Phänomenologie und Metaphysik 9783787337927, 9783787337910

Die Metaphysik ist wieder in aller Munde. Dies gilt sowohl für die beiden Zweige der »spekulativen Metaphysik« und der »

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Phänomenologie und Metaphysik
 9783787337927, 9783787337910

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Ph nomenologische Forschungen · Beiheft 4

Ph nomenologische Forschungen Phenomenological Studies Recherches Ph nom nologiques

Im Auftrag der Deutschen Gesellschaft f r ph nomenologische Forschung herausgegeben von

THIEMO BREYER, JULIA JANSEN UND INGA R

MER

Beiheft 4

FELIX MEINER VERLAG HAMBURG

Ph nomenologie und Metaphysik Ph nom nologie & M taphysique Herausgegeben von

Inga Rçmer und Alexander Schnell unter Mitwirkung von Philip Flock und Till Grohmann

FELIX MEINER VERLAG HAMBURG

Bibliographische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliographie; detaillierte bibliographische Daten sind im Internet ber ‹http://portal.dnb.de› abrufbar. ISBN 978-3-7873-3791-0 ISBN eBook 978-3-7873-3792-7 Felix Meiner Verlag, Hamburg 2020. Alle Rechte, auch die des auszugsweisen Nachdrucks, der fotomechanischen Wiedergabe und der bersetzung, vorbehalten. Dies betrifft auch die Vervielf ltigung und bertragung einzelner Textabschnitte durch alle Verfahren wie Speicherung und bertragung auf Papier, Film, B nder, Platten und andere Medien, soweit es nicht §§ 53 und 54 URG ausdr cklich gestatten. Druck und Bindung: Druckhaus Beltz, Bad Langensalza. Werkdruckpapier: alterungsbest ndig nach ANSINorm resp. DIN-ISO 9706, hergestellt aus 100 % chlorfrei gebleichtem Zellstoff. Printed in Germany. www.meiner.de/phaefo

In freundschaftlichem und verehrungsvollem Gedenken an L szl Tengelyi

IN HAL T

B E I TR G E

Inga Rçmer & Alexander Schnell: Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Claudia Serban: M taphysique de l’effectivit , m taphysique de la facticit : Le probl me d’une m taphysique ph nom nologique . . . . . . . . .

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Florian Forestier: Facticit , concr tude, finitude . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

29

Tam s Ullmann: Le fondement schellingien et la m taphysique ph nom nologique . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

43

Smail Rapic: Die transzendentale Bedeutung der Faktizit t bei Landgrebe und Tengelyi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

63

Dominique Pradelle: Existe-t-il une m taphysique ph nom nologique de style transcendantal ? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Gerald Hartung: ber die Mçglichkeiten einer Metaphysik und Ph nomenologie der Erkenntnis im Anschluss an Husserl . . . . . . . . . . . . . . 105 Sandra Lehmann: Kraft des berschusses. Versuch ber die Dynamik metaphysischen Denkens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125 Antonino Mazz : Mouvement du monde et infinit chez Husserl . . . . . . . 143 Karel Novotny´ : Ph nom nologie et m taphysique du monde – propos du dernier livre de L szl Tengelyi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159 Sophie Loidolt: Zu den metaphysischen Urtatsachen! – Das Ineinander der Monaden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173 Inga Rçmer: Ist die Zeit eine Kategorie? – Zum kantischen Erbe einer ph nomenologischen Metaphysik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 191 Till Grohmann: Welt und Endlichkeit in der Psychose – L szl Tengelyis Entwurf zu einem ph nomenologischen Multiperspektivismus . . . . . . . . . . 205 Tobias Keiling: Freiheit und Determination bei Tengelyi . . . . . . . . . . . . . . . 221 Philip Flock: Der transzendentale Schein des Transfiniten und das ph nomenologische Apeiron . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 239

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Inhalt

Alexander Schnell: Tengelyi, Levinas und Richir ber das Unendliche . . . . 259 Klaus Held: Der Gott der Tora in ph nomenologischer Sicht . . . . . . . . . . . . 275 Gregor Schiemann: Ph nomenologische Todesbegriffe . . . . . . . . . . . . . . . . 289 Camille Riquier: La ph nom nologie franÅaise ou r sistances de la m taphysique . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 307 Stanislas Jullien: Derrida et le tournant ph nom nologique de la d construction . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 329 Fabian Erhardt: Was ist Ph nomenalisierung? – Zur Dynamik der Gegenstandskonstitution . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 349 Fausto Fraisopi: Horizont und Mannigfaltigkeit – Zum Problem einer spekulativen Wissenschaftstheorie und Mathesis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 367 Claude Romano : Id alisme/r alisme : une distinction m taphysique ? . . . 387

Autorenverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 403

Inga Rçmer & Alexander Schnell

Vorwort

Der vorliegende Band ist aus zwei Tagungen hervorgegangen, die vom 9. bis zum 11. Oktober 2017 an der Bergischen Universit t Wuppertal und vom 30. November bis zum 2. Dezember 2017 an der Universit Grenoble Alpes stattgefunden haben. Beide Veranstaltungen waren dem Gedenken an L szl Tengelyi gewidmet, der kurz vor seinem Tod im Jahr 2014 das Buch Welt und Unendlichkeit. Zum Problem ph nomenologischer Metaphysik fertiggestellt hatte. Die mit Edmund Husserl beginnende Bewegung der Ph nomenologie hat ein zwiesp ltiges Verh ltnis zur Metaphysik. In den Logischen Untersuchungen strebt Husserl zun chst nach einer Erkenntnistheorie, die mit einer metaphysischen Neutralit t einhergeht. Husserl versteht hier »[d]ie Frage nach der Existenz und Natur der ›Außenwelt‹« als »eine metaphysische Frage« (Hua XIX/1, 26). Und er behauptet geradeheraus: »Metaphysische Fragen gehen uns hier nicht an« (Hua XVIII, 122). In den Cartesianischen Meditationen schließt Husserl zwar immer noch »alle metaphysischen Abenteuer, alle spekulativen berschwenglichkeiten aus« (Hua I, 166), »nicht aber Metaphysik berhaupt« (182). Nun ist es allerdings keineswegs unmittelbar ersichtlich, was Husserl hier unter jener Metaphysik versteht, die im Rahmen der Ph nomenologie mçglich und vielleicht sogar gefordert sein soll. Bei Martin Heidegger ist das Verh ltnis zur Metaphysik ebenfalls ambivalent. Zwar ist er vor allem durch die These ber hmt geworden, dass Metaphysik als solche Ontotheologie sei und die Ontotheologie eine zu berwindende beziehungsweise zu verwindende Gestalt des Denkens darstelle. Es darf dabei jedoch nicht bersehen werden, dass auch Heidegger in einer bestimmten Phase seines Denkens, genauer gesagt zwischen 1927 und 1930, nach einer neuartigen Metaphysik suchte. Dar ber hinaus kann das von ihm sp ter erstrebte »andere Denken« womçglich doch in eine Metaphysikgeschichte eingeschrieben werden, die sich anders versteht, als Heidegger es mit seiner Generalthese der Ontotheologie nahegelegt hat. Angesichts dieser zwiesp ltigen Haltung in Hinblick auf die Metaphysik bei den beiden Urv tern der ph nomenologischen Bewegung scheint sich folgende zweifache Frage aufzudr ngen: Wie ist das Problem der Metaphysik ph nome-

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Inga Rçmer & Alexander Schnell

nologisch zu verstehen? Und welche Antwort, wenn berhaupt, kann die Ph nomenologie auf dieses Problem geben? Es ist jedoch zun chst nicht diese doppelte Frage, die in der zweiten H lfte des zwanzigsten Jahrhunderts im Vordergrund stand. Vielmehr dominierte mehrere Jahrzehnte hindurch diejenige These, welche unter dem Stichwort des »Endes der Metaphysik« Verbreitung fand. Diese Tendenz war zwar unter anderem dem Erbe Heideggers zu verdanken, allerdings ist er keineswegs ihr alleiniger Urheber. Die These vom »Ende der Metaphysik« kann ebenso gut auf Rudolf Carnap oder auf Theodor W. Adorno zur ckgef hrt werden und ist damit gleichermaßen pr gend in der positivistischen Tradition analytischer Philosophie wie in der sogenannten Frankfurter Schule gewesen. Seit einigen Jahren ist jedoch eine gewisse Renaissance der Metaphysik zu beobachten. Dies gilt sowohl f r die beiden Zweige der »speculative metaphysics« und der »metaphysics of science« in der analytischen Philosophie wie auch f r Teile der j ngeren, ußerst heterogenen Debatte um einen »neuen Realismus«. Dar ber hinaus ist innerhalb der franzçsischen Metaphysikgeschichtsschreibung eine – von L szl Tengelyi im ersten Teil seines Buches beschriebene – Tendenz zu beobachten, nach der neuerdings verst rkt auch nach nicht ontotheologischen Gestalten der Metaphysik in ihrer Geschichte geforscht wird, das heißt nach solchen Gestalten, die den Heidegger’schen Interpretationsrahmen sprengen. Es ist diese allgemeine und zugleich vielseitige Renaissance der Metaphysik, die f r uns der Anlass dazu ist, auch die inzwischen mehr als einhundert Jahre alte, aber immer noch aktuelle Bewegung der Ph nomenologie auf ihre wirklichen und mçglichen Stellungnahmen zum Problem der Metaphysik hin zu befragen. F r L szl Tengelyi war es entscheidend, den Ausdruck »Problem der Metaphysik« nicht nur im Sinne eines genitivus objectivus, sondern auch, und zun chst sogar vor allem, im Sinne eines genitivus subjectivus aufzufassen: Die Metaphysik behandelt nicht nur bestimmte Probleme, sondern sie hat auch selbst einen Problemcharakter. In Fortf hrung einer durchaus kantischen Tradition m sse es darum gehen, diesen Problemcharakter der Metaphysik eigens zu untersuchen, wenn letztere sich nicht in neuen Abenteuern verlieren soll. In diesem doppelten Sinne behandeln die Beitr ge des vorliegenden Bandes, auf je eigenst ndige Weise, das »Problem ph nomenologischer Metaphysik«. Grenoble und Wuppertal, im Februar 2019 Inga Rçmer & Alexander Schnell

Claudia Serban

M taphysique de l’effectivit , m taphysique de la facticit : Le probl me d’une m taphysique ph nom nologique

Abstract Metaphysics and phenomenology are both to be understood in a plural and nuanced manner. Therefore, the metaphysics that phenomenology aims to overcome and the metaphysics that some phenomenologists have envisaged as their own are far from being the same. Based on these premises, our inquiry starts by examining the reasons of Husserl’s initial antimetaphysical stand, as well as the meaning of his phenomenological positivism that goes hand in hand with the promotion of eidetics. Thus, the opposition between eidetic phenomenology and a metaphysics of effectivity (Wirklichkeit) is set in place. Yet, this opposition is profoundly altered by Husserl’s acknowledgment of egological facticity as an Urfaktizit t, which gives birth to the project of a new kind of metaphysics, properly phenomenological. The possibility and even necessity of a phenomenological metaphysics is furthermore examined by focusing on contemporary endeavors, and in particular on that of L szl Tengelyi in Welt und Unendlichkeit (2014), who has significantly enlarged the typology of primal facts (Urtatsachen).

Le rapport de la ph nom nologie la m taphysique a toujours t prot forme, non seulement parce que, de Husserl Heidegger, puis de la ph nom nologie allemande la ph nom nologie franÅaise, les ph nom nologues n’ont cess de red finir leur pratique, mais aussi, plus fondamentalement, parce que la m taphysique est-elle mÞme multiple : son concept scolaire qui d signe une discipline historique ou une certaine mani re de philosopher laquelle la critique kantienne a eu l’ambition de mettre fin, nous sommes oblig s d’ajouter ce que Kant lui-mÞme appelait la m taphysique naturelle, savoir un type de questionnement incontournable, irr m diablement inscrit dans la nature de la pens e humaine, et qui ne se laisserait donc pas supprimer si ais ment. C’est la lumi re de cette distinction que l’on peut tenter de comprendre le double mouvement qui structure, historiquement et syst matiquement, le rapport de la ph nom nologie la m taphysique : d’une part et en un certain sens, la ph nom nologie pr tend effectivement « d passer » la m taphysique, se d ployer en deÅ ou au-del d’elle ; mais d’autre part, et depuis toujours, un d passement conjoint de la ph nom nologie par la m taphysique (une « nouvelle » m taphysique, qui n’ quivaut manifestement plus celle qu’il s’agissait

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Claudia Serban

auparavant de d passer) semble s’imposer avec une force parfois tout aussi grande. Dans ce qui suit, nous allons tenter de r pondre ces deux questions connexes : pourquoi la ph nom nologie viserait-elle d passer la m taphysique ? Et pourquoi la m taphysique servirait-elle, si ce n’est d passer, du moins compl ter la ph nom nologie ? Ce questionnement se trouve n cessairement compliqu par le fait qu’il n’y a pas « une » ph nom nologie et « une » m taphysique qui s’opposeraient dans un face- -face univoque et sans reste. Pour respecter la diversit des d marches qui se r clament de ces deux intitul s, il conviendra donc de reconna tre et de montrer que, de mÞme qu’il y a plusieurs types de « d passement de la m taphysique » par la ph nom nologie, il y a plusieurs types de « d passement de la ph nom nologie » par la m taphysique. Le parcours que nous allons proposer va privil gier deux moments de l’histoire de la ph nom nologie : d’une part, le moment inaugural qu’est le moment husserlien, et d’autre part, un moment plus proche de nous, r cent, voire encore pr sent, dont t moigne le grand ouvrage posthume de L szl Tengelyi, Welt und Unendlichkeit, paru en 2014, ouvrage qui a singuli rement relev le d fi de contribuer l’exposition et la r solution du probl me d’une m taphysique ph nom nologique.

1. Husserl : d’une m taphysique l’autre L’int rÞt de partir ici de Husserl provient videmment du fait que, en d finissant la m thode et la pratique de la ph nom nologie, l’auteur des Recherches logiques lui a d’entr e de jeu prescrit un certain type de rapport la m taphysique. Cependant, sa position ce sujet est faite de plusieurs paradoxes. Souvenonsnous tout d’abord que c’est par une leÅon inaugurale intitul e « Les buts et les t ches de la m taphysique » que le jeune Privatdozent Husserl a commenc son enseignement l’universit de Halle en 1887. Presque l’autre bout de son itin raire philosophique, dans les M ditations cart siennes (ainsi que dans les Conf rences donn es en 1929 la Sorbonne), Husserl soulignera au contraire quel point la ph nom nologie est r fractaire toute « aventure m taphysique », pour pr ciser aussit t que sa ph nom nologie transcendantale n’exclut que la m taphysique en son sens traditionnel na f, mais non pas cependant toute m taphysique. Il y aurait donc bien, selon cette indication de Husserl, une m taphysique compatible avec le projet et les exigences de la ph nom nologie, bref, une m taphysique proprement ph nom nologique, dont nous essaierons de pr ciser ici le sens et la sp cificit .

Le probl me d’une m taphysique ph nom nologique

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Mais avant cela, il nous faut encore lucider les motifs qui justifient le rejet initial de la m taphysique l’int rieur de la ph nom nologie husserlienne. Qu’est-ce qui est rejet , plus pr cis ment, et pour quelles raisons ? L’orientation antim taphysique de la ph nom nologie s’explique tout d’abord par le type de positivisme dont elle se fait la d fenseure. En effet, le « retour au donn » que pr ne Husserl dans les Recherches logiques peut Þtre compris comme « un mot d’ordre essentiellement positiviste ».1 Dans cette perspective, le « d passement de la m taphysique » propos par la ph nom nologie husserlienne revient « refuser les constructions qui d bordent l’exp rience » et le donn .2 Il ne faut donc pas h siter prendre tr s au s rieux l’affirmation de Husserl, au premier tome des Id es directrices, selon laquelle les ph nom nologues seraient « les vrais positivistes ». Mais il faut aussi comprendre la signification exacte du positivisme ph nom nologique. S’il y a incontestablement « un lien troit entre la nature descriptive de la ph nom nologie et sa neutralit m taphysique »3, cette neutralit ne provient pas tant du fait qu’il faut d crire, mais de ce qu’il faut d crire : non pas « la r alit » au sens courant, le monde physique ou le psychisme, mais, pour donner la parole l’Introduction des Recherches, « les caract res d’actes dans lesquels s’accomplissent les op rations de repr sentation, de jugement, de connaissance ».4 C’est pour cette raison d’ailleurs que Husserl met l’ cart « la question de l’existence d’une r alit ext rieure » comme une « question de nature m taphysique » qui « n’est pas pertinente pour la ph nom nologie. »5 La description ph nom nologique se distingue radicalement d’une explication causale portant sur les « choses elles-mÞmes » au sens d’entit s existantes dans le monde ou dans le psychisme humain : la chose ou l’affaire de la ph nom nologie n’est pas ce qui existe hors de nous, elle n’est mÞme pas ce qui existe en nous. Tout cela rel ve aux yeux de Husserl d’une transcendance dont la description ph nom nologique n’a pas tenir compte car cela exc de son domaine propre, qui est celui du v cu, des modalit s subjectives d’apparition et d’exp rience des choses.

Jocelyn Benoist, « D passements de la m taphysique », Revue philosophique de la France et de l’ tranger, 2004/2 (tome 129), 167 – 180, 167 et 168. 2 Ibid., 170. 3 Dan Zahavi, « Ph nom nologie et m taphysique », Les tudes philosophiques, 2008/4 (tome 87), 499 – 517, 502. 4 Edmund Husserl, Husserliana XIX/1 : Logische Untersuchungen, vol. II, premi re partie : Untersuchungen zur Ph nomenologie und Theorie der Erkenntnis, U. Panzer ( d.), La Haye, M. Nijhoff, 1984, 4 ; Recherches logiques, tome II : Recherches pour la ph nom nologie et la th orie de la connaissance, premi re partie : Recherches I et II, trad. par H. Elie, A. L. Kelkel et R. Scherer, Paris, Puf, coll. « pim th e », 1969, 4. 5 Zahavi, « Ph nom nologie et m taphysique », 502. 1

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On sait cependant que ce geste d’exclusion de tout ce qui transcende la sph re de l’immanence ph nom nologique – la sph re de l’appara tre ou, pour Husserl, la sph re du v cu, de l’immanence intentionnelle de la conscience – n’a pas suffi mettre la ph nom nologie inaugurale des Recherches logiques l’abri du soupÅon d’une rechute dans la m taphysique : il suffit de songer en ce sens la critique avanc e par Derrida dans La voix et le ph nom ne et selon laquelle, l mÞme o elle entend d passer la m taphysique, la d marche de Husserl ne ferait que retomber dans « la m taphysique comme recherche de la certitude et de la pr sence ».6 Autrement dit, le d passement d’une m taphysique de la transcendance ne pr munit pas la ph nom nologie contre la rechute dans ce que Derrida a appel la « m taphysique de la pr sence ».7 La formulation de cette critique sugg re d j que la ph nom nologie et la m taphysique ne se situent jamais dans un rapport d’opposition univoque. Nous pr f rons toutefois aborder leur rapport ici par un autre biais, en partant de la faÅon dont Husserl pr sente la t che de la ph nom nologie dans les Recherches logiques, et en relevant les indications qu’elle donne de ce qui serait le propre de la m taphysique d passer. Le tort de celle-ci est en effet de recourir des constructions th oriques purement symboliques et d pourvues de toute validation intuitive : le propre d’une entreprise m taphysique est donc de se soustraire l’ vidence de l’intuition. Cette vidence n’est pas comprendre en un sens empiriste grossier, restreint la perception sensible, car elle concerne galement les id alit s logiques et math matiques, ou encore le cat gorial, autrement dit, tout ce qui est susceptible d’une validation intuitive et ne se r duit pas une vis e de signification irr m diablement vide. Dans cette perspective, il appara t aussi que le caract re ph nom nologique d’une assertion ne d pend pas tant de ce sur quoi elle porte que du type de validation qu’elle appelle : rien n’interdit alors de concevoir une validation intuitive pour certains nonc s traditionnellement consid r s comme m taphysiques.8 Mais dans ce cas, la m taphysique n’obtient Voir Jacques Derrida, La voix et le ph nom ne, Paris, Puf, 1989 [1967], 9, et le rappel de cette critique par J. Benoist, « D passements de la m taphysique », 171. 7 Voir aussi Jean-Luc Marion, R duction et donation. Recherches sur Husserl, Heidegger et la ph nom nologie, Paris, Puf, coll. « pim th e », 1989, 13. 8 Comme le souligne Husserl dans la premi re version de l’article « Ph nom nologie » pour l’Encyclopaedia Britannica : « La ph nom nologie est antim taphysique dans la mesure o elle r cuse toute m taphysique se mouvant dans des substructions formelles vides. Cependant, comme tous les probl mes philosophiques v ritables, tous les probl mes m taphysiques reviennent un sol ph nom nologique et y trouvent leur v ritable figure et leur v ritable m thode transcendantales, issues de l’intuition » (Edmund Husserl, Husserliana IX : Ph nomenologische Psychologie. Vorlesungen Sommersemester 1925, W. Biemel ( d.), La Haye, M. Nijhoff, 1962, 253, cit par D. Zahavi, « Ph nom nologie et m taphysique », 510, traduction franÅaise dans Edmund Husserl, Notes sur Heidegger, trad. par D. Franck, Paris, Minuit, 1993, 90 – 91. Nous avons modifi ici ces deux traductions. Remarquons aussi, au passage, que le 6

Le probl me d’une m taphysique ph nom nologique

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sa l gitimit qu’en renonÅant son statut de philosophie premi re, qu’en se soumettant, comme le voulait d j la critique kantienne, une instance ext rieure ; et pour Husserl aussi, cette instance est la th orie de la connaissance. « L’exigence de fondation » implique en effet ici « une dualit de la m taphysique et de la th orie de la connaissance ».9 Il n’y a ainsi de m taphysique l gitime qu’en tant qu’elle est subordonn e ou subalterne, comme le souligne Husserl dans son cours d’Introduction la logique et la th orie de la connaissance de 1906 – 1907 que nous nous permettons de citer un peu plus longuement : Si la m taphysique est la science de l’Þtre r al au sens vrai et dernier (von dem real Seienden im wahren und letzten Sinn), alors la th orie de la connaissance est la condition pr alable de la m taphysique. Dans la mesure o elle fait abstraction de l’Þtre tel qu’il se pr sente dans les faits (faktisch) et recherche l’Þtre en g n ral d’apr s son sens essentiel (seinem wesentlichen Sinn gem ß), la th orie de la connaissance est la science formelle de l’Þtre. Nous pourrions d signer la critique de la connaissance qui s’appuie sur la logique pure sous le nom de m taphysique formelle (ontologie), tandis que la m taphysique au sens propre tablit sur la base de cette m taphysique formelle ce qui est au sens cat gorique dans les faits (faktisch), ce qui revient l’Þtre non pas seulement en g n ral et en tant que tel, mais aussi de facto d’apr s les r sultats des sciences de l’Þtre d termin es.10

La m taphysique pr suppose fondamentalement la th orie de la connaissance et ne saurait en faire l’ conomie. Tant qu’il n’est pas soumis l’ lucidation qu’apporte la th orie de la connaissance ou la critique ph nom nologique de la raison, le discours du m taphysicien reste, pour Husserl, un discours qui se satisfait de « significations qui ne [sont] vivifi es que par des intuitions lointaines et impr cises, inauthentiques (Bedeutungen, die nur von entfernten, verschwommenen, uneigentlichen Anschauungen […] belebt sind) »11, qui demeure donc irr m diablement abstrait et symbolique. D’autre part, l o le ph nom nologue met entre parenth ses les questions relatives l’existence du monde ext rieur ou texte dit porte la trace d’une objection inscrite par Heidegger en marge de la caract risation de la ph nom nologie comme antim taphysique). 9 Pour citer plus pr cis ment Denis Seron : « il s’agit de d fendre simultan ment l’id e aristot licienne d’une fondation m taphysique des sciences particuli res et celle, kantienne, d’une fondation logique de la m taphysique (et plus forte raison de toutes les sciences particuli res) » (Denis Seron, « M taphysique ph nom nologique », Bulletin d’analyse ph nom nologique, vol. I, n8 2, 2005, 3 – 173, 12). Ce double geste qui destitue finalement la m taphysique de sa position de philosophie premi re est d j pr sent dans les Prol gom nes la logique pure (Edmund Husserl, Husserliana, vol. XVIII : Logische Untersuchungen, vol. I : Prolegomena zur reiner Logik, Elmar Holenstein ( d.), La Haye, M. Nijhoff, 1975; trad. par H. Elie, A. L. Kelkel et R. Scherer, Paris, Puf, coll. « pim th e », 2002, 11 – 12). 10 Edmund Husserl, Husserliana, vol. XXIV : Einleitung in die Logik und Erkenntnistheorie. Vorlesungen 1906/07, U. Melle ( d.), 1984, La Haye, M. Nijhoff, 380 ; cit par D. Zahavi, « Ph nom nologie et m taphysique », 504, trad. modif. 11 Husserl, Hua XIX/1, 6 ; Recherches logiques, tome II, premi re partie, 6.

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des objets intramondains pris dans leur factualit pour se concentrer sur leur constitution essentielle, pour le m taphysicien, au contraire, la question de l’existence ou de la r alit effective est la question ultime et fondamentale. Husserl partage en effet le d sir de surmonter ce que la Th orie de l’objet de Meinong a nomm le « pr jug en faveur de l’effectivit »12 ; or il s’agit l d’un pr jug dont on peut soutenir le caract re minemment m taphysique, dans la mesure o , par d finition, comme l’affirme un texte de 1908 publi au tome XXXVI des Husserliana, « le m taphysicien […] interroge en direction de “l’effectivit au sens ultime (Wirklichkeit im letzten Sinn)” ».13 La conception implicite de la m taphysique qui se d gage de cette assertion, comme doctrine de l’effectivit , a plus d’une affinit avec celle qui se laissera d couvrir plus tard sous la plume de Heidegger, pour qui la m taphysique, dans sa constitution onto-th o-logique, jusqu’ Nietzsche compris, n’a fait qu’asseoir le primat de l’effectif, intimement li une compr hension de l’Þtre comme efficience et volont de puissance. Husserl et Heidegger s’accordent donc remarquablement pour voir dans la m taphysique une doctrine de l’effectivit , qui r duit ce qui est, voire l’Þtre lui-mÞme, l’ tant effectif et efficient, c’est- -dire une certaine acception de l’ tant ; et nous pouvons mÞme affirmer que la critique du primat de l’effectivit a chez Heidegger tous les caract res d’un legs husserlien. Et mÞme si cette consid ration se tient en amont de ce qui motive plus profond ment l’intention heidegg rienne d’un « d passement de la m taphysique » au profit d’une nouvelle pens e de l’Þtre, il ne reste pas moins qu’il y a une connivence entre les deux ph nom nologues fribourgeois, dans les raisons de leur r ticence respective l’ gard de la m taphysique. Un partage important se dessine en tout cas ici : la m taphysique se pr occupe de l’effectivit , de ce qui existe effectivement, l o , indiff rente la prise en compte de l’existence factuelle ou de la r alit effective qu’elle met hors jeu par une poch insigne, la ph nom nologie remonte de l’ tant l’Þtre ou de l’effectif au possible, pour prendre, sous la plume de Husserl, le contour d’une discipline eid tique, d’une discipline dont l’objet d’ tude sera l’eidos et qui substituera aux explications causales des descriptions d’essence. Cette pr cision aide mieux comprendre le sens et la port e exacte du positivisme ph nom nologique mis en avant par l’auteur des Id es directrices : la ph nom nologie n’est pas la science des faits au sens de ce qui existe effectivement ; au contraire, son champ de Cf. Alexius Meinong, Abhandlungen zur Erkenntnistheorie und Gegenstandstheorie, Alexius Meinong Gesamtausgabe, tome II, R. Haller ( d.), Graz, Akademische Druck- und Verlagsanstalt, 1971, 485 sq. ; Th orie de l’objet et Pr sentation personnelle, trad. par M. de Launay et J.-F. Courtine, Paris, Vrin, 1999, 67 sqq. 13 Edmund Husserl, Husserliana, vol. XXXVI : Transzendentaler Idealismus. Texte aus dem Nachlass (1908 – 1921), R. D. Rollinger ( d.), Dordrecht, Springer, 2003, 22. 12

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description ne se d gage que par l’exclusion du factuel. Toutes les questions relatives aux faits (et a fortiori les « questions ultimes » qui touchent notre existence), elle les r serve, comme l’indique le c l bre passage de la conclusion des M ditations cart siennes sur lequel nous aurons revenir, une autre discipline qui est qualifi e sans h siter de « m taphysique » et qui est cens e prendre en compte de tels « probl mes de la facticit contingente (zuf llige Faktizit t) ».14 Il appara t ainsi qu’il est dans une certaine mesure possible de faire correspondre au partage entre m taphysique et ph nom nologie celui, dress au d but du premier tome des Id es directrices, entre fait et eidos : nous avons, dans la ph nom nologie, une discipline eid tique pour laquelle l’ tude des possibilit s doit, de faÅon significative, pr c der celle des effectivit s15, et pour laquelle tout fait est susceptible d’une fondation a priori, alors que le champ de la m taphysique est celui que dessinent les questions relatives l’existence et l’effectivit – questions qui rel vent pour Husserl de la « facticit contingente » et tombent ainsi en dehors du champ de la ph nom nologie comprise comme science de l’eidos et de la n cessit eid tique. Dans un autre texte de 1908 – publi comme compl ment au premier tome de Philosophie premi re –, cette opposition est encore plus clairement mise en place : la facticit – f t-elle celle de la nature ou celle de la conscience – est d crite comme tant « le champ, non pas de la ph nom nologie […], mais de la m taphysique »16, alors que la ph nom nologie transcendantale se propose comme une « pure doctrine de l’essence de la conscience » et examine « la possibilit de la nature et les possibilit s d’essence de la conscience pour une constitution de la nature ».17 L’eidos et le possible, d’un c t , le fait et l’effectif, de l’autre : tel serait donc le partage qui tracerait pour Husserl la ligne de d marcation entre ph nom nologie et m taphysique.

Edmund Husserl, Husserliana, vol. I : Cartesianische Meditationen und Pariser Vortr ge, S. Strasser ( d.), 1950, 39 et 182 ; M ditations cart siennes et les Conf rences de Paris, trad. par Marc de Launay, Paris, Puf, coll. « pim th e », 1994, 40 et 208. Ces probl mes renvoient en d finitive ce que, dans Philosophie premi re, Husserl appelle la « facticit contingente de l’homme (zuf llige Faktizit t des Menschen) » (Edmund Husserl, Husserliana, vol. VII : Erste Philosophie (1923 – 1924), premi re partie : Kritische Ideengeschichte, R. Boehm ( d.), 1956, p. 54 ; Philosophie premi re I – Histoire critique des id es, trad. par A. L. Kelkel, Paris, Puf, coll. « pim th e », 1970, 77). 15 Edmund Husserl, Husserliana, vol. III/1 : Ideen zu einer reinen Ph nomenologie und ph nomenologischen Philosophie, livre premier : Allgemeine Einf hrung in die Ph nomenologie, K. Schuhmann ( d.), 1976, p. 159 ; Id es directrices pour une ph nom nologie pure et une philosophie ph nom nologique, tome premier : Introduction g n rale la ph nom nologie pure, trad. par. J.-F. Lavigne, Paris, Gallimard, 2018, 242. 16 Husserl, Hua VII, 390. 17 Husserl, Hua VII, 392 et 390. 14

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Mais le partage du fait et de l’eidos n’est pas toujours parfaitement tranch . C’est pourquoi, comme la fin des M ditations cart siennes le sugg re son tour, il peut y avoir, dans une certaine mesure, r cup ration, l’int rieur de la ph nom nologie, de ce qui se pr sente de prime abord comme factuel, mÞme si cela ne revient jamais dissoudre enti rement l’opposition entre fait et eidos. Ainsi, un texte datant probablement de 1924 distingue entre une « ph nom nologie eid tique » et une « philosophie ph nom nologique de la facticit »18, laissant entrevoir un effort d’ouverture de la ph nom nologie la facticit , ainsi que le vœu d’un compromis avec une certaine forme de m taphysique (ce qui est finalement aussi la th se qu’illustre la fin des M ditations cart siennes : celle d’une non-exclusion r ciproque entre ph nom nologie et m taphysique). Et si la quatri me et derni re version de l’article « Ph nom nologie » r dig par Husserl en 1927 pour l’Encyclopaedia Britannica r sume cette situation paradoxale en divisant de faÅon bien remarquable la ph nom nologie transcendantale en une « philosophie premi re » (la ph nom nologie eid tique) et une « philosophie seconde »19 (la science de l’universum des facta, qui ressemble en un sens, comme son nom aristot licien le laisse entendre, plus une physique – au sens tr s large du terme – qu’ une m taphysique), cette tentative de r cup ration du factuel l’int rieur du ph nom nologique ne va cependant pas sans une subordination nette, peu surprenante d’ailleurs, de la science des faits sous l’eid tique, dans la mesure o , comme le souligne Husserl, « la philosophie premi re est l’universum de la m thode pour la philosophie seconde ».20 L’approche de la facticit ne semble ainsi en aucun cas pouvoir se passer de l’eidos, et la m taphysique appara t ainsi plut t comme une philosophie derni re, irr m diablement subordonn e. Cette position reste manifestement fid le au pr cepte m thodologique selon lequel l’ tude des possibilit s doit pr c der celle des effectivit s, qui sugg re bien qu’aux yeux de Husserl il y a une ant riorit , une pr s ance de la ph nom nologie comme discipline eid tique sur la m taphysique comprise comme science du factuel ou de la facticit .

Edmund Husserl, Husserliana VIII : Erste Philosophie (1923 – 1924), deuxi me partie ; Theorie der ph nomenologischen Reduktion, R. Boehm ( d.), La Haye, M. Nijhoff, 1956, 429. 19 Husserl, Hua IX, 298 ; Psychologie ph nom nologique (1925 – 1928), trad. par Ph. Cabestan, N. Depraz et A. Mazz , Paris, Vrin, 2001, 241 et 242. Cette distinction est discut e dans l’ouvrage co- crit par Rudolf Bernet, Iso Kern et Eduard Marbach, Edmund Husserl. Darstellung seines Denkens, Hamburg, Meiner, 1989, 208 – 213. 20 Husserl, Hua IX, 298 – 299 ; Psychologie ph nom nologique, 242. « Toute la rationalit d’un fait r side dans un a priori », affirmera encore Husserl dans les Conf rences de Paris comme dans les M ditations cart siennes (Hua I, 38 et 181 ; M ditations cart siennes et les Conf rences de Paris, 40 et 207). 18

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La ph nom nologie husserlienne ne s’en tient cependant pas sans reste cette faÅon de r gler les rapports entre fait et eidos, dans la mesure o il y a bien un cas o la primaut de l’eidos sur le fait se trouve mise en question. Ce cas est celui de l’ego lui-mÞme, qui nous confronte une facticit d’un autre ordre, que Husserl appellera originaire (Urfaktizit t). Comme nous pouvons le lire dans un manuscrit de travail de 1931, avec l’ego, Nous avons un cas remarquable et unique pour le rapport entre fait et eidos. L’Þtre d’un eidos, l’Þtre des possibilit s eid tiques et de l’univers de ces possibilit s est libre par rapport l’Þtre ou au non-Þtre de toute r alisation (Verwirklichung) de telles possibilit s, il est ontologiquement ind pendant (seinsunabh ngig) de toute effectivit […]. Mais l’eidos ego transcendantal est impensable sans l’ego transcendantal comme facticiel.21

Le fait de l’ego vient n cessairement avant l’eidos ego, ce qui veut dire que, quand l’ gologie est en jeu, la prise en compte de la facticit et, avec elle, la m taphysique ne saurait d tenir un rang subalterne et se r duire une philosophie seconde. L’ gologie invite ainsi penser autrement la d pendance de l’eidos par rapport au fait, et la reconnaissance de cette « facticit originaire (Urfaktizit t) » exige de reconsid rer la fois le statut de l’eid tique et celui de la m taphysique22, pour distinguer finalement entre une m taphysique comme philosophie seconde (science du fait, Faktum, comme effectivit , Wirklichkeit) et une m taphysique proprement ph nom nologique, science de la facticit transcendantale, ou Urfaktizit t. Ce remaniement affecte aussi le statut que l’on accorde la n cessit d’essence, dans la mesure o celle-ci est penser pr sent en rapport avec une insigne n cessit de fait (n cessit hypoth tique, dirait-on dans un lexique plus aristot licien ou leibnizien) – celle-l mÞme de l’ego facticiel. Il semble ainsi difficile, voire impossible de maintenir intact le partage entre n cessit eid tique et facticit contingente comme principe de la d marcation entre ph nom nologie et m taphysique, dans la mesure o la facticit gologique, dans ce qu’elle a d’irr ductible, conduit introduire un « noyau de contingence originaire (Kern von ‘Urzuf lligem’) »23 au sein mÞme de l’eid tique de la vie transcendantale. Edmund Husserl, Husserliana, vol. XV : Zur Ph nomenologie der Intersubjektivit t. Texte aus dem Nachlass. Dritter Teil: 1929 – 1935, I. Kern ( d.), 1973, 385. Le texte dont provient cet extrait, intitul « T l ologie », a fait l’objet d’un long commentaire par Marc Richir la fin de ses M ditations ph nom nologiques (Grenoble, J r me Millon, 1992), dans l’Appendice intitul « Fait et eidos chez Husserl ». 22 Sur la n cessit de distinguer entre une m taphysique comme philosophie seconde (science du Faktum comme wirklich) et une m taphysique proprement ph nom nologique, science de la facticit transcendantale ou Urfaktizit t, voir les travaux de Stefano Micali, bersch sse der Erfahrung, Dordrecht, Springer, 2008, 90 sq., et de Georgy Chernavin, Transzendentale Arch ologie – Ontologie – Metaphysik, Traugott Bautz Verlag, 2012, 80 sq. 23 Voir ce propos le commentaire de L szl Tengelyi dans Welt und Unendlichkeit. Zum Problem ph nomenologischer Metaphysik, Freiburg/M nchen, Karl Alber, 2014, 184. Notons 21

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Mais mÞme sans accepter une telle conclusion (appuy e surtout, il est vrai, sur des manuscrits de recherche tardifs, et non sur des textes canoniques), il faut reconna tre que malgr son lan antim taphysique inaugural, la ph nom nologie husserlienne a fini par reconna tre une place et une l gitimit la m taphysique en son sein. C’est ce que montrent aussi les M ditations cart siennes, auxquelles nous avons d j fait allusion dans ce qui pr c de. Au sein de la Cinqui me M ditation, au § 60, Husserl expose en effet les « r sultats m taphysiques »24 de son « lucidation de l’exp rience de ce qui est tranger », et pr cise d’entr e de jeu : « ils sont m taphysiques s’il est vrai qu’il faut appeler m taphysiques les ultimes connaissances sur ce qui est (letzte Seinserkenntnisse) ». Ce passage semble renouer avec une compr hension somme toute classique de la m taphysique, comme science de l’ tant v ritable, mais c’est pr cis ment ce que la suite de l’extrait d ment fermement, car Husserl crit : […] rien n’est moins en question ici que la m taphysique au sens habituel, celui d’une m taphysique d natur e au cours de l’histoire, qui n’a plus rien de commun avec le sens de ce qui fut l’origine fond comme une philosophie premi re. Le mode de d monstration propre la ph nom nologie, purement intuitif, concret et surtout apodictique, exclut tout aventurisme m taphysique, tout exc s sp culatif (alle metaphysischen Abenteuer, alle spekulativen berschw nglichkeiten).25

Or, mÞme si le verdict para t ici implacable et r it re dans une certaine mesure la r ticence critique pr sente d j dans les Recherches logiques, la conclusion des M ditations cart siennes fait davantage droit la nuance introduite entre plusieurs sortes de m taphysique. En effet, soucieux d’ viter tout malentendu et de ne pas faire peser de trop lourdes restrictions sur sa d marche, Husserl y pr cise que « la ph nom nologie […] n’exclut que la m taphysique na ve occup e d’absurdes choses en soi, mais non pas la m taphysique en g n ral », dans la mesure o « elle ne pr tend aucunement refuser d’aborder les questions ‘ultimes et derni res’ », savoir « les probl mes de la facticit contingente, de la mort, du destin » ou encore la question du « ‘sens’ de l’histoire » et les « probl mes thico-religieux ».26 Encore une fois, nous voyons ici que ce n’est aussi que cet argument de l’archi-facticit a t repris r cemment par Renaud Barbaras dans M taphysique du sentiment (Paris, Cerf, 2016, 105 sq.), au profit d’une pens e de l’ v nement : « il n’y a d’archi-facticit qu’ v nementiale » (ibid., 108). 24 partir de ces mÞmes crit res, nous trouverons chez Patocˇka une distinction entre la ph nom nologie et ce qu’il appelle une philosophie ph nom nologique : « La philosophie ph nom nologique se distingue de la ph nom nologie dans la mesure o elle ne veut pas seulement analyser les ph nom nes en tant que tels, mais encore en tirer des cons quences ‘m taphysiques’ et pose la question du rapport entre le ph nom ne et l’ tant, les tants » (Jan Patocˇka, Platon et l’Europe, trad. par E. Abrams, Paris, Verdier, 1983, 41). 25 Husserl, Hua I, 166 ; M ditations cart siennes et les Conf rences de Paris, 189. 26 Ibid., 182 ; M ditations cart siennes et les Conf rences de Paris, 207 – 208. Cf. Hua I, 38 – 39 ; M ditations cart siennes et les Conf rences de Paris, 40.

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pas la nature d’une question qui risque de l’exclure du champ de la recherche ph nom nologique, mais c’est la mani re dont elle est abord e qui est d cisive, et tout l’enjeu d’une m taphysique ph nom nologique est de surmonter l’approche na ve, dogmatique et abstraite de ces « questions ‘ultimes et derni res’ » que sont les questions m taphysiques. Car sans cette ouverture fonci re ces questions qui repr sentent pourtant pour elle des « probl mes limite », des Grenzprobleme, la ph nom nologie ne saurait pr tendre Þtre une « philosophie universelle ». Il faut aussi souligner que ces probl mes d’un type nouveau interviennent de prime abord et essentiellement « l’int rieur de la sph re monadique »27, d s lors que celle-ci est affranchie de sa limitation solipsiste et comprise comme intersubjectivit transcendantale ou comme communaut des monades. Le tome XLII des Husserliana, consacr aux Grenzprobleme der Ph nomenologie – aux probl mes limite relatifs l’inconscient, l’instinct et aux pulsions, la t l ologie, la m taphysique et l’ thique –, montre en outre que ce franchissement m taphysique l’int rieur de la sph re monadique n’est pas comprendre comme un compromis tardif dans la pens e de Husserl : le texte le plus ancien publi dans ce volume datant du 28 septembre 1908 (datation qui para t ainsi tr s pr cise et certaine) et intitul par Husserl lui-mÞme « T l ologie, Dieu, possibilit d’une omni-conscience. La t l ologie et la m taphysique fond e ph nom nologiquement », d ploie d j en toute clart le passage de la monadologie transcendantale la m taphysique. Il suffira d’en citer un bref extrait : M taphysique. Premier niveau : Retour au premier absolu, l’absolu de la ph nom nologie et des sciences ph nom nologiquement r duites, la conscience et sa partition en h nades. Deuxi me niveau : l’unit des multiples h nades ou monades travers la t l ologie, travers l’harmonie.28

Le passage la m taphysique appara t ici ouvertement comme appel et suscit par le dispositif monadique lui-mÞme et par la d marche mÞme de la ph nom nologie transcendantale. Husserl souligne galement dans ce texte que dans le flux de conscience d’une monade il y a « quelque chose de facticiel (ein Faktisches) », pour parler ce propos d’une « logique de la motivation m taphysique » qui conduit jusqu’ « Dieu comme ent l chie »29 : ce faisant, la m taphy-

Ibid., 182 ; M ditations cart siennes et les Conf rences de Paris, 208. Cf. Hua I, 39 ; M ditations cart siennes et les Conf rences de Paris, 40. 28 Edmund Husserl, Husserliana, vol. XLII : Grenzprobleme der Ph nomenologie. Analysen des Unbewusstseins und der Instinkte, Metaphysik, sp te Ethik : Texte aus dem Nachlass (1908 – 1937), R. Sowa et T. Vongehr ( d.), Dordrecht, Springer, 2014, 164. 29 Ibid., 164 et 168. Voir aussi le compl ment XXIX, dat du d but des ann es vingt, ibid., 335 et 336. 27

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sique ph nom nologique de la facticit trace aussi les contours d’une nouvelle pens e th ologique. C’est ainsi depuis le cœur de sa ph nom nologie, l o il est question du statut de la subjectivit et de la communaut transcendantale, que Husserl est conduit accorder la m taphysique un statut autre que celui d’une discipline caduque ou obsol te ou d’une philosophie seconde. C’est parce que la ph nom nologie descriptive et constitutive ne saurait prendre en charge et aborder convenablement, non seulement le probl me de la facticit gologique (qui ne se laisse pas r sorber dans l’eidos), mais aussi, plus g n ralement, ce que les M ditations cart siennes appellent les « probl mes de la facticit contingente » ayant trait l’inscription historique et communautaire de la vie monadique, que le recours une m taphysique proprement ph nom nologique est non seulement l gitime, mais aussi incontournable. Cette n cessit devient manifeste, nous l’avons vu, d j et tout d’abord sur le terrain de l’ gologie ou de la monadologie transcendantale. C’est pourquoi nous pouvons affirmer que, s’il y a bien un « d passement » de la ph nom nologie en direction de la m taphysique qui s’esquisse ici, il est command chez Husserl en premier lieu par le statut de la subjectivit transcendantale elle-mÞme : c’est autour de l’ego que tournent en premier lieu les probl mes limite de la ph nom nologie.

2. Sc narios post-husserliens : les trois objets de la m taphysique traditionnelle, la facticit et l’ v nement Mais il y a, comme nous l’avons sugg r , plusieurs types de « d passement de la ph nom nologie » par la m taphysique – plus pr cis ment, par une m taphysique prise en un sens nouveau, qui a int gr la critique de la m taphysique na ve et dogmatique s’ difiant en dehors de toute validation intuitive, et qui peut donc pr tendre Þtre une m taphysique proprement ph nom nologique. Or, nous pouvons consid rer que cette pluralit de strat gies qui r concilient la ph nom nologie et la m taphysique d coule des probl mes limite particuliers que suscitent chacun des trois anciens objets de la m taphysique sp ciale : l’ me, le monde et Dieu. Si, chez Husserl, c’est l’ego, l’avatar de l’objet traditionnel de la psychologie rationnelle, qui occasionne de prime abord la mise en place d’une nouvelle m taphysique, ph nom nologique, comme m taphysique de la facticit originaire, le monde et Dieu repr sentent des d fis tout aussi importants pour une ph nom nologie soucieuse de s’en tenir un plan d’immanence intentionnelle et une m thode de validation intuitive. Autrement dit, le terrain de la cosmologie et celui de la th ologie pourraient constituer des sols au moins

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aussi f conds pour faire appara tre la n cessit et le point d’ mergence d’une m taphysique ph nom nologique. En ce qui concerne la question de Dieu, cette faÅon de formuler le probl me sugg re d j qu’une approche alternative de ce que Dominique Janicaud a d nonc comme le « tournant th ologique de la ph nom nologie franÅaise » est l gitime et mÞme n cessaire : plut t que d’un « tournant » de la ph nom nologie post-husserlienne, il faudrait parler ici de l’exposition incontournable une limite de la description qui amorce, sous la plume de Husserl d j , le passage une m taphysique ph nom nologique. Ainsi, c’est finalement la possibilit mÞme d’une « ph nom nologie minimaliste », capable de s’en tenir sans risque de transgression un plan d’immanence intentionnelle dont la loi unique serait la constitution transcendantale, qui devient ici probl matique. Dans cette perspective, l’ouverture de la ph nom nologie la m taphysique devient susceptible d’Þtre comprise autrement que comme une faÅon de succomber « la fascination trop m taphysique de l’originaire » que d plorait Janicaud.30 Mais plut t que de rouvrir ce dossier trop d battu dans le pass (au sujet duquel, cependant, les textes publi s au tome XLII des Husserliana sont susceptibles d’apporter de nouveaux clairages), nous nous concentrerons dans ce qui suit sur la question du monde, ou sur le probl me ph nom nologique de la cosmologie. Nous pouvons relever plusieurs jalons sur le chemin qui, apr s Husserl et Heidegger, a exig de reconna tre que la ph nom nologie du monde, loin de se r duire un versant de la ph nom nologie transcendantale ou de l’analytique existentiale, n cessite plut t d’Þtre prolong e et accomplie sous la forme d’une cosmologie ph nom nologique, qui serait elle-mÞme comprendre comme un versant de la m taphysique ph nom nologique de la facticit originaire. L’entreprise d’Eugen Fink et celle de Jan Patocˇka repr sentent assur ment des avanc es hautement significatives dans cette direction. Plus proche de nous dans l’espace comme dans le temps est le « saut » dans la m taphysique qu’accomplit Renaud Barbaras dans Dynamique de la manifestation (2013), en faisant valoir un « archi- v nement » qui est « l’ v nement mÞme de la subjectivation »31 surgissant dans le monde. Relevons en passant qu’une faÅon semblable d’amorcer le passage la m taphysique se trouve d j illustr e chez Sartre, qui, dans la conclusion de L’ tre et le N ant, d finit celle-ci comme « l’ tude des processus individuels qui ont donn naissance ce monde-ci comme totalit concr te et singuli re », pour affirmer ensuite que « la m taphysique est l’ontologie comme l’histoire la sociologie ». Selon Sartre, en effet, le « probl me m taphyDominique Janicaud, Le tournant th ologique de la ph nom nologie franÅaise, Combas, L’ clat, 1991, 62. 31 Renaud Barbaras, Dynamique de la manifestation, Paris, Vrin, 2013, 259. 30

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sique » s’ nonce comme suit : « Pourquoi le pour-soi surgit-il partir de l’Þtre ? ». La m taphysique est donc concern e par un v nement insigne, savoir « l’apparition du pour-soi » comme « v nement absolu qui vient l’Þtre ».32 Ce faisant, la m taphysique reste malgr tout conforme la vocation que lui avait assign e Husserl, celle d’une prise en charge de la facticit , comprise toutefois ici non pas comme fait ultime mais comme v nement absolu. Le surgissement du pour-soi (Sartre) ou l’ v nement de la subjectivation sur fond de monde (Barbaras) r pondent cette caract risation tout autant que l’apparition du monde comme fait v ritablement premier qui ne se laisse pas devancer par l’ego. 3. Tengelyi et la typologie des faits originaires Nous avons tenu voquer rapidement ces quelques tentatives de redimensionner le rapport entre ph nom nologie et m taphysique dans le sillage de Husserl afin de pouvoir faire ressortir pr sent encore mieux la force et l’originalit de l’entreprise de L szl Tengelyi dans Monde et infini (Welt und Unendlichkeit), dont le sous-titre est : Le probl me d’une m taphysique ph nom nologique. Ce livre monumental paru en 2014, peu de temps apr s la disparition pr matur e de son auteur, combine en effet plusieurs approches dont la cohabitation pourrait surprendre, dans la mesure o il conjugue une enquÞte historique extrÞmement dense et fournie qui parcourt la m taphysique occidentale, d’Aristote Schelling, en mettant l’ preuve le prisme heidegg rien d’une constitution ontoth ologique de la m taphysique, et un projet syst matique dont l’ambition n’est pas moindre, car il s’agit de contribuer l’ laboration d’une m taphysique ph nom nologique dont l’objet ne soit plus l’Þtre mais le monde.33 La fid lit et la rigueur ex g tique de l’auteur n’excluent donc pas un parti-pris philosophique radical en faveur d’une m taphysique ph nom nologique qui rompt avec le cadre heidegg rien de l’ontoth ologie dans l’exacte mesure o elle rige le monde au rang de fait originaire fondamental et s’accomplit donc minemment comme une cosmologie ph nom nologique. Ainsi, tout en consacrant des pages tr s fines la ph nom nologie husserlienne et au type de m taphysique de la facticit originaire sur laquelle elle d bouche par certaines de ses avanc es, L. Tengelyi souligne avec force que les Urtatsachen sur lesquelles la ph nom nologie bute sont n cessairement multiples, et l’un des apports les plus importants de son ouvrage consiste sans doute Jean-Paul Sartre, L’ tre et le n ant, Paris, Gallimard, 2000 [1943], 667, pour cette citation et pour celles qui pr c dent. 33 Tengelyi, Welt und Unendlichkeit, 16. 32

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dans la classification ou la typologie qui en est propos e34 et qui permet, il nous semble, de mieux comprendre la pluralit des strat gies de d passement de la ph nom nologie par la m taphysique. Exposons rapidement cette typologie selon laquelle, en bonne logique husserlienne, le premier fait originaire sera le fait de l’ego, la facticit gologique. Vient ensuite le monde, ou plut t la Welthabe, le fait d’avoir un monde – mÞme si cette derni re formulation laisse entendre que la primaut du fait gologique aurait aussi une signification hi rarchique ind passable. Le troisi me fait originaire faisant l’objet d’une m taphysique ph nom nologique est celui de la communaut transcendantale form e par l’intrication intentionnelle des ego : bref, le fait de l’intersubjectivit . Enfin, la quatri me Urtatsache relev e par L. Tengelyi est relative la t l ologie, au fait que l’histoire et plus g n ralement le devenir de la vie et de la communaut monadique sont travers s par un sens t l ologique en vertu duquel le contingent ne s’identifie pas l’irrationnel et le factuel n’exclut pas une forme de n cessit 35 – et c’est ce niveau qu’une passerelle vers la th ologie se laisse d couvrir, comme le montrent les textes publi s dans la troisi me section du volume Grenzprobleme der Ph nomenologie, intitul e « M taphysique: monadologie, t l ologie et th ologie philosophique ». Plus g n ralement, on pourrait consid rer que la « t l ologie universelle » dont parle Husserl d place et largit ce que Kant d signait d j comme le concept cosmique de m taphysique, savoir la science des fins ultimes de la raison humaine, la teleologia rationis humanae. Avec la typologie des faits originaires propos e par L. Tengelyi, nous avons assur ment faire un d placement significatif de la tripartition traditionnelle des objets de la m taphysique sp ciale : l’ me, le monde et Dieu. L’infl chissement le plus important est sans doute celui qui invite reconna tre la communaut intersubjective le statut d’une Urtatsache de rang gal celui du fait de l’ego (nous ne nous prononcerons pas ici sur l’adoption, tout sauf n gligeable, du motif t l ologique, qui m riterait une enquÞte part enti re). Mais il faut aussi noter que le rang premier du fait originaire ego est in vitablement ambigu, puisqu’il peut donner l’impression de ne faire qu’ largir le commencement cart sien de la ph nom nologie sans le d passer v ritablement.36 Cependant, en se d tachant dans une large mesure de Husserl pour se rapprocher plut t de positions qui ont t d fendues dans la ph nom nologie franÅaise (ou mÞme, avant, par Patocˇka), L. Tengelyi propose aussi un correctif ce cart siaIbid., 184 – 185. Cf. Husserl, Hua XLII, 165. 36 Cf. Tengelyi, Welt und Unendlichkeit, 190 : « Durch diese Erweiterung des Bereichs von Urtatsachen geht Husserl sicherlich weit ber Descartes hinaus, aber er h lt dabei doch am cartesianischen Ausgangspunkt des Cogito fest. » 34 35

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nisme r manent de la m taphysique ph nom nologique d’inspiration husserlienne, savoir la reconnaissance d’un cinqui me fait originaire qui n’est autre que celui de l’appara tre lui-mÞme, et qui serait en r alit premier.37 Dans cette perspective, le geste d cisif d’une m taphysique proprement ph nom nologique serait de rompre avec le primat husserlien de l’ gologie et de penser l’Urfaktizit t ultime autrement qu’en rapport avec l’ego. Or c’est galement sous le signe d’une telle rupture que doit Þtre plac le passage d’une ph nom nologie du monde, qui tudie les modes subjectifs d’appara tre du monde et s’en tient ce faisant au plan de l’immanence intentionnelle, une cosmologie relevant de la m taphysique ph nom nologique pour autant qu’elle reconna t au monde luimÞme une facticit originaire. En effet, si le monde doit Þtre un fait originaire part enti re, il ne le sera pas simplement en tant que corr lat de l’activit gologique, en tant que donn pour cette activit et constitu par elle, mais aussi et surtout en tant que, dans sa propre facticit , il devance et conditionne cette mÞme activit . A rebours de la ph nom nologie transcendantale, la cosmologie ph nom nologique exigera donc de penser plus radicalement et plus rigoureusement l’ant c dence du monde par rapport l’ego. C’est dans cette direction que s’avancera, par exemple, la ph nom nologie asubjective de Patocˇka.38 Ce n’est cependant pas cette voie pr cise que suivront les analyses de L. Tengelyi, qui se d ploient plut t dans l’horizon, l vinassien, de l’antinomie entre la totalit et l’infini comme toile de fond privil gi e pour penser le monde. Le titre Monde et infini n’est cependant pas comprendre, en clef l vinassienne, comme une alternative : il ne s’agit pas de faire jouer les deux notions l’une contre l’autre, mais de penser « l’ouverture du monde pour l’infini (die Offenheit der Welt f r das Unendliche) »39 et de comprendre que l’exp rience du monde est simultan ment exp rience de l’infini. Pour la ph nom nologie du monde, l’exposition l’infinit a donc bien plut t la signification d’un passage la limite, car elle exprime la fois l’impossibilit d’une totalisation de l’ tant mondain et l’impossibilit d’une constitution sans reste du sens d’Þtre du monde. Cette consid ration sugg re, plus g n ralement, que la question de l’originaire (ou du principe, dirait-on dans un vocabulaire plus classique) et celle de la fin, du 37 Cf. Ibid., 190 : « Erst wenn deutlich wird, dass dem Erscheinen selbst der Charakter einer Urtatsache zukommt, die auf keine hçheren Ursachen zur ckgef hrt werden kann, wird der eigentliche Sinn von Husserls Metaphysik zuf lliger Faktizit t voll greifbar » ; et plus pr cis ment : « Erst wenn das Erscheinen als Urtatsache betrachtet wird, wird es so fassbar, wie es von sich selbst einstellt. » 38 Voir ce sujet les analyses de Renaud Barbaras dans L’ouverture du monde. Lecture de Jan Patocˇka (Paris, La Transparence, 2011) et les contributions du dossier « Patocˇka et la question du monde » coordonn par Emilie Tardivel et publi dans la revue Philosophie (vol. 118, 2013/3). 39 Tengelyi, Welt und Unendlichkeit, 298 et 299.

Le probl me d’une m taphysique ph nom nologique

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telos, ne sont pas les seules engendrer le d passement de la ph nom nologie par la m taphysique, mais qu’il faut galement leur adjoindre – ce que la consid ration husserlienne des Grenzprobleme sugg rait d j – la question de la limite. On pourrait en effet estimer qu’une des conditions de possibilit et de sens d’une m taphysique ph nom nologique tient la port e et la signification accord e la limite, c’est- -dire aussi, en d finitive, la finitude. Nous pouvons aussi invoquer cet gard la c l bre note de travail de Merleau-Ponty intitul e « M taphysique – Infini – Monde – Offenheit », dat e de mai 1960, que L. Tengelyi ne cite pas (sauf omission de notre part), mais qui aurait pu servir sa d monstration. Merleau-Ponty y crit : « Je suis contre la finitude au sens empirique, existence de fait qui a des limites, et c’est pourquoi je suis pour la m taphysique. Mais elle n’est pas plus dans l’infini que dans la finitude de fait ».40 l’antinomie insoluble du fini et de l’infini, Merleau-Ponty entend en effet opposer le concept d’ouverture, qu’il d finit comme une « finitude op rante », c’est- -dire comme une limite dont la transgression potentielle est toujours imminente, voire en cours de r alisation. tre pour la m taphysique veut dire ici non seulement, comme le disait Kant au § 57 des Prol gom nes, se tenir sur la limite (celle, en l’occurrence, du champ ph nom nal ou du champ d’immanence ph nom nologique), mais s’exposer au passage la limite, l’ clatement de la limite, et Þtre dans l’ouvert. Revenons pr sent, en guise de conclusion, nos deux questions de d part : pourquoi la ph nom nologie viserait-elle d passer la m taphysique ? Et pourquoi la m taphysique servirait-elle, sinon d passer, du moins compl ter la ph nom nologie ? Pour r pondre la premi re d’entre elles, nous avons montr , dans un premier temps de notre propos, que si la neutralit m taphysique de la ph nom nologie husserlienne peut Þtre comprise comme solidaire d’une forme de positivisme, il s’agit d’un positivisme paradoxal qui ne vise qu’ lib rer la sph re du donn en allant au-del de l’effectif, vers l’eidos et le possible. cet gard, comme nous l’avons relev , Husserl partage avec (voire transmet ) Heidegger une conception de la m taphysique comme domin e par le primat de l’effectivit , de la Wirklichkeit. Mais si elle aboutit instituer une certaine pr s ance de l’eidos sur le fait, la ph nom nologie husserlienne ne saurait luder pour autant (et c’est l que s’amorce la r ponse notre seconde question) la question de la facticit dans ce qu’elle a de proprement originaire et irr ductible, question qui fait irruption au cœur mÞme de l’ gologie transcendantale et invite concevoir une forme de m taphysique proprement ph nom nologique : une 40 Maurice Merleau-Ponty, Le visible et l’invisible suivi de notes de travail, Paris, Gallimard, 1964, 305.

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m taphysique qui ne soit plus simplement une discipline dogmatique ou une philosophie seconde du factuel, subordonn e l’eid tique, mais bien une m taphysique de la facticit transcendantale ou des faits v ritablement originaires. La possibilit d’une telle m taphysique ne saurait cependant s’attester sur le terrain de la seule gologie, car, comme nous l’avons galement sugg r , les deux autres objets traditionnels de la m taphysique sp ciale : Dieu et le monde, sont galement susceptibles d’exposer la ph nom nologie ses limites, et y introduisent mÞme de nouvelles consid rations relevant de l’Urfaktizit t, comme celles de la « t l ologie universelle » ou de l’appara tre en tant que tel. C’est parce que la ph nom nologie, dans sa vocation d’Þtre une philosophie universelle, ne peut viter de se confronter de tels probl mes limite qui font vaciller les cadres de la description eid tique et de la constitution transcendantale, que la m taphysique ph nom nologique est autre chose qu’un oxymore. Sa possibilit d pend en derni re instance de l’h t rog n it fonci re et irr ductible de l’ordre des faits, de l’ cart qui s pare la factualit des faits mondains de l’archi-facticit des faits originaires et qui d stabilise, ou en tout cas remanie profond ment, le partage modal de la contingence et de la n cessit .

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Abstract In this article, we investigate how L. Tengelyi elaborates his phenomenological metaphysics. By reviewing Heidegger’s idea of onto-theology and emphasizing the specific status of facticity in Husserl’s phenomenology, we first recall the way in which Tengelyi shows the possibility of such a metaphysics. We then question the compatibility of the two main inspirations of Tengelyi’s phenomenology: Jean-Luc Marion’s phenomenology of donation and Marc Richir’s phenomenology of sense-in-the making. Finally, we focus on the problematic of the world exposed in Welt und Unendlichkeit and propose some developments from it through the concept of concreteness and the theme of finitude.

Les travaux de L szl Tengelyi se sont attach s claircir les liens entre m taphysique et ph nom nologie afin d’ laborer une m taphysique ph nom nologique qui est pour lui l’accomplissement du projet ph nom nologique. En interrogeant, au prisme de la pens e heidegg rienne, l’histoire de la m taphysique et les modes de structuration des syst mes m taphysiques, Tengelyi entend comprendre la ph nom nologie comme l’effectuation d’une configuration m taphysique longtemps rest e latente et faisant de la facticit son concept nodal. La possibilit d’une telle m taphysique est d gag e en creux par des travaux d’histoire et pr sent e positivement partir d’une lecture de la ph nom nologie husserlienne. Son laboration ph nom nologique, sous la forme d’une pens e de l’exp rience et des exp rientiaux1, puise des sources parfois difficiles concilier : la ph nom nologie de la donation de Jean-Luc Marion, la pens e d’Emmanuel Levinas et la ph nom nologie du « sens se faisant » de Marc Richir. Son volet ontologique et cosmologique, expos dans Welt und Unendlichkeit, implique pour sa part un red ploiement plus vaste, dont l’œuvre trop t t interrompue pose les jalons.

