinius, dessen gloria nicht nur im öffentlichen, sondern auch im privaten Bereich im hellsten Licht erstrahlt: „Her love also has a clear public orientation. Calpurnia loves Pliny because of his gloria.“ (Alston – Spentzou 2011: 130) Dies ist eine wenig romantisierende, jedoch umso wirksamere Erkenntnis in der Wahrnehmung der aristokratischen Leserschaft, die durch die Verwendung der zweiten Hauptform des metrischen Klauselsystems besonderes Gewicht erfährt (Dicreticus): ... sed gloriam diligit. (2 δ)

§§ 6–8: Briefschluss einschließlich Epilog (= briefinterner Paratext) Nachdem Plinius sein Brief-Ich die Porträtierung Calpurnias in einer Klimax mit dem Verweis auf die concordia als Fundament ihrer Ehe hat abschließen lassen, kommt er in Form einer Ringkomposition wieder auf Hispulla, die Tante Calpurnias und zugleich Adressatin dieser Epistel, zu sprechen. Zu diesem Zweck greift er für die verbleibenden drei Paragraphen der Epistel (Plin. epist. 4,19,6–8) auf Motive zurück, die im Briefeingang (vgl. Plin. epist. 4,19,1) bereits angeklungen sind. Dabei entspricht das unpersönliche decet dem mehrfach wiederholten dignam (Plin. epist. 4,19,1). Überdies schlüpft das Brief-Ich aus der Rolle des Berichterstatters in die des Gesprächspartners (vgl. Wechsel von der sachlich-berichtenden dritten Person Singular zur persönlichen Anrede in der zweiten Person Singular). Zugleich wird auf Hispullas kaum zu unterschätzenden Anteil an der Entwicklung Calpurnias rekurriert (Plin. epist. 4,19,6: tuis 490

verhalt vgl. Hindermann (2010: 52 mit dortigen Anm. 52–56). Vgl. ähnlich Prop. 2,30,37–40, hier bes. 40: Nam sine te nostrum non valet ingenium; vgl. dazu auch Tib. 2,5,111f.; Ov. am. 2,17,34; id. 3,12,16; Mart. 8,73.

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________________________________________________ manibus educatam, tuis praeceptis institutam.). Das Brief-Ich setzt also den nach Plin. epist. 4,19,1 unterbrochenen Lobpreis auf Hispulla fort und formt dadurch einen Rahmen um die Porträtierung der jungen Gattin. In Calpurnia preist das Brief-Ich Hispulla, in Hispulla Calpurnia, was die parallele Anordnung der beiden Eingangssätze in Plin. epist. 4,19,6 belegt: tuis manibus educatam – tuis praeceptis institutam. Hispulla bildet als „Erziehungsgeberin“ durch die Anapher von tuis jeweils den Satzanfang, das „Erziehungsmittel“ jeweils die Mitte (manibus – praeceptis) und Calpurnia als „Erziehungsnehmerin“ jeweils das Satzende (educatam – institutam). Das moralisch strenge Vorbild Hispullas (vgl. die beiden Erziehungsmittel manibus und praeceptis) findet sich nunmehr bei Calpurnia wieder, die in ihrem Verhalten das vorgelebte Ideal ihrer Tante weiterführt. Diese Stringenz wird auch in der Verwendung der klangverstärkenden Stilfigur des Homoioteleuton erkennbar (tuis manibus educatam – tuis praeceptis institutam). Im Folgenden konkretisiert das Brief-Ich die Erziehungsmethoden Hispullas, die sich – hier wird der Gedanke des vorausgehenden decet und der beiden Erziehungsmittel manus und praecepta weitergeführt – durchaus streng gestaltet haben, wie der dem Militärwesen entlehnte, die Zeltgemeinschaft von Soldaten anzeigende Begriff contubernium belegt; vgl. dazu auch Glücklich (2003: 62): „Die Anspielung auf das Militärwesen zeigt, dass Plinius an die Gewöhnung, das Einschleifen, das exercitium des exercitus, aber auch die exercitatio junger Menschen glaubt.“491 Doch auf den Eindruck der von Hispulla ausgehenden Strenge und einschleifenden exercitatio lässt das Brief-Ich in einer kurzen, prägnant formulierten Wortfolge gleichsam als Antithese die Beschreibung der ausgesprochen guten Atmosphäre folgen, in der Calpurnia aufgewachsen ist und die sich – so ist zu folgern – gewiss positiv auf das junge Mädchen ausgewirkt haben wird (Plin. epist. 4,19,6: quae nihil in contubernio tuo viderit nisi 491

Zu weiteren zahlreichen Belegstellen bzgl. dieser Bedeutung vgl. ThLL 4 (1906–1909: 792,50–793,46); im plinianischen Briefcorpus noch Epistel 7,24, 3 und mit Bezug auf die Erziehung des Sohnes von Corellia Hispulla Epistel 3,3,3. Zur ursprünglichen Wortbedeutung von contubernium vgl. Shelton (2013: 380 mit dortiger Anm. 47): „The word means in origin ‘sharing a tent (physical space)’ as in the military.“ Allmählich habe sich contubernium laut Shelton (ibid.) zu der Bedeutung „sharing life“ entwickelt, sodass hinsichtlich der vorliegenden Briefstelle 4,19,6 von einem Bild „of a close family unit“ gesprochen werden könne. Vgl. ähnlich Gibson – Morello (2012: 140).

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________________________________________________ sanctum honestumque). Calpurnia führte in dem sicheren Hort ihrer Tante ein behütetes Leben – mit dem klaren (Erziehungs-)Ziel, für ein Leben mit einem Aristokraten vorbereitet zu werden, „ready to be refined according to his wishes“ (Carlon 2009: 159). Dabei lässt der durch seine Endstellung exponierte Hinweis auf die hehren Werte, die von Hispulla vertreten werden und die Erziehung ihrer Nichte prägen, das markant nachklingende contubernium an Schärfe verlieren.492 In einem weiteren Relativsatz, der gegenüber dem direkt vorausgehenden parallel angeordnet ist, kommt der maritus wieder selbst in den Blick, denn auf ihn war die Erziehung Calpurnias – zu beachten ist hier das resultativ gefärbte Adverb denique – von Anfang an zugeschnitten (Plin. epist. 4,19,6: quae denique amare me ex tua praedicatione consueverit.).493 Diese letzte Aussage dokumentiert, wie es in der römischen Kaiserzeit zu einer Heirat zwischen aristokratischen Partnern kam. Sie wurde von langer Hand geplant und akribisch vorbereitet, wobei nichts dem Zufall überlassen wurde. Von Beginn der Erziehung Calpurnias an stellte Plinius in den Augen Hispullas den am besten geeigneten maritus für ihre Nichte dar. Hispulla fungiert also nicht nur als Ehestifterin, sondern trägt entscheidend Sorge dafür, dass das Netzwerk zwischen zwei einflussreichen aristokratischen Familien gestärkt und sogar weiter ausgebaut wird. Umso erfreulicher dürfte es für Hispulla sein, zu erfahren, dass diese Verbindung von concordia geprägt ist. Die in Epistel 4,19 als untrennbar verbundenes soziales Dreieck geschilderte Personenkonstellation Hispulla – Plinius – Calpurnia lässt darauf schließen, dass der Erfolg einer Ehe in der römischen Kaiserzeit von der richtigen Erziehung der Frau abhängig gewesen ist, wobei das Leben der uxor – in einer Atmosphäre des sanctum honestumque aufwachsend – 492

493

Zur moralischen Unterweisung in der römischen Erziehung vgl. Shelton (2013: 116); vgl. auch Bury (1999: 57): „Gelehrigkeit und Liebe haben also im Dienst des Mannes zu stehen, so geht es auch aus den praecepta der Tante hervor.“ Praedicatio meint mit Zenoni (1924: 171) hier „è cio che si va spesso ripetendo di qualcuno, coll’intento di diffonderne e divulgarne i pregi e la lode.“ Die mit Lob verbundene Empfehlung einer Person angesichts deren Verdienste findet sich im plinianischen Briefcorpus noch Plin. epist. 1,8,6; id. 9,19,4; vgl. auch Plin. paneg. 54,2. Vgl. auch Cic. Arch. 11,26: In eo ipso, in quo praedicationem nobilitatemque despiciunt, praedicari de se ac nominari volunt. Zu weiteren Belegstellen vgl. OLD II (2012: 1571 s. v. praedicatio).

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________________________________________________ gänzlich auf die Verehrung des Ehemannes auszurichten war. BlankSangmeister (2000: 17) versteht die angezeigte Junktur als „Anstand und Ehrbarkeit“. Dies legt auch ThLL 6.3 (1936–1942: 2909,73–2910,68, hier bes. 2910,39–68) nahe, da es sich – insbesondere bei honestum – um eine hochwertige geistige Grundhaltung handele. Carlon (2016: 80) steigert diese Auslegung insofern, als sie sanctum mit virtus in Verbindung bringt. Laut Pflips (1973: 74) spiegelt sich in sanctum ein hohes Lob; dies gelte umso mehr, als hier an Cicero erinnert werde, in dessen Werken sanctum die Eigenschaft römischer Staatsmänner sei, welche „die durch Sitte, Recht und Gesetz geheiligten Grundsätze mit der größten Gewissenhaftigkeit beobachten“ (ibid.).494 Kurz gefasst: Alle Handlungen der beiden Protagonistinnen vor und in der Ehe sind auf eine Person zugeschnitten: auf Plinius, dessen Brief-Ich in der in Epistel 4,19 skizzierten Personenkonstellation den Mittelpunkt bildet. Kurz vor Beginn des Epilogs wird die Erziehung des Plinius zu einem idealen maritus beleuchtet (Plin. epist. 4,19,7). In diesem Zusammenhang nimmt Hispulla erneut die zentrale Rolle ein, sodass ihr doppelter Dank gebührt – ein Umstand, dem im Epilog dieser Epistel (Plin. epist. 4,19,8) insofern augenzwinkernd Rechnung getragen wird, als der maritus und seine junge Gattin sich im Danksagen einen beachtlichen Wettstreit liefern. Der vorletzte Paragraph der Epistel 4,19 dient unter Verweis auf die enge freundschaftliche Bindung der Familie Hispullas und der des Plinius dem Festigen des sozialen Netzwerkes. Prononciert wird hier der gesellschaftlich höhere Rang der plinianischen gens – nicht zuletzt durch den Hinweis auf die besondere Ehrerbietung Hispullas gegenüber Plinia, der Mutter des Plinius (vgl. Plin. epist. 4,19,7: cum matrem meam parentis loco vererere.).495 Die Betonung der Verehrung der Mutter, die in der plinianischen Briefsammlung nur an zwei Stellen Erwähnung findet (vgl. Plin. epist. 6,16,4; id. 6,20,5) und zum Zeitpunkt der Abfassung der Epistel – wie das Imperfekt in vererere anzeigt – bereits verstorben ist, liegt Plinius sehr am Herzen, was an der ausgefeilten sprachlich-stilistischen Ausgestaltung dieses Textabschnittes abzulesen ist (vgl. in Plin. epist. 4, 19,7 die Alliteration matrem meam und das damit einhergehende Homoio494

495

Vgl. dazu exemplarisch Cic. Flacc. 5; Cic. Cael. 5; Cic. Att. 6,1,12; Cic. fam. 4,13,3. Plinius verwendet das Adjektiv sanctus in seinen Briefen synonym mit integer; vgl. dazu exemplarisch Plin. epist. 7,31,1. Die Junktur parentis loco wendet Plinius auch in Epistel 7,23,2 an, demgemäß er Lucius Calpurnius Fabatus wie einen Vater verehrt.

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________________________________________________ teleuton cum matrem meam, das sowohl durch die Junktur parentis loco als auch durch die Wahl des Ehrfurcht und Hochachtung implizierenden Verbs vereri eine inhaltliche Steigerung erfährt).496 Diese von Hispulla tief empfundene Ehrfurcht gegenüber Plinia überträgt sich auch auf ihr Verhältnis zu deren Sohn, der – so ist zu schlussfolgern – über dieselben Vorzüge verfügt, die auch bereits die Mutter auszeichneten. An dieser Stelle ist unter Genderaspekten die Rolle Hispullas insofern von Bedeutung, als sie nicht nur in der Erziehung Calpurnias (vgl. oben zu Plin. epist. 4,19,1), sondern auch in der des Plinius den Elternpart übernahm.497 Centlivres Challet (2013: 38f.) merkt vor dem Hintergrund der Genderfrage an, dass die Stellung von Calpurnia Hispulla innerhalb der eigenen gens für antike Verhältnisse bemerkenswert gewesen sei; sie ersetze hier nicht etwa die Mutter, sondern den Vater ihrer Nichte, was belege, dass auch eine Frau in der römischen Antike die gesamte familia repräsentieren könne. Diese für die Genderdiskussion evidente Beobachtung sei in der Forschung bislang nicht geäußert worden. Eben diesen Plinius erachtete Hispulla als idealen maritus für ihre Nichte Calpurnia, sodass sie nicht müde wurde, ihn als mustergültigen Ehemann zu preisen (Plin. epist. 4,19,7: Me a pueritia statim formare laudare, talemque qualis nunc uxori meae videor, ominari solebas.).498 Dieser von Hispulla angestimmte Lobpreis auf Plinius, der hier ein weiteres Mal die Technik des indirekten Selbstlobes zur Anwendung kommen lässt, spiegelt sich neben der Nutzung des metaphorischen Verbs formare nicht nur in der iterativen Färbung des Imperfekts ominari solebas, sondern auch in der Verwendung des Periodenschlusses aus Trochaeus und Spondeus:

496

497

498

Zur Bedeutung des Verbs vereri als Zeichen der Ehrfurcht, Hochachtung und Demut vor einer Person oder Sache, deren Größe und Bedeutung imponiert und das Gegenüber mit dem Gefühl der Bescheidenheit bzw. Niedrigkeit erfüllt, vgl. Menge (1988: 7, § 11 s. v. vereri). Vgl. auch OLD II (2012: 2243f.). Zur hingebungsvollen Verehrung der Eltern unter Rückgriff auf das Verb vereri im Briefcorpus des Plinius vgl. noch Epistel 5,14,5. Zum Phänomen der ohne Vater aufgewachsenen Männer in der römischen Antike vgl. unter Rückgriff auf demographische Erhebungen Saller (1994: 43–65. 66. 121. 208f.). Bernstein (2008 und 2009). Scheidel (2009). Centlivres Challet (2013: 41f.). Shelton (2016: 71). Zur Bedeutung des Verbs formare im Zusammenhang mit der Erziehung junger Aristokratinnen und Aristokraten vgl. auch oben Anm. 315.

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________________________________________________ ... talemque ... ominari solebas. Ebenso wie zuvor dem Brief-Ich (vgl. Plin. epist. 4,19,5a) werden Hispulla seherische Fähigkeiten zugeschrieben,499 wobei diese Beobachtung dadurch akzentuiert wird, dass sich die Vorhersage der weisen Tante bewahrheitet hat (vgl. in Plin. epist. 4,19,7 den eingeschobenen Vergleichssatz qualis nunc uxori meae videor.). Dass Plinius sich als wahrer „Glücksgriff“ entpuppt hat, ist keine Überraschung, wie aus dem der Vorhersage vorausgehenden Satz me a pueritia statim formare laudare abzuleiten ist. Denn offensichtlich hat Hispulla, die – wie die Ringkomposition der beiden briefinternen Paratexte Plin. epist. 4,19,1 und Plin. epist. 4,19, 6–8 unter Beweis stellt – ein Muster moralischer Integrität ist, nach dem Tod der Mutter des Plinius unverzüglich dessen Erziehung übernommen (vgl. das durch seine nachgestellte Position pointierte Adverb statim) und ihn auf eine Ehe mit Calpurnia vorbereitet.500 Allerdings gibt es in der Erziehung der beiden späteren Ehepartner einen gravierenden Unterschied: Während Calpurnia streng erzogen wurde (vgl. Plin. epist. 4,19,6: tuis manibus educatam, tuis praeceptis institutam, quae nihil in contubernio tuo viderit), greift Hispulla bei Plinius auf das Lob als Erziehungsmittel zurück (Plin. epist. 4,19,7: laudare). Diese unterschiedlichen pädagogischen Ansätze sind auf die Ehrfurcht zurückzuführen, die Hispulla gegenüber Plinia empfand.501 Denn offensichtlich war die Erziehung des Plinius bereits sehr gut begonnen worden, sodass es für Hispulla ein Leichtes war, die pädagogische Formung des ihr anvertrauten jungen Mannes zu einem guten Ende zu führen.502 499

500 501 502

Nach Zenoni (1924: 171) ist das Verb ominari gleichzusetzen mit desiderare, „augurare che fossi tale.“ Vgl. ähnlich Westcott (1965: 201). Poteat (1937: 93). Sherwin-White (1969b: 115). Blank-Sangmeister (2000: 17); im plinianischen Briefcorpus in dieser Bedeutung noch Epistel 4,15,5. Der schmeichelnde Lobpreis in Form einer sich bewahrheitenden Prophezeiung ist – wie Hoffer (1999: 124 mit dortiger Anm. 11) herausgearbeitet hat – eine charakteristische Trope im plinianischen Briefcorpus. Vgl. dazu exemplarisch Plin. epist. 1,2,6; 1,8,4; 1,14,1b; 4,16,3. Vgl. auch Trisoglio (1972: 143) und Rudd (1992: 32). Zu den Motiven der Partnerauswahl und dem damit verbundenen Lobpreis auf Hispulla vgl. Trisoglio I (1973: 482 mit dortiger Anm. 318). Zum vertrauensvollen Verhältnis zwischen Calpurnia Hispulla und Plinia vgl. auch Carlon (2009: 118f.) und Shelton (2013: 197f.). Zu den Methoden im Zuge der Erziehung junger männlicher Aristokraten vgl.

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________________________________________________ Tatsächlich schimmert in Epistel 4,19,7 einmal mehr die von Plinius intendierte Selbstporträtierung durch, die dem Leser einen maritus präsentiert, der nicht nur aus gutem Hause stammt und dementsprechend leicht zu erziehen war, sondern der seiner späteren Ehefrau Calpurnia eine unbeschwertere Kindheit voraushat. Somit setzt Plinius kurz vor Beginn des Epilogs ein abermaliges Ausrufezeichen hinter die Rollenverteilung in seiner Ehe: Weder im konkreten Eheleben noch in der persönlichen Entwicklung, die in der Kindheit maßgeblich von ein und derselben Person (Hispulla) beeinflusst wurde, steht Calpurnia auf einer Stufe mit Plinius, der seiner Gattin – so suggeriert der gesamte Mittelteil der vorliegenden Epistel – in allen Lebensbereichen überlegen ist. Im Epilog der vorliegenden Epistel (Plin. epist. 4,19,8) zieht das BriefIch die Schlussfolgerungen aus seinem Bericht über das vorbildliche Engagement Hispullas bei der Erziehung der beiden Ehepartner (vgl. das folgernde Adverb ergo). Nur ihrer weisen Voraussicht sei das Zustandekommen der Ehe von Calpurnia und Plinius zu verdanken. Dass Hispulla in ihrer Partnerauswahl richtig lag, wird durch die parallele Anordnung der Sätze ego quod illam mihi – illa quod me sibi dederis deutlich, da beinahe alle Begriffe des ersten im zweiten Satz wiederaufgenommen sind und lediglich hinsichtlich der Kasus differieren (illam → illa bzw. mihi → me). Dieser kunstvolle, die concordia der Ehepartner symbolisierende Satzbau lässt sich auch zu Beginn und am Ende des Epilogs nachweisen, wobei das den inhaltlichen Abschluss bildende, die Reziprozität zwischen beiden Ehepartnern betonende Adverb invicem einen Rahmen zu dem exponiert gestellten, klanglich hervorgehobenen Adverb certatim bildet und den Wettstreit zwischen Calpurnia und Plinius, der friedlich verläuft und den Eindruck von zärtlicher Verspieltheit beider Ehepartner vermittelt, markiert: Certatim ergo tibi gratias agimus. Invicem ist laut Antibarbarus (1866: 538f. s. v. invicem), Merrill (1927: 313) und OLD I (2012: 1054) im nachklassischen Latein ein gängiger Ausdruck für die Gegenseitigkeit und erinnert hier an einen als spielerischen Wettkampf ausgetragenen Wechselgesang zweier Personen.503 Das den Wettkampf dokumentierende Adverb certatim – in der plinianischen Briefsammlung

503

Scholz (2004: bes. 18–22) und Ders. (2011: bes. 361–368). Die Gegenseitigkeit anzeigend, erscheint invicem im plinianischen Briefcorpus noch Epistel 4,1,2; id. 6,20,4. Zur Etymologie von invicem als Ausdruck für Reziprozität vgl. LHS II, 2, 2, 177, § 103, b, β.

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________________________________________________ oftmals anzutreffen504 – erinnert erneut an die Liebeselegie Ovids, der im Zusammenhang mit konkurrierenden Ehepartnern zum Streit unter diesen aufruft (vgl. Ov. ars 2,153–156). Streit sei sogar die Mitgift der Gattin (dos est uxoria lites). Dagegen solle die elegische Geliebte stets optatos sonos hören. Zugleich wird die kaum zu unterschätzende, die gesamte Epistel prägende Bedeutung Hispullas als Ehestifterin in Erinnerung gerufen: ego quod illam mihi, illa quod me sibi dederis.505 In dieser Funktion Hispullas tritt eine weitere Reminiszenz an die Liebeselegie zutage, da hier an eine lena erinnert wird, wenngleich Hispulla die Skrupellosigkeit ovidisch geprägter Kupplerinnen fehlt (vgl. dazu bes. Ov. am. 1,8; id. 3,5,40).506 Ferner steht Hispulla als verehrungswürdiges exemplum für pietas allen elegischen lenae, deren Berufsstand in der Antike negativ konnotiert war, in dem größten nur denkbaren Kontrast gegenüber. Dennoch kommt die plinianische Anlehnung an die Liebeselegie – speziell an Ov. am. 1,8 – nicht von ungefähr, da die dortige lena einen dives amator empfiehlt (vgl. Ov. am. 1,8,31), dessen körperliche Vorzüge unerheblich seien (vgl. dazu auch Tib. 1,5,47f.; Prop. 4,5,53f.).507 Letzteres deckt sich mit den Aussagen des Brief-Ichs in Epistel 4,19,5b, wo aus Sicht Calpurnias dem Streben nach gloria gegenüber dem körperlichen Begehren eindeutig der Vorzug gegeben wird. Neben der offenkundigen Freude über die Leistung Hispullas erfährt der Leser, was die Ehe zwischen beiden Partnern, die sich bereits seit Kindertagen kennen, auszeichnet: Einvernehmlichkeit (concordia) und Gegenseitigkeit (fides). Wurde Calpurnia bislang als eine Ehefrau gezeichnet, die an den öffentlichen und literarischen Leistungen ihres Gatten freudig Anteil nimmt, ja sogar von diesen abhängig ist, so erscheint sie hier – was die Dankbarkeit gegenüber Hispulla betrifft – in ihrem Handeln 504 505

506

507

Vgl. gemäß ThLL 3 (1906–1912: 889,8–890,16) noch Plin. epist. 2,9,5; 6,19, 5; 8,2,1; 9,13,21. In dederis liegt ein obliquer Konjunktiv vor; vgl. dazu auch Blank-Sangmeister (2000: 17). Zum obliquen Konjunktiv in Nebensätzen vgl. LHS II, 2, 2, 547, § 297, I, b. Zu den lenae, die in der römischen Liebeselegie die Mädchen zu verruchten dominae erziehen, vgl. auch Prop. 4,5; Tib. 1,5,48–60; id. 2,6,44–54. Zur Bedeutung der lena in der ovidischen Liebeselegie vgl. Wildberger (1989: 348– 354). Myers (1996). James (2010: 316–319). Zu einem Vergleich zwischen den beiden lena–Elegien Ov. am. 1,8 und Prop. 4,5 vgl. Dimundo (2000: 155–178). Vgl. auch McKeown II (1989: 199f.).

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________________________________________________ unabhängig und selbstbestimmt. Obgleich Calpurnia unter Berücksichtigung der Analyse von Plin. epist. 4,19,6f. eine wesentlich härtere Erziehung als Plinius erfahren hat, steht sie dem Dank ihres maritus gegenüber Hispulla in nichts nach – eine Tatsache, die dem Leser Respekt abringt und Plinius für einen kurzen Moment in den Hintergrund treten lässt. Grundsätzlich jedoch ist es das Bild der geistigen concordia, das den Briefausgang prägt und durch nichts eingeschränkt wird (vgl. die zum ersten Mal in dieser Epistel erscheinende Verwendung der ersten Person Plural in agimus). Plinius ist unter Rückgriff auf sein Brief-Ich bestrebt, in seiner ehelichen Beziehung zu Calpurnia echte Gegenseitigkeit als vordringliches Charakteristikum zu markieren.508 Ein weiteres Indiz für die Einvernehmlichkeit der Ehepartner ist die Verwendung der zweiten Hauptform des metrischen Klauselsystems (Dicreticus), die in ihrer bemerkenswerten Fülle den vorliegenden Brief dominiert und dadurch die concordia der beiden Eheleute auch klangtechnisch aufwertet:509 ... quasi invicem elegeris.

(2 γ)

Somit endet das plinianische Porträt seiner Ehefrau Calpurnia, wie es begonnen hat, und zwar mit einem Verweis auf die Leistungen Hispullas, der aus Sicht des Autors für die erfolgreiche Erziehung ihrer Nichte nicht genug gedankt werden könne.510 Dabei wird der oben skizzierte, den Eindruck spielerischer Leichtigkeit vermittelnde Wettstreit im Dank gegenüber der Ehestifterin ergänzt um die ehrlich und unbeschwert wirkende 508

509

510

Recht hart erscheint das Urteil von Prichard – Bernard II (1965: 38): „Invicem, [...] i. e. first a wife for Pliny, then a husband for Calpurnia.“ Diese Deutung verwundert umso mehr, als dass für invicem hier gemäß ThLL 7.2 (1956– 1979: 178,7–41) als Bedeutung das gleichmäßige Agieren zweier Personen anzusetzen ist. Die signifikante Häufung des Dicreticus in der vorliegenden Epistel zeigt sich über die im Fließtext bereits analysierten Prosarhythmen hinaus noch zweimal in Epistel 4,19,2 (summum est acumen summa frugalitas bzw. quod castitatis indicium est). Vgl. auch Plin. epist. 4,19,6 (ex tua praedicatione consueverit). Zum Überblick über die allgemeine Häufigkeit des Vorkommens der Hauptformen des metrischen Klauselsystems im Briefcorpus des Plinius vgl. Pflips (1973: 403–405) und Philips (1986: 15f.). Zu der Verwendung des Wortes vale als der gängigen Schlussformel in der plinianischen Briefsammlung vgl. Lanham (1975: 69–71).

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________________________________________________ concordia der beiden Partner, sodass die Epistel 4,19 – nicht zuletzt eingedenk des Epilogs – vor dem Auge des Lesers als beeindruckendes Zeugnis inniger geistiger Verbundenheit erscheint. 4.1.1.5

Conclusio

Wie so oft in den Briefen des Plinius gibt es neben der Hauptthematik (hier: Porträt seiner Frau Calpurnia) ein Nebenthema (hier: Lobpreis auf Calpurnias Tante Hispulla, durch deren Erziehungskunst die Eigenschaften, die Plinius an seiner Gattin schätzt, erst hervorgebracht worden sind). Das Neben- unterstützt das Hauptthema durch den inhaltlichen Konnex der Exemplarität: Während Hispulla als „perfect guardian of the mos maiorum“ (Fögen 2007: 269) gezeichnet wird,511 tritt dem Leser Calpurnia als eine mädchenhafte uxor entgegen; vgl. dazu auch Carlon (2009: 164): „Pliny’s wife is too young to have displayed the kind of commitment under duress shown by the wives of Paetus and Domitius Tullus, and so it is no surprise that he does not speak of Calpurnia’s gloria.“512 Anders als Hispulla, die als exemplum altrömische Werte vertritt, ist Calpurnia eine blutjunge Ehefrau, die auf keine anderen Leistungen verweisen kann als auf die Bildung, die ihr von Plinius attestiert wird und sie für viele andere junge Mädchen und Ehefrauen zum Vorbild macht.513 Hier liegt also nicht nur ein Porträt seiner Ehefrau vor, sondern die dankbare Bestätigung des Plinius, dass die von Hispulla begleitete Erziehung Früchte getragen hat und alle Dankbarkeit von seiner Seite verdient.514 Dabei sieht der Leser 511 512 513 514

Vgl. dazu auch Shelton (1990: 164): „Pliny rewarded Hispulla with not just a thank-you note, but in fact a thank-you gift: a gift of celebrity.“ Vgl. ähnlich Bury (1999: 59). Zu dem für die römische Kaiserzeit charakteristischen Erziehungsideal junger Mädchen vgl. Hemelrijk (1999: 17–58). Zur individuellen Ausrichtung der Inhalte der einzelnen Briefe auf ihren jeweiligen Adressaten vgl. Zelzer (1964). Vgl. auch Peter (1901: 118) und Ludolph (1997: 16). Vgl. ergänzend Pausch (2004: 75): „So macht nicht zuletzt die ausgeprägte Bezugnahme auf den Adressaten [...] den Brief zu einem idealen Medium, um eine gesellschaftliche Gruppe [scil.: die aristokratische Oberschicht] abzubilden.“ Vgl. dazu auch Janka (2015: 603): „Fokussierung und Vernetzung sind vielmehr zwei Seiten derselben epistolographischen Medaille, ersteres eher der inneren Adressiertheit geschuldet, letzteres eher der äußeren.“

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________________________________________________ Calpurnia nicht an sich, sondern mit den Augen ihres Mannes, die selbst wieder durch ein bestimmtes Erziehungsideal und Menschenbild in weiblicher Ausprägung geleitet sind. Das dahinterstehende Ideal wird durch die lebendig durchscheinende Gestalt der verehrten Erzieherin verkörpert. Zugleich wird die literarische Kunstfertigkeit des Autors offenkundig: Ein Mensch (Hispulla) spiegelt sich in einem anderen (Calpurnia) für einen Dritten (Plinius). Letzteres zielt auf die Emotionalisierung der Leserschaft ab – sowohl auf die der primären Adressatin Hispulla als auch auf die der aristokratischen Leserschaft an sich. Wurde Hispulla in ringkompositorischer Erzählweise (vgl. Plin. epist. 4,19,1.6–8) in den hellsten Farben gezeichnet (vgl. bes. die expliziten Dankesworte im Epilog) und in die Nähe einer Heroine gerückt (vgl. die Gleichsetzung mit der pietas im Briefeingang), so erfolgt hier die implizite Emotionalisierung dadurch, dass Hispulla sich in Calpurnias Porträt wiedererkennen soll. Einmal mehr wird deutlich, wie es Plinius versteht, Emotionen bei seiner Leserschaft zu evozieren, indem er seine Porträtdarstellungen zum Zwecke der Exemplarität miteinander verknüpft. Zugleich bringt die Betonung dieser Interaktion die enge Verbundenheit des Autors mit der Familie Calpurnias zum Ausdruck, indem er ein Stück ihrer aristokratischen Familiengeschichte öffentlich macht und im Spiegel seiner eigenen Ehe sein soziales Netzwerk zu festigen bzw. auszuweiten sucht.515 Da das Verhalten Calpurnias und der lobenswerte Einsatz Hispullas bei der Erziehung seiner Gattin der eigentliche Gegenstand der Epistel 4, 19 sind, vollzieht sich die Selbstporträtierung des Plinius nur indirekt. Indem dieser die Begeisterung Calpurnias für die öffentlichen und literarischen Erfolge des maritus, die jenem gloria garantieren, betont, avanciert Plinius – ohne sich nur mit einem einzigen Wort selbst zu rühmen – zum Ideal eines vielfältig begabten und in der Öffentlichkeit höchst geachteten Aristokraten. Calpurnia dient ihm hier als Spiegel seiner eigenen Selbstbestätigung: „Sie ist gleichsam der Mond, der nur durch das Licht der Sonne strahlt.“ (Gessenharter 1999: 30) Doch trotz dieser für Plinius charakteristischen Art der Selbstporträtierung enthält die neunzehnte Epistel des vierten Buches einige biographische Notizen, die ein facettenreiches, jedoch hochstilisiertes Bild bieten: Plinius lässt sein Brief-Ich als Anwalt, 515

Auch an anderer Stelle im plinianischen Briefcorpus ist Familiengeschichte zu greifen, so z. B. Plin. epist. 6,16 (Darstellung seines Oheims). Vgl. dazu unter Nennung diverser Belegstellen Radicke (1997: 457f.). Zu weiteren Anspielungen des Plinius auf seine eigene Familie vgl. Wolff (2003: 71–74).

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________________________________________________ Rhetor, Dichter, Sohn (genauer gesagt: Ziehsohn) und nicht zuletzt als maritus auftreten. Neben einigen Reflexen über seine Kindheit und seine öffentlichen bzw. literarischen Tätigkeiten teilt Plinius auch seine Idealvorstellungen hinsichtlich einer kaiserzeitlichen Ehe sowie seine Auffassungen zu Bildung, Erziehung, Luxus, Literatur, Jugend und Alter mit. Dies alles kulminiert in Aussagen über sein Verhältnis zur gloria, die er offensichtlich bereits zu Lebzeiten erlangt hat. Somit wird außer den Charakterschilderungen Calpurnias und Hispullas auch einiges über die Person des Plinius erfahrbar – freilich ein Bild, so wie es Plinius unter Nutzung seines Brief-Ichs von sich entwerfen wollte: „Die Pliniusbriefe bieten eben eine Autobiographie anderer Art, eine bewusst gestaltete und nach normativen Werten geformte, kurzum: eine idealisierende.“ (Gnilka 1973: 107)516 Dennoch wirkt die in Epistel 4,19 vermittelte Freude der beiden Ehepartner aneinander, die ihre Beziehung dank der gelungenen Einwirkung Hispullas als beglückend empfinden, ehrlich und zeigt in lebendigen Bildern, wie die Sozialisation in der hochkultivierten Epoche der römischen Kaiserzeit vor sich ging: Die Menschen haben, so viel sie konnten, von den Gehalten der griechischen Philosophie, der musischen Bildung und der altrömischen Wertvorstellungen in ihr Leben hineingenommen und existentiell verwirklicht. So sucht Krasser (1997: 558f.) Plinius angesichts dessen mitunter in den Episteln durchschimmernden Koketterie vor dem Vorwurf mangelnder Klarsicht oder oberflächlicher Selbstgefälligkeit in Schutz zu nehmen. Dies werde der Intention des Autors nicht gerecht. Vielmehr sei der Bildungsstolz des Plinius weniger Ausdruck von Eitelkeit als vielmehr der Versuch, „sich trotz des schmerzlichen Bewusstseins der eigenen Epigonalität häuslich in seinem Zeitalter einzurichten“ (ibid.). Auch der Vorwurf, die Darstellung Calpurnias in Epistel 4,19 wirke nüchtern und lieblos,517 ist mit dem Hinweis darauf zurückzuweisen, dass 516

517

Vgl. dazu auch Radicke (1997: 469): „Dieses biographische Anliegen ist, wenn auch nicht das einzige, so doch ein wichtiges Anliegen, das Plinius mit seiner Briefsammlung verfolgt.“ Vgl. dazu auch Trapp (2006: bes. 343). Vgl. dazu Carcopino (1992: 135–137), der Plinius unterstellt, seiner Liebe fehle es empfindlich an Wärme und Innigkeit, ja es sei sogar von ärgerniserregender Kälte zu sprechen. Vgl. das ähnlich harte, wenngleich bewusst überspitzte Urteil von Bury (1999: 58), der Plinius vorwirft, seine Ehefrau in voller Nüchternheit als Warenprodukt zu taxieren, da von Gefühlen seinerseits nirgends die Rede sei, ja umso mehr noch, als der Wert der Ehefrau so gut wie

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________________________________________________ es sich hier um keinen Liebesbrief, sondern um ein Dankschreiben an die Erzieherin seiner Ehefrau und seiner selbst handelt, wodurch die Preisgabe allzu intimer Details des Ehelebens von vornherein ausgeschlossen ist.518 Darüber hinaus belegt gerade die recht nüchtern anmutende Ausdrucksweise, dass hier ein Brief vorliegt, der um eine sachlich-ehrliche Darstellung bemüht ist. Dazu passt die Beobachtung, dass Calpurnia in der gesamten Epistel 4,19 nicht ein einziges Mal mit ihrem Namen genannt wird. Dies jedoch unterstreicht die Exemplarität, die ihr in der Ehe mit einem gestandenen Aristokraten zugewiesen wird. Viel bedeutsamer als der Name ist ihr Verhältnis zu ihrer Familie, ihrem sozialen Umfeld und nicht zuletzt zu ihrem maritus.519 Auch wenn konstatiert werden kann, dass in Epistel 4,19 die Abhängigkeit Calpurnias von ihrem maritus frappant ist und dadurch Plinius zu ihrem dux vitae – und zwar in allen Lebensbereichen – stilisiert wird, so muss dennoch festgestellt werden, dass Plinius die Ehrerbietung Calpurnias als Liebe erachtet, sie als dankbar empfindet und letztlich die Gegenseitigkeit (fides) bzw. die Einvernehmlichkeit (concordia) – insbesondere im Epilog (Plin. epist. 4,19,8) – als besondere Stärke ihrer ehelichen Beziehung preist. Überdies schimmert die sexuelle Anziehungskraft der beiden Ehepartner in der Porträtierung Calpurnias (Plin. epist. 4,19,2–5) durch, da vornehmlich das literarisch-ästhetische Interesse die junge uxor für ihren maritus auf der Projektionsfläche der elegischen Anspielungen begehrenswert sein lässt. Doch Letzteres ist für Plinius nicht vorrangig,

518 519

ausschließlich im Bereich der Bildung gezeigt werde und demzufolge Calpurnia durch jeden entsprechend abgerichteten Sklaven ersetzt werden könne: „Man fragt sich wirklich, wozu Plinius überhaupt geheiratet hat.“ (ibid.) Im Ton zurückhaltender, jedoch ebenso kritisch Gessenharter (1999: 32): „Einmal mehr fällt die distanzierte, unpersönliche Ausdrucksweise auf.“ Vgl. ähnlich De Pretis (2003: 137f.). Diese These wird durch die Porträtierung der Minicia Marcella in Plin. epist. 5,16 erhärtet; auch dort bleibt die puella trotz ihres vorbildlichen Verhaltens im Sterben ohne Namen. Ihr Name wird nur durch eine inschriftliche Überlieferung (CIL 6,16631) erfahrbar; vgl. dazu auch Hindermann (2013: 157), gemäß deren Auslegung der Name des Mädchens für Plinius weniger bedeutsam ist als ihr Verhältnis zum Vater, der gleich zu Beginn und danach im ganzen Brief noch fünf weitere Male genannt wird, sowie zu anderen Verwandten und Bezugspersonen. Dies seien die Freunde des Vaters, die Ammen, Erzieher, Lehrer und Ärzte, denen das Mädchen allen – entsprechend deren sozialer Stellung – Respekt entgegenbrachte.

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________________________________________________ vielmehr liegt ihm in seiner Ehe mit Calpurnia an echter geistiger concordia, wobei jedoch die Forschungsthese, wonach hier sogar von einer Seelenverwandtschaft gesprochen werden kann,520 angesichts der völligen Unterwürfigkeit Calpurnias und ihrer mädchenhaften Bewunderung ihres erfolgreichen maritus überzogen zu sein scheint. Dennoch entsteht letztlich ein Porträt Calpurnias, das durch die für die römische Frauenwelt exklusive Verbindung traditioneller Werte (frugalitas; castitas) mit geistig-musischen Anlagen eine Liebe ermöglicht, die hinsichtlich ihrer concordia von besonderer Signifikanz ist.521 Auch in den ovidischen Metamorphoses treten liebende Ehepaare vor das geistige Auge des Lesers (vgl. bes. Ov. met. 8,618–724: Philemon und Baucis; vgl. auch id. 11,410–748: Ceyx und Alcyone). Ähnlich wie bei Ovid geht es Plinius um die Betonung der Idealvorstellung der kaiserzeitlichen Ehe, die auf fides und geistiger concordia fußt und die Körperlichkeit in den Hintergrund treten lässt: „Sein letztes Wort zu Eros und Sexus hat Ovid nicht in den carmina amatoria, sondern in den Metamorphosen gesprochen.“ (von Albrecht 2013: 202) Doch bei Plinius ist die Ehe keine reine Privatsache, da sie – auch in seinem eigenen Fall – zur Festigung und Erweiterung des aristokratischen Netzwerkes dient.522 Die Frage, ob das in Epistel 4,19 gezeichnete Bild der concordia und fides in der Ehe zwischen Plinius und Calpurnia der Wahrheit entsprach, wird in der Forschung seit einem halben Jahrhundert kontrovers diskutiert. Auf der Seite der Verfechter einer wahrheitsgetreuen Darstellung stehen Sherwin-White (1968: 296f.) und Lefèvre (2009: bes. 209–211), am vehementesten jedoch Maniet (1966: 166. 174–185, hier bes. 184f.): „Pline, par contre, n’a rien à se reprocher à l’égard de Calpurnia, rien à lui demander, rien à attendre d’elle sinon des lettres et toujours des lettres, son amour pour son amour. Ce qu’il écrit est absolument désintéressé.“523 Auf der Gegenseite argumentiert in erster Linie von Hesberg-Tonn (1983: 102) sehr kritisch: 520 521

522 523

Ein prominenter Vertreter dieser These ist Hoŝek (1968: 51). Die für kaiserzeitliche Verhältnisse exklusive Verbindung traditioneller Werte mit geistig-musischen Anlagen haben auch erkannt Hoŝek (1968: 51). Königer (1990: 58f.). Pausch (2004: 73 mit dortiger Anm. 127). Vgl. dazu auch Kunst (2000: 40f.) und Cantarella (2002). Vgl. ähnlich Sherwin-White (1968: 296f.), der Calpurnia in der Ehe mit Plinius als „equal partner“ betrachtet. Dies wiederum müsse als „germ of a surprisingly modern attitude“ (ibid.) gewertet werden.

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________________________________________________ Daß Plinius’ Liebe eine egoistische Liebe darstellt, ist nur allzu deutlich. […] Gönnerhafte, von sich selbst überzeugte Egozentrik zeigt sich hier, die durch das Verhalten der Frau sowie durch die gesellschaftliche Sanktionierung der Unterordnung der Frau unter den Mann noch gestützt wird.524

Ausgleichend positioniert sich Hemelrijk (1999: 33), der in der vorliegenden Studie zugestimmt wird: When trying to assess the veracity of Pliny’s portrait of his marriage we should keep in mind that these letters were selected (and perhaps reworked) for publication. Therefore, their value as a description of Calpurnia’s feelings and education is limited, but they do show Pliny’s idea of a good marriage, an opinion which, he assumed, his social peers approved of.525

Epistel 4,19, die als Enkomion der Textgattung der laudes hominum angehört, sticht deshalb aus der plinianischen Briefsammlung heraus, da hier ein Frauenbild gezeichnet wird, das umso mehr Glaubwürdigkeit erhält, als dass es sich um einen mit dem Autor eng verbundenen Menschen handelt: seine Ehefrau. Dadurch, dass Plinius diese laudatio nicht an die Gepriesene selbst sendet, sondern an Calpurnias Tante, die sie als Waise in Stellvertretung für deren Eltern erzogen hat und die vor diesem Hintergrund mit ihr emotional verbunden ist, gelingt es ihm, in einer Atmosphäre der Vertraulichkeit und einer gewissen gedämpften Intimität seine Ausführungen zu objektivieren. Ferner kann er statt der eigenen Gefühle Details hinsichtlich seiner Ehe mit Calpurnia preisgeben, die – abgesehen von wenigen Ausnahmen (bes. im Epilog der Epistel 4,19) – überwiegend von nüchterner Sachlichkeit geprägt sind (vgl. bes. Plin. epist. 4,19,2–4) und nicht zuletzt deshalb die Darstellung der Beziehung zwischen Calpurnia und ihrem maritus authentisch erscheinen lassen, wenngleich hinsichtlich der Pliniusbriefe stets zu bedenken ist, dass sie der Autor im Hinblick auf eine spätere Veröffentlichung sorgfältig ausgefeilt hat.526 524 525

526

Milder im Ton, aber ebenfalls kritisch Shelton (1990: 168f.). van Hout (1990: bes. 205–210). Gessenharter (1999: 29f.). De Pretis (2003). Vgl. ähnlich Bury (1999: 59). Vgl. auch Fögen (2007: 269), der darauf verweist, dass Plinius in seinen Briefen die von ihm porträtierten Mitmenschen – sich selbst eingeschlossen – zu exempla stilisiert. Vgl. dazu auch Dragićević (1936). Merwald (1964: bes. 142). Zelzer (1964).

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________________________________________________ Bei Betrachtung der Gedankenführung innerhalb der vorliegenden Epistel ist sowohl unter Rückgriff auf das Kommunikationsmodell nach Jakobson als auch auf die textlinguistisch geprägte Matrix von Rühl zur Analyse von Textualitätsmerkmalen die kunstvolle Ausgestaltung des Briefes zu bemerken. Während aus intrakompositioneller Perspektive in Form einer Ringkomposition Calpurnia Hispulla als vorbildliche Ehestifterin und Erzieherin der beiden Partner in schillernden Farben als ein Vorbild an pietas gelobt wird (vgl. bes. die vorwiegend expressiv gefärbten §§ 1 und 7f.), wirken dagegen die explizit über Calpurnia berichtenden §§ 2–4 überwiegend narrativ-referentiell, wenngleich Plinius mitunter in Form von emphatischen Ausrufen (vgl. bes. Plin. epist. 4,19,3) – dann jedoch zum Zwecke des indirekten Selbstlobes – emotional-expressive Momente in seine Darstellung einstreut. Letzteres wird in der in eine argumentative Struktur gekleideten und futurisch-prospektiv angelegten Textpassage deutlich, wenn das Brief-Ich seiner Hoffnung darüber Ausdruck verleiht, dass seine Ehe mit Calpurnia Bestand haben möge (vgl. Plin. epist. 4,19,5a: His ex causis in spem certissimam adducor perpetuam nobis maioremque in dies futuram esse concordiam.). Überhaupt kulminieren in diesem Teil des Briefes – es handelt sich um das wirkungsvolle Ende des Basistextes – alle gedanklichen Fäden des Autors, dokumentieren sie doch das kaiserzeitliche Eheideal, das in den Augen des Mannes aus Comum weniger auf der körperlichen als vielmehr auf der geistig-moralischen Liebe fußt (vgl. Plin. epist. 4,19,5b: Non enim aetatem meam aut corpus, quae paulatim occidunt ac senescunt, sed gloriam diligit.). Dass diese an eine Gefährtenschaft erinnernde Ehe glücklich und harmonisch gelebt werden kann, untermauert der poetisch-verspielt konzipierte und die Reziprozität der Ehepartner demonstrierende Epilog (vgl. Plin. epist. 4,19,8: Certatim ergo tibi gratias agimus, ego quod illam mihi, illa quod me sibi dederis, quasi invicem elegeris.). Dass diese Ehe – im Speziellen jedoch die gemäß altrömischen Werten erzogene Ehefrau – als ein exemplum für die aristokratische Oberschicht (sowohl für deren arrivierte als auch für deren direkt vor der Ehe stehende Exponenten) fungieren soll, zeigt der illokutiv-instruktiv gehaltene Beginn des Schlussteils (vgl. Plin. epist. 4,19,6: Nec aliud decet tuis manibus educatam, tuis praeceptis institutam, quae nihil in contubernio tuo viderit.). Ein größeres Lob kann Sherwin-White (1968: bes. 161). Philips (1986: 14). Rudd (1992: 32). Fögen (2007: 269). Alston – Spentzou (2011: 130). Shelton (2013: 102).

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________________________________________________ Plinius durch sein Brief-Ich kaum aussprechen, da Hispulla hier zu einem Idealbild einer Erzieherin stilisiert wird. Von daher darf es nicht verwundern, dass hauptsächlich die Textpassagen, in denen von Hispulla die Rede ist, sowohl deskriptiv strukturiert als auch emotional-expressiv gefärbt sind. Denn dieses weibliche exemplum an pietas hat nicht nur seine Gattin Calpurnia, sondern auch ihn in seiner Entwicklung maßgeblich geprägt (vgl. Plin. epist. 4,19,7: Me a pueritia statim formare laudare, talemque qualis nunc uxori meae videor, ominari solebas.). Diese sehr persönliche Notiz ist gleichzeitig der Höhepunkt der Stilisierung Hispullas, zumal ihr hier beinahe göttliche, in jedem Fall übersinnliche Fähigkeiten zugesprochen werden. Dies wiederum lenkt auch das Selbstbild des Plinius in einem nicht unerheblichen Maße, da er sich als reale Verkörperung dieser Vorsehung präsentiert. Nicht zuletzt deshalb sind sowohl die beiden Lebenslinien als auch die beiden Porträts Hispullas und des Plinius untrennbar miteinander verwoben. Laut De Pretis (2003: 137) und Shelton (2013: 102) ist hinsichtlich der häufig engen Verbindung zwischen Absender und Adressat in den Pliniusbriefen eine „circular motion“ zu konstatieren. Der Adressat sei zwar nicht anwesend, werde aber im Geiste des Briefschreibers „re-created“. Dies führe dazu, dass der Briefschreiber bei der Abfassung seiner Epistel beeinflusst sei von dem Bild, das er von dem Adressaten hat. Dies wiederum wirke sich direkt auf das eigene Bild aus, das der Briefschreiber in seinen Episteln von sich selbst vermitteln will. Letztlich sei alles folgender Intention unterworfen: „The letter-writer crafts the letter, and his image, to have an impact on a specific person.“ (Shelton 2013: 102) Hinsichtlich des in Epistel 4,19 propagierten Eheideals ist der Einfluss des von Plinius verehrten Stoikers Musonius Rufus unverkennbar, in besonderer Weise hinsichtlich der Würdigung des Wertes der Ehe und damit zugleich auch der Ehepartnerin. Dennoch ist – anders als Foucault (1986b: 163) dies erkannt haben will – Calpurnia ihrem Mann nicht gleichgestellt: „Her intellectual activities are thus completely defined through and centered around Pliny, […] she is sketched as an individual that is dependent upon her male partner.“ (Fögen 2007: 268)527 527

Ferner weist Fögen (2007: 268 mit dortiger Anm. 36) auf die Wirkung der in Epistel 4,19 erfolgenden Porträtierung Calpurnias hin, indem er auf eine Textstelle im spätantiken Briefwerk des Sidonius Apollinaris aufmerksam macht (vgl. id. epist. 2,10,5, adressiert an Hesperius: Opus est ut sine dissimulatione lectites, sine fine lecturias; neque patiaris ut te ab hoc proposito propediem

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________________________________________________ Calpurnia fungiert in der Rolle der uxor weniger als Sexualpartnerin als vielmehr als socia (vgl. Plin. epist. 4,19,2.5), was dem in Kap. 2 der vorliegenden Studie herausgearbeiteten Eheideal der römischen Kaiserzeit entspricht. Allerdings ist die junge Frau vor dem Hintergrund ihrer Porträtierung in Epistel 4,19 ihrem maritus in jeder Hinsicht unterlegen. Sie ist zwar die socia ihres Gatten, aber allein schon aufgrund ihres Alters und ihres in Epistel 4,19 durchweg zu konstatierenden unterwürfigen Verhaltens eine mädchenhafte uxor, die noch weit entfernt ist von dem Rang einer Arria maior (Plin. epist. 3,16), einer Fannia (Plin. epist. 7,19), der namentlich nicht genannten Heroine vom Lariner See (Plin. epist. 6,24) oder der anonym bleibenden Ehefrau des Macrinus (Plin. epist. 8,5). Die These der Mädchenhaftigkeit Calpurnias wird durch Plinius selbst gestützt, indem er im Zusammenhang mit der erlittenen Fehlgeburt seiner Ehefrau an seinen Schwiegergroßvater Folgendes schreibt: dum se praegnantem esse puellariter nescit. (Plin. epist. 8,10,1a)528 Überdies sind in der ehelichen Verbindung zwischen Plinius und Calpurnia – anders als dies Späth für die Ehe in der römischen Kaiserzeit im Allgemeinen konstatiert (1998a: 16f.) – keine Anleihen an eine klassische Männerfreundschaft erkennbar: Calpurnia interessiert sich durchaus für die literarischen Werke ihres maritus und vertont diese sogar mit ihrem offensichtlich vorhandenen musisch-ästhetischen Talent, doch einen echten gegenseitigen Austausch über die opera des Plinius im Sinne von kompetenter, konstruktiver Literaturkritik gibt es – wie dies in einer kaiserzeitlichen Män-

528

coniunx domum feliciter ducenda deflectat, sisque oppido meminens, quod olim Marcia Hortensio, Terentia Tullio, Calpurnia Plinio, Pudentilla Apuleio, Rusticiana Symmacho legentibus meditantibusque candelas et candelabra tenuerunt.). Vgl. in diesem Kontext auch Plin. epist. 4,21,2 – eine Textstelle, die den unmittelbar nach ihrer Niederkunft erfolgten Tod der beiden noch jungen Helvidiae-Schwestern thematisiert. Der Begriff puella wird im plinianischen Briefcorpus auch in liebevoll-familiärer Konnotation verwendet (vgl. z. B. Plin. epist. 5,16,1; id. 6,32,2). Letzteres gilt auch für das Briefwerk Ciceros (vgl. dazu z. B. Cic. Att. 6,4,3; id. 6,5,4). Zur Entwicklung des Begriffes puella als eines standardisierten Terminus für die erotische und attraktive Geliebte in der römischen Liebeselegie vgl. Adams (1983: 344–348) und Watson (1983: 135f.). Vgl. auch Prop. 4,3,72; hier nennt Arethusa sich nicht uxor, sondern puella des Lycotas; auch Hermione (Ov. epist. 8,8) und Phaedra (Ov. epist. 4, 2) bezeichnen sich jeweils als puella.

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________________________________________________ nerfreundschaft üblich ist529 – in keiner Weise. Davon jedenfalls ist in Epistel 4,19 nichts zu lesen. An diesem werteorientierten Bild einer uxor ändert auch die auf Grundlage der vorliegenden Interpretation getroffene Feststellung nichts, wonach Calpurnia in der vorliegenden Epistel 4,19 (ähnlich wie in den Ehebriefen 6,4; 6,7; 7,5) die Rolle einer vorbildlichen uxor docta einnimmt. Sie wird als eine aufmerksame, wissbegierige Rezipientin der Werke ihres Mannes porträtiert, keinesfalls jedoch als unabhängige, eigenständige oder als eine aus sich selbst heraus kreative Frau, auch wenn ihr (von Plinius evoziertes) literaturästhetisches Interesse bzw. Talent beachtenswert ist und sich deutlich abhebt von dem in literarischen Texten der römischen Antike überwiegend anzutreffenden Frauenbild (vgl. Fögen 2007: 268): She takes an interest in literature, yet this interest is not presented as something that she pursues per se but rather out of affection for her husband. […] Her intellectual activities are thus completely defined through and centered around Pliny.530

Calpurnia wird also auf dem Wege der literarischen Erfolge ihres maritus an Bildung herangeführt, sie avanciert gleichsam zu einer uxor, die hinsichtlich ihrer Gelehrsamkeit an eine puella docta erinnert. Dabei dient die junge Gattin – freilich aus der Perspektive des Ehemannes – in ihrer Bereitschaft, sich in der Ehe unter Anleitung ihres maritus weiterzuentwickeln und sich verstärkt mit Literatur zu beschäftigen, als ein Vorbild 529

530

Zum aristokratischen Freundschaftsverständnis in der römischen Kaiserzeit vgl. Rühl (2006: 50f.) und Köstner (2017: bes. 111–113); vgl. auch Germerodt (2015: 71), der die amicitia innerhalb der aristokratischen Oberschicht auch dadurch manifestiert sieht, dass deren Angehörige sich gegenseitig Schriften zusandten und auf diesem Wege ihre literarischen Fähigkeiten unter Beweis stellten. Der von Germerodt umrissene aristokratisch gefärbte Freundschaftsbegriff findet sich an mannigfachen Stellen im plinianischen Briefcorpus: Plin. epist. 1,2; 1,8; 2,5; 2,10; 3,13; 3,15; 3,18; 4,14; 4,18; 4,26; 4,27; 5,3; 5, 10; 5,15; 6,11; 6,33; 7,2; 7,4; 7,12; 7,20; 7,30; 8,3; 8,4; 8,7; 9,1; 9,4; 9,11; 9, 16; 9,18; 9,20; 9,25; 9,26; 9,28; 9,29; 9,31; 9,35. Zum reziproken Charakter von amicitia im Spiegel römischer Literatur vgl. exemplarisch Cic. off. 1,23; id. 1,47; Sen. benef. 1,1,3; 1,3,4; 2,18,1; 3,1,1; vgl. auch White (1975: 299 mit dortiger Anm. 50) und Méthy (2006: 177f.). Vgl. ähnlich Shelton (1990: 168). Malaspina (1996: bes. 326f.). De Pretis (2003: 137 mit dortiger Anm. 27).

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________________________________________________ für alle anderen jungen aristokratischen Mädchen, die im Begriff stehen, in die Ehe mit einem Mann plinianischer Prägung einzutreten. Letzteres wiederum wirkt sich positiv auf das eigene Bild des Plinius in der öffentlichen Wahrnehmung aus, indem Calpurnia in ihrer Rolle als gelehrsame uxor in die Selbstinszenierung des Plinius als eines poeta einbezogen wird; exemplarisch sei auf die Vertonung und die musikalische Begleitung der plinianischen Verse auf der Kithara verwiesen (vgl. Plin. epist. 4,19,4). Nicht primär der Körper Calpurnias übt auf ihren maritus einen sexuellen Reiz aus, sondern ihre durch ihn und seine literarische gloria angebahnte Gelehrsamkeit. Nicht zuletzt in der Betonung dieser durch das intensive literarisch-ästhetische Interesse der jungen uxor hervorgerufenen sexuellen Stimulation dokumentiert sich die Anlehnung des Plinius an die elegische Dichtkunst Ovids (vgl. bes. Ov. ars 3,315–348; Ov. am. 2,4,25–28; Ov. rem. 757f.) und Properzens (vgl. bes. Prop. 1,2,26–29; id. 2,3,20f.). Wenngleich in der literarischen Darstellung der Ehe zwischen Plinius und Calpurnia concordia durchschimmert, ist die Unterwürfigkeit der jungen uxor – hier ist von Hesberg-Tonn (1983: 102) recht zu geben – durchgängig unverkennbar. Nur in wenigen Passagen (vgl. bes. Plin. epist. 4,19,8) kann von echter, ausgewogener Gegenseitigkeit (fides) die Rede sein. Zumeist unterwirft sich Calpurnia ihrem maritus und den gesellschaftlichen Konventionen völlig (vgl. bes. das Sitzen hinter dem Vorhang beim Rezitieren ihres Mannes in Plin. epist. 4,19,3 und sogar auch in Plin. epist. 4,19,4 das eigene Musizieren, das gänzlich auf die Vertonung der versus des maritus beschränkt bleibt). Von daher ist Shelton (2013: 129) zuzustimmen, bei der Ehe zwischen Plinius und Calpurnia statt von einem „companionate relationship“ besser von einem „tandem relationship“ zu sprechen, wobei klar geworden sein dürfte, wer in dieser Ehe den Takt oder (um im Bild zu bleiben) die Richtung vorgibt. Dennoch kommt Calpurnia auf der Meta-Ebene laut Centlivres Challet (2018) eine zentrale Bedeutung zu: Sie zeige in ihrer Rolle als Rezipientin der literarischen Werke ihres maritus der Leserschaft, wie Plinius gelesen werden müsse – mit Hingabe und Zuneigung: Plinius werde für seine Leser durch sein literarisch-ästhetisches Können „attraktiv“. Trotz der erkennbaren Instrumentalisierung und Objektivierung Calpurnias in Epistel 4,19: Die junge uxor ist essenzieller Bestandteil der plinianischen Welt – nicht nur bei der Zusammenführung gesellschaftlich-politisch einflussreicher Familien, sondern auch bei der Manifestierung der literarischen gloria ihres

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________________________________________________ maritus durch die Rezeption seiner opera (vgl. dazu Plin. epist. 4,19,2–5; vgl. auch Plin. epist. 6,7,1f.). Plinius jedoch betrachtet die Qualitäten seiner jungen Frau ausschließlich bezogen auf sich selbst. Auch wenn die Intention des Plinius, mit dem Porträt Calpurnias in Epistel 4,19 seiner jungen Gattin und ihrer Erzieherin Hispulla ein hohes Lob aussprechen zu wollen, nicht zu verkennen ist, lässt sich dennoch nicht übersehen, dass diese laudatio letztlich auf Plinius zurückfällt und ihm damit mindestens ebenso schmeichelt wie den beiden Frauen. Gleiches gilt für die Darstellung Calpurnias als einer uxor, die an eine puella docta erinnert. Auch die Nutzung dieses elegischen Motivs fällt positiv auf Plinius zurück, indem Calpurnia in ihrer Gelehrsamkeit – gleichsam wie ein Spiegel – das literarische Schaffen des Plinius verdoppelt; vgl. dazu auch Centlivres Challet (2013: 105): „She is the mirror into which not only Pliny himself but also his audience can gaze at his achievements. As such, she is an essential instrument in the process of Pliny’s forging for himself a lasting glory.“531 Calpurnias Bildung steigert nicht etwa ihre eigene, sondern die Attraktivität ihres maritus, indem ihre literarisch-ästhetischen Kompetenzen dazu dienen, die literarische Produktion ihres Ehemannes zu würdigen und dadurch zugleich den Wert seiner Dichtung zu markieren. Diese Erkenntnis unterstreicht die von Krasser (1993a) herausgearbeitete Technik des indirekten Selbstlobes als Strategie der positiven Darstellung der eigenen Person. Allerdings sind es hier nicht nur die literarischen Werke des Plinius, die eben diesen in ein günstiges Licht rücken, sondern auch die zurückhaltende, aber durchweg positive Darstellung Calpurnias als einer gelehrsamen uxor. Denn eine gebildete Ehefrau galt in der römischen Antike als Schmuck ihres Mannes, der ihr Bildung hat angedeihen lassen. 532 531

532

Dies gelte – so Centlivres Challet (2013: 105) weiter – auch für andere antike Schriftsteller, vor allem für Statius, der ebenso wie Plinius in der Porträtierung seiner Ehefrau (vgl. Stat. silv. 3,5) indirekt selbst lobenswert erscheint. Fögen (2007) hat in seinem Aufsatz zur Technik bei Porträtdarstellungen herausgearbeitet, dass das gesamte Leben Claudias durch ihren Ehemann Statius definiert sei (vgl. id. 262f.). Ihre Handlungen und ihre Gedanken seien gänzlich auf die Interessen und dichterischen Ambitionen ihres maritus ausgerichtet. Von daher spiegele die Verbindung von Claudia und Statius das Eheideal in der römischen Kaiserzeit wider. Vgl. dazu in der älteren Pliniusforschung von Hesberg-Tonn (1983: 102f.); vgl. in der jüngeren Forschung Carlon (2009: 16). Hindermann (2013: 153). Winsbury (2014: 130).

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________________________________________________ Resümierend erscheint Plinius in Epistel 4,19 unter Rückgriff auf sein Brief-Ich und unter Nutzung der Technik des indirekten Selbstlobes in der Rolle des maritus als literarisch beflissener, rhetorisch hochbegabter Gelehrter, der sowohl vor Gericht als auch im Literatenkreis hohe Anerkennung genießt und Erfolge (vor allem mit seinen versus) feiert.533 Letzteres war – wie in Kap. 2 der vorliegenden Studie herausgearbeitet werden konnte – ein wichtiger Indikator für wahrhaft männliches Verhalten in der römischen Antike.534 Nicht von ungefähr ist die vorliegende Epistel 4,19 höchst artifiziell gestaltet, wobei Plinius in ihrer stilistischen Ausformung sowohl durch die markante Rhythmisierung als auch durch die prägnant eingestreuten Sentenzen gleichzeitig Attizisten und Asianer zufriedenstellt.535 Neben seiner Rolle als öffentlich anerkannter und geschätzter Literat nimmt Plinius – was das konkrete Verhältnis zu Calpurnia betrifft – die Rolle ihres praeceptor bzw. paedagogus ein, da er aufgrund seiner hohen moralischen Integrität dazu prädestiniert wirkt, die vorzügliche Erziehungsarbeit Hispullas in seiner Ehe mit der noch jungen Calpurnia erfolgreich weiterzuführen. Exakt darüber gibt die Epistel 4,19 in Form eines durchgängig positiven Zwischenberichtes freudig Auskunft; deren Quintessenz lautet: Calpurnia ist auf dem Weg zu einer vorbildlichen matrona. Der Erziehungsaspekt spielt in Epistel 4,19 eine nicht unerhebliche Rolle: Hispulla erzieht Calpurnia vor der Ehe, Plinius als maritus in der Ehe: „Calpurnia is very much the object here, shaped by her aunt into the girl who can be married to Pliny, and further shaped by Pliny.“ (Alston –

533

534 535

In Bezug auf die literarische Technik des indirekten Selbstlobes durch die Porträtierung vorbildlicher Mitmenschen gelinge es Plinius laut Fögen (2007: 269), sich selbst zu einem exemplum zu erheben, da er selbst ausschließlich von vorbildlichen Menschen umgeben sei. Diese Technik liege im Wesen der Briefgattung begründet: „A strong focus on the author’s own persona and an implicit or explicit commendation of the self were inherent in the nature of the epistolary genre.“ (ibid.) Vgl. dazu ergänzend Rudd (1992: 52): „He lived in a society where a word out of place could lead to exile or death. So when Pliny came to write his letters he was determined never to appear in a bad light.“ Vgl. dazu unter Nennung weiterführender Literatur auch oben Anm. 89. Zur sprachlich-stilistischen Ausgestaltung der plinianischen Briefe vgl. von Albrecht II (2012: 974): „Dem asianischen Stil entsprechen die dulcia – Klauseln, Poetisches, Grandiloquenz – dem attischen die severa, knappe Sätze.“

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________________________________________________ Spentzou 2011: 126)536 Dies wiederum erinnert an die Ehefrau des Pompeius Saturninus, die sich durch die von ihrem Gatten initiierte Heranführung an Literatur – in besonderem Maße an Dichtung – zu einer gelehrten Frau entwickelt hat (vgl. Plin. epist. 1,16,6: tam doctam politamque reddiderit). Zu denken ist hier auch an die jung verstorbene Minicia Marcella, die von ihren paedagogi und praeceptores zu einer eifrigen und verständigen Lektüre angeleitet wurde und auch sonst – gemessen an ihrem Alter – ein erstaunliches exemplum in der Bewahrung altrömischer Werte darstellt, begleitet von einer beeindruckend konsequenten stoischen Grundhaltung (vgl. Plin. epist. 5,16,2f.).537 Wer die von Plinius in Epistel 4,19 selbst gesteuerte Darstellung von sich in der Rolle des maritus ernstnimmt und sie an die in Kap. 3 der vorliegenden Arbeit ermittelten Kriterien legt, auf deren Grundlage der Autor einen maritus vere Romanus definiert (vgl. dazu bes. Epistel 1,14), gelangt zu folgendem Ergebnis: Plinius erfüllt alle seine eigenen Erwartungen nahezu vollständig. Zum einen erfolgt das klare Bekenntnis zu der oberitalischen Heimat und den dort fest verwurzelten virtutes (vgl. hier bes. Plin. epist. 4,19,1f.: pietas, frugalitas, castitas); zum anderen entspricht sein Sozialprofil unter besonderer Berücksichtigung der politisch nicht unbedeutenden Familie rund um Lucius Calpurnius Fabatus (vgl. bes. Plin. epist. 4,19,1.7) höchsten Ansprüchen und gewährleistet die Sicherung und Weitergabe der altrömischen Werte, die in Epistel 4,19 sinnbildlich von Hispulla verkörpert werden. Ferner dokumentiert die gesamte Epistel 4,19 die tiefe Dankbarkeit des Plinius gegenüber Hispulla für deren Anteil an der auf altrömischen Werten gründenden Erziehung seiner Gattin Calpurnia (vgl. bes. Plin. epist. 4,19,8), sodass erkennbar ist, dass Plinius – wie dies auch in Epistel 1,14,1b.3.10 anklingt – Reziprozität als dankbare Verpflichtung gegenüber seinen Erziehern, Förderern und Mentoren versteht. Einzig die in Epistel 1,10 und 1,14 ausgiebig gelobte ingenua pulchritudo (vgl. Plin. epist. 1,10,6 bzw. 1,14,8a) wird von Plinius in Epistel 4,19 als sekundär betrachtet. Stattdessen wird die Relevanz der gloria als eines zentralen Merkmales des römischen (Ehe-)Mannes hervorgehoben, deren Erlangung und Wahrung sich alles unterzuordnen hat (vgl. bes. Plin. epist. 4,19,5b). Überdies kreiert Plinius in dem vorliegen536 537

Vgl. ähnlich Kunst (2000: 40), die mit Nachdruck auf die Formbarkeit Calpurnias in der Ehe mit Plinius hinweist. Vgl. dazu Sherwin-White (1968: 347 zu Plin. epist. 5,16,3).

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________________________________________________ den Brief – in Anlehnung an Epistel 1,16 und über die Episteln 1,10 und 1,14 hinausgehend – ein weiteres Kriterium eines maritus vere Romanus, und zwar das des Erziehers seiner Gattin (vgl. bes. Plin. epist. 4,19,2–5). Die Ehe zwischen Calpurnia und Plinius wird der aristokratischen Leserschaft als nachahmenswertes exemplum empfohlen. Zwar sind Hispulla und Calpurnia für sich genommen bereits exempla (die eine als Inbegriff für pietas bzw. als Bewahrerin des mos maiorum, die andere als treu ergebene uxor), doch den eigentlichen Höhepunkt bildet die eheliche Verbindung selbst, die aber (zu beachten ist erneut die Technik des indirekten Selbstlobes) erst durch den Einbezug des Ehemannes zu einem wahren exemplum einer kaiserzeitlichen Ehe aristokratischer Prägung wird. Wenn darüber hinaus – explizit im Epilog (Plin. epist. 4,19,8) – die Leichtigkeit und Gegenseitigkeit in der Ehe betont wird, ist das im Sinne einer impliziten Emotionalisierung der Leserschaft rührend, taugt es doch tatsächlich zur Nachahmung (sogar über die römische Kaiserzeit hinaus). Hier wird einmal mehr die Emotionssteuerung der Leserschaft mit der auf Exemplarität ausgerichteten Porträtdarstellung im Briefwerk des Plinius verknüpft – eingebettet in ein artifizielles Spiel, das in Anlehnung an die römische Liebeselegie drei Protagonisten kennt, deren Rollen jedoch gegenüber der elegischen Tradition bewusst modifiziert sind: Die amita Hispulla als die (keinesfalls verrufene, jedoch weitsichtige) lena, die uxor Calpurnia als (durchgängig unterwürfige, keinesfalls verruchte) puella docta sowie Plinius als (bereits zu Lebzeiten mit literarischer gloria ausgestatteter) poeta doctus, dessen Ich-Sprecher hier als ein in jeder Hinsicht dominanter maritus präsentiert wird, wobei dieser im offenen Bekunden leidenschaftlicher Gefühle an einen elegischen amator erinnert. Plinius hat sich von der erotischen Liebesdichtung inspirieren lassen, wobei er vielfach sowohl auf den von ihm geschätzten Ovid (zuvorderst auf dessen Ars und Amores) als auch auf Properz und Tibull anspielt. Reminiszenzen an die Liebesdichtung des Horaz und Statius konnten in der vorliegenden Studie ebenfalls nachgewiesen werden. Vornehmlich im Basistext des angezeigten Briefes (Plin. epist. 4,19,2–5) schimmern zahlreiche Anspielungen auf die Liebesdichtung durch, wobei die Darstellung auf die in Plin. epist. 4,19,5b explizit genannte gloria ausgerichtet ist: Non aetatem meam aut corpus, quae paulatim occidunt ac senescunt, sed gloriam diligit. Eben diese gloria entfacht in Calpurnia ein gesteigertes, genuin in ihr nicht vorhandenes Interesse an Literatur und lässt ihren maritus trotz fortgeschrittenen Alters sogar sexuell attraktiv erscheinen. Letzteres

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________________________________________________ gilt auch umgekehrt, wenngleich Calpurnia sich zudem einer mädchenhaften Jugendlichkeit erfreut. Von den klassischen Motiven der römischen Liebeselegie (servitium amoris; foedus aeternum; furor amoris; militia amoris; amator miser)538 finden sich in Epistel 4,19 nur wenige Schlaglichter. Der poeta liefert sich den Launen seiner jungen uxor nicht aus. Überdies erscheint das BriefIch keinesfalls von Calpurnia erniedrigt, im Gegenteil: Sie ist kaum als domina zu deklarieren, da sie sich – anders in der römischen Liebeselegie – ihrem maritus völlig unterwirft. Ebenso wird an keiner Stelle von Zugeständnissen des maritus an seine Gattin berichtet. Ferner wird Calpurnia nicht als raffinierte, egoistische und launische elegische Geliebte, sondern als grundanständige uxor porträtiert.539 Überdies versucht sich Calpurnia – anders als Properzens Cynthia, der Apoll die Dichtkunst und Calliope die Leier geschenkt haben (vgl. Prop. 1,2,27f.) – nicht selbst als Dichterin, sondern erscheint durchgängig als Rezipientin der opera ihres Gatten.540 Die Ehe zwischen Plinius und Calpurnia ist – wie Plinius explizit in Epistel 4,19,5a darlegt – auf Beständigkeit angelegt: His ex causis in spem certissimam adducor perpetuam nobis maioremque in dies futuram esse concordiam. Dies ähnelt dem elegischen foedus aeternum, einem lebenslangen Treuebund, in dem beide Partner bis zu ihrem Tode eine ununterbrochene Orgie ekstatischen Glückes erleben (vgl. bes. Tib. 1,1,59f.; 1,5, 538

539

540

Zu einer Übersicht über die Topoi der römischen Liebeselegie vgl. Holzberg (1990: 10–16). Zur Genese und Typologie der Liebeselegie als Gattung vgl. Jacoby (1905). Day (1972). Cairns (1979). Stroh (1983). Holzberg (1990). Miller (1994). Lieberg (1996). Janka (2000). Zu Untersuchungen einzelner Topoi vgl. zur militia amoris Spies (1930). Murgatroyd (1975). Lilja (1978a: 45–55. 64–76). Lyne (1980: 251f.). McKeown II (1989: 257–260). Wildberger (1998: bes. 233–242); zu militärischen Metaphern der Elegie vgl. La Penna (1951b: 193–195). Zu den verschiedenen Formen des servitium amoris vgl. Copley (1947). Lilja (1978a: 76–89). Lyne (1979). Lyne (1980: bes. 78–81). Hallett (1984b: bes. 249–251). Murgatroyd (1981). Labate (1984). Onetti Dambe (1986). McCarthy (1998). Wildberger (1998: bes. 214–232). Laigneau (1999). Hindermann (2009a: bes. 155–157). Vgl. ähnlich Hindermann (2010: 50f.); zu den Erwartungen des Plinius an eine Ehefrau, die neben den in Epistel 4,19 geschilderten Attributen auch Nachgiebigkeit und ein anmutiges Wesen (suavitas bzw. dulcedo) aufzuweisen hatte, vgl. Maniet (1966: 150–167). Shelton (1990: 165–173). Hindermann (2010: 50f.). Vgl. auch Lieberg (1963) und Hindermann (2010: 51 mit dortiger Anm. 51).

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________________________________________________ 7f.; 1,6,67f.; Prop. 1,2,24; 2,5,1f.; 2,6,41f.).541 Allerdings klingt in Epistel 4,19 – anders als in der Liebeselegie – vonseiten des Mannes kein Leid an, sodass dieser sich nicht wünschen muss, der Verbindung mit seiner jungen uxor zu entkommen. Vielmehr wirkt der maritus in seiner Ehe mit Calpurnia heiter und glücklich (vgl. bes. Plin. epist. 4,19,8), nicht zuletzt deshalb, weil er sich – anders als viele amatores der römischen Liebeselegie – seines exklusiven Anspruches auf die Liebe seiner Gattin sicher sein kann (vgl. Plin. epist. 4,19,2b: Amat me, quod castitatis indicium est.). Abgesehen von dem spielerischen, vorgeblich auf Augenhöhe ablaufenden Wettstreit der beiden Ehepartner am Briefschluss (Plin. epist. 4,19,8), behält der maritus in Epistel 4,19 die continentia – sowohl über seine junge Ehefrau als auch über sich selbst. Von daher erfüllt Plinius die in der römischen Kaiserzeit geltende und in Kap. 2 der vorliegenden Studie dargelegte männliche Rollennorm vollauf. Eine Obsession in der Ehe mit Calpurnia ist nicht erkennbar; keinesfalls ist er (wie etwa der Liebende in Tib. 1,1,55; 2,2,11–20; Prop. 2,15, 25f.)542 an seine uxor gekettet. Ebenso wenig wird die Ehe in Epistel 4,19 als eine Lebensform bezeichnet, die den Alltag des maritus vollständig ausfüllt. Das Gegenteil ist der Fall: Der maritus geht seinen Aufgaben im privaten wie im öffentlichen Raum nach, und zwar sehr erfolgreich (vgl. Plin. epist. 4,19,2–4). Ebenso wenig stellt die Ehe mit Calpurnia in Epistel 4,19 Kriegsdienst (militia amoris) dar. Ferner kann der Ehegatte nicht als amator miser bezeichnet werden. Dafür gibt es in dem vorliegenden Brief keinerlei Indizien. Es ist zu konstatieren: Plinius will von seiner aristokratischen Leserschaft als poeta doctus verstanden werden und nutzt zu diesem Zweck das Motivrepertoire der römischen Liebeselegie in Epistel 4,19, wobei er in 541

542

Die Bindung zwischen amator und puella soll bis zum Tode dauern und von Treue geprägt sein; vgl. dazu bes. Tib. 1,3,82–87; id. 1,6,85f.; Prop. 2,16,21f.; das foedus amoris ist als Motiv bereits bei Catull angelegt. Vgl. dazu auch Cat. c. 64,335f.373f.; 87; 109; vgl. dazu in der Forschung auch Lyne (1980: 35). Zum foedus aeternum vgl. Reitzenstein (1912: 9–15). La Penna (1951b: 190–195). Burck (1952: 168–172). Boucher (1965: 92f.). Lilja (1978a: 69– 73). Lyne (1980: 65–67). Stroh (1983: 223. 231f.). Freyburger (1986: 170– 176). Wildberger (1998: bes. 262–264. 322–327). Zur elegischen Vorstellung, wonach der Liebende an seine domina gekettet sei, vgl. Janka (1997: 417) und Wildberger (1998: bes. 322f.). Vgl. dazu in der älteren Elegieforschung auch Reitzenstein (1912: 1–12). La Penna (1951b: 187–189). Boucher (1965: 93).

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________________________________________________ selektiver Weise nur diejenigen Elemente aufgreift, die seiner erklärten Absicht, mit seinen Episteln der Nachwelt ein positives Bild seiner selbst und seines aristokratisch geprägten Umfeldes zu zeichnen, entsprechen: Nicht etwa die militia bzw. das servitium amoris sind für Plinius elementar, sondern das Lob der Geliebten sowie die eigene Porträtierung als erfolgreicher und mit gloria ausgestatteter poeta, dem es sogar gelingt, seine junge uxor für die eigenen literarischen opera zu begeistern (vgl. Plin. epist. 4,19,2–4). Ob diese Ehe tatsächlich so gelebt wurde und die dargestellten Gefühle (vgl. bes. Plin. epist. 4,19,5.8) von wahrer Natur sind, ist weder verifizier- noch falsifizierbar. Gewiss wird dem Leser hier eine zu einem Ideal stilisierte Ehe zwischen aristokratischen Lebenspartnern vor Augen geführt, die – sollte sie Kinder hervorbringen – dem Zweck sowohl des Erhaltes der eigenen gens als auch der Festigung und Stärkung des sozialen, elitären Netzwerkes diente. In letzter Konsequenz ist Fögen (2007: 267–269) in seiner These recht zu geben, dass Epistel 4,19 in Anlehnung an die intertextuellen Referenzen auf die Ehedarstellung des Statius (vgl. bes. Stat. silv. 3,5) vornehmlich dazu dient, die Selbstinszenierung des Plinius im Spiegel der Porträtierung der beiden ihm nahestehenden Frauen zu befördern. Dies lässt sich in Ergänzung zu Fögen auch anhand der Erzähltechnik des Autors nachweisen; denn die eigentliche Diegese bzw. Erzählung ist im narrativ-referentiell gefärbten Mittelteil des Briefes (Plin. epist. 4,19,2–5) angesiedelt. Dabei sind die §§ 2–5 als intradiegetisch einzustufen, § 1 und §§ 6–8 hingegen als extradiegetisch, da Calpurnia hier nicht mehr als Hauptakteurin fungiert, wenngleich sie zwischenzeitlich noch aktiv in die Handlung eingreift (z. B. zusammen mit Plinius; vgl. dazu Plin. epist. 4,19,8). Insbesondere die extradiegetische Erzählebene im Schlussteil der Epistel ist bemerkenswert gestaltet, da in Plin. epist. 4,19,6f. zunächst Hispulla als Protagonistin in der Rolle der Erzieherin der beiden Ehepartner präsent ist. Im Epilog (§ 8) treffen alle in Epistel 4,19 zentralen Protagonisten aufeinander, wobei sie ausnahmslos aktiv handeln (zunächst das Brief-Ich und Calpurnia zusammen, dann als Abrundung wieder Hispulla: Certatim ergo tibi gratias agimus, ego quod illam mihi, illa quod me sibi dederis, quasi invicem elegeris.). Grundsätzlich fungiert Plinius in weiten Teilen der Epistel 4,19 als homodiegetischer Erzähler, im Epilog sogar eindeutig als autodiegetischer Erzähler. Von Bedeutung ist jedoch, dass er auch in der mittleren Briefpassage (Plin. epist. 4,19,2–5) und zu Beginn des Brief-

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________________________________________________ schlusses (Plin. epist. 4,19,6f.) als autodiegetischer Erzähler verstanden werden kann, da zwar vornehmlich Calpurnia im Zentrum der erzählten Handlungen steht, diese jedoch allesamt auf ihren maritus ausgerichtet sind, sodass über die gesamte Epistel hinweg letztlich eine Person in ihrem Streben nach literarischer immortalitas bzw. gloria den Dreh- und Angelpunkt aller im vorliegenden Brief ablaufenden Handlungen bildet: Plinius selbst.

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261

________________________________________________ 4.1.2

Philologisch-motivanalytische Interpretation Plin. epist. 8,10: Die Fehlgeburt Calpurnias: Plinius informiert die Familie – Teil I

4.1.2.1

Prolegomenon

Der zweite Ehebrief über Calpurnia ist ebenso wie Epistel 4,19 an ein Familienmitglied gerichtet, an den von Plinius zutiefst respektierten Lucius Calpurnius Fabatus, den Plinius – wie bereits in Kapitel 4.1.1.3 ausgeführt wurde – wie einen Vater verehrte und dessen Familie er stets mit reverentia begegnete.543 Letzteres ist bei genauer Betrachtung sowohl des Briefinhaltes als auch besonders des Grundtones der vorliegenden Epistel 8,10 mitzudenken. In diesem Zusammenhang betont die jüngere Pliniusforschung die angeblich kühle, wenig empathische Darstellung des Plinius, der seinem Schwiegergroßvater die traurige Kunde der Fehlgeburt Calpurnias mitteilen muss (vgl. Plin. epist. 8,10,1a: Quo magis cupis ex nobis pronepotes videre, hoc tristior audies neptem tuam abortum fecisse.).544 Doch auch wenn sich der Briefauftakt für plinianische Verhältnisse erstaunlich nüchtern gestaltet, wäre es dennoch verfehlt, hier heutige Maßstäbe anzulegen und dieser Epistel eine schroffe Note zu unterstellen; vielmehr ist das Schreiben auf dem Hintergrund des oben angedeuteten familiären Verhältnisses zwischen den beiden Protagonisten zu betrachten.545 Insofern darf das Fehlen eines allzu warmen Grundtones nicht überraschen, und zwar erst recht nicht angesichts der in Kap. 2 konstatierten Tatsache, dass ein (Groß-)Vater–Sohn–Verhältnis nicht von zärtlichen Gefühlen, sondern von einer deutlich spürbaren, auf die besagte reveren-

543 544

545

Zu weiterführender Literatur hinsichtlich der Person des Lucius Calpurnius Fabatus und seines Verhältnisses zu Plinius vgl. oben Anm. 381. Zur Behauptung, wonach Epistel 8,10 ein Ausweis von Schonungslosigkeit oder gar Brutalität gegenüber dem Schwiegergroßvater sei, vgl. Bury (1999: 62f.). Vgl. ähnlich Carcopino (1992: 136f.). Deutlich milder im Urteil, aber in der Sache gleich argumentierend Sherwin – White (1968: 459). Carlon (2009: 171–173). Centlivres Challet (2013: 24). Vgl. dazu auch Alston – Spentzou (2011: 127 mit dortiger Anm. 29): „In several other letters, Pliny presents Fabatus as a stern and reproachful relation, prone to reminding Pliny of his duties.“ Vgl. dazu passend Plin. epist. 5,11; 6, 12; 7,11.

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________________________________________________ tia zurückzuführenden Distanz geprägt war.546 Plinius folgt dieser durch die Kultur- und Zeitgeschichte begründeten Konvention und informiert seinen Schwiegergroßvater über die Fehlgeburt Calpurnias in Form eines offiziell gehaltenen Schreibens, das vor allem eines sein will: eine ernste, schonungslos ehrliche Konversation zwischen zwei Aristokraten mit klarer Ausrichtung am mos maiorum. Diesem Anspruch ordnet der Absender alles unter, wenngleich nicht in Abrede gestellt werden kann, dass Plinius nicht versucht, einige tröstende, Hoffnung spendende Reflexe in seine Epistel einzupflegen (vgl. bes. Plin. epist. 8,10,3c: Nascantur modo et hunc nostrum dolorem gaudio mutent.). Überdies darf nicht übersehen werden, dass bereits der Inhalt, aber auch der Stil der vorliegenden Mitteilung von Pathos durchzogen ist. Dennoch muss mit aller Entschiedenheit bedacht werden, dass Plinius hier mit einem betagten pater familias alter Prägung kommuniziert, dem vordringlich die Sicherstellung der (möglichst männlichen) Nachkommenschaft und die damit einhergehende Erhaltung seiner gens am Herzen liegt; nachrangig ist in diesem werteorientierten Denken das Wohlbefinden der Enkelin. Unter dieser für die römische Antike charakteristischen Prämisse ist der vorliegende Brief zu lesen; von daher laufen heutige Erwartungen an den Text, womöglich belastet mit von Trauer durchwirkten Gefühlen angesichts der Fehlgeburt der jungen Frau, Gefahr, anachronistisch zu sein.547 4.1.2.2

Gedanklicher Aufbau C. PLINIUS FABATO PROSOCERO SUO S. (1a) Quo magis cupis ex nobis pronepotes videre, hoc tristior audies neptem tuam abortum fecisse, dum se praegnantem esse puellariter nescit, ac

546

547

Zu dem grundsätzlich distanziert angelegten Verhältnis von (Groß-)Vater und Sohn in der römischen Antike vgl. auch oben Anm. 76; zum Wert der reverentia, die sich auf den respektvollen Umgang mit allen Familienangehörigen erstreckt, unter Nennung weiterführender Literatur vgl. oben Anm. 226. Vgl. dazu exemplarisch Bury (1999: 62): „Schon auf den ersten Blick wirkt dieser Brief schockierend auf uns. […] Die Schonungslosigkeit wirkt kalt, ja fast brutal auf uns, zumal sie ohne die Gefühle vorgetragen wird, die wir bei diesem Thema erwarten.“ Vgl. ähnlich Alston – Spentzou (2011: 130), die es wagen, Lucius Calpurnius Fabatus aus heutiger Perspektive wie folgt zu klassifizieren: „His knowledge and understanding are inferior.“

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________________________________________________ per hoc quaedam custodienda praegnantibus omittit, facit omittenda. (1b) Quem errorem magnis documentis expiavit, in summum periculum adducta. (2) Igitur, ut necesse est graviter accipias senectutem tuam quasi paratis posteris destitutam, sic debes agere dis gratias, quod ita tibi in praesentia pronepotes negaverunt, ut servarent neptem, illos reddituri, quorum nobis spem certiorem haec ipsa quamquam parum prospere explorata fecunditas facit. (3a) Isdem nunc ego te quibus ipsum me hortor moneo confirmo. (3b) Neque enim ardentius tu pronepotes quam ego liberos cupio, quibus videor a meo tuoque latere pronum ad honores iter et audita latius nomina et non subitas imagines relicturus. (3c) Nascantur modo et hunc nostrum dolorem gaudio mutent. Vale.