Je m’appuie principalement sur deux textes : 1) le support du cours consacr l’histoire de la m taphysique, la mise en discussion du concept d’onto-th o-logie, et aux pr misses d’une m taphysique ph nom nologique, pr sent en 2007 la Sorbonne par L szl Tengelyi ; 2) plus ponctuellement et moins pr cis ment, le dernier ouvrage posthume, Welt und Unendlichkeit. Zum Problem ph nomenologischer Metaphysik, Freiburg/M nchen, Karl Alber, 2014. 1

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I. La ph nom nologie comme m taphysique de la facticit 1) Une m taphysique non-onto-th o-logique Pour explorer les possibilit s de la m taphysique, Tengelyi s’inscrit dans une perspective heidegg rienne sans tout lui c der. Le concept heidegg rien d’ontoth o-logie fournit une clef de lecture pour appr hender diff rents champs de d ploiement de la m taphysique et aussi pour d gager en elle des possibilit s syst matiques encore inexploit es. Dans la continuit de l’ cole franÅaise d’histoire de la m taphysique, Tengelyi s’attache ainsi complexifier, relativiser et historiciser l’id e d’onto-th o-logie. Selon Heidegger, l’onto-th o-logie est une logique consistant comprendre syst matiquement et totalement l’ tantit de l’ tant au prisme d’un principe. Or, dit Tengelyi, les trois constituants (on, theos et logos) ne sont pas indissociables. La tension de la structure onto-th o-logique est mÞme d celable d s la M taphysique d’Aristote, caract ris e par une structure katholou-protologique, autrement dit partag e entre le souci de ce qui est premier et celui de l’Þtre en tant que tel. D’autres syst mes pr sentent une structure protologique (articul e sur une pens e du premier et pas d’abord de l’Þtre), dont le n o-platonisme donne la quintessence. D’autres prennent une forme proto-katholou-logique, en particulier dans le thomisme (la pens e du premier, c’est- -dire de Dieu, ouvre seule la possibilit d’une pens e de l’ tant, le champ de la compr hension des modes d’Þtre du fini, tout en s’en excluant) ; le r le du premier n’est pas tant alors d’arraisonner l’ tant un sens pr compris que de l’ouvrir sur l’insondable de la cr ation. La structure katholou-tinologique mise en œuvre par la pens e de Duns Scot (ou d’une autre faÅon, de Su rez), qui pense l’ tant sous le format de l’objet en g n ral, constituerait seulement une branche de la m taphysique, et non un paradigme livrant les clefs de son intelligibilit . Pour Tengelyi qui plus est, ces structures ne se d veloppent pas les unes des autres de faÅon n cessaire. La m taphysique d’Aristote porte aussi le potentiel de contre-tendances ou de variantes la logique onto-th o-logique, tels les diff rents n o-platonismes. L’analogie de l’Þtre, de mÞme, n’est pas la matrice unique de toutes les scolastiques m di vales et renaissantes. Si la structure ontoth o-logique constitue une clef de lecture du mode de construction des syst mes m taphysiques, ceux-ci ne cessent pas non plus de la d border et d’ouvrir en leur sein d’autres formes d’intelligibilit , qui relativisent non seulement l’id e d’un in luctable oubli de l’ tre (voire d’un oubli de l’oubli), mais la place mÞme de l’ tre dans ces syst matiques, toujours aussi inqui t e par l’insistance de « l’Autrement qu’Þtre ». Ces chapp es hors de l’onto-th o-logie peuvent ouvrir

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une position critique d’o l’appartenance de la pens e heidegg rienne une autre histoire de la m taphysique peut son tour Þtre interrog e.

2) Vers la facticit impr pensable Au sein de cette histoire plurielle, Tengelyi s’int resse deux moments de perc e dans lesquels l’architecture onto-th o-logique n’est pas seulement inqui t e, mais effectivement remise en cause : la pens e kantienne et la pens e schellingienne. Avec Richir, il tudie la critique kantienne de l’id al transcendantal expos e dans la Critique de la raison pure2. Kant y analyse le pr suppos d’une scientia Dei qui conduit penser le monde actuel partir du savoir de Dieu et de chercher en comprendre la r alit comme l’ensemble de toutes les possibilit s. Kant, rappelle Tengelyi, veut expliciter la logique qui conduit tout Þtre pensant repr senter « chaque chose comme si elle d rivait sa propre possibilit de la part qui lui revient3 » dans l’ensemble de toutes les possibilit s. Ainsi, rappelle Tengelyi, l’id al transcendantal met en question la pr supposition de d termination compl te de toute chose, fond e dans celle d’un tout de la r alit ou d’une totalit actuelle des possibles, subrepticement transform e en id al par la raison et hypostasi e en Dieu. Pour Kant, cette figure implicitement l’œuvre dans la m taphysique doit Þtre comprise comme id e r gulatrice de la raison. Pour autant, rappelle Tengelyi avec Richir, la critique kantienne demeure mi-chemin de son objet. Le concept de possible mis en œuvre par Kant reste en effet insuffisamment clairci. Il faut plut t poser que le « tout de la r alit » n’est que « la possibilit des possibilit s »4, en d’autres termes, qu’il ne peut pas mÞme Þtre anticip par l’esprit sous forme d’un possible, et ouvre bien plut t l’abime qu’est pour la raison la facticit de la r alit . Avec Marion, Tengelyi approfondit parall lement la critique des pr suppos s kantiens. Kant ouvre certes une pens e de la manifestation de l’objet singulier sensible comme position pure5, mais recouvre cette singularit en en ramenant les modalit s une facult de connaissance d terminant ses conditions qui sont les conditions de toute exp rience. Par le concept de conditions de possibilit s, il 2 L szl Tengelyi, « Aux prises avec l’id al transcendantal. M taphysique et ph nom nologie selon Marc Richir », Annales de ph nom nologie, n8 6/2007. 3 Emmanuel Kant, Kritik der reinen Vernunft, A 572 / B 600. Tengelyi renvoie pour la traduction franÅaise au texte de l’ dition publi e sous la direction de F. Alqui (I. Kant, Critique de la raison pure, tr. par A. Delamarre et F. Marty partir de la traduction de J. Barni, Paris, Gallimard, 1980). 4 Marc Richir, L’exp rience du penser, Grenoble, Millon, 1996, 97. 5 Martin Heidegger (trad. W.Biemel, A de Waehlens), Kant et le probl me de la m taphysique, Paris, Gallimard, 1981.

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r affirme ainsi le primat dogmatique d’une certaine id e de possible. Rien ne « se fait », n’« arrive », sans l’attestation qu’il soit possible. La facult de connaissance pr c de ce qu’elle rend possible et rend par avance raison du mode d’apparition de l’apparaissant : « En r gime m taphysique, la possibilit d’appara tre n’appartient jamais ce qui appara t, ni sa ph nom nalit au ph nom ne.6 » Pour Tengelyi, le potentiel m taphysique de cette perc e kantienne est explicit par Schelling. Celui-ci comprend pour sa part que le « tout de la r alit » n’est que la possibilit des possibilit s. Les possibilit s envisag es d’une faÅon a priori ne d terminent qu’un Þtre en puissance, sans pouvoir anticiper sur l’Þtre en acte. Schelling envisage ainsi « une existence effective qui d passe toute pens e » (eine alles Denken bertreffende Wirklichkeit). L’ tant ne peut Þtre pens en totalit et la pens e ne peut anticiper son existence effective impr pensable (unvordenklich) et aveugle (blind, blindlings), laquelle renvoie, dit Tengelyi, une « facticit »7 et une « contingence »8 dont la d couverte marque le d but de notre propre poque philosophique. L’effectif, ici, n’est plus simplement le fait. Le caract re premier, ind rivable, de la facticit contingente ouvre le champ d’une autre configuration m taphysique. Celle-ci n’appara t cependant pas ainsi arm e et d finitive avec la pens e de Schelling, mais traverse elle-mÞme de mani re latente l’histoire de la m taphysique sans avoir t explicit e et explor e comme telle9. Cette m taphysique ne reconduit pas le manifeste des crit res ou des conditions en assurant ou en validant le degr d’existence ou d’ tantit et ne pr tend pas surplomber a priori le champ de l’ tantit et du pensable. Pour Tengelyi, elle prend la forme de la ph nom nologie repens e, sous l’ gide de la lecture que Marion fait de Husserl, comme philosophie premi re.

3) La m taphysique de la facticit comme ph nom nologie des exp rienciaux En reprenant, avec Marion, l’id e husserlienne d’une ph nom nologie comprise comme philosophie premi re, Tengelyi entend faire clater la distinction pos e par Husserl qui s pare la ph nom nologie transcendantale, philosophie preJean-Luc Marion, tant donn , Paris, Puf, 255. Richir, L’exp rience du penser, 153. 8 Ibid., 163. 9 On la trouve par exemple, rappelle Inga Rçmer, dans l’id e d’Aristote d’une « n cessit hypoth tique, d tach e de l’apriorit : aussi longtemps qu’un tant existe, il est n cessaire, puisque son existence exclut la possibilit de sa non-existence ». 6

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mi re, et la m taphysique, philosophie seconde, pour expliciter la possibilit d’une m taphysique ph nom nologique qui soit pr cis ment la m taphysique de la facticit . Pour Husserl certes, la m thode « […] intuitive, concr te, mais apodictique, de la ph nom nologie exclut toute ‘aventure m taphysique’, tous les exc s sp culatifs10 ». Pour autant, Husserl lui-mÞme souligne que la ph nom nologie « n’ limine que la m taphysique na ve […], mais qu’elle n’exclut pas la m taphysique en g n ral11 ». L’id e husserlienne de la m taphysique ne se r duit pas une interpr tation ph nom nologique et transcendantale des sciences de fait : « l’irrationalit du fait transcendantal » est l’objet principal d’une « m taphysique en un sens nouveau12 » et entra ne un largissement de la m taphysique. Selon Tengelyi, la compr hension et l’ lucidation du transcendantalisme mÞme impliquent la compr hension de sa dimension m taphysique, cela parce que la ph nom nologie transcendantale met jour les « faits » ultimes ou originaires que sont le monde, l’ego, l’intersubjectivit , la t l ologie de la raison, lesquels ouvrent leur tour sur l’appara tre en tant que facticit transcendantale. En d’autres termes, la ph nom nologie d couvre une facticit originaire qui entra ne l’irrationalit de toute rationalit mondaine, mais cette irrationalit n’est telle qu’au prisme d’une certaine conception de la raison plaÅant celle-ci en position d’origine absolue et l’appelant rendre raison de tout. La ph nom nologie invite pr cis ment repenser la raison, recomprendre le d ploiement de la rationalit elle-mÞme, la faÅon dont celle-ci s’inscrit dans une facticit qui la pr c de et en ouvre le mouvement et le travail. Le concept de monde chez Husserl est particuli rement scrut par Tengelyi. Il est en quelque sorte le lieu de ce basculement et de la syst matisation d’une m taphysique de la facticit . Le monde est en effet caract rise par une « contingence d’une autre esp ce » que les autres faits, car contrairement eux, indubitable13. Je ne peux mettre en doute l’existence du monde, parce que le monde « […] m’est conscient avec une irr futable certitude comme donn en personne ». Pour autant, il est caract ris par une contingence de connaissance « […] en ce sens que ce caract re du monde d’Þtre donn en personne et en chair n’en exclut par principe jamais le non-Þtre14 ». 10 Eedmund Husserl, Cartesianische Meditationen, E. Strçker ( d.), Hamburg, Meiner, 1987, p. 142. – Tr. fr. M ditations cart siennes, tr. par G. Peiffer et E. L vinas, Paris, Vrin, 1996, 223. 11 Ibid., 160. 12 Edmund Husserl, Erste Philosophie, Husserliana VII, R. Boehm ( d.), Den Haag, M. Nijhoff, 1956, 188. 13 Ibid., 50. 14 Edmund Husserl, Zur Ph nomenologie der Intersubjektivit t, Husserliana XV, I. Kern ( d.), Den Haag, M. Nijhoff, 1973, 385.

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Le monde est en quelque sorte le lieu d’une tension entre sa manifestation, toujours locale et limit e, et sa mondan it d passant et d jouant cette manifestation. D’une part, le monde n’est alors plus un ph nom ne mais une condition de la ph nom nalit , la forme de la facticit . La m taphysique ph nom nologique est comprise comme une analytique de la mondanit , entre sa manifestation dans une exp rience toujours port e la concordance, et le mouvement d’ouverture qui rend jamais cette concordance impossible et ouvre le jeu du sens… Jeu qu’il faut comprendre comme formation responsive, sur fond d’une facticit venant s’inscrire dans une historicit qu’elle d joue et relance.

II. La facticit et le transcendantal 1) M taphysique de la facticit et nouvelle ph nom nologie L’ laboration concr te de cette m taphysique implique une v ritable refonte des concepts, op rations et objets de la ph nom nologie. Cette interrogation sur la ph nom nalit , sous le sceau de la double influence de Marion et de Richir, est pour Tengelyi la marque de ce qu’il d signe – et constitue – comme nouvelle ph nom nologie franÅaise15, caract ris e par une mise en question commune de la ph nom nalit interrog e dans sa dynamique propre et du ph nom ne constitutivement habit par un exc s le d chirant. Pour autant, si les r f rences que fait Tengelyi Marion et Richir permettent de mieux comprendre la refonte conceptuelle laquelle il proc de, elles engendrent aussi une certaine ambigu t li e une h sitation entre deux mod les de ph nom nologie qu’il n’est peut-Þtre pas si facile de rapprocher. Avec Marion, Tengelyi questionne l’appara tre comme dynamique originelle de la manifestation, comme ce partir de quoi et en quoi « il y a ». L’appara tre est premier, se confond avec la donation de ce qui appara t, est caract ris par son imm diatet , son v nementialit . Avec Richir, Tengelyi questionne la facticit dans ce qu’elle a toujours d’inappropriable, dans son retrait, son caract re imp n trable et muet. L’enjeu pour Tengelyi n’est pas, comme chez Marion, de penser la structure d’adonnation comme condition subjective, mais plut t d’articuler une pens e de la facticit comme v nementialit et de la facticit au sens de la pr -objectivit . Hans-Dieter Gondek et L szl Tengelyi, Neue Ph nomenologie in Frankreich, Berlin, Suhrkamp, 2011. ce sujet, cf. Christian Sommer, « Transformations de la ph nom nologie », Revue Sciences/Lettres [en ligne], 1 j 2013, mis en ligne le 01 mai 2012, consult le 23 janvier 2018. URL : http://journals.openedition.org/rsl/235. 15

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Ce qui m’arrive ne me subjective pas seulement, ou pas directement : la singularisation v nementiale ouvre l’espace d’une subjectivation. Chez Tengelyi, la singularit doit Þtre appr hend e comme double, singularit hors du monde et singularit saisie par le monde16, dans l’ cart de ces deux figures et le travail que celui-ci suscite. La singularit est ainsi penser entre la facticit qui habite l’exister et l’ v nementialit qui parfois d chire son cours, dans les tensions de ce mode de ph nom nalisation interstitiel qu’est le sens.

2) La ph nom nologie au risque de la donation On l’a vu, Tengelyi fait de l’apparaitre un cinqui me fait originaire, plus originaire encore que les autres et fondement de leur facticit , point sur lequel le projet de Tengelyi est explicitement parent de celui de Marion. Il s’agit bien en effet de penser la ph nom nalit en tant que telle, c’est- -dire ici dans son advenir et sa facticit , ou encore son v nementialit (l’ v nement est en quelque sorte le paradigme de cette effectivit ). Autrement dit encore, il faut penser le « es gibt » de telle mani re que celui-ci ne soit pas appr hend sous la figure d’une production, d’une constitution, d’une synth se, non plus d’ailleurs que sous celle de la constatation d’un d j -l . Les travaux pr paratoires de Marion dans R duction et donation entendent d gager la notion de donn des formats classiques de l’objectivit . Marion poursuit la r duction au-del de toute reconduction une norme pr constitu e d’objectivit , pour d gager une forme pure de la ph nom nalit . Pour Marion, les structures classiques de l’objectivit (permanence, d finition, universalisation, r p tabilit ) ne peuvent que recouvrir la donation. Or, le quelque chose est toujours un « ceci qui donne le temps », qui doit Þtre pens positivement dans sa singularit . En particulier, il faut d sancrer la donation de la perception et de l’intuition remplissante. La donation ne d signe pas une ph nom nalit vid e, mais pure, appr hend e en ce qui la caract rise comme ph nom nalit . Ainsi, Marion peut dire sans paradoxe que ce qui m’est donn imm diatement est une signification, mÞme si celle-ci n’est le plus souvent pas appropriable et dominable par la conscience. La donation est signification dans la mesure o elle d termine la faÅon dont elle se donne, son mode de manifestation et ses effets. Le concept de donation caract rise le fait que les ph nom nes peuvent « […] manifester leur propre ph nom nalit , autrement dit, prendre forme partir De ce que S. Zˇizˇek appellerait lui philosophe pervers (celui qui pense le sujet ancr dans le monde), et philosophe hyst rique (celui qui pense le sujet en rupture avec le monde). 16

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d’eux-mÞmes, au lieu de venir s’inscrire dans un cadre pr d fini.17» Il renverse le primat m taphysique des conditions de possibilit sur le possible (du principe de raison sur l’effectif) et prend l’advenue du ph nom ne comme fil conducteur. La question de l’effectuation ou de l’op rationnalisation de cette ph nom nologie se pose cependant. Chez Marion, elle est ouverte par l’ largissement du champ de la ph nom nalit : le ph nom ne n’est plus d’abord d fini selon le type d’objet dont il est ph nom ne, mais selon le type de ph nom nalit dont il rel ve. Cet largissement conduit la mise en place du concept de ph nom ne satur o « […] l’intuition donnerait plus, voire d mesur ment plus, que l’intention n’aurait jamais vis , ni pr vu.18 » L’id e de saturation confirme le primat de la donation en rendant impossible tout raisonnement en termes de conditions de possibilit et toute inscription de la ph nom nalit dans des normes pr d termin es. L’ v nement historique (comme la Bataille de Waterloo, manqu e par Fabrice dans la Chartreuse de Parme), les œuvres d’art, la chair en tant qu’elle s’autoaffecte, l’alt rit du visage chez Levinas, constituent ainsi des paradigmes de ph nom nes satur s que la conscience ne peut arraisonner et qui dictent celleci la mani re dont elle les reÅoit. tre ph nom nologue pour Marion, c’est expliciter de nouveaux types de ph nom nalit , les modalit s selon lesquelles ils adviennent, la faÅon dont une « responsivit » (ce que Marion appelle l’adonn ) est chaque fois veill e. Les travaux consacr s Saint Augustin dans Au lieu de Soi, les analyses esth tiques de la peinture de Courbet19 s’inscrivent elles aussi sous l’ gide du ph nom ne satur et de la donation dont elles veulent en quelque sorte tester l’effectivit . La question ne s’en pose pas moins : la cat gorie du ph nom ne satur donne-t-elle vraiment un surcroit d’intelligibilit aux œuvres de Courbet ?

3) La facticit du sens se faisant Tengelyi ne suit pas jusqu’au bout la voie de l’adonation et du ph nom ne satur . Il inscrit plut t ses analyses dans le cours de l’exp rience humaine et cherche penser celle-ci comme mouvement de formation de sens. Le sens est une cat gorie nodale pour Tengelyi, puisqu’il s’agit pour lui de passer d’une « ph nom nologie diacritique » une « thique l mentaire ph nom nologique » au moyen du concept d’une « division de soi »20 en concevant « le « temps » et la 17 18 19 20

Jean Greisch, Le cogito herm neutique, Paris, Vrin, 2002, 42. Jean-Luc Marion, Le visible et le r v l , Paris, ditions du Cerf, 54. Jean-Luc Marion, Courbet ou la peinture l’œil, Paris, Flammarion, 2014. L szl Tengelyi, L’histoire d’une vie et sa r gion sauvage, Grenoble, Millon, 2005, 297.

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« vie » partir du « sens »21 », c’est- -dire en s’efforÅant de comprendre la rencontre de la formation de sens et d’une institution de sens, de l’inchoation du sens se faisant et de l’ouverture infinie de l’id alit . Autrement dit, Tengelyi ne cherche pas penser l’ouverture une pluralit de types de ph nom nes, mais la faÅon dont l’existence est relanc e, mise en jeu par le jeu de l’accident et du sens. Cette r interpr tation de la probl matique de la passivit conduit Tengelyi introduire une pens e « soustractive » de la subjectivit – pour reprendre un terme introduit par A. Badiou pour caract riser la tradition lacanienne, d’un sujet qui n’est pensable qu’hors toute exp rience subjective. L’ v nement singularise en d -subjectivant – certes pour appeler subjectiver nouveau. Sa donation faisant clater toute structure de monde, d’horizontalit , de vis e, d’anticipation bien s r, l’ v nement arrivant en quelque sorte sans directement nous arriver, il ne se manifeste qu’en tant qu’il inscrit une indisponibilit dans le manifeste, pens e par Tengelyi travers la cat gorie lacanienne du r el, dans sa double dimension d’effectivit et de retrait. « […] Le r el ne se pr sente jamais – le r el en tant que r el, le poids du r el – sans la perte d’un acc s direct une r alit pr sente sans m diation et sans limite.22 » Le r el – cette expression a chez Lacan un sens particulier. Elle ne renvoie pas une « r alit pr sente sans m diation et sans limite », avec laquelle on compte sur la base d’exp riences pr c dentes et dont on se promet le remplissement d’attentes pr conÅues. Il signifie plut t chez Lacan – tout comme chez Levinas – justement le contraire. Le « r el » n’est pas le « possible » devenu « effectif », mais […] l’« impossible ». Ce qui est ainsi signifi n’est pas nouveau la contrepartie conceptuelle du « n cessaire » ; ce qui est signifi est plut t l’indisponible dans l’effectif […]23.

Il s’agit de radicaliser la pens e de la passivit pour finalement penser la singularit l o elle n’est plus du tout rep rable, assignable, exp rimentable. Mais l’ v nementialit , si elle ne se fait pas dans le monde, ne se fait certes pas non plus sans monde, et le surgissement temporalise plut t qu’il ne brise seulement. Ainsi […] la tentative de concevoir la « vie » ou encore l’« Þtre » en g n ral – partir du « temps » ferme l’acc s la question de l’ips it en tant qu’histoire d’une vie plut t qu’elle ne l’ouvre. Avec la tentative inverse – telle qu’on la retrouve d’une certaine mani re chez Michel Henry, consistant concevoir le « temps » partir de la « vie », il n’en va pourtant gu re mieux. […] Parler d’une vie qui s’ prouve elle-mÞme et se manifeste elle-mÞme ne peut revendiquer pour soi aucune vidence. Comme Marc Richir le dit bon droit, c’est pourtant une vidence qu’il n’y a que moi qui puisse vivre ma vie et que je ne peux vivre que ma vie. C’est donc en tant que tertium datur que s’offre nous la possibilit de concevoir le « temps » et la « vie » partir du « sens ».24 21 22 23 24

Ibid., 16 sq. Ibid., 333. Ibid., 333. Ibid., 16s.

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Ici, v nementialit et facticit se laissent penser ensemble comme ce qui d joue toute ma trise de l’ego, toute position de sens, et appelle examiner les processus de formation et de surgissement de sens : « […] il nous est donn travers le sauvage de rester tranger dans le propre, pour lib rer la voie vers l’ tranger l’ext rieur du propre25 ». Certes, Tengelyi ne suit pas non plus Richir jusqu’au bout dans sa plong e dans la « sauvagerie » ph nom nologique. L’horizon de sa pens e reste bien plut t la disponibilit responsive aux v nements du sens. S’il s’agit pour lui aussi de penser la vie du sens, celle-ci est appr hend e dans une tonalit moins int rieure, nostalgique et m lancolique que chez Richir. Chez Richir, la clef de l’ouverture du sens et de la singularit du soi n’est pas l’extase mais l’ cart. Le paradigme du ph nom nologique n’est pas ce qui arrive, frappe, ravit ou traumatise, mais le creux qui habite tout v cu. Le vif de l’exp rience est affaire de trouble et d’inqui tude : impossibilit de l’exp rience se fermer sur elle-mÞme, lacunes, creux, aspirations entr’ouvertes dans les rythmes de la vie du sens. L’essentiel ne se dit ni ne se r v le, mais s’indique seulement dans l’effleurement du plus dire. Tengelyi, lui, veut une pens e moins m lancolique et moins esth tique. Au flux richirien du sens, il oppose la r quisition, l’imp ratif toujours singulier d’un sens.

III. Le devenir ontologique de l’ paisseur ph nom nologique 1) Le monde et son infini Derni re phase de la pens e de Tengelyi, la m taphysique du monde en r articule les diff rents ingr dients. La ph nom nologie des existentiaux faisait d j de la diff rence infranchissable entre l’infini du projet de monde et de son attestation finie une question essentielle. Celle-ci est tout aussi structurante pour le projet de Welt und Unendlichkeit. Tengelyi cherche, comme le souligne Inga Rçmer, penser le monde comme « […] un infini ouvert, qui laisse une place fondamentale ce qui est v ritablement neuf 26 ». Penser l’ouverture l’infini partir du monde, sans faire de cet infini un horizon, est sans doute l’originalit de la perspective de Tengelyi. Celui-ci entend en effet penser partir du et en le monde cette forme d’exc s, d’ouverture ou de b ance qui, pr cis ment, a motiv chez les pr curseurs de la ph nom nologie franÅaise – et particuli rement chez Ibid., 223. Inga Rçmer, « De Kant la m taphysique. Le chemin intellectuel de Laszlo Tengelyi », Interpretationes, Acta Universitatis Carolinae, n8 2/2015, 21. 25 26

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Levinas – une remise en question du concept de monde et une mise en exergue de l’alt rit . L’infini chez Tengelyi n’est certes pas au-del du monde, mais il n’est pas non plus proprement parler le monde. Plus pr cis ment, c’est partir de la manifestation toujours finie et contingente du monde qu’il faut t cher de le comprendre comme ouverture l’infini : un infini qui n’est pas actuel, mais qui n’est pas non plus le mauvais infini de l’ind fini, qui est plut t pens comme potentiel ou virtuel, selon un mod le inspir des infinis cantoriens que Tengelyi discute27 dans une perspective d’abord ouverte par Richir28. Tout l’enjeu est de comprendre l’inscription de l’illimitation au sein de la facticit finie, de d velopper une m taphysique de la limite.

2) La mat rialit d’un monde d mond Un tel projet peut Þtre plac dans une proximit heidegg rienne. Il s’agit en effet de penser le monde au-del de la structure d’horizon, comme forme ou formalit de la manifestation. Cette formalit du monde fut d j l’objet des r flexions de G rald Granel, auquel Tengelyi ne se r f re pas notre connaissance, et qui a cherch , par la mise en tension des pens es de Heidegger et de Wittgenstein, arracher le monde son appr hension ph nom nologique classique pour retrouver dans un deuxi me temps, en questionnant sa mat rialit , la possibilit d’une autre ph nom nologie. En quelque sorte, le concept de monde accomplit ainsi la ph nom nologie et constitue en mÞme temps son point de d chirure. Il retourne la relation du ph nom ne l’appara tre, en faisant du ph nom ne une structure d’appara tre du monde, structure qui ne prend sens qu’en et par lui : la facticit contingente de ce qui m’appara t et sa ph nom nalit est comprendre comme ouverture du monde. De la mÞme faÅon, le monde accomplit et puise l’id e de totalit en l’amenant au-del d’elle-mÞme, l o il n’est plus question « du tout », mais de « tout », avec la part d’ostensivit qu’implique cette d nominalisation. La question est alors celle de l’attestation que permet une telle pens e d’un monde d mond . Y-a-t-il une attestation du monde comme monde ? Celui-ci se donne-t-il comme monde ? Comment penser la ph nom nalit du monde, ou L szl Tengelyi, L’exp rience retrouv e, « Nombre transfini et apparence transcendantale : Richir sur Kant et Cantor », Paris, L’Harmattan, 2006. 28 Marc Richir, Recherches ph nom nologiques IV et V, Du sch matisme ph nom nologique transcendantal, Bruxelles, Ousia, 1983 ; tudes ph nom nologiques, Ph nom nologie et sciences exactes (1986, n8 3), « Une antinomie quasi-kantienne dans la fondation cantorienne de la th orie des ensembles ». 27

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tout du moins l’inscription de la mondan it au sein de la ph nom nalit ? Selon Richir, cette probl matique travaille le Cours de Marbourg de l’ t 1928 de Heidegger. L’articulation, au sein du Dasein, de l’Entwurf qui l’emporte et de la facticit en laquelle il est toujours d j « d chu », implique une forme de dissention au sein de la transcendance. Le monde comme « articulation li e des modes ou des possibilit s d’Þtre29 » fait toujours aussi encontre (Widerhalt) au mouvement qui le reprend. En ce sens, il « concr tise de mani re finie l’exc s en possibilit s dans lequel se tient toujours d j le Dasein comme pro-jet libre30 ». De cette faÅon, la transcendance ouvre bien vers l’ tant, mais cette ouverture est indissociable d’un mouvement de d tachement. L’ tant auquel s’ouvre le Dasein, d’une certaine faÅon, se s gr gue : c’est dans le frottement du transcender et de ce qui lui r siste que celui-ci est ouverture la question de l’Þtre. Le « rencontr » n’est pas seulement rencontr sous la forme d j structur e du Vorhanden ou du Zuhanden ; ceux-ci rendent compte de la dimension d j pr cat goriale de la faÅon dont l’ tant vient faire question comme tant, et non de ce que, pour se manifester ainsi, elle doit tout autant faire encontre, consister en r sistance mÞme au transcender qui s’y ouvre. La chos it de la chose implique une « contre-transcendance », une insistance dans la transcendance, une « distance » originelle qui est la diff rence, et en laquelle elle se d pose en elle-mÞme.

3) Concr tude et chos it Pour Richir, cette probl matique est celle de la concr tude ph nom nologique, ou dit d’une autre faÅon, du ph nom nologique comme concr tude. Il s’agit de penser au plus pr s l’ paisseur du concret sans l’assigner aucune mati re pr existante, aucun porteur de r alit . Richir voit dans cette concr tude l’ouverture un infini qui appelle la dimension du sens, mais cet infini (qui est infinitisation) […] n’ordonne rien et ne m’ordonne rien, il est seulement la part d’infini d’apeiron qui travaille toute limite du dedans en l’infinitisant, qui fait de toute stase ou phase de pr sence la temporalisation pr caire d’un imm morial/immature toujours d j et toujours encore en « cours » de proto-temporalisation […]31.

Il est ce qui se creuse en ab me dans tout Þtre, cette facticit irr sorbable du ph nom ne laquelle l’homme est expos , travers laquelle il rencontre sa Marc Richir, Ph nom nologie en esquisses, Grenoble, Millon, 2000, 12. Ibid. 31 Marc Richir, « Ph nom ne et infini », in C. Chalier et M. Abensour, Cahier de l’Herne, Paris, 1991, 251 – 252. 29 30

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propre nigme comme contingence radicale. La dimension mÞme du monde ne peut Þtre pens e qu’en regard d’une concr tude ph nom nologique qui l’habite sans s’y absorber, qui l’exc de, l’anime et la menace. Au monde co-appartient ce fond de r serve qu’est sa propre pes e et qui lui interdit toute totalisation et toute cl ture. Cette pens e de la concr tude ph nom nologique ouvre d s-lors une pens e de la chos it (non seulement de la chose), c’est- -dire la b ance du monde sur son infini sur fond du jeu de tensions et de miroitements de surgissements d’arrangements ou de configurations chosales dont l’essence singuli re s’av re intrins quement ouverte et vibrante. Soulignons, sans pouvoir d velopper ce point, que ce concept de concr tude dont Richir fait le lieu essentiel de la ph nom nologie est pr cis ment aussi le point de la b ance du ph nom nologique sur l’ontologique. En se reformulant comme conomie de la concr tude, la ph nom nologie se fait du mÞme coup pens e de la « chos it »– une « chos it » fragment e, multiple, faite de percussions, de contacts, de tensions. Ce passage par l’int rieur du monde et la concr tude donne ainsi une nouvelle teneur au projet d’une pens e du monde et de son infini : une telle pens e, pour ne pas se perdre dans une conceptualit m taphysique inappropri e, ne peut selon nous que se fr ler, s’esquisser partir d’une terminologie provisoire, toujours aussi m taphorique, ou les termes de contact ou de toucher, de concr tude ou de pes e, de pluralit se substituent finalement ceux de monde, d’appara tre, de substantialit . La pluralit , en effet, n’est pas pluralit de plusieurs choses, mais toujours arrangement chosal. La chose est chose pour ou par rapport d’autres choses ; elle est comme passibilit . On ne peut penser le monde que se « touchant », qu’ayant rapport avec lui-mÞme, qu’ tant impliqu en lui-mÞme, en contact avec lui-mÞme. Le monde n’est pas une collection d’objets h t rog nes rassembl s : il est monde en tant que pluralit de contacts. On peut citer Derrida : Notre monde se touche. Est-ce que cela voudrait dire, comme le tol re une grammaire franÅaise, qu’on le touche qu’il est touchable et tangible ? Non, non seulement « notre monde » se touche lui-mÞme, il se fl chit, s’infl chit et se r fl chit, il s’auto-affecte et s’h t ro-affecte ainsi, il se plie lui-mÞme, sur lui-mÞme. Il se touche pour devenir monde, certes, mais aussi pour sortir de lui-mÞme. […] Il se touche pour sortir de lui-mÞme. Il touche « quelque chose » en lui-mÞme. Mais ce « quelque chose » n’est pas une chose et cet « en soi » n’est plus une int riorit 32.

Il ne s’agit pas de prÞter au monde une capacit appara tre et s’appara tre, mais trouver, en deÅ de toute manifestation, dans le concept de concr tude, la racine commune des concepts de ph nom ne et de chose permettant de combler, sans rabattre l’un sur l’autre, l’ab me qui les s pare, en usant de la langue du 32

Jacques Derrida, Le toucher, Jean-Luc Nancy, Paris, ditions Galil e, 2000, 67.

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contact, du toucher, de la concr tude, plut t que de celle de l’appara tre, de la substantialit . Ajoutons enfin, en guise de conclusion autant que d’ouverture, que penser le monde au prisme d’une telle conomie de la chos it et des arrangements chosaux (qui est pour nous la seule faÅon d’accomplir le projet de Tengelyi) nous semble impliquer un r examen de la probl matique de la finitude, que nous ne pouvons ici que mentionner, et dont le point d’entr e serait pour nous la lecture heidegg rienne de la pens e schellingienne de l’impr pensable.

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Le fondement schellingien et la m taphysique ph nom nologique*

Abstract The article aims to underline the importance of Schelling’s philosophy, mainly the so-called Sp tphilosophie for the phenomenological work of L szl Tengelyi. The article presents in the first step the role that some schellingien concepts, such as “grundlos Existierende”, “das unvordenkliche Seyn” and “ein allem Denken vorhergehendes Seyn” play in Tengelyi’s historical preparation for phenomenological metaphysics. In the second step it distinguishes two possible temporal interpretations of “unvordenkliches Seyn” (as transcendental future in the form of novelty and spontaneous sense formation) and “allem Denken vorhergehendes Seyn” (as transcendental past in the form of corporeity, desire and unconscious). To elaborate this second possibility the article presents and analyses the schellingien concept of ground (Grund) as opposed to existence (Existenz) from the Freedom-essay (1809) to the different versions of Weltalter (mainly 1813 and 1815). The turning point of the argumentation is a comparative analysis between the special logical structure of ground and existence of Schelling and the concept of negative quantity in one of Kant’s precritical essays (Versuch den Begriff der negativen Grçssen in die Weltweisheit einzuf hren – 1763). That is the way we can elaborate an alternative interpretation of Schelling that is able to prepare and complete at the same time Tengelyi’s phenomenological metaphysics.

Le dernier grand ouvrage de L szl Tengelyi, Welt und Unendlichkeit ouvre une nouvelle voie la m taphysique en laborant le concept de la facticit n cessaire et en distinguant les quatre archi-faits de toute approche ph nom nologique. Cet norme travail donne beaucoup r fl chir. Je vais me concentrer sur un seul aspect du livre : sa mani re de lire la philosophie de Schelling. Il ne s’agit pourtant pas d’une question simplement philologique, mais plut t d’une d cision strat gique concernant les voies possibles qu’une m taphysique ph nom nologique peut suivre. La philosophie de Schelling n’est pas un syst me m taphysique parmi d’autres. Selon L. Tengelyi, la philosophie du dernier Schelling peut Þtre lue comme la pr paration de l’ poque moderne.1 C’est pourquoi c’est Schelling et L’auteur a t soutenu par le CNRS Hongrois (NKFIH 112542, 120375, 129261). « Unabh ngig davon, ob der Wille zu einem lebendigen Gott bewahrt bleibt, oder aber Gott nunmehr f r tot erkl rt wird, deutet diese Einsicht [die Einsicht, mit der Schelling Kants Kritik des transzendentalen Ideals weiter radikalisiert] f r sich allein schon eine neue Epoche des philosophischen Denkens an: die Epoche, die wir – im weitesten Sinne des Wortes – als die *

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non pas Kant ou Hegel qui cl t la premi re partie historique et pr paratoire de Welt und Unendlichkeit. La pens e de Schelling signifie donc pour L. Tengelyi un tournant dans l’histoire de la philosophie. C’est pourquoi, lorsque nous nous proposons d’analyser la mani re dont L. Tengelyi s’approche de la philosophie schellingienne, nous essayons de mettre au jour le point central de la m taphysique ph nom nologique de L. Tengelyi. L’analyse de la philosophie tardive de Schelling se trouve dans le dernier chapitre de la premi re section de Welt und Unendlichkeit : VII. Schellings Versuch einer berwindung der Ontotheologie. Le grand m rite de la Sp tphilosophie de Schelling consiste, selon Tengelyi, distinguer la philosophie n gative de la philosophie positive : la philosophie n gative th matise, depuis Aristote, l’Þtre partir de la possibilit , c’est- -dire partir des formes possibles de la pens e (logos). La r alit , selon la pr sentation schellingienne de la philosophie n gative, est donc r duite la possibilit . Quant la philosophie positive, elle a un autre point de d part : cette philosophie est « positive » parce qu’elle suppose que l’Þtre pr c de le penser (chronologiquement et ontologiquement). C’est ainsi que la philosophie derni re de Schelling m ne la facticit , la contingence de la n cessit , l’existence, et c’est ainsi aussi qu’elle m ne une sorte de tournant dans la tradition m taphysique. Pour L. Tengelyi, c’est le concept de grundlos Existierendes qui a un int rÞt particulier. L’ tant sans fondement est ce que la philosophie positive non seulement th matise pour la premi re fois dans l’histoire de la m taphysique, mais qu’il choisit comme point de d part.2 C’est ce que Schelling nomme « das unvordenkliche Seyn », l’Þtre impr pensable. Cela ne signifie pas simplement la contingence de l’Þtre, mais « quelque chose » en raison de quoi l’Þtre est contingent. Il y a au moins deux formulations synonymes, mais distinguables, de ce concept : « das unvordenkliche Seyn » et « ein allem Denken vorhergehendes Seyn ». La philosophie positive de Schelling se propose de partir d’une r alit qui pr c de toute possibilit . D’un point de vue m taphysique, cela implique une rupture radicale avec la tradition de l’ontoth ologie, tandis que du point de vue ph nom nologique, cela implique une pr paration afin de se tourner vers la facticit , vers la contingence, et surtout vers l’existence concr te. Tout d’abord, se pose ici la question de savoir si l’unvordenkliches Seyn et le allem Denken vorhergehendes Seyn sont forc ment identiques et synonymes ? Selon la lecture de L. Tengelyi, les deux expressions signifient le mÞme aspect de unsrige bezeichnen kçnnen », L.Tengelyi, Welt und Unendlichkeit. Zum Problem ph nomenologischer Metaphysik, Freiburg/M nchen, Karl Alber, 2014, p. 168. 2 « Der positiven Philosophie stellt er [Schelling] die Aufgabe, das ,unvordenklich Existierende’ nicht nur berhaupt zum Gegenstand ihrer Untersuchungen zu machen, sondern geradezu zum Ausgangspunkt ihrer Betrachtungen zu nehmen », ibid., 157.

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l’Þtre. Mais il y a aussi une autre possibilit d’interpr ter leur relation. Si nous accordons une pr f rence la philosophie du dernier Schelling – comme le fait L. Tengelyi d’une mani re pr cise et fascinante –, alors les deux sortes de Seyn semblent effectivement Þtre identiques. Mais si nous suivons l’argumentation de la philosophie interm diaire de Schelling, alors l’unvordenkliches Seyn et le allem Denken vorhergehende Seyn ne semblent pas forc ment Þtre synonymes et identiques. On peut en donner une autre interpr tation – celle selon laquelle leur dimension temporelle est chaque fois diff rente. Si cela est vrai, nous trouverons un autre aspect de la m taphysique par rapport la m taphysique de la philosophie positive. Un unvordenkliches Seyn implique une facticit venir, une rencontre future avec quelque chose de toute fait nouveau qui nous surprend, qui nous force repenser nos concepts. En revanche, un allem Denken vorhergehendes Seyn renvoie une dimension ontologique qui pr c de le penser actif, un Þtre qui a t toujours d j l , avant l’auto-constitution et la naissance de la conscience. Ce n’est pas une nouveaut contingente, mais une source de l’Þtre insondable. Au lieu d’un futur transcendantal, le concept indique ainsi un pass transcendantal. Or ce pass transcendantal n’est pas seulement ant rieur au pr sent, mais il accompagne le pr sent actuel comme son ombre ontologiquement inidentifiable : ou pour parler le langage de Schelling, comme son « fondement obscur ». L’Þtre impr pensable pourrait alors nous mener vers la supposition d’un Þtre divin – mais Schelling nie cette possibilit . Bien que l’Þtre impr pensable indique un tant qui existe d’une mani re n cessaire, cet Þtre n cessaire ne saurait Þtre identifi avec le Dieu en acte.3 Il conÅoit cet Þtre par le concept de « blind Seiendes » ou de « blindlings Existierendes ». Il s’agit donc d’un Þtre dont l’Þtre est la fois n cessaire et contingent. N cessaire comme source de tout tant, et contingent comme irr ductible tout penser ou toute essence du penser. La cha ne des concepts schellingiens que L. Tengelyi met au jour et prend pour point de d part pour une m taphysique ph nom nologique est la suivante : grundlos Existierendes – unvordenkliches Sein – blind Seiendes – zuf llig notwendig Existierendes.4 Je pense que les id es de la philosophie tardive de Schelling ouvrent la voie non seulement vers une m taphysique ph nom nologique de la n cessit conL. Tengelyi, Welt und Unendlichkeit, 163. Et L. Tengelyi d’ajouter : « Schelling hebt selbst die Bedeutung dieser Begriffe hervor, indem er behauptet: ,Ohne das vorausgesetzte unvordenkliche, d. h. (nach der fr heren Erkl rung) zuf llig-notwendige, insofern blinde Sein – kçnnte Gott gar nicht Gott sein ; denn er kçnnte nicht das berseyende, nicht Herr des Seyns, also berhaupt nicht der Herr seyn […]’ », ibid., 167. 3 4

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tingente, mais galement vers une m taphysique ph nom nologique du fondement. Le point de d part de cette id e se trouve dans la distinction temporelle entre unvordenkliches Sein et allem Denken vorhergehendes Seyn : le premier renvoie une ph nom nologie de la nouveaut et du sens se faisant, tandis que le deuxi me renvoie une ph nom nologie du pass qui n’a jamais t pr sent.5 Dans son grand ouvrage sur l’id alisme allemand, Miklos Vetç, ami et coll gue de L. Tengelyi, affirme qu’il y a deux voies de l’id alisme allemand. Le savoir absolu h g lien est l’accomplissement de la premi re voie : que la philosophie h g lienne soit le sommet de cette poque correspond l’image traditionnelle de l’histoire de la philosophie, inspir e largement par l’histoire h g lienne de la philosophie. Mais il y a aussi une seconde voie, moins visible, moins accept e, moins recherch e par les historiens de la philosophie : « C’est le second Schelling qui continue et compl te la Seconde Voie de l’id alisme allemand, celle qui assume la finitude de la raison, qui reconna t l’autre de la raison pour essayer de le penser avec la raison. »6 On peut donc distinguer la voie de la raison et la voie de l’autre de la raison – et c’est cette derni re qui est entam e et suivie par le second Schelling. La pens e du second Schelling se divise en deux grandes poques. D’abord la philosophie interm diaire des Recherches philosophiques sur l’essence de la libert humaine jusqu’aux ffges du monde. Ensuite la Sp tphilosophie, bauch e Erlangen et continu e jusqu’ la philosophie n gative et positive de Munich et de Berlin. Pour le moment, je voudrais me concentrer sur un concept central de la phase interm diaire de Schelling : sur le concept de « fondement ». MÞme s’il y a une grande diversit dans les th mes et concepts au sein de l’œuvre de Schelling, Vetç a raison d’affirmer que « le Grund demeure […] une id e centrale du schellingianisme tout entier ».7 1. Le fondement La philosophie interm diaire de Schelling, qui porte sur le devenir de l’absolu, a donn lieu l’une des id es les plus tranges de l’Id alisme allemand. Cette 5 Lorsque J.-F. Courtine explique le concept d’« Unvordenkliches », il semble d crire les deux aspects que nous venons de distinguer : (1) « Aussi le v ritable nom de cet Þtre qui aura toujours devanc toute pens e, c’est pr cis ment l’imm morial ou mieux l’impr pensable […]. Est pr cis ment imprenable, impr pensable, cet tant que la raison ne peut jamais a piori anticiper. » (2) « En effet, titre de condition de toute pensabilit , cette existence n’offre elle-mÞme rien de ‘pensable’ : elle d couvre un pur dass insaisissable », Jean-Francois Courtine, Extase de la raison. Essais sur Schelling, Paris, Galil e, 1990. p. 308. et p. 309. 6 Miklos Vetç, De Kant Schelling. Les deux voies de l’Id alisme allemand, Tome II, Grenoble, Millon, 2000. p. 310. 7 Ibid., 311.

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conception s’appuie sur la diff rence – premi re vue non pas tr s originale – entre le fondement (Grund) et l’existence (Existenz). Cette distinction introduit une logique par laquelle Schelling d passe l’horizon dialectique de l’id alisme allemand et devient le pr d cesseur de la philosophie du XX me si cle, notamment de la philosophie existentielle, de la psychanalyse et de la philosophie de l’Þtre du dernier Heidegger. Dieu, selon Schelling, n’est pas actualit pure ni identit ternelle, comme la tradition – plut t onto-th ologique – de la th ologie chr tienne et de la m taphysique occidentale le sugg re. Si Dieu tait actualit et existence pleine, on ne pourrait ni parler de la dimension historique de la cr ation, ni, qui plus est, concevoir la transformation de l’infini au fini. Mais si l’on ne peut saisir cette transformation, la philosophie comme telle est une entreprise insens e (une sp culation vide ou un empirisme aveugle). Or, et c’est tr s pr cis ment l’id e radicalement nouvelle de Schelling, le principe de cette philosophie ne peut Þtre ni le principe de contradiction, ni le principe du tiers exclu, ni le principe de la raison suffisante. C’est partir de la publication des Recherches philosophiques sur l’essence de la libert humaine (1809) qu’une id e extraordinaire appara t, celle selon laquelle il y a quelque chose en Dieu qui n’est pas Dieu lui-mÞme : le fondement obscur de l’existence de Dieu dont il a besoin afin de pouvoir exister en tant que Dieu. Ce fondement est tel qu’il ne pr c de pas l’existence (comme la cause pr c de l’effet), mais en est contemporain. Sa « naissance » est strictement contemporaine avec la naissance de l’existence ; paradoxalement, l’existence et le fondement « prennent forme » au mÞme moment. Mais ils ne sont pas seulement « contemporains », leur relation est encore plus compliqu e : l’existence pose r trospectivement le fondement comme son fondement. Le fondement, selon Schelling, n’est donc pas la cause d’un effet selon le principe de la raison suffisante, la diff rence entre fondement et existence d passant le cadre des principes classiques de la logique et de la m taphysique. Pour Schelling, il s’agit d’ clairer l’autre de la Raison : c’est d’abord le non-moi, puis la nature et la pesanteur, finalement le fondement8 qui est la forme g n rale de cet autre de la raison que Schelling n’a pas cess de chercher et de rechercher. Le style un peu trange et les concepts particuliers des Recherches philosophiques sur l’essence de la libert humaine peuvent Þtre consid r s comme une introduction aux grands ouvrages inachev s du second Schelling. Pour une philosophie panth iste, la libert humaine et le probl me du mal constituent le plus grand d fi : si Dieu est identique avec la nature, alors comment est-il possible que le mal puisse surgir dans la nature par les actes humains ? Est-il possible que Dieu veuille le mal, ce qui contredit tout bonnement sa propre 8

De Kant Schelling, 313.

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bont ? cette question nigmatique, il y a trois r ponses possibles : 1.) Par nature, Dieu ne veut pas le mal, alors le mal n’existe pas. 2.) Le mal existe et il a un principe, diff rent de Dieu : or, si c’ tait vrai, il s’agirait d’un deuxi me Dieu, d’un Dieu malin. 3.) Selon la th odic e classique, la souffrance caus e par le mal a un sens dans la cr ation. Schelling essaie de d passer toutes les r ponses classiques. Le mal n’est pas un moyen qui sert un certain but dans la cr ation, mais le mal est vraiment mal ; l’homme est libre et son acte coupable n’est pas voulu par Dieu. Nous ne pouvons comprendre la situation que si – avec Schelling – nous opposons la libert formelle ( la libert au sens kantien de l’autonomie) la libert r elle, c’est- -dire la libert pour le bon et pour le mal. Cette conception rel ve d’un certain r alisme, car selon cette approche, le mal lui-mÞme poss de une certaine positivit , en d’autres termes, le mal n’est pas seulement l’absence du bien.9 Le probl me du mal ne peut Þtre trait qu’ condition de supposer en Dieu lui-mÞme une sorte de clivage. Cette scission est la diff rence entre Grund et Existenz, l’archi-diff rence qui pr c de toute autre distinction.10 « Car il n’y a rien avant ou hors de Dieu, c’est pourquoi le fondement de son existence doit Þtre en lui. […] C’est la nature en Dieu, une essence ins parable, mais diff rente de lui. »11 « Afin de pouvoir exister, Dieu lui-mÞme a besoin d’un fondement, pourtant celui-ci ne peut pas Þtre hors de lui, mais uniquement en lui, c’est- dire il y a en lui une nature, qui appartient lui, mais tout de mÞme diff re de lui. »12 Le fondement de l’existence de Dieu n’est donc pas la cause de son existence – s’il s’agissait d’une cause, cette cause serait hors de Dieu. Mais comment est-il possible de parler d’une essence qui est en Dieu lui-mÞme, ins parable de lui, sans pourtant Þtre identique avec lui ? Schelling n’essaie pas de r duire cette double constitution de Dieu la diff rence entre l’infini divin et 9 Dans son premier livre hongrois, L. Tengelyi a longuement analys les Recherches de Schelling, non pas dans un contexte m taphysique, mais dans un contexte thique et existential. L. Tengelyi, A bu˝n mint sorsesem ny [Le p ch comme v nement du destin], Budapest, Atlantisz, 1992, p. 53 – 88. 10 L. Tengelyi de souligner : « Schelling part de l’id e que tout ce qui existe a besoin d’un fondement, diff rent ou ind pendant de lui, sur lequel peut Þtre tablie son existence. En cho cette distinction originaire, il introduit la distinction entre la personnalit et son fondement. Cette initiative schellingienne trouvera sa continuation dans les id es de Kierkegaard sur l’histoire de la personne, et surtout dans les concepts heideggeriens de l’existence et de la facticit », L. Tengelyi, A bu˝n mint sorsesem ny, 66. 11 « Da nichts vor oder außer Gott ist, so muss er den Grund seiner Existenz in sich selbst haben. […] Er ist die Natur – in Gott ; ein von ihm zwar unabtrennliches, aber doch unterschiedenes Wesen », Friedrich Wilhelm Joseph Schelling, ber das Wesen der menschlichen Freiheit, in S mmtliche Werke (SW), Abteilung I, vol. VII, p. 357 – 358. 12 « Aber Gott selbst, damit er seyn kann, bedarf eines Grundes, nur dass dieser nicht außer ihm, sondern in ihm ist, und hat in sich eine Natur, die, obgleich zu ihm selbst gehçrig, doch von ihm verschieden ist », ibid., 375.

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la finitude humaine : il d ploie tous ses efforts pour saisir et faire voir cette diff rence primordiale. Le fondement ne pr c de pas temporellement l’origine de l’existence, mais en est contemporain, tout en tant oppos l’existence. Oppos , mais loin d’Þtre la n gation logique de l’existence. En d’autres termes, le fondement n’est pas un non-Þtre en tant que rien. L’existence chez Schelling cette poque ne signifie rien d’autre que l’Þtre r alis , l’Þtre actuel, c’est- -dire l’Þtre qui a pris forme et s’est individu , qui se donne dans le milieu de la ph nom nalit , qui appara t donc dans le milieu de la lumi re (qui se trouve sous le signe du principium individuationis). Le fondement, quant lui, n’est pas la cause pr alable de l’existence actuelle, il n’est pas non plus une privation ou un non-Þtre, mais quelque chose qui poss de une certaine forme d’« Þtre » sans Þtre v ritablement existant. Le fondement a – pour ainsi dire – une existence n gative. Au-del de l’opposition contradictoire entre l’existence et la non-existence, le fondement pr sente un troisi me mode d’existence. Il n’est pas la cause pr c dant l’Þtre, ni l’essence pr c dant l’existence, ni le mode d’Þtre de la mati re avant que celle-ci soit form e (materia prima). La diff rence entre Grund et Existenz ne peut pas Þtre exprim e par ces oppositions de l’ontologie traditionelle, car le fondement n’existe pas avant de se distinguer de l’existence. La philosophie interm diaire de Schelling nous permet de distinguer trois modes d’Þtre : 1.) l’existence : Þtre actuel ; 2.) le rien : non-Þtre actuel en tant que n gation logique de l’Þtre actuel ; 3.) le fondement : non-Þtre virtuel. Le statut ontologique du fondement constitue l’ nigme centrale de la seconde philosophie de Schelling et ouvre pour nous une voie possible de la m taphysique ph nom nologique. Afin d’ claircir le rapport nigmatique entre existence et fondement, nous nous pouvons nous appuyer sur une analogie tr s utile qui se trouve dans un petit ouvrage pr critique de Kant. ma connaissance, cette analogie n’a jamais t prise en consid ration par les commentateurs de la philosophie de Schelling.13

2. Kant et le concept de grandeur n gative Dans un crit pr critique de Kant, l’ouvrage de 1763 intitul : « Essai sur l’introduction en philosophie de la notion de grandeur n gative », une opposition conceptuelle pr pare d’une certaine faÅon la distinction schellingienne. Avec la seule exception de Miklos Vetç qui mentionne une relation possible entre l’id e kantienne et la structure schellingienne, mais il pr cise cette analogie dans le contexte de la diff rence entre philosophie positive et philosophie n gative. Cf. Mikos Vetç, Le fondement selon Schelling, Paris, Beauchesne, 1977, p. 590. 13

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Selon Kant, il faut distinguer entre l’opposition logique et l’opposition r elle. Jusqu’ pr sent, la philosophie ne s’est occup que de l’opposition logique : elle a pris en consid ration uniquement les relations sur la base du principe de contradiction. Mais l’opposition a galement une forme qui n’a rien voir avec le principe de contradiction. « Il y a opposition entre deux choses, lorsque, pos l’une, l’autre se trouve par le fait supprim . Cette opposition est double : elle est ou logique par la contradiction, ou r elle, c’est- -dire sans contradiction. »14 Comme il l’affirme : « les grandeurs n gatives ne sont pas des n gations de grandeurs, comme l’analogie de l’expression le lui [ Crusius] a fait conjecturer, mais elles ont en elles quelque chose de vraiment positif : seulement c’est quelque chose d’oppos l’autre grandeur positive. »15 Kant essaie d’ clairer cette id e par plusieurs exemples : « la mort [est] une naissance n gative, la chute une ascension n gative, le retour un d part n gatif »16. « Il est question de savoir si le d plaisir est seulement un manque de plaisir, ou une raison de la privation du plaisir, qui soit quelque chose de positif en soi, et pas seulement l’oppos contradictoire du plaisir, mais qui lui soit oppos dans le sens r el, et si, par cons quent, le d plaisir peut Þtre nomm un plaisir n gatif. »17 « On peut, pour ces raisons, appeler aversion un d sir n gatif, la haine un amour n gatif, la laideur une beaut n gative, le bl me un loge n gatif. »18 Dans le cas de ces couples oppos s, l’un n’est pas la simple n gation de l’autre, mais quelque chose qui est en opposition r elle de l’autre. L’un n’est pas simplement l’absence de l’autre, la n gation logique de l’autre, la privation de l’autre, mais une force positive qui a son propre Þtre et sa propre positivit . La notion de grandeur n gative peut Þtre claircie de la faÅon la plus claire par l’exemple des forces oppos es. « De mÞme que, par exemple, dans le choc d’un corps contre un autre, r sulte en mÞme temps la production d’un nouveau 14 « Einander entgegengesetzt ist : wovon eines dasjenige aufhebt, was durch das andere gesetzt ist. Diese Entgegensetzung ist zwiefach ; entweder logisch durch den Wiederspruch, oder real, d.i. ohne Widerspruch », Immanuel Kant, Versuch den Begriff der negativen Grçßen in die Weltweisheit einzuf hren, in Immanuel Kant, Werke in zehn B nden, Wilhelm Weischedel ( d.) (vol. 2), Darmstadt, Wissenschaftliche Buchgesellschaft, 1983, p. 783. 15 « Denn es sind die negativen Grçßen nicht Negationen von Grçßen, wie die hnlichkeit des Ausdrucks ihn [Crusius] hat vermuten lassen, sondern etwas an sich selbst wahrhaftig Positives, nur was dem andern entgegengesetzt ist », ibid., 781. 16 « Das Untergehen [ist] ein negatives Aufgehen, Fallen ein negatives Steigen, Zur ckgehen ein negatives Fortkommen », ibid., 787. 17 « Es ist die Frage: Ob Unlust lediglich ein Mangel der Lust oder ein Grund der Beraubung derselben, der an sich selbst zwar etwas Positives, und nicht lediglich das kontradiktorische Gegenteil von Lust, ihr aber Realverstandene entgegengesetzt sei, und also ob die Unlust eine negative Lust kçnne genannt werden », ibid., 792. 18 « Aus diesen Gr nden kann man die Verabscheuung eine negative Begierde, den Hass eine negative Liebe, die H sslichkeit eine negative Schçnheit, den Tadel einen negativen Ruhm etc. nennen », ibid., 794.

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mouvement et la suppression d’un autre semblable qui existait d’abord, et que dans une barque personne ne peut pousser suivant une certaine direction un autre corps flottant sans Þtre pouss lui-mÞme suivant la direction oppos e. »19 Ce mouvement en arri re apr s avoir pouss l’autre corps flottant n’est pas la n gation logique du mouvement voulu, mais un mouvement qui a sa propre force et direction, c’est- -dire un mouvement « positif ». Positif en soi, mais n gatif par rapport au mouvement voulu. Les changements naturels et les rapports des forces ne peuvent pas Þtre enti rement compris selon le principe de contradiction. Kant pose finalement cette question nigmatique : « Comment, dans la mesure o une chose est, une autre cesserait-elle d’Þtre ? »20 La notion de la quantit n gative sert justement saisir ce « cesser d’Þtre » nigmatique que l’on ne doit pas confondre avec la n gation logique ou avec la privation ontologique (non-Þtre logique ou non-Þtre privatif). Dressons une liste des formes possibles d’opposition : 1.) opposition contradictoire logique (blanc – non-blanc), 2.) opposition contraire l’int rieur d’un genus (blanc – noir, chaud – froid, vie – mort). 3.) La relation compl mentaire est galement une certaine opposition (convexe – concave, l’opposition compl mentaire du rouge l’int rieur de l’ chelle des couleurs est le vert). 4.) La th orie kantienne de la notion de grandeur n gative d crit un quatri me type d’opposition : la diff rence des forces oppos es, des effets vectoriels oppos s, dont l’exemple le plus clairant est celui des bateaux flottants. Lorsque je veux mettre en mouvement mon bateau, je ne peux le faire qu’en poussant l’autre bateau. Mon bateau commence se mouvoir, mais l’autre ne reste pas sur place non plus : il commence se mouvoir lui-aussi, il commence un mouvement oppos par rapport mon bateau, mais tout de mÞme un mouvement positif en soi. Son mouvement n’est pas la n gation du mouvement de mon bateau, mais un mouvement en soi positif. Apr s ce d tour, revenons la distinction schellingienne entre Grund et Existenz. Le fondement du mal appartient Dieu, tout en tant diff rent de Lui. Cette essence qui est ins parable de Dieu, mais pr cis ment diff rent de Lui, est la nature primordiale de Dieu, le fondement ternel de sa personnalit . L’homme en tant que cr ature a la mÞme structure, c’est- -dire l’homme lui aussi a un c t clair, articul qui tend vers le bon (existence) et un c t obscur, son fondement « So wie z. E. im Stoße eines Kçrpers auf einen andern die Hervorbringung einer neuen Bewegung mit der Aufhebung einer gleichen, die vorher war, zugleich geschieht, und wie niemand aus einen Kahne einen anderen schwimmenden Kçrper nach einer Gegend stoßen kann, ohne selbst nach der entgegengesetzten Richtung getrieben zu werden », ibid., 808. 20 « Man versuche nun, ob man die reale Entgegensetzung berhaupt erkl ren und deutlich kçnne zu erkennen geben, wie darum weil etwas ist, etwas anders aufgehoben werde », ibid., 819. 19

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t n breux. Comme l’homme peut s’ loigner de Dieu, l’ordre de ces deux c t s peut Þtre renvers par une d cision primordiale, et ce moment-l un vouloir go ste (Eigenwille) appara t. Ce renversement ne peut arriver qu’ l’homme, mais seulement et uniquement parce que la diff rence entre fondement et existence se trouve d j en Dieu lui-mÞme. Le fondement myst rieux est « ce qui, dans les choses, constitue la base insaisissable de leur r alit , le r sidu absolument irr ductible, de ce qui, malgr les plus grands efforts, ne se laisse jamais d faire et reconduire l’entendement, mais demeure ternellement au fond. »21 Le fondement en soi n’est donc pas identique au mal, il devient mal seulement dans la mesure o , dans le cas de l’homme, il veut se s parer de l’existence, du savoir et de la lumi re. L’origine du mal n’est pas la finitude ou la nature sensible de l’homme en s’opposant obstin ment aux lois morales. D j Kant constate, dans la Religion dans les limites de la simple raison (1793), que le mal r side d’une certaine faÅon dans le centre de la libert humaine et l’origine du mal n’est rien d’autre que le renversement de l’ordre des principes.22 Mais cela n’est possible selon Schelling que si ces principes sont d j s par s en Dieu. L’origine du mal est uniquement l’homme, mais il est rendu possible par la diff rence primordiale au sein de Dieu lui-mÞme. Ce raisonnement ontologique, moral et th osophique reÅoit une nouvelle laboration dans les trois versions inachev es des Weltalter. Au lieu de pr senter le raisonnement int gral de cet ouvrage exceptionnel, je me concentrerai uniquement sur les moments qui expriment d’une nouvelle faÅon la distinction primordiale en Dieu. Le fil conducteur de ces textes est encore, sans doute, le mod le m taphysique labor pour la premi re fois dans les Recherches. Je m’appuierai surtout sur la deuxi me version des Weltalter, dat e de 1813.

3. L’Absolu et l’histoire La relation de l’Absolu l’histoire, c’est- -dire le devenir historique de l’absolu chez Schelling peut Þtre pr sent e en distinguant les phases suivantes. La phase premi re est l’ tat de l’indiff rence : c’est l’ tat qui n’est pas encore perturb e par la diff rence, mais qui n’est pas non plus une unit actuelle et absolue. « Dieses ist an den Dingen die unergreifliche Basis der Realit t, der nie aufgehende Rest, das, was sich mit der grçßten Anstrengung nicht in Verstand auslçsen l sst, sondern ewig in Grunde bleibt », SW I/VII, 359 – 360. 22 La distinction entre libert formelle et libert r elle (libert pour le bien et le mal) a jou un r le pr pond rant dans le livre de jeunesse de Tengelyi. L. Tengelyi, A bu˝n mint sorsesem ny, voir le chapitre sur Kant (18 – 38) et celui sur Schelling (53 – 88). 21

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L’indiff rence inconditionnelle pr c de le commencement : c’est unit indiff rente de l’unit et de la dualit . C’est l’Þtre avant toute articulation actuelle, ou l’archi-Þtre (Ungrund).23 La premi re diff rence, la premi re distinction, le premier trait divise cet Þtre inarticul . Or la premi re distinction est peut-Þtre encore plus nigmatique que l’ tat indiff rent, car cette premi re distinction sera la source de toutes les autres diff rences post rieures. La premi re distinction au sens stricte n’est rien d’autre que celle du fondement et de l’existence. Mais cette premi re distinction est double : 1.) elle est la fois une distinction entre l’ tat indiff rent et l’ tat diff renci (distinction entre tat non distingu et tat distingu ), et, d’autre part, 2.) elle est la distinction entre l’Þtre actuel (existence) et l’Þtre non-actuel ou virtuel (fondement).24 La distinction primordiale n’est pas sym trique, elle ne s pare pas deux entit s ontologiques actuelles : elle d signe uniquement un seul tant (la totalit de l’Þtre, le monde actuel, Dieu existant), mais de telle mani re qu’elle distingue cette existence de ce qui rend possible l’apparence (r elle ou ph nom nologique) de l’existence, c’est- -dire du fondement obscur, du non tant qui se cache, qui se d robe la ph nom nalit . Le fondement est ce que l’existence pousse dans l’obscurit pour qu’elle puisse prendre forme dans la lumi re. « Dieu n’ chappe pas la loi selon laquelle toute manifestation ou r v lation ne peut s’op rer que dans le rapport l’oppos . »25 L’existence pousse donc le fondement dans le non-Þtre, mais ce n’est pas le non-Þtre de l’Ungrund indiff rent, mais le non-Þtre apr s la premi re distinction, le non-Þtre sp cifique ou virtuel du fondement.

« [E]s muss vor allem Grund und vor allem Existierenden, also berhaupt vor aller Dualit t, ein Wesen seyn ; wie kçnnen wir es anders nennen als den Urgrund oder vielmehr Ungrund ? […] Es kann daher nicht als die Identit t, es kann nur als die absolute Indifferenz beider bezeichnet werden », SW, I/VII, 406. 24 Dans l’œuvre logique et math matique de George Spencer Brown (Laws of Form, New York, Julian Press, 1972), nous trouvons les mÞmes indications. Le premier pas est toujours une distinction doublement asym trique : « Drow a distinction » signifie la fois la distinction entre « unmarked state » et « marked state », et la distinction entre « two sides of a distinction ». Mais les deux c t s de cette derni re distinction ne sont pas sym triques non plus. C’est pourquoi le premier signe ne peut pas Þtre une ligne, un simple trait « | » avec deux c t s sym triques, mais doit Þtre un signe asym trique : « , ». « Let a state distinguished by the distinction be marked with a mark , of distinction. Let the state be known by the mark. Call the state the marked state », G.S. Brown : Laws of Form, p. 4. Niklas Luhmann (entre autres) utilise souvent la logique de la distinction de George Spencer Brown dans la description de la diff rentiation des syst mes et dans celle du fonctionnement des syst mes auto-po tiques. Voir p. ex. Niklas Luhmann, Einf hrung in die Systemtheorie, Heidelberg, Carl-Auer-Systeme Verlag, 2004. 25 Marie-Cristine Challiol-Gillet, Schelling, une philosophie de l’extase, Paris, P.U.F., 1998, p. 150. 23

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L’histoire de l’Absolu est la fois la temporalisation de l’Þtre de l’Absolu26 et le devenir-conscient de l’Absolu.27 La distinction dont il s’agit est en r alit le miroir de la dynamique interne de l’homme.28 Le moment du commencement de la conscience co ncide avec le mouvement qui consiste repousser le fondement dans l’obscurit afin que l’existence puisse appara tre en tant qu’Þtre actuel. Dans les Conf rences de Stuttgart, Schelling crit : « Le commencement de la conscience en Dieu est qu’il se scinde de lui-mÞme, qu’il s’oppose lui-mÞme. »29 La distinction d signe le c t articul et r troactivement ou indirectement le c t non-articul . Comme si le sujet ou la conscience qui na t disait : cette diff rence est ma diff rence de ce que je repousse de moi-mÞme afin que je puisse exister d’une mani re articul e. Schelling lui-mÞme utilise la m taphore de « repousser » (comme Kant dans son ouvrage sur les grandeurs n gatives) : « La partie sup rieure en Dieu repousse d’une certaine faÅon la partie inf rieure, avec laquelle elle tait jusqu’ pr sent dans un tat d’indiff rence ou de m lange. »30 Mais ce mouvement de « repouss e de soi » [von sich hinweg dr ngen] n’est pas une n gation ou un refus – ni dans le cas de l’homme, ni dans le cas de Dieu. L’esprit aspire p n trer et lever la partie exclue de soi : ce qui reste au fondement doit progressivement Þtre lev par l’homme au niveau de la conscience. Mais cette tendance lever la partie exclue et refus e ne peut jamais aller jusqu’au bout : il nous reste toujours quelque chose du principe obscur. Le processus de devenir une personne et un individu porte en soi une ombre dont on ne peut se d barrasser.

« Pour Þtre ‘vivante’ – crit Courtine –, l’ ternit doit d’une certaine faÅon se temporaliser, n’Þtre point vide ou r p titif », J.-F. Courtine, Extase de la raison, 208. 27 « La construction de l’id e de Dieu r p te donc d’une certaine faÅon le devenir-conscient de Dieu […] », ibid., 207. « tre conscient c’est toujours en r alit un r sultat : Þtre-devenu conscient, prendre ou mieux avoir-pris conscience de ce qui jusque-l demeurait pr cis ment non-su », ibid., 210. 28 « Si nous d sirons un Dieu que nous puissions consid rer comme un Þtre pleinement vivant, personnel, alors justement il nous faut aussi consid rer Dieu de faÅon toute humaine, admettre que sa vie a la plus grande analogie avec la vie humaine, et qu’en Dieu il y a, c t de l’Þtre ternel, un devenir ternel », SW I/VII, 432. 29 « Der Anfang des Bewusstseins in ihm [Gott] ist, dass er sich von sich scheidet, sich selber sich entgegensetzt », SW I/VII, 433. 30 « Das Hçhere in Gott dr ngt gleichsam das Niederere von sich hinweg, mit dem es bisher in Indifferenz oder Mischung war », SW I/VII, 434. 26

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4. Temps, puissance, volont Dans ce qui suit, il s’agira de pr senter cette diff rence selon ses divers aspects : la diff rence entre fondement et existence appara t en tant que diff rence des temps, diff rence des puissances (Potenzen) et diff rence des volont s. Temps et archi-temps. La diff rence entre fondement et existence appara t dans Les ffges du Monde comme la distinction entre le pass et le pr sent. Mais il ne s’agit pas de deux aspects du mÞme temps, mais de deux temps diff rents. Le pr sent est toujours pr c d par des moments du pass , mais c’est le pass de ce pr sent actuel : les moments du pass sont les moments dans le temps apr s la grande coupure temporelle de la cr ation. Il s’agit d’un pass qui a t autrefois pr sent. Mais Schelling parle aussi d’une autre forme du pass qui – en utilisant l’expression de Merleau-Ponty et de Levinas – n’a jamais t pr sent, c’est- -dire d’un archi-pass . Or, ce pass transcendantal implique au moins deux aspects diff rents du temps : d’une part, il est le pass qui n’a jamais t pr sent, d’autre part, il est un pass qui est toujours pr sent, mais sans pr sence actuelle. En ce sens, il s’agit d’un pass qui, comme une ombre, suit toujours le pr sent, sans pouvoir devenir une existence actuelle. Le monde cr est le monde du pr sent, dans lequel tout tant poss de une forme, un sens et une individualit . En revanche, le pass est une dimension (ou une ffge) qui pr c de l’ordre bien articul du monde cr . L’id e d’un tel pass pose naturellement pour la pens e logique un probl me paradoxal : dans ce pass , il n’y a pas encore eu de monde, mais seulement Dieu, ferm en soi, qui n’ tait pas encore le Dieu actuel et existant. Ce Dieu pass se cachait dans le principe t n breux du fondement. Par cons quent, la distinction premi re n’est pas dans le temps. Comme le texte des Conf rences de Stuttgart l’affirme : « Cet acte de l’auto-diff rentiation […] n’est nullement dans le temps, il est au-del de tout temps […] ».31 Et un peu plus tard, Schelling ajoute : « l’univers a un commencement (puisqu’il est d pendant), mais point de commencement dans le temps. »32 Le temps selon Schelling n’est donc pas la forme transcendantale de l’intuition, et il n’est pas non plus la cha ne monotone et infinie des « maintenant » atomiques. Schelling ne pr tend plus laborer une d duction transcendantale du temps, comme il l’avait fait dans son Syst me de l’id alisme transcendantal33 : ici, il s’emploie « [J]ener Akt der Selbstdifferenzierung […] ist berall nicht in der Zeit, ist ber alle Zeit, ist seiner Natur nach ewig », SW I/VII, 431. 32 Das Universum « hat einen Anfang (weil es Abh ngig ist), aber nicht einen Anfang in der Zeit », ibid. 33 Pour la d duction transcendantale du temps chez Schelling, voir Alexander Schnell, En deÅ du sujet. Du temps dans la philosophie transcendantale allemande, Paris, P.U.F., 2010 (surtout le chapitre III, §1, 131 – 149). 31

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plut t pr senter la « g n alogie du temps »34. Le moment d cisif dans ce processus est la diff rence primordiale qui s pare le pass du pr sent. Cette diff rence pr c de toutes les diff rences temporelles et revient l’acte supratemporel de l’Ent-scheidung qui n’est rien d’autre que la condition de possibilit du surgissement du temps actuel. Le pr sent et le pass prennent forme dans cette s paration supratemporelle ; apr s l’Ent-scheidung, c’est seulement le pr sent qui est « pr sent », qui a pr sence et actualit , tandis que le pass se retire et se cache dans l’arri re-plan obscur, dans le pr -temps primordial. Ou pour le redire moyennant notre m taphore centrale : le pr sent repousse le pass dans le fondement obscur et inarticul afin que lui, le pr sent, puisse exister d’une mani re claire, rationnelle et actuelle. Mais ce pass n’est pas une dimension ant rieure vide, il est le pass de l’Absolu, c’est- -dire un tat de Dieu et un ffge du monde. Le temps est donc loin d’Þtre une multiplicit homog ne, mais il est caract ris par une certaine gradation : la diff rence entre pass et pr sent est une diff rence qualitative. Or, la dimension de l’archi-pass a un double sens qui est paradoxal : 1.) elle n’a pris forme que r troactivement par l’acte de l’Entscheidung primordiale ; 2.) d’autre part, elle a d’une certaine faÅon d Þtre l avant le commencement du pr sent en guise de fondement de ce pr sent – pass engendr par le commencement du pr sent ou pass comme condition du commencement du pr sent. Le pr sent repousse cette dimension primordiale dans le pass pour qu’il puisse exister de faÅon articul e et la dimension primordiale sombre dans l’arri re-plan obscur du pass primordial. Un mod le possible de cette structure temporelle est la diff rence entre conscience et inconscient : la conscience repousse ce qui est en elle, mais qui n’est pas tout fait elle, dans le pass imm morial. Par la constitution d’elle-mÞme, la conscience constitue galement et n cessairement l’inconscient comme son fondement. La diff rence des puissances. Les phases du temps comme ffges du monde voquent l’id e des puissances (Potenzen) du jeune Schelling. Je pense cependant qu’il y a une diff rence structurelle entre la th orie des puissances de la premi re philosophie de Schelling et la th orie du fondement de sa philosophie interm diaire. La th orie des puissances comme base de la philosophie de la nature implique une certaine continuit et un rapport organique entre les puissances qui « Et c’est pr cis ment pour lutter contre cette conception proprement unilat rale du temps que Schelling amorce l’ tude de ce qu’il nommera une g n alogie du temps », J.-F. Courtine, Extase de la raison, 253. Courtine fournit galement le lieu d’apparence de cette expression chez Schelling : F.W.J. Schelling, Die Weltalter. Fragmente. In den Urfassungen von 1811 und 1813, Manfred Schrçter ( d.), M nchen, Biederstein, 1946, p. 75 ; SW I/XIV, 107. propos de la g n alogie du temps, voir aussi Teresa Pedro, « Le temps selon les ffges du monde de F.W.J. Schelling », in Alexander Schnell ( d.), Le temps, Paris, Vrin, 2007, p. 139 – 158. 34

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se suivent dans un d veloppement naturel et dans un panouissement organique. La th orie tardive des puissances semble Þtre tout fait diff rente : parmi les phases de l’histoire de l’absolu, la phase premi re est encore atemporelle ou supra-temporelle et, ainsi, elle ne fait pas encore partie du d veloppement organique du tout. Le tournant entre la philosophie de l’identit et la philosophie interm diaire de Schelling, dat autour de 1806, signifie un profond changement de perspective. En utilisant l’expression de Horst Fuhrmans : le paysage lumineux et gœth en de la philosophie de la nature se transforme en un paysage montagneux et sombre de la th osophie bçhm enne.35 Cette analogie pr sente d’une mani re m taphorique le changement entre les deux conceptions. Mais, mon avis, il s’agit de plus : la diff rence d cisive entre ces deux p riodes de la philosophie de Schelling n’est pas un changement continu, mais une diff rence structurelle : plus pr cis ment, une diff rence entre deux configurations de pens e qui ne co ncide pas enti rement avec la diff rence entre l’esprit de la philosophie de la nature et celui de la th osophie. La transformation de la th orie des puissances qui se d veloppent d’une mani re organique en une th orie de la distinction primordiale du fondement et de l’existence avant tout d veloppement des puissances implique un changement tout fait fondamental. C’est la distinction dramatique, au sein du pass primordial, entre le fondement et l’existence – et non plus le d veloppement organique et harmonique des Potenzen – qui organise la pens e. Dans les Weltalter, ce n’est plus la nature inorganique, puis la nature organique qui pr c dent l’ panouissement de l’esprit, mais le Dieu terrible d’un pass archa que : le jeune Dieu du pr sent, savoir la figure aimable de J sus, succ de ainsi la figure du P re qui ne tol re rien. La volont . La mÞme structure se retrouve galement dans les phases historiques de la volont . Le point de d part, la phase premi re (schlechthin Erste36) dans les Weltalter, est galement l’indiff rence absolue du sujet et de l’objet. Ce qui est libre concernant l’Þtre ou le non-Þtre, c’est- -dire libre quant au fait de se poser ou de ne pas se poser, ce n’est rien d’autre que la volont primordiale.37 L’histoire de l’absolu peut Þtre pr sent e en tant que s rie des diff rentes volont s. La premi re, ou la volont pure, est la volont qui ne veut rien (der Wille, der nichts will)38. Ce n’est donc pas l’acte qui est premier, mais l’indiff rence pure et divine, ce que Schelling nomme « Gelassenheit » : « la pure libert Horst Fuhrmans, « Nachwort », in H. Fuhrmans ( d.), Schelling. Briefe und Dokumente I., Bonn, Bouvier, 1962, p. 356 – 357. 36 F.W.J. Schelling, Die Weltalter, 130. 37 « Ein solches, dem es frei steht, nicht Etwas zu seyn oder nicht zu seyn, sondern zu existiren oder nicht zu existiren, ein solches kann nur selber und seinem Wesen nach Wille seyn », ibid., 131. 38 Ibid., 132. 35

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elle-mÞme qui ne se saisit pas, la Gelassenheit qui ne pense rien et qui se r jouit de son non-Þtre ».39 C’est l’ tat ternel, atemporel et calme avant toute prise de conscience et tout d sir, avant tout savoir et toute ignorance. Mais plus la Gelassenheit est profonde, plus il est probable qu’un d sir calme appara t au sein de l’ ternel : d sir de prendre, de trouver, de go ter de soi-mÞme, de prendre conscience de ce que l’ ternel lui-mÞme a encore ignor .40 Cependant ce d sir n’est pas encore actif, il n’est pas encore un acte ou un mouvement. La volont calme ne voulant rien est la premi re, la volont inconsciente qui cherche soimÞme est la deuxi me. Mais ce n’est pas encore le commencement : le commencement ne s’actualise que lorsque la volont de l’ ternel reconna t en soi la n gation : elle se pose comme manque, faim, tendance, comme languissement de l’essence. C’est la volont de la nature (Wille zur Natur)41, qui est la fois une volont de l’essence et de l’existence. La volont se fend et il appara t alors la premi re distinction, celle entre le fondement et l’existence. C’est ce que Schelling appelle la d cision absolue (absolute Ent-scheidung)42. Selon cette structure de pens e, l’histoire de l’absolu est galement, et au sens strict, une histoire ainsi qu’un devenir. L’ tat divin qui correspond au fondement est le pass pur dans lequel Dieu se retire en lui-mÞme ; une volont n gative le domine et il ne tol re rien en dehors de lui. En un certain sens, il s’enfonce dans une folie divine, dont seule la naissance du fils peut le sauver. Dieu est la fois sujet et objet, l’identit du sujet et de l’objet. En tant que sujet, il est l’essence de toutes les essences, il communique avec tout ; en tant qu’objet, il est un tant aussi pour lui-mÞme. Dieu est donc bont et amour, et en tant que tel il est tout fait lui-mÞme, mais, d’autre part, il a quelque chose en lui qui n’est pas enti rement identique avec lui : c’est son ips it , la rigueur, le refus et le renfermement sur soi-mÞme. La dualit de Dieu signifie une volont de contraction, de fermeture contre la volont d’expansion, contre le principe de l’amour. L’homme rec le la mÞme dualit : le fondement en nous (notre nature, notre corps, notre inconscient) est la fois le plus intime et le plus tranger.43 « Sie ist die reine Freyheit selber, die sich selbst nicht fasst, die Gelassenheit, die an nichts denkt und sich freut ihres Nichtseyns », ibid., 134. 40 « Aber je inniger und an sich wonnevoller diese Gelassenheit ist, desto eher muss sich in der Ewigkeit […] ein stilles Sehnen erzeugen, an sich selbst zu kommen, sich selbst zu finden und zu genießen », ibid., 136. 41 Ibid., 140. 42 Ibid., 171. 43 Comme l’affirme Jean-FranÅois Marquet : « mais apr s tout, en l’homme lui aussi, ce qui joue le r le de fondement d’existence – sa nature, ou son corps – n’est-il pas ce qui est la fois le plus radicalement intime et le plus totalement tranger […] ? », Jean-FranÅois Marquet, « Schelling », in Dominique Folscheid ( d.), La philosophie allemande de Kant Heidegger, Paris, P.U.F., 1993. p. 91. 39

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Le commencement vrai n’est donc rien d’autre que la distinction entre pass et pr sent : le verbe (l’entendement) bannit dans le pass ternel – c’est- -dire refoule – le monde psychotique des instincts aveugles. Le fondement, le pass refus et refoul , est partout pr sent, mais n’existe pas actuellement en tant qu’existence pr sente. Le fondement n’est pas pr sent dans la dimension de la ph nom nalit , mais il est d’une certaine faÅon nigmatique. Il est selon la mani re du non-Þtre. C’est ce que Schelling nomme la base ultime de la r alit .

5. La m taphysique en tant que g n alogie Si nous suivons l’id e kantienne de la grandeur n gative et si nous interpr tons la philosophie interm diaire de Schelling selon cette mÞme id e, alors nous disposons d’un fil conducteur pour une m taphysique extraordinaire. Il s’agit d’une m taphysique qui est la fois loin de toute sorte d’ontoth ologie et proche de la ph nom nologie. Je ne dirais portant pas que, sur la base de la philosophie schellingienne du fondement et de l’existence, on pourrait directement tablir une m taphysique ph nom nologique, mais cette philosophie peut quand mÞme nous aider laborer des couples de concepts importants pour toute ph nom nologie : par exemple le concept de la conscience par rapport l’inconscient, celui de l’apparence par rapport l’inapparent, celui de l’actualit par rapport la virtualit , celui de l’imagination intentionnelle par rapport la fantaisie nonintentionnelle, celui de l’esprit vigilant par rapport la chair, etc. Ce que la philosophie interm diaire de Schelling met en avant n’est pas tout fait tranger la ph nom nologie m taphysique de L. Tengelyi. Cependant, il y a des diff rences conceptuelles et m thodologiques entre les deux approches. J’en num re quelques-unes. 1.) Tandis que la ph nom nologie m taphysique de Tengelyi prend en consid ration le d veloppement possible de la ph nom nologie dans un contexte plut t « exp riential », la version schellingienne de la m taphysique se concentre sur les ph nom nes du mal, de la libert , de l’histoire et de l’existence. 2.) La m taphysique de Schelling ne consid re pas les ph nom nes et le monde en leur objectit , comme objets possibles de l’exp rience humaine, mais plut t en tant que r sultats d’un processus historique des rapports entre les forces positives et les forces n gatives. 3.) Selon Schelling, tout ph nom ne rec le en soi le jeu de l’existence (apparence actuelle) et du fondement (non-apparence virtuelle). 4.) Schelling ne dirige pas l’attention sur les archi-faits (Urtatsachen), mais plut t sur un pass primordial qui, en tant qu’archi-temps transcendantal et en tant qu’ombre de la ph nom nalit actuelle, fait toujours partie de l’exp rience humaine, et, en tant que tel, constitue l’arri re-plan et la condition de la n cessit contingente des Urtatsachen.

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Le fondement obscur, c’est- -dire la nature en Dieu, une essence ins parable, mais diff rente de lui, est ce qui devient chez le dernier Schelling l’Þtre impr pensable (unvordenkliches Seyn). Mais l’ poque des Recherches et des Weltalter, ce concept a encore un rapport imm diat avec l’id e sp culative d’un pass transcendantal. Si nous essayons d’affranchir cette id e du fardeau de la sp culation th osophique, nous trouverons une source riche pour la ph nom nologie, car ce concept ouvre la voie des probl mes que la ph nom nologie contemporaine caract rise par les concepts de l’inapparent, du pass qui n’a jamais t pr sent, de la trace, du pass transcendantal, de l’inconscient ph nom nologique. L’id e la plus importante de la philosophie interm diaire de Schelling dont la ph nom nologie peut amplement tirer profit est la suivante : la conscience n’est pas une donn e ultime, ni dans sa version cart sienne, ni dans sa version husserlienne. Aussi devons-nous prendre en consid ration la g n alogie de la conscience.44 Dans le contexte de la ph nom nologie m taphysique de Welt und Unendlichkeit cela signifie : en dehors de la d duction transcendantale de nos concepts fondamentaux de l’exp rience possible (chez Tengelyi les « Experientialien »45), et en dehors de la d monstration ph nom nologique des quatre archi-faits de toute ph nom nalit (le moi, le monde, l’intersubjectivit et l’historicit )46, nous pouvons et, peut-Þtre, nous devons prendre en consid ration la g n alogie des archi-faits ph nom nologiques, tout comme Schelling ajoute, dans les ffges du monde, la g n alogie du temps la d duction transcendantale du temps qui avait t labor e ant rieurement dans le Syst me de l’id alisme transcendantal. L’id e d’une d duction transcendantale suppose le statut donn et irr ductible de quelques faits en tant qu’assise conceptuelle, intuitive et factuelle de toute exp rience. L’exemple paradigmatique en est de toute vidence le chapitre de la d duction transcendantale de la Critique de la raison pure. Bien entendu, la d monstration ph nom nologique des archi-faits ne co ncide pas avec la d marche de la d duction transcendantale de Kant. N anmoins, elle s’en approche au niveau de son pr suppos m taphysique, savoir qu’il y a ou qu’il doit y avoir des faits ultimes ou des l ments ultimes de toute pens e et de toute exp rience humaine. La ph nom nologie m taphysique de Tengelyi partage sans doute cette conviction et l’ labore concr tement dans l’enseignement Nous trouvons des analyses riches et fascinantes sur une g n alogie possible de la conscience dans les crits tardifs de Marc Richir. Voir p. ex. M. Richir, « Stimmung, Verstimmung et Leiblichkeit dans la schizophr nie », in Vincent Descombes et alii ( d.), ConferÞncias de Filosofia II., Porto, Campo das letras, 2000, p. 57 – 69. 45 Voir L. Tengelyi, Welt und Unendlichkeit, 553. 46 Ibid., 184 – 185. 44

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propos des archi-faits. Or, la g n alogie propos e par la philosophie interm diaire de Schelling n’accepte pas du tout une telle pr supposition. La g n alogie du temps, la g n alogie de la conscience, la g n alogie du monde et finalement celle de Dieu prennent pour point de d part un seul v nement – celui de la distinction entre le fondement et l’existence. En ce sens, il n’y a pas de fait ou d’ l ment ultime pour Schelling, ce qui semble Þtre ultime n’est rien d’autre que la premi re diff rence qui pr c de et rend possible toute autre diff rence d j cat gorialement fix e. Le premier v nement est la diff rence, l’Ent-scheidung primordiale par laquelle l’existence se distingue du fondement et par laquelle elle le repousse dans le pass transcendantal.47 Sur la base de la philosophie interm diaire de Schelling, on pourrait ainsi laborer une ph nom nologie du pass transcendantal qui pr parerait et accompagnerait la n cessit de fait des Urtatsachen. Il ne s’agirait pas d’une ph nom nologie de la raison (de l’Þtre actuel), mais d’une ph nom nologie de l’autre de la raison (du non-Þtre qui accompagnerait virtuellement l’Þtre actuel) : d’une ph nom nologie de la nature, de la corpor it vivante, de la phantas a et de l’inconscient. Une telle approche ne serait pas une alternative la ph nom nologie m taphysique de L. Tengelyi, mais son bauche compl mentaire.

47 Une amorce conceptuelle semblable se trouve d j chez L. Tengelyi, lorsque dans son dernier article il parle des couples de concepts qui, ensemble, couvrent la totalit de l’Þtre (disjunktive Transzendentalien). Son exemple est la diff rence entre deux « Weltalternativen », entre nature et histoire. Et L. Tengelyi lie cette pens e l’id e schellingienne des ffges du monde. « Schelling geht davon aus, dass wir zwar aus der Natur kommen, aber nunmehr in der Geschichte leben, und er versucht, diese Feststellung in der Sprache der Weltalter auszudr cken. So bestimmt er die Gegenwart als ein Weltalter, das im Ganzen von der Geschichte getragen ist, zugleich aber die Natur als ihre eigene Vergangenheit voraussetzt », L. Tengelyi, « Philosophie als Weltoffenheit », in Deutsche Zeitschrift f r Philosophie (63), 2015/5, p. 958 – 976, ici p. 973.

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Die transzendentale Bedeutung der Faktizit t bei Landgrebe und Tengelyi

Abstract Tengelyi refers to Landgrebe’s reception of Husserl’s phenomenology as a principal source of inspiration for his own “metaphysics of necessary facts”. Both Landgrebe and Tengelyi consider the ego, its intentional relation to objects, its co-subjects and the historical horizon of lifeworld necessary facts and attribute a performative character to all of them, albeit in a different manner. According to Tengelyi, this performative character can be grasped only in the internal perspective of the ego. Therefore he sticks to the Cartesian tradition of the philosophy of subjectivity. Landgrebe’s phenomenology of life-world, by contrast, abandons the Cartesian methodical solipsism. Landgrebe avoids, thus, methodical aporias that occur in Tengelyi’s metaphysics of facticity.

1. Husserls Begriff der Urtatsache und seine Rezeption bei Landgrebe und Tengelyi L szl Tengelyi z hlt den Hinweis Ludwig Landgrebes auf die systematische Funktion der Faktizit t in der Ph nomenologie Husserls seit Beginn der 1920er Jahre zu den wichtigsten Inspirationsquellen der »Metaphysik der Urtatsachen«, die er in Welt und Unendlichkeit entwirft.1 Zwischen der Husserl-Rezeption beider Autoren bestehen weitreichende Parallelen. Den Ausgangspunkt ihrer Theorieentw rfe, die Husserls Ph nomenologie fortschreiben, bildet die Modifikation, die er in den 1920er Jahren an der Bestimmung des Verh ltnisses von Eidos und Faktum im Ersten Band seiner Ideen zu einer reinen Ph nomenologie und ph nomenologischen Philosophie (1913) vornimmt. Laut den Ideen I ist die »Wesenserkenntnis« von »aller Tatsachenerkenntnis« unabh ngig.2 In seinem Sp twerk erkennt Husserl der Faktizit t dagegen eine Begr ndungsfunktion f r Wesenserkenntnisse zu. Er bindet das Eidos L szl Tengelyi: Welt und Unendlichkeit. Zum Problem ph nomenologischer Metaphysik. Freiburg/M nchen 2014, 171, 183. 2 Edmund Husserl: Ideen zu einer reinen Ph nomenologie und ph nomenologischen Philosophie. Erstes Buch: Allgemeine Einf hrung in die reine Ph nomenologie. Neu hg. von Karl Schumann. 1. Halbband (Husserliana, Bd. 3/1). Den Haag 1976, 16. 1

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des transzendentalen Ich in Nachlassmanuskripten der 1920er und 1930er Jahre an seine faktische Existenz zur ck.3 Hiermit revidiert er die umstandslose Gleichsetzung von Tats chlichkeit und Zuf lligkeit in den Ideen I: Er z hlt die »Urfaktizit t« des Ego, die mit »Urzuf lligem« verschr nkt sei, nun zu den »Urnotwendigkeiten«.4 Husserl weitet den Begriff der »Urtatsache«, den er anhand des transzendentalen Ego einf hrt, in Nachlassmanuskripten der 1930er Jahre auf die gegenst ndliche Welt, die Mitmenschen und die Geschichte aus: Er z hlt die »Welt«, »die ich schon ›habe‹«, einschließlich des »Mitsein[s] Anderer«, und eine geschichtliche Teleologie der Vernunft zu den »Urstrukturen meiner Faktizit t«, in denen »die weltlichen Wesensnotwendigkeiten« fundiert seien.5 Tengelyi spricht den von Husserl programmatisch benannten »vier Gruppen von Urtatsachen« – 1. dem transzendentalen Ich, dessen Explikation beim ego cogito ansetzen muss, 2. seiner »Welthabe«, 3. den »Mitsubjekte[n]«, »mit denen das jeweilige Ich ein intentionales Ineinandersein eingeht«, und 4. einer »Geschichtsteleologie«, die faktisch ausweisbar sei – insgesamt einen »performative[n] Charakter« zu; den Begriff der Performativit t verwendet er im Sinne von Jaakko Hintikkas Interpretation des ego cogito.6 Hintikka weist darauf hin, dass »Ich denke« ein selbst-verifizierender Satz und damit notwendigerweise wahr ist, sooft er von mir – um eine Formulierung Descartes’ aufzugreifen – »ausgesprochen oder durch den Geist begriffen wird«, wobei es ein kontingentes Faktum ist, dass ich das tue.7 Hierin besteht die »faktische Notwendigkeit« des Wahrheitsgehalts des cogito, das in diesem Sinne als eine Urtatsache anzusehen ist.8 Mit dem Begriff der Performativit t konkretisiert Tengelyi die in Husserls Forschungsmanuskripten tentativ eingef hrte Verkn pfung von »Urnotwendigkeiten« und »Urzuf lligem«: »Im Gegensatz zu den gewçhnlichen Tatsachen, die nur durch Beobachtung von außen festgestellt werden kçnnen, kommt den Urtatsachen, von denen in der Ph nomenologie die Rede ist,« – so Tengelyi – »der Edmund Husserl: Zur Ph nomenologie der Intersubjektivit t. Zweiter Teil: 1921 – 1928. Hg. von Iso Kern. (Husserliana, Bd. 14). Den Haag 1973, 154f., 159; Dritter Teil: 1919 – 1935. Hg. von Iso Kern (Husserliana, Bd. 15). Den Haag 1973, 385f. Vgl. Ludwig Landgrebe: Faktizit t als Grenze der Reflexion und die Frage des Glaubens. In: Otto Kaiser (Hg.): Denkender Glaube. Festschrift f r Carl Heinz Ratschow. Berlin/New York 1976, 173 – 192, hier: 176; Tengelyi: Welt und Unendlichkeit, 183f. 4 Husserl: Ideen I, 12, Zur Ph nomenologie der Intersubjektivit t. Dritter Teil, 385. 5 Husserl: Zur Ph nomenologie der Intersubjektivit t. Dritter Teil, 386, 596f., 669. 6 Tengelyi: Welt und Unendlichkeit, 184f., 190. 7 Jaakko Hintikka: Cogito, ergo sum: Inference or Performance? In: The Philosophical Review 71 (1962), 3 – 32 (wieder abgedruckt in: W. Doney (Hg.): Descartes. A Collection of Critical Essays. Notre Dame 1967, 108 – 139. Vgl. Ren Descartes: Meditationes de prima philosophia. Lat.-dt. bers. und hg. von Christian Wohlers. Hamburg 2008, 49. 8 Tengelyi: Welt und Unendlichkeit, 190. 3

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Charakter aktuellen Vollzugs zu.«9 Der Begriff der Urtatsache bildet in dieser Interpretation die Ausgangsbasis seiner Metaphysik der Faktizit t. Diese »steht und f llt mit dem Gedanken, dass es eine Notwendigkeit des Faktischen geben kann«.10 Das Pendant zu Tengelyis Vorhaben, den inneren Zusammenhang der angef hrten Urtatsachen mittels des Begriffs der Performativit t aufzuweisen, bildet bei Landgrebe die systematische Schl sselrolle des Satzes »Ich bin da« in seiner Konzeption der transzendentalen Ph nomenologie: Sie gewinnt mit dieser Umbildung des cartesischen ego cogito ihre »Grundthesis«.11 Das – mit Landgrebe zu sprechen – »absolute Faktum« des »Ich bin da«12 umfasst die vier Gruppen von Urtatsachen, die Tengelyi im Anschluss an Husserl in Ansatz bringt: 1. die Gewissheit des »Dasein[s] meiner selbst«:13 »Bewußtsein kann […] nur jeder Einzelne f r sich in seinem ›da‹ haben.«14 2. den intentionalen Weltbezug: Die ph nomenologische Bedeutung des Satzes »Ich bin da« resultiert aus der ›Einklammerung‹ unserer nat rlichen berzeugung: »Ich bin da in dieser Welt«.15 Die gegenst ndliche Welt wird hiermit als das intentionale Korrelat unserer Meinungen, T tigkeiten, Erfahrungen und Verst ndigungsprozesse zum Forschungsthema der Ph nomenologie. 3. die Mitsubjekte, denen ich in meiner Lebenswelt begegne.16 4. den weltgeschichtlichen Horizont der Lebenswelt.17 Darin kçnnen wir nach Landgrebe eine Teleologie unterstellen: im Sinne einer »regulative[n] Idee in praktischer Absicht«, d. h. einer »Maxime f r das Handeln in der Geschichte«.18 Landgrebe hebt den Vollzugscharakter aller Aspekte des »absolute[n] Faktum[s]« des »Ich bin da« hervor, allerdings mit einer anderen Akzentuierung als Tengelyi. W hrend dieser das ego cogito als das Paradigma der Performativit t der Urtatsachen ansieht, erkl rt Landgrebe die »Situation, in der wir uns jeweils finden« und die wir »bew ltigen« m ssen, zum »Inbegriff dessen, was f r uns Ebd. Ebd., 15. 11 Landgrebe: Faktizit t als Grenze der Reflexion, 188. 12 Ludwig Landgrebe: Ph nomenologische Analyse und Dialektik. In: Ernst Wolfang Orth et al. (Hg.): Dialektik und Genesis in der Ph nomenologie. Freiburg/M nchen 1980, 21 – 88, hier: 70. 13 Ebd., 68. 14 Landgrebe: Faktizit t als Grenze der Reflexion, 190. 15 Landgrebe: Ph nomenologische Analyse und Dialektik, 65f. 16 Landgrebe: Faktizit t als Grenze der Reflexion, 182, 188f. 17 Ebd., 190. 18 Landgrebe: Meditation ber Husserls Wort »Die Geschichte ist das große Faktum des absoluten Seins«. In: ders.: Faktizit t und Individuation, 38 – 57, hier: 57. 9

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›schon da‹ ist«.19 Den Begriff der »Situation« verwendet er im Sinne von Husserls Bestimmung der Lebenswelt als der »Welt, in der sich unser ganzes Leben praktisch abspielt«:20 »Situation« meint bei Husserl den »praktische[n] Horizont des Handelnden; er impliziert alle seine praktischen Mçglichkeiten«.21 Alle Situationen stehen – so Husserl – »in einer jeweiligen All-Situation, und das ist die immerzu vorgegebene Welt« als der »universale Geltungsboden« f r unsere Lebenspraxis einschließlich der Erkenntnispraxis der Wissenschaften, d. h. als Lebenswelt.22 Diese umfasst die Mçglichkeitshorizonte unseres Welt- und Selbstverh ltnisses. Landgrebe stellt Husserls Begriff der Lebenswelt ins Zentrum der Faktizit t des »Ich bin da«, da er bestreitet, dass das ego cogito als Ausgangspunkt eines philosophischen Begr ndungszusammenhangs fungieren kann. Der cartesianische Weg, den Husserl in den Ideen I und noch in den 1930er Jahren in seinen Cartesianischen Meditationen einschl gt, ist nach Landgrebe »nicht gangbar«.23 Er folgert aus dieser These, dass die Wissenschaft von der Lebenswelt, die Husserl in der Krisis-Schrift als Alternative zum cartesianischen Weg entwirft, die philosophische Grundlagendisziplin bilden m sse. Husserl bezeichnet die Lebenswelt als »intersubjektiv identische […] f r alle«.24 Landgrebe z hlt Husserls »lebensweltliches Apriori« – es umfasst die Raum-Zeit-Struktur unserer Erfahrungswelt und einen Begriff von Kausalit t, der in allen Handlungspl nen im Spiel ist – zu den »alle menschliche Kommunikation ermçglichenden ›Universalien‹«.25 Mit dieser Lesart des Husserl’schen Lebenswelt-Begriffs strebt Landgrebe die » berwindung des traditionellen Gegensatzes von Apriori und empirisch-historisch« an.26 Die »Universalien« der menschlichen Kommunikation haben sich in der Sprachgeschichte herausgebildet; ihre Analyse ist somit an Faktizit t zur ckgebunden. Der von Landgrebe intendierte Aufweis der impliziten Voraussetzungen sprachlicher Verst ndigung verleiht seinem Entwurf einer Wissenschaft von der Lebenswelt ihren transzendentalen Charakter: Transzendentale Argumente legen notwendige Bedingungen eines Zugestandenen frei. Das Ebd., 52. Edmund Husserl: Die Krisis der europ ischen Wissenschaften und die transzendentale Ph nomenologie. Hg. von Walter Biemel (Husserliana, Bd. 6). Den Haag 21976, 51. 21 Edmund Husserl: Die Krisis der europ ischen Wissenschaften und die transzendentale Ph nomenologie. Erg nzungsband: Texte aus dem Nachlass 1934 – 1937. Hg. von Reinhold N. Smid (Husserliana, Bd. 29). Dordrecht/Boston/London 1993, 543. 22 Ebd.; vgl. Landgrebe: Faktizit t als Grenze der Reflexion, 182f. 23 Ludwig Landgrebe: Husserls Abschied vom Cartesianismus. In: Philosophische Rundschau 9 (1961), 133 – 177, hier: 134. 24 Husserl: Die Krisis der europ ischen Wissenschaften, 175. 25 Ebd., 141 – 144; Landgrebe: Faktizit t als Grenze der Reflexion, 182. 26 Ludwig Landgrebe: »Das Problem der transzendentalen Wissenschaft vom lebensweltlichen Apriori«. In: ders.: Ph nomenologie und Geschichte. G tersloh 1968, 148 – 166, hier: 166. 19 20

Die transzendentale Bedeutung der Faktizit t bei Landgrebe und Tengelyi

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Faktum der Kommunikation ist somit von konstitutiver Bedeutung f r den apriorischen Geltungsanspruch von Landgrebes Konzeption der transzendentalen Ph nomenologie der Lebenswelt. In diesem Sinne kommt in ihrer Grundthesis »Ich bin da« eine notwendige Faktizit t zum Ausdruck. Mit seinem Vorhaben, die Universalien menschlicher Kommunikation aufzuweisen, schl gt Landgrebe eine Br cke zwischen Husserls Lebenswelt-Konzeption und der sprachanalytischen Philosophie.27 Er nimmt bereits mit seiner – eigenst ndig verfassten, aber nicht unter eigenem Namen verçffentlichten – Einleitung in Husserls Erfahrung und Urteil (1939) den Argumentationsansatz Peter Frederick Strawsons in Individuals (1959) – dem Basistext der Analytischen Transzendentalphilosophie – vorweg (s. u. Abschnitt 3).28 Landgrebes Konzeption der transzendentalen Ph nomenologie der Lebenswelt unterscheidet sich von Tengelyis Metaphysik der Faktizit t in einer doppelten Hinsicht: 1. Tengelyi lehnt den »Paradigmenwechsel vom Bewusstsein zur sprachlichen Verst ndigung«, d. h. den linguistic turn in der Philosophie des 20. Jahrhunderts, ab.29 W hrend Landgrebe den cartesianischen Weg der Erkenntnisbegr ndung f r aussichtslos h lt, erkl rt Tengelyi eine »tragf hige Bewusstseinsphilosophie« zu einem »Desiderat der Zeit«.30 Er vertritt die These, dass der Vollzugscharakter der Urtatsachen nur in der »ph nomenologischen Innenbetrachtung« ad quat erfasst werden kann.31 2. Tengelyis Metaphysik der Faktizit t ist nicht als »apriorische Wissenschaft« konzipiert.32 Er vertritt zwar einen »methodologischen Transzendentalismus«, gibt dem Terminus »transzendental« hierbei aber eine »neue Bedeutung«, indem er den »transzendentalen Bedingungen der Mçglichkeit« unseres Welt- und Selbstverh ltnisses »keine apriorische, sondern eine faktische Notwendigkeit« zuschreibt.33 Er bezeichnet die Urtatsachen als »›letzte‹ Gegebenheiten«, was »jeden Begr ndungsversuch« ausschließe.34 Diese beiden methodischen Grundentscheidungen Tengelyis – das Festhalten am Cartesianismus der Bewusstseinsphilosophie und die Abkehr vom Aprioris-

Landgrebe: Faktizit t als Grenze der Reflexion, 174. Zum Anteil Landgrebes an der Druckfassung von Husserls Erfahrung und Urteil vgl. Dieter Lohmar: Zu der Entstehung und den Ausgangsmaterialien von E. Husserls Werk Erfahrung und Urteil. In: Husserl-Studies 13 (1996), 31 – 71. 29 Tengelyi: Welt und Unendlichkeit, 20f. 30 Ebd., 21. 31 Ebd., 190. 32 Ebd., 14f. 33 Ebd., 359. 34 Ebd., 188. 27

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mus der traditionellen Transzendentalphilosophie – machen m. E. die entscheidenden Defizite seiner Metaphysik der Faktizit t aus. (zu 1) Im Folgenden mçchte ich zun chst im Rekurs auf Alfred Sch tz’ Kritik an Husserls Intersubjektivit tstheorie in den Cartesianischen Meditationen zu zeigen versuchen, dass aus Tengelyis Absage an das sprachanalytische Paradigma eine fatale Zweideutigkeit in seiner Bestimmung der Intersubjektivit t als einer Urtatsache resultiert (Abschnitt 2). Im Anschluss hieran (Abschnitt 3) argumentiere ich daf r, dass der Weltbezug unserer Erfahrung nicht auf eine Stufe mit dem ego cogito gestellt werden kann, wie es bei Tengelyi geschieht: Er bezeichnet die »Gewissheit vom Sein der Welt« als »genauso apodiktisch wie die Gewissheit vom Sein des jeweiligen Ich«.35 (zu 2) Auf dieser Basis mçchte ich die These plausibel machen, dass die Rede von der notwendigen Faktizit t der gegenst ndlichen Welt und der Intersubjektivit t erst durch die Explikation der notwendigen Bedingungen menschlicher Kommunikation einen argumentativ ausweisbaren Sinn gewinnt. Landgrebes Konzeption einer transzendentalen Ph nomenologie der Lebenswelt ist aufgrund ihrer N he zur Analytischen Transzendentalphilosophie Tengelyis Metaphysik der Faktizit t m. E. systematisch berlegen. Deren inhaltliche Analysen sind hiermit nicht hinf llig; sie m ssen jedoch auf eine andere methodische Basis gestellt werden.36 2. Das Problem der Intersubjektivit t in Husserls Cartesianischen Meditationen und Tengelyis Metaphysik der Faktizit t Tengelyi bezeichnet es im Rekurs auf Husserl als eine Urtatsache, »dass jedes Ich die Anderen intentional in sich tr gt«.37 Die Welt, auf die wir uns intentional beziehen, l sst sich aber – so Tengelyi – »niemals auf die Eigenheitssph re des Einzelnen beschr nken; vielmehr setzt sie stets Mitsubjekte voraus, mit denen das Ich ein intentionales Ineinandersein eingeht«.38 Die Zweideutigkeit in Tengelyis Bestimmung der Intersubjektivit t als eines intentionalen Ineinanderseins tritt auf dem Hintergrund von Alfred Sch tz’ Kritik an der Intersubjektivit ts-

Ebd., 325. Die von Landgrebe und Tengelyi im Anschluss an Husserl postulierte Teleologie der Geschichte soll im Folgenden außer Betracht bleiben, da Tengelyi hierauf nur am Rande eingeht, so dass es f r eine Gegen berstellung mit der Position Landgrebes keine ausreichende Basis gibt. 37 Tengelyi: Welt und Unendlichkeit, 185. 38 Ebd. 35 36

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theorie des Husserl’schen cartesianischen Wegs zutage; Tengelyi kn pft an sie mit der Formulierung an, »dass jedes Ich die Anderen intentional in sich tr gt«. Die Leitthese von Husserls Cartesianischen Meditationen, dass »das ego in sich […] Anderes, Objektives konstituiert«,39 zeichnet die Zielperspektive der Intersubjektivit tstheorie vor, die in der »V. Meditation« skizziert wird: Sie soll darlegen, dass »in mir, dem transzendentalen ego, […] andere ego’s konstituiert sind« und »von der mir damit konstitutiv erwachsenen transzendentalen Intersubjektivit t« wiederum »eine allgemeinsame, objektive Welt« konstituiert wird.40 Die Rede von der Konstitution »andere[r] ego’s« meint, dass diese von mir als andere konstituiert werden: Der Begriff ›anderer Personen‹ weist auf die Ich-Perspektive dessen zur ck, dem sie als Andere begegnen. Die Intersubjektivit tstheorie der Cartesianischen Meditationen setzt dabei an, dass ich meine Mitmenschen als Personen identifiziere, indem ich ihnen ein Bewusstsein zuschreibe. Husserl zieht aus der Tatsache, dass jedem nur seine eigenen Bewusstseinszust nde als sie selbst gegeben sind, den Schluss, die Erfahrung anderer Personen habe in dem Sinne den Charakter der »Einf hlung«, dass ich mein eigenes Bewusstsein auf sie projiziere.41 Husserl vertritt die These, der Ursprung unserer Erfahrung anderer Personen kçnne nur dadurch aufgewiesen werden, dass innerhalb des Bereichs meiner cogitationes, der durch die ph nomenologische Reduktion erschlossen wird, eine Schicht freigelegt wird, die von jedem Bezug auf ›Fremdpsychisches‹ unber hrt bleibt; er betrachtet diese »Primordialsph re« als den Ausgangspunkt der »analogisierenden bertragung« meines Bewusstseins auf Andere.42 Die Cartesianischen Meditationen vollziehen dementsprechend innerhalb ›meiner‹ cogitationes (und der zugehçrigen cogitata) eine zweite Epoch :43 Diese klammert meine berzeugung, mit Anderen kommunizieren zu kçnnen, das Verst ndnis von Kulturprodukten als Artefakten und die Auffassung der Natur als einer intersubjektiv zug nglichen ein; sie reduziert somit die intentionalen Gegenst nde meiner cogitationes auf diejenigen Bestimmungsmomente, die von meiner Sinneswahrnehmung unmittelbar erfasst werden. Dies besagt in Bezug auf Personen, dass in der Primordialsph re lediglich ihr Kçrper als Naturding pr sent ist. Ich konstituiere nach Husserl meine Mitmenschen als »Nicht-Ich in der Form: anderes Ich«, indem ich ihren Kçrper aufgrund seiner physischen hnlichkeit mit meinem eigenen als einen »Leib« auffasse, der ber Sinnesorgane verf gt – womit ich unterstelle, dass Edmund Husserl: Cartesianische Meditationen und Pariser Vortr ge. Hg. von St. Strasser (Husserliana, Bd. 1). Den Haag 21963, 118. 40 Ebd., 117. 41 Ebd., 124, 140f., 143f. 42 Ebd., 140f. 43 Ebd., 124. 39

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auch den Anderen eine Primordialsph re anschaulich pr sent ist, die dieselben Gegenst nde umfasst wie meine eigene.44 Die bertragung meines primordialen Bewusstseins auf meine Mitmenschen erweist sich nach Husserl als legitim, wenn sich diese genauso verhalten, wie ich mich verhielte, wenn ich an ihrer Stelle w re;45 Husserl veranschaulicht dies in einem Nachlassmanuskript aus dem Jahre 1927 anhand der folgenden Szene: Der Leibkçrper dort bewegt sich gegen eine Wasserlache, seine ›Augen‹ sind auf sie ›gerichtet‹; es ist, als ob ich dort w re als Ich dieses Leibkçrpers und mich bewegte gegen diese Wasserlache, meine Augen auf sie gerichtet, als ob ich sie s he, und nun selbstverst ndlich weiche ich aus, das ist im Als-ob vorgezeichnet. Aber nun verl uft die weitere Bewegung dieses Kçrpers dort und sein ganzes physisches, f r mich sichtliches Gebaren so, dass jenes vorgezeichnete Ausweichen nun wirklich eintritt.46

Wenn sich der Andere genauso im Raum bewegt, wie ich es an seiner Stelle t te, kann ich – so Husserl – »rechtm ßig« konstatieren, dass er »auf dasselbe hinsieht wie ich usw.«, dass also in unseren jeweiligen Primordialsph ren dieselben Wahrnehmungsgegenst nde pr sent sind – hierunter f llt auch mein eigener Leib.47 Die Konstitution des Anderen m ndet gem ß den Cartesianischen Meditationen in die Konstitution der »transzendentale[n] Intersubjektivit t« ein, indem ich dem Anderen unterstelle, mich selbst in derselben Weise als alter ego zu konstituieren wie ich ihn und damit meine Auffassung zu teilen, dass die intentionalen Objekte der Sinneswahrnehmung intersubjektiv zug nglich sind, d. h. einer »objektiven Natur« zugehçren.48 Meine Annahme einer »Koexistenz meines Ich […] und des fremden Ich« schließt ein, dass unsere jeweiligen Bewusstseinszust nde in dieselbe »objektive« Zeit eingeordnet werden kçnnen.49 Mit der – durch die Beobachtung von Verhaltensreaktionen feststellbaren – Bew hrung der Antizipationen, die durch die analogisierende bertragung meines Bewusstseins auf Andere vorgezeichnet werden, vollzieht sich somit nach Husserl »eine allgemeine Sinnesaufstufung auf meiner primordialen Welt, wodurch sie zur Erscheinung von einer bestimmten objektiven Welt wird, als der einen und selben Welt f r jedermann, mich selbst eingeschlossen«.50 In diesem Sinne wird nach Husserl die transzendentale Intersubjektivit t »rein in mir […] aus Quellen meiner Intentionalit t f r mich als seiend konstituiert, […] und konstituiert als dieselbe objektive Welt notwendig in sich tragend«.51 44 45 46 47 48 49 50 51

Ebd., 140, 143, 152f. Ebd., 152. Husserl: Zur Ph nomenologie der Intersubjektivit t. Zweiter Teil, 499f. Husserl: Cartesianische Meditationen, 152. Ebd., 124, 158. Ebd., 156. Ebd., 137. Ebd., 158.

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Sch tz bezweifelt, dass der Versuch der Cartesianischen Meditationen Husserls, »eine transzendentale Theorie der Fremderfahrung […] als Fundierung einer transzendentalen Theorie der objektiven Welt zu entwickeln, gelungen ist, ja noch mehr, dass ein solcher Versuch innerhalb der transzendentalen Sph re berhaupt gelingen kann«.52 Nach Husserl ist mit dem Resultat der Intersubjektivit ts-Theorie der Cartesianischen Meditationen – »Mittelst der in meinem eigenen Selbst konstituierten fremden Konstitutionen konstituiert sich f r mich […] die f r uns alle gemeinsame Welt.«53 – der berschritt von der solipsistischen Sph re meiner cogitationes »zur fremden Subjektivit t und echten Objektivit t« vollzogen.54 Sch tz interpretiert dagegen das Resultat von Husserls cartesianischer Intersubjektivit tstheorie folgendermaßen: »Jedes transzendentale Ego hat nun seine Welt, darin alle anderen Subjekte […], ihrem Sein und Sinn nach f r sich konstituiert, aber eben f r sich und nicht auch f r alle anderen transzendentalen Egos.«55 Sch tz verwirft hiermit Husserls Auffassung, ich kçnne mir der Rechtm ßigkeit der analogisierenden bertragung meines Bewusstseins auf Andere gewiss sein, wenn die hierdurch vorgezeichneten Antizipationen ihrer Verhaltensreaktionen durch Beobachtungen best tigt werden. Wie will ich die Mçglichkeit ausschließen, dass sich andere Wesen, denen ich ein Bewusstsein zuschreibe, genau so verhalten, wie ich es erwarte, ohne dass sie tats chlich ber ein Bewusstsein verf gen? Klaus Held veranschaulicht diesen Einwand mittels eines plastischen Beispiels: Wenn ich einem Baum ein Bewusstsein unterstelle, weil mich die Bewegungen seiner ste an die meiner Arme erinnern, ist es denkbar, dass sich meine Erwartungen hinsichtlich seiner Astbewegungen fortan bew hren – dennoch ist meine Auffassung des Baumes als einer Person verfehlt.56 Dass hiermit Husserls Annahme, die ›Fremdzuschreibung‹ eines Bewusstseins werde durch die Bew hrung der daraus entspringenden Antizipationen von Verhaltensreaktionen legitimiert, in der Tat entkr ftet ist, macht sein eigener Beispielfall des fremden Leibkçrpers, der einer Wasserlache ausweicht (s. o.), deutlich: Auch ein mit Sensoren ausgestatteter Roboter kann in dieser Weise auf Umweltreize reagieren. Sch tz zieht aus der Unhaltbarkeit der These der Cartesianischen Meditationen Husserls, der Bereich der Intersubjektivit t sei in der »Einf hlung« fun52 Alfred Sch tz: Das Problem der transzendentalen Intersubjektivit t bei Husserl. In: Philosophische Rundschau 5 (1957), 81 – 107, hier: 84. 53 Husserl: Cartesianische Meditationen, 120 (1. Hervorh. von mir). 54 Ebd., 174. 55 Sch tz: Das Problem der transzendentalen Intersubjektivit t, 100. 56 Klaus Held: Das Problem der Intersubjektivit t und die Idee einer ph nomenologischen Transzendentalphilosophie. In: U. Claesges und K. Held (Hg.): Perspektiven transzendentalph nomenologischer Forschung. F r Ludwig Landgrebe zum 70. Geburtstag von seinen Kçlner Sch lern. Den Haag 1972, 3 – 60, hier: 39, 41.

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diert, den Schluss, dass die sprachliche Verst ndigung den einzig mçglichen Rechtfertigungsgrund unserer berzeugung von der Existenz anderer Personen und damit auch einer intersubjektiv zug nglichen Gegenst ndlichkeit bildet.57 Sch tz weist darauf hin, dass Husserl im II. Band der Ideen zu einer reinen Ph nomenologie und ph nomenologischen Philosophie Kommunikationsprozesse zur unerl sslichen Voraussetzung unserer Bezugnahme auf eine gemeinsame Welt erkl rt.58 Dies weist auf die Lebenswelt-Analysen der Krisis voraus. In der Abhandlung ber den Ursprung der Geometrie, die in den Husserliana als Erg nzungstext zur Krisis abgedruckt wurde, schreibt er: »Menschheit ist [sich ihrer] vorweg als […] Sprachgemeinschaft bewusst.«59 Tengelyis These, dass sich die von uns intentional vermeinte Welt »niemals auf die Eigenheitssph re des Einzelnen beschr nken« l sst, kann somit gegen den skeptischen Einwand, woher wir das wissen wollen, nicht verteidigt werden, wenn man in der ph nomenologischen Innenperspektive verbleibt; Sch tz’ Kritik an Husserls cartesianischem Weg trifft auch dessen Rezeption bei Tengelyi. Dessen zitierte These ist nur dann plausibel, wenn man die von ihm konzipierte Metaphysik der Faktizit t in der »lebensweltliche[n] Erfahrung« verankert.60 Dies wird von Tengelyi zu Beginn von Welt und Unendlichkeit zwar ins Auge gefasst, l uft jedoch seinem programmatischen Insistieren auf der ph nomenologischen Innenperspektive zuwider. Hierin besteht die Zweideutigkeit seiner Intersubjektivit tskonzeption. Auf dem cartesianischen Weg kann man der Intersubjektivit t nicht den Charakter einer Urtatsache zusprechen, da es unentscheidbar bleibt, ob es andere Personen gibt, die ebenso wie ich ber ein Bewusstsein verf gen. Die sprachliche Verst ndigung l sst sich demgegen ber als eine Urtatsache ansehen; hierbei muss allerdings Tengelyis Begriff notwendiger Faktizit t modifiziert werden. In diesem Zusammenhang ist eine Passage aus Lockes Essay Concerning Human Understanding aufschlussreich. Locke nimmt zum skeptischen Zweifel an der Realit t der Außenwelt folgendermaßen Stellung: ich meine, niemand kann im Ernst so skeptisch sein, dass er ber die Existenz der Dinge, die er sieht und f hlt, ungewiss w re. Jedenfalls wird jemand, dessen Zweifel so weit geht, (wie er sich auch zu seinen eigenen Gedanken stellen mag), mit mir niemals einen Streit f hren, weil er niemals gewiss sein kann, dass ich etwas sage, das seiner eigenen Meinung entgegengesetzt ist.61 Sch tz: Das Problem der transzendentalen Intersubjektivit t, 101. Ebd., 95. 59 Husserl: Die Krisis der europ ischen Wissenschaften, 369. 60 Tengelyi: Welt und Unendlichkeit, 14. 61 John Locke: Versuch ber den menschlichen Verstand. Hamburg 41981, Bd. 2, 312 (IV. Buch, XI. Kap., Abschnitt 3). 57 58

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Locke betont, dass niemand, der mit mir redet, die Existenz meiner sprachlichen ußerungen in Zweifel ziehen kann, wenn er nicht der Fortsetzung des Gespr chs den Boden entziehen will. Dasselbe gilt vice versa f r mich in den Gespr chssituationen, die ich f r real halte. Locke gesteht dem Skeptiker zugleich zu, dass wir niemals unumstçßliche Gewissheit dar ber erlangen kçnnen, dass wir tats chlich mit anderen Personen kommunizieren. Descartes zieht in seinen Meditationes die Mçglichkeit in Betracht, dass Gott nur mich geschaffen und mir die F higkeit verliehen hat, die Sinneseindr cke, die ich auf ußere Gegenst nde und andere Personen beziehe, selber hervorzurufen.62 Nach Descartes w re Gott in diesem Fall ein Betr ger, da ich an die Existenz der Außenwelt glaube.63 Leibniz widerspricht Descartes mit dem Argument, dass es im geschilderten Fall f r mich unentscheidbar und damit bedeutungslos ist, ob die Außenwelt tats chlich existiert oder mir dies nur notwendigerweise so erscheint: »Nichts hindert, dass bestimmte wohlgeordnete Tr ume sich unserem Geist darbieten«.64 Hierin besteht auch nach Locke das Wahrheitsmoment des skeptischen Vorbehalts gegen die Realit t der Außenwelt. Lockes entscheidendes antiskeptisches Argument besagt, dass die Artikulation des skeptischen Vorbehalts in Gespr chssituationen faktisch den Gespr chsabbruch unausweichlich macht: Es hat ja nur dann Sinn, jemanden anzusprechen, wenn ich davon ausgehe, dass er mich hçrt. Der Konsens ber die Existenz realer Gespr chssituationen ist demnach ein unhintergehbares und damit notwendiges Faktum. Es hat einen performativen Charakter, der – analog zum »Ich denke« – im Satz »Wir reden miteinander« zum Ausdruck kommt. Die faktische Unhintergehbarkeit der Annahme realer Gespr chssituationen darf allerdings nicht mit der unumstçßlichen Gewissheit des ego cogito auf eine Stufe gestellt werden: Mit der Artikulation des Satzes »Ich denke« ist seine notwendige Wahrheit verb rgt; dies gilt jedoch nicht f r den Satz »Wir reden miteinander«, da ich niemals ausschließen kann, dass es mir bloß erscheint, als g be es Personen außer mir.

3. Der raum-zeitliche Horizont unserer Gegenstandserfahrung Da wir uns selbst und unsere Gespr chspartner als leibliche Wesen auffassen, leitet die faktisch unabweisbare Unterstellung der Existenz realer Gespr chssituationen zu der Frage ber, ob auch die Annahme der Existenz materieller KçrDescartes: Meditationes, 78f., 87f. Ebd., 161, 163. 64 Gottfried Wilhelm Leibniz: ber die Methode, reale Ph nomene von imagin ren zu unterscheiden. In: ders.: Hauptschriften zur Grundlegung der Philosophie. Hg. von Ernst Cassirer. Hamburg 31966, Bd. 2, 126. 62

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per in einem unhintergehbaren Konsens aller Kommunikationspartner verankert ist. Das transzendentale Argument, mit dem Strawson diese Frage in Individuals zu beantworten versucht, wird in Landgrebes Einleitung in Husserls Erfahrung und Urteil im Ansatz vorweggenommen. Husserl untersucht in Erfahrung und Urteil die Sinnesgenesis von Aussages tzen. Landgrebe grenzt sich in seiner Einleitung zu diesem Buch vom cartesianischen Weg dadurch ab, dass er die Aufkl rung der Sinnesgenesis von Urteilen als einen zweistufigen »R ckgang auf die ›Lebenswelt‹« konzipiert: Die erste Stufe f hrt zur »urspr ngliche[n] Lebenswelt«, die im Hauptteil von Erfahrung und Urteil als der Erfahrungsraum der »Menschheit« als »Gemeinschaft mçglicher Verst ndigung« gekennzeichnet wird,65 die zweite ergibt sich aus der »R ckfrage von der Lebenswelt auf die subjektiven Leistungen, aus denen sie selber entspringt«; erst hier kommen die »intentionalen Erlebnisse« Einzelner ins Spiel.66 Die Analyse der Sinnesgenesis von Urteilen schließt den »R ckgang […] zu den Urteilssubstraten«, d. h. den »Gegenst nden-wor ber«, ein.67 Husserl entwirft dieses Forschungsprogramm in seiner Formalen und transzendentalen Logik unter dem Titel der »R ckf hrung der pr dikativen Evidenzen auf die nichtpr dikative Evidenz, die da Erfahrung heißt«;68 Landgrebe spricht von »vorpr dikativer« statt »nichtpr dikativer« Evidenz.69 Das »Gelingen« unserer »Erkenntnisleistung[en]«, die stets in Urteilen artikuliert werden, d. h. die allgemeinverbindliche Rechtfertigung oder Widerlegung des Wahrheitsanspruchs von Aussagen, stellt – so Landgrebe – »seine Anforderungen an die Weise der Vorgegebenheit der Gegenst nde selbst in inhaltlicher Beziehung. Sie m ssen so vorgegeben sein, dass ihre Gegebenheit von sich aus Erkenntnis, und das heißt evidentes Urteilen mçglich macht«.70 Um ber den Wahrheitsanspruch empirischer Urteile allgemeinverbindlich entscheiden zu kçnnen, m ssen die jeweiligen Urteilssubstrate intersubjektiv identifizierbar sein. Landgrebe konkretisiert in der Einleitung zu Erfahrung und Urteil die Bestimmung der »Welt als Horizont aller mçglichen Urteilssubstrate« dahingehend, dass die »Existenz eines Realen« gleichbedeutend ist mit »Sein […] im offenen Horizont der Raum-zeitlichkeit«.71 Landgrebe bindet somit die vorpr dikative Evidenz der Gegenst ndewor ber von Urteilen, d. h. ihre intersubjektive Identifizierbarkeit, an ihre ein65 Edmund Husserl: Erfahrung und Urteil. Untersuchungen zur Genealogie der Logik. Redigiert und hg. von Ludwig Landgrebe [1939]. Hamburg 61985, 49, 189 Anm. 66 Ebd., 49, 85f., vgl. 46. 67 Edmund Husserl: Formale und transzendentale Logik. Versuch einer Kritik der logischen Vernunft. Hg. von Paul Janssen (Husserliana, Bd. 17). Den Haag 1974, 208f. 68 Ebd., 217. 69 Husserl: Erfahrung und Urteil, 13. 70 Ebd., 11. 71 Ebd., 36, 29.

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deutige Verortung im Horizont der Raum-Zeitlichkeit an. Dies deckt sich mit dem ersten Schritt des transzendentalen Arguments in Strawsons Individuals – wobei es allerdings keinen Beleg daf r gibt, dass Strawson Erfahrung und Urteil gekannt hat. Strawsons Ausgangsfrage in Individuals lautet, wie wir empirische »Einzeldinge« (d. h. Gegenst nde und Ereignisse) intersubjektiv identifizieren kçnnen.72 Im ersten Schritt seines transzendentalen Arguments weist er darauf hin, dass sich die Identifikation empirischer Einzeldinge »letztlich auf die Mçglichkeit« st tzt, sie »in einem einheitlichen Raum-Zeit-System zu lokalisieren«, d. h. einem »System r umlicher und zeitlicher Relationen, in dem jedes Einzelding zu jedem anderen in einer eindeutigen Beziehung steht.«73 Die mit dem Wort »letztlich« bezeichnete Einschr nkung muss insofern gemacht werden, als die »demonstrative Identifikation« derjenigen Einzeldinge, die in einer Gespr chssituation anschaulich pr sent sind, mittels schlichter deiktischer Hinweise erfolgt.74 Das transzendentale Argument in Strawsons Individuals soll eine notwendige Bedingung der »nicht-demonstrativen Identifikation« von Einzeldingen, die in der jeweiligen Gespr chssituation nicht gegenw rtig sind, benennen.75 Die Mçglichkeit, diese Einzeldinge in einem einheitlichen Raum-Zeit-System zu lokalisieren und damit ihre raum-zeitliche Relation zur aktuellen Gespr chssituation zu bestimmen, bildet insofern eine unerl ssliche Voraussetzung ihrer »erfolgreichen« Identifikation, als »Beschreibung[en]« hierf r nicht ausreichen.76 Eine eindeutige Identifikation wird weder durch die Angabe qualitativer oder quantitativer Bestimmungen garantiert – da wir nicht ausschließen kçnnen, dass zwei verschiedene Einzeldinge genau dieselben Bestimmungen aufweisen77 – noch durch »individuierende Beschreibung[en]« wie »der erste Hund, der auf See geboren wurde«78 oder »Abraham Lincolns Großvater m tterlicherseits«: Im ersten Fall kçnnte die intersubjektive Identifikation daran scheitern, dass zwei Hunde zur selben Zeit auf See geboren wurden, im zweiten Fall daran, dass unklar sein kçnnte, wessen Tochter Abraham Lincolns Mutter war. Mçgliche Verwechslungen lassen sich somit nur durch die eindeutige Lokalisation der betreffenden Einzeldinge im Raum-Zeit-System vermeiden. Um Ein-

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17 f. 73 74 75 76 77 78

Peter Frederick Strawson: Einzelding und logisches Subjekt (Individuals). Stuttgart 1972, Ebd., 27, 47f. Ebd., 22. Ebd., 25. Ebd., 23ff., 73. Ebd., 22. Ebd., 32.