Ein vom mos maiorum geprägter römischer Aristokrat berichtet von der Fehlgeburt seiner jungen Gattin; die Ausgangssituation, vor deren Hintergrund Epistel 8,10 geschrieben wurde, ist beachtenswert und lädt dazu ein, Plinius’Ausführungen vor allem unter Genderaspekten zu lesen. Dies gilt umso mehr, als hier in einem sermo absentium zwei Männer über ein hochsensibles, frauenspezifisches Thema sprechen. Allerdings steht nicht etwa die Gesundheit oder die mentale Verfassung der uxor im Fokus, sondern das Bestreben des Plinius, den Schwiegergroßvater angesichts der für den Moment zunichte gemachten Hoffnung auf Nachkommen zu besänftigen, indem auf die weiterhin uneingeschränkten körperlichen Voraussetzungen der beiden Ehepartner hingewiesen wird, auf deren Grundlage weitere Schwangerschaften möglich sind. Von daher ist das Kernthema der Epistel 8,10 die zentrale Bedeutung der procreatio prolis im Denken römischer Aristokraten; diesem Aspekt wird in der gesamten Epistel alles andere untergeordnet – sogar die mentale und gesundheitliche Verfassung der jungen Gattin nach ihrer erlittenen Fehlgeburt. Nach dem Briefpräskript folgt ein informell gehaltenes Proömium, das die Nachricht von der Fehlgeburt Calpurnias beinhaltet und die Schuldfrage erörtert (vgl. Plin. epist. 8,10,1). Im Hauptteil der vorliegenden Epistel ist die Aufmerksamkeit vollständig auf die Belange und Gefühle des Schwiegergroßvaters gerichtet; Plinius selbst, in den Ehebriefen 4,19; 6,4; 6,7; 7,5 zumeist als homo- bzw. autodiegetischer Erzähler im Mittelpunkt des Geschehens, nimmt sich hier in auffälliger Weise vollkommen zurück (Plin. epist. 8,10,2). Nicht zuletzt deshalb drängt sich der Eindruck auf, dass Epistel 8,10 ein authentisches Briefdokument darstellt,

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________________________________________________ das durch die Einbindung der Götter eine pathetische Färbung erhält. Dagegen spielt die im Briefcorpus allenthalben präsente Selbstporträtierung des Plinius im Mittelteil der vorliegenden Epistel keine Rolle. Erst im Abschlussteil tritt Plinius wieder markant und als dominant agierender Protagonist in Erscheinung – aber auch nur in der Form, dass er sich empathisch zeigt und Anteil an der Trauer seines auf Urenkel hoffenden Schwiegergroßvaters nimmt, wobei Plinius hier zugutekommt, dass er sich auf dieselbe wertkonservative Grundhaltung wie Lucius Calpurnius Fabatus berufen kann (vgl. Plin. epist. 8,10,3a–b). Auf diesem Wege kann Plinius dem alten Herrn tröstend versichern, dass sich trotz der Fehlgeburt an den Rahmenbedingungen nichts geändert habe: Jeder Nachkomme könne sich freuen, in solch eine gens mit glänzendem Leumund und berühmten Vorfahren hineingeboren zu werden (Plin. epist. 8,10,3a–b). Diese Vorfreude wird im Epilog zur hoffnungsfrohen Sicherheit gesteigert: Nicht zuletzt aufgrund der nachgewiesenen Fruchtbarkeit beider Ehepartner ist die procreatio prolis sichergestellt, sodass sich die momentane Trauer – die auch Plinius selbst erfasst hat – in Freude verwandeln werde (Plin. epist. 8,10,3c: Nascantur modo et hunc nostrum dolorem gaudio mutent.). 4.1.2.3

Datierung und Einordnung in das Gesamtwerk

Die vorliegende zehnte Epistel des achten Buches ist insofern von Bedeutung, als sie zwar grundsätzlich für sich allein stehen kann, aber dennoch erst in Kombination mit der in Iuxtaposition befindlichen elften Epistel zu einem Ganzen wird; denn in beiden Epistulae setzt Plinius sich mit demselben Sachverhalt auseinander – der Fehlgeburt seiner Gattin Calpurnia. In beiden Fällen kommuniziert Plinius mit Familienmitgliedern: in Epistel 8,10 mit seinem Schwiegergroßvater Lucius Calpurnius Fabatus, in Epistel 8,11 mit der aus dem Ehebrief 4,19 bekannten Calpurnia Hispulla, der Tante seiner Gattin Calpurnia. So ist eingedenk des sensiblen Themas und nicht zuletzt vor dem Hintergrund der unter Genderaspekten hochinteressanten Personenkonstellation bei der Analyse dieses Briefpaares darauf zu achten, wie Plinius den Sachverhalt jeweils darstellt, ob er eine geschlechterspezifische Differenzierung vornimmt, welche Gefühle er selbst angesichts des Verlustes offenbart und vor allem wie empathisch er in der Kommunikation mit zwei engen Familienangehöri-

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________________________________________________ gen agiert, und zwar unter der Prämisse, dass Ehen in der römischen Antike – wie in Kapitel 2 und 3 der vorliegenden Studie nachgewiesen werden konnte – mit der Intention arrangiert und geschlossen wurden, die eigene gens zu erhalten und die damit einhergehende Weitergabe altrömischer Werte zu sichern. Ferner ist zu fragen, ob Plinius tatsächlich – wie von weiten Teilen der Forschung behauptet – einen schonungslosen, harten und bisweilen brutalen Grundton gegenüber seinem Schwiegergroßvater anschlägt und worauf dies zurückzuführen ist, sollte die oben gestellte Frage tatsächlich bejaht werden. Einig hingegen ist sich die Pliniusforschung darin, dass als Abfassungszeitpunkt der Dublette 8,10/8,11 – unter der für diese Untersuchung getroffenen Annahme, die Hochzeit der beiden Protagonisten ist 104 n. Chr. erfolgt – das Jahr 107 n. Chr. anzusetzen ist (vgl. dazu Sherwin-White 1966: 459; vgl. zuletzt Bodel 2015). Es ist bemerkenswert, dass die Kontextualisierung der Epistel 8,10 in der Forschung bislang zu wenig erörtert worden ist. Denn dass der hier von Plinius abermalig geäußerte Wunsch nach eigenen Kindern und die traurige Nachricht der vorerst gescheiterten Bemühungen ausgerechnet im achten Buch der Briefsammlung platziert sind, darf nicht verwundern, da Plinius seine in den ersten Büchern seiner Briefsammlung immer wieder angedeutete Rolle als väterlicher Mentor junger (politischer und/oder literarischer) Talente nunmehr zur vollen Entfaltung kommen lässt (vgl. dazu exemplarisch die in Kap. 3.8 interpretierte Epistel 1,14).548 In der benachbarten vierzehnten Epistel des achten Buches schaut Plinius zurück auf die von ihm herbeigesehnten Zeiten, in denen die junge Elite Roms direkt von ihren Vätern oder von ihren väterlichen Mentoren lernte. Hier spricht Plinius aus eigener Erfahrung, denn auch er selbst genoss einst diese Förderung, z. B. durch den von ihm hochverehrten Lucius Verginius Rufus; vgl. dazu Plin. epist. 2,1,8: … quod ille mihi tutor relictus affectum parentis exhibuit. Sic candidatum me suffragio ornavit; sic ad omnes honores meos ex secessibus accucurrit, cum iam pridem eiusmodi officiis renuntiasset; sic illo die quo sacerdotes solent nominare quos dignissimos sacerdotio iudicant, me semper nominabat. 548

Dies wird auch erkannt von Bernstein (2008) und Gibson – Morello (2012: 133f.). Als weiteres dominantes Thema des achten Epistelbuches erkennt Whitton (2010) grundsätzliche Reflexionen über Sklaverei; vgl. dazu exemplarisch Plin. epist. 8,14; id. 8,16.

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________________________________________________ Diese umfassende Unterstützung seines Mentors will Plinius nun selbst künftigen Generationen angedeihen lassen – zum einen den von ihm geförderten Talenten (vgl. hier exemplarisch den ebenso wie Plinius kinderlosen Iunius Avitus, dem er in Epistel 8,23 einen leuchtenden Nachruf widmet),549 zum anderen seinen eigenen (sehnlichst herbeigewünschten) Kindern; nicht von ungefähr beschließt Plinius den vorliegenden Brief mit eben diesem Vorsatz; vgl. Plin. epist. 8,10,3b: Neque enim ardentius tu pronepotes quam ego liberos cupio, quibus videor a meo tuoque latere pronum ad honores iter et audita latius nomina et non subitas imagines relicturus.

4.1.2.4

Philologisch-motivanalytische Interpretation

§ 1: Briefeingang einschließlich Proömium Bereits die ersten Worte des unmittelbar, in jeder Hinsicht schonungslos wirkenden Briefeinganges dokumentieren, welches zentrale, kultur- bzw. zeitgeschichtlich hochrelevante Thema der vorliegenden Epistel zugrundeliegt: die procreatio prolis als Mittel zur Erhaltung und Bewahrung der eigenen gens (vgl. Plin. epist. 8,10,1a: Quo magis cupis ex nobis pronepotes videre, hoc tristior audies neptem tuam abortum fecisse.). Plinius hält sich nicht mit einer längeren, sorgsam ausgefeilten und angesichts des Ereignisses einfühlsam konzipierten Einleitung auf, sondern kommt sogleich zum Kern seiner Mitteilung: Calpurnia habe eine Fehlgeburt erlitten (neptem tuam abortum fecisse). Der Begriff abortus meint hier nicht einen Schwangerschaftsabbruch (wie in Plin. epist. 4,11,6), sondern eine Fehlgeburt (wie z. B. in Cic. Att. 14,20,2, dort bezogen auf die Fehlgeburt Tertullas).550 Eine Fehlgeburt wurde in der griechisch-römischen Medizin 549

550

Gibson – Morello (2012: 134) sehen in dem Verhältnis von Plinius und Iunius Avitus „a kind of symbolic fatherhood“; vgl. dazu auch Plinius selbst in Epistel 8,23,2f.: Suffragio meo adiutus in petendis honoribus fuerat; ad hoc ita me diligebat, ita verebatur, ut me formatore morum, me quasi magistro uteretur. Rarum hoc in adulescentibus nostris. [...] Statim sapiunt, statim sciunt omnia, neminem verentur, neminem imitantur, atque ipsi sibi exempla sunt. Sed non Avitus… Vgl. dazu auch Shelton (2016: 139). Grundsätzlich zum Terminus abortus vgl. ThLL 1 (1900: 127,3–79, hier bes. 54–57 s. v. abortus); insbesondere Plinius

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________________________________________________ als pathologischer Vorgang verstanden, der große Gefahren für die werdenden Mütter durch Blutung oder Vereiterung in sich bergen konnte (vgl. dazu Cels. 2,8). Als Auslöser für Fehlgeburten galt eine gestörte Ernährung der Frucht; der sogenannte Frühabort (abgeleitet von abortus) innerhalb der ersten vierzig Tage der Schwangerschaft war am häufigsten zu beklagen; dagegen wurden Frühaborten im dritten oder vierten Monat der Schwangerschaft als gefährlich angesehen.551 Shelton (2013: 127) verweist auf Soranus, der in seinem Lehrwerk über Gynäkologie (vgl. id. 3, 26) die emotionale Belastung der Schwangeren nach einer Fehlgeburt erörtert, die sich sogar zu einer hysteria auswachsen konnte.552 Plinius formuliert im Briefeingang nicht aus seiner eigenen Perspektive oder gar aus der seiner Gattin; im Gegenteil: Er stellt die Wünsche und Erwartungen des Schwiegergroßvaters voran (cupis).553 Damit ist die Programmatik des vorliegenden Schreibens festgelegt und personell begründet: Der Schwiegergroßvater, der als pater familias von den beiden Ehepartnern die Zeugung von Nachkommen erwartet, ist die zentrale Figur des vorliegenden Briefes; ihm allein ist Plinius in seiner Rolle als maritus zu einer Auskunft über das weitere Geschick der gens verpflichtet. Die parallel angeordnete, in eine Korrelation gekleidete Antithese (quo magis cupis … hoc tristior audies) unterstreicht mit Nachdruck, dass Plinius sich des hohen Anspruches bzw. des Druckes bewusst ist, dessen er sich vonseiten des Schwiegergroßvaters ausgesetzt sieht. Dies gilt für ihn ebenso wie für seine Gattin (ex nobis pronepotes videre);554 in diesem

551

552

553

554

der Ältere handelt über einen abortus des Öfteren (vgl. exemplarisch Plin. nat. 27,110; 30,128; 32,8). Vgl. dazu Riddle (1992) und Schubert – Huttner (1999: 382–391). Vgl. auch Gourevitch (1984: bes. 176–193). Zu einem antiken Zeugnis vgl. exemplarisch Cels. 2,8,30.35. Zur medizinischen Versorgung in der Antike vgl. Krug (1984). Zu einem Abriss über die medizinische Versorgung in der Antike unter Nennung zahlreicher literarischer Belegstellen vgl. Weeber (2003a: 253–255 s. v. medizinische Versorgung). Allgemein zur Kindersterblichkeit in der römischen Antike vgl. exemplarisch Kunst (2015: bes. 50–52). Der dringende Wunsch des Schwiegergroßvaters spiegelt sich im Gebrauch des Verbs cupere, das häufig im Zusammenhang mit einem ersehnten Menschen steht; vgl. dazu grundlegend ThLL 4 (1906–1909: 1431,65–1432,10). Vgl. dazu auch Shelton (2016: 138), die davon ausgeht, dass Calpurnia durch ihre Fehlgeburt ein psychisches Trauma erlitten habe. Plinius selbst stehe deshalb unter erheblichem Druck, da er der letzte lebende Vertreter seiner gens

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________________________________________________ Kontext ist das Personalpronomen der ersten Person Plural nobis markant, das den concordia-Gedanken des ersten Ehebriefes an Calpurnia Hispulla im Sinne der inneren Verknüpfung der Ehebriefe aufnimmt und konsequent weiterführt (vgl. dazu Plin. epist. 4,19,5a).555 Der in der jüngeren Pliniusforschung immer wieder geäußerte Vorwurf, wonach Plinius den Schwiegergroßvater hier allzu kühl und „fast brutal“ (Bury 1999: 62) mit dem traurigen Ereignis konfrontiere, ist insofern überzogen, als er sehr wohl die Gefühlslage des Fabatus antizipiert und diesem nicht nur eine freudige Erwartungshaltung (cupis), sondern auch die gewiss vorhandene Trauer angesichts der Fehlgeburt der Enkelin zuschreibt (tristior audies). Sicher nicht unbeabsichtigt setzt Plinius hier im Zusammenhang mit seinem strengen, wertkonservativen Schwiegergroßvater das Adjektiv tristis, das laut OLD II (2012: 2178f.) und Menge (1988: 182f., § 322) auf eine ernste, mitunter unfreundliche Gesinnung hinweist, die häufig von einer tadelnden Haltung begleitet wird.556 Plinius geht also in der ihm zustehenden Weise auf die Grundbefindlichkeit des Fabatus ein, wenngleich er hier gänzlich auf ausschmückende, den Sachverhalt verharmlosende Worte verzichtet – wohl wissend, dass der Sachverhalt dadurch nicht beschönigt werden kann. Plinius ist sich der Tatsache bewusst, dass Fabatus angesichts der Nachricht enttäuscht, ja sogar verärgert sein wird. Dass die Fehlgeburt für alle Beteiligten (Plinius – Calpurnia – Fabatus) gleichermaßen schwer zu ertragen ist, belegt einmal mehr der Rückgriff auf ein Personalpronomen: neptem tuam. Wurde durch das Personalpronomen der ersten Person Plural nobis die eheliche Verbindung zwischen Plinius und Calpurnia hervorgehoben, so bindet er Fabatus durch das Personalpronomen der zweiten Person Singular (tuam) gezielt in den Sachverhalt ein und verzichtet auf potentiell mögliche Wendungen wie uxor mea. Die Familie in ihrer Gesamtheit ist – so die Bot-

555 556

sei und trotz dreier Ehen noch keinen Stammhalter vorweisen könne, der wiederum die Familienlinie fortführen könne. Vgl. auch Shelton (1990: 167). Dies. (2013: 125. 127). Carlon (2009: 172 mit dortiger Anm. 51). Zur zentralen Bedeutung der concordia im Denken des Plinius unter Nennung weiterführender Literatur vgl. auch oben Anm. 477. Vgl. dazu exemplarisch Prop. 1,10,21; Mart. 7,92,3; Tac. hist. 1,14. Dazu passt, dass das Substantiv tristitia von Plinius häufig direkt neben severitas platziert wird; vgl. dazu exemplarisch Plin. epist. 2,5,6; id. 8,21,1; vgl. ähnlich Cic. Lael. 66. Weitere Belegstellen bzgl. der Verquickung von tristitia und severitas finden sich bei Whitton (2013a: 116).

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________________________________________________ schaft im Briefeingang – von der Fehlgeburt betroffen. Familie erscheint hier als Schicksalsgemeinschaft, was neben den bereits ausgedeuteten Personalpronomina (nobis – tuam) auch die beiden dem gleichen Wortfeld entstammenden Substantiva pronepotes und neptem unterstreichen. Insbesondere die gehäufte Verwendung des Substantivs pronepos in der vorliegenden Epistel ist augenfällig und unterstreicht den dringenden Wunsch des Lucius Calpurnius Fabatus nach Urenkeln.557 Daraus wiederum muss gefolgert werden: Die Zeugung potentieller Nachkommen war keine rein persönliche Entscheidung der jeweiligen Ehepartner, sondern eine Angelegenheit der Familie, die im Idealfall auf mehrere Generationen angelegt war und von daher dringend der Erhaltung bedurfte. Die von Fabatus gehegte Hoffnung auf Stammhalter (diese wird Plinius erst im weiteren Fortgang der brieflichen Darstellung auch für sich selbst proklamieren) hat für den Moment einen herben Rückschlag erlitten, um dessen Aufarbeitung Plinius im Zentrum des sich anschließenden temporalen Subjunktionalsatzes bemüht ist (vgl. Plin. epist. 8,10,1a: Dum se praegnantem esse puellariter nescit, ac per hoc quaedam custodienda praegnantibus omittit, facit omittenda.).558 Wer Verantwortung für dieses Ereignis trägt, ist schnell ausgemacht: Calpurnia selbst ist es, die ihre Schwangerschaft aus mädchenhafter Unerfahrenheit heraus nicht bemerkt hat (se praegnantem esse puellariter nescit). Das Adverb puellariter, das laut OLD II (2012: 1637) nur an dieser einen Stelle in der römischen Literatur erscheint, spiegelt den Versuch des Plinius wider, Verständnis für das junge Mädchen (beim Eintritt in die Ehe mit Plinius noch ein Teenager) zu evozieren.559 Bemerkenswert ist die Tatsache, dass Plinius das Adjektiv puellaris nur an einer einzigen weiteren Stelle in seinem Briefcorpus heranzieht – ausgerechnet in der Epistel 5,16,2 im Zusammenhang mit seinem Lobpreis auf die jung verstorbene Minicia Marcella, mit der Plinius seine eigene Gattin bereits in Epistel 4,19 hinsichtlich der vorbildlichen Werteorientierung in Vergleich 557

558

559

Zur Nutzung des Substantivs pronepos in der römischen Literatur unter Nennung einschlägiger Belegstellen (u. a. Cic. Att. 16,14,4; Tusc. 3,12,26) vgl. OLD II (2012: 1637); im plinianischen Briefcorpus außer der hier untersuchten Textstelle nur noch Plin. epist. 8,18,2. Die temporale Färbung des hier vorliegenden Subjunktionalsatzes konstatiert auch Shelton (2016: 139). Vgl. dazu grundsätzlich LHS II, 2, 2, 612f., § 330, II) und KS II, 2, 374f., § 210, 3. Vgl. dazu auch Shelton (2016: 139).

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________________________________________________ setzte.560 Dass Calpurnia unwissentlich und nicht mit Vorsatz die Fehlgeburt verschuldet hat, wird auch durch das Verb nescire angezeigt; dieses betont laut Menge (1988: 51, § 78), dass Calpurnia „keine Vorstellung“ von ihrer Schwangerschaft hatte. Auffällig ist hier, dass Plinius alles daran setzt, den zu erwartenden Unmut bzw. Zorn des Fabatus angesichts des ungeschickten Verhaltens seiner Enkelin im Keime zu ersticken – untermalt zum einen durch die klangverstärkende Alliteration (praegnantem … puellariter), zum anderen durch die Lautmalerei der p- und s-Laute im ersten Teil des Subjunktionalsatzes. Doch so sehr Plinius sich auch bemüht, das Verhalten seiner offensichtlich noch sehr jungen Gattin zu entschuldigen und von seiner eigenen Seite aus keine Vorwürfe gegen Calpurnia zu erheben, ändert es nichts an der von ihr zu tragenden Schuld an der Fehlgeburt (ac per hoc quaedam custodienda praegnantibus omittit, facit omittenda). Ohne konkret zu erläutern, was an dem Verhalten Calpurnias falsch gewesen ist, geißelt er unter Zuhilfenahme zweier Gerundiva ihren Leichtsinn (facit omittenda) und ihre fehlende Vorsicht (quaedam custodienda praegnantibus omittit), wobei die Kritik durch die sprachlich-stilistische Ausgestaltung – im Speziellen durch den metaphorisch gefärbten Chiasmus custodienda … omittit, facit omittenda und die darin eingeflochtene Anhäufung der klangverstärkenden t-Laute – zusätzliche Schärfe erhält.561 Die junge uxor unterlässt also das, was in einer Schwangerschaft dringend zu beachten gewesen wäre (omittit).562 Die Aufmerksamkeit des Adressaten evoziert Plinius in seiner eindeutigen Schuldzuweisung auch durch das Polyptoton omittit … omittenda, das Calpurnias mädchenhaftes Verhalten während ihrer Schwangerschaft in das Spannungsverhältnis von unbedingtem Anspruch (omittenda) und trauriger Realität (omittit) rückt. In jedem Fall sei bei Calpurnia die 560 561

562

Vgl. dazu unter Nennung weiterführender Literatur auch oben Anm. 417. Dass Calpurnia sich fahrlässig verhalten hat, markiert das hier als Gerundivum verwendete Verb custodire, das eine verstärkte (und von Calpurnia nicht an den Tag gelegte) Achtsamkeit in bestimmten Situationen verlangt; laut ThLL 4 (1906–1909: 1564,49–1565,61) ist custodire in dieser Bedeutung vor allem bei nachklassischen Autoren beliebt (u. a. bei Columella und dem älteren Plinius); in dieser Bedeutung im plinianischen Briefcorpus u. a. noch Epistel 1,20,2; 4,10,3; 8,9,2; 9,5,3. Zur Bedeutung von omittere vgl. ThLL 9.2 (1968–1981: 586,76–587,18). Eine mit omittenda einhergehende Gerundivkonstruktion findet sich noch Sen. epist. 16,3, dort jedoch nicht auf eine Schwangerschaft, sondern auf die Philosophie bezogen: agenda et omittenda demonstrat.

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________________________________________________ Schuld zu suchen, wenngleich Plinius sie am Ende des Briefeinganges vor möglichen Vorwürfen seitens des Schwiegergroßvaters in Schutz zu nehmen sucht, indem er darauf verweist, dass sie ihr fehlerhaftes Verhalten beinahe mit dem Leben bezahlt habe (vgl. Plin. epist. 8,10,1b: Quem errorem magnis documentis expiavit, in summum periculum adducta.). Waren die plinianischen Bemühungen, seine Frau zu entschuldigen, in den ersten Zeilen des Briefeinganges überwiegend nüchtern-sachlicher Natur, hält nunmehr Pathos Einzug, das sich sowohl in dem Terminus error563 als auch besonders in der als Klimax parallel aneinandergereihten Wortfolge magnis documentis expiavit, in summum periculum adducta spiegelt. Plinius steigert das bereits für sich genommen traurige Ereignis der Fehlgeburt zu einer für Calpurnia lebensbedrohlichen Ausnahmesituation (in summum periculum adducta),564 der nicht zuletzt durch das Prädikat expiavit insofern eine religiös überhöhte Note verliehen wird, als dieses Verb laut ThLL 5.2 (1931–1953: 1707,7–56) das Abbüßen bzw. Sühnen einer Schuld durch religiöse Mittel oder Strafen anzeigt.565 Letzteres besitzt hier zwei Funktionen: Zum einen soll der Unmut des Schwiegergroßvaters weiter besänftigt werden, zum anderen dient es der Überleitung zur Briefmitte (Plin. epist. 8,10,2), in der Plinius das Dargestellte durch den Einbezug der Götter bzw. des Schicksals gänzlich mit dem Bereich des Pathetischen verknüpft. Der Briefeingang changiert zwischen der unzweideutigen Schuldzu563

564

565

In Bezug auf die Briefstelle Plin. epist. 8,10,1b verweist error auf Schuld aus Mangel an Erfahrung; zur engen Verbindung von culpa und error im plinianischen Briefcorpus vgl. bes. Plin. epist. 10,96,7. Vgl. dazu auch ThLL 5.2 (1931–1953: 817,57–818,17). Den Aspekt des Mangels an Erfahrung, der dem Begriff error zugrundeliegt, betont Menge (1988: 92, § 151b). In diesem Sinne vgl. im plinianischen Briefcorpus noch Plin. epist. 1,2,5. Die Junktur in summum periculum adducere als Kennzeichen für eine prekäre, mitunter sogar lebensbedrohende Ausnahmesituation ist in der römischen Literatur gemäß ThLL 1 (1900: 601,47–74) gängig; vgl. dazu exemplarisch auch Cic. Verr. II 1,70. Der Sachverhalt der Sühne erscheint im plinianischen Briefcorpus nur noch an einer einzigen weiteren Stelle; vgl. dazu Plin. epist. 8,6,5. Die Junktur errorem expiare aus der hier vorliegenden Briefstelle 8,10,1b findet sich in der römischen Literatur nur noch Liv. 37,45,7. Dort wird die Entsündigung durch ein sogenanntes Sühnopfer (piaculum) angebahnt. Zum piaculum in der Bedeutung eines Sühnopfers vgl. Latte (1967: 47–50, hier bes. 47f.). Vgl. dazu auch Rüpke (2006: 81).

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________________________________________________ weisung an Calpurnia für die erlittene Fehlgeburt und dem Bestreben des maritus, die junge Gattin vor dem gewiss enttäuschten und erzürnten Fabatus in Schutz zu nehmen. Dabei wird Calpurnias fehlerhaftes Verhalten (error) als aktives, fahrlässiges Geschehen dargestellt (Plin. epist. 8,10, 1a: abortum facere bzw. custodienda praegnantibus omittit, facit omittenda). Allerdings hat sie laut Plinius aus diesem Fehler gelernt; sie habe also gewissermaßen Lehrgeld gezahlt (Plin. epist. 8,10,1b: Errorem magnis documentis expiavit). Letzteres spiegelt sich im Begriff documentum, der laut ThLL 5.1 (1909–1934: 1805,74–1806,47) auf ein warnendes Beispiel hindeutet.566 Die Präzisierung von Menge (1988: 110, § 183), wonach documentum ein abschreckendes exemplum für einen Unkundigen bzw. eine Unkundige darstelle, passt exakt zu der von Plinius durch das Adverb puellariter betonten Unerfahrenheit Calpurnias. Ferner fügt sich der Gedanke des Lehrgeldes in die plinianische Geisteshaltung ein, der nach Bütler (1970: 71) vor allem in Extremsituationen, zu denen schwere Krankheiten und der drohende Tod gezählt werden, die Gelegenheit sieht, „die sittlichen Postulate unter erschwerten Bedingungen in die Tat umzusetzen“ (ibid.). Diese beinahe Heldenmut erfordernde Haltung kann in den Pliniusbriefen auch von Frauen, sogar bereits von Frauen im Mädchenalter, eingenommen werden (vgl. dazu einerseits die noch junge Minicia Marcella in Epistel 5,16, andererseits die matronenhaft gezeichnete Ältere Arria in Epistel 3,16).567 Wie Plinius dies auch dreht oder wendet: Das Faktum der Fehlgeburt bleibt; der Erhalt der gens ist nicht gesichert. Was bei all den bemühten Versuchen, Calpurnia vor möglichen Vorwürfen des Schwiegergroßvaters zu schützen, auffällt, ist die Beobachtung, dass Plinius selbst keinerlei Verantwortung für das Ereignis übernimmt. Offensichtlich ist die Aufklärung von jungen Ehefrauen in Rom kein Thema gewesen – weder nach der Heirat im Hause des Plinius noch vor der Heirat durch diejenigen, die für Calpurnias Erziehung verantwortlich zeichneten (in diesem Fall also die Tante Calpurnia Hispulla). Überdies mutet es frappant an, dass Plinius 566 567

Vgl. ähnlich Shelton (2016: 222). Im Fall der Fehlgeburt Calpurnias handelt es sich gemäß ThLL (ibid.) um ein doloribus documentum praebentibus. Es ist ein Grundzug der plinianischen Briefsammlung, Krankheit und Tod als in die menschliche Existenz eingreifende Gewalten zu reflektieren; vgl. dazu exemplarisch Plin. epist. 1,12; 1,22; 2,1; 3,16; 5,16; 6,16; 6,20; 6,24; 7,1; 7,19; 8,16; 8,23; vgl. dazu Bütler (1970: 71–84); vgl. zuletzt auch Lefèvre (2009: 23–30. 186–188. 213–221).

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________________________________________________ während all seiner Ausführungen nicht einen einzigen Gedanken darauf verwendet, dass die Fehlgeburt auf organische Schwächen oder eine Erkrankung Calpurnias zurückzuführen sein könnte. Hier wird offenkundig, dass bei allen Bemühungen des Plinius, der jungen uxor in dieser schweren Situation beizuspringen, seine Betrachtungsweise des vorliegenden Sachverhaltes sich als verengt bzw. einseitig erweist, weil sie ausschließlich die Perspektive des Mannes einnimmt; dies jedoch ist dem Umstand geschuldet, dass Plinius in der vorliegenden Epistel 8,10 mit Fabatus als einem pater familias kommuniziert, der ein wertkonservatives Männlichkeitsverständnis vertritt. § 2: Briefcorpus Der Mittelteil des Briefes beginnt von der Anlage ähnlich wie dessen Eingang, indem Plinius die Gefühlslage des Fabatus antizipiert (vgl. Plin. epist. 8,10,2: Igitur, ut necesse est graviter accipias senectutem tuam quasi paratis posteris destitutam.). Plinius versucht erneut, Verständnis für die gewiss ungehaltene, in jedem Fall aber von Enttäuschung geprägte Stimmung des Schwiegergroßvaters aufzubringen (graviter accipias).568 Dabei hat sich an der thematischen Grundausrichtung nichts verändert, wie das die beiden Briefabschnitte verbindende igitur anzeigt: Die als schwer zu ertragen umrissene Grundstimmung des Fabatus ergibt sich in konsequenter Folgerung aus dem im Briefeingang entfalteten Sachverhalt.569 Dabei wird der Fehlgeburt Calpurnias eine neue, gegenüber dem zuvor Dargestellten steigernde Nuance verliehen, denn Plinius stellt das Geschehen so dar, als sei Fabatus der sicher geglaubten Nachkommenschaft beraubt worden (quasi paratis posteris destitutam).570 Auffällig ist, 568

569

570

Die Junktur graviter accipere unterstreicht die Annahme des Plinius, dass Lucius Calpurnius Fabatus die Nachricht von der Fehlgeburt seiner Enkelin nur schwer ertragen kann; in dieser Bedeutung erscheint die Wortfolge laut ThLL 6.2 (1925–1934: 2305,1–26) nur an dieser einen Stelle in der plinianischen Briefsammlung; in der römischen Literatur noch Liv. 9,4,6; Tac. ann. 13,36. Zur Bedeutung und Satzstellung der konklusiven Partikel igitur vgl. LHS II, 2, 2, 512f., § 279 und KS II, 2, 132f., § 174, 1f.; im Gegensatz zum ciceronischen Sprachgebrauch findet sich igitur bei Plinius, Tacitus und anderen nachklassischen Schriftstellern an der ersten Stelle eines Satzes; vgl. exemplarisch noch Plin. epist. 2,6,7. Das von Plinius herangezogene Verb destituere ist laut ThLL 5.1 (1909–1934:

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________________________________________________ dass Plinius hier – anders als im Briefeingang – die Verantwortlichkeit nicht direkt Calpurnia zuschreibt, sondern unter Rückgriff auf das Partizip Perfekt Passiv destitutam ganz bewusst eine Leerstelle setzt. Erst am Ende des Mittelteils wird Plinius andeuten, dass die Fehlgeburt Calpurnias auf das Schicksal zurückzuführen ist, dem jeder schonungslos ausgeliefert sei. In diesem Zusammenhang könne Fabatus trotz seiner Enttäuschung ob der versagten Urenkel den Göttern danken: einerseits dafür, dass Calpurnia dieses Unglück überlebt habe, andererseits dafür (und das ist der entscheidende, zumal im Zentrum des Mittelteils befindliche Aspekt), dass Calpurnia weiterhin in der Lage sei, Nachkommen zu gebären (vgl. Plin. epist. 8,10,2: Sic debes agere dis gratias, quod ita tibi in praesentia pronepotes negaverunt, ut servarent neptem, illos reddituri.).571 Dass diese Aussage von Pathos durchzogen ist, wundert nicht, zumal auch die sprachlich-stilistische Gestaltung daran Anteil trägt: Neben der wortwörtlichen Aufnahme der beiden bereits im Briefeingang herangezogenen Substantiva pronepotes und neptem ist es hier die Alliteration in der Junktur praesentia pronepotes, die zwar für den Moment die Verweigerung des Schicksals auch klanglich unterstreicht, zugleich aber – eingebettet in einen Chiasmus (pronepotes negaverunt – servarent neptem) – den Auftakt bildet für den Ausblick auf die Zukunft, die Fabatus Trost spenden dürfte: illos reddituri. Insbesondere die Finalität in dieser Junktur ist es, die Fabatus in Dankbarkeit versetzen dürfte, da offensichtlich die Götter ihm gnädig gestimmt sind und – der Darstellung des Plinius Glauben schenkend – Calpurnias Leben nur gerettet haben, um dem Schwie-

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763,77–764,45) als Synonym zu deserere aufzufassen, wobei hier sogar als Bedeutung Folgendes anzusetzen ist: morte aliquem orbum, viduum relinquere. (ibid.) In dieser primär nachklassischen, eine Extremsituation anzeigenden Bedeutung in der römischen Literatur noch Stat. Theb. 8,213; Apul. met. 3,8; vgl. auch in den Parentalia des Ausonius 15,4; vgl. auch id. 16,12. Die mit einem separativen Ablativ einhergehende Junktur paratis posteris verweist auf die bereits sicher geglaubte Nachkommenschaft und wird von Shelton (2016: 140) erläutert: „Pliny means that a next generation was already ‘in the works’ because a child had been conceived and Calpurnia was pregnant. Translate a next generation already on its way.“ Vgl. ähnlich Blank-Sangmeister (2000: 20). Dass Plinius das Verb reddere im Zusammenhang mit seinem wertkonservativen Schwiegergroßvater nutzt, kommt nicht von ungefähr, da es das Zukommenlassen einer Sache, die pflichtgemäß für eine Person bestimmt ist, meint; vgl. dazu Menge (1988: 16, § 26).

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________________________________________________ gergroßvater und seiner gens noch Nachkommen zu schenken. Es ist bemerkenswert, dass Plinius sich hier vollkommen zurückhält und die Darstellung des zu verhandelnden Sachverhaltes gänzlich auf Fabatus zuspitzt: Fabatus soll – so ist zu schlussfolgern – erkennen, dass gegen das Schicksal schwerlich etwas auszurichten ist und die Fehlgeburt Calpurnias lediglich ein Rückschlag, jedoch keinen Endpunkt hinsichtlich der Fortpflanzung der eigenen gens bedeutet. Diese Intention ist unter Rückgriff auf seine rhetorischen Fertigkeiten in eine klug durchdachte und den Mittelteil prägende Argumentation gekleidet, die nicht nur in einer komplexen Satzstruktur, sondern auch in der konsequenten (mitunter chiastischen) Gegenüberstellung der Argumente zutage tritt (vgl. hier bes. die Verwendung der Korrelativa quo … hoc bzw. ut … sic bzw. ita … ut). Dabei verschweigt Plinius die Paradoxie im göttlichen Handeln nicht; auf der einen Seite verweigern die Götter Fabatus die herbeigesehnten Nachkommen, auf der anderen Seite stellen sie ihm eben diese weiterhin in Aussicht. Dies erinnert an den alttestamentarischen Hiob, den Gott auf eine schier unerträgliche Probe stellte, indem er ihm sowohl die Kinder als auch seinen Besitz nahm und ihn an einer schweren Krankheit leiden ließ (vgl. Hiob 1,6–2,8); dieser Hiob, der sich trotz aller Schicksalsschläge und Anfechtungen gottesfürchtig zeigte (vgl. bes. Hiob 2,9f.), wird letztlich für seine unerschütterliche Gottestreue mit einem neuen Leben voller Glück belohnt (vgl. Hiob 42,10–17). Bezogen auf Fabatus bedeutet der Vergleich mit dem alttestamentarischen Hiob, mit festem Glauben an das Schicksal und die Götter nicht die Hoffnung auf Nachkommen aufzugeben – so deprimierend die momentane Situation sich auch darstellen mag.572 Exakt diese Hoffnung ist es, die sowohl den Schwiegergroß572

Zur Lebens- und Leidensgeschichte Hiobs vgl. Die Bibel (1980: 582–612). Zu der Hoffnung als dem Fundament des christlichen Glaubens vgl. exemplarisch Schwarz (2002: bes. 227–230). Hiobs Leidensgeschichte hat im Hiobbuch nicht das letzte Wort, denn am Ende ist dieser wiederhergestellt und stirbt „hochbetagt und satt an Lebenstagen“ (Hiob 42,17) – im Kreise seiner Kinder. Vgl. dazu auch Genesis 49,33. Trost- und hoffnungslos wäre es für Hiob gewesen, ohne Erben zu sterben; vgl. dazu unter Aufarbeitung zeit- und sozialgeschichtlicher Fragen Schwarz (2002: 23f.). Der von Plinius in seiner Epistel 8,10 vermittelte hoffnungsvolle Glaube im Leiden findet sich – theologisch prononciert – als Form einer Troststrategie auch im Buch Hiob, insbesondere in der Rahmenerzählung Hiob 42,10–17; vgl. dazu unter Erarbeitung zahlreicher weiterer Troststrategien Oeming – Drechsel (2007: bes. 431). Vgl. dazu auch Fieger (2003: 47): „Der Glaube, der dem Leiden vorausgeht

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________________________________________________ vater als auch Plinius eint, wie dies im letzten Satz des Mittelteils der vorliegenden Epistel dokumentiert ist (vgl. Plin. epist. 8,10,2: Quorum nobis spem certiorem haec ipsa quamquam parum prospere explorata fecunditas facit.). Erst an dieser (für Plinius ungewohnt) späten Briefstelle bringt sich auch Plinius in die Darstellung ein und betont – markiert in dem Personalpronomen der ersten Person Plural (nobis) – ganz bewusst die Gemeinsamkeit zwischen ihm und Fabatus, die in der Hoffnung auf Nachkommenschaft kulminiert. Neben der Tatsache, dass der erste Ehebrief über Calpurnia (Plin. epist. 4,19) und dieser zweite an Lucius Calpurnius Fabatus an enge Familienmitglieder gerichtet sind, ist es primär der Aspekt der Hoffnung, der die beiden Episteln miteinander verknüpft; in Epistel 4,19,5a gibt Plinius seiner Hoffnung Ausdruck, dass seine Ehe auf beständiger concordia basiert; in Epistel 8,10,2 ist die nachgewiesene Fruchtbarkeit der beiden Ehepartner das Fundament, auf dem die Hoffnung des Schwiegergroßvaters auf Urenkel ungebrochen gründen möge. Dabei ist zu konstatieren, dass Plinius sich spätestens hier – ebenso wie Fabatus bereits von Briefbeginn an – als werteorientierter Römer erweist, dessen Vorstellung von Männlichkeit untrennbar mit der procreatio prolis als einer zentralen Aufgabe eines maritus vere Romanus zum Zwecke des Erhaltes der gens und der damit zu tradierenden Werte verbunden ist. Neben der klangstarken p-Alliteration ist es vordringlich die mit der Wortfolge parum prospere explorata einhergehende Litotes, die das Schicksalhafte in der sich momentan als unglücklich darstellenden Situation kennzeichnet und dadurch den zu Beginn des Mittelteils ausgelegten roten Faden weiterträgt und zu einem vorläufigen gedanklichen Ende führt.573 Zwar unterstreicht die Litotes die besonders unglücklichen Umstände, die zu Calpurnias Fehlgeburt führten; doch Plinius verharrt nicht im Wehklagen, sondern betont vielmehr durch die Nutzung des Verbs explorare im Konnex mit fecunditas den sicheren Nachweis, dass die Hoffnung auf Nachkommen (bei allen Beteiligten) weiterhin ihre Berechti-

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oder im Leiden sogar aktiviert wird, hilft dazu, das Leiden nicht zu verstehen, sondern zu bestehen.“ Hiob wird also als gottergebener Dulder dargestellt; vgl. dazu auch den Jakobusbrief (Jak 5,11). Zur vielschichtigen, interdisziplinär angelegten Bedeutung Hiobs in der Theologie, Philosophie, Literatur, Kunst und Lebenspraxis vgl. Schüssler – Röbel (2013). Eine mit parum einhergehende Litotes findet sich im plinianischen Briefcorpus noch Plin. epist. 6,20,17.

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________________________________________________ gung hat.574 Überdies wird die pathetische Durchwirkung des Mittelteils der vorliegenden Epistel neben der mit einem Komparativ versehenen Betonung der frohen Hoffnung auf Nachkommen vor allem durch die Junktur fecunditas facit auf die Spitze getrieben, wobei sich die Evidenz der Fruchtbarkeit Calpurnias nicht nur an dem weit gesperrten Hyperbaton haec ipsa, sondern an der exponierten Stellung am betonten Schluss des Satzes bzw. des gesamten Mittelteils ablesen lässt – verknüpft einmal mehr mit der Stilfigur der Alliteration, deren häufiges und stets klangverstärkendes Auftreten signifikant ist und das empathische Einwirken des Plinius auf Fabatus unter Beweis stellt.575 So nimmt es auch nicht Wunder, dass die ausgefeilte sprachlich-stilistische Gestaltung dieser zentralen Aussage durch die Verwendung der vierten Hauptform des metrischen Klauselsystems ihre Vollendung erfährt (Hypodochmius): ... explorata fecunditas facit. (4 δ)

Gleichsam bewirkt Plinius dadurch, dass er sich nunmehr selbst in die Darstellung einbringt, zweierlei: einerseits einen organischen Übergang zum Briefschluss anzubahnen, in dem er im Mittelpunkt stehen wird, andererseits Fabatus das Gefühl zu geben, Verständnis zu finden bei einem maritus, dessen wertkonservative Vorstellung von Männlichkeit er – hauptsächlich in puncto procreatio prolis als zentralem Ziel einer Ehe – ohne Abstriche teilt.

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Zur Bedeutung des Verbs explorare, das hier im Partizip Perfekt Passiv explorata erscheint, im Sinne eines sicheren Nachweises vgl. ThLL 5.2 (1931– 1953: 1751,65–1752,2); so in der römischen Literatur noch Stat. silv. 3,5,44 (dort bezogen auf den Wert der fides). Nachklassisch ist die Verwendung von exploratus auf Personen; vgl. dazu exemplarisch Tac. Agr. 29,2; Gell. 18,4,1; so im plinianischen Briefcorpus noch Plin. epist. 8,24,9. Der für eine Ehe in der römischen Antike nicht unerhebliche Aspekt, dass die uxor fruchtbar war, wird von Plinius in seiner Briefsammlung unter Bezugnahme auf den Terminus fecunditas noch in Epistel 4,15,3 und 4,21,2 markiert; vgl. auch Plin. paneg. 22,3. Vgl. dazu Sherwin-White (1968: 459): „The harshness is in Fabatus, not Pliny.“

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________________________________________________ § 3: Briefschluss einschließlich Epilog Nachdem der Fokus sowohl im Eingang des Briefes als auch in dessen Mittelteil nahezu durchgehend auf dem Schwiegergroßvater lag, offenbart Plinius nunmehr einen Blick in seine eigene Gefühlswelt, die angesichts der Fehlgeburt seiner Gattin aus den Fugen geraten ist. In diesem Zusammenhang gibt Plinius freimütig zu, sich selbst mit der Vorstellung beruhigt zu haben, dass noch Hoffnung auf einen Stammhalter bestehe (vgl. Plin. epist. 8,10,3a–b: Isdem nunc ego te quibus ipsum me hortor moneo confirmo. Neque enim ardentius tu pronepotes quam ego liberos cupio.). Mit diesem offenen Bekenntnis suggeriert er, dass er sich in Fabatus hineinversetzen kann. Zugleich wirkt es authentisch, wenn er den Schwiegergroßvater in Form des eine inhaltliche Klimax bildenden asyndetischen Trikolons (hortor moneo confirmo) dazu ermuntert, die Hoffnung auf Nachkommen nicht aufzugeben. Vor allem das exponiert am Satzschluss befindliche confirmo wirkt einfühlsam und dokumentiert die familiäre Bindung zwischen den beiden Aristokraten.576 Wie stark ausgeprägt der Wunsch der beiden Männer nach einem Stammhalter ist, belegt die (an dieser Stelle nicht erotisch konnotierte) Feuermetapher im Komparativadverb ardentius, die sich wie eine Leitlinie durch nahezu alle Ehebriefe zieht.577 Zugleich werden die Intensität und Nähe der Gedankenwelt der beiden Männer auch durch die Ellipse des Prädikates cupis in der Mitte des Briefschlusses greifbar (neque enim ardentius tu pronepotes quam ego liberos cupio). Letzteres verdeutlicht einmal mehr, dass in der vorliegenden Epistel ausschließlich männliche Erwartungshaltungen und Wunschvorstellungen Platz finden; von den Gefühlen oder Wünschen seiner Gattin spricht Plinius nicht an einer einzigen Stelle. Vielmehr macht 576

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Das die betonte Spitze des Trikolons bildende Verb confirmare zeigt zum einen, wie empathisch Plinius sich hier verhält, da er gemäß ThLL 4 (1906– 1909: 219,18–225,80, hier bes. 222,18–223,7) direkt auf die Geisteshaltung des Schwiegergroßvaters einwirkt; zum anderen nimmt Plinius – da confirmare laut Menge (1988: 27–29, § 44) eine Zusicherung durch einen Nachweis meint – abermalig Bezug auf die nachgewiesene Fruchtbarkeit Calpurnias und die damit verbundene, weiterhin existente Hoffnung auf Nachkommen; die Stärkung einer bestimmten Hoffnung findet sich in der römischen Literatur noch Cic. Att. 11,12,3. Zum Begriff ardens vgl. ThLL 2 (1900–1906: 487,71–488,47); in dieser Bedeutung finden sich Formen von ardens im plinianischen Briefcorpus laut Heberlein – Slaby (1991: 218) exemplarisch noch Plin. epist. 1,16,2; id. 7,20,7.

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________________________________________________ es den Anschein, als brenne der maritus geradezu darauf, sowohl dem Adressaten als auch seiner gesamten Leserschaft mitzuteilen, in welch ein erfolgreiches, gesellschaftlich-politisch gut vernetztes und letztlich elitäres Umfeld ein etwaiger Stammhalter Einzug hielte – ein Umfeld, aus dem Plinius als römischer Aristokrat par excellence herausragt (vgl. Plin. epist. 8,10,3b: Quibus videor a meo tuoque latere pronum ad honores iter et audita latius nomina et non subitas imagines relicturus.).578 An diesem mehrgliedrigen Relativsatz, der sowohl ein polysyndetisches Trikolon als auch eine copia verborum in Form ausschmückender Attribute aufweist, lässt sich ablesen, welch große Bedeutung ein möglicher Stammhalter für eine Familie der römischen Oberschicht hatte. Dass es sich bei dem ersehnten Kind um einen männlichen Nachkommen handeln möge, muss nicht eigens erwähnt werden, zumal dies spätestens an der wirkungsvoll in ein Hyperbaton gekleideten Wortfolge pronum ad honores iter deutlich geworden ist. Der Stammhalter wird – so stellt es Plinius hier selbstsicher in Aussicht – in die besten Rahmenbedingungen hineingeboren werden: Die beiden miteinander verbundenen Aristokratenfamilien des Plinius und seiner Calpurnia garantieren dem Stammhalter eine glänzende politische Karriere (pronum ad honores iter),579 einen hohen Bekanntheitsgrad bzw. ein breit geknüpftes Netzwerk (audita latius nomina)580 und zahlreiche berühmte Vorfahren, auf die – hier glänzt Plinius einmal mehr als Bewahrer des mos maiorum – die beiden Familien voller Verehrung zurückblicken können (non subitas imagines).581 Dies alles ist allein – so 578 579

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Vgl. dazu auch Lefèvre (2009: 212): „In diesem Punkt denkt Plinius wie sein großes Vorbild Cicero. Beide sind homines novi, beide sind ‚Republikaner‛.“ Das als Attribut verwendete Adjektiv pronus ist hier im Sinne des steilen Weges in Richtung politischer Spitze zu verstehen; die Betonung der Mühelosigkeit in diesem Adjektiv findet sich noch Plin. paneg. 44,5. Die erneut in ein Hyperbaton gekleidete, sinnabbildende Wortfolge audita latius nomina verweist auf den hohen Bekanntkeitsgrad der beiden Aristokratenfamilien, aus denen Plinius und Calpurnia stammen; zu dieser Bedeutung von nomen vgl. OLD II (2012: 1304–1306); so im plinianischen Briefcorpus noch Plin. epist. 7,20,3; in der römischen Literatur vgl. exemplarisch auch Quint. inst. 10,1,72; Ov. ars 3,219. Unter dem Terminus imagines sind hier Ahnenbilder zu verstehen; vgl. dazu Shelton (2016: 141): „By not sudden images, Pliny means that his house can boast that it has images of illustrious ancestors who lived a long time ago and thus that his family has been distinguished for many generations.“ Zur Tradition der in den Häusern befindlichen Ahnenbilder vgl. Weeber (2003a: 50–54,

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________________________________________________ suggeriert es Plinius – durch seinen guten Namen angelegt; obgleich Plinius ausdrücklich auf den nicht zu unterschätzenden Einfluss beider Familien hinweist (a meo tuoque latere),582 ist es letztlich doch er selbst, der den Relativsatz dominiert, was sich sogar in der sinnabbildenden Wortanordnung ablesen lässt, die Plinius zum Ausgangs- und Endpunkt seines Gedankens werden lässt (quibus videor … relicturus); diese geschickte, für Plinius charakteristische Technik der Selbstporträtierung wird durch die Verwendung der ersten Hauptform des metrischen Klauselsystems auch klanglich unterlegt (cretisch-trochäische Dipodie): ... subitas imagines relicturus. (1 β)

So gelingt es Plinius auch in diesem so ernsten Brief, seine Selbstporträtierung auf indirektem Wege zu befördern, ohne jedoch Fabatus damit vor den Kopf zu stoßen. Dies bestätigt sich im Epilog der vorliegenden Epistel insofern, als Plinius explizit von Schmerz spricht, den die beiden Männer angesichts des erlittenen Schicksalsschlages gleichermaßen empfinden (vgl. Plin. epist. 8,10,3c: Nascantur modo et hunc nostrum dolorem gaudio mutent.). Dieser momentan spürbare Schmerz – so ruft Plinius hier emphatisch aus – möge sich in Freude über künftige Nachkommen verwandeln. Plinius bleibt seiner grundsätzlichen Linie treu; in dem Bemühen, Fabatus in seinem zu erwartenden Groll zu besänftigen, setzt er auch im hiesigen Briefschluss auf Pathos, das in dem die Geburt nahezu heraufbeschwörenden Adverb modo, in der Iuxtaposition des antithetischen Begriffspaares dolorem – gaudio und nicht zuletzt in der optativischen Färbung der den Satz rahmenden Prädikate nascantur bzw. mutent greifbar wird. Zusätzlich wird die Emphase dieses tief empfundenen Kinderwunsches dadurch gesteigert, dass erneut die erste Hauptform des metrischen Klauselsystems gezielte Anwendung findet (cretisch-trochäische Dipodie):

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hier 52 s. v. Bestattung); demzufolge seien die Wachsmasken der Vorfahren in einem Schrank im Atrium aufbewahrt worden; sie seien auch im Leichenzug mitgeführt worden, um die Tradition und Bedeutung der Familie zu dokumentieren. Das Substantiv latus meint gemäß ThLL 7.2 (1956–1979: 1029,48–56) und Shelton (2016: 141) Familie bzw. den guten Leumund, den die Familie sich erworben hat; diese primär nachklassische Bedeutung findet sich in der römischen Literatur noch Stat. silv. 3,3,120.

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________________________________________________ ... dolorem gaudio mutent. (1 δ)

Darüber hinaus bemüht Plinius einmal mehr ein Pronomen der ersten Person Plural, wobei an dieser Stelle kein Personal-, sondern ein Possessivpronomen herangezogen wird (nostrum dolorem). Die Wirkung des Pronomens geht jedoch vom Numerus an sich aus und führt Fabatus vor Augen, dass nicht nur eben dieser leidet, sondern ebenso Plinius als von der Fehlgeburt direkt betroffener maritus. 4.1.2.5

Conclusio

Epistel 8,10 sticht insofern aus dem Ensemble der insgesamt sechs Ehebriefe heraus, als hier ein offensichtlich authentisches Schreiben vorliegt, das – auf briefinterne Paratexte gänzlich verzichtend – ein sehr ernstes, die Familie der Ehepartner emotional berührendes, ja sogar belastendes Thema aufgreift: „Calpurnia’s miscarriage is the one dark cloud in the sunny picture which Pliny paints of their marriage.“ (Shelton 2013: 127) Anders als in den meisten anderen Ehebriefen (vgl. bes. Plin. epist. 4,19; 6,4; 6,7; 7,5) nimmt Plinius hier weder die Rolle des elegischen amator ein, noch drängt er sich – bis auf eine Ausnahme im Briefschluss (Plin. epist. 8,10,3a–b) – in den Mittelpunkt der Handlung. Hier trifft der Leser Plinius nicht als poetische persona an, sondern als einen maritus, der sich als Aristokrat nichts sehnlicher wünscht als (männliche) Nachkommen, um seine gens zu erhalten. Dieser Wunsch, der sich im Briefcorpus ganz explizit in den Briefen an Kaiser Trajan findet (vgl. Plin. epist. 10,2,2), ist kein literarischer Topos, sondern treibt Plinius zeit seines Lebens um. Plinius’ lebenslange Hoffnung auf eigene Kinder deckt sich mit seinem grundsätzlichen Bestreben, in seiner Briefsammlung diejenigen mariti zu exponieren, denen bereits Kinder von ihren Ehefrauen geschenkt wurden (vgl. dazu bes. Plin. epist. 1,10,8; 7,24,3; 8,23,7).583 Umso niedergeschlagener muss er sich gefühlt haben, als Calpurnia aus mädchenhafter Unwissenheit eine Fehlgeburt erlitt (vgl. dazu Plin. epist. 8,10,3a–c: Isdem 583

Vgl. dazu auch Plin. epist. 1,8,11; in eben dieser Textstelle sieht Plinius sich veranlasst, in seiner Heimatstadt Elternpaare mit Kindern nicht nur durch großzügige Zuwendungen finanziell zu entlasten, sondern ihnen auch – durch die Veröffentlichung einer entsprechenden Rede – moralische Unterstützung zu bieten. Vgl. dazu auch Bütler (1970: 105) und Königer (1990: 61).

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________________________________________________ nunc ego te quibus ipsum me hortor moneo confirmo. Neque enim ardentius tu pronepotes quam ego liberos cupio. […] Nascantur modo et hunc nostrum dolorem gaudio mutent.). Offen gibt er zu, dass er sich selbst in diesen traurigen Zeiten Mut machen musste – Worte, die nicht aufgesetzt, sondern ehrlich, ja sogar sehr menschlich wirken. An dieser Einschätzung ist auch nicht zu rütteln, wenn Interpreten der jüngeren Forschung ihm vorwerfen, er verhalte sich in der über die Fehlgeburt Calpurnias geführten Kommunikation mit Fabatus kühl, hart, leidenschaftslos und äußerst pragmatisch (vgl. dazu Bury 1999: 63; Carlon 2009: 171–174; Centlivres Challet 2013: 24f.). Begründet wird das zum einen mit dem schmucklosen, unmittelbaren Briefeingang (Plin. epist. 8,10,1a), zum anderen mit der vorgeblichen Herabwürdigung Calpurnias, die in Epistel 8,10 trotz der auch für sie gewiss emotional höchst belastenden Fehlgeburt nur am Rande eine Rolle spielt.584 Allerdings übersieht eine solche Sichtweise einige zentrale Aspekte – auch im Hinblick auf die in dieser Studie erhobene Vorstellung von Männlichkeit aus Sicht des Plinius – und lässt sich zu sehr von den eigenen Gefühlen bzw. von einem zu neuzeitlich gedachten Ansatz leiten. Plinius präsentiert sich dem Leser – wie dies in Kap. 2 und 3 der vorliegenden Abhandlung dargestellt wurde – als Aristokrat alter Prägung. Er vertritt ein dezidiert werteorientiertes Bild von Männlichkeit, das sich vor allem durch Dominanz und continentia auszeichnet. Dass in der elegisch durchwirkten Epistel 4,19 die concordia zwischen beiden Ehepartnern als zentrales Element herausgearbeitet worden ist, mag dazu nicht im Widerspruch stehen, im Gegenteil: Ein harmonisches, auf Gegenseitigkeit ausgerichtetes Eheleben ist in der römischen Kaiserzeit gewiss dessen erklärtes Ziel, setzt aber die Inferiorität der Ehefrau voraus und betont die Dominanz des maritus – im öffentlichen, häuslichen und sexuellen Bereich. Auch in Epistel 4,19 ist Calpurnia ihrem Gatten kei584

Besonders hart urteilt Bury (1999: 63f.), der Plinius und dessen Schwiegergroßvater unterstellt, Calpurnia als Person nicht ernst zu nehmen, höchstens als Schuldige, die fahrlässig gehandelt habe; sie werde nur in ihrer Funktion als Kindergebärerin gesehen und sei dadurch zu einem reinen Objekt degradiert, mit dem beide Männer nichts anderes zu verbinden scheinen als die Erwartungen, die sie in sie setzen. Vgl. dazu auch Carlon (2009: 171–174) und Centlivres Challet (2013: 24). Dieser Kontext erinnert an eine Bemerkung Quintilians, wonach der jüngere Cato bereit gewesen sei, dem Hortensius, der kinderlos war, seine eigene Ehefrau Marcia zur Kinderzeugung gleichsam auszuborgen; vgl. dazu Quint. inst. 10,5,13; vgl. auch Plut. Cat. Ma., Mi. 25.

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________________________________________________ neswegs gleichgestellt; sie unterwirft sich ihm in ihrer bedingungslosen Verehrung seiner gloria völlig. Calpurnia wiederum fungiert auch bereits in Epistel 4,19 – ähnlich wie in den an sie gerichteten Ehebriefen 6,4; 6,7; 7,5 – als Objekt, einerseits in sexueller Hinsicht, andererseits (und dies in besonderer Weise) in Form der Projektionsfläche für die (literarische) gloria ihres maritus. Von daher darf es nicht überraschen, dass die Gefühlslage Calpurnias in Epistel 8,10 keine Rolle spielt; vielmehr ist mit deren Darstellung keinesfalls zu rechnen, da Plinius vornehmlich daran gelegen ist, den durch die enttäuschend verlaufene Schwangerschaft ausgelösten Groll des Schwiegergroßvaters zu besänftigen.585 Dies ist das primäre Ziel, das Plinius mit der Epistel 8,10 verfolgt; alles andere – sowohl seine eigenen Gefühle als auch die seiner Gattin – ist dieser Intention vollständig untergeordnet. Ferner darf nicht vergessen werden, dass der Brief an einen betagten, lebenserfahrenen Aristokraten gerichtet ist, der ein wertkonservatives Männlichkeitsbild vertritt. Diesem ein überholtes Weltbild (und zwar in der Wende vom ersten zum zweiten nachchristlichen Jahrhundert) vorzuwerfen,586 weist die Denkweise einiger moderner Interpreten als anachronistisch aus und führt ins Leere. Plinius, dessen Männlichkeitsbild – anders als dies in der Forschung gerne suggeriert wird – in seinem Kern mit dem des Fabatus übereinstimmt (in erster Linie hinsichtlich der Erhaltung der eigenen gens durch eigene Nachkommen als oberstem Ziel einer Ehe), hat die heikle Aufgabe, seinem Schwiegergroßvater die Fehlgeburt plausibel zu machen. Dies gelingt Plinius unbenommen, wenngleich der Einstieg tatsächlich recht nüchtern, informell und „nackt“ (Lefèvre 2009: 212) wirkt. Auch das ist wohlüberlegt und geschickt komponiert; denn Plinius zielt weder darauf ab, die Fehlgeburt Calpurnias zu beweinen oder diesbezügliche Emotionen zu evozieren, noch darauf, Calpurnia als Missetäterin anzuprangern. All das tut Plinius nicht; er erörtert sowohl das traurige Ereignis der Fehlgeburt Calpurnias als auch die Schuldzuweisung in nur wenigen Zeilen (und zwar vollständig im Briefeingang), um im gesamten restlichen Briefverlauf den Blick nach vorne zu richten. Ihm ist daran gelegen, dem Schwiegergroßvater die nach wie vor berechtigte, trotz der Fehlgeburt ungebrochene Hoffnung auf Nachkommen aufzuzeigen (vgl. dazu Plin. epist. 8,10,2: Quorum nobis spem certiorem haec ipsa quamquam parum prospere ex585 586

Auch konstatiert von Alston – Spentzou (2011: 129) und Shelton (2016: 138). So geschehen in der Bewertung von Alston – Spentzou (2011: 130).

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________________________________________________ plorata fecunditas facit.). In diesem Bestreben fokussiert Plinius ausschließlich auf die Gefühle des Fabatus (vgl. bes. Plin. epist. 8,10,1a: Quo magis cupis ex nobis pronepotes videre, hoc tristior audies neptem tuam abortum fecisse; vgl. auch Plin. epist. 8,10,2: Igitur, ut necesse est graviter accipias senectutem tuam quasi paratis posteris destitutam, sic debes agere dis gratias; vgl. auch Plin. epist. 8,10,2: Nobis spem certiorem haec ipsa quamquam parum prospere explorata fecunditas facit; vgl. auch Plin. epist. 8,10,3b: Neque enim ardentius tu pronepotes [cupis]; vgl. auch Plin. epist. 8,10,3c: Nascantur modo et hunc nostrum dolorem gaudio mutent.). In rhetorisch versierter Manier argumentiert Plinius unter Nutzung einer appellativ-illokutiven Gesprächsstrategie immer aus der Vergangenheit heraus auf die Zukunft gerichtet: Aus der Traurigkeit wird das Gotteslob für die am Leben belassene Enkelin bzw. der umso stärker lodernde Wunsch nach Urenkeln, aus Schmerz wird letztlich Freude. Die procreatio prolis wird zum Gottesgeschenk, zumindest wird diese im Mittelteil des Briefes als Gunst des Schicksals aufgefasst. Dass diese Worte pathosgeladen sind, liegt auf der Hand und passt zu dem überwiegend expressivpoetischen Sprachstil, dessen sich Plinius ab der Briefmitte befleißigt. Dabei stechen vor allem erfüllbare (männliche) Wünsche heraus, die gleichsam eine Rahmenkomposition innerhalb des Briefes bilden: cupis (Plin. epist. 8,10,1a), cupio (Plin. epist. 8,10,3b), optativische Färbung der Prädikate nascantur bzw. mutent (Plin. epist. 8,10,3c). Ferner finden sich einige hervorstechende, zumeist mit einem Polyptoton verknüpfte Wortaufnahmen (cupis – cupio; facio – fecisse), die von einigen Personal- und Possessivpronomina – vornehmlich der ersten Person Plural – flankiert werden (vgl. bes. nobis und nostrum). Eine Vielzahl an Komparativen (tristior; certiorem; ardentius; latius) und die in beachtlicher Häufigkeit auftretenden, klangverstärkenden Alliterationen (mit dem Schwerpunkt auf den p- und t-Lauten) runden die pathetische Grundausrichtung des vorliegenden Briefes ab. Überdies ist die Fokussierung der Epistel 8,10 allein auf die männliche Gefühlswelt umso geschickter gewählt, als es dadurch für Plinius ein Leichtes ist (freilich erst am Übergang zum Briefschluss), seine eigenen schmerzvollen Gefühle zu verbalisieren. So spitzt sich die Konversation auf ein Gespräch zwischen Fabatus und Plinius zu; hier sind zwei wertkonservative Römer unter sich und befinden sich in puncto Vorstellung von Männlichkeit und Zielvorstellung einer Ehe auf einer Ebene. Es ist das große Verdienst des Plinius in dieser Epistel, sich auf dem Wege einer

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________________________________________________ ehrlichen, durchgängig von männlichen Wünschen, Erwartungen und Grundhaltungen durchwirkten Konversation Fabatus genähert zu haben, ihn in seinen Denkmustern nicht provoziert und ihm eine aller Voraussicht nach ungetrübte und glückliche Zukunft vor Augen geführt zu haben. Die humanitas des Plinius wird in diesem Schreiben greifbar, indem er es versteht, sowohl sich selbst als auch seine bzw. die Befindlichkeiten anderer hintanzustellen und stattdessen sich voll auf die Belange seines Gesprächspartners zu konzentrieren. Eben dadurch zeigt er sich als ein Muster an Empathiefähigkeit. Dabei wäre es vor dem Hintergrund moderner Genderfragen verengt, diese Empathiefähigkeit nur damit zu begründen, dass er auf das Geschlecht des Gesprächspartners und die damit verbundenen Grundeinstellungen eingeht. Es ist viel mehr als das: Plinius berücksichtigt das Geschlecht ebenso wie das Alter des Gesprächspartners und den zeit- und kulturgeschichtlichen Kontext, in dem die Gedankenund Gefühlswelt des Schwiegergroßvaters verwurzelt ist. Überdies verschweigt Plinius seine eigene Befindlichkeit nicht (führt diese jedoch erst gegen Ende aus). All das zusammengenommen macht die Leistung des Plinius aus; und es wäre vermessen argumentiert, ihm hier ein kühles, pragmatisches und leidenschaftloses Verhalten unterstellen zu wollen; es ist alles andere als das: Einfühlsamkeit und Empathiefähigkeit durchziehen diesen zweiten (in weiten Teilen hochpathetischen) Ehebrief über Calpurnia.

Kap. 4 Plinius als maritus im Spiegel seiner Ehebriefe

287

________________________________________________

4.1.3

Philologisch-motivanalytische Interpretation Plin. epist. 8,11: Die Fehlgeburt Calpurnias: Plinius informiert die Familie – Teil II

4.1.3.1

Prolegomenon

Es ist ein bemerkenswerter Umstand, dass mit Epistel 8,11 ein Schreiben in die plinianische Briefsammlung eingefügt worden ist, dessen Kernaussage vollständig mit der vorausgehenden, in direkter Iuxtaposition befindlichen Epistel 8,10 übereinstimmt. Von daher sind die beiden Dokumente als Zwillingsbriefe zu deklarieren, wenngleich einzelne Aspekte unterschiedlich gewichtet werden: Zwar bleibt das Faktum der Fehlgeburt Calpurnias in beiden Fällen als Grundthema unangetastet, jedoch differiert die Art der Mitteilung gemäß dem Geschlecht, dem Alter und den damit zusammenhängenden Wünschen und Befindlichkeiten des Adressaten (Epistel 8,10) bzw. der Adressatin (Epistel 8,11). Vor dem Hintergrund dieser augenfälligen Dublette und der unter Genderaspekten hochinteressanten Positionierung des Plinius ist es unerklärlich, warum die vorliegende Epistel 8,11 bislang nicht umfassend philologisch-motivanalytisch interpretiert worden und abgesehen von wenigen Einzelbemerkungen gänzlich unkommentiert geblieben ist. Nicht zuletzt die Tatsache, dass von den insgesamt sechs Ehebriefen zwei an Calpurnias Tante Hispulla gerichtet sind (Epistel 4,19 und 8,11), dokumentiert mit Nachdruck die kaum zu unterschätzende Rolle Hispullas innerhalb der gens,587 in der sie – dies wird die nachfolgende Interpretation nachweisen – eine hohe Reputation genoss und selbst von männlichen Familienmitgliedern, sogar von dem strengen pater familias Lucius Calpurnius Fabatus, mit reverentia behandelt wurde.588 Plinius selbst ist Hispulla sowohl aufgrund seiner eigenen, von ihr maßgeblich mitbestimmten Erziehung als auch aufgrund ihrer vorausschauenden Heiratsver587

588

Zu der Person Hispullas und ihrer Rolle innerhalb der gens unter Nennung zahlreicher Belegstellen und einschlägiger Literatur vgl. auch oben Anm. 383. Vgl. darüber hinaus Shelton (2013: 98. 256. 269. 305). Zum Begriff der reverentia als eines Ausweises des innerfamiliären Respektes gegenüber älteren Familienmitgliedern vgl. Geisthardt (2015: bes. 204); vgl. zuvor bereits Bütler (1970: 132f.). Vgl. dazu auch oben Anm. 226.

288

Kap. 4 Plinius als maritus im Spiegel seiner Ehebriefe

________________________________________________ mittlung zu großem Dank verpflichtet, sodass die in Epistel 8,11 zu konstatierende Empathie glaubwürdig wirkt; vgl. dazu Plin. epist. 4,19,7f.: Nam cum matrem meam parentis loco vererere, me a pueritia statim formare laudare, talemque qualis nunc uxori meae videor, ominari solebas. Certatim ergo tibi gratias agimus, ego quod illam mihi, illa quod me sibi dederis, quasi invicem elegeris.

4.1.3.2

Gedanklicher Aufbau C. PLINIUS HISPULLAE SUAE S. (1a) Cum adfectum tuum erga fratris filiam cogito etiam materna indulgentia molliorem, intellego prius tibi quod est posterius nuntiandum, ut praesumpta laetitia sollicitudini locum non relinquat. (1b) Quamquam vereor ne post gratulationem quoque in metum redeas, atque ita gaudeas periculo liberatam, ut simul quod periclitata sit perhorrescas. (2a) Iam hilaris, iam sibi iam mihi reddita incipit refici, transmissumque discrimen convalescendo metiri. (2b) Fuit alioqui in summo discrimine, — impune dixisse liceat — fuit nulla sua culpa, aetatis aliqua. (2c) Inde abortus et ignorati uteri triste experimentum. (3a) Proinde etsi non contigit tibi desiderium fratris amissi aut nepote eius aut nepte solari, memento tamen dilatum magis istud quam negatum, cum salva sit ex qua sperari potest. (3b) Simul excusa patri tuo casum, cui paratior apud feminas venia. Vale.

Anders als in der Vorgängerepistel 8,10, die ein sermo absentium zwischen zwei dezidiert werteorientierten männlichen Aristokraten über ein primär frauenspezifisches Problem präsentierte, richtet sich das vorliegende Schreiben an Hispulla, eine Frau, die mit Plinius und Calpurnia aufs Engste vertraut ist. Diese personelle Rahmenbedingung lenkt unter besonderer Berücksichtigung des Geschlechtes und der familiären Vernetzung der Adressatin die Gewichtung einzelner Aspekte, die im Zusammenhang mit Calpurnias abortus – dem Grundthema des Briefpaares 8, 10/8,11 – stehen: Befasste sich Epistel 8,10 noch vornehmlich mit dem Faktum der Fehlgeburt, mit den daraus resultierenden Konsequenzen und auch der Schuldfrage, so steht in Epistel 8,11 die Rettung Calpurnias aus der durch die Fehlgeburt offenbar ausgelösten Lebensgefahr im Zentrum des Briefes (vgl. Plin. epist. 8,11,2a).

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289

________________________________________________ In konsequenter intertextueller Anlehnung an den bereits interpretierten Ehebrief 4,19 beginnt Plinius das Schreiben gemäß antiker Brieftheorie mit dem Proömium, das auf die besondere familiäre Bindung zwischen Calpurnia und ihrer Tante Hispulla Bezug nimmt (vgl. Plin. epist. 8,11,1a; vgl. als intertextuelle Referenz Plin. epist. 4,19,1.6–8).589 Gerade dieses enge, einer Mutter-Tochter-Beziehung ähnelnde Verhältnis veranlasst Plinius dazu, in auffallend behutsamer und empathischer Form die Tante sukzessive an die traurige Mitteilung der Fehlgeburt ihrer Nichte heranzuführen (vgl. Plin. epist. 8,11,1b). Auch im eigentlichen Corpus des Briefes 8,11 vermeidet es Plinius zunächst ganz bewusst, Hispulla mit dem Briefanlass zu konfrontieren. Stattdessen beugt er der von ihm antizipierten angstvollen Sorge Hispullas vor, indem er unter Rückgriff auf ein variationsreiches, beinahe abundant verwendetes Vokabular sowohl auf die Rettung Calpurnias als auch besonders auf deren allmähliche Genesung hinweist (vgl. Plin. epist. 8,11,2a). Erst danach spricht er das Faktum des abortus explizit aus (vgl. Plin. epist. 8,11,2b–c), betont aber zugleich – wie er dies bereits in der Vorgängerepistel tat (vgl. Plin. epist. 8,10,2) – die mädchenhafte Unerfahrenheit, die zu dem als casus deklarierten Ereignis geführt hat. Der pathosgeladene, die harte existentielle Erfahrung für Calpurnia spiegelnde letzte Satz der Briefmitte (vgl. Plin. epist. 8,11, 2c) leitet bruchlos über in den Briefausgang, der die bereits zu Briefbeginn erzeugte emotional-expressive Grundstimmung aufnimmt (vgl. Plin. epist. 8,11,3a) und in einen Epilog, der offenkundige Parallelen zur rhetorischen Peroratio hat, mündet (vgl. Plin. epist. 8,11,3b) und das Leitthema sowohl des vorliegenden als auch des vorangegangenen Briefes formuliert: die Bitte um Nachsicht (venia) für die mädchenhafte Unwissenheit Calpurnias hinsichtlich ihrer Schwangerschaft. 4.1.3.3

Datierung und Einordnung in das Gesamtwerk

Gemäß der opinio communis in der Pliniusforschung kann hinsichtlich des als Einheit zu lesenden Briefpaares 8,10/8,11 von einer Abfassung im Jahre 107 n. Chr. ausgegangen werden.590 Dabei zeichnet sich Epistel 8,11 589 590

Zu dem besonders inniglichen Verhältnis zwischen Hispulla und ihrer Nichte Calpurnia vgl. Shelton (2013: bes. 112–115) und Dies. (2016: 71). Zu dem in der Pliniusforschung unumstrittenen Abfassungszeitpunkt des Briefpaares 8,10/8,11 vgl. Sherwin-White (1968: 459f.). Vgl. zuletzt auch

290

Kap. 4 Plinius als maritus im Spiegel seiner Ehebriefe

________________________________________________ durch die von Plinius offen bekundete, in Kapitel 4.1.1 erörterte reverentia gegenüber Hispulla aus und bestätigt damit zugleich die in Kap. 3 der vorliegenden Studie nachgewiesene besondere Wertschätzung des Plinius gegenüber tugendhaften Frauen.591 Die Wertschätzung des weiblichen Geschlechtes – in den Ehebriefen in signifikanter Weise in der Person Hispullas sichtbar werdend – geht streng einher mit der grundsätzlich hohen Bedeutung, die Plinius der eigenen gens beimisst. Letzteres dokumentiert sich in allen sechs Ehebriefen (Plin. epist. 4,19; 6,4; 6,7; 7,5; 8,10; 8,11), deren verbindendes Element der Zusammenhalt, die Bewahrung und die Erweiterung der gens darstellt: Sind es in den Ehebriefen an Calpurnia (Plin. epist. 6,4; 6,7; 7,5) die beiden Ehepartner, denen dort volle Aufmerksamkeit geschenkt wird, geraten in den Ehebriefen über Calpurnia (Plin. epist. 4,19; 8,10; 8,11) nahe Verwandte in den Fokus (Hispulla; Lucius Calpurnius Fabatus). Nicht zuletzt diese Tatsache bildet die Voraussetzung für die dieser Studie zugrundeliegende These, dass das Briefpaar 8,10/8,11 zum Subcorpus der plinianischen Ehebriefe hinzuzuzählen ist. Darüber hinaus bestätigen die sechs Ehebriefe in der Zusammenschau das bereits im Zuge der Interpretationen von Epistel 4,19 und 8,10 herausgearbeitete wertkonservative Männlichkeits- und Eheverständnis des Plinius, das es ihm auf Grundlage seiner umfassenden humanitas erlaubt, seiner Gattin Gefühle und Emotionen offen entgegenzubringen (vgl. exemplarisch die angstvolle Sorge in Plin. epist. 8,11, hier bes. 8,11,2a: mihi reddita). Doch Plinius bleibt in Epistel 8,11 nicht bei der Bekundung der Gefühle gegenüber seiner jungen uxor stehen, sondern weitet seine Empathie und Menschenliebe auf Calpurnias Tante aus, deren Sorgen, Wünsche und Hoffnungen – immer bezogen auf das Wohlergehen ihrer Nichte – das Denken des Plinius und dessen Briefkomposition entscheidend beeinflussen (vgl. dazu Plin. epist. 8,11,1.2a.3a–b).

591

Guzmán Arias (2005). Vgl. dazu auch Alston – Spentzou (2011: 130): „As with other aspects of Pliny’s dealings with his wife’s family, it is the women who seem to broker knowledge and thus influence and shape the family’s behavior, and Pliny’s recognition of this is striking.“

Kap. 4 Plinius als maritus im Spiegel seiner Ehebriefe

291

________________________________________________ 4.1.3.4

Philologisch-motivanalytische Interpretation

§ 1: Briefeingang einschließlich Proömium Plinius beginnt den Brief an Calpurnias Tante Hispulla so, wie er den vorausgehenden an Lucius Calpurnius Fabatus abgeschlossen hat – mit außerordentlichem Einfühlungsvermögen gegenüber dem Adressaten, indem er sich der Nachricht der Fehlgeburt nur allmählich und mit aller Vorsicht nähert; kein einziges Mal im gesamten Briefeingang wird die Fehlgeburt direkt angesprochen; es finden sich immer nur Andeutungen (vgl. Plin. epist. 8,11,1a: periculo liberatam; periclitata sit), um die Tante behutsam auf das betrübliche Ereignis vorzubereiten. Dies stellt einen deutlichen Kontrast zum Eingang des Briefes an seinen Schwiegergroßvater dar, dem er sofort und ohne Umschweife den Sachverhalt erläutert (vgl. Plin. epist. 8,10,1a). Doch Letzteres offenbart nicht etwa, dass hier Plinius jeweils mit zwei Stimmen bzw. mit einem Brief-Ich spricht. Plinius gibt in keinem der beiden Fälle seine Authentizität auf, sondern zeigt sich im Sinne seiner im Briefcorpus durchgängig propagierten humanitas empathisch und beweist, dass er sich nicht nur auf das jeweilige Geschlecht und Alter seiner Briefpartnerinnen und -partner einzustellen vermag, sondern auch deren Wünsche und Befindlichkeiten kennt und ernstnimmt.592 Eben diese Fähigkeit ist ein Beleg für seine humanitas, die zugleich das Verbindungsglied des Briefpaares 8,10/8,11 darstellt. Dabei gründet sich die plinianische humanitas zu Beginn der Epistel 8,11 nicht nur auf der seine Bildung spiegelnden παιδεία, sondern vor allem auf seiner φιλανθρωπία, die sich sowohl in Menschlichkeit als auch in Menschenliebe dokumentiert, wie bereits im ersten Ehebrief 4,19 nachgewiesen werden konnte; dieser war – ebenso wie der vorliegende Briefbeginn 8,11,1 – von wohlwollender Zuneigung gegenüber Hispulla durchzogen (vgl. dazu in Epistel 4,19 bes. die Paratexte Plin. epist. 4,19,1.6–8). Hier wie dort zeigt sich Plinius mit identischem Vokabular von der ehrlichen Liebe Hispullas zu ihrer Nichte Calpurnia beeindruckt (vgl. Plin. epist. 8,11,1a: adfectum tuum erga fratris filiam cogito etiam materna indulgentia molliorem; vgl. Plin. epist. 4,19,1: fratremque et optimum et amantis592

Zur humanitas Pliniana unter Nennung weiterführender Literatur vgl. ausführlich das Prolegomenon der vorliegenden Studie (Kap. 1) mit der damit verbundenen Anm. 37.

292

Kap. 4 Plinius als maritus im Spiegel seiner Ehebriefe

________________________________________________ simum tui pari caritate dilexeris filiamque eius ut tuam diligas nec tantum amitae ei adfectum).593 Das in Plin. epist. 8,11,1a als Attribut zu adfectus fungierende Adjektiv mollis wird nach ThLL 8 (1936–1966: 1376,10–44) gerne als nähere Beschreibung von Emotionen und Gefühlen verwendet.594 Der Begriff indulgentia konkretisiert den adfectus Hispullas, da es sich hier nach ThLL 7.1 (1934–1964: 1247,84–1248,18) um die elterliche Liebe zu ihren Kindern handelt.595 Dies wird von Menge (1988: 104, § 172) und OLD I (2012: 976) dadurch konkretisiert, dass indulgentia häufig auf eine Liebe hinweist, in der Nachsicht eine entscheidende Rolle spielt. Das wiederum passt zur hier untersuchten Briefstelle insofern, als im Zusammenhang mit der Fehlgeburt Calpurnias vor allem die Nachsicht der auf Nachkommen hoffenden und nunmehr enttäuschten Familienmitglieder erforderlich ist. Überdies bildet indulgentia mit dem Schlusswort der vorliegenden Epistel, venia, einen thematischen Rahmen. Plinius weiß also um die innige Bindung der beiden Frauen (vgl. dazu die beiden auf die intellektuelle Wahrnehmung hinweisenden Prädikate cogito bzw. intellego in Epistel 8,11,1a und das sowohl die Liebe der Tante abbildende als auch die Nichte umspannende Hyperbaton adfectum … molliorem) und zieht daraus die Konsequenz, Hispulla – anders als Lucius Calpurnius Fabatus – nicht unmittelbar mit der traurigen Nachricht der Fehlgeburt ihrer Nichte zu konfrontieren (vgl. Plin. epist. 8,11,1a: Intellego prius tibi quod est posterius nuntiandum.). Dieser Vorsatz – auf der Antithese von zeitlicher Nähe und Distanz gründend – zieht sich wie ein roter Faden durch den vorliegenden Ehebrief 8,11. Zuvor ergeht sich Plinius in Andeutungen, wobei im artifiziellen, variationsreichen Spiel emotionsgeladene Aspekte einander gegenübergestellt werden: Freude und Angst (vgl. dazu Plin. epist. 8,11,1a: laetitia – sollicitudini; gratulationem – vereor bzw. in metum redeas; gaudeas – perhorrescas); Rettung 593

594

595

Zur Bedeutung und Definition des Begriffes adfectus im plinianischen Denken unter Nennung einschlägiger Parallelstellen und weiterführender Literatur vgl. auch oben Anm. 400. Vgl. dazu in der römischen Literatur noch Cic. Mil. 42; Verg. Aen. 4,66; Ov. ars 2,152; Prud. perist. 10,715. Im plinianischen Briefcorpus wird mollis attributiv oder adverbiell häufig zu Begriffen, die Nachsicht, Milde und Trost bezeichnen, hinzugesetzt; vgl. dazu exemplarisch Plin. epist. 5,16,10; 5,19,1; 8,24,5. Zu weiteren Belegstellen vgl. Heberlein – Slaby (1991: 1589–1591). Vgl. dazu auch in der römischen Literatur Cic. Verr. II 1,112; id. 5,109; vgl. auch Val. Max. 7,3,10.

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________________________________________________ und Gefährdung bzw. Unglück (vgl. dazu Plin. epist. 8,11,1: liberatam – periculo bzw. periclitata sit). Das Wortfeld der Freude wird in abundanter, variationsreicher Weise durch die Synonyma laetitia – gratulatio – gaudium (hier durch das Verb gaudere vertreten) repräsentiert, wobei nach Menge (1988: 108, § 179) laetitia die durch Gestik und Mimik nach außen erkennbare Fröhlichkeit, gaudium (gaudere) hingegen die stille, nach innen gekehrte Freude und gratulatio nach ThLL 6.2 (1925–1934: 2250,45–2251,14) eine Symbiose aus innerer und äußerer Freude symbolisiert. Ebenso umfassend gestaltet sich zu Beginn der Epistel 8,11 das Wortfeld der angstvollen Sorge; der Begriff sollicitudo ist gemäß OLD II (2012: 1968) ein Ausdruck innerer Unruhe (vgl. dazu auch Menge 1988: 7, § 11 s. v. sollicitare). Er erscheint im plinianischen Briefcorpus an zahlreichen Stellen,596 findet sich aber häufig dezidiert – wie in dieser Briefstelle – im Kontext der emotionalen Erregung angesichts der Krankheit von Menschen, die Plinius nahestehen (vgl. dazu exemplarisch Plin. epist. 1,22,11; id. 9,22,1).597 Die Junktur in metum redire hingegen ist nur an dieser einen Stelle im plinianischen Briefcorpus zu finden.598 Allerdings passt im untersuchten Kontext diese ungewöhnliche Wortfolge, da redire nach Menge (1988: 59, § 86) die Handlung des Zurückkehrens zwischen Umkehr und Rückkunft anzeigt, was letztlich das Hin- und Hergerissensein Hispullas zwischen Freude (über die in Aussicht stehende Genesung Calpurnias) und Furcht (angesichts der für ihre Nichte lebensbedrohlichen Lage) metaphorisch zum Ausdruck bringt. Das Intensivum perhorrescere bildet in dem im Briefeingang erscheinenden, breit angelegten Wortfeld des Fürchtens insofern den markantesten Begriff, als dieser nach OLD II (2012: 1477) den übergroßen Schrecken, dem Hispulla angstvoll ausgesetzt wird, demonstriert.599 Die Rettung Calpurnias markiert Plinius unter Zuhilfenahme des Partizips Perfekt Passiv von liberare, das gemäß ThLL 7.2 (1956–1979: 1308,8–71) allgemein die Befreiung aus Gefahren (vgl. exemplarisch Sen. benef. 3,35,2), nach OLD I (2012: 1128) im Spe596 597

598 599

Vgl. dazu vgl. Heberlein – Slaby (1991: 2611f.). Das Verb vereri wird hier – anders als in Epistel 4,19,7 – als Synonym von metuere im Sinne der angstvollen Sorge verwendet; vgl. dazu Menge (1988: 7, § 11) und OLD II (2012: 2243f., hier 2244). Vgl. dazu Heberlein – Slaby (1991: 2389f.). Zu diesem Terminus, der in der römischen Literatur häufig den von Strafe und Krieg ausgehenden Schrecken bezeichnet, vgl. exemplarisch Cic. Phil. 13,31; Cic. Att. 9,10,2; Val. Max. 6,3,2.

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________________________________________________ ziellen – vor allem im medizinischen Fachjargon – die Errettung aus Gefahren für Leib und Seele anzeigt.600 Das Wortfeld der Gefahr bzw. Bedrohung greift Plinius einerseits im Substantiv periculum, andererseits im Verb periclitari auf; während periculum nach OLD II (2012: 1477f.) die Gefahr im Allgemeinen kennzeichnet, markiert periclitari laut Menge (1988: 33, § 51) und OLD II (2012: 1477) das hohe Risiko, dem sich Calpurnia in fahrlässiger Weise ausgesetzt hat.601 In der Tat hat die vorliegende Epistel 8,11 – wie sich im Fortgang der Interpretation zeigen wird – eine auffällige Tendenz, mit Gegensätzen zu spielen. Dabei ist jedoch entscheidend, dass zumeist das Positive vorangestellt wird (vgl. Plin. epist. 8,11,1a: praesumpta laetitia)602, um Hispulla in ihrer Sorge um die geliebte Nichte zu beruhigen und sie davon zu überzeugen, dass die Kunde von deren Rettung und die Freude darüber Vorrang haben sollten vor der Erwähnung der Gefährdung Calpurnias und der damit verbundenen angstvollen Sorge der Tante, wie insbesondere die in direkter Iuxtaposition aufeinandertreffenden widerstreitenden Emotionen laetitia und sollicitudo unter Beweis stellen (vgl. Plin. epist. 8,11,1a). Die von Plinius mehrfach betonte Rettung kann aber letztlich nicht darüber hinwegtäuschen, dass der abortus Calpurnia in eine offensichtlich lebensgefährliche Lage versetzt hat, wie sowohl an dem im Briefeingang abundant bedienten Wortfeld der Bedrohung und der Angst (vgl. bes. Plin. epist. 8,11,1a–b: periculo; periclitata sit bzw. sollicitudini; vereor; in metum redeas; perhorrescas) als auch an der Verwendung des Periodenschlusses aus Creticus und Spondeus abgelesen werden kann:

600

601 602

Vgl. dazu in der römischen Literatur exemplarisch Cels. 2,11,4; id. 4,29,1. Zu der mit der nämlichen Briefstelle in Bezug zu setzenden Rettung einer Frau aus einer gesundheitlichen Notsituation vgl. Cels. 2,8,16: Mulier sanguinem vomens profusis menstruis liberatur. Im plinianischen Briefcorpus findet sich das Partizip Perfekt Passiv von liberare noch in Verbindung mit der Befreiung von der Angst um den schwerkranken Freund Titius Aristo; vgl. dazu Plin. epist. 1,22,11. Zur Rettung aus einer schweren Krankheit vgl. auch Plin. epist. 5,21,2 (hier in Bezug auf die unheilbare Erkrankung von Iulius Valens). Das Verb periclitari als Indikator für die bewusste Inkaufnahme eines Risikos findet sich im plinianischen Briefcorpus noch Epistel 6,6,9. Die Kombination aus dem Verb praesumere und einem Ausdruck der Freude findet sich im plinianischen Briefcorpus noch Plin. epist. 2,10,6 (gaudium […] praesumo); Plin. paneg. 79,4 (praesumo laetitiam); zu weiteren Belegstellen und zur Nennung weiterführender Literatur vgl. Whitton (2013a: 152).

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________________________________________________ ... periclitata sit perhorrescas. Plinius demonstriert seine humanitas zum einen in seiner Zuneigung bzw. Menschenliebe gegenüber Hispulla, zum anderen in seiner vorsichtigen Annäherung an das Sorge auslösende Ereignis der Fehlgeburt, ist dabei aber zugleich ehrlich und verschweigt die prekäre Lage, in der Calpurnia sich befunden hat, nicht. § 2: Briefcorpus Plinius bleibt sich seiner zu Briefbeginn begonnenen Linie treu und vermeidet es weiterhin, Hispulla das Faktum der Fehlgeburt mitzuteilen. Stattdessen wird erneut auf das Spannungsverhältnis zwischen der aufgrund des abortus lebensbedrohenden Lage Calpurnias (vgl. Plin. epist. 8,11,2b–c) und deren Rettung (vgl. Plin. epist. 8,11,2a) rekurriert. Wenngleich die Briefmitte überwiegend die Lebensgefahr, in welche die junge uxor geraten ist, in den Blick nimmt (vgl. die doppelte, in ein Polyptoton gekleidete, als verschärfendes Synonym zu periculum aufzufassende Verwendung des Begriffes discrimen603), stellt Plinius dennoch in auffallender Kontrastierung und lexikalischer variatio die voranschreitende Genesung seiner Gattin in den Vordergrund des unmittelbaren Einstieges in den Mittelteil des vorliegenden Briefes (vgl. Plin. epist. 8,11,2a: hilaris; iam sibi reddita; refici; convalescendo; transmissum discrimen). Höhepunkt der Kontrastierung ist – ähnlich wie im Briefeingang bei den Termini laetitia und sollicitudo (Plin. epist. 8,11,1a) – die direkte Iuxtaposition der antithetischen Begriffe discrimen und convalescendo (vgl. Plin. epist. 8, 11,2a). Innerhalb des abundant herangezogenen Wortfeldes der Genesung ist zwischen den Begriffen, die den allmählichen Erholungsprozess Cal603

Der Begriff discrimen präzisiert das Synonym periculum insofern, als er das kritische Moment hervorhebt; vgl. dazu Menge (1988: 163, § 292). Gemäß ThLL 5.1 (1909–1934: 1359,61–1361,79) wird discrimen in der römischen Literatur häufig als calamitas bzw. casus aufgefasst; die hier vorliegende Junktur summum discrimen, die auf eine höchst bedrohliche Lage hinweist, findet sich in der römischen Literatur noch Cic. de orat. 2,195; Quint. inst. 8, 4,22; zur Bezeichnung einer Lebensbedrohung vgl. im plinianischen Briefcorpus gemäß Heberlein – Slaby (1991: 596f.) exemplarisch noch Epistel 6,16,8; id. 7,19,2.

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________________________________________________ purnias dokumentieren (refici und convalescendo), und denjenigen, die die überstandene Lebensgefahr (transmissum discrimen) und die wiedergewonnene Heiterkeit bzw. Lebensfreude (hilaris) anzeigen, zu differenzieren: Gemäß ThLL 4 (1906–1909: 811,1–58) ist sowohl unter convalescere als auch unter dem Synonym refici die sukzessive Wiedergewinnung der (z. B. durch Krankheit) verlorengegangenen Kräfte zu verstehen.604 Für transmittere in der Bedeutung der überwundenen Gefahr für Leib und Leben findet sich eine signifikante intertextuelle Referenz innerhalb der plinianischen Ehebriefe, da das Brief-Ich in Plin. epist. 6,4,2 explizit die Hoffnung äußert, Calpurnia möge ihre Kur im fernen Kampanien unbeschadet überstehen. Nach der redundant wirkenden Betonung der allmählichen Genesung Calpurnias steuert Plinius mit gespielter Beiläufigkeit (vgl. Plin. epist. 8,11,2b: alioqui)605 und einer hülsenhaften, keine inhaltliche Progression

604

605

In ähnlicher Bedeutung findet sich convalescere im plinianischen Briefcorpus noch Plin. epist. 7,16,2; in der römischen Literatur vgl. gemäß OLD I (2012: 480) auch Cic. fam. 13,29,4; Caes. Gall. 6,36,3; Cels. 3,21,17. Zur Bedeutung von reficere im Sinne der Wiedererlangung der Gesundheit vgl. Menge (1988: 34f., § 53); vgl. auch OLD II (2012: 1758) mit den Parallelstellen Cic. fam. 7,26,2; Cels. 4,12,3; Cat. c. 44,16; Tac. ann. 13,44; in der plinianischen Briefsammlung ist die angezeigte Bedeutung nur an dieser einen Briefstelle vorzufinden. Das hier prädikativ verwendete Adjektiv hilaris findet sich in der Bedeutung einer mit Heiterkeit ausgestatteten Person in den Pliniusbriefen gemäß Heberlein – Slaby (1991: 1077f.) exemplarisch noch Plin. epist. 6,30,1; zu dieser Bedeutungsebene vgl. ThLL 6.3 (1936–1942: 2787,15–2788,10); vgl. auch Menge (1988: 80, § 179 s. v. hilaritas). In Plin. epist. 4,1,7 schwingt in hilaris – ähnlich wie in der hier vorliegenden Textstelle – ein Gefühl der Erleichterung angesichts des (wiedererlangten) Wohlbefindens einer vertrauten Person mit: Contingat modo te filiamque tuam fortes invenire! Nam continget hilares, si nos incolumes receperitis. (ibid.) In der Bedeutung einer überwundenen Gefahr für Leib und Leben findet sich das Verb transmittere in der plinianischen Briefsammlung noch Plin. epist. 1,22,7 (dort geht es um die Überwindung eines incredibilis febrium ardor). Zu der Bedeutungsebene der Überwindung einer düsteren, wenig erquicklichen Zeit vgl. in der römischen Literatur gemäß OLD II (2012: 2167f., hier 2168) noch Sen. epist. 19,3; Stat. silv. 4,2,12. Das Adverb alioqui findet im nachklassischen Latein rege Verwendung; vgl. dazu LHS II, 2, 2, 677, § 373, b, Zusätze α). Auch im plinianischen Briefcorpus ist es häufig anzutreffen; vgl. exemplarisch Plin. epist. 2,9,1; 2,15,2; 3,9, 19. Vgl. dazu auch Pflips (1973: 146) und Whitton (2013a: 142).