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zeldinge eindeutig lokalisieren zu kçnnen, m ssen wir in der Lage sein, uns im Raum zu orientieren. Die Reidentifikation eines Ortes im Raum ist an die »qualitative Wiederkehr« desselben wahrnehmbaren »Musters oder Arrangements« gebunden.79 Strawson folgert hieraus im zweiten Schritt seines transzendentalen Arguments unmittelbar, dass die kontinuierliche Existenz materieller Kçrper »grundlegend f r die Identifikation von Einzeldingen« sei.80 Barry Stroud weist jedoch zu Recht darauf hin, dass dieser Schluss voreilig ist: Aus der Tatsache, dass wir Raumstellen nach einem Ortswechsel nur aufgrund der Wiederkehr derselben wahrnehmbaren Muster reidentifizieren kçnnen, ergibt sich nicht zwingend die Konsequenz, dass die berzeugung von der kontinuierlichen Existenz materieller Kçrper außerhalb der Wahrnehmung unhintergehbar ist.81 Das m. E. unbestreitbare Ergebnis der dargestellten Argumentation Landgrebes und Strawsons besteht darin, dass die Eingliederbarkeit aller Einzeldinge, auf die wir in Urteilen Bezug nehmen, in ein umfassendes Raum-Zeit-System eine notwendige Bedingung der Entscheidbarkeit von Wahrheitsanspr chen und in diesem Sinne des sinnvollen Sprechens bildet. Der Begriff des allumfassenden Raum-Zeit-Systems, worin alle Erfahrungsgegenst nde – damit auch wir selbst als leibliche Wesen – eindeutig lokalisiert sind, bildet – wie Strawson in Individuals hervorhebt – ein integrales Moment unserer faktischen, nicht jeder denkbaren Welterfahrung.82 Es hat somit den Status einer Urtatsache. Hiermit ist allerdings noch nicht bewiesen, dass die Annahme der kontinuierlichen Existenz materieller Gegenst nde unhintergehbar ist. Um einen solchen Nachweis hat sich Strawson in Individuals und The Bounds of Sense (1966) vergeblich bem ht. In Tengelyis Metaphysik der Faktizit t ist die Rede von der »Existenz der Welt« als einer Urtatsache auf unsere Erfahrungswelt gem nzt. 83 Ob es schlechthin erfahrungsunabh ngige Dinge an sich gibt, ist f r ihn eine sinnlose Frage. Er fasst das raum-zeitliche Ding mit Husserl als eine »regulative Idee« im »Kant’schen Sinne« auf, die uns den Aufweis von Einstimmigkeitstendenzen des Erfahrungsverlaufs zur Aufgabe macht.84 Von zentraler Bedeutung ist hierbei die Formulierung zutreffender Prognosen in Bezug auf den Innen- und Außenhorizont eines Dinges: Der Innenhorizont umfasst seine aktuell nicht wahrgenommenen Ebd., 40. Ebd., 69, vgl. 45f. 81 Barry Stroud: Transzendentale Argumente. In: Peter Bieri (Hg.): Analytische Philosophie der Erkenntnis. Frankfurt a. M. 1987, 350 – 366, hier: 354 – 356. 82 Strawson: Einzelding und logisches Subjekt, 36. 83 Tengelyi: Welt und Unendlichkeit, 194, 325. 84 Ebd., 312f. 79 80

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Aspekte und Qualit ten, der Außenhorizont bezieht sich auf seine Relationen zu anderen Dingen und damit seine Position im Wirkungszusammenhang der Erfahrungswelt. Die Einordnung jedes Einzeldings in ein umfassendes RaumZeit-System im Sinne Landgrebes und Strawsons schließt insofern eine Einstimmigkeitstendenz unserer Erfahrung ein, als sie an unsere erfolgreiche Orientierung im Raum und damit die Bew hrung von Prognosen ber den Verlauf r umlicher Bewegungen gebunden ist. Wie l sst sich Tengelyis These, die »Gewissheit vom Sein der Welt« sei »genauso apodiktisch wie die Gewissheit vom Sein des jeweiligen Ich«, mit seiner Feststellung in Einklang bringen, »dass die Existenz der Welt in der Erfahrung eine Einstimmigkeitstendenz voraussetzt, die keineswegs a priori gew hrleistet ist«?85 Tengelyi erl utert diese Feststellung folgendermaßen: »An und f r sich kçnnte es durchaus Erfahrungen geben, die dieser berzeugung [von der Existenz der Welt] widersprechen. Tats chlich existieren jedoch diese Erfahrungen nicht. […] Unsere berzeugung kann deshalb nicht ernsthaft bezweifelt werden«.86 Tengelyi beruft sich somit darauf, dass es uns faktisch gelingt, basale Einstimmigkeitstendenzen unserer Erfahrung herzustellen. Eine Schl sselrolle kommt hierbei unserer erfolgreichen Orientierung im Raum zu. Tengelyi charakterisiert die »faktische Notwendigkeit der Weltwirklichkeit« als eine »vollzugsbedingte, performative Notwendigkeit«.87 Seine These, die Existenz der Welt sei apodiktisch gewiss, ist offensichtlich so zu verstehen, dass angesichts der faktischen Einstimmigkeitstendenzen unserer Erfahrung die Frage, ob es tats chlich ußere Gegenst nde gibt, nicht sinnvoll gestellt werden kann: Sie ist nach Tengelyi durch das Faktum der Erfahrung bereits beantwortet. Er setzt hierbei voraus, dass das Ding im Husserl’schen Sinne als regulative Idee verstanden werden muss. M. E. l sst sich auch unter Tengelyis eigenen Voraussetzungen die berzeugung von der Existenz der Welt nicht mit der unersch tterlichen Gewissheit des ego cogito auf eine Stufe stellen. Tengelyis Bestimmung des Dinges als regulativer Idee bleibt zweideutig: Man kann sie entweder so lesen, dass das Ding selbst nichts anderes ist als eine teleologische Einstimmigkeitstendenz von Erfahrungen, oder aber in dem Sinne, dass durch eine solche Einstimmigkeitstendenz verb rgt ist, dass Dinge auch außerhalb unserer Wahrnehmungen kontinuierlich im Raum existieren. Tengelyis Charakterisierung der Gewissheit von der Existenz der Welt als einer Urtatsache, die jeden Begr ndungsversuch berfl ssig mache, l sst sich in keiner der beiden Lesarten aufrechterhalten. In der ersten Lesart 85 86 87

Ebd., 325, 323. Ebd., 326. Ebd., 394.

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nimmt Tengelyis Bestimmung des Dinges als regulativer Idee den Charakter einer dogmatischen idealistischen Pr misse an. Sie fordert daher diejenigen zum Widerspruch heraus, die daran festhalten, dass f r unseren Begriff des Dinges dessen kontinuierliche Existenz außerhalb unserer Wahrnehmung essentiell ist. In der zweiten Lesart tritt in Tengelyis Stellungnahme zum Problem der Realit t der Außenwelt ein Begr ndungsdefizit auf: Er hat nicht bewiesen, dass aus den Einstimmigkeitstendenzen unserer Erfahrung die kontinuierliche Existenz von Dingen gefolgert werden kann. Die methodische Crux von Tengelyis Vorgehen besteht darin, dass er die husserlianische Bestimmung des Dings als regulativer Idee ohne zureichende Begr ndung einf hrt. Auch Landgrebe und Strawson haben das Problem der Realit t der Außenwelt nicht gelçst. Sie haben aber nach meiner berzeugung den Weg gewiesen, auf dem eine Lçsung gesucht werden muss.

Dominique Pradelle

Existe-t-il une m taphysique ph nom nologique de style transcendantal ?

Abstract The purpose of this article is to clarify whether and in which sense one might speak of metaphysics in the light of transcendental phenomenology. Does not phenomenology exclude all metaphysics by bracketing being in itself of beings through the phenomenological reduction? And the intuitionist “principle of all principles”, which obliges the phenomenologist to take the giving intuition as the source of all legitimate knowledge, does it not exclude the possibility of transcending the level of possible experience in order to access the suprasensible? The article wants to show that in spite of this, Husserl did not renounce at elaborating metaphysics in the perspective of his transcendental idealism: metaphysica specialis and metaphysica generalis are both possible in the realm of transcendental constitution, without admitting the existence of things in themselves. The whole object of the article is to elucidate the exact sense of these two sides of phenomenological metaphysics.

Notre objet est ici de comprendre si et en quel sens il peut demeurer un espace pour la m taphysique dans une perspective ph nom nologique husserlienne. La chose est en effet loin d’Þtre vidente. D’une part la r duction ph nom nologique, comme suspension de la croyance ou de l’assentiment naturel envers l’Þtre en soi du monde et des tants, n’implique-t-elle pas la suspension de toute ontologie ? La d marche fondatrice de la ph nom nologie, qui ouvre l’acc s la sph re transcendantale des ph nom nes purs, ne frappe-t-elle pas d’invalidit le projet ontologique de d termination des pr dicats universels des choses en g n ral ? D’autre part, l’exigence husserlienne d’une philosophie qui soit constamment « tir e d’ vidences absolues » (aus absoluten Einsichten)1, c’est- -dire en permanence attest e et fond e dans le sol d’intuitions originairement donatrices, n’interdit-elle pas tout acc s une dimension proprement m ta-physique, c’est- -dire situ e au-del du plan de la physis, de la sph re des objets accessibles l’intuition l gitimatrice ? Le Prinzip aller Prinzipien qui norme toute d marche et toute th se ph nom nologiques par l’exigence de retour l’intuition Edmund Husserl, Cartesianische Meditationen, § 1, Hua I, 44 (trad. fr. M. de Launay dir., M ditations cart siennes et conf rences de Paris, Paris, Puf, 1994, 44). Hua d signe l’ dition de r f rence dans les Husserliana, chez M. Nijhoff, puis Kluwer Academic Publishers, et pr sent Springer ; nous indiquons la r f rence aux traductions franÅaises, mais retraduisons les textes. 1

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donatrice n’exclut-il pas toute metaphysica specialis, savoir tout acc s la dimension suprasensible et ses objets principaux (Dieu cr ateur, immortalit de l’ me, libert et possibilit du salut ou d’un r gne de la gr ce) ? Bref, une ph nom nologie m taphysique n’est-elle pas une contradiction dans les termes, que la m taphysique soit entendue au sens de metaphysica generalis ou specialis ? Dans cette optique, la lecture que donne J.-L. Marion de la notion d’intuition donatrice au § 24 des Ideen semble r v ler chez Husserl un postulat, voire une limitation antim taphysique2 : si l’exigence de fonder toute validit dans l’intuition l gitimatrice semble louable, encore faudrait-il ne pas pr juger du sens ni des limites de la capacit d’intuition. Or, c’est pr cis ment ce que ferait Husserl : voulant encadrer de faÅon normative l’acte d’intuition par les limites qui lui sont propres, il d terminerait par avance, et en l’absence de toute vidence l gitimatrice, le trac de telles limites. Ainsi, si toute conscience se rapporte l’objet par la m diation de son sens, elle ne saurait jamais faire l’exp rience d’un tant qui transgresserait la sph re du sens qu’elle est capable d’anticiper : l’ tant dont on peut faire l’ preuve demeure toujours ob-jet, c’est- -dire sens que la conscience peut anticiper avant de le valider. Demeure ainsi frapp e par avance du sceau de l’impossibilit l’exp rience m taphysique du transcendant ou de la R v lation, c’est- -dire d’une donation qui exc de infiniment la vis e de sens – que Marion d signe par l’expression de ph nom ne satur : savoir satur d’une pr sence r v l e qui exc de tout sens vis 3. Or, si la sph re m ta-physique d signe l’orbe de ce qui transcende le domaine du sens que peut viser par avance la conscience, le principe des principes barrerait la voie toute exp rience m taphysique en ph nom nologie.

1. Le maintien par Husserl du projet m taphysique : exigence intuitionniste et METAPHYSICA SPECIALIS Contre une telle th se, des d clarations r currentes de Husserl vont dans le sens d’une r assomption et d’une refondation ph nom nologiques du projet m taphysique, tout en replaÅant ce dernier sur le terrain ph nom nologique – celui de l’ lucidation des questions de constitution transcendantale de tout tant par les actes intentionnels et les vidences donatrices de la conscience pure. Ainsi Husserl crit-il au § 64 des M ditations cart siennes :

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Jean-Luc Marion, tant donn , Paris, Puf, 1997, 20052, 257 – 264. Marion, tant donn , 280 sqq.

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Afin de ne laisser place aucun malentendu, je voudrais pour conclure indiquer que la ph nom nologie […] exclut uniquement toute m taphysique na ve op rant avec des choses en soi qui sont un contresens [nur jede naive und mit widersinnigen Dingen an sich operierende Metaphysik ausschließt], […] et qu’elle ne pr tend en aucun cas s’abstenir de poser les « questions suprÞmes et ultimes » [keineswegs sagt, daß sie vor den « hçchsten und letzten Fragen » halt macht].4

Et sous ce titre de « questions suprÞmes et ultimes », Husserl mentionne celui de l’Þtre premier en soi, identifi l’intersubjectivit transcendantale ou la totalit des monades constituantes, puis ceux de la facticit contingente, de la mort, du destin, du sens de la vie humaine, du sens de l’histoire, et, pour finir, « les probl mes relevant de l’ thique et de la religion [ethisch-religiçse Probleme], mais replac s sur le sol sur lequel doit imp rativement Þtre replac tout ce qui doit pouvoir avoir un sens possible pour nous » (gestellt auf den Boden, auf den alles, was f r uns soll mçglichen Sinn haben kçnnen)5. De mÞme, au § 3 de la Krisis, Husserl mentionne des « questions ‘m taphysiques’ » (« metaphysische » Fragen), savoir des questions qui transcendent le « monde en tant qu’univers des purs et simples faits » (Welt als Universum der bloßen Tatsachen)6 ; ces questions de l’immortalit , de la libert , de Dieu, de l’homme en tant que probl me m taphysique, etc., sont reconductibles l’unique probl me de la raison et du sens, savoir celui de la « raison dans l’histoire » (Vernunft in der Geschichte) ; or, la raison tant ici un « titre d signant les Id es et id aux ‘absolus’, ‘ ternels’, ‘supratemporels’, dou s de validit ‘inconditionn e’ » (Titel f r « absolute », « ewige », « berzeitliche », « unbedingt » g ltige Ideen und Ideale)7, toutes les questions m taphysiques se laissent ainsi reconduire au probl me de la validit absolue et omnitemporelle des Id es infinies, de leur origine absolue (Dieu) et de leur fonction de vectorisation t l ologique dans l’histoire – c’est- -dire au probl me de l’historicit de la raison, prise pour source des Id es infinies et supratemporelles. Tout cela nous fournit une premi re indication centrale quant au rapport entre ph nom nologie et m taphysique : il existe une parfaite compatibilit entre l’exigence m thodique fondamentale d’attestation intuitive de toute position d’objet et l’ largissement th matique de l’ lucidation au-del de la seule intuition de l’individuel, de l’intuition prise au sens le plus troit de la perception d’objets sensibles individuels donn s de facto.

Husserl, Cart. Medit., § 64, Hua I, 182 (trad. fr., 207). Husserl, Cart. Medit., § 64, Hua I, 182 (trad. fr., 208). 6 Edmund Husserl, Die Krisis der europ ischen Wissenschaften und die transzendentale Ph nomenologie (= Krisis), § 3, Hua VI, 7 (trad. fr. G. Granel, La crise des sciences europ ennes et la ph nom nologie transcendantale, Paris, Gallimard, 1976, 14). 7 Ibid. 4

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D’un c t se trouve en effet maintenue, en tout exercice d’ lucidation ph nom nologique, l’exigence m thodique fondamentale qui est pos e comme « principe de tous les principes » au § 24 des Ideen I : savoir l’exigence de l gitimation ou de justification de toute connaissance dans l’« intuition originairement donatrice » (origin r gebende Anschauung), qui est cens e valoir comme source de l gitimit (Rechtsquelle) de toute connaissance8. Qu’ nonce exactement une telle exigence ? Si toute conscience se rapporte un objet par la m diation de son sens9, cette r gle fondamentale exige le remplissement (Erf llung)10 de toute vis e de sens, lequel conf re au sens vis le statut d’objet v ritable en faisant en sorte que ce sens ne soit pas simplement vis , mais donn et attest dans l’ vidence. Partant, le principe des principes revient exclure radicalement de la ph nom nologie toute « construction m taphysique » (metaphysische Konstruktion)11, c’est- -dire toute th orisation conduite l’aide de pr suppositions emprunt es la tradition philosophique, ou faisant fond sur l’admission d’entit s non valid es dans l’ vidence donatrice : choses en soi en g n ral12, Dieu non attestable dans l’ vidence13, et de mÞme pour l’immortalit , la libert , etc. entendues comme postulats de la raison. toute transgression constructive des limites de la validit attest e s’oppose l’imp ratif d’une « mani re de proc der demeurant dans le cadre de la pure ‘intuition’ [Verfahren im Rahmen der « reinen » Intuition], ou plut t de la pure explicitation du sens gr ce une donation de soi remplissante [der reinen Sinnesauslegung durch erf llende Selbstgebung] » : la clause m thodique essentielle qui r git le mode de th orisation ph nom nologique, c’est de conjoindre position d’Þtre et remplisseEdmund Husserl, Ideen zu einer reinen Ph nomenologie und ph nomenologischen Philosophie (= Ideen I), Bd. I, § 24, Hua III/1, 51 (trad. fr. Id es directrices pour une ph nom nologie pure et une philosophie ph nom nologique, par P. Ricœur, Paris, Gallimard, 1950, 78 – 79, J.-F. Lavigne, Paris, Gallimard, 2018, 71). 9 Husserl, Ideen I, § 129, Hua III/1, 297 (trad. fr. Ricœur, 436, Lavigne, 384). 10 Remplissement est un terme clef du lexique des Recherches logiques, o il est surtout appliqu la vis e de significations id ales quand elle parvient l’ vidence d’essences mat riales, cat goriales mixtes ou purement cat goriales. Husserl n’en a nullement abandonn le concept dans les Ideen I, o il appara t de multiples reprises : la ph nom nologie de la raison est une ph nom nologie du remplissement par lequel le sens vis devient objet intuitionn et effectif (Cf. §§ 47, 66, 135, 136, 138, 140, 142, 144, 145, 149, Hua III/1, 102, 140, 312, 315, 319, 324 – 325, 330, 332, 334, 347, trad. fr. Ricœur, 158, 216, 456, 460, 465, 472 – 473, 478, 481, 485 et 501, Lavigne, 146, 199, 401, 404, 410, 415 – 416, 421, 424, 427 et 441). Ainsi, s’agissant de la distinction entre actes intuitifs et inintuitifs, il faut d terminer de quelle mani re « le sens ou la proposition […] est ou non un sens rempli, une proposition remplie », Husserl ajoutant : « La pl nitude du sens [F lle des Sinnes] n’est pas seule en cause, il s’agit aussi du mode de remplissement [Wie der Erf llung] » (§ 136, Hua III/1, 315). 11 Husserl, Cart. Medit., § 62, Hua I, 177 (trad. fr., 201). 12 Husserl, Cart. Medit., § 41, Hua I, 118 (trad. fr., 134). 13 Husserl, Ideen I, § 51 Anmerkung et § 58, Hua III/1, 109 – 110 et 124 (trad. fr. Ricœur, 170 et 191, Lavigne, 158 et 177). 8

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ment de la vis e de sens, donc d’exclure toute admission d’ tants inaccessibles l’ vidence – ce qui est le cas paradigmatique des choses en soi. C’est en ce sens que Husserl peut la fois pr tendre traiter en ph nom nologie des probl mes th ologiques et ne pas le faire sur le mode de la th ologie, par une interpr tation des textes sacr s et des dogmes de la religion chr tienne ; c’est pourquoi, la « mani re th ologique de philosopher » (theologisches Philosophieren) qui caract rise l’ouvrage de Przywara, il oppose sa propre « mani re ath ologique de philosopher » (atheologisches Philosophieren) sur les probl mes religieux14 – un philosopher qui ne fait usage d’aucune pr supposition th ologique. De l’autre, cette exigence intuitionniste est cependant contrebalanc e par la position antipositiviste de Husserl, qui refuse toute limitation th matique de principe au seul « monde en tant qu’univers des purs et simples faits » : le principe de fondation sur l’intuition originairement donatrice ne signifie nullement le retour celle des seuls faits ou objets individuels, voire des seuls faits ou objets finis. En premier lieu, le principe de tous les principes implique-t-il une limitation l’intuition d’objets individuels ? L’admettre, ce serait oublier que lorsqu’il nonce un tel principe au § 24 des Ideen, Husserl vise comme paradigme de l’intuition originairement donatrice non pas la perception sensible d’objets individuels, mais l’intuition de l’essence (Wesenschau ou Wesensanschauung), c’est- -dire l’ vidence donatrice d’un objet g n ral. De fait, Husserl donne titre d’exemple un principe g n ral qui est suivi comme r gle par les sp cialistes de sciences de la nature (Naturforscher), savoir l’exigence d’attestation empirique de toute assertion relative aux faits de la nature ; mais c’est pour dire aussit t que loin de pouvoir Þtre lui-mÞme fond sur l’intuition de cas particuliers et sur une g n ralisation inductive, un tel principe universel doit au contraire Þtre « imm diatement tir d’une intuition intellectuelle g n rale » (aus genereller Einsicht)15. Le prototype de l’intuition originairement donatrice n’est donc nullement la perception sensible de l’individuel, mais l’intuition d’ tats de choses et de normes g n raux – de sorte que le principe des principes est sous-tendu par la th se de l’ largissement de la notion d’intuition l’ vidence donatrice des essences et des lois eid tiques. En second lieu, le principe implique-t-il une limitation a priori l’exp rience finie ? L’id e de finitude de l’exp rience peut en fait Þtre entendue en deux sens, selon qu’elle est rapport e au sujet ou l’objet de l’exp rience en question.

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E. Husserl, Lettre Przywara du 15 juillet 1932, Briefwechsel VII, 237. E. Husserl, Ideen I, § 24, Hua III/1, 51 (trad. fr. Ricoeur, 79, Lavigne, 71).

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S’agissant de la finitude du sujet qui fait l’exp rience, admettre que cette finitude prescrive des limites a priori au contenu ou aux objets de l’exp rience reviendrait endosser le renversement copernicien de Kant : les structures a priori du sujet (formes a priori de la sensibilit , concepts purs de l’entendement) prescriraient d’embl e celles des objets de l’exp rience16, et il serait impossible de rendre raison des structures a priori du sujet transcendantal (facult s et leurs formes pures), qui devraient Þtre admises comme un fait transcendantal pr donn et d pourvu de fondement17. L contre, Husserl op re une neutralisation de la distinction m taphysique entre finitude et infinitude : les mÞmes structures transcendantales de l’exp rience d’objets (donation des v cus dans la r flexion, des tempo-objets dans la dur e, des choses spatiales par esquisses et sur le fondement de qualit s secondes, etc., ainsi que l’exp rience des normes morales) s’imposent ne varietur toute forme de subjectivit , quelle qu’en soit l’essence ; ainsi, Dieu lui-mÞme percevrait les choses spatiales par esquisses et gr ce des qualit s secondes18. S’ensuit alors un principe anticopernicien : seules les r gions d’objets (et non le statut m taphysique du sujet) fournissent les fils conducteurs transcendantaux permettant de d terminer les structures et limites propres l’exp rience subjective ; toute cat gorie d’objets prescrit au sujet transcendantal des structures r gulatrices, savoir un type de constitution ou d’appr hension d’un objet de ce type19. Tirons-en une cons quence d’ordre m taphysique sur les structures et les limites de l’appara tre : la finitude du sujet n’implique aucune limitation de principe quant aux possibilit s ou l’ tendue de l’exp rience ; rien ne dit que le suprasensible soit inaccessible au sujet fini, puisque les mÞmes structures de l’appara tre s’imposent tout sujet en g n ral et que la finitude n’entre pas ici en ligne de compte. C’est sans aucun doute la lecture de Husserl en fonction de l’analytique existentiale du Dasein fini men e dans Sein und Zeit, ou du projet d’anthropologie philosophique esquiss dans Kant und das Problem der Metaphysik, voire l’ lucidation existentialiste des structures de l’existence humaine finie, qui ont conduit en retour lire la ph nom nologie husserImmanuel Kant, Kritik der reinen Vernunft, Zweite Vorrede, B XVI et Transz. Anal., bergang z. transz. Deduktion, A 92 – 93/B 125 (trad. fr. Critique de la raison pure, Delamarre & Marty [DM], Paris, Gallimard, 1980, folio, 154, A. Renaut [AR], Paris, GF-Flammarion, 20062, 174 – 175). 17 Kant., Kr. d. r. Vern., Transz. Anal., Transz. Ded., § 21, B 145/146 (trad. fr. DM, 168, AR, 206). 18 Husserl, Ideen I, §§ 44 et 79, Hua III/1, 92 et 175 (trad. fr. Ricœur, 142 et 265, Lavigne, 131 et 238). 19 Husserl, Cart. Medit., § 22, Hua I, 90 (trad. fr., 99). Ideen I, § 142, Hua III/1, 330 (trad. fr. Ricœur, 478, Lavigne, 421). Nous avons pris ces th ses fondamentales pour fils conducteurs de notre ouvrage Par-del la r volution copernicienne (Paris, Puf, 2012) o l’on en trouvera expos s en d tail les enjeux et cons quences. 16

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lienne comme une analytique de la finitude. Insistons-y : la conscience pure husserlienne ne poss de ni propri t s ni traits ontologiques propres, sinon sa supramondanit et son statut d’origine de tout sens et de tout Þtre mondain ; mais de finitude, point. S’agissant pr sent de la finitude de l’objet d’exp rience possible, la th se signifierait que n’est susceptible d’appara tre qu’un objet de statut fini, puisque par avance encadr par l’appr hension du sens objectal qui doit se confirmer dans l’exp rience ; d termin comme objet, l’ tant devrait d’embl e poss der les contours finis qui permettent une recognition et une synth se d’identification travers la multiplicit de ses aspects intuitifs. Or, il n’est pas du tout certain que le concept ph nom nologique d’exp rience se caract rise par une telle univocit . Au contraire, Husserl n’a cess de r p ter que l’a priori de corr lation impliquait un principe de pluralisation des modalit s de l’ vidence donatrice en fonction de la diversit des cat gories d’objets possibles : chaque type d’objet (au sens large) correspond un mode d’ vidence, un type d’appara tre, un mode de remplissement de la vis e de son sens20 (r flexion pour les v cus, modes de temporalisation pour un tempo-objet, synth se des esquisses pour un chose spatiale, synth se des r actions aux changements de l’entour pour une chose mat rielle, etc.). Par cons quent, l’ vidence donatrice d’objet ne poss de pas une structure unique qui serait initialement celle d’un type d’objet paradigmatique (par exemple, la res extensa) et se transf rerait tout mode d’ vidence possible ; la finitude de l’objet spatial n’a pas valeur de paradigme de tout objet d’exp rience attestable mais, l’inverse, les modalit s de l’intuition donatrice se d clinent au pluriel, tant fonction des diff rents types d’objets susceptibles de s’attester dans l’ vidence. Bien que la pens e husserlienne ait forg ses concepts au contact de cat gories d’objets privil gi es comme exemples (la signification logique id ale dans les Recherches logiques, la chose spatiale dans les Ideen, etc.), il n’existe donc pas, pour la ph nom nologie, de r gion paradigmatique ou de terrain id al dont les structures seraient transposables ne varietur toute autre r gion de l’exp rience ; chaque r gion poss de ses structures r gulatrices propres, qui demeurent d chiffrer au contact de l’exp rience d’un objet qui en rel ve. S’il existe des objets suprasensibles dont le sens peut Þtre vis par la conscience, il reste alors en d terminer la teneur de sens et les modes d’attestation sp cifiques. En troisi me lieu, loin que l’infinit soit par principe exclue de l’objet donnable par des limites qui affecteraient a priori l’intuition donatrice, une Husserl, Ideen I, §§ 44, 138 et 142, Hua III/1, 92, 321 et 330 (trad. fr. Ricœur, 142, 467 et 478, Lavigne, 131, 411 et 421). Ideen III, § 7, Hua V, 36 (trad. fr. D. Tiffeneau, La ph nom nologie et les fondements des sciences, Paris, Puf, 1993, 44). Formale und transzendentale Logik, § 107, Hua XVII, 289 – 295 (trad. fr. S. Bachelard, Logique formelle et logique transcendantale, Paris, Puf, 1957, 375 – 383). 20

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infinit structurelle caract rise au contraire toute exp rience d’objet transcendant. Ainsi, mÞme la perception d’une simple chose spatiale sensible enveloppe une infinit intentionnelle : le telos perceptif qu’est la chose int gralement donn e, d termin e de toutes parts et dans tous ses aspects, est une Id e kantienne situ e l’infini (Idee im Kantischen Sinn)21 ; en d’autres termes, la donation ad quate ou compl te de l’objet se r duit un id al programmatique qui, s’il sert de vecteur la perception, ne saurait se r aliser int gralement, mais conduit un atermoiement illimit et une synth se ind finie. Ainsi, loin que la donation ad quate vaille en ph nom nologie comme une norme m thodique r alisable pour tout objet en g n ral, l’id al d’ad quation demeure assur ment inaccessible pour tous les objets transcendants et ne poss de que la fonction d’id al r gulateur rejet l’infini22. Notons, d’une part, que dans la mesure o l’apparition de tout objet est un continuum de v cus, la structure infinitaire qui lui appartient implique en soi un infini omnilat ral (allseitig Unendliches) : chaque aspect r al d’un objet mondain (f t-ce la couleur d’une feuille d’arbre) a un mode de donation qui se d ploie in infinitum, de sorte que le remplissement de la vis e d’une chose pourvue de tous ses aspects est une infinit d’infinis23. Et d’autre part, que mÞme un v cu, dans la mesure o il est pr lev par abstraction sur un flux, n’est jamais ad quatement donn dans une pr sentation simple, mais toujours vis dans un continuum de pr sentations, de r tentions et de protentions24 : l’apodicticit de la donation (le caract re de certitude et de n cessit absolues de ce qui est donn en elle, f t-ce un fait) doit par cons quent Þtre dissoci e de l’ad quation ; l’apodicticit qui appartient l’intuition de ce qui est r ellement immanent n’implique nullement sa compl tude, mais enveloppe une infinit sui generis25. C’est donc de part en part, et jusque dans le domaine de l’immanence r elle, que la sph re ph nom nologique est p trie d’infinit s.

2. Ph nom nologie et th ologie : mergence et attestation des id es t l ologiques Tirons-en une conclusion quant aux objets de la m taphysique sp ciale. Sont par principe admissibles en ph nom nologie tous les objets th matiques possibles dont la donation ad quate a le statut d’Id e kantienne irr alisable et Husserl, Ideen I, § 143, Hua III/1, 331 (trad. fr. Ricœur, 480, Lavigne, 422). Husserl, Ideen I, §§ 138 et 140, Hua III/1, 319 et 324 – 325 (trad. fr. Ricœur, 465 et 472, Lavigne, 409 et 416). 23 Husserl, Ideen I, § 143, Hua III/1, 331 (trad. fr. Ricœur, 480, Lavigne, 423). 24 Husserl, Ideen I, § 44, Hua III/1, 93 – 94 (trad. fr. Ricœur, 144, Lavigne, 134). 25 Husserl, Cart. Medit., § 9, Hua I, 62 (trad. fr., 66). 21

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demeure situ e l’infini. cet gard, les Id es du vrai, du bien, du juste, du beau ne font nullement figure d’exception : car si « l’Þtre vrai est de toutes parts un but id al »26, il en va de mÞme de toutes les Id es de la raison en tant qu’Id es t l ologiques, dont la r alisation dans l’histoire est aimant e par un telos rejet l’infini et ne peut prendre que la forme d’une progression ind finie et toujours partielle ; cette actualisation progressive des Id es rationnelles dans le temps de l’histoire est un analogon structurel du remplissement de la vis e de la chose dans le temps de la conscience individuelle. Or, si la structure est analogue, vaut en cons quence pour la premi re ce qui vaut du second : « L’Id e d’une infinit motiv e par essence [Idee einer wesensm ßig motivierten Unendlichkeit] n’est pas elle-mÞme une infinit [ist nicht selbst eine Unendlichkeit] » ; et l’intuition intellectuelle de l’impossibilit d’une donation ad quate de cette infinit , loin de l’exclure, requiert au contraire « la donation de l’Id e de cette infinit dans l’ vidence intellectuelle » (einsichtige Gegebenheit der Idee dieser Unendlichkeit)27. On retrouve ainsi partout la mÞme structure infinitaire fond e sur l’ vidence d’une Id e kantienne : de mÞme que la recognition de toutes les nuances de rouge comme tant rouges requiert l’intuition eid tique du rouge en g n ral, de mÞme que l’identification d’une chose spatiale comme tant la mÞme dans ses aspects changeants requiert l’intuition de son sens d’Þtre et du p le t l ologique qu’est sa donation compl te, de mÞme l’exp rience d’une th se philosophique comme d voilement partiel de la v rit , celle d’une bonne action comme r alisation partielle du bien, celle d’une belle œuvre comme r alisation singuli re du beau, celle d’une loi comme actualisation partielle du juste, requi rent toutes l’ vidence g n rale des Id es t l ologiques qui leur servent de norme et de telos. C’est pourquoi, dans la lettre pr c demment cit e, Husserl admet un parall le entre la philosophie th ologique de Przywara et sa propre mani re ath ologique de philosopher, convaincu que la voie de la constitution transcendantale peut mener « en derni re instance jusqu’au terme t l ologique » (letztlich zum « teleologischen » Abschluß)28. Si, en effet, le propre de la m thode ph nom nologique est de convertir tous les probl mes ontologiques en probl mes d’ vidence l gitimatrice de l’Þtre, « cela vaut galement pour les vidences religieuses » (das gilt auch f r die religiçsen Evidenzen)29 : il doit par principe Þtre possible d’ lucider le type d’acte no tique qui vise le sens d’Þtre « Dieu », donc d’expliciter le sens no matique qu’Il poss de pour la conscience pure, ainsi que Husserl, Krisis, § 5, Hua VI, 11 (trad. fr., 18). Husserl, Ideen I, § 143, Hua III/1, 331 (trad. fr. Ricœur, 481, Lavigne, 423). Cf. Emmanuel Housset, Husserl et l’id e de Dieu, Paris, Cerf, 2010, 103 sqq. 28 Husserl, Lettre Przywara du 15 juillet 1932, Briefwechsel VII, 237. 29 Ibid. 26

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les modes d’ vidence ou de remplissement intuitif en lesquels doit s’attester son sens. En d’autres termes, ce qui doit Þtre exclu par la r duction n’est nullement le domaine th ologique, mais les dogmes et pr suppositions d’ordre th ologique : on ne saurait se fonder en ph nom nologie sur la R v lation, les critures ou les dogmes d’une religion d termin e, leur validit tant mise entre parenth ses par la r duction ; mais une fois cette derni re effectu e, il est possible de ressaisir titre de corr lat intentionnel l’absolu th ologique, afin d’en expliciter la teneur de sens et les modes de donn e. Il faut donc ici concilier ath isme m thodique et largissement th ologique de la r flexion transcendantale. L’ath isme m thodique est double. D’une part, du fait de la neutralisation de la diff rence entre subjectivit finie et infinie, ainsi que de l’absolutisation corr lative des modes de donn e des divers types d’ tant, Dieu n’est pas assimilable un supra- tant ou une supra-conscience poss dant au suprÞme degr les capacit s d’ vidence de la conscience finie ( vidence des v cus sans r flexion temporelle, vidence omnilat rale de la chose spatiale, vidence compl te des v rit s math matiques, etc.) : les structures de l’exp rience tant identiques pour toute conscience30, est vacu le paradigme cart sien de l’homme comme moyen terme entre le n ant et le v ritable infini ; si la conscience pure n’est pas humaine et se voit d lest e des caract res traditionnellement attach s la finitude anthropologique, Dieu n’est nullement une conscience supra-humaine. D’autre part, en vertu de la r duction ph nom nologique, l’absolu th ologique qu’est le Dieu cr ateur du monde est exclu : transcendant la fois la conscience et au monde, cet absolu la seconde puissance ne saurait Þtre admis comme une donn e apodictique31. Demeure pourtant la possibilit d’un largissement th ologique de l’ lucidation transcendantale. Il est en effet possible d’int grer la th matisation ph nom nologique Dieu comme objet de la metaphysica specialis, condition de le prendre comme une Id e kantienne situ e l’infini et d’interroger la teneur de son sens d’Þtre, puis l’origine transcendantale de ce dernier (les actes intentionnels qui contribuent sa vis e), enfin les vidences qui en fondent le remplissement. La premi re question est celle du sens d’Þtre : l’accent se d place donc de la quoddit vers la quiddit , la question traditionnelle de l’existence de Dieu perdant tout primat au profit de celle de savoir ce qu’est Dieu ou ce que l’on d signe par ce terme. Sans

Husserl, Ideen I, §§ 42, 43, 44, 79 et 150, Hua III/1, 88, 89, 92, 175 et 351 (trad. fr. Ricœur, 137, 138 – 139, 142, 265 et 506, Lavigne, 126 – 127, 128, 131, 238 et 446). 31 Husserl, Ideen I, § 58, Hua III/1, 125 (trad. fr. Ricœur, 192, Lavigne, 178). 30

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entrer ici dans le d tail des analyses propres la th ologie husserlienne32, pr cisons quelques principes. En premier lieu, Dieu est un nom pour la raison absolue habitant le cours des ph nom nes et l’histoire, c’est- -dire pour l’ordre ou la t l ologie qui, la fois, r git le cours des ph nom nes de la conscience pure (qui donne lieu l’apparition d’un monde d’objets stables et d’une nature r gie par des lois constantes, et non un chaos se d faisant sans cesse) et, titre de dunamis interne, oriente le devenir historique dans le sens de l’instauration et de la r alisation progressive d’Id es t l ologiques (le vrai, le bien, le juste, le beau) ; Dieu n’est donc ni un absolu intramondain qui serait transcendant la conscience comme l’est le monde (cause immanente de tout tant, identifi e la totalit du monde comme chez Spinoza)33, ni un absolu extramondain entendu au sens de cause extramondaine du monde et de tout tant mondain – il ne doit pas du tout Þtre interpr t en termes de causalit 34. En quel sens Dieu est-il donc absolu ? Ce n’est pas au sens de la conscience pure : Dieu n’est pas immanent au sens r el35, c’est- -dire qu’il n’est pas identifiable l’existence de la conscience pure ou d’une totalit intermonadique en g n ral. S’Il est absolu, c’est en un sens tout autre que ne l’est l’absolu ph nom nologique, savoir ce qui est indubitablement donn dans une vidence apodictique et premi re dans l’ordre des vidences : Dieu « serait donc un ‘absolu’ en un sens tout autre que l’absolu de la conscience » (ein « Absolutes » in einem total anderen Sinne als das Absolute des Bewußtseins) ; Il n’est pas une donn e imm diate de la conscience, et n’est donc pas absolument donn . Dieu est au contraire un corr lat intentionnel qui est objet d’une consid ration m diate : partant du cours de la conscience et de l’Þtre mondain constitu , on y remarque une coh rence factuelle des v cus de la conscience qui laisse appara tre dans l’intuition sensible un « monde morphologiquement ordonn » (morphologisch geordnete Welt) ou typifi (lequel se prÞte au travail de classification empirique) et soumis des lois causales exactes (lequel se prÞte la d marche de la raison physicienne) ; or cette double r gularit factuelle manifeste une « merveilleuse t l ologie » (wunderbare Teleologie)36, dans la mesure o une variation eid tique effectu e sur le monde factuellement donn d ferait cette double r gularit typique et nomologique, leur substituant la possibilit du chaos. Mais au-del de cette t l ologie physique, il existe surtout une t l ologie On se reportera l’excellent livre d’E. Housset d j cit : Husserl et l’id e de Dieu. Husserl, Ideen I, § 51, Anmerkung, Hua III/1, 109 (trad. fr. Ricœur, 169, Lavigne, 157). Krisis, § 11, Hua VI, 65 – 66 (trad. fr., 74 – 75). 34 Husserl, Ideen I, § 51, Anm. et § 58, Hua III/1, 109 et 125 (trad. fr. Ricœur, 170 et 192, Lavigne, 158 et 178). 35 Husserl, Ideen I, § 51, Anm., Hua III/1, 109 (trad. fr. Ricœur, 169, Lavigne, 157). 36 Husserl, Ideen I, § 58, Hua III/1, 124 – 125 (trad. fr. Ricœur, 191, Lavigne, 177 – 178). 32 33

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morale : le cours factuel de l’histoire r v le l’ mergence d’Id es t l ologiques (la vie du Christ comme mergence de l’id al d’homme et de vie thiques37, mais dans un registre kantien l’on pourrait citer la R volution franÅaise comme apparition d’un nouvel id al politique et juridique), sous forme d’ v nements instaurateurs de possibilit s axiologiques situ es l’infini. Et tel est pr cis ment le lieu d’origine de la conscience religieuse – savoir la conscience de l’ cart et de la paradoxale connexion entre fait et Id es t l ologiques, cours factuel du monde et mergence de valeurs infinies qui le transcendent radicalement : Ce n’est pas le fait en g n ral [Faktum berhaupt], mais le fait en tant que source de possibilit s et d’effectivit s axiologiques croissant l’infini [Quelle sich ins Unendliche steigernder Wertmçglichkeiten und Wertwirklichkeiten], qui oblige poser la question du « fondement » [Frage nach dem « Grunde »]38.

Il faut, pour finir, distinguer ici entre sens d’Þtre et validit ontologique. D’un c t , la perception d’un ordre historique vectoris par des Id es de la raison est source de la position du sens d’un tant divin, dans la mesure o elle pousse la conscience poser l’existence d’un fondement intelligible des Id es t l ologiques. De l’autre, le remplissement de cette vis e de sens prend la forme d’une corroboration de la conscience religieuse sur le fondement d’intuitions sp cifiques : en vertu du principe anticopernicien selon lequel tout objet prescrit la conscience ses modes de donn e, il doit exister un mode de remplissement de la conscience religieuse sur fond d’intuitions attestant un autre type de transcendance que ceux de la transcendance mondaine des choses, de la transcendance analogique d’autrui et de la transcendance omnitemporelle des id alit s – savoir la transcendance des Id es infinies et de leur fondement commun : il doit y avoir, dans le flux absolu de la conscience et ses infinit s, d’autres modalit s de manifestation de transcendances [andere Weisen der Bekundung von Transzendenzen] que celle qu’offre la constitution de r alit s chosales en tant qu’unit s d’apparitions concordantes ; et il doit finalement aussi exister des manifestations intuitives [intuitive Bekundungen] auxquelles une pens e th or tique pourrait se conformer pour pouvoir amener la compr hension, en la suivant de mani re rationnelle, la souverainet unitaire du principe th ologique suppos [einheitliches Walten des supponierten theologischen Prinzips zum Verst ndnis bringen]39.

Le terme Bekundung ici employ doit Þtre rendu par manifestation (Lavigne, et auparavant Tr n-D c-Th o40), et non par faÅon d’annoncer (Ricœur) : car la probl matique est ici celle de la constitution, donc du remplissement intuitif ou Edmund Husserl, ber Erneuerung, Hua XXVII, 63 – 68 et 100 – 103 (trad. fr. L. Joumier, Sur le renouveau, Paris, Vrin, 2005, 83 – 87 et 121 – 124). 38 Husserl, Ideen I, § 58, Hua III/1, 125 (trad. fr. Ricœur, 192, Lavigne, 178). 39 Husserl, Ideen I, § 51, Anm., Hua III/1, 109 (trad. fr. Ricœur, 169 – 170, Lavigne, 158). 40 Tran-Duc-Thao, Ph nom nologie et mat rialisme dialectique, § 10, Minh-T n, 1951, puis Paris/ Londres/ New York, Gordon & Breach, 19922, 91. 37

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de la manifestation ; il ne s’agit nullement d’une pens e messianique guettant les signes qui annoncent le r gne de Dieu, mais d’une pens e de l’attestation intuitive qui, dans l’instauration puis dans le mouvement historique de r alisation progressive des Id es infinies, lit la manifestation effective d’une source ou d’un fondement de telles Id es – la mani re dont l’Id e du bien tait, pour Platon, la fois fondement et lumi re rendant visibles toutes les autres Id es. Au-del de la preuve physico-th ologique, c’est ici l’argument thico-t l ologique, voire id el-t l ologique qui est op rant : c’est l’effectivit factuelle de l’ mergence et de la corroboration des Id es dans l’histoire qui atteste la possibilit , voire la n cessit d’un fondement unitaire de l’ mergence et de la visibilit de ces Id es. Nous sommes l dans l’ l ment kantien : vu qu’il existe une fracture entre l’ordre de l’Þtre et celui du devoir-Þtre, de la m taphysique de la nature et celle des mœurs, jamais nous ne saurions expliquer par un processus naturel l’apparition des Id es dans l’histoire ; il faut donc en admettre un fondement extranaturel. Ce dernier peut-il Þtre trouv dans la conscience pure ? Si le sujet transcendantal est source de tout sens d’Þtre comme de toute validit ontologique, est-il galement le fondement unique du sens et de l’Þtre des Id es t l ologiques ? Tel ne semble pas Þtre le cas, de sorte que la notion d’absolu se scinde en deux. En effet, du point de vue de l’ lucidation ph nom nologique, la conscience pure demeure l’absolue r gion-source o peuvent Þtre vis es et attest es les Id es t l ologiques ; elle est un absolu dans l’ordre de la th orie de la connaissance. En revanche, aucune motivation ne saurait Þtre assez forte pour justifier l’apparition des Id es infinies au cœur de la vie de la conscience ; tout comme la r duction ph nom nologique elle-mÞme, l’ mergence des Id es peut seulement Þtre pr par e par certaines activit s ou int rÞts de la conscience (par exemple, l’int rÞt cosmologique pr pare l’int rÞt th or tique, de mÞme que les interdits religieux peuvent pr parer la conscience morale), mais ne saurait Þtre command e par eux ; l’ mergence de l’id el constitue une fracture dans l’ordre du monde et dans le cours de la vie intentionnelle. Aussi, du point de vue ontologique, est-on fond admettre un fondement unitaire de toutes ces Id es, et Dieu est donc un autre nom de cette raison absolue : Le probl me de Dieu implique manifestement celui de la raison « absolue » en tant que source t l ologique de toute raison dans le monde [Problem der « absoluten » Vernunft als der teleologischen Quelle aller Vernunft in der Welt], du « sens » du monde [des « Sinnes » der Welt]41.

Concluons sur ce point. 41

Husserl, Krisis, § 3, Hua VI, 7 (trad. fr., 14).

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Dominique Janicaud avait jadis mis l’hypoth se que la ph nom nologie, initialement ath ologique, aurait subi un tournant th ologique dans la pens e franÅaise (Levinas, Ricœur, Marion, Henry)42. Or, pour qu’il y e t tournant, il faudrait que la ph nom nologie transcendantale initiale e t t r tive toute th matisation relevant de la metaphysica generalis, en particulier de la th ologie ; mais tel n’est pas le cas, le domaine th ologique tant aux yeux de Husserl susceptible d’Þtre trait selon les principes fondamentaux de la ph nom nologie transcendantale. Ces derniers exigent, en premier lieu, de traiter tout objet suprasensible du point de vue de la conscience pure et comme simple corr lat intentionnel d’une vis e de sens ; si une ph nom nologie de la religion ne doit en principe prendre appui sur aucune religion r v l e, il faut reconna tre que le fait de th matiser Dieu depuis le rapport de la conscience singuli re Dieu poss de une r sonance tr s nettement protestante ; et de fait, Husserl confesse Mahnke que bien que d’origine juive, il ne s’est jamais senti juif et que l’ v nement d cisif de sa vie spirituelle a t sa conversion au protestantisme43. C’est donc la religion protestante qui sert de fil conducteur transcendantal l’ lucidation de la vie religieuse en g n ral, et par l une religion particuli re qui sert de paradigme de l’orientation vers Dieu44 – ce qui exclut toute approche comparatiste relevant de l’anthropologie religieuse. En second lieu, ils exigent de suspendre par la r duction la validit de tout dogme religieux comme de toute r v lation : est ainsi par avance exclue la voie, emprunt e par Ricœur et Levinas, d’une interpr tation des critures, qu’il s’agisse de lectures talmudiques ou d’herm neutique biblique ; pas plus que des connaissances scientifiques ne sauraient servir d’acquis th oriques pr alables en ph nom nologie transcendantale, les dogmes et paroles r v l es n’y ont force de loi45 ; l’eidos de religion se laisse ainsi purifier par la r duction de tout trait particulier, pour Þtre reconduite la question de la raison dans l’histoire – par quoi la metaphysica specialis ph nom nologique reÅoit une nette inflexion h g lienne, ainsi qu’un contenu li la t l ologie historique. En troisi me lieu, Husserl se rapproche de Levinas en reliant la question de Dieu celle du sens de l’existence et de la culture (comme signification et sens directionnel46), donc celle de la t l ologie ; mais l o Levinas relie la 42 Dominique Janicaud, Le tournant th ologique de la ph nom nologie franÅaise, ditions de l’ clat, 1990, r d. in La ph nom nologie dans tous ses tats, Paris, Gallimard, 2009, 64 sqq. 43 Edmund Husserl, Lettre Mahnke du 17 oct. 1921, Briefwechsel III, 432 (trad. fr. part. D. Pradelle in Philosophie n8 129 (2016), 14 – 15. 44 Husserl, ber Erneuerung, Beil. V, Hua XXVII, 104 : « Le protestantisme de la R forme est la perc e d’une libert nouvelle de prise de position, et ce vis- -vis de la tradition de croyance de l’ glise » (trad. fr., 125). 45 Husserl, ber Erneuerung, Beil. V, Hua XXVII, 103 – 104 (trad. fr., 124 – 125). 46 Emmanuel Levinas, De Dieu qui vient l’id e, Paris, Vrin, 1998, 231 sqq.

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transcendance de Dieu aux relations interhumaines et aux commandements d’ordre thique qui leur sont inh rents47, Husserl n’arrime pas exclusivement la divinit une t l ologie particuli re qui serait celle du bien, mais la confond avec la question de l’ mergence et de la corroboration des Id es t l ologiques en g n ral – celles du vrai, du bien, du juste, du beau, sans que le bien jouisse du primat platonicien de l’Id e des Id es. En dernier lieu, toute cette r flexion m taphysique a de forts accents kantiens, en particulier par l’absence de th se ontologique et le caract re purement id el de Dieu. En effet, les lois morales ne sont pas pour Kant des commandements absolus parce qu’elles auraient leur source en Dieu mais, l’inverse, nous leur attribuons un caract re divin parce que nous y sommes int rieurement oblig s, de sorte que « la th ologie morale n’a qu’un usage immanent », rapport notre destination dans le monde48. De mÞme, la th ologie husserlienne est transcendantale et non ontologique : c’est toujours partir du plan de l’histoire mondaine de l’humanit comme tant travers e et vectoris e par les Id es que peut s’attester Dieu comme fondement des Id es ; Dieu n’est pas fondement ontologique des Id es, mais les Id es sont une attestation du sens divin dans l’histoire. 3. Le projet d’une ontologie ph nom nologique : univocit de l’ tant constituable et refus de la chose en soi Par analogie, ce qui a t dit de la conversion ph nom nologique de la metaphysica specialis vaut-il galement de la metaphysica generalis, c’est- -dire de l’ontologie ? Le projet d’une ontologie, savoir d’une doctrine des d terminations universelles de la chose en g n ral, se laisse-t-il maintenir au sein de la ph nom nologie, et r aliser conform ment aux exigences intuitionnistes qui sont inh rentes sa m thode ? Nous prendrons notre point de d part dans une difficult de la pens e kantienne, prise comme paradigme de philosophie transcendantale : y a-t-il place, au sein de la pens e critique qui limite la possibilit de connaissance celle des objets sensibles, pour une doctrine des objets en g n ral ? Les lectures Cf. De Dieu qui vient l’id e, 165 – 166, o il est question d’une religion horizontale « demeurant sur la terre des hommes » et se substituant la religion verticale tendant vers le Ciel. Libert et commandement, Fata Morgana, 1994 (puis LGF), 104 et 114 : « Dans toute ma conception, il n’est pas question de Dieu rencontr en dehors des hommes. », « C’est Dieu que je peux d finir par les relations humaines et non pas inversement. » Alt rit et transcendance, Paris, Fata Morgana, 1995 (puis LGF), 52 – 55, 113 – 115, 172 – 174 et 181. 48 Kant, Kr. d. r. Vern., Transz. Dial., Canon d. r. Vern., A 819/B 847 (trad. fr. DM, 681, AR, 666). 47

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positivistes, puis n okantiennes, ont conclu la destruction critique du projet ontologique, et ce partir du c l bre passage de l’Analytique transcendantale qui affirme que la fi re appellation d’ontologie doit laisser place une « pure et simple analytique de l’entendement pur » (bloße Analytik des reinen Verstandes)49, savoir une d composition du pouvoir de conna tre de ce dernier. Est-ce exact ? Plusieurs textes t moignent au contraire du maintien par Kant du projet d’ontologie, mais la condition expresse de la limiter aux seuls objets de l’exp rience possible, d termin s par des intuitions sensibles et apparaissant dans l’espace ou le temps. Il en est ainsi de la lettre Beck du 20 janvier 1792, o Kant d clare avoir tabli dans la Critique la possibilit de « toute une science de l’ontologie comme pens e immanente, c’est- -dire comme pens e dont on peut garantir la r alit objective des concepts »50. De mÞme pour les Progr s de la m taphysique : alors que la m taphysique aspire « progresser par la raison de la connaissance du sensible celle du suprasensible » (metaphysica specialis), « l’ontologie est cette science […] qui constitue un syst me de tous les concepts et principes d’entendement, mais seulement dans la mesure o ils portent sur des objets qui peuvent Þtre donn s aux sens, donc justifi s par l’exp rience »51. En d’autres termes, l’ancienne ontologie, « science de l’ tant en tant qu’ tant », « science des pr dicats les plus g n raux de l’ tant » ou science qui a pour objet « le cogitable pris universellement »52, se scinde d sormais en deux disciplines de rang non quivalent, en fonction de la scission fondamentale de la notion d’ tant en g n ral en ph nom ne et noum ne53. Si les cat gories sont les concepts purs exprimant les d terminations universelles et originaires (non d riv es) des objets en g n ral, il en existe en effet un double usage. Leur usage empirique (empirischer Gebrauch) les rapporte « aux ph nom nes, c’est- -dire aux objets d’une exp rience possible » (sensible), donc d termine une intuition en la rapportant par voie synth tique un objet, conf rant ainsi aux cat gories un sens (Sinn), une signification (Bedeutung) ou une validit objective (objektive G ltigkeit), c’est- -dire une relation un objet Kant, Kr. d. r. Vern., Transz. Anal., Phaenomena und Noumena, A 247/B 303 (trad. fr. DM, 283, AR, 300). 50 Lettre 500 J. S. Beck du 20 janv. 1792 (trad. fr. M.-C. Challiol et alii in KANT, Correspondance, Paris, Gallimard, 1991, 498). 51 Immanuel Kant, Die Fortschritte der Metaphysik, AA. XX, 260 (trad. fr. A. Grandjean, Les progr s de la m taphysique, Paris, GF-Flammarion, 2013, 80 – 81). 52 Nous empruntons ces r f rences l’excellente Pr sentation par A. Grandjean de sa traduction du texte, note 49, 58 – 59 : C. Wolff, Philosophia prima sive ontologia, § 1. Baumgarten, Metaphysica, § 4, AA. XVII, 24. Leibniz, Introductio ad Encyclopaediam arcanam, in Opuscules, d. Couturat, 512). 53 Cf. A. Grandjean, Pr sentation de sa traduction, 24 – 26. 49

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donn (Beziehung aufs Objekt)54. De l d coule la possibilit d’une ontologie de l’objet empirique ou sensible en g n ral, c’est- -dire d’une doctrine de l’application des concepts purs au multiple spatiotemporel en g n ral ; la pi ce ma tresse en est videmment la d duction transcendantale des cat gories, entendue comme l gitimation de leur applicabilit aux objets sensibles, donc de leur validit a priori pour la d termination de tels objets. Ill gitime s’av re en revanche l’usage transcendantal des cat gories, qui « consiste les rapporter aux choses en g n ral et en elles-mÞmes » (auf Dinge berhaupt und an sich selbst)55 : ce n’est en fait pas un usage proprement parler, savoir une application l gitime, c’est- -dire que la pens e d’un quelque chose en g n ral selon les cat gories demeure sans signification, sans relation l’objet56 ; on exprime alors uniquement la « pens e d’un objet en g n ral » (Denken eines Objekts berhaupt), les cat gories se rapportant « l’unit de la pens e d’un multiple en g n ral » (Einheit des Denkens eines Mannigfaltigen berhaupt)57, c’est- -dire l’acte de connexion synth tique vide qui unifierait une multiplicit ind termin e ; la cat gorie poss de donc en ce cas une « signification simplement transcendantale » rapport e la « forme pure de l’entendement »58, savoir la forme subjective de l’acte de penser ou d’unifier un multiple en g n ral. Il y a donc scission entre une ontologie valide, mais limit e l’objet d’exp rience sensible ou au ph nom ne en g n ral (ind pendamment de la distinction entre objets d’exp rience interne et externe), et une pseudo-ontologie qui se r duit en fait une no tique, simple doctrine des formes de la pens e d’un objet en g n ral. Aussi la tradition ex g tique, selon qu’elle met l’accent sur l’un des versants, a-t-elle interpr t la pens e kantienne dans des directions divergentes : y lisant avec raison une ontologie de l’ tant pr sent, Heidegger y a vu le projet d’une fondation de l’ontologie qui la replace sur son sol sensible ; y lisant avec raison la destruction de l’ontologie classique de l’ tant en g n ral et en soi, les n okantiens y ont vu la substitution de la th orie de la connaissance l’ontologie. Qu’en est-il cet gard en ph nom nologie transcendantale ? La position ontologique fondamentale en est simplifi e par le refus husserlien de la scission kantienne de la notion g n rique d’ tant en ph nom ne et chose en soi, objet apparaissant et chose en elle-mÞme, pens e ind pendamment des conditions de son apparition possible au sujet fini, « cause purement intelligible Kant, Kr. d. r. Vern., Transz. Anal., Phaenomena und Noumena, A 238 – 240/B 298 – 300 (trad. fr. DM, 278 – 280, AR, 296 – 297). 55 Kant, Kr. d. r. Vern., A 238/B 298 (trad. fr. DM, 278, AR, 296). 56 Kant, Kr. d. r. Vern., A 248/B 305 (trad. fr. DM, 284 – 285, AR, 301). 57 Kant, Kr. d. r. Vern., A 247/B 304 (trad. fr. DM, 284, AR, 301). 58 Kant, Kr. d. r. Vern., A 248/B 305 (trad. fr. DM, 284, AR, 301). 54

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des ph nom nes »59 ou substrat ontologique inapparaissant de toute apparition ou repr sentation subjective60. Contre la position kantienne, Husserl affirme la limitation de principe de la notion d’ tant en g n ral un corr lat des actes intentionnels de la conscience pure, constitu par les vis es no tiques et dans les modes d’ vidence de ce dernier : La transcendance, sous quelque forme que ce soit, est un sens ontique qui se constitue au sein de l’ego [ein innerhalb des Ego sich konstituierender Seinssinn] […] par cons quent, chaque esp ce de l’ tant lui-mÞme, qu’il soit r al ou irr al, devient intelligible titre de « configuration » justement constitu e dans cette effectuation de la subjectivit [verst ndlich als eben in dieser Leistung konstituiertes « Gebilde » der transzendentalen Subjektivit t]61.

L’universalit de la constitution transcendantale, ou le principe de constituabilit de tout tant par les op rations de la conscience pure, implique l’exclusivit de la scission de l’ tant en g n ral en tant constitu et sujet constituant62, donc l’univocit de l’ tant autre que le sujet constituant. L’ tant constitu s’av re r ductible du sens ontique (Seinssinn), c’est- -dire du sens intentionnel instaur par les actes no tiques de la conscience pure, ventuellement dot de validit ontologique (Seinsgeltung) par les modes d’ vidence subjectifs qui l’attestent. Aussi le sens mÞme de l’id alisme transcendantal est-il chez les deux auteurs tout fait oppos : pour Kant, il implique la fois la th se de l’effectivit des objets spatiotemporels et la r ductibilit de l’espace, du temps et des ph nom nes de pures et simples repr sentations dont la « cause non sensible » (nichtsinnliche Ursache) nous demeure inconnue63 ; pour Husserl, il d signe la th se inverse de l’exclusion de toute chose en soi et la reconduction de tout tant l’intentionnalit constituante qui lui conf re sens et validit 64, c’est- -dire, selon l’expression de J. Benoist, un « id alisme du sens »65 qui op re une quation ontologique entre tant et objet (ou sens attestable), et refuse la partition kantienne entre une ontologie de l’objet manifeste et une simple no tique de la signification transcendante. Aussi l’ontologie, doctrine de l’ tant en g n ral, doit-elle s’installer sur le sol transcendantal des corr lations no ticono matiques : ce qu’est l’ tant en g n ral doit pouvoir se d crypter et s’analyser 59 60

302).

Kant, Kr. d. r. Vern., Transz. Dial., A 494/B 522 (trad. fr. DM, 446, AR, 473). Kant, Kr. d. r. Vern., Transz. Anal., Phaen. u. Noumena, A 250 (trad. fr. DM, 285, AR,

Husserl, Cart. Medit., § 41, Hua I, 117 – 118 (trad. fr., 132 et 133 – 134). Husserl, Ideen I, § 76, Hua III/1, 159 (trad. fr. Ricœur, 242 – 243, Lavigne, 220). 63 Kant, Kr. d. r. Vern., Transz. Dial., A 491 – 492/B 520 et A 494/B 522 (trad. fr. DM, 444 et 446, AR, 471 et 472). 64 Husserl, Cart. Medit., § 41, Hua I, 118 (trad. fr., 134). 65 Jocelyn Benoist, Les limites de l’intentionnalit . Recherches ph nom nologiques et analytiques, Paris, Vrin, 2005, 270. 61

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sur le fondement de ce que peut viser et attester la conscience pure en ses propres vidences. Il n’existe pas d’amphibologie des concepts ontologiques.

4. Ontologie formelle et ontologies mat riales : liaison syntaxique vs. connexion r ale Un second principe de l’ontologie ph nom nologique r side dans la distinction entre ontologie formelle et ontologies r ales (mat riales). La premi re est une « doctrine a priori et formelle de l’objet » (formale apriorische Gegenstandslehre) qui se rapporte aux « purs modes du quelque chose en g n ral » (auf die reinen Modi des Etwas- berhaupt), c’est- -dire toutes les formes analytiques, d riv es du quelque chose ind termin , pens es dans une universalit vide en faisant abstraction de toute teneur r ale (Sachhaltigkeit), r f r e au monde spatiotemporel et aux choses mondaines66 : ensemble et l ment, nombre cardinal et ordinal, relation, suite et s rie, fonction et application, groupe, etc. – notions qui rel vent de la th orie des ensembles, de l’arithm tique et de la th orie des structures de champs d’id alit s math matiques. Par opposition, les ontologies r ales sont des doctrines a priori de la r alit mondaine, dont la finalit est d’ lucider les « formes structurelles n cessaires par essence un monde » (einer Welt wesensnotwendige Strukturformen) ; ces derni res sont entendre en un sens tout fait diff rent de la notion de forme – savoir le sens non analytique de classes ou r gions ontiques suprÞmes (alleroberste Seinsklassen oder Seinsregionen) r f r es un monde possible67, ou de concepts suprÞmes subsumant les tants individuels de la r alit spatiotemporelle mondaine (choses mat rielles, Þtres vivants, Þtres anim s, personnes, objets d’usage, etc.), auxquels il faut adjoindre les formes suprÞmes de la r alit (oberste Sachhaltigkeitsformen) formes abstraites de totalit qui leur appartiennent, la fois titre de propri t s et de formes de connexion r ales (temps, espace, mati re, vie, animation, etc.)68. Quelle est la source de la d marcation de principe entre l’ontologie formelle et les ontologies mat riales ? C’est, en vertu de l’a priori de corr lation, la possibilit de les rapporter aux actes constituants qui donnent respectivement acc s leurs concepts fondamentaux : formalisation et g n ralisation. D’un c t , il s’agit de l’acte d’ vacuation Husserl, Form. u. transz. Log., § 24, Hua XVII, 82 (trad. fr., 107). Husserl, Form. u. transz. Log., § 103, Hua XVII, 278 (trad. fr., 361). Logik und allgemeine Wissenschaftstheorie. Vorlesungen 1917/18, § 62, Hua XXX, 279. 68 Ibid. 66

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ou de radiation de toute teneur r ale (Sachhaltigkeit) rapport e aux propri t s et relations des choses mondaines, qui permet de d gager les formes vides du quelque chose ind termin , lesquelles sont autant de structures corr latives de pures formes de pens e (relier, ordonner, d nombrer, etc.). De l’autre, il s’agit de s’ lever de l’individuel concret et mondain aux sous-esp ces et esp ces, et, finalement, au genre concret suprÞme qui les subsume (chose mat rielle, Þtre vivant, etc. en g n ral), et de leurs moments individuels abstraits aux esp ces, puis au genre suprÞme abstrait qui les subsume (qualit sensible, position temporelle, relation spatiale, etc., en g n ral). Or, le mode d’ vidence qui est originairement donateur des uns et des autres est bien distinct : s’agissant des genres mat rials, il faut, en partant d’un exemple individuel donn , effectuer une variation eid tique totalement arbitraire, non guid e par un point de vue th matique pr alable69 ; s’agissant en revanche des classes formelles, la voie qui y conduit n’est ni la variation eid tique partant d’un exemple concret, ni l’id alisation qui d gage des formes limites70, mais l’ vacuation formalisante de toute teneur r ale, jointe des actes de synth se purement cat goriale ou articul e. Pourquoi est-il donc essentiel de faire le d part entre ces deux types d’ontologie ? Parce que les essais historiques cardinaux d’ laboration d’une ontologie ont subrepticement m lang , au sein de leur doctrine des cat gories, les cat gories r ales (rapport es l’ tant mondain) et les cat gories analytiques-formelles. Ainsi l’ontologie aristot licienne est-elle pour l’essentiel une ontologie de la r alit (Realontologie), savoir une doctrine des pr dicats universels de l’ tant mondain (lieu, temps, action, passion…), avec immixtion de quelques cat gories formelles (quantit , relation)71. De mÞme, Bolzano n’a gu re pris en vue la distinction entre forme vide du quelque chose en g n ral (Leerform des Etwas berhaupt) et la r gion universelle de ce qui peut exister (universale Region des mçglicherweise Daseienden)72. Il en r sulte un quadruple risque : de m langer les cat gories formelles et r ales (syntaxiques et synth tiques) au sein de la doctrine des cat gories, de confondre la formalisation avec l’ l vation aux r gions suprÞmes, de tenir en cons quence le concept d’ tant en g n ral pour une cat gorie r ale qui subsume toutes les autres, et d’ luder le probl me de la hi rarchie et des rapports de fondation entre ontologie formelle et ontologies mat riales. Husserl, Erfahrung und Urteil, § 92, 433 – 434 (trad. fr. 436). Husserl, Form. u. transz. Log., Einleitung, Hua XVII, 16 (trad. fr., 17 – 18). Logische Untersuchungen, VI. Unters., § 60, Hua XIX/2, 713 (trad. fr. lie, Kelkel & Sch rer, Paris, Puf, 19742, 221). 71 Husserl, Form. u. transz. Log., § 26a, Hua XVII, 84 (trad. fr., 110). 72 Husserl, Form. u. transz. Log., § 26d, Hua XVII, 89 (trad. fr., 117). 69

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Un tel risque atteint son acm avec la doctrine kantienne des cat gories qui offre un paradigme d’effacement des fronti res nettes entre le plan formel et le r al. Certes, Kant distingue clairement les logiques formelle et transcendantale. La premi re fait abstraction du contenu de la connaissance, de toute relation de la connaissance l’objet, pour ne consid rer que les formes propositionnelles possibles et les r gles de non-contradiction formelles de la pens e pure : c’est une apophantique formelle, une logique du sens scind e du rapport l’objet73. La logique transcendantale prend en revanche en vue le contenu de la connaissance pour d terminer les « r gles de la pens e pure d’un objet », les « concepts susceptibles de se rapporter a priori des objets » en tant qu’« actes de la pens e pure »74 : c’est une ontologie qui lucide les formes a priori de la pens e d’un objet, et corr lativement de l’objet pensable. L’analytique consid re l’usage empirique des cat gories, c’est- -dire leur application des objets d’exp rience possible (sensible et spatiotemporelle) : sur ce versant, la doctrine des cat gories rel ve donc de l’ontologie de la nature prise au sens usuel, orient e sur le paradigme de la nature physique75. Mais si l’on en consid re l’usage transcendantal, c’est- -dire l’application des choses en g n ral et en soi, abstraction faite des conditions de la r ceptivit , on obtient alors une doctrine des pures formes de l’objet pensable (ou, du moins, du sens objectal concevable) : une ontologie formelle. Or, en d pit de ces distinctions de principe, il existe une analogie structurelle ou un isomorphisme strict entre les logiques formelle et transcendantale, ainsi qu’entre les trois disciplines distingu es (apophantique, ontologie r ale et ontologie formelle). Kant prend en effet la table des formes propositionnelles (qui rel ve de l’apophantique) pour fil conducteur de l’ tablissement de celle des cat gories (en ontologie formelle et r ale) ; et le principe qui fonde la l gitimit de cette m thode est celui de l’identit des fonctions d’unification qui œuvrent respectivement dans la connexion apophantique des repr sentations au sein du jugement et dans la synth se objectivante des repr sentations dans l’intuition empirique : La mÞme fonction [Dieselbe Funktion] qui conf re aux diverses repr sentations l’unit dans un jugement, conf re aussi la simple synth se de repr sentations diverses dans une intuition l’unit qui, exprim e de faÅon g n rale, porte le nom de concept pur de l’entendement76.

73 74 75 76

Kant, Kr. d. r. Vern., Transz. Anal., A 55/B 79 (trad. fr. DM, 121, AR, 146). Ibid. Husserl, Log. u. allg. Wissensch., Beil. XVII, Hua XXX, 369 – 370. Kant, Kr. d. r. Vern., Transz. Anal., A 79/B 105 (trad. fr. DM, 140, AR, 162).

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C’est la mÞme forme de synth se qui fonde les formes apophantiques du jugement nonciatif et l’unit ontologique-r ale de l’objet d’intuition : il existe ainsi un parall lisme strict entre le rapport apophantique de sujet pr dicat et le rapport ontologique entre substrat et propri t s accidentelles, de mÞme qu’entre le rapport apophantique d’ant c dent cons quent et le rapport r al de cause effet. Il y a identit entre les fonctions synth tiques relevant de la syntaxe propositionnelle et celles qui œuvrent l’objectivation de la r alit naturelle. cela, il faut ajouter que ce sont les mÞmes cat gories qui sont susceptibles d’un usage empirique ou transcendantal, c’est- -dire d’une application des ph nom nes ou des choses en soi et en g n ral77 : les cat gories pr existent donc, titre de pures formes ontologiques de la pens e, toute application des objets donn s. Les cat gories r ales sont donc isomorphes aux formes de pens e paradigmatiques que sont les cat gories de la syntaxe et de l’ontologie formelle. Or, comment interpr ter un tel parall lisme ? Existe-t-il ici une polarit , une hi rarchie ou un rapport de fondation ? Les fonctions syntaxiques valent-elles comme mod les structurels des synth ses objectivantes, ou est-ce l’inverse ? Des fonctions syntaxiques et transcendantales, lesquelles poss dent une valeur paradigmatique et lesquelles sont d riv es ? Une telle question renvoie videmment au probl me, largement d battu par l’ex g se kantienne, de savoir s’il y a un primat de la logique g n rale sur la transcendantale, ou inversement. Kant r expose dans les Prol gom nes ce parall lisme entre moments logiques du jugement et concepts purs de l’entendement, lesquels sont des « concepts d’intuitions en g n ral », ces derni res tant « d termin es de faÅon n cessaire et universelle en jugements relativement tel ou tel de ces moments »78 : si les cat gories sont des formes de d termination universelles, c’est donc par r f rence des formes syntaxiques du jugement, qui s’appliquent la liaison des intuitions sensibles. Ce qui se confirme au § 22 : si Kant commence par y exposer un concept large (ant pr dicatif) de jugement non r duit l’unification syntaxique, mais tendu l’unification synth tique de repr sentations en une conscience, cette unification synth tique reÅoit cependant sa n cessit de « moments logiques » (syntaxiques) du jugement, qui se trouvent au fondement de la validit n cessaire des jugements pris au sens large79. Pour exemplifier cette th se, il suffit de se reporter la distinction entre jugements de perception et d’exp rience, et au passage du jugement hypoth tique au jugement de causalit . « Si le soleil claire la pierre, celle-ci devient alors Kant, Kr. d. r. Vern., Transz. Anal., Phaen. u. Noumena, A 238 – 240/B 298 – 300 (trad. fr. DM, 278 – 280, AR, 296 – 297). 78 Kant, Prolegomena zu jeder k nftigen Metaphysik…, § 21, Ak. IV, 302 (trad. fr. L. Guillermit, Prol gom nes toute m taphysique future…, Paris, Vrin, 1986, 19932, 71). 79 Kant, Prolegomena zu jeder k nftigen Metaphysik…, § 22, Ak. IV, 305 (trad. fr., 74). 77

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chaude » n’est que l’expression d’un jugement de perception d’une cons cution temporelle ; en revanche, « le soleil chauffe la pierre », titre de jugement de causalit nonÅant une relation objective, est quivalent « si le soleil claire la pierre, celle-ci devient alors n cessairement chaude », jugement hypoth tique de surcro t d termin par la modalit de la n cessit 80. Les fonctions syntaxiques, titre de pures formes de la pens e, valent donc comme paradigmes fonctionnels applicables ne varietur des intuitions ; c’est le moment syntaxique qui constitue le fondement de la n cessit de l’unit objectivante. Que peut r pondre cela la ph nom nologie, sur cet exemple de la relation de causalit ? D’une part, le jugement de causalit est irr ductible un simple jugement hypoth tique, les deux formes de connexion tant h t rog nes : il est impossible de scinder les propositions qui composent la proposition hypoth tique, pour la raison que l’ant c dente n’y est pas assert e et ne saurait valoir comme une signification ind pendante ; dans le jugement causal, en revanche, la proposition initiale, qui est th tique et pose un fait, est s parable (ablçsbar) de la proposition globale81. La liaison causale est donc une connexion n cessaire entre deux tats de chose factuels s parables, et ne peut se r duire une pure articulation syntaxique entre significations ind pendantes ; il existe une r f rence irr ductible de la causalit au plan ontologique des objets et l’existence effective de faits naturels, qui implique son appartenance l’ontologie de la r alit , et non l’apophantique ou l’ontologie formelle. D’autre part, la connexion causale ne rel ve pas exclusivement du plan discursif du langage scientifique mais – en-deÅ de toute consid ration du monde scientifique, de grandeurs et de lois exactes et math matisables – du monde pr scientifique des objets et faits purement perceptifs, encore vierges de toute id alisation et de toute mise en forme syntaxique : avant toute intervention de la syntaxe discursive, il existe une forme pr scientifique et purement perceptive de causalit . Celle-ci consiste dans l’appr hension d’une cons cution r guli re entre changements semblables, et ob it la r gle selon laquelle « des circonstances semblables correspondent des d pendances fonctionnelles semblables »82. Ainsi, un changement d’ clairage alt re la couleur des choses, ou si l’on tire sur un ressort, il d crit alors certaines oscillations typiques, relatives la force et l’angle d’impulsion. Or cette appr hension d’une connexion nomologique anexacte ne peut se r duire une pure forme syntaxique, et ce pour une Kant, Prolegomena zu jeder k nftigen Metaphysik…, § 20, Anm., Ak. IV, 301 (trad. fr., 69, note). 81 Husserl, Log. u. allg. Wissensch., §§ 23b et 24a, Hua XXX, 105 et 108. 82 Husserl, Ideen II, § 15c, Hua IV, 42 (trad. fr. . Escoubas, Recherches ph nom nologiques pour la constitution, Paris, Puf, 1985, 73). 80

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raison simple : si, dans cette relation causale et dans le rapport de motivation kinesth sique (si je bouge les yeux ainsi, alors l’image se modifie ainsi), l’on trouve en apparence le mÞme rapport de motivation « si…, alors… » ou « parce que…, donc… », la premi re est cependant une relation conditionnelle d’un tout autre type que la seconde ; en effet, tandis que la motivation kinesth sique ne concerne que le syst me des apparences sensibles et ne poss de aucune port e ontologique, la relation causale appartient bien aux relations mondaines entre objets de la r alit , et rel ve donc de l’ontologie r ale. Sous l’apparent isomorphisme se cache une diff rence radicale de statut. Les connexions propres l’ontologie r ale appartiennent ainsi au « langage de l’exp rience muette » qui pr c de tout r gime discursif. En conclusion, en vertu de son universalit formelle, l’ontologie formelle impose certes ses structures (distinction entre substrat, propri t et relation) et principes formels (loi de contradiction) toute ontologie r ale83. Mais ce rapport de d pendance ou de subsomption n’est nullement un rapport de fondation, de d rivation ou de r duction : tant construites par voie syntaxique, les formes analytiques vides de l’ontologie formelle renvoient en derni re instance l’individuel mondain, « objet originaire [Urgegenstand] que requiert la logique pure » et « absolu logique » (das logisch Absolute)84 situ au fondement de toute constitution d’ordre syntaxique. L’ontologie r ale jouit donc en ph nom nologie d’un primat, car elle est l’infrastructure infradiscursive ou pr syntaxique o , sur le sol de l’exp rience « encore muette », on peut d chiffrer directement les structures ontologiques propres aux divers types d’objets individuels. Ainsi, l’encontre de tout logocentrisme qui serait caract ristique de la tradition m taphysique occidentale, la radicalit de la pens e husserlienne consiste tenter d’affranchir l’ontologie r ale – que Kant nommait « science de l’ontologie comme pens e immanente »85, ontologie des ph nom nes sensibles en g n ral –, de toute d pendance vis- -vis d’un logos pr alable. Cette ontologie a pour t che d’ lucider le logos encore non logifi de l’exp rience sensible, encore in statu nascendi, immanent aux structures des objets apparaissants et des contenus sensibles. Sans doute y a-t-il l un pr suppos de taille : savoir qu’il n’y a pas, au fondement de toute exp rience d’objet sensible individuel, d’horizon de sens pr alable ou de pr compr hension implicite de l’Þtre de l’ tant en g n ral. Or, si la conscience ne peut atteindre l’objet que par la m diation de son sens, peut-on 83 84 85

Husserl, Ideen I, § 10, Hua III/1, 26 (trad. fr. Ricœur, 39, Lavigne, 40 – 41). Husserl, Ideen I, § 15, Hua III/1, 35 (trad. fr. Ricœur, 54, Lavigne, 51). Husserl, Lettre 500 Beck du 20 janv. 1792 (trad. fr., 498).

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vraiment fonder l’ontologie r ale sur un sol de l’exp rience encore muette ? Un tel sens n’est-il pas d j situ au sein d’une dimension de sens plus primitive, qui serait l’origine de la signifiance de tout sens et au fondement de l’Þtre de tout tant ?

Gerald Hartung

ber die Mçglichkeiten einer Metaphysik und Ph nomenologie der Erkenntnis im Anschluss an Husserl1

Abstract The paper aims to analyze the discussion on the foundations of a “theory of knowledge” at the beginning of the 20th century German philosophy. It focusses on Wilhelm Dilthey’s and Hermann Cohen’s conception as the context of Edmund Husserl’s critic of a theory of knowledge as such. The phenomenological method – between the Logical Investigations (1900) and the Ideas I (1913) – is presented as both: a critic of a theory of scientific knowledge and a contribution to a philosophical theory of science. At the end of the paper the ambivalent consequences of the Husserlian de- and reconstruction of the task of a theory of knowledge are discussed in the view of Nicolai Hartmann and Ernst Cassirer.

Das Thema »Ph nomenologie und Metaphysik« scheint mir eine gute Gelegenheit zu bieten, um auf einige Grundfragen der ph nomenologischen Forschung einzugehen. Dabei mçchte ich den Versuch unternehmen, mir mit interessiertem, aber zugleich auch distanziertem Blick einzelne Frage- und Problemstellungen der ph nomenologischen Forschung im Sinne einer reinen Logik, wie Husserl sie im Ausgang von Band 1 der Logischen Untersuchungen (1900) formuliert, im Verfahren der hermeneutischen Ann herung und Kontextualisierung zu erschließen. Die eingestandene Distanz mçchte ich aber nicht als Verlegenheit oder Mangel verstanden wissen, sondern als Chance zum Verst ndnis eines Grundanliegens der Ph nomenologie, sich von der Tradition der Logik des 19. Jahrhunderts und von Tendenzen in der Erkenntnistheorie um 1900 abzusetzen.1 Im Zentrum meiner berlegungen soll die Frage stehen, was die Gr nde und der strategische Sinn f r Husserls beharrliche Weigerung gewesen sein kçnnten, seine ph nomenologische Philosophie – auf den Entwicklungsstufen von den Logischen Untersuchungen zu den Ideen I (1913) – nicht unter den Titel einer »Erkenntnistheorie« zu stellen, obwohl eine solche Titelgebung durchaus nahe geleMit diesen berlegungen kn pfe ich an eine andere Arbeit zum Thema an, die unter dem Titel »What are Logical Investigations? Aristotelian Research in Trendelenburg and Husserl« erschienen ist (In: G. Hartung, C.G. King, C. Rapp (Hg.): Aristotelian Studies in 19th Century Philosophy. Berlin/Boston 2018, 77 – 96). 1

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gen hat, geht es doch bei Husserl, insbesondere in Ideen I um Wesenserkenntnis oder Aufdeckung der »Grundverfassung aller mçglichen Erkenntnis«.2 Meine Arbeitshypothese lautet: Das Verh ltnis der Forschungen Husserls zu den verschiedenen Spielarten der Erkenntnistheorie ist um 1900 spannungsgeladen. Die in den Erkenntnistheorien des Neukantianismus sowie an den Grenzen zur Psychologie verfolgten Tendenzen sind f r Husserl Anlass genug, aus guten Gr nden f r seine zu etablierende Forschungsrichtung den Titel einer »Erkenntnistheorie« zu vermeiden. Damit sind allerdings Weichenstellungen f r die ph nomenologische Forschung verbunden, die bereits im fr hen 20. Jahrhundert zu kritischen Stellungnahmen von Philosophen f hren, die durchaus mit der ph nomenologischen Forschung sympathisieren. Um meine Arbeitshypothese abzusichern, mçchte ich in zwei Argumentationsschritten vorgehen, die wiederum Zwischenschritte beinhalten. Im ersten Teil werde ich Variationen zur Behandlung des Erkenntnisproblems um 1900 am Beispiel der Konzeptionen von Hermann Cohen und Wilhelm Dilthey vorstellen. Anschließend werde ich einige Grundgedanken einer Ph nomenologie der Erkenntnis im Sinne Husserls vorstellen. Im zweiten Teil werde ich Optionen einer Metaphysik und Ph nomenologie der Erkenntnis – beispielhaft an den Konzeptionen von Nicolai Hartmann und Ernst Cassirer – behandeln.

1. Eine kleine Geschichte des Erkenntnisproblems um 1900 Der in den 1860er Jahren Gestalt annehmende Neukantianismus hat im R ckgriff auf Kant die Notwendigkeit einer Privilegierung des Erkenntnisproblems vor anderen philosophischen Grundproblemen vertreten.3 Im Hintergrund der Kantischen Problematik einer Grundlegung der Kategorien und seiner Verhandlung der Antinomien der Vernunft soll nach Ansicht von Hermann Cohen, Paul Natorp und ihren Sch lern das Problem der Erkenntnis eine fundamentale Stellung einnehmen. Einschl gig sind hierf r Cohens einleitende Abschnitte zur Logik der reinen Erkenntnis (1902). Cohen unterscheidet vier Bedeutungen der Erkenntnis. Erstens nennt er die einzelne Erkenntnis als Ergebnis eines induktiven Verfahrens. Hier wird idealtypisch die juristische Erkenntnis genannt. Zweitens nennt er die Erkenntnis als das Ganze oder den Inbegriff menschlichen Wissens. Edmund Husserl: Ideen zu einer reinen Ph nomenologie und ph nomenologischen Philosophie (1913). T bingen 62002, 32. 3 Vgl. Klaus Christian Kçhnke: ber den Ursprung des Wortes Erkenntnistheorie – und dessen vermeintliche Synonyme. In: Archiv f r Begriffsgeschichte. Bd. 25 (1981), 185 – 210; Frederick C. Beiser: The Genesis of Neo-Kantianism – 1796 – 1880. Oxford 2014. 2

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In diesem Zusammenhang geht es um die Einheit des Wissens im Sinne eines Ideals, das mehr ist als ein Summenverh ltnis des Erkannten. Drittens spricht er von Erkenntnis als dem Vorgang des Erkennens selbst. Hier liegt die Einheit der Erkenntnis im Bewusstseinsvorgang und der Einheitswert der Erkenntnis erschçpft sich in der Ansicht der Einheitlichkeit des Erkenntnisvorgangs. Cohen ist sich im Klaren dar ber, dass die dritte Definition der Erkenntnis mit dem Problem des Psychologismus konfrontiert ist. Gegen den Vorwurf, er w rde die Erkenntnistheorie in die Psychologie auflçsen, bietet er folgende Argumentation an: Seiner Ansicht nach ist die T tigkeit des Erkennens kein einfacher Vorgang, sondern meint eine Komplexion von kçrperlichen und psychischen und seelisch-geistigen Vorg ngen. Die Psychologie nun verpasst einerseits die Differenzen zwischen den unterschiedlichen T tigkeiten des Erkennens, F hlens, Vorstellens und Wollens, andererseits stellt sie auch nur das Material zur Verf gung, aus dem die Erkenntnistheorie eine Einheit herstellen muss. Der Vorgang des Erkennens liegt damit in einer prek ren Zwischenstellung zwischen der Materialit t psychischer Prozesse und der Anforderung an eine formale Einheit des Bewusstseinsvorgangs selbst: »Der Bewusstseinsvorgang des Erkennens, als solcher, l ßt sich nicht so isolieren, daß er die Einheit des Inhalts der Erkenntnis darstellen und verb rgen kçnnte. Die Einheit aber ist das Mittel zur Herstellung des Inbegriffs.«4 Aus dieser berlegung folgert Cohen, dass die Bedeutung der Erkenntnis nicht im Vorgang des Erkennens selbst liegen kann. Damit kommt er viertens zum Begriff der reinen Erkenntnis. Hier haben wir es mit dem Herzst ck des Marburger Neukantianismus, einer platonisierenden Lesart der theoretischen Philosophie Kants zu tun. Ausgangspunkt ist die N he von Philosophie und Mathematik. Nach Cohens Auffassung wird allein in der Mathematik die Wirksamkeit von ideellen Formen deutlich. Ihr Geltungsanspruch ist unabh ngig von der psychischen Seite des Erkenntnisvorgangs und der Komplexion mit anderen Bewusstseinsinhalten, die bspw. mit dem F hlen und Wollen zusammenh ngen. Die Garantie f r die Geltung ideeller Formen in der Geometrie und der Zahlenverh ltnisse in der Arithmetik liegt in einer Idee, einem wahrhaften Sein, das unabh ngig von allen Kontingenzen den wahrhaften Inhalt der Erkenntnis ausmacht. Cohen skizziert vor dem Hintergrund dieser systematischen Begriffsarbeit eine Geschichte der Vorstellung reiner Erkenntnis von Platon ber Kepler, Galilei, Descartes und Leibniz bis zu Kant. Nach Kant muss seiner Auffassung nach die Einheit des Bewusstseins als die »Einheit des wissenschaftlichen Bewußt4

Hermann Cohen: Logik der reinen Erkenntnis. 21914. Nachdruck: Hildesheim 1997, 4.

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seins«5 definiert werden. Neben dem wissenschaftlichen Bewusstsein sind Sittlichkeit und Kunst zwei weitere, legitime Bewusstseinsgebiete. Damit stellt sich das philosophische Problem einer Einheit des »Kulturbewusstseins«, das die Psychologie im Gesamtgebiet der Philosophie verwaltet, indem sie die Stellung des Erkenntnissubjekts zur Natur, Kultur der Sittlichkeit und Kunst behandelt. Im Hintergrund seiner Forderung nach einer Einheit des Kulturbewusstseins steht bei Cohen die Idee der Menschheit als ihr Garant. Cohen behandelt den Erkenntnisprozess in seiner ganzen Ambivalenz im Spannungsverh ltnis von reiner Erkenntnis (Logik) und material kontaminierter Erkenntnis (Psychologie). Der Erkenntnisvorgang ist einerseits auf die Idee ausgerichtet, andererseits ist er ein Vorgang des Bewusstseins. Daher liegen logische und psychologische Betrachtung des Erkenntnisvorgangs nah beieinander. Angesichts dieser Verschr nkung fordert Cohen von der Erkenntnistheorie, dass sie trennscharf argumentieren soll, d. h. das Denken als einen synthetischen Vorgang eben nicht wie bei Kant (allerdings durchaus in dessen Sinne, wie Cohen meint) mechanistisch verstehen darf, sondern als einen Akt der Erzeugung von Bedeutung, die kein bloßes Summenverh ltnis der im Erkenntnisvorgang verwickelten Faktoren ist, begreifen muss. Nur so erfassen wir, wie Cohen betont, die »schçpferische Souver nit t des Denkens«.6 In der Vorstellung eines schçpferischen Aktes, die mehr an Fichte denn Kant gemahnt, sind die Tat und ihr Produkt, das Erzeugen und das Erzeugnis, identisch. Aufzeigen l sst sich dieser Zusammenhang aber nur in der Analyse des Bewusstseinsvorgangs. So gesehen erh lt einerseits die Psychologie bei Cohen – und zwar die empirisch-deskriptive Psychologie – eine notwendige Funktion f r die wissenschaftliche Aufhellung der Bewusstseinsvorg nge. Gleichwohl aber entkoppelt Cohen andererseits Psychologie und Logik, wenn er im Ergebnis die Bedeutung von Erkenntnis (Idealit t) von der Tats chlichkeit der einzelnen Erkenntnisvorg nge (Realit t) abtrennt. Die Konzeption kann man Ideal-Realismus nennen, mit Betonung auf dem ersten Wortteil, wie Cohen dies selbst im Anschluss an die Fischer-Trendelenburg-Kontroverse und in seiner programmatischen Einleitung zu Friedrich Albert Langes großer Studie ber den Materialismus gemacht hat.7 Eine gegenl ufige Tendenz in der Erkenntnistheorie ist mit dem Namen Wilhelm Dilthey verbunden. Zum einen vertritt Dilthey die Position einer TrenEbd., 16. Ebd., 28. 7 Klaus Christian Kçhnke: Entstehung und Aufstieg des Neukantianismus. Die deutsche Universit tsphilosophie zwischen Idealismus und Positivismus. Frankfurt a. M. 1993, 257 – 272; Beiser: The Genesis of Neo-Kantianism, 212 – 215 und zuletzt Gerald Hartung: Friedrich Albert Lange et l’histoire critique du mat rialisme. In: Charlotte Morel (Hg.): L’Allemagne et la querelle du mat rialisme. Une crise oubli e ? Paris 2017, 155 – 171. 5 6

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nung von Metaphysik und Erkenntnistheorie und behauptet in seiner Einleitung in die Geisteswissenschaften (1883) die Unmçglichkeit einer metaphysischen Stellung des Erkennens. Zum anderen ist er bem ht, auf immer wieder neu ansetzende Weise das Verh ltnis von Erkenntnistheorie und Psychologie zu kl ren.8 Es ist hier nicht der Ort, um die verschiedenen Versuche Diltheys, die Erkenntnistheorie als eine Schnittstelle von Logik und Psychologie und »Lebenstheorie« zu konzipieren, zu behandeln.9 Ich mçchte mich nur auf einige Abhandlungen beziehen, bspw. die eindrucksvollen Studien der 1880er und 1890er Jahre zur Grundlegung der Erkenntnis.10 Diese sollten ihren systematischen Ort im Zentrum des zweiten Bandes zur Einleitung in die Geisteswissenschaften erhalten. In seiner Grundlegung der Erkenntnis probiert Dilthey einige durchaus radikale Thesen zur Erweiterung und Vertiefung der Erkenntnistheorie aus. Zum einen nennt er als die erkenntnistheoretische Aufgabe der Philosophie, die fundamentale Tatsache herauszuarbeiten, dass ich nicht unter Dingen, sondern unter Gebilden lebe, »deren Art in mir ist«.11 Weil also die gegenst ndliche Welt im Vorgang des Erkennens von mir durchdrungen wird und mein Erkennen Teil eines st ndig sich variierenden Wechselvorgangs zwischen Innen und Außen ist, kann das, was wir Bewusstsein nennen, auch nicht definierbar, mithin keine Einheit sein, sondern muss als ein »nicht weiter auflçsbarer letzter Befund«12 angesehen werden. Aus diesen berlegungen zieht Dilthey eine weitreichende Konsequenz. Seiner Ansicht nach steht die gesamte Wirklichkeit unter den Bedingungen des Bewusstseins. Diesen Befund, mit dem er die Kantische Theorie des Bewusstseins und die Herbart’sche Psychologie dynamisiert, fasst er im Satz der Ph nomenalit t zusammen: »die Wirklichkeit (d. h. alle ußeren Tatsachen, Dinge wie Personen) steht unter den Bedingungen des Bewußtseins.«13 Ab den 1890er Jahren stellt Dilthey das Thema einer Grundlegung der Erkenntnis in den Zusammenhang einer Theorie des Lebens. Das geschieht im neuen Gesamtplan eines zweiten Bandes der Einleitung in die Geisteswissenschaften, dem sog. Berliner Entwurf (1893), einem weiteren Fragment mit dem Titel Leben und Erkennen und findet teilweise seinen Niederschlag in der Abhand8 Vgl. f r den Kontext dieser Debatte Gerald Hartung: Bewusstsein. In: Annika Hand, Christian Bermes, Ulrich Dierse (Hg.): Schl sselbegriffe der Philosophie des 19. Jahrhunderts (Archiv f r Begriffsgeschichte). Hamburg 2015, 39 – 61. 9 Vgl. Frithjof Rodi: Das strukturierte Ganze. Studien zum Werk von Wilhelm Dilthey. Weilerswist 2003. 10 Wilhelm Dilthey: Grundlegung der Erkenntnis. In: ders.: Gesammelte Werke, Bd. 19. Gçttingen 1982. 11 Ebd., 9. 12 Ebd., 59. 13 Ebd., 60.

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lung Ideen ber eine beschreibende und zergliedernde Psychologie (1894). Hier geht es bspw. um die Fragen, wie sich ein Gegebenes, das im Hintergrund eines Schmerzgef hls oder einer Farbwahrnehmung liegt, analysieren l sst. Oder wie das Zusammenwirken eines Gegebenen, das außerhalb meiner Erfahrung liegt und ins Bewusstsein »f llt«, mit der »Intellektualit t« der Sinneswahrnehmung zu beschreiben ist. Dilthey h lt in programmatischer Absicht fest, dass die Erkenntnistheorie angesichts dieser Fragestellungen vor zwei fundamentalen Aufgaben steht. »Der eine Teil der Untersuchung hat die im bewußten Denken verlaufenden Verbindungsarten nach Charakter, Ursprung und Ausdehnung zu untersuchen. Er hat ihren Erkenntniswert hiernach festzustellen. Er hat die diesen Vorg ngen quivalenten, nicht im Bewußtsein distinguierten Vorg nge gr ndlichst festzustellen. Der andere Teil der Untersuchung hat das, was so verbunden, getrennt und geordnet wird, auf Gehalt, Charakter und Ursprung anzusehen.«14

Der zweite Teil der Programmatik kann als eine klassische Ausrichtung der Erkenntnistheorie – in den Grenzen der Logik und in Abgrenzung zur Psychologie – in der Nachfolge Kants, Fries’, Herbarts und anderer verstanden werden. Der erste Teil jedoch impliziert tats chlich, dass die Erkenntnistheorie offene Flanken zu psychologischen und physiologischen Vorg ngen hat, die nach dem Prinzip der Struktur quivalenz zwischen physischen, psychischen und geistigen Vorg ngen zu analysieren sind. Dilthey postuliert eine Erkenntnistheorie, die im weiten Feld der »letzten Endigungen der Metaphysik«15 den radikalen Bruch mit ebendieser vollzieht. Das heißt dann auch, dass die Erkenntnistheorie weder auf das einseitige Studium der leiblichen noch der intellektuellen Funktionen reduziert werden darf. Allerdings gibt Dilthey in diesem Wechselverh ltnis der zwei Funktionsbereiche eine Wirkungsrichtung vor und pl diert f r eine Analyse, die den Aufbau der Wirklichkeit des Menschen von unten nach oben verfolgt. Die Formel lautet: »Das Denken tritt am Lebensvorgang auf; sonach ist auf diesen bei seiner Grundlegung zur ckzugehen.«16 Wie verbreitet diese Formel um 1900 ist, kçnnte durch Seitenblicke auf die Studien von Bergson, Eucken, James und Simmel aufgezeigt werden. In seiner Abhandlung Ideen ber eine beschreibende und zergliedernde Psychologie spricht Dilthey davon, dass »Erkenntnistheorie […] Psychologie in Bewegung«17 ist. Zur Begr ndung f gt er an, dass unsere Analyse der BewusstseinsWilhelm Dilthey: Leben und Erkennen. In: ders.: Gesammelte Werke, Bd. 19. Gçttingen 1982, 338. 15 Ebd., 341. 16 Ebd., 344. 17 Wilhelm Dilthey: Ideen ber eine beschreibende und zergliedernde Psychologie [1894]. In: ders.: Gesammelte Schriften. 5. Band. Stuttgart 1957, 151. 14

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vorg nge es immer mit einem »lebendigen Bewußtsein« zu tun. Hier treibt Dilthey die Hypothese einer Struktur quivalenz der Stufen des Lebensprozesses in eine andere Richtung. Das Bewusstsein ist einerseits Teil eines Lebensvollzugs, aber es erh lt andererseits seine spezifische Lebendigkeit durch Integration in ein »Seelenleben« – eine Metapher, die er von Lotze bernimmt.18 Dilthey meint damit, dass wir uns selbst und auch andere zuerst als Ganzheit erleben; jedes Erlebnis wird von der »Totalit t des Seelenlebens«19 getragen; diesen Zusammenhang erleben wir unmittelbar.20 Dilthey erweitert Kants Formel von der »Einheit des Bewusstseins« zu derjenigen vom »Bewußtsein der Selbigkeit der Person«21 und integriert auf diese Weise ein Moment der Entwicklung und des Weltbezugs. Der Umfang des Bewusstseins ist seiner Ansicht nach nicht in jedem Zeitpunkt gleich, denn es gibt jeweils unterschiedliche »Bewußtseinsst nde«. Diese setzen sich aus den Vorstellungsbestandteilen, den Volitionen und Gef hlen zusammen. Nicht alles, was unser Leben bestimmt, tritt ins bewusste Leben ein. Es gibt durchaus einen dunklen Kern unseres Selbst, den die Psychologie zu erhellen sucht, aber dabei an Grenzen stçßt. Auch der Mensch gehçrt zu den »Formen des tierischen Daseins«22, die sich als tierische Lebenseinheit an ihre Umgebung anpassen m ssen. Das »Zentrum unser seelischen Struktur« ist ein »B ndel von Treiben und Gef hlen«, deren Wirksamkeit wir nur erleben, nicht aber erkennen. Daher bleibt nur der Weg, die Einheit des Bewusstseins im Gesamtzusammenhang des Lebens zu begreifen. »Der psychische Lebensprozeß ist urspr nglich und berall von seinen elementarsten bis zu seinen hçchsten Formen eine Einheit. Das Seelenleben w chst nicht aus Teilen zusammen; es bildet sich nicht aus Elementen; es ist nicht ein Kompositum, nicht ein Ergebnis zusammenwirkender Empfindungsatome der Gef hlsatome: es ist urspr nglich und immer eine bergreifende Einheit. Aus dieser Einheit haben sich seelische Funktionen differenziert, verbleiben aber dabei an ihren Zusammenhang gebunden. Diese Tatsache, deren Ausdruck auf der hçchsten Stufe die Einheit des Bewußtseins und die Einheit der Person ist, unterscheidet das Seelenleben total von der kçrperlichen Welt.«23

Vgl. Reinhardt Pester: Hermann Lotze. Wege seines Denkens und Forschens. Ein Kapitel deutscher Philosophie- und Wissenschaftsgeschichte im 19. Jahrhundert. W rzburg 1997; Gerald Hartung: Das Maß des Menschen. Aporien der philosophischen Anthropologie und ihre Auflçsung in der Kulturphilosophie Ernst Cassirers. Weilerswist 2003, 65 – 69; 86 – 95. 19 Dilthey: Ideen ber eine beschreibende und zergliedernde Psychologie, 172. 20 Ebd.: »Und wir gehen im Verstehen vom Zusammenhang des Ganzen, der uns lebendig gegeben ist, aus, um aus diesem das einzelne uns faßbar zu machen. Eben daß wir im Bewußtsein von dem Zusammenhang des Ganzen leben, macht uns mçglich, einen einzelnen Satz, eine einzelne Geb rde oder eine einzelne Handlung zu verstehen.« 21 Ebd., 200. 22 Ebd., 205. 23 Ebd., 211. 18

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Mit Dilthey ist das Projekt der Erkenntnistheorie, den Vorgang der Erkenntnis zu erkl ren und eine Beschreibung der Einheit des Bewusstseins zu liefern, in tiefe Aporien geraten. Das Projekt steht auf einer scheinbar ausweglosen Mittelposition zwischen einer physiologischen Beschreibung des Lebensprozesses und einer philosophischen Beschreibung geistiger Prozesse. Als Psychologie in Bewegung steht sie vor der Aufgabe, die Geltungsanspr che logischer Formen des Denkens aus der Analyse ebendieser Prozesse zu generieren. Weil Dilthey aber nicht den Cohen’schen Weg der konsequenten Idealisierung der Formen bis zu ihrer hçchsten intellektuellen Stufe, d. h. ihrer schrittweisen De-Empirisierung mitgeht, bleibt bei ihm das Erleben, Wahrnehmen und Erfahren stets im Widerstreit der Faktoren der organischen Welt (Physiologie) und der geistigen Welt (Philosophie) stecken.

2. Edmund Husserl und das Erkenntnisproblem Die dargestellte Situation ist f r die Erkenntnistheorie zweifelsohne unerfreulich, geht es ihr doch, nach einem klassischen Verst ndnis in der Nachfolge Kants, um die Bestimmung unabh ngiger, universaler Formen des Denkens. Eine Erkenntnistheorie, die sich der Hypothese Diltheys çffnet, kann ihre eigenen Grenzen nicht bestimmen. Das gilt sowohl f r den Gegenstandsbereich wie auf f r die Methodenfrage. Es ist deshalb wenig berraschend, dass sich Gegenbewegungen formieren, zu denen neben der Lebensphilosophie auch die Ph nomenologie gehçrt. Bei Edmund Husserl wird die Ablehnung der relativistischen Tendenzen seiner Zeit vorrangig im Feld der Erkenntnistheorie sichtbar. Vom Subjektivismus der Neukantianer, die von subjektiven, psychologisch beschreibbaren Bewusstseinsakten ausgehend zu den logischen Gesetzen kommen, trennt ihn seine Suche nach objektiven Sachverhalten oder »Wesenheiten«. Von einer induktiv verfahrenden, anthropologischen Begr ndung der Logik bei Sigwart, Steinthal und Dilthey grenzt er sich durch die Behauptung ab, dass seine Lehre den Nachweis der idealen Bedingungen der Mçglichkeit von Theorie berhaupt liefern kann. Diese Abgrenzungsbem hungen kennzeichnen auch den zweiten Teil der Logischen Untersuchungen, der den Titel »Untersuchungen zur Ph nomenologie und Theorie der Erkenntnis« tr gt.24 Hier geht es vorrangig um Grenzziehungen und Andeutungen eines alternativen Programms, w hrend Jahre sp ter in den Ideen I ein direkter Weg der Argumentation f r eine ph nomenologische Revision der Erkenntnistheorie gesucht wird. 24

Vgl. Hartung: What are Logical Investigations?, 77 – 96.

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Der Gedankengang ist wohlbekannt, muss hier aber zumindest in den Grundz gen skizziert werden, um die in ihm liegenden Abgrenzungen zu den konkurrierenden Erkenntnistheorien pointiert herauszuarbeiten.25 Husserl spricht zu Beginn seiner Erçrterung von einer nat rlichen Einstellung zur Welt, in der das aktuell Wahrgenommene vorherrscht. Der Horizont, vor dem ich hier und jetzt wahrnehme, ist zumeist dunkel und unbestimmt. Was wir als Welt bezeichnen, wird verstanden als Umwelt des nicht zu hinterfragenden Zuhandenen; dazu gehçren neben den Dingen und Personen auch Werte. Der Modus des nat rlichen Dahinlebens, das die Grundform alles aktuellen Lebens markiert, ist die Fraglosigkeit. Innerhalb dieses Rahmens besch ftigen wir uns aber auch mit Sachverhalten, wie bspw. Zahlen und Formen, die auf andere Weise f r uns da sind. In der nat rlichen Welt çffnet sich bereits, wie Husserl betont, die Mçglichkeit einer arithmetischen Welt, die eine andere Einstellung zu den Sachverhalten von uns erfordert. Nun f gt Husserl allerdings hinzu, dass es keinen Zusammenhang zwischen beiden Einstellungen und Welten gibt. Um diese Behauptung zu st tzen, f hrt er die Denkoperation – es mutet an wie ein Gedankenexperiment – einer »Generalthesis der nat rlichen Einstellung« und ihrer »Außer-Aktion-Setzung« ein. Durch den Zweifel an der Gegebenheit von Sachverhalten, wie sie im Modus des nat rlichen Dahinlebens nahegelegt wird, wird eine radikale nderung unserer Einstellung evoziert, deren Pointe die »Ausschaltung« der nat rlichen Einstellung ist. Zwar ist die Thesis weiterhin vorhanden, aber wir machen von ihr keinen Gebrauch mehr. Dieser Vorgang ist nach Husserls Ansicht ein Akt der Freiheit und darf nicht mit einer bloßen Privation verwechselt werden. Die Umwertung gilt als Sache unserer vollkommenen Freiheit. Das unterscheidet die ph nomenologische »epoch « vom cartesianischen Zweifel. Wir m ssen uns die Radikalit t dieses Schrittes vor Augen f hren: Nach Husserls Auffassung wird die Erfahrung der nat rlichen Welt f r irrelevant im Hinblick auf das Projekt einer Ph nomenologie der Erkenntnis erkl rt. Gleichwohl wird die Erfahrung der Welt in ihrer Wirksamkeit f r die nat rliche Einstellung nicht angetastet. Husserl merkt an, dass wir die nat rliche Welt nicht wie ein Sophist oder Skeptiker schlichtweg bezweifeln oder negieren, sondern wir erhalten sie als Erfahrungshorizont, aber wir enthalten uns jeden Urteils ber ihre konstituierenden Bedingungen. Das heißt in letzter Konsequenz, dass die ganze nat rliche Welt keinerlei konstitutive Funktion f r die Logik, das meint hier: die Urteils- und Bedeutungslehre, hat. Zwischen Tatsachen und Urteilen wird eine un berbr ckbare Differenz eingef hrt. Damit wird die Geltung von Urteilen 25 Husserl: Ideen zu einer reinen Ph nomenologie und ph nomenologischen Philosophie (1913), 48ff.

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vollst ndig unabh ngig vom Zustandekommen von Urteilen ber kontingente Tatsachenverh ltnisse. Logische Urteile gelten auch dann, wenn die Tats chlichkeit einer Beziehung auf reale Wahrnehmungsgegenst nde nicht nachweisbar ist. Es ist sogar umgekehrt: Die Nachweisbarkeit eines realen Bezugs auf Gegenst nde der nat rlichen Welt ist irrelevant f r die Geltung logischer Formen. F r die Geometrie und Arithmetik ist diese Strategie Husserls nachvollziehbar. Aber der Anspruch einer ph nomenologischen Erkenntnislehre bleibt nicht in den Grenzen, die von einer Anbindung an Geometrie und Arithmetik gesetzt sind. Husserl geht in der Konsequenz des dargestellten Argumentationsweges so weit, f r die Ph nomenologie auch jeglichen Bezug zu den Wissenschaften, die auf diese nat rliche Welt ausgerichtet sind, auszuschalten. Das heißt, dass alle S tze der Wissenschaften – von der Physik ber die Biologie bis zur Soziologie – ihren Anspruch auf berzeitliche Geltung ihrer Urteilsformen einb ßen. Angesichts der prek ren Lage, in der sich die Erkenntnistheorie um 1900 befindet, ist die strategische Konsequenz der Husserl’schen Dekonstruktion der Erkenntnistheorie nachvollziehbar. Es handelt sich um einen Versuch, den Knoten zu zerschlagen – anders gesagt: das Band zu den Wissenschaften der nat rlichen Welt abzuschneiden –, um einen Bereich f r eine an den Standards der Mathematik orientierte Philosophie abzusichern, in den das Problem des Relativismus unserer Denk- und Urteilsformen nicht eindringen kann.26 Eine hnliche Radikalit t herrscht in Freges Begriffskritik und Wittgensteins Sprachkritik vor.27 Ein solches Moment der radikalen Zuspitzung einer Konstellation ist als strategisches Moment durchaus nachvollziehbar und ist bei den großen Problem- und Methodendenkern der Philosophiegeschichte, wie auch im Fall Husserls, durchaus sachhaltig motiviert. Gleichwohl haben radikale Weichenstellungen ihren besonderen Preis und darum geht es mir im Folgenden. Aus der Perspektive der klassischen, an Kant anlehnenden Erkenntnistheorie lauten die Anfragen an die Ph nomenologie: Wie ist das Verh ltnis der Philosophie zu den Wissenschaften der nat rlichen Welt ber die bloße Abgrenzung hinaus zu bestimmen? Wie verh lt sich die Methode der ph nomenologischen Forschung zu den Methoden der Einzelwissenschaften, und zwar sowohl der Natur- als auch Geisteswissenschaften? Und konkret gefragt: Was bleibt nach der ph nomenologischen »epoch « von der nat rlichen Welt noch Erkennbares brig? Die Antwort muss lauten: nichts, was mit einem logischen Geltungsanspruch versehen, also wahrheitsf hig ist. Die Ph nomenologie ruft uns f r die Vgl. Gerald Hartung: Ein Philosoph korrigiert sich selbst – Wilhelm Windelbands Abkehr vom Relativismus. In: P. Kçnig et al. (Hg.): Wilhelm Windelband (1848 – 1915). W rzburg 2018, 45 – 60. 27 Vgl. J rgen Trabant: Europ isches Sprachdenken – von Platon bis Wittgenstein. M nchen 2006. 26

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Suche nach Formen und Gesetzen mit universalem Geltungsanspruch zur ck in die Immanenz der Bewusstseinssph re. Konsequenterweise wird auch nur diese Sph re einer Wesensanalyse unterzogen. Diese Analyse schreitet voran bis zu dem Punkt, wo das Eigensein des Bewusstseins aufgedeckt wird. Dieses gilt Husserl als ein ph nomenologisches Residuum, also eine prinzipiell eigenartige Seinsregion, die das Feld einer neuen Wissenschaft, gemeint ist die Ph nomenologie, werden soll. Erkenntnistheoretisch gesehen haben wir es mit dem reinen oder auch transzendentalen Bewusstsein als Gegenstandsbereich der ph nomenologischen Analyse zu tun. Die Bestimmbarkeit des Wesens des Bewusstseins, das intuitiv erfasst wird, wird somit zum ausschließlichen Thema der Ph nomenologie. Es geht hier dezidiert nicht um die Aufhellung der Beziehung zwischen einem psychologisch zu beschreibenden Erlebnis und einem realen Gegenstand, sondern allein um Erlebnisse als reine Wesen. Der Vorgang ihrer Erfassung wird »Ideation« genannt. Diese Erlebnisse m ssen als immanent konzipiert werden, d. h., dass in der immanenten Wahrnehmung der Prozess der Wahrnehmung und ihr Gegenstand, das Wahrgenommene, unmittelbar eine Einheit bilden m ssen. Nur die immanente Wahrnehmung kann nach Husserls Ansicht den Weg zu wahrheitsf higen Aussagen ebnen. Husserl spricht in Ideen I davon, dass die Ph nomenologie eine deskriptive Wesenslehre der transzendental reinen Erlebnisse sein will.28 In einer solchen Wesenslehre tritt die vor-kategoriale Unterscheidung von »Noema« (d. i. der thematische Gehalt des Erlebnisses) und »Noesis« (d. i. der Erlebnisakt selbst, der das Noema zum Gegenstand hat) in Kraft. In der Durchf hrung seiner Analyse begibt Husserl sich allerdings auf das Gebiet der allgemeinen Bewusstseinsanalyse und bedient sich psychologischer Begriffe, die er um ihre empirisch-psychologische Komponente reinigen muss (bspw. Erlebnis, Wahrnehmung, Intentionalit t), um zu seinem Ziel, einer erfahrungsunabh ngigen Ideation zu kommen. Im Zusammenhang dieses Verfahrens der Abgrenzung und Reinigung der Begrifflichkeit neigt Husserl schon in Ideen I dazu, den Begriff der »Erkenntnis« in den Hintergrund zu r cken, weil bei diesem Begriff eine Separation von Wahrnehmungssubjekt und -objekt, von Innen und Außen, die erst durch eine Synthesis ineinandergef gt werden, mitgedacht wird – und ersetzt ihn durch das Konzept »Erlebnis«. Die Frage, was unter einem Erlebnis im Aufbau der Stufen der Bewusstseinseinheit zu verstehen ist, hat Husserl zu einem kurzfristigen Gedankenaustausch mit Dilthey motiviert. Doch bei diesem großen Vermischungsk nstler der Sph ren des Realen und Idealen findet er keine Unterst tzung f r 28 Husserl: Ideen zu einer reinen Ph nomenologie und ph nomenologischen Philosophie (1913), 139.

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sein Projekt.29 Die Anliegen der Erkenntnistheorie treten in diesem Zusammenhang immer deutlicher in den Hintergrund und die Differenzen werden sichtbar. Die Frage liegt auf der Hand, ob der Preis f r diese Strategie nicht zu hoch sein kçnnte, weil durch den Abbruch des Gespr chs mit den Wissenschaften die Optionen f r die Philosophie schrumpfen. Die Konstellation erscheint dabei relativ klar zu sein. Zum einen kçnnten ja durchaus auf dem Weg einer ph nomenologischen Revision der Erkenntnistheorie die Fundamente f r die Wissenschaftlichkeit der Wissenschaften (im Sinne Fichtes) aufgedeckt werden, um den Namen »Wissenschaft« f r das eigene Verfahren zu reklamieren und den anderen Wissenschaften zu entziehen.30 Zum anderen kçnnte die sich weiter radikalisierende Abkehr von jeglicher empirischen R ckversicherung f r die Tats chlichkeit bewusstseinsimmanenter Tatsachen folgerichtig in eine neue Metaphysik f hren.31 Es kann hier nicht meine Aufgabe sein, die Plausibilit t dieser Optionen in systematischer Absicht zu pr fen und zu bewerten. Festzuhalten aber ist, dass ein Nachzeichnen der Abgrenzung der Ph nomenologie von anderen Varianten der Erkenntnistheorie eine brauchbare Folie bietet, um das spannungsgeladene Verh ltnis von Ph nomenologie und Wissenschaften der nat rlichen Welt schon in dieser Ausgangskonstellation des fr hen 20. Jahrhunderts zu verstehen. Die auftretenden Motivationslagen sollten durch einen pointierten Hinweis auf die prek re Situation der Erkenntnistheorien um 1900 verst ndlich sein. Daher mag auch nachvollziehbar sein, dass Husserl seine radikale Abkehr von der Erkenntnistheorie klassischen Zuschnitts durch den Verweis auf die Schreckgespinste »Psychologismus« und »Anthropologismus« motiviert. Gemeint sind damit bestimmte Tendenzen in der Logik (Sigwart), der Sprachtheorie (Steinthal) und Psychologie (Wundt), den Grenzzaun zwischen Logik und Psychologie einzureißen.32 Nicht gemeint kçnnen jedoch die Positionen sein, wie bspw. die von Cohen und Dilthey vertretenen, die diesseits und jenseits der

Vgl. Ernst-Wolfgang Orth: Von der Erkenntnistheorie zur Kulturphilosophie. Studien zu Ernst Cassirers Philosophie der symbolischen Formen. W rzburg 2004. 30 Edmund Husserl: Philosophie als strenge Wissenschaft. In: Logos – Internationale Zeitschrift f r Philosophie der Kultur 1 (1910/1911), 289 – 341. 31 Diesen Weg hat L szl Tengelyi unter dem Stichwort »Ph nomenologie und Metaphysik« konsequent und zu Recht beschritten. Trotz meiner Einlassungen zum Thema »ph nomenologische Erkenntnistheorie«, die sich kritisch auf den Philosophiebegriff der Ph nomenologie im Hinblick auf seine Leistungsf higkeit im Gespr ch mit den Natur-, Sozial- und Kulturwissenschaften beziehen, mçchte ich keinesfalls die Berechtigung eines solchen Weges, den auch die Herausgeberin und der Herausgeber dieses Bandes einschlagen, in Zweifel ziehen. 32 Vgl. Hartung: What are Logical Investigations?, 77 – 96. 29

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Grenze am Aufbau einer eigenst ndigen Sph re der Logik arbeiten und eben weder einen »Psychologismus« noch »Anthropologismus« vertreten. Ein weiterer Seitenblick auf Cohens Werk kann an dieser Stelle helfen, die Konstellation zu verstehen. Cohen ist auf die neue Denkrichtung der Ph nomenologie in der zweiten Auflage seiner Logik der reinen Erkenntnis (1914) eingegangen. Seiner Auffassung nach ist eine rigorose Trennung der Logik von der Psychologie als Ausgangspunkt einer logischen Untersuchung nicht zwingend notwendig, ja sogar f r das Gesch ft der Logik sch dlich. Vor allem aber erkennt Cohen, dass die Ph nomenologie aufgrund ihrer methodologischen Pr missen nicht Theorie der Wissenschaften sein kann. »Jene Ph nomenologie ist in der Tat, wie sie sich jetzt selbst auch proklamiert, g nstigstenfalls Ontologie, als erster Teil der Metaphysik, wenn sie durchaus nicht Psychologie sein will und soll.«33 Cohen sieht in dem Versuch, die Logik nicht durch Psychologie hindurch und aus dieser hinauszuf hren – er nennt das den Prozess der Idealisierung der Formen – eine ungl ckliche Weichenstellung, weil damit die Logik zwar unabh ngig gemacht werden soll von der Psychologie, aber zugleich die Abh ngigkeit von einzelwissenschaftlicher Begriffsarbeit und Kategorienforschung eingetauscht wird gegen eine ph nomenologische »Vorarbeit«. Dadurch entsteht die Gefahr, dass die Logik berhaupt nicht mehr ihre Inhalte kontrollieren kann, was ihr nach Cohens Ansicht in einer erprobt kritischen Abgrenzung einzelwissenschaftlicher Forschung, bspw. von der Psychologie, durch Begriffsarbeit durchaus gelingen kann. Die Ph nomenologie versperrt sich so den Weg, von den Erlebnissen zu Erkenntnissen zu gelangen, sie tr gt damit nichts zur Erkenntnis der Wirklichkeiten, in denen wir leben, bei. Daher argumentiert Cohen explizit und vehement f r eine Anbindung der Logik an wissenschaftliche Erkenntnis: »Das Denken der Erkenntnis kann durchaus nur an den Problemen der wissenschaftlichen Erkenntnis beschrieben, bestimmt, entdeckt, ausgemessen und ausgemeißelt werden.«34 Die philosophische Logik kann ihr Problem gegenst ndlicher Erkenntnis nur bew ltigen, wenn sie sich, wie Cohen betont, an den Vorgaben der Wissenschaften zur Vieldeutigkeit und Eindeutigkeit des Objektbegriffs anschließt. Cohens Kritik an der Ph nomenologie trifft einen Punkt, wenn wir bspw. noch einmal auf Husserls Abhandlung f r den ersten Band der Zeitschrift LOGOS zu sprechen kommen, die den Titel Die Ph nomenologie und die Fundamente der Wissenschaften tr gt.35 Husserl beschreibt hier auf eindringliche Weise, warum die Ph nomenologie als »Erforschung idealer Erlebnismçglich33 34 35

Cohen: Logik der reinen Erkenntnis, 56. Ebd., 57. Husserl: Philosophie als strenge Wissenschaft, 289 – 341.

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keiten« sich allein des Verfahrens der Intuition bedienen muss. Doch in der Durchf hrung zeigt sich ein Dilemma: Die Intuition liefert kein stabiles Verfahren f r den Erkenntnisprozess, denn die Inhalte der Wesensschau beanspruchen eine Geltung unabh ngig davon, ob Sie Inhalt eines Bewusstseins berhaupt sind. Die Resultate haben daher einen fraglichen Wissenschaftswert. Inwieweit sie dennoch Wissenschaft fundieren kçnnen, bleibt unklar. Im R ckzug durch die »epoch « auf die Noemata werden letzte transzendentale Momente lediglich postuliert, deren fundierende Funktion f r die Wissenschaften fragw rdig bleibt. Zwar macht Husserl deutlich, dass seiner Ansicht nach nur auf diesem Weg die Frage der Wissenschaftlichkeit der Wissenschaften gekl rt werden kann; aber er f hrt das Gespr ch zwischen Philosophie und Wissenschaften zugleich in eine prek re Lage, denn im Zwischenbereich – bis zur Kl rung der genannten Frage – haben sich Philosophie (im Sinne einer Ph nomenologie) und die Wissenschaften nichts mehr zu sagen. Die eine Seite liefert die versprochene Beantwortung der Fundamentalfrage nach der Wissenschaftlichkeit von Wissenschaft nicht; die andere Seite schreitet in ihrem forschenden und sich um ein kategoriales Verst ndnis der nat rlichen Welt bem henden Verfahren fort, ohne aber einen substantiellen Beitrag zur Kl rung der Fundamentalfrage zu erwirtschaften. Auf dieses Dilemma antworten in den Jahren um die Publikation von Ideen I Teilnehmer aus dem engeren Kreis der Ph nomenologen (Scheler, Reinach), in den 1920er Jahren dann auch philosophische Autoren anderer Schultraditionen.36 3. Nicolai Hartmann und Ernst Cassirer – Zwei Mçglichkeiten, nach Husserl an einer Metaphysik und Ph nomenologie der Erkenntnis weiterzuarbeiten In diesem Abschnitt mçchte ich, stellvertretend f r andere Positionen, zwei Denkans tze vorstellen, die gleichsam Husserls ph nomenologischer Methode verpflichtet sind, aber auf unterschiedlichen Wegen die Kosten einer radikalen Abkehr von den Wissenschaften nicht begleichen wollen. Ich werde mich in diesem Zusammenhang auf wissenschaftstheoretische Grenzprobleme der Ph nomenologie Husserls beschr nken, die in den Blick geraten, wenn man diese – Mir ist selbstverst ndlich in den Grundz gen klar, dass auch Husserl sich in seinem Denken weiterentwickelt hat, wie das umfangreiche, zu Lebzeiten nicht publizierte Werk belegt. Insbesondere seine Arbeiten zur sthesiologie und Somatologie sind hierf r hervorzuheben. Aber die Diskussion ber die Grundfragen der ph nomenologischen Forschung, die Philosophie als Wissenschaft und im Verh ltnis zu den Wissenschaften betreffend, wird in den 1910er bis 1930er Jahren berwiegend in Auseinandersetzung mit Husserls Logischen Untersuchungen und seinen Ideen I gef hrt. 36

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gegen die Absicht ihres Begr nders – doch als Erkenntnistheorie auffassen will. Zwei Thesen mçchte ich voranstellen. Nicolai Hartmann argumentiert dahingehend, dass die Korrelation von Ph nomenen unserer Innen- mit denen einer Außenwelt, mithin eine mçgliche Entsprechung von Erkenntnis- und Seinsrelationen, thematisiert werden muss. Ernst Cassirer spricht sich daf r aus, dass Erkenntnis ein Prozess ist, dessen Einheit sich erst im Durchgang durch den geschichtlichen Wandel – das Leben der Erkenntnis – zeigt.

3.1 Zur Metaphysik der Erkenntnis Nicolai Hartmanns Metaphysik der Erkenntnis (1921) mçchte keine neue Metaphysik sein, deren Grundlage eine Analyse der Erkenntnis ist, sondern eine Erkenntnistheorie, deren Grundlage metaphysisch ist. Er grenzt sich damit vom Neukantianismus ab, von dem er ein hnlich grobkçrniges Bild malt wie Husserl von Psychologismus und Anthropologismus. Und er bekundet seine Solidarit t mit der Ph nomenologie als Methode, um diese zugleich in einen weiteren Kontext einzur cken: »Das Erkenntnisproblem ist weder ein psychologisches noch ein logisches, sondern im Grunde ein metaphysisches Problem.«37 Hartmann erçffnet seine Argumentation mit einer historischen Skizze: Seit Kant beansprucht die Erkenntnistheorie, die Grundlage aller Philosophie zu sein. W hrend Kant das metaphysische Moment im Erkenntnisproblem bekannt war und der deutsche Idealismus dieses Moment mit Wucht herausstellte, wird seither, so betont Hartmann, das Metaphysische im Erkenntnisproblem verpasst. Daher haben wir aktuell einen Zustand einer »allgemeinen Vernachl ssigung und Verwahrlosung« des Erkenntnisproblems zu konstatieren.38 Gegen ber der methodologischen Verk rzung des Erkenntnisproblems behauptet Hartmann dessen metalogische und metapsychische, d. h. seine ontologische, Dimension. Um diese Einsicht vorzubereiten, nimmt er in einem ersten Schritt eine Umkehrung der logisch-ph nomenologischen Ausschaltung der Subjekt-Objekt-Korrelation vor und schaltet im Sinne Cohens diese Korrelation wieder ein. Die Pointe dieser Umkehrung ist, dass die ph nomenologische Methode auf den Erkenntnisvorgang selbst Anwendung findet, um die Wesensz ge der Erkenntnis aufzuhellen. »Die Methode einer solchen Wesensbeschreibung besitzen wir heute im Verfahren der Ph nomenologie. Diese noch junge philosophische Wissenschaft hat bereits eine F lle wichti37

39.

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Nicolai Hartmann: Grundz ge einer Metaphysik der Erkenntnis. Berlin/Leipzig 1925, Ebd., 5.

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ger Wesensanalysen gebracht, hat sich aber bisher im Erkenntnisgebiet fast ausschließlich an die logische und Teile der psychologischen Seite der Ph nomene gehalten. Eine Ph nomenologie der Erkenntnis als Wesensanalyse des Metaphysischen im Erkenntnisph nomen steht bis heute noch aus.«39

In einem zweiten Schritt erweitert Hartmann die deskriptiv-ph nomenologische Analyse (quaestio facti) um eine Problemanalyse, die nach dem Fragw rdigen am Ph nomen selbst (quaestio juris) fragt. Warum, so fragt Hartmann, ist etwas gegeben und in welchem Sinne ist es uns im wissenschaftlichen (alle Wissenschaften betreffend) und im nicht-wissenschaftlichen Bewusstsein gegeben.40 Hartmann pl diert in diesem Zusammenhang f r ein Maximum an Gegebenheit. Das Gegebene soll zun chst ohne Auslese hingenommen werden: »Der Ph nomenologie m ssen alle Ph nomene als gleichwertig gelten. F r die Theorie kçnnen sie es nicht sein. Ph nomenologie aber steht ja nicht nur diesseits der Theorie, sondern auch diesseits aller Problemstellung. Ihre ganze Arbeit ist die Ordnung und Zusammenfassung des Gegebenen unter der Einheit deskriptiver Begriffe. Was sie als gegeben zusammenstellt, erhebt nicht den Anspruch auf objektive Realit t, sondern nur auf Geltung als Ph nomen. Und eben das Ph nomen ist es, was die Theorie zu deuten hat.«41

Hartmann f hrt auf diese Weise die ph nomenologische Methode in die Erkenntnistheorie ein. Erkenntnis ist seiner Ansicht nach kein bloßes Ph nomen des Bewusstseins, sondern als Aktvollzug ein transzendenter Akt, d. h. ein auf einen Bereich außerhalb des Bewusstseins bezogener Akt. Die Erkenntnisrelation tritt damit in Bezug auf eine Seinsrelation. Die ph nomenologische Methode f hrt uns durch Aufhellung der bewusstseinsimmanenten Strukturen bis an die Grenze, wo die apriorische Struktur entweder einfach behauptet oder im Vergleich mit den Ergebnissen der wissenschaftlichen und nicht-wissenschaftlichen Weltzug nge berpr ft werden kçnnen. Es liegt nah, dass Hartmann von seinem Denkansatz daf r votiert, dass die Analyse der Bewusstseinsstrukturen ber den Bereich ihrer immanenten Verfasstheit hinausgetrieben werden muss, um im Horizont (nicht-)wissenschaftlicher Verfahren der Welterschließung ihre Relevanz zu bezeugen.