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________________________________________________ bietenden Parenthese (vgl. Plin. epist. 8,11,2b: Impune dixisse liceat)606 auf die näheren Umstände der Gefährdung seiner uxor hin, erörtert jedoch zuvor noch die bereits in der vorausgegangenen Epistel 8,10 (dort bereits im Briefeingang Plin. epist. 8,10,1a–b) verhandelte Schuldfrage. Ebenso wie in seinem Schreiben an Lucius Calpurnius Fabatus (vgl. Plin. epist. 8,10,1a) vermeidet Plinius eine klare, explizite Schuldzuweisung an Calpurnia (vgl. Plin. epist. 8,11,2b: nulla sua culpa), bekräftigt sie aber de facto durch die direkt anschließende Antithese aetatis aliqua (ibid.). Der Begriff culpa, der einen Rückbezug zu dem in Epistel 8,10,1b festgestellten error darstellt und dadurch die beiden Zwillingsbriefe 8,10/8,11 inhaltlich eng miteinander verknüpft, ist ein harscher, juristisch konnotierter Begriff im Zusammenhang mit einer Fehlgeburt, markiert er doch gemäß ThLL 4 (1906–1909: 1296,74–1311,23) und Menge (1988: 92, § 151b) einen strafwürdigen Zustand einer Person, die sich ein Vergehen hat zuschulden kommen lassen. Im plinianischen Briefcorpus variieren die Bedeutungsebenen im Begriff culpa, wobei durch dessen Verwendung häufig die moralische Schuld angezeigt wird.607 Wie nah die Begriffe culpa und error im plinianischen Denken beieinander liegen,608 verdeutlicht zum einen die vorliegende Briefstelle, zum anderen Plin. epist. 10,96,7. In der Gesamtschau steht Folgendes fest: Durch die drastische Wortwahl wird einerseits erneut die kaum zu unterschätzende Bedeutung der procreatio prolis, andererseits der überaus große Druck auf die beiden Ehepartner – nicht zuletzt auf die (in diesem Fall sehr junge) Mutter – unterstrichen. In Anlehnung an Epistel 8,10,1a–b verweist Plinius auf die jugendliche Unerfahrenheit seiner jungen Gattin,609 wobei an dieser Stelle der 606

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Zur Bedeutung des Adverbs impune im Sinne einer ungestraften Handlung in Wort und Tat vgl. ThLL 7.1 (1934–1964: 719,57–722,7, hier bes. 720,6–721, 10); vgl. auch OLD I (2012: 938f.); in der plinianischen Briefsammlung in dieser Bedeutung gemäß Heberlein – Slaby (1991: 1177) noch Plin. epist. 3, 12,2; id. 4,29,1. Vgl. dazu exemplarisch Plin. epist. 5,8,2; id. 7,28,2. Dagegen wird in Epistel 5,13,4 ein juristisch zu ahndendes Vergehen exemplifiziert. Vgl. dazu auch ThLL 5.2 (1931–1953: 817,57–818,17 s. v. error) und Menge (1988: 92, § 151b). Der Begriff aetas zeigt hier gemäß ThLL 1 (1900: 1127,23–1129,4) das noch jugendliche Alter Calpurnias an, womit ein weiterer inhaltlicher Rückbezug auf die vorausgehende Epistel 8,10 gegeben ist; vgl. hier bes. Plin. epist. 8, 10,1b, wo Calpurnia mädchenhafte Unwissenheit hinsichtlich ihrer Schwan-

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________________________________________________ Einsatz des Indefinitpronomens aliqua, dem ein elliptisches culpa hinzugefügt werden muss, signifikant ist. Durch diesen geschickten Kunstgriff wird das Genitiv-Attribut aetatis zum Verursacher des schlimmen Ereignisses. Plinius versucht also in bemühter Spitzfindigkeit, die Schuldfrage zu entpersonalisieren, wenngleich sowohl Hispulla als auch dem Leser klar vor Augen steht, dass Calpurnia für die eigentlich Verantwortliche gehalten wird. In Epistel 8,10,1b war Plinius weniger behutsam und unterstrich, dass Calpurnia – wenngleich in mädchenhafter Unwissenheit (vgl. ibid.: puellariter nescit) – einen error begangen habe.610 Das Lehrgeld, das Plinius im Brief an seinen Schwiegergroßvater direkt mit der Schuld Calpurnias in Verbindung bringt und dessen Abgeltung er dort noch religiös überhöht (vgl. Plin. epist. 8,10,1b: Errorem magnis documentis expiavit), findet zwar auch in der vorliegenden Epistel Erwähnung, aber in einer weniger drastischen Form (vgl. Plin. epist. 8,11,2c: Inde abortus et ignorati uteri triste experimentum): War es in Epistel 8,10,1b noch ein error, so spricht Plinius in Epistel 8,11,2c deutlich abgemilderter von einem experimentum,611 verzichtet jedoch nicht darauf, die Darstellung des mädchenhaften Verhaltens Calpurnias durch Verwendung des hier attributiv fungierenden, emotional aufgeladenen Adjektivs triste mit einem kritischen Unterton zu versehen.612 Bedeutsam in dieser knappen, aber dennoch hochpathetischen Aussage des Plinius ist die mit Epistel 8, 10,1b übereinstimmende besondere Betonung der altersbedingten Un-

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gerschaft unterstellt wird: puellariter nescit. Die Verwendung des Begriffes aetas im Sinne eines noch jungen Alters findet sich im plinianischen Briefcorpus noch Plin. epist. 2,13,8. Zur Bedeutung des Begriffes error vgl. auch oben Anm. 608. Gemäß ThLL 5.2 (1931–1953: 1657,37–75) bezeichnet experimentum im Sinne einer peritia bzw. ἐμπειρία eine Erfahrung, die eine Person (in diesem Fall Calpurnia) zu einer bestimmten Erkenntnis bringt. Diese Bedeutung erscheint zuerst bei Sall. Iug. 46,3 und findet in der Folge insbesondere bei den Prosaschriftstellern der römischen Kaiserzeit eine weite Verbreitung; vgl. dazu exemplarisch Sen. epist. 121,19; Tac. Agr. 19,1; Tac. ann. 12,14,1; Tac. dial. 34,6; Tac. hist. 2,97,2; im plinianischem Briefcorpus noch Epistel 1,5,16; id. 5,14,3; vgl. auch Plin. paneg. 31,3; id. 49,3. Zu weiteren Belegstellen vgl. Pflips (1973: 78) und Heberlein – Slaby (1991: 899). Zur Verwendung des Adjektivs triste und des Substantivs tristitia, denen im plinianischen Briefcorpus zumeist eine harsche, tadelnde Note verliehen wird, vgl. Philips (1986: 36) und Whitton (2013a: 116). Vgl. dazu allgemein auch Menge (1988: 182, § 322 s. v. tristis).

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________________________________________________ kenntnis, die in Epistel 8,11,2c in dreifacher Hinsicht zutage tritt: erstens in dem zu Satzbeginn positionierten, folgernden Adverb inde,613 das auf das noch junge Alter Calpurnias Bezug nimmt; zweitens in den beiden kontextuell entscheidenden Begriffen abortus … experimentum, die aufgrund ihrer exponierten Front- und Schlussstellung im Satz die Begründung der Fehlgeburt (= die Unwissenheit der jungen uxor) wirkungsvoll umrahmen: ignorati uteri;614 drittens in der Verwendung der ersten Hauptform des metrischen Klauselsystems (cretisch-trochäische Dipodie): ... triste experimentum. (1 β)

Das Resümee lautet: Im Mittelteil der vorliegenden Epistel 8,11 werden im Vergleich zur Vorgängerepistel 8,10 keine neuen inhaltlichen Details gegeben, jedoch die bekannten in anderer Gewichtung dargestellt; dabei wird der voranschreitenden Genesung Calpurnias ein breiterer Raum – sowohl vom Wortumfang als auch von der lexikalischen variatio her – zugebilligt als in dem Schreiben an Lucius Calpurnius Fabatus. Ebendort wurde stärker auf die nach wie vor gewährleistete Fruchtbarkeit Calpurnias als Hoffnung spendenden Impuls für den auf Nachkommen wartenden Schwiegergroßvater fokussiert. Bei aller Empathiefähigkeit, die Plinius in Epistel 8,11 an den Tag legt, bleibt er sich in seiner werteorientierten Geisteshaltung treu und zeigt sich – dies hat die Forschung bislang zu wenig untersucht – als Aristokrat, der ein traditionelles Männlichkeitsverständnis vertritt. Denn zwar weist Plinius zu Beginn des Mittelteils der Epistel 8,11 darauf hin, dass Calpurnia ihre Heiterkeit wiedergefunden habe (vgl. Plin. epist. 8,11,2a: hilaris) und auf dem Wege der Besserung sei (vgl. Plin. epist. 8,11,2a: iam sibi … reddita), aber dennoch 613 614

Zur Bedeutung des Adverbs inde im konklusiven Sinne vgl. LHS II, 2, 2, 515, § 282 und KS II, 2, 147, § 176, h. Die zur Entschuldigung angeführte jugendliche Unerfahrenheit Calpurnias wird in dem attributiv verwendeten Partizip Perfekt Passiv ignoratus wiederaufgenommen; zu der hier vorliegenden Bedeutung der auf Unerfahrenheit fußenden Unkenntnis vgl. ThLL 7.1 (1934–1964: 312,15–76); vgl. dazu auch Menge (1988: 51, § 78 s. v. ignorare); in dieser Bedeutung im plinianischen Briefcorpus noch Plin. epist. 6,2,8; id. 9,19,5; zu weiteren Belegstellen vgl. Heberlein – Slaby (1991: 1126). Der Begriff uterus im Sinne einer Schwangerschaft erscheint in der plinianischen Briefsammlung nur in der vorliegenden Briefstelle; zu dieser Bedeutungsebene vgl. OLD II (2012: 2334); in der römischen Literatur exemplarisch noch Cels. 2,10,1; Plin. nat. 8,151.

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________________________________________________ kann Plinius seine Überzeugung nicht verbergen, wonach er als maritus Besitzansprüche auf seine Gattin habe (vgl. epist. 8,11,2a: iam mihi reddita).615 Diese Aussage mag nicht so recht in den Gesamtkontext dieses den Mittelteil des Briefes einleitenden Satzes passen, der vornehmlich die Belange Calpurnias und weniger die Befindlichkeiten des Plinius thematisiert. Allerdings kann Plinius zugutegehalten werden, dass er angesichts der Rettung seiner uxor aus einer lebensbedrohenden Gefahr zu verbalisieren sucht, wie erleichtert er ist und wie viel ihm Calpurnia bedeutet. Letzteres ließe die Gegenseitigkeit der Ehepartner, die sich – abgesehen von Epistel 8,10 – wie ein roter Faden durch alle plinianischen Ehebriefe zieht (vgl. dazu bes. Plin. epist. 4,19,8), in einem hellen Licht erstrahlen und bestätigte zugleich die im dritten Kapitel der vorliegenden Studie herausgearbeitete Tendenz, dass sich in der Kaiserzeit ein wertkonservatives Männlichkeitsverständnis und offen bekundete (zärtlich-liebevolle) Gefühle des maritus gegenüber der uxor nicht ausgeschlossen haben. Welche der beiden Auslegungen – das Markieren des Besitzanspruches des Ehemannes oder dessen Erleichterung ob der Bewahrung seiner jungen Gattin vor Schlimmerem – hier anzusetzen ist, darüber lässt Plinius den Leser im Unklaren: eine Leerstelle, die vor dem Hintergrund der avisierten, an eine aristokratische Leserschaft gerichteten Publikation seiner Epistulae sicher nicht unbeabsichtigt gesetzt worden ist.

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Zur Bedeutung des Zurückgebens einer untergebenen an eine über sie verfügende Person vgl. OLD II (2012: 1750f., hier 1750); vgl. in der römischen Literatur ähnlich Cic. Flacc. 73: Reddat misero patri filiam.

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________________________________________________ § 3: Briefschluss einschließlich Epilog Der Briefschluss beginnt nach einem im konklusiven Adverb proinde616 aufscheinenden Rückverweis auf die Fehlgeburt Calpurnias mit der Erinnerung an die bemerkenswert enge emotionale Bindung innerhalb der Familie der Calpurnii, wodurch unter textkompositorischen Aspekten ein Rahmen zum Briefeingang geschlagen wird;617 wurde ebendort (vgl. Plin. epist. 8,11,1a) die liebevolle, eine Mutter-Tochter-Beziehung auszeichnende Zuneigung Hispullas gegenüber ihrer Nichte Calpurnia betont (vgl. Plin. epist. 8,11,1a: Adfectum tuum erga fratris filiam cogito etiam materna indulgentia molliorem), ist es hier die Sehnsucht Hispullas nach dem verstorbenen Bruder (vgl. Plin. epist. 8,11,3a: desiderium fratris amissi),618 die zum wiederholten Male den stark ausgeprägten Familiensinn Hispullas unter Beweis stellt und zugleich innerhalb der Ehebriefe über Calpurnia eine signifikante intertextuelle Referenz auf den Ehebrief 4,19, in dem Hispulla als Muster an Verwandtenliebe porträtiert wird, darstellt (vgl. bes. Plin. epist. 4,19,1: Sis pietatis exemplum, fratremque optimum et amantissimum tui pari caritate dilexeris, filiamque eius ut tuam diligas, nec tantum amitae ei adfectum verum etiam patris amissi repraesentes.).619 Vor dem Hintergrund dieser von Hispulla verkörperten pietas 616

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Das konklusive Adverb proinde leitet im plinianischen Briefcorpus häufig eine eindringliche Adhortatio an den jeweiligen Adressaten ein, aus dem Vorhergehenden eine Nutzanwendung für das eigene Handeln zu ziehen. Solche von proinde eingeleiteten Adhortationes nutzt Plinius zu Beginn seiner Briefschlüsse nicht selten; vgl. dazu exemplarisch Plin. epist. 1,6,3; 1,9,7; 4,13,9; vgl. dazu auch Philips (1986: 22f.). Während im klassischen Latein das Adverb proinde mit Imperativ oder imperativischem Konjunktiv steht, ist sein Gebrauch bei den nachklassischen Autoren freier; vgl. dazu LHS II, 2, 2, 515, § 282 und KS II, 2, 147f., § 176, i. Zur besonderen Verbindung innerhalb der Familie der Calpurnii unter Nennung weiterführender Literatur vgl. auch oben Anm. 383. Zur engen Beziehung der Familien der Calpurnii und der Caecilii (der Familie des Plinius) vgl. Alston – Spentzou (2011: bes. 126) und den der vorliegenden Studie beigefügten Stammbaum in App. 1. Zur Bedeutung des hier das schmerzliche Vermissen eines Verwandtschaftsmitgliedes anzeigenden, keinesfalls sexuell konnotierten, sondern auf die libido absentem videndi hinweisenden Begriffes desiderium vgl. ThLL 5.1 (1909–1934: 697,60–701,75); vgl. dazu im plinianischen Briefcorpus ähnlich Plin. epist. 5,16,5; vgl. auch Plin. paneg. 20,1. Zu der pietas als einer der zentralen römischen virtutes unter bes. Berücksich-

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________________________________________________ wird die Bedeutung der Geburt eines Nachkommens verständlich. Dabei ist unter Genderaspekten eindrücklich, in welch auffälliger Abwandlung gegenüber der vorausgehenden Epistel 8,10 Plinius hier formuliert: Während er auf das Geschlecht des ersehnten Nachwuchses in dem Schreiben an den Schwiegergroßvater mit keiner Bemerkung eingeht, changiert er in der vorliegenden Epistel ganz bewusst zwischen einem möglichen männlichen bzw. einem möglichen weiblichen Nachkommen (vgl. Plin. epist. 8,11,3a: nepote eius aut nepte). Das Geschlecht des Kindes ist für Lucius Calpurnius Fabatus als einem pater familias von hoher Relevanz (er hofft unausgesprochen auf einen Knaben als kommenden Stammhalter; vgl. dazu bes. Plin. epist. 8,10,3b); demgegenüber geht Plinius in Bezug auf Hispulla – nicht zuletzt aufgrund ihrer den Familiensinn spiegelnden pietas – wie selbstverständlich davon aus, dass für sie das Geschlecht des Kindes zunächst einmal zweitrangig ist. Gleichwohl ist die grundsätzliche Bedeutung eines Nachkommens – hier besteht zwischen den Episteln 8,10 und 8,11 demonstrative Einigkeit – elementar.620 Übereinstimmend ist auch der Gedanke des Trostes, der den Zwillingsepisteln 8, 10/8,11 zugrundeliegt und sich in der trotz der Fehlgeburt unvermindert stark ausgeprägten Hoffnung auf Nachkommen äußert (vgl. dazu Plin. epist. 8,10,2: Illos reddituri, quorum nobis spem certiorem haec ipsa quamquam parum prospere explorata fecunditas facit; vgl. Plin. epist. 8, 11,3a: Memento tamen dilatum magis istud quam negatum, cum salva sit ex qua sperari potest.). Überhaupt ist die spes ein alle Ehebriefe über Calpurnia verbindendes Element, wobei Plinius innerhalb der drei Briefe insofern differenziert, als er in Epistel 4,19 die Hoffnung auf eine perpetua concordia (Plin. epist. 4,19,5a) und im Briefpaar 8,10/8,11 die Hoffnung auf pronepotes (vgl. Plin. epist. 8,10,2; id. 8,11,3a) beschwört. In allen Fällen ist nicht nur die spes der Tante bzw. des Schwiegergroßvaters, sondern auch seine eigene mitzudenken. Dabei ist es gerade diese Hoffnung, die einen konstitutiven Bestandteil des von Plinius gespendeten Trostes markiert. Der Hoffnungsaspekt liegt in der immer wieder durchscheinenden humanitas Pliniana begründet; diese Beobachtung wird durch eine intertextuelle Referenz auf die in diesem Kontext bereits mehrfach zum

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tigung des Ausdrucks der Verwandtenliebe vgl. mit weiterführender Literatur auch oben Anm. 392. Vgl. dazu auch Shelton (2013: 127): „It is curious that, in both letters, Pliny seems to feel obligated to stress that the loss of the pregnancy was not Calpurnia’s fault.“

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________________________________________________ Vergleich herangezogene Trauerepistel 5,16 untermauert (vgl. bes. Plin. epist. 5,16,10: Proinde si quas ad eum de dolore tam iusto litteras mittes, memento adhibere solacium non quasi castigatorium et nimis forte, sed molle et humanum.). Das solacium soll sich molle und humanum gestalten, die consolatio soll clementer erfolgen.621 In diesem Zusammenhang nimmt Plinius in Epistel 8,11 eine augenfällige geschlechterspezifische Differenzierung vor: Den Trost bezeichnet er als solchen nur vor der Tante (vgl. Plin. epist. 8,11,3a: aut nepote eius aut nepte solari), nicht aber vor dem pater familias Lucius Calpurnius Fabatus; hier ergibt sich der Trost aus dem Kontext der Epistel (vgl. Plin. epist. 8,10,2f. hier bes. 3c: Nascantur modo et hunc nostrum dolorem gaudio mutent.). Zugleich bildet die kaum zu trennende Verknüpfung von Trost und Hoffnung im Briefpaar 8,10/8,11 einen scheinbar unauffälligen, jedoch durchaus bedeutsamen Konnex zwischen den Ehebriefen an und über Calpurnia: Während in den Ehebriefen über Calpurnia (vgl. hier Plin. epist. 8,10; id. 8,11) die etwaigen Nachkommen als Trost für die enttäuscht Zurückgebliebenen fungieren sollen, sind es in den Ehebriefen an Calpurnia – wie deren Interpretationen in den Folgekapiteln belegen werden – die libelli und die Liebesbriefe, die als Trostmittel bzw. Personenersatz für die Ehepartner fungieren. Wie in den bisherigen Analysen nachgewiesen werden konnte, zielen die das Briefpaar 8,10/8,11 prägenden Aspekte der pietas, des Trostes und der Hoffnung durchgängig auf die Emotionen der jeweiligen Adressaten 621

Diese Forderungen des Plinius verhalten sich konträr zu den herkömmlichen antiken Konsolationsschreiben; vgl. dazu Gnilka (1973: 112f.), wonach Plinius’ Position durchaus nicht selbstverständlich sei: „Ein Teles, Epiktet oder Seneca hätte darüber jedenfalls den Kopf geschüttelt.“ Vgl. ähnlich SherwinWhite (1968: 348). Bütler (1970: 114). Lefèvre (2009: bes. 216f.); dass die genannten Interpreten in ihrer Einschätzung richtigliegen, belegt exemplarisch Sen. dial. 6,1,5: Alii […] molliter agant et blandiantur; ego confligere cum tuo maerore constitui. Vgl. ähnlich Sen. epist. 99. Zum Inhalt und Aufbau antiker Konsolationsschreiben im Allgemeinen vgl. Kassel (1958) und Kierdorf (1999). Plinius hingegen macht von dem traditionellen Konsolationsbrief keinen Gebrauch, da ein solcher laut Gnilka (1973: 113–119) Plinius’ tief empfundener Trauer nicht gerecht werde; vgl. dazu auch Bütler (1970: 114): „So weist Plinius bei Corellius’ Tod jeglichen schulmäßigen Trost zurück (1, 12,13): die philosophische Theorie versagt vor der Übermacht des Lebens.“ Vgl. dazu auch Lefèvre (2009: 217): „Auch darin äußert sich seine humanitas, der nichts Menschliches fremd ist.“

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________________________________________________ bzw. der aristokratischen Leserschaft ab und werden in konsequenter Stringenz von pathetischen, zuweilen sogar widerstreitenden Wortfeldern flankiert (vgl. Freude vs. Leid; Gesundheit vs. Krankheit; Gefahr vs. Errettung). Darüber hinaus arbeitet Plinius in Epistel 8,11 mit Wortspielen, welche die pathosgeladene Grundstimmung in den beiden Rahmenteilen wirkungsvoll untermalen (vgl. Plin. epist. 8,11,1a: prius tibi quod est posterius nuntiandum; Plin. epist. 8,11,3a: dilatum magis istud quam negatum).622 Überhaupt ist die wohldurchdachte Komposition der vorliegenden Epistel unverkennbar; neben den bereits in der Studie beleuchteten, streng aufeinander bezogenen Rahmenteilen, die sich nicht nur durch die bereits analysierten Wortspiele, sondern auch durch die exponierte Rolle der pietas Hispullas auszeichnen, ist es Plinius sogar gelungen, alle drei Briefteile miteinander zu vernetzen – mit dem Hinweis auf Calpurnias Genesung, die innerhalb der Epistel einer sinnabbildenden allmählichen Progression unterworfen ist: Wird im Briefeingang zunächst grundsätzlich von der Errettung aus einer lebensbedrohenden Gefahr gesprochen (vgl. Plin. epist. 8,11,1b: periculo liberatam bzw. periclitata sit), konzentriert sich die Briefmitte unter Rückgriff auf ein massiert genutztes Vokabular mit der beginnenden Gesundung der jungen uxor (vgl. bes. Plin. epist. 8,11,2a: Iam hilaris […] incipit refici […] convalescendo). Das alles kulminiert im Briefschluss in der Verwendung des als eines Prädikatsnomens fungierenden Adjektivs salva. Dabei ist jedoch zu bedenken, dass hier nicht etwa die vollständige Genesung Calpurnias abgebildet werden soll, sondern deren Fruchtbarkeit, die gemäß der plinianischen Darstellung trotz der Fehlgeburt weiterhin unbeeinträchtigt ist und die Hoffnung auf Nachkommen bei allen Beteiligten lebendig hält – eine weitere inhaltliche Parallele zur vorausgehenden Epistel 8,10, in der sich Plinius in einem Gespräch unter Männern in nüchtern-sachlichem Ton medizinischen Fachjargons bedient und explizit von fecunditas spricht (vgl. Plin. epist. 8,10,2).623 Erwähnenswert ist auch eine intertextuelle Referenz, die sich 622

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Zum Wortspiel dilatum magis istud quam negatum, das auf Seneca zurückgeht (Sen. dial. 1,4,7: Quisquis uidetur dimissus esse, dilatus est) und zu einer in der Gegenwart geläufigen sprichwörtlichen Redensart avanciert ist, vgl. unter Nennung weiterer Belegstellen in der römischen Literatur Otto (1988: 114 s. v. differre). Zur Bedeutung des Adjektivs salvus im Sinne eines gesundheitlichen Zustandes, bei dem kein bleibender Schaden infolge einer Krankheit zu beklagen ist, vgl. Menge (1988: 187, § 330). Vgl. dazu auch OLD II (2012: 1857f., hier

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________________________________________________ in Ciceros Atticusbriefen findet; hier teilt Cicero seinem Freund Atticus mit, dass seine Ehefrau Terentia ihm einen kleinen Sohn geschenkt und die Geburt wohlbehalten überstanden habe (vgl. Cic. Att. 1,2,1: Filiolo me auctum scito, salva Terentia.). Gewiss wäre es für Plinius selbst von höchster Bedeutung gewesen, eine ebensolche Nachricht mit identischem Inhalt – bezogen auf eine etwaige Niederkunft Calpurnias – an seine Freunde und Verwandte zu übersenden. Dies jedoch blieb ihm verwehrt. Eine letzte Parallele zwischen den beiden motivisch und philologisch eng miteinander verquickten, bewusst als Paar in die plinianische Sammlung eingefügten Episteln 8,10/8,11 ist die vom Grundton her übereinstimmende pathetische Färbung des jeweiligen Schlussteils, im Speziellen des Epilogs. In beiden Fällen scheint Plinius alle seine rhetorischen Fähigkeiten aufbieten zu müssen, um die jeweils antizipierte Enttäuschung (bei Lucius Calpurnius Fabatus) bzw. die angstvolle Sorge (bei Hispulla) zu beschwichtigen. Zu diesem Zweck greift Plinius in beiden Fällen auf Elemente aus der rhetorischen Peroratio zurück,624 indem er pathosgeladene Begriffe in seine Argumentation einpflegt (vgl. exemplarisch Plin. epist. 8,10,3b: Neque enim ardentius tu pronepotes quam ego liberos cupio; Plin. epist. 8,11,3a: desiderium fratris amissi aut nepote eius aut nepte solari). Überdies kleidet er seine Rhetorik in eine vorwiegend expressiv-appellative Ausdrucksweise (vgl. z. B. Plin. epist. 8,10,3a: Isdem verbis nunc ego te quibus me hortor moneo confirmo; Plin. epist. 8,10,3c: Nascantur modo et hunc nostrum dolorem gaudio mutent; Plin.

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1858); in dieser Bedeutung in der römischen Literatur noch Cic. div. 1,55. Es ist in der Forschung mittlerweile opinio communis, dass sowohl die privaten als auch die literarischen Briefe des Plinius gemäß den Vorgaben der antiken Rhetorik einem sorgfältig ausgefeilten Aufbau folgen; vgl. dazu in der älteren Forschung Müller (1994: bes. 62); vgl. in der jüngeren Forschung Klauck (1998: bes. 165–180). Kremendahl (2000: 15–20, bes. 17f.). Von Albrecht I (2012: 430–435, hier bes. 432); beispielhaft lässt sich dies anhand der rhetorischen Skizze zu der Epistel 1,11 nachweisen: Dieser nur wenige Zeilen lange Brief folgt dem typischen Redeaufbau: Anfangsthese – Einwand – Argumentation – Peroratio; vgl. dazu von Albrecht I (2012: 432); vgl. ähnlich Philips (1976: 370, bezogen auf Plin. epist. 2,6) und Glücklich (2003: 41, bezogen auf Plin. epist. 1,6); zum Aufbau der partes orationis vgl. Lausberg (2008: 147–149, §§ 261f.); grundsätzlich zur rhetorischen Peroratio, die zumeist von einem stark appellativen Ton durchzogen ist, vgl. ebenfalls Lausberg (2008: 236–240, §§ 431–442; 590, § 1221,1–3).

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________________________________________________ epist. 8,11,3a: Memento tamen dilatum magis istud quam negatum,625 cum salva sit ex qua sperari potest.). Untermalt wird die Rhetorik des Plinius im Schlussteil der vorliegenden Epistel durch eine konsequente Rhythmisierung, wie exemplarisch an der Verwendung des Periodenschlusses aus Spondeus resp. Molossus und Creticus abzulesen ist: ... ex qua sperari potest. Höhepunkt dieser beiden rhetorisch durchwirkten Schlussteile ist der Epilog der Epistel 8,11, in dem Plinius Calpurnias Tante unter Zuhilfenahme eines an die moralischen Paränesen Senecas erinnernden Imperativs626 und eines die Emotionen der Adressatin schürenden Vokabulars dazu auffordert, die als Unglücksfall deklarierte Fehlgeburt Calpurnias deren Großvater, Hispullas Vater, zu erklären (vgl. Plin. epist. 8,11,3b: Simul excusa patri tuo casum)627 – mit dem erläuternden Zusatz, dass da625

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Zur Bedeutung des in der Verbform memento vorliegenden sogenannten Imperativus futuri vgl. LHS II, 2, 2, 340f., § 188; vgl. dazu auch KS II, 1, 199, § 50, Anm. 2; diese markante Imperativform findet sich im plinianischen Briefcorpus gemäß Heberlein – Slaby (1991: 1531f.) noch Plin. epist. 2,6,7; 3,9,27; 5,1,4; 5,16,10. Dabei ist besonders die intertextuelle Referenz auf die Trauerepistel 5,16 signifikant, da Plinius zum wiederholten Male die Schicksale der beiden noch jungen Mädchen Minicia Marcella und Calpurnia vergleichend miteinander verknüpft. Zum didaktisch-pädagogischen Stil der senecaischen Lehrbriefe unter bes. Berücksichtigung des stark appellativen, auf eine hohe Affektstufe abzielenden Grundtones vgl. in der älteren Forschung exemplarisch Cancik (1967: 22– 35) und in der jüngeren Forschung Morrison (2007). Die hier vorliegende Bedeutung des Verbs excusare, das einen Tatbestand oder ein Ereignis entschuldigt, findet sich im plinianischen Briefcorpus selten; vgl. dazu noch Plin. epist. 4,14,8; vgl. auch Plin. paneg. 32,4. Dagegen erscheint diese Bedeutung in der römischen Literatur häufig; vgl. dazu exemplarisch Cic. Att. 15,26,5; Curt. 7,1,35; zu weiteren Belegstellen vgl. ThLL 5.2 (1931–1953: 1303,14–59) und OLD I (2012: 700). Der pathosgeladene Begriff casus findet sich in der hier zugrundegelegten Bedeutung eines schwerwiegenden Unglückes im plinianischen Briefcorpus häufig; gemäß ThLL 3 (1906–1912: 577,41–578,34) und Heberlein – Slaby (1991: 315) vgl. noch Plin. epist. 6,16,2; id. 6,20,14. Besonders evident ist für diesen Zusammenhang die intertextuelle Referenz auf Plin. epist. 4,21,1, da dort der Tod der beiden Helvidiae-Schwestern, die während ihrer Niederkunft verstarben, als casus deklariert wird; vgl. dazu auch Kap. 3.2.2 der vorliegenden Studie. Mit einem Todesfall wird casus auch in Epistel 8,16,2 gleichgesetzt.

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________________________________________________ durch dem strengen pater familias das Verzeihen dieses Ereignisses leichter falle (vgl. ibid.: cui paratior apud feminas venia.). Neben der Bestätigung des bereits im Zusammenhang mit der Interpretation der Epistel 4,19 konstatierten Eindrucks, wonach Calpurnia Hispulla innerhalb ihrer gens hochgeschätzt und selbst von männlichen Familienmitgliedern respektiert wurde, belegen die bedeutungsschwangeren letzten Worte der Epistel 8,11 einmal mehr mit Nachdruck, welche Bedeutung dem pater familias im aristokratischen Denken der römischen Antike zugeschrieben wurde. Er ist offensichtlich um Verzeihung zu bitten (excusa), wenn die in Aussicht gestellten Nachkommen versagt bleiben. Das wertkonservative Männlichkeitsverständnis des Plinius spiegelt sich auch im letzten Satz des Epilogs, der ebenfalls einen genderrelevanten Aspekt aufgreift: Bei Frauen finde der erlittene abortus leichter Verständnis – eine Bemerkung des Plinius, die den bereits in Epistel 8,10 sich andeutenden und in Epistel 8,11 sich verdichtenden Eindruck bestätigt, wonach Lucius Calpurnius Fabatus sich angesichts der entstandenen Sachlage nicht nur sehr ungehalten, sondern sogar gänzlich verständnislos zeigt. Letztlich hängt es von seiner venia ab, ob er Calpurnia und somit auch Plinius verzeiht.628 Diese 628

Zur Bedeutung des hier im Komparativ vorliegenden, attributiv auf das betont am Satzende positionierte Substantiv venia bezogenen Adjektivs paratus im Sinne einer auf die moralische Geisteshaltung abzielenden grundlegenden Bereitschaft vgl. OLD II (2012: 1425); in dieser Bedeutung in der römischen Literatur exemplarisch noch Liv. 1,1,8 (gemeint ist hier der sowohl auf Krieg als auch auf Frieden gerichtete animus der Trojaner); Sen. clem. 1,1,9 (bezogen auf die angesichts menschlicher Irrtümer benötigte clementia). Zur Bedeutung des Begriffes venia im Sinne des Verzeihens bzw. Begnadigens im Zuge eines tadelns- bzw. bestrafungswürdigen Verhaltens vgl. OLD II (2012: 2235f., hier 2236). Vgl. dazu auch Menge (1988: 73, § 113 s. v. veniam dare); in dieser Bedeutung in der römischen Literatur noch Cic. inv. 1,102; Cic. Phil. 8,32; Sen. clem. 2,7,1; in dieser Bedeutung im plinianischen Briefcorpus exemplarisch noch Plin. epist. 9,2,5; 10,96,2; 10,97,2. Vgl. in diesem Kontext folgende, die plinianische humanitas in signifikanter Weise widerspiegelnde Verhaltensmaxime (vgl. Plin. epist. 8,22,3: Proinde hoc domi hoc foris hoc in omni vitae genere teneamus, ut nobis implacabiles simus, exorabiles istis etiam qui dare veniam nisi sibi nesciunt, mandemusque memoriae quod vir mitissimus et ob hoc quoque maximus Thrasea crebro dicere solebat: ‘Qui vitia odit, homines odit.’). Darüber hinaus ist es eine intertextuelle Referenz auf einen sogenannten Sklavenbrief, die nicht nur auf die in dieser Briefstelle hervorstechende Junktur paratior venia nahezu wörtlich Bezug nimmt, sondern zugleich die bereits oben angezeigte humanitas Pliniana unter Beweis

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________________________________________________ die humanitas Pliniana dokumentierende Bitte um venia, die dem pater familias obliegt und im Epilog der Epistel 8,11 sowohl durch die Einkleidung in ein satzumgreifendes Hyperbaton als auch durch die pointierte Endstellung im Satz bzw. im Gesamtbrief besonderes Gewicht erfährt, kann als Überschrift bzw. Leitlinie des als Einheit zu lesenden Briefpaares 8,10/8,11 aufgefasst werden. 4.1.3.5

Conclusio

Eingedenk des sich über das gesamte Briefcorpus erstreckenden Plädoyers des Plinius für die procreatio prolis und seines eigenen explizit geäußerten Kinderwunsches (vgl. Plin. epist. 10,2,2) schreibt Plinius in Epistel 8,11 – ähnlich wie in der Vorgängerepistel 8,10 und in auffälliger Divergenz gegenüber den drei Ehebriefen an Calpurnia (Plin. epist. 6,4; 6,7; 7,5) – eine nicht fiktivierte Darstellung der eigenen Biographie, sodass hier von einer „credible communication“ (Carlon 2009: 174) auszugehen ist.629 Dieser Eindruck wird durch die Beobachtung erhärtet, dass Plinius sich sowohl in Epistel 8,10 als auch besonders in Epistel 8,11 vollständig im Hintergrund hält und sich ausschließlich auf die mentale Verfassung bzw. die Gefühlswelt der Adressaten konzentriert. Von daher gibt es die literarische Bühne, die Plinius in den vier elegisch durchwirkten Ehebriefen 4,19; 6,4; 6,7; 7,5 ausnahmslos als Hauptakteur betritt und zur Ausschärfung seiner Selbstporträtierung nutzt, in den Zwillingsbriefen 8,10 und 8,11 nicht. Plinius zeigt sich im Briefpaar 8,10/8,11 nahezu durchgängig empathisch und auf Grundlage seiner sowohl παιδεία als auch φιλανθρωπία umspannenden humanitas jederzeit dazu in der Lage, sich auf Geschlecht, Alter, Wünsche und Befindlichkeiten seiner beiden Briefpartner einzustellen. Zu diesem Zweck wählt Plinius in beiden Briefen einen differenzierten, streng geschlechtsspezifischen Ansatz; dabei verändert er an dem grundsätzlichen Inhalt der Briefnachricht nichts (in beiden Fällen wird der abortus als Faktum aufgefasst und als ein solches auch kommuniziert). Allerdings modifiziert er die Gewichtung des dargestellten Sachverhaltes und vor allem den Grundton der beiden Episteln. Wäh-

629

stellt (vgl. Plin. epist. 8,16,5: Est enim quaedam etiam dolendi voluptas, praesertim si in amici sinu defleas, apud quem lacrimis tuis vel laus sit parata vel venia.). Vgl. ähnlich Bütler (1970: 105).

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________________________________________________ rend Plinius Epistel 8,11 als sermo absentium mit Hispulla hochemotional gestaltet und den gedanklichen Fokus gänzlich auf die angstvolle Sorge beider Briefpartner um das Wohlbefinden der jungen uxor richtet, fällt Epistel 8,10 (hier vor allem die Eingangspassage 8,10,1) in der referentiell-phatisch gehaltenen Darlegung sowohl des Sachverhaltes der Fehlgeburt als auch der daraus resultierenden Konsequenzen deutlich rationaler aus – eine Kommunikationsform, die hinsichtlich einer Konversation zwischen zwei männlichen Aristokraten der Kaiserzeit zu erwarten steht. Der pater familias Lucius Calpurnius Fabatus, der in der öffentlichen Wahrnehmung seine continentia zu wahren hat und dessen Gedanken vordringlich um die Sicherung und Fortführung seiner gens kreisen, ist weniger an der Genesung seiner Enkelin als vielmehr an der freudigen Nachricht der Geburt eines Stammhalters interessiert – eine für die Neuzeit brutal wirkende, für die Antike jedoch keineswegs überraschende Tatsache, die nicht nur das wertkonservative Männlichkeits- und Eheverständnis, sondern auch das grundsätzliche soziokulturelle Denken der römischen Kaiserzeit ehrlich und realitätsnah abbildet; vgl. dazu Shelton (2013: 127): It is quite clear from Letters 8.10 and 8.11 that Pliny and the family of Calpurnia were very conscious of the fact that she provided the last opportunity to save the two families from extinction. The pressure on Calpurnia to provide the families with descendants must have been enormous.

Eingedenk dieser Tatsache liegt es aus epistolographischer Perspektive auf der Hand, dass beide Schreiben von einer pathetischen Grundstimmung durchzogen sind, die durch die enge Verquickung von Inhalt und äußerer Form erzeugt wird: In Epistel 8,11 ist die Nachricht der als casus bzw. triste experimentum bezeichneten Fehlgeburt Calpurnias eingebettet in einen durchgängig emotional-expressiven Grundton, der von rhetorischen Finessen begleitet wird, die sich einerseits in den die Dramatik befördernden, variationsreichen Wortfeldern von Liebe, Hoffnung, Gefahr und Rettung, andererseits in zahlreichen Antithesen, Wortspielen und Appellen widerspiegeln. Einzig die Briefmitte ist auf den ersten Blick eher referentiell-instruktiv gehalten (vgl. bes. Plin. epist. 8,11,2b–c), wobei aber der Inhalt – hier vor allem die Erörterung der Schuldfrage, die in eine Antithese nulla sua culpa, aetatis aliqua gekleidet ist – letztlich doch wieder in expressiver Absicht die Emotionen der Adressatin bzw. der aristokratischen Leserschaft evoziert.

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________________________________________________ Erst in der Zusammenschau der beiden als Zwillingsbriefe zu deklarierenden Episteln 8,10 und 8,11 kommt die in der Tröstung der beiden Briefpartner zutage tretende humanitas des Plinius voll zur Geltung und erlaubt es ihm, den für ihn schmerzlichen Verlust des erhofften Nachwuchses einerseits rational (Epistel 8,10), andererseits emotional (Epistel 8,11) zu verarbeiten. In diesem Zusammenhang fungiert die spes als verbindendes, textübergreifendes Element (vgl. Plin. epist. 8,10,2f.; id. 8,11,3a): eine Hoffnung, die trotz des jüngst erlittenen Verlustes ungebrochen ist und zum Trost wird – für die beiden Adressaten und nicht zuletzt für Plinius selbst.

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________________________________________________

4.2

Plinius als maritus in seinen Briefen an Calpurnia

4.2.1

Philologisch-motivanalytische Interpretation Plin. epist. 6,4: Die Ehebriefe an Calpurnia als Prosa-Elegien: Plinius inszeniert sich als leidenschaftlichen maritus – Teil I

4.2.1.1

Prolegomenon

Nachdem im vierten Buch der Briefsammlung das Eheleben des Plinius zum ersten Mal im Fokus stand (vgl. Kapitel 4.1.1 zur Interpretation von Plin. epist. 4,19) und dieses vom Autor als ein auf Gegenseitigkeit (fides) basierendes, harmonisches und unbeschwertes Verhältnis gezeichnet worden war, wurde das private Glück durch die in den Ehebriefen des achten Buches geschilderte Fehlgeburt Calpurnias (vgl. Kapitel 4.1.2 und 4.1.3 zur Interpretation von Plin. epist. 8,10 und 8,11) auf eine harte Probe gestellt. Die Belastungen, denen eine Ehe in der Antike ausgesetzt sein konnte, fungieren auch in den Ehebriefen an Calpurnia im sechsten und siebten Epistelbuch als thematische Leitlinie (Plin. epist. 6,4; 6,7; 7,5): Die junge Ehefrau ist erkrankt und muss sich von ihrem Gatten auf unbestimmte Zeit trennen, um sich in Kampanien zu erholen. Vor diesem Hintergrund sind die sogenannten „absence letters“ 6,4 und 6,7 (ferner die im siebten Buch enthaltene Epistel 7,5) zu lesen, die demonstrieren, wie der maritus dieser angespannten Situation begegnet. Letzteres erinnert an die römische Liebeselegie, in der das Problem der räumlichen Trennung der Liebenden häufig anzutreffen ist (vgl. neben Ovids Tristia, Epistulae ex Ponto und Heroïdes auch die Amores, hier bes. Ov. am. 2,5; 2,11; 2,16; vgl. ferner Prop. 1,11; 1,12; 2,19; Tib. 1,3). Mit der Fokussierung auf das von Rom in einiger Entfernung befindliche Kampanien geht auch die programmatische Schwerpunktsetzung des sechsten Epistelbuches des Plinius einher: Das Grundmotiv ist die räumliche Trennung und das damit verbundene desiderium absentium; in diesem Zusammenhang bilden die beiden Ehebriefe 6,4 und 6,7 an die in Kampanien weilende Calpurnia den Höhepunkt (vgl. exemplarisch Plin. epist. 6,7,2: Nos requiris […] ad desiderium tui accendor.). Das sechste Buch des plinianischen Briefcorpus umfasst insgesamt vierunddreißig Briefe und siebenundzwanzig verschiedene Absender, wobei eine Tatsa-

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________________________________________________ che hervorsticht: Mit Ausnahme der beiden Ehebriefe 6,4 und 6,7 an Calpurnia sind alle Episteln des sechsten Buches an männliche Adressaten gerichtet.630 Besondere Aufmerksamkeit verdient die Tatsache, dass Tacitus mit insgesamt drei Briefwidmungen die Liste der am häufigsten bedachten Adressaten im sechsten Buch anführt (Plin. epist. 6,9; 6,16; 6,20). Neben Calpurnia, die als Adressatin noch einmal im siebten Buch in Erscheinung tritt (vgl. Plin. epist. 7,5), gehört auch ein weiteres Familienmitglied zu den prominenten Adressaten im sechsten Buch: der Schwiegergroßvater des Plinius, Lucius Calpurnius Fabatus (Plin. epist. 6,12; id. 6,30), der auch als Adressat des Ehebriefes 8,10 bekannt ist (vgl. dazu in der vorliegenden Studie die Interpretation in Kapitel 4.1.2). Auch die thematische Ausrichtung des sechsten Epistelbuches ist einprägsam. Es ist gespickt mit zahlreichen berühmt gewordenen Episteln, unter denen die beiden sogenannten Vesuvbriefe herausragen (vgl. Plin. epist. 6,16 und 6, 20). Überdies haben zahlreiche Episteln Aufnahme gefunden, die sich mit Problemen des Zeitmanagements im Allgemeinen befassen: „Book 6 is Pliny’s negotium book par excellence.“ (Gibson – Morello 2012: 38) Dabei geht es vornehmlich um einen Plinius, der als Prozessanwalt vor den Gerichtshöfen in Rom agiert und in diesem Kontext seine rhetorischen Fähigkeiten unter Beweis stellt (vgl. bes. Plin. epist. 6,5; 6,11; 6,12; 6,13; 6,18; 6,23; 6,33). Letzteres unterstreicht die These der bewussten Anordnung der Pliniusbriefe, denen sich der Leser in der ersten Hälfte des sechsten Buches zum Zwecke des „Re-Reading“ in linearer Lektüre nähern kann.631 Auch die beiden Ehebriefe 6,4 und 6,7 fallen in die erste Hälfte des sechsten Epistelbuches, dessen enge inhaltliche Verzahnung augenscheinlich ist und in den folgenden Briefanalysen nachgewiesen werden soll. Dies erfolgt unter Bezugnahme auf De Pretis (2003: bes. 144), die auf Basis ihrer Studie die Meinung vertritt, dass insbesondere die Pliniusbriefe 4,19; 6,4; 6,7; 7,5 aufgrund zahlreicher Ähnlichkeiten sowohl in der Lexik als auch in der Programmatik zu einem untrennbaren, mehrere Bücher umspannenden Subcorpus zusammenzufassen sind. 632 Allerdings sind – wie oben in Kapitel 4.1.2 und 4.1.3 gezeigt werden konnte – die 630 631

632

Zu den Adressaten des sechsten Epistelbuches vgl. ausführlich Birley (2000: 17–21). Vgl. dazu auch Gibson – Morello (2012: 47–68, bes. 53–68, hier 53): „In the process the importance of Pliny’s ‘filler’ letters – the ‘insignificant’ items normally omitted from anthologies – will become clear.“ Zuletzt auch erkannt von Winsbury (2014: 131).

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________________________________________________ beiden Ehebriefe 8,10 und 8,11, die über die Fehlgeburt Calpurnias informieren, zu diesem Subcorpus hinzuzunehmen, um verlässlich eine Antwort auf die Frage geben zu können, ob diese Ehe tatsächlich als harmonisches, auf Beständigkeit zielendes und auf Gegenseitigkeit beruhendes Verhältnis bezeichnet werden kann und welche Rolle in diesem Kontext Plinius als dem maritus vor dem Hintergrund des kaiserzeitlichen Eheverständnisses zukam. 4.2.1.2

Gedanklicher Aufbau C. PLINIUS CALPURNIAE SUAE S. (1) Numquam sum magis de occupationibus meis questus, quae me non sunt passae aut proficiscentem te valetudinis causa in Campaniam prosequi aut profectam e vestigio subsequi. (2) Nunc enim praecipue simul esse cupiebam, ut oculis meis crederem quid viribus quid corpusculo adparares, ecquid denique secessus voluptates regionisque abundantiam inoffensa transmitteres. (3a) Equidem etiam fortem te non sine cura desiderarem; (3b) est enim suspensum et anxium de eo quem ardentissime diligas interdum nihil scire. (4a) Nunc vero me cum absentiae tum infirmitatis tuae ratio incerta et varia sollicitudine exterret. (4b) Vereor omnia, imaginor omnia, quaeque natura metuentium est, ea maxime mihi quae maxime abominor fingo. (5a) Quo impensius rogo, ut timori meo cottidie singulis vel etiam binis epistulis consulas. (5b) Ero enim securior dum lego, statimque timebo cum legero. Vale.

Nach bewährtem Muster folgt dem Briefpräskript das Proömium, das die Leserschaft darüber informiert, dass das im vierten Buch der Epistelsammlung noch in harmonischer Zweisamkeit auftretende Ehepaar momentan eine wenig erfreuliche Zeit zu bewältigen hat: Aufgrund einer Erkrankung Calpurnias ist diese offensichtlich gezwungen, sich fern von Rom – in Kampanien – zu erholen, während Plinius seinen öffentlichen Aufgaben nachgehen muss (vgl. Plin. epist. 6,4,1: Numquam sum magis de occupationibus meis questus, quae me non sunt passae aut proficiscentem te valetudinis causa in Campaniam prosequi aut profectam e vestigio subsequi.). Es wäre gewiss übertrieben, hier von einer Ehekrise zu sprechen; doch zumindest sind sowohl die Krankheit (valetudo) der Gattin als auch die Arbeitsbelastung (occupationes) des maritus und nicht zuletzt

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________________________________________________ die räumliche Trennung der beiden Ehepartner eine schwere Herausforderung für diese Beziehung. Wie belastend dies sich für die erst seit wenigen Jahren verheirateten Eheleute – vornehmlich für den Gatten – darstellt, erläutert Plinius im Briefcorpus in schillernden Farben (vgl. Plin. epist. 6,4,2–4): Zu der in allen Ehebriefen durchschimmernden Sehnsucht (vgl. bes. Plin. epist. 6,4,2: Praecipue simul esse cupiebam; vgl. auch Plin. epist. 6,4,3a: Equidem etiam fortem te non sine cura desiderarem) treten in der vorliegenden Epistel einerseits Angst und Sorge um die angeschlagene Gesundheit seiner Frau (vgl. bes. Plin. epist. 6,4,4: Nunc vero me cum absentiae tum infirmitatis tuae ratio incerta et varia sollicitudine exterret), andererseits regt sich in ihm Eifersucht, die er mit der für ihn schwer berechenbaren luxuria des Kurortes begründet (vgl. bes. Plin. epist. 6,4,2: Ecquid denique secessus voluptates regionisque abundantiam inoffensa transmitteres; vgl. auch Plin. epist. 6,4,4: Vereor omnia, imaginor omnia, quaeque natura metuentium est, ea maxime mihi quae maxime abominor fingo.). Unter Einbezug elegischer Motive, die unter der Prämisse, dass die uxor sich in Kampanien allein aufhält, vor allem auf die schwer kalkulierbaren Risiken von Kurorten abzielen, inszeniert Plinius sich im Mittelteil der vorliegenden Epistel als zutiefst besorgten maritus, dessen Eifersucht angedeutet, jedoch nicht explizit ausgesprochen wird – unter Rücksichtnahme auf seine aristokratische, wertkonservative Leserschaft, die Plinius als einen der (sexuellen) Liebe nicht abgeneigten, dennoch grundsätzlich seine continentia wahrenden, selbstreflektierten und gegenüber seiner jungen uxor überlegenen maritus antreffen will. Von daher darf es auch nicht überraschen, dass im Epilog dieser Epistel als solacia des Ehemannes ausgerechnet Briefe herhalten müssen – Briefe, von denen Calpurnia täglich möglichst mehrere auf den Weg bringen solle (vgl. Plin. epist. 6,4,5: Quo impensius rogo, ut timori meo cottidie singulis vel etiam binis epistulis consulas. Ero enim securior dum lego, statimque timebo cum legero.). In dieser Epistel verbindet Plinius in bekannter Manier das Hauptthema (Angst und Sorge um das Wohlergehen Calpurnias, verbunden mit angedeuteter Eifersucht) mit einem Nebenthema (Briefe als Personenersatz zum Zwecke der Angstbewältigung). Somit erweist Plinius sich sogar in der eigenen existentiellen Not einerseits als treu sorgender maritus, andererseits als Literaturästhet – für ihn offensichtlich zwei Seiten ein und derselben Medaille, die zugleich Plinius’ geistige Physiognomie prägen: Besinnung auf die Mitmenschen und Alltagsbewältigung durch den Ästhetizismus.

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________________________________________________ Beachtenswert ist die Tatsache, wie sehr der von Sehnsucht durchzogene Grundton des vorliegenden Ehebriefes 6,4 dem der Epistel an seinen Freund Calestrius Tiro ähnelt (vgl. Plin. epist. 6,1).633 Dieser befindet sich zu Beginn des sechsten Briefbuches nicht in Rom und wird von Plinius schmerzlich vermisst (vgl. bes. Plin. epist. 6,1,1: Quamdiu ego trans Padum tu in Piceno, minus te requirebam; postquam ego in urbe tu adhuc in Piceno, multo magis.). Während Epistel 6,1 die mentale Belastung durch desiderium und tormentum – hier wird an das 50. carmen Catulls erinnert, der von Licinius Calvus getrennt ist634 – in den Blick nimmt, ist 633

634

Calestrius Tiro, dem noch die Episteln 1,12; 6,22; 9,5 zugedacht sind, stammte aus dem Gebiet von Picenum und war mit Plinius zeitgleich Militärtribun, Quästor und Prätor. Überdies verwaltete er in den Jahren 107/108 n. Chr. die Provinz Baetica; zu seiner Person vgl. PIR2 C 222. Vgl. auch Sherwin-White (1968: 111). Birley (2000: 44f.). Shelton (2013: 347 mit dortiger Anm. 63); ein Porträt des Calestrius Tiro unter expliziter Berücksichtigung seiner Bedeutung für Plinius bieten Gibson – Morello (2012: 147–149). Catulls carmen 50 ist an C. Licinius Calvus Macer gerichtet, der als Dichter und Rhetor zum Kreis der Neoteriker gehörte und u. a. Liebesgedichte, ein Epithalamium und ein Epikedion auf seine Frau und Verse gegen Pompeius, Caesar und dessen Günstling Tigellius schrieb. Vgl. dazu auch Cat. c. 14; id. 96. Die besondere Verbundenheit zwischen Catull und Calvus besteht in der gemeinsamen poetischen Betätigung und gründet auf sehr persönlichen Gefühlen, die offensichtlich auf Gegenseitigkeit beruhen. Im Zentrum des 50. carmen steht ein vertrautes Treffen der beiden Männer, nach deren Verabschiedung die Sehnsucht des lyrischen Ichs nach einem erneuten Zusammensein mit Calvus wächst. Dabei zeigt das lyrische Ich alle Zeichen einer Verzauberung durch Calvus und einer Verliebtheit (vgl. Cat. c. 50,7–13: Atque illinc abii tuo lepore / incensus, Licini, facetiisque, / ut nec me miserum cibus iuvaret / nec somnus tegeret quiete ocellos, / sed toto indomitus furore lecto / versarer, cupiens videre lucem, / ut tecum loquerer simulque ut essem.). Vgl. dazu die Interpretation von Syndikus (2001a: 252f.); demnach habe Catull einen Trennungsschmerz empfunden, wie er sonst bei einem Liebenden, der von der Geliebten getrennt ist, geschildert werde. So verwende Catull bei der Beschreibung seines Seelenzustandes bewusst Worte, wie sie bei einer erotischen Leidenschaft üblich sind (incensus, miser, furor, dolor), und schildere die gleichen Symptome. Vor allem jedoch sei zu bedenken, dass Catull hier nicht von irgendeiner Mädchenbekanntschaft spricht, sondern von einem allseits bekannten Zeitgenossen, der im Mittelpunkt des öffentlichen Lebens stand. Vgl. dazu auch Gaisser (2009: 139–144). In diesem Kontext erinnern vor allem das rast- und schlaflose Hin- und Herwälzen auf dem Bett und die das Ausmaß eines furor annehmende Sehnsucht nach dem Freund an die schmerzhafte Trennung des Plinius von Calpurnia – vordringlich in den ein-

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________________________________________________ der Ehebrief 6,4 mehr von Sorge und Angst bestimmt. Eben diese curae – als solche werden sie später in Plin. epist. 7,5,2 bezeichnet – stehen in einem untrennbaren Zusammenhang mit der sexuellen Leidenschaft, die in Epistel 6,1 im Verhältnis zu Calestrius Tiro nicht gegeben ist. Ähnlich verhält es sich mit den Briefen Ciceros, die dieser an Tiro schickt (vgl. exemplarisch Cic. fam. 16,1,1). In nicht weniger als neunzehn Briefen – überwiegend in Cic. fam. 16 enthalten – wird die enge emotionale Bindung zwischen Cicero und Tiro spürbar. So sorgt Cicero sich um den gesundheitlich angegriffenen Tiro (vgl. exemplarisch Cic. fam. 16,8,1), der sich – wie Calpurnia in Plin. epist. 6,4; 6,7; 7,5 – zum Zwecke einer Kur nicht in Rom befindet und von seinem Herrn schmerzlich vermisst wird (vgl. bes. Cic. fam. 16,8,2). Ebenso wie Plinius in seiner Sorge um Calpurnia will Cicero sich mit seinen eigenen Augen davon überzeugen, dass Tiro sich erholt (vgl. dazu Cic. fam. 16,2). Eine letzte Parallele zwischen den beiden Epistolographen ist ihr explizit geäußerter Wunsch, die vermisste Person möge ihnen Briefe zusenden, die ihre Sorge bzw. Angst mindern sollen (vgl. exemplarisch Cic. fam. 16,4,2). Cicero sehnt sich sogar so sehr nach Nachrichten seines Tiros, dass er ankündigt, täglich im Hafen nachzufragen, ob wieder ein Brief des schmerzlich Vermissten angekommen ist (vgl. dazu Cic. fam. 16,5,1f.). In diesem Kontext umreißt Carlon (2009: 166f.) die zentrale Bedeutung von Briefen als „lifeline“ – im Speziellen für Exilierte; in diesen bitteren Zeiten werde die Briefkommunikation zu einer „tangible connection to his life in Rome and the friends and family for whom he expresses deep affection“ (ibid.). Dieselbe Bedeutung haben Briefe für Plinius, der sich in den Ehebriefen an Calpurnia als Exilierten inszeniert – wohl wissend, dies (im Gegensatz zu seinen literarischen Vorbildern Cicero und Ovid) nicht zu sein. Dennoch ist die Wirkung der Briefe als solacia bzw. remedia ein Aspekt, den Cicero und Plinius in gleichem Maße betonen (vgl. bes. Plin. epist. 6,4,5; id. 6,7, 2f.).635 Plinius ließ sich aber nicht nur von den Briefen Ciceros an Tiro,

635

samen Nächten (vgl. dazu Plin. epist. 7,5,1; vgl. auch Plin. epist. 6,4,3f.). Zum elegischen Motiv des sich im einsamen Bett hin- und herwälzenden amator vgl. exemplarisch Prop. 1,14,21; id. 2,22b,47; Ov. am. 1,2,1–4. Zum elegischen Motiv der solitudo vgl. unter Nennung div. Belegstellen Bellido Díaz (2011). Zur Interpretation des angezeigten carmen Catulls vgl. exemplarisch Fraenkel (1956). Lavency (1965). Scott (1969). Segal (1970). Kissel (1980). Finamore (1984). Schönberger (1987). Syndikus (2001a: 250–254). Dies gilt in gleichem Maße auch für Ovids Briefe aus der Verbannung; vgl.

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________________________________________________ sondern auch von denen an dessen Ehefrau Terentia inspirieren (vgl. dazu bes. Cic. fam. 14,2,2f.; 14,4,4f.; 14,5,1f.). Lefèvre (2009: 205) stellt fest, dass ein Unterschied zwischen den Äußerungen des langjährigen Ehemannes Cicero und des noch nicht lange (wieder)vermählten Plinius besteht – auch in thematischer Hinsicht. Diese These wird in der vorliegenden Studie aufgegriffen, bekräftigt und vertieft.636 Überdies hat Guillemin (1929: 138–141) nachgewiesen, dass Cicero mit seinen Ehebriefen an Terentia sogar den ovidischen Elegien als Vorlage gedient hat (vgl. dazu Ov. trist. 3,3,15–18; id. 4,3,23f.). Ovid, der im Exil zahlreiche Briefe an seine in Rom zurückgebliebene Gattin schrieb, habe seinerseits (erstmals in der römischen Literatur) elegische Motive auf die eheliche Verbindung von Mann und Frau übertragen; dabei habe er sich und seine Gattin wiederholt – unter expliziter Betonung des Treuegedankens – zu einer römischen Version von Odysseus und Penelope stilisiert.637 Plinius wiederum hat laut Carlon (2009: 165 mit dortiger Anm. 41) ein neues, wenngleich abgeleitetes Genre in die römische (Brief-)Literatur eingeführt – das der in Prosa verfassten, von elegischen Motiven durchwirkten Liebesbriefe zweier Ehepartner. Allerdings greifen Guillemin und mit ihr die meisten Interpreten der jüngeren Pliniusforschung (unter ihnen Carlon und Gibson – Morello) hinsichtlich der elegischen Anspielungen in den Ehebriefen 6,4 und 6,7 nicht weit genug, da sie sich vornehmlich auf Ovids Werke in seiner Verbannung konzentrieren. Dabei wird aber außer Acht gelassen, dass Plinius sich – hauptsächlich im Ehebrief 6,4 – auch an die Elegien Properzens anlehnt (vgl. bes. Prop. 1,11 und 1,12), wobei sich zahlreiche Anspielungen auf die Elegie 1,11 – von Properz als Brief (!) verfasst638 – nachweisen lassen. Ebenso wurde in der Forschung bislang zu wenig in Betracht gezogen, wie sehr Plinius in seinem Ehebrief 6,4 von den Heroïdes (vgl. bes.

636 637

638

dazu Thraede (1970: 61–65). Letzterer arbeitet auch das Sehnsuchtsmotiv in den Briefen spätantiker Autoren heraus; vgl. dazu id. 165–173. Zu den Briefen Ciceros an Terentia (Cic. fam. 14) und an Tiro (Cic. fam. 16) vgl. Gunderson (2007). Vgl. auch zuvor bereits Nicholson (1998). Vgl. dazu auch Gunderson (1997). Carlon (2009: bes. 167f. mit dortigen Anm. 43–46). Shelton (2013: 123); zum Eheideal in den Exilsbriefen Ovids vgl. Baeza-Angulo (2008). Vgl. auch Harrison (2002: bes. 90f.). Fedeli (2003). Citroni Marchetti (2004). Vgl. dazu auch Syndikus (2010: 69); zu den Indizien, die Prop. 1,11 als Brief ausweisen, vgl. auch Kroll (1924: 217). Stroh (1971: 190). Fedeli (1980: 267).

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________________________________________________ Ov. epist. 19) und den Amores Ovids inspiriert worden ist (vgl. bes. Ov. am. 2,16; vgl. auch Ov. am. 2,11; 1,11; 1,12). Ferner sind Bezüge auf die ovidische Ars unter besonderer Berücksichtigung der Lehrsätze zur Eifersucht augenfällig (vgl. bes. Ov. ars 2,339–358; id. 2,435–492). Dies gilt es in der folgenden philologisch-motivanalytischen Interpretation nachzuweisen. Carlon (2009: 165) sieht die Intention des Plinius bei der Abfassung seiner „absence letters“ an Calpurnia nicht allein inhaltlich in der Sehnsuchtsbekundung des maritus begründet, sondern markiert eine epistolographische Fundierung: „They offer a means for Pliny to explore the function and importance of epistolary works, particulary the role of the letter as substitute for its sender, and they allow him to play with genre expectations as he incorporates topoi and vocabulary from love elegy.“ (ibid.) Dass Cicero in seinen Briefen an Terentia (die ältesten im sechzehnten Buch der Sammlung Ad familiares entstanden sogar bereits in seinem Verbannungsjahr 58 v. Chr.) und Ovid in seinen ungefähr in den Jahren 8 bis 12 n. Chr. im Exil entstandenen Tristia keinen leidenschaftlich-erotischen, sondern mehr einen vertraut-liebevollen, wenngleich durchaus expressiven Grundton anschlagen (vgl. z. B. Cic. fam. 14,1,1; 14,3,1), darf nicht überraschen, da sie auf einem anderen (deutlich existentielleren) Hintergrund entstanden. Cicero und Ovid leben in den jeweiligen Verbannungsorten weit entfernt von ihren Ehefrauen bzw. Familien, sodass in ihrer Briefkonversation auch Themen einbezogen werden, welche die politischen Umstände oder das konkrete Familienleben der in Rom Zurückgebliebenen aufgreifen (vgl. dazu exemplarisch Cic. fam. 14,4,1–6).639 Dennoch ist an der in den Briefen Ciceros und Ovids durchscheinenden Wertschätzung gegenüber ihren Gattinnen nicht zu zweifeln (vgl. exemplarisch Cic. fam. 14,4,6 und Ov. trist. 3,4,53–60). Auch Statius, der nach eigenen Angaben seiner Ehefrau treu ergeben ist, verwendet keine erotische Sprache in seinen Silven, wenn er seine Gattin vor Augen hat (vgl. exemplarisch Stat. silv. 3,5,21–28).640 Bei Plinius verhält sich dies aus zwei Gründen anders: Erstens befindet sich Plinius nicht in einem existentiellen Ausnahmezustand, er ist nicht verbannt; allerdings ist er der Selbstvergewisserung durch die Aufmerksamkeit seiner Gattin beraubt. Zweitens hat Plinius eine andere literarische Intention als Cicero, Ovid oder 639 640

Vgl. dazu auch Lefèvre (2009: 205). Vgl. dazu auch Zeiner-Carmichael (2007).

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________________________________________________ Statius: Denn indem er sich in seinen Ehebriefen an Calpurnia (6,4; 6,7; 7,5), die als Kunstprodukte zu gelten haben, als gefeierten poeta bzw. als der leidenschaftlichen Liebe fähigen Ehemann selbst inszeniert, erhöht er sich zu einer poetischen persona. Auf diese Weise fügt er seinen zahlreichen Facetten noch eine weitere hinzu: die des fürsorglichen und seine sehnsuchtsvollen Gefühle nicht unterdrückenden maritus, der das zu einem Ideal stilisierte Bild eines vorbildhaften aristokratischen vir vere Romanus vervollkommnet. 4.2.1.3

Datierung und Einordnung in das Gesamtwerk

Das Brief-Ich befindet sich zu Beginn des sechsten Epistelbuches nach seiner Rückkehr aus den Regionen Transpadaniens, wo es sich innerhalb des fünften Epistelbuches befunden hat,641 wieder in Rom. Topographisch evident ist das sechste Epistelbuch auch dadurch, dass Plinius hier seinen Fokus weniger auf Rom oder seine Geburtsstadt Comum als vielmehr auf das weiter südlich gelegene, landschaftlich reizvolle Kampanien richtet.642 Diese Gegend bietet zugleich den äußeren Rahmen für die beiden Ehebriefe 6,4 und 6,7 (aber auch später 7,5); dorthin hat sich die erkrankte Calpurnia zur Kur zurückgezogen. Woran Calpurnia leidet, erfährt der Leser nicht, wobei aber in der Pliniusforschung die These vertreten wird, dass sich Calpurnia von den Folgen ihrer Fehlgeburt erholen wollte.643 641 642

643

Vgl. dazu auch Gibson – Morello (2012: 48f.). Kampanien ist eine an der Westküste Italiens gelegene Region, die bekannt war für ihre Kurorte (vgl. bes. die warmen Bäder von Baiae). Vgl. dazu Stärk (1995). Zur Diskussion über diese für Kuraufenthalte valetudinis causa besonders geeignete Gegend vgl. auch Cic. fam. 9,14,1. Vgl. auch Stärk (1995: 64 mit dortiger Anm. 114). Zur Badelust in Baiae vgl. Weeber (2003b: bes. 63–72). Überdies steht Kampanien sinnbildlich für die luxuria in der Antike; so befanden sich dort zahlreiche Landgüter mit z. T. imposanten Villen, von denen eine Plinius’ Schwiegergroßvater Calpurnius Fabatus besaß (vgl. dazu Plin. epist. 6,30,2). Darüber hinaus gilt diese Region unter Einbezug der Erkenntnisse des älteren Plinius (vgl. Plin. nat. 11,3) als „proverbialmente fertile“ (Zenoni 1924: 212). Vgl. auch Carlon (2016: 93 s. v. Campania). Zum besonderen Reiz Kampaniens vgl. auch Haltenhoff (2011a: 317): „Klima und Vegetation, Bauluxus und verfeinerte Kultur schufen eine Atmosphäre der Üppigkeit und des Wohllebens.“ Vgl. dazu Shelton (2013: 143).

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________________________________________________ Die für den Leser im Folgenden relevante vierte Epistel des sechsten Buches wird gerahmt von zwei Schreiben an einen nicht näher bekannten Verus bzw. an den Ritter Cornelius Ursus (Adressat der Pliniusbriefe 5,20; 6,5; 6,13; 8,9).644 Gemeinsam ist allen Episteln die emotionale Erregung, von der Plinius erfasst worden ist. Ein Blick auf die in Iuxtaposition befindlichen Briefe belegt dies: Treiben Plinius in Epistel 6,3 Sorgen wegen des Wertverlustes eines an seine Amme verschenkten Landgutes um, so sind es in Epistel 6,5 schwatzhafte und wankelmütige Politiker, die Plinius’ Nerven während einer Senatssitzung arg strapazieren.645 Überhaupt gestalten sich die occupationes, denen sich Plinius zu Beginn des Ehebriefes 6,4 in Rom ausgesetzt sieht, als sehr belastend (vgl. Plin. epist. 6,4,1: Numquam sum magis de occupationibus meis questus.). Die Klage über die mitunter als lästig empfundenen negotia, die auf die öffentlichen Tätigkeiten des Plinius zurückzuführen sind, ziehen sich wie ein roter Faden durch das plinianische Briefcorpus.646 Den Gegenpol zu den anstrengenden öffentlichen occupationes bildet – so führt Plinius in den Episteln 4,14,4 und 5,3 aus – das Verfassen erotischer Verse.647 Ungleich bedrückender als die öffentlichen occupationes empfindet Plinius offensichtlich diejenigen curae, denen er sich angesichts der räumlichen Trennung von seiner Gattin ausgesetzt sieht (vgl. bes. Plin. epist. 6,4,2–5). Essenziell ist in diesem Zusammenhang die oben in Kap. 4.2.1.2 erläuterte, von Plinius offen bekundete (zum Grundtenor des sechsten Buches passende) Sehnsucht nach seinem engen Freund Calestrius Tiro (vgl. Plin. epist. 6,1,1).648 Nicht von ungefähr eröffnet dieses 644

645 646 647

648

Zu der Person des Cornelius Ursus, einem dem literarischen Kreis des Plinius angehörenden römischen Ritter (vgl. Plin. epist. 5,20,8; 8,9), vgl. SherwinWhite (1968: 274) und Birley (2000: 54). Zur Einbettung der fünften Epistel in den Gesamtkontext des sechsten Briefbuches vgl. Gibson – Morello (2012: 58f.). Vgl. dazu auch Sherwin-White (1968: 48) und Gibson – Morello (2012: 58f.). Die Klage (querela) des unglücklichen amator ist für die römische Liebeselegie konstitutiv. Vgl. dazu Klingner (1979: 425) und Baeza-Angulo (2015a: 73 mit dortiger Anm. 21). Zur Diskussion über die Charakteristika der Liebeselegie vgl. exemplarisch Alfonsi (1959: 1040. 1047–1054). Saylor (1967: 144– 147). Stroh (1971: 216f.). Lieberg (1996); besonders auffällig ist hier die lexikalische und thematische Nähe zu der Klage von Alcyone in Ov. met. 11, 420–424. Zu der Sehnsuchtsmotivik als einem zentralen Element im sechsten Epistelbuch vgl. Gibson – Morello (2012: bes. 54–62).

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________________________________________________ hochemotionale Schreiben das sechste Epistelbuch und gibt dessen Programmatik vor. Unstrittig ist in der Pliniusforschung die Datierung der Episteln 6,4 und 6,7; da der Kuraufenthalt Calpurnias auf die Jahre 106/107 n. Chr. fällt,649 ist als Abfassungszeit der angezeigten Ehebriefe das Frühjahr bzw. der Frühsommer des Jahres 107 n. Chr. anzusetzen.650 Nur wenig später ist der dritte, unter Kap. 4.2.3 zu analysierende Ehebrief 7,5 zu datieren (vgl. diesbezüglich Kap. 4.2.3.3). In der Forschung wird allgemein darauf verwiesen, dass die Beziehung zwischen Calpurnia und Plinius zum Abfassungszeitpunkt der angezeigten Ehebriefe – und sogar in der Zeit nach der Fehlgeburt – ungetrübt gewesen sei.651 4.2.1.4

Philologisch-motivanalytische Interpretation

§ 1: Briefeingang einschließlich Proömium (= briefinterner Paratext) Bereits der unmittelbare Einstieg in das Proömium mit dem Adverb numquam in Frontstellung lässt eine Aussage erwarten, die klar, entschieden und ausschließlich wirken will: Niemals habe das Brief-Ich mehr (magis)652 über seine öffentlichen Tätigkeiten geklagt – eine durch das breit gesperrte Hyperbaton sum … questus und die eingebetteten occupationes untermauerte These, die angesichts des oftmals im Briefcorpus anzutreffenden plinianischen Lamentierens über die von den negotia ausgehenden Belastungen kühn anmutet und den Leser nach deren Begründung fragen lässt.653 Diese wird sogleich im unmittelbar folgenden Relativsatz gege649 650 651

652 653

Vgl. dazu Sherwin-White (1968: 359. 406f.). Vgl. dazu auch Gibson – Morello (2012: 59 mit dortiger Anm. 83). Vgl. dazu Carlon (2009: 121–123) und Shelton (2013: 143). Vgl. auch Guillemin (1929: 140): „Tout ce que nous savons par ailleurs de la concorde qui régnait au foyer ne nous permet pas de mettre en doute qu’elle exprime des sentiments vrais.“ Zu ergänzen ist hier im lateinischen Text: quam nunc. Zur lexikalischen Verwandtschaft zwischen occupationes und negotia vgl. ThLL 9.2 (1968–1981: 381,73–382,84, hier 381,81f. s. v. occupatio). Auch OLD II (2012: 1359 s. v. occupatio) setzt occupationes mit beruflichen Beschäftigungen gleich. Diese Bedeutungsebene findet sich schon bei Cicero (vgl. exemplarisch Cic. fam. 10,28,3). Zur Klage des plinianischen Brief-Ichs über dessen lästige negotia vgl. bes. Plin. epist. 1,10,9–12 (hier auch – wie in

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________________________________________________ ben: Das Brief-Ich fühle sich durch seine occupationes daran gehindert (quae me non sunt passae), seine offensichtlich erkrankte Gattin Calpurnia in ihren Kurort nach Kampanien zu begleiten. Sicher nicht von ungefähr verwendet Plinius das in der römischen Liebeselegie zum Topos gewordene pati als Verweis auf die zu erduldende Pein der Liebenden.654 Ovid verwendet pati – ähnlich wie Plinius in dieser Textstelle – auch als Synonym für sinere (vgl. dazu bes. Ov. am. 1,3,3; id. 3,2,57), wo in beiden Fällen dem pati eine sexuelle Konnotation innewohnt.655 Der Leser trifft in dem informativ gehaltenen Auftakt des Pliniusbriefes auf eine ihm bekannte Situation: Das Brief-Ich, das vor seiner Leserschaft stets als ein pflichtbewusster Aristokrat auftritt, geht seinen Aufgaben in Rom nach, während seine Ehefrau in Kampanien zur Kur weilt. Tatsächlich erscheint Plinius im sechsten Epistelbuch vielbeschäftigt: sowohl in seiner Funktion als Anwalt in Gerichtsprozessen (vgl. dazu Plin. epist. 6,5; 6,11; 6,12; 6,13; 6,18; 6,23; 6,33) als auch in seiner Funktion als kaiserlicher Berater (vgl. dazu Plin. epist. 6,31).656 Zugleich umreißt der gegenüber dem Eingangssatz komplexe, parallel angeordnete Relativsatz die Programmatik der vorliegenden Epistel: Das Brief-Ich tritt der Leserschaft als fürsorglicher maritus entgegen, den nur sein Pflichtgefühl daran hindern kann, seine Gattin in das südlich von Rom gelegene Kampanien zu begleiten.657 In dem Wortspiel aut proficiscentem te […] prosequi aut profectam (te) […]

654 655 656

657

der aktuellen Textstelle – in Verbindung mit dem Verb queri); vgl. auch id. 2, 8,2f.; 2,14,1; 3,5,19; 6,18,1; 7,15,1; 9,2,1; 9,25,3; vgl. dazu auch Lefèvre (2009: 295–302, hier bes. 296–298). Durch seine vielfältigen occupationes kämen die studia zu kurz (vgl. exemplarisch Plin. epist. 3,18,4). Vgl. dazu auch Bütler (1970: bes. 41–43). Vgl. dazu mit zahlreichen Belegstellen in der römischen Liebeselegie Pichon (1966: 226f. s. v. pati) und Traver Vera (2011). Vgl. dazu auch Woytek (1995: 431). McCarthy (1998: 175f.). Bretzigheimer (2001: 137). Zu den allgemein-politischen Aufgaben des Plinius im sechsten Briefbuch vgl. auch Plin. epist. 6,6; 6,9; 6,19. Zu den occupationes des Plinius vgl. auch Sherwin-White (1968: 359) und Gibson – Morello (2012: bes. 49f.). Allgemein zu den occupationes im gesamten Briefcorpus des Plinius einschließlich einiger Parallelstellen in der römischen Literatur vgl. Whitton (2013a: 87 s. v. occupatior). In Kampanien hielt sich Plinius mehrfach auf; vgl. dazu exemplarisch Plin. epist. 6,10; 6,28; 6,31. Zur Bedeutung Kampaniens im sechsten Epistelbuch vgl. Gibson – Morello (2012: 49 mit dortiger Anm. 46) und Baeza-Angulo (2017: 297 mit dortiger Anm. 13).

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________________________________________________ subsequi wird die zweite, den bereits erfolgten Aufbruch Calpurnias anzeigende Variante um den Präpositionalausdruck e vestigio ergänzt, um im Dienste der Selbstinszenierung des Plinius die Fürsorge des maritus gegenüber seiner Gattin auf die Spitze zu treiben (vgl. auch das griechische Pendant κατὰ πóδας).658 Der Infinitiv prosequi kann nach Zenoni (1924: 212), Merrill (1919: 332) und OLD II (2012: 1650f. s. v. prosequi) u. a. die Personenbegleitung auf einer bestimmten (Teil-)Strecke eines Weges bedeuten (vgl. dazu exemplarisch Cic. Quinct. 99). Gemäß der Synonymik von Menge (1988: 68, § 104) wird in prosequi die Höflichkeit des Begleiters bzw. die Hochachtung gegenüber dem zu Begleitenden markiert. Das Synonym subsequi ist ungleich intensiver und deutet hier auf die Eskorte, welche die zu begleitende Person nicht aus den Augen verliert.659 Häufig wird es auch in Kriegsschilderungen verwendet (vgl. dazu exemplarisch Caes. civ. 1,78,4; 3,102,1; id. Gall. 4,26; vgl. auch Liv. 3,28,5: Itaque arma suos capere et se subsequi iubet.).660 Letzteres lässt im Kontext der zahlreichen elegischen Anspielungen in Epistel 6,4 darauf schließen, dass Plinius die Liebe – ähnlich wie seine elegischen Vorgänger – mitunter auch als Kriegszustand sah.661 So kunstvoll der Relativsatz konstruiert ist (vgl. bes. die beiden Polyptota: einerseits die Variation in den Infinitiven prosequi … subsequi, andererseits die mit den Zeitstufen spielenden Akkusativ-Objekte proficiscentem … profectam), so konstruiert mutet die Ausgangssituation an. 658 659 660 661

Das hier vorliegende Adverbiale birgt eine Verknüpfung aus einer räumlichen und einer zeitlichen Metapher; vgl. dazu bereits Cic. Pis. 9,21. Vgl. dazu OLD II (2012: 2038: subsequi, 1) und Carlon (2016: 93 s. v. subsequi). Zuvor schon konstatiert von Poteat (1937: 114). Zu weiteren Belegstellen vgl. Lewis – Short (1969: 1781 s. v. subsequor). In der römischen Liebesdichtung vgl. dazu exemplarisch Tib. 1,10,13f.: Nunc ad bella trahor, et iam quis forsitan hostis / haesura in nostro tela gerit latere; vgl. auch Prop. 1,6,27–30; Ov. ars. 2,223–250. Vgl. dazu auch Janka (1997: 194–211). Allgemein zum Motiv der elegischen Liebe als einer militia amoris vgl. Spies (1930). Lilja (1978a: 45–55. 64–76). Murgatroyd (1975). McKeown II (1989: 257–260). Wildberger (1998: bes. 233–242); die militia amoris impliziert, dass die Liebe für die Elegiker etwas Daseinsbestimmendes ist; sie ist als Lebensform zu bezeichnen, die in Konkurrenz zur gewohnten römischen Lebensform tritt und durch die alle üblichen Wertvorstellungen negiert werden. Vgl. dazu in der römischen Liebeselegie Tib. 1,1,57f.; Prop. 1,1,6; vgl. in der Forschung auch Burck (1952: 166. 193). Lyne (1980: 65–81). Stroh (1983: 223f.).

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________________________________________________ Dabei soll die Krankheit Calpurnias – wenngleich sie nicht weiter spezifiziert wird (valetudinis causa) – keineswegs in Abrede gestellt werden. Valetudo bezeichnet nach Menge (1988: 157, § 279) im Allgemeinen das Befinden bzw. den Gesundheitszustand einer Person. Erst durch Beiwörter (wie bona, integra, prospera, firma, mala, adversa, infirma oder tenuis) erhalte diese vox media Bestimmtheit (vgl. dazu passend Plin. epist. 1,12,4: Tam longa, tam iniqua valetudine conflictabatur.). In der vorliegenden Textstelle in Epistel 6,4,1 verzichtet Plinius auf die genauere Charakterisierung des Gesundheitszustandes seiner Gattin. Es ist aber – ähnlich wie im Zuge der Krankheit Fannias in Plin. epist. 7,19,1 – aus dem Gesamtkontext zu schließen, dass dieser zur Besorgnis Anlass gibt.662 Ergänzend sei darauf hingewiesen, dass Plinius seiner Sorge um die Gesundheit der ihm nahestehenden Personen in seiner Briefsammlung gerne Ausdruck verleiht.663 Umso mehr will nicht recht einleuchten, weswegen der maritus seine Gattin nicht besucht, zumal im sechsten Buch der Briefsammlung von ständigen Reisen berichtet wird und Plinius sein Brief-Ich zweimal in Kampanien Halt machen lässt (vgl. dazu Plin. epist. 6,28; id. 6,30).664 Überdies widerspricht sich das Brief-Ich insofern, als es im Epilog seines dritten Ehebriefes an Calpurnia behauptet, die Erfüllung seiner Amtspflichten gereiche ihm angesichts des Trennungsschmerzes zum Trost (vgl. Plin. epist. 7,5,2: Aestima tu, quae vita mea sit, cui requies in labore, in miseria curisque solacium.). Die künstlich angelegte Ausgangssituation lässt sich auf zwei Wegen begründen: Einerseits gelingt es Plinius durch die Betonung seiner staatstreuen Pflichterfüllung abermals, sich unter Anwendung der sein Brief662

663

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Vgl. ähnlich Plin. epist. 1,22,1: Perturbat me longa et pertinax valetudo Titi Aristonis; vgl. auch Plin. epist. 9,22,1: Magna me sollicitudine adfecit Passenni Pauli valetudo. Zur valetudo als πρóφασις vgl. in der römischen Literatur exemplarisch Tac. ann. 3,31,2: Tiberius quasi firmandae valitudini in Campaniam concessit; vgl. ähnlich Symm. epist. 7,40: Nam si tibi valetudo ex sententia suppetit, quid causae esse dicam, quod diu in Campania demoraris? Vgl. dazu auch Stärk (1995: 128 mit dortiger Anm. 120). Zum Aufenthalt des Plinius in Kampanien vgl. Stärk (1995: 127f.). Zu der im sechsten Epistelbuch thematisierten signifikanten Umtriebigkeit des Plinius im Reisen vgl. bes. Plin. epist. 6,10; id. 6,31 (jeweils in Küstengegenden unterwegs); vgl. auch Plin. epist. 6,14 (Besuch im latinischen Formiae); 6,18 (auswärtige juristische Tätigkeit in Firmum). Zum Gesamtzusammenhang vgl. Gibson – Morello (2012: 48–50 mit dortigen Anm. 46–48).

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________________________________________________ corpus durchziehenden Technik des indirekten Selbstlobes als vorbildlichen und nachahmenswerten Aristokraten altrömischer Prägung selbst zu inszenieren (zu beachten ist in diesem Kontext das tapfere Ertragen des bohrenden, in allen drei Ehebriefen an Calpurnia abundant geschilderten Trennungsschmerzes); andererseits kann Plinius auf der Projektionsfläche der räumlichen Trennung von seiner jungen uxor mit bekannten Motiven seiner literarischen Vorgänger spielen, wobei er sich von den in der Verbannung verfassten Briefen seines Vorbildes Cicero an dessen Ehefrau Terentia (vgl. hier bes. Cic. fam. 14,2,2f.; 14,4,4f.; 14,5,1f.), aber in noch stärkerem Maße von den römischen Elegikern – allen voran von Properz und Ovid – inspirieren lässt. Die von Plinius umrissene Ausgangssituation erinnert unweigerlich an zwei Elegien in den Amores Ovids (Ov. am. 2,11 und 2,16), die sich mit der kritischen, auf die räumliche Trennung von Liebenden zurückzuführenden Lage einer Beziehung befassen. Dabei handelt es sich in den Amores um eine drohende (Ov. am. 2,11) und eine faktische (Ov. am. 2,16) räumliche Trennung von der puella.665 Dies ist vergleichbar mit dem Wortspiel des Plinius im Auftakt seines Ehebriefes 6,4: Zum einen ist Calpurnia noch im Aufbruch (proficiscentem), zum anderen ist dieser bereits erfolgt (profectam). Zwar wird in beiden intertextuellen Referenzen auf die ovidischen Amores – anders als im plinianischen Ehebrief 6,4 (valetudinis causa) – kein Grund für den Aufbruch der Geliebten genannt,666 dennoch ist die Aussageabsicht völlig identisch: Die örtliche Trennung von der puella (bei Ovid) bzw. der jungen uxor (bei Plinius) dient als Begründung dafür, dass sich die Männer – sowohl der amator (bei Ovid) als auch der maritus (bei Plinius) – gravierenden curae ausgesetzt sehen. Ähnlich verhält es sich mit dem Elegienpaar 1,11 und 1,12 Properzens: Hier werden die curae des amator ausgiebig geschildert, die – ebenso wie bei Ovid und Plinius – durch die räumliche Trennung von Cynthia hervorgerufen werden.667 Diese befindet sich – wie bereits in 665 666

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Zur Kommentierung der ovidischen Elegien Ov. am. 2,11 und 2,16 vgl. McKeown III (1998: 222–262. 328–366). Poteat (1937: 114) gibt dafür eine einleuchtende Begründung: „Calpurnia certainly did not need to be informed by her doting spouse that her trip to Campania was made in the interest of her health; these words were obviously put into the letter by Pliny for the enlightenment of the reading public.“ Zu dem Abschiedsmotiv und dem damit einhergehenden Trennungsschmerz des amator im ersten Buch der Elegiensammlung Properzens unter bes. Berücksichtigung der Elegie 1,11 vgl. Burck (1988: 205f.). Vgl. zuvor bereits

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________________________________________________ Ov. am. 2,11 und 2,16 ohne nähere Begründung – in Baiae, einem in Kampanien gelegenen Kurort, und sorgt dafür, dass sich der amator wie ein exclusus amator fühlt (vgl. Prop. 1,11,1–6.27; vgl. auch Prop. 1,12,1– 6.13–15; vergleichbar auch mit der in Kap. 4.2.3 zu interpretierenden Epistel 7,5). Erschwerend kommt hinzu, dass alle drei amatores (Plinius als maritus eingeschlossen) den elegischen Topos des treuen Begleiters der puella bzw. der uxor nicht erfüllen (quae me non sunt passae […] te [...] prosequi aut […] subsequi)668 – im Falle des Plinius wohlüberlegt, um vor seiner Leserschaft das sorgsam gepflegte Bild des jederzeit verantwortungsbewussten Aristokraten, der sich durch keine privaten Belange von seinen öffentlichen Pflichten abhalten lässt, aufrechtzuerhalten. Dennoch legt die im Relativsatz vorherrschende copia verborum, die das Streben des Plinius nach variatio im Ausdruck unterstreicht, die Erkenntnis nahe, dass das Brief-Ich die räumliche Trennung von Calpurnia als qualvoll empfindet, was durch die Verwendung der zweiten Hauptform des metrischen Klauselsystems bestätigt wird (Dicreticus): ... profectam e vestigio subsequi! (2 δ)

Was diesen als maritus in seiner Fürsorge um seine geliebte Calpurnia besonders umtreibt, wird im folgenden Mittelteil – im Basistext – des vorliegenden Briefes entfaltet (Plin. epist. 6,4,2–4). § 2–4: Briefcorpus (= Basistext im vorliegenden Brief) Die Begründung (enim) der Fürsorge des Brief-Ichs versetzt den Leser auf den ersten Blick in Erstaunen, denn nicht das Befinden Calpurnias, sondern das des maritus steht im Vordergrund (vgl. Plin. epist. 6,4,2: Nunc enim praecipue simul esse cupiebam.). Einmal mehr wird die männliche Dominanz in der Ehe mit Calpurnia unter Beweis gestellt, einmal mehr

668

Saylor (1975/1976). Zum elegischen Topos des treuen Begleiters der puella im Sinne des obsequium amoris vgl. Prop. 2,26,29–44; id. 3,16; Tib. 1,4,39–56; id. 1,5,61–65; Ov. am. 2,16,15–32; Ov. ars 1,487–504; id. 2,223–250; vgl. dazu auch Kölblinger (1971: 123–158). Cairns (1972: 99f.). McKeown II (1989: 264). Ders. III (1998: 341–355). Baeza-Angulo (2015a: 74f. mit dortigen Anm. 38. 39. 41 unter Nennung weiterführender Literatur).

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________________________________________________ wird aus dem homodiegetischen ein autodiegetischer Erzähler. Der Fokus der Handlung liegt ausschließlich auf der Gefühlswelt des maritus, wobei zunächst die Sehnsucht nach der Nähe der Partnerin Erwähnung findet. Dieses Verlangen, das unter Verwendung des Hyperbatons praecipue … cupiebam669 intensiv erscheint, ist hier aber weniger dem körperlichen Begehren als vielmehr der ehrlichen, im Folgenden explizit erläuterten Sorge um das Wohlergehen Calpurnias geschuldet, wenngleich die sexuelle Komponente hinsichtlich der Wiedervereinigung der beiden Ehepartner gewiss nicht ausgeblendet werden darf. Das Verb cupere ist in der römischen Liebesdichtung häufig anzutreffen und zumeist sexuell konnotiert (vgl. dazu exemplarisch Cat. c. 64,145; Tib. 1,8,40; Prop. 2,32,2; Ov. am. 1,8,32; 2,4,22; 3,4,25; Ov. ars 1,63.275f.).670 Bis auf die obige Textstelle ist cupere im plinianischen Briefcorpus nicht sexuell konnotiert, wird aber auch – bis auf die nämliche Stelle – nicht auf das Verhältnis von Ehepartnern übertragen.671 Die elliptische Wortverbindung simul (tecum) esse findet sich im Briefcorpus des Plinius gemäß Heberlein – Slaby (1991: 2588–2590) nur an dieser einen Stelle. Laut OLD II (2012: 1946) weist auch simul in der römischen Liebeselegie eine sexuelle Konnotation auf, z. B. in Verbindung mit dem Verb dormire (vgl. exemplarisch Prop. 2,6,11f.: Me laedet, si multa tibi dabit oscula mater, / me soror et cum quae dormit amica simul.). Ob simul hier ebenfalls sexuell aufgeladen ist und der Leser dormire zu ergänzen hat, lässt Plinius (bewusst?) offen. 669

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Das Imperfekt im Prädikat cupiebam ist hier als sogenanntes Brieftempus einzustufen: Plinius versetzt sich als Absender in die Situation Calpurnias als der Adressatin hinein, indem er den Zeitpunkt berücksichtigt, zu dem sie den Brief liest. Erkannt und konstatiert auch von Merrill (1919: 332). Poteat (1937: 114). Westcott (1965: 214). Shelton (2016: 81). Zu der im plinianischen Ehebrief geäußerten Sehnsucht, seiner Frau nahe sein zu wollen, vgl. in der Liebesdichtung noch Prop. 1,13,17. Zu sämtlichen Belegstellen bzgl. der plinianischen Verwendung des Verbs cupere vgl. Heberlein – Slaby (1991: 484–486). Die Junktur des die Sehnsucht verstärkenden Adverbs praecipue mit cupere findet sich nur noch an einer einzigen weiteren Stelle in der plinianischen Briefsammlung (vgl. Plin. epist. 6,6,1: Si quando, nunc praecipue cuperem esse te Romae.). Hier handelt es sich um den dringenden Wunsch des Plinius, dass sein Freund Minicius Fundanus (vgl. dazu Birley 2000: 72f.) bald wieder nach Rom zurückkehren möge. Das Verlangen, jemanden oder etwas endlich mit eigenen Augen erblicken zu können, vgl. noch Plin. epist. 8,10,3 (bezogen auf den Wunsch des Plinius und den seines Schwiegergroßvaters Calpurnius Fabatus, Kinder bzw. Urenkel zu bekommen).

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Kap. 4 Plinius als maritus im Spiegel seiner Ehebriefe

________________________________________________ Der folgende Finalsatz (Plin. epist. 6,4,2: Ut oculis meis crederem quid viribus quid corpusculo adparares) zeigt – akzentuiert durch die parallel angeordnete Wortfolge im indirekten Fragesatz – mit Nachdruck, dass das Denken des Brief-Ichs vornehmlich um die angeschlagene Gesundheit Calpurnias kreist. Weil es sogar offensichtlich Mitteilungen von Dritten nicht vertraut, will das Brief-Ich sich – dem Vorbild Ciceros folgend (vgl. dazu Cic. fam. 16,2) – lieber selbst ein Bild von den Fortschritten Calpurnias auf dem Weg zu ihrer Genesung machen. Das plinianische BriefIch will – anders als die amatores in der römischen Liebeselegie – nicht der Leichtgläubigkeit anheimfallen und sich auch nicht als credulus bezeichnen lassen.672 Hinter der Wendung oculis meis crederem verbirgt sich das Sprichwort „Sie glauben nur das, was sie sehen“ bzw. „was die Augen sehen, glaubt das Herz“. Dieses geflügelte Wort geht zurück auf Plautus (vgl. Plaut. Asin. 202: Semper oculatae manus sunt nostrae).673 Wenngleich credere im plinianischen Briefwerk mannigfach erscheint (vgl. dazu Heberlein – Slaby 1991: 445–449), findet es sich im Konnex mit dem Ablativus instrumentalis oculis nur an dieser einen Stelle und unterstreicht, wie ernst es Plinius damit ist, sich selbst von Calpurnias Gesundheitszustand zu überzeugen. Dabei richtet sich das fehlende Vertrauen des Gatten nicht nur auf etwaige Mitteilungen der begleitenden Sklavenschaft oder der behandelnden Ärzte, sondern auch auf Calpurnia selbst. Hier verweist das Deminutivum corpusculum zum einen auf das noch jugendliche Alter Calpurnias, zum anderen auf ihren zierlichen, zarten und dementsprechend angreifbaren Körper. Nach ThLL 4 (1906– 1909: 1025,75–1026,44) ist das Deminutivum corpusculum an dieser Stelle als corpus animantis parvum aufzufassen.674 Allerdings gibt die einzige Parallelstelle im plinianischen Briefcorpus (Plin. epist. 10,18,1) dem Begriff auch die Komponente eines fragilen, leicht angreifbaren Körpers (an eben jener Stelle im zehnten Briefbuch ist das corpusculum – die

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Zur Leichtgläubigkeit der elegischen amatores vgl. exemplarisch Tib. 1,9, 37f.; Prop. 1,15,33f.41f.; id. 2,25,21f.; Ov. am. 3,15,30; Ov. ars 3,673.685f. Vgl. dazu Gebhardt (2009: 320). Vgl. dazu auch mit weiteren Belegstellen Pichon (1966: 115 s. v. credere) und Gibson (2004: 361). Vgl. auch Sen. epist. 6,5: quia homines amplius oculis quam auribus credunt. Vgl. dazu mit weiteren Belegstellen in der römischen Literatur Otto (1988: 249–252 s. v. oculus, hier 251). Vgl. auch OLD I (2012: 493). Carlon (2016: 94). Shelton (2016: 81).

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________________________________________________ zarte, gebrechliche Konstitution – des Plinius gemeint).675 In diesem Kontext kann Haltenhoff (2011a: 319 mit dortiger Anm. 16) in Anlehnung an Westcott (1965: 214) zugestimmt werden, wenn er konstatiert: „Doch dürfte an unserer Stelle eher noch der affektive Gehalt des Deminutivs eine Rolle spielen, vergleichbar seinem Gebrauch in der Liebessprache Catulls.“676 Das Brief-Ich freilich will gemäß dem modernen Sinnspruch „Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser“ genau wissen, welche Maßnahmen seine Gattin für ihre Rekonvaleszenz ergreift (quid viribus quid corpusculo adparares).677 Hier schwingt zum ersten Mal ein Hauch von Misstrauen mit, wenngleich dies das Brief-Ich – anders als die elegischen Vorgänger (Prop. 1,11,19f.) – nicht offen auszusprechen wagt. Woher dieses angedeutete Misstrauen rührt, wird in einem weiteren, in seiner Wortfolge erneut parallel konstruierten und den Vorsatz inhaltlich steigernden indirekten Fragesatz deutlich (vgl. Plin. epist. 6,4,2: Ecquid678 denique secessus voluptates regionisque abundantiam inoffensa transmitteres.). Plinius, der als Verfechter von frugalitas (vgl. oben Plin. epist. 1,14,4b) ein erklärter Gegner oberflächlicher, nichtiger Vergnügungen war (vgl. dazu bes. Plin. epist. 2,6), steht dem Kuraufenthalt Calpurnias in Kampanien aufgrund des für diese Region charakteristischen Luxus- und Badelebens (voluptates regionisque abundantiam) offenkundig skeptisch gegenüber; vgl. dazu auch Alston – Spentzou (2011: 125 mit dortiger Anm. 30): „There is an anxiety caused in part by Calpurnia’s illness, but also by a moral concern that the famed luxuries of the region would corrupt her.“679 Der Begriff abundantia zielt laut ThLL 1 (1900: 228,47–60 s. v. 675 676 677

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Vgl. dazu auch Zenoni (1924: 213). Vgl. ähnlich Iuvenal (10,172f.), der die Vergänglichkeit des menschlichen Körpers hervorhebt. Zur Funktion der Deminutiva im plinianischen Briefcorpus vgl. Melzani (1992: 237–239). Zum Verb adparare in Verbindung mit einem Dativ im Sinne des Einsatzes für jemanden oder etwas vgl. noch Plaut. Epid. 18f.: Nunc iterum ut fallatur pater tibique auxilium apparetur, / inveni. Vgl. dazu auch mit weiteren Belegstellen OLD 1 (2012: 165 s. v. apparare). Das Interrogativum ecquid fungiert als Einleitung in einen indirekten Fragesatz zwar bereits Cic. fam. 7,16,3, findet vor allem aber nachklassisch Verwendung (vgl. dazu LHS II, 2, 2, 542, § 295, b) und erscheint im plinianischen Briefcorpus in dieser Funktion nur an dieser einen Stelle. Vgl. in der römischen Literatur noch Liv. 44,27,2. Vgl. ähnlich Stärk (1995: 127f.) und Haltenhoff (2011b: 317). Vgl. dazu auch Plin. epist. 7,3,1, wo Plinius gegenüber Bruttius Praesens kritisch anmerkt,

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________________________________________________ abundantia) auf den Reichtum Kampaniens, der sich mit der übermäßigen Fruchtbarkeit der Region erklären lässt.680 Dieser Terminus ist also als Hinweis auf den lokalen Reichtum und das damit zusammenhängende Luxusleben unter besonderer Berücksichtigung kulinarischer Genüsse zu deuten.681 Das Pluralwort voluptates bedeutet nach Menge (1988: 107, § 177 s. v. voluptas) in seiner Grundbedeutung „Vergnügungen, Lustbarkeiten“. Diese Bedeutungsebene findet sich (jeweils im Plural) auch in der plinianischen Briefsammlung.682 In diesem Begriff schwingt auch eine deutliche sexuelle Konnotation mit.683 Eine solche Prägung findet sich im gesamten Briefcorpus des Plinius nur an einer einzigen, jedoch exponierten Stelle – ausgerechnet in dem in Kap. 3.3.4 analysierten Brief über das von Plinius zu einem Ideal stilisierte Eheleben des Macrinus (vgl. hier Plin. epist. 8,5,2: Nam fruendis voluptatibus crescit carendi dolor.).684 Ohne Calpurnia direkt dazu aufzufordern (anders als Prop. 1,11,27),

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dieser verweile mit bemerkenswerter Ausdauer modo in Lucania, modo in Campania. Vgl. in diesem Kontext auch Cic. Att. 2,8,2, der die Gegend Kampaniens vielsagend als crater ille delicatus bezeichnet. Diese Bedeutung findet sich in den Pliniusbriefen noch Plin. epist. 4,6,1; vgl. ähnlich Colum. 3,2,31; Suet. Claud. 40,1. Vgl. dazu auch OLD I (2012: 17) und Blank-Sangmeister (2000: 17). Vgl. zuvor bereits Merrill (1919: 332). Nachvollziehbar, wenngleich scharfzüngig kommentiert von Poteat (1937: 114): „Our anxious husband was also afraid his lady would eat not wisely, but too well.“ Vgl. dazu Plin. epist. 3,1,9 und 3,11,6 (bezogen auf kulinarische Genüsse); 5, 5,4; id. 8,21,3 (bezogen auf Sinneslüste im Allgemeinen); 7,3,3 (bezogen auf exzessive Untätigkeit fern der Dienstgeschäfte). Vgl. dazu in der römischen Liebesdichtung (allerdings jeweils im Singular) Ov. ars 2,727f.; vgl. auch id. 2,623.681. Vgl. dazu auch Janka (1997: 438f. 472f. 498f.). Vgl. auch Ov. am. 1,10,35; id. 2,10,25f. Vgl. dazu mit weiterführender Literatur McKeown III (1998: 212f.) und Bretzigheimer (2001: 271 mit dortiger Anm. 36). Vgl. auch mit weiteren Belegstellen Pichon (1966: 300 s. v. voluptas). Die sexuelle Färbung der voluptates verrät hier das Gerundivum fruendis; zur sexuellen Konnotation des frui in der römischen Liebesdichtung vgl. exemplarisch Prop. 2,9,24; Ov. am. 2,9b,46; vgl. dazu auch mit weiteren Belegstellen Pichon (1966: 156 s. v. frui) und McKeown III (1998: 192). Zur Forderung des Plinius, die nichtigen voluptates (wie Schwelgerei) zu meiden und sein Leben stattdessen gemäß altrömischer Tugendlehre an Bescheidenheit (verecundia), Sparsamkeit (frugalitas) und Einfachheit (rusticitas) auszurichten, vgl. die in Kap. 3.8 analysierte Epistel 1,14 (vgl. hier bes. Plin. epist. 1,14,4b).

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________________________________________________ weist vordringlich die Junktur inoffensa685 transmitteres an der betonten Endstelle des Satzes unmissverständlich darauf hin, dass die junge Gattin die sich ihr dort bietenden mannigfaltigen voluptates meiden solle; vgl. dazu auch Carlon (2016: 94): „Pliny’s old-fashioned sense of restraint and abstemiousness reflects a long-held Roman suspicion of the harmful power of luxurious living.“686 Wie ernst es dem Brief-Ich mit dieser Forderung ist, wird auch klanglich durch die Verwendung der zweiten Hauptform des metrischen Klauselsystems unterstrichen (Dicreticus): ... regionisque abundantiam inoffensa transmitteres. (2 γ)

Besonderes Misstrauen scheint das Brief-Ich gegenüber dem von Calpurnia für ihren Rückzug gewählten Kurort (secessus) zu hegen, der – so wird der Leserschaft suggeriert – dazu einlädt, sich unbemerkt den Sinnesfreuden hinzugeben.687 Auch diesen Aspekt spricht das Brief-Ich nicht offen aus, sondern überlässt das mögliche Szenario der Vorstellungskraft der Leserschaft, die diesbezüglich durch das bewusst gewählte Vokabular 685

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Das hier prädikativ verwendete Adjektiv inoffensa zielt laut ThLL 7.1 (1934– 1964: 1735,80–1736,28 s. v. inoffensus) auf die gesundheitliche Unversehrtheit Calpurnias. Im plinianischen Briefcorpus findet sich dieser Begriff nur an dieser einen Stelle. Zu dieser Bedeutung vgl. in der römischen Literatur noch Ov. trist. 1,9,1; Tac. hist. 2,34,2; Tac. ann. 1,56,5; Gell. 2,1,4. Vgl. auch mit weiteren Belegstellen OLD I (2012: 1008 s. v. inoffensus). Zenoni (1924: 213) setzt die voluptates mit einer schweren Krankheit gleich, die Calpurnia zu ertragen habe. Vgl. ähnlich zuvor bereits Merrill (1919: 332). Diese Bedeutungsebene von transmittere findet sich im plinianischen Briefwerk noch Plin. epist. 1,22,7; id. 8,11,2. Vgl. auch Lagergren (1872: 127). Das Substantiv secessus im Sinne des Rückzuges aus der Stadt an einen abgelegenen Ort findet sich im plinianischen Briefcorpus an zahlreichen Stellen; vgl. dazu Heberlein – Slaby (1991: 2493f.). Auch das dazugehörige Verb secedere, das erst in der Kaiserzeit gebräuchlich wird (vgl. Lagergren 1872: 46), verwendet Plinius häufig und meint damit den Rückzug aus der Stadt auf das Land; vgl. dazu Plin. epist. 2,11,1; 2,17,2; 3,7,6; 3,21,2; 5,14,1; 7,16,2. Vgl. in der römischen Literatur noch Quint. inst. 3,1,17; Tac. dial. 9,6; id. 12,1 und Suet. Aug. 98,4; Suet. Tib. 10,1. Vgl. dazu auch OLD II (2012: 1892f. s. v. secessus). Zur sexuellen Konnotation von secessus bzw. secedere vgl. Adams (1987: 242), wonach dieser Terminus bzw. die Synonyma für den Rückzug an einen abgelegenen Ort zum Bestand des „Latin Sexual Vocabulary“ gehöre. In der römischen Literatur in dieser Bedeutung zuerst anzutreffen bei Plaut. Curc. 362: Dico me ire quo saturi solent.

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________________________________________________ eindeutig gelenkt wird (vgl. bes. secessus voluptates regionisque abundantiam inoffensa transmitteres). Das entscheidende Argument für das angedeutete Misstrauen des maritus gegenüber Calpurnia ist die enge Anlehnung des hier verhandelten Inhaltes an die elegischen Vorgänger; vor allem Properz schildert in seinem Elegienpaar 1,11 und 1,12 die räumliche Trennung von seiner Cynthia, die sich ebenfalls (allerdings aus einem unerfindlichen Grund) in Baiae aufhält. Dass insbesondere der in Kampanien gelegene Kurort im Konnex mit den voluptates auch der sexuellen Untreue der puella die Tore öffnen kann, erläutert Properz als „poète de la fidélité“ (Boucher 1965: 87) in der von Plinius bereits mehrfach als literarische Vorlage herangezogenen Elegie 1,11 (vgl. dort bes. Prop. 1, 11,7f.15f.), zumal Ovid das in Kampanien gelegene Baiae als erotische Kontaktbörse empfahl (vgl. Ov. ars 1,253–262).688 Properzens lyrisches Ich, das sich – ähnlich wie das plinianische Brief-Ich in Epistel 7,5 (vgl. Interpretation unten in Kap. 4.2.3) – nach seiner puella verzehrt (vgl. Prop. 1,11,5f.23–26; id. 1,12,3–10.12–14.19f.),689 befürchtet ganz offen deren Untreue (vgl. Prop. 1,11,7f.),690 die durch diese Gegend geradezu heraufbeschworen werde (vgl. Prop. 1,12,11b; vgl. bes. Prop. 1,11,17f.: Non quia perspecta non es mihi cognita fama, / sed quod in hac omnis parte timetur amor.).691 Es liegt auf der Hand, dass Plinius diese Verse Properzens vor Augen hatte, als er an seine ebenfalls in Kampanien weilende Gattin schrieb. Properzens lyrisches Ich ist – ebenso wie das plinianische Brief-Ich – angesichts der für ihre Vergnügungssucht bekannten Region besorgt und bekennt offen, dass es sich für seine puella einen anderen, deutlich weniger gefährlichen Aufenthaltsort wünsche, z. B. den Lukrinersee, der nur mit einem schmalen Nachen zu überqueren sei und der von den begleitenden Sklavinnen und Sklaven besser einsehbar bzw. kontrollierbar sei (vgl. Prop. 1,11,9–16).692 Für gewöhnlich wurde eine 688 689

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Vgl. dazu auch Hollis (1989: 87f.). Vgl. dazu auch Shackleton-Bailey (1967: 35f.) und Syndikus (2010: 70). Cynthias Reisefreude zeigt sich auch in Prop. 1,8 (Reise nach Illyrien) und id. 2,19 (Rückzug auf das Land). Vgl. dazu Syndikus (2010: 70 mit dortiger Anm. 180), der darauf hinweist, dass es in der römischen Liebeselegie keinen pudicus amor gebe. Demnach werde jede Liebe Cynthias – selbst wenn sie eine unschuldige sei – von Properz gefürchtet. Vgl. dazu Syndikus (2010: 69): „Es ist also verständlich, daß eine Vergnügungsreise Cynthias an diesen Ort Properz Anlaß zu Besorgnis gab.“ Vgl. ähnlich Prop. 2,19,1–4: Etsi me invito discedis, Cynthia, Roma, / laetor

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________________________________________________ alleinstehende Dame von einer älteren Sklavin begleitet (vgl. dazu auch Fedeli [1980: 276]: „La lezione dei migliori manoscritti può essere, invece, difesa supponendo che Properzio alluda alla nota consuetudine di far accompagnare le giovani da ancelle, che avevano il compito di vigilare sulla loro pudicitia.“).693 Auch in der römischen Prosa findet sich die eindringliche Warnung, die Region Kampaniens zu meiden (vgl. bes. Sen. epist. 51,2f.: Sic regio quoque est, quam sapiens vir aut ad sapientiam tendens declinet tamquam alienam bonis moribus. [...] Illic sibi plurimum luxuria permittit, illic, tamquam aliqua licentia debeatur loco, magis solvitur.).694 Neben dem Elegienpaar Properzens 1,11/1,12 wird der Leser auch an die beiden Elegien Ovids in seinen Amores erinnert (vgl. Ov. am. 2,11 und 2,16), in denen die puella in der Ferne weilt bzw. kurz vor dem Aufbruch steht. In erster Linie Ov. am. 2,16 unterstreicht zum einen die sehnsüchtige Liebe des amator (vgl. Ov. am. 2,16,11f.),695 zum anderen dessen (wie bei Properz) dezidiert geäußerten Wunsch, seine Geliebte möge unverzüglich zu ihm zurückkehren (vgl. Ov. am. 2,16,47–50: Si qua mei tamen est in te pia cura relicti, / incipe pollicitis addere facta tuis / parvaque quam primum rapientibus esseda mannis / ipsa per admissas concute lora iubas.).696 Das plinianische Brief-Ich muss also seinen tief in ihm verankerten Wunsch, Calpurnia möge sich bald möglichst auf den Rückweg zu

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quod sine me devia rura coles. / Nullus erit castis iuvenis corruptor in agris, / qui te blanditiis non sinat esse probam. Vgl. dazu auch Ov. rem. 169–212 und Mart. 1,62. Vgl. in der Forschung auch Syndikus (2010: 70): „Aber gerade die genaue Vergegenwärtigung im letzten Bild zeigt die wachen Ängste des fernen Liebenden.“ Vgl. dazu Syndikus (2010: 70 mit dortiger Anm. 178). Vgl. auch Cic. Cael. 35.49. Vgl. dazu auch McKeown III (1998: 338), der die beiden motivisch verwandten Elegien 2,11 und 2,16 sowohl als Liebesgedichte als auch als Propemptika klassifiziert. Dabei spielt in beiden Fällen die sehnsuchtsvolle Liebe in Form der Metapher des im amator lodernden Feuers (ignis bzw. ardor) eine entscheidende Rolle. Vgl. dazu auch Ov. epist. 16,103f. (Paris an Helena): Quid facies praesens, quae nondum visa placebas? / Ardebam, quamvis hinc procul ignis erat; id. 18,85f. (Leander an Hero): Ut procul adspexi lumen, ‘meus ignis in illo est; / illa meum’ dixi ‘litora lumen habent’. Der in der Liebeselegie obligatorische Appell des amator an seine puella, diese möge zu ihm zurückkehren, findet sich z. B. noch Prop. 1,11,27. Zur textuellen Verwandtschaft hinsichtlich des Rückrufes der puella in Ov. am. 2,16, 47–50 und Prop. 4,8,15.21f.; vgl. auch McKeown III (1998: 364).

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________________________________________________ ihm nach Rom begeben, nicht aussprechen – die elegischen Reminiszenzen tun dies stellvertretend. Die elegische Durchwirkung der Epistel erreicht im Mittelteil des Basistextes ihren Höhepunkt, als der in Rom zurückgebliebene maritus – einem verlassenen elegischen amator nacheifernd – der Sehnsucht nach seiner uxor freien Lauf lässt und dabei seine Liebe offen bekennt (vgl. Plin. epist. 6,4,3: Equidem etiam fortem te non sine cura desiderarem; est enim suspensum et anxium de eo quem ardentissime diligas interdum nihil scire.). Auslöser für dieses schonungslose Liebesbekenntnis ist offensichtlich der Umstand, dass Calpurnia während ihres Kuraufenthaltes nichts von sich hören lässt bzw. ihrem Ehemann keine Briefe schreibt. Die Unwissenheit des amator ist – zumeist in verzweifelte Fragen an die abwesende puella gekleidet – ein festes Element der römischen Liebeselegie (vgl. dazu exemplarisch Prop. 1,11,7f.; id. 3,23,13). Vergleichbar mit dieser Textstelle ist die Ungeduld des amator in den ovidischen Amores, der es nicht erträgt, dass seine puella ihm nicht bzw. nur wenig antwortet (vgl. dazu bes. Ov. am. 1,11,20–22: Odi, cum late splendida cera vacat. / Comprimat ordinibus versus, oculosque moretur / margine in extremo littera rasa meos.).697 Somit setzt sich das bereits zuvor in Plin. epist. 6,4,2 vorsichtig angedeutete Misstrauen des maritus fort und verdichtet sich hier in der mit einem Hendiadyoin einhergehenden Sentenz est enim suspensum et anxium … interdum nihil scire, deren Aussagekraft durch die Verwendung der ersten Hauptform des metrischen Klauselsystems auch klanglich unterlegt wird (cretisch-trochäische Dipodie): ... interdum nihil scire. (1 β δ)

Dabei nimmt das als Prädikatsnomen fungierende Adjektiv anxium das erklärte Vorhaben des besorgten maritus aus dem vorherigen Paragra697

Zum literarischen Hintergrund dieser Ovidstelle vgl. McKeown II (1989: 308. 317). Vgl. auch Wildberger (1998: 104 mit dortiger Anm. 70). Das Klagen des Absenders über den Mangel an Briefen gehört zur Brieftopik; vgl. dazu im plinianischen Briefcorpus exemplarisch Plin. epist. 2,2,1; 2,11,25; 6,1,2; 6,7,3; selbst ein kurzer Gruß mit dem Hinweis auf das Wohlergehen des Briefpartners genüge, versichert das plinianische Brief-Ich (vgl. dazu z. B. Plin. epist. 1,11; 1,22,12; 4,11,16; 9,32); dennoch sei ein längerer Brief angenehmer (vgl. dazu z. B. Plin. epist. 2,2,2; id. 9,20,3). Vgl. dazu Thraede (1970: 75 mit dortiger Anm. 104).

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________________________________________________ phen auf, wonach dieser sich mit eigenen Augen von den gesundheitlichen Fortschritten seiner Gattin überzeugen wolle (ut oculis meis crederem), formuliert dieses Vorhaben aber deutlich drastischer und verleiht seiner eigenen, ihn belastenden Situation etwas Dramatisches – insbesondere eingedenk der Tatsache, dass anxium, durch das beigefügte Synonym suspensum zusätzliche Betonung erfahrend,698 von seiner Wortbedeutung her das exakte Gegenteil zu credere aussagt. Laut ThLL 2 (1900–1906: 201,71–203,73) bezeichnet anxium allgemein die angstvolle Sorge. Konkreter wird das OLD I (2012: 158f. s. v. anxius), wo die aktuelle Textstelle zu den curae amoris gezählt wird. Als aussagekräftig erweist sich auch Pichon (1966: 87), wonach anxius zwei Bedeutungsebenen aufweist: Zum einen könne es die angstvolle Sorge um die abwesende Partnerin bzw. den abwesenden Partner anzeigen (vgl. dazu z. B. Prop. 1,15,15f.), zum anderen könne es auch die Sorge, mit einem Rivalen betrogen zu werden, bedeuten (vgl. exemplarisch Ov. epist. 16,213f.; vgl. in diesem Kontext auch Pichon 1966: 115 s. v. credere, der anxium esse mit Misstrauen gegenüber der Partnerin bzw. dem Partner gleichsetzt; vgl. dazu exemplarisch Tib. 1,2,57; Ov. ars 3,661.685.718–720).699 Dass der maritus jedoch bestrebt ist, Calpurnia in seiner angstvollen Sorge nicht vor den Kopf zu stoßen, belegt die nicht personal, sondern allgemein gehaltene, in einen Relativsatz gekleidete Sentenz de eo quem ardentissime diligas. Mit dieser rhetorischen Finesse reiht das Brief-Ich sich in die Vielzahl an besorgten mariti und elegischen amatores ein, die sich vor Sehnsucht nach ihren auswärts weilenden Frauen verzehren.700 698

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Laut Lewis – Short (1969: 1820 s. v. suspendo) und OLD II (2012: 2084) hat suspensum als Synonym zu anxium die Bedeutung „uncertain, doubtful, in suspense“; so übersetzen auch Poteat (1937: 114) und Carlon (2016: 94). In dieser Bedeutung im plinianischen Briefcorpus laut Heberlein – Slaby (1991: 2769) u. a. noch Plin. epist. 6,20,19; id. 8,5,3; vgl. in der römischen Literatur noch Cic. fam. 10,8,1; id. 11,8,1; Ov. epist. 16,84. Vgl. auch Plaut. Bacch. 54f.; die angstvolle Sorge um sein engstes Umfeld ist ein signifikantes Charakteristikum der Briefsammlung des Plinius, bezieht sich jedoch nicht exklusiv auf seine Ehefrau. Vergleichbar mit dieser Textstelle sind die Briefe an Lucius Fabius Iustus (Plin. epist. 1,11) und Lucius Iulius Servianus (Plin. epist. 3,17); in beiden Fällen spiegelt sich die angstvolle Sorge des Plinius wider, nachdem dieser über einen langen Zeitraum keine Nachrichten von seinen Freunden erhalten hat. Zur Person der beiden umsorgten Freunde vgl. Syme (1957: 131. 134). Die schmerzvolle und Sehnsucht auslösende Trennung der Liebenden ist zu

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________________________________________________ Zugleich objektiviert der maritus damit sein Misstrauen und muss keine Entrüstung vonseiten seiner Gattin befürchten. Darüber hinaus fügt das Brief-Ich der Sentenz noch ein einschränkendes interdum hinzu,701 damit die Fürsorge des maritus nicht zu aufdringlich wirkt und ihn nicht in den Verdacht geraten lässt, seine Gattin in ihrer Abwesenheit kontrollieren zu wollen – was gemäß der Liebeslehre Ovids ein völlig unangemessenes Verhalten wäre (vgl. Ov. ars 2,547–554).702 Das Bestreben, der puella nicht vor den Kopf zu stoßen, findet sich auch in der bereits mehrfach als Parallelstelle herangezogenen Elegie Properzens 1,11. Nachdem sich der amator zunächst in seine Zweifel an Cynthias Treue immer mehr hineinsteigert (Prop. 1,11,1–6.9–16) und sie sogar des tatsächlichen Treuebruches bezichtigt (Prop. 1,11,7f.17f.), schmeichelt er ihr anschließend, bittet sie um Verzeihung und gesteht ihr letztlich seine Liebe (vgl. bes. Prop. 1, 11,19–26).703 Auch in der Plinius-Epistel 6,4 steht über allem die Liebe,

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einem Topos der elegischen Liebesdichtung geworden und findet sich im Briefwerk des Plinius auch in den beiden anderen Ehebriefen an Calpurnia (Plin. epist. 6,7,1; id. 7,5,1). Der Trennungsaspekt ist eines der verbindenden Elemente in allen drei Briefen des Plinius an seine Gattin. Vgl. dazu auch De Pretis (2003: 145 mit dortiger Anm. 43). Das Adverb interdum in der Bedeutung „für einen bestimmten Zeitraum, bisweilen“ ist gemäß ThLL 7.1 (1934–1964: 2180,59–71) in der plinianischen Briefsammlung gängig; vgl. exemplarisch Plin. epist. 7,15,1; vgl. dazu auch OLD I (2012: 1036). Zu dieser zentralen, bisweilen schwer zu realisierenden Regel der Liebeslehre Ovids, die auch vorsah, gegenüber einem etwaigen Rivalen patientia an den Tag zu leben, vgl. Janka (1997: 399–402), Wildberger (1998: 274) und Hindermann (2009a: 52). Ein sogenannter Seitensprung – und zwar von beiden Partnern – ist gemäß der ovidischen Ars nicht verboten. Vgl. dazu id. 2,387f.; demzufolge forderten die Götter keine Enthaltsamkeit, sehr wohl aber Diskretion. Properz dagegen glaubt, er befolge gottgegebenes Recht, wenn er Cynthia treu bleibt; vgl. dazu Prop. 1,12,19. Vgl. dazu auch Wildberger (1998: 274 mit dortiger Anm. 35). Vgl. in der römischen Liebeselegie noch Tib. 1,6, 69f. Als Kontrast zu diesem reflektierten Verhalten tritt der ovidische amator in Ov. am. 1,12 völlig ungehalten auf und scheint sich selbst zu vergessen, indem er die Briefbotin Nape und seine eigenen Schreibtäfelchen (tabellae) beschimpft, weil die Geliebte ihn nicht zu sich eingeladen habe; vgl. dazu Ov. am. 1,12,29f.: Quid precer iratus, nisi vos cariosa senectus / rodat, et immundo cera sit alba situ? Vgl. dazu unter Nennung div. Parallelstellen in der römischen Literatur McKeown II (1989: 335). Vgl. auch unter expliziter Berücksichtigung der Funktion der tabellae Meyer (2001: bes. 209).

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________________________________________________ die das Brief-Ich in diese von Sehnsucht geprägte Lage versetzt. In diesem Zusammenhang erklärt das Brief-Ich ganz offen, dass es sich bei dem ehelichen Verhältnis zu Calpurnia um leidenschaftliche Liebe handelt, die auch sexuelles Verlangen miteinschließt (ardentissime diligas).704 Ähnlich wie bei der Darstellung seiner angstvollen Sorge und seines desiderium macht Plinius auch hinsichtlich der Verwendung von Begriffen, die Liebe (amare, amor, diligere) spiegeln wollen, keinen Unterschied zwischen seiner Gattin und Mitgliedern seines engeren Freundeskreises.705 Auch das leidenschaftliche Moment in der Liebe zu seinen Freunden – verdeutlicht durch die beiden metaphorischen Adverbien ardentius bzw. ardentissime – verschweigt Plinius nicht, wenngleich dies an keiner Stelle (anders als z. B. in Suet. Cal. 25,3; id. Dom. 22,2) sexuell konnotiert ist (vgl. dazu bes. Plin. epist. 1,14,10a–d [Zuneigung gegenüber seinem Zögling Minicius Acilianus] und id. 7,20,7 [Zuneigung gegenüber Tacitus, seinem Vorbild als Historiker]).706 Überhaupt scheut das plinianische Brief-Ich nicht davor zurück, seine Gefühle offen auszusprechen (vgl. dazu exemplarisch Plin. epist. 5,17,4; 5,21,6; 8,16,5). Gemäß Bütler (1970: 101) ist es im Freundeskreis des Plinius üblich gewesen, sich von dem Protokoll und den Förmlichkeiten der officia zu entfernen und Offenheit im direkten Umgang mit den Freunden an den Tag zu legen. Letzteres spiegele sich in kleinen Scherzen bzw. Neckereien und in jener gespielten Barschheit, hinter der sich zumeist warme Zuneigung verstecke. Eine Zwischensicherung lautet wie folgt: Im Kontext der Ehebriefe an Calpurnia, vornehmlich in den mit einer (klischeehaften) Feuermetapher verbundenen Liebesbekundungen gegenüber seiner Gattin, ist eine sexuelle Konnotation – nicht zuletzt durch die zahlreichen elegischen Anspielungen forciert – mitzulesen. Dies ist auf Lukrez zurückzuführen, der im vierten Buch von de rerum natura das leidenschaftliche sexuelle Verlangen mehrfach mit ardor bezeichnet (vgl. dazu exemplarisch Lucr. 4,1086. 1090.1098.1116.1216).707 Die erotische Komponente in der Beziehung zu 704 705 706

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Zur Begriffsbestimmung von diligere und amo in den Pliniusbriefen unter Nennung weiterführender Literatur vgl. oben Anm. 314. Dies hat Maniet (1966: 171–174) unter Einbezug mannigfacher Belegstellen herausgearbeitet. Vgl. darüber hinaus Plin. epist. 2,7,6: Amavi consummatissimum iuvenem tam ardenter quam nunc impatienter requiro. Zu weiteren Belegstellen vgl. auch ThLL 2 (1900–1906: 482,34–488,47, hier bes. 487,71–488,37 s. v. ardens). Vgl. dazu in der Forschung auch Brown (1987: 134) und Sommariva (1980:

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________________________________________________ seiner uxor ist der entscheidende Unterschied zu all den anderen Briefen des plinianischen Briefcorpus, in dem das Brief-Ich sich um die Gesundheit seines mitunter ebenfalls in der Ferne weilenden Umfeldes sorgt. Zwar spricht das Brief-Ich in diesen Schreiben explizit von Sehnsucht, gibt jener aber dort – anders als im vorliegenden Brief (desiderarem) – keinen sexuellen Anstrich. Die Sehnsucht des plinianischen Brief-Ichs nach seinem engeren Umfeld – ein zentrales Motiv im sechsten Buch der Pliniusbriefe (vgl. Gibson – Morello 2012: 54) – kann sich sowohl auf Familienmitglieder (vgl. hier exemplarisch Plin. epist. 4,1,1f.) als auch auf enge Freunde (vgl. hier exemplarisch Plin. epist. 6,1,1) und sogar auf Sklaven beziehen. Eine Begründung gibt Hindermann (2010: 47), wonach der pater familias für die rechtlich von ihm Abhängigen (hierzu zählen sowohl Sklaven als auch die eigene Ehefrau) habe Sorge tragen müssen.708 Die Sehnsucht nach dem persönlichen Umfeld, speziell den Freunden, ist nicht ein originär plinianisches Motiv, sondern findet sich bereits in den Briefen Ciceros. Diesbezüglich sticht Buch 16 der Sammlung Ad familiares heraus, in dem Cicero insgesamt sechsundzwanzig Briefe an den im Jahre 53 v. Chr. freigelassenen Sklaven Marcus Tullius Tiro, seinen Privatsekretär, adressiert.709 In eben diesen Cicerobriefen geht es vielfach um die angeschlagene Gesundheit Tiros, die Cicero Sorgen bereitet (vgl. dazu bes. Cic. fam. 16,4,3: Innumerabilia tua sunt in me officia, domestica, forensia, urbana, provincialia, in re privata, in publica, in studiis, in litteris nostris; omnia viceris si, ut spero, te validum videro.).710 Überdies bekennt Cicero – vor allem zu Beginn des sechzehnten Buches von Ad familiares – unverhohlen, sich nach eben diesem Marcus Tullius Tiro in dessen Abwesenheit zu sehnen (vgl. bes. Cic. fam. 16,1,1: Paulo

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133). Vgl. auch Wildberger (1998: 280–282, hier 280): „Nach Lukrez ist Liebe die irrige und zugleich quälende Vorstellung, man könne allein bei einer bestimmten Person sein sexuelles Verlangen befriedigen.“ Vielsagend setzt der amator in den ovidischen Amores seine puella mit einer Flamme gleich; vgl. dazu id. 2,16,11f.; vgl. in der Forschung unter Aufarbeitung des literarischen Hintergrundes auch McKeown III (1998: 338). Baeza-Angulo (2015a: 78 mit dortiger Anm. 59). Ders. (2017: 299f.). Vgl. ebenfalls sexuell konnotiert Cat. c. 45,16; id. 62,23. Vgl. dazu auch unter Nennung weiterer Belegstellen im plinianischen Briefcorpus Heberlein – Slaby (1991: 545f.). Vgl. dazu exemplarisch Büchner (1939: 1193); vgl. in der jüngeren Forschung Lefèvre (2009: 189). Vgl. ähnlich Cic. fam. 16,1,2; id. 16,13.

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________________________________________________ facilius putavi posse me ferre desiderium tui, sed plane non fero et, quamquam magni ad honorem nostrum interest quam primum ad urbem me venire, tamen peccasse mihi videor qui a te discesserim.). Dieser Einblick in die ciceronische Gefühlswelt kann als möglicher literarischer Impuls für das explizit geäußerte desiderium des Plinius gegenüber seinen Sklaven und Freunden gedeutet werden.711 In dem plinianischen Ehebrief 6,4 bekennt der maritus, sich nach seiner Gattin auch dann zu sehnen, wenn diese gesund und bei Kräften wäre (equidem etiam fortem te non sine cura desiderarem),712 wobei dem Präpositionalausdruck non sine cura – das legt der Zusammenhang nahe – keine direkte erotische Note verliehen wird: Alles ist der Sorge um die Gesundheit Calpurnias untergeordnet.713 Dennoch besteht hier vor dem 711

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Vgl. ähnlich Cic. fam. 16,1,3: Nos ita desideramus ut amemus. Amor ut valentem videamus hortatur, desiderium ut quam primum. In diesem im Jahre 50 v. Chr. auf Ciceros Rückreise von Kilikien an den in Patrai krank zurückgebliebenen Tiro verfassten Brief zeigt sich die innige Verbindung zu seinem Sekretär; zu diesem und den anderen auf eben dieser Reise entstandenen Epistulae an Tiro vgl. Gelzer (1939: 988): „Die darin sich bekundende, herzliche Fürsorge zeigt Cicero von seiner menschlich liebenswertesten Seite.“ Dabei hat die Forschung die vergleichbar innige freundschaftliche Verbundenheit zwischen Plinius und Calestrius Tiro (neben Plin. epist. 6,1 noch Adressat der Briefe 1,12; 6,22; 9,5) auf der einen bzw. die zwischen Cicero und seinem Tiro auf der anderen Seite in den Fokus gerückt. Vgl. dazu Beard (2002: 124 mit dortiger Anm. 67) und Henderson (2002: 212 mit dortiger Anm. 32). Vgl. auch Gibson – Morello (2012: 42. 52). In diesem Kontext warnt Lefèvre (2009: 189) davor, den Vergleich zwischen den Tiro-Briefen zu überdehnen: „Ciceros Tiro-Briefe sind für Plinius eine große Hürde. Er strebt nicht an, sie zu überwinden; es genügt ihm, aus der Ferne seinem unerreichbaren Vorbild zu folgen.“ Vgl. auch id. 111–122. Die Wortfolge etiam fortem te steht verkürzt statt eines irrealen Konditionalsatzes (etiam si fortis esses). Durch fortem wird – anders als es zum Abfassungszeitpunkt der Epistel der Fall war – die vollkommene Gesundheit und die damit verbundene uneingeschränkte körperliche Widerstandsfähigkeit Calpurnias angezeigt; vgl. dazu auch Zenoni (1924: 213). Poteat (1937: 114). Carlon (2016: 94); in dieser Bedeutung in der plinianischen Briefsammlung noch u. a. Plin. epist. 4,7,1; id. 7,23,1. Zur grundsätzlichen Bedeutung von cura in den Pliniusbriefen vgl. Philips (1986: 57). Demzufolge ist cura, die sowohl die Fürsorge als auch die Aufsicht meint, ein Terminus der Rechtssprache und bezeichnet häufig die Sorge des Vormunds; vgl. dazu auch Hauser (1954) und Hellegouarc’h (1972: 252f.). Letzteres unterstreicht das in den Ehebriefen des Plinius zugrunde gelegte hie-

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________________________________________________ Hintergrund des Gesamtkontextes dieser Epistel eine Assoziationsoffenheit, da sich der kundige Leser abermals an die römische Liebeselegie erinnert fühlt, in der die Liebenden die cura als qualvolle Leidenschaft erleben, die durch die räumliche Trennung von der Partnerin bzw. von dem Partner eine gravierende Verstärkung erfährt. Der Trennungsschmerz und das damit einhergehende desiderium des maritus sind Elemente, welche die vorliegende Epistel 6,4 mit den beiden anderen Ehebriefen an Calpurnia aus dem sechsten Epistelbuch verbinden (vgl. dazu Plin. epist. 6,7,2: ad desiderium tui accendor; Plin. epist. 7,5,1: Incredibile est quanto desiderio tui tenear). Überhaupt ist das sechste Buch der Pliniusbriefe von dem zentralen Aspekt der räumlichen Trennung und den damit verbundenen Folgen durchwirkt.714 Auch in der Liebeselegie schwingt im desiderium des Liebenden – ähnlich wie im Fall des Plinius – die Sorge um die abwesende Partnerin mit.715 Ferner ist der von Plinius in Epistel 6,4,3a verwendete Begriff cura als Zeichen heftigster Leidenschaft charakteristisch für die erotischen Lehren Ovids (vgl. z. B. Ov. ars 2,357f.) und Lukrezens (vgl. bes. Lucr. 4,1060f.1067): „Unter cura verstehen sie die angestaute, unbefriedigte Libido, die auf eine bestimmte Person fixiert ist.“ (Wildberger 1998: 271)716 Nach dem freimütigen Liebesbekenntnis kehrt das Brief-Ich wieder zurück zu der umfassend angelegten Beschreibung seiner Angst um die gesundheitlich angeschlagene Gattin (vgl. Plin. epist. 6,4,4a: Nunc vero me cum absentiae tum infirmitatis tuae ratio incerta et varia sollicitudine exterret.). Der Terminus infirmitas ist allgemein gehalten und lässt keine Rückschlüsse auf das tatsächliche gesundheitliche Leiden Calpurnias

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rarchische Verhältnis zwischen maritus und uxor. Vgl. dazu Gibson – Morello (2012: 53–68). Vgl. dazu auch Pichon (1966: 127 s. v. desiderium); vgl. in der römischen Liebesdichtung bes. Ov. rem. 646. Diese Sehnsucht kann in der Elegie von beiden Geschlechtern empfunden werden; exemplarisch sei verwiesen auf die sich nach ihrem Gatten Lycotas verzehrende Arethusa (vgl. Prop. 4,3,27f.: Diceris et macie vultum tenuasse: sed opto / e desiderio sit color iste meo.). Zu diesem Distichon vgl. Buono (2013: 109); zu weiterführender Literatur bzgl. Prop. 4,3 vgl. in der vorliegenden Studie unten Anm. 766. Vgl. dazu auch Ov. rem. 729–734. Zur eindringlichen Warnung Ovids vor einer zu langen Trennung der Liebenden vgl. Ov. ars 2,339–358; vgl. auch mit weiteren Belegstellen Janka (1997: 281f.). Zu Belegstellen von cura als eines terminus technicus der römischen Liebeselegie vgl. Baeza-Angulo (2015a: 77 mit dortiger Anm. 53).

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________________________________________________ zu.717 War bereits zuvor das Synonympaar suspensum et anxium ein untrüglicher Ausweis für den sorgengeplagten maritus, wird dies durch das exponiert an den betonten Satzschluss gestellte Prädikat exterret nochmals gesteigert.718 Letzteres erhält besondere Ausdruckskraft durch den von einem weiteren Hendiadyoin begleiteten Zusatz incerta et varia sollicitudine. Der Begriff sollicitudo ist laut OLD II (2012: 1968) ein Ausdruck innerer Unruhe (vgl. dazu auch Menge 1988: 7, § 11 s. v. sollicitare). Er erscheint im plinianischen Briefcorpus an zahlreichen Stellen (vgl. Heberlein – Slaby 1991: 2611f.) und findet auch dezidiert im Zusammenhang der emotionalen Aufregung angesichts der Krankheit von Freunden Verwendung (vgl. dazu exemplarisch Plin. epist. 1,22,11; id. 9,22,1). Es ist bezeichnend, dass auch dieser Begriff – wie bereits einige zuvor in Epistel 6,4 – eine sexuell konnotierte Bedeutungsebene aufweist. Demgemäß kann das von sollicitudo abgeleitete Verb sollicitare laut OLD II (2012: 1968 s. v. sollicito, 5c) auch die sexuelle Erregung bedeuten (vgl. dazu Ov. Pont. 3,3,50; Suet. Cal. 12,2; id. Galba 5,1). Besonders aufschlussreich ist an der vorliegenden Briefstelle 6,4,4a die Verbindung mit dem Attribut incerta: Unter Bezugnahme auf Ov. ars 3,718 kann die Liebe auch unstet sein: Nunc iuvat: incertus pectora versat amor. Insofern sollte Plinius gewarnt sein. Zwar erklärt sich in Epistel 6,4 die innere Unruhe des Ehemannes aus der Abwesenheit der Gattin, hauptsächlich aus ihrer Erkrankung (cum ab-

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Zum kaiserzeitlichen Terminus infirmitas zur Bezeichnung der infirmitas valetudinis vgl. grundlegend ThLL 7.1 (1934–1964: 1433,34–1434,9); vgl. auch OLD I (2012: 989f.). Vgl. in der römischen Literatur exemplarisch Tac. dial. 23,1. Dieser Begriff findet sich – ebenfalls immer unspezifisch – im plinianischen Briefcorpus laut Heberlein – Slaby (1991: 1255f.) noch Plin. epist. 5,19, 2.6; 6,29,6; 7,21,1; 8,16,1; 8,19,1; 10,11,1. Zur medizinischen Versorgung in der Antike vgl. Krug (1984). Vgl. dazu auch unter Nennung zahlreicher antiker Belegstellen Weeber (2003a: 253–255 s. v. medizinische Versorgung). Speziell zur Frauenmedizin in der Antike vgl. Schubert – Huttner (1999). Zur Wirkkraft des Verbs exterrere, das als Intensivum zu terrere im vorliegenden Ehebrief 6,4 aus dem Wortfeld der Angst und Sorge heraussticht, vgl. ThLL 5.2 (1931–1953: 2026,54–2027,30). Vgl. auch OLD II (2012: 724). Vgl. in der plinianischen Briefsammlung noch Plin. epist. 1,5,8 (hier bezogen auf Plinius’ Intimfeind Regulus, der angesichts seines schlechten Gewissens aufgeschreckt wird) und id. 6,16,8 (hier bezogen auf eine gewisse Rectina, die um ihr am Fuße des ausbrechenden Vesuvs liegendes Haus bangt).

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________________________________________________ sentiae tum infirmitatis tuae ratio),719 doch treibt das Brief-Ich noch viel mehr um als nur die bloße Abwesenheit seiner kränkelnden Ehefrau (incerta et varia sollicitudine). Markant ist die Verwendung von ratio in diesem Kontext, da es im Gegensatz zu anderen zentralen Begriffen im vorliegenden Satz (vgl. bes. incerta, sollicitudo, exterrere) unaufgeregt wirkt, keine sexuelle Konnotation aufweist und das vernunftgeleitete Nachdenken kennzeichnet (zu jener Bedeutung an dieser Stelle vgl. OLD II 2012: 1736 s. v. ratio, 8; vgl. auch Menge 1988: 110, § 183 s. v. ratio). Dies wird aber dadurch entwertet, dass ratio sich hier der sollicitudo gegenübersieht, die – unterstützt durch das Intensivum exterrere und nicht zuletzt durch das bewusst zweideutige Attribut incerta – übermächtig wirkt, folgerichtig von den Emotionen des maritus Besitz ergreift und diesen bis zum Briefende nicht wieder loslässt. Letzteres wird im Folgenden ausführlich geschildert (vgl. Plin. epist. 6,4,4b: Vereor omnia, imaginor omnia, quaeque natura metuentium est, ea maxime mihi quae maxime abominor fingo.). Dass der Phantasie des plinianischen Brief-Ichs in dessen Angst keine Grenzen gesetzt sind, belegt das zweite Prädikat im vorliegenden Asyndeton: imaginor. Gemäß ThLL 7.1 (1934–1964: 403,72– 404,15 s. v. imaginari) und OLD I (2012: 913) wird hier die Vorstellungskraft des Plinius betont (vgl. im plinianischen Briefcorpus exemplarisch noch Plin. epist. 1,14,9b; 5,6,7; 8,6,11). Dass die Junktur imaginor omnia vollständig auf Calpurnia abzielt, legt der Kontext dieser Epistel nahe und wird durch eine intertextuelle Referenz auf den letzten der drei Ehebriefe bestätigt, wo das plinianische Brief-Ich darüber klagt, in den Nächten keinen Schlaf zu finden, da es ständig die imago seiner Calpurnia vor Augen habe (vgl. Plin. epist. 7,5,1: Magnam noctium partem in imagine tua vigil exigo.). Unter Rückgriff auf das Verb metuere, das laut Menge (1988: 7, § 11) auf die „Furcht des Vorsichtigen“ hinweist, entschuldigt sich Plinius für seine übermäßig wirkende Sorge und begründet dies mit seiner ihm vorgeblich angeborenen Furchtsamkeit (quaeque natura metuentium est), die nicht getadelt werden könne (vgl. dazu auch Menge 1988: ibid.).720 Ferner spielt Plinius erneut auf die römische Liebesdichtung an, in der das Verb 719

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Zur plinianischen Nutzung des elegischen Topos des Trennungsschmerzes angesichts der absentia amantis vgl. in der vorliegenden Studie unter expliziter Berücksichtigung des zur gleichen Wortfamilie gehörenden Verbs abesse das Kapitel 4.2.3.4 mit der damit verbundenen Anm. 843. In dieser Bedeutung im plinianischen Briefcorpus noch Plin. epist. 6,16,16.

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________________________________________________ metuere häufig herangezogen wird, um die Angst des amator vor einem Seitensprung der puella zu kennzeichnen (vgl. dazu exemplarisch Cat. c. 15,9f.: Verum a te metuo tuoque pene / infesto pueris bonis malisque; vgl. auch Ov. trist. 4,3,9–14: Inque meam nitidos dominam convertite vultus, / sitque memor nostri necne, referte mihi. / Ei mihi, cur timeam? Quae sunt manifesta, requiro. / Cur labat ambiguo spes mea mixta metu? Crede, quod est et vis, ac desine tuta vereri, / deque fide certa sit tibi certa fides.).721 Furcht ist ein Grundaffekt elegischen Empfindens, im Speziellen die erotische Furcht, die auch als Eifersucht bezeichnet werden kann. Letztere ist ein Indiz für den leidenschaftlichen amor (vgl. dazu Prop. 3,8, 15–18). Eifersucht – zumeist basierend auf sorgenvoller Angst, Sehnsucht, Minderwertigkeitsgefühlen und Misstrauen – ist ein unverzichtbarer Bestandteil des elegischen Konzeptes.722 In der Pliniusforschung haben bislang nur Stärk (1995: 128) und Haltenhoff (2011a: 319f.) die Eifer721

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Vgl. dazu auch Ov. ars 1,754; id. 3,659. Allgemein zu den Ängsten des Plinius vgl. in der Forschung Hoffer (1999) und Gibson (2014). Dass Plinius hier in persona seines Brief-Ichs im Sinne des „fishing for compliments“ Understatement betreibt und Calpurnia mit seiner Fürsorge beeindrucken will, liegt auf der Hand. Zur Technik des Understatements im plinianischen Briefcorpus vgl. exemplarisch Ludolph (1997: bes. 195–198, hier 197): „Typisches Beispiel solcher Selbstverkleinerung ist das Understatement, das ‚Fishing for compliments‘, das durch übertriebene Bescheidenheit zur Behauptung des Gegenteils führen soll.“ Vgl. dazu exemplarisch Tib. 1,3,83–94; Prop. 1,6,5–15; 1,8,3f.; 1,11; 1,12; 2, 6,13f.; 2,34,17–20; 4,5,37–40; Ov. am. 1,8,95–100, hier bes. 95f.: Ne securus amet nullo rivale caveto: / non bene, si tollas proelia, durat amor. Zu der Eifersucht als einem zentralen Element der ovidischen Ars vgl. Ov. ars 2,535– 600; id. 3,593–600. Zur Eifersucht als Anreiz vgl. Ov. ars 2,435–492, hier bes. 435f.: Sunt quibus ingrate timida indulgentia servit, / et, si nulla subest aemula, languet amor; vgl. auch id. 443f.: sic, ubi pigra situ securaque pectora torpent, / acribus est stimulis eliciendus amor. Vgl. dazu auch Wildberger (1998: 278–292). Speziell zur Eifersucht der amatores vgl. Ov. ars 2,493–624. Vgl. dazu Wildberger (1998: bes. 293–311). Mit der Eifersucht geht das in der Elegie häufig anzutreffende Phänomen der Selbsttäuschung einher; vgl. dazu bes. Tib. 1,2,41.55f.; Prop. 3,24,5f.; Ov. am. 2,2,55–62. Ovid versteht diese Art der Selbsttäuschung als Teil seiner elegischen Rolle. Vgl. dazu Ov. am. 2,11,53f.; der Ich-Sprecher fordert die puella sogar dazu auf, dass sie ihn täuschen solle (vgl. auch Ov. am. 1,4,69f.); zur Kommentierung dieses Distichons unter Nennung weiterer Parallelstellen vgl. McKeown III (1998: 260f.). Zur Selbsttäuschung in der Elegie unter bes. Berücksichtigung der Perspektive Ovids vgl. Lilja (1978a: 169–172) und Fränkel (1970: 269).

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________________________________________________ sucht des plinianischen Brief-Ichs konstatiert. Ovid hebt in der Ars sogar hervor, dass Eifersucht für einen amor longus unabdingbar sei (vgl. Ov. ars 2,425–466; id. 3,589–610), zumal die amatores durch offenes Bekennen ihrer cura amoris der puella ihre Leidenschaft beweisen (vgl. dazu exemplarisch Ov. am. 2,5).723 In den ovidischen Heroïdes wird im Sinne einer „retorica della potenzialità“ (Spoth 1992: 57) vor allem das Unbestimmte, Unbegründete und Allumfassende in der oftmals grundlosen Eifersucht der Heroinen betont. Mit dem in Plin. epist. 6,4,4b abermalig erfolgten Verweis auf seine Angst um Calpurnia wird das Brief-Ich als ein maritus inszeniert, der immer mehr in einen emotionalen Ausnahmezustand gerät: Laut OLD II (2012: 2244) verweist vereor an dieser Textstelle mit Sorge und Angst auf eine drohende Gefahr (vgl. ähnlich Sen. benef. 4,24,2; Sen. Phoen. 492). Welche Gefahr der maritus hier meint (und zwar die der Untreue seiner Gattin), wird deutlich, wenn eine intertextuelle Referenz herangezogen wird, an die Plinius sich erstaunlich eng anlehnt (vgl. Ov. epist. 19,109: Omnia sed vereor! Quis enim securus amavit?). Überhaupt ist augenfällig, wie sehr Plinius sich von der ovidischen Darstellung der Liebespein Heros, die ihren Geliebten Leander herbeisehnt,724 hat inspirieren lassen; vgl. dazu Ov. epist. 19,107–115: Nec quia venturi dederis mihi signa doloris, haec loquor, aut fama sollicitata nova, omnia sed vereor! Quis enim securus amavit? Cogit et absentes plura timere locus. Felices illas, sua quas praesentia nosse crimina vera iubet, falsa timere vetat. Nos tam vana movet, quam facta iniuria fallit, incitat et morsus error uterque pares. O utinam venias!

In dem plinianischen Ehebrief 6,4 ist es der maritus, der die große Distanz zu seiner Geliebten nur schwer ertragen kann (vgl. dazu die inter723

724

Vgl. dazu auch McKeown III (1998: 85–107). Vgl. auch Ov. am. 2,7; id. 2,8. Vgl. ferner Ov. am. 2,16,11–18; Ov. trist. 4,3,9–14. Zur Intention der Eifersuchtsreflexionen Properzens vgl. Prop. 1,7,13f. Eine Auslegung unter bes. Berücksichtigung der Daseinsdeutung von Liebe, Leid und Tod im Mythos von Hero und Leander hat Drewermann (2013: 311– 331) vorgelegt.

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________________________________________________ textuelle Referenz Ov. epist. 19,110: Cogit et absentes plura timere locus). Dabei bezichtigt das Brief-Ich seine Calpurnia – ähnlich wie Hero ihren Leander (vgl. Ov. epist. 19,107f.) – nicht der Untreue, dennoch ist dieser Gedanke bei Paaren in Zeiten räumlicher Trennung nicht gänzlich zu verdrängen. Während die Wortwahl (vgl. z. B. Ov. epist. 19,108: sollicitata; id. 19,109: securus) offenkundig miteinander verwandt ist, verzichtet das plinianische Brief-Ich – anders als das lyrische Ich in der ovidischen Darstellung – darauf, Calpurnia zur Rückkehr zu ermahnen. Auch in rhetorischer Hinsicht ist der Passus Plin. epist. 6,4,4b kunstvoll durchformt: Beginnend mit einem weiteren Begriff aus dem Wortfeld Angst (vgl. auch die sich dadurch ergebende Iuxtaposition der beiden exponierten Prädikate exterret und vereor) steigert das Brief-Ich sich unter Rückgriff auf ein parallel aneinandergereihtes, mit einer Epipher und einem Homoioteleuton versehenes Asyndeton (vereor omnia, imaginor omnia) in einen Zustand hinein, der neben Angst, Fürsorge und Sehnsucht augenscheinlich auch Misstrauen und Eifersucht umfasst: Ea maxime mihi quae maxime abominor fingo. Die Furcht des maritus beginnt, sich um sich selbst drehend, ziellos alle Möglichkeiten zu streifen. Diesem Umstand verleiht das Brief-Ich auch klanglich durch die Verwendung des Periodenschlusses aus Creticus und Spondeus Ausdruck: ... quae maxime abominor fingo.

Dass der maritus sich etwas vorstellt, was nicht unbedingt der Realität entsprechen muss, belegt das exponiert am Satzschluss positionierte Prädikat fingo.725 Der maritus will sich hier also selbst täuschen und lässt vor seinem geistigen Auge etwas entstehen (z. B. einen etwaigen sogenannten Seitensprung seiner Gattin), damit er in seinem von Angst besetzten Phantasiegebilde bestätigt wird.726 Dieser Kontext erinnert an die erste Elegie der ovidischen Heroïdes, in der Penelope sorgenerfüllt an den auf dessen Irrfahrten befindlichen Odysseus schreibt, wobei sie insgesamt nur drei725 726

Zu dieser Bedeutung vgl. Menge (1988: 36, § 55 s. v. fingere). Vgl. dazu in der plinianischen Briefsammlung exemplarisch Plin. epist. 7,27,7. Auch in Tibulls Elegien tritt dem Leser die Fiktion als elegische Weltsicht entgegen; vgl. dazu bes. Tib. 1,5,19f.35; 1,8,65f.; 2,6,51f.; zur Angst vor der Untreue des Partners bzw. der Partnerin vgl. exemplarisch Prop. 1,11,17–20; id. 2,34,20; Ov. am. 1,4,43–46; 1,8,97f.; 1,10,7–9; Ov. epist. 10,98; id. 16,174. 216.233; Ov. ars 2,445; id. 3,455.699.720.

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Kap. 4 Plinius als maritus im Spiegel seiner Ehebriefe

________________________________________________ mal von Liebe spricht (Ov. epist. 1,12.22f.), demgegenüber aber mehrfach von timor, metus und cura (vgl. Ov. epist. 1,21f.: Denique quisquis erat castris iugulatus Achivis, / frigidius glacie pectus amantis erat.), einmal sogar von demens (vgl. id. 1,71f.: Quid timeam ignoro; timeo tamen omnia demens / et patet in curas area lata meas.).727 Ähnlich wie in dieser Elegie wird im plinianischen Ehebrief 6,4 die Angst zum Prinzip. Eben dieser Angst wird erst im folgenden Ehebrief (Plin. epist. 6,7) – wenn auch nicht vollständig – abgeholfen.728 Vor allem das betont am Schluss positionierte und zu seinem Pendant des Satzanfangs (vereor) einen thematischen Rahmen bildende Prädikat fingo, die Geminatio des Superlativadverbs maxime und die damit evozierte Alliteration maxime mihi unterstreichen, dass der Vorstellungskraft des zurückgelassenen Ehemannes keine Grenzen gesetzt sind, wobei die Wortfolge ea […] quae maxime abominor die Angst vor einem möglichen Ehebruch seiner Gattin mit einem Nebenbuhler andeutet. Wie eindringlich der maritus sich wünscht, von seinen Ängsten sowohl hinsichtlich des Gesundheitszustandes als auch hinsichtlich der möglichen Untreue seiner Gattin befreit zu werden, markiert die sakrale Konnotation, die abominor als Prädikat des Relativsatzes aufweist.729 Ohne diese Möglichkeit in Worte zu kleiden, steht sie dennoch im Raum – sowohl begünstigt durch die Anspielung auf ein zentrales Motiv der römischen Liebesdichtung als auch durch die potentielle Mehrdeutigkeit des an dieser Stelle herangezogenen Vokabulars: Die Worte und Gedanken des Brief-Ichs gewinnen ihre Bedeutung aus dem Kontext der Darstellung. 727

728

729

Vgl. dazu auch Spoth (1992: 53): „Wie die Furcht (als Grundverfassung des elegisch Liebenden) die Liebe gleichsam überwächst, zeigt der PenelopeBrief.“ Vgl. dazu Ov. epist. 1,75–78 (Penelope an Odysseus): Haec ego dum stulte meditor, quae vestra libido est, / esse peregrino captus amore potes. / Forsitan et narres, quam sit tibi rustica coniunx, / quae tantum lanas non sinat esse rudes. Vgl. daneben in den Heroïdes auch Ov. epist. 2,103f.; 3,35–38; 3, 113–118; 7,19f.; 19,101–118. Hierzu passt, dass die elegische Liebe sich selbst als furor begreift; vgl. dazu Stroh (1983: 222. 230f.). Dies ist vergleichbar mit Prop. 1,8,23–26: Nec me deficiet nautas rogitare citatos / 'dicite, quo portu clausa puella mea est?', / et dicam 'Licet Atraciis considat in oris, / et licet Hylaeis, illa futura mea est'. Zu dieser Bedeutungsebene vgl. auch Carlon (2016: 94): „avert by prayer“. Vgl. dazu auch ThLL 1 (1900: 124,20–44 s. v. abominor) und Menge (1988: 7, § 11b s. v. abominari). Zu dieser Bedeutung im plinianischen Briefcorpus vgl. noch Plin. epist. 6,22,7. Vgl. dazu auch Lagergren (1872: 128).

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________________________________________________ § 5: Briefschluss einschließlich Epilog (= briefinterner Paratext) Das Grundthema dieses Ehebriefes – Angst und Fürsorge um die Gattin – setzt sich auch im Briefschluss fort (vgl. bes. das Polyptoton timori … timebo zu Beginn bzw. Ende der Epistel),730 erhält jedoch eine Nuancierung: Nicht mehr die Klage als solche steht nunmehr im Vordergrund, sondern die Frage, wie dieser für den maritus unerträgliche emotionale Zustand behoben werden kann. Zu diesem Zweck bittet das Brief-Ich die junge uxor unter Einbezug eines eindringlich wirkenden Komparativadverbs (impensius) darum, ihm täglich einen oder möglichst sogar – zu beachten ist die erneute, mit einer Correctio (vel) einhergehende Steigerung im Konjunktionaladverb etiam – zwei Briefe zu senden (vgl. Plin. epist. 6,4,5a: Quo impensius rogo, ut timori meo cottidie singulis vel etiam binis epistulis consulas.). Das Komparativadverb impensius ist nachklassisch und wird bei Verben des Bittens und Anliegens als Synonym für das gebräuchlichere vehementius gesetzt.731 Dass impensius in der römischen Literatur zur Markierung von Gefühlen herangezogen wurde, weist OLD II (2012: 926) nach (vgl. dazu exemplarisch Cic. fam. 13,64,1; Ov. met. 2,405). Nachvollziehbar ist die Bemerkung von Zenoni (1924: 214), wonach in Plin. epist. 6,4,4b das leidenschaftliche Moment im Adverb impensius nicht zu übersehen ist. Demzufolge sei es wie folgt zu übersetzen: „con ardore“.732 Die Junktur vel etiam bezeichnet hier die steigernde Correctio im Zusammenhang mit zwei Begriffen (singulis vel etiam binis epistulis).733 Merrill (1919: 332) gibt zu bedenken, dass nicht zweimal täglich Post von Kampanien nach Rom versendet werden könne. Dabei jedoch verkennt er, dass Plinius hier Humor beweist und deshalb diese Correctio als scherzhafte Hyperbel verstanden wissen will.734 Das Verb 730

731

732

733 734

Vgl. in diesem Kontext Ovid, der timor als Synonym für amor nutzt (Ov. am. 1,10,9–14). Vgl. darüber hinaus zum untrennbaren elegischen Konnex von timere und Eifersucht auch Pichon (1966: 280 s. v. timere). Vgl. dazu auch Döring II (1843: 7). In Verknüpfung mit Worten des Bittens und Forderns findet sich impensius noch Plin. epist. 9,13,1; vgl. auch Sen. contr. 1,2,3; Tac. ann. 3,16. Das einleitende quo steht – obligatorisch bei Plinius (vgl. dazu unter Nennung diverser Parallelstellen Whitton 2013a: 152 s. v. quo magis) – stellvertretend für ut vor einem Komparativ und fungiert hier als relativischer Satzanschluss. Vgl. ähnlich Plin. epist. 1,10,11. Vgl. dazu grundlegend KS II, 2, 109, § 169, 4. Vgl. ähnlich Lefèvre (2009: 206 mit dortiger Anm. 145). Vgl. auch Poteat

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________________________________________________ consulere im Sinne eines harten Vorgehens gegen eine Person oder Sache (hier gegen den timor des plinianischen Brief-Ichs) wäre klassisch mit der Präposition in und folgendem Akkusativ (seltener mit der Präposition de und Ablativ) zu erwarten (vgl. dazu KS II, 1, 337, § 76, 14). An dieser Stelle jedoch wird consulere von einem Dativ-Objekt gefolgt und hätte dementsprechend die Bedeutung „für etwas sorgen“ (vgl. KS: ibid.).735 Dieser Widerspruch in den Wortbedeutungen von consulere (auf der einen Seite das harte Vorgehen gegen die Angst, auf der anderen Seite das Evozieren eben dieser) wird von Plinius bewusst genutzt, um das am Briefschluss paradox anmutende Verhalten seines Brief-Ichs zu untermalen. Denn die Briefe Calpurnias bewirken in diesem sowohl Entspannung als auch neue Furcht (vgl. Plin. epist. 6,4,5b: Ero enim securior dum lego, statimque timebo cum legero.). Zugleich verbindet Plinius an nämlicher Stelle eine persönlich-existentielle mit einer epistolographischen Intention: Sein Brief-Ich verlangt von Calpurnia zur Bewältigung seiner vielschichtigen Sorgen, die allesamt auf die Abwesenheit der gesundheitlich angeschlagenen Ehefrau zurückzuführen sind, Briefe, die ihm als solacia bzw. remedia dienen sollen; auch wenn dies als Topos in der antiken Epistolographie verstanden werden kann (vgl. Thraede 1970: 61–65), ist Plinius hier daran gelegen, die Bedeutung des Briefes als eines probaten Mediums der Kommunikation zweier räumlich getrennter Partner hervorzuheben. Aus seiner Warte heraus sind einzig die epistulae imstande, die Distanz zwischen den Liebenden zu überbrücken. Dies schränkt Plinius insofern wieder ein, als er freimütig zugibt, dass seine ihn als maritus plagenden Ängste durch Calpurnias Briefe nur für einen kurzen Zeitraum – und zwar während der aktiven Lektüre – abgemildert werden, danach jedoch wieder voll entbrennen (vgl. Plin. epist. 6,4,5b: Ero enim securior dum lego, statimque timebo cum legero.). Der plötzliche Umschwung der plinianischen Emotionen zwischen dem Gefühl der Sicherheit (securior) und der nach Abschluss der Brieflektüre sofort wieder einsetzenden Angst unterstreicht die hier adversativ verwendete Kopula -que.736 Der Briefschluss dokumentiert die epistolographische Absicht; vgl. dazu auch De Pretis (2003: 136f.):

735 736

(1937: 115): „Probably she interpreted Pliny’s insistence as a particularly charming husbandly way of expressing deep concern and affection.“ Zur Verbindung von consulere mit einem indirekten Dativ-Objekt vgl. auch Allen – Greenough (2000: 221, § 367, c). Zum adversativen Gebrauch dieser Kopula vgl. LHS II, 2, 2, 481, § 256, d.

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________________________________________________ It is its setting and subject matter, and it defines its characters. […] It is a circular motion: the writer sets out to tell about himself/herself to the correspondent, but a correspondent who is not there and hence has to be recreated in the text; the addressee’s image, in turn, influences the writer’s image as he/she constructs it in the letter.

Vor allem die in Plin. epist. 6,4,5 paradox anmutende Dichotomie aus Überbrückung und Verschärfung der leidenschaftlichen Sorge um die abwesende Gattin lässt vor dem geistigen Auge der Adressatin bzw. der Leserschaft den Eindruck entstehen, als sei die Trennung aufgehoben und die beiden Getrennten wiedervereint. Zugleich wird in der Adressatin die Sehnsucht nach dem Absender geweckt. Kurzum: Liebe als leidenschaftliche, untrennbar mit der menschlichen Natur verbundene Emotion kann für die Gattung Brief ein zentrales Element darstellen. Unter dieser Prämisse ist der Brief imstande, zu einem Ersatz für die Geliebte bzw. für den Geliebten zu werden und auf diesem Wege die Linderung, zugleich aber auch die Verschärfung der Liebesqualen zu bewirken.737 Da die Lektüre von Briefen das zentrale, weil essenzielle Anliegen des Plinius in diesem Ehebrief darstellt, richtet sich auch die sprachlich-stilistische Gestaltung danach aus: Ein hinsichtlich seiner Abfolge parallel angeordnetes Wortspiel, das in Anlehnung an den Briefeingang aut proficiscentem te … prosequi aut profectam (te) … subsequi (Plin. epist. 6,4,1) mit den Tempora der Prädikate der Subjunktionalsätze spielt, verdeutlicht die kaum zu unterschätzende Wirkkraft der Brieflektüre (dum lego – cum legero). Diese Tatsache schlägt sich auch klanglich in der Verwendung der vierten Hauptform des metrischen Klauselsystems nieder (Hypodochmius): ... timebo cum legero. (4 β γ)

Überdies ist der Briefschluss – wie später auch in den Episteln 6,7,3c und 7,5,2 zu beobachten sein wird – in ein Paradoxon gekleidet, das vom Spannungsverhältnis der widerstreitenden Gefühle der Sicherheit (ero securior)738 und der Angst (timebo) lebt. Das erinnert an eine intertextuelle 737 738

Vgl. dazu Altman (1984: bes. 14–20). Vgl. in Anlehnung an Altman zuletzt auch De Pretis (2003: bes. 136f.) und Carlon (2009: 168). Laut OLD II (2012: 1899) und Menge (1988: 200, § 352 s. v. securus) bezeichnet securus die Sorglosigkeit auch da, wo der Protagonist Furcht emp-

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________________________________________________ Referenz auf die Tristia Ovids, dessen lyrisches Ich sich bei dem Gedanken an seine in Rom zurückgebliebene, ihm treu ergebene Ehefrau zwischen dankbarer Erleichterung und Trauer ob der räumlichen Trennung hin- und hergerissen fühlt (vgl. Ov. trist. 3,4,59–62: Coniugis ante oculos, sicut praesentis, imago est. / Illa meos casus ingravat, illa levat: / Ingravat hoc, quod abest; levat hoc, quod praestat amorem / inpositumque sibi firma tuetur onus.). In der hier untersuchten Briefstelle wird auf diese emotional aufwühlende Lage angespielt – eine Lage, die den in der Verbannung befindlichen Ovid in seiner Existenz real bedroht. Plinius weiß diese grundsätzlich missliche Situation des maritus nicht gänzlich zu lösen (vgl. auch das bewusst vor das timebo gestellte, die Dramatik der Situation steigernde Adverb statim); eine solche, den maritus zumindest in Ansätzen zufriedenstellende Lösung wird erst die im Folgenden zur Analyse anstehende Epistel 6,7 anbieten. 4.2.1.5

Conclusio

Der Interpretationshorizont des vorliegenden Ehebriefes gewinnt – hier ist Haltenhoff (2011a: 320) recht zu geben – durch die sorgsam vorgenommene elegische Durchwirkung eine literarische Dimension, auf die der Autor abgezielt haben dürfte; denn dadurch, dass Plinius – wie bereits innerhalb seiner lusus – als poetische persona auftritt, ist es ihm durch zahlreiche Anspielungen auf die römische Liebesdichtung möglich, sich als treuen, fürsorglichen und vor allem leidenschaftlichen maritus zu inszenieren. Ohne der Liebe zu seiner Gattin etwas von ihrer Reinheit und Ehrlichkeit abzusprechen (die ein heutiger Leser weder verifizieren noch falsifizieren kann), muss der vorliegende Ehebrief an Calpurnia (ebenso wie die beiden folgenden) als literarisches Kunstprodukt gelesen werden, das – bis in die Einzelheiten durchgefeilt739 – von Briefbeginn an Raum

739

finden sollte; in der plinianischen Briefsammlung u. a. noch Plin. epist. 3,14,5. Diese Bedeutung findet auch in der römischen Liebesdichtung häufig Verwendung; vgl. dazu exemplarisch Prop. 3,12,19; Ov. epist. 19,109; Ov. ars 2,443. Vgl. dazu auch Dragićević (1936: 89–109); vgl. ähnlich Maniet (1966: 182 mit dortiger Anm. 38) und Thraede (1970: bes. 77). Vgl. auch Bütler (1970: 102): „Überall ist das Bemühen ersichtlich, den Episteln durch irgendeine brillante Pointe ein besonderes Glanzlicht aufzusetzen und so den Inhalt durch die Form zu adeln.“

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________________________________________________ für Assoziationen öffnet, „der sich bis zum Ende nicht mehr schließen lässt“ (Haltenhoff 2011a: 318).740 Der kundige Leser weiß um den literarischen Hintergrund; er erkennt sowohl die Cynthia, die in Baiae weilt und Properz in Eifersucht geraten lässt (Prop. 1,11; id. 1,12), als auch einen im Exil befindlichen Ovid, dessen curae durch die geistige Vergegenwärtigung seiner ihm treu ergebenen Gattin für einige Momente gelindert, dann aber wieder umso schmerzvoller entfacht werden (Ov. trist. 3,4,59– 62; id. 3,3,15–18). Angesichts dieser für sein Lesepublikum offensichtlichen elegischen Reminiszenzen bedarf es des von Properz (Prop. 1,11,27) oder Ovid (Ov. am. 2,16,47–50) vorgenommenen dringenden Appells, ihre Partnerinnen mögen umgehend zu ihnen zurückkehren, in den Ehebriefen des Plinius nicht. Sowohl Calpurnia selbst als auch die aristokratische Leserschaft wissen, was Plinius von seiner Gattin erwartet; er muss es – ebenso wie im letzten Ehebrief (vgl. dort Plin. epist. 7,5,2) – nicht explizit aussprechen. Er weiß um die von seinen Briefen ausgehende Wirkung, die ihren Erfolg bei seiner Ehefrau zeitigen wird. Nunmehr lässt er sein Brief-Ich für Calpurnia zum Objekt der Sehnsucht und sexuellen Begierde werden, was im folgenden Ehebrief 6,7 Bestätigung finden wird. Überhaupt legt diese Epistel den Grundstein für eine lexikalische Färbung, die – durchzogen von Sehnsucht (desiderium), Angst (sollicitudo) und angestauter sexueller Leidenschaft (ardor und cura) – alle drei Ehebriefe an Calpurnia verbindet. Dabei könnte sein Brief-Ich – ähnlich wie Properzens lyrisches Ich – Folgendes denken: Nec me deficiet nautas rogitare citatos / ‘dicite, quo portu clausa puella mea est?’, / et dicam ‘Licet Atraciis considat in oris, / et licet Hylaeis, illa futura mea est’. (Prop. 1,8,23–26) Allerdings ist im plinianischen Briefcorpus alles in eine für den Autor charakteristische zurückhaltende Artikulation gekleidet, da ja die Briefe für die Öffentlichkeit bestimmt waren. Von daher verbietet sich allzu Eindeutiges oder Obszönes; vgl. auch Haltenhoff (2011a: 320): „Das wirklich Raffinierte an epist. 6,4 ist somit eher die Assoziationsoffenheit: eine Eigenschaft, die oft genug als literarisches Qualitätsmerkmal gelten kann, vor allem natürlich in der Dichtung.“ Doch die bewusst eingestreuten lexikalischen Doppeldeutigkeiten und die eklektisch vorgenommenen elegischen Anspielungen belegen, dass 740

Dazu passt, was bereits Fuhrmann (1999b: 300) konstatierte: „Der Leser von Plinius-Briefen wiederum weiß, daß er Kunstprodukte vor sich hat, die vornehmlich oder ganz und gar für ihn bestimmt sind – das Risiko einer Indiskretion ist nicht gegeben.“

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________________________________________________ die Ehe des Plinius mit Calpurnia neben offenkundiger concordia und gegenseitiger Wertschätzung (fides) auch eine nicht zu unterschätzende sexuelle Komponente umfasste. In diesem Zusammenhang erhöht sich Plinius zu einer poetischen persona, indem er sein Brief-Ich als elegischen amator inszeniert, der sich nach der körperlichen Nähe seiner puella sehnt und dabei von seiner cura amoris und seiner incerta sollicitudo (alle Begriffe sind elegisch besetzt) gequält wird, wenngleich er diese mit seiner furchtsamen natura entschuldigt bzw. durch Sentenzen objektiviert. Überdies verschweigt er seine Eifersucht nicht, obwohl er diese nicht wörtlich bekennt (vgl. Plin. epist. 6,4,3f.); eben diese Eifersucht – hier folgt er den Liebestheorien Lukrezens (vgl. Lucr. 4,1058–1072) und Ovids (vgl. Ov. am. 2,5) – vergrößert die sexuelle Leidenschaft um ein Vielfaches. Dennoch bewahrt sich der maritus trotz seiner angstvollen Sorgen seine continentia und fordert seine uxor nicht zur Rückkehr auf. Stattdessen fordert er im Sinne der von Plinius stets postulierten und gelebten Literaturästhetik etwas anderes: Briefe! Auf diesem Wege fungieren die epistulae – hier zeigt sich die epistolographische Aussageabsicht des Plinius – als Personenersatz.741 Mit Hilfe des Briefes gelingt es Plinius, seine geliebte Calpurnia „herbeizuzaubern“ – ein literarischer Triumph über den von ihm hochgeschätzten Ovid, dessen lyrisches Ich Ähnliches in Ov. am. 2,16 mit seiner abgereisten puella versucht, daran aber scheitert. Anders verhält es sich in der ehelichen Beziehung zwischen Plinius und Calpurnia: Die junge uxor wird nach ihrem Kuraufenthalt zu ihrem maritus zurückkehren. Somit wird der Brief, dessen Form die Entfaltung bzw. Überzeichnung jedweder Emotionen des Absenders begünstigt, durch Plinius zu einem (überlebens)wichtigen Medium der ehelichen Kommunikation, die auf gegenseitiger Liebe voller Sehnsucht und Leidenschaft basiert. Zusammenfassend heißt das: Plinius stilisiert sich in seinem Ehebrief 6,4 – im poetisch-expressiv gefärbten Basistext in eindringlicher Weise (Plin. epist. 6,4,2–4) – in seiner Fürsorge um seine gesundheitlich geschwächte Gattin zu einem vorbildlichen maritus, der es sich sogar trotz seiner mannigfachen, ihn nach eigener Aussage sehr belastenden öffentlichen Aufgaben nicht nehmen lässt, sich seinen ehelichen Pflichten zu 741

Vgl. dazu auch Fögen (2018: 66), der die in der Kommunikation von räumlich Getrennten geschriebenen Worte bezeichnet als einen „mirror of their spoken counterpart“. Vgl. auch Ramírez De Verger (1997/98: 114) und Lefèvre (2009: 207f.).

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________________________________________________ widmen. Hierbei fungiert er auf dem Wege der internen Fokalisierung durchgehend als autodiegetischer Erzähler, dessen Liebesqualen die eigentliche Diegese (= intradiegetische Erzählebene) des Briefes bilden (Plin. epist. 6,4,2–4); dazu passt die Beobachtung, dass bis auf wenige Ausnahmen die aussagekräftigen Prädikate des Basistextes in die erste Person Singular gekleidet sind (cupiebam; crederem; desiderarem; vereor; imaginor; abominor, fingo). Nur in der Rahmenhandlung (= extradiegetische Erzählebene) rückt Calpurnia verstärkt in den Fokus (vgl. Plin. epist. 6,4,5), aber nur, um ihrem Gatten zu dienen und seiner Liebespein durch Briefe Abhilfe zu schaffen. Wie in allen Ehebriefen an und über Calpurnia wird eben diese als uxor von ihrem zwar empathisch bzw. fürsorglich agierenden, aber weiterhin dominanten maritus instrumentalisiert. Diese Feststellung bekräftigt der sowohl instruktiv als auch futurisch-prospektiv angelegte Briefschluss, der gemäß dem Jakobsonschen Kommunikationsmodell poetische, appellative und illokutive Elemente miteinander verknüpft (impensius rogo; timori meo […] consulas; ero enim securior, dum lego, statimque timebo cum legero.).

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________________________________________________

4.2.2

Philologisch-motivanalytische Interpretation Plin. epist. 6,7: Die Ehebriefe an Calpurnia als Prosa-Elegien: Plinius inszeniert sich als leidenschaftlichen maritus – Teil II

4.2.2.1

Prolegomenon

Die aus Epistel 6,4 bekannte Grundsituation – die räumliche Trennung der beiden Ehepartner aufgrund der angegriffenen Gesundheit Calpurnias und die daraus resultierenden curae ihres maritus – findet auch in dem zweiten Ehebrief an die junge Gattin Aufnahme und wird nahtlos fortgeführt. Der enge inhaltliche Konnex der beiden Ehebriefe 6,4 und 6,7 findet sich auch dadurch bestätigt, dass der futurisch-prospektiv gefärbte Epilog des vorangegangenen Ehebriefes zu Beginn des vorliegenden Schreibens bereits durch das exponiert an den Briefbeginn gestellte Prädikat scribis aufgegriffen und einer für Plinius grundsätzlich erfreulichen Lösung zugeführt wird: Calpurnia ist dem dringenden und als existentiell wichtig aufzufassenden Wunsch ihres Gatten, ihm doch endlich ein oder mehrere Lebenszeichen in Form von Briefen zu senden, nachgekommen. Dabei nimmt der an sich recht unscheinbare Begriff des scribere – des Schreibens von Liebesbriefen, wie sich zeigen wird – eine zentrale Rolle in dieser Epistel ein. Der Kontext ist dazu prädestiniert, intra- und intertextuelle Bezüge herzustellen und in die Welt der elegischen Liebe einzutauchen, wobei hinsichtlich des vorliegenden Ehebriefes vornehmlich die Heroïdes Ovids (vgl. bes. Ov. epist. 1; 13; 19) und die Elegien Properzens (vgl. bes. Prop. 4,3) Pate standen. Briefe werden hier zum Personenersatz und helfen den beiden Eheleuten dabei, die räumliche Trennung zu ertragen, wenngleich sie nicht gänzlich zu überwinden ist. Flankiert und zugleich untermauert wird diese (gegenüber dem ersten Ehebrief 6,4 an Calpurnia) stärker epistolographisch ausgerichtete Aussageabsicht des Autors durch den leicht, aber doch spürbar veränderten Blick des Erzählers: Zwar stellt Plinius das erzählte Geschehen weiterhin aus seiner eigenen Position dar, doch wird Calpurnia – auch dies verrät das frontal gestellte Prädikat scribis durch seine inkludierte zweite Person Singular – stärker als zuvor als Dialogpartnerin in den Fokus gerückt. Wurde Plinius bislang überwiegend als autodiegetischer Erzähler wahrgenommen, bleibt er vornehmlich in der

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________________________________________________ Rahmenhandlung der Epistel 6,7 auf der homodiegetischen Ebene und teilt sich mit seiner Gattin die Bühne der literarischen Inszenierung ihrer Ehe. 4.2.2.2

Gedanklicher Aufbau C. PLINIUS CALPURNIAE SUAE S. (1) Scribis te absentia mea non mediocriter adfici unumque habere solacium, quod pro me libellos meos teneas, saepe etiam in vestigio meo colloces. (2a) Gratum est quod nos requiris, gratum quod his fomentis adquiescis; (2b) invicem ego epistulas tuas lectito atque identidem in manus quasi novas sumo. (3a) Sed eo magis ad desiderium tui accendor: (3b) nam cuius litterae tantum habent suavitatis, huius sermonibus quantum dulcedinis inest! (3c) Tu tamen quam frequentissime scribe, licet hoc ita me delectet ut torqueat. Vale.

Auch in der vorliegenden Epistel greift das für die plinianischen Briefe konstitutive Gliederungsprinzip: Dem Briefpräskript folgt das Proömium, in dem das Thema des Briefes anklingt: Sehnsucht. Diese geht hier jedoch – anders als noch im vorangegangenen Ehebrief 6,4 – nicht vom plinianischen Brief-Ich, sondern von Calpurnia aus (vgl. Plin. epist. 6,7,1: Scribis te absentia mea non mediocriter adfici unumque habere solacium, quod pro me libellos meos teneas, saepe etiam in vestigio meo colloces.). Der Briefeingang nimmt zwar auf den emotional gefärbten Epilog der Epistel 6,4 direkten Bezug, wirkt aber bereits durch die Unmittelbarkeit des sogleich mit dem Prädikat beginnenden Briefeinstieges deutlich sachlicher. Durch seine quälenden curae beinahe erschöpft, scheint das BriefIch hier nur noch in der Lage zu sein, die Erfüllung seines in Epistel 6,4,5b zu einem existentiell wichtigen Desiderat stilisierten Wunsches nüchtern zu konstatieren, ohne diesen sprachlich-stilistisch zu überhöhen. Dieser auffällige Kontrast der unterschiedlichen Intensität des desiderium der beiden Eheleute gibt zugleich einen Vorverweis auf die Selbstinszenierung des Plinius in diesem Brief: Er scheint sich als derjenige Ehepartner zu verstehen, der deutlich intensiver zu fühlen bzw. zu lieben versteht. Dies gilt es in der folgenden Interpretation zu überprüfen.