3.2 Zur Ph nomenologie der Erkenntnis Ernst Cassirer hat die Marburger Position monumentalisch in seiner Studie Das Erkenntnisproblem in der Philosophie und Wissenschaft der neueren Zeit (1906) Ebd., 36. Ebd., 39. Vgl. auch die Abhandlungen in G. Hartung, M. Wunsch, C. Strube (Hg.): Nicolai Hartmann – Von der Systemphilosophie zur systematischen Philosophie. Berlin 2012. 41 Hartmann: Grundz ge einer Metaphysik der Erkenntnis, 42. 39 40

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zur Darstellung gebracht.42 Das Erkenntnisproblem in geschichtlicher Perspektive darzustellen, impliziert, die Ersch tterungen einer naiven Vorstellung von Erkenntnis als Nachbildung und Wiederholung einer an sich vorhandenen, geordneten Wirklichkeit von der Antike bis in die Neuzeit nachzuzeichnen und das »neue Problem« der Erkenntnistheorie zu rechtfertigen: Das Erkennen ist nicht mehr Abbild der konkreten sinnlichen Wirklichkeit, sondern eine eigene urspr ngliche Form.43 Damit ist das Thema der Relativit t von außen nach innen verschoben und die logischen Denkformen sind in ihrer geschichtlichen Folge und Abh ngigkeit zu betrachten. Der systematische Haltepunkt geht Cassirer zufolge verloren, denn wir tauschen die Vorstellung einer unwandelbaren Natur gegen das Spiel unserer Vorstellungen ein. Das hat erhebliche Konsequenzen: »So hebt diese letzte Folgerung, in die die geschichtliche Betrachtung des Ganges der Wissenschaft einm ndet, den Sinn und die Aufgabe der Philosophie auf.«44 Cassirer geht nun jedoch nicht den Weg der ph nomenologischen Reduktion, um die Aufgabe der Philosophie abzusichern, sondern er vertraut darauf, dass die Geschichte mit dem Relativismus-Problem auch die Mittel zu seiner Bew ltigung stellt. Zwar zeigt die Geschichte der Erkenntnistheorien auf der Oberfl che den Wandel der Welt- und Lebensauffassung, aber auf einen zweiten Blick tritt die Umformung ihrer logischen Grundansicht hervor. Philosophie und Wissenschaften sind gleichsam Symptome einer solchen Entwicklung, sie leisten nach Cassirers Auffassung neben einer Versch rfung auch eine Pr zisierung des Erkenntnisproblems. Denn nach der kantischen Wendung erf llt die Erkenntnistheorie die Aufgabe einer kritischen Revision der logischen Formen im Horizont ihres geschichtlichen Wandels.45 Auf diese Weise wird in der Geschichte des Erkenntnisproblems hinter der oberfl chlichen Sicht auf eine Relativit t der jeweilig vertretenen Standpunkte das »Leben der Erkenntnis«46 sichtbar. Wird Philosophiegeschichte als Wissenschaftsgeschichte verstanden, dann zeigt sich in allen paradigmatischen Umbr chen ein Streben nach Erhaltung einer allgemeinen logischen Struktur in der Aufeinanderfolge besonderer Begriffssysteme. Um das zu erkennen, brauchen wir nach Cassirers Ansicht keine Metaphysik und keine Geschichtsphilosophie. »Statt eines gemeinsamen Substrats suchen und fordern wir nur die gedankliche Kontinuit t in den Einzelphasen des Geschehens; sie allein ist es, die wir brauchen, um von der Einheit des Prozesses zu Ernst Cassirer: Das Erkenntnisproblem in der Philosophie und Wissenschaft der neueren Zeit. Bd. 1. Berlin 31922. Nachdruck: Darmstadt 1995. 43 Ebd., 3. 44 Ebd., 5. 45 Ebd., 14. 46 Ebd., 16. 42

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Gerald Hartung

sprechen.«47 Mit der Rede von der gedanklichen Kontinuit t in den Einzelphasen des geschichtlichen Prozesses lenkt Cassirer den Blick weg von materiellen Außenbedingungen wie auch von ideellen Formbedingungen, wie bspw. den Kantischen Urteilstafeln, die in ihrem Anspruch auf Vollst ndigkeit A-Historizit t wie die Platonischen Ideen und die Husserl’schen Wesenheiten suggerieren. Stattdessen behauptet er, wie vor ihm Cohen, die Eigenart und Urspr nglichkeit einer logischen Funktion des Denkens, von der philosophische Systeme, Wissenschafts- und Kultursysteme indirekt Zeugnis ablegen. Im dritten Band seiner Philosophie der symbolischen Formen (1929), der den Untertitel Ph nomenologie der Erkenntnis tr gt, hat Cassirer detailliert ausgearbeitet, warum seiner Ansicht nach eine Erkenntnistheorie nicht im Sinne Husserls auf Erkenntnis der sinnlichen Gegenstandswelt verzichten und im Sinne Hartmanns das Erkenntnisproblem nicht vom Standpunkt einer Metaphysik, einer Konfrontation mit dem Unerkennbaren bestimmen sollte.48

4. Schlussbemerkungen Ich komme auf meine Arbeitshypothese zur ck. Wir haben gesehen, dass das Verh ltnis der ph nomenologischen Methodik zu den verschiedenen Spielarten der Erkenntnistheorie um 1900 prek r ist und es eine ganze Reihe von nachvollziehbaren Gr nden f r Husserl gibt, f r sein Vorhaben den Titel einer »Erkenntnistheorie« zu vermeiden. Damit sind allerdings Weichenstellungen f r die ph nomenologische Forschung verbunden, die innerphilosophisch – angesichts des Anspruchs an die Philosophie, Wissenschaft zu sein – und außerphilosophisch – angesichts des Anspruchs an die Philosophie, Wissenschaft unter Wissenschaften zu sein – mit erheblichen Konsequenzen verbunden sind. In diesem Zusammenhang ist es interessant zu sehen, wie weit eine Reihe von Philosophen bereit ist, in der Auseinandersetzung mit den Pr missen der ph nomenologischen Forschung an der Methode respektive der Zielsetzung der Ph nomenologie festzuhalten, ohne sich in deren Frontstellung gegen ber den Wissenschaften zu begeben. F r eine philosophiehistorische Betrachtung, der es um die in den jeweiligen Konstellationen wirkenden Motive, Interessen und Strategien geht, zeichnet sich hier eine Weichenstellung ab, deren Konsequenzen durch das 20. Jahrhundert hindurch zu beobachten sind. Tats chlich haben wir es neben der ph nomenologischen Forschung auch in anderen Bereichen – bspw. der Existenzphilo47 48

Ebd., 17. Vgl. Hartung: Maß des Menschen, 207 – 254.

Die Mçglichkeiten einer Metaphysik und Ph nomenologie der Erkenntnis

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sophie, philosophischen Anthropologie, philosophischen Hermeneutik, kritischen Theorie und der analytischen Philosophie – mit der Tatsache einer voranschreitenden Spezialisierung von philosophischen Subdisziplinen zu tun, gleichwohl es in diesen Bereichen nach Auskunft der f hrenden Akteure um die Philosophie als Ganze geht. Dieser Entwicklung korreliert eine zunehmende Entfremdung der beispielhaft genannten Philosophie(n) und den Wissenschaften, die es mit der Natur, der Gesellschaft und der Kultur des Menschen zu tun haben. Vor diesem Hintergrund wird aber auch das Bem hen einiger Akteure in der Philosophie bemerkbar, und das gilt durchaus auch f r die ph nomenologische Forschung der letzten Jahre, sich in einzelnen Ph nomenbereichen, bspw. der Sozialit t und der Kognition, der sthetischen Wahrnehmung und der ethischen Urteilsfindung, den Wissenschaften zu çffnen und sich auf die Suche nach einer gemeinsamen Sprache zu machen. Ob dieses Anliegen auch auf dem Weg einer ph nomenologischen Metaphysik einzulçsen sein wird, l sst sich heute noch nicht absehen. Wahrscheinlich wird diese Forschungsrichtung sich exklusiv der Mathematik zuwenden, wie dies zuvor schon Kant, Bolzano, Frege und Husserl getan haben. Im Hintergrund dieser berlegungen sollte jedoch mit guten Gr nden das Projekt einer ph nomenologischen Erkenntnistheorie rehabilitiert werden. Erstaunlich ist, dass seit den fr hen Anf ngen einer kritischen Auseinandersetzung zwischen Erkenntnistheorie und Ph nomenologie in dieser Hinsicht so wenig geschehen ist.49

Vgl. hierzu die gute berblicksdarstellung von Theodor Elsenhans: Ph nomenologie, Psychologie, Erkenntnistheorie. In: Kant Studien – Philosophische Zeitschrift 20 (2/3) (1915), 224 – 274. 49

Sandra Lehmann

Kraft des

berschusses

Versuch ber die Dynamik metaphysischen Denkens

Abstract This article is seeking to explore “the mystery of the plurality of metaphysical concepts” (Patocˇka). By following a Heideggerian line of reasoning, I will argue that it is due to the nonrepresentational character of being that metaphysics splits into a multitude of alternating approaches. Unlike Heidegger and his successors, however, I will suggest understanding the non-objectivity of being not as radical negativity, but rather as an ultra-positive surplus or abundance. The first part of the article will thus point out how metaphysical thinking is kept in motion by the surplus of being. Borrowing from Gregory of Nyssa, I will identify this as its epektatic, ever self-transcending character. The second, systematic part will build on this. It will discuss to what extent one may conceive the history of metaphysics as an epektatic movement. Finally, the last part will examine ways of establishing a relationship between the excessive metaphysical dynamics of being and phenomenology.

An einer Stelle seiner Ketzerischen Essays zur Philosophie der Geschichte spricht Jan Patocˇka vom »R tsel der Pluralit t der metaphysischen Konzepte«, 1 die das metaphysische Denken in einer st ndigen Unruhe halte. Der vorliegende Beitrag mçchte diesem R tsel nachgehen, unter anderem im Rekurs auf Patocˇka selbst. Die These lautet, dass Pluralit t und Ruhelosigkeit Kernbestimmungen metaphysischen Denkens sind. Dies gilt auch ungeachtet des Selbstverst ndnisses der klassischen metaphysischen Entw rfe, die auf bergeschichtliche Wissenszusammenh nge zielen. Im Hintergrund dieser These steht die Annahme, dass das Sein des Seienden, auf das sich das metaphysische Denken bezieht, als gegen ber jeder Auslegung bersch ssig zu verstehen ist. Die einzelnen metaphysischen Entw rfe erweisen sich dann als Dokumente einer Frage, die von der berschussdimension des Seins in Atem gehalten wird (im Folgenden bezeichne ich die berschussdimension kurz als » berschuss des Seins«). Weil es ihnen im Kern um diesen berschuss geht, lassen sie sich nicht abschließen, ja, l sst sich die Reihe der metaphysischen Entw rfe geschichtlich nicht abschließen. Zugleich ist metaphysisches Denken unabdingbar, weil es dem Denken erlaubt, sich dem berschuss des 1

Jan Patocˇka: Ketzerische Essays zur Philosophie der Geschichte. Berlin 2010, 86.

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Seins – der immer auch als radikal Nicht-Seiendes, als Abgrund erscheint – explizit zu stellen. Die kommenden Abschnitte werden allgemein entwickeln, inwiefern sich metaphysisches Denken als ein Gef ge verstehen l sst, das vom berschuss des Seins organisiert wird. Ihnen folgt ein systematischer Teil, der diese berlegungen konkret auf das bisherige metaphysische Denken anzuwenden versucht. Zuletzt wird zu sehen sein, wie sich das von mir vorgeschlagene Metaphysikverst ndnis mit einem ph nomenologischen Ansatz zusammenbringen l sst. Bei der angesprochenen Systematik handelt es sich nicht um eine Konstruktion, die die logische Matrix metaphysischen Denkens festlegt. Eher schon kçnnte man von einer Demonstration sprechen, die abstrakt entwickelt, wie sich metaphysisches Denken entfaltet, w hrend die konkrete Entfaltung Sache der Bewegung des Denkens selbst ist. Hier allerdings kçnnte die Systematik wiederum als kritisches Instrument dienen, sei es theorieimmanent, um Reduktionismen aufzulçsen, oder sei es theoriereflexiv, um ideengeschichtliche berg nge zu analysieren. Metaphysik und »negativer Platonismus« Um den dynamischen Charakter metaphysischen Denkens aufzuzeigen, l sst sich an Patocˇkas Aufsatz Negativer Platonismus anschließen. Patocˇka unterscheidet dort zwei Varianten von Metaphysikkritik. Die ltere Variante, die sich paradigmatisch bei Kant findet, orientiert sich am neuzeitlichen Wissenschaftsideal. Sie kritisiert die Metaphysik daf r, nicht einzulçsen, was sie selbst beanspruche, n mlich eine definitive wissenschaftliche Form anzunehmen. Die neuere Variante hingegen – Patocˇkas Variante, die er von Heidegger bernimmt, aber im Negativen Platonismus-Aufsatz eigenst ndig weiterentwickelt – betrachtet den wissenschaftlichen Anspruch als tiefgreifendes Selbstmissverst ndnis der Metaphysik. F r die neuere Kritik n mlich ist metaphysisches Denken wesentlich »Erfahrung der Freiheit als Erfahrung der Transzendenz«.2 Transzendiert wird der gegenst ndliche Charakter des Seienden, d. h. alle sachhaltigen Beziehungen, die das menschliche Leben an sich selbst, an andere Menschen, an das es umgebende Seiende, die »Dinge«, binden. Dies schließt nicht zuletzt alle Wissensformen ein, die von diesen sachhaltigen Beziehungen handeln. Patocˇka zufolge ist metaphysisches Denken zun chst Beziehung zum absolut Ungegenst ndlichen, d. h. zu jener Erçffnung, aus der das Sein des Seienden allererst thematisierbar wird. Nur 2 Jan Patoc ˇ ka: Negativer Platonismus. In: ders.: Ketzerische Essais zur Philosophie der Geschichte und erg nzende Schriften. Stuttgart 1988, 414.

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weil metaphysisches Denken diese Beziehung ist, ist es ihm mçglich, die klassischen Fragen nach dem »Seienden als solchen« oder dem »Seienden im Ganzen« zu stellen. Der Wert dieser Fragen liegt jedoch in ihrem Fragecharakter, genauer, in der Weise, in der sie den Abstand metaphysischen Denkens vom herkçmmlichen sachbezogenen Denken vorf hren. Die metaphysischen Antworten hingegen verstellen bereits den freien, transzendierenden Charakter der metaphysischen Bewegung, den Patocˇka urspr nglich bei Sokrates findet: »Sokrates ist ein großer Fragender«.3 »Platon, Aristoteles, Demokrit« schaffen zwar ein Wissen, das »hçher ist als das gewçhnliche, endliche und utilit r ›praktische‹ [Wissen]«. Aber dieses Wissen ist auf eigene Weise »gegenst ndlich, inhaltlich und positiv«.4 In dieser Gestalt verkennt metaphysisches Denken bereits seinen eigentlichen Impuls. Denn dieser zielt nicht darauf, was die Dinge »ihrem Wesen nach« sind. Vielmehr richtet sich der Impuls metaphysischen Denkens darauf, dass die Dinge berhaupt sind und sich erst im Medium dieses »Dass« f r das menschliche Verstehen çffnen. Vor dem Hintergrund des Dass- berhaupt wird all das, was die Dinge sind, zutiefst fragw rdig, einschließlich ihres vermeintlichen Wesens. F r den metaphysischen Impuls ist auch der kontemplative Blick zu wenig, der das Was der Dinge ergr ndet, indem er diese aus den praktischen Zusammenh ngen lçst. Vielmehr geht der metaphysische Impuls einher mit etwas Anderem und St rkeren. Er manifestiert sich in der »Ersch tterung des akzeptierten Sinns«,5 einer Ersch tterung, die immer aufs Neue betrifft, was wir zu wissen meinen. Ein »negativer Platonismus« w re ein Verfahren, das den metaphysischen Impuls weiterf hrt, ohne in der Weise bisheriger Metaphysik auf ein berzeitliches, positives Wissen zu zielen. Patocˇka geht es darum, »die Metaphysik im tieferen Sinne ›aufzuheben‹«.6 Dazu konzentriert er sich auf den ungegenst ndlichen Charakter der Erçffnung des Seins, auf das Dass- berhaupt, das dem gegenst ndlichen Charakter des Seins, dem Was-Sein des Seienden, konstitutiv vorausgeht.7

Ebd., 396. Ebd., 397. 5 Patoc ˇ ka: Ketzerische Essays, 83. 6 Patoc ˇ ka: Negativer Platonismus, 419. 7 Die Formulierung ist hier mçglichst neutral. Wie sich zeigen wird, ist es aus meiner Sicht entscheidend, wie das Dass- berhaupt auf das Sein bezogen wird. So folgt Patocˇka Heideggers Theorem der ontologischen Differenz darin, das Dass- berhaupt als das »Sein als Erscheinen« zu verstehen, d. h. als den ungegenst ndlichen Vollzug des Erscheinenden, der selbst nicht erscheint. Dagegen verstehe ich das »Dass- berhaupt des Seins des Seienden« (um hier den vollen Ausdruck anzuf hren) als komplement r zum »Was-Sein des Seins des Seienden«. Die ontologische Differenz geht so verstanden durch das Sein selbst, das damit einen gegenst ndlichen Aspekt beh lt. Es gibt kein reines Sein. Stattdessen ist von der Korrelation von Dassetwas-ist und Was-etwas-ist (das sich wiederum in diverse Aspekte auffalten l sst) auszugehen. 3 4

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Er interpretiert das Sein im Rekurs auf Platons Konzept der Idee, die aber »ihres vor-stellenden, gegenst ndlichen, bildlichen Charakters entkleide[t]« und als dasjenige verstanden wird, »was allererst zu sehen, zu schauen gestattet«.8 Zentral wird f r Patocˇka so der platonische Gedanke des chorismos, d. h. der Trennung des Seienden von dem, was ermçglicht, dass, was und wie es (das Seiende) ist. Der metaphysische Impuls wird gleichsam zum Impuls der reinen Trennung, man kçnnte auch sagen, der reinen Differenz. Indem sich der Impuls auf das Trennende, die ungegenst ndliche, grundlose Erçffnung des Seins richtet, erreicht er nichts, kein »Wissen um alles« oder »um das Ganze«, keinen letzten Grund. Zugleich jedoch partizipiert (um auch hier mit Platon zu sprechen) der verwandelte metaphysische Impuls an der Differenz der Erçffnung des Seins, am Dass- berhaupt. Er ermçglicht damit, sich von den bestehenden Hermeneutiken des Seienden – Meinungen, Bildern, Wissenschaften, Ideologien – abzusetzen und ihre G ltigkeit infrage zu stellen. Es ist eine Pointe von Patocˇkas Philosophie, dass der metaphysische Impuls, der in den klassischen Metaphysiken zum berzeitlichen f hrte, sich nach der »Aufhebung« oder Verwandlung als Impuls der Geschichte erweist. Der verwandelte, d. h. in seinem eigentlichen Sinn erschlossene Impuls ist »eben dasjenige, was bewirkt, dass wir in demselben oder fast demselben Geschauten immer wieder Neues erblicken – dasjenige, was uns zu Wesen macht, die sich selbst und ihre Umgebung ver ndern, dasjenige also, was den Menschen ›geschichtlich‹ macht«.9 Die innere Transzendenz des Seienden Ich folge Patocˇkas Gedanken, den metaphysischen Impuls auf die grundlose Erçffnung, das Dass- berhaupt des Seienden zu beziehen. Ich mçchte der sich damit abzeichnenden Inkommensurabilit t des Dass aber eine positivere Wendung geben, als es im »negativen Platonismus« der Fall ist. Es ist ein entscheidender Gedanke Patocˇkas, dass die Inkommensurabilit t der Erçffnung des Seins f r die Geschichte konstitutiv ist. Patocˇka beachtet aber meines Erachtens zu wenig, dass diese Inkommensurabilit t, indem sie sich geschichtlich zutr gt, in die Genese des Seienden wie auch der Thematisierungen des Seienden eingeschrieben ist.

Das ndert nichts daran, dass das Dass inkommensurabel ist, aber es ist dies als das Dass des Seienden, insofern das Seiende ist. 8 Patoc ˇ ka: Negativer Platonismus, 421. 9 Ebd., 422.

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Zwar braucht es – wie Patocˇka zeigt – die transzendierende »metaphysische« Bewegung, um die Inkommensurabilit t als Inkommensurabilit t explizit zu machen. Aber wenn man die Inkommensurabilit t allein an die distanzierende Transzendenz bindet, droht sie schlechthin negativ zu werden, ein Uneinholbares, von dem aus sich alle Bedeutungen oder auch, alle Weisen, in denen sich das Seiende uns gibt, durchstreichen lassen. Ein negativer Platonismus mag dann zwar nicht »relativ« sein,10 weil das Dass des Seienden f r ihn absolut ist. Aber er ist auch nicht in der Lage, dem Seienden einen positiven Sinn zu geben, ja, letztlich verneint er jeden positiven Sinn. In einem Vorgriff setzt der negative Platonismus das Seiende einer grundlegenden Fraglichkeit aus, von der es sich zu keiner Zeit wird emanzipieren kçnnen. Damit handelt es sich bei Patocˇkas Vorschlag unter dem Strich um einen sanften Nihilismus. Es l sst sich hier, in Abwandlung, an Kafka denken: Es gibt unendlich viel Sinn (qua Erçffnung des Seins), nur nicht f r uns. Diese Position ist problematisch, weil sie das vom metaphysischen Impuls initiierte Denken sogleich erstarren l sst. Warum sollte es je einsetzen, wenn schon feststeht, dass es f r nichts sein wird, es »weder ber die Idee noch den Menschen etwas inhaltlich Positives aussagen«11 kann?12 Um dem nihilistischen Zug von Patocˇkas Verwandlung des metaphysischen Impulses zu entgehen, ist es aus meiner Sicht nçtig, die Transzendenz des Dass ins Seiende zu re-integrieren. Es gilt zu verstehen, dass das Dass f r das Seiende zwar uneinholbar ist. Aber zugleich erçffnet und vollzieht sich das Seiende in jedem Moment aus dem Dass. Dem Seienden gehçrt intrinsisch zu, dass es ist. Das Inkommensurable macht sein Wesen aus, auch wenn das Seiende nicht eigenm chtig ber die Erçffnung verf gt, d. h. kein Seiendes sich selbst zu gr nden vermag. Es l sst sich hier von einer inneren Transzendenz des Seienden sprechen, die dem Seienden aus jener Erçffnung zukommt, die es kontinuierlich ins Gegenst ndliche treten l sst. Das Seiende kann diesem »Dass-es-ist« niemals adquat sein, es kann das »Dass-es-ist« nicht ausschçpfen, d. h. ihm einen vollg ltigen Ausdruck geben, sei es in seinen (des Seienden) einfachen Vollz gen oder sei es durch ein Denken. Das Dass bleibt unermesslich, ein berschuss. Dennoch ist es als eben dieser berschuss in den Vollz gen des Seienden gegenw rtig, denn das Seiende ist aus dem berschuss des Dass. Das Seiende vollzieht sich Ebd., 430. Ebd. 12 Tats chlich bleibt dem Denken hier nur die Option, die von postmodernen HeideggerSch lern (und wenigen -Sch lerinnen) gew hlt wurde: Es h ngt sich parasit r an bestehende Sinngestalten (Literatur, Kunst, sachliche Diskurse) an und f hrt an ihnen die »uneinholbare Differenz« vor – mit dem Ergebnis, dass sich das philosophische Denken als eigenst ndige geistige Form auflçst. Ein fr her Einspruch gegen diese Option findet sich in Alain Badiou: Manifeste pour la philosophie. Paris 1989. 10 11

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kraft des berschusses, der es ber all das, was es ist und je sein wird, hinausweist. Geht man von dieser inneren Transzendenz aus, wird es mçglich, dem Seienden einen positiven Sinn zur ck zu geben. Was den Sinn des Seienden infrage stellt, ist dann zugleich dasjenige, was das Seiende konstitutiv ber sich hinausweist. Es ist ein buchst blich letzter Sinn, der die Seinsvollz ge des Seienden anleitet. Auch wenn das Seiende ihm nicht zur G nze nachkommen kann, sind die Vollz ge des Seienden doch Dokumente dieses Sinns. Um noch einmal Kafkas Thema zu variieren: Aus der Perspektive einer inneren Transzendenz des Seienden gilt, dass es unendlich viel Sinn gibt, und es gibt ihn sogar f r uns; jedoch sind wir dieser Unendlichkeit des Sinns nicht gewachsen. Die Inkommensurabilit t des Seins zieht uns hinein in eine F lle, die uns frei macht und zugleich berfordert, weil weitaus mehr in ihr liegt, als wir vermçgen.

Innere Transzendenz und Epektase Die hier skizzierte innere Transzendenz des Seienden f hrt auf ein Denken, das sich »metaphysisch« nennen l sst, auch wenn es sich von den klassischen Metaphysiken unterscheidet, die den Sinn an einen letzten Grund binden. Die innere Transzendenz des Seienden hat einige klassische metaphysische Eigenschaften. Sie ist ungegenst ndlich, berzeitlich, sie bringt das Seiende hervor. Andererseits jedoch verbindet sie sich mit den Gegenst nden (sie ist keine reine Transzendenz); sie verneint die Zeitlichkeit nicht, sondern erh lt ihren Vollzug aufrecht; sie ist Ermçglichung des jeweiligen Seienden, ohne sich zur »Ermçglichung als solcher« hypostasieren zu lassen.13 Um eine Anleihe bei der christlichen mystischen Theologie zu machen, die, wie Niklaus Largier feststellt, die klassische metaphysische Begrifflichkeit aufhebt, ohne einem verlorenen Ursprung nachzutrauern:14 Nach dem positiven, klassisch-metaphysischen Sprechen vom Sein des Seienden und einer apophatischen Seinsrede in der Nachfolge Heideggers (bei Patocˇka, aber auch in der poststrukturalistisch gepr gten Ph nomenologie) f hrt die innere Transzendenz des Seienden auf ein »epektatisches«, 13 Es besteht hier eine N he zu Jean-Luc Marions »ph nom nologie de la donation«, v. a. zum Gedanken einer »Zwiefalt der Gegebenheit«, die die Gegebenheit als Aufbruch und die Gegebenheit als Gegebenes zusammenfasst. Vgl. v. a. Jean-Luc Marion: Gegeben sei. Entwurf einer Ph nomenologie der Gegebenheit. Freiburg/M nchen 2015, 123 – 126. Allerdings ordnet Marion den Ph nomenbegriff dem Seinsbegriff vor, indem er die Gegebenheit auf einen Typ menschlicher Subjektivit t (den passiven adonn ) ausrichtet. Vgl. auch den letzten Abschnitt dieses Aufsatzes. 14 Niklaus Largier: Die Kunst des Begehrens. Dekadenz, Sinnlichkeit und Askese. M nchen 2007, 133 – 134.

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d. h. sich unendlich »austreckendes« Sprechen, das weder erf llt noch unerf llt ist, sondern unerf llt-erf llt.15 Dieses Sprechen tr gt dem berschuss Rechnung, aus dem das Seiende ist. Was das Seiende ist und was sich an ihm erfassen l sst, ist positiv. Aber dieses Positive ist positiv nur, indem es ber das aktuell Gegebene hinausweist auf das, was mehr ist als das Gegebene – mehr im Gegebenen selbst: das uneinholbare »Dass-es-ist« des Gegebenen. Die epektatische Form der inneren Transzendenz des Seienden hat f r das Verst ndnis metaphysischen Denkens zwei Konsequenzen. Zum einen ermçglicht sie einen neuen Typ metaphysischen Denkens. Dieser neue Typ thematisiert das Seiende durchg ngig unter dem Aspekt des berschusses, eines berschusses, der das Denken selbst durchwirkt und es in Spannung setzt zu dem, was unbegreiflich bleibt, aber das Denken (wie alles Seiende) ermçglicht. Man kçnnte hier, in bereinstimmung mit Diskussionen der j ngeren radikal-orthodoxen Theologie, von einer dynamisierten »analogen Ontologie« sprechen.16 Diese Ontologie lçst sich von der Annahme einer Univozit t des Seienden, die f r das neuzeitliche Denken maßgeblich ist. Das heißt, sie reduziert das Sein des Seienden nicht auf die Formen des Denkens oder berhaupt des menschlichen Zugangs zum Sein. Vielmehr betont sie den Akt des Seins, d. h. die Erçffnung des Dass, die – um es zu wiederholen – das Seiende sein l sst, sich ihm darin erschließt und zugleich f r es inkommensurabel bleibt. Wegweisend und inzwischen selbst klassisch f r diesen Ansatz sind Erich Przywaras Opus magnum Analogia Entis sowie Etienne Gilsons Studien zu Thomas von Aquin.17 Unter den neueren Arbeiten sticht vor allem William Desmonds »Metaxologie« hervor.18 Zum anderen erlaubt die hier verfolgte Figur der inneren Transzendenz des Seienden eine Deutung der klassischen Metaphysiken, die sich von den bisherigen Metaphysikkritiken absetzt, seien sie im Namen »wissenschaftlicher Stringenz« oder von »Seinsvergessenheit«. Im Weiteren wird es darum gehen, diese Der Begriff der epektasis geht zur ck auf Phil 3,13: »ich strecke mich nach dem aus, was vor mir ist«. Explizit kommt er zuerst bei Gregor von Nyssa vor. Vgl. Largier: Die Kunst des Begehrens, 131, sowie die Studie von Jean Dani lou: Platonisme et th ologie mystique. Essais sur la doctrine spirituelle de Saint Gr goire de Nysse. Paris 21953. 16 Zur Einf hrung vgl. John Milbank, Catherine Pickstock, Graham Ward (Hg.): Radical Orthodoxy. A New Theology. London/New York 1999. 17 Aufschlussreiche Ausf hrungen zu Gilsons »Metaphysikkritik« finden sich in John D. Caputo: Heidegger and Aquinas. An Essay on Overcoming Metaphysics. New York 1982, 100 – 121. 18 Hervorzuheben sind hier William Desmond: Being and the Between. Albany 1995; ders.: The Intimate Strangeness of Being. Metaphysics after Dialectic. Washington, D.C. 2012. Hinweisen mçchte ich an dieser Stelle auch auf meine Studie: Wirklichkeitsglaube und berschreitung. Entwurf einer Metaphysik. Wien 2011. Auch wenn sie im Detail zu revidieren w re, baut dieser Beitrag auf einigen ihrer Grundintuitionen auf. 15

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alternative, epektatisch informierte Deutung der klassischen Metaphysiken zu umreißen. Die epektatische Deutung thematisiert die klassischen Metaphysiken vom berschuss der Seinserçffnung her: Der berschuss arbeitet in den klassischen Metaphysiken und macht ihren eigentlichen Impuls aus, auch wenn sie selbst ihn entweder ausblenden oder ihm nur unvollst ndig Rechnung tragen.

Aspekte einer epektatischen Deutung Wiederum lassen sich zwei Aspekte unterscheiden. Zum einen kann die epektatische Deutung klassischer Metaphysik dazu dienen, den Mçglichkeitsraum des neuen Metaphysiktyps zu umreißen. Die klassischen Metaphysiken rekurrieren auf bestimmte positive Elemente, die sie am Grund des Seins des Seienden sehen, handele es sich monistisch um ein Element (die Substanz, die Materie, das Ich etc.) oder dualistisch um zwei (Geist und Materie, ausgedehnte und denkende Substanz, Ich und Welt etc.) oder pluralistisch um mehrere, sogar unendlich viele Elemente (Demokrits Atome im leeren Raum, allgemein eine unbestimmte Vielheit von Seienden). Eine epektatische Deutung hebt diese Elemente nicht auf, macht sie aber zum Relatum des berschusses und çffnet sie damit f r ein weiteres Netz grundlegender Bez ge. In diesem Netz kçnnen auch Elemente vorkommen, die von den metaphysischen Ans tzen selbst als nachrangig betrachtet werden. Tats chlich sind aus der Perspektive einer epektatischen Deutung alle Elemente des metaphysischen Netzes sekund r, d. h., es gibt ontologisch kein Erstes oder principium. Es gibt nur die Bez ge der Elemente, Bez ge, die durch den berschuss des Seins organisiert sind. Zu beachten ist, dass die epektatische Deutung ihrerseits dadurch limitiert ist, wie sie ansetzt, also von welchen positiven metaphysischen Elementen sie ausgeht. Wie sich unten zeigen wird, gehe ich selbst von einem Schema aus, das sich an eine platonisch-aristotelische Konfiguration anlehnt und die Ausgangselemente metaphysischen Denkens als die Materie (hyle), den gegenst ndlichen Gehalt (eidos) und die denkende Vernunft (nous) bestimmt. Dagegen orientiert sich zum Beispiel William Desmond an Hegel und geht von der Beziehung von Sein und Denken aus, die sich in vier dynamisch aufeinander bezogenen »Sinnen von Sein« (univok, quivok, dialektisch, metaxologisch) manifestiert. Zusammen bilden diese vier Sinne den metaphysischen Diskurs. Bezeichnenderweise sind diese beiden Entw rfe (d. i. Desmonds und mein Vorschlag) weder kongruent, noch liegen sie unvereinbar auseinander. Sie zeigen damit, dass sich der epektatische Charakter metaphysischen Denkens auch auf die Deutungen erstreckt, die von diesem epektatischen Charakter handeln. Die Deutungen treten selbst in die metaphysische Bewegung ein. Sie mçgen so zwar,

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je f r sich, den Mçglichkeitsraum metaphysischen Denkens umreißen. Jedoch kçnnen sie ihn keinesfalls abschließend beschreiben. Ein Ende der mçglichen elementaren Konstellationen l sst sich nicht absehen, ja, es kann sogar sein, dass sich der Mçglichkeitsraum selbst erweitert. Neuere prozessual orientierte Metaphysiken wie diejenigen von Alfred North Whitehead oder Gilles Deleuze sind hierf r ein Indiz. Weiter unten werde ich noch einmal auf diese Zukunftsoffenheit von Metaphysik zur ckkommen. Halten wir an dieser Stelle fest, dass der einleitend vermerkte demonstrative, d. h. hinweisende Charakter der hier versuchten Systematisierung mit der Offenheit des Deutungsraums zusammenh ngt. So wie das metaphysische Denken dem Sein da am ehesten gerecht wird, wo es im Erfassten das Unerfassbare, den berschuss des Seins, aufscheinen l sst, so kann auch die Systematisierung das metaphysische Denken nicht an ihm selbst darstellen. Die Systematisierung kann die Bewegung metaphysischen Denkens nur in der Weise formalisieren, dass sich der wirkliche Vollzug, d. h. die unabschließbare Geschichte der Metaphysik, andeutet. Der Hinweis der Deutung und die Andeutung der Sache sind in diesem Fall Korrelate. Eine epektatische Deutung metaphysischen Denkens kann aber auch, dies w re der zweite Aspekt, die eigent mliche Erschçpfung philosophischer Theoreme erhellen. Wie L szl Tengelyi in Welt und Unendlichkeit beobachtet, lautet »ein dunkles Gesetz der Philosophiegeschichte«, dass »sobald eine Idee vollst ndig entfaltet und festgelegt wird, so dass sie als ein fertig vorliegendes Lehrst ck in einer Schultradition weitergegeben werden kann, sie ihr eigentliches Anregungspotential ein[b ßt]«.19 Aus der hier vorgeschlagenen Perspektive h ngt dies mit dem epektatischen Charakter des philosophischen Denkens zusammen, in dem also stets, ob implizit oder explizit, ein metaphysischer Impuls arbeitet.20 Neue philosophische Ideen oder Theorieans tze brechen aus diesem Impuls auf, der sie mit dem berschuss des Seins verbindet. Der metaphysische Impuls erlaubt es ihnen zum einen, etablierte Denkweisen rigoros infrage zu stellen. Zum anderen gibt er den neuen Ans tzen selbst etwas » berschießendes«. Er bewirkt, dass sie den Raum eines mçglichen Denkens erçffnen, das noch unfassbar ist, aber sich doch an sie kn pft. Entsprechend zeichnet sich dieser Raum vor allem da ab, wo die neuen Ans tze und ihre Begriffe noch vage sind, aber weit ausgreifen, wo sie oszillieren. Die Unsch rfen versprechen hier nie dagewesene Einsichten, und wirklich f hren die Diskurse, die an die neuen Ans tze anschlieL szl Tengelyi: Welt und Unendlichkeit. Zum Problem ph nomenologischer Metaphysik. Freiburg/M nchen 2015, 70. 20 Es l sst sich annehmen, dass dies auch f r andere »Wahrheitsprozeduren« (Badiou) wie Liebe, Kunst, Politik oder die brigen Wissenschaften gilt. 19

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ßen und sie vielf ltig ausdifferenzieren und weiterentwickeln, auf neue Weisen, die Welt zu sehen. Einmal jedoch, mal fr her, mal sp ter, kommt der Punkt, an dem die Diskurse die berschießende Qualit t eines initialen Ansatzes verbraucht haben. Alle Mçglichkeiten, die dieser erçffnete, sind durchgespielt. Er hat einen Theorietyp, in den Worten Tengelyis eine »Schultradition«, hinterlassen. Das deutlichste Indiz hierf r ist, dass epigonale Wiederholungen zur Regel werden. Tats chlich erh lt ein Denken seine initiale Kraft nur dann zur ck, wenn es seine Pr missen im eigenen Rahmen grundlegend ndert, also seinen inneren Schwerpunkt so verlagert, dass es fast nicht mehr dasselbe ist. Exemplarisch l sst sich hier an die Transformation des theologischen Platonismus des Mittelalters zum naturwissenschaftlichen Platonismus der fr hen Neuzeit denken. Weitaus h ufiger jedoch verf llt ein Denkansatz der Orthodoxie bzw. mehreren konkurrierenden Orthodoxien, die sich aus seiner Ausdifferenzierung ergeben. Jede Orthodoxie ist zugleich im Recht und im Unrecht. Einerseits ist sie im Recht, weil sich in ihr ein bestimmter Denkansatz verwirklicht, sie ihn vollst ndig ausschçpft und ihn, zumindest aus theorieinterner Perspektive, gegen jeden mçglichen Einwand immunisiert. Entsprechend weiß die Orthodoxie immer genau, was sich denken oder nicht denken, sagen oder nicht sagen l sst. Andererseits ist eben das ihr Problem, denn indem sie die Schultradition vertritt, verr t sie den berschuss, der die Tradition initial auf den Weg brachte. Sie verr t den eigentlichen Fragecharakter der Philosophie. Dieser besteht nicht darin, dass man ein bestimmtes Korpus von Sachproblemen so diskutiert, dass die Positionen im Grunde bekannt sind. Vielmehr verlangt er, Sachprobleme so zu stellen, dass die letzte Unerschçpflichkeit des Seins in sie eindringt. Das Denken ist dann wirklich Bewegung. Die Perspektiven wandeln sich, die Begriffe beschreiben offene Horizonte, das Ende ist nicht abzusehen, vieles scheint mçglich.

Pr liminarien einer epektatischen Deutung Wie oben bemerkt, h lt sich mein eigener Systematisierungsversuch in einer gewissen N he zu den Auspr gungen metaphysischen Denkens bei Platon und Aristoteles. Bei beiden findet sich als initiale metaphysische Erfahrung ein Staunen, das auf den berschuss des Seins hinweist. Unter dem Terminus der ekplexis setzt das Staunen in Platons Phaidros den aufsteigenden Eros der Frage nach dem Gçttlichen und den Ideen frei.21 Aristoteles ordnet das Staunen (thaumazein) in der Metaphysik zwar umgehend dem Willen zum Wissen zu, be21

Platon: Phaidros 250a.

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stimmt das dem Staunen gem ße Wissen aber immerhin als ein zweckfreies Wissen.22 Mit Patocˇka verstanden, gehen so beide Ans tze zur ck auf die ersch tternde Einsicht, dass Seiendes berhaupt ist. In einer Zuspitzung l sst sich hieraus die zentrale Fragerichtung metaphysischen Denkens gewinnen. Die f r die weiteren berlegungen maßgebliche Formel lautet dann: Metaphysik thematisiert, was das Seiende als Seiendes (to on he on) ist, vor dem Hintergrund, dass es berhaupt Seiendes gibt. Um das Wesen metaphysischen Denkens vollst ndig in den Blick zu bringen, ist auf diese Verschr nkung des gegenst ndlichen Aspekts des Seienden (das Seiende als Seiendes) mit dem existenziellen Aspekt (dass das Seiende berhaupt ist) zu fokussieren. Das heißt, die Thematisierbarkeit des Seienden ist zu diskutieren im Medium des Dass des Seienden. Entsprechend bezieht eine epektatische Deutung metaphysischen Denkens ausgew hlte Grundelemente, die das Seiende als Seiendes erfassen, im Horizont des Dass- berhaupt aufeinander. Die Deutung macht so den berschuss des Dass in den Grundelementen explizit, sie legt die in ihnen arbeitende Dynamik frei. Die Wahl der Grundelemente ist verh ltnism ßig offen. Sie lassen sich nicht deduzieren, vielmehr ergeben sie sich heuristisch aus der Metaphysikgeschichte. Dies jedoch macht sie nicht beliebig. Vielmehr kommt ihnen eine faktische Notwendigkeit zu, die darin liegt, dass sie so gedacht worden sind. Damit bezeugen sie in jedem Fall Mçglichkeiten, wie sich das Sein des Seiendem dem Denken darstellt. Angenommen selbst, sie w ren nur Projektionen eines solipsistischen Subjekts, w ren sie doch insofern wahr, als sich der berschuss des Seins an ihnen abzeichnet. Auch die solipsistische Projektion wiese also auf das, was ber sie hinausgeht und damit schon çffnet: dass sie ist und dieses Dass nicht einholen kann. Die Grundelemente sind dann gl cklich gew hlt, wenn die auf sie gr ndende Deutung plausibel ist. Dazu muss die Deutung zum einen in sich koh rent sein. Zum anderen muss sie in der Lage sein, bestimmte Zusammenh nge im Gef ge metaphysischen Denkens zu erschließen. Wie oben angef hrt, geht der vorliegende Systematisierungsversuch von drei Grundelementen aus: 1. dem bloßen Seienden oder der Materie, 2. dem gegenst ndlichen Gehalt des Seienden (»Was-etwas-ist«, im Folgenden kurz »WasSein« oder »Was«) und 3. der denkenden Vernunft. In klassischen Termini kçnnte man die Materie auch als hyle, das Was-etwas-ist als eidos, die denkende Vernunft als nous bezeichnen. Als metaphysische Grundpositionen ergeben sich daraus Materialismus, objektiver Idealismus und subjektiver Idealismus. 22

Aristoteles: Metaphysik I 2, 982b-d.

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Das metaphysische Denken durchl uft die drei Grundelemente, indem es sie in wechselnden, aber nie abgeschlossenen Konstellationen aufeinander bezieht und zusammenspielen l sst. Da sich die Funktion der Grundelemente in jeder Phase ihres Zusammenspiels verschiebt, treten sie nie idealtypisch auf. Weder der Materialismus noch die beiden idealistischen Varianten sind also je vollst ndig oder absolut. Stets bleiben sie offen f r Perspektiven, die sie grunds tzlich in Frage stellen. Grundelemente im

berschuss

Der berschusscharakter des metaphysischen Systems, also der Verweisbez ge zwischen dem Seienden, dem Was-Sein oder gegenst ndlichen Gehalt des Seienden sowie dem Denken, ergibt sich aus dem Dass-es-ist des Seienden. Die Folgen dieser mit dem Dass einhergehenden bersch ssigkeit lassen sich in einem ersten Schritt f r jedes Grundelement gesondert betrachten.

Einfache Bestimmung und

berschuss

Dazu wird hypothetisch davon ausgegangen, es g be Denkans tze, die versuchten, das »Seiende als Seiendes« durch eines der Grundelemente vollst ndig zu beschreiben. Das Seiende w re so im Wesentlichen entweder Materie, oder gegenst ndlicher Gehalt, oder Denken. In allen drei Varianten jedoch zeigt sich der berschuss des Seins des Seienden ber die das Seiende vermeintlich bestimmenden Grundelemente. Das Seiende ist unter der Bestimmung jedes Grundelements zum einen durch das gekennzeichnet, was es ist, und zum anderen durch den berschuss ber das, was es ist. 1. Das Seiende als Materie existiert kraft des berschusses im Sein, d. i. das »Dass-es-ist«; aber es verf gt nicht ber dieses »Dass-es-ist«. Das materielle Seiende mag sich also prozessual in Werden und Vergehen entfalten, aber es tut dies nicht sui generis. 2. Die Unverf gbarkeit des Dass gilt auch f r den gegenst ndlichen Gehalt des Seienden. Was etwas ist, erschçpft nicht, dass es berhaupt als dieses »etwas« ist. Man kçnnte meinen, die Uneinholbarkeit des einzelnen Seienden durch seinen gegenst ndlichen Gehalt h nge damit zusammen, dass es ein Einzelnes ist. Dies trifft aber nur in einem sekund ren Sinne zu. Vielmehr ist das einzelne Seiende f r das eigene Was, den eigenen gegenst ndlichen Gehalt, prim r darin uneinholbar, dass es ist. Die existenzielle Uneinholbarkeit ist die Grundlage daf r, dass das einzelne Seiende nicht restlos mit dem zusammenf llt, als was es sich pr sentiert. G be es die gegenst ndlichen Gehalte der Seienden tats chlich als

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eigene Entit ten (etwa als Ideen), kçnnten sie ihr Dass ebenfalls nicht einholen, weil sie – wie jedes Seiende (außer Gott) – ihr Dass nicht haben, klassischer gesagt, weil ihr Wesen ihre Existenz nicht einschließt. 3. Der berschuss des Dass l sst sich auch explizieren, wenn man das Seiende wesentlich als Denken versteht, und zwar gerade, insofern sich das denkende Ich – wie Descartes paradigmatisch gezeigt hat – im Denkakt der eigenen Existenz gewiss sein kann. Denn das Sein, dessen sich das denkende Ich gewiss ist, wird vom denkenden Ich nicht hervorgebracht, sondern ist eine Voraussetzung, auf die das denkende Ich je schon angewiesen ist. Daher kann ich mir zwar gewiss sein zu existieren, solange ich denke. Ich kann mir aber nicht gewiss sein zu existieren, wenn ich zu denken aufgehçrt habe. Das Dass oder die Existenz meiner selbst, insofern ich nicht bei Bewusstsein bin, sowie die Existenz aller anderen Seienden liegt nicht bei mir, ein Problem, das Descartes mit dem Rekurs auf Gott zu lçsen versuchte.

Der

berschuss in den Beziehungen

In einem zweiten Schritt sind die drei Grundelemente des Seienden als Seienden so aufeinander zu beziehen, dass dem f r sie konstitutiven bersch ssigen Charakter Rechnung getragen wird. Dies ist erneut f r jedes Grundelement durchzugehen: 1. Wenn man das Seiende von seinem gegenst ndlichen Gehalt lçst und es als reine Materie auffasst, ist es so gut wie nichts. Dennoch kann das, was das Seiende ist, das Seiende selbst nicht ausschçpfen. Das Was kann das Seiende nicht vollst ndig darstellen, und noch weniger kann dies der Begriff, der auf den gegenst ndlichen Gehalt des Seienden rekurriert. Es l sst sich hier eine gewisse N he von Materie und Dass feststellen. Die Materie ist die reine Synthese von Seiendem als Seiendem und Dass oder auch, von Gegenstand und Dass. Sie ist gewissermaßen der nackte Gegenstand, der kraft des Dass ber jeden spezifischen gegenst ndlichen Aspekt und folglich auch ber jedes Denken hinausschießt. Deshalb stimmt die materialistische Auffassung, die Materie organisiere sich selbstst ndig und unabh ngig von einem Denken. Aber – um den Punkt von oben noch einmal zu variieren – sie tut dies nicht, weil sie ber eine eigene Potenz (etwa einen eigenen conatus perseverandi) verf gte, sondern einfach dadurch, dass sie ist. Existenz allein ist Potenz. 2. Das Was des Seienden, sein gegenst ndlicher Gehalt, braucht den Rekurs auf die Materie, ansonsten h tte er mit nichts zu tun. Aber andererseits kann das Seiende nicht mit seinem Was zusammenfallen, und zwar nicht nur, weil das Seiende qua Dass mehr ist, als sich sachlich-gegenst ndlich fassen l sst, sondern

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auch, weil der gegenst ndliche Gehalt des Seienden mehr ist als das einzelne Seiende. Andernfalls g be es Seiendes von absoluter Transparenz, also Seiendes, das so evident und umf nglich zu erfassen w re wie rein gedankliche Gegenst nde, zum Beispiel die Winkelsumme des Dreiecks oder, dass zwei und zwei vier ergibt. Der gegenst ndliche Gehalt des Seienden ist aber auch f r das Denken bersch ssig. Der gegenst ndliche Gehalt ist dem Denken vorgegeben, es vollzieht ihn als »intelligiblen Gehalt« nach, aber es produziert ihn nicht. Wie bemerkt, verf gt das Denken nicht ber das Dass dessen, was es denkt. 3. Das Denken braucht den Rekurs auf das Seiende und, in eins damit, den Rekurs auf den gegenst ndlichen Gehalt des Seienden. Aber weder das Seiende noch sein gegenst ndlicher Gehalt erzeugen das Denken. Vielmehr ist das Denken ein eigenst ndiger Vorgang im Sein. Wenn man ber cksichtigt, dass das Denken nicht am Ursprung seiner selbst steht, kann man sogar sagen, es sei eine zweite Erçffnung des Seins, da mit dem Denken das Dass des Seienden als solches hervortritt. Das Denken ist der Prozess, der das Seiende geltend macht, insofern das Seiende einerseits ein gegenst ndliches »etwas« ist und andererseits ber das eigene Was-Sein hinausschießt. Weder das Seiende noch sein gegenst ndlicher Gehalt kçnnen diese Beziehung als solche explizieren (auch wenn sie sie ausdruckslos vollziehen). Die explikative Leistung des gegenst ndlichen Gehalts wie auch des Dass des Seienden liegt allein beim Denken.

Reduktionismus und metaphysische Bewegung Weil das metaphysische Denken f r gewçhnlich von einem der Grundelemente ausgeht, droht es leicht, reduktionistisch zu werden. In diesem Fall lçst es das System der bersch sse, in dem die Grundelemente einander sowohl ermçglichen als auch berbieten, einseitig auf. Nur eines der Grundelemente wird dann f r die Interpretation des Seienden als Seienden bestimmend, w hrend die beiden anderen Grundelemente von diesem einen Moment abh ngig gemacht werden. So bersieht der Materialismus die ontologische Bedeutung des Dass und ordnet das Seiende als Materie konstitutiv dem gegenst ndlichen Gehalt und den Denkprozessen vor. Der einseitige Primat des Intelligiblen f nde sich klassisch in der Ideenlehre Platons, aber auch in anderen Formen von objektivem Idealismus, wenn man darunter ein Denken versteht, das die Strukturiertheit und den gegenst ndlichen Gehalt des Seienden nicht an ein denkendes Ego bindet. Der einseitige Primat des Denkens und damit des Ego cogito f nde sich schließlich in einem subjektiv-idealistischen Denken, also etwa bei Kant, Fichte oder Husserl.

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ber diese herkçmmlichen Lçsungen der metaphysischen Tradition hinaus l sst sich sagen, dass das Reduktionismusproblem auch nicht aufgehoben w re, wenn statt des einen Grundelements zwei oder auch alle drei Grundelemente prinzipiellen Status erhielten. Die Grundelemente mçgen zwar f r die Thematisierung des Seienden als Seienden grundlegend sein. Aber sie liegen nicht am Grund des Seins, und zwar schon allein deshalb nicht, weil aus der hier vorgeschlagenen Perspektive die ungegenst ndliche Erçffnung des Seins des Seienden, das Dass, das ontologisch Erste oder principium ist. Das Dass ist kein Grund, denn es tr gt das Seiende nicht. Zwar h lt es das Seiende im Sein, aber nur, indem es das Seiende dazu anleitet, sich selbst zu berschreiten und mehr zu sein, als es ist. Wie gesehen, resultiert hieraus die Irreduzibilit t der metaphysischen Grundelemente. Jedes Grundelement hat eine eigene ontologische Valenz, weil es in seiner Differenz zu den anderen Grundelementen eine berschießende Qualit t hat, die ihm vermittels des Dass des Seienden zukommt. Indem das Grundelement das Seiende in einem bestimmten Sinne »als Seiendes« sein l sst (als Materie, als Gegenstand, als Denken), wird es vom berschuss des Seins erfasst – und somit sowohl ber den Zugriff eines anderen Grundelements wie auch ber sich selbst hinausgef hrt: Jedes Grundelement ist irreduzibel, jedoch ist es dies wiederum nur als epektatische Ann herung ans Sein des Seienden; es ist irreduzibel im Zusammenhang einer absoluten Irreduzibilit t. Mit dieser absoluten Irreduzibilit t h ngt zusammen, dass – wie bereits weiter oben beobachtet – jedes Grundelement nicht nur auf die anderen Grundelemente nicht zugreifen kann, sondern auch offen f r das Auftreten neuer Grundelemente ist. Das Seiende als Seiendes mag Materie–Gegenstand–Denken sein. Aber diese Grundelemente kçnnen nicht ausschließen, dass mehr, ja, unendlich mehr Grundelemente existieren kçnnten. Zu groß sind die L cken, zu weit sind die R ume des Irreduziblen, an das die Grundelemente nicht heranreichen. Dieser Gedanke nimmt Anleihen bei Spinozas Auffassung von den unendlichen Attributen der Substanz. Jedoch ermçglicht das Konzept des berschusses des Seins, die Genese dieser Unendlichkeit darzustellen, und zwar so, dass die Genese nicht einfach vor uns liegt, sondern uns ad hoc angeht und nach Mçglichkeit einbezieht. Wir existieren selbst im berschuss und kraft des berschusses des Seins. Wenn wir nach dem Sein des Seienden fragen, wenn wir das Seiende als Seiendes thematisieren, hat uns der berschuss ersch ttert. Es kommt darauf an, in der Ersch tterung zu bleiben. Wenn uns dies gelingt, werden wir bemerken, dass das, als was sich das Seiende uns gibt und als was wir es zu erfassen meinen, nur Momentaufnahmen sind, w hrend das Seiende best ndig ber sich hinausschießt. Was Spinoza noch als Substanz bezeichnen konnte, das absolut unendliche Seiende, erweist sich damit als eine absolut unendliche Dynamik. Es

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liegt dann am metaphysischen Denken, in diese Dynamik einzutreten und selbst berschießende Bewegung, Bewegung ber das Wissen hinaus, Bewegung eines epektatisch aufsteigenden wissenden Nicht-Wissens zu werden.

Perspektiven: Ph nomenologie und Metaphysik Welche Konsequenzen hat diese dynamische Auffassung metaphysischen Denkens f r das Verh ltnis von Ph nomenologie und Metaphysik, nach dem der vorliegende Band fragt? Um dies zu kl ren, empfiehlt es sich, an den Anfang dieses Aufsatzes zur ckzukehren, an dem von Patocˇkas »Aufhebung der Metaphysik« die Rede war. Diese Aufhebung geschieht unter ph nomenologischen Pr missen. Patocˇka unterscheidet strikt zwischen dem Dass- berhaupt und dem gegenst ndlichen Seienden, d. h. den Ph nomenen, die als spezifische »etwas« erscheinen. Die f r das Dass- berhaupt beanspruchte Negativit t ergibt sich daraus, dass Patocˇka vom Primat des Erscheinens ausgeht. Das Dass- berhaupt ist dann – in nicht zu bersehender N he zu Heidegger – das »Sein als Erscheinen«, das sich selbst nicht zur Erscheinung bringen l sst. Entsprechend lassen sich auch das Was oder die gegenst ndlichen Bestimmungen der Ph nomene nicht auf das Dass- berhaupt beziehen, obgleich sie sich ihm verdanken. Die von Patocˇka anvisierte »Aufhebung der Metaphysik« geht dieser Beziehung der Ph nomene zum Dass- berhaupt nach, weist aber die gegenst ndlichen Bestimmungen als inad quat zur ck. Damit kann in letzter Perspektive auch das Seiende, insofern es ist, nicht positiv gefasst werden, weil es auf das zur ckgeht, was nicht erscheint und demnach »Nichts« ist. Demgegen ber ergibt sich mit meinem Vorschlag eine weitere Volte, die auf Patocˇkas Aufhebung der (klassischen) Metaphysik folgen l sst, was man eine »Aufhebung der Ph nomenologie« nennen kçnnte. Die Inkommensurabilit t des Dass- berhaupt ist aus dieser Sicht dem Erscheinenden intrinsisch und geht zugleich schlechthin ber es hinaus. Das Dass- berhaupt l sst sich nicht zur Erscheinung bringen. Aber – um weiter mit Heidegger zu sprechen – diese »Unscheinbarkeit« des Dass- berhaupt ist keine Verborgenheit, die mit der Entbergung, also dem gegenst ndlichen Erscheinen der Ph nomene verfugt ist. Allenfalls in einem sekund ren, vom gegenst ndlichen Erscheinenden ausgehenden Sinne ist das Dass- berhaupt negativ. Prim r jedoch zeugt es vom berschuss des Seins ber das Erscheinen. Das ph nomenologische Erscheinen schließt stets ein Subjekt ein, das sich in gegenst ndlichen Sinnzusammenh ngen bewegt. Daher kennt das Erscheinen nur die Alternative von Pr senz und Entzug, Gegenstand oder Leere, Bedeutung oder Nichtigkeit. Das Sein hingegen generiert sowohl die spezifische Struktur des subjektrelativen Erscheinens als

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auch unendlich viele andere Seinsgestalten. Sie alle kçnnen das Dass- berhaupt nicht ausschçpfen. Jedoch misst sich das Dass- berhaupt nicht an diesem Unvermçgen, sondern allein an der eigenen generativen bersch ssigkeit. Das Dassberhaupt ist entsprechend nicht radikal negativ, sondern ultrapositiv. Die Ph nomenologie aufzuheben heißt nicht, sie abzuschaffen. Tats chlich verf gt die Ph nomenologie ber eine Reihe von Einsichten, die mit einer dynamischen Metaphysikauffassung zusammengehen, etwa, dass das Sein (als Erscheinen) nicht einfach »ist«, sondern sich in einem zeitlichen Prozess gibt, dass es von diesem Sich-geben her zu beschreiben ist, dass es darin Sache einer unendlichen Arbeit ist, die in sich konsistent und gleichwohl ver nderbar ist. Dies macht einen ph nomenologischen Ansatz vorstellbar, der von der metaphysischen Dynamik des Seins Rechenschaft ablegt. Allerdings m sste dieser Ansatz dazu die berf lle des Seins, die sich mit dem Dass- berhaupt gibt, dem Erscheinen voranstellen. Der ph nomenologische Blick m sste einen schlechthin transzendenten Horizont zulassen, der – um hier drei Kerntypen von Ph nomenologie anzuf hren – weder dem Prinzip der Anschauung (Husserl) noch dem Prinzip der Freiheit (Heidegger) noch aber auch dem Prinzip der donation (Marion) unterliegt. Tats chlich, und entsprechend des epektatischen Charakters des Seins, w re diesem Horizont nur eine mystische Schau ad quat, die das Subjekt so sehr ins Erscheinen versenkt, dass Subjekt wie Erscheinen verschwinden. Ausgehend von dieser berwindung von Subjekt und Erscheinen, ihrer Zur cknahme in die innere Transzendenz des Seins, w re eine Ph nomenologie mçglich, die sich von der bersch ssigen, der exzessiven Gabe des Seins leiten ließe. Ihre Analysen kçnnten zun chst dieser Gabe selbst nachgehen, sie kçnnten die (Selbst-)Aufhebung der Ph nomenologie konkret vollziehen. Ebenso kçnnten sie anhand spezifischer Ph nomene zeigen, inwiefern sich das Erscheinende kraft des berschusses des Seins gibt. Ph nomene, in denen sich das Seinf r-andere bekundet, Ph nomene wie Hingabe, Liebe, Solidarit t k men hier ebenso in Betracht wie Ph nomene, in denen sich die innere Transzendenz der Ph nomene zeigt (Emmanuel Levinas’ Analysen zur Transzendenz des Antlitzes des Anderen w ren hier richtungweisend). Auch eine »Ph nomenologie der Metaphysik« w re denkbar, die nachvollzieht, wie das Denken der berschussbewegung des Seins zumindest implizit Rechnung tr gt. Sie kçnnte etwa untersuchen, wie Gedanken aus sich selbst heraustreten, andere Motive aufnehmen, andere Richtungen einschlagen, kurz, sich transformieren. Im oben angegebenen Sinne h tten all diese Analysen metaphysischen Charakter. Sie ließen sich also als Dokumente einer »ph nomenologischen Metaphysik« verstehen. Angesichts des bersch ssigen Charakters des Seins scheint es jedoch angemessener zu sagen, sie f hrten ein ph nomenologisches Denken vor, das von metaphysischer Bewegung durchdrungen ist.

Antonino Mazz

Mouvement du monde et infinit chez Husserl

Abstract In this contribution we give the first lineaments for the examination of a question that we could formulate in these terms: Should the “reason” of Husserlian rationalism be conceived as logos of the world (either in the sense of a logos in itself accomplished, or in the sense of a logos assured of its accomplishment) or as logos of the sole joint opening of the world and transcendental subjectivity, against the “background” of two crossed infinities which condition each other: the infinity of the world and the infinity of transcendental intersubjectivity? We present and study a late text (1936) by Husserl. This text, in particular thanks to the notions of “movement of the world” and “self-constitution of the world”, gives us arguments to suggest that, in Husserl already, before the so-called “cosmological turn” of phenomenology, the open character of the world is a condition for the transcendence of the intentional consciousness. Infinity is constitutive of the meaning of the world. This constitution reverses the speculative hope of classical metaphysics after which to know metaphysically is to know the completed identity between thought and being.

Une sorte d’arc lectrique direct et intense lie dans la pens e de Husserl deux domaines probl matiques devenus chez lui p les de cet arc mais qui sont habituellement tenus pour assez loign s, voire trangers l’un l’autre dans la distribution des savoirs philosophiques : le domaine anthropologique, singuli rement la psychologie, et le savoir m taphysique, singuli rement la question de la « nature » du monde en ph nom nologie. Si cet arc est tellement intense, c’est que pour Husserl, les questions derni res de la philosophie, les questions m taphysiques, doivent se poser sur son trajet. Nous constaterons la mani re dont d’un geste d cisif et, cependant, comme « sans y toucher », Husserl d fait une v n rable tradition m taphysique et lib re quelque chose qui, dans un vocabulaire la fois m taphorique et significatif, s’exprime comme « fluidification » ou « mise en flux ». Il semblerait que l’arc lectrique qui reliera une psychologie fluidifi e et un monde rendu son mouvement, l’une et l’autre dans le flux transcendantal, d gage une nergie suffisante pour faire fondre et se disloquer des th ses m taphysiques rassembl es jusques l en blocs assez solides pour avoir r sist la critique kantienne et assez ancr s pour soutenir les croyances imm diates de l’attitude naturelle.

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1. Monde et praxis chez J. Patocˇka Les analyses qui suivront pourraient se placer sous le signe d’une question dont les termes proviennent de Jan Patocˇka. Peut-on dire, comme l’ crivait ce dernier, que la leÅon (erron e aux yeux du philosophe tch que) que Husserl tirait de l’examen du monde naturel est de « montrer que le monde est une raison inconsciente qui se cherche et que le philosophe aurait faire comprendre avant tout aux scientifiques »1 ? Si la r ponse est affirmative, avec quels indices devrait-elle Þtre comprise pour Þtre plac e sous une juste lumi re husserlienne ? Dans ces pages, Patocˇka s’exprime sur Husserl et prend ses distances. Quelques lignes avant cette affirmation, il explique que « la compr hension int ress e et engag e qui est celle de l’Þtre humain dans sa vie finie », c’est- -dire l’engagement par la praxis, le commerce avec le monde par l’action, devrait Þtre fondatrice pour l’explication de « la gen se de l’attitude contemplative d sint ress e. » Patocˇka, comme H. Arendt et, d’une certaine mani re comme Levinas2, renverse les positions et donne au bios praktikos la premi re place quant au sens, c’est- -dire quant au mode d’accomplissement de l’Þtre humain, l’amont du bios theoretikos. L’id al classique tait la fois thique et m taphysique. Il supposait accomplie en soi l’identit entre l’Þtre et la pens e, et il assignait l’homme philosophant en tant que plus haute figure de l’humanit la t che de rejoindre pour soi l’identit en soi ternelle, immobile et achev e de l’intelligible. L’Þtre n’ tait autre que la trame de l’intelligible dans l’acte ternel de l’intellection. Faisant retour sur l’homme pris comme tant, cette conception lui enseignait se saisir de sa propre intelligibilit entendue comme moment dans l’intelligibilit g n rale de l’Þtre. Le temps historique n’ tait pas productif : vu hauteur de regard absolu, il devait Þtre le milieu d’exposition ou de manifestation ou de venue la conscience des v rit s ternelles. Le monde tait clos, pour le dire avec A. Koyr , et l’histoire l’int rieur de la belle totalit avait un telos assign , du moins dans son principe, celui de la pleine r v lation de l’identit entre la raison et l’effectivit . On ne pouvait se contenter d’esp rer ou de viser cette identit comme sens et horizon de l’histoire ; il fallait la supposer effective et l’œuvre d s les origines. Il fallait affirmer que l’identit infinie est l’acte du fini et il fallait reconna tre que, sans elle, la diff rence ou le

Jan Patocˇka, « Postface la premi re traduction franÅaise (1976) », Le Monde naturel comme probl me philosophique, tr. fr. E. Abrams, Paris, Vrin, 2016, 260. 2 Chez Levinas qui retient une leÅon centrale de Heidegger pour la faire converger, toutefois, avec son enseignement thique, c’est l’Þtre mÞme qui prend sens dans l’historicit humaine : « L’accomplissement de l’homme est l’accomplissement de l’Þtre en sa v rit », Dieu, la mort, le temps, Paris, Grasset et Fasquelle, 1993, d. de poche, 109. 1

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discord originaires se seraient r engendr s sans cesse, comme un cart qui ne se comble pas et qui aurait menac la rencontre harmonieuse du sens et du monde. La primaut accord e la vita contemplativa trouvait son assise dans la supposition de l’existence d’un spectateur universel, le cosmotheoros, portant sous ses regards le monde, l’homme et leur relation pris comme autant de portions l’int rieur d’un « Grand Objet » (l’expression est de Merleau-Ponty dans Le Visible et l’invisible), c’est- -dire un objet total, un objet sans ext riorit , sinon transitoire ; quant l’homme du bios theoretikos, il trouvait dans l’observateur universel un mod le d’accomplissement et de garantie de la cl ture harmonieuse du sens. J. Patocˇka est l’un des penseurs ph nom nologues qui m ditent l’ouverture l’infini du monde. Nous comprenons que l’infini de l’ouverture intrins que au sens du monde signifie tout autre chose que l’infini math matis , comme d j Husserl l’avait montr , et autre chose que « la m taphysique d termin e […] de la m thode de quantification directe et indirecte hypostasi e en r alit premi re, originaire, substance mÞme du monde, laquelle d termine le caract re essentiel de tous ses attributs, composantes et moments […] »3, y compris, sommes-nous conduits ajouter, de cette « composante » ou de ce « moment » que serait l’ tant humain, lui-mÞme alors conÅu comme math matisable. L’infini « agit », il est acte en quelque sorte, mais acte de l’ind termination dans le fini. Le fini humain trouve dans l’infini du monde la condition de possibilit de sa transcendance, la mobilit de l’existence se fondant sur la mobilit du monde. Le monde signifierait alors le jeu de l’infini dans le fini. J. Patocˇka crit : « Toute position de l’esprit au-dessus du monde est en mÞme temps position dans le monde. »4 Le monde est le contexte pr -th tique, pr th orique et inobjectivable qui conditionne les possibilit s de l’esprit : « Le monde est toujours d j contenu dans l’esprit mÞme » ; il l’est comme une sorte de « partie analytique » au sens o l’id e d’esprit contient, impliqu en elle, le monde : « l’esprit ne peut se d finir par lui-mÞme, il ne devient ce qu’il est qu’en se rapportant au monde »5. L’esprit est devenir, son acception est dialectique et la ph nom nologie ellemÞme doit se faire dialectique6. L’esprit contient en lui son contexte premier d’appartenance ; le monde, contexte pr -th orique, pourrait Þtre qualifi de contexte m ta-th orique car toujours en avant et en arri re, au-del et en-deÅ de ce dont la theoria peut se saisir. Le monde signifie l’autre ou l’envers de 3 4 5 6

Patocˇka, Le Monde naturel comme probl me philosophique, 169. Ibid., 182. Ibid. Ibid.