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________________________________________________ In einem (entscheidenden) Punkt stimmt die Darstellung der in beiden Partnern schwelenden Liebesqualen überein: Die einzig sinnvollen solacia gegen diese Form des Trennungsschmerzes sind (Liebes-)Briefe oder (wie dies im Falle des Plinius naheliegt) literarische Werke, unter die gewiss auch seine erotischen lusus zu zählen sind (vgl. Plin. epist. 6,7,1: unumque habere solacium, quod pro me libellos meos teneas, saepe etiam in vestigio meo colloces.). Hier wird zugleich das Hauptanliegen des vorliegenden Ehebriefes erkennbar: Literarische Werke – im Besonderen (Liebes-)Briefe – können die curae bewältigen helfen, da sie in Zeiten räumlicher Trennung zu einem Personenersatz avancieren können. Dass dieser Personenersatz sich aus Sicht Calpurnias zu einem wahren Personenkult rund um ihren mit seinen libelli nach unsterblicher gloria strebenden maritus auswächst, gefällt Plinius offensichtlich sehr, wie der Beginn der Briefmitte verrät (vgl. Plin. epist. 6,7,2a: Gratum est quod nos requiris, gratum quod his fomentis adquiescis.). Diese offenkundige Freude über die von Calpurnia ebenfalls empfundene Sehnsucht, welche die im Ehebrief 6,4 durchscheinende Eifersucht des Gatten deutlich lindert, steigert sich im eigentlichen Briefcorpus (vgl. Plin. epist. 6,7,2a–3b) und nimmt bemerkenswerte Züge an: Ähnlich wie Calpurnia dies mit dessen Werken in Epistel 4,19,2 tat, liest nunmehr der maritus selbst die ihm zugestellten Briefe seiner Gattin immer und immer wieder. Er scheint sie nicht mehr beiseitelegen zu wollen bzw. zu können (vgl. Plin. epist. 6,7, 2b: Invicem ego epistulas tuas lectito atque identidem in manus quasi novas sumo.). Doch es bleibt nicht nur bei äußerer Freude; das Gefühl, das die Briefe Calpurnias in ihrem maritus auslösen, geht weit tiefer: Er wird in leidenschaftliche Erregung versetzt (vgl. Plin. epist. 6,7,3a: Sed eo magis ad desiderium tui accendor.). Die Feuermetapher, die der Sprache der Elegie entlehnt ist, hat in dem vorliegenden Ehebrief vier zentrale Funktionen inne: Erstens wird mit Nachdruck unterstrichen, dass lustvolle Sexualität in der ehelichen Beziehung zwischen Plinius und Calpurnia kein Tabuthema, sondern fest verankert ist. Zweitens sind die Rollen in der Ehe, die hier als elegisches Liebesverhältnis inszeniert ist, klar festgelegt: Calpurnia mimt als uxor die Rolle der puella docta, die für ihren maritus ein sexuell begehrenswertes Objekt darstellt – ein Objekt, das vordringlich in Zeiten der räumlichen Trennung nicht verfügbar ist, wodurch nach dem Vorbild der elegischen Liebhaber das Feuer des sexuellen Verlangens im maritus stärker denn je auflodert (vgl. die mit einem Komparativ verknüpfte Junktur eo magis). Drittens ist die durch die Briefe Calpurnias

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________________________________________________ evozierte Verzückung des Ehemannes dadurch zu begründen, dass Calpurnia ihrem Gatten auch im fernen Kampanien offensichtlich die Treue hält und sexuell ausschließlich auf ihn fixiert ist. Die Gegenseitigkeit (fides) in ihrer ehelichen Verbindung ist augenscheinlich ungebrochen. Viertens wird im Speziellen durch die Feuermetapher darauf verwiesen, dass es sich bei den epistulae Calpurnias um Liebesbriefe handeln muss, die – so wird die Interpretation erweisen müssen – in der Tradition der von den ovidischen Heroinen verfassten elegischen Episteln stehen. In diesem Zusammenhang erteilt Plinius seiner Gattin ein hohes Lob, das er in seinem Streben nach literarischer Anerkennung gerne selbst hören würde: Ihre Briefe seien geprägt von suavitas, und zwar in solch einem beachtlichen Ausmaß, dass er sich auf die persönlichen Gespräche mit seiner jungen uxor umso mehr freue (vgl. Plin. epist. 6,7,3b: Nam cuius litterae tantum habent suavitatis, huius sermonibus quantum dulcedinis inest!). Die in eine Korrelation gekleidete Exclamatio bildet die Überleitung zum Briefschluss (vgl. Plin. epist. 6,7,3c: Tu tamen quam frequentissime scribe, licet hoc ita me delectet ut torqueat.). Dieses in den Ehebriefen an Calpurnia stereotyp im Briefschluss verwendete Paradoxon begründet sich aus dem Vorhergehenden: Briefe können zwar die curae lindern, aber niemals ganz beseitigen. Das vermag nur der persönliche sermo der Liebenden. Demzufolge verharrt der maritus bei aller inneren Freude und Erregung über die Liebesbriefe seiner jungen uxor in einem Zustand, der ihn in seiner Liebespein zwischen emotionalen Höhen und Tiefen hinund hertreibt. Zugleich greift Plinius in Form einer Rahmenkomposition auf den Briefeingang zurück, in dem von der Sehnsucht Calpurnias die Rede war, die ebenfalls unter der Trennung leidet, wenngleich offensichtlich nicht so exzessiv wie ihr Gatte. Hierbei spendet das im Briefeingang umrissene desiderium Calpurnias dem maritus Hoffnung: Es hat sich zwar am Ende des vorliegenden Ehebriefes 6,7 nichts an dem paradox anmutenden Ist-Zustand des nach weiteren Briefen sehnsüchtigst verlangenden Gatten geändert, dennoch haben ihm die Liebesbriefe etwas Entscheidendes vor Augen geführt und bilden trotz der ihn nach wie vor quälenden curae einen Erkenntnisfortschritt, auf den das Brief-Ich im Ehebrief 6,4 noch vergeblich warten musste: Calpurnia sehnt sich ebenfalls nach ihrem Gatten und ist ihm (sexuell) treu – ein Sachverhalt, den Plinius in seiner Rolle als maritus den elegischen amatores voraus hat. Überdies bleibt er – trotz aller tormenta – in seiner Ehe der dominante Partner, für den sich die Gattin in ihrer Unterwürfigkeit aufspart.

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________________________________________________ 4.2.2.3

Datierung und Einordnung in das Gesamtwerk

Die untrennbare Verknüpfung der beiden Ehebriefe 6,4 und 6,7 liegt auf der Hand, wobei das nun zu analysierende Schreiben den Gedanken der Epistel 6,4 weiterführt und die Auflösung des ebendort am Briefschluss gleichsam als Cliffhanger fungierenden Wunsches, Calpurnia möge ihrem maritus dringend ein Lebenszeichen senden, bietet. Dies wiederum lässt darauf schließen, dass der Zeitraum zwischen den beiden Briefen – wie Lefèvre (2009: 206) zurecht vermutet – kurz gewesen sein dürfte; es ist daher mit Sherwin-White (1968: 359) und unter Verweis auf die Ausführungen in dem oben angezeigten Kapitel 4.2.1.3 davon auszugehen, dass dieses Billett ebenfalls im Frühsommer des Jahres 107 n. Chr. verfasst worden ist. Auch die Sperrung der beiden als Einheit zu lesenden Ehebriefe 6,4 und 6,7 ist vom Autor gewiss intendiert worden, lässt sie doch die Leserschaft mit einem Gefühl der Spannung zurück. Auch hinsichtlich der Grundthematik fügt sich die vorliegende Epistel 6,7 nahtlos in den ersten Teil des sechsten Epistelbuches ein, in dem Plinius sich auf der Projektionsfläche des Spannungsverhältnisses von otium und negotium ausgiebig dem Thema desiderium widmet (vgl. dazu auch obiges Kap. 4.2.1.3).742 Insofern bewirken die zwischen die beiden Briefe gestellten Schreiben an Cornelius Ursus (Plin. epist. 6,5)743 und Minicius Fundanus (Plin. epist. 6,6)744 keinen Bruch – im Gegenteil: Dadurch, dass sie ausgiebig die occupationes des plinianischen Brief-Ichs schildern, wird nicht nur die Spannung hinsichtlich der Auflösung des in Plin. epist. 6,4 geäußerten Wunsches an Calpurnia auf die Spitze getrieben, sondern der Autor als ein maritus dargestellt, dessen Sehnsucht nach Ablenkung vom anstrengenden Alltagsgeschäft bei seiner Leserschaft leichter Verständnis findet, ihn aber gleichzeitig als vorbildlichen, pflichtbewussten Aristokraten altrömischer Prägung ausweist, der Privates hintanstellt und in erster Linie dem Staat dient.

742 743 744

Vgl. dazu Gibson – Morello (2012: 47–53, hier bes. 48f.). Zur Person des Cornelius Ursus unter Nennung weiterführender Literatur vgl. oben Anm. 644. Zur Person des Minicius Fundanus (des Adressaten von Plin. epist. 1,9; 4,15; 5,16; 6,6; 7,12) vgl. PIR2 M 612; vgl. auch Birley (2000: 72f.).

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________________________________________________ 4.2.2.4

Philologisch-motivanalytische Interpretation

§ 1: Briefeingang einschließlich Proömium (= briefinterner Paratext) Bereits am ersten Wort des Briefeinganges ist abzulesen, dass in der vorliegenden Epistel 6,7 der „counterpart“ (Sherwin-White 1966: 359) zum vorangegangenen Ehebrief 6,4 vorliegt. Es ist nicht etwa eine Ballung beliebig gewählter Wörter, die den Briefeinstieg unmittelbar wirken lassen, es ist vielmehr ein einzelnes Wort, und zwar das Prädikat (scribis), das vor dem Hintergrund des Briefschlusses der Epistel 6,4 die Erleichterung des maritus deutlich werden lässt: Endlich – so ist der kundige Leser zu denken geneigt – hat Calpurnia ihrem Gatten seinen Wunsch erfüllt und ihm die ersehnte Post zukommen lassen (vgl. Plin. epist. 6,4,5a: Quo impensius rogo, ut timori meo cottidie singulis vel etiam binis epistulis consulas.). Von daher ist die vorliegende Epistel als notwendige Ergänzung zum ersten der insgesamt drei Ehebriefe an Calpurnia zu lesen. 745 Die bereits im Zuge der Interpretation des Ehebriefes 4,19 konstatierte Reziprozität der beiden Ehepartner spiegelt sich im weiteren Verlauf des Briefeinganges insofern, als die curae, die Plinius sein Brief-Ich im Ehebrief 6,4 in emotional-expressiven Bildern zeichnen ließ (vgl. bes. Plin. epist. 6,4,4), auch von Calpurnia empfunden werden, wenngleich die sprachlich-stilistische Darstellung deutlich weniger drastisch ausfällt als die seiner eigenen Liebesqualen im vorangegangenen Ehebrief (vgl. Plin. epist. 6,7,1a: Scribis te absentia mea non mediocriter adfici.). Neben dem Beweggrund für die Liebespein (hier: absentia), die als durchgängige Konstante aller drei Ehebriefe fungiert (vgl. Plin. epist. 6,4,4: absentiae; Plin. epist. 7,5,1: abesse),746 wird auch das Gefühl, dem Trennungsschmerz hilflos ausgeliefert zu sein, durch die aus Epistel 7,5,1 bekannte passivische Verwendung des Prädikates (hier: adfici) beiden Ehepartnern

745

746

Vgl. dazu Lefèvre (2009: 208): „Die vollkommene Liebe erfordert Reziprozität. Andererseits läßt Plinius sie nach seiner Gewohnheit nicht aufeinander folgen, sondern stellt sie durch zwei Berichte mit ganz anderen Themen auseinander.“ Zur plinianischen Nutzung des elegischen Topos des Trennungsschmerzes angesichts der Abwesenheit der Geliebten unter bes. Berücksichtigung der zur gleichen Wortfamilie gehörenden Begriffe absentia bzw. abesse vgl. in der vorliegenden Studie das Kapitel 4.2.3.4 mit der damit verbundenen Anm. 843.

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________________________________________________ gleichermaßen zugeschrieben.747 Während aber der maritus mannigfache Nachwirkungen seiner curae amoris schildert (vgl. in Epistel 6,4 z. B. die permanente angstvolle Sorge, zu der sich allmählich Eifersucht gesellt; vgl. in Epistel 7,5,1 z. B. die Schlaflosigkeit bei Nacht, die Ruhelosigkeit bei Tag, das aufgestaute sexuelle Verlangen), fällt Calpurnias desiderium trotz der Litotes in der Junktur non mediocriter deutlich bescheidener aus.748 Dass die Sorgen des Gatten ungleich größer wirken, liegt gewiss auch in der angeschlagenen Gesundheit seiner jungen Gattin begründet; zugleich wird dadurch die plinianische Selbstinszenierung, ein empathischer maritus zu sein, befördert. Im zweiten Teil des Briefeinganges setzt sich die Reziprozität der beiden Eheleute zwar fort, die Gewichtung aber wird spürbar in Richtung des maritus verlagert (vgl. Plin. epist. 6,7,1: Unumque habere solacium, quod pro me libellos meos teneas, saepe etiam in vestigio meo colloces.). Ähnlich wie dies dem maritus im folgenden Paragraphen zuteilwerden wird, erfährt hier Calpurnia Trost (solacium), wobei dieser jedoch ausschließlich (unum) von einer einzigen Person ausgeht: von ihrem maritus. Das Brief-Ich treibt seine Selbstinszenierung als alleiniger Tröster Calpurnias dadurch auf die Spitze, dass es ausgerechnet seine aus Epistel 4, 19,2 bekannten literarischen Werke (libellos meos) als einzig wirksame solacia gelten lässt. Dies ist umso beachtenswerter, als dadurch nicht nur der Ehebrief 4,19 lebhaft in Erinnerung gerufen wird, sondern der Leser 747

748

Die passivische Verwendung des Begriffes adficere im Sinne der emotionalen Erregung kann sowohl positiv als auch pejorativ konnotiert sein; vgl. dazu ThLL 1 (1900: 1208,37–1209,67). Vgl. auch Carlon (2016: 95). Zur positiven Konnotation vgl. im plinianischen Briefcorpus exemplarisch Plin. epist. 4,3,3 (bezogen auf die Begeisterung des Plinius für die von Cn. Arrius Antoninus verfassten griechischen Epigramme und Jamben); zur pejorativen Färbung vgl. Plin. epist. 8,23,7 (bezogen auf die Trauer des Plinius anlässlich des Todes des von ihm hochgeschätzten Iunius Avitus); vgl. ähnlich Plin. epist. 8,16,4 (bezogen auf die Trauer des Plinius anlässlich von Todesfällen innerhalb seiner Sklavenschaft, explizit anlässlich derjenigen jüngerer Sklaven). Zu weiteren Textbelegen vgl. Heberlein – Slaby (1991: 76f.). Die Litotes lässt auf eine große Freude Calpurnias schließen (vgl. auch Carlon 2016: 95), zumal das Adverb mediocriter für sich genommen laut ThLL 8 (1936–1966: 566,18–37) häufig Ausdrücke des Affektes begleitet. Im plinianischen Briefcorpus in dieser Bedeutung noch Plin. epist. 10,94,3; in der römischen Literatur vgl. exemplarisch Cic. Att. 1,20,5. In der Verbindung mit Sehnsucht vgl. auch Cic. fam. 8,3,1.

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________________________________________________ daran zurückdenken muss, dass ausgerechnet diese nunmehr als Trostmittel Anwendung findenden libelli die literarische gloria des maritus begründeten und ihn für seine junge Gattin (auch sexuell) attraktiv werden ließen (vgl. Plin. epist. 4,19,5b: Non enim aetatem meam aut corpus, quae paulatim occidunt ac senescunt, sed gloriam diligit.).749 Doch damit nicht genug: Unter konsequentem Rückgriff auf die für Plinius charakteristische Technik des indirekten Selbstlobes verleiht er der Begeisterung Calpurnias für seine libelli Züge einer Heldenverehrung (vgl. Plin. epist. 6,7,1: Pro me libellos meos teneas, saepe etiam in vestigio meo colloces.). Hier wird mit dem Terminus libelli auf die literarischen Werke des Plinius (bes. auf seine Reden) angespielt, die bereits im ersten Ehebrief 4,19 eine entscheidende Rolle spielten.750 Zugleich grenzt Plinius sich mit dem Terminus libelli (6,7,1) im vorliegenden Schreiben von den epistulae (6,7,2b) seiner Gattin ab, wenngleich eben diese in beiden Fällen – das ist unbestritten – Trost und innere Freude zu spenden vermögen. Calpurnia hat jedoch gewiss keinen allgemein anerkannten literarischen Ruhm mit ihren epistulae erlangt, Plinius mit seinen libelli dagegen (wird seiner Darstellung im Briefcorpus geglaubt) sehr wohl. Vor diesem Hintergrund bleibt der Autor in der ehelichen Beziehung mit Calpurnia dominant – sowohl als maritus als auch als Literat. Allerdings wird die junge Gattin – das legt der erotisch durchwirkte Kontext dieser Briefstelle nahe (vgl. bes. die Wortfolgen libellos meos teneas bzw. in vestigio meo colloces) – nicht nur die edierten Reden ihres Mannes als Lektüre zur Hand genommen haben.751 Denn unter den gesammelten Werken (libelli) des Plinius, die Calpurnia neben sich aufstellt, werden sich gewiss auch Liebesbriefe ihres Mannes (wie z. B. der Ehebrief 6,4) befunden haben. Dass Liebesbriefe in der Gattung der römischen Elegie durchaus als libelli deklariert wurden, belegen die ovidischen Heroïdes (vgl. dazu Ov. epist. 11,2; id. 17,143f.; vgl. in der Elegie noch Prop. 1,11,20). Überdies ist hier an den 749

750

751

Zur Bedeutung der in der römischen Kaiserzeit verstärkt literarisch geprägten gloria vgl. unter Nennung weiterführender Literatur oben Anm. 483; vgl. auch die unter Kap. 4.1.1.4 vorliegende philologisch-motivanalytische Interpretation zu Plin. epist. 4,19,5. Vgl. dazu Shelton (1990: 170) und Dies. (2013: 121 mit dortiger Anm. 111); vgl. zuvor bereits Merrill (1919: 332). Zenoni (1924: 214f.). Poteat (1937: 115). Sherwin-White (1968: 363). Vgl. dazu auch De Pretis (2003: 140 mit dortiger Anm. 33). Lefèvre (2009: 207 mit dortiger Anm. 146). Haltenhoff (2010a: 316 mit dortiger Anm. 8).

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________________________________________________ Catullischen libellus voll erotischer Verse (ineptiae) zu denken, die der Dichter selbst als nugae bezeichnet (vgl. Cat. c. 1,1–4). Diesen nugae wollte – wie Janka (2015) erläutert hat – Plinius mit seinen lusus nacheifern. Die in der vorliegenden Studie vertretene These, wonach die libelli im Falle des Plinius als Konglomerat aus edierten Reden, Liebesbriefen und lusus bzw. nugae aufzufassen sind, lässt sich mit der vertieften Aussageabsicht der vorliegenden Epistel 6,7 begründen, wobei diese sich auffallend mit der des ersten Ehebriefes 4,19 deckt: Plinius evoziert unter Rückgriff auf sein Brief-Ich mit seinen libelli nicht nur die emotionale Begeisterung Calpurnias, sondern unterstreicht den Facettenreichtum seines literarischen Œuvres – mit dem erklärten Wunsch, im Streben nach literarischer gloria und im Sinne eines ganzheitlichen Ästhetizismus nicht nur als erfolgreicher Redner, sondern auch als beschlagener poeta Anerkennung zu erlangen.752 In einem parallel angeordneten Asyndeton entfaltet Plinius in Epistel 6,7,1 die äußere Form dieser exklusiven Huldigung: An einem nicht exakt bestimmten Ort sammelt Calpurnia seine Werke – mit dem erklärten Ziel, den maritus als Person zu ersetzen (vgl. die Präpositionalwendung pro me753 und die Wortfolge in vestigio meo). Insbesondere der in der römischen Liebesdichtung häufig verwendete, erotisch gefärbte Begriff vestigium und die von Plinius bewusst intendierte Leerstelle lässt den Leser an das Bett Calpurnias denken, in dem diese die libelli ihres Gatten auftürmt (colloces). Das Prädikat collocare lässt im Verbund mit der Junktur in vestigio meo und unter Bezugnahme auf ThLL 3 (1906–1912: 1641,53– 1642,54) und OLD I (2012: 386f. s. v. collocare, hier bes. 2a) an etwas Ehrendes, Monumentales denken, dessen Errichtung eine gewisse Höhe erreichen soll (vgl. dazu exemplarisch Cic. Verr. II 2,3; Suet. Iul. 84). Das kommentiert Glücklich (2003: 63) wie folgt: „Collocare und in vestigio meo lassen an das Aufstellen von Monumenten, Statuen oder Standbildern (statuae) denken.“ Zu denken ist auch an Vernant (1985: 308), der die in der römischen Literatur häufig geschilderte künstlerische Nachbildung einer Person psychologisiert und dabei von einem „double“ spricht, dessen Verehrung Züge von Übernatürlichkeit aufweise und mit der einer Statue 752

753

Vgl. dazu Auhagen (2003: 12): „Plinius nennt als Motiv für das Dichten auch das Erwerben von gloria.“ Vgl. dazu auch Plinius’ Nachruf auf Martial in Epistel 3,21,6: gloria et laus et aeternitas. Zur Bedeutung der Präposition pro im Sinne der Stellvertretung vgl. KS II, 1, 515f., § 95, b, β.

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________________________________________________ vergleichbar sei.754 Den Personenersatz, den das Aufschichten der libelli des maritus hier symbolisiert, konstatiert auch ThLL 3 (1906–1912: 1635, 33–79). Bezeichnenderweise weist auch collocare eine sexuelle Konnotation auf; denn in der Komödien- und Liebesdichtung kann es für das Niederlegen der puella bzw. der Braut auf das Bett verwendet werden (vgl. exemplarisch Plaut. Cas. 881–884; Cat. c. 61,188).755 Ferner verweist die Wendung in vestigio meo unter Einbezug der Fußspur als der wörtlichen Bedeutung von vestigium auf den unmittelbar neben Calpurnia befindlichen freien Platz, den der maritus durch die räumliche Trennung der Ehepartner hinterlassen hat.756 Dieser Platz wird von Trapp (2003: 221f.), Haltenhoff (2010a: 316) und Baeza-Angulo (2016: 126f.) entweder auf dem Bett oder dem Liegesofa verortet. In jedem Fall wird hier die concordia und der Wille, dem Ehepartner nahe sein zu wollen, unterstrichen, was an den Wortlaut der Eingangspassage des ersten Ehebriefes 6,4 erinnert (vgl. dort Plin. epist. 6,4,1: in Campaniam prosequi aut profectam e vestigio subsequi.).757 Dass darüber hinaus die von Calpurnia initiierte Verehrung ihres maritus eine erotische Nuance besitzt, liegt nicht zuletzt daran, dass der Begriff vestigium in der Liebeselegie häufig zur Anwendung kommt (vgl. exemplarisch Tib. 1,9,57: Semper sint externa tuo vestigia lecto.).758 Vor allem aber ist hinsichtlich dieser Briefstelle der intertextuelle Bezug auf Ov. epist. 10,53f. von Bedeutung, da Ariadne – ähnlich wie Calpurnia dies mit den libelli ihres Mannes tut – sowohl die Spuren des Theseus im Bett als auch dessen noch warmes Polster berührt: Et tua quae possum pro te vestigia tango / strataque quae membris intepuere tuis. Überhaupt setzt Ariadne in dieser Elegie alles daran, in ihren sich immerfort steigernden Bemühungen den Kontakt zu Theseus wiederzugewinnen: vom Betasten des intimen Lagers über Schauen, Laufen, Klettern, Rufen, Lärmen und Winken bis zum Hissen ihrer Kleider gleichsam als Signalflagge (vgl. dazu Ov. epist. 10,7–50).759

754 755 756 757 758 759

Vgl. ähnlich Ducat (1976: 250) und Bettini (1992b: 53f.). Vgl. dazu auch Treggiari (1994). Vgl. dazu auch Poteat (1937: 115). Glücklich (2003: 63). Carlon (2016: 95). Die Präpositionalwendung in vestigio findet sich in der plinianischen Briefsammlung nur noch Plin. epist. 6,20,8. Vgl. auch Prop. 2,29,35; Ov. am. 1,8,97. Zur ovidischen Ariadne-Elegie (Ov. epist. 10) vgl. exemplarisch die Interpretation von Maurer (1990: 155–172). Vgl. auch Fulkerson (2005: 137–142).

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________________________________________________ Dass Calpurnias in Epistel 6,7,1 geschilderte Verehrung der libelli ihres Gatten erstaunlich anmutet, dessen ist sich Plinius bewusst (vgl. zum einen das steigernde Konjunktionaladverb etiam,760 zum anderen das iterative Adverb saepe). Nicht nur das: Er forciert auf diesem indirekten Wege über die Aktionen Calpurnias die eigene Stilisierung zu einem Heros – sowohl als maritus als auch besonders als Literat. Anders als Epistel 4,19,2, wo das Lesen und Auswendiglernen der libelli im Vordergrund stand (meos libellos habet lectitat ediscit), reicht hier bereits das bloße Besitzen (teneas) aus, um in Calpurnia Wohlbefinden auszulösen. Allerdings wird es Calpurnia – vor allem unter Berücksichtigung von tenere als eines zentralen Begriffes der römischen Liebeselegie – nicht beim bloßen Besitzen oder Aufstellen belassen, sondern wird seine libelli zärtlich berührt bzw. umarmt haben. Nach Merrill (1919: 332), Zenoni (1924: 215) und Baeza-Angulo (2016: 125 mit dortiger Anm. 19) ist tenere hier nicht in der Grundbedeutung des Habens bzw. Besitzens (vgl. dazu Menge 1988: 2, § 2), sondern als ein Akt des Umarmens aufzufassen. In der römischen Liebeselegie bezeichnet es häufig die zärtliche Umarmung bzw. die körperliche Berührung des Liebespartners (vgl. dazu exemplarisch Cat. c. 45,1f.: Acmen Septimius suos amores / tenens in gremio: ‘mea’, inquit, ‘Acme’.).761 Insgesamt übernehmen die libelli drei wichtige Funktionen für Calpurnias Leben in der Ferne: Erstens spenden sie ihr Trost (unum solacium), zweitens erinnern sie sie an ihren maritus, der durch seine literarische gloria für die Gattin in jeder (auch in sexueller) Hinsicht attraktiv ist (vgl. dazu Plin. epist. 4,19,2–5), und drittens dienen sie (auch haptisch) als Personenersatz im entlegenen Kampanien.762 760 761

762

Zur steigernden Färbung des Konjunktionaladverbs etiam vgl. KS II, 2, 50, § 159, 2. Vgl. auch Cat. c. 72,2; Tib. 1,1,46.60; id. 2,6,52; Ov. epist. 3,117; 13,157; 18, 164.183; 20,140. Vgl. auch unter Nennung weiterer Textbelege Pichon (1966: 276) und Adams (1987: 181f.). Janka (1997: 52f.) arbeitet – ausgehend von Ov. ars 2,12 – unter Nennung zentraler Belegstellen das reiche Bedeutungsfeld des erotisch vielfarbig schillernden Verbums heraus. Demzufolge verweise tenere häufig auf die dauerhafte Bindung an die geliebte Partnerin bzw. den geliebten Partner. Vgl. den intertextuellen Bezug auf Verg. Aen. 4,648–658: Dido spricht hier die offensichtlich in der Nähe ihres Bettes zurückgelassenen Gewänder des Aeneas an und erglüht dabei in Liebe. Von eben diesen Gewändern geht ein unwiderstehlicher Zauber aus; sie sind dulces und besitzen eine Süße, die ins Innere Didos eindringt und sie überwältigt (vgl. bes. Verg. Aen. 4,648–652).

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________________________________________________ Das aus der Trennung von ihrem Gatten resultierende Verhalten Calpurnias lässt folgende unzweideutige Schlussfolgerung zu: Das Brief-Ich definiert sich im vorliegenden Ehebrief 6,4 über seine literarischen Werke und wird durch Calpurnias bemerkenswerte Form der Verehrung zu einem Götzen apostrophiert. Diese Selbstinszenierung, die vornehmlich auf Plinius als Literaten abzielt, ist nicht nur ein Charakteristikum der gesamten Briefsammlung, sondern auch des Subcorpus der Ehebriefe an bzw. über Calpurnia. Dabei setzt der vorliegende Ehebrief 6,7 das fort, was in Epistel 4,19 begonnen worden ist: die Legitimierung der bereits zu Lebzeiten erworbenen literarischen gloria des Ästheten Plinius – an dieser Stelle sogar klanglich untermalt durch die Verwendung der zweiten Hauptform des metrischen Klauselsystems (Dicreticus): ... in vestigio meo colloces. (2 β δ)

Die epistolographische Aussageabsicht, wonach Briefe als solacia dienen können, erinnert an die Heroinen Ovids, die mit der Abfassung ihrer Briefe den Trennungsschmerz und ihr desiderium zu überwinden suchen, wobei vor allem Penelope (Ov. epist. 1 an Odysseus)763 und Laodamia (Ov. epist. 13 an Protesilaos)764 in Bezug zu Calpurnia zu setzen sind, da augenscheinlich alle diese Frauen während der Trennungszeit sexuell auf ihren maritus fixiert bleiben (vgl. dazu Ov. epist. 1,23: Sed bene consuluit casto deus aequus amori; vgl. auch id. 13,30: Pectora legitimus casta momordit amor).765 Eine weitere intertextuelle Referenz ergibt sich aus der Elegie 4,3 Properzens;766 in dieser wendet sich eine verheiratete 763 764

765

766

Zur Kommentierung des ersten Heroïdenbriefes vgl. exemplarisch Sallmann (1982–1984). Spoth (1992: 36–53). Jolivet (2007). Stroh (2007). Zur Kommentierung des dreizehnten Heroïdenbriefes vgl. exemplarisch Merklin (1968). Rahn (1968). Jolivet (1992). Spoth (1992: bes. 92–94). Reeson (2001). Fulkerson (2002). Die Liebe zwischen Laodamia und Protesilaos findet sich ursprünglich in der griechischen Literatur in Homers Ilias (vgl. id. 2, 695–710). Eine Auslegung unter bes. Berücksichtigung der Daseinsdeutung von Liebe, Leid und Tod im Mythos von Laodamia und Protesilaos hat Drewermann (2013: 343–362) vorgelegt. Zur Bezugnahme der Liebe auf juristische Ansprüche vgl. Merklin (1968: 486). Zu der von Laodamia vorbildlich gelebten ehelichen Treue vgl. auch Ov. epist. 13,31f.35–40.115–122.157–160; zum Gesamtzusammenhang vgl. Hindermann (2010: 56f.). Zur Kommentierung der properzischen Elegie 4,3 vgl. exemplarisch Fedeli

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________________________________________________ Frau namens Arethusa in einem Brief (!) an ihren Gatten Lycotas, der als Soldat zum Kriegsdienst eingezogen worden ist.767 Ähnlich wie Calpurnia wird Arethusa von Properz als Muster an frugalitas und verecundia präsentiert, die ihre Zeit ausschließlich damit verbringt, für ihren Mann Kriegskleidung zu spinnen (vgl. Prop. 4,3,33f.). Dass das Spinnen der Kriegskleidung mit einer erotischen Dimension unterlegt ist, hat bereits Merklin (1968: 466f.) nachgewiesen; in diesem Kontext entspreche die Verschiebung des Lycotas-Bildes vom Kriegerischen zum Erotischen der völlig analogen Entwicklung Arethusas, die sich der soldatischen Welt ihres Mannes allmählich angleiche, ja vielmehr: Die beiden Welten durchmischten sich zunehmend, um sich schließlich ganz zu vereinigen. Sich vor Sehnsucht nach ihrem maritus verzehrend, beklagt sich Arethusa über seine Abwesenheit (vgl. Prop. 4,3,3–6.19–26). Die Tränen, die sie bei der

767

(1965: 119–135). Dee (1974). Janan (2001: bes. 53–68). Maurer (1990: 39– 43). Syndikus (2010: 316–320); vgl. auch Maltby (1981: 243–247). Günther (2006: 366–369). Hindermann (2010: 55–57). Buono (2013). Zur Sonderstellung des vierten Buches im Gesamtwerk Properzens vgl. Feichtinger (1989: 174–181). Zu einem Vergleich zwischen der properzischen Elegie 4,3 und dem dreizehnten Heroïdenbrief Ovids (Laodamia an Protesilaos) vgl. Merklin (1968). Vgl. auch Zimmermann (2000). Zu weiterer Literatur vgl. oben Anm. 764; Merklin (1968: 477f.) verweist darauf, dass der gemeinsame Grundtenor der beiden Elegien das Motiv der Sehnsucht sei, welche die unglückselige Trennung überwinden wolle; dieser Grundtenor kann auf die Ehebriefe des Plinius an Calpurnia übertragen werden. Allerdings wird auch konstatiert, dass die Darstellung der Liebespein Laodamias im dreizehnten Heroïdenbrief Ovids wie eine krampfhafte Verschmelzung zahlreicher elegischer Motive wirke und gegenüber Properzens ausgewogener Zusammenführung von erotischer und militärischer Sphäre deutlich abfalle; vgl. dazu Rosati (1991) und Spoth (1992: 121 mit dortiger Anm. 1). Grundsätzlich jedoch besteht in der Forschung opinio communis darüber, dass Properzens Elegie 4,3 Ovids Heroïdes angeregt habe; vgl. dazu exemplarisch Jacoby (1905: 71 mit dortiger Anm. 2). La Penna (1951a: 45–49). Richardson (1977: 429–435). Maurer (1990: 39–43). Zu den Briefelementen, die in der properzischen Elegie 4,3 enthalten sind, vgl. Maurer (1990: 40–43; vgl. hier als Fazit bes. 42f.). Demnach sei der Briefcharakter der Elegie 4,3 Properzens insofern markant, als sämtliche Schemata und Topoi, welche die antike epistolographische Tradition und Theorie entwickelt haben, wesentlich klarer befolgt seien als bei Ovid; vor allem sei bemerkenswert, dass Properz nicht an einer einzigen Textstelle seiner Elegie 4,3 aus dem Dialog in den Monolog gefallen sei. Vgl. dazu auch Janan (2001: 54f. 68f.).

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________________________________________________ Abfassung ihres Briefes vergießt, gehören zur gängigen Motivik der römischen Liebeselegie (vgl. dazu exemplarisch Cat. c. 68,2; Ov. epist. 3,3; id. 11,1).768 Sogar Cicero bedient sich dieses Motivs in seinen Briefen aus dem Exil an seine Gattin Terentia (vgl. Cic. fam. 14,4,1: Ego minus saepe do ad vos litteras quam possum propterea quod cum omnia mihi tempora sunt misera, tum vero, cum aut scribo ad vos aut vestras lego, conficior lacrimis sic ut ferre non possim; vgl. auch id. 14,3,1). Zurück zu Arethusa: Sie verflucht den Krieg im Stile einer Antikriegsparänese und beteuert, dass sie ihrem Gatten trotz der langen Trennungszeit voll einsamer Nächte769 die Treue halten werde (vgl. Prop. 4,3,49–56, hier bes. 49f.: Omnis amor magnus, sed aperto in coniuge maior: / hanc Venus, ut vivat, ventilat ipsa facem.).770 Eben diese verlangt sie aber im Umkehrschluss auch von ihrem Gatten, der nur unter der Bedingung, die foedera lecti nicht verletzt zu haben, in das eheliche Bett zurückkehren dürfe (vgl. bes. Prop. 4,3,23–

768 769

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Zu den Tränen in der römischen Liebeselegie vgl. Fögen (2006: bes. 242–246 mit dem Schwerpunkt auf den Elegien Properzens). Zu den einsamen Nächten der Liebenden als einem gängigen Motiv der Elegie vgl. exemplarisch Tib. 1,6,14; id. 1,8,64; Prop. 1,1,33; 1,12,13f.; 2,17,3f.; vgl. dazu auch unter Nennung weiterer Belegstellen Pichon (1966: 216 s. v. nox). Vgl. ähnlich auch Galla in Prop. 3,12, die als zweite Penelope ihrem Mann Postumus, der in den Krieg zieht, die Treue hält. Zu dieser Parallele vgl. Zimmermann (2000: 134 mit dortiger Anm. 19). Vgl. dazu auch Prop. 2,9,3–8: Penelope poterat bis denos salva per annos / vivere, tam multis femina digna procis; / coniugium falsa poterat differre Minerva, / nocturno solvens texta diurna dolo; / visura et quamvis numquam speraret Ulixem, / illum expectando facta remansit anus. Zum Motiv der ehelichen Treue in den Elegien Properzens vgl. auch Prop. 4,11,35f.41f.; vgl. dazu auch Lange (1979) und Hindermann (2010a: 55f. mit den dortigen Anm. 73–76). Hinter der viel zitierten Treue Penelopes steht das elegische Ideal lebenslanger Liebe, ja sogar das der Zeitenthobenheit der Liebe. Vgl. dazu in der Elegie bes. Tib. 1,1,59f.; id. 1,6, 85f.; Prop. 2,18b; vgl. dazu auch Burck (1952: 168) und Lyne (1980: 65–67). Der Evidenz der ehelichen Treue hat Ovid in seinem ersten Heroïdenbrief nicht von ungefähr Ausdruck verliehen, schließt er doch die Sammlung seiner Tristia mit der Unsterblichkeitsverheißung für die treue Gattin ab; vgl. dazu Ov. trist. 5,14,25–46. Zur bereits in der Liebeselegie anzutreffenden Auffassung, wonach die Ehe als Liebesbund gelten könne, vgl. Cat. c. 61; 64; 68. Allgemein zum Motiv der beständigen ehelichen concordia in der Liebesdichtung vgl. bes. Stat. silv. 5,1,43f. (in Bezug auf Abascantus und Priscilla): Nec mirum si vos conlato pectore mixtos / iunxit inabrupta concordia longa catena; vgl. auch Stat. silv. 3,5.

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________________________________________________ 28.69–72).771 Darüber hinaus ist es vor allem eine Textstelle in der Elegie 4,3, mit deren Hilfe auf die Sexualität in der Ehe zwischen Arethusa und Lycotas angespielt wird und die mit dem betreffenden Briefeingang 6,7,1 in einen fruchtbaren intertextuellen Vergleich gesetzt werden kann (Prop. 4,3,29f.: At mihi cum noctes induxit vesper amaras, / si qua relicta iacent, osculor arma tua.). Dass Liebende Gegenstände in Stellvertretung für die ersehnte Partnerin bzw. für den ersehnten Partner küssen, ist ein konstitutives Element der römischen Liebeselegie, vornehmlich im Kontext des Motivs des exclusus amator (vgl. dazu exemplarisch Prop. 1,16,42 [der amator küsst die Treppe vor dem Haus seiner puella]).772 Sind es in Epistel 6,7,1 die libelli, die Calpurnia als Personenersatz dienen, sind es in der Elegie Properzens die Waffen, die Arethusa an Stelle ihres Gatten küsst. Diese Waffen weisen die Frau – ähnlich wie Calpurnias Liebesbriefe an Plinius (vgl. Plin. epist. 6,7,2) – nicht nur als uxor, sondern auch als elegische puella aus, zumal Arethusa sich in der Weihinschrift auf den Waffen des Lycotas explizit als puella bezeichnet (vgl. Prop. 4,3,71f.: Armaque cum tulero portae votiva Capenae, / subscribam SALVO GRATA PUELLA VIRO.). § 2 – § 3b: Briefcorpus (= Basistext im vorliegenden Brief) Wie gerührt das Brief-Ich ob der ihm von Calpurnia zugedachten Verehrung ist, belegt der emotional-expressiv gehaltene Auftakt des Briefcorpus (vgl. Plin. epist. 6,7,2a: Gratum est quod nos requiris, gratum quod his fomentis adquiescis.). Die Anapher gratum in dem parallel angeordneten Satzgefüge lässt – ebenso wie die Ellipse von est im zweiten Teil 771

772

Vgl. dazu Zimmermann (2000: 131f. mit dortiger Anm. 8). Vgl. dazu auch Prop. 4,3,11f., wo Arethusa die bei der Heirat versprochenen Nächte einfordert. Vgl. ähnlich Cat. c. 64,139–141. Die in der oben angezeigten Elegiestelle angedeuteten Bissspuren als Zeichen eines etwaigen Seitensprunges des Mannes mit einer Rivalin sind ebenfalls ein bekanntes Motiv der römischen Liebeselegie; vgl. dazu exemplarisch Tib. 1,6,14; id. 1,8,38; Prop. 3,8,21; id. 4,5, 39; Ov. am. 1,7,42. Vgl. dazu auch Lucr. 4,1179. Vgl. ferner eine intertextuelle Referenz auf die ovidischen Heroïdes (Ov. epist. 19,31f.: Quid referam, quotiens dem vestibus oscula, quas tu / Hellespontiaca ponis iturus aqua?): Hero küsst die Kleidung ihres Geliebten Leander, die dieser vor dem Sprung in den Hellespont abwirft.

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________________________________________________ des Asyndetons – auf die Exaltiertheit des maritus schließen. Dabei richtet sich seine Genugtuung zunächst auf die Sehnsucht, die Calpurnia angesichts der räumlichen Trennung von ihrem maritus offensichtlich empfindet (gratum est quod nos requiris). Mit Zenoni (1924: 215), Poteat (1937: 115) und Lefèvre (2009: 208 mit dortiger Anm. 148) ist hier das Personalpronomen nos als Pluralis modestiae aufzufassen.773 Es soll echte concordia und die Reziprozität zwischen beiden Ehepartnern symbolisieren.774 Die Junktur gratum est entstammt ursprünglich dem Klientelwesen und dokumentiert die Dankbarkeit der patroni gegenüber ihren willfährigen clientes.775 Im plinianischen Briefcorpus verweist gratum est zumeist auf die Dankbarkeit für diverse private und politische Freundschaftsdienste (vgl. dazu exemplarisch Plin. epist. 4,13,10; 5,3,1; 8,23,5). Ähnlich wie in Plin. epist. 6,7,2a erscheint gratus (dort jedoch als Adjektiv-Attribut) in der ersten Silve des fünften Buches des Statius im Kontext einer Ehe. Ebendort spielt – wie in der nämlichen Briefstelle – das Motiv des Personenersatzes eine Rolle (vgl. Stat. silv. 5,1,1–4a: Si manus aut similes docilis mihi fingere ceras / aut ebur impressis aurumve animare figuris, / hinc, Priscilla, tuo solacia grata marito / conciperem.). Hier vermisst Abascantus seine (verstorbene) Gattin Priscilla, sodass Statius zu einem artifex werden möchte, um mit seinen Händen die Ehefrau als Wachsfigur oder als Standbild aus Gold oder Elfenbein nachzubilden; diesen Personenersatz nennt Statius solacia grata marito. Dies erinnert an Ov. epist. 13,149–156, wo Laodamia schmeichelnde und klagende Worte an ein Wachsbild ihres im Krieg befindlichen Gatten Protesilaos richtet.776 Bei einem Blick auf das Grundvokabular der römischen Liebeselegie erhält gratum eine erotische Konnotation. Es bedeutet dort die herzerwärmende Freude an einer Sache, die sich jemand sehnlichst herbeiwünscht und auch erhält (vgl. dazu Cat. c. 107,1f.: Si quicquam cupido optantique 773 774

775 776

Vgl. dazu KS II, 1, 87, § 24, 3. Auch Cicero betont die Reziprozität zwischen beiden Ehepartnern – bezogen auf sein Ehebündnis mit Terentia (vgl. Cic. fam. 14,4,1: Si haec mala fixa sunt, ego vero te quam primum, mea vita, cupio videre et in tuo complexu emori, quoniam neque di, quos tu castissime coluisti, neque homines, quibus ego semper servivi, nobis gratiam rettulerunt.). Vgl. dazu Glücklich (2003: 63). Zu der von Laodamia betriebenen Verehrung einer Wachsnachbildung ihres Mannes vgl. Reeson (2001: 199–205) und Fulkerson (2002: 79–84). Dies wiederum lässt an den Umgang mit Erinnerungsbildern von Toten denken; vgl. dazu exemplarisch Prop. 4,11,83f.; vgl. dazu auch Oppel (1968: 97).

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________________________________________________ optigit umquam / insperanti, hoc est gratum animo proprie; vgl. ähnlich Cat. c. 107,3f.). Eine die Thematik der Briefstelle Plin. epist. 6,7,2a aufgreifende intertextuelle Referenz entstammt einmal mehr den ovidischen Heroïdes (vgl. Ov. epist. 15,13f., wo Paris an Helena Folgendes schreibt: Iamdudum gratum est, quod epistula nostra recepta / spem facit, hoc recipi me quoque posse modo.). Die Worte des Paris könnten auch von Plinius stammen, der sich zu Beginn des vorliegenden Ehebriefes erleichtert darüber zeigte, dass Calpurnia nicht nur seine Briefe (darunter gewiss seinen ersten Ehebrief 6,4) erhalten habe, sondern sich auch nach ihrem maritus sehne. Eine Zwischensicherung an dieser Stelle lautet wie folgt: In der prägnant formulierten, im ersten Moment eher unauffälligen Aussage gratum est quod nos requiris, gratum quod his fomentis adquiescis (Plin. epist. 6,7,2a) schwingt etwas für den maritus höchst Bedeutsames mit: Das im vorangegangenen Ehebrief 6,4 angedeutete Misstrauen in die Treue Calpurnias und die damit einhergehende Eifersucht scheinen unbegründet zu sein. Calpurnia geht offensichtlich nicht fremd und ist ihrem Gatten treu ergeben. Dennoch ist auch hier die sprachlich-stilistische Schlichtheit der Aussage augenfällig – in besonderer Weise dann, wenn das desiderium Calpurnias mit der Darstellung der Emotionen des maritus in den Ehebriefen 6,4 und 7,5 verglichen wird. Denn während eben dieser hinsichtlich seiner Sehnsucht stets zu den intensiven Begriffen desiderium bzw. desiderare greift, wird hier das weniger eindringliche requirere gesetzt. In Anlehnung an den Eröffnungsbrief des sechsten Buches, in dem das Brief-Ich freimütig seine Sehnsucht nach dem von ihm hochgeschätzten Calestrius Tiro bekennt (vgl. Plin. epist. 6,1,1: Te requirebam), ist requirere als vermissen aufzufassen.777 Das plinianische Brief-Ich begegnet also in Epistel 6,7,2a der Leserschaft als derjenige Ehepartner, der deutlich stärkere Emotionen und Gefühle empfindet als seine junge Gattin. Dieses für die Elegie charakteristische Motiv (die amatores leiden unauf777

Vgl. dazu auch Mart. 2,83,1–3: Foedasti miserum, marite, moechum, / et se, cui fuerant prius, requirunt / trunci naribus auribusque voltus; Ov. met. 7, 515f.: Multos tamen inde requiro, / quos quondam vidi vestra prius urbe receptus. Vgl. auch Tac. ann. 3,5. Vgl. unter Nennung weiterer Belege OLD II (2012: 1790f. s. v. requiro, 5). Vgl. auch Bellido Díaz (2003: 382f.). Unter Rückgriff auf Menge (1988: 22, § 35 s. v. requirere) muss hier die Ehe (vgl. das Akkusativ-Objekt nos) aus Sicht Calpurnias als unerlässlich gedeutet werden.

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________________________________________________ hörlich, sie sind miseri) belegt, dass die Ehe zwischen Plinius und Calpurnia auch in diesem Ehebrief als elegisches Liebesverhältnis inszeniert wird, wobei der maritus stärker als die junge uxor unter der räumlichen Trennung leidet.778 Es wäre jedoch ein Trugschluss, zu denken, dass Plinius’ primäre Aussageabsicht auf das unverblümte und in der römischen Kaiserzeit nicht mehr verpönte Offenlegen männlicher Gefühle und Emotionen abzielt; seine Intention ist weniger eine soziokulturelle bzw. von Genderaspekten geprägte, sondern eine vornehmlich literarische; denn unter inhaltlichem Rückgriff auf den Briefeingang setzt Plinius – flankiert durch indirektes Selbstlob – die Betonung der Wirkkraft seiner libelli fort, wobei er hier aber weniger stark seine eigene Glorifizierung als vielmehr die epistolographische Bestimmung seiner Werke im Blick hat, die jedoch letztlich wieder seiner literarischen gloria zuträglich sind: Seine libelli können Trost spenden und für innere Ruhe bei der Adressatin bzw. bei dem Adressaten sorgen (gratum quod his fomentis adquiescis). Dies erinnert an den Schluss des vorangegangenen Ehebriefes 6,4, als der maritus die Wirkung etwaiger Briefe Calpurnias anpreist (vgl. Plin. epist. 6,4,5: Ero enim securior dum lego, statimque timebo cum legero.). Laut ThLL 6.1 (1912– 1926: 1019,36–62) und OLD I (2012: 790) ist fomentum hier im Sinne einer medizinischen Metapher als Synonym zu solacium aufzufassen. Es verschafft Calpurnia „sollievo“ (Zenoni 1924: 215).779 Die Beruhigung durch Briefe findet sich in der römischen Literatur noch in einem Schreiben Ciceros an Servius Sulpicius Rufus (Cic. fam. 4,6,1: Facile ex eo intellego quod litteris lectis aliquantum acquievi.).780 Laut Plinius können auch die studia zu einem Schmerzmittel werden (vgl. dazu Plin. epist. 8, 778

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Vgl. dazu in der römischen Liebeselegie bes. Tib. 1,3; id. 2,3; vgl. auch das Elegienpaar Prop. 1,11 und 1,12; vgl. ähnlich Ov. am. 2,11 und 2,16. Die Ausgangssituation dieser Elegien – die in der Ferne weilende Geliebte wird gefragt, ob noch ein Rest von Liebe in ihr verblieben sei und ob sie sich an den amator erinnere – ist von dem sogenannten Meleagros-Epigramm vorgeprägt; vgl. dazu Schulz-Vanheyden (1969: 129). Fedeli (1980: 267). Baeza-Angulo (2015a: 81 mit dortiger Anm. 89). In dieser Bedeutung noch Plin. epist. 2,7,3; id. 4,21,4. Vgl. in der römischen Literatur noch Cic. Tusc. 2,24,59: Haec sunt solacia, haec fomenta summorum dolorum. In dieses Wortfeld fügt sich das plinianische adquiescere bruchlos ein. Laut ThLL 1 (1900: 423,64–424,7) verbindet sich adquiescere mit Trostmitteln noch in Val. Max. 4,4,11; Suet. Cal. 51.

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________________________________________________ 19,1: Itaque et infirmitate uxoris et meorum periculo, quorundam vero etiam morte turbatus, ad unicum doloris levamentum studia confugi; quae praestant ut adversa magis intellegam sed patientius feram.). Bezogen auf die vorliegende Textstelle Plin. epist. 6,7,2a will Baeza-Angulo (2016: 129) in adquiescere aufgrund der Verquickung mit solacium und dolor unter intertextueller Bezugnahme auf Cat. c. 2,5–8 eine sexuelle Konnotation erkannt haben.781 Freilich lässt das plinianische Brief-Ich es sich nicht nehmen, einmal mehr die Gegenseitigkeit in der ehelichen Beziehung zu akzentuieren (vgl. Plin. epist. 6,7,2b: Invicem ego epistulas tuas lectito atque identidem in manus quasi novas sumo.). Das exponiert am Satzanfang positionierte Adverb invicem lässt den Leser zum wiederholten Male an den ersten Ehebrief 4,19 zurückdenken, wo das Brief-Ich vornehmlich am Briefschluss die Reziprozität in seiner Ehe mit Calpurnia lobt (vgl. Plin. epist. 4,19,8: Certatim ergo tibi gratias agimus, ego quod illam mihi, illa quod me sibi dederis, quasi invicem elegeris.).782 Signifikant an der vorliegenden Textstelle Plin. epist. 6,7,2b sind die Rollen der beiden Ehepartner, denn sie scheinen sich umgekehrt zu haben: Der als gefeierter Rhetor und Epistolograph inszenierte maritus ist hier nicht derjenige, der durch seine epistulae Aufmerksamkeit erregt, diese Rolle wird jetzt von seiner Gattin eingenommen. Das plinianische Brief-Ich hingegen ist in seiner Rolle als maritus Rezipient und agiert exakt so, wie es Calpurnia in Epistel 4,19,2 tat: Der Gatte liest ihre Briefe wiederholt durch (vgl. hier das aus Plin. epist. 4,19,2 bekannte Intensivum bzw. Frequentativum lectitare).783 Statt jedoch diese litterae auswendig zu lernen (das tat Calpurnia in Plin. epist. 4,19,2), nimmt der freudig erregte maritus die Schreiben seiner Gattin mehrmalig zur Hand – ganz so, als seien es immer wieder neue (identidem in manus quasi novas sumo).784 Das Adverb identidem verweist laut ThLL 7.1 (1934–1964: 210,48–211,35) auf 781 782

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Vgl. dazu auch Pérez Vega (2003: bes. 79–82). Vgl. dazu auch Lefèvre (2009: 208). Zur Bedeutung von invicem vor dem Hintergrund der häufig betonten Gegenseitigkeit in der Beziehung zwischen Plinius und Calpurnia vgl. auch oben Anm. 503. Zu den Bedeutungsebenen von lectitare und seinen zahlreichen Parallelstellen sowohl im plinianischen Briefcorpus als auch allgemein in der römischen Literatur vgl. oben Anm. 424. Die Wendung in manus sumere findet sich in der plinianischen Briefsammlung laut Heberlein – Slaby (1991: 2757f.) noch Plin. epist. 1,16,3; 8,3,3; 8,9, 1; 9,22,2.

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________________________________________________ die von Plinius betriebene, ständig sich wiederholende Lektüre der Briefe Calpurnias.785 Hier deutet sich bereits an, dass auch für den Ehemann die Briefe seiner Gattin als Personenersatz fungieren. Diese kann er mit eigenen Händen berühren (in manus sumo), wohingegen er die ihm im Ehebrief 7,5,1 vor Augen schwebende imago seiner Frau nicht fassen kann. Eine intertextuelle Referenz findet sich in der Epistel 6,21, wo Plinius darauf verweist, dass ein mit geistreichem Witz durchwirktes Buch (hier eine Komödie) nur schwer beiseitegelegt werden könne, wenn es einmal in die Hand genommen worden ist (vgl. dazu Plin. epist. 6,21,7). Ähnlich ergeht es Plinius als maritus mit den Liebesbriefen seiner Gattin. Die beiden von Plinius hinsichtlich der Lektüre der Liebesbriefe Calpurnias für evident gehaltenen Elemente – zum einen das „Werkzeug“ (manus), zum anderen die damit auszuführende Handlung (sumere) – sind auch in der Liebeselegie nicht unbedeutend: Mit den Händen bringen die Elegiker die Umarmung der Liebenden in Verbindung (vgl. dazu exemplarisch Ov. am. 1,4,6: Iniciet collo, cum volet, ille manum?). Mit dem Verb sumere wird in der Elegie das Küssen – im Speziellen das Stehlen von Küssen – assoziiert (vgl. dazu exemplarisch Prop. 1,3,16; Ov. am. 1,4,63; Ov. epist. 13,141; id. 19,145; Ov. ars 1,664). Dass die Briefe Calpurnias aber in Epistel 6,7 über reinen Personenersatz hinausgehen und eine sexuelle Kraft auf den in Gefühlswallungen geratenden maritus ausüben, dokumentiert die in der Sprache der Elegie beinahe klischeehaft verwendete Feuermetapher (vgl. Plin. epist. 6,7,3a: Sed eo magis ad desiderium tui accendor.).786 Das Brief-Ich wird entflammt angesichts der Tatsache, dass es Briefe seiner Gattin in den Händen hält und sich einbildet, es könne sie real berühren. Die erotische Vor785

786

Zur Grundbedeutung von identidem vgl. auch Menge (1988: 139, § 339A) und OLD I (2012: 901). Vgl. dazu auch Maniet (1966: 174 mit dortiger Anm. 146). Vgl. im plinianischen Briefcorpus exemplarisch noch Plin. epist. 3,9,27; 5,6, 42; 9,31,1; 9,40,2. Zur Feuermetapher, welche die drei Ehebriefe des Plinius an Calpurnia miteinander verbindet (vgl. Plin. epist. 6,4,3b; id. 7,5,1) und die in der römischen Liebeselegie die sexuelle Leidenschaft der Liebenden anzeigt, vgl. in der vorliegenden Studie das Kapitel 4.2.1.4 zur Textstelle 6,4,3b. Vgl. auch BaezaAngulo (2016: 132f.). Zum desiderium des Plinius einschließlich der Erläuterung des Genitivus obiectivus tui (diese Junktur findet sich ebenfalls in Plin. epist. 7,5,1) vgl. auch oben Anm. 422. Die Wortverbindung eo magis beinhaltet einen Rückverweis auf die beiden Prädikate des vorangegangenen Satzes (Plin. epist. 6,7,2: lectito bzw. sumo). Vgl. dazu auch Glücklich (2003: 64).

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________________________________________________ stellungskraft des plinianischen Brief-Ichs speist ihre Bedeutung im vorliegenden Brief nicht nur aus der Feuermetapher selbst, sondern auch aus deren Klangwirkung unter Verwendung der ersten Hauptform des metrischen Klauselsystems (cretisch-trochäische Dipodie): ... ad desiderium tui accendor. (1 β)

Es ist bezeichnend, dass ausgerechnet die sexuelle Leidenschaft, die in allen drei Ehebriefen an Calpurnia – ebenso wie die Schilderung seines desiderium (vgl. dazu Plin. epist. 6,4,3a: te […] desiderarem; Plin. epist. 7,5,1: desiderio tui tenear) – ein konstitutives Element darstellt, den Basistext (Plin. epist. 6,7,2a–3b) abschließt und einen Ausblick auf den ebenfalls erotisch aufgeladenen Briefschluss gewährt. Ohne dass das Brief-Ich die Art der Briefe Calpurnias am Ende des Basistextes näher bestimmt hat, ist aus dem Kontext abzuleiten, dass es sich um Liebesbriefe handeln muss (ad desiderium tui accendor).787 Dies wird am betonten Ende des Basistextes bestätigt, indem der maritus die Briefe seiner Gattin und die zukünftigen gemeinsamen Gespräche mit Attributen in 787

Bereits in der Ars empfiehlt Ovid, Briefe als Instrumente erotischer Werbung einzusetzen; vgl. dazu bes. Ov. ars 1,437–486. Im ersten Teil dieser Lehranweisung wird der Brief zunächst hinsichtlich des Inhaltes und der inventio beleuchtet (vgl. id. 437–454), anschließend wird der richtige Stil, die elocutio, erörtert (vgl. id. 455–468). Im zweiten Teil der didaktischen Unterweisung antizipiert Ovid mögliche Reaktionen der Adressatin (vgl. id. 469–486), wobei hier drei Aspekte unterschieden werden: 1. Was zu tun ist, wenn die Angebetete den Brief ungelesen zurückschickt (vgl. id. 469–478); 2. Was zu tun ist, wenn sie ihn zwar liest, aber nicht darauf antwortet (vgl. id. 479–482); 3. Was zu tun ist, wenn sie mit der Bitte antwortet, sie nicht weiter zu belästigen (vgl. id. 483–486). Zu den ovidischen Unterweisungen bzgl. der angemessenen Anfertigung eines Liebesbriefes vgl. Wildberger (1998: 114–119). Vgl. zuvor bereits Stroh (1979a) und Toohey (1997). Neben den didaktischen Lehrsätzen Ovids in der Ars liegen dessen Epistulae heroicae vor, in denen Liebesbriefe zum literarischen Genos erhoben werden; sie enthalten fünfzehn Briefe von mythischen Heroinen (u. a. von Penelope, Medea, Dido) an ihre Ehemänner und amatores. Vgl. dazu Janka (2016: 156): „Diese écriture feminine bleibt dabei natürlich rhetorisch-artifizielle Fiktion des männlichen Schriftstellers Ovid, kann aber in ihrer Signalwirkung als Perspektivenwechsel gar nicht überschätzt werden.“ Vgl. auch id. 166. Zur Liebesrede in der römischen Literatur unter bes. Berücksichtigung der Liebesbriefe vgl. Kellermann – Paulus – Stauf (2012).

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________________________________________________ Verbindung bringt, die zwar vornehmlich den literarisch-ästhetischen Genuss, aber auch in Anlehnung an die römische Liebeselegie menschliche Eigenschaften kennzeichnen (vgl. Plin. epist. 6,7,3b: Nam cuius litterae tantum habent suavitatis, huius sermonibus quantum dulcedinis inest!). Laut Menge (1988: 173, § 306 s. v. dulcis; vgl. auch ibid. s. v. suavis) stimmen die beiden Aspekte darin überein, dass sie sowohl auf den sinnlichen als auch besonders den geistigen Genuss verweisen. Beide Bedeutungsebenen sind im plinianischen Briefcorpus anzutreffen; dabei fungiert suavitas zumeist als literarisches Qualitätskriterium (vgl. Plin. epist. 1,16,4; 3,1,7; 3,15,3; 4,3,2; 5,8,10; 5,17,3; 6,7,3), aber auch als Merkmal des menschlichen Charakters (vgl. bes. Plin. epist. 5,16,2; id. 6,8,7; vgl. darüber hinaus Plin. paneg. 49,7).788 Während beide Bedeutungsnuancen in suavitas – auf das gesamte Briefcorpus bezogen – ungefähr gleich verteilt sind, fokussiert dulcedo fast ausschließlich auf den Sprach- bzw. Schreibstil (vgl. Plin. epist. 1,16,5; 3,1,7; 5,8,10; 6,21,5); lediglich zweimal – abgesehen von der vorliegenden Briefstelle – wird es abstrakt verwendet (vgl. dazu Plin. epist. 2,5,13 [bezogen auf das inspirierende Vergnügen einer anspruchsvollen Unterhaltung]; 8,14,3 [bezogen auf geistige libertas]).789 Eine intertextuelle Referenz bietet ein elegisches Distichon aus der Verbannungsdichtung Ovids, wo der Dichter einen Brief, dem dulcedo innewohnt, wiederholt liest und dabei immer größere Begeisterung spürt (vgl. Ov. Pont. 3,5,11–14: Plura sed haec feci relegendo saepe, nec umquam / non mihi, quam primo, grata fuere magis. / Cumque nihil totiens lecta e dulcedine perdant, / viribus illa suis, non novitate, placent.). Überhaupt sind beide Begriffe (suavitas und dulcedo) – in ihren Adjektivformen auftretend – konstitutive Elemente der Liebeselegie zur Bezeichnung des Liebreizes der Partnerin bzw. des Partners.790 788 789

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Vgl. dazu auch Whitton (2013a: 197). Die literarische Konnotation in dulcedo findet sich in der römischen Literatur noch Sen. epist. 46,1; Sen. suas. 1,8; vgl. dazu unter Nennung weiterer Belegstellen Whitton (2013a: 119f.); gemäß ThLL 5.1 (1909–1934: 2183,35–71, hier bes. 56–71) fungiert dulcedo in der römischen Literatur nicht nur oftmals als Synonym zu suavitas, sondern wird – wie in Plin. epist. 6,7,3b – gerne als Qualitätskriterium für Gesang, Stimme und Reden bzw. Gespräche in Verbindung gebracht; vgl. dazu exemplarisch Ov. met. 5,308f.: Desinite indoctum vana dulcedine vulgus / fallere. Vgl. dazu (bezogen auf Männer) Cat. c. 66,33: pro dulci coniuge; vgl. ähnlich id. 67,1; vgl. auch id. 45,11f.: et dulcis pueri ebrios ocellos / illo purpureo ore saviata. Vgl. auch (bezogen auf Frauen) id. 32,1–3: Amabo, mea dulcis Ipsitil-

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________________________________________________ Von Bedeutung ist die Tatsache, dass das Brief-Ich seine Aussage in eine Sentenz – flankiert von einer kunstvoll geformten Korrelation mit Parallelismus und Chiasmus (tantum habent suavitatis – quantum dulcedinis inest)791 – kleidet und dadurch objektiviert. Dies ermöglicht es Plinius, seine Gattin mit denjenigen männlichen und weiblichen Zeitgenossen (sowohl charakterlich als auch literarisch) auf eine Stufe zu stellen, die – vom Autor mit den Merkmalen suavitas bzw. dulcedo versehen – in dessen Briefsammlung lobende Erwähnung finden und nunmehr in dankbare Erinnerung gerufen werden. Hierbei ist in erster Linie die jung verstorbene Minicia Marcella zu nennen (vgl. Plin. epist. 5,16,2: Et iam illi anilis prudentia, matronalis gravitas erat et tamen suavitas puellaris cum virginali verecundia.). Erinnert wird die Leserschaft auch an Titus Vestricius Spurinna, dessen griechische und lateinische Verse von Plinius gerühmt werden (vgl. Plin. epist. 3,1,7: Scribit enim et quidem utraque lingua lyrica doctissima; mira illis dulcedo, mira suavitas, mira hilaritas, cuius gratiam cumulat sanctitas scribentis.). Ähnliches gilt für die Historiae des Pompeius Saturninus (vgl. Plin. epist. 1,16,4f.). In diesem Kontext bekennt Plinius gerne, dass ihm Geschichtsschreibung gefalle, da diese von suavitas und dulcedo geprägt sei (vgl. Plin. epist. 5,8,10: Illa tractu et suavitate atque etiam dulcedine placet.). Erwähnenswert ist ferner Plin. epist. 2,13,6, wo der Autor von der Anmut der äußeren Erscheinung des C. Licinius Marinus Voconius Romanus fasziniert ist: Mira in sermone, mira etiam in ore ipso vultuque suavitas. (ibid.)792 Das mit den Qualitätskriterien suavitas und dulcedo geadelte literarische Talent Calpurnias wird dadurch ergänzt, dass auch sie durch die plinianischen Reminiszenzen an die Liebeselegie – primär an die ebenfalls schreibenden und zu leidenschaftlicher Liebe fähigen ovidischen Heroinen Penelope bzw. Laodamia und die properzische Arethusa – zu einer uxor stilisiert wird, die hinsichtlich ihrer Gelehrsamkeit und literarischen

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la, / meae deliciae, mei lepores, / iube ad te veniam meridiatum. Vgl. unter Nennung weiterer Belegstellen Pichon (1966: 135f.). Suavis dagegen erscheint in der Elegie zumeist im Zusammenhang mit der angenehmen Süße eines bestimmten Duftes (z. B. eines Parfums oder einer Pflanze); vgl. dazu Cat. c. 13,10 (bezogen auf ein Parfum); id. 61,7 (bezogen auf Majoran). Zur Korrelation tantum … quantum im Lateinischen vgl. grundlegend KS II, 2, 457–459, § 225, 1f. Vgl. dazu auch Carlon (2016: 95). Zum Leben und Wirken des C. Licinius Marinus Voconius Romanus vgl. McDermott – Orentzel (1979: 120–126).

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________________________________________________ Betätigung mit einer puella docta assoziiert werden kann.793 Es ist klar ersichtlich, dass auch in Epistel 6,7 die Ehe von Plinius und Calpurnia als elegisches Liebesverhältnis präsentiert wird, wobei der Autor sich unter Nutzung seines Brief-Ichs – ebenso wie in den anderen beiden Ehebriefen an Calpurnia (vgl. Plin. epist. 6,4; id. 7,5) – sowohl als gefeierten Literaten (vgl. bes. Plin. epist. 6,7,1) als auch als leidenschaftlichen maritus, der an einen elegischen amator erinnert (vgl. bes. Plin. epist. 6,7,2a–3b), inszeniert und sich auf diesem Wege zu einer poetischen persona erhöht. Dass das Brief-Ich sich seine Calpurnia real herbeiwünscht, spiegelt sich in dem Oxymoron litterae – sermonibus; zwar räumt der maritus im ersten Teil der Korrelation ein (nam cuius litterae tantum habent suavitatis), dass Briefe durchaus als sermones absentium deklariert werden können, unterstreicht aber in emotional-expressiver Weise in Form eines mit quantum verknüpften Ausrufes,794 dass er sich ein wahrhaftiges Gespräch von Angesicht zu Angesicht mit seiner jungen Frau am sehnlichsten herbeiwünscht. Glücklich (2003: 64) bezeichnet die von Plinius herbeigesehnten Gespräche mit seiner uxor als kultivierte Form des Zusammenseins. Zwar seien die Briefe Calpurnias voller suavitas, einer Lieblichkeit, die gute Gefühle in Seele und Geist erweckten; übertroffen jedoch werde dies durch die dulcedo, die den persönlichen Gesprächen zwischen den Ehepartnern innewohne und eine Süße impliziere, die alle Schichten der Person unwiderstehlich durchdringe.795 Die grundsätzliche Unterscheidung zwischen Rede im Brief und Rede im persönlichen Gespräch geht auf Cicero zurück (vgl. Cic. off. 1,133–135). Auch Ovid ist sich dieser Unterscheidung bewusst (vgl. Ov. ars 1,463–468). Im persönlichen kultivierten Gespräch „solle die Stimme mild und sanft klingen; gelassen müsse man wirken und heiter, keinesfalls aber angespannt oder rechthaberisch“ (Wildberger 1998: 118f.).796 Dass die ersehnten sermones mit der 793

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Vgl. auch Hindermann (2010: 57): „Calpurnia gleicht in ihrer großen Liebesfähigkeit den elegischen puellae. Nicht nur Plinius begehrt sie, auch sie ihn.“ Dazu passt eine Beobachtung von Rahn (1968: 487), der den drei in den Heroïdes klagenden Frauen Laodamia, Ariadne und Penelope zubilligt, sie klagten „wie eine vom Leid getroffene Römerin“. Die properzische Arethusa gilt es hier zu ergänzen. Zu der Emphase symbolisierenden Exclamatio, die mit einem Interrogativpronomen verbunden ist, vgl. allgemein Allen – Greenough (2000: 198, § 333). Vgl. auch Zenoni (1924: 215): „Di qui un’altra cagione per Plinio di rimpiangere di più la lontananza della moglie.“ Vgl. dazu Cic. off. 1,134: Sit ergo hic sermo [...] lenis minimeque pertinax,

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________________________________________________ Gattin sich einer angemessenen Sprache einschließlich sprachlicher Richtigkeit und Schönheit in Stil bzw. in Rede- und Ausdrucksweise bedienen sollen, hat bereits Menge (1988: 125f., § 209) erläutert. Dennoch kann angesichts des erotischen Kontextes davon ausgegangen werden, dass die beiden Ehepartner (im Speziellen bei ihrem Wiedersehen nach langer Trennungszeit) neben kultivierten Elementen auch liebkosende Worte im Verbund mit zärtlichen Neckereien austauschen werden. Diese Bedeutungsebene eines verspielten, liebevollen sermo der Partner findet sich in der Liebeselegie häufig.797 § 3c: Briefschluss einschließlich Epilog (= briefinterner Paratext) Die enthusiastisch vorgetragene Exclamatio (vgl. Plin. epist. 6,7,3b: sermonibus quantum dulcedinis inest) bildet insofern eine gelungene Vorlage für den Epilog der vorliegenden Epistel, als die bereits begonnene Antithese zwischen Realität und imaginärem Wunschdenken fortgesetzt wird. Denn ebenso wie in den Epilogen der beiden anderen Ehebriefe 6,4 bzw. 7,5 schließt dieses Schreiben mit einem in eine weitere Korrelation eingepflegten, mit dem Adversativum tamen verstärkten Paradoxon (vgl. Plin. epist. 6,7,3c: Tu tamen quam frequentissime scribe, licet hoc ita me delectet ut torqueat.).798 Calpurnia solle ihm möglichst oft (quam frequentissime) Briefe schreiben, wenngleich (licet)799 er dadurch sowohl erfreut

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insit in eo lepos. Vgl. auch Ov. ars 2,283f.: Carmina lector / commendet dulci qualiacumque sono. Vgl. dazu die didaktischen Lehrsätze Ovids zur Kontaktaufnahme in dessen Ars (vgl. id. 1,565–606, hier bes. 569f.: Hic tibi multa licet sermone latentia tecto / dicere, quae dici sentiat illa sibi); vgl. dazu auch Wildberger (1998: 133–135 mit dortiger Anm. 152). Zum Begriff litterae im Sinne von Briefen (epistulae), die in Plin. epist. 6,7,3b den sermonibus in Form eines Oxymorons gegenübergestellt werden, vgl. noch Plin. epist. 1,10,9; id. 3,20,11. Zu den paradox gestalteten Epilogen in den beiden anderen Ehebriefen an Calpurnia vgl. einerseits Plin. epist. 6,4,5b: Ero enim securior dum lego, statimque timebo cum legero.; vgl. andererseits auch Plin. epist. 7,5,2: Aestima tu, quae vita mea sit, cui requies in labore, in miseria curisque solacium. Zu der hier vorliegenden konzessiven Sinnrichtung des als eines subjunktionalen Ersatzes für quamvis fungierenden licet vgl. KS II, 2, 443, § 221, 6 mit dortiger Anm. 2; die allmähliche Entwicklung der Verbform licet zu einer konzessiven Subjunktion zeichnet auch ThLL 7.2 (1956–1979: 1364,1–56) nach.

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________________________________________________ (delectet) als auch gepeinigt werde (torqueat). In erster Linie die Junktur quam frequentissime nimmt Bezug auf den Epilog des vorangegangenen Ehebriefes (vgl. dort Plin. epist. 6,4,5a: Quo impensius rogo, ut timori meo cottidie singulis vel etiam binis epistulis consulas) und steigert dadurch die Aussage, wenngleich hier erneut der Humor des Plinius durchscheint. An der Ernsthaftigkeit der Bitte des plinianischen Brief-Ichs an die junge uxor, ihm möglichst viele Briefe als Heilmittel gegen sein desiderium zu schreiben, darf vor dem Hintergrund der gesamten Epistel nicht gezweifelt werden; dennoch wird dem maritus bewusst gewesen sein, dass Calpurnia kaum in der Lage war, täglich die geforderten ein oder zwei Briefe abzusenden.800 Das Verb delectare verweist in seiner Grundbedeutung laut Menge (1988: 108, § 177) auf den wahrhaftigen und vor allem dauerhaften Genuss, der aus der Beschäftigung mit einem Gegenstand (meist geistiger Art) entsteht. Es erscheint im Briefcorpus in dieser Bedeutung an zahlreichen Stellen (vgl. mit Bezug auf den Genuss von Literatur noch Plin. epist. 7,9,12; id. 9,11,2; über das Ergötzen an Rhetorik vgl. auch id. 1,20,18).801 Überdies wird durch die Verwendung des Verbs delectare, das in der römischen Liebesdichtung den sexuellen Genuss meint (vgl. z. B. Ov. rem. 103: delectat Veneris decerpere fructum), dem kundigen Leser suggeriert, dass im plinianischen Brief-Ich durch Lektüre der Briefe Calpurnias die Liebesglut entfacht wird.802 Laut OLD II (2012: 2150f.) bezeichnet torquere die mentale Belastung im Sinne einer „torture“ (Carlon 2016: 95). Diese Bedeutung ist im Briefcorpus z. B. noch Plin. epist. 7,19,9; 7,30,1; 9,21,3 anzutreffen.803 In der römischen Liebeselegie ist torquere geläufig und fungiert als Ausdruck für die Liebesqualen (vgl. exemplarisch Tib. 2,6,17f.: Tu miserum torques, tu me mihi dira precari / cogis et insana mente nefanda loqui.).804

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Vgl. auch Allen – Greenough (2000: 328, § 527, b) und Whitton (2013a: 21. 100 mit Verweis auf die Parallelstellen Plin. epist. 2,3,9; 2,13,10; 2,16,3); zu weiteren Belegstellen vgl. Heberlein – Slaby (1991: 1453–1455). Zum sonstigen Gebrauch des Superlativs frequentissime im Briefcorpus des Plinius vgl. noch Plin. epist. 4,11,7 (hier jedoch ohne vorausgehendes quam). Zu weiteren Belegstellen vgl. Heberlein – Slaby (1991: 531f.). Vgl. auch Adams (1987: 196–198. 215). Zur engen Verwandtschaft des in den Ehebriefen an Calpurnia durchgängig herangezogenen Wortfeldes der Folter bzw. Pein unter Nennung diverser Belegstellen vgl. Maniet (1966: 171). Zu weiterführender Literatur vgl. auch unten Anm. 864 und Anm. 865. Vgl. dazu auch Tib. 1,4,81; 1,5,5; 1,8,49; Prop. 3,17,11; Ov. am. 2,5,53; Ov.

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________________________________________________ Wie existentiell wichtig Calpurnias Briefe für ihren maritus sind, zeigt sich in Epistel 6,7,3c in der Verwendung des Imperativs Präsens, der an die Stelle des eleganter anmutenden Konjunktivs Präsens scribas tritt. Dies ruft in seiner Entschiedenheit die Erinnerung an einen emotional aufgewühlten amator in den ovidischen Amores wach, der die Zofe der von ihm begehrten puella bittet, sie möge dieser eine auf Schreibtäfelchen (tabellae) eingeritzte Nachricht überbringen und darauf achten, dass das Objekt seiner (sexuellen) Begierde unverzüglich antworte; doch damit nicht genug: Der amator steigert sich, von Sehnsucht getrieben, in einen regelrechten Liebeswahn hinein und kann die Antwort der puella kaum abwarten (vgl. Ov. am. 1,11,7f.19–22: Accipe et ad dominam peraratas mane tabellas / perfer et obstantes sedula pelle moras. […] nec mora, perlectis rescribat multa iubeto: / Odi, cum late splendida cera vacat. / comprimat ordinibus versus, oculosque moretur / margine in extremo littera rasa meos.).805 Dies wiederum findet seinen Höhepunkt in den ovidischen Amores in der Elegie 1,12, als der amator eine abweisende Antwort erhält und als direkte Reaktion darauf die Schreibtäfelchen mit einem Fluch belegt (vgl. Ov. am. 1,12,7–30, hier bes. 13f.29f.: Proiectae triviis iaceatis, inutile lignum, / vosque rotae frangat praetereuntis onus […] quid precer iratus, nisi vos cariosa senectus / rodat, et inmundo cera sit alba situ?).806 Vergleichbar ist dies in den Elegien Properzens mit dem Verhalten des amator, der über den Verlust seiner tabellae klagt – umso mehr, als auf ihnen Nachrichten enthalten waren, die ihm seine puella geschrieben hatte (vgl. Prop. 3,23). Er hat in den Schreibtäfelchen das Kommunikationsmittel, das für seine Liebesbeziehung grundlegend war, verloren.807 Ähnlich wie beim ovidischen Elegienpaar Ov. am. 1,11 bzw. 1,12 sym-

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epist. 9,36; vgl. auch Mart. 4,38,1. Vgl. unter Nennung weiterer Parallelstellen Pichon (1966: 281). Weinlich (1999: 67) spricht hier von einem durch Ovid im Stile der älteren Elegiker erschaffenen Seelengemälde eines Liebenden, der seine Geliebte sehnsüchtig erwartet. Er fiebere geradezu auf das Treffen hin, für das er alle ihm möglichen Weichen gestellt hat, die in seinen Möglichkeiten standen. Nun müsse die Geliebte nur noch kommen. Zur Interpretation des Elegienpaares Ov. am. 1,11 bzw. 1,12 unter bes. Berücksichtigung der Funktion der tabellae vgl. Davis (1977: 76–85). Weinlich (1999: 64–71). Dimundo (2000: 239–274). Meyer (2001: bes. 209f.). Vgl. dazu auch Williams (1968: 490. 492). Baker (1969). Stroh (1971: 190). Baker (1973). Erbse (1979: 535). Neumeister (1983: 115–118). Spoth (1992: 31 mit dortiger Anm. 16).

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________________________________________________ bolisiert in Prop. 3,23 das Hin- und Hereilen des Liebesboten bzw. der Liebesbotin das Auf und Ab der erotischen Beziehung; gleichsam symbolisieren die tabellae doctae Properzens – ebenso wie die drei Ehebriefe des Plinius an Calpurnia (Plin. epist. 6,4; 6,7; 7,5) – die elegische Liebesdichtung. Eine weitere Ähnlichkeit bietet die Elegie Ov. am. 1,11 auch in der Betonung, ja sogar sakralen Verehrung des Briefes als der einzigen Verbindungslinie zum ersehnten Gegenüber; war es im plinianischen Ehebrief 6,7 Calpurnia, welche die libelli ihres Gatten wie ein Denkmal neben sich auf dem Bett auftürmte, so kündigt der ovidische amator an, die „siegreichen“, d. h. die mit der Zusage der Geliebten versehenen tabellae wie die Siegesdepeschen römischer Feldherrn mit Lorbeer zu bekränzen und im Tempel der Venus als Weihgeschenk aufzuhängen (vgl. Ov. am. 1,11,25f.: Non ego victrices lauro redimire tabellas / nec Veneris media ponere in aede morer.).808 Kurzum: Die im Elegienpaar Ov. am. 1,11/1,12 signifikant durchscheinende, auf schriftliche Botschaften zurückzuführende Dichotomie zwischen freudiger Erwartung und qualvollem Liebesleid kann auf die im Epilog des hier vorliegenden Ehebriefes 6,7 vorherrschende Gemütslage des maritus übertragen werden: Das Brief-Ich ist angesichts der ihm zugestellten Briefe seiner Gattin hin- und hergerissen zwischen freudigen und qualvollen Momenten, die auch klanglich unter Rückgriff auf die zweite Hauptform des metrischen Klauselsystems untermalt werden (Dicreticus): ... delectet ut torqueat. (2 γ δ)

Neben dem obligatorisch paradox gestalteten Epilog in den Ehebriefen, der einmal mehr die Vorliebe des Plinius für Oxymora abbildet, 809 findet sich auch der charakteristische Verweis auf die curae,810 die durch die räumliche Trennung von seiner uxor im maritus ausgelöst worden sind (vgl. dazu Plin. epist. 6,7,3c: torqueat; Plin. epist. 6,4,5b: timebo; Plin.

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Zur Auslegung dieses Distichons vgl. Davis (1977: 80 mit dortiger Anm. 19). Zur Affinität des Plinius für Oxymora vgl. Merrill (1919: 333). Zum hier vorliegenden ἒρως γλυκύπικρος vgl. Baeza-Angulo (2016: 135f.). Vgl. dazu auch Cat. 68,17b. Zu den umfänglichen curae, die das plinianische Brief-Ich durch alle Ehebriefe an Calpurnia hinweg emotional belasten, vgl. auch oben Anm. 716.

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________________________________________________ epist. 7,5,2: in miseria curisque).811 Diese curae, in denen – wie im Zuge der Interpretation der Epistel 6,4 nachgewiesen werden konnte – sämtliche Facetten an Liebesqualen (von Fürsorge über sexuelle Leidenschaft bis hin zu Misstrauen und Eifersucht) inkludiert sind, will der Gatte auf sich nehmen – mit dem erklärten Ziel, auf brieflichem Wege seiner jungen uxor nahe zu sein. In diesem Zusammenhang liefert Glücklich (2003: 64) eine griffige Einordnung des paradox anmutenden Verhaltens des Plinius in den Ehebriefen an Calpurnia: Plinius sei bereit, Qualen auf sich zu nehmen, die ihm die Briefe Calpurnias bereiten, Qualen, die eine Folgerung oder sogar Steigerung seiner Freude sind. Er nehme das Eine für das Andere in Kauf oder genieße sogar in einem Akt der Verzückung beides. Als Alternative käme ja nur Folgendes in Frage: keine Briefe, keine Freude. 4.2.2.5

Conclusio

Die vorliegende Epistel 6,7 – die Mitte der insgesamt drei Ehebriefe an Calpurnia bildend – wird zwar in der Forschung gerne als „counterpart“ zum ersten Ehebrief 6,4 oder verniedlichend als Billett bezeichnet (vgl. Lefèvre 2009: 206f.), darf aber keinesfalls unterschätzt werden, unterstreicht sie doch den unbedingten Anspruch des Plinius, sich durch seine literarischen Werke gloria zu erwerben. Diese glänzen nicht nur durch ihren literarischen Gehalt und ihren ganzheitlichen Zugriff (Reden, Briefe und erotische Gedichte sind hier zu subsumieren), sondern auch durch ihre existentielle Bedeutung: Selbst in emotional belastenden Zeiten, wie z. B. während der räumlichen Trennung der Ehepartner, haben sie eine heilende Tiefenwirkung: Sie spenden Calpurnia während ihres Kuraufenthaltes in Kampanien Trost (Plin. epist. 6,7,1: habere solacium; id. 6,7,2a: his fomentis acquiescis) und fungieren zugleich als Personenersatz. All das verleiht den libelli, wie Plinius seine literarischen Werke im vorliegenden Brief beinahe liebevoll und mit dem ihm eigenen Understatement nennt, eine bemerkenswerte Strahlkraft, durch die er sich von den (eben811

Das Wortfeld der ängstlichen Sorge bzw. der Seelenqual findet sich durchgängig in allen drei Ehebriefen, wobei im Sinne der varietas sowohl Verben als auch Substantive thematische Verwendung finden; vgl. exemplarisch Plin. epist. 6,4,4: Ratio incerta et varia sollicitudine exterret. Vereor omnia, imaginor omnia; vgl. auch Plin. epist. 6,7,3c: torqueat; id. 7,5,1d: tormentis. Vgl. dazu auch Gibson – Morello (2012: bes. 60f.).

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________________________________________________ falls zur Minderung des Trennungsschmerzes konzipierten) epistulae seiner Gattin abgrenzt und diese sogar – sowohl hinsichtlich des literarischen Anspruches als auch hinsichtlich der Wirksamkeit – übertrifft. Zwar gesteht der Autor in seiner großzügigen (um nicht zu sagen: gönnerhaften) Haltung den Briefen seiner Gattin zu, sie verfügten über suavitas und dulcedo (vgl. Plin. epist. 6,7,3b), tut jedoch alles dafür, seiner Leserschaft zu suggerieren, dass diese – im Gegensatz zu seinen libelli (vgl. den Briefeingang Plin. epist. 6,7,1) – nicht ausreichten, um eine vollständige Linderung seines Trennungsschmerzes bzw. seiner Sehnsucht zu bewirken. In dem aus allen drei Ehebriefen bekannten, paradox gestalteten und mit einem Oxymoron (hier Plin. epist. 6,7,3c: delectet – torqueat) einhergehenden Epilog wird deutlich, dass die Liebesqualen des maritus weiterhin existent sind, ja sich sogar steigern, sobald er die Briefe Calpurnias gelesen hat (vgl. ähnlich den Epilog des ersten Ehebriefes 6,4,5b). Dadurch gelingt es Plinius sehr geschickt, sein Brief-Ich als sehnsuchtsvollen und um das Wohlbefinden seiner Gattin besorgten maritus zu inszenieren, der im Vergleich der beiden Ehepartner deutlich mehr Leidenschaft an den Tag legt. Durch eben diese Leidenschaft, die auch den sexuellen Aspekt seiner Ehe nicht verschweigt, avanciert er – nicht zuletzt durch zahlreiche, miszellenartige Anspielungen auf die römische Liebeselegie – zu einem an einen elegischen amator erinnernden maritus, der zwar komplexe Gefühle (von Sehnsucht über Angst bis hin zur Eifersucht) offen zeigen kann, dennoch aufgrund seiner Fähigkeit zur Selbstreflexion letztlich die für einen römischen vir konstitutive continentia bewahrt812 und in der ehelichen Beziehung den dominanten Part einnimmt. Anders als die amatores der römischen Elegie, die ihre puella oftmals mit einem Rivalen teilen müssen, kann Plinius sich unter Verweis auf die Liebesbriefe Calpurnias der Treue seiner Gattin sicher sein (vgl. Plin. epist. 812

Die Fähigkeit zur Selbstreflexion, die Plinius als maritus in allen seinen Ehebriefen an Calpurnia demonstriert, erinnert an Tibull, der sich in seinen Elegien vielfach mit den seelischen Phänomenen des amor auseinandersetzt (vgl. hier bes. die Schlüsselwörter fingo und spes); vgl. dazu auch Spoth (1992: 58f.), der Tibull und Ovid dasselbe psychologische Interesse attestiert. Dieses Interesse führe Ovid in den Amores zur spielerischen Abstraktion der Liebe und der ihr verwandten Affekte, die er in das Extreme und Paradoxe treibe (vgl. z. B. Ov. am. 2,4; id. 3,14). Die Heroinen analysierten teils selbst klagend ihre Seele, teils exerzierten sie unreflektiert die elegischen Schwächen vor. Sie präsentierten – so Spoth (ibid.) resümierend – den Mythos in von elegischer Psychologie geformter Gestalt.

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________________________________________________ 6,7,2f.: Invicem ego epistulas tuas lectito atque identidem in manus quasi novas sumo. Sed eo magis ad desiderium tui accendor.). Calpurnia ist fester Bestandteil der von Plinius inszenierten elegischen Welt und agiert als gelehrsame junge Frau – eine Rolle, die jedoch keinesfalls durch die Untreue und Durchtriebenheit einer domina definiert ist, sondern vielmehr durch die aufrichtige Liebe einer uxor, die sich in ihrer unerschütterlichen Treue an den ovidischen Heroinen Penelope (Ov. epist. 1) und Laodamia (Ov. epist. 13) orientiert. Dies wiederum ruft im kundigen Leser die Worte Properzens in Erinnerung, dessen lyrisches Ich von seiner puella ebenfalls verlassen wird, sich im Stile des plinianischen Brief-Ichs nach ihr verzehrt und (zumindest noch zu Beginn des ersten Elegienbuches) von ihrer Treue überzeugt ist (vgl. Prop. 1,8,23–26: Nec me deficiet nautas rogitare citatos / ‘dicite, quo portu clausa puella mea est?’, / et dicam ‘Licet Atraciis considat in oris, / et licet Hylaeis, illa futura mea est’.).813 Unbestreitbarer Höhepunkt der treu ergebenen, ein hohes Maß an Unterwürfigkeit spiegelnden Haltung Calpurnias ist die zu einer Heldenverehrung stilisierte Sammlung der libelli ihres maritus; eben diese nimmt die junge Frau sogar mit in ihr Bett, umarmt sie und türmt diese gleichsam zu einem Denkmal auf (vgl. Plin. epist. 6,7,1: Pro me libellos teneas, saepe etiam in vestigio meo colloces.). Angesichts dieses Bildes, das den Leser an die Errichtung der Statue einer bedeutsamen Persönlichkeit (oder eines Gottes) denken lässt und die für Plinius charakteristische Technik des indirekten Selbstlobes geradezu plastisch unter Beweis stellt, ist Henderson (2002 und 2003) in seiner These recht zu geben, wonach hinsichtlich der plinianischen Briefsammlung weniger von Selbstdarstellung als vielmehr von Selbstporträtierung zu sprechen ist. In diese Selbstporträtierung wird auch Calpurnia als vorbildliche Ehefrau eingepflegt, die der Autor benötigt, um mit ihr zusammen das Bild einer vollkommenen, auf concordia und Gegenseitigkeit basierenden kaiserzeitlichen Ehe zu entwickeln, wobei auch in sexueller Hinsicht Reziprozität besteht (vgl. Plin. epist. 6,7,2b: invicem): Er begehrt sie ebenso wie sie ihn. Letzteres wird auch in der Erzählperspektive des vorliegenden Briefes deutlich: Zwar berichtet Plinius im Zuge einer internen Fokalisierung das Geschehen durchgängig aus seiner eigenen Sicht und agiert dabei zumindest hinsicht813

Dies ist umso tragischer, als das Bild des Hafens in der römischen Liebeselegie für gewöhnlich das Ende der Liebe symbolisiert; vgl. dazu exemplarisch Prop. 3,24,15f.; Ov. am. 2,9b,31–34; id. 3,11,29f. Zur elegischen Schiffsmetapher vgl. auch La Penna (1951b: 204f.).

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________________________________________________ lich der Erzählerposition im Basistext (Plin. epist. 6,7,2a–3b) als autodiegetischer Erzähler, tritt aber das erste Mal in seinen Ehebriefen in den beiden briefinternen Paratexten sowohl zu Briefbeginn (Plin. epist. 6,7,1) als auch am Briefschluss (Plin. epist. 6,7,3c) in den Hintergrund und überlässt Calpurnia die Bühne der Inszenierung seiner Ehe (z. B. ist Calpurnia in allen drei Prädikaten des Briefeinganges unter Rückgriff auf die zweite Person Singular die zentrale Protagonistin). Diese ist aber auch im Basistext präsent, wenngleich Plinius dort überwiegend aus seiner Perspektive heraus erzählt (dreimal sind die Prädikate in die erste Person Singular gekleidet; diese werden von zwei Sentenzen umrahmt: zum einen von der Anapher gratum est, zum anderen von dem Synonympaar habent bzw. inest). Allerdings muss Calpurnia als Objekt der männlichen Begierde immer mitgedacht werden. Diese Beobachtung wird von der Analyse der Erzählebenen im vorliegenden Ehebrief bestätigt: Die eigentliche Diegese (= intradiegetische Erzählebene) fokussiert auf die sexuelle Wirkung, die von Calpurnias Briefen ausgeht und die den daheim gebliebenen Gatten in Entzückung versetzt (vgl. Plin. epist. 6,7,2a–3b). Plinius erscheint hier als ein sinnlicher maritus, für den die Briefe seiner Gattin – wie bereits im Briefschluss des vorangegangenen Ehebriefes 6,4 deutlich wurde – von existentieller Bedeutung sind, entscheiden sie doch über Momente der Freude und der Qual. Die Dichotomie dieser beiden widerstreitenden Gefühle durchzieht den gesamten Basistext der Epistel 6,7, wobei davon auch die Rahmenhandlung, in erster Linie der briefinterne Paratext am Briefschluss, betroffen ist: Das plinianische Brief-Ich bittet eindringlich (vgl. den Imperativ Singular von scribere), Calpurnia solle für ihn in Form anmutiger Briefe weiterhin präsent sein. Dieser Appell fügt sich nahtlos in den durchgängig expressiv-poetischen Grundton dieses Schreibens ein, flankiert von illokutiv-deskriptiv gefärbten Passagen (vgl. die beiden Sentenzen in Plin. epist. 6,7,2a bzw. 6,7,3b), die den Kern der Argumentation des maritus in folgendem Sinne herausschälen: „Deine Liebesbriefe geben dich mir wieder und erzeugen in mir Leidenschaft (sowohl Freude als auch Pein); also schicke mir mehrere davon!“ Zu Beginn der Rahmenhandlung bzw. der extradiegetischen Erzählebene sind die Vorzeichen umgekehrt: So wie dies für Calpurnia und ihre Briefe über weite Strecken des vorliegenden Schreibens gilt (Plin. epist. 6,7,2–3c), wird im ersten briefinternen Paratext zu Briefbeginn der maritus als Person durch seine literarischen Werke, seine libelli, ersetzt (vgl. Plin. epist. 6,7,1).

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________________________________________________ Unter epistolographischen Aspekten ist der vorliegende Ehebrief insofern reizvoll, als es sowohl die Briefe Calpurnias (vgl. Plin. epist. 6,7,2b: epistulas; id. 6,7,3b: litterae) als auch die libelli des maritus sind, die beim jeweiligen Ehepartner für Trost und Schmerzlinderung sorgen, wenn auch in unterschiedlichem Ausmaß (vgl. oben). Dieses bereits aus dem ciceronischen Briefcorpus bekannte Motiv des Briefes (vgl. dazu Thraede 1970: bes. 39–47) erweitert Plinius um die sexuelle Nuance, die er der brieflichen Konversation mit seiner Gattin verleiht. Vergleichbar ist dies mit den ovidischen Heroïdenbriefen und insbesondere mit der properzischen Elegie 4,3, in der Arethusa als dort auftretende Ehefrau ihren im Krieg befindlichen Gatten Lycotas vermisst und an seiner statt seine Waffen küsst (vgl. bes. Prop. 4,3,29f.). Überdies rücken im vorliegenden Ehebrief 6,7 insbesondere die Liebesbriefe Calpurnias in das Zentrum, die den maritus in Verzückung versetzen (vgl. Plin. epist. 6,7,3: ad desiderium tui accendor). Über den Inhalt oder die äußere Form dieser epistulae lässt Plinius den Leser im Unklaren und setzt bewusst eine Leerstelle, die der Leser mit seiner Phantasie zu füllen hat. Plinius arbeitet also – ähnlich wie bereits im Ehebrief 6,4 – mit einer Assoziationsoffenheit, die nicht nur in der Dichtung, sondern auch in der Briefliteratur (zumal in der erotischen) als Qualitätskriterium gelten kann. Allerdings lassen die von ihm explizit erwähnten, an Ciceros Pflichtenlehre (Cic. off. 1,133–135) erinnernden und von Ovid in seiner Erotodidaxe (Ov. ars 1,565–606) ebenfalls empfohlenen Beigaben der suavitas und dulcedo darauf schließen, dass sie den maritus amüsieren, ja sogar sexuell erregen (vgl. Plin. epist. 6,7,3: accendor), zumindest jedoch dafür sorgen, dass seine curae amoris einschließlich seiner Eifersucht, die den vorangegangenen Ehebrief 6,4 entscheidend prägen, gemindert werden, ohne sie ganz zu beseitigen, wie das Paradoxon im Epilog belegt (vgl. Plin. epist. 6,7,3c: Licet hoc ita me delectet ut torqueat.). Dennoch ist der maritus offensichtlich beeindruckt von dem literarischen Talent seiner jungen Frau – so sehr sogar, dass er Calpurnia dadurch adelt, dass er sie mit einigen gebildeten, literarisch beschlagenen Personen aus seinem Freundeskreis auf eine Stufe stellt (vgl. bes. den auf Plin. epist. 5,16,2 zurückzuführenden Vergleich mit der jung verstorbenen, laut Plinius die virtutes einer erfahrenen matrona besitzenden Minicia Marcella). Ob die Briefe der jungen Ehefrau tatsächlich von gehobener literarischer Qualität waren und ob Calpurnia sich bei der Konzeption der eigenen Schreiben ihren Gatten zum Vorbild nahm, kann nicht entschieden werden; das ist in diesem Fall auch nachrangig, da die Schrei-

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________________________________________________ ben eingebettet sind in einen elegischen Kontext. Nur auf dieser Projektionsfläche ist es Plinius möglich, die Briefe seiner Gattin als suaves bzw. dulces zu deklarieren – sie sind Teil der poetischen Welt und werden dadurch bei der wertkonservativen Leserschaft keinen Anstoß erregen. Resümierend heißt das: Sowohl die epistulae bzw. litterae der Gattin als auch die libelli des maritus fungieren im Ehebrief 6,7 als erotische Medien und üben einen sexuellen Reiz auf die Adressatin bzw. den Adressaten aus, wobei Calpurnia als Frau durch suavitas bzw. dulcedo einen bleibenden Eindruck bei ihrem maritus hinterlässt, er hingegen allein aus den bereits aus Epistel 4,19 bekannten libelli heraus glänzt – literarische Werke, die seine gloria begründen und ihn in letzter Konsequenz für seine junge Gattin (auch sexuell) attraktiv machen, zumal davon ausgegangen werden kann, dass sich unter den von Calpurnia in Kampanien gelesenen Werken gewiss auch erotische Gedichte nach dem Vorbild des Catullischen libellus befunden haben dürften. In jedem Fall erweitert Plinius das von ihm in seinem Briefcorpus selbst entworfene Bild des idealen Aristokraten um eine weitere, signifikante Facette. Janka (2015: 602) schreibt dazu: Für Plinius’ Selbstkonzept ist entscheidend, dass politische, intellektuelle und moralische Größe, wie sie Cicero für ihn in Reinkultur repräsentiert, und im Spielmodus versifizierte ‚kleine‘ Unartigkeiten nicht nur vereinbar sind, sondern offenkundig im Sinn einer umfassenden Harmonie des bedeutenden Mannes zusammengehören.

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________________________________________________

4.2.3

Philologisch-motivanalytische Interpretation Plin. epist. 7,5: Die Ehebriefe an Calpurnia als Prosa-Elegien: Plinius inszeniert sich als leidenschaftlichen maritus – Teil III

4.2.3.1

Prolegomenon

Als letztes Glied in der Kette der drei in der Forschung als „absence letters“814 deklarierten Ehebriefe an Calpurnia präsentiert Epistel 7,5, von der behauptet wird, sie sei „the most erotic of the letters“ (Shelton 2013: 123), einen Plinius, der aufgrund beruflicher Verpflichtungen in Rom gebunden ist, während Calpurnia sich wegen ihrer angegriffenen Gesundheit auf einem (bereits in den Zwillingsbriefen 6,4 und 6,7 erwähnten) Kuraufenthalt in Kampanien befindet. Frappant ist, wie schwärmerisch einige Interpreten in der Pliniusforschung – beginnend mit SherwinWhite815 – im Zusammenhang mit der Epistel 7,5 von einem beeindruckenden Dokument tief empfundener Gattenliebe sprechen: „Plinius leistet einen weltgeschichtlichen Beitrag zur Entwicklung der Gefühlskultur, den Ovid mit seiner Ars Amatoria eingeleitet hatte.“ (Glücklich 2003: 68)816 Allerdings sind diese Forschungsthesen diskussionswürdig, da Plinius nicht der erste römische Literat gewesen ist, der in seinen Gefühlsbekundungen die Rolle von Ehemann und Liebhaber bewusst miteinander verknüpft hat; das haben vor ihm bereits Cicero und Ovid getan. 817 Zwei814

815

816 817

Vgl. dazu exemplarisch Winsbury (2014: 131). Zum engen motivischen und sprachlich-stilistischen Konnex zwischen den drei „absence letters“ 6,4; 6,7; 7,5 vgl. auch De Pretis (2003: 144f. mit dortigen Anm. 42–49) und Carlon (2009: 169 mit dortiger Anm. 48). Vgl. Sherwin-White (1968: 407), der von den drei Ehebriefen an Calpurnia behauptet, sie seien „a valuable document for social history. They blend together, for the first time in European literature, the role of husband and lover, and like other letters of Pliny cast a favourable light on the attitude of his social equals to marriage.“ Vgl. ähnlich Foucault (1984: 97–100) und Winsbury (2014: 131). Vgl. ähnlich Dragićević (1936: bes. 100–109). Bury (1999: 61f.). Maniet (1966). Dobson (1981/82: bes. 83). Lefèvre (2009: 204–212, hier bes. 204). Zur engen inhaltlichen Verquickung der plinianischen „absence letters“ (6,4; 6,7; 7,5) mit den Briefen Ciceros an Terentia (bes. Cic. fam. 14,2,2f.; 14,4,4f.; 14,5,1f.) sowie den Tristia Ovids (bes. Ov. trist. 3,3,15–18; id. 4,3,23f.) unter

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________________________________________________ felsohne hat Plinius die in den elegischen Briefen artikulierten Gefühle bzw. Emotionen (sowohl die ovidischen als auch diejenigen der von Ovid präsentierten Heroinen) in eklektischer, spielerisch-humorvoller Weise in prosaische Kunstbriefe umgegossen. Demzufolge kann im Kontext der Ehebriefe des Plinius an Calpurnia (Plin. epist. 6,4; 6,7; 7,5) von „elegiac letters“ oder „Prosa-Elegien in Briefform“ gesprochen werden.818 Allerdings darf bei der Frage der von Plinius herangezogenen literarischen Vorlagen Cicero keinesfalls übergangen werden. Bemerkenswert ist vor allem die Tatsache, dass Cicero als prominenter Vertreter der spätrepublikanischen Zeit seinem Lesepublikum in den während seiner Verbannung abgefassten Briefen an Terentia in der Rolle des zärtlichen und liebevollen Ehemannes begegnet (vgl. bes. Cic. fam. 14,1–4). Dies spiegelt sich in besonderer Weise im Lobpreis seiner Gattin wider, wobei Cicero mit Bezug auf Terentia häufig Kosenamen verwendet (vgl. exemplarisch Cic. fam. 14,2,2: mea lux, meum desiderium; vgl. auch Cic. fam. 14,2,3 und 14,4,1: mea vita). Seine Ehefrau ist für Cicero Rettungsanker und letztlich der Grund, fern der Heimat nicht zu resignieren: Sie gibt ihm Hoffnung und macht sein Leben auch in dieser Extremsituation lohnenswert. Cicero ist immer dann hochemotional, wenn er an Terentia denkt, und vergießt oftmals Tränen (vgl. exemplarisch Cic. fam. 14,2,1). Mitunter meint Cicero seine uxor – als eine imago – direkt vor sich zu sehen (vgl. exemplarisch Cic. fam. 14,3,5). Darüber hinaus ist Cicero in ständiger Sorge um das gesundheitliche Wohlergehen seiner Gattin (vgl. exemplarisch Cic. fam. 14,4,5–11). Auch wenn von einer bewussten Überhöhung in der Wortwahl auszugehen ist, dokumentieren insbesondere die vier ältesten Ehebriefe Ciceros aus den Jahren 58/57 v. Chr. den Trennungsschmerz und die damit verbundene Sehnsucht nach seiner Familie, allen voran

818

Berücksichtigung der jeweils explizit geäußerten Sorge um das Wohlergehen der Gattin vgl. Guillemin (1929: bes. 138f.). Sherwin-White (1968: 359). Shelton (1990: 171 mit dortiger Anm. 23). Lefèvre (2009: 205); vgl. auch Shelton (2013: 125), welche die Unterschiede zwischen den Briefen des Plinius auf der einen und den Briefen Ciceros bzw. Ovids auf der anderen Seite herausarbeitet. Ein verbindendes Element hingegen sei die Angst um ihre weit entfernten Ehefrauen bzw. ihre Angehörigen. Darüber hinaus markiert Shelton (ibid.) eine weitere, epistolographisch bedeutsame Funktion der Ehebriefe Ciceros, Ovids und des Plinius: „For reasons both of personal consolation and of practical concerns, it was essential for them to retain the loyalty of their wives through the only means available to them: written communication.“ Vgl. dazu auch unten Anm. 890.

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________________________________________________ nach seiner uxor: Ciceros Gefühle, und zwar die des Ehemannes und Vaters, scheinen grundsätzlich echt zu sein.819 Cicero konnte seine Gefühle in seinen Briefen artikulieren, ohne gesellschaftliche Repressionen befürchten zu müssen; er befand sich nämlich während seiner Exilszeit in einer individuellen Extremsituation, in der andere normative Maßstäbe gelten – auch und gerade in der persönlichen Beziehung räumlich getrennter Lebenspartner.820 Schlussendlich ist mit Blick auf die Ehebriefe Ciceros zu konstatieren, dass bereits in der aristokratischen Oberschicht der späten Republik eine über die zeitgebundene, von longa concordia und fides bestimmte Ehemoral hinausgehende emotionale Bindung zwischen den Ehepartnern nicht als anstößig betrachtet wurde. Dies gilt auch für die Kaiserzeit, in der Plinius lebte. Allerdings hat das artifizielle Spiel, das Plinius unter Rückgriff auf zahlreiche, häufig der Liebeselegie entlehnte Motive betreibt, in der Forschung zu wenig Berücksichtigung gefunden; vor allem ist die Tendenz markant, immer nur den jeweiligen Brief als einzelnes Dokument zu betrachten und daraus Rückschlüsse auf das Gefühlsleben des Autors zu ziehen. Dagegen ist im Sinne des „ReReading“-Verfahrens anzuraten, die drei „absence letters“ (6,4; 6,7; 7,5) an Calpurnia im Kontext mit den drei Ehebriefen über Calpurnia (4,19; 8,10; 8,11) zu lesen, um verlässliche Aussagen – sowohl hinsichtlich des Eheverständnisses des Plinius als auch hinsichtlich der Verquickung von Epistolographie und Selbstporträtierung – treffen zu können. Letzteres klärt auch die Frage, ob der Leserschaft in den Ehebriefen an Calpurnia die Autoren- oder die poetische persona begegnet. 4.2.3.2

Gedanklicher Aufbau C. PLINIUS CALPURNIAE SUAE S. (1a) Incredibile est quanto desiderio tui tenear. (1b) In causa amor primum, deinde quod non consuevimus abesse. (1c) Inde est quod magnam noctium partem in imagine tua vigil exigo; inde quod interdiu, quibus horis te visere solebam, ad diaetam tuam ipsi

819

820

Vgl. dazu auch Grebe (2003) und Treggiari (2007b); skeptisch hingegen unter Verweis auf den literarischen Charakter der Cicerobriefe: Hutchinson (1998) und Gunderson (2007). Vgl. dazu auch Hutchinson (1998: 58).

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________________________________________________ me, ut verissime dicitur, pedes ducunt; quod denique aeger et maestus ac similis excluso a vacuo limine recedo. (1d) Unum tempus his tormentis caret, quo in foro et amicorum litibus conteror. (2) Aestima tu, quae vita mea sit, cui requies in labore, in miseria curisque solacium. Vale.

Nach bewährtem Muster folgt dem Briefpräskript das Proömium, in dem das Thema des Briefes anklingt: Der maritus leidet unter der durch den Kuraufenthalt Calpurnias verursachten Trennung von seiner Gattin, was Sehnsucht in ihm auslöst, die ein erstaunliches Ausmaß angenommen hat (vgl. Plin. epist. 7,5,1a: Incredibile est quanto desiderio tui tenear.). Dies begründet der Autor mit der Liebe zwischen den Ehepartnern, für die eine räumliche Trennung ungewohnt sei (vgl. Plin. epist. 7,5,1b: in causa amor primum, deinde quod non consuevimus abesse.). Kernstück der vorliegenden Epistel ist ein kunstvolles Satzgefüge (vgl. Plin. epist. 7,5,1c: Inde est quod magnam noctium partem in imagine tua vigil exigo; inde quod interdiu, quibus horis te visere solebam, ad diaetam tuam ipsi me, ut verissime dicitur, pedes ducunt; quod denique aeger et maestus ac similis excluso a vacuo limine recedo.). Die markante Länge des Satzgefüges offenbart nicht nur die Tiefe der seelischen Verstörtheit des zurückgelassenen maritus, sondern auch die Symptome, die durch die inkludierte Zwei- bzw. Dreigliedrigkeit versinnbildlicht werden: erstens lange Schlaflosigkeit, die von der geistigen Vergegenwärtigung seiner Gattin begleitet wird; zweitens das vom Unterbewusstsein gesteuerte zwanghafte Aufsuchen ihres Zimmers; drittens eine Niedergeschlagenheit, die krankhafte Züge angenommen zu haben scheint und die dem maritus suggeriert, er sei ein exclusus amator – eine Situation, die de facto nicht besteht. Es gebe – so erläutert Plinius im Schlusssatz des Mittelteils – aus dieser misslichen Situation nur eine Ausflucht, indem er seiner Anwaltstätigkeit auf dem Forum im Zuge von Rechtsstreitigkeiten seiner Freunde nachgehe (vgl. Plin. epist. 7,5,1d: Unum tempus his tormentis caret, quo in foro et amicorum litibus conteror.). Hier verbindet Plinius in gewohnter Manier das Hauptthema der Epistel (Trennungsschmerz mit einhergehender Sehnsucht nach seiner Gattin) mit einem Nebenthema (Anwaltstätigkeit), wodurch sich der Autor vor seiner aristokratischen Leserschaft geschickt als Mann der Öffentlichkeit inszeniert, der es versteht, nicht nur hart zu arbeiten, sondern auch für seine Freunde aufopferungsvoll einzu-

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________________________________________________ stehen (amicorum litibus conteror).821 Ausgerechnet der bedingungslose Einsatz für die aristokratischen Freunde auf dem Forum bietet dem plinianischen Brief-Ich Trost und bildet innerhalb der vorliegenden Epistel zugleich die Überleitung zum Epilog, der mit einem doppelten Paradoxon aufwartet: Das, was eigentlich Mühe bereite, verschaffe ihm, dessen Psyche schwer angeschlagen sei, Trost und Erleichterung (vgl. Plin. epist. 7, 5,2: Aestima tu, quae vita mea sit, cui requies in labore, in miseria curisque solacium.).822 Mit dieser abschließenden, beinahe tröstlichen Feststellung wird in Form einer Ringkomposition innerhalb der drei Ehebriefe an Calpurnia die eigene Eingangsthese des plinianischen Brief-Ichs in der Epistel 6,4 entkräftet: Numquam sum magis de occupationibus meis questus, quae me non sunt passae aut proficiscentem te valetudinis causa in Campaniam prosequi aut profectum e vestigio subsequi. (id. 6,4,1) Die Grundstimmung, welche die Epistel 7,5 auszeichnet, ist durchzogen von schmerzvoller Sehnsucht, die der maritus angesichts der räumlichen Trennung von Calpurnia empfindet (vgl. bes. die den gesamten Brief prägenden semantischen Felder zum Aspekt des Trennungsschmerzes). Unterbrochen werden die widrigen Momente lediglich von seinen öffentlichen Aufgaben, denen der maritus pflichtbewusst nachkommt; zugleich betreibt Plinius Schmerzbewältigung, wodurch er – und das ist die zentrale Aussageabsicht der Epistel – als vorbildlicher Aristokrat altrömischer Prägung erstrahlt, wie auch Hindermann (2010: 48) feststellt: Die berufliche Karriere und das große soziale Netz sind für Plinius eine Quelle des Selbstwertgefühls und dienen der Bestätigung seiner Position in der Gesellschaft.823 821

822 823

Zur Bedeutung von conterere im Sinne eines kräftezehrenden Einsatzes, der bis zur Erschöpfung führen kann, vgl. ThLL 4 (1906–1909: 684,43–685,39); in dieser Bedeutung in den Pliniusbriefen noch Epistel 3,1,11; vgl. ähnlich Plin. epist. 7,3,3. Das konkrete Aufreiben in Gerichtsprozessen beklagt das plinianische Brief-Ich in Epistel 8,12,3. Um seine von ihm häufig erwähnte Überlastung durch öffentliche Verpflichtungen in Rom zu kennzeichnen, nutzt Plinius für gewöhnlich das Passivum destringi. Vgl. dazu exemplarisch Plin. epist. 2,14,1; 3,5,19; 7,15,1; 9,2,1; 9,25,3. Zum gesamten Sachverhalt vgl. Lefèvre (2009: 295–301, hier bes. 296f.). Vgl. dazu auch Bütler (1970: 41–43 mit dortiger Anm. 4). Castagna (2003: 125 mit dortiger Anm. 11; 127 mit dortiger Anm. 18). Gibson – Morello (2012: 100f. 191 mit dortiger Anm. 56). Vgl. auch Fitzgerald (2007: 209), der darin ein „epigrammatic paradox“ sieht. Vgl. dazu im plinianischen Briefcorpus auch Epistel 1,7; 1,19; 1,23; 1,24 und

394

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________________________________________________ 4.2.3.3

Datierung und Einordnung in das Gesamtwerk

Wie bereits die beiden Episteln 6,4 und 6,7 thematisiert auch der vorliegende Brief den ausgedehnten Kuraufenthalt Calpurnias in Kampanien, der den Grund für den in allen Ehebriefen vorherrschenden Trennungsschmerz des maritus bildet.824 Laut einstimmiger Forschungsmeinung fällt der Kuraufenthalt Calpurnias in die Jahre 106/107 n. Chr.; 825 von daher ist der hier zu untersuchende Brief – ebenso wie die beiden vorangegangenen „absence letters“ 6,4 und 6,7 – hinsichtlich des Abfassungszeitpunktes mit einiger Sicherheit auf den Frühsommer 107 n. Chr. zu datieren.826 Dabei setzt Epistel 7,5 im artifiziellen Spiel unter konsequentem Rückgriff auf elegische Topoi die in den Briefen 6,4 und 6,7 angedeuteten Aspekte fort; konzentrierte sich Plin. epist. 6,4 auf die durch Calpurnias Kuraufenthalt ausgelösten curae und Plin. epist. 6,7 auf das gegenseitig empfundene desiderium in der ehelichen Beziehung, so erfährt in Plin. epist. 7,5 die vorgebliche Abhängigkeit des maritus von seiner Gattin besondere Betonung. Die elegische Durchwirkung der angezeigten Episteln hat vor allem hinsichtlich ihrer Stellung innerhalb des Briefwerkes eine kaum zu unterschätzende Bedeutung: Zum einen legitimiert sie die über die Buchgrenze hinausgehende Vernetzung der Epistel 7,5 mit den beiden den Trennungsschmerz thematisierenden Ehebriefen 6,4 bzw. 6,7 und lässt sie zu einem Subcorpus der Ehebriefe an bzw. über Calpurnia verschmelzen;827 zum anderen unterstreicht sie die direkte Verbindungslinie zu dem thematisch eng verwandten Nachbarbrief im siebten Epistelbuch. Denn der vorliegende Brief 7,5 nimmt den erotischen Unterton der vorausgehenden Epistel 7,4 auf;828 ebendort berichtet Plinius von dem Senator Pontius Allifanus, der seine Elfsilbler als nicht passend für einen homo severus kritisiert hat (vgl. Plin. epist. 7,4,1). Nachdem sich Plinius bemüßigt fühlt, eben diesem Kritiker zu erläutern, dass ihm die Poesie gleich-

824

825 826 827 828

die in Kapitel 3.8 der vorliegenden Studie analysierte Epistel 1,14. Die geographische Fokussierung des Plinius auf Kampanien ist signifikant – durchgehend im sechsten, ansatzweise noch im siebten Epistelbuch (vgl. z. B. Plin. epist. 7,3; id. 7,5). Vgl. dazu Sherwin-White (1968: 359. 406f.). Vgl. dazu auch Gibson – Morello (2012: 59 mit dortiger Anm. 83). Vgl. dazu auch Winsbury (2014: 131). Erkannt auch von Gibson – Morello (2012: 99–101). Vgl. auch Carlon (2009: 170).

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________________________________________________ sam in die Wiege gelegt worden sei und er bereits im zarten Alter von vierzehn Jahren eine griechische Tragödie im Stile des genus grande verfasst habe, kommt er nach einem gattungsbezogenen Abriss seiner opera, zu denen Latini elegi, herous (versus), hendecasyllabi, elegi gehören,829 schließlich auf sein Vorbild Cicero zu sprechen. Eben dieser habe ihn durch ein als lusus verfasstes und auf erotische Anzüglichkeiten im Verhältnis zu dessen Sekretär Tiro anspielendes epigramma dazu inspiriert (vgl. Plin. epist. 7,4,3–6),830 sein eigenes hendecasyllaborum volumen zu verfassen (vgl. Plin. epist. 7,4,8). Darin lässt der Autor sein Brief-Ich mit vagen Worten bekennen, mit Männern sexuell verkehrt zu haben (vgl. Plin. epist. 7,4,6).831 Angesichts dieser Freizügigkeit fühlt sich Plinius dazu veranlasst, an anderer Stelle seiner Briefsammlung unter Bezugnahme auf ein Zitat Catulls (id. c. 16,5–8) zu betonen, dass hinsichtlich seiner amores zwischen seiner poetischen persona und der Autoren-persona zu unterscheiden sei (vgl. Plin. epist. 4,14,5: Nam castum esse decet pium poetam / ipsum, versiculos nihil necesse est, / qui tunc denique habent salem et leporem, / si sunt molliculi et parum pudici.). In diesem Zusammenhang schlussfolgert Hindermann (2010: 50) Folgendes: Ist einer geschickt darin, pikante Verse zu verfassen, verrät er damit gemäß Plinius nicht seine Unmoral, sondern sein Talent, die Freunde zu unterhalten. Ein Bezug zwischen Anstößigem in der Dichtung und realem Leben des Dichters wird verneint, Plinius’ Rolle des Erotikers ist erklärtermaßen bewusst eingenommen.832

Die Epistel 7,5 ist insofern eine Fortführung der Vorgängerin im siebten Buch, als beide Briefe von erotischen Anspielungen – in Sprachduktus und Motivik – geprägt sind. Allerdings haben sich zwei entscheidende Aspekte geändert: Es wird von Poesie (7,4) in Prosa (7,5) gewechselt, und 829 830

831 832

Vgl. auch Gamberini (1983: 82) und Janka (2015: 602 mit dortiger Anm. 18). Zu dem Terminus lusus als einem seit Catull fest etablierten poetologischen Begriff für kallimacheische „Kleindichtung“ vgl. unter Nennung weiterführender Literatur Janka (2015: 602 mit dortiger Anm. 20). Grundsätzlich zur Epistel 7,4 vgl. Marchesi (2008: 78–88). Vgl. dazu auch Hindermann (2010: 50) und Gibson – Morello (2012: 101). Vgl. ähnlich Haltenhoff (2011: 315f. mit dortiger Anm. 6) und Baeza-Angulo (2017: 297f.). Auch der von Plinius verehrte Pompeius Saturninus hat die Liebesdichtung Catulls in die Briefform umgegossen; vgl. dazu auch Plin. epist. 1,16,5.

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________________________________________________ das Objekt der sexuellen Begierde ist nicht mehr ein Mann (Tiro), sondern nunmehr eine Frau (Calpurnia).833 Plinius changiert also nicht nur hinsichtlich der Besetzung seiner Figuren, sondern auch hinsichtlich der Textgattungen (Brief bzw. Liebeslyrik). Wildberger (1998: 411) klassifiziert die vorliegende Epistel 7,5 als Prosa-Elegie. Darüber hinaus vergleicht sie Plinius mit Properz, dessen lyrisches Ich ebenfalls die Nächte durchwacht und sich dabei stets das Bild seiner puella vor Augen geführt habe. Über allem jedoch stehen die von Gibson – Morello (2012: 99–101) betonten Anspielungen auf die literarischen Vorbilder Cicero und Ovid: „Über diesen Schüler hätte Ovid sich bestimmt gefreut.“ (Wildberger 1998: 411)834 Den Rahmen um den Pliniusbrief 7,5 vollendet die Epistel 7,6, die nicht von ungefähr die beruflichen labores bzw. occupationes des Plinius in den Blick nimmt. Denn letztere spielen im sechsten und siebten Briefbuch eine zentrale Rolle835 und werden in einen unmittelbaren Zusammenhang mit Plinius’ Sorge um seine Gattin Calpurnia gebracht. So spielt Plinius in Epistel 7,6 auf seine Anwaltstätigkeit an, auf die in Epistel 7,5 im Zuge der Bewältigung des Trennungsschmerzes Bezug genommen wird und die letztlich wieder an Cicero zurückdenken lässt, der seine persona – ebenso wie Plinius – nahezu durchgängig inszeniert als „man of labor“ (Gibson – Morello 2012: 101).

833

834 835

Vgl. auch Janka (2015: bes. 600–602 mit dortiger Anm. 8), der in diesem Zusammenhang den Pliniusbrief 7,9 heranzieht, in welchem dem Dichten die Doppelfunktion der entspannenden Unterhaltung und der rhetorischen Übung zugeschrieben wird (vgl. dazu bes. Plin. epist. 7,19,9–12). Vgl. ähnlich Plin. epist. 4,14; id. 8,21,1. Vgl. dazu auch Hershkowitz (1995: 169) und Carlon (2009: 170); Gibson – Morello (2012: 50 mit dortiger Anm. 50) zählen Epistel 7,9 neben 7,2; 7,4; 7,12; 7,13; 7,17; 7,20; 7,25; 7,30; 7,33 zu einer „series of memorable letters to specifically literary matters“. Vgl. ähnlich Winsbury (2014: 132), der Epistel 7,5 als „love poem in prose“ bezeichnet. Vgl. ähnlich Gibson – Morello (2012: 100). Vgl. dazu Gibson – Morello (2012: 59f.).

Kap. 4 Plinius als maritus im Spiegel seiner Ehebriefe

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________________________________________________ 4.2.3.4

Philologisch-motivanalytische Interpretation

§ 1a – § 1b: Briefeingang einschließlich Proömium (= briefinterner Paratext) Der Briefeingang versetzt den Leser in Erstaunen, da das Brief-Ich etwas Außergewöhnliches ankündigt: incredibile est. Diese Junktur, die im plinianischen Briefcorpus häufig eine erstaunliche Begebenheit einleitet,836 verweist auf die Bedeutsamkeit des folgenden indirekten Fragesatzes und bedarf einer Rechtfertigung, die der Autor im unmittelbaren Anschluss entfaltet. Die Behauptung, wonach das plinianische Brief-Ich von großer Sehnsucht nach seiner Ehefrau in Beschlag genommen wird (Plin. epist. 7,5,1a: Incredibile est quanto desiderio tui tenear),837 erweist sich als Teil der Selbstreflexion des Autors,838 der von der Intensität des von ihm empfundenen Trennungsschmerzes selbst überrascht ist. Dies wiederum erinnert an Horaz, der angesichts des Todes des Publius Quinctilius Varus in seinen carmina verzweifelt fragt: Quis desiderio sit pudor aut modus / tam cari capitis? (id. 1,24,1f.) Die in der obigen Briefstelle dokumentierte Symbiose von Sehnsucht und Trennungsschmerz findet sich in den Pliniusbriefen noch Plin. epist. 1,12,10; id. 2,1,7. Zugleich sind der Trennungsschmerz und das damit einhergehende desiderium des maritus die verbindenden Elemente zwischen der vorliegenden Epistel 7,5 und den 836

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Vgl. in der plinianischen Briefsammlung noch Epistel 4,2,2; id. 9,33,8 (hier jeweils ohne das elliptische est); attributiv im direkten Zusammenhang mit desiderium vgl. noch Epistel 4,1,2. Zu Einleitungsformeln in antiken Briefen vgl. Klauck (1998: 37f.). Zu der im Briefeingang skizzierten Situation der Abwesenheit, die desiderium auslöst (wie z. B. noch Plin. epist. 4,1,2; vgl. bes. den zweiten Ehebrief 6,7,1f.). Vgl. dazu auch Thraede (1970: 77). Zur Bedeutung von tenere, wonach die Liebenden in physischem Sinne von ihrem aus Liebe herrührenden Gefühl in Besitz genommen werden, vgl. Pichon (1966: 276 s. v. tenere) und Baeza-Angulo (2016: 125 mit dortiger Anm. 19). Vgl. dazu auch in der römischen Liebeselegie Tib. 1,2,17; Ov. epist. 9,12; id. 20,125. Selbstreflexionen, die der Autor in sein literarisches Werk einpflegt, finden sich auch in der Spätantike bei Augustinus; zu dessen literarischen Selbstreflexionen vgl. Fischer (2009). Vgl. darüber hinaus Flasch (2003) und Brachtendorf (2013). Zu den Confessiones Augustins vgl. auch von Harnack (1904). Zu den Besonderheiten dieser als Autobiographie verstandenen Schrift Augustins vgl. exemplarisch Misch (1950).

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________________________________________________ beiden anderen Ehebriefen an Calpurnia aus dem sechsten Epistelbuch (vgl. dazu Plin. epist. 6,4,3a: etiam fortem te sine cura desiderarem; Plin. epist. 6,7,2: ad desiderium tui accendor). Die vom plinianischen Brief-Ich in Epistel 7,5,1a empfundene Überraschung angesichts seines Trennungsschmerzes wird bestätigt von dem kurzen, aber aussagekräftigen indirekten Fragesatz, der zum einen das für das Brief-Ich offensichtlich nicht vorhersehbare Ausmaß (quanto), zum anderen die emotionale Abhängigkeit von seiner Ehefrau (desiderio tui tenear) demonstriert. Dabei wird das Erstaunliche dieser Aussage in der formalen Gestaltung offenkundig: erstens in der Verwendung des Interrogativpronomens quanto, zweitens in der klangverstärkenden Alliteration tui tenear und drittens in der passivischen Verwendung des Prädikates tenear, welches das Gefühl, an seine Gattin ausgeliefert zu sein, unterstreicht: „Die Gefangenheit des Ich wird nicht, wie incredibile est zunächst erwarten lassen könnte, von außen gezeigt, sondern subjektiv aus dem leidenden Ich heraus.“ (Bury 1999: 59) Obgleich der maritus von seiner Sehnsucht nach Calpurnia – so legt es der Briefeingang nahe – unerwartet übermannt worden ist,839 verharrt er nicht in dieser leidenden Haltung, sondern versucht im Folgenden seine continentia wiederzuerlangen und eine rationale Begründung für diese ungewohnte Situation zu finden, indem er die ihm vertraute Rolle des Prozessanwaltes einnimmt. Durch diesen Kunstgriff gelingt es Plinius, das emotionsgeladene, beinahe schwärmerische Selbstbekenntnis seines Brief-Ichs zu Epistelbeginn zu objektivieren und seine Beziehung zu Calpurnia auf die Agenda eines von ihm fingierten Gerichtsverfahrens zu setzen, in dem die Rollen klar verteilt sind: Das Brief-Ich fungiert als Ankläger, Calpurnia als Angeklagte. Dass Plinius seine Leserschaft in ein ihm vertrautes Terrain, und zwar in den Gerichtssaal, einlädt, verdeutlicht bereits die elliptische Junktur in causa (est), die der juristischen Fachsprache entnommen ist. 840 Dass die vorliegende Epistel 7,5 im Stile eines Gerichtsprozesses gestaltet ist, kommt nicht von ungefähr, da sich Plinius in zahlreichen Motiven – dies wird im Folgenden nachzuweisen sein – an die ovidische Ars anlehnt. Und in diesem Kontext lässt sich Plinius von einer controversia inspirieren, 839 840

Vgl. dazu auch Carlon (2009: 169). Vgl. dazu Glücklich (2003: 65) und OLD I (2012: 317). Vgl. auch exemplarisch Quint. inst. 7,1,53; id. 11,2,43. Zu weiteren Belegen vgl. Baeza-Angulo (2017: 300 mit dortiger Anm. 34).

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________________________________________________ die sich mit der vermeintlichen Schuld Helenas hinsichtlich ihres mit Paris begangenen Ehebruches befasst (vgl. Ov. ars 2,337–372).841 Fungieren in der Ars Menelaos als Kläger, Helena als Angeklagte und Ovid als Richter, ist es in der vorliegenden Epistel Calpurnia, die als Angeklagte und Richterin in Personalunion auftritt, während das plinianische Brief-Ich den (im realen Leben für Plinius vertrauten) Part des Anklägers übernimmt. Die von Weber (1983: 94–103) allgemein erläuterte Struktur einer controversia lässt sich dezidiert auf Epistel 7,5 übertragen: Die Vorstellung des eigentlichen Rechtsfalles (die causa) erfolgt in Plin. epist. 7,5,1a: Der maritus verzehrt sich vor Sehnsucht nach seiner in Kampanien zur Kur weilenden Gattin. Hauptbestandteil dieses fingierten Gerichtsverfahrens ist die iudicatio (Plin. epist. 7,5,1b–d), in der das plinianische BriefIch als Ankläger zunächst Calpurnia als hauptverantwortliche Auslöserin der controversia anklagt und anschließend in einer stringenten Argumentation eine Kette an Beweisen für sein desiderium vorlegt (7,5,1c–d). Die controversia endet mit der (hier zwingend auf der Hand liegenden) sententia der Richterin: Die Gattin ist schuldig und muss sich selbst zur Rückkehr verurteilen. Dass prozessuale Situationen als feste Bestandteile römischer Liebeselegien zu gelten haben, hat Gebhardt (2009: 144–184) anhand zahlreicher Quellenanalysen nachgewiesen (vgl. dazu bes. Prop. 4,7,95f.; vgl. auch Ov. trist. 1,1,24; id. 3,11,2). Unter prozessualen Situationen in der Liebeselegie sind Situationen zu verstehen, „welche sich in ihrer Gestaltung an den Gegebenheiten des römischen Prozesswesens orientieren bzw. diese nachahmen“ (Gebhardt 2009: 145).842 Das Brief-Ich, ab Epistel 7,5,1b sowohl maritus als auch Anwalt bzw. Ankläger, versucht sein desiderium auf doppelte Weise zu begründen; einerseits wird es auf die Liebe zu seiner Gattin zurückgeführt (amor primum), andererseits auf die für die Ehepartner ungewohnte Situation, voneinander getrennt zu sein (quod non consuevimus abesse). Dass diese Begründung nicht nur den maritus selbst, sondern auch Calpurnia betrifft, belegt die Verwendung der ersten Person Plural im Prädikat consuevimus. Spätestens an dieser Stelle ist der maritus vor den Augen der Leserschaft 841 842

Vgl. dazu Janka (1997: 282f.). Zur exakten Aufschlüsselung der Struktur der controversia rund um Menelaos, Helena und Paris vgl. Weber (1983: 94–103). Vgl. auch Cairns (1972: 6); für die römische Prosa vgl. dazu Quint. inst. 3,9,1; id. 3,10,1; vgl. dazu auch Cic. Brut. 17–19; Cic. fam. 7,21f.; zu der Gerichtsrhetorik, dem genus iudicale, in der Liebesdichtung vgl. Ov. rem. 661: Saepe reas faciunt et amant; vgl. auch id. 665–672.

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________________________________________________ nicht mehr ein allein Leidender. Das Verb abesse verweist hier – ebenso wie in den beiden ersten Ehebriefen an Calpurnia (6,4; 6,7) – als terminus technicus der Liebeselegie auf die Trennung von zwei Liebenden.843 Es kommt nicht von ungefähr, dass Ovid innerhalb weniger Verse die Abwesenheit des maritus (zum einen die des Odysseus, zum anderen die des Menelaos) in einer mehrfachen Iteratio zur Sprache bringt, da Ovid in der Textpassage Ov. ars 2,337–372 über den Nutzen und die Gefahren der Trennung – freilich in satirisch-gesellschaftskritischem Ton (vgl. bes. Ov. ars 2,359–372) – reflektiert.844 Auch in den Ehebriefen des Plinius spielt der Trennungsaspekt eine zentrale Rolle und fungiert im Sinne eines Leitmotivs in den drei Ehebriefen an Calpurnia als verbindendes Element (vgl. dazu Plin. epist. 6,4,4; id. 6,7,1).845 Dabei blitzt im Briefpassus 7,5,1b das aus den übrigen Ehebriefen bekannte Motiv der Abhängigkeit Calpurnias von ihrem Gatten wieder auf, wobei das Brief-Ich die Gegenseitigkeit in der Beziehung – ähnlich wie im Epilog der Epistel 4,19,8 oder im Basistext der Epistel 6,7,2 – durch Betonung der gleichmäßig verteilten Sehnsucht nicht verschweigt. Dass den maritus vor allem der Aspekt der mangelnden Gewöhnung an die Trennung überrascht, zeigt sich in der inkonzinnen Gestaltung der oben angezeigten doppelten, chiastisch angeordneten Begründung des desiderium. Nicht zuletzt dieser von ihm selbst offensichtlich nicht für möglich gehaltene Trennungsschmerz ist für ihn so essenziell, dass er dem Leser im Folgenden in Form eines dreigliedrigen, jeweils mit faktischem quod und anaphorischem 843

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Vgl. dazu auch Lieberg (1996). Ramírez De Verger (1997/98: 114 mit dortiger Anm. 2). Bellido Díaz (2003). Baeza-Angulo (2015a: 79f.). Vgl. in der römischen Liebeselegie exemplarisch Ov. am. 2,16,11f.; vgl. auch Ov. epist. 1,1f.; Ov. ars 2,350.355f.358f.369. Vgl. dazu Janka (1997: 274f.). Vgl. auch Wildberger (1998: 271 mit dortiger Anm. 26), die auf die aristotelische These (Arist. EN 1167a 9,5 und id. Rh. 1371b 1,11) verweist, wonach erst von Liebe zu sprechen sein könne, wenn die Liebenden sich auch in ihrer Abwesenheit begehrten. Vgl. dazu Janka (1997: 279. 282–291) und Wildberger (1998: 90. 265–273). Die verhängnisvolle Trennung von Menelaos und seiner Gattin Helena, die sich mit dem am Hofe weilenden Paris einließ, wird auch in Ov. rem. 774 thematisiert. Zu der räumlichen Trennung von Liebenden und möglichen, probaten Trostmitteln vgl. im plinianischen Briefcorpus auch Plin. epist. 6,7,1: Scribis te absentia mea non mediocriter adfici unumque habere solacium, quod pro me libellos meos teneas, saepe etiam in vestigio meo colloces.

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________________________________________________ inde konstruierten Satzes detailliert vor Augen führt, welche Konsequenzen das desiderium für seinen Alltag (sowohl bei Tag als auch bei Nacht) nach sich zieht.846 In diesem Zusammenhang verdient der betont an das Satzende von Plin. epist. 7,5,1b gestellte Infinitiv abesse besondere Beachtung, da er nicht nur das variabel zur Anwendung kommende Wortfeld für die Trennung der beiden Ehepartner einleitet, sondern zugleich einen Vorverweis auf das die Briefmitte beherrschende elegische Motiv des exclusus amator bietet. § 1c – § 1d: Briefcorpus (= Basistext im vorliegenden Brief) Als erstes der drei Symptome für diese als unglaublich deklarierte Sehnsucht wird die Schlaflosigkeit des maritus genannt, die durch den Umstand, dass seine Gattin dauerhaft vor seinem geistigen Auge erscheint, als eklatant empfunden wird (vgl. Plin. epist. 7,5,1c: Inde est, quod magnam noctium partem in imagine tua vigil exigo.). Als wie belastend dies vom plinianischen Brief-Ich wahrgenommen wird, verdeutlicht nicht nur das Hyperbaton magnam noctium partem mit dem exponiert gestellten und dadurch betonten Attribut magnam, sondern auch die markante Junktur vigil exigo,847 wobei in erster Linie die Wahl des Prädikates die seelische Verstörtheit des Liebenden symbolisiert: „Die Nacht ist etwas, was durchlebt und vertrieben werden muss – beides wird durch exigere ausgedrückt.“ (Glücklich 2003: 65) Zugleich wird die Leserschaft erinnert an Ov. epist. 19,69: Cur ego tot viduas exegi frigida noctes?848 Grund der 846

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Die kausale Bedeutungsebene von inde ist nachklassisch und ersetzt die Wendung ob eam causam. Vgl. dazu KS II, 2, 147, § 176, h. Vgl. auch Zenoni (1924: 255) und Westcott (1965: 227f.). Zum hier prädikativ verwendeten Adjektiv vigil, das auf die aus der römischen Liebeselegie bekannte Schlaflosigkeit als signum amoris anspielt, vgl. Ov. ars 1,735: Attenuant iuvenum vigilatae corpora noctes. Zur Schlaflosigkeit des elegischen amator vgl. auch Ov. am. 1,2,1–4; Ov. trist. 3,3,18. Vgl. auch Prop. 1,1,33f.; 1,12,13f.; 3,17,11f.; Tib. 1,2,75–79; zu weiteren Belegstellen vgl. McKeown II (1989: 34f.). Vgl. auch Pichon (1966: 294 s. v. vigilare). Vgl. auch Bouquet (1996). Fernández Contreras (2000). Laguna Mariscal (2011). Baeza-Angulo (2017: 302f. mit dortigen Anm. 48 und 49). In den Pliniusbriefen findet sich das Adjektiv vigil nur an dieser einen Stelle. Vgl. in der plinianischen Briefsammlung auch die synonym verwendete Junktur tempus exigere in Epistel 3,1,1. Zu weiteren Beispielen vgl. ThLL 5.2

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________________________________________________ Schlaflosigkeit des plinianischen Brief-Ichs ist das in der geistigen Vorstellung erscheinende Bild Calpurnias, in das der maritus – angedeutet durch das Adverbiale in imagine tua – vertieft ist.849 Fitzgerald (2007: 208f.) rückt unter expliziter Bezugnahme auf den ebenfalls im siebten Epistelbuch enthaltenen sogenannten Gespensterbrief (Plin. epist. 7,27) die imago der vom plinianischen Brief-Ich schmerzlich vermissten Calpurnia in die Nähe eines Gespenstes. In der bildlichen Vorstellung der geliebten Gattin schimmert ein weiteres Motiv der römischen Liebesdichtung durch; dies wiederum lehnt sich an die theoriegeleitete erotische Lehre Lukrezens an (vgl. dazu Lucr. 4,1037–1287, hier bes. 1058–1072), wonach den Liebenden Bilder (simulacra) des Partners bzw. der Partnerin vor Augen schwebten und das sexuelle Verlangen (Veneris dulcedo) bis hin zur nur schwer zu ertragenden, sorgenvollen Sehnsucht (cura) steigerten. Letztere schimmert auch in der ovidischen Ars durch (vgl. dort exemplarisch Ov. ars 2,340.357).850 Auch in den Heroïdes finden sich wunschgemäße Ersatzbilder in Visionen (vgl. bes. Ov. epist. 10), vor allem aber in Träumen (vgl. dazu Ov. epist. 19,57–66; vgl. auch Ov. epist. 13,105f.: Aucupor in lecto mendaces caelibe somnos; / dum careo veris, gaudia falsa iuvant.).851 Ähnlich ergeht es Ovid selbst, der sich im Verbannungsort Tomis neben all den für ihn existentiell wichtigen Desideraten auch seine im fernen Rom verweilende Gattin vor sein geistiges Auge ruft (vgl. Ov. trist. 3,4,59f.: Coniugis ante oculos, sicut praesentis, imago est. / illa meos casus ingravat, illa levat.).852 Ebenso erinnert das an Ciceros Sorge um seinen erkrankten Tiro – eine Sorge, die durch fehlende Informationen über dessen Gesundheitszustand bzw. Genesungsprozess noch intensiviert wird (vgl. Cic. fam. 16,14,1: Itaque habui noctem ple-

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(1931–1953: 1465,3–63 s. v. exigere). Zu den einsamen, qualvollen Nächten des zurückgelassenen Partners als eines zentralen Motivs der römischen Liebeselegie vgl. unter Nennung zahlreicher Belegstellen auch oben Anm. 634. Zur Wortbedeutung von imago vgl. OLD I (2012: 913 s. v. imago) und Westcott (1965: 228). Zum Gesamtzusammenhang vgl. Wildberger (1998: bes. 270f.). Zum Bildnis eines Du in den Heroïdes vgl. Spoth (1992: 104–106). Ferner konstatiert Fulkerson (2002: 73): „On the surface, her dreams are tastefully depicted erotic fantasies; Laodamia is able to pretend that her lover is physically present.“ Vgl. zuvor bereits Jacobson (1974: 294). Vgl. auch Ov. trist. 3,3,15–18; vgl. dazu Guillemin (1939: 138–141). Zum Interesse Ovids am imago-Motiv vgl. auch die Pygmalion-Episode in den Metamorphoses (vgl. id. 10,243–297).

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________________________________________________ nam timoris ac miseriae.).853 Gegenüber diesen intertextuellen Referenzen auf die literarischen Vorbilder Cicero und Ovid gestaltet sich die vorliegende Textstelle im plinianischen Briefcorpus – sicher nicht unbeabsichtigt – ungleich dramatischer. Denn das Brief-Ich befindet sich in einer nahezu ausweglosen, paradox anmutenden Situation: Auf der einen Seite ist es dem Zwang verfallen, sich die uxor selbst in der Nacht zu vergegenwärtigen, weil sie in der Fremde weilt, auf der anderen Seite findet es dadurch erst recht keinen Schlaf, weil es den Trennungsschmerz in diesen Momenten als gravierend empfindet. Dieses in der Schlaflosigkeit aufleuchtende Paradoxon dient der Emotionssteuerung der Leserschaft, wobei jene durch die intertextuellen Referenzen auf das Leiden Ciceros und Ovids an Intensität gewinnt. War der erste der drei quod-Sätze in dem langen Zentralsatz Plin. epist. 7,5,1c noch mit inde est vorbereitet, schließt sich im nachfolgenden zweiten nur noch das anaphorische inde an (dieses Mal elliptisch ohne est) und verweist damit zugleich prägnant auf das Oxymoron von Nacht und Tag (noctium – interdiu), wodurch der Anschein erweckt wird, das desiderium überlagere den gesamten Alltag des maritus, der wiederum seinem Schicksal vermeintlich hoffnungslos ausgesetzt ist (vgl. Plin. epist. 7,5,1c: Inde quod interdiu, quibus horis te visere solebam, ad diaetam tuam ipsi me, ut verissime dicitur, pedes ducunt.). Dazu passt die Beobachtung, wonach in diesem zweiten quod-Satz (anders als in den beiden anderen) nicht das Brief-Ich als Subjekt fungiert, sondern seine pedes, die den maritus hier – pointiert durch das gesperrt gestellte Demonstrativum ipsi – nicht nur zum Objekt (me) werden, sondern fremdgesteuert wirken lassen. Dass Plinius sich dessen bewusst ist und seine Lage sehr genau reflektiert, belegt die Parenthese ut verissime dicitur, welche die von einigen Interpreten ausgemachte Intimität dieses Briefes abmildert und es dem maritus ermöglicht, den als übermächtig gezeichneten Trennungsschmerz zu objektivieren, zumal der Autor hier auf ein Sprichwort zurückgreift, das sich u. a. in Horazens Epoden 16,21 findet: ire, pedes quocumque ferent.854 Ferner wird der Besuch des Wohntraktes der Gattin 853

854

Auch Winsbury (2014: 132) sieht in Anlehnung an Sherwin-White (1968) „no different to his regrets at the absence of other friends expressed in other letters.“ Vgl. dazu Hor. c. 3,11,49: I pedes quo te rapiunt et aurae; auch Varro nutzt diese auf Theokrit (Teocr. 13,70) zurückgehende sprichwörtliche Redensart in seinem Werk de re rustica; vgl. Varro rust. 2, praef. 6. Vgl. dazu auch mit

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________________________________________________ nicht als Akt des eigenen Willens, sondern als gewohnheitsmäßige, immer zu derselben Zeit (quibus horis te visere solebam) ablaufende Aktion geschildert – eine Bemerkung, die zwar im ersten Zugriff auf eine ungetrübte eheliche Harmonie hindeutet, aber bei genauerer Betrachtung der Wortwahl und Motivik einen maritus präsentiert, der nach dem Vorbild eines elegischen amator von seinen Trieben gesteuert wird. Gemäß Wildberger (1998: 309f.) sei die Leidenschaft des Mannes nicht frei von furor. In ihm wohne ein primitiver Sexualinstinkt, ein urzeitlicher Trieb, der noch den modernen Mann dränge, mit den Artgenossen um ein Weibchen zu kämpfen wie ein wütender, brünstiger Stier. Dieser Kontext erinnere an Horaz, der noch vor Ovid die Kulturentstehungslehre Lukrezens zitiert und das Sexualverhalten der ersten Menschen beschrieben habe. Wie Ovid in der Ars blicke Horaz auf den Anfang der Welt zurück und erkenne einen primitiven, brutalen Geschlechtstrieb, den die Menschen erst im Laufe der Zivilisation durch Gesetze hätten ein wenig bändigen können. Diese bewusste elegische Inszenierung im Briefpassus Plin. epist. 7,5, 1c spiegelt sich in der Verwendung des Intensivums visere855, des auf die Gewohnheit hindeutenden Prädikates solebam,856 des erotisch aufgeladenen Begriffes diaeta und nicht zuletzt in dem im dritten und letzten quodSatz inkludierten Bild des ausgesperrten elegischen amator. Der Begriff diaeta, der dem Griechischen entlehnt ist, verweist auf den Umstand, dass in den weitläufigen Villen der römischen Oberschicht für gewöhnlich jeder der beiden Ehepartner seinen eigenen Lebensbereich hatte und dort eigene Räume bewohnte.857 Die diaetae wurden von den Ehefrauen be-

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weiteren Belegen Otto (1988: 274–276 s. v. pes, hier bes. 275f.); vgl. auch Zenoni (1924: 255). Zum grundsätzlichen Umgang mit Sprichwörtern im plinianischen Briefcorpus vgl. Schwerdtner (2015: 40–45). Zur Fremdsteuerung des amator durch seine eigenen pedes vgl. in der römischen Elegie ähnlich Tib. 2,6,13f.: Iuravi quotiens rediturum ad limina numquam! / Cum bene iuravi, pes tamen ipse redit. Vgl. dazu auch Murgatroyd (1994: 251). Vgl. ähnlich Plaut. Cist. 228. Zu den Bedeutungsebenen des Intensivums visere vgl. auch OLD II (2012: 2290). Auch die Macht der Gewohnheit gehört zum Spektrum elegischen Denkens; vgl. exemplarisch Prop. 1,1,36; 1,4,4; 1,12,5f.; 3,21,3f.; vgl. dazu auch Lilja (1978a: 181) und Wildberger (1998: 340 mit dortiger Anm. 202): „Gewohnheit steigert […] die bereits vorhandene leidenschaftliche Liebe (cura).“ Vgl. dazu Förtsch (1993: 48–53, hier bes. 51) und Ders. (1997: 506); demzufolge ließen sich in römischen Villen diejenigen Raumgruppen mit Plinius’ Verwendung des Begriffes diaeta in Verbindung bringen, die eine gewisse

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________________________________________________ wohnt. Im Falle der von Plinius angesprochenen diaeta geht Kunst (2005: 127) davon aus, dass es sich um ein Gartenhaus handele.858 Dies wird bestätigt von Plin. epist. 2,17,20.24 (vgl. auch id. 5,6,20f.). Die diaeta bestand in der Regel aus einer Halle und einem Schlafsaal. 859 Pikant ist ein Hinweis, den Plutarch gibt (vgl. Plut. Publ. 15): Der Begriff diaeta werde auch für einen Wohntrakt im kaiserlichen Palast verwendet, in dem der Kaiser seine Mätressen aufsuchen konnte; in diesem Kontext verweist Plutarch exemplarisch auf die Mätressen Domitians. Die den Haupttext der vorliegenden Epistel dominierende, mit einer inhaltlichen Klimax einhergehende Dreigliedrigkeit, die danach strebt, das unglaubliche Ausmaß des im Briefeingang gekennzeichneten desiderium des maritus zu erfassen, erreicht hier ihren Höhepunkt: Begegnet als erstes Symptom der von ihm selbst diagnostizierten Sehnsucht die Schlaflosigkeit bei geradezu leibhaftiger Anschauung der Gattin, verleiht das zweite Symptom dem desiderium des maritus Züge einer Liebeskrankheit, die sich in dem zwanghaften, von ihm nicht mehr kontrollierbaren Aufsuchen des Wohntraktes der Gattin äußert. Das dritte Symptom, das durch den expliziten Rückgriff auf das exclusus-amator-Motiv860 den elegischen Grundton der vorliegenden Epistel verstärkt und dadurch die sexuelle Komponente des desiderium sichtbar werden lässt, präzisiert und steigert die im zweiten Aufzählungsschritt angeklungene Liebeskrankheit, wobei dem Patienten – in diesem Fall dem maritus – Realitätsverlust

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Autarkie in sich besitzen und nach außen hin ein hohes Maß an Abgeschlossenheit aufweisen: sehr wahrscheinlich seien dies Räume oder Raumgruppen, die landschaftlich isoliert liegen und zur restlichen Villa keine direkte Anbindung besitzen, solche, die am Ende von Kryptoportiken oder Portiken liegen, sowie schließlich Raumgruppen, die sich direkt im Bauverband befinden. In der römischen Literatur vgl. auch Suet. Claud. 10,1; Vitr. 6,7,2. Vgl. dazu auch ThLL 5.1 (1909–1934: 947,68–948,4 s. v. diaeta). Vgl. dazu Baeza-Angulo (2017: 305f. mit dortiger Anm. 66). In der elegischen Liebesdichtung spielt die Vorstellung eines exclusus amator eine bedeutsame Rolle. Häufig nimmt der Dichter selbst diese Rolle ein: Seine Geliebte verschmäht ihn trotz all seiner Werbung, trotz seines Geistes, trotz seiner Kunstfertigkeit; er durchleidet die Qualen einer unglücklichen Liebe und stellt dies mit tiefer Empfindung dar. Zum Topos des exclusus amator in der römischen Liebeselegie vgl. exemplarisch Tib. 1,2,5–9; Prop. 1,8,21f.; id. 1,16,17–44; Ov. am. 1,6. Vgl. dazu in der Forschung auch exemplarisch Burck (1952). Copley (1981). McKeown II (1989: 121–123); zur vorliegenden Textstelle im plinianischen Briefwerk vgl. auch Ramírez De Verger (1997/98: 115) und Baeza-Angulo (2015a: 73 mit dortigen Anm. 23–30).

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________________________________________________ unterstellt wird: Quod denique aeger et maestus ac similis excluso a vacuo limine recedo. Denn die Situation des unglücklich verstoßenen Liebhabers, die ihm sein desiderium hier suggeriert und die Stärk (1995: 128) als „kleines Paraklausíthyron in Prosa“ bezeichnet,861 entspricht nicht der Realität. Calpurnia hat ihn – anders als es die puellae mit ihren Liebhabern in den Elegien der plinianischen Vorgänger zu tun pflegen – nicht zurückgewiesen bzw. ausgesperrt. Nicht die unberechenbaren, den amator demütigenden Verhaltensweisen seiner puella,862 sondern die widrigen, rational erklärbaren Rahmenbedingungen (d. i. Trennung von Calpurnia durch deren Kuraufenthalt) lassen den maritus zu einem exclusus amator werden. Zwei intertextuelle Referenzen sind für den Pliniusbrief 7,5 von besonderer Evidenz: Prop. 1,11,1–6.27; 1,12,1–6.13–15. In beiden Fällen fühlt sich der amator aufgrund der räumlichen Trennung von seiner in Kampanien weilenden puella wie ein exclusus amator. Dabei spielt Plinius mit diesem elegischen Topos insofern, als sein Brief-Ich in Epistel 7,5,1c nicht bei Nacht, sondern am Tag als exclusus amator insze861

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Unter dem Paraklausíthyron wird ein Klagelied verstanden, das der Liebhaber zumeist in der Nacht vor dem Haus der Geliebten – vor verschlossener Tür – im Gespräch mit der Tür selbst oder mit dem strengen Türsteher singt. Dieser Terminus findet sich erstmals bei Plutarch in seiner philosophischen Schrift Erotikos (id. 8,2 = Plut. Moralia 753A/B); auch in der griechischen Liebeselegie (z. B. bei Kallimachos) und in der Komödie (z. B. bei Aristophanes) fand dieses Motiv Aufnahme. Catull gilt als der erste römische Liebesdichter, der ein Paraklausíthyron verfasst hat (vgl. dazu Cat. c. 67). Zum Motiv des Paraklausíthyrons vgl. exemplarisch Burck (1966). Yardley (1978). Baeza-Angulo (2017: 307f. mit dortiger Anm. 76). Zu den in der Elegie geschilderten Erniedrigungen und Mühen in der Beziehung zur Geliebten – dem servitium amoris – vgl. Copley (1947). Lilja (1978a: 76–89). Lyne (1979: bes. 117f. 121). Murgatroyd (1981). McCarthy (1998); vgl. in der ovidischen Liebesdichtung u. a. Ov. ars 2,197–250. Vgl. dazu Janka (1997: 176–211) und Wildberger (1998: 224–232). Vgl. auch mit weiteren Belegen Lilja (1978a: 76–89); weitere Literatur zum servitium amoris findet sich oben Anm. 538. Eine Zusammenfassung der wichtigsten Merkmale des servitium amoris gibt Stroh (1983: 221–223). Demnach müsse der Elegiker wie ein Sklave seiner Herrin gehorchen. Er habe das kostbarste Stück der Bürgerfreiheit, das Recht auf freie Meinungsäußerung, verloren und müsse nichts so sehr fürchten wie den Zorn der Geliebten bei unbotmäßigem Verhalten. Nur durch Willfährigkeit (obsequium) könne der Elegiker hoffen, bei seiner Gebieterin etwas zu erreichen. Ferner bestehe das servitium amoris darin, dass das Verhältnis ein dauerndes sei, sodass der Dichter ohne Aussicht auf Befreiung bei seiner Geliebten bleiben müsse.

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________________________________________________ niert wird. Dies wiederum erinnert an „il motivo elegiaco dell’amore nell’ora della siesta“ (Baeza-Angulo 2017: 306).863 Diese spielerische Modifizierung unterstreicht das plinianische Brief-Ich auch sprachlichstilistisch, indem es in der exclusus-amator-Reminiszenz ganz und gar allein auftritt und Calpurnia mit keinem Wort erwähnt, wohingegen sie im ersten und zweiten quod-Satz durch den Einsatz der Possessivpronomina tua bzw. tuam und im zweiten Aufzählungsschritt zusätzlich durch den Relativsatz, der die enge Verknüpfung bzw. gegenseitige sexuelle Anziehungskraft der beiden Ehepartner untermauert, präsent ist. Überdies ist das exclusus-amator-Motiv hier in ein Trikolon gekleidet, das wiederum als Klimax angeordnet ist: Betont das Prädikativum aeger hier den von der Außenwelt wahrnehmbaren Liebesschmerz des maritus,864 erhält dies durch das nachfolgende Prädikativum maestus eine präzisierende, die inneren Folgen des Schmerzes fokussierende Note,865 um letztlich in der Wortfolge similis excluso a vacuo limine den konkreten Grund für das Leiden des amator zu nennen. Als Vorlagen in der römischen Liebeselegie dienen Plinius hier – vor allem was den emotional bedrückenden Zustand räumlich getrennter Liebender betrifft – folgende Textstellen: Cat. c. 66, 29; Ov. am. 1,4,61; Ov. epist. 5,46; id. 8,108.866 Der Terminus limen markiert von der grundsätzlichen Bedeutung her die Türschwelle, ist aber in Epistel 7,5,1c aufgrund der Verknüpfung mit dem Attribut vacuum als 863

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Vgl. dazu bes. Cat. c. 61,110–112: Quanta gaudia, quae vaga / nocte, quae medio die / gaudeat! Vgl. auch Cat. c. 32,3; Ov. am. 1,5. Zum Verfassen erotischer Verse in der Mittagszeit vgl. Plin. epist. 7,4,4. Hier lehnt sich Plinius abermals an die römische Liebeselegie an, indem er sein Brief-Ich als amator inszeniert, dessen Liebesschmerz mit einer Krankheit vergleichbar ist. Vgl. dazu Ov. ars 2,511–534, hier bes. 519f.; vgl. auch Cat. c. 76,25; Tib. 2,5,109f.; vgl. dazu in der Forschung auch exemplarisch La Penna (1951b: 206–208). Pichon (1966: 81 s. v. aeger). Holzenthal (1967). Geisler (1969: 57–62). Lilja (1978a: 100–109). Carson (1986: bes. 3–9). McKeown II (1989: 252f.). Funke (1990). Toohey (1992). Sharrock (1994: 256–288). Traver Vera (2011). Zum Adjektiv aeger als Bezeichnung der aegritudo amoris in der Elegie vgl. Prop. 2,4,11; Ov. rem. 109.313f.; laut Properz gebe es gegen die Liebeskrankheit kein Gegenmittel. Vgl. dazu Prop. 1,5, 27f.; 2,1,57f. Vgl. dazu auch ThLL 8 (1936–1966: 46,33–47,40 s. v. maestus) und OLD II (2012: 1167 s. v. maestus). Vgl. auch Glücklich (2003: 66); dagegen wenig aussagekräftig Maniet (1966: 175 mit dortiger Anm. 151). Vgl. dazu auch Pichon (1966: s. v. maesti). McKeown II (1989: 99f.). Ramírez De Verger (1997/98: 115).

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________________________________________________ Synekdoche zu verstehen und verweist auf das Zimmer an sich. Diese Bedeutung findet sich im Briefwerk des Plinius häufig (vgl. dazu exemplarisch Plin. epist. 7,23,1; id. 7,27,8).867 An anderer Stelle, in dem Cento Nuptialis des Ausonius (9,112), verdichtet sich die erotische Konnotation des Substantivs limen, da es dort den Eintritt in die Vagina kennzeichnet.868 Auch das Adjektiv vacuus weist in der römischen Liebeselegie eine erotische Konnotation auf, indem es häufig zur Bezeichnung des leeren Bettes herangezogen wird (vgl. dazu exemplarisch Prop. 2,2,1; Ov. am. 3, 10,2).869 Plinius setzt also in Epistel 7,5,1c sein artifizielles Spiel fort und reiht sich ganz bewusst vor seiner aristokratischen Leserschaft in die Tradition der römischen Liebeselegiker ein, indem er sein Brief-Ich zu einem exclusus amator stilisiert – im sicheren Wissen, ein solcher nicht zu sein, worauf das Hinzufügen des hier prädikativ verwendeten similis hindeutet. Dieses zentrale Forschungsergebnis der vorliegenden Studie bestätigt die damals noch mit Vorsicht getätigte Annahme von Marchesi (2008: 15f.) und Hindermann (2010: 46), wonach es unwahrscheinlich sei, dass Plinius sich der Motive der römischen Elegie unreflektiert bedient habe.870 Die bewusste Anspielung auf eines der zentralen Motive der römischen Liebeselegie wird auch klanglich durch die Verwendung der zweiten Hauptform des metrischen Klauselsystems unterstrichen (Dicreticus): ... in foro amicorum litibus conteror. (2 δ)

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Zu weiteren Belegstellen in den Briefen des Plinius vgl. Heberlein – Slaby (1991: 1456). Zur Bedeutung des Begriffes limen im Sinne einer Synekdoche vgl. in der römischen Literatur auch Verg. georg. 2,511; Tac. ann. 6,50,5; Cypr. epist. 57,3. Zu weiteren Belegstellen vgl. ThLL 7.2 (1956–1979: 1408, 60–1409,32 s. v. limen). Vgl. dazu auch Adams (1987: 89). Zur grundsätzlichen Verwendung des Terminus limen in der römischen Liebesdichtung vgl. ThLL 7.2 (1956–1979: 1405,5–21). Vgl. dazu auch die erotischen Theorien Lukrezens (vgl. bes. Lucr. 4,1177). Zu weiteren Belegstellen vgl. Baeza-Angulo (2017: 308 mit dortiger Anm. 85). Vgl. ähnlich Baeza-Angulo (2015a: 72). Dass Ehemänner grundsätzlich nicht als exclusi amatores zu gelten haben, hat bereits Ovid in seiner Ars konstatiert (vgl. id. 3,585–588, hier bes. 3,585f.: Hoc est, uxores quod non patiatur amari: / Conveniunt illas, cum voluere, viri.). Vgl. dazu unter Nennung weiterer Belegstellen Gibson (2004: 327).

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________________________________________________ Der Kummer, inmitten dessen sich der maritus in Epistel 7,5 befindet, rührt nicht daher, dass seine in Epistel 4,19,2–4 als treu und keusch beschriebene Gattin ihm während ihres Kuraufenthaltes untreu geworden ist bzw. werden könnte; er rührt vielmehr daher, dass der maritus momentan über Calpurnia nicht sexuell verfügen kann. Das lässt jene einmal mehr zu einem Objekt – in diesem Fall sogar zu einem Sexobjekt – werden. Überhaupt könnte die Kluft zwischen dem maritus und seiner jungen uxor nicht größer sein: Anders als es die puellae in den Elegien seiner literarischen Vorgänger zu tun pflegen, erwidert Calpurnia die Liebe ihres Mannes insofern, als sie ihn offensichtlich sehr vermisst, was sie explizit in ihren eigenen Liebesbriefen an ihren maritus äußert (vgl. Plin. epist. 6,7, 1: Scribis te absentia mea non mediocriter affici unumque habere solacium, quod pro me libellos meos teneas, saepe etiam in vestigio meo colloces.). Unter Rückgriff auf diese Textstelle ist zu konstatieren, dass in der römischen Kaiserzeit zwischen Geliebter und Ehefrau zu unterscheiden ist.871 Dennoch lädt Plinius seine aristokratische Leserschaft mit Hilfe eklektisch genutzter elegischer Reminiszenzen ein, seine Ehe mit den Liebesbeziehungen zwischen einem amator und einer puella docta in Bezug zu setzen.872 Dieser Vergleich präsentiert einen Plinius, der sich dadurch von seinen elegischen Vorbildern abhebt, dass er trotz seiner in Epistel 7,5 eingenommenen Rolle eines exclusus amator schlussendlich seine junge uxor für sich (zurück)gewinnen wird – spätestens bei ihrer Rückkehr aus der Kur. Plinius ist die personifizierte „antithesis of the tormented persona of the elegiac poet“ (Carlon 2009: 171) und bleibt uneingeschränkter dominus über seine junge Ehefrau (auch in sexueller Hinsicht), zumal der von ihm inszenierte Kummer in seiner eigenen domus, seinem Machtbereich, verortet ist.873 Im letzten, vergleichsweise recht kurzen Satz des Basistextes führt das Brief-Ich die zuvor über drei Aspekte entfaltete Situation des an der räumlichen Trennung seiner Frau leidenden maritus weiter fort und fasst sein Liebesleid mit einem einzigen Begriff zusammen, der wiederum elegisch durchwirkt ist: tormenta.874 Doch im Gegensatz zu anderen elegischen 871 872 873 874

Zu einem Abgleich der Rollen von Ehefrau und Geliebter vgl. Hindermann (2010: 50–55) und Shelton (2013: 123). Vgl. dazu auch Shelton (2013: 123). Zu einem ähnlichen Urteil kommen auch Alston – Spentzou (2011: 125) und Hindermann (2010: 54). Vgl. dazu auch Merrill (1919: 347): „Yet this letter is an admirable model, and

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________________________________________________ amatores, die einem servitium amoris ausgesetzt sind, gibt das Brief-Ich sich seinem Liebesschmerz keine vierundzwanzig Stunden hin, sondern hat ein probates remedium, das ihn für einen bestimmten, nicht näher umrissenen Zeitraum von seinen tormenta ablenkt: Unum tempus his tormentis caret, quo in foro et amicorum litibus conteror. Erneut zeigt sich hier das artifizielle Spiel mit elegischen Motiven, denn in Anlehnung an Properz oder Catull sucht Plinius in der von seinem Brief-Ich eingenommenen literarischen Rolle als exclusus amator Ablenkung. Es gehört zum festen Inventar elegischer Motivik, dass Liebende sich aufgrund ihrer Liebespein Ablenkung suchen (vgl. dazu in der römischen Literatur Ov. rem. 144: Cedit amor rebus: res age, tutus eris.). Das Brief-Ich in Plin. epist. 7,5 folgt diesem ovidischen Ratschlag.875 Doch anders als das lyrische Ich seiner elegischen Vorbilder gibt das plinianische Brief-Ich sich nicht Vergnügungen oder sexuellen Abenteuern hin, sondern wendet sich seinen täglichen Verpflichtungen als Politiker und Anwalt zu. Letzteres überrascht nicht, da der Leser sich hier – ebenso wie schon zuvor in seiner domus – in einem Machtbereich des maritus befindet, in dem er unangefochten agieren kann. Vor dem Auge seiner Leserschaft erstrahlt Plinius – ähnlich wie zuvor schon im Ehebrief 4,19,3 – einmal mehr als exemplum eines in der öffentlichen Wahrnehmung gefeierten Aristokraten, der sich

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innumerable lovers since Pliny’s days have made the same professions in similar if less neatly turned phrases.“ Ähnliche Gefühle beschreibt Plinius auch in seinem zweiten Ehebrief an Calpurnia (vgl. Plin. epist. 6,7,3c: Scribe, licet hoc ita me delectet ut torqueat.). Diesen Terminus verwendet das plinianische Brief-Ich als Versinnbildlichung seines Trennungsschmerzes auch in Epistel 6,1,2, dort – ohne erotischen Kontext – bezogen auf die Trennung von seinem Freund Calestrius Tiro. Zum elegischen Motiv der Liebespein vgl. bes. Prop. 3,8,17: His ego tormentis animi sum verus haruspex; vgl. auch Ov. am. 3,10, 15f.: Hanc quisquam lacrimis laetari credit amantum / et bene tormentis secubituque coli? Vgl. dazu auch Pichon (1966: 281 s. v. tormenta). Ramírez De Verger (1997/98: 115f.). Lefèvre (2009: 209 mit dortiger Anm. 154); einen umfassenden Katalog von Liebesqualen in der rota amoris gibt Plautus in seiner Cistellaria (vgl. id. 206–210). Vgl. dazu auch Zagagi (1980: 74–76). Vgl. dazu in der Elegie mit konkreten Beispielen exemplarisch Prop. 1,1; id. 1,3: Ablenkung durch Jagden, Reisen und Wein; vgl. auch Cat. c. 50; id. 99: Ablenkung durch das Verfassen von Gedichten und der Zuwendung zu einer anderen oder einem anderen Geliebten. Vgl. dazu Glücklich (2003: 66) und Gibson – Morello (2012: 101 mit dortiger Anm. 62). Zur besonderen Bedeutung des 50. carmen Catulls für Plinius vgl. Morello (2007: 178f. 187f.). Vgl. auch Gunderson (1997: 214f.).

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________________________________________________ in der hier geschilderten Situation von dem Seelenschmerz seines BriefIchs nicht aufhalten lässt und sich sogar in vermeintlicher Selbstlosigkeit auf dem Forum und in Gerichtsprozessen für seine Freunde bis zum Rande der Erschöpfung aufreibt. Durch die hier abermals zur Anwendung kommende Technik des indirekten Selbstlobes gelingt es Plinius, sich sogar in einer für ihn sorgenreichen, schmerzvollen Lebenslage zu einem exemplum zu stilisieren, wobei die in der vorliegenden Studie bereits mehrfach geäußerte These, wonach die Emotionssteuerung der Leserschaft mit der auf Exemplarität ausgerichteten Porträtdarstellung im Briefwerk des Plinius einen untrennbaren Konnex bildet, Bestätigung findet. In diesem Zusammenhang ist es vordringlich der Schmerz, der in vielfältiger Ausformung den gesamten Brief durchzieht und die Emotionen der Leserschaft zu evozieren sucht. Den Höhepunkt dieser Emotionssteuerung bildet der letzte Satz des Basistextes, der in einer paradox anmutenden Antithese die privaten Liebesqualen des maritus (tormenta) den nicht weniger aufreibenden öffentlichen bzw. juristischen Tätigkeiten gegenüberstellt (in foro et amicorum litibus conteror). Dass Plinius häufig als Anwalt in Gerichtsprozessen fungiert hat, zeigt die Häufigkeit des Begriffes lis in der Briefsammlung (vgl. dazu exemplarisch Plin. epist. 2,3,5; 5,13,6; 7,7,2).876 Auch die solacia in Form von Ablenkung durch juristische Freundesdienste auf dem Forum bzw. vor Gericht finden sich als elegische Motive bereits bei Ovid (vgl. Ov. rem. 151: Sunt fora, sunt leges, sunt, quos tuearis, amici.). Als mögliche Vorlage Ovids könnte der Trinummus des Plautus gedient haben (vgl. Plaut. Trin. 651: In foro operam amicis da, ne in lecto amicae, ut solitus es.).877 Die in Epistel 7,5,1d getätigte Aussage des plinianischen Brief-Ichs über seine solacia deckt sich mit anderen Stellen im Briefwerk, wonach dieser im geistigen Austausch mit Freunden Abstand und Erholung finde (vgl. dazu exemplarisch Plin. epist. 4,14; id. 7,9,8–14). Eine sichere Ablenkung findet Plinius durch seine Beschäftigung mit Literatur (vgl. dazu Plin. epist. 8,19,1: Et gaudium mihi et solacium in litteris, nihilque tam laetum quod his laetius, tam triste quod non per has minus triste.). Im vorliegenden Briefpassus 7,5,1d wird durch das passiv konstruierte Schlusswort (conteror) eine weitere, satz876

877

Zu weiteren Belegen vgl. Heberlein – Slaby (1991: 1457f.). Zur Übernahme von juristischen Aufgaben im Zuge von Gerichtsprozessen vgl. exemplarisch Plin. epist. 6,29. Vgl. dazu Geisler (1969: 222f.). Henderson (1979: 60f.). Ramírez De Verger (1997/98: 116).

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________________________________________________ übergreifende Gegenüberstellung zum Prädikat des Briefeinganges (tenear) angebahnt: In beiden Fällen ist es der maritus, der ausgeliefert ist: einerseits an die Sehnsucht nach seiner abwesenden Gattin, andererseits an seine öffentlichen Tätigkeiten auf dem Forum bzw. vor Gericht. Markant am Schlusssatz des Basistextes ist die Tatsache, dass das plinianische Brief-Ich hier nicht nur – wie nahezu über die gesamte Epistel 7,5 hinweg – das Wortfeld der Marter bzw. Qual umfassend bedient, sondern die Paradoxie seiner Aussage neben dem betont hinzugefügten Numerale unum (tempus) dadurch auf die Spitze treibt, dass es an anderer Stelle der plinianischen Briefsammlung an den hier zur Linderung seiner tormenta beitragenden öffentlichen negotia in scharfem Ton Kritik übt (vgl. dazu bes. Plin. epist. 1,10,9–12).878 Doch gerade darin kulminiert das zum exemplum stilisierte Bild des schonungslos gegenüber sich selbst agierenden Aristokraten, der danach strebt, sich in all seinen Rollen (als Anwalt, Politiker, Rhetor, Schriftsteller und nicht zuletzt als maritus) der aristokratischen Leserschaft als nachahmenswertes Vorbild zu präsentieren – ein Vorbild, das sich nicht nur mit den berühmten Vorgängern in Politik und Literatur messen kann, sondern diese (zumindest in seinem artifiziellen literarischen Spiel) noch zu übertreffen vermag, indem seine männliche Dominanz in der ehelichen Beziehung zu keinem Zeitpunkt angefochten wird. Das Brief-Ich bleibt in all seinen Rollen – sowohl in der des maritus als auch in der des amator – der dominus in Haus und Ehe. Dabei zeigen im Speziellen die Schlusssätze den maritus als vorbildlichen Aristokraten, der in die Tradition Ciceros und Senecas gestellt wird und Schmerzbewältigung durch die Wahrnehmung kräftezehrender öffentlicher Aufgaben im Dienste seines aristokratischen Netzwerkes betreibt.879 878

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Vgl. ähnlich Plin. epist. 2,14,1; 3,5,19; 7,15,1; 9,2,1; 9,25,3. Vgl. bes. Plin. epist. 2,8,2f.: Numquamne hos artissimos laqueos, si solvere negatur, abrumpam? Numquam, puto. nam veteribus negotiis nova accrescunt, nec tamen priora peraguntur: tot nexibus, tot quasi catenis maius in dies occupationum agmen extenditur. Zur Klage des Plinius über lästige negotia vgl. Lefèvre (2009: 295–302, hier bes. 296–298). Vgl. dazu auch Gibson – Morello (2012: 191). Zur Trauerarbeit aus stoischer Perspektive vgl. Graver (2017); vgl. auch Weggen (2013). Schmerzbewältigung wurde in der römischen Antike auch über das Verfassen von sogenannten Trostschriften betrieben; so versuchte beispielsweise Cicero seine Trauer um seine verstorbene Tochter Tullia durch das Abfassen der nicht erhaltenen philosophischen Schrift De luctu minuendo zu bewältigen. Zur römischen Kon-

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________________________________________________ § 2: Briefschluss einschließlich Epilog (= briefinterner Paratext) Der Briefschluss nimmt sowohl auf den Basistext als auch auf den Briefeingang Bezug und lässt die vorliegende Epistel als ausgefeiltes Gesamtkunstwerk erstrahlen. Der Briefschluss könnte auch für sich alleine stehen und hätte vor allem durch den inkludierten Appell an Calpurnia eine große Wirkkraft. Durch den pointiert an der Tonstelle des Satzes positionierten und ohne jeden Beischmuck begleiteten Imperativ aestima greift das Brief-Ich auf seine im vorherigen Satz entfaltete Tätigkeit als Prozessredner zurück und wendet sich in Übernahme von Motiven aus dem Briefeingang in Form einer Rahmenkomposition an seine Gattin Calpurnia, die in dieser fiktional erzeugten Gerichtsverhandlung zugleich als Richterin und Angeklagte fungiert (vgl. Plin. epist. 7,5,2: Aestima tu, quae vita mea sit, cui requies in labore, in miseria curisque solacium.). Dabei kommt dem Imperativ aestima eine Schlüsselrolle zu: Den Streitwert in einem Prozess taxierend,880 fordert der hier als Ankläger auftretende maritus in beinahe beschwörender Weise die Angeklagte dazu auf, die für ihren Gatten unerträgliche Lage zu erkennen.881 Das Brief-Ich lässt nichts unversucht, in diesem Gerichtsverfahren auf rhetorischem Wege zum Erfolg zu kommen: Die durch den Imperativ aestima untermalte Anklage, die in ihrer Wortfolge die Erinnerung an die Klage des Briefeinganges über das große Ausmaß der Sehnsucht wachruft (Plin. epist. 7,5,1a: Incredibile est quanto desiderio tui tenear), verleiht

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881

solationsliteratur vgl. exemplarisch Kassel (1958). Zur Trauerbewältigung des Plinius in seinen Briefen vgl. in der älteren Forschung Gnilka (1973), in der jüngeren Forschung Hindermann (2014). Zur männlichen Trauerarbeit in der Antike unter Nennung weiterführender Literatur vgl. auch oben Anm. 229. Der Terminus aestimare im Sinne einer juristischen Einschätzung findet sich im plinianischen Briefwerk häufig; vgl. dazu exemplarisch Plin. epist. 3,9,30; 6,23,3; 10,73; 10,84. Zu weiteren Belegstellen vgl. Heberlein – Slaby (1991: 116). Zur Bedeutung von aestimare als eines Begriffes der Rechtssprache unter Nennung weiterer Belegstellen vgl. ThLL 1 (1900: 1105,76–1107,72). Vgl. dazu auch Glücklich (2003: 67), der die Doppelfunktion der von Plinius in Epistel 7,5 angedeuteten Amtstätigkeiten analysiert; demzufolge fänden sie einerseits Erwähnung, um die Milderung seiner Qualen zu schildern, andererseits, um das Ausmaß seiner Qualen zu demonstrieren: „Er muss eine Qual durch eine andere vergessen machen oder zeitweise zu vergessen suchen.“ (ibid.)

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________________________________________________ dem Briefschluss einen bitteren, beinahe resignierenden Unterton, der Calpurnia in Sorge versetzen soll. Diese Intention wird insofern noch forciert, als bisherige Begriffsinhalte für den maritus aufgrund seines Trennungsschmerzes ihre Gültigkeit verlieren: labor wird zur Ruhe (requies in labore) und miseria bzw. curae werden zum Trost (in miseria curisque solacium). Die plinianische Wortfolge requies in labore trägt insofern ein Paradoxon in sich, als requies nach Menge (1988: 112, § 187) als „Ruhe nach vorhergegangener Arbeit oder Anstrengung“ aufzufassen ist.882 Plinius scheint durch die Abwesenheit Calpurnias in seiner Existenz angegriffen zu sein. Die curae wirken im Briefpassus 7,5,2 durch die Iuxtaposition des Synonyms miseria noch qualvoller. Miseria lässt nicht nur das Elend des maritus als „dauernden Leidenszustand“ (Menge 1988: 85, § 139) erscheinen, sondern liefert zugleich eine weitere Anspielung auf den elegischen amator, der sich als miser angesichts verschmähter Liebe in einer unglücklichen, häufig ausweglosen Lage befindet (vgl. dazu exemplarisch Cat. c. 8,1.10f.; Tib. 2,4,1–4, hier bes. 4).883 Bleiche Gesichtsfarbe und Abmagerung sind in der römischen Liebeselegie typische Kennzeichen des unglücklich Liebenden (vgl. dazu exemplarisch Prop. 1,9,17; 1,13,7f.; 1,15,39). An den damit verbundenen, in der Elegie abundant verwendeten Merkmalen wie Furcht, tränenreicher Niedergeschlagenheit oder Eifersucht macht Sauvage (1983: 826–837) in Anlehnung an Pichon (1966: 224f. s. v. pallor) eine „féminisation de l’amant“ fest. Ergänzend kommentiert Spoth (1992: 60–62, hier bes. 61f.): „Im Übrigen trägt auch die Gattung Elegie gewissermaßen ‚weibliche‘ Züge. Schon als Erbe hellenistischer Dichtung hat sie ‚etwas Feminines‘. […] Der Typus des elegisch Liebenden ist geschlechterübergreifend.“884 Letzteres trifft auch auf das solacium zu; dieses wird in der römischen Liebeselegie nach der Definition Pichons (vgl. id. 1966: 265) wie folgt verstanden: „quidquid amantium dolores levare potest“ (vgl. dazu als einschlägige Belegstellen Cat. c. 2,7; Tib. 1,3,15; Prop. 1,5,27; Ov. rem. 241).885 Diese Bedeutung findet sich im plinianischen Briefcorpus noch Plin. epist. 8,5,2. In der Verwendung des Begriffes solacium spiegelt sich – hier kann De Pretis (2003: 145 mit dortiger Anm. 43) zugestimmt werden – eine aber882 883 884 885

Vgl. dazu auch OLD II (2012: 1790). Vgl. auch unter Nennung weiterer Textbelege Pichon (1966: 202f. s. v. miseri) und Lilja (1978a: 100–102). Vgl. auch Fulkerson (2005: 144f.). Vgl. dazu auch Ramírez De Verger (1997/98: 116).

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________________________________________________ malige Verbindungslinie zwischen den Ehebriefen des Plinius an seine Gattin (vgl. dazu Plin. epist. 6,7,1: Scribis te absentia mea non mediocriter adfici unumque habere solacium, quod pro me libellos meos teneas, saepe etiam in vestigio meo colloces.). Die existentielle Bedeutung der zur Sehnsuchtsbewältigung dringend benötigten remedia spiegelt sich in Plin. epist. 7,5,2 auch klanglich durch die Verwendung der zweiten Hauptform des metrischen Klauselsystems (Dicreticus): ... cui requies in labore, in miseria curisque solacium. (2 γ)

In einer wirkungsvollen chiastischen Verschränkung wird die paradoxe Lebenslage des maritus ad absurdum geführt: Was sonst eine mentale Belastung darstellt (labore – misera – curis), sorgt nunmehr für seelisches Wohlbefinden (requies – solacium). Letzteres unterstreicht auch die Satzposition der beiden hier eine Epimone bildenden Synonyma requies und solacium, welche die vom Brief-Ich häufig verfluchten Anstrengungen seiner öffentlichen Tätigkeiten (labor) und die durch die Trennung von Calpurnia ausgelöste, schmerz- und sorgenvolle Sehnsucht (miseria – curae) gleichsam wie ein Schutzmantel umrahmen. Erneut tritt das artifizielle Spiel des Plinius mit seinen elegischen Vorgängern deutlich zutage: Wenngleich der maritus hier – ebenso wie die amatores in den Liebeselegien (vgl. exemplarisch Prop. 1,1,1) – vor dem geistigen Auge der Leserschaft als miser erscheint, weiß er sich doch (als ein Aristokrat par excellence) durch die Beschäftigung mit seinen öffentlichen Alltagspflichten zu helfen. Dass jedoch diese beiden remedia keinen vollständigen Schutz vor dem Trennungsschmerz bieten, hatte das plinianische Brief-Ich bereits im Vorsatz eingeräumt (unum tempus his tormentis caret) und wird dadurch bestätigt, dass die Dreigliedrigkeit des emotional aufgeladenen, durch die beigefügten Präpositionen massiert wirkenden und den momentanen (Lebens-)Mittelpunkt des maritus widerspiegelnden Trikolons (in labore, in miseria curisque) das Synonympaar requies bzw. solacium weit auseinandersperrt und sogar hinsichtlich der Anzahl der Glieder übertrifft. Markant ist die Rahmenkomposition, die ganz im Zeichen des desiderium des maritus steht.886 886

Laut Bury (1999: 61) gewinnt Plinius dem desiderium zu Briefbeginn noch einiges Positives ab, wohingegen der pejorativ gefärbte Briefschluss von

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________________________________________________ War es zu Beginn des Briefes noch ein unglaubliches Ausmaß an Sehnsucht (Plin. epist. 7,5,1: incredibile est), so steigert sich diese im Verlaufe der Trennungszeit zu curis (Plin. epist. 7,5,2), die der Leser sich – der Plural kommt gewiss nicht von ungefähr – nach Wildberger (1998: 270f.) als unerträgliche Sehnsucht vorzustellen hat. Dabei steigere sich das sexuelle Verlangen der räumlich Getrennten zu „heftiger Leidenschaft“, die wiederum mit angestauter, unbefriedigter Libido gleichzusetzen sei.887 Durch dieses rhetorisch versierte und auf die existentiellen Bedürfnisse der beiden räumlich voneinander getrennten Ehepartner zielende Schlussplädoyer wird Calpurnia in ihrer Rolle als Angeklagte und Richterin zur zwingenden Schlussfolgerung angehalten, sich selbst zur Rückkehr zu ihrem maritus zu verurteilen. 4.2.3.5

Conclusio

Wie auch immer die Positionierung rund um die Echtheit der Gefühle in den Ehebriefen des Plinius ausfallen mag, liegt doch Folgendes klar auf der Hand: Sind die Ehebriefe keine Fiktion, sondern Dokumente ehrlich empfundener Liebe, dann wären sie Belege für eine tiefe, ehrliche und auf Gegenseitigkeit ausgerichtete Liebe unter aristokratischen Ehepartnern. Sind sie jedoch Fiktion, bleiben sie dennoch Zeugnisse für die Aussageabsicht des Plinius, der seiner aristokratischen Leserschaft im Sinne einer biographischen Fiktivierung ein harmonisches, auf Beständigkeit zielendes Eheleben als exemplum präsentieren will. Sowohl auf geistiger als auch sexueller Ebene kann die Ehe – so will es Plinius seiner Leserschaft vermitteln – erfüllend und beglückend sein. Daran kann nach objektiven Maßstäben nicht gezweifelt werden,888 wenngleich einschränkend zu bedenken ist, dass hier ein Autor spricht, der – wie in der vorliegenden

887

888

Schwermut durchzogen sei. Wildberger (1998: 281) verweist in diesem Kontext auf Ovid, der in der Ars die aphrodisische Wirkung des tatsächlichen Liebesentzuges betont, während in den Remedia und auch bei Lukrez die Leidenschaft vor allem dann auflodert, wenn an die geliebte Person gedacht wird. Doch liege laut Wildberger (ibid.) allen Erklärungsmodellen dasselbe Prinzip zugrunde: Die geliebte Person ist wirklich oder nur anscheinend nicht verfügbar und gerade dieser Umstand steigert die Leidenschaft. Vgl. dazu auch Shelton (2013: 124) und Winsbury (2014: 131–133).

Kap. 4 Plinius als maritus im Spiegel seiner Ehebriefe

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________________________________________________ Studie nachgewiesen werden konnte – ein wertkonservatives Eheverständnis vertrat und die Darstellung seiner eigenen Ehe mit Calpurnia an den Konventionen der römischen Kaiserzeit ausrichtete, was gemäß der philosophischen Morallehre eines Musonius Rufus bedeutete, dass ein maritus durchaus zärtliche Gefühle für seine uxor hegen und dies – wie zahlreiche kaiserzeitliche Inschriften auf Grabsteinen belegen 889 – auch in der Öffentlichkeit demonstrieren konnte (vgl. Glücklich 2003: 68): Er trägt damit zur Veränderung und Entwicklung der Vorstellungen von der Frau, vom Mann, von der Ehe und von den Gefühlen zwischen Mann und Frau bei. Der Mann gesteht seine Sehnsucht und sieht darin nichts Unmännliches.