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l’ach vement du savoir, de la d termination en soi acquise ou pr somptivement garantie. Le monde serait alors dans l’esprit comme principe d’ cart, ouverture primordiale qui conditionne l’ouverture de l’existence ses possibilit s. Ouverture de l’ouverture. L’existence, chez Patocˇka, est transcendance ou tension. « La loi de tension temporelle prend sa source, crit-il, dans le vivre-despossibilit s que nous sommes essentiellement. »7 Ce « vivre-des-possibilit s », tension qui ouvre le pr sent par un cart int rieur, trouve lui-mÞme sa possibilit dans le monde comme instance m ta-th orique, instance de possibilit s ouvertes. D s lors une pens e du monde en tant que mouvement ou en tant que mobilit soutient, sans les d terminer toutefois, les mouvements de l’existence. Ceux-ci s’actualisent en tant que praxis. L’action humaine peut, par retour sur le monde, porter au sens les mouvements cosmologiques, source de ph nom nalisation, les porter dans la lumi re de l’historicit , les inscrire dans un projet commun : « Seul un tel Þtre (i. e. qui peut avoir une compr hension de son Þtre propre, ce qui signifie conjointement de l’Þtre en g n ral, de l’Þtre en totalit , du monde) est capable d’un agir, d’un faire qui ne concerne pas uniquement les tants dans leur r alit , mais dans lequel leur Þtre doit Þtre ouvert, dans et travers lequel s’ouvre la richesse int rieure de l’ tant, son contenu, son remplissement, son sens8. » Une cosmologie que l’on peut s’aventurer qualifier d’extatique soutient la mobilit de l’existence chez Patocˇka. Doit-on par la suite ent riner la th se classique selon laquelle chez Husserl, tout au contraire, la signification du monde est seulement relative aux actes de la conscience, que le monde est seulement relatif l’ gologie transcendantale ? Ne peut-on soutenir chez Husserl, tout au moins le dernier Husserl comme nous t chons de le montrer, il y a sens penser que la structure du monde est condition de la transcendance de la conscience ? Puisque, comme il l’ crira, l’infini fait partie « du sens d’Þtre du monde », cette infinit , si nous la comprenons comme « infini d’Offenheit » selon une expression de M. Merleau-Ponty dans une note de travail du Visible et l’invisible9, ne peut-on penser qu’elle a conduit la conscience son propre mouvement ? Il semble pourtant que la formule de Patocˇka par laquelle nous commencions (« le monde est une raison inconsciente qui se cherche ») ruine cette possibilit . Elle para t en effet reconduire l’ galit entre le r el et la raison et, partant, c l brer les prestiges de la cl ture du sens. La formule de Patocˇka laisse entendre qu’il y aurait un h g lianisme latent chez Husserl. Hegel n’aurait certes pu Ibid., 176. Ibid., 226. 9 Maurice Merleau-Ponty, Le Visible et l’invisible, Paris, Gallimard, 1964, 223 (note du 17 janvier 1959). 7 8

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souscrire l’expression dans sa litt ralit puisque, selon celle-ci, la raison aurait quelque chose d’erratique, se cherchant sans Þtre certaine de se trouver. Toutefois la formulation de Patocˇka demeure tr s ferme puisque ce serait le monde lui-mÞme qui serait raison et non l’appareil humain ou transcendantal dans lequel nous en fixons certaines d terminations. Chez Hegel, la Ph nom nologie est celle de l’esprit, la Darstellung de la venue soi de la conscience connaissante. Cette venue soi, cet auto-mouvement en direction de la conscience de soi de l’esprit est pr c d e par une condition qui n’est nullement « ph nom nologique » mais « m taphysique ». Hegel la pr sentera de la mani re la plus d cid e d s l’Introduction g n rale la Science de la logique. Cette science dont nous savons qu’elle n’est autre que la m taphysique r alis e10 fait prouver au philosophe « le besoin (das Bed rfniß) de commencer par la Chose mÞme (von der Sache selbst) ». Or celle-ci est la pr supposition de la « science pure » ou « la lib ration par rapport l’opposition de la conscience ».11 La Chose mÞme consiste dans l’identit du logos et de l’Þtre. C’est pourquoi Hegel peut crire que la science pure (la science par principe infinie) « contient la pens e dans la mesure o cette pens e est tout aussi bien la chose en soi-mÞme ou la chose en soi-mÞme dans la mesure o elle est tout aussi bien la pens e pure. » 12 Ainsi, par principe, d s avant la premi re tape du devenir dialectique de l’Esprit, d s avant la certitude sensible, mais conditionnant tout ce devenir puisque « au savoir le but est fix aussi n cessairement que la s rie de la progression »13, la Pens e et l’ tre sont pass s l’un dans l’autre. La rencontre est consomm e et l’infini est le nom de l’identit . Chez Hegel, l’esprit s’est mis en branle assur , d s toujours, du but et des tapes de son trajet, tout au moins pour le philosophe qui a, en quelque sorte, les yeux de Dieu port sur tout le processus ; l’esprit est assur de son but car « l’opposition de la conscience », la diff rence qui pourrait tenir distance un sujet et un objet, s’est r sorb e, elle aussi d s toujours, dans l’Id e ternelle ou, plus exactement, ne s’est jamais creus e dans l’en-soi et n’a sembl le faire que dans le milieu la fois dispersif et dialectique qu’est le temps (temps de la nature, temps de l’histoire), milieu de la n gativit et de la douleur n cessaires avant la r conciliation derni re. Chez Husserl, « l’opposition de la conscience », si l’on entend par l le rapport tensif entre p le-sujet et p le-objet de l’analyse intentionnelle, est Georg Wilhelm Friedrich Hegel, Wissenschaft der Logik, Hauptwerke in sechs B nden, Band 3, Meiner, Hamburg, 1999, 7. 11 Ibid., 33. 12 Ibid. 13 Georg Wilhelm Friedrich Hegel, Ph nomenologie des Geistes, Hauptwerke in sechs B nden, Band 2, Meiner, Hamburg, 1999, 57. 10

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structurelle. Pourtant le « sujet » et l’« objet » ne sont pas suppos s se regarder en trangers sur la sc ne d’un monde qui se d ploierait sans eux. Il est manifeste que lorsque le ph nom nologue husserlien, en r gime d’ poch transcendantale, commence ( vrai dire, ne cesse de reprendre) le travail r flexif sur les v cus transcendantaux, c’est- -dire sur les ph nom nes, les synth ses constitutives ont, au regard de la temporalit de la recherche, commenc depuis toujours leur œuvre et que la remont e vers « l’origine du monde » (selon la forte expression d’E. Fink) qui est la t che absolue de la ph nom nologie transcendantale, se confond avec la mise au jour infinie de l’ cheveau de la synth tique universelle de la conscience. Toutefois, peut-on affirmer qu’un regard correctement ajust pourrait observer la trame compl te de la synth se universelle de la conscience, que la synth se est « actuelle » au sens o l’on conÅoit l’infini « actuel » ? Peut-on soutenir que ce regard apporterait la garantie (qui serait garantie divine) qu’en soi la synth se est achev e, que le monde est d termin , et que, d s lors, l’anamn se transcendantale ph nom nologique est la recollection du d j advenu en soi ? Peut-on supposer que la main invisible de Dieu a d j agi en sous-main, agi providentiellement, sur le devenir du monde et que l’opposition de la conscience est nulle en soi ? Si elle n’est pas nulle, ni en soi, ni pour nous qui sommes int gr s au mouvement du monde, comment penser la diff rence qui s pare la synth se se faisant de la synth se accomplie ? supposer que cette diff rence doive se reconduire ind finiment et qu’elle ait rang de principe, ne creuse-t-elle pas un doute qui serait irr cup rable par la raison ph nom nologique husserlienne ? Pourtant le doute qui porte sur l’ach vement actuel de la synth se g n rale du monde n’est-il pas celui qui soutient la possibilit rationnelle de « l’an antissement du monde », n’est-il pas le pendant, apparemment n gatif, du caract re constitutif de la dynamique intentionnelle ?

2. Monde et « infinit s » chez Husserl Pour donner un traitement plus pr cis l’examen de ces questions, nous nous appuierons sur un texte de 1936, aujourd’hui dit comme texte n8 16 dans Husserliana XXIX14. Ce texte est un compl ment important au § 60 de la Krisis15 et, ajouterons-nous, au § 59. Edmund Husserl, « », Die Krisis der europ ischen Wissenschaften und die transzendentale Ph nomenologie. Erg nzungsband. Texte aus dem Nachlass 1934 – 1937, R. N. Smid ( d.), The Hague, Kluwer Academic Publishers, 1992. Le texte n8 16 se trouve aux 203 – 213. Traduction franÅaise A. Mazz , « Projet d’ laboration : la t che de 14

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Le lecteur de ces textes ne peut qu’Þtre frapp par la force et l’insistance du vocabulaire « cin tique » qu’y utilise Husserl pour caract riser le passage l’attitude ph nom nologique-transcendantale et, par contraste, par le caract re « katast matique » (nous reviendrons sur ce terme plus loin), c’est- -dire « statique » de sa description de l’attitude naturelle, transcendantalement na ve. Celle-ci s’ tend de l’attitude ordinaire de chacun celle du psychologue (y compris le psychologue de la psychologie intentionnelle ph nom nologique), aussi longtemps que n’a pas t effectu e l’Umstellung, le retournement, la conversion l’attitude transcendantale. Celle-ci demande une sorte d’effraction, de rupture (Bruch)16, comme la rupture d’un barrage, afin que devienne possible un certain Einstrçmen, une « entr e dans le flux », une « mise en flux » qui est une lib ration vis- -vis d’une puissante doxa dont les sout nements sont une substruction m taphysique aussi classique qu’ancr e. Dans un texte de 1912 d j , aujourd’hui publi parmi les textes d’Ideen III17, Husserl d clarait : « […] en soi […] l’ontologie n’est pas ph nom nologie »18 et il s’en expliquait comme ceci : « La consid ration ontologique est pour ainsi dire katast matique. Elle prend les unit s dans leur identit et, compte tenu de leur identit , elle les prend comme quelque chose de fixe (wie ein Festes). La consid ration ph nom nologique constitutive prend l’unit dans le flux ; elle la prend comme unit d’un flux constitutif, elle suit les mouvements, les coulements dans lesquels une telle identit et chaque composante, aspect ou propri t r elle, est le corr lat d’identit d’une telle unit . »19 La suite de ce mÞme texte de 1912 nous donne une id e de l’Þtre pouvant effectuer une « consid ration katast matique ». Ce serait un Þtre qui accomplirait (vollziehen) une Einsicht tellement achev e (vollkommen) et cela non en puissance mais en acte (aktuell), en d’autres termes qui poss derait en acte une id e de l’identit telle qu’il pourrait expliquer « l’essence de l’esprit ou de la nature de mani re la psychologie et sa relation la philosophie transcendantale. Fin mai 1936 », Annales de Ph nom nologie, 4, 2005, 167 – 178. Nous citerons par Hua XXIX suivi du num ro de page. 15 Husserl, Die Krisis der europ ischen Wissenschaften und die transzendentale Ph nomenologie. Eine Einleitung in die ph nomenologische Philosophie, Husserliana VI, W. Biemel ( d.), The Hague, Martinus Nijhoff, 1976. Tr. Fr. G. Granel, La Crise des sciences europ ennes et la ph nom nologie transcendantale, Paris, Gallimard, 1976. Nous citerons par Krisis, suivi de la pagination de la traduction. 16 Le § 59 auquel nous renvoyons s’intitule : « Analyse du renversement d’attitude, de l’attitude naturelle la transcendantale. La psychologie “avant” et “apr s” la r duction ph nom nologique. (Le probl me de “l’entr e dans le flux” (Einstrçmen)) ». 17 Edmund Husserl, Ideen zur einer reinen Ph nomenologie und ph nomenologischen Philosophie. Drittes Buch: Die Ph nomenologie und die Fundamente der Wissenschaften, Husserliana V, M. Biemel ( d.), The Hague, Martinus Nijhoff, 1971. 18 Ibid., 129 19 Ibid.

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pure et compl te (rein und vollst ndig) et qui pourrait fixer les principes axiomatiques qui leur appartiennent20. » Ce serait donc un Þtre capable de produire une m taphysique math matique, axiomatique et d ductive. Au regard d’une telle m taphysique, le temps pourrait Þtre le milieu d’exposition du savoir, la mani re du temps de la discursivit math matique, mais nullement le milieu de la constitution de l’Þtre de l’ tant en question. Se verrait ainsi projet e l’id e d’un monde qui serait poss d dans son concept. Il demeure tonnant de constater que, pour Husserl, l’attitude naturelle croit en un monde – qu’elle ignore cependant en tant que monde et auquel donc elle ne se rapporte pas proprement parler, un monde dans lequel elle est enferm e – dont le Bestand (la « composition r elle », traduit G. Granel au § 59 de la Krisis) est arrÞt comme sous un regard ternel. En elles, attitude naturelles, les fonctions transcendantales y sont verschlossen : ferm es, referm es sur soi, inaccessibles21. Certes, il peut y avoir r flexivit dans l’attitude naturelle, ce qui nous place plut t au niveau d’une simple psychologie intentionnelle, mais « toute r flexion de ce type se tient dans la na vet transcendantale, elle est l’accomplissement d’une aperception de monde qui transcendantalement est, pour ainsi dire, une affaire close (« eine fertige Weltapperzeption).22 ») Ces aperceptions mondaines sont prÞtes Þtre nomm es dans une langue elle-mÞme disponible, comme prÞte l’emploi. Dans l’int rieur de cette langue, la conscience sait d j , mais d’un savoir obnubil , elle sait par avance ce qu’il en est de toute chose, elle dispose d’un stock de noms qui donnent la certitude naturelle de poss der les choses23. En consid ration de la tranquille assurance m taphysique de l’attitude naturelle, le renversement d’attitude a un caract re d’effraction violente. Il s’agira, nous l’avons vu, d’un bris, d’une brisure, d’un Bruch qui doit rouvrir l’acc s au questionnement en retour sur l’histoire transcendantale d’o les Sinnesleistungen et les Geltungsleistungen des aperceptions de monde tirent leur validit . Ainsi, ajoutera encore Husserl, « l’ancienne objectivation na ve des choses et de Ibid., 129 – 130. Husserl, Krisis, 236 22 Husserl, Krisis, 237 23 La lib ration du champ de l’exploration ph nom nologique-transcendantale demanderait une langue in dite ; comme il n’est pas question de produire une langue artificielle, une sorte de langue formulaire, il reste l’expression ph nom nologique se m nager un espace viable bien que mouvant, l’instar de la m thode cin tique husserlienne, sur les bords duquel on rencontrera tant t la ou les langues philosophiques que la ph nom nologie « recyclera » de mani re plus ou moins souple, tant t une langue m taphorique, litt raire, voire po tique, assez neuve et assez ductile pour pouser le mouvement du ph nom ne, tant t, comme l’ crit Husserl lui-mÞme, « la langue populaire » (Volkssprache) mais avec des « changements de sens » de mani re produire « la langue nouvelle » (die neuartige Sprache) dont la ph nom nologie a besoin pour dire les choses nouvelles qui sont les siennes (voir ce propos Krisis, § 59, 238). 20 21

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soi […] se voit prise dans un mouvement (Bewegung) nouveau. »24 Ce qui tait « ferm et indicible » entre maintenant dans « le flux de l’objectivation de soi », par o il faut entendre l’aperception mondanisante de soi, transcendantalement consciente ; se forme la conscience de ce que le « je » ferm sur soi, comme une sorte de chose dans un univers de choses, tait en r alit le je transcendantal sur le mode de la cl ture (Verschlossenheit). La reprise de toute chose dans le flux ou le mouvement de la constitution implique qu’elles ne m’apparaissent plus comme choses aux d terminations arrÞt es en soi (c’est- -dire fix es pour un certain savoir qui, dans la tradition, appartenait un entendement archetypal) ; comme ph nom nologue, j’ai le savoir de fonctions transcendantales qui s’ tendent l’infini (ins Endlose) en ne cessant de s’entrelacer les unes aux autres. La reprise de toute chose dans le flux de l’« Einstrçmen des Transzendentalen » ne concerne donc pas seulement les « tants » convertis en unit s intentionnelles, en « objets » r f r s aux v cus (premi re conversion qui, elle seule, signifie la remise en cause de l’ontologie en tant que philosophie premi re) mais les v cus eux-mÞmes qu’il s’agira de lib rer d’une sorte de r ification sous un regard dont nous allons constater qu’il est double : d’une part, celui de la science physico-math matique de la nature, d’autre part, derri re celui-l et plus imp rieux, celui d’un dieu de m taphysicien. L’architecture des th mes du texte n8 16 de Husserliana XXIX et leur articulation sont complexes. Prima facie, Husserl y revient une fois de plus sur la nature de la connaissance en psychologie et sur cette derni re dans ses relations la philosophie transcendantale. Nous savons que, dans l’œuvre de Husserl, l’histoire des rapports entre psychologie et ph nom nologie est longue, complexe, parfois embrouill e. Nous ne rappellerons ici rapidement que les quelques tapes n cessaires l’intelligence du texte de 1936. Se plaÅant d’abord dans le sillage de Fr. Brentano, Husserl a commenc par identifier la ph nom nologie naissante une « psychologie descriptive » selon la terminologie de son ma tre. La mise au point de la m thode eid tique jointe cette identification entre ph nom nologie et psychologie l’ont conduit concevoir la ph nom nologie comme une psychologie eid tique, une psychologie a priori (au sens o a priori et eid tique sont synonymes pour Husserl) qu’il a aussi qualifi e de psychologie rationnelle25. Toutefois l’acquisition plus tardive et la pleine prise de conscience du sens transcendantal de la ph nom nologie, la prise Husserl, Krisis, 238. Cf. Antonino Mazzu, L’int riorit ph nom nologique. Le probl me du psychologisme transcendantal chez Husserl, Coll. des M moires des Annales de ph nom nologie, 2003. 24

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de conscience de la port e vaste et profonde, du caract re de « r volution copernicienne » que subit alors le traitement des questions de philosophie, jusqu’ celui des questions derni res de la m taphysique, lui ont fait comprendre, par contrecoup et apr s-coup, que l’orientation qu’il donnait jusques l la ph nom nologie, en direction d’une psychologie eid tique, le rendait luimÞme responsable d’une « erreur mortelle » pour le sens de la ph nom nologie et, ses yeux, pour le devenir de la philosophie, erreur qu’il a baptis e du nom de psychologisme transcendantal. Il n’a eu de cesse alors, sans doute la suite des m compr hensions qui ont entour la r ception des Ideen I, de combattre cette erreur, sans renoncer pour autant revenir sur la question des liens entre psychologie et ph nom nologie, et sans cesser de pr senter la psychologie ph nom nologique comme une prop deutique possible la philosophie transcendantale. Cette m thode d’introduction progressive la ph nom nologie lui a valu de nouveaux d boires, notamment apr s la publication des Ideen I, ouvrage dans lequel la pr sentation de la conscience comme « r gion » et comme « r sidu » de la r duction ne devrait s’admettre que pour une ph nom nologie d’ordre psychologique alors qu’elle a trop souvent t comprise comme la d termination transcendantale mÞme de la conscience. L’inqui tude due au danger de la m compr hension psychologiste-transcendantale de la ph nom nologie a poursuivi Husserl jusqu’ la fin des ann es 1920. Il y revient avec insistance dans Logique formelle et logique transcendantale, dans le Nachwort de 1930 aux Ideen I, de mani re plus indirecte dans sa conf rence de 1931, Ph nom nologie et anthropologie, et surtout dans les M ditations cart siennes. Toutefois un revirement apparent se produit durant les ann es 1930, durant les ann es dont le r sultat le plus manifeste et le plus abouti est l’ensemble des textes formant la Krisis et les nombreuses tudes annexes qui l’accompagnent. Durant cette derni re p riode, Husserl fixe sa position de facto d finitive. Il revient l’identification entre la ph nom nologie et la psychologie mais, cette fois, en inversant sa position initiale : d sormais la seule psychologie l gitime lui para t devoir Þtre transcendantale. Alors qu’il « psychologisait » la ph nom nologie, il « transcendantalise » maintenant la psychologie26.

L’avant-dernier mot de la Krisis, au § 72, sera celui-ci : « […] une psychologie pure en tant que science positive, une psychologie qui veut tudier universellement les hommes vivants dans le monde en tant que faits r aux dans le monde, comme font les autres sciences positives, sciences de la nature ou sciences de l’esprit – une telle psychologie n’existe pas. Il existe seulement une psychologie transcendantale qui est identique la philosophie transcendantale », Krisis, 289. 26

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C’est sur fond de cette longue volution et de la solution derni re apport e au probl me qu’il faut consid rer le texte n8 16 de Husserliana XXIX. Husserl y traite de sujets qui, au premier abord, paraissent tr s loign s les uns des autres. Il commence par une critique de la confusion entre la connaissance de ce qui est physique et la connaissance de ce qui est psychique ; il critique ainsi la tentative ou la tentation d’appliquer aux objets psychiques le mod le de la physique math matique. Il poursuit par une critique de la conception « physicaliste » du « monde », critique qui implique la distance ph nom nologique qui s pare la question du monde et la question de la nature comme objet pour le physicien. Il en vient un paragraphe bref mais d cisif quant la position de la ph nom nologie husserlienne dans l’histoire de la m taphysique en ce qui concerne, du moins, la th orie du monde. Il poursuit d’une mani re qui para t surprenante par une critique de l’« individualisme moderne ». Le fond m taphysique du texte se trouve dans un paragraphe central qui nous semble en dire long sur la position de la ph nom nologie husserlienne l’ gard des h ritages m taphysiques. Husserl crit : MÞme pour Dieu, le monde n’est pas calculable ; ce n’est pas non plus un monde en soi d j calcul dans l’infini par un Dieu qui serait infini. Gauss – c’est fondamentalement faux. Un calcul que le « cr er » divin (la construction, bien qu’il s’agisse d’un monde physique) aurait calcul , mÞme dans la simple forme du calcul, n’a pas de sens. L’anonymat transcendantal est dans un loignement infini, il est cach , et le d voilement transcendantal ne peut jamais avoir un horizon logifiable dans une logique qui est logistique.27

Pour comprendre la survenue de cette prise de position, il faut remonter plus haut dans le texte la th se (qui, pour Husserl, est seulement un constat) selon laquelle la sph re du math matisable s’est largie au cours du d veloppement de la physique moderne du domaine des math matiques qui, comme discipline formelle, traitent de quantit s pures au domaine de la physique qui, comme discipline mat rielle, traite d’une r gion de l’ tant, la nature. Cet largissement se reconstitue en quelques tapes. Lors du passage de la pratique empirique du d nombrement au « d nombrement logique comme m thode conceptuelle », de la facult d’ajouter sans fin une unit la quantit d j poss d e, nous passons au concept d’ensemble infini. Nous passons ainsi d’une pratique de l’infini potentiel dans un horizon ouvert la possession de l’id e de l’infini r alis ou actuel qui, quoique infini, est en soi achev : « partir de l , ajoute Husserl, se d veloppe la conception fondamentale d’une infinit en tant qu’infinit close sur soi, prÞte, pour ainsi dire par 27

Hua XXIX, 205 – 206.

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avance, en tant qu’horizon logiquement clos du travail de la pens e (als eines logisch geschlossenen Denkarbeitshorizonts). »28 Il s’agit de l’id e d’un champ de multiplicit dont l’Þtre est gal sa construction ou, du moins, sa constructibilit a priori. La notion d’horizon a chang de sens : de l’horizon ouvert de l’infini potentiel, nous sommes pass s l’horizon clos qui d limite un champ d’objets (dont la quantit peut Þtre infinie) qui ne peut contenir rien de plus et rien d’autre que ce qui est constructible selon ses r gles internes. La deuxi me tape est celle de la math matisation de la physique : « La physique acquiert, par la suite, son propre domaine en pr supposant hypoth tiquement l’analogue de l’infinit close de la s rie des nombres, bien qu’ici l’ vidence constructive, gr ce laquelle est donn par avance le domaine a priori comme domaine constructible, fasse d faut. »29 Cette sorte de formalisation des corps retire sa transcendance au r el physique. Identifi e au concept, la chose est par principe d nu e d’horizon ; elle n’est plus qu’une notion compl te analys e. Cette vision de la nature trouve son origine dans un mouvement d’absolutisation m taphysique qui, passant par le regard divin, conduit l’identification de la physis (telle qu’elle est pens e par la physique math matique) et du monde : « Pour Dieu de mÞme, le domaine est un horizon par avance constructible, dans lequel la totalit des corps est, par avance, un domaine qui serait accessible (conceptuellement constructible) dans une production syst matique en une infinit de constructions possibles Dieu, pour ainsi dire par avance. […] Par voie de cons quence, le monde est pens en g n ral de faÅon physicaliste. »30 Cette tape, venue en troisi me lieu pour les besoins de l’analyse, peut Þtre tenue pour d signer le pr suppos m taphysique implicite de la croyance en une conception physicaliste du monde. Elle consiste dans l’annulation ou le biffage des Unendlichkeiten constitutives du sens du monde en ph nom nologie husserlienne, annulation sous couvert de la construction ou de la constructibilit a priori du monde – nature. En ce sens, et contre la leÅon d j ancienne de Kant, le monde serait objet de connaissance. Une th orie physique tiendrait lieu de cosmologie philosophique. Ces id es sont doublement d pendantes. Elles le sont de la math matique31. Elles le sont de la m taphysique classique jusqu’ Leibniz. Ce serait le lieu de rappeler la c l bre proposition du m taphysicien allemand laquelle Husserl aurait pu aussi bien se r f rer : « Cum Deus calculat et cogitationem exercet fit Ibid., 204. Hua XXIX, 205. 30 Ibid. 31 Cf. L zl Tengelyi, Welt und Unendlichkeit. Zum Problem ph nomenologischer Metaphysik, Alber, 2014, 544 – 545. 28 29

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mundus. »32 Pendant que Dieu calcule et met en œuvre sa pens e, le monde se fait. La r duction math matique de l’id e de monde, la reconduction de cette derni re celle d’un universum a priori constructible, une multiplicit d finie, suppose que ce qui serait acquis un Dieu math maticien (le « calculateur infini » de Gauss) doit servir de mod le absolu au progr s du savoir humain : ce qui est en soi achev fixe la limite id ale et a priori infranchissable d’un progr s qui ne pourra conduire qu’ retrouver ce qui est d j conclu dans l’absolu. Une telle r duction impliquerait une sorte de « d transcendantalisation » du monde, avec elle de l’exp rience humaine, et poserait les l ments d’une anthropologie d voy e. Mesur e l’aune de l’id e et, la fois, de l’id al projet d’une connaissance r alis e en soi, l’infini et de toute ternit , la connaissance humaine et plus largement l’exp rience appara tront comme originairement en retard sur le vrai en soi, comme originairement et pour toujours en dette vis- vis de la v rit qu’un entendement absolu poss derait dans l’identit cens e r alis e de la pens e avec elle-mÞme (sans carts, ni mouvements, ni r sidus, ni implicites), identit l’int rieur de laquelle se seraient d s toujours r sorb s le monde et toute profondeur. Celle-ci, la profondeur ontologique, ne serait qu’une illusion transitoire. La sensibilit trouverait sa v rit dans l’Id e, et l’Id e dans l’Id e ad quate. Parmi les aspects que la reprise de l’exp rience humaine, que la prise dans le mouvement ou encore dans « l’afflux (Einstrçmen) du transcendantal » permet de mettre en vidence, il y en a au moins un qu’il est n cessaire d’ clairer. Husserl, qu’il s’en souvienne clairement ou qu’il retrouve sans bien s’en apercevoir l’un des plis de l’institution de la philosophie chez les Grecs, un pli ancien et manifestement r sistant, le pli qui porte la repr sentation d’un dieu parfaitement autarcique, parfaitement autarcique mais parfaitement seul, penseur accompli mais d nu de monde, Husserl fondant cet id al avec l’id e moderne d’un dieu calculateur infini, d nonce la projection sur l’homme de l’ombre trop grande qui accompagne ce double id al. Alors, en effet, l’homme parfaitement homme devrait Þtre parfaitement seul, occup de ses seules pens es qui ne distingueraient pas des v rit s ternelles ; selon certains des Modernes, ses pens es prendraient la forme d’un calcul infini. Comme l’ crit Husserl : « tant empiriquement que th oriquement l’homme est Dieu ramen au fini et Dieu un homme singulier port l’infini. »33 Pourtant, l’analyse ph nom nologiquetranscendantale montre que si, d’un c t , le monde est l’horizon infini et nonsynth tisable de toutes les synth ses d’objets et ainsi le fond non perceptible de Gottfried Wilhelm Leibniz, Dialogus de connexione inter res et verba, et veritatis realitate (1677), Opera Omnia, d. Erdmann, Scientia Aalen, 1959 (1840), 77. 33 Hua XXIX, 206. 32

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toutes les perceptions, cette infinit , d’un autre c t , est nou e l’infinit des sujets de l’intersubjectivit transcendantale : « l’homme singulier […] pr suppose d’autres hommes dans la perception et dans l’exp rience, et cela pour des raisons d’essence et, aussi, une fois encore pour des raisons d’essence, un horizon ouvert et infini d’autres hommes. »34 La fausse effigie d’un homme divinis , camp en penseur solitaire, sans autrui et sans monde, sans monde et sans autrui, car les deux horizons que ces termes d signent se recroisent et se conditionnent r ciproquement, refermerait d’un seul mouvement et la question de l’homme et la question du monde. Chez le ph nom nologue-transcendantal, le mauvais infini est celui de l’infinie d termination actuelle. L’homme sans monde, c’est- -dire l’homme sans la troublante ouverture que signifie le monde, serait tant t vu en penseur universel, en intellect d riv de l’intellect arch type, tant t en fragment de la nature et, comme tel, passible de la connaissance suffisante du physicien. Nous comprenons mieux l’insistance de Husserl sur la question du caract re transcendantal de la psychologie. C’est que la subjectivit et l’intersubjectivit transcendantales sont les « lieux » o peut s’apercevoir ce que Husserl nomme lui-mÞme « le mouvement du monde (die Weltbewegung) » : mouvement possible et ensuite effectif apr s l’ dification de la ph nom nologie, mouvement dans lequel la teneur de toutes les mes, en tant qu’ tant au monde, fait son entr e (auftritt), psychologis e, par la mise en flux (Einstrçmen) des d voilements transcendantaux comme psychisme humain nouvellement d couvert et d couvrir qui n’ tait pensable, par avance, et donc constructible, par aucun homme, aucun psychologue, aucun scientifique. »35 Le mouvement du monde depuis toujours l’œuvre, mis en lumi re par la r flexivit transcendantale, entra ne et les hommes et les choses, affranchis d’une certaine tutelle m taphysique. Si le monde signifie une troublante ouverture, c’est qu’il affecte les ph nom nes intentionnels husserliens d’un coefficient ind fectible d’ind termination. Ce dernier maintient actif le sens temporellement dynamique de la « r alit » mais frappe celle-ci d’une sorte de fragilit m taphysique. Nul intellect cosmique ici, ni logos du monde, ni providence qui garantissent la consistance ontologique du monde. La fragilit n’est surmont e, sans Þtre jamais supprim e, que par la r gularit des typiques de l’exp rience dont le principe g n ral et la port e m taphysique ont t formul s par Husserl dans le § 99 de Logique formelle et logique transcendantale : « le monde r el existe seulement avec la pr somption constamment prescrite que l’exp rience 34 35

Ibid., nous soulignons. Ibid., 206 – 207.

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continuera constamment s’ couler dans le mÞme style constitutif. »36 La r flexion transcendantale ne pourrait simplement pas se d ployer, ni n’aurait le faire et, historiquement, ne l’a pas fait, dans un monde cens ment soutenu par Dieu. Troublante ouverture que ce jeu du monde qui intervient d s les ph nom nes les plus proches, les plus accessibles (comme la perception de ce chÞne ou de cette toile), et qui ouvre chacun d’entre eux ses propres horizons infinis. Le concept d’« infinit transcendantale » contient deux significations qui sont entre elles dans un rapport de tension productive. Il signifie certes un horizon de d terminabilit infini et ouvert au sens o rien ne fixe l’avance les d terminations venir, ni en nombre, ni en contenu. Mais, comme le monde fait partie du ph nom ne concret et que « l’infini appartient au sens d’Þtre du monde », l’infinit transcendantale d signe un ind terminable de principe qui est, si l’on veut la d signer par un terme qui a fait flor s, l’ouverture comme telle du monde. Il ne saurait toutefois Þtre question de supposer que Husserl substitue une m taphysique de l’ind termination en soi une m taphysique de la d termination en soi. Il est seulement question d’une ind termination infiniment d terminable (ce qui pourrait Þtre l’une des mani res de comprendre le ph nom ne husserlien) dans une t l ologie universelle de la raison. Toutefois, la raison du rationalisme husserlien se nierait ou se pervertirait si l’infini de l’infiniment d terminable n’ tait pas lui-mÞme infiniment ouvert. D s lors que s’interrogeant sur la rationalit et la logique possibles dans ce « nouveau monde », Husserl estime qu’elles sont motiv es par « les mani res qu’a ce monde de s’auto-constituer (durch ihre Weisen der Selbstkonstitution) »37, nous pouvons, pour notre part, consid rer que deux hypoth ques sont lev es : celle, d’une part, de la relativit du sens du monde Dieu, celle, d’autre part, de sa relativit une subjectivit « qu’il s’agirait de lui opposer ».38 Sur fond de d ploiement commun du monde et de la subjectivit transcendantale, il est gal de dire que le monde est relatif la subjectivit transcendantale ou de dire qu’il n’est relatif qu’ soi.

Edmund Husserl, Formale und transzendentale Logik. Versuch einer Kritik der logischen Vernunft, Husserliana XVII, P. Janssen ( d.), The Hague, Martinus Nijhoff, 1974. 37 Hua XXIX, 209. 38 Cf. Eugen Fink: « Le v ritable th me de la ph nom nologie n’est ni le monde d’un c t , ni de l’autre une subjectivit qu’il s’agirait de lui opposer, mais le devenir du monde dans la constitution de la subjectivit transcendantale », Studien zur Ph nomenologie. 1930 – 1939, M. Nijhoff, Den Haag, 1966, 139 ; tr. fr. D. Franck, De la ph nom nologie, Paris, Minuit, 1974, 159. 36

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Antonino Mazz

3. Conclusion La Stimmung de confiance transcendantale assise sur la seule pr somption de la continuit et de la concordance de l’exp rience n’est plus celle d’un certain ge classique. Que l’on nous permette une digression qui clairera la diff rence. Lorsque nous coutons certaines pi ces de J. S. Bach, nous pouvons avoir le sentiment d’entrer dans une architecture sonore sans ombres. Il y a bien de nombreux plis, replis et contre plis parmi les espaces ouverts par ces compositions et, mesure de l’ coute, des zones d’abord inaperÅues, demeur es dans la p nombre jusques l , se d couvrent. Il est mÞme possible que ces espaces nouveaux parmi les espaces mis en lumi re soient ind finiment nombreux puisque chaque interpr tation est susceptible de nous faire d couvrir l’œuvre enti re d’une autre mani re. Toutefois, nous avons alors le sentiment que vient pour nous la lumi re ce qui l’avait toujours t pour un autre regard, universellement voyant ou lucide, et que l’ombre n’avait pas de part constitutive la r alit de l’organisation musicale. Ainsi que l’ crivait Boris de Schloezer, chez Bach l’ordre de la composition et l’ordre de l’organisation sont dans un rapport d’« harmonie pr tablie ».39 Cela nous ne pouvons l’affirmer de la m taphysique du monde chez Husserl : l’ordre de la synth se et l’ordre de l’en-soi se recouvrent puisque le ph nom ne est donateur de la chose elle-mÞme ; cependant, ce recouvrement demeure sans la garantie absolue de l’intelligibilit derni re du monde. Dieu lui-mÞme est soumis la servitude des Abschattungen, soumis la tension d’une synth se qui « retient » et qui « protient » sans pouvoir se d gager du temps en son caract re constitutif ni s’ lever sur un sommet d’o son calme regard contemplerait l’identit ternelle des Þtres et de l’ tre. Paul Val ry crivait : r compense apr s une pens e Qu’un long regard sur le calme des dieux

C’est une gratification que la Sachlichkeit ph nom nologique n’accorde ni l’homme ni dieu.

39 Boris de Schloezer, Introduction J. S. Bach. Essai d’esth tique musicale, Presses universitaires de Rennes, 2009, 101.

Karel Novotny´

Ph nom nologie et m taphysique du monde1 propos du dernier livre de L szl Tengelyi

Abstract The article deals with the book Welt und Unendlichkeit. Zum Problem ph nomenologischer Metaphysik (2014) published by L szl Tengelyi. It focuses on the concept of the givenness of the world in relation to some originary facts (Urtatsachen) that Edmund Husserl found in his analysis of the relationship of the man and the world. The author of the article underlines among the originary facts of experience especially the role of the Body that remains in the shadow in Husserl and in Tengelyi as well.

Dans son dernier livre, intitul Monde et infini,2 L szl Tengelyi montre comment « la ph nom nologie rend possible un nouveau type de m taphysique » qui, de nos jours, a encore l gitimement sa place l’ poque « postm taphysique ». Il pose ainsi, d’une mani re in dite, un probl me, celui de savoir comment la relation entre ph nom nologie et m taphysique peut Þtre r interpr t e. Car, d’un c t , la ph nom nologie semble de toute mani re, aujourd’hui comme hier, m taphysique au sens large, puisqu’elle insiste toujours sur certaines th ses d termin es, comme par exemple celle que le monde un existe ou, tout le moins, qu’il y a un rapport au monde de l’homme qui transcende les choses. C’est Edmund Husserl qui a trouv que « chacune de nos exp riences inclut en elle l’exp rience d’un monde de choses, et cela comme un l ment qui ne peut absolument pas Þtre modalis ».3 Et L. Tengelyi explicite que l’existence de ce monde rel ve d’une certaine n cessit dont la particularit est qu’elle n’est pas une n cessit a priori, mais une n cessit de facto. Une interpr tation m taphysique de la donation du monde, un projet du monde fond sur les 1 Travail men dans le cadre du projet de recherche « Vie et environnement. Les relations ˇ R 15 – 10832S) realis ph nom nologiques entre la subjectivit et le monde naturel » (GA C l’Institut de philosophie de l’Acad mie des sciences de la R publique tch que et la Facult des sciences humaines de l’Universit Charles, Prague. Je remercie tr s chaleureusement le traducteur de ce texte en franÅais, M. Christophe Perrin, pour son aide. 2 L szl Tengelyi, Welt und Unendlichkeit. Zum Problem ph nomenologischer Metaphysik, Freiburg/M nchen, Karl Alber, 2014 (les r f rences aux passages cit s seront indiqu es entre parenth ses dans le corps du texte). 3 Ibid., 326.

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n cessit s de facto, c’est la particularit de la nouvelle m taphysique ph nom nologique propos e par L. Tengelyi partir d’une lecture critique et innovatrice de Husserl. MÞme si la ph nom nologie proc de de mani re r solument critique, dans la tradition de la philosophie transcendantale, et en s’appuyant toujours sur l’analyse de l’exp rience concr te, elle n’entend pas pour autant se limiter des probl mes m thodologiques et laisser la question du statut des r alit s du monde aux sciences, qui explorent bien leurs parties et leurs domaines de la r alit du monde. L. Tengelyi avance une conception m taphysique du monde « qui ne se lie aucune ontoth ologie »4, mais qui fait r f rence ce qu’on appelle les « archifaits » que, la suite d’une analyse ph nom nologique, on est forc de consid rer comme n cessaires. Parmi ces archi-faits figure – c t de l’ego, donc de la subjectivit particuli re, de son enchevÞtrement intentionnel (intentionales Ineinandersein) avec les autres subjectivit s et c t de leur t l ologie historiale – aussi le monde, dans la mesure o l’exp rience du monde est n cessairement int gr e dans chaque exp rience humaine particuli re, qui constitue le point de d part d’une analyse ph nom nologique ainsi que le point de r f rence de sa conception m taphysique du monde. Or, le concept d’exp rience n’est toutefois pas le mÞme pour chacun d’eux : tandis que l’exp rience reste marqu e chez Husserl par l’institution intentionelle du sens (Sinnstiftung), L. Tengelyi a recours un concept de formation spontan e du sens (Sinnbildung) dont il a suivi le d veloppement de Maurice Merleau-Ponty Marc Richir et qu’il n’a pas simplement assimil , mais qu’il a largi et modifi , en l’enrichissant dans la direction d’une th orie de l’alt rit . Cela signifie que, au regard de la ph nom nologie et de la m taphysique du monde, L. Tengelyi ne parvient pas aux mÞmes r sultats que ces deux auteurs qui sont n anmoins pour lui d’une tr s grande importance. Dans cet article, j’aimerais rappeler trois caract ristiques du monde (d’abord mis en vidence par Husserl) dont le projet m taphysique de L. Tengelyi prend son point de d part : 1) L’ouverture du monde comme son essence propre, en contrepartie du pr jug du monde objectif, c’est- -dire du monde compl tement d termin en et pour soi. L. Tengelyi ne souscrit pas seulement par l l’approche de MerleauPonty qui se d tache n gativement du pr jug du monde objectif d termin et qui, dans sa Ph nom nologie de la perception, volue vers une pens e ph nom nologique du monde mais, avant tout, la pens e « diacritique » esquiss e dans l’œuvre plus tardive de cet auteur. 4

Ibid., 20.

Ph nom nologie et m taphysique du monde

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2) L’ouverture du monde et l’ v nement de l’appara tre sont en troite relation l’une avec l’autre de sorte que les intuitions fondamentales de l’esquisse d’une « m taphysique de la facticit contingente » de l’appara tre en tant que tel permettent L. Tengelyi de puiser dans la ph nom nologie franÅaise et de les appliquer en retour Husserl lui-mÞme. Le monde est en effet li l’ v nement de l’appara tre, de mÞme que les autres archi-faits – et ce, d j chez Husserl ; c’est ce qui ressort en tout cas de la relecture de Tengelyi qui, cela dit, s’appuie plut t sur Emmanuel Levinas que sur la pens e heidegg rienne de l’Ereignis et qui, n’en pas douter, reÅoit aussi des impulsions d cisives par Marc Richir. 3) Le troisi me point concerne la r alit effective du monde. La m taphysique ph nom nologique du monde de L. Tengelyi peut Þtre lue comme une alternative Eugen Fink, un important penseur du monde qui, apr s la guerre, a cherch penser aussi bien l’ouverture que l’ v nementialit de l’appara tre et ce, la fois partir de la ph nom nologie et dans le cadre d’une conception sp culative du monde. Et l o Fink exige une rupture avec Husserl afin de concevoir une cosmologie sp culative, il s’agit pour L. Tengelyi plut t d’ tendre l’approche husserlienne aux archi-faits, de mani re ce que l’alt rit de la chose et du monde puisse Þtre atteinte par la conscience. Mais il y a des limites auxquelles se heurte une telle tendance l’extension chez Husserl. L’une d’elles consiste saisir l’appara tre partir de l’ v nement, ce qui implique non seulement une extension de l’institution du sens, mais aussi un tournant vers la formation spontan e du sens. L’autre limite concerne le r le et le statut de la corpor it vivante (Leiblichkeit).

I. Le monde : une nature close sur elle-mÞme ou une ouverture incluant la nature ? L. Tengelyi pr sente ses recherches dans le cadre d’une opposition agonique entre « un autarcisme naturaliste » de la nature et un « transcendantalisme m tontologique » du monde. Il reconstitue le noyau de l’argument en faveur de cette deuxi me option, en le r sumant en deux points : 1.) « seul un Þtre ouvert […] qui peut sans cesse gagner de nouvelles propri t s » peut « Þtre attribu » aux « choses singuli res du monde »5 et 2.) « c’est justement pour cela » que « la nature » ne peut « former aucune totalit close sur elle-mÞme, aucun tout semblable (homog ne) et autosuffisant (autarcique) »6, mais qu’elle

5 6

Ibid., 430. Ibid.

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« reste » bien plut t « la partie n cessaire d’un monde entier […] qui se caract rise par une infinit ouverte ».7 Fait face au monde en tant que nature, au sens d’un tout clos sur lui-mÞme et auto-suffisant, l’id e de la transcendance, au sens d’un d passement des choses singuli res vers le monde. Voil les deux conceptions du monde qui, dans leur concurrence ou leur rivalit (!c~m), d terminent la pens e moderne jusqu’ maintenant.8

L’infinit ouverte du monde – « l’infini du monde est un infini tourn de ce c t -ci » – est pens e « non pas comme l’univers en tant que tout clos », mais « il s’agit bien plut t de l’ouverture du monde l’infini », si bien que le « monde » revient « une totalit ouverte l’infini ». Il n’y a donc aucune opposition entre cette totalit et l’infini, mais « seulement une diff rence ».9 Telles sont les remarques introductives de L. Tengelyi au d but de la troisi me partie de son livre, dans laquelle la dualit fondamentale du monde et de son infini devient le th me d’une m taphysique ph nom nologique qui a recours une m thode diacritique. D’un point de vue ph nom nologique, cette m thode se trouve d j chez Merleau-Ponty « dans le sens o [celui-ci] […] garde ses distances par rapport une pens e structurelle pure dans la perspective de la troisi me personne et interroge mon implication dans un syst me diacritique universel ».10 La proximit de l’id e husserlienne de la « structure de chose dans l’horizon du monde infini » est ainsi conserv e comme « un syst me diff rentiel d’exp riences possibles », partir duquel L. Tengelyi se donne comme t che de poursuivre la d marche husserlienne de telle sorte que le r el de « la chose naturelle » soit « correctement reli e cette structure ». Ce n’est en aucun cas son approche par la « conscience actuelle », par le « rapport du sujet-je individuel ce syst me »11, par « son pouvoir go que »12 qui p che ; non, ce qui est corriger c’est l’assimilation du monde en tant qu’horizon entier de l’exp rience un simple corr lat de la conscience » : « en tant qu’horizon de pouvoir, la r alit enti re s’av re, aux yeux de Husserl, comme « le corr lat de l’id e d’une vidence parfaite de l’exp rience »13. Le probl me classique qui, chez Fink, se tient au cœur de sa critique de la ph nom nologie consiste alors en ceci : au bout du compte, le monde est un simple corr lat de la conscience et rien d’autre – ou rien de plus. Tel est le d fi qui am ne L. Tengelyi poser la question suivante : comment peut-on en venir, avec Husserl, ne pas r duire le monde un simple 7 8 9 10 11 12 13

Ibid. Ibid., 427. Ibid., 299. Ibid., 301. Ibid., 538. Ibid., 540. Ibid.

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corr lat de la conscience ? La difficult , ici, a d j t mentionn e : il faut renoncer son id e de la r alit de la chose, « selon laquelle la chose dans le monde est en soi compl tement d termin e » : « la t che diacritique, l’id e d’un syst me infini d’exp riences possibles distinguer de la totalit de l’Þtre de la chose et de l’enti re r alit effective du monde nous semble en effet en rupture avec cette [id e] », crit L. Tengelyi. Une telle rupture des cons quences importantes ; nous n’aurions pas noncer la th se positive d’un univers conÅu de mani re naturelle et d termin comme ens necessarium. Une telle rupture rencontre toutefois une r sistance, et pas seulement du c t du naturalisme des sciences physiques. Lorsque nous nous r f rons des faits en philosophie, fussent-ils des archi-faits, il n’est pas facile de nous d faire de la conviction naturelle, r aliste ou naturaliste, de l’Þtre ou de la r alit du monde et des choses qui s’y trouvent d termin s en soi. Or, c’est dans un tel retournement, dans une poch radicale, que surgissent les vraies questions philosophiques, ce que personne n’a soulign mieux que Fink dans les ann es 1930 ou encore Marc Richir r cemment, avec son poch hyperbolique. Compar eux, L. Tengelyi reste plut t r serv et se r f re constamment des exp riences de la vie mondaine : « Le caract re ph nom nologique de l’analyse r sulte ici [chez Husserl] du fait que la contingence de connaissance du monde est associ e d’embl e la description du processus d’exp rience ».14

II. L’appara tre comme v nement L. Tengelyi voit dans l’approche ph nom nologique du probl me – consistant « constamment remonter au processus d’exp rience » – l’« Þtre ouvert » des choses et du monde examiner et accepter. Sur ce point, c’est encore sur Husserl, celui des Ideen II, qu’il prend appui. Cependant l’argument porte chez lui sur le devenir-autre des choses et du monde et, cet gard, d passe Husserl dans la mesure o un tel devenir-autre des choses et du monde « menace » d’agir sur le syst me infini des exp riences qui peuvent en Þtre faites, en le perturbant, ou bien de laisser en lui des traces d’alt rit ou mÞme de le faire clater. Pour L.

Ibid., 324. Cf. galement : « C’est pourquoi il [Husserl] forme aussi le concept d’une ‘contingence de connaissance’ du monde. Par cette expression, on n’entend aucunement un repli sur une th orie de la connaissance qui renonce aux intuitions ontologiques pour des raisons m thodiques, mais une r flexion ph nom nologique sur la donation du v cu du monde, qui renvoie d’embl e toute tentative de reconduire les archi-faits aux premi res causes au domaine de l’aventure m taphysique et des exub rances sp culatives » (Ibid.). 14

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Tengelyi, l’encontre de Husserl, l’hypoth se de l’Þtre ouvert des choses et du monde tient compte « de la possibilit d’exp riences indisponibles »15. Compter sur cette possibilit , cela implique, entre autres, de donner l’appara tre lui-mÞme le caract re de l’indisponible, de l’ v nement. Comment se rapporte-t-il au monde et aux archi-faits ? Dans cette question sont impliqu s deux autres points que nous voudrions bri vement aborder ici pour essayer de pr senter l’approche de L. Tengelyi dans le contexte de la nouvelle ph nom nologie en France o , en tant qu’ v nement, l’appara tre a t saisi pour la premi re fois (d’apr s son propre jugement), et pour faire encore une fois rapidement allusion ce qui le s pare de Fink, qui souscrit aussi l’archi- v nement de l’appara tre et l’ouverture d’esprit de l’homme par le monde, par lequel il « est ouvert l’in-fini »16. Un pas au-del de Husserl est n cessaire. L. Tengelyi ne parle toutefois pas d’une rupture avec Husserl, mais plut t d’une extension du domaine de la facticit accidentelle comme d’une cons quence que Husserl luimÞme n’aurait pas tir e : Le sens ad quat de la m taphysique de la facticit contingente de Husserl n’est pleinement saisissable que si l’on comprend clairement qu’ l’appara tre lui-mÞme incombe le caract re d’un archi-fait qui ne peut Þtre reconduit aucune cause sup rieure. […] Ce n’est que lorsque l’appara tre est consid r comme un archi-fait qu’il devient aussi saisissable tel qu’il se manifeste de lui-mÞme. Ce « de lui-mÞme » appose sur l’appara tre le sceau de l’ v nement qui advient la conscience et dont il n’est pas rare qu’il la surprenne. Le fait qu’ l’appara tre incombe le caract re d’un archi-fait exclue d’embl e sa r duction compl te une donation de sens par la conscience intentionnelle. L’ v nement de l’appara tre se manifeste dans l’exp rience. Par « exp rience (Erfahrung) », […] on entend plus qu’un simple v cu (Erlebnis) […]. Le v cu n’est chez Husserl qu’un autre mot pour la conscience ; par « exp rience », en revanche, on entend un processus qui se soustrait – au moins en partie – au pouvoir de disposition de la conscience.17

Nous avons vu que la solution au probl me de la mani re de relier les horizons d’exp rience au caract re de la r alit effective de ce dont l’exp rience est faite consistait, d’une part, en la prise de conscience de l’ouverture de ces horizons et, d’autre part, en celle de l’alt rit qui laissait des traces potentiellement inqui tantes dans ce dont l’exp rience est faite. Ce n’est que dans une telle exp rience que l’appara tre peut se manifester comme v nement, ce que Husserl n’a plus vu, mÞme l o il th matisait les exp riences d’ veil par lesquelles Ibid., 546. Eugen Fink, Natur, Freiheit, Welt. Philosophie der Erziehung, Kçnigshausen & Neumann, W rzburg, 1992, p. 159. Cit par Natalie Depraz, dans A. Bçhmer ( d.), Eugen Fink. Sozialphilosophie – Anthropologie – Kosmologie – P dagogik – Methodik, Kçnigshausen & Neumann, W rzburg, 2006, 112. 17 Tengelyi, Welt und Unendlichkeit. Zum Problem ph nomenologischer Metaphysik, 119sq. 15 16

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« seulement une intention surgit vraiment ».18 Dans ce contexte o la question de la r alit effective se pose, celle qui, « dans sa contingence de connaissance », est entrevue chez Husserl, L. Tengelyi en vient une r f rence Fink.

III. La r alit effective du monde Dans l’ouvrage de L. Tengelyi, une seule r f rence est faite Eugen Fink, auteur, entre autres, de Monde et finitude, et donc un important penseur du monde. Mais c’est aussi un passage dans lequel L. Tengelyi indique pourquoi il a si peu d’influence sur sa propre pens e. Il cite de prime abord l’extrait suivant de Tout et rien, que Fink a consacr l’interpr tation de la philosophie kantienne : « […] La r alit est en premier lieu une d termination du monde, elle est le caract re du ‘fond du monde’ peupl par les choses singuli res – et elle n’en vient aux choses que de mani re indirecte et en quelque sorte d tourn e ». 19

III. 1 L’ind modalisabilit du monde et sa r alit L. Tengelyi explique l’approche husserlienne (avec laquelle Fink d bute tour) en ces termes :

son

Toute exp rience de la chose inclut en elle des pr conceptions qui d passent le donn comme tel. Dans ces pr conceptions se profile un horizon entier, qui int gre la chose individuelle et qui, en ph nom nologie, s’appelle « monde ». Dans chaque exp rience de la chose, le monde ainsi compris se pr sente pour ainsi dire comme un surcro t inexpress ment exp riment . Il se manifeste comme toujours d j pr donn .

Cette pr donation du monde que Husserl approfondit toujours davantage dans les derni res ann es de sa vie de chercheur20, encourage Fink, crit L szl Tengelyi, d finir le monde, contrairement aux choses singuli res, comme ce qui est absolument non-modalisable21. Chaque exp rience singuli re peut Þtre modalis e de plusieurs faÅons, mais l’exp rience du monde en tant que telle,

18 19

220.

Ibid., 193. Eugen Fink, Alles und Nichts. Ein Umweg zur Philosophie, Den Haag, Nijhoff, 1959,

Edmund Husserl, Krisis der europ ischen Wissenschaften und die transzendentale Ph nomenologie, Hua VI, W. Biemel ( d.), Den Haag, Nijhoff, 1976, 112 sq. et 145 sq. 21 Fink, Alles und Nichts, 196. 20

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donn e dans chaque exp rience singuli re, n’est quant sable »22. L. Tengelyi en tire la conclusion suivante :

elle « pas modali-

Dans l’inmodalisabilit du monde proprement parler ne s’exprime […] que le rapport n cessaire la r alit effective, qui est une caract ristique essentielle de l’exp rience. Chaque exp rience est une rencontre et un contact avec la r alit effective. […] Il s’agit par l d’un rapport la r alit effective qui s’appuie moins sur les choses comprises ainsi ou autrement que, bien plut t, sur le monde lui-mÞme.23

D’o la r f rence positive aux r flexions fink ennes qui font suite au dernier Husserl. Mais il prend aussit t ses distances : Fink va toutefois trop loin quand il caract rise le monde comme un “Þtre n cessaire” (ens necessarium) au sens d’un tant non-conditionn 24. Il s’ loigne sur ce point de la m thode ph nom nologique husserlienne qui consiste constamment rapporter l’analyse cat goriale au processus d’exp rience (196).25

C’est aussi le point de vue de L. Tengelyi lui-mÞme qu’il cherche faire valoir de faÅon cons quente – dans son dernier livre et d j auparavant. Par rapport au monde, Fink s’est vu contraint, depuis le d but de son entreprise philosophique, d’aller au-del de la ph nom nologie. Dans le travail qu’il m ne de mani re autonome par la suite, il a mÞme quelque chose dire sur la m taphysique, quoique, en jetant constamment un regard sur la d termination heidegg rienne de l’« essence ontoth ologique de la m taphysique », il d crive sa pens e du monde comme « non m taphysique ». Il est clair, n anmoins, que lorsqu’il parle du rapport de l’homme l’univers, il veut bien r tablir au moins structurellement quelque chose de semblable la transcendance, dont L. Tengelyi crit son tour, eu gard la conception m taphysique du monde, que l’homme transcende en cela les choses dans l’univers. Mais L. Tengelyi labore justement sa propre conception m taphysique du monde comme une extension de la ph nom nologie bas e sur son transcendantalisme m thodologique. Si Fink va trop loin dans sa « prise d’ lan hors du transcendantalisme »26, ce n’est peut-Þtre pas parce qu’il absolutise le monde comme ens necessarium, ce Edmund Husserl, Die Lebenswelt. Auslegungen der vorgegebenen Welt und ihrer Konstitution. Texte aus dem Nachlass (1916 – 1937), Hua XXXIX, R. Sowa ( d.), Den Haag, Nijhoff, 1979, 246. 23 Tengelyi, Welt und Unendlichkeit. Zum Problem ph nomenologischer Metaphysik, 195. 24 Fink, Alles und Nichts, 239. 25 Tengelyi, Welt und Unendlichkeit. Zum Problem ph nomenologischer Metaphysik, 196. 26 Eugen Fink : « Ma voie tait le temps du monde comme embrassant des v nements originels sur-objectifs, non sur-subjectifs » – « Absprung vom „Transzendentalismus“! », dans Eugen Fink, « F nf lose Bl tter zur Zeitproblematik », dans R. Bruzina ( d.), Eugen Fink Gesamtausgabe, vol. 3/2, Freiburg/M nchen, Alber, 2008, 440. Il se pourrait aussi que Fink cherche en fait rester fid le une autre maxime, qui consisterait d pister le monde lui-mÞme, qui ne s’exprimerait travers les horizons du monde de notre exp rience que de mani re inappropri e, supposer qu’elle le fasse. Mais Fink avait d j aperÅu tr s t t le pi ge de cette voie g n 22

Ph nom nologie et m taphysique du monde

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que L szl Tengelyi lui reproche, mais parce qu’il absolutise un rapport au monde lorsqu’il y cherche « une derni re facticit » et, par l mÞme, met en mouvement et r sorbe tout (c’est- -dire toutes les structures de facticit qu’ tablit une philosophie encore transcendantale). Or, quel point L. Tengelyi proc de-t-il m taphysiquement en faisant reposer sa conception du monde sur les archi-faits ? Et pourquoi s’arrÞte-t-il des archi-faits d termin s ? Il faut sans doute prendre en compte comme l ment de r ponse le fait que c’est justement quand il est question de la r alit du monde, de la subjectivit et de l’intersubjectivit de son exp rience des archi-faits, que la question « pourquoi ? » atteint ses limites : Il appartient au caract re non-traditionnel de cette m taphysique de ne pas chercher les premi res raisons ni les premi res causes de l’ tant en tant qu’ tant. Elle s’appuie bien plut t d’embl e sur certains archi-faits. Dans la perspective de Husserl, la m taphysique ph nom nologique – contrairement la ph nom nologie transcendantale – ne peut en aucun cas Þtre comprise comme une science a priori. Au contraire, elle se d termine comme une science du facticiel dans laquelle la « n cessit d’un fait » n’exclut nullement un « noyau de hasard originel ».27

Cela promet aussi, la place de la pens e sp culative de Fink o la philosophie doit Þtre incluse dans et prise par les profondeurs du monde, une relation dynamique de la philosophie et du monde. Et cela induit une m thode diacritique pour laquelle l’infinit n’entre dans le monde que par la subjectivit , d’une part, cette infinit du monde tant rendue possible, d’autre part, par l’ouverture de la r alit du monde elle-mÞme, par l’indisponibilit , qui est justement li e l’exp rience du monde, et qui perturbe le syst me actuel de l’infinit des exp riences possibles, c’est- -dire apporte l’oppos un l ment d’alt rit qui, mÞme repris dans l’exp rience, est v cu comme sa contingence, mais n’y est jamais absorb . L’ouverture du monde chez L. Tengelyi porte cette alt rit en tique et en avait tir les cons quences. Ainsi, dans ce passage de la fin des ann es 1960 que l’on trouve dans ses archives – o Fink a « clarifi le fait que le temps pourrait ne pas Þtre compris philosophiquement partir de la conscience du temps » – un renversement a lieu : « le temps (comme temps du monde) est possibilisant pour les objets et pour le sujet constituant », ibid., 441. L’une des cons quences que l’on peut en tirer se trouve dans le cours de 1949 intitul Welt und Endlichkeit : « Mais ce qui est encore plus d cisif, ce n’est ni le simple rejet du monde int rieur, ni le d passement de tout tant vers le tout environnant, mais le droit chemin. Quand on ne pense qu’au monde, l’espace et au temps du monde pour ainsi dire, quand on y songe, dans la n gation du monde int rieur, comme l’englobant (Umfangende) qui est essentiellement diff rent de l’englob (Umfangene), seule l’inaccessibilit du monde, quand il merge, peut Þtre v cue comme hors de port e de la pens e m taphysique, qui mane de l’ tant – et qui peut-Þtre le rejette encore. […] L’auto-dissimulation de l’espace et du temps, leur se-montrer dans l’espace et le temps int rieurs est pr cis ment une mani re fondamentale par laquelle le monde se soustrait la pens e m taphysique », E. Fink, Welt und Endlichkeit, W rzburg, Ko¨nigshausen und Neumann, 1990, 201. 27 Tengelyi, Welt und Unendlichkeit. Zum Problem ph nomenologischer Metaphysik, 14.

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elle, qui est v cue comme contingence de l’exp rience, donc comme ce qui peut encore Þtre ph nom nologiquement attest dans l’exp rience. Il faut pr sent attirer l’attention sur un point qui est li la question de la r alit effective du monde et qui n’est pas inclus dans la relation diacritique entre la r alit effective totale et l’ouverture du monde, mais plut t dans la relation de la chose et du monde chez Husserl comme, aussi, dans l’interpr tation donn e par L. Tengelyi de l’id e au sens kantien chez ce dernier.

III. 2 De l’archi-fait de la corpor it vivante sans laquelle les choses ainsi que le monde des choses manquent de r alit Nous ne croyons la r alit effective non seulement travers le rapport au monde, mais aussi travers ce qu’alt re l’aperception du monde en tant que syst me infiniment ouvert d’exp riences possibles. Or on peut trouver chez L. Tengelyi une autre ligne argumentative qui, partir d’un archi-fait, claire ph nom nologiquement, et de mani re tr s authentique, la th se de la r alit effective du monde. C’est que cette r alit du monde est une expression enti re de toutes les tendances la convergence de l’exp rience. Aussi la strat gie de L. Tengelyi consiste-t-elle bien dans le fait de « […] saisir la r alit du monde comme une expression totale de toutes les tendances la convergence et de d duire la n cessit factuelle qui revient ces tendances la convergence de la n cessit factuelle de l’existence du monde »28. Mais d’un autre c t , la croyance en l’existence du monde est, chez Husserl, galement li e la donation en chair et en os de la chose singuli re dans l’accomplissement facticiel de l’appara tre sensible, donation qui, en revanche, ne peut Þtre attribu e qu’au sujet charnel. Ainsi, le caract re charnel de la perception de la chose dont se nourrit la foi en la r alit effective du monde des choses indique l’archi-fait de la corpor it vivante. L. Tengelyi crit propos de celui-ci ( la suite de Husserl) : « la n cessit factuelle se fonde chez Husserl sur l’archi-fait du cogito » ; tant que je pense, ou tant que je suis pleinement conscient de moi-mÞme, mon Þtre a une n cessit qui s’ tend en mÞme temps ma corpor it vivante et, avec elle, l’existence du monde, l’Þtre de mes semblables, et mÞme l’ v nement de l’histoire. Par cette extension du domaine des archi-faits, Husserl va s rement bien au-del de Descartes, mais il reste attach au point de d part cart sien du cogito.29

Ainsi, on a recours la « n cessit factuelle de la r alit du monde » comme une « n cessit performative relative l’accomplissement » sur laquelle se fonde 28 29

Ibid., 393. Ibid., 190.