Hier kann Glücklich zwar zugestimmt werden, doch es ist dringend zu ergänzen, dass die drei „absence letters“ (Plin. epist. 6,4; 6,7; 7,5) in Form eines artifiziellen Spieles elegisch durchwirkt sind, als Prosa-Elegien zu gelten haben890 und in erster Linie den literarischen Anspruch des Plinius unterstreichen wollen, in einem ganzheitlichen Sinne auch als poeta literarische, unsterbliche gloria zu verdienen.891 Diese These wird durch die Beobachtung erhärtet, dass Plinius immer dann, wenn er sich des Voka889 890

891

Vgl. dazu unter Nennung weiterführender Literatur auch oben Anm. 121. Diese Ansicht teilen Wildberger (1998: 411), Carlon (2009: 170) und Centlivres Challet (2013: 100), wobei sich bei den angezeigten Interpretinnen im Zusammenhang mit den Ehebriefen 6,4; 6,7; 7,5 neben dem Terminus „ProsaElegien“ auch „elegiac letters“ findet. Diese Bezeichnung passt insofern, als in den angezeigten drei Ehebriefen des Plinius der einsame, von Sehnsucht geplagte maritus jeweils einen von elegischer Motivik durchwirkten sermo absentium mit seiner in der Ferne weilenden jungen uxor führt. Bei den Elegien Ovids oder Properzens handelt es sich vorwiegend um monologisch gesungene Lieder, auch wenn sie sich viel von ihrer dialogischen Form bewahrt haben. Zur grundsätzlich monologischen Konzeption römischer Elegien vgl. exemplarisch Auhagen (1999: 40 mit dortiger Anm. 128). Vgl. dazu auch Centlivres Challet (2013: 100), die – ähnlich wie Fögen (2017: 54f.) – die in den elegisch durchwirkten Ehebriefen zutage tretende literarische Multidisziplinarität des Plinius hervorhebt, wodurch dessen Streben, sich als begabten und erfolgreichen poeta zu inszenieren, befördert wird. Zugleich erfahre der Leser, wie sich Plinius hinsichtlich der Geschlechterrollen positioniert, was wiederum folgenden Nebeneffekt habe: „It objectifies the historical Calpurnia.“ (Centlivres Challet 2013: ibid.) Vgl. dazu auch Hindermann (2010: bes. 60).

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________________________________________________ bulars und der Motivik der Liebeselegie bedient, seine aristokratische Leserschaft zu einem Vergleich seiner Ehe mit einer elegischen Liebesbeziehung einlädt; vgl. dazu auch Hemelrijk (1999: 81): Pliny’s letters demonstrate the eventual ‘domestication’ of the ideal of the docta puella by its incorporation into married life. […] Thus, the sophisticated and exciting puella docta of love poetry had turned into the welleducated, devoted wife.892

Anders als seine elegischen Vorgänger gibt Plinius in der Rolle als maritus seiner Calpurnia durch den Eintritt in die Ehe eine soziale Identität, wenngleich sie ihm – zumal in dem von ihm beherrschten Bereich seiner domus – in jeder Hinsicht unterlegen ist. Insbesondere der Vergleich mit seinen elegischen Vorgängern dient der plinianischen Absicht, vor seiner Leserschaft den Anschein zu erwecken, dass seine Ehe erfüllender sei als jegliche Beziehung der Elegiker und dass Calpurnia diejenige Frau sei, nach der sich ein Ovid oder ein Catull sehnten: eine Frau, die einerseits leidenschaftlich, andererseits aber auch ein Muster an concordia, fides und castitas ist. Plinius bricht also in keiner Weise mit den traditionellen, für eine kaiserzeitliche Ehe konstitutiven Werten; das Gegenteil ist der Fall: Er bekennt sich eindeutig zum mos maiorum. Überdies wird durch den fleißigen Gebrauch elegischer Motive die sexuelle Anziehungskraft bzw. Verfügbarkeit Calpurnias explizit betont, ohne aber die traditionellen Geschlechterrollen in Frage zu stellen, was daran abzulesen ist, dass in den Ehebriefen des Plinius auf die zentralen elegischen Motive des servitium amoris oder der militia amoris zwar in eklektischer Weise angespielt, jedoch ihre Entschiedenheit (z. B. in der Umkehrung der Geschlechterrollen) nicht repliziert wird. Anders als in der Forschung mitunter konstatiert,893 tritt Plinius als maritus in seiner Ehe trotz seines freimütig bekannten Trennungsschmerzes als uneingeschränkter dominus und Calpurnia durchweg als treu ergebene, ihrem Mann unterlegene Gat892 893

Vgl. dazu auch Guillemin (1929: 138–141). Gunderson (1997). Shelton (2013: 123). Vgl. dazu bes. Maniet (1966) und Lefèvre (2009: 208f.), der – ähnlich wie Sherwin-White (1968: 407) – in den Ehebriefen an Calpurnia weniger die (durchaus konstatierte) elegische Durchwirkung als vielmehr die Liebe zwischen den Ehepartnern betont wissen will. Kritik an diesem Textverständnis äußern Alston – Spentzou (2011: bes. 124f.).

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________________________________________________ tin in Erscheinung.894 Hierbei erhalten beide Ehepartner jeweils eine zusätzliche Facette: Plinius lässt sein Brief-Ich in den Ehebriefen sowohl als Ehemann und Liebhaber (maritus und amator) fungieren, während Calpurnia zu einer für ihren Ehemann sexuell begehrenswerten uxor avanciert – dies sind gegenüber der republikanischen Zeit bemerkenswerte Ergänzungen, die Plinius vor seiner aristokratischen Leserschaft keinesfalls verschweigen muss; vgl. dazu Hindermann (2010: 60): „Zu einem umfassend gebildeten Mann der Oberschicht gehört in Plinius’ Darstellung auch die Erotik, die er nicht als Gegensatz zu einem ehrbaren ehelichen Leben, sondern als Bestandteil dessen verstanden haben will.“895 Auch aus literaturtheoretischer Perspektive liegt mit Epistel 7,5 ein vielschichtiges Textdokument vor. Werden das Kommunikationsmodell nach Jakobson und die textlinguistisch geprägte Matrix von Rühl als Analyseparameter zugrunde gelegt, so ist dieser Brief von einem expressivpoetischen Grundton durchzogen, der nicht von ungefähr kommt: Plinius bedient sich hier in reichhaltigem Maße der Motivik und der Sprache der römischen (vornehmlich der ovidischen) Liebeselegie, um seine Gefühle bzw. Emotionen zum Ausdruck zu bringen.896 So kann mit Winsbury (2014: 132) gefragt werden: „What better master to have than Ovid for expressing love and loss?“ Zugleich wirken sowohl die appellative als 894

895

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Alston – Spentzou (2011: bes. 125) bezeichnen Plinius angesichts seiner überlegenen Position in Haus und Ehe als „master-lover“. Vgl. ähnlich Hindermann (2010: 54): „Wie die Elegiker ist Plinius stolz auf die erotischen Qualitäten seiner Frau und lobt diese offen, behält aber gleichzeitig die Kontrolle über seine Gattin, indem er ihre Treue und Fokussierung auf ihn selbst unterstreicht.“ Vgl. dazu auch Hindermann (2010: 49f.): „Erotische Verse bei Nacht und ein anständiges Leben bei Tag schließen sich nicht aus, bedingen sich gar und machen den umfassend gebildeten und sozial eingebundenen Menschen […] aus.“ Vgl. ähnlich Janka (2015: 602). Vgl. dazu auch Plin. epist. 5,3,2: Facio non numquam versiculos severos parum, facio; nam et comoedias audio et specto mimos et lyricos lego et Sotadicos intellego; aliquando praeterea rideo iocor ludo, utque omnia innoxiae remissionis genera breviter amplectar, homo sum. Zur Übernahme des elegischen Ideals einer puella docta in das kaiserzeitliche Eheverständnis des Plinius – exemplifiziert in Person der ihrem maritus treu ergebenen Calpurnia – vgl. neben Hindermann (2010) auch Hemelrijk (1990: 81) und Shelton (2013: 123). Ebenfalls konstatiert von Hindermann (2010: 45) und Winsbury (2014: 132). Zum Bestreben des Plinius, in seinen Ehebriefen seinen Emotionen Ausdruck zu verleihen, vgl. auch Fögen (2018: 66).

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Kap. 4 Plinius als maritus im Spiegel seiner Ehebriefe

________________________________________________ auch die illokutive Ebene Hand in Hand, was nicht Wunder nimmt, da der Briefinhalt wie ein Rechtsstreit vor Gericht (controversia) inszeniert ist, in dem Argumente vorgebracht werden (hier freilich nur einseitig diejenigen des Anklägers) und alles – eingebettet in eine Rahmenkomposition – auf den instruktiv gestalteten Briefschluss in Form des Schlussplädoyers des Anklägers zusteuert, der insofern mit einem rhetorisch brillanten Schachzug aufwartet, als er der Richterin (die hier zugleich als Angeklagte fungiert) durch ein emotional gefärbtes, sogar sexuell aufgeladenes Paradoxon das Urteil in den Mund legt: Calpurnia muss zu Plinius zurückkehren. Allerdings darf aber nicht vergessen werden, dass Plinius in dieser von ihm in interner Fokalisierung inszenierten controversia der Hauptakteur seiner erzählten Welt ist und somit als autodiegetischer Erzähler aufzufassen ist. Dabei gründet sich die eigentliche Diegese (= intradiegetische Erzählebene) auf der anschaulichen Darstellung der Liebesqualen des maritus, während die Rahmenhandlung (= extradiegetische Erzählebene) den Kuraufenthalt bzw. die räumliche Trennung der beiden Ehepartner in den Blick nimmt. Plinius jedoch bleibt seiner Erzähltechnik treu und erhebt sein Brief-Ich vor seiner aristokratischen Leserschaft (trotz oder gerade wegen dessen Liebespein) zum Sieger: Zum einen gewinnt das plinianische Brief-Ich durch seine ausgeklügelte Prozesstaktik – hier schimmert einmal mehr das indirekte Selbstlob durch – den fingierten Rechtsstreit mit seiner Gattin, zum anderen bleibt der maritus durch die aufgrund des Prozessausganges zu erwartende Rückkehr Calpurnias auch in seiner Ehe siegreich. Plinius inszeniert sein Brief-Ich vor seinem Publikum als „master-lover“ (Alston – Spentzou 2011: 125), der seine Gattin nach Belieben dominiert – ein elementarer Unterschied zu den elegischen Vorgängern (allen voran Properz, Tibull und Ovid), die lediglich den Wunsch hegen konnten, ihre puella gänzlich ihr eigen zu nennen (vgl. dazu dazu Prop. 1,9; id. 2,8; Tib. 1,6,33f.; id. 2,6,27; Ov. am. 1,4,39f.; id. 3,12,5f.; Ov. epist. 20,145).897 Dabei macht Plinius sich sogar die in Referenz auf die elegischen Vorgänger übernommene Rolle des exclusus amator zunutze, indem er auf diese nur anspielt: Calpurnia sperrt ihren maritus in seinem eigenen Haus mitnichten aus, sie ist lediglich fort, sodass ihr Zimmer leer steht. Doch das Entscheidende an dieser elegischen 897

Zu dem in der Liebeselegie häufig anzutreffenden Wunsch der amatores, ihre Geliebte ihr eigen nennen zu wollen, vgl. unter bes. Berücksichtigung des elegischen Liebesverhältnisses als einer sachenrechtlichen Beziehung Gebhardt (2009: 120–127).

Kap. 4 Plinius als maritus im Spiegel seiner Ehebriefe

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________________________________________________ Anleihe ist die erotische Note, die Plinius dadurch seiner als einer elegischen Liebesbeziehung inszenierten Ehe verleiht: Während Calpurnia als junge begehrenswerte uxor die Bühne der elegischen Gedankenwelt in einer in die Ferne ausgelagerten Rolle gewissermaßen als „sidekick“ des Protagonisten betritt, steht Plinius durchgängig im Scheinwerferlicht und brilliert unter Nutzung seines Brief-Ichs in der Hauptrolle des empathischen, leidensfähigen, jedoch stets dominanten, pflichtbewussten und seine continentia trotz leidenschaftlicher Gefühle stets wahrenden maritus.

5

Gesamtfazit und Einordnung der Studienergebnisse in die Forschung

Plinius offenbart in seinem Briefcorpus ein am mos maiorum orientiertes Bild von Männlichkeit, wenngleich seine hohe Wertschätzung gegenüber Frauen unverkennbar ist und besondere Erwähnung verdient. Dies rührt – hier ist Lefèvre (2009: 169–221) recht zu geben – von seinem durch humanitas geprägten Denken her. Doch die unverkennbare, vornehmlich auf den philosophischen Einfluss eines Musonius Rufus zurückzuführende Aufwertung des Bildes der (Ehe-)Frauen, deren Vorbildlichkeit in der plinianischen Briefsammlung auffallend häufig markiert wird, darf keinesfalls mit der Gleichrangigkeit der beiden Ehepartner gleichgesetzt werden. Von daher ist hinsichtlich des plinianischen Briefcorpus weniger von einem durch Garnsey – Saller propagierten „companionate relationship“ als vielmehr mit Shelton (2013: 129) von einem „tandem relationship“ zu sprechen, wobei der Ehemann die eindeutig dominante Position einnimmt und (um im Bild zu bleiben) die Richtung der beiden Partner vorgibt. Insofern ist eine der Ausgangsfragen, die am Ende des zweiten Kapitels der vorliegenden Studie gestellt wurde, unter Bekräftigung der Kernthese von Steenblock (2013: 259) wie folgt zu beantworten: „Im Zuge der Konsolidierung Roms unter Augustus kehrt die Konzeption von Männlichkeit in ihr traditionelles Bild zurück.“ Keinesfalls ist Foucault (1986b: 163) in seiner These zu folgen, wonach das plinianische Eheideal familiäre Systeme und Netzwerke verdrängt habe. Das Gegenteil ist zu konstatieren: Unter Bezugnahme auf die mannigfache Betonung der Bedeutung des Sozialprofils der Ehepartner und der jeweiligen (politisch einflussreichen) Familien, welche die traditionellen römischen Werte eines Plinius teilen und im Idealfall aus seiner oberitalischen Heimat stammen sollen, ist nicht die Liebe der Ehepartner untereinander, sondern die Stärkung eben dieser von Foucault unterschätzten aristokratischen Netzwerke durch die Weitergabe einer gemeinsam geteilten, dezidiert werteorientierten aristokratischen Geisteshaltung an die Nachkommen künftiger Generationen entscheidend. Von daher tritt die Liebe im Spiegel arrangierter Ehen hinter den (politisch-gesellschaft-

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Kap. 5 Gesamtfazit und Einordnung in die Forschung

________________________________________________ lichen) Nutzen zurück,898 wenngleich eine Kombination beider Aspekte in der römischen Kaiserzeit nicht immer gegeben war, jedoch von Plinius als einem Vertreter der aristokratischen Oberschicht als wünschenswert betrachtet wurde, wie die Episteln 4,19 und 8,5 nahelegen.899 Im plinianischen Briefcorpus findet die Gegenseitigkeit zwischen den Ehepartnern häufig Erwähnung (sowohl in den allgemeinen Briefen über die mariti als auch in den Ehebriefen des Plinius an und über Calpurnia); dabei wird die Dominanz des Ehemannes niemals in Frage gestellt. Alle Handlungen der uxor sind auf den maritus bezogen. Plinius selbst fordert indirekt von den Ehemännern, ihre continentia stets zu bewahren (vgl. dazu bes. Epistel 6,31), wohingegen sein eigenes Brief-Ich in den elegischen Ehebriefen mitunter Gefahr läuft, einen Kontrollverlust über die eigenen Emotionen zu erleiden (vgl. bes. die Ehebriefe 6,4; 6,7; 7,5), was jedoch dadurch relativiert wird, dass alle diese Situationen in den Mantel elegischer Motivik gehüllt sind (vgl. exemplarisch das Motiv des amator miser, der dem furor amoris ausgesetzt ist), sodass hier eher die poetische persona als die reale Autoren-persona zu sprechen scheint. Plinius ist in allen seinen Briefen über das Verhältnis der mariti zu ihren uxores (seine eigenen Ehebriefe eingeschlossen) nicht primär daran gelegen, eine tiefe, emotional aufgeladene Liebe zwischen den Ehepartern zu postulieren, er zielt vielmehr auf die Ausschärfung einer angemessenen Geisteshaltung ab – sowohl in der eigenen gens als auch in seiner eigenen Ehe und in seinem sozialen Umfeld (vgl. dazu bes. die konsequente Werteorientierung in den Episteln 1,10; 1,14; 4,19). Nicht zuletzt ist Plinius – auch vor dem sozialgeschichtlichen Hintergrund in der römischen Kaiserzeit – an der engen Verzahnung wohlhabender, politisch einflussreicher Aristokratenfamilien sehr gelegen; nicht von ungefähr sind dem Schwiegergroßvater des Plinius, Lucius Calpurnius Fabatus, neun Episteln gewidmet (vgl. hier bes. Plin. epist. 8,10). Außerdem preist er die 898

899

Vgl. dazu auch Kunst (2000: 38–41); vgl. in der römischen Literatur auch Sidon. epist. 2,4,1. Sicher nicht zu Unrecht urteilt von Hesberg-Tonn (1983: 102f.): „Die Frau dient der Verdeutlichung der eigenen männlichen Größe, der Bewahrung und Verleihung eines Teiles des männlichen Prestiges.“ Zu einem ähnlichen Urteil kommt Hemelrijk (1999: 237 mit dortiger Anm. 63), die – mit Bezug auf die gesellschaftlichen Codes der römischen Kaiserzeit – den verstärkten Einbezug leidenschaftlicher Liebe in den unter Aristokraten geschlossenen Ehen als allgemeinhin akzeptiert und sogar als „socially desirable“ auffasst.

425 Kap. 5 Gesamtfazit und Einordnung in die Forschung

________________________________________________ zahlreichen Angehörigen der Familie Calpurnias (vgl. bes. Epistel 4,19; 8,10; 8,11). In dieser Wertschätzung tritt nicht nur das gewünschte Sozialprofil der Ehepartner zutage, sondern auch die tiefe Heimatliebe des Plinius, denn die Familie Calpurnias stammt – ebenso wie Plinius selbst – aus dem oberitalischen Comum.900 Werden alle Ausführungen über die römischen mariti zugrundegelegt, insbesondere jedoch die aussagekräftigen Episteln 1,10 und 1,14, ergibt sich ein wertkonservatives plinianisches Idealbild eines maritus vere Romanus, das neben einem auf concordia und gegenseitiger fides fußenden Verhältnis zur Ehefrau vor allem folgende Kriterien umfasst: 1. Abstammung aus einer aristokratischen Familie, die möglichst in dem für seine Orientierung am mos maiorum bekannten Obertitalien beheimatet und mit einem ansehnlichen Vermögen ausgestattet ist. 2. Hohe moralische Geisteshaltung altrömischer Prägung (Maßstab ist die Trias virtus – pietas – fides, flankiert von Werten wie gravitas, prudentia, severitas und verecundia). 3. Gelebte humanitas als oberste Verhaltensregel eines integralen Aristokraten (= eine sowohl auf παιδεία als auch auf φιλανθρωπία fußende Grundhaltung). 4. Dezidiert werteorientiertes und möglichst einflussreiches Umfeld einschließlich eines breit angelegten sozialen Netzwerkes. 5. Konsequent auf Reziprozität fußende Haltung sowohl gegenüber dem persönlichen Umfeld (u. a. Mentoren und Freunden) als auch gegenüber der patria. 900

Zum Familienstammbaum Calpurnias und der Verbundenheit ihrer gens zu der oberitalischen Heimat unter Nennung weiterführender Literatur vgl. oben Anm. 281; vgl. ebenso Bury (1999: 55) und Shelton (2013: 305). Zum Familienstammbaum der Calpurnii vgl. in der vorliegenden Studie auch App. 1.

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Kap. 5 Gesamtfazit und Einordnung in die Forschung

________________________________________________ 6. Würdevolle Haltung – sowohl im Inneren als auch im Äußeren. 7. Männliche ingenua pulchritudo als Ausweis für Lebens-, Tat- und Zeugungskraft. Trotz seines das Briefcorpus durchziehenden Understatements und seines Bemühens, bescheiden zu wirken, überrascht es nicht, dass Plinius die oben angezeigten Kriterien, an denen sich ein maritus vere Romanus messen lassen muss, in seiner eigenen literarischen Darstellung ausnahmslos erfüllt; vgl. dazu auch Kuhlmann (2014b: 7): „Überhaupt ist dies eine generelle Tendenz vieler Plinius-Briefe, dass sich hinter vermeintlicher Bescheidenheit oder Unfähigkeit in Wirklichkeit ein erhebliches Selbstbewusstsein verbirgt.“ Über die umfassende plinianische Selbstporträtierung gibt zuvorderst die Epistel 4,19 Aufschluss: Die Familie seiner Gattin Calpurnia stammt – ebenso wie Plinius – aus Oberitalien und repräsentiert die dortigen Werte (vgl. bes. Plin. epist. 4,19,1f.5f.). Sowohl Calpurnia als auch ihre Tante zeichnen sich durch die Bewahrung der von Plinius propagierten und selbst vorgelebten römischen Werte aus (vgl. bes. Plin. epist. 4,19,1f.: pietas – frugalitas – castitas). Die gesamte Epistel 4,19 dokumentiert die Dankbarkeit des Plinius gegenüber Hispulla für ihren Anteil an der vorzüglichen Erziehung seiner Gattin (vgl. bes. Plin. epist. 4,19,8). Einzig das Kriterium der ingenua puchritudo mag auf den ersten Blick nicht recht auf Plinius als maritus passen; zwar scheint er angesichts der in Epistel 8,10 angedeuteten Schwangerschaft Calpurnias über die von einem maritus geforderte Zeugungskraft zu verfügen, betrachtet aber seine eigene äußere Erscheinung als sekundär (vgl. Plin. epist. 4,19,5b: Non enim aetatem meam aut corpus, quae paulatim occidunt ac senescunt, sed gloriam diligit.). Die Attraktivität des Plinius speist sich nach eigener Aussage (hier schimmert die für Plinius charakteristische Technik des indirekten Selbstlobes durch) aus seiner bereits zu Lebzeiten erworbenen gloria (ibid.) – eine Aussage, die ihn von den meisten römischen mariti abhebt und ihm (gewiss nicht unbeabsichtigt) ein Alleinstellungsmerkmal unter den in seinem Briefcorpus als mariti auftretenden Männern verleiht. Unter diesen Ehemännern, die häufig an körperlichen Gebrechen leiden, der tatkräftigen Hilfe ihrer (mitunter als heldenhaft gezeichneten) Gattin-

Kap. 5 Gesamtfazit und Einordnung in die Forschung

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________________________________________________ nen bedürfen und nicht selten um ihre continentia ringen müssen, ragt Plinius strahlend heraus. Dies belegt, dass sich hinter der Maske des meist bescheiden wirkenden Mannes aus Comum in Wahrheit ein stolzer, sich seiner Männlichkeit bewusster und die Interessen seines aristokratischen Netzwerkes schützender Mann verbirgt. Diese Feststellung wird sogar dahingehend erweitert, dass er das von ihm selbst erstellte Anforderungsprofil eines maritus vere Romanus um ein Kriterium erweitert, das er nur mit dem von ihm geschätzten Pompeius Saturninus teilt: die Erziehbarkeit der eigenen Gattin (vgl. dazu Plin. epist. 4,19,4f. in Anlehnung an Plin. epist. 1,16,6). Nur an einer einzigen Stelle in seiner Briefsammlung scheint Plinius einem maritus in puncto Vervollkommnung unterlegen zu sein: dem Philosophen Euphrates, wobei jedoch nicht sicher ist, ob dieser überhaupt als römischer maritus bezeichnet werden kann. Diesem als exemplum eines Philosophen gezeichneten Euphrates sei Plinius insofern unterlegen, als er noch nicht dessen geistige und moralische Vervollkommnung erreicht habe (vgl. Plin. epist. 1,10,12: Quendam voluptatemque percipio, si ea quae mihi denegantur amicis video superesse.). Wenngleich es vermessen wäre, diesem Schlusssatz des Euphrates-Porträts die Ernsthaftigkeit abzusprechen, wird Plinius dennoch nicht müde, innerhalb seiner Ehebriefe (bes. in Epistel 4,19) sich selbst nicht nur als mustergültigen maritus, sondern als aristokratischen vir vere Romanus zu inszenieren – für Plinius zwei Seiten ein und derselben Medaille. Dabei füllt sein Brief-Ich offensichtlich mühelos so viele Rollen aus, dass die Leserschaft dazu veranlasst wird, Plinius widerspruchslos zu einem in jeder Hinsicht vorbildlichen Aristokraten zu erheben. Dieser „ideale Aristokrat“ (Page 2015) tritt in seinen Ehebriefen in persona des Brief-Ichs in folgenden Rollen auf: als erfolgreicher Anwalt (Plin. epist. 4,19,3), als anerkannter Rhetor (Plin. epist. 4,19,3), als ästhetisch begabter poeta (Plin. epist. 4,19,4), als strenger Bewahrer traditioneller römischer Werte (Plin. epist. 4,19,2–6), als mustergültiger Vertreter eines sozialen, elitären Netzwerkes (Plin. epist. 4,19,7), als ein sich seiner Dankbarkeit bewusster, verlässlicher Aristokrat (Plin. epist. 4,19,8), als praeceptor bzw. paedagogus seiner Gattin (Plin. epist. 4,19,4) und als ein vorbildhafter, seiner Ehefrau in concordia und fides zugetaner maritus (Plin. epist. 4,19,5a). Von daher bleibt festzuhalten: Die eheliche Verbindung zwischen Calpurnia und Plinius avanciert hauptsächlich durch den Einbezug des maritus zu einem wahren, der aristokratischen Leserschaft als nachahmenswert empfohlenen exemplum ei-

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Kap. 5 Gesamtfazit und Einordnung in die Forschung

________________________________________________ ner kaiserzeitlichen Ehe, wobei mit einiger Entschiedenheit zu betonen ist, dass dem Leser hier eine zu einem Ideal stilisierte Ehe zwischen aristokratischen Lebenspartnern vor Augen geführt wird, in der es weniger darauf ankommt, den Sinnesfreuden zu frönen, als vielmehr das zwischen ihnen gespannte soziale, elitäre Netzwerk zu stärken und im Optimalfall zu erweitern. Als Impuls für etwaige folgende Forschungsprojekte zur römischen Ehe kann die Frage gelten, ob die von Plinius so dezidiert betriebene Stilisierung einer perfekten, d. h. auf klare Machtverteilung und Akzeptanz basierenden Ehe zwischen aristokratischen Lebenspartnern möglicherweise ein Gegenmodell zu den – zumal in der julisch-claudischen Dynastie – teils völlig entarteten kaiserlichen Ehen darstellen sollte, und zwar mit der Intention, auf Autonomie zu pochen und vor dem Hintergrund der im plinianischen Briefcorpus manifestierten Vorbildlichkeit der Ehe die Gestaltung eines selbstbestimmten Lebens einzufordern. Der eigenen gens kommt in den Pliniusbriefen eine kaum zu unterschätzende Rolle zu, was sich in allen sechs Ehebriefen (Plin. epist. 4,19; 6,4; 6,7; 7,5; 8,10; 8,11) dokumentiert, als deren verbindendes Element die plinianische Forderung nach Zusammenhalt, Bewahrung und Erweiterung der gens fungiert: Während die Ehebriefe an Calpurnia (Plin. epist. 6,4; 6,7; 7,5) gänzlich die beiden Ehepartner fokussieren, setzen sich die Ehebriefe über Calpurnia (Plin. epist. 4,19; 8,10; 8,11) mit nahen Verwandten auseinander (Hispulla; Lucius Calpurnius Fabatus). In diesem Zusammenhang ist das Briefpaar 8,10/8,11 zum Subcorpus der Ehebriefe hinzuzuzählen, sodass die Studie von De Pretis (2003) zum inneren Konnex der plinianischen Ehebriefe um diese lexikalisch und motivisch aufs Engste miteinander verknüpften Ehebriefe zu ergänzen ist. Denn alle sechs Ehebriefe dokumentieren in der Zusammenschau ein wertkonservatives Männlichkeits- und Eheverständnis, das es Plinius in seiner Rolle als maritus auf Grundlage seiner umfassenden humanitas erlaubt, seiner Gattin Gefühle und Emotionen offen entgegenzubringen (vgl. exemplarisch die angstvolle Sorge in Plin. epist. 8,11, hier bes. 8,11,2a: mihi reddita). Zugleich wird dadurch erkennbar, in welch einem engen Konnex – gemäß plinianischer Auffassung – Intellektualisierung und humanitas stehen: Das eigene Verhalten soll vor philosophischen Argumenten und Forderungen (z. B. vor den stoischen Lehrsätzen eines Musonius Rufus) Bestand haben und gleichsam seine eigene Gültigkeit besitzen können. Das wiederum war unter den gewandelten politischen Umständen in der

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________________________________________________ Kaiserzeit für die Aristokraten wohl auch der Versuch, eine gewisse Autonomie, gewissermaßen eine kaiserfreie Zone, zu behalten bzw. für sich selbst eine solche zu definieren – in der Kommunikation mit den Standesgenossen, der Tradition und der Sorge um sich selbst. Zusammengefasst bedeutet das: Plinius’ hohe moralische Geisteshaltung bewährt sich im Umgang mit seinen Mitmenschen. Durch die in der Beziehung mit seiner Gattin gelebte humanitas, die sowohl παιδεία als auch φιλανθρωπία umfasst, füllt Plinius das in Epistel 1,14 von ihm selbst erstellte Anforderungsprofil eines maritus vere Romanus mit konkreten Handlungen. Er expliziert also sein eigenes Anforderungsprofil voll einschlägiger Wertbegriffe, die er nicht als bloße Signalwörter verstanden wissen will. Eine weitere konstante Verbindungslinie zwischen allen sechs Ehebriefen des Plinius stellt das motivische Spannungsverhältnis aus Freude und angstvoller Sorge dar. Dabei wirkt das von Pathos durchgezogene, als Einheit zu lesende Diptychon 8,10/8,11 aufgrund der als Unglücksfall dargestellten Fehlgeburt Calpurnias – nicht zuletzt vor dem Hintergrund des von Plinius in seinem Briefcorpus explizit geäußerten Kinderwunsches (vgl. exemplarisch Plin. epist. 10,2,2) – authentisch, verzichtet es doch beinahe gänzlich auf die von Plinius in den vier anderen Ehebriefen betriebene Selbstporträtierung. Die Leser erleben in dem Briefpaar 8,10/ 8,11 einen empathischen und auf das Geschlecht, das Alter und die Belange der Gesprächspartner Rücksicht nehmenden Plinius, der seine eigenen Wünsche und Gefühle zurückstellt und sich stattdessen vollständig auf die Tröstung Hispullas und des Lucius Calpurnius Fabatus konzentriert, sodass die Episteln 8,10 und 8,11 gleichsam als Trostbriefe zu lesen sind, deren Verbindungslinie die von Plinius geradezu beschworene Hoffnung auf die weiterhin mögliche Geburt eines männlichen, für die Bewahrung der aristokratischen gens höchst bedeutsamen Nachkommens darstellt – eine Hoffnung, die nicht nur die um ihre Nichte besorgte Tante Hispulla und den ob des abortus enttäuschten pater familias Lucius Calpurnius Fabatus, sondern auch Plinius selbst wieder aufrichten soll (vgl. dazu bes. Plin. epist. 8,10,2f.; id. 8,11,3a). Während Plinius sich – wie in der vorliegenden Studie belegt werden konnte – grundsätzlich als Bewahrer und Vermittler römischer Werte und Normen ausweist, ruft er in vier seiner sechs Ehebriefe Vorstellungen einer elegischen Liebe auf (vgl. Plin. epist. 4,19; 6,4; 6,7; 7,5). Dabei inszeniert Plinius sich als einen vorbildlichen kaiserzeitlichen maritus, der den Spagat zwischen der Wahrung der continentia eines vir Romanus und der

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Kap. 5 Gesamtfazit und Einordnung in die Forschung

________________________________________________ öffentlichen Bekundung von Emotionen und Gefühlen (auch sexueller Art) problemlos bewältigt, wobei er seiner eigenen in Epistel 8,21,1 formulierten Lebensmaxime treu bleibt: ut in vita, sic in studiis pulcherrimum et humanissimum existimo severitatem comitatemque miscere. Indem Plinius in den vier oben angezeigten Ehebriefen in jeweils eklektischer Weise zahlreiche Topoi der Liebeselegie nutzt und sein BriefIch als elegischen amator auftreten und leiden lässt, erhöht er sich zu einem poeta doctus, der sich jedoch nicht gänzlich in die gattungstypischen Schablonen der Elegie hineinzwängen lässt. Vielmehr sucht er im artifiziellen Spiel auf den Spuren Ovids zu wandeln und sich durch den spielerischen Umgang mit den elegischen Gegenständen als tenerorum lusor amorum zu beweisen. Zugleich gelingt es ihm durch den literarischen Kunstgriff, sein Brief-Ich in den vier Ehebriefen 4,19; 6,4; 6,7; 7,5 in der Rolle des leidenschaftlichen maritus auftreten zu lassen und hauptsächlich durch die von ihm reflektiert vorgenommene, miszellenartige und keinesfalls einem starren dogmatischen System folgende Nutzbarmachung elegischer Motive seine komplexe Gefühlswelt, die Sehnsucht ebenso wie Angst, Eifersucht und sexuelle Begierde umspannt, zum Ausdruck zu bringen, ohne bei seiner aristokratischen Leserschaft Anstoß zu erregen. Das Brief-Ich unterwirft sich – anders als dies beim klassischen servitium amoris der elegischen amatores der Fall ist – zu keinem Zeitpunkt den Launen und Wünschen einer sozial niedriger stehenden Frau. Calpurnia, selbst aus einer aristokratischen Familie stammend, wird von Plinius respektiert und offensichtlich auch geliebt, was ihn aber nicht dazu veranlasst, sich zum Zwecke eines im Sinne der militia amoris ausschließlich der Liebe gewidmeten Lebens aus der Öffentlichkeit bzw. der politischen Arena zurückzuziehen – ein solches Szenario ist für ihn als einem mustergültigen Aristokraten undenkbar. Zwar klagt Plinius’ Brief-Ich in den Ehebriefen über massive Sehnsuchtsattacken bei Tag und Nacht, es kann sich jedoch von diesen erholen, indem es sich ausgerechnet den von den elegischen amatores strikt abgelehnten juristischen bzw. öffentlichstaatspolitischen Tätigkeiten widmet. Dadurch demonstriert Plinius vor den Augen seiner Leserschaft, dass er ein Aristokrat par excellence ist und für ihn ein Leben ohne öffentliche Betätigung keine Option darstellt. Plinius ist und bleibt „a man of labor“ (Gibson – Morello 2012: 101). Signifikant wird die spielerische, bisweilen sogar humorvolle Nutzung der elegischen Motivik in der von seinem Brief-Ich übernommenen Rolle

Kap. 5 Gesamtfazit und Einordnung in die Forschung

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________________________________________________ des exclusus amator in Epistel 7,5, denn Calpurnia sperrt ihren maritus in seinem Haus mitnichten aus, sie ist lediglich fort, sodass ihre diaeta momentan verwaist ist. Allerdings wird die uxor ihrem maritus nach ihrer Rückkehr – wie dies unzweideutig aus der Epistel 7,5 hervorgeht – wie gewöhnlich gefügig sein (vgl. Plin. epist. 7,5,1c: Quibus horis te visere solebam, ad diaetam tuam ipsi me, ut verissime dicitur, pedes ducunt.). Anhand dieses Beispieles wird verständlich, warum Alston – Spentzou (2011: 125) Plinius als „master-lover“ bezeichnen. Plinius bleibt trotz seiner durch sein Brief-Ich offen bekundeten Sehnsucht nach seiner Gattin dominant und selbstbeherrscht – in dem sicheren Wissen, dass seine junge uxor nach dem Ende ihrer Kur zu ihm zurückkehren wird. Das Entscheidende an der vom Brief-Ich übernommenen elegischen Rolle des exclusus amator ist die erotische Note, die Plinius dadurch seiner in den Ehebriefen als einer elegischen Liebesbeziehung inszenierten Ehe verleiht. Calpurnia wird in den vier Ehebriefen 4,19; 6,4; 6,7; 7,5 von Plinius in seine Selbstinszenierung eines idealen maritus, der durch den Einsatz des Brief-Ichs sogar auch die Rolle des elegischen amator bekleiden kann, einbezogen. Sie ist unverzichtbarer Teil der elegischen Inszenierung der Ehe des Plinius, da dieser sich als treuer maritus definiert und seine sexuellen Bedürfnisse offensichtlich nicht – anders als noch in republikanischen Zeiten – außerhalb der Ehe zu befriedigen sucht. Somit wird Calpurnia in den angezeigten Ehebriefen als eine uxor gezeichnet, die eine nicht zu unterschätzende sexuelle Anziehungskraft auf ihren maritus ausübt (vgl. in den Ehebriefen bes. die zahlreichen sexuell konnotierten Begriffe wie z. B. accendere oder ardentissime). Reizvoll wird Calpurnia für ihren maritus auch dadurch, dass Calpurnia die ihr zugedachte Rolle einer uxor docta nicht aus sich selbst heraus auszufüllen vermag, sondern der literarischen gloria ihres maritus bedarf, wodurch Plinius im Sinne der Technik des indirekten Selbstlobes seine Selbstporträtierung weiter vorantreibt. Überhaupt erscheint Calpurnia – vor allem in den Episteln 4,19; 6,4; 6,7 – als Verehrerin der geistigen und literarischen Leistungen ihres maritus. Auch wenn Calpurnia in den vier Ehebriefen 4,19; 6,4; 6,7; 7,5 als Idealbild einer römischen uxor dargestellt wird, die nicht nur die traditionellen Werte pietas, castitas und frugalitas, sondern auch acumen und studium litterarum aufweisen kann (vgl. dazu Plin. epist. 4,19,1–4), hat sie dennoch nicht als eine formvollendete, bereits mit Kindern gesegnete matrona zu gelten, sondern als eine junge uxor, die es vornehmlich auf-

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Kap. 5 Gesamtfazit und Einordnung in die Forschung

________________________________________________ grund ihres Interesses an den literarischen Werken des Plinius und ihres dadurch geschärften acumen vermag, ihren Teil zum Gelingen einer harmonischen und auf Bestand ausgerichteten Ehe beizutragen (vgl. Plin. epist. 4,19,5a: His ex causis in spem certissimam adducor perpetuam nobis maiorem in dies futuram esse concordiam.). Keinesfalls jedoch ist Calpurnia als unabhängige, eigenständige oder gar aus sich selbst heraus kreativ-innovative Frau zu verstehen, ja vielmehr noch: Die Anforderungen, die Plinius in seinen Ehebriefen an seine Gattin richtet, sind – hier ist Shelton (1990) und Hindermann (2010) zuzustimmen – konventionell und decken sich gänzlich mit dem traditionellen Bild einer Ehefrau innerhalb der kaiserzeitlichen aristokratischen Oberschicht. Die klassische Hierarchie der Geschlechterrollen wird keinesfalls aufgebrochen, im Gegenteil: Der traditionelle Machtbereich der elegischen puella (vgl. Tib. 2,5,111f.) wird im plinianischen Briefcorpus dadurch weiter eingeschränkt, dass Plinius weder die Quellen seiner Inspiration im Liebesleid begründet noch – wie dies z. B. bei Properzens Cynthia zu beobachten ist (vgl. Prop. 2,1,4) – seine Geliebte zur Muse erhebt. Inspiriert wird der Autor nicht etwa durch Calpurnia, sondern durch Apoll und die Musen (vgl. exemplarisch Plin. epist. 1,9,6).901 Von Anbetung der Geliebten – wie in der römischen Liebeselegie üblich – ist in den Briefen an und über Calpurnia nichts zu lesen. Ebenfalls erhebt sich die uxor nicht zur Gebieterin (domina) des Plinius.902 Letzteres stellt sich gegenteilig dar: Plinius nimmt im Sinne eines reziproken Verhältnisses den Part des reiferen, weiseren Lehrmeisters ein (vgl. exemplarisch Plin. epist. 4,19,8: Certatim ergo tibi gratias agimus, ego quod illam mihi, illa quod me sibi dederis, quasi invicem elegeris.). Ferner betont Plinius, dass Calpurnia durch seine Werke lerne (vgl. Plin. epist. 4,19,2d: Meos libellos habet lectitat ediscit etiam.). Darüber hinaus deklariert der Autor die Liebe als Lehrmeisterin für Calpurnia (vgl. Plin. epist. 4,19,4: amore qui magister est optimus). Was kann dies anderes bedeuten, als dass amor metonymisch für Plinius steht, da sich ja die Liebe Calpurnias – wie die Zusammenschau aller Ehebriefe belegt – auf niemanden anderen außer auf ihren 901 902

Vgl. auch Hindermann (2009b) und Dies. (2010: 53). Hier ist an Quintilian zu erinnern, der angesichts des Ablebens seiner sehr viel jüngeren, erst 18-jährigen Frau, die ihm zwei Söhne geboren hatte, einen gleichsam doppelten Verlust beklagte: Ihr Tod bedeute nicht nur den Verlust einer Ehefrau, sondern zugleich auch den einer Tochter; vgl. dazu Quint. inst. 6, praef. 5.

Kap. 5 Gesamtfazit und Einordnung in die Forschung

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________________________________________________ maritus selbst richtet? Plinius fungiert hier also – ähnlich wie Pompeius Saturninus in Epistel 1,16,6 – als paedagogus bzw. praeceptor seiner Gattin (vgl. dazu Hemelrijk 1999: 31–36). Dies ist insofern beachtenswert, als beide Ehen nicht etwa als gefühllose Subordinationsverhältnisse zwischen maritus und uxor, sondern vielmehr als gefühlsbetonte pädagogische Beziehungen geschildert werden. Dies jedoch darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass sich Calpurnia gegenüber ihrem maritus durchgängig unterwürfig verhält. Nur in wenigen Passagen kann von echter Gegenseitigkeit die Rede sein (vgl. bes. Plin. epist. 4,19,8; id. 6,7). Zumeist unterwirft sich Calpurnia ihrem maritus und den gesellschaftlichen Konventionen völlig (vgl. das Sitzen hinter dem Vorhang beim Rezitieren ihres Mannes in Epistel 4,19,3c). Diese Unterwürfigkeit spiegelt sich sogar im Ausleben ihres durchaus vorhandenen ästhetischen Talentes, indem sie seine Werke zur Vertonung heranzieht (vgl. Plin. epist. 4,19,4).903 Alle diese Aspekte lassen im Spiegel der sechs Ehebriefe die Schlussfolgerung zu, dass Calpurnia die geeignete Gattin für Plinius darstellt. Die offenkundige Differenzierung des Plinius hinsichtlich des Verhältnisses sowohl beider Geschlechter im Allgemeinen als auch aristokratischer Eheleute im Besonderen konnte unter konsequenter Umsetzung eines interdisziplinären Ansatzes und auf dem Wege des von Gnilka (1973) angebahnten und von Marchesi (2008) bzw. Gibson – Morello (2012) propagierten „Re-Reading“-Verfahrens ermittelt werden, indem die plinianische Epistelsammlung als Gesamtwerk in den Blick genommen und durch wiederholte Lektüre versucht wurde, auffällige Bezüge zwischen den Briefen, die sich mit der römischen Ehe beschäftigen, aufzuzeigen. Dies gilt in exponierter Weise für die Ermittlung der elegischen Durchwirkung der Ehebriefe 4,19; 6,4; 6,7; 7,5 und für den damit einhergehenden Nachweis der Inszenierung der Ehe als eines elegischen Liebesverhältnisses, wobei jedoch die Geschlechterrollen an den gesellschaftlichen Konventionen der römischen Kaiserzeit ausgerichtet bleiben: Calpurnia unterscheidet sich in ihrer in den vier Ehebriefen 4,19; 6,4; 6,7; 7,5 eingenommenen Rolle einer uxor docta von elegischen puellae doctae in zentralen Punkten. Sie ist keinesfalls als selbstbewusste und aktive domina anzutreffen, deren Launen sich der amator ausliefert. Calpurnia unterwirft sich ihrem maritus völlig. Die in den Ehebriefen auftretende uxor wird nicht 903

Zum Aspekt der Unterwürfigkeit in der Ehe des Plinius und dessen Einordnung in die Genderforschung vgl. auch Centlivres Challet (2013: 105).

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Kap. 5 Gesamtfazit und Einordnung in die Forschung

________________________________________________ als raffiniert, egoistisch oder launisch, sondern als grundanständig porträtiert. Auch hier liegt eine klare Divergenz zu den aus der römischen Liebeselegie bekannten, z. T. verruchten puellae vor. Auch der soziale Stand erscheint in einem scharfen Kontrast, denn Calpurnia stammt aus einem reichen aristokratischen Haus. Darüber hinaus ist die junge uxor ihrem Gatten stets treu ergeben und vermisst ihn in der Ferne während ihres Kuraufenthaltes schmerzlich, was die an ihren maritus gerichteten Liebesbriefe unter Beweis stellen (vgl. Plin. epist. 6,7,1: Scribis te absentia mea non mediocriter affici unumque habere solacium, quod pro me libellos meos teneas, saepe etiam in vestigio meo colloces.). Die Frage, die sich am Ende der vorliegenden Studie stellt, lautet: Wie passt es zusammen, dass Plinius als glühender Verfechter und Bewahrer des mos maiorum ausgerechnet auf dem Wege elegischer Anspielungen seinen Emotionen und Gefühlen Ausdruck verleihen will? Die Antwort auf diese Frage ist differenziert zu geben: Zum einen propagierte – wie in Kap. 2 und 3 nachgewiesen werden konnte – die stoische Lehre in der römischen Kaiserzeit, in erster Linie repräsentiert durch den von Plinius geschätzten Musonius Rufus, eine moralische (keinesfalls gesellschaftliche) Aufwertung der (Ehe-)Frau und damit einhergehend eine stärkere Partnerschaftlichkeit innerhalb der Ehe unter öffentlicher Bekundung zärtlicher Gefühle. Dies wird durch zahlreiche kaiserzeitliche Inschriften und Grabsteine belegt.904 Insofern begeht Plinius vor den Augen seiner Leserschaft keinen Fauxpas, wenn er einerseits die Wertetreue (concordia und fides), andererseits das gefühlvolle Miteinander in der ehelichen Beziehung zu Calpurnia betont. Dadurch ergänzt Plinius seine das gesamte Briefcorpus umspannende Selbstporträtierung um eine weitere Facette, die – wie oben gezeigt werden konnte – nicht Gefahr läuft, einen zeitgebundenen Widerspruch zu evozieren. Zugleich bieten die elegischen Reminiszenzen Plinius die Möglichkeit, seine komplexe Gefühlswelt zu verbalisieren, ohne dass seine Männlichkeit, die einen wertkonservativen Kern besitzt, in Frage gestellt wird; vgl. dazu auch Fögen (2018: 66): It is such instances that enable the epistolographer to show an ‘image of his soul’ – in Pliny’s case not just to his wife, but also to a much wider readership for whom his corpus was published. These readers are presented with an impression of Pliny’s emotional disposition which is one component of a larger picture covering various aspects of his life. 904

Vgl. dazu unter Nennung weiterführender Literatur auch oben Anm. 121.

Kap. 5 Gesamtfazit und Einordnung in die Forschung

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________________________________________________ Emotionen und Gefühle verbalisiert Plinius als realer Autor nicht selbst, sondern durch sein Sprachrohr: das Brief-Ich, das in den vier Ehebriefen 4,19; 6,4; 6,7; 7,5 die Rolle des elegischen amator einnimmt. Dies führt direkt zu einem zentralen Merkmal der Ehebriefe 4,19; 6,4; 6,7; 7,5. In eben diesen Episteln ist methodisch zwischen realem Autor bzw. realer Autoren-persona (Plinius) und dem Brief-Ich zu unterscheiden – analog zur Trennung zwischen realem Autor und lyrischem Ich bzw. dem IchSprecher in der Poesie. Dabei sind vor allem die Botschaften, die einerseits vom realen Autor, andererseits vom Brief-Ich übermittelt werden, von nicht unerheblicher Bedeutung; auf die elegisch durchwirkten (insbesondere auf die drei an Calpurnia gerichteten) Ehebriefe bezogen, ist Folgendes festzuhalten: realer Autor (Plinius)



implizite, allgemeine Botschaft: primär: Erweiterung des ohnehin schon facettenreichen Selbstporträts, das im Briefcorpus vornehmlich die intellektuelle, literaturästhetische, moralische und politische Kompetenz des Plinius betont: Plinius stilisiert sich in den Ehebriefen einerseits zu einem vorbildlichen, weil empathischen und seine continentia trotz leidenschaftlicher Gefühle nicht aufgebenden maritus aristokratischer Prägung, andererseits zu einem gelehrten, schon zu Lebzeiten gefeierten poeta doctus, der literarische gloria besitzt und auf diesem Wege immortalitas anstrebt. sekundär: Im Sinne des komplexen, harmonischen Selbstkonzeptes eines moralisch vorbildhaften, wertebewussten und bestens vernetzten römischen Aristokraten:



breite Leserschaft (aristokratische Leserschaft)

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Kap. 5 Gesamtfazit und Einordnung in die Forschung

________________________________________________ Mutmachende, auf die kaiserzeitliche Lehre der Stoa Bezug nehmende Empfehlung an die mariti, in der Ehe ihren Gattinnen nicht nur Respekt, sondern auch zärtliche Gefühle entgegenzubringen, ohne dabei das wertkonservative Bild römischer Männlichkeit bzw. die in diesem Kontext zu erwartenden Werte zu verleugnen bzw. zu gefährden. BriefIch (maritus)



sekundäre Botschaft: Sehnsucht nach der uxor, der Mutter potentieller, sehnlichst erwarteter Nachkommen.



primärer Adressat (Calpurnia)

Liebesdiskurs und Rhetorik sind in den angezeigten Ehebriefen untrennbar miteinander verknüpft. Die selbstreferentiellen Ehebriefe des Plinius sind nicht nur subjektiv ausgefeilt, sondern autobiographisch differenziert.905 Plinius fiktiviert seine eigene Biographie – ein Ergebnis, das den von Neger (2020) jüngst in die Forschung eingebrachten Ansatz bekräftigt, wonach der Leser der plinianischen Briefsammlung einen autobiographischen und einen fiktionalen Pakt abschließe und bei der Lektüre ständig zwischen diesen beiden Pakten hin- und herwechsele. Darüber hinaus trägt die Autofiktion in den Pliniusbriefen entscheidend zur Emotionsmanifestation beim Lesepublikum bei: Durch die emotionale Involviertheit des realen Autors (Plinius) wirken die dargestellten Szenen einer kaiserzeitlichen Ehe nicht nur authentisch, sondern erhöhen deren Wirkung auf die aristokratische Leserschaft. Voraussetzung für diesen Zugriff auf die Gefühlswelt des Plinius ist einerseits das gemeinsame Bekenntnis zur humanitas als einer auf παιδεία und φιλανθρωπία fußenden Grundhaltung, andererseits Emotionsoffenheit – auch und gerade in Bezug auf die Artikulation leidenschaftlich-intimer Gefühle zwischen Ehepartnern. 905

Vgl. dazu auch Trapp (2006: 343), der von einer „conscious and calculating (auto)biography“ spricht, die Folgendes dokumentiere: „his [sc. Pliny’s] social connections, his taste and learning, and all the most creditable facets of his career and character, from sensitive (and much loved) husband to efficient administrator and confidant of the Emperor.“ (ibid.)

Kap. 5 Gesamtfazit und Einordnung in die Forschung

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________________________________________________ Warum aber wählt Plinius bei der Konzeption der Ehebriefe als inspirierende Textgattung ausgerechnet die römische Liebeselegie? Die Antwort liegt auf der Hand: Weil Plinius sich durch die eklektische, keinesfalls starre bzw. systematische Nutzung elegischer Topoi nicht nur als empathischen maritus und leidenschaftlichen amator, sondern vor allem – das ist die Hauptintention seiner Ehebriefe – vor seiner aristokratischen Leserschaft als poeta inszenieren kann, der – wie Epistel 4,19,3f. nahelegt – für seine literarischen Erfolge von seiner Mitwelt gefeiert wird und offensichtlich bereits zu Lebzeiten das genießen kann, wonach er zeitlebens strebte: literarische gloria (vgl. hier bes. Plin. epist. 4,19,5b). Zugleich kann er durch das artifizielle Spiel mit elegischen Motiven seine Gelehrsamkeit und umfassende literarische Bildung unter Beweis stellen. Allerdings greift die Pliniusforschung zu kurz, wenn deren prominente Vertreter lediglich die im Exil verfassten Briefe Ciceros an Terentia oder die Verbannungsgedichte Ovids als von Plinius herangezogene intertextuelle Referenzen anführen; denn mindestens ebenso reichhaltig greift Plinius auf die ovidischen Amores (vgl. bes. Ov. am. 1,11; 1,12; 2,11; 2,16) und Heroïdes (vgl. bes. Ov. epist. 1; 13; 19) zurück. Darüber hinaus standen umfänglich Properz (vgl. bes. Prop. 1,11; 1,12; 4,3; 4,11), Tibull (vgl. bes. Tib. 1,6; 1,8; 2,6) und Statius (vgl. bes. Stat. silv. 3,5; id. 5,1) Pate. Auf der Projektionsfläche der mannigfachen intertextuellen Referenzen in den Ehebriefen demonstriert Plinius nicht nur seine Belesenheit, sondern auch seine literarische Sensibilität. Dabei macht er sich bei der selektiv-spielerischen Nutzung elegischer Motive die flexible Natur der Epistolographie zunutze,906 indem er verschiedene Textgattungen (hier: Elegien) in die von ihm gewählte Briefform (hier: in Ehebriefe) transferiert. Als Meister aller Gattungen verschreibt Plinius sich in seinen Ehebriefen 4,19; 6,4; 6,7; 7,5 der Aktualisierung der römischen Liebeselegie und trägt durch die unmittelbare Lebensnähe des thematischen Gegen906

Die flexible Natur des antiken Briefes lasse sich gemäß Fögen (2017: 54f.) insbesondere anhand der plinianischen Briefsammlung nachweisen; diese werde in ihrem Streben, als gelungenes Experiment mit einer literarischen Kleinform und als Zeichen künstlerischer Könnerschaft verstanden zu werden, zu einer Art Texttypus, der durch seine Offenheit und Elastizität eine Fülle von Gattungen und Textsorten in sich vereinigt und dadurch (im Sinne eines allumfassenden „Super-Genres“) beinahe über diesen steht. Zu den verschiedenen, von Plinius in seinem Briefcorpus verarbeiteten Textgattungen vgl. unter Nennung weiterführender Literatur auch oben Anm. 19.

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Kap. 5 Gesamtfazit und Einordnung in die Forschung

________________________________________________ standes (hier: Ehe unter Aristokraten in der römischen Kaiserzeit zwischen Konventionen und der offenen Bekundung leidenschaftlicher Gefühle) zu einer Anschaulichkeit bei, die eine hohe Nachvollziehbarkeit der inhaltlichen Botschaft garantiert und die auf ihre Umsetzung im Leben eines jeden einzelnen Lesers abzielt. Dazu passt die Beobachtung, dass die vier oben angezeigten Ehebriefe ein nuanciertes Spektrum des Ausdrucks von Liebe – angefangen von unverbrüchlicher Treue und concordia über verzweifeltes Flehen bis hin zur flammenden Eifersucht – durchmessen. Doch es wäre zu verengt, die Ehebriefe als bloßes artifizielles Spiel aufzufassen. Vielmehr bilden sie aufschlussreiche Zeugnisse eines Angehörigen der Oberschicht, der sich innerhalb seines sozialen Netzwerkes positioniert und Fragestellungen beleuchtet, die für die plinianischen Leser von hoher Evidenz waren; vgl. dazu Fögen (2017: 55f.): Sie [scil.: die Briefe des Plinius] erscheinen damit als Ausdruck einer ethischen und sozialen Verantwortung und tragen im Sinne einer kalkulierten Persönlichkeitskonstruktion dazu bei, Plinius als gewichtige Autorität seiner Epoche hervortreten zu lassen, die anderen mit Ratschlägen zur Seite steht und sich ihnen als Vorbild empfiehlt.907

Die miszellenartige Nutzung des Motivrepertoires der Liebeselegie erklärt sich daher, dass Plinius – mitunter in Form einer bemerkenswerten Umdeutung bzw. Weiterentwicklung – nur diejenigen Topoi aufgreift, die seiner erklärten Absicht, mit seinen Briefen ein positives Bild seiner selbst für die Mit- und Nachwelt zu zeichnen, entsprechen. Hier ist hauptsächlich das Lob Calpurnias als einer gelehrsamen jungen Frau sowie die Reflexion über die eigene literarische Bedeutung als umfassend gebildeter poeta zu nennen. Dabei spielt Plinius auf die zentralen Motive des servitium amoris oder der militia amoris durchaus an, unterlässt aber deren vollständige Replikation, z. B. durch den überzeugten Verzicht auf die aus der Elegie bekannte Umkehrung der Geschlechterrollen. Anders als seine elegischen Vorgänger muss Plinius nicht in eine Gegenwelt flüchten. Er 907

Vgl. ähnlich von Albrecht I (2012: 412); zur römischen Ausrichtung des eigenen Lebens an exempla vgl. Shelton (2016: 132): „The use of real people as models for behavior was a cornerstone of Roman moral education. From childhood, Romans were advised to pattern their behavior after that of people, living or historical, who embodied the virtues valued by Roman society.“ Vgl. dazu auch Quint. inst. 12,2,30: Quantum enim Graeci praeceptis valent, tantum Romani, quod est maius, exemplis.

Kap. 5 Gesamtfazit und Einordnung in die Forschung

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________________________________________________ fühlt sich wohl in seinem aristokratischen Umfeld und bei der Ausübung seiner öffentlichen Aufgaben: Er ist und bleibt ein politischer Mensch. Überdies stellt Plinius weder die traditionellen Geschlechterrollen in Frage noch bricht er mit den für eine kaiserzeitliche Ehe konstitutiven Werten; ja vielmehr bekennt er sich eindeutig zum mos maiorum. Und dennoch ergänzt er durch die zahlreichen elegischen Reminiszenzen das traditionelle Bild der Ehe um die sexuelle Konnotation, die in republikanischer Zeit in dieser Klarheit noch undenkbar schien und „geradezu verpönt [war]“ (Holzberg 1990: 13): Calpurnia ist Ehefrau und Sexualpartnerin – eine Doppelfunktion, die für die römische Kaiserzeit des frühen zweiten nachchristlichen Jahrhunderts signifikant ist. Sexualität in der Ehe ist für Plinius offensichtlich kein Tabuthema, wird aber von ihm in seinen Ehebriefen unterschiedlich gewichtet: Während Sexualität in den drei Ehebriefen über Calpurnia (4,19; 8,10; 8,11) nur eine nachrangige Rolle spielt und vordringlich auf die procreatio prolis und die Sicherung der eigenen gens abzielt, behandeln die Ehebriefe an Calpurnia das eheliche Zusammenleben von Plinius und Calpurnia auf der Folie des desiderium angesichts der räumlichen Trennung der beiden Partner als eines zentralen Motivs der römischen Liebeselegie auch unter dem Blickwinkel der Erotik, sodass letztlich in den Episteln 6,4; 6,7; 7,5 prosaische Liebesbriefe vorliegen, die von erotischen Motiven aus der Elegie durchwirkt sind. Auch literarisch setzt Plinius ein Ausrufezeichen. Denn durch seine Ehe, deren selbstverständlicher Bestandteil die Sexualität ist, kann Plinius im Vergleich zu seinen elegischen Vorgängern nachweisen, dass eine Ehe erfüllender als eine vor allem auf Sexualität basierende elegische Beziehung ist und Calpurnia die Frau, nach der sich die amatores in den Elegien Properzens oder Ovids lebenslang sehnten: eine Frau, die einerseits leidenschaftlich, andererseits ein Muster an concordia, fides und castitas ist. Sexualität in der Ehe wird von Plinius also nicht verschwiegen, sondern spielt in den Ehebriefen an Calpurnia eine nicht zu unterschätzende Rolle, zumal die junge uxor pikanterweise mit den literarischen Erfolgen des Plinius aufs Engste verknüpft ist; denn der maritus wird für seine Gattin weniger durch seinen (allmählich alternden) Körper als vielmehr durch seine umfassende, auf immortalitas ausgerichtete literarische gloria attraktiv. Dies gilt auch umgekehrt: Der maritus entflammt aufgrund der völligen Unterwürfigkeit seiner Gattin, ihrer grundsätzlichen sexuellen Verfügbarkeit und nicht zuletzt aufgrund ihrer an eine elegische puella

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Kap. 5 Gesamtfazit und Einordnung in die Forschung

________________________________________________ docta erinnernden Gelehrsamkeit, welche die uxor in dem hingebungsvollen Studium und in der Vertonung der literarischen Werke ihres maritus – vornehmlich seiner versus – an den Tag legt (vgl. bes. Plin. epist. 4, 19,2–5; id. 6,7; vgl. auch die entsprechende intertextuelle Referenz Ov. am. 2,4,25f.: Huic, quia dulce canit flectitque facillima vocem, / oscula cantanti rapta dedisse velim.). Gegenseitigkeit in der Partnerschaft und Sinnesfreude (auch sexuelle) müssen sich innerhalb der kaiserzeitlichen Ehe nicht ausschließen, ja vielmehr: Die intimen Facetten der beiden Ehepartner sind gegenüber der republikanischen Zeit bemerkenswerte Addita und werden von Plinius im artizifiellen Spiel eines tenerorum lusor amorum und unter Nutzung seines Brief-Ichs vor der aristokratischen Leserschaft nicht verschwiegen. Letzteres gilt in besonderem Maße für das in der vorliegenden Studie untersuchte, von Plinius selbst vorgelebte Idealbild des römischen Ehemannes, das sowohl die dezidiert werteorientierte Vorstellung von Männlichkeit bewahrt als auch ergänzend erotische Züge aufweist, ohne bei den Lesern Anstoß zu erregen. Die sinnlichen Elemente haben vor dem Hintergrund eines umfassenden Verständnisses römischer Männlichkeit als Teil der facettenreichen persona des Plinius zu gelten.908 Demzufolge trifft der Leser im plinianischen Briefcorpus auf das Idealbild eines maritus vere Romanus, das nicht nur als Bildungsnachweis, sondern eben auch als Medium einer Zivilisierung und Individualisierung bei gleichzeitiger Wahrung der gesellschaftlichen Standards verstanden werden will.

908

Vgl. ähnlich Hindermann (2010: 57) und Janka (2015: 602); vgl. auch Stahlmann (1997: 46), die konstatiert, dass die Briefe des Plinius im Hinblick auf eine aristokratisch geprägte Öffentlichkeit geschrieben worden sind und vor diesem Hintergrund (bezogen auf die Ehebriefe) eher eine Fiktion ehelichen Zusammenlebens darstellen als ein Zeugnis für die tatsächliche eheliche Harmonie zwischen Plinius und Calpurnia. Doch gerade dadurch manifestierten sie einen veränderten Idealtyp ehelicher Beziehungen: Plinius schäme sich der üblichen, früher negativ beurteilten Symptome der Liebesleidenschaft nicht; er verwende sie vielmehr als positiven Ausdruck seiner Gattenliebe. Dies stehe in einem signifikanten Kontrast zu dem warnenden Diktum Catos, wonach die Seele eines Liebenden im Körper eines anderen wohne (Plut. Cat. 9,8).

Kap. 6 Abkürzungsverzeichnis

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Abkürzungsverzeichnis

Vorbemerkung: Die Abkürzungen der in der Studie herangezogenen lateinischen Quellen folgen von der ersten Nennung an: Thesaurus Linguae Latinae (abgekürzt: ThLL). Editus iussu et auctoritate consilii ab academiis societatibusque diversarum nationum electi. Index librorum scriptorum inscriptionum ex quibus exempla afferuntur, Leipzig 21990 (Neubearbeitung der 1. Aufl., Leipzig 1904). Die Abkürzungen griechischer Quellen orientieren sich vornehmlich an: A Greek English Lexicon. Compiled by Henry George Liddell and Robert Scott. Revised and augmented throughout by Sir Henry Stuart Jones. With a revised supplement, Oxford 1996. Die Abkürzungen der Periodica folgen, soweit nicht anders vermerkt, von der ersten Nennung an: L’Année Philologique (abgekürzt: APh). Index des périodiques, Paris 1982; die in der L’Année Philologique nicht aufgeführten und die allgemeinen Abkürzungen sind entnommen: Schwertner, Siegfried M., Internationales Abkürzungsverzeichnis für Theologie und Grenzgebiete, Berlin – New York 32014. Sämtliche Textausgaben, die als Quellen für die ausgeschriebenen Zitate herangezogen wurden, finden sich mit vollständiger bibliographischer Angabe im Literaturverzeichnis. Sämtliche Titel der Sekundärliteratur sind in den Fußnoten unter Nennung des Verfassers und des dazugehörigen Erscheinungsjahres notiert; vollständig finden sie sich im Literaturverzeichnis.

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Kap. 6 Abkürzungsverzeichnis

________________________________________________ Folgende Abkürzungen werden wiederkehrend verwendet: Antibarbarus = Krebs, Johann Philipp, Antibarbarus der lateinischen Sprache. Nebst Vorbemerkungen über reine Latinität von Johann Philipp Krebs. Neu bearbeitet von Franz Xaver Allgayer, Frankfurt am Main 41866. DNP = Cancik, Hubert – Schneider, Helmuth (Hgg.), Der Neue Pauly. Enzyklopädie der Antike, Stuttgart – Weimar 1996 sqq. KS II.1 bzw. KS II.2 = Kühner, Raphael – Stegmann, Carl, Ausführliche Grammatik der lateinischen Sprache. Teil 2: Satzlehre. 2 Bde., Darmstadt 51976. Lewis – Short = Lewis, Charlton T. – Short, Charles, A Latin Dictionary, Oxford 1879 (ND Oxford 1969). LHS II.2.2 = Hofmann, Johann Baptist – Szantyr, Anton, Lateinische Syntax und Stilistik = Lehmann, Manu – Hofmann, Johann Baptist – Szantyr, Anton, Lateinische Grammatik. Bd. 2 (HAW II.2.2), München 1965. Menge = Lateinische Synonymik. Neu bearbeitet v. Otto Schönberger, Heidelberg 71988. OLD = Oxford Latin Dictionary, edited by P[eter] G. W. Glare, Oxford 4 2012. PIR1 = Prosopographia Imperii Romani. saec. I. II. III. 3 Bde., hrsg. v. Elimar Klebs – Hermann Dessau – Paul von Rhoden, Berlin – Leipzig 1897/1898. PIR2 = Prosopographia Imperii Romani. saec. I. II. III. 8 Bde., hrsg. v. Werner Eck – Edmund Groag – Matthäus Heil – Johannes Heinrichs – Leiva Petersen – Arthur Stein – Klaus Wachtel, Berlin 21933 – 2009.

Kap. 7 Literaturverzeichnis

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Literaturverzeichnis

I

Primärliteratur (Textausgaben und Übersetzungen)

Ausonius: Prete (1978) = Decimi Magni Ausonii Burdigalensis Opuscula, edidit Sextus Prete, Leipzig 1978. Catull: von Albrecht (1995) = C. Valerius Catullus, Sämtliche Gedichte. Lateinisch – Deutsch, übers. u. hrsg. v. Michael von Albrecht, Stuttgart 1995. Helm – Jürß (1971) = Catull, Gedichte. Lateinisch und Deutsch, übers. v. Rudolf Helm, die 2., durchgesehene Aufl. besorgt v. Fritz Jürß, Berlin 21971. Mynors (1967) = C. Valerii Catulli Carmina, recognovit brevique adnotatione critica instruxit R[oger] A. B. Mynors, Oxford 1958 (ND Oxford 1967). Celsus: Marx (1915) = Auli Cornelii Celsi quae supersunt, recensuit Fridercius Marx, Leipzig – Berlin 1915 (ND Hildesheim 2002) = Corpus Medicorum Latinorum 1. Cicero: Clark (1957) = M. Tulli Ciceronis Orationes, Vol. I: Pro Sex. Roscio – De imperio Cn. Pompei – Pro Cluentio – in Catilinam – pro Murena – pro Caelio, recognovit brevique adnotatione critica instruxit Albertus Curtis Clark, Oxford 1905 (ND Oxford 1957). Drexler (1964) = M. Tulli Ciceronis Tusculanarum disputationum libri quinque, recognovit Hans Drexler, Mailand 1964. Peterson (1957) = M. Tulli Ciceronis Orationes, Vol. III: Divinatio in Q. Caecilium – in C. Verrem, recognovit brevique adnotatione critica instruxit Gulielmus Peterson, Oxford 1907 (ND Oxford 1957). Reis – Kasten (1966) = M. Tulli Ciceronis scripta quae manserunt omnia, fasc. 19: Oratio pro P. Sulla – Oratio pro Archia poeta post Peter Reis tertium recognovit Helmut Kasten, Leipzig 1966.

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Kap. 7 Literaturverzeichnis

________________________________________________ Reynolds (1998) = M. Tulli Ciceronis de finibus bonorum et malorum libri quinque, recognovit brevique adnotatione critica instruxit L[eighton] D. Reynolds, Oxford 1998. Shackleton Bailey (1967) = M. Tulli Ciceronis Epistulae. Vol. 2.2: Epistulae ad Atticum, libri IX – XVI, recognovit brevique adnotatione critica instruxit D[avid] R. Shackleton Bailey, Oxford 1961 (ND Oxford 1967). Shackleton Bailey (1988) = Marcus Tullius Cicero, Epistulae ad familiares libri I – XVI, edidit D[avid] R. Shackleton Bailey, Stuttgart 1988. Watt (1969) = M. Tulli Ciceronis Epistulae. Vol. 2.1: Epistulae ad Atticum libri I – VIII, recognovit brevique adnotatione critica instruxit W[illiam] S. Watt, Oxford 1965 (ND Oxford 1969). Watt (1971) = M. Tulli Ciceronis Epistulae. Vol. 3: Epistulae ad Quintum fratrem – Epistulae ad M. Brutum – Fragmenta epistularum, recognovit brevique adnotatione critica instruxit W[illiam] S. Watt, Oxford 1958 (ND Oxford 1971). Winterbottom (1994) = M. Tulli Ciceronis de officiis, recognovit brevique adnotatione critica instruxit Michael Winterbottom, Oxford 1994. Columella: Rodgers (2010) = L. Iuni Moderati Columellae Res Rustica, recognovit brevique adnotatione critica instruxit R[obert] H. Rodgers, Oxford 2010. Corpus Inscriptionum Latinarum (= CIL): Bormann – Henzen – Huelsen (1966) = Inscriptiones Urbis Romae Latinae, ediderunt Eugenius Bormann – Guilelmus Henzen – Christianus Huelsen. Pars Tertia, Berlin 1966 = Corpus Inscriptionum Latinarum 6,3. Diogenes Laërtius: Long (1966) = Diogenis Laertii Vitae Philosophorum, Tomus posterior, recognovit brevique adnotatione critica instruxit H[erbert] S. Long, Oxford 1964 (ND Oxford 1966). Gellius: Hosius (1959) = A. Gellii noctium Atticarum libri XX, 2 Bde., rec. Carolus Hosius, Leipzig 1903 (ND Stuttgart 1959). Marshall (1968) = A. Gellii noctes Atticae, recognovit brevique adnotatione critica instruxit Peter K. Marshall, Oxford 1968. Horaz: Shackleton Bailey (1995) = Q. Horati Flacci Opera, edidit D[avid] R. Shackleton Bailey, Stuttgart 31995.

Kap. 7 Literaturverzeichnis

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________________________________________________ Inscriptiones Latinae selectae (= ILS): Dessau (1962) = Inscriptiones Latinae selectae (ILS), edidit Hermannus Dessau. Vol. II. Pars II, Berlin 31962. Iuvenal: Adamietz (1993) = Juvenal, Satiren. Lateinisch – Deutsch, hrsg., übers. u. mit Anm. vers. v. Joachim Adamietz, München – Zürich 1993. Livius: Briscoe (1986) = Titi Livi ab urbe condita libri XLI – XLV, edidit John Briscoe, Stuttgart 1986. Conway – Walters (1969) = Titi Livi ab urbe condita libri I – V, recognoverunt et adnotatione critica instruxerunt Robertus Seymour Conway et Carolus Flamstead Walters, Oxford 1914 (ND Oxford 1969). McDonald (1969) = Titi Livi ab urbe condita libri XXXI – XXXV, recognovit et adnotatione critica instruxit Alexander Hugh McDonald, Oxford 1965 (ND Oxford 1969). Walsh (1999) = Titi Livi ab urbe condita libri XXXVI – XL, recognovit brevique adnotatione critica instruxit P[atricius] G. Walsh, Oxford 1999. Walters – Conway (1967) = Titi Livi ab urbe condita libri XXI – XXV, recognoverunt et adnotatione critica instruxerunt Carolus Flamstead Walters et Robertus Seymour Conway, Oxford 1929 (ND Oxford 1967). Walters – Conway (1970) = Titi Livi ab urbe condita libri VI – X, recognoverunt et adnotatione critica instruxerunt Carolus Flamstead Walters et Robertus Seymour Conway, Oxford 1919 (ND Oxford 1970). Lukrez: Martin (1992) = T. Lucreti Cari de rerum natura libri sex, quintum recensuit Joseph Martin, Stuttgart 1992. Martial: Barié – Schindler (1999) = M. Valerius Martialis, Epigramme. Lateinisch – Deutsch, hrsg. u. übers. v. Paul Barié – Winfried Schindler, Düsseldorf – Zürich 1999. Heraeus – Shackleton Bailey (1990) = M. Valerii Martialis Epigrammata, post W[ilhelm] Heraeum edidit D[avid] R. Shackleton Bailey, Stuttgart 1990. Musonius Rufus: Hense (1905) = C. Musonii Rufi Reliquiae, edidit Otto Hense, Leipzig 1905. Nickel (1994) = Epiktet – Teles – Musonius, Ausgewählte Schriften. Griechisch – Deutsch, hrsg. u. übers. v. Rainer Nickel, München – Zürich 1994.

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Kap. 7 Literaturverzeichnis

________________________________________________ Ovid: von Albrecht (1992) = Publius Ovidius Naso, Ars amatoria – Liebeskunst. Lateinisch – Deutsch, übers. u. hrsg. v. Michael von Albrecht, Stuttgart 1992. von Albrecht (1997) = Publius Ovidius Naso, Amores – Liebesgedichte. Lateinisch – Deutsch, übers. u. hrsg. v. Michael von Albrecht, Stuttgart 1997. Alton – Wormell – Courtney (1997) = P. Ovidi Nasonis Fastorum libri sex, recenserunt E[rnest] H. Alton – D[onald] E. W. Wormell – E[dward] Courtney, Stuttgart – Leipzig 41997. Anderson (1998) = P. Ovidii Nasonis Metamorphoses, edidit William S. Anderson, Stuttgart – Leipzig 21981 (ND Stuttgart – Leipzig 1998). Dörrie (1971) = P. Ovidii Nasonis Epistulae Heroidum quas Henricus Dörrie Hannoveranus ad finem codicum edidit, Berlin – New York 1971 = Texte und Kommentare 6. Häuptli (1995) = Publius Ovidius Naso, Liebesbriefe: Heroides – Epistulae. Lateinisch – Deutsch, hrsg. u. übers. v. Bruno W. Häuptli, München – Zürich 1995. Kenney (1994) = P. Ovidi Nasonis Amores – Medicamina faciei femineae – Ars amatoria – Remedia amoris, iteratis curis edidit E[dward] [John] Kenney, Oxford 1961 (ND Oxford 1994). Lenz (1972) = Ovid, Heilmittel gegen die Liebe – Die Pflege des weiblichen Gesichtes, Lateinisch – Deutsch, übers. v. Friedrich Walter Lenz, mit neun Tafeln, Berlin 1960 (ND Berlin 1972). Owen (1980) = P. Ovidi Nasonis Tristium libri quinque – Ibis – ex Ponto libri quattuor – Halieutica – Fragmenta, recognovit brevique adnotatione critica instruxit S[idney] G[eorge] Owen, Oxford 1915 (ND Oxford 1980). Willige – Holzberg (2005) = Publius Ovidius Naso, Briefe aus der Verbannung: Tristia – Epistulae ex Ponto. Lateinisch – Deutsch, übertr. v. Wilhelm Willige, eingel. u. erl. v. Niklas Holzberg, Düsseldorf – Zürich 42005. Plautus: Goetz – Schoell (1895) = T. Macci Plauti Comoediae, ex recensione Georgii Goetz – Friderici Schoell, fasc. III: Cistellariam – Curculionem – Epidicum, Leipzig 1895. Goetz – Schoell (1896) = T. Macci Plauti Comoediae, ex recensione Georgii Goetz – Friderici Schoell, fasc. VII: Trinummum – Truculentum – Fragmenta, Leipzig 1896. Ludwig (1969) = Antike Komödien: Plautus – Terenz, in zwei Bänden, hrsg. u. mit einem Nachwort und Anm. vers. v. Walther Ludwig, München 1969.

Kap. 7 Literaturverzeichnis

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________________________________________________ Plinius der Ältere: Ianus – Mayhoff (1967) = C. Plini Secundi naturalis historiae libri XXXVII, 5 Bde., post Ludovici Iani obitum recognovit et scripturae discrepantia adiecta edidit Carolus Mayhoff, Leipzig 1875–1906 (ND 1967). Plinius der Jüngere: Kasten (1968) = C. Plinius Caecilius Secundus, Briefe, Lateinisch – Deutsch, übers. v. Helmut Kasten, München 1968. Kühn (2008) = Plinius der Jüngere, Panegyrikus: Lobrede auf den Kaiser Trajan, hrsg., eingel. u. übers. v. Werner Kühn, Darmstadt 22008 = Texte zur Forschung 51. Lambert (1969) = C. Plinius Caecilius Secundus, Sämtliche Briefe, Lateinisch – Deutsch, eingel., übers. u. erl. v. André Lambert, Zürich – Stuttgart 1969. Mynors (1963) = C. Plini Caecili Secundi Epistularum libri decem, recognovit brevique adnotatione critica instruxit R[oger] A. B. Mynors, Oxford 1963. Philips – Giebel (1998) = C. Plinius Caecilius Secundus. Sämtliche Briefe, Lateinisch – Deutsch, übers. u. hrsg. v. Heribert Philips – Marion Giebel, mit einem Nachwort v. Wilhelm Kierdorf, Stuttgart 1998. Plutarch: Babbitt (1962) = Plutarch’s Moralia: 2.86B – 171F, with an English translation by Frank Cole Babbitt, Cambridge, Mass. – London 1928 (ND Cambridge, Mass. – London 1962) = LCL 222. de Lacy – Einarson (1968) = Plutarch’s Moralia: 7.523C – 612B, with an English translation by Phillip H. de Lacy – Benedict Einarson, Cambridge, Mass. – London 1959 (ND Cambridge, Mass. – London 1968) = LCL 405. Lindskog – Ziegler (1960–1973) = Plutarchi vitae parallelae, recognoverunt C[laes] Lindskog et K[onrat] Ziegler, 6 Bde., Leipzig 21960–1973. Minar – Sandbach – Helmbold (1969) = Plutarch’s Moralia: 9.697C – 771E, with an English translation by Edwin L. Minar – Francis Henry Sandbach – William C. Helmbold, Cambridge, Mass. – London 1961 (ND Cambridge, Mass. – London 1969) = LCL 425. Pomeroy (1999) = Plutarch’s Advice to the Bride and Groom and a Consolation to his wife. English translations, commentary, interpretive essays, and bibliography, edited by Sarah B. Pomeroy, New York – Oxford 1999. Valgiglio (1976) = Plutarco, Praecepta gerendae rei publicae. Introduzione, testo, traduzione, commento a cura di Ernesto Valgiglio, Mailand 1976.

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Kap. 7 Literaturverzeichnis

________________________________________________ Properz: Fedeli (1994) = Sexti Properti Elegiarum libri IV, edidit P[aulus] Fedeli, Stuttgart – Leipzig 21994. Helm (1965) = Properz, Gedichte. Lateinisch und Deutsch, übers. v. Rudolf Helm, Berlin 1965. Luck (1996) = Properz – Tibull, Liebeselegien – Carmina. Lateinisch – Deutsch, neu hrsg. u. übers. v. Georg Luck, Düsseldorf – Zürich 1996. Quintilian: Winterbottom (1970) = M. Fabi Quintiliani Institutiones oratoriae libri duodecim, recognovit brevique adnotatione critica instruxit Michael Winterbottom, 2 Bde., Oxford 1970. Sallust: Ahlberg – Kurfess (1981) = C. Sallusti Crispi Catilina – Iugurtha – Fragmenta ampliora, post A[xel] W. Ahlberg edidit Alphonsus Kurfess, Leipzig 91981. L. Annaeus Seneca: Rosenbach (1995a) = L. Annaeus Seneca, Philosophische Schriften. Lateinisch – Deutsch. Sonderausgabe. Bd. I: Dialoge I – VI. Lateinischer Text von Abel Bourgery und René Waltz, übers., eingel. u. mit Anm. vers. v. Martin Rosenbach, Darmstadt 1995. Rosenbach (1995b) = L. Annaeus Seneca, Philosophische Schriften. Lateinisch – Deutsch. Sonderausgabe. Bd. II: Dialoge VII – XII. Lateinischer Text von Abel Bourgery und René Waltz, übers., eingel. u. mit Anm. vers. v. Martin Rosenbach, Darmstadt 1995. Rosenbach (1995c) = L. Annaeus Seneca, Philosophische Schriften. Lateinisch – Deutsch. Sonderausgabe. Bd. III: Ad Lucilium Epistulae morales 1–69. Lateinischer Text von Abel Bourgery und René Waltz, übers., eingel. u. mit Anm. vers. v. Martin Rosenbach, Darmstadt 1995. Rosenbach (1995d) = L. Annaeus Seneca, Philosophische Schriften. Lateinisch – Deutsch. Sonderausgabe. Bd. IV: Ad Lucilium Epistulae morales 70–124. Lateinischer Text von Abel Bourgery und René Waltz, übers., eingel. u. mit Anm. vers. v. Martin Rosenbach, Darmstadt 1995. Rosenbach (1995e) = L. Annaeus Seneca, Philosophische Schriften. Lateinisch – Deutsch. Sonderausgabe. Bd. V: De clementia – De beneficiis. Lateinischer Text von Abel Bourgery und René Waltz, übers., eingel. u. mit Anm. vers. v. Martin Rosenbach, Darmstadt 1995. Sidonius: Luetjohann (1961) = Gai Sollii Apollinaris Sidonii Epistulae et Carmina, recensuit et emendavit Christianus Luetjohann, Berlin 1961.

Kap. 7 Literaturverzeichnis

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________________________________________________ Statius: Courtney (1990) = P. Papini Stati Silvae, recognovit brevique adnotatione instruxit E[dward] Courtney, Oxford 1990. Symmachus: Seeck (1961) = Q. Aurelii Symmachi quae supersunt, edidit Otto Seeck, Berlin 1961. Tacitus: Heller (2002) = P. Cornelius Tacitus, Annales – Annalen, Lateinisch – Deutsch, hrsg. u. übers. v. Erich Heller, mit einer Einführung v. Manfred Fuhrmann, Düsseldorf – Zürich 42002. Heubner (1983) = P. Cornelii Taciti libri qui supersunt, Tom. I: Ab excessu divi Augusti, edidit Henricus Heubner, Stuttgart 1983. Winterbottom – Ogilvie (1975) = Cornelii Taciti Opera Minora, recognovit brevique adnotatione instruxerunt Michael Winterbottom et R[obert] M[axwell] Ogilvie, Oxford 1975. Tibull: Luck (1998) = Albii Tibulli aliorumque carmina, edidit Georg Luck, Stuttgart 21998. Postgate (1980) = Tibulli aliorumque carminum libri tres, recognovit brevique adnotatione critica instruxit Iohannes Percival Postgate, Oxford 21915 (ND 1980). Valerius Maximus: Kempf (1966) = Valerii Maximi factorum et dictorum memorabilium libri novem, iterum rcensuit Carolus Kempf, Stuttgart 1888 (ND Stuttgart 1966). Vergil: Mynors (1969) = P. Vergili Maronis Opera, recognovit brevique adnotatione instruxit R[oger] A. B. Mynors, Oxford 1969. Zwölftafelgesetz: Flach – Flach (2004) = Das Zwölftafelgesetz – Leges XII tabularum, hrsg., übers. u. komm. v. Dieter Flach in Zusammenarbeit mit Andreas Flach, Darmstadt 2004.

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Kap. 7 Literaturverzeichnis

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II

Sekundärliteratur (einschließlich Handbüchern und Kommentaren)

Adams (1983) = Adams, J[ohn] N.: Words for ‘Prostitute’ in Latin, RhM 126.3/4 (1983), S. 321–358. Adams (1987) = Adams, J[ohn] N.: The Latin sexual vocabulary, London 21987. Albrecht (2016) = Albrecht, Daniel: Hegemoniale Männlichkeit bei Titus Livius, Diss. Erfurt 2013, Heidelberg 2016 = Studien zur Alten Geschichte 23. von Albrecht (2012) = Albrecht, Michael von: Geschichte der römischen Literatur: Von Andronicus bis Boethius und ihr Fortwirken, 2 Bde., verb. u. erw., Berlin 32012. von Albrecht (2013) = Albrecht, Michael von: Große römische Autoren. Texte und Themen: Von Lukrez und Catull zu Ovid, Heidelberg 2013 = Heidelberger Studienhefte zur Altertumswissenschaft. Alfonsi (1959) = Alfonsi, Luigi: RAC 4 (1959), S. 1026–1054 s. v. Elegie. Allain (1901/1902) = Allain, Eugène: Pline le Jeune et ses Héritiers. Ouvrage illustré d’environ 123 Photogravures et de 15 Cartes ou Plans, 4 Bde., Paris 1901/1902. Allen (1915) = Allen, G[erald] B[urton]: Selected Letters of Pliny, Oxford 1915. Alston (1998) = Alston, Richard: Arms and the man: Soldiers, masculinity and power in Republican and Imperial Rome, in: When men were men. Masculinity, power and identity in classical antiquity, hrsg. v. Lin Foxhall – John Salmon, London – New York 1998, S. 205–247. Alston – Spentzou (2011) = Alston, Richard – Spentzou, Efrossini: Reflections of Romanity. Discourses of Subjectivity in Imperial Rome, Ohio 2011 = Classical Memories – Modern Identities. Altman (1984) = Altman, Janet Gurkin: Epistolarity: Approaches to a Form, Columbus 1984. Ancona – Greene (2005) = Ancona, Ronnie – Greene, Ellen: Gendered Dynamics in Latin Love Poetry, Baltimore 2005 = Arethusa Books. André (1975) = André, Jean-Marie: Pensée et philosophie dans les Lettres de Pline le Jeune, RÉL 53 (1975), S. 225–247. André (1979) = André, Jean-Marie: Philosophie und Denken bei Plinius dem Jüngeren, Acta philologica Aenipontana 4 (1979), S. 25f. Angela (2014) = Angela, Alberto: Liebe und Sex im Alten Rom. Aus dem Italienischen übers. v. Elisabeth Liebl, München 2014. Angenendt (2015) = Angenendt, Arnold: Ehe, Liebe und Sexualität im Christentum. Von den Anfängen bis heute, Münster 2015.

Kap. 7 Literaturverzeichnis

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________________________________________________ Aricò (2008) = Aricò, Giuseppe: Leves libelli. Su alcuni aspetti della poetica dei generi minori da Stazio a Plinio il Giovane, CentoPagine 2 (2008), S. 1– 11. Arthur (1973) = Arthur, Marylin B.: Early Greece: The Origins of the Western Attitude Toward Women, Arethusa 6.1 (1973), S. 7–58. Ash (2003) = Ash, Rhiannon: Aliud est enim epistulam, aliud historiam … scribere (Epistles 6.16.22). Pliny the historian?, Arethusa 36.2 (2003), S. 211– 225. Ash (2013) = Ash, Rhiannon: Drip-feed invective: Pliny, self-fashioning, and the Regulus letters, in: The Author’s Voice in Classical and Late Antiquity, hrsg. v. Anna Marmodoro – Jonathan Hill, Oxford 2013, S. 207–232. Aubrion (1975) = Aubrion, Étienne: Pline le Jeune et la rhétorique de l’affirmation, Latomus 34.1 (1975), S. 90–130. Augoustakis (2005) = Augoustakis, Antony: Nequaquam historia digna? Plinian style in Ep. 6.20, CJ 100 (2005). S. 265–273. Auhagen (1999) = Auhagen, Ulrike: Der Monolog bei Ovid, Tübingen 1999 = ScriptOralia: Reihe A, Altertumswissenschaftliche Reihe 30. Auhagen (2003) = Auhagen, Ulrike: Lusus und Gloria – Plinius’ Hendecasyllabi (Ep. 4,14; 5,3 und 7,4), in: Plinius der Jüngere und seine Zeit. Atti del Colloquio tenutosi a Menaggio, 29 maggio – 1 giugno 2002, hrsg. v. Luigi Castagna – Eckard Lefèvre unter Mitarbeit v. Chiara Riboldi und Stefan Faller, München – Leipzig 2003 = BzA 187, S. 3–13. Austin (1962) = Austin, John L.: How to Do Things with Words, Cambridge MA 1962 = The William James Lectures 1955. Baeza-Angulo (2008) = Baeza-Angulo, Eulogio: Un modelo de literatura de amor conyugal: Ovidii exulis Corpus amatorium, Euphrosyne 36 (2008), S. 137– 148. Baeza-Angulo (2015a) = Baeza-Angulo, Eulogio: Plinio y Calpurnia, un matrimonio elegíaco, Euphrosyne 43 (2015), S. 69–82. Baeza-Angulo (2015b) = Baeza-Angulo, Eulogio: Plinio, un amante marido elegíaco, in: Europa Renascens: La cultura clásica en Andalucía y su proyección europea, hrsg. v. Cristóbal Macías Villalobos – José María Maestre Maestre – Juan Francisco Martos Montiel, Zaragoza 2015, S. 7–21. Baeza-Angulo (2016) = Baeza-Angulo, Eulogio: Deleite y tormento. El amor de Plinio y Calpurnia (Epist. 6.7), Ágora 18 (2016), S. 121–140. Baeza-Angulo (2017) = Baeza-Angulo, Eulogio: Plinius exclusus, Philologus 161.2 (2017), S. 292–318. Baker (1969) = Baker, Robert J.: Propertius’ lost Bona, AJPh 90 (1969), S. 333– 337. Baker (1973) = Baker, Robert J.: Duplices Tabellae: Propertius 3.23 and Ovid Amores 1.12, CPh 68.2 (1973), S. 109–113.

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________________________________________________ Baraz (2012) = Baraz, Yelena: Pliny’s epistolary dreams and the ghost of Domitian, TAPhA 142 (2012), S. 105–132. Barbosa (2016) = Barbosa, Renata Cerqueira: Ovid and the Ideal of docta puella in the Roman Erotic Elegy, Revista Heródoto 1.1 (2016), S. 321–340. Barbuti (1994) = Barbuti, Nicola: La nozione di fides in Tacito e Plinio il Giovane, in: Epigrafia e territorio. Politica e società. Temi di antichità romane. Vol. III, hrsg. v. Mario Pani, Bari 1994, S. 271–299. Baroin (2010 = Baroin, Catherine: Ancestors as Models: Memory and the Construction of Gentilician Identity, in: Children, Memory, and Family Identity in Roman Culture, hrsg. v. Vronique Dasen und Thomas Späth, Oxford 2010, S. 19–48. Battacchi – Suslow – Renna (1997) = Battacchi, Marco W. – Suslow, Thomas – Renna, Margherita: Emotion und Sprache. Zur Definition der Emotion und ihren Beziehungen zu kognitiven Prozessen, dem Gedächtnis und der Sprache, Frankfurt a. M. – Berlin – Bern – New York – Paris – Wien 21997. Bauer (2011) = Bauer, Thomas Johann: Paulus und die kaiserzeitliche Epistolographie. Kontextualisierung und Analyse der Briefe an Philemon und an die Galater, Tübingen 2011 = WUNT 276. Beard (2002) = Beard, Mary: Ciceronian correspondences: making a book out of letters’, in: Classics in Progress: Essays on Ancient Greece and Rome, hrsg. v. Timothy Peter Wiseman, London 2002, S. 103–144. Beck (2005) = Beck, Hans: Karriere und Hierarchie. Die römische Aristokratie und die Anfänge des cursus honorum in der mittleren Republik, Berlin 2005 = Klio 10. Becker (1969) = Becker, Carl: RAC 7 (1969), S. 801–893 s. v. fides. Bell (2008) = Bell, Sinclair – Hansen, Inge Lyse: Role Models in the Roman World: Identity and Assimilation, Ann Arbor 2008 = Supplements to the Memoirs of the American Academy in Rome 7. Bellido Díaz (2003) = Bellido Díaz, José Antonio: Vacuus, viduus, solus, desertus, relictus en Catulo, Propercio y Tibulo, Exemplaria 7 (2003), S. 111– 136. Bellido Díaz (2011) = Bellido Díaz, José Antonio: Diccionario de motivos amatorios en la literatura latina (2011), S. 402–404 s. v. soledad. Benthien – Fleig – Kasten (2000) = Benthien, Claudia – Fleig, Anne – Kasten, Ingrid: Emotionalität. Zur Geschichte der Gefühle, Köln 2000 = Literatur – Kultur – Geschlecht: Kleine Reihe 16. Benthien – Stephan (2003) = Benthien, Claudia – Stephan, Inge, Männlichkeit als Maskerade. Kulturelle Inszenierungen vom Mittelalter bis zur Gegenwart, Köln 2003 = Literatur – Kultur – Geschlecht: Kleine Reihe 18. Bernstein (2008) = Bernstein, Neil W.: Each Man’s Father Served as his Teacher. Constructing Relatedness in Pliny’s Letters, CA 27.2 (2008), S. 203–230.