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l’ v nement de l’appara tre, qui, lui, est en son fond un « appara tre sensible ». D’autre part, l’archi-fait de la corpor it vivante se fonde son tour sur cette sensibilit qui ne peut Þtre d duite ni du cogito, ni de l’ v nement de l’appara tre lui-mÞme, ni, d s lors, de l’Þtre du monde, quelle que soit la mani re naturaliste ou sp culative dont nous concevrions cet Þtre du monde. Le transcendantalisme m thodologique de la ph nom nologie apporte avec lui la sortie du cogito, bien que l’analyse de la formule cart sienne videre videor ait clairement montr que la sortie du cogito se r v le Þtre un recul vis- -vis du commencement v ritable de la philosophie, en l’occurrence vis- -vis de l’appara tre sensible. L’accomplissement de la conscience de soi et de l’autor flexion y joue un r le fondamental, mÞme s’il s’av re que cet accomplissement a toujours t port par l’exp rience inopin e (Widerfahrnis) de l’appara tre.30

L’archi-fait de la corpor it vivante r side essentiellement dans cette exp rience inopin e en tant que contact avec la r alit effective. Voil ce que nous trouvons galement dans une lecture similaire chez Levinas. Pour Levinas, le monde n’ tait assur ment pas une raison de l’appara tre ni d’un fondement m taphysique ou autre, ni, et encore moins, un absolu. D’apr s L. Tengelyi, il fut le premier avoir conÅu l’appara tre lui-mÞme comme v nement ou, du moins, avoir consid r – ainsi que nous compl terions cette th se de L. Tengelyi en envisageant Levinas dans sa diff rence d’avec Fink et Heidegger – le corps-chair comme point nodal, voire comme « nœud gordien » de ce contact avec la r alit . Levinas fut tr s explicite sur ce point et ce, au moins depuis son ouvrage de 1947, De l’existence l’existant. L. Tengelyi cite le passage suivant de Levinas : « Le monde n’est pas seulement constitu , mais aussi constituant. »31 Il le commente de cette mani re : Ce que Levinas a l’esprit, c’est l’appara tre de ce qui appara t en totalit ; ce qu’il veut uniquement souligner par l , c’est le caract re de donation inali nable de la ph nom nalit comme telle. C’est pourquoi il affirme que la ph nom nologie conduit l’effondrement de la simple repr sentation du monde (donc une ruine de la repr sentation). Il laisse entendre que, avant que je n’arrive me repr senter le monde, former en moi une repr sentation de lui, ce qui appara t dans son appara tre s’est d j de lui-mÞme impos moi. Pour la premi re fois, l’appara tre de ce qui appara t, la ph nom nalit dans sa totalit propre, est conÅu(e) comme un fait originaire (Urfaktum) qui conditionne toute constitution. On parle ici encore du monde, et il s’agit clairement de ph nom nologie.32

On trouve cependant chez Levinas quelque chose relativement la corpor it vivante, et formul de mani re semblable, savoir que la corpor it vivante est non seulement constitu e, mais encore constituante, inh rente l’ v nement de Ibid., 394. Emmanuel Levinas, « La ruine de la repr sentation », dans E. Levinas, En d couvrant l’existence avec Husserl et Heidegger, Paris, Vrin, 1974, 133. 32 Tengelyi, Welt und Unendlichkeit. Zum Problem ph nomenologischer Metaphysik, 279sq. 30 31

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l’appara tre en tant que son destinataire, sans qu’elle puisse pour autant Þtre d duite de ce dernier – ce qui a, du reste, aussi t vu par Husserl, du moins dans ses manuscrits de recherche. Levinas demeure sur ce point encore ph nom nologue lorsqu’il prouve que la corpor it vivante est une dimension ind niable et anachronique de la subjectivit ( thique). Mais, comme nous l’avons dit, L. Tengelyi n’a pas d velopp cette ligne argumentative ; toutefois, il a explicitement tendu sa liste des quatre archi-faits un cinqui me qu’est pr cis ment la corpor it vivante. Celle-ci est indispensable l’explication de la r alit effective du monde, mais, comme nous l’avons vu galement, elle d pend aussi d’autres archi-faits qui ne se laissent saisir aucunement par des causes ou des fondements non-fond s sp culativement. Les archi-faits que Husserl a maintenant l’esprit renvoient des structures de facticit qui s’associent au cogito et y impriment une immanquable r f rence aux l ments du monde, la corpor it vivante, l’intersubjectivit et l’historicit . Ceux-ci expriment ce qu’Eugen Fink a d crit comme « un auto-d passement immanent de l’ gologie » chez Husserl.33

L. Tengelyi mentionne d’ailleurs explicitement Levinas lorsqu’il tudie bri vement la relation entre le temps du monde et la conscience du temps – un th me majeur de la critique de la ph nom nologie chez Fink –, cette r f rence Levinas visant justement la corpor it vivante : La corpor it vivante du mÞme apporte avec elle des ph nom nes qui restent incompr hensibles sans r f rence au temps du monde. En tant que charnel, le mÞme est caract ris par des ph nom nes tels que la fatigue, le vieillissement et la mort. Levinas, qui fut le premier dans la tradition ph nom nologique mettre ces ph nom nes au centre de l’analyse du temps, avait s rement raison de conclure qu’il y a quelque chose dans le temps qui est irr m diablement r volu, donc qui ne fait plus jamais retour dans le pr sent, et qui ne peut en aucune mani re s’accomplir avec lui simultan ment (« Þtre synchronis »).34

Chez Fink, cette id e du monde constituant est conÅue autrement, car l’id e de constitution est abandonn e, raison pour laquelle il n’en va plus de la ph nom nologie qui, selon lui, n’est justement pas en mesure de saisir que « ce qui m’appara t s’est d j impos de lui-mÞme dans son appara tre ». Fink pense ce « de lui-mÞme » comme un v nement du monde, un v nement exig par le monde lui-mÞme. Il en va de mÞme dans le naturalisme. Pour L. Tengelyi, en revanche, il y a un mouvement aux limites de la ph nom nologie, un mouvement qui est pr cis ment d limit par les archi-faits et, partir d’eux, de l’int rieur du contact ph nom nologique avec la r alit effective, plut t que l’on puisse faire valoir la suppression ou la dissolution des archi-faits, comme c’est le cas dans la pens e naturaliste ou sp culative du monde (dans le contexte o devient chose une r alit de la r alit non modalisable du monde). Mais la th se selon laquelle 33 34

Ibid., 186. Ibid., 334.

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« chaque exp rience est une rencontre et un contact avec la r alit », se laisse interpr ter encore dans un autre contexte. Il s’agit l « d’une ‘th se particuli re’ de l’id alisme transcendantal, qui vise tablir la d pendance de l’existence r elle [real] d’une conscience actuelle, effective, c’est- -dire existant factuellement ».35 De la pens e de Husserl, selon laquelle « seule une exp rience effective, factuellement faite… » indique « de r elles possibilit s de motivation », partir desquelles un syst me infini de convergence peut cro tre », on peut conclure que, chez Husserl, « la conscience qui exp rimente effectivement se r v le comme un fait originaire, qui conditionne toute r alit ».36 Que Husserl en vienne finalement par l « envisage[r] une r alit qui, dans la conscience elle-mÞme, s’av re ind pendante de la conscience », pousse L. Tengelyi la supposition suivante : Tout se passe comme si une analyse plus approfondie du fait originaire « conscience » montrait ici comment la conscience renvoie, par-del elle-mÞme, quelque chose d’ind pendant de la conscience. On pourrait comprendre ce r sultat comme un d passement simultan de l’id alisme et du r alisme, ainsi que du subjectivisme et du naturalisme.37

La m taphysique ph nom nologique, telle que la conÅoit L. Tengelyi suite de Husserl,

la

rompt avec la poursuite de l’explication causale, parce que cette m taphysique conÅoit ce qui appara t dans son appara tre comme un v nement qui prend forme de lui-mÞme et, ainsi, porte avec lui quelque chose d’impr visible et d’inattendu. Mais un tel v nement ne clarifie que dans un cas insigne ce qu’il en est vraiment des archi-faits en g n ral. Nous ne devons pas n cessairement aller jusqu’ supposer avec Heidegger et Fink le « jeu du monde » qui, comme la rose d’Angelus Silesius, est sans pourquoi, pour pouvoir affirmer qu’un v nement impr vu et inattendu n’a jamais de cause ad quate.38

Cet accent mis sur les archi-faits l’encontre de la tendance, chez Heidegger ou chez Fink, les inclure et, ainsi, les dissoudre dans « l’ultime facticit » d’un n cessaire rapport l’absolu de l’Þtre ou du monde, constitue l’avantage du projet de L. Tengelyi vis- -vis de ceux de ces derniers et ce, non pas seulement dans son dernier ouvrage. Conclusion Dans un passage de son livre, L. Tengelyi dit tr s clairement : « Pour le dire sommairement, d’un point de vue ph nom nologique, l’infini vient au monde avec nous ».39 Mais il en va justement de ce monde, qui est infiniment ouvert 35 36 37 38 39

Ibid., 205. Ibid., 209. Ibid., 212. Ibid., 199. Ibid., 535.

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pour nous, non de la somme des choses qui s’y trouvent. D’autre part, le contact avec la r alit effective n’est pas assur par le rapport la totalit infiniment ouverte du monde, si toutefois il est vrai que cette relation d’ouverture au monde ne se r alise pas sans l’exp rience des choses singuli res en elle, ni sans l’accomplissement (f)actuel de l’exp rience sensible. Cette exp rience, sans laquelle aucun monde n’est r el, souligne l’ v nement d’appara tre, et, d’autre part, la corpor it vivante (Leiblichkeit), ou la corporalit de la chair (LeibKçrperlichkeit), qui n’entre pas dans cet v nement de l’appara tre lui-mÞme, mais demeure sa condition factuelle. Par l -mÞme, du fait que le cogito aussi bien que la corpor it vivante se d robent l’appara tre, leur relation se soustrait peut-Þtre la m thode diacritique – malgr le fait que ce soit l’ cart entre eux qui les relie de la faÅon la plus troite. Le recours au transcendantalisme m thodologique et sa m taphysique peut donc Þtre important non seulement pour l’ v nement d’appara tre avec ses dimensions d’ouverture, d’infinit , qui se r f rent l’intersubjectivit et l’historicit , mais aussi pour la corpor it vivante dans sa relation la subjectivit du cogito, comme deux archi-faits troitement li s, mutuellement irr ductibles. cet gard, Levinas tait et est aussi, apr s et c t de Merleau-Ponty, mais plus radicalement que lui, un important guide et pr curseur. Comme chez Husserl, la corpor it vivante en tant qu’archi-fait n’a pas t d velopp e pour elle-mÞme dans le projet de L. Tengelyi ; mais ce projet que L. Tengelyi pr sente – la suite de Husserl – non seulement comme une extension de ses id es sur la facticit mais aussi comme leur transformation, ouvre pr cis ment, par l’accent port sur l’inali nabilit de tels archi-faits, sur de nouvelles perspectives pour les recherches ph nom nologiques.

Sophie Loidolt

Zu den metaphysischen Urtatsachen! Das Ineinander der Monaden

Abstract In his last and major work, World and Infinity. On the problem of phenomenological metaphysics, L szl Tengelyi investigates, elaborates, and builds on Husserl’s metaphysics of primal facticity. Husserl’s idea of “primal facts” (Urfaktum) consists in an entanglement of the ego cogito, the world, and others: the “intentional Being-in-another of the absolute” which he regards as “the metaphysical primal fact.” As the irreducible givenness as such from which all reflection must start, this primal facticity implies a contingent necessity which precedes all eidetic variation. From this, Tengelyi draws a fundamental contingency that subverts Husserl’s transcendental idealism and transforms it into a methodological transcendentalism. In this paper, I investigate how Tengelyi expands Husserl’s theory with another primal fact of appearance itself, how he thereby seeks to distance himself from Husserl’s idealism, and how Husserl’s approach could still be defended.

L szl Tengelyis Verm chtniswerk Welt und Unendlichkeit ist ein großangelegter Entwurf einer ph nomenologischen Metaphysik, die sowohl die Urfaktizit t der Welt als auch ihre unendliche Tiefenstruktur in der Erfahrung betont. Ich mçchte in meinem Beitrag einen kleinen Ausschnitt aus diesem großen Entwurf kritisch w rdigen, der aber dennoch einen seiner Grundpfeiler darstellt: Tengelyis Entdeckung, Urbarmachung und Kritik von Edmund Husserls Metaphysik der Urfaktizit t. Da dieses Theoriest ck in der Husserl-Forschung wenig untersucht ist, weil sich daran viele ungelçste Fragen kn pfen, mçchte ich zu Husserl selbst zur ckgehen und seinen Entwurf Tengelyis Rezeption und Uminterpretation gegen berstellen. Zweifellos hat Tengelyi mit der Neufassung einer »Metaphysik der Urfaktizit t« Bedeutendes geleistet. Dabei ist es spannend zu sehen, wo und wie er sich von Husserls transzendentalem Idealismus distanziert. Denn gerade diese Distanznahme und Verschiebung scheinen das Vorhaben Tengelyis auszumachen, einen anderen Aspekt als Husserl in derselben Verschr nkung von Urtatsachen zu betonen und damit eine »andere ph nomenologische Metaphysik« als die Husserl’sche zu entwerfen: Wo f r Tengelyi eine »Metaphysik der Urtatsache der Welt« im Vordergrund steht, hebt Husserl den korrelativen Aspekt des »intentionalen Ineinander der Monaden« als »die metaphysische Urtatsache« hervor: »Diese Innerlichkeit des F reinanderseins als eines intentiona-

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len Ineinanderseins ist die ›metaphysische‹ Urtatsache, es ist ein Ineinander des Absoluten.«1 Die Gemeinsamkeiten und Unterschiede bzw. die Weggabelung in diesem Entwurf von Metaphysik nachzuvollziehen sowie Husserls scheinbar »metaphysisch verstiegene« Position etwas plausibler zu machen, soll im Folgenden die Aufgabe sein. Dabei gibt es eine ganz entscheidende Verwandtschaft zwischen Tengelyi und Husserl: Ihre Entw rfe sind, obwohl starke philosophische Positionen ohne Ber hrungs ngste zum Metaphysischen, nie wissenschaftsfeindlich. Was an Tengelyis Entwurf sehr zu sch tzen ist, ist, dass er auf einem »agonalen Respekt« den naturwissenschaftlichen und sogar naturalisierenden Ans tzen gegen ber besteht und sich verbittet, in den wenig hilfreichen Tonfall zu kippen, der »Wissenschaft als einen bloßen Wissenschaftsbetrieb abtut und die technische Zivilisation als Gestell brandmarkt«.2 Dennoch muss die transzendentale bzw. ph nomenologisch-metaphysische Weltdeutung sich soweit absichern, dass sie prinzipiell gegen die naturalisierende bestehen kann. Und hier ist Tengelyi ußerst vorsichtig, so vorsichtig sogar, dass dies die Frage nach der Stellung und Dignit t von Tengelyis metaphysischen Urtatsachen in der wissenschaftlichen Entwicklung aufwirft. Wenn es tats chlich so ist, dass »niemand weiß«, »ob und wie Geist, Bewusstsein, Subjektivit t, Transzendenz und Geschichtlichkeit aus einer in sich geschlossenen Natur begriffen werden kçnnen«, und wenn diese »uneingelçsten Versprechen« der Naturwissenschaften vielleicht tats chlich einmal eingelçst werden, dann ist es offen, ob aus den behaupteten »metaphysischen Urtatsachen« eines Tages nicht einfach simple, biologisch erkl rbare empirische Tatsachen werden kçnnen.3 Es bleibt (mir zumindest) unklar, ob Tengelyi dies selbst so offenlassen wollte. Das »Denken der Antinomie« von Naturalismus und Transzendentalismus,4 wie Tengelyi es mit Kant einfordert, w rde auf jeden Fall erfordern, dass die ph nomenologische Position in unwiderlegbarem Widerstreit mit der naturalistischen Option st nde. Ob er andererseits den Entwurf einer ph nomenologischen Metaphysik »bloß« als die Ausformulierung einer Seite einer dialektischen Antinomie betrachten mçchte, scheint mir ebenso bezweifelbar. Tengelyis Entwurf bleibt schließlich erfahrungsgebunden, und es bleibt dies eine Metaphysik einer Welt, in der wir leben und uns vollziehen. Darin scheint mir auch die St rke dieses Entwurfs zu liegen. Edmund Husserl: Zur Ph nomenologie der Intersubjektivit t. Texte aus dem Nachlass. Dritter Teil 1929 – 1935. Hg. von Iso Kern (Husserliana (Hua), Bd. 15). Den Haag 1973, 366. 2 L szl Tengelyi: Welt und Unendlichkeit. Zum Problem ph nomenologischer Metaphysik. Freiburg i. Br. 2014, 432. 3 Ebd., 427f. 4 Ebd., 432. 1

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1. Zu Tengelyis Entdeckung, Urbarmachung und Kritik von Husserls Metaphysik der Urfaktizit t 1.1 Der Ausgangspunkt bei Husserl Bekanntlich war Husserl sich ganz sicher, dass Geist, Bewusstsein, Subjektivit t, Transzendenz und Geschichtlichkeit nicht aus einer in sich geschlossenen Natur, d. h. aus einem Objektivismus heraus begriffen werden kçnnen. Er bezeichnet dies immer wieder klar als »Widersinn«.5 F r diese Position argumentiert Husserl aus der Wesenseinsicht heraus, dass alles, was Wirklichkeit, Wahrheit und Sein (in) der Natur heißen kann, letztlich Geltungs- und Ausweisungsgestalten sind, die ohne Bewusstsein schlichtweg nicht denkbar sind.6 Diese Einsicht wurzelt allerdings noch tiefer als nur im Eidetischen, n mlich in dem, was Tengelyi als Husserls »Metaphysik der zuf lligen Urtatsachen« herausarbeitet. Husserls ber hmte mathesis universalis, die den gesamten eidetischen Mçglichkeitsraum abstecken will, h ngt nicht irgendwo in der Luft des Wesenshimmels. Vielmehr kommt Husserl zu der Einsicht, dass »das jeweilige Ich bei der Erw gung eidetischer Mçglichkeiten sein faktisches Sein nicht berschreiten kann«.7 Und dieses faktische Sein ist kein gewçhnlich faktisches (tats chliches), das bloß die Realisierung einer Mçglichkeit ist. Es ist deshalb auch keineswegs mein empirisches Sein als diese oder jene Person mit dieser oder jener zuf lligen Herkunft und Geschichte. Vielmehr ist es mein urichliches Sein – oder wie Sartre sagt: das cogito –, das sich als ein »absolutes undurchstreichbares« und damit »notwendiges« Faktum erweist.8 Mein Wirklichsein liegt meinen Mçglichkeiten voraus. Ich kçnnte nat rlich immer anders sein. Aber dass ich nicht bin, ist mir im Vollzug des cogito nicht nur undenkbar; es ruht darauf jede mçgliche eidetische und nicht-eidetische Fiktion. Wie Tengelyi sofort richtig anmerkt, w re es »irref hrend und unfruchtbar«, dies einfach als althergebrachte Subjektmetaphysik abzutun.9 Wenn berhaupt, Eine prominente Passage dazu findet sich z. B. in den Ideen I, § 55. Edmund Husserl: Ideen zu einer reinen Ph nomenologie und ph nomenologischen Philosophie. Erstes Buch: Allgemeine Einf hrung in die reine Ph nomenologie. Hg. von Karl Schuhmann (Husserliana, Bd. 3/1). Den Haag 1976, 120f. 6 Vgl. dazu Hua 3/1, aber vor allem auch Hua 36: Edmund, Husserl: Transzendentaler Idealismus – Texte aus dem Nachlass (1908 – 1921). Hg. von Robin Rollinger, in Verbindung mit Rochus Sowa (Husserliana, Bd. 36). Dordrecht 2003. 7 Tengelyi: Welt und Unendlichkeit, 183. 8 Edmund Husserl: Zur Ph nomenologie der Intersubjektivit t. Texte aus dem Nachlass. Zweiter Teil 1921 – 1928. Hg. von Iso Kern (Husserliana, Bd. 14). Den Haag 1973, 155. 9 Tengelyi: Welt und Unendlichkeit, 184. F r Tengelyi f hrt dies auf einen bloß »methodologischen Transzendentalismus«, den man auch, wie er betont, gar nicht mehr »transzendentalen Idealismus« nennen sollte (ebd., 209 – 213). Tengelyi argumentiert in diesem Zusammen5

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dann handelt es sich hier eher um eine Vollzugsmetaphysik, die im Vollzug des cogito mehrere Aspekte notwendig miteinschließt. Das cogito ist insofern keine Wesenseinsicht, sondern der Vollzug des Seins, des Existierens schlechthin. Und es wird deutlich, wie radikal Husserl hier denkt, wenn er sogar den gesamten Mçglichkeits- und Wesensraum von diesem urfaktischen, unabweisbaren, notwendigen Seinsgeschehen (das f r ihn »Bewusstsein von …« heißt) abh ngig macht. Das Urfaktum ist also ein robuster Theorieteil bei Husserl und h ngt eng mit seinen ontologischen Einsichten in die Seinsart »Bewusstsein« zusammen. Mir scheint daher eine erste Zur cknahme in Tengelyis Darstellung darin zu liegen, dass er die Lehre vom Urfaktum haupts chlich auf die modale (und meontische) Konsequenz reduziert, dass »alle eidetischen Wesensformen, die durch die transzendentale Ph nomenologie ans Licht gebracht werden, einen ›Kern von Urzuf lligem‹ in sich bergen«.10 Auf diesen Punkt werde ich unter dem Stichwort der Absolutheit sp ter noch zur ckkommen. Das Vollzugsfaktum des cogito ist auf jeden Fall nur der notwendige Ausgangspunkt einer Verschr nkung von Urfakten, die auch nur in ihrer Zusammengehçrigkeit das Gesamte des zuf lligen Notwendigen ausmachen.11 Tengelyi arbeitet vier Aspekte bei Husserl heraus, vernachl ssigt (meines Erachtens zurecht) den vierten und f gt daf r einen f nften hinzu. Ich zeichne zuerst das von ihm pr sentierte Bild bei Husserl nach: Das (1) »Ich als Urfaktum« (2) hat eine »Welt«. Das bedeutet, dass der denkmçglichen Weltvernichtung12 eine urspr ngliche Welthabe vorausgeht. Dass nicht alles »Gew hl« ist, sondern sich eben eine zusammenh ngende Welt »immer schon« konstituiert hat, ist f r Husserl unmçglich in einer Deduktion a priori zu rechtfertigen, sondern ist eben ein letztlich kontingentes Urfaktum. Genau hang f r einen Realismus im Sinne einer »r ckl ufigen Konstitution«, eine Idee Husserls, auf die ich hier leider nicht ausf hrlich eingehen kann. Im Grunde geht es dabei darum, dass man, von uns ausgehend, r ckw rts konstituiert, dass es einmal eine »bloß naturhafte Schicht« gegeben habe, ohne jegliches Bewusstsein – womit Husserls transzendentaler Idealismus, der Bewusstsein als Seinsbedingung jedes anderen Seins ansetzt, durchgestrichen w re. Das ist sicherlich vern nftig und entspricht auch dem common sense. Aber wenn man es genau nimmt, l sst es sich sehr schwer mit »metaphysischen Urtatsachen« zusammendenken (hier gebe ich der Kritik Meillassoux‹ recht, ohne seiner Lçsung zuzustimmen). Husserl hat zudem an fast all den Stellen, wo er die Idee einer r ckl ufigen Konstitution entwickelt, sich wenige Zeilen sp ter selbst einen Einwand gemacht (z. B. in Hua 36, 136, aber auch wenig sp ter in der von Tengelyi selbst zitierten Stelle in Hua 36, 141: Husserl fragt sich selbst, »was das soll: Eine Welt […] existiert«). Hierf r gibt es mehrere Gr nde. Der wichtigste ist der, dass objektive Zeit nur intermonadisch konstituiert werden kann, dass es also (zumindest f r Husserls transzendentale Konstitutionsphilosophie) keinen Sinn macht, von einer Zeit vor dem Entstehen des Bewusstseins zu sprechen. 10 Ebd. 11 Ebd., 184ff. 12 Vgl. Hua 3/1, § 49.

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deshalb, so mçchte ich hinzuf gen, ndert dies aber nichts an der Denkmçglichkeit, dass diese Weltkoh renz zusammenbrechen kçnnte. Nur das cogito l sst sich nicht anders als existierend denken. Die Weltkoh renz l sst sich zwar nicht als nie existiert habend denken, da ich sie immer schon voraussetzen muss (ein Argument gegen den Skeptizismus). Aber sie l sst sich sehr wohl noch als z. B. zuk nftig nicht mehr existierend denken (in einer Art Zusammenbruchserfahrung). Das ergibt keinen Widersinn. Obwohl wir also zwei notwendig verschr nkte Urfakta haben, m ssen wir doch – und dies betone ich im Gegensatz zu Tengelyi – zwischen verschiedenen Evidenztypen dieser notwendigen Faktizit ten unterscheiden; und insofern bleiben die Erkenntnisse der Wesenslehre betreffend »Sein als Realit t« und »Sein als Bewusstsein« aus dem § 42 (und folgende) der Ideen I auch aufrechterhalten.13 (3) Diese Verschr nkung von Ich und realer Welt schließlich ist das, was Husserl »die metaphysische Urtatsache« nennt, und diese geschieht nur als das intentionale Ineinander der Monaden. Denn eine wirkliche Welt, ihre Realit t, Objektivit t und Subjektunabh ngigkeit kann sich nur intersubjektiv manifestieren, wie Husserl nachdr cklich in seinen berlegungen zur transzendentalen Intersubjektivit t zeigt. Der Vollst ndigkeit halber nenne ich noch die vierte Husserl’sche Urtatsache der (4) Geschichtsteleologie, die auch eine Gottesidee involviert. Weder greift Tengelyi diese Dimension weiter auf, noch mçchte ich dem hier etwas hinzuf gen, außer dass sich darin das verstehen wollende Staunen zeigt, dass sich dieses komplexe Urfaktum berhaupt ereignet und sich aus einer »Involution« emporentwickelt hat.14 Es gilt also festzuhalten: Die Urtatsache des cogito ist eigentlich schon immer die Urtatsache des verleiblichten, mundanisierten cogito im intentionalen Ineinander der Monaden, in dem sich eine reale Welt manifestiert. Weder lçst sich diese Welt in Bewusstsein auf, noch ist sie vom Stoff des Bewusstseins. Husserl ist weder Monist, noch Reduktionist, noch Kreationist15 – und die Verleiblichung steht keineswegs Husserls Idealismus entgegen, sondern gehçrt wesentlich zu ihm. Tengelyi suggeriert hier eine »Entwicklung« in Husserls Position, zu der er sich »durchringt« (Tengelyi: Welt und Unendlichkeit, 212) und die den absurden Idealismus der Ideen I hinter sich lasse. Dieser Interpretation w rde ich nicht zustimmen, weder werkimmanent noch aus sachlichen Gr nden. 14 Vgl. dazu: Klaus Held: Gott in Husserls Ph nomenologie. In: Ierna, Jacobs, Mattens (Hg.): Philosophy – Phenomenology – Sciences. Essays in Commemoration of Edmund Husserl. Dordrecht 2010, 695 – 710. 15 F r eine genauere Ausf hrung dieser Thesen vgl. meinen Aufsatz: Sophie Loidolt: Ein Kippbild? Realismus, Idealismus und Husserls transzendentale Ph nomenologie. In: Metodo. Special Issue: The Problem of Transcendentality, n.1, ch.2 (2017), 83 – 121, http://www.metodo-rivista.eu 13

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1.2 Die f nfte Urtatsache nach Tengelyi: das Erscheinen Tengelyi f gt nun diesen vier verschr nkten Urtatsachen noch eine f nfte hinzu, die er f r zentral h lt: »die Urtatsache des Erscheinens selbst«.16 An diesem Punkt, an dem Tengelyi einem Strang der franzçsischen Ph nomenologie folgt, in dem »das Erscheinen« sich im Grunde verselbstst ndigt (um nicht zu sagen, hypostasiert wird), entfaltet sich eine neue Interpretation der Urtatsachen. Diese mçchte vor allem »nicht idealistisch« sein. Die Verselbstst ndigung des Erscheinens, das sozusagen eine eigene Grçße wird, die der Subjektivit t von außen geschieht, ist gegen ein intentional sinngebendes Subjekt gerichtet, das sich die Welt allzu sehr zurechtzumachen scheint.17 Neben diesem Bestreben, einem Realismus Gen ge zu tun, gibt es in der franzçsischen Ph nomenologie auch die Tendenz, mit dem Erscheinen als eigener Grçße eine theologische Komponente einzuf hren.18 Dieser folgt Tengelyi nicht. Seine Sorge gilt vielmehr einer Selbstst ndigkeit des Welthaften. Mir scheint allerdings, dass er wie viele andere ph nomenologische Kritiker Husserls – die sogenannte »Souver nit t« des Bewusstseins (von der Husserl selbst nie spricht) und seine »Absolutheit« (von der Husserl sehr oft spricht) in einer Weise fasst, die Husserls Konzeption nicht ganz trifft. Gewiss ist Husserl transzendentalph nomenologischer Idealist, doch mir scheint, dass gerade durch die Lehre des Urfaktums klar wird, dass in diesem Idealismus Bewusstsein weder »abgekapselt« noch »souver n« ist. Ich mçchte im Folgenden die Kritikpunkte, die mir auf Missverst ndnissen zu beruhen scheinen, mit einigen Gegenargumenten entsch rfen. Dar ber hinaus mçchte ich in Frage stellen, inwieweit der »Theorieshift«, tats chlich vom Erscheinen als einer eigenen Grçße zu sprechen, nicht fehlgeht. Erstens scheint mir das Erscheinen zum Wesen des Bewusstseins zu gehçren und ist keineswegs von ihm zu trennen. Ein Erscheinen ohne ein »F r« (bzw. ein nur kontingentes, »Erst wenn deutlich verstanden wird, dass dem Erscheinen selbst der Charakter einer Urtatsache zukommt, die auf keine hçheren Ursachen zur ckgef hrt werden kann, wird der eigentliche Sinn von Husserls Metaphysik zuf lliger Faktizit t voll greifbar. Es gilt […], Husserls Ansatz zu einer Metaphysik der Faktizit t auch auf die metaphysica generalis auszudehnen.« (Tengelyi: Welt und Unendlichkeit, 190f.) 17 Vgl. dazu den Aufsatz Rudolf Bernets: Was kann Ph nomenologie heute bedeuten? In: Information Philosophie 4, 2010, 7 – 21, in welchem er die vielf ltigen Missverst ndnisse, denen Husserls transzendentale Ph nomenologie bei seinen unmittelbaren Nachfolgern ausgesetzt war, berblicksartig behandelt. 18 Vgl. dazu beispielhaft die Schriften von Michel Henry oder Jean-Luc Marion. Dominique Janicaud hat dies unter dem Begriff der »theologischen Wende« zusammengefasst. Vgl. Dominique Janicaud: Die theologische Wende der franzçsischen Ph nomenologie. Mit einem Nachwort von Burkhard Liebsch, herausgegeben und aus dem Franzçsischen bersetzt von Marco Gutjahr. Wien 2014. 16

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dem Erscheinen ußerliches »F r«) zu denken, erscheint mir widersinnig. Zweitens ist »das Erscheinen« kein Bindeglied und auch kein Medium zwischen dem »f r« und dem »von« des Erscheinens. Dies w rde, wenn man damit Ernst macht, auf eine Intentionalit tstheorie f hren, in der das intentionale und auch das nicht-intentionale Erscheinen dem Bewusstsein bloß ußerlich w ren (ebenso wie der erscheinende Gegenstand dem Erscheinen ußerlich w re). Dagegen f hrt schon Heidegger berzeugende Argumente in den Prolegomena an, da Intentionalit t dann eben zu einem bloßen Band, einem »dritten« Element, zwischen Bewusstsein und Welt gemacht und nicht als eine Wesenseigenschaft des Bewusstseins verstanden w rde.19 Dass Bewusstsein intentional ist, ist meines Erachtens nicht zu trennen davon, dass es eben der Ort des Erscheinens von Welt ist. In diesem Zusammenhang ist es wichtig zu verstehen, dass das, was Husserl mit »Bewusstsein« meint, kein Pol des Erscheinungsgeschehens ist, sondern das Erscheinungsgeschehen selbst.20 Dadurch ist keineswegs alles auf ein Ego zur ckgef hrt. Vielmehr zeigt sich die Welt auf der »B hne«, die Husserl als das transzendental reduzierte Bewusstsein herausarbeitet, mit all ihren unendlichen Horizonten. In ihr (und nirgendwo sonst) erscheinen alle Alterit ten, die diese Welt ebenso erfahren. Transzendental reduziertes Bewusstsein ist der entgrenzte Ort, an dem sich all dies zeigt. Und als solches ist es keineswegs abgekapselt, es ist immer offen, selbst wenn es »weltlos« ist. Das bedeutet n mlich nur, dass die sich in seiner Offenheit manifestierenden Erscheinungen eben keine Weltkoh renz mehr ergeben. Weltlos heißt nicht: Ich bin abgekapselt ohne Welt; sondern: Im Draußen-Sein ergibt sich keine Welt mehr. Nur so, scheint mir, kann man Bewusstsein auch als welterfahrendes denken. W re es abgekapselt, kçnnte eine dritte Grçße des Erscheinens selbst nie bewirken, dass etwas »f r« das Bewusstsein w re. Schließlich scheint mir drittens auch ein Realismus bez glich der erscheinenden Gegenst nde durch eine Urtatsache des Erscheinens selbst nicht st rker begr ndbar zu sein als in Husserls transzendentalem Idealismus. Oder ist dadurch die Konzeption eines »Dings an sich« wieder eingef hrt? (Dies ist eine These, die bei s mtlichen Autoren, die das Erscheinen hypostasieren, eigenartig unklar bleibt.) Ist man schon Realistin, wenn man eine solche Grenzfigur einf hrt? Und was w ren die Vorteile dieser Konzeption gegen Husserls Wahrnehmungsrealismus? Wie geht dies berhaupt zusammen, wenn man wie Tengelyi von eiVgl. Martin Heidegger: Prolegomena zur Geschichte des Zeitbegriffs. Frankfurt a. M. 1979, 40f. 20 Genauer ausgef hrt habe ich diese These in dem Aufsatz: Transzendentalphilosophie und Idealismus in der Ph nomenologie. berlegungen zur ph nomenologischen »Gretchenfrage«. In: Metodo. Special Issue: The Problem of Transcendentality. http://www.metodo-rivista.eu 19

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nem ph nomenologischen Ansatz ausgeht? Diese Fragen bleiben f r mich bei der Lekt re von Welt und Unendlichkeit ungekl rt. Ich mçchte mit diesen Fragen und Kritikpunkten allerdings keineswegs abtun, dass das Dass des Erscheinens, das Erscheinungsgeschehen selbst, eine bedenkenswerte Sache ist. Dies ist es meines Erachtens, insofern es das Sich-Vollziehen des Urtats chlichen ist, und nicht noch eine weitere Urtatsache. Die Betonung der Aktualit t des Geschehens ist gewiss etwas, das Tengelyi mit Husserl teilt. Doch Husserl w rde in einer selbstst ndigen Urtatsache des Erscheinens nicht den Gewinn f r einen Realismus sehen, sondern vielmehr eine begriffliche Ver ußerlichung des Erscheinungsgeschehens, welche Bewusstsein, Erscheinen und Welt zu drei verschiedenen Grçßen macht.

1.3 Tengelyis Kritikpunkte an Husserl und der Versuch einer Erwiderung Tengelyi verfolgt im Weiteren einen lebensweltlich orientierten Weg der Auslegung dieser Lehre von der Urfaktizit t ber seine vier Grundpfeiler: (a) Ding und Welt (»Weltph nomenologie«), (b) Metaphysik zuf lliger Faktizit t, (c) transzendentalph nomenologische Kategorialanalyse und (d) Diakritik von Totalit t und Unendlichkeit. Diesem spannenden Gesamtansatz kann ich hier nat rlich nicht gerecht werden. Vielmehr mçchte ich drei Kritikpunkte Tengelyis, mit denen er sich von Husserls Idealismus absetzen mçchte, mit meiner Lekt re von Husserls urfaktischer Grundkonstellation querlesen: (1) Die Kritik an einer »Abgekapseltheit« des Bewusstseins; (2) die Kritik an der »Absolutheit« des Bewusstseins und (3) die Behauptung, dass idealistisch gedachtes Bewusstsein »souver n« w re. Alle diese Punkte f hren Tengelyi dazu, die f nfte »Urtatsache des Erscheinens selbst« einzuf hren, um einen absurden Idealismus abzuwehren. Ich hoffe allerdings zeigen zu kçnnen, dass man Husserl durchaus nicht so lesen muss, dass also alle drei Vorw rfe in der Art, wie sie vorgebracht sind, und in den Konsequenzen, die sie zu implizieren scheinen, nicht haltbar sind. Ad (1) Tengelyi kritisiert, dass Husserl das Bewusstsein als einen »f r sich geschlossenen Seinszusammenhang« fasst, weil er meint, dass damit »die Region des reinen Bewusstseins von der Welt transzendenter (raumzeitlicher) Dinge abgesondert, ja abgekapselt« w re.21 Diese Argumentation, obwohl durchaus h ufig vorzufinden, scheint mir deshalb nicht ganz nachvollziehbar, weil Husserl mit dem »f r sich geschlossenen Seinszusammenhang« nichts anderes meint, als dass das Bewusstsein in keinen realen raum-zeitlichen und kausalen Verh ltnis21

Tengelyi: Welt und Unendlichkeit, 204.

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sen steht.22 Vielmehr ist alles, was f r das Bewusstsein ist, eben f r es. Und dies ist ein intentionales und kein kausales Verh ltnis. Insofern ist das Bewusstseinsgeschehen und alles, was f r es ist, ein in sich geschlossener Seinszusammenhang, welcher Kausalit t erf hrt, aber ihr nicht blind unterliegt wie eine Billardkugel im Raum. Dies eben bedeutet es, konsequent intentional, vom Erfahren, vom Erleben, vom Erscheinungsgeschehen her zu denken und nicht drittpersonal. Das ndert sich auch mit der Ber cksichtigung des Leibes nicht. Das leiblich-kin sthetische Fungieren ist nicht lokalisierbar im Raum an der Stelle xy, sondern es lokalisiert mich im Raum, es çffnet mich auf R umliches hin. (Das ist kein sprachlicher Trick: Ich erfahre mich r umlich, das Erfahren ist insofern situiert, aber damit ist es als Erfahren nicht plçtzlich ausgedehnt geworden und 1,70 Meter groß.) Insofern dringt auch in das leibliche Bewusstsein nichts kausal ein. Das heißt aber wiederum ganz und gar nicht, dass es abgeschnitten w re, nur weil es in seinem Erleben nicht in den Naturzusammenhang gehçrt, sondern Kausalit t eben erlebte Kausalit t f r es ist. Vielmehr kann sich Welt f r Bewusstsein nur deshalb manifestieren, weil es intentional, ein Dativ des Erscheinens ist. Tengelyi kritisiert Merleau-Ponty im brigen genau daf r, dass er diesen Unterschied verwischt und das cogito an seinen R ndern in etwas ausfranst, das nicht mehr cogito ist.23 Und ich denke auch, dass diese Kritik absolut berechtigt ist. Der Sache nach scheint mir also Tengelyi durchaus der Husserl’schen These zuzustimmen. Denn wenn etwas nicht in etwas anderes bergehen kçnnen soll, so muss es eben ein in sich geschlossener Seinszusammenhang sein. Einer, der kein »Innen« und »Außen« mehr kennt und deshalb auch gegen ber einem anderen nicht »abgekapselt«, sondern, gerade im Gegenteil, offen ist. Ad (2) Mit der »Absolutheit« des Bewusstseins wiederum meint Husserl nichts anderes als das, was im Urfaktum des cogito schon anerkannt worden ist. Absolutheit heißt nichts anderes als absolute Gegebenheitsweise, also dass ich mich ber das Dass meines Erlebens nicht irren kann. Die f r viele so unerhçrte Konsequenz, dass Husserl deshalb von einem absoluten Sein spricht, das sich abgrundtief vom relativen Sein des Realen unterscheidet, ber das ich mich immer t uschen kann, heißt im Grunde nur, dass Seinsbestimmungen aus der Gegebenheitsweise und nur aus der Gegebenheitsweise zu entnehmen sind. Man kann nat rlich argumentieren, dass bloße Gegebenheitsweise uns nicht ber das Sein aufkl rt und man dies (wie auch immer) anders zu entscheiden habe, aber dies w re dann eben kein ph nomenologisches Vorgehen mehr. (Dieses Vorgehen ist brigens nicht bloß beliebig oder Charakterfrage, Husserl bietet viele Argumente daf r, warum ein Sein hinter oder jenseits des Erscheinens und seiner 22 23

Vgl. Hua 3/1, 105. Vgl. Tengelyi: Welt und Unendlichkeit, 278.

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Kriterien zu denken widersinnig ist.) Nochmals: Bewusstsein ist ein absolutes Vollzugssein, und diese These beinhaltet keinen Verweis auf eine Substanzontologie. Dies dr ckt Tengelyi ja auch dahingehend aus, dass die Urtatsachen (Ich, Welthabe, intentionales Ineinander, Geschichtlichkeit) st ndig »performiert« werden.24 Doch wenn Tengelyi infrage stellt, ob die bloß faktische Notwendigkeit des cogito, die mit »Urzuf lligem« behaftet ist, »tragf hig genug [ist], um die ganze Last einer ontologischen Gegen berstellung von zuf lliger und notwendiger Existenz auf sich zu nehmen« (also Husserls Gegen berstellung von relativem und absolutem Sein in § 54 der Ideen),25 so frage ich mich, ob eine Urzuf lligkeit etwas an einer prinzipiell verschiedenen Gegebenheitsweise ndert. Immerhin ist ja auch das Erscheinen von Welt »urzuf llig«, aber doch relativ in seiner Gegebenheitsweise. Die »Notwendigkeit« der absoluten Gegebenheitsweise liegt darin, dass, wenn sie statthat (und das ist kontingent bzw. »urzuf llig«), sie nicht nicht sein kann. F r Welthaftes trifft dies prinzipiell trotz all seiner Urfaktizit t nicht zu. Man muss also trennen zwischen der Kontingenz der Urfaktizit t und der Notwendigkeit/Kontingenz der absoluten und relativen Gegebenheitsweisen. Oder umgekehrt gesagt: Kçnnte das cogito nicht Notwendigkeit f r sich behaupten trotz seiner ereignishaften Urzuf lligkeit, ist es schwer einzusehen, wie es seine »metaphysische« Dignit t aufrechterhalten sollte und nicht zum bloßen Faktum wird, das eben auch anders sein kçnnte. Aber eben genau so ist es nicht. Der Witz am cogito ist schließlich, dass es notwendig nicht anders sein kann, auch wenn es noch so kontingent ist – d. h., dass seine Notwendigkeit aus keiner vorg ngigen Wesensmçglichkeit ableitbar ist, sondern ein prim rer Wirklichkeitsvollzug ist, der eben keiner anderen Sache in seinem Seinsvollzug bedarf. Und mit ihm ist »Welt« ebenso »urfaktisch« gegeben. Ad (3) Des Weiteren bedeutet das keineswegs, dass ein so verstandenes Bewusstsein sich seine Sinngebilde und seine Welt »selbst machen« w rde und keine spontane Sinnbildung zulassen kçnne – dass es also, wie Tengelyi und viele andere Kritiker mit ihm behaupten, »souver n« w re wie ein staatliches Gebilde, das alles selbst entscheidet. Sehen wir uns daf r bzw. im Gegensatz zu dieser Behauptung Husserls Bestimmung der »Monade« an, die er als »urspr ngliche Einheit ph nomenologischer Erfahrung (als Einheit ph nomenologischer Selbsterfahrung)« bestimmt.26 Zu jeder Monade gehçrt Einheit eines Ich, ber die ganze Zeitdauer erstreckte Identit t des Ich mit allem Ichlichen, ferner Ichfremdes und doch ›Subjektives‹, ein notwendiger ichfremder Bereich der Monade. Also ein durch die immanente Zeit hindurch erstreckter Bereich von hyletischen Gegenst nden und evtl. ein in solchen immanenten Gegenst nden sich er24 25 26

Vgl. ebd., 190. Ebd., 204. Hua 14, 358.

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scheinungsm ssig darstellender Bereich von transzendent gesetzten Gegenst nden. Die vergangene Hyle schreibt in der Monade der k nftigen keine Wesensnotwendigkeiten des Kommens in ihrer Bestimmtheit vor. Die Hyle kommt zuf llig, sie steht nur unter den allgemeinsten Wesensgesetzen kontinuierlicher Zeitf llung.27

Zum Kern dessen, was eine Monade ausmacht, ein sogenanntes »absolutes Bewusstsein«, gehçrt also Ichfremdes, Passives, etwas, das hingenommen wird und keinesfalls produziert oder kreiert wird: »Keine Hyle […] kann ich erfinden, ich muss sie erfahren haben.«28 Gleichzeitig ist dieses Ichfremde reell immanent (vom Stoff des Bewusstseins selbst), d. h., es ist keineswegs als ein Von-AußenAffizierendes, Transzendentes misszuverstehen. »Ichfremd« heißt daher keineswegs nicht bewusstseinszugehçrig. Das Bewusstsein besteht nicht nur aus »Ich«. Es ist, wie bereits weiter oben in anderem Zusammenhang argumentiert, nicht ein Ende oder ein Pol des Gegebenheitsgeschehens, dem ein Anderes gegenberst nde, sondern es ist dieses Gegebenheitsgeschehen selbst mit seinen ichlichen und ichfremden Momenten, mit Passivit t und Aktivit t, Vorgegebenheit und Bet tigung daran (Husserl nennt dies manchmal »Ur-Ich«). Dies reicht bis in die tiefsten Zeitanalysen hinein. Husserl spricht in Zusammenhang mit seiner Monadenlehre, also auch dort, wo die Urtatsachen auftauchen, oft von »absoluter Einstellung«. Was er damit meint, ist im Grunde nichts als eine ganz konsequente Art, alles in der Relation des »f r« zu denken, des Dativs des Erscheinens. Das heißt: nie kausal zu denken, auch nicht in der nat rlichen Einstellung, sondern jede Kausalit t, auch psychophysische, als erlebte Kausalit t zu denken. Dies ist etwas ganz anderes als Kausalit t selbst, denn sie wird nun in Bewusstseinsbegriffen ausgedr ckt: als motivational, erlebt, erfahren, widerfahren. Man kçnnte diese Denkweise oder Einstellung auch als eine konsequent bzw. ausschließlich intentionale beschreiben – wobei ich mit dem Begriff »Intentionalit t« keine unnçtigen missverst ndlichen Assoziationen bez glich Vergegenst ndlichung, souver ner Sinngebung etc. verursachen will. Dass etwas »f r mich« ist, Bewusstsein eine (wie man auf Englisch sagt) »aboutness« besitzt, eine Relation, die in der Natur nicht vorkommt, nenne ich mit Husserl »intentional«. Dies muss keine Vergegenst ndlichung des Gegebenen miteinschließen (auf diesen Bereich der theoretisch-logischen Intentionalit t wird der gesamte Intentionalit tsbegriff manchmal eingeschr nkt), sondern kann vollkommen passiv sein, ein Widerfahrnis. Es ist trotzdem »f r mich« und nicht eine blinde, eben nicht erlebte Kausalit t, die die Billard-Kugel anstçßt. Auch Erscheinungs- und Sinnfelder existieren nicht einfach irgendwie ohne Dativ des Erscheinens, sondern sind f r … (ich w rde pr 27 28

Hua 14, 14. Hua 14, 113.

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zisieren: f r ein Bewusstsein in ichlich/nichtichlichen Best nden). Sinn und Erscheinen sind f r oder sie sind nicht. Husserl meint nun (ob dies tats chlich so ist, lasse ich hier dahingestellt), dass allein diese Art des Verstehens, des Verstehens aus dem «f r«, uns letztlich wirklich verstehen l sst, letztaufgekl rten Sinn f r uns bedeutet, was f r ihn bedeutet: »transzendental aufgekl rt«.29 Deshalb unternimmt er es auch, die intersubjektiven Beziehungen der Monaden rein aus dem F reinander zu denken. Die Herausforderung ist also die Beschreibung des Teilens einer Welt nur aus intentionalen Begriffen.

2. Husserls »Ineinander der Monaden« und die »absolute Einstellung« Damit komme ich zum »Ineinander der Monaden« als der metaphysischen Urtatsache bei Husserl. Zwei Thesen erscheinen mir hier wichtig. T1: Was eine Monade ist, kann man nur aus der transzendentalen Reduktion heraus verstehen.30 T2: Die zentrale These bez glich der Monadengemeinschaft ist, dass sie als ein »in sich geschlossener Seinszusammenhang« zu begreifen ist (ohne dabei ein Ego zu sein!), dessen Beziehung zu sich selbst und zu allem anderen strikt intentional, ein »F r-Sein« ist. Ad (1) Nur durch die transzendentale Reduktion kann der Schritt vollzogen werden, die Verleiblichung, Perspektivierung und Situiertheit meines Ur-Ich nicht als bloße Vergegenst ndlichung in der Welt zu apperzipieren (als »Bewusstsein im Kopf«). Vielmehr erschließt sich durch die transzendentale Reduktion die fundamentale Gegebenheitsdimension, die nicht mehr auf dem Außen/Innen-Schema beruht, sondern vielmehr Tiefendimensionen in sich birgt. Ich kann aus meiner Erfahrung nicht herausspringen und muss es auch nicht. Insofern fallen transzendentales Ich und Welt zusammen, ohne dasselbe zu sein. In der Gegebenheit von Welt enth llen sich vielmehr »wahre« Transzendenzen, n mlich die Anderen. Im Gegensatz zur Transzendenz der Gegenst nde sind diese prinzipiell unergr ndlich bzw. entzogen und doch gegeben f r mich. Durch diese Transzendenzen kommen die Tiefendimensionen des »Gegebenseins f r Andere« zustande, die sich in »meinem« transzendentalen Feld ereignen, ohne jemals darauf reduzierbar zu sein (und vice versa). Dies ist, in grçbster Form, mit dem »Ineinander« gemeint. Husserl nennt das durch die transzendentalph nomenologische Vgl. Hua 15, 370f. Dies impliziert auch, dass man Leibniz, außer als Reminiszenz, m. E. beiseitelassen kann. Husserl verweist mit seiner Begriffswahl zwar auf Leibniz, sein Gedankengang ist aber derart eigenst ndig, dass eine Analogie mit der Leibniz’schen Metaphysik in einer kurzen Andeutung eher Verwirrung als Kl rung stiftet. 29 30

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Reduktion erschlossene Feld manchmal auch etwas missverst ndlich »Innerlichkeit«. Wenn Husserl also das bekannte »in te redi« gebraucht,31 dann handelt es sich dabei nicht um ein »Nach-Innen-Gehen« oder ein »Nach-Innen-Schauen«, sondern um das Erçffnen der »Innerlichkeit« auf radikale Transzendenzen hin, die nicht mehr »außerhalb« von mir sind, sondern die in meinem Gesamterfahrungshorizont impliziert sind. Ad (2) Die fundamentale Dimension der Manifestation qua transzendentale Subjektivit t ist, wie gerade ausgef hrt, nicht noch einmal »in« etwas drinnen. Nichts dringt in sie ein und nichts schl pft aus ihr heraus, wie Husserl sagt.32 Ich habe bereits weiter oben argumentiert, dass aus dieser These des »in sich geschlossenen Seinszusammenhangs« keine »Abgekapseltheit« abgeleitet werden darf, so als ob ein System in sich geschlossen w re, das dann noch einmal in einer Außenwelt situiert wird, mit der es aber nichts zu tun hat. »Immanenz« heißt f r Husserl also nicht etwas Abgeschlossenes, das dann noch »in« irgendetwas ist (eine Substanz, die irgendwo lokalisiert werden kann und gelegentlich in Beziehung tritt mit der Welt),33 sondern eine im stehenden Strçmen sich selbst hervorbringende Koh renz, was nichts anderes als das offene Feld des Erscheinens ist. In der intermonadischen Perspektive wird nun das Urfaktum des Teilens einer Welt von diesem unvermeidlichen, im wahrsten Sinne urfaktischen Ausgangspunkt her rekonstruiert. Also nicht so, dass uns ußere Objekte kausal affizieren oder wir sie sonst irgendwie »teilen«, sondern dass jeweils in unseren Erfahrungen wir ineinander intentional als Transzendenzen impliziert sind und uns in unseren Welterfahrungen wechselseitig motivieren. Wie geht das? Notwendig nur ber Verleiblichung. Eine der Hauptthesen von Husserls transzendentalph nomenologischem Idealismus ist, dass es keine Objektivit t ohne Intersubjektivit t und keine Intersubjektivit t ohne Verleiblichung gibt. Eine Monade muss »mundanisiert« sein, sie muss sich in der Welt selbst objektivieren, was nur durch leibliche Verortung (der erlebte Koordinatenpunkt 0) mçglich ist. Das heißt: Diese Erfahrungseinheit, die eine Monade ist, muss Erfahrungen machen, die sie in der Welt lokalisieren. Ebenso kçnnen sich andere in meiner Erfahrung nur manifestieren, wenn sie als Leiber auftauchen. Der Clou und die Schwierigkeit sind aber, dies nicht als ußerliches Voreinander-Auftauchen zu denken. Das Erscheinen ist nicht etwas, das sich r umlich zwischen irgendwelchen verleiblichten Subjekten abspielen w rde. Edmund Husserl: Cartesianische Meditationen und Pariser Vortr ge. Hg. von Stephan Strasser (Husserliana, Bd. 1). Den Haag 1950, 183. 32 Vgl. Hua 3/1, 105. 33 Ebd. 31

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Husserl diskutiert diese Schwierigkeiten in verschiedenen systematischen Punkten, die ich hier nur kurz anf hren kann: (a) die Konstitution der intermonadischen Zeit; (b) die Frage nach der Identit t der Erscheinungen: Was heißt es, dass uns derselbe Baum erscheint, n mlich in Bezug auf die Erscheinung? (Es handelt sich ja nicht um numerisch dieselbe Erscheinung, ebenso wenig wie das zeitliche Verfließen des Bewusstseinsstroms in (a) dasselbe ist; genauso wenig kann es sich um einen Repr sentationalismus handeln); (c) die Frage nach monadischer und intermonadischer Kausalit t, in Leibniz Vokabular: »Spiegelung«; und (d) die Frage nach dem Urfaktum der »Koordination« zwischen den Monaden.34 Ich mçchte kurz auf die Punkte (c) und (d) zu sprechen kommen. Die ber hmte Frage ist hier: Haben Monaden Fenster und/oder T ren? Husserls Antwort ist, dass sie keine »T ren« haben im Sinne von reellen Einfallspunkten in den Bewusstseinsfluss, da alles »f r« sie ist. Aber Monaden haben »Fenster« in dem Sinn, dass sie einander intentional bestimmen kçnnen. Um diese eher ungl ckliche Metapher zu modifizieren (die suggeriert, dass Monaden H user w ren, in denen kleine transzendentale Egos sitzen, die zum Fenster hinausschauen und ihre T ren versperren), w rde ich vorschlagen zu sagen: Monaden »haben« keine Fenster, sie »sind« in gewisser Weise Fenster, Offenheiten, f r die sich das Weltgeschehen in verschiedenen Perspektivit ten abspielt (»Spiegelung«). Monadische Kausalit t heißt nun nicht »Hineinwerfen von etwas in einen Topf«,35 sondern ist eigentlich eine Kausalit t, die als Motivation in mir stattfindet. Ebenso die »Koordination»: Die Monaden sind nicht ein blosser Haufen von isolierten Einheiten mit einer usserlich ihnen auferlegten Regelung f r die in ihnen eintretenden Erlebnisse. Sie »richten« sich nacheinander. In einer Monade konstituiert sich eine Natur, und das monadische Ich greift t tig in die Natur ein. Schon die Wahrnehmungst tigkeit ist ein Eingreifen, das die Natur ndert, und doch die Naturordnung selbst als solche nicht ndert. […] Ja, sofern jede Monade berhaupt nach ihrer gesamten «Innerlichkeit« f r jede andere erreichbar ist, so geschieht nichts in einer Monade, was nicht jeder anderen eine Regel vorschreibt.36

Monaden, so kçnnte man im Gegenwartsvokabular sagen, sind also ganz und gar nicht isoliert, sondern »supervernetzt«. Dar ber hinaus ist dem Gesamtsetting klar zu entnehmen, dass Husserl Monaden nicht als einander ußerliche, gleichlaufende Uhrwerke betrachtet (die dann nat rlich jemanden bençtigen, der sie gleichlaufend einstellt, also einen Uhrmachergott). Vielmehr ist das Einander- ußerlich-Sein als ein »reelles« zu fassen, d. h. als eine Trennung zwischen Diese Gedanken werden haupts chlich in den Intersubjektivit tsb nden entwickelt, vor allem Husserliana Band 14 und 15. 35 Hua 14, 365. 36 Ebd. 34

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Bewusstseinsstrçmen, welche Husserl gerne mit der Metapher des »Abgrunds« versieht (denn es handelt sich ja dabei nicht um die zwei Meter, die zwischen uns liegen). Das r umliche einander ußerlichsein » bersetzt« vielmehr das reelle einander ußerlichsein: »Das reelle Aussereinandersein und als aussereinander weltlich Erscheinenm ssen ist aber eine Weise der konstituierenden Selbstabscheidung des jeweils eigenen Daseins als etwas F r-sich-seiendes gegen ber andern ebenso F r-sich-selbst-seienden […].«37 Eine Welt zu teilen, heißt demnach nat rlich nicht, eine Hyle (eine Bewusstseinssubstanz) zu teilen; noch heißt es, von demselben Ding »da draußen« affiziert zu werden, das dann die Hyle in jedem Bewusstsein so und so pr gt. Letzteres w re entweder ein Locke’scher, klassischer Ansatz des Repr sentationalismus oder, weniger theoriegeladen, eine lebensweltliche Beschreibung. Im Gegensatz dazu mçchte die Beschreibung in der »absoluten Einstellung« jede Mçglichkeit eines objektivistischen oder kausalistischen Missverst ndnisses ausschließen. Es geht daher um das Erfassen eines reziproken intentionalen Bestimmtseins in dem Sinn, dass ich in jemandes Erfahrung impliziert bin, so wie sie in meiner impliziert ist – durch unsere leiblichen Erscheinungen und Handlungen in der Welt. Und diese Erfahrung hat kein Außerhalb. Daher tr umen wir nicht irgendwie getrennt voneinander denselben Traum. Vielmehr enth llt sich mir in meiner Erfahrung (die reale Naturerfahrung und Lebenswelterfahrung ist) die radikalste Art von Transzendenz qua Ko-existenz. Reelles Außereinander und intentionales Ineinander sind also keine Widerspr che, sondern zwei Seiten einer Medaille, so Husserl.38 Oder: Das reelle Außereinandersein f llt zusammen mit dem Intentional-ineinander-impliziert-Sein. »F reinander« zu sein, bedeutet intentional gefasst, »ineinander« zu sein. Und das ist f r Husserl die metaphysische Urtatsache: ein »Ineinander des Absoluten«.39 Das Erstaunliche ist also, dass f r Husserl das Absolutsein ein plurales sein muss. Transzendentale Existenz ist eo ipso transzendentale Koexistenz bzw. »transzendentales Mit-Ich« (Hua 15, 370:). Miteinander Absolutsein, Koexistieren ist in und aus Wechselerkenntnis Koexistieren, ›Anund-f r-sich’-sein ist als absolutes f r jedes andere Absolute und so f r die transzendentale Intersubjektivit t Allsubjektivit t-sein. Kein Absolutes kann sich der universalen Koexistenz entziehen, es ist Unsinn, dass etwas ist und mit keinem Sein in Konnex steht, dass es allein ist. Nicht nur ich bin kein solus ipse, kein erdenkliches Absolutes ist solus ipse, das ist schlechthin Unsinn. Und so ist es, wenn das Sein der Welt transzendental aufgekl rt ist, evident, dass auch Natur undenkbar ist als absolut f r sich seiende. Sie ist nur denkbar als Natur in einer menschlichen Umwelt und mit menschlichen Leibern und als transzendental

37 38 39

Hua 15, 368. Vgl. Hua 15, 590. Ebd., 366.

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Sophie Loidolt

Konstituiertes der transzendentalen Intersubjektivit t – der: ich bin dabei, und darin liegt eine Faktizit t, die selbst wieder zu berwinden ein nonsens ist.40

Was gewinnen wir aus den metaphysischen Erkenntnissen dieser »absoluten Einstellung« und warum sollten wir berhaupt so denken? Husserl, dies sollte man sich in Erinnerung rufen (denn es mag erstaunen), sieht sich ja als jenseits der klassischen philosophischen Realismus-Idealismus-Debatte stehend, auch mit diesen Betrachtungen.41 Dar ber hinaus versteht er sich durchaus als einen Wahrnehmungs- und Lebensweltrealisten, der auch die auf diesen Wahrnehmungen konstruierten Naturwissenschaften voll und ganz bef rwortet solange sie nicht das methodisch Substruierte f r die urspr ngliche Seinsgestalt halten (das »Ideenkleid« f r »wahres Sein«).42 Was bringt ihn dann dazu, neben der lebensweltlichen Perspektive noch diese »metaphysische« anzusetzen, die seiner Auffassung nach dem Lebensweltrealismus keinesfalls widerspricht, sondern ihn nur endg ltig transzendental expliziert? Ich denke, es kçnnte dieses Motiv sein: Wenn Bewusstsein nicht reduzibel ist auf Natur (genauso brigens, wie Natur nicht reduzibel ist auf Bewusstsein, deshalb aber auch nicht absolut ist), wenn es irreduzibles F r-(sich-)Sein ist, dann muss eine Beschreibung rein von der Bewusstseinsperspektive her so aussehen, dass sie alles intentional nachvollziehen kann. Husserls »Idealismus« ist also eine Art von Erkl rungsform und keine Substanz- oder gar Letztbegr ndungstheorie im Sinne der metaphysischen Letztbegr ndung von notwendigem Sein. Die unerkl rbare Faktizit t bleibt ja, ebenso wie der Verzicht auf eine Substanzontologie. Wie Tengelyi bemerkt, m ssen die Urtatsachen st ndig performiert werden, und nur als solche sind sie Urtatsachen.43 Hua 15, 370f. »Was nicht erkannt werden kann, das kann auch nicht sein, Sein ist Erkennbarkeit, und was nicht ohne Andere erkannt werden kann, kann nicht ohne Andere sein. Was als notwendig seiend erkannt wird als ein mir, dem Erkennenden, Transzendentes, das ist nicht ein blosses ›Erkenntnisprodukt‹, sondern ist an sich wirklich [also nicht bloßes Produkt!]. ›Wie kann ich wissen, was apriori in mir als unbedingt und evident g ltig erkannt wird, f r alles Seiende wirklich gilt?‹ etc. Das vermeinte R tsel der Erkenntnis. Das alles lçst sich durch konstitutives Aufkl ren, und lçst sich nur durch die transzendentale Ph nomenologie. Also absolut bin ich aus absoluter Selbsterkenntnis, zu der auch rechnet die Erkenntnis, dass das Selbst-erkennbar-sein, und in einer niedersten Stufe der Selbstzeitigung ›Erkannt‹ sein, das F r-mich-selbst-sein, mein Sein ausmacht. Und weiter, dass in mir alles, was ist, erkenntnism ssig beschlossen ist und dass dieses Beschlossensein f r andere transzendentale Ich besagt: absolut mit mir Koexistieren aus meiner Konstitution und in Wechselkonstitution.« (Hua 15, 370) 41 Vgl. Hua 1, 33f. 42 Edmund Husserl: Die Krisis der europ ischen Wissenschaften und die transzendentale Ph nomenologie. Eine Einleitung in die ph nomenologische Philosophie. Hg. von Walter Biemel (Husserliana, Bd. 6). Den Haag 1954, 52. 43 Tengelyi: Welt und Unendlichkeit, 190. 40

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Was heißt also das Absolut-Sein hier? Zun chst sieht Husserl in der Gegebenheitsweise die Seinsbestimmung. Dass ich mich in der unabweisbaren Urfaktizit t ber das Dass-Sein der Gegebenheit von Ich und Nicht-Ich im cogito nicht irren kann, liegt an der Weise der Gegebenheit, die unabweisbar, undistanzierbar, absolut ist, eben das Erleben selbst. Die Absolutheit der Gebung ist nichts anderes als das Wesen dessen, was Husserl Bewusstsein nennt. Der Clou aber scheint mir nun zu sein, dass Bewusstsein bei Husserl absolut und kontingent ist, genauer: dass es plurales Miteinander-Absolutsein ist, das sich selbst als kontingentes Urfaktum entdeckt. Absolutsein bedeutet hier daher nicht wie in der klassischen Metaphysik, notwendig zu sein/existieren. Aber die Kontingenz der schieren Existenz