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________________________________________________ Westcott (1965) = Westcott, J[ohn] H[owell]: C. Plinii Secundi Epistulae Selectae. Selected Letters of Pliny, Princeton 1898 (ND Oklahoma 1965). Wheeler (2004/2005) = Wheeler, Stephen M.: Before the aetas Ovidiana: mapping the early reception of Ovidian elegy, A Trinity College Dublin Review 177/178 (2004/2005), S. 9–26. White (1975) = White, Peter: The Friends of Martial, Statius, and Pliny, and the Dispersal of Patronage, HSPh 79 (1975), S. 265–300. Whitton (2010) = Whitton, Christopher L.: Pliny, Epistle 8,14: senate, slavery and the Agricola, JRS 100 (2010), S. 118–139. Whitton (2012) = Whitton, Christopher L.: ‘‘Let us tread our path together’’: Tacitus and the Younger Pliny, in: A Companion to Tacitus, hrsg. v. Victoria Emma Pagán, Malden – Oxford – Chichester 2012 = Blackwell Companions to the Ancient World, S. 345–368. Whitton (2013a) = Whitton, Christopher L.: Pliny. Epistles book II, Cambridge 2013. Whitton (2013b) = Whitton, Christopher L.: Quintilian in brief: Modes of Intertextuality in Pliny’s Epistles, Working Papers on Nervan, Trajanic and Hadrianic Literature 1.6, S. 1–19. Whitton (2013c) = Whitton, Christopher L.: Trapdoors: false closure in Pliny’s Epistles, in: The door ajar: false closure in Greek and Roman literature and art, hrsg. v. Farouk F. Grewing – Benjamin Acosta-Hughes – Alexander Kirichenko, Heidelberg 2013, S. 43–61. Whitton (2015a) = Whitton, Christopher L.: Grand Designs: Unrolling Epistles 2, in: Pliny the Book-Maker. Betting on Posterity in the Epistles, hrsg. v. Ilaria Marchesi, Oxford 2015, S. 109–143. Whitton (2015b) = Whitton, Christopher L.: Pliny’s Progress: on a Troublesome Domitianic Career, Chiron 45 (2015), S. 1–22. Wilamowitz-Moellendorff (1925) = Wilamowitz-Moellendorff, Ulrich von, Reden und Vorträge, Bd. 1, Berlin 41925. Wildberger (1998) = Wildberger, Jula: Ovids Schule der „elegischen“ Liebe. Erotodidaxe und Psychagogie in der Ars amatoria, Diss. Würzburg 1997, Frankfurt a. M. – Berlin – Bern – New York – Paris – Wien 1998 = Studien zur Klassischen Philologie 112. Wildberger (2006) = Wildberger, Jula: Seneca und die Stoa: Der Platz des Menschen in der Welt, 2 Bde., Berlin 2006 = UALG 84.1/2. Williams (1958) = Williams, Gordon: Some Aspects of Roman Marriage Ceremonies and Ideals, JRS 48 (1958), S. 16–29. Williams (1968) = Williams, Gordon: Tradition and Originality in Roman Poetry, Oxford 1968. Williams (1978) = Williams, Gordon: Change and Decline: Roman Literature in the Early Empire, Berkeley 1978 = Sather Classical Lectures 45.

Kap. 7 Literaturverzeichnis

499

________________________________________________ Williams (1999) = Williams, Craig A.: Roman Homosexuality, New York – Oxford 1999. Williams (2007) = Williams, Wynne: Pliny: Correspondence with Trajan from Bithynia (Epistles X), translated, with Introduction and Commentary, Warminster 1990 (ND Oxford 2007). Winko (2003) = Winko, Simone: Kodierte Gefühle. Zu einer Poetik der Emotionen in lyrischen und poetologischen Texten um 1900, Berlin 2003 = Allgemeine Literaturwissenschaft – Wuppertaler Schriften 7. Winsbury (2014) = Winsbury, Rex: Pliny the Younger: A Life in Roman Letters, London – New York 2014. Wlosok (1978) = Wlosok, Antonie: Vater und Vatervorstellungen in der römischen Kultur, in: Das Vaterbild im Abendland. Bd. 1: Rom – Frühes Christentum – Mittelalter – Neuzeit – Gegenwart, hrsg. v. Hubertus Tellenbach, Stuttgart – Berlin – Köln – Mainz 1978, S. 18–54. Wolff (2003) = Wolff, Étienne: Pline le Jeune ou le refus du pessimisme. Essai sur sa correspondance, Rennes 2003. Woytek (1995) = Woytek, Erich: Die unlauteren Absichten eines Ehrenmannes: Zur Doppelbödigkeit von Ovid, Amores 1,3, WS N. F. 108 (1995), S. 417– 438. Wyke (1987) = Wyke, Maria: Written Women: Propertius’ Scripta Puella, JRS 77 (1987), S. 47–61. Wyke (1994) = Wyke, Maria: Women in the Mirror: The Rhetoric of Adornment in the Roman world, in: Women in Ancient Societies: An Illusion of the Night, hrsg. v. Léonie Archer – Susan Fischler – Maria Wyke, New York 1994, S. 134–151. Wyke (1998) = Wyke, Maria: Parchments of Gender. Deciphering the Bodies of Antiquity, Oxford 1998. Wyke (2002) = Wyke, Maria: The Roman Mistress. Ancient and Modern Representations, Oxford 2002. Yardley (1978) = Yardley, J[ohn] C., The Elegiac Paraclausithyron, Eranos 76 (1978), S. 19–34. Zagagi (1980) = Zagagi, Netta: Tradition and Originality in Plautus. Studies of the Amatory Motifs in Plautine Comedy, Göttingen 1980 = Hypomnemata 62. Zeiner-Carmichael (2007) = Zeiner-Carmichael, Noelle K.: Perfecting the Ideal: Molding Roman Women in Statius’ Silvae, Arethusa 40.2 (2007), S. 165– 181. Zelzer (1964) = Zelzer, Klaus: Zur Frage des Charakters der Briefsammlung des jüngeren Plinius, WS 77 (1964), S. 144–161.

500

Kap. 7 Literaturverzeichnis

________________________________________________ Zelzer (1997) = Zelzer, Michaela: Die Briefliteratur. Kommunikation durch Briefe. Ein Gespräch mit Abwesenden, in: Spätantike mit einem Panorama der byzantinischen Literatur, hrsg. v. Lodewijk Engels – Heinz Hofmann, Wiesbaden 1997 = NHL 4, S. 321–353. Zelzer – Zelzer (2002) = Zelzer, Klaus – Zelzer, Michaela: „Retractationes“ zu Brief und Briefgenos bei Plinius, Ambrosius und Sidonius Apollinaris, in: Alvarium. Festschrift für Christian Gnilka, hrsg. v. Wilhelm Blümer – Rainer Henke – Markus Mülke, Münster 2002 = JbAC Erg.–Bd. 33, S. 393– 405. Zinsmaier (2007) = Zinsmaier, Thomas: Historisches Wörterbuch der Rhetorik 8 (2007), S. 350–357 s. v. Rusticitas. Zöller (2001) = Zöller, Rainer: Die Vorstellung vom Willen in der Morallehre Senecas, Diss. Hamburg 2001, München – Leipzig 2003 = BzA 173.

III

Sonstige Medien

Die in den beiden Appendices enthaltenen Stammbäume der Familien des Plinius, der Calpurnia und der Arria sind hinsichtlich des Inhalts und der äußeren Form inspiriert von: Shelton, Jo-Ann: Pliny the Younger: Selected Letters, Mundelein (Illinois) 2016, S. 201. 203.

Kap. 8 Indices: Personen-, Sach-, Orts- und Quellenregister

501

_______________________________________________

8

Indices

8.1

Personenregister

Bei den besonders häufig erwähnten Personen wie Plinius minor, Calpurnia, Calpurnia Hispulla und Lucius Calpurnius Fabatus wurde auf einen gesonderten Eintrag verzichtet. Darüber hinaus sei darauf verwiesen, dass das gesamte Register keinen Anspruch auf Vollständigkeit erhebt. Aefulanus Marcellinus

93

95

95172

Anteia

99

99191

100192

Antonia minor

143290

Arethusa

250528

340715

377

378793

367– 369 387

364

364f.759

378793

100192 138 226

104– 106 140f. 246

99

101193

Ariadne Arria maior

Arria minor Bruttius Praesens Caecina Paetus

369

369771

109

124

136283

163 250

197 272

213

106

163

227477

329f.679 104

104204

502

Kap. 8 Indices: Personen-, Sach-, Orts- und Quellenregister

_______________________________________________ Calestrius Tiro

315f. 409f.874

315633

320

Calvisius Rufus

93174

126

126263

Claudia

206

228

231486

253531

119246

124

163

234491

129

129266

359

359743

222f.466 332 336

224471 332689 336702

232f. 332690 351

98188 126f.264 151 190374

101193 134 167f. 210

108214 134280 168344 405

Corellia Hispulla Cornelianus Cornelius Minicianus

129266

Cornelius Priscus

101195

Cornelius Ursus

320

320644

Cornutus Tertullus

139f.288

153313

Cynthia

72f.129 257 332691 432

220f.462 325 332f.692

146

146f.297

96185 123254 145292 171

98f. 125259 145293 189f.

Domitius Tullus

140

242

Ennius

52

Demetrios von Phaleron Domitian (princeps)

339711

371

Kap. 8 Indices: Personen-, Sach-, Orts- und Quellenregister

503

_______________________________________________ Euphrates

Fannia

Gaius Iulius Bassus

26f.30 171– 176 427

30 173f.352

83160 174353

92 175354

163 177f.

99

100192

101193

104f.

116 138– 141 324

117240 138286

101– 103 124 197

136 226

136283 250

116234

120

108214

Gaius Licinius Calvus

315

315f.634

Gaius Licinius Marinus Voconius Romanus

377

377792

Gaius Suetonius Tranquillus

180360

Gaius Terentius Iunior

159328 99f.

99189

116

120247

133f.

142

Galba (princeps)

81153

125260

127265

341

Gallitta

129– 132 132279

129267

130270

131274

192

361747

Gaius Ummidius Quadratus Sertorius Severus

Gnaeus Arrius Antonius

141

131276

504

Kap. 8 Indices: Personen-, Sach-, Orts- und Quellenregister

_______________________________________________ Gnaeus Pedanius Fuscus Salinator

112224

116

116f.236

153313

154

180f. Hadrian (princeps)

116234

116f.236

172

Helena

333695

371

399

399841

400844

Helvidiae (Schwestern)

96 306627

96185

102

115

250528

Helvidius Priscus maior

101f.

101193

101194

103

Helvidius Priscus minor

96 99191

96185 101193

98188 142

99

99189

Herennius Senecio

101193

Iulius Valens

294600

93–96 154315

93173 160

115 266

133f. 266549

142 361747

Iunius Mauricus

145 177

145292 182

148

151

154

Laelia

225 127

134

Iunia Iunius Avitus

102

Lucius Calpurnius Piso Frugi Licinianus

125260

Lucius Fabius Iustus

335699

Lucius Iulius Servianus

180

Lucius Licinius Crassus

225

335699

Kap. 8 Indices: Personen-, Sach-, Orts- und Quellenregister

505

_______________________________________________ Lucius Verginius Rufus Macrinus

26f.30

96

153313

158

265

102

111– 113 149 330

111221

113230

115

158

158326

196

125261

127265

134

141 250 Maecilius Marcus Antonius Pallas Marcus Aquillius Regulus

Marcus Fabius Quintilianus

104200 143

143290

125– 127 134280

125259

140

148

148301

216f.448

282584

163339 395f.

316 402

317636

338

339711

399

399841

400

400844

341718

432902 Marcus Tullius Tiro

Menelaos Metilius Nepos

104200

Minicia Marcella

74 245519 377

112 255 388

160 269

205 272

205417 306625

Minicius Acilianus

149– 154 158

149302

149f.303

153313

156

159329

165

168

172 229

175 337

161– 163 179f.

182

205

94

123f.

Minicius Iustus

123255

506

Kap. 8 Indices: Personen-, Sach-, Orts- und Quellenregister

_______________________________________________ Minicius Macrinus

149

158

158326

Musonius Rufus

60 83160 177

81f. 84 249

81153 84161 417

82155 141 423

Nero (princeps)

101193

125259

134280

193

Nerva (princeps)

145292

146

161

171

83159 171 428

189

Nonius Celer

122

Novius Maximus

192

Otho (princeps)

125260

127265

Paetus Rosianus Geminus

111

111222

115

115231

Paris

333695

371

399

399841

400844

Penelope

228 368770

317 375787

345 377

346727 378793

366 385

Pompeia Celerina

188f.

188f.369

Pompeia Plotina Augusta

102

213

213438

Pontius Allifanus

394

367766

Postumus

368770

Protesilaos

366

366764

Publius Acilius

159

159329

370

507

Kap. 8 Indices: Personen-, Sach-, Orts- und Quellenregister

_______________________________________________ Publius Cornelius Tacitus

17

20f.13

25f.28

26f.30

27

51 130272 162

110219 138 175354

122f.251 140 180360

125260 147 273569

127265 153313

154315

Publius Quinctilius Varus

397

Quintilianus

121

121248

Quintus Baebius Macer

108

108214

Quintus Caecilius Metellus

59

5993

Quintus Corellius Rufus

96

116

123

123254

153313

81153

83159

145

145292

145293

150f.

150305

152310

177

149f.303

160f.

196

Quintus Iunius Arulenus Rusticus

Rectina

341718

Romatius Firmus

180360

Rubellius Plautus

83159

Serrana Procula

102

Servius Sulpicius Rufus

372

Sextus Erucius Clarus

225473

Silius Italicus

26f.30

80

159328

Thrasea Paetus

83159

83160

101193

145293

508

Kap. 8 Indices: Personen-, Sach-, Orts- und Quellenregister

_______________________________________________ Titus Vestricius Spurinna

26f.30

161f.336

162

172

196

111222 134280 163 189371 213

126 146296 167 189f.372 213438

126f.264 147298 168344 193 217450

129 157 171 198399 281

129f.268 161 189f. 205f.

74

111223

115– 120 138

115232

116233

117240

131276

138286

96

96183

125260

127

134

101193 158

101194 171

123254

123255

377 Trajan (princeps)

Turia Ummidia Quadratilla

Velius Cerialis Verania Verus

320

Vespasian (princeps)

81153 149

Kap. 8 Indices: Personen-, Sach-, Orts- und Quellenregister

509

_______________________________________________

8.2

Sach- und Ortsregister

Bei den besonders häufig in der Studie erwähnten Begriffen (zuvorderst maritus, uxor und epistulae) wurde auf einen gesonderten Eintrag verzichtet. aevum prius

111

127

152

178

Affekte

37 105206 343

40 167 361748

55 199f.403 384f.812

58 306626

105 329

amator miser

257f.

424

amicitia

34 123f. 180 236

81153 124256 180360 250

84161 168 188 251529

85 168344 188367 339711

94 172 197 370

aristotelische Naturlehre

39

57

ästhetisch (zumeist im Sinne der Literaturästhetik)

45

172

192

226

245

251– 253 376

314

352

363

366

427

435

319642

326

332

351

brevitas

147

148300

195f.

202f.407

203

castitas

75 175 213f. 426

102f. 175355 232 431

103197 179358 246 439

137 205f. 255

162 210f. 418

Baiae

510

Kap. 8 Indices: Personen-, Sach-, Orts- und Quellenregister

_______________________________________________ coemptio

64

concordia

26 110 141 227477 239– 242 268 352 391 434

64102 112 186f. 229 245f.

75 114 204 231 248

75136 132 211 233 252

108 139 227 235 257

268555 364 418 438f.

276 368770 425

282 370 427

302 386 432

confarreatio

64

coniunx/coniuges

67

206418

249f.527

346727

constantia

102f. 136

103197 142

105205 179358

116

133f.

continentia

53 282 398 435

5375 309 421

55f. 314 424

89 352 427

258 384 429

contubernium

234f.

234491

curae amoris (einschließlich Eifersucht)

215444

314

318

335

343– 345

343722 361 430

344723 371 438

347730 383f.

351f. 387

357 414

55 167

116 175

149 175354

162f. 179

164341 230

decor/decorus

Kap. 8 Indices: Personen-, Sach-, Orts- und Quellenregister

511

_______________________________________________ 207422 311 340715

288 315 351

371 387

374f. 390

301 337 356– 359 374786 394

301618 339f. 361

305 339711 366 385 398836

415

380 397– 401 415f.886

403

405f.

dignitas

53 130– 132

5374 140f.

5993 159328

110 163f.

121f. 179358

domus

47–50 74f.133

4965 175355

53 180

68 409f.

72f.129 418

Ehegesetze

71

77140

Emotionskontrolle

41 132

53 137

107 141

109f.

113

Erziehung

5376 193f. 234– 239 241– 244 426

75 198 234491

77141 202 235492

138 204 237498

187f. 225473 238f.502

242513

254f.

272

287

34 405860

326 406

369 408– 410

392 420

401 431

22 102

28 104

86 106209

91 111

116233 159f.

119f. 171f.

59 106– 109 140 186

149f. 196f.396

154 201

desiderium

exclusus amator

Exemplarität

439

512

Kap. 8 Indices: Personen-, Sach-, Orts- und Quellenregister

_______________________________________________ 204f. 242f. 272

206418 245 301

217 248f. 410– 412

231f.488 254533 416

240 255f. 427

190

194

250

261– 285

287– 353

5993 75 135f. 156320 179358 252 358 434

64102 106 139 159f. 206418 277574 391 439

66 106210 141 165 232 311 418

69 110 155f. 167 240 343 425

72f. 132 156319 179 245f. 352 427

foedus aeternum

257

258541

frugalitas

55 186

157f. 203408

157f.323 204412

165 204413

204414 246 426

75 203– 205 210 255 431

213 329

232 330684

241509 367

furor amoris

78145

257

424

Genderforschung

34 183

36 433903

43

45

47

Genette

45f.

4560

183

202

gens

68f. 259

115232 262

198 267f.554

236 272

275f.

281

165 264– 267 283

287587

290

Fehlgeburt (abortus)

429 fides

513

Kap. 8 Indices: Personen-, Sach-, Orts- und Quellenregister

_______________________________________________ 307 439

309

424

425900

428f.

100 140 209– 214 223f.

100192 148 211431

105 179358 213437

110 186 219f.

137284 192 220459

224471

225473

230482

231487

233

240

252 362f. 383 435

255f. 362749 388 437

259f. 363752 417 439

229– 231 242– 244 283 365f. 426

64102

66113

69121

75

80

111223

112

204413

417

434

gravitas

53 136 167 377

5374 159f. 174 425

102 159330 177

103197 159331 179358

112 165 180

habitus

5376 158

57 164

80

116

150

2527 117 134281

108 123f. 160f.

108215 126263 165

115232 134f. 165342

175 423

29 117237 156– 158 178 425

178f.356 425900

193

255

192380

220460

221463

395

29f.

2937

55

58

gloria

Grabinschrift(en)/steine

Heimat(liebe)

Hendecasyllabi humanitas

248 357 372 431

93174

514

Kap. 8 Indices: Personen-, Sach-, Orts- und Quellenregister

_______________________________________________ 94f. 167 226 302 423

133 171 285 303621 425

139 173 290f. 307f.628 428f.

139287 173f.352 291592 308 436

141 177 295 310

immortalitas

18 260

22 357

2320 417

25 435

210 439

incontinentia

70

424

5169 418f.

85 427

85f.166

250

282

Intellektualisierung

30

80

428

ius trium liberorum

6095

189

189370

Jakobson

44f. 419

183

201

248

353

Kampanien

296

311– 314 324 332f. 388f.

319

319642

322

324664 347 394

326 358 394824

329f. 365 399

Inferiorität (der Frau)

322657 329f.679 384 406 Kardinaltugenden

55

75

136

157

Kinderwunsch

173

189f.

280f.

308

429

Konkubinat

64

77

Kur(aufenthalt)

191 329 392 420

296 334 394 431

316 352 399 434

319642 383 406

321f. 389 409

515

Kap. 8 Indices: Personen-, Sach-, Orts- und Quellenregister

_______________________________________________ 192380 303

206 357

382

384f.

liberalitas

55 166

libertas

libelli

Liebeselegie(n)

208 362– 365 387f.

210 369

212 372

112226 179358

121249

122

135

5684 376

71127

79

79149

86

2219 73f.132 216f.448 240506

5170 80 222f.466 240507

70–72 212 223467 250528

72f.129 213436 240 257538

258542 322654 327f.

311 323661 332– 334 336702 345f. 364f.759

317 325 332690

72128 212434 228478 256– 258 320647 325665 333695 340715 355 367766

340716 357 367767

368769 374 381806

340 345726 367– 370 368770 374786 384f.

369771 376f. 384f.812

372 376f.790 385813

391 401f.848

397837 403f.854

399f. 405860

406861 414f. 432

406862 417890 434

407863 418f. 437– 439

407864 420897

400843 406– 409 410875 430

210 395

220459 395830

350

357

363

336 343722 363– 365 368768 372778 379– 382 387 401847

lusus

322 325667 333696

516

Kap. 8 Indices: Personen-, Sach-, Orts- und Quellenregister

_______________________________________________ 36f. 41–43 5480 75 107 232

3647 48–50 5684 78f. 132f. 273

3749 5169 57f.90 78143 141 276f.

299f. 434

307 436

309 440

manus-Ehe

65f.

66110

maritus vere Romanus

35 145

42f. 148

46 155

91 161

171 191

174f. 255f.

177f. 276

182f. 425– 427

Männlichkeit(en)

39 52–58 71 86f. 163 282– 284 423

3954 5477 71127 89f. 167 290 427f.

133 165– 167 185 429

440 63

63101

matrona

66 111f. 213 431

66113 117 226

75135 131276 254

77142 136 377

104 141 388

medizinische Versorgung

266

267552

294

304

341717

Men’s Studies

34

3647

46

5480

89

militia amoris

257f. 438 42 167 279 439

257538

323661

418

430

50 203 418

89 242 423

132 256 425

161 262f. 434

matrimonium

mos maiorum

Kap. 8 Indices: Personen-, Sach-, Orts- und Quellenregister

517

_______________________________________________ officium

69

89

paedagogus

226

254

Patavium

160f.

165f.343

pater familias

48 5376 159330 273

427

433

49–52 55f. 162 287

4964 60 167 302f.

5272 89 262 307– 309

53 112226 267 338

429 patientia

68

131

179358

336702

patria potestas

49f.

5066

63

74

Personendarstellung

171 3544

28 117

30f.41 142

31 142f.289

33f.

5993 135f. 194– 198 201f. 301– 304 192 256– 259 417891

69 155f. 195391

75 160 195f.392

89 167 196396

106210 187 198400

240 301f.619

243 425f.

248f. 431

255f.

210 319

218451 363

222 395

252 417

427

430

435

437f.

427

433

266 439

276f.

pietas

poeta

praeceptor

223

225f.

254f.

probitas

116

205416

228

procreatio prolis

164 284

213 297

263f. 308

518

Kap. 8 Indices: Personen-, Sach-, Orts- und Quellenregister

_______________________________________________ Prosa-Elegie(n)

390

396

417

417890

prudentia

55 149 167

94 159f. 177

94177 159331 179358

112 160333 377

117f.241 165 425

56f.85

107

149

166

217

229

231

161– 163 255

69 111– 113 193381 287588

69f.122 112226

73 139

75 141

107f.213 157

204 290

261f.

262546

287

Reziprozität

34 179f. 248 370774

80 182 255 373

118242 224 360f. 386

150305 239 360745 425

166f. 239503 370

Rezitationen

217f.

217450

219f.

Selbstlob (indirekt)

150305 231

181f. 372

204 420

210

226

Selbstporträtierung

171 35 154 213 264 426

2010 39 181f.362 219 280 429

25f.28 42f. 185 233 308 431

28f. 143 203 239 385 434

31 152311 209 243 391

104203 110219

105 172

107f.

108216

109217

71 410

257 418

257538 430

259 438

406862

pulchritudo

reverentia

Selbsttötung

servitium amoris

426

Kap. 8 Indices: Personen-, Sach-, Orts- und Quellenregister

519

_______________________________________________ severitas

53 137 165 268556

69 142 165f.343 425

89 159331 167

120 160f. 173f.352

133f. 161334 174

Sexualität

51f.71 86 212

56 89 224

5684 120 357

67 133 369

73 163339 439

solacium bzw. solacia

107 324 370 392f.

208 348 372f. 400845

303 356f. 372779 409

314 361 379798 411

316 365f. 384 413– 415

293– 295

341f.

351f.

358

376– 378

376789

434 sollicitudo

214

stoische Opposition

98188

suavitas

112

257539

384

387f.

Trauer(arbeit)

38 96184 113229 264 350

93 96185 116 268 361747

93172 97–99 133 303 412f.879

93173 111 142 303621

95f. 113 262 306625

verecundia

103197 157f. 167 425

107 157321 205

107f.213 161 330684

112 161335 367

149 165 377

520

Kap. 8 Indices: Personen-, Sach-, Orts- und Quellenregister

_______________________________________________ 212434 232

218 252

334

210 222– 224 381

395

440

55f.

58

175

216f.448

232

vir mollis

55

71

vir vere Romanus

59 427

91

135

155317

319

56 103197 137284 160f.

58 106210 151 163

71127 111f. 155 164341

103 135f. 157 173

177 228

179358 230– 232 425

181f.362 236

79149 126 155316 165– 168 204 255

206418 301f.619

141 262 299

versus

186 220

192 220460

254 vir bonus

virtus bzw. virtutes

388

438907

Werteorientierung

27 155 269 423– 425

2732 179 276 440

42 179359 282

132 251 288

Zeugungskraft

166

174

229

426

Kap. 8 Indices: Personen-, Sach-, Orts- und Quellenregister

521

_______________________________________________

8.3

Quellenregister

Apuleius: met. 3,8 met. 5,4 met. 9,5 met. 9,20

274570 67 67 67

Aristoteles: EN 1167a 9,5 Pol. 1254b 1,13–15 Rh. 1371b 1,11

400843 39 400843

Augustinus: conf. 9,19 Ausonius: Cento Nuptialis 9,112 Parentalia 15,4 Parentalia 16,12

76

408 274570 274570

Caesar: civ. 1,78,4 civ. 3,102,1

323 323

Gall. 4,26 Gall. 6,36,3

323 296604

Cassius Dio: 60,16

104203

Catull: c. 1,1f. c. 1,1–4 c. 2,5–8 c. 2,7

226 363 373 414

5169

57

522

Kap. 8 Indices: Personen-, Sach-, Orts- und Quellenregister

_______________________________________________ Catull (Fortsetzung): c. 5 c. 8,1 c. 8,10f. c. 13,10 c. 14 c. 15,9f. c. 16,5–8 c. 32,1–3 c. 32,3 c. 35,13–17 c. 44,16 c. 45,1f. c. 45,16 c. 50 c. 50,7–13 c. 52 c. 58 c. 58,2f. c. 61 c. 61,36f. c. 61,110–112 c. 61,188 c. 62,23 c. 62,56–65 c. 64 c. 64,139–141 c. 64,145 c. 64,335f. c. 64,373f. c. 66,29 c. 66,33 c. 67 c. 68 c. 68,2 c. 68,17b c. 70,1f. c. 72,1–4

71 414 414 376f.790 315f.634 343 395 376f.790 407863 212434 296604 365 339707 315 315f.634 71 72128 72f.129 376f.790 65 407863 364 339707 63 368770 369771 327 258541 258541 407 376f.790 376f.790 74132 368 382809 74132 72f.

315f.634

368770

406861 368770

410875

Kap. 8 Indices: Personen-, Sach-, Orts- und Quellenregister

523

_______________________________________________ Catull (Fortsetzung): c. 76,23 c. 76,25 c. 83,4 c. 87 c. 93 c. 96 c. 99 c. 107,1f. c. 107,3f. c. 109

73131 70125 70125 72 71 315f.634 410875 370 371 72128

Celsus: 2,8 2,8,16 2,8,30 2,8,35 2,10,1 2,11,4 3,21,17 4,12,3 4,29,1

267 294600 267551 267551 299614 294600 296604 296604 294600

Cicero: ad Q. fr. 1,1,20f. ad Q. fr. 1,1,27f.

161 29

Arch. 11,26 Arch. 17–30

230 29

Att. 1,13,5 Att. 1,20,5 Att. 2,8,2 Att. 5,1,3f. Att. 6,1,12 Att. 6,4,3 Att. 6,5,4 Att. 7,3,12

222 361748 330679 76 236494 250528 250528 145

407864 258541

258541

235493

524

Kap. 8 Indices: Personen-, Sach-, Orts- und Quellenregister

_______________________________________________ Cicero (Fortsetzung): Att. 9,10,2 Att. 11,12,3 Att. 14,20,2 Att. 15,26,5 Att. 16,14,4

293599 278576 267 306627 269557

Brut. 17–19 Brut. 35,131 Brut. 95,326

399842 200405 216447

Cael. 5 Cael. 35 Cael. 49

236494 333694 333694

Cat. 4,20

77

Cato mai. 37 Cluent. 70

5066 54

de orat. 2,168 de orat. 2,185–191 de orat. 2,195 de orat. 3,45

197397 3748 295603 225

div. 1,55

304f.623

dom. 105

118241

fam. 4,6,1 fam. 4,13,3 fam. 5,14,2 fam. 5,17,5 fam. 7,16,3 fam. 7,26,2 fam. 7,21f. fam. 8,3,1

373 236494 203411 113229 329678 296604 399842 361748

Kap. 8 Indices: Personen-, Sach-, Orts- und Quellenregister

525

_______________________________________________ Cicero (Fortsetzung): fam. 9,14,1 fam. 10,8,1 fam. 10,12,2 fam. 10,28,3 fam. 11,8,1 fam. 11,27,6 fam. 13,29,4 fam. 13,64,1 fam. 14 fam. 14,1–4 fam. 14,1,1 fam. 14,1,3 fam. 14,2,1 fam. 14,2,2 fam. 14,2,3 fam. 14,3,1 fam. 14,3,2 fam. 14,3,5 fam. 14,4,1 fam. 14,4,1–6 fam. 14,4,4f. fam. 14,4,6 fam. 14,4,5–11 fam. 14,5,1f. fam. 15,9,1 fam. 16 fam. 16,1,1 fam. 16,1,2 fam. 16,1,3 fam. 16,2 fam. 16,4,2 fam. 16,4,3 fam. 16,5,1f. fam. 16,8,1 fam. 16,13 fam. 16,14,1

319642 335698 199f.403 321f.653 335698 30 296604 347 317636 390 206418 214f.441 390 317 317 318 206418 390 368 318 317 206418 390 317 199f.403 317636 316 338710 339711 316 316 338 316 316 338710 402

318

325 325 368

389f.817 389f.817

370774

390

325 318

389f.817

325

389f.817

339

328

390 390

526

Kap. 8 Indices: Personen-, Sach-, Orts- und Quellenregister

_______________________________________________ Cicero (Fortsetzung): fin. 2,47

5375

Flacc. 5 Flacc. 73

236494 300615

inv. 1,46 inv. 1,102

197397 307f.628

Lael. 28f. Lael. 50 Lael. 66 Lael. 82

73130 73130 226556 73130

leg. 1,27

54

Mil. 42

292594

Mur. 27 Mur. 29

77 200405

nat. deor. 2,7 nat. deor. 3,92

118241 118241

off. 1,15 off. 1,23 off. 1,47 off. 1,54f. off. 1,130 off. 1,133–135 off. 1,134 off. 1,153 off. 2,45f. off. 3,18,74

56f.85 251529 251529 60 164 378 378f.796 160 230 126262

or. 10,33

222465

Phil. 2,67

119245

387

Kap. 8 Indices: Personen-, Sach-, Orts- und Quellenregister

527

_______________________________________________ Cicero (Fortsetzung): Phil. 8,32 Phil. 13,8 Phil. 13,31

307f.628 68 293599

Pis. 9,21 pro Marc. 23

323658 78

Quinct. 99

323

rep. 4,6 rep. 5,1 rep. 5,7

77f. 5272 68

Tusc. 2,18,43 Tusc. 2,21,48 Tusc. 2,23,55 Tusc. 2,24,59 Tusc. 3,8,16f. Tusc. 3,12,26 Tusc. 5,16,47

137284 78 113229 372f.779 204 269557 54

Verr. II 1,70 Verr. II 1,112 Verr. II 2,3 Verr. II 3,161 Verr. II 5,109

271564 292595 363 200405 292595

CIL: 6,1527 6,16631

74 205417

111223 245519

Columella: 1,9,3 3,2,31 12, praef. 7

203411 330680 204

227477

528

Kap. 8 Indices: Personen-, Sach-, Orts- und Quellenregister

_______________________________________________ Cyprian: epist. 57,3

408867

Digesten: 2,8,15,4 3,2,11,1 23,1,11 23,2,4 24,1,32,27 48,5,14,5 50,16,195 50,17,4

67 67 64102 65 65 68 5376 5066

Diogenes Laërtius: 6,46 6,69 7,173

5684 5684 57f.90

Gaius: inst. 1,109–113

65

Gellius: 2,1,4 4,20,1–10 10,23,1–5 10,23,4 13,17 18,4,1

331685 161334 65 5066 29 277574

Hiob (Altes Testament): 1,6–2,8 2,9f. 42,10–17 42,17

275 275 275 275f.572

Homer: Il. 2,695–710 Il. 6,429f.

366764 73

275f.572

Kap. 8 Indices: Personen-, Sach-, Orts- und Quellenregister

529

_______________________________________________ Homer (Fortsetzung): Od. 5,306 Od. 6,154f.

215444 215444

Horaz: ars 324

231484

c. 1,24,1f. c. 3,11,49

397 403f.854

epist. 1,1,78 epist. 2,1,161

126262 203411

epod. 8,1–10 epod. 8,11f. epod. 8,13f. epod. 8,15f. epod. 8,15–18 epod. 16,21

212 212 212 212 206 403

sat. 1,2,87 sat. 2,5 sat. 2,6,111

175354 126262 105208

ILS: 7472 8393 8398 8402

75135 74 75135 75135

Iuvenal: 6,21–285 6,211 6,432 6,434–456 10,172f.

76 67 67 206420 329675

111223

530

Kap. 8 Indices: Personen-, Sach-, Orts- und Quellenregister

_______________________________________________ Jakobusbrief (Neues Testament): Jak 5,11 275f.572 Lactanz: 6,23,29

77

Livius: 1,1,8 2,4,5 3,28,5 9,4,6 27,23 34,2f. 34,2,13 34,3,1 34,7,15 37,45,7 44,27,2

307f.628 219456 323 273568 124258 65 50 77 77 271565 329678

Lukrez: 1,922f. 4,1034–1036 4,1037–1287 4,1058–1072 4,1060f. 4,1067 4,1086 4,1090 4,1098 4,1116 4,1177 4,1179 4,1216 4,1274–1277

231484 70125 402 352 340 340 338 338 338 338 408868 369772 338 67

Martial: 1,13 1,38

104203 209427

402

Kap. 8 Indices: Personen-, Sach-, Orts- und Quellenregister

531

_______________________________________________ Martial (Fortsetzung): 1,62 2,47 2,83,1–3 2,90,9 4,13,7 4,38,1 5,28,5 6,38,5f. 7,71 7,92,3 8,12 8,73 11,16,7f. 11,19,1 12,97,3

333692 67 371f.777 206420 227477 380f.804 145292 216447 67 268556 76 233490 161334 206420 211

Musonius Rufus: 12 13A frg. 3,8–13 frg. 4

82155 81f. 84 84

(Cornelius) Nepos: praef. 1

200404

Origines: 2,3,22

221463

Ovid: am. 1,2,1–4 am. 1,3,3 am. 1,4,6 am. 1,4,39f. am. 1,4,43–46 am. 1,4,61 am. 1,4,63 am. 1,4,69f.

315f.634 322 374 420 345726 407 374 343f.722

401847

532

Kap. 8 Indices: Personen-, Sach-, Orts- und Quellenregister

_______________________________________________ Ovid (Fortsetzung): am. 1,5 am. 1,6 am. 1,7,42 am. 1,8 am. 1,8,31 am. 1,8,32 am. 1,8,95f. am. 1,8,95–100 am. 1,8,97 am. 1,8,97f. am. 1,10,7–9 am. 1,10,9–14 am. 1,10,13 am. 1,10,35 am. 1,11 am. 1,11,7f am. 1,11,19–22 am. 1,11,20–22 am. 1,11,25f. am. 1,12 am. 1,12,7–30 am. 1,12,13f. am. 1,12,29f. am. 1,15,7f. am. 2,1,5f. am. 2,1,33f. am. 2,2,55–62 am. 2,4,17f. am. 2,4,22 am. 2,4,25f. am. 2,4,25–28 am. 2,5 am. 2,5,53 am. 2,7 am. 2,8 am. 2,9b,31–34 am. 2,9b,46

407863 405860 369771 240 240 327 343f.722 343f.722 364758 345726 345726 347730 232488 330683 381 381 381 334 382 336f.703 381 381 336f.703 224471 224469 224471 343f.722 233489 327 224 233489 311 380f.804 344723 344723 385813 330f.684

381806

437

381

381806

381 231484

440 344

352

Kap. 8 Indices: Personen-, Sach-, Orts- und Quellenregister

533

_______________________________________________ Ovid (Fortsetzung): am. 2,10,25f. am. 2,11 am. 2,11,7 am. 2,11,53f. am. 2,13 am. 2,14 am. 2,16 am. 2,16,11f. am. 2,16,11–18 am. 2,16,15–32 am. 2,16,47–50 am. 2,17,34 am. 3,2,57 am. 3,4,25 am. 3,5,40 am. 3,10,2 am. 3,10,15f. am. 3,11,29f. am. 3,11,37f. am. 3,11,45 am. 3,12,5f. am. 3,12,16 am. 3,15,30

330683 318 74132 343f.722 71 71 318 333 344723 326668 333 233490 322 327 240 408 409f.874 385813 232488 74132 420 233490 328672

ars 1,63 ars 1,125f. ars 1,253–262 ars 1,275f. ars 1,279f. ars 1,281f. ars 1,341f. ars 1,384 ars 1,437–486 ars 1,463–468 ars 1,487–504 ars 1,505–524 ars 1,565–606

327 215 332 327 78 78 78 232488 375f.787 378 326668 163338 379797

325f.

325665

333

325 400843

333

352

351

387

372778

534

Kap. 8 Indices: Personen-, Sach-, Orts- und Quellenregister

_______________________________________________ Ovid (Fortsetzung): ars 1,569f. ars 1,664 ars 1,735 ars 1,754 ars 2,12 ars 2,113–122 ars 2,123 ars 2,143f. ars 2,152 ars 2,153–156 ars 2,197–250 ars 2,223–250 ars 2,273–286 ars 2,283f. ars 2,337–372 ars 2,339–358 ars 2,340 ars 2,350 ars 2,355f. ars 2,357 ars 2,357f. ars 2,358f. ars 2,359–372 ars 2,369 ars 2,387f. ars 2,425–466 ars 2,435f. ars 2,435–492 ars 2,443 ars 2,445 ars 2,445–454 ars 2,467–488 ars 2,493–624 ars 2,511–534 ars 2,519f. ars 2,535–600 ars 2,547–554

379797 374 401847 343721 365761 229 216 232 292594 240 406862 323661 221462 378f.796 399f. 318 402 400843 400843 402 340 400843 400 400843 336702 344 343f.722 318 350738 345726 215444 78145 343f.722 407864 407864 343f.722 336

326668 224471

340716

343f.722

Kap. 8 Indices: Personen-, Sach-, Orts- und Quellenregister

535

_______________________________________________ Ovid (Fortsetzung): ars 2,623 ars 2,681 ars 2,727f. ars 2,733–740 ars 3,219 ars 3,311f. ars 3,311–315 ars 3,315–348 ars 3,329–339 ars 3,329–348 ars 3,339 ars 3,339–346 ars 3,403f. ars 3,403–421 ars 3,455 ars 3,547 ars 3,589–610 ars 3,659 ars 3,661 ars 3,673 ars 3,685 ars 3,685f. ars 3,699 ars 3,718 ars 3,718–720 ars 3,720

330683 330683 330683 224471 279580 224469 224 223 209 206 209 209427 210430 224 345726 224471 344 343721 335 328672 335 328672 345726 341 335 345726

epist. 1 epist. 1,1f. epist. 1,12 epist. 1,21f. epist. 1,22f. epist. 1,23 epist. 1,71f. epist. 1,75–78 epist. 2,103f. epist. 3,3

366 400843 346 346 346 366 346 346727 346727 368

252

224471 230f.

385

437

536

Kap. 8 Indices: Personen-, Sach-, Orts- und Quellenregister

_______________________________________________ Ovid (Fortsetzung): epist. 3,35–38 epist. 3,113–118 epist. 3,117 epist. 4,2 epist. 5,46 epist. 7,7 epist. 7,19 epist. 8,8 epist. 8,108 epist. 9,12 epist. 9,36 epist. 10 epist. 10,7–50 epist. 10,53f. epist. 10,98 epist. 11,1 epist. 11,2 epist. 11,127 epist. 13 epist. 13,30 epist. 13,31f. epist. 13,35–40 epist. 13,115–122 epist. 13,141 epist. 13,149–156 epist. 13,157 epist. 13,157–160 epist. 15,13f. epist. 16,84 epist. 16,103f. epist. 16,174 epist. 16,213f. epist. 16,216 epist. 16,233 epist. 17,143f. epist. 17,145f. epist. 18,85f.

346727 346727 365761 250528 407 232488 346727 250528 407 397837 380f.804 365759 365 364 345726 368 210 197397 366 366 366f.765 366f.765 366f.765 374 370 365761 366f.765 371 335698 333695 345726 335 345726 345726 363 210 333695

402

363 385

Kap. 8 Indices: Personen-, Sach-, Orts- und Quellenregister

537

_______________________________________________ Ovid (Fortsetzung): epist. 18,164 epist. 18,183 epist. 19 epist. 19,7 epist. 19,31f. epist. 19,57–66 epist. 19,69 epist. 19,101–118 epist. 19,107–115 epist. 19,108 epist. 19,109 epist. 19,110 epist. 19,145 epist. 20,125 epist. 20,140 epist. 20,145

365761 365761 318 232488 369772 402 401 346727 344 345 345 345 374 397837 365761 420

fast. 6,637f. fast. 6,771f.

75136 229

met. 2,405 met. 5,308f. met. 7,515f. met. 8,618–724 met. 10,243–297 met. 11,410–748 met. 11,420–424

347 376789 371f.777 246 402852 69120 320647

Pont. 1,4,45f. Pont. 3,1,60 Pont. 3,3,50 Pont. 3,5,11–14

206418 214f.441 341 376

rem. 103 rem. 109 rem. 144 rem. 151

380 407864 410 411

350738

246

538

Kap. 8 Indices: Personen-, Sach-, Orts- und Quellenregister

_______________________________________________ Ovid (Fortsetzung): rem. 169–212 rem. 229–231 rem. 241 rem. 313f. rem. 393f. rem. 646 rem. 661 rem. 729–734 rem. 757f. rem. 774

333692 232488 414 407864 231484 340715 399842 340716 223 400844

trist. 1,1,24 trist. 1,6,5f. trist. 1,6,19 trist. 1,6,26 trist. 1,9,1 trist. 3,3,15–18 trist. 3,3,18 trist. 3,3,48 trist. 3,3,55 trist. 3,4,53–60 trist. 3,4,59f. trist. 3,11,2 trist. 4,3,9–14 trist. 4,3,14 trist. 4,3,23f. trist. 4,3,72 trist. 5,1,75f. trist. 5,14,25–46

399 214f.441 206418 206418 331685 317 401847 206418 206418 318 402 399 343 206418 317 206418 231484 368f.770

Platon: Phdr. 250,4–6

56f.85

Plautus: Amph. 509

73

Asin. 202

328

252

351

346723 389f.817

389f.817

402852

Kap. 8 Indices: Personen-, Sach-, Orts- und Quellenregister

539

_______________________________________________ Plautus (Fortsetzung): Asin. 851–853 Bacch. 54f. Cas. 881–884

76 335699 364

Cist. 228

404855

Curc. 362

331687

Most. 690–713

76

Pseud. 233

73130

Trin. 651

411

Plinius maior: nat. 7,139f. nat. 8,151 nat. 11,3 nat. 27,110 nat. 30,128 nat. 32,8

59 299614 319642 267550 267550 267550

Plinius minor: epist. 1,1 epist. 1,2 epist. 1,2,5 epist. 1,2,6 epist. 1,3,1 epist. 1,4 epist. 1,4,1 epist. 1,5 epist. 1,5,1 epist. 1,5,2 epist. 1,5,5 epist. 1,5,8

20 251529 180360 238499 108215 167 189 125259 126 145293 207 341718

271563

178

179358

540

Kap. 8 Indices: Personen-, Sach-, Orts- und Quellenregister

_______________________________________________ Plinius minor (Fortsetzung): epist. 1,5,10 145292 epist. 1,5,16 145292 epist. 1,6 305624 epist. 1,6,3 301616 epist. 1,7 179358 epist. 1,8 250529 epist. 1,8,4 238499 epist. 1,8,6 235493 epist. 1,8,11 281583 epist. 1,9 359744 epist. 1,9,6 432 epist. 1,9,7 301616 epist. 1,10 26 epist. 1,10,6 epist. 1,10,8 epist. 1,10,9 epist. 1,10,9–12 epist. 1,10,11 epist. 1,10,11b epist. 1,10,11b–12 epist. 1,10,12 epist. 1,11 epist. 1,12 epist. 1,12,2 epist. 1,12,3 epist. 1,12,4 epist. 1,12,7 epist. 1,12,9 epist. 1,12,10 epist. 1,12,11 epist. 1,12,12 epist. 1,13 epist. 1,13,5 epist. 1,13,6

163 175354 173f. 397797 321f.653 347732 174 171 174 305624 96185 272567 97 207 324 104202 207 397 200405 180360 217f.450 217f.450 217f.450

177

298611

394823

26f.30 172351 256 281

171– 176 173f.352

177f.

424

174

175

123254

167

412

427 334697 105206

207

218 218452

335699 109217

Kap. 8 Indices: Personen-, Sach-, Orts- und Quellenregister

541

_______________________________________________ Plinius minor (Fortsetzung): epist. 1,14 26f. 91171 146296 174f.

epist. 1,14,1 epist. 1,14,1b epist. 1,14,2 epist. 1,14,3 epist. 1,14,4b epist. 1,14,5 epist. 1,14,6a/b epist. 1,14,7a epist. 1,14,8a epist. 1,14,8a/b epist. 1,14,8b epist. 1,14,9a–c epist. 1,14,10 epist. 1,14,10a epist. 1,14,10a–d epist. 1,14,10c epist. 1,16 epist. 1,16,2 epist. 1,16,3 epist. 1,16,4 epist. 1,16,5 epist. 1,16,6 epist. 1,17,4 epist. 1,18 epist. 1,18,4 epist. 1,19 epist. 1,19,1 epist. 1,19,2 epist. 1,20

255f. 197398 152 135282 152 156 157f. 102 107f.213 162 166 175 211 148 97187 337 153 225473 278577 374784 376f. 376 207 433 181f.362 179358 156320 394823 180360 121249 125259

2731 133

30f. 145– 169 151309 179358

35 145291

91 145292

153313 185

171f. 205

330684

393f.823

238499 152 153 158 159328 137

255 164 154314 204412

166 329

175 175 206418

179 230f.

256

225473

255

149302 177– 182 265

255 330f.684

197

255

256

395832 225

427

542

Kap. 8 Indices: Personen-, Sach-, Orts- und Quellenregister

_______________________________________________ Plinius minor (Fortsetzung): epist. 1,20,2 270561 epist. 1,20,8 200404 epist. 1,20,12 222465 epist. 1,20,14 125259 epist. 1,20,18 380 epist. 1,22 26f.30 epist. 1,22,1 154315 epist. 1,22,3 156 epist. 1,22,4 158322 epist. 1,22,7 296604 epist. 1,22,9 207 epist. 1,22,11 293 epist. 1,22,12 334697 epist. 1,23 394823 epist. 1,24 394823 epist. 1,24,1 180360 epist. 2,1 26f.30 epist. 2,1,7 104202 epist. 2,1,8 153313 epist. 2,1,10 207422 epist. 2,2,1 334697 epist. 2,2,2 334697 epist. 2,3 104200 epist. 2,3,5 411 epist. 2,3,9 379f.799 epist. 2,4 150304 epist. 2,4,2 121249 epist. 2,4,3 122 epist. 2,5 150304 epist. 2,5,3 108215 epist. 2,6 93175 epist. 2,6,6 158322 epist. 2,6,7 273569 epist. 2,7 166 epist. 2,7,6 207422 epist. 2,8,1 108215 epist. 2,8,2 321f.653

93176 324662

167

179358

96

96185

272567

158

198400

265

204412 331686 341

172

166343 158322 158322 251529 156320 305624 204412 306625 179358 337f.706 412878

179358 204412

329

272567

Kap. 8 Indices: Personen-, Sach-, Orts- und Quellenregister

543

_______________________________________________ Plinius minor (Fortsetzung): epist. 2,9 93176 epist. 2,9,1 296f.605 epist. 2,9,3 220f.461 epist. 2,9,4 156320 epist. 2,9,5 240504 epist. 2,10 251529 epist. 2,10,6 294602 epist. 2,10,7 216447 epist. 2,11 20f.13 epist. 2,11,1 199f.403 epist. 2,11,22 125259 epist. 2,11,25 334697 epist. 2,12 20f.13 epist. 2,13 94f.180 epist. 2,13,4 195f.392 epist. 2,13,6 377 epist. 2,13,8 198399 epist. 2,13,10 379f.799 epist. 2,14 126f.264 epist. 2,14,1 321f.653 epist. 2,14,6 216447 epist. 2,14,9 121248 epist. 2,15 179358 epist. 2,15,2 296f.605 epist. 2,16,1 137 epist. 2,16,3 379f.799 epist. 2,17,2 331687 epist. 2,17,8 208424 epist. 2,17,20 405 epist. 2,17,24 405 epist. 2,18 145292 epist. 2,18,1f. 94179 epist. 2,19 218 epist. 2,19,2 161 epist. 2,20 91171 epist. 2,20,6 126 epist. 3,1 26f.30

94f.180

146296

150304

179358

331687 126

146296

150304

297f.609

392f.821

412878

149302

146

150304

152310

124

126

126f.264

126263

172

134f.

544

Kap. 8 Indices: Personen-, Sach-, Orts- und Quellenregister

_______________________________________________ Plinius minor (Fortsetzung): epist. 3,1,1 401f.848 epist. 3,1,2 162 epist. 3,1,5 102 207 epist. 3,1,7 376f. epist. 3,1,9 330682 epist. 3,1,10 160 epist. 3,1,11 392f.821 epist. 3,2 146296 epist. 3,2,2 159 epist. 3,2,5f. 94f.180 epist. 3,3,1 104202 epist. 3,3,3 119244 epist. 3,3,3f. 119f.246 epist. 3,3,4 153313 epist. 3,4 163f.339 epist. 3,4,1 180360 epist. 3,4,4 156320 epist. 3,4,5 135 epist. 3,5 26f.30 epist. 3,5,1 208424 epist. 3,5,19 321f.653 epist. 3,7 26f.30 epist. 3,7,3 162 epist. 3,7,6 331687 epist. 3,7,13f. 23 epist. 3,7,15 197398 epist. 3,9 129266 epist. 3,9,19 296f.605 epist. 3,9,23 156320 epist. 3,9,27 306625 epist. 3,9,30 413880 epist. 3,10,3 198400 epist. 3,10,6 28 epist. 3,11,2 121249 epist. 3,11,3 96185 epist. 3,11,5 83

162336 104202

137

161

161f.336

151307

123254 138

124 234491

163

392f.821 159328

412878 167

207422

374785

154315 101193 171

145292

139

197

Kap. 8 Indices: Personen-, Sach-, Orts- und Quellenregister

545

_______________________________________________ Plinius minor (Fortsetzung): epist. 3,11,6 330682 epist. 3,12 158322 epist. 3,12,2 297606 epist. 3,13 251529 epist. 3,13,1 198399 epist. 3,14,5 350f.738 epist. 3,15 251529 epist. 3,15,3 376 epist. 3,16 91

epist. 3,16,1 epist. 3,16,2 epist. 3,16,3 epist. 3,16,3–6 epist. 3,16,5 epist. 3,16,10 epist. 3,17 epist. 3,18 epist. 3,18,4 epist. 3,19 epist. 3,20,11 epist. 3,21 epist. 3,21,2 epist. 3,21,6 epist. 4,1 epist. 4,1,1f. epist. 4,1,2 epist. 4,1,7 epist. 4,2 epist. 4,2,2 epist. 4,2,5 epist. 4,3,2 epist. 4,3,3 epist. 4,4 epist. 4,5,1 epist. 4,6,1

141f. 104 67 107 140 105 227477 335699 218 321f.653 126263 397797 26f.30 121249 363752 193 338 240503 193f.383 125259 397836 126 376 361747 146296 216447 330680

104– 111 178 139 107 135

109217

134

250 197

272

157321

163

137

251529

179358 331687 193381 297836 296604

195388

136– 139 272567

546

Kap. 8 Indices: Personen-, Sach-, Orts- und Quellenregister

_______________________________________________ Plinius minor (Fortsetzung): epist. 4,7,1 339712 epist. 4,7,4 125f. epist. 4,7,6 180360 epist. 4,9,16–19 108214 epist. 4,9,22 216447 epist. 4,10,3 270561 epist. 4,11 129266 epist. 4,11,6 266 epist. 4,11,7 380800 epist. 4,11,16 334697 epist. 4,12 179358 epist. 4,12,4 108214 epist. 4,13,9 301616 epist. 4,13,10 370 epist. 4,14 192 epist. 4,14,4 320 epist. 4,14,8 306627 epist. 4,15 94f.180 epist. 4,15,3 135 epist. 4,15,5 238499 epist. 4,15,6 107f.213 epist. 4,15,9 97187 epist. 4,15,10 153313 epist. 4,15,12 198399 epist. 4,15,13 153313 epist. 4,16 94179 epist. 4,16,3 238499 epist. 4,17 93176 epist. 4,17,2 180360 epist. 4,17,4 153313 epist. 4,17,8f. 117 epist. 4,18 192 epist. 4,18,1 192 epist. 4,19 171 183

220460

251529

146296 277574

359744

153313 153313

157321

104202

123254

396833

411

113 185f.364

167 188

251529 31 185– 260

44 185363

Kap. 8 Indices: Personen-, Sach-, Orts- und Quellenregister

547

_______________________________________________ Plinius minor (Fortsetzung): epist. 4,19 190– 192 203 235f. 257539

epist. 4,19,2

epist. 4,19,2–4

205 242

210 244– 247 261

218 249– 255 263f.

226 249f.527

287

289– 291 366

301f.

430f.

433

201 237f. 426 206f. 362

207422 255 431 210f. 365

211 289 250 373f.

227– 229 202 259f.

248

259

409

232 365

246

253

217f. 427 218f. 427 187 229– 231 268

220 433 221 432f. 194 238

248 437 223

252

201 240

209 248

302

362

426f.

154315 241509

234f. 249

234491

391

435 139 222 292 158322 258 432 187

437 187 233f. 301 203 357

epist. 4,19,3

214f. 410 192 252 112 227

epist. 4,19,6

200

388

192 256

epist. 4,19,5

196

307f.

epist. 4,19,2–5

epist. 4,19,4

194

257– 259 281– 283 311f.

276

epist. 4,19,1

193f.383

256– 259 432 102 238

437 119244 241

360– 363 424– 428

269

373

226

548

Kap. 8 Indices: Personen-, Sach-, Orts- und Quellenregister

_______________________________________________ Plinius minor (Fortsetzung): epist. 4,19,6–8 187 epist. 4,19,7 154

epist. 4,19,8

epist. 4,20 epist. 4,21 epist. 4,21,1 epist. 4,21,2 epist. 4,21,3f. epist. 4,21,4 epist. 4,22 epist. 4,22,3 epist. 4,23,1 epist. 4,24,2 epist. 4,26 epist. 4,26,2 epist. 4,27 epist. 4,27,5 epist. 4,27,6 epist. 4,29,1 epist. 4,30,2–10 epist. 5,1 epist. 5,1,4 epist. 5,1,5 epist. 5,1,12 epist. 5,3 epist. 5,3,1 epist. 5,3,2 epist. 5,5 epist. 5,5,3 epist. 5,5,7 epist. 5,6,20f. epist. 5,6,42

233 193

236– 239

249

288

293597

427

187f. 252 400 192 91171 115 306627 97 97f. 372f.779 129 145292 208424 180360 104200 104200 251529 180360 207422 297606 108215 166 306625 123254 198399 251529 370 220460 96185 208424 200404 405 374785

236 255f. 426f.

239 258f. 432f.

245 300

248 373

96–99 134

96184 142

96185 178

113

133 102

250528

277574

251529

320 419895

Kap. 8 Indices: Personen-, Sach-, Orts- und Quellenregister

549

_______________________________________________ Plinius minor (Fortsetzung): epist. 5,7 126263 epist. 5,7,5 160 epist. 5,8,2 231 epist. 5,8,10 376f. epist. 5,10 251529 epist. 5,11 112226 epist. 5,11,1 194384 epist. 5,13,2 156320 epist. 5,13,4 297607 epist. 5,13,6 411 epist. 5,13,7 198399 epist. 5,14 166 epist. 5,14,1 331687 epist. 5,14,3 298611 epist. 5,14,4 139 epist. 5,14,5 153313 epist. 5,14,6 207422 epist. 5,14,8 189 epist. 5,15 251529 epist. 5,16 74 153313 250528 359744 epist. 5,16,1 250528 epist. 5,16,2 112 387 epist. 5,16,2f. 255 epist. 5,16,3 208424 epist. 5,16,4 161 epist. 5,16,5 301618 epist. 5,16,10 292594 epist. 5,17,3 107f.213 epist. 5,17,4 337 epist. 5,18,1 200404 epist. 5,19 146296 epist. 5,19,1 292594 epist. 5,19,2 341717

297607

122f.251

193

193381

261545

180360 237496 193f.383

195388

93176 167 272

96185 205 272567

104202 205417 303

105206 245519 306625

153313

160

270

376f.

306625 192380

376

255537

303 157321 207 167

550

Kap. 8 Indices: Personen-, Sach-, Orts- und Quellenregister

_______________________________________________ Plinius minor (Fortsetzung): epist. 5,19,6 341717 epist. 5,19,7 207422 epist. 5,19,9 204412 epist. 5,20 320 epist. 5,20,7 101195 epist. 5,20,8 320644 epist. 5,21,2 294600 epist. 5,21,3 198399 epist. 5,21,6 337 epist. 6,1 315f. epist. 6,1,1 315 epist. 6,1,2 334697 epist. 6,2 125259 epist. 6,2,8 299614 epist. 6,3 121249 epist. 6,4 171 188 281 341718 382f.

321 409f.874 129f.268 320 31 191 283 355– 362 386f.

338

371

44 194 290

167 251 308

366

371f.

183 263 311– 353 378f.

389814

389f.817

417890 437

424 439 364

400 433 320

324

349

epist. 6,4,2

393f. 428– 431 313 393 296

389– 391 417 435

314

334

epist. 6,4,3 epist. 6,4,3a epist. 6,4,3b epist. 6,4,4 epist. 6,4,4a epist. 6,4,4b epist. 6,4,5

250528 314 154314 314 340f. 342 314

316 375 374f.786 360

327– 329 334 398 383811

400

344f. 316

347 349

353

epist. 6,4,1

352

372

Kap. 8 Indices: Personen-, Sach-, Orts- und Quellenregister

551

_______________________________________________ Plinius minor (Fortsetzung): epist. 6,4,5a 347 epist. 6,4,5b 348 epist. 6,5 129f.260 epist. 6,6 94f.180 359 epist. 6,6,1 180360 epist. 6,6,3 121248 epist. 6,6,8 207422 epist. 6,6,9 159328 epist. 6,7 171 188 281 316 389814 428– 431 epist. 6,7,1 208 361– 363 383– 386 434 epist. 6,7,1a 360 epist. 6,7,1f. 253 epist. 6,7,2 208424 400 epist. 6,7,2a 357 epist. 6,7,2a–3b epist. 6,7,2b epist. 6,7,3 epist. 6,7,3a epist. 6,7,3b epist. 6,7,3c epist. 6,8

357 362 207422 357 358 384 350 384 146296

360 356 312 129f.268 359744 327671

380 380798 320 146296

294601 31 191 283 319 389f.817 433

44 194 290 321 390f. 435

210 365 400

397836 311 405858 370– 373 375 373 334697 376 387 358 386f. 295603

382f. 322 151307

359 322656

210429 369

167 251 308 351 417 438– 440 336700 371

183 263 311f. 382 424

356f. 378

400845

409

415

340

374f.786

398

383

387

378 386 376

386

376789

379

379797

379f. 409f.874

382

383811

387

552

Kap. 8 Indices: Personen-, Sach-, Orts- und Quellenregister

_______________________________________________ Plinius minor (Fortsetzung): epist. 6,8,2 180360 epist. 6,8,5 158322 epist. 6,8,7 376 epist. 6,9 129f. epist. 6,10 26f.30 epist. 6,11 94179 251529 epist. 6,11,1–3 116 epist. 6,12 112226 312 epist. 6,12,3 194384 epist. 6,13 194384 epist. 6,14 145292 epist. 6,15,1 213436 epist. 6,16 20f.13 211431 epist. 6,16,1 84 epist. 6,16,2 306627 epist. 6,16,4 237 epist. 6,16,8 341718 epist. 6,16,16 343720 epist. 6,17,6 180360 epist. 6,18 129f.268 epist. 6,18,1 321f.653 epist. 6,18,3 156320 epist. 6,19 104200 epist. 6,19,5 240504 epist. 6,20 20f.13 272567 epist. 6,20,4 240503 epist. 6,20,5 237 epist. 6,20,14 306627 epist. 6,20,17 276573 epist. 6,20,19 335698 epist. 6,20,20 211431 epist. 6,21,5 376 epist. 6,21,7 208425

204412 312 320 99189 312

322656 322f.657 116 322

324664 117236

120

122f.251 322

193

193381

261545

312 324664

320

322

26f.30 243515 211431

93176 272567

167 312

312

322

324664

129f.268

240504

322656

26f.30 312

105206

136283

374

172

167

Kap. 8 Indices: Personen-, Sach-, Orts- und Quellenregister

553

_______________________________________________ Plinius minor (Fortsetzung): epist. 6,22 129f.268 epist. 6,22,7 346729 epist. 6,23 94f.180 epist. 6,23,3 413880 epist. 6,24 91171

epist. 6,24,3 epist. 6,24,4f. epist. 6,25,3 epist. 6,25,5 epist. 6,26 epist. 6,26,1 epist. 6,26,2 epist. 6,26,2f. epist. 6,26,3 epist. 6,27 epist. 6,28 epist. 6,29 epist. 6,29,1–3 epist. 6,29,4 epist. 6,29,6 epist. 6,29,8 epist. 6,30 epist. 6,30,1 epist. 6,30,2 epist. 6,31

134– 137 272567 207 137 121249 195f.392 180f. 112224 107f.213 154 135282 129f.268 322f.657 99189 83159 222465 341717 180360 122f.251 296604 319642 91171

epist. 6,31,2 epist. 6,31,4 epist. 6,31,4–6 epist. 6,31,5 epist. 6,31,11 epist. 6,32

322f.657 160 67 137f. 131 160 91171

315633

339711

129f.268

151307

312

322

105206

108– 111 178

109217

109218

207

250

180

139– 142

139

197

153313 157321

160

168

324 116234

129f.268

411876

193

312

324

129– 132 324664

129f.268

133

181

130 141

121f.

424

322

554

Kap. 8 Indices: Personen-, Sach-, Orts- und Quellenregister

_______________________________________________ Plinius minor (Fortsetzung): epist. 6,32,1 121 epist. 6,32,2 121249 epist. 6,33 251529 epist. 6,33,11 180360 epist. 7,1 105206 epist. 7,2 251529 epist. 7,3 394824 epist. 7,3,1 330679 epist. 7,3,3 330682 epist. 7,4 251529 epist. 7,4,1 220460 epist. 7,4,3 213436 epist. 7,4,3–6 163f.339 epist. 7,4,4 407863 epist. 7,4,6 220460 epist. 7,4,7 180360 epist. 7,4,8 395 epist. 7,4,9 192380 epist. 7,5 171 188 263 311f. 332 389– 421 413881

epist. 7,5,1a

437 207422 360f. 392

epist. 7,5,1b

392

epist. 7,5,1b–d epist. 7,5,1c

399 392

epist. 7,5,1

154315

133

135

312

322

111222 396833

167

272567

44 191378 283 319 371 389f.817

167 194 290 321 378f. 394824

183 251 308 326 382 396834

428– 431

433

435

336700 374f.786 413

340 416

342

403f.

406– 408

431

392f.821 396833 395 395 395 213436 221463 31 191 281 316 351 389814 417890 439 316634 374f. 397– 399 399– 401 401

Kap. 8 Indices: Personen-, Sach-, Orts- und Quellenregister

555

_______________________________________________ Plinius minor (Fortsetzung): epist. 7,5,1c–d 399 epist. 7,5,1d 383811 epist. 7,5,2 316 413– 416 epist. 7,8,2 153f.314 epist. 7,9 117236 epist. 7,9,8–14 411 epist. 7,9,9–12 396833 epist. 7,9,11 220460 epist. 7,9,12 380 epist. 7,11 91171

epist. 7,11,1 epist. 7,11,3 epist. 7,11,4 epist. 7,12 epist. 7,13 epist. 7,14 epist. 7,14,1 epist. 7,15,1 epist. 7,16 epist. 7,16,1 epist. 7,16,2 epist. 7,17 epist. 7,17,3 epist. 7,17,4 epist. 7,19

193 121249 104202 123f. 251529 396833 123252 121249 321f.653 122f.251 180360 153f.314 396833 192380 208424 91171

epist. 7,19,1 epist. 7,19,2 epist. 7,19,3f. epist. 7,19,4 epist. 7,19,7

111 139 102 295603 102 136 137

392 324

411 350f.

380798

383

122f.251

135

180360 396833

94

122– 124

261545 123254

180360

359744

396833

336701 193

392f.821

296604

331687

101– 103 116 142 324

101196

105

105205

134 178

136f. 250

136283 272567

160 139

206418 197

412878

556

Kap. 8 Indices: Personen-, Sach-, Orts- und Quellenregister

_______________________________________________ Plinius minor (Fortsetzung): epist. 7,19,9 380 epist. 7,19,9–12 396833 epist. 7,19,10 124 epist. 7,20 26f.30 epist. 7,20,3 279580 epist. 7,20,7 154314 epist. 7,21 139f.288 epist. 7,21,1 341717 epist. 7,22 94f.180 epist. 7,23 112226 epist. 7,23,1 339712 epist. 7,23,2 112226 epist. 7,24 91171

epist. 7,24,1f. epist. 7,24,2 epist. 7,24,3 epist. 7,24,3f. epist. 7,24,4f. epist. 7,24,4–7 epist. 7,24,5 epist. 7,25 epist. 7,25,1 epist. 7,25,2 epist. 7,26 epist. 7,27 epist. 7,27,7 epist. 7,27,8 epist. 7,28,1f. epist. 7,28,2 epist. 7,30 epist. 7,30,1 epist. 7,30,4 epist. 7,31 epist. 7,31,1

142 138 153f.314 119f. 281 118 138 137 112226 396833 231485 159328 167 402 345725 408 33 143 26f.30 380 96185 93176 236494

153313

251529

396833

278577

337

146296 122f.251 408 197397 111222

151307 193

167 193381

236495 115– 120

118240

133

135

163

181

200405

297607 251529

396833

139f.288

146296

166

Kap. 8 Indices: Personen-, Sach-, Orts- und Quellenregister

557

_______________________________________________ Plinius minor (Fortsetzung): epist. 7,31,2 180360 epist. 7,31,4 123254 epist. 7,32 122f.251 epist. 7,33 26f.30 epist. 7,33,1–3 211431 epist. 7,33,2 28 epist. 7,33,7 156320 epist. 7,33,10 211431 epist. 8,1 167 epist. 8,2 93174 epist. 8,2,1 240504 epist. 8,3 251529 epist. 8,3,3 374784 epist. 8,4 251529 epist. 8,5 111– 114 227477 epist. 8,5,1 102 197 epist. 8,5,2 113 epist. 8,5,3 113 epist. 8,6,5 271565 epist. 8,6,17 200404 epist. 8,7 26f.30 epist. 8,9 174353 epist. 8,9,1 374784 epist. 8,9,2 270561 epist. 8,10 31 183 261– 285 302– 313 428f. epist. 8,10,1 263 epist. 8,10,1a 250 282

193 396833

133 250 111 207 330 335698

251529 320

44 188 287– 291 376

139

141

159326

113

137

139f.

414

320644

374784

96186 190373 297

122f.251 191 297f.609

173 193f. 299f.

391

424f.

424– 426

266 291

269 297

272

439 261 284

558

Kap. 8 Indices: Personen-, Sach-, Orts- und Quellenregister

_______________________________________________ Plinius minor (Fortsetzung): epist. 8,10,1a–b 297 epist. 8,10,1b 271 epist. 8,10,2 190 283f. 429 epist. 8,10,3 327671 epist. 8,10,3a–b 264 epist. 8,10,3a–c 281f. epist. 8,10,3b 266 epist. 8,10,3c 262 epist. 8,11 31 190f.

epist. 8,11,2b epist. 8,11,2b–c epist. 8,11,2c epist. 8,11,3a

289f.590 428f. 198400 289 294 289 331686 288f. 428 296f. 289 298f. 289

epist. 8,11,3b epist. 8,12 epist. 8,12,3 epist. 8,13 epist. 8,14 epist. 8,14,3 epist. 8,16 epist. 8,16,1 epist. 8,16,2 epist. 8,16,4

289 217f.450 393821 150305 265548 376 167 341717 306627 361747

epist. 8,11,1 epist. 8,11,1a epist. 8,11,1a–b epist. 8,11,1b epist. 8,11,2 epist. 8,11,2a

271563 263 289

272 271 302f.

278

281

279 264 44 193f.383

284 280 173 194

302 284 183 264f.

311 439 290f. 291f.

313

391

305 305 188 287– 310 425

293 294f.

301

304

290

295

299f.

304

295

309

301– 306 306

310

265548

272567

298 273f. 304

276 310

304

429

Kap. 8 Indices: Personen-, Sach-, Orts- und Quellenregister

559

_______________________________________________ Plinius minor (Fortsetzung): epist. 8,16,5 307f.628 epist. 8,17 116233 epist. 8,18 104202 epist. 8,18,2 269557 epist. 8,18,8 131276 epist. 8,18,8–10 140 epist. 8,18,10 207 epist. 8,19,1 195388 epist. 8,20,2–9 108215 epist. 8,21,1 268556 epist. 8,21,2 218 epist. 8,21,6 197398 epist. 8,22 95181 epist. 8,22,3 307f.628 epist. 8,23 91171 135 266 epist. 8,23,2 94 epist. 8,23,2f. 266549 epist. 8,23,3f. 154315 epist. 8,23,5 156 epist. 8,23,6 135 epist. 8,23,7 225 epist. 8,23,8 94f. epist. 8,24 93174 epist. 8,24,5 292594 epist. 8,24,9 277574 epist. 9,1 251529 epist. 9,2,1 321f.653 epist. 9,2,5 307f.628 epist. 9,3 23 epist. 9,3,1 106209 epist. 9,4 251529 epist. 9,5 315633 epist. 9,5,3 270561 epist. 9,9 93176 epist. 9,9,2 195f.392

337

137

341717

372f.

396833

430

200404 111222

166

93–96 142 272567

97 150305

162

370

281 142 95181

361747 181

392f.821

412878

211431

339 166

411

115 150f.307

133 166

560

Kap. 8 Indices: Personen-, Sach-, Orts- und Quellenregister

_______________________________________________ Plinius minor (Fortsetzung): epist. 9,10,2 220460 epist. 9,11 111222 epist. 9,11,2 380 epist. 9,12 83160 epist. 9,12,1 160 epist. 9,13 91171 142 epist. 9,13,1 210 epist. 9,13,4 189 epist. 9,13,5 99f. epist. 9,13,6 123254 epist. 9,13,18 216447 epist. 9,13,21 240504 epist. 9,13,23 198399 epist. 9,14 26f.30 epist. 9,16 251529 epist. 9,17,4 166 epist. 9,18 251529 epist. 9,19,4 235493 epist. 9,19,5 299614 epist. 9,20 251529 epist. 9,20,3 334697 epist. 9,21 166f. epist. 9,21,3 380 epist. 9,22 213436 epist. 9,22,1 198399 epist. 9,22,2 374784 epist. 9,23 153313 epist. 9,23,1 160 epist. 9,23,5f. 211431 epist. 9,24 167 epist. 9,25 251529 epist. 9,25,3 321f.653 epist. 9,26 251529 epist. 9,26,3 216447 epist. 9,28 251529 epist. 9,28,1 102

251529 166 96185 178 347731

99f. 189

116234

324662

341

96185

293

216447

392f.821

412878

134

Kap. 8 Indices: Personen-, Sach-, Orts- und Quellenregister

561

_______________________________________________ Plinius minor (Fortsetzung): epist. 9,28,3 199401 epist. 9,29 251529 epist. 9,29,1 2219 epist. 9,30 111222 epist. 9,31 251529 epist. 9,31,1 374785 epist. 9,32 334697 epist. 9,33,8 397836 epist. 9,35 251529 epist. 9,36 20f.13 epist. 9,36,4 207 epist. 9,40 20f.13 epist. 9,40,2 374785 epist. 10,2,2 173 epist. 10,4,1 180360 epist. 10,4,6 199400 epist. 10,5 146296 epist. 10,11 146296 epist. 10,11,1 341717 epist. 10,12 146296 epist. 10,18,1 329 epist. 10,26 94f.180 epist. 10,31,3 158322 epist. 10,73 413880 epist. 10,84 413880 epist. 10,85 146296 epist. 10,86 146296 epist. 10,87 94f.180 epist. 10,87,1 180360 epist. 10,94,3 361748 epist. 10,96,2 307f.628 epist. 10,96,7 271563 epist. 10,97,2 307f.628 epist. 10,104 146296 epist. 10,106 146296 epist. 10,107 146296 epist. 10,120 193

220 166

116f.236 218454 116f.236 189f. 198400

281

111222

146296

146296

297

193f.383

308

429

562

Kap. 8 Indices: Personen-, Sach-, Orts- und Quellenregister

_______________________________________________ Plinius minor (Fortsetzung): epist. 10,120,2 122f.251 195f.392 epist. 10,121 193f.383 paneg. 1,3 paneg. 3 paneg. 4 paneg. 4,7 paneg. 14 paneg. 20,1 paneg. 20,2 paneg. 22,3 paneg. 31,3 paneg. 32,4 paneg. 41 paneg. 44,5 paneg. 46,4 paneg. 49 paneg. 49,3 paneg. 49,7 paneg. 51 paneg. 54,2 paneg. 55,11 paneg. 56,6 paneg. 69 paneg. 75 paneg. 79 paneg. 79,4 paneg. 83,6 paneg. 83,7 paneg. 88 paneg. 88,3 paneg. 94,5

206 158 198400 163 200404 301618 206 277574 298611 306627 158 279579 119245 158 298611 376 158 235493 163 175354 198400 198400 198400 294602 213 205416 158 154315 154315

Plutarch: Cat. Ma., Mi. 25

282584

189 201 195388

207f.423

193f.383

195

195388

Kap. 8 Indices: Personen-, Sach-, Orts- und Quellenregister

563

_______________________________________________ Plutarch (Fortsetzung): Moralia 138D/E Moralia 140B Moralia 142D Moralia 142E–143A Moralia 145B–146 Moralia 539A–547F Moralia 753A/B

65 68 82f. 81 85165 181f.362 406861

Pomp. 55,1

212434

Publ. 15 Properz: 1,1 1,1,1 1,1,6 1,1,21 1,1,33 1,1,33f. 1,1,36 1,1,58 1,2,24 1,2,26–29 1,2,26–32 1,2,27f. 1,3 1,3,16 1,3,42 1,4,3f. 1,4,4 1,4,13 1,5,19f. 1,5,27 1,5,27f. 1,6,5–15 1,6,26–30 1,6,27–30

405

410875 415 323661 5170 368769 401847 404856 71127 258 252 233 221462 410875 374 224471 70 405856 233 70 414 407864 343f.722 71 323661

224471

257

564

Kap. 8 Indices: Personen-, Sach-, Orts- und Quellenregister

_______________________________________________ Properz (Fortsetzung): 1,7,13f. 1,8 1,8,3f. 1,8,21f. 1,8,23–26 1,8,39–42 1,9 1,9,17 1,10,19f. 1,10,21 1,11 1,11,1–6 1,11,5f. 1,11,7f. 1,11,9–16 1,11,15f. 1,11,17f. 1,11,17–20 1,11,19f. 1,11,19–22 1,11,19–26 1,11,20 1,11,23 1,11,23–26 1,11,27 1,12 1,12,1–6 1,12,3–10 1,12,5f. 1,12,11b 1,12,12–14 1,12,13f. 1,12,13–15 1,12,19 1,12,19f. 1,13,7f.

344723 332689 343f.722 405860 346728 221462 420 414 223466 268556 311 372778 326 332 332 333 332 332 345726 329 381 336 363 72f.129 332 326 311 326 332 405856 332 332 368769 326 336702 72128 414

351 233

385

317 437 336

317638

334 336

336

381

333f.696 343f.722

351 437

343f.722

351

406

336

331 333 406

401847 406 332

406

Kap. 8 Indices: Personen-, Sach-, Orts- und Quellenregister

565

_______________________________________________ Properz (Fortsetzung): 1,13,17 1,14,21 1,15,15f. 1,15,29–32 1,15,33f. 1,15,39 1,15,41f. 1,16,17–44 1,16,42 2,1,4 2,1,9f. 2,1,57f. 2,2,1 2,3,17–28 2,3,19f. 2,3,19–22 2,3,20f. 2,4,11 2,5,1f. 2,6,11f. 2,6,13f. 2,6,41 2,6,41f. 2,7,7f. 2,7,13f. 2,7,17–20 2,7,20 2,8 2,9,3–8 2,9,24 2,9,43–46 2,11 2,11,6 2,13a 2,13a,7–12 2,13b,35f. 2,15,22

327670 315f.634 335 72128 328672 414 328672 405860 369 233 224471 407864 408 233 221462 221462 252 407864 258 327f. 343f.722 72128 71 71 71 72128 71 420 368f.770 330684 72128 233 221462 232 221462 72128 71

432 233

258

566

Kap. 8 Indices: Personen-, Sach-, Orts- und Quellenregister

_______________________________________________ Properz (Fortsetzung): 2,15,25f. 2,15,31–36 2,16,21f. 2,17,3f. 2,17,17 2,18b 2,19 2,19,1–4 2,20,15–18 2,22b,47 2,24c,21f. 2,25,21f. 2,26,25f. 2,26,29–44 2,29,35 2,29,38 2,30,25–40 2,30,37–40 2,32,2 2,33b,36–38 2,34,2 2,34,17–20 2,34,20 3,3,19f. 3,8 3,8,15–18 3,8,17 3,8,21 3,9,45 3,12 3,12,19 3,16 3,17,11 3,17,11f. 3,21,3f. 3,23 3,23,13

258 72128 72f.129 368769 72128 368f.770 311 333692 72128 315f.634 233 328672 233 326668 364758 72f.129 233 233490 327 233 70125 343f.722 345726 224469 215444 343 409f.874 369771 224469 368f.770 350738 326668 380f.804 401847 405856 381f. 334

258541

332689

Kap. 8 Indices: Personen-, Sach-, Orts- und Quellenregister

567

_______________________________________________ Properz (Fortsetzung): 3,23,17f. 3,24,5f. 3,24,15f. 4,3 4,3,3–6 4,3,11f. 4,3,19–26 4,3,27f. 4,3,29f. 4,3,33f. 4,3,49–56 4,3,69–72 4,3,71f. 4,3,72 4,5 4,5,37–40 4,5,39 4,5,53f. 4,7,95f. 4,8,15 4,8,21f. 4,11 4,11,35f. 4,11,41f. 4,11,83f.

221462 343f.722 385813 340715 367 369771 367 340715 369 367 368 368f. 369 250528 240506 343f.722 369771 240 399 333f.696 333f.696 71 368f.770 368f.770 371776

Prudentius: perist. 10,715

292594

Quintilian: decl. 291 decl. 338

227477 227477

inst. 3,1,17 inst. 3,9,1 inst. 3,10,1 inst. 6, praef. 5

331687 399842 399842 432902

355

387

437

366f.766

367767

437

568

Kap. 8 Indices: Personen-, Sach-, Orts- und Quellenregister

_______________________________________________ Quintilian (Fortsetzung): inst. 8,4,22 295603 inst. 10,1,72 279580 inst. 10,5,13 282584 inst. 11,1,15–38 181f.362 inst. 11,2,43 398840 inst. 11,3,61–149 57 inst. 12,2,30 438907 Sallust: Cat. 1,4 Cat. 25

230 204414

Iug. 6,1 Iug. 46,3

175354 298611

Seneca: benef. 1,1,3 benef. 1,1,10 benef. 1,3,4 benef. 1,9,5 benef. 2,18,1 benef. 3,1,1 benef. 3,16,2 benef. 3,18,2 benef. 3,35,2 benef. 4,22,2 benef. 4,24,2

251529 86166 251529 77f. 251529 251529 74 85164 94 56 344

clem. 1,1,9 clem. 2,7,1

307f.628 307f.628

contr. 1,2,3 contr. 2,1,14

347731 197397

dial. 1,4,7 dial. 2,1,1 dial. 2,14,1

304622 86 51

206

212434

Kap. 8 Indices: Personen-, Sach-, Orts- und Quellenregister

569

_______________________________________________ Seneca (Fortsetzung): dial. 3,24,3 dial. 3,35,1 dial. 5,35,1 dial. 6,1,5 dial. 6,16,1 dial. 12,3,5

69120 69120 86166 303621 84 158

epist. 6,5 epist. 16,3 epist. 19,3 epist. 46,1 epist. 47,17 epist. 51,2f. epist. 52,12 epist. 63,13 epist. 80,1 epist. 90,34 epist. 95,48 epist. 99 epist. 99,24 epist. 104,3 epist. 104,3–5 epist. 104,5 epist. 114,3 epist. 115 epist. 115,2–4 epist. 115,3 epist. 115,4 epist. 115,6 epist. 116,1 epist. 117,19 epist. 121,19

83f.160 328637 296604 376789 119245 333 57 113229 219455 56f.85 56f.85 303621 197397 84 74 84 57 56f.85 55 175 176 58 58 58 298611

Phoen. 492

344

suas. 1,8 suas. 6,24

376789 175354

177 58

570

Kap. 8 Indices: Personen-, Sach-, Orts- und Quellenregister

_______________________________________________ Sidonius Apollinaris: epist. 2,4,1 epist. 2,10,5 Soranus: 3,26

424898 250527

267

Statius: silv. 2,2,154f. silv. 3,3,120 silv. 3,3,207 silv. 3,5 silv. 3,5,3f. silv. 3,5,3–10 silv. 3,5,6–9 silv. 3,5,14–17 silv. 3,5,14–18a silv. 3,5,17f. silv. 3,5,21–28 silv. 3,5,26 silv. 3,5,28–36 silv. 3,5,28b–33a silv. 3,5,33b–35a silv. 3,5,37–42a silv. 3,5,44 silv. 3,5,45 silv. 3,5,65 silv. 4,2,12 silv. 5,1 silv. 5,1,1–4a silv. 5,1,43f. silv. 5,1,44 silv. 5,1,65f.

227477 280582 197397 228 206418 228 228 228 205416 228 318 228 228 214f.441 219 231486 228 228 192380 296604 437 370 227 219 232

Theb. 8,213

274570

Sueton: Aug. 45,1

124258

253531

259

277574 219

227477

368f.770

368f.770

437

Kap. 8 Indices: Personen-, Sach-, Orts- und Quellenregister

571

_______________________________________________ Sueton (Fortsetzung): Aug. 71 Aug. 98,4

76 331687

Cal. 12,2 Cal. 16,1 Cal. 24 Cal. 25,3 Cal. 36,1 Cal. 51 Cal. 55,1

341 208424 197397 337 119245 373780 119245

Claud. 7 Claud. 10,1 Claud. 40,1

124258 405858 330680

Dom. 10,4 Dom. 22,2

96185 337

Galba 5,1

341

Iul. 84

363

Tib. 10,1 Tib. 52

331687 197397

Symmachus: epist. 7,40

324663

Tacitus: Agr. 2,1 Agr. 6,1 Agr. 19,1 Agr. 29,2 Agr. 45,1

101193 227477 298611 277574 96185

ann. 1,56,5 ann. 3,5

331685 371f.777

572

Kap. 8 Indices: Personen-, Sach-, Orts- und Quellenregister

_______________________________________________ Tacitus (Fortsetzung): ann. 3,16 ann. 3,31,2 ann. 3,33 ann. 3,34,5 ann. 4,3 ann. 4,22,1 ann. 6,50,5 ann. 12,14,1 ann. 13,5,1f. ann. 13,19 ann. 13,32,2 ann. 13,36 ann. 13,44 ann. 15,48,3 ann. 15,71 ann. 16,8 ann. 16,8,3

347731 324663 51 5168 67 76f. 408867 298611 219455 67 76 273568 296604 175354 81153 193 122f.251

dial. 9,6 dial. 12,1 dial. 23,1 dial. 34,6

331687 331687 341717 298611

hist. 1,14 hist. 1,14–21 hist. 1,30,1 hist. 1,34–44 hist. 1,37,4 hist. 2,11 hist. 2,34,2 hist. 2,89,2 hist. 2,97,2 hist. 3,7 hist. 3,80,2 hist. 4,10 hist. 4,40 hist. 4,42

268556 125260 105208 125260 130272 127265 331685 175354 298611 123255 145293 81153 81153 127265

161334

145292

Kap. 8 Indices: Personen-, Sach-, Orts- und Quellenregister

573

_______________________________________________ Tacitus (Fortsetzung): hist. 4,60,1

130272

Terenz: Andr. 292 Andr. 295

73130 73

Theocrit: 13,70

403f.854

Tibull: 1,1,46 1,1,55 1,1,57f. 1,1,59f. 1,1,60 1,2,5–9 1,2,17 1,2,41 1,2,55f. 1,2,57 1,2,75–79 1,3 1,3,15 1,3,82–87 1,3,83–94 1,4,39–56 1,4,81 1,5,5 1,5,7f. 1,5,19f. 1,5,21–34 1,5,35 1,5,47f. 1,5,61–65 1,6,14 1,6,33f. 1,6,60

5170 258 323661 258 365761 405860 397837 343f.722 343f.722 335 401847 311 414 258541 72f.129 326668 380f.804 380f.804 258 345726 72f.129 345726 240 326668 368f.769 420 72f.129

365761

372778

343f.722

369771

574

Kap. 8 Indices: Personen-, Sach-, Orts- und Quellenregister

_______________________________________________ Tibull (Fortsetzung): 1,6,67f. 1,6,69f. 1,6,85f. 1,8,38 1,8,40 1,8,49 1,8,64 1,8,65f. 1,9,37f. 1,9,57 1,10,13f. 1,10,41–45a 2,2,11–20 2,3 2,4,1–4 2,5,109f. 2,5,111f. 2,6,13f. 2,6,17f. 2,6,27 2,6,51f.

258 336702 258541 369771 327 380f.804 368f.769 345726 328672 364 323661 72f.129 258 372778 414 407864 233490 403f.854 380 420 345726

Valerius Maximus: 2,9,2 4,4,11 6,3,2 6,3,9 6,7,1 7,3,10

161334 373780 293599 70123 68 292595

Varro: rust. 2, praef. 6 rust. 3,3,6

403f.854 158

Velleius Paterculus: 2,26,3 2,88,3

106209 106209

368f.770

432

365761

85165

Kap. 8 Indices: Personen-, Sach-, Orts- und Quellenregister

575

_______________________________________________ Vergil: Aen. 4,66 Aen. 4,648–658

292594 365762

ecl. 8,47f. ecl. 10,69

223466 222465

georg. 2,511

408867

Vitruv: 6,7,2

405858

Xenophon: Mem. 1,3,14f. Mem. 2,1,30 Mem. 4,5,9

5684 5684 5684

577

Kap. 9 Appendices: Stammbäume

__________________________________________________________

Appendix 1: Stammbaum der Familien des Plinius und der Calpurnia

Gaius Plinia Plinius Secundus (Plinius der Ältere)

x

Lucius Caecilius

Lucius Calpurnius

(unbekannte x Calpurnius Ehefrau)

x (unbekannte Ehefrau)

Calpurnia Hispulla

(erste Ehefrau) x Gaius (zweite Ehefrau) x Plinius Caecilius x Calpurnia Secundus (dritte Ehefrau) (Plinius der Jüngere)

Die gestrichelte Linie markiert eine Adoptivbeziehung.

578

Kap. 9 Appendices: Stammbäume

________________________________________________

Appendix 2: Stammbaum der Familie der Arria

Arria maior x Caecina Paetus

(Sohn stirbt früh)*

Arria minor x Publius Clodius Thrasea

(erste Ehefrau) x Helvidius der Ältere x Fannia

Helvidius der Jüngere x Anteia

Helvidius 3 Helvidia** Helvidia** * Vgl. dazu Plin. epist. 3,16. **Die beiden Helvidiae-Schwestern starben, als sie niederkamen; vgl. dazu Plin. epist. 4,21.

häger Plinius über die Ehe und den idealen Ehemann ie Studie ist grundsätzlich dem Bereich der Klassischen Philologie zuzuordnen und beschäftigt sich mit dem Idealbild des aristokratischen Ehemannes in der römischen Kaiserzeit auf Grundlage der Briefe des jüngeren Plinius. Dabei werden aus durchgängig interdisziplinärer Perspektive – erstmals in der Pliniusforschung – literarische, historische, genderspezifische und emotionslinguistische Elemente miteinander verknüpft. Im Zentrum der Arbeit steht die Frage nach der Literarizität und Autofiktion im plinianischen Briefcorpus, wobei der Nutzung intertextueller Referenzen besondere Aufmerksamkeit gilt. Vor diesem Hintergrund greift die Studie in ihrer grundsätzlichen Ausrichtung ein wissenschaftlich hochaktuelles Thema auf, indem literarische Männlichkeiten und die damit einhergehenden männlichen Emotionen als Gegenstände einer philologischkulturgeschichtlichen Interpretation fungieren.

isbn 978-3-8253-4674-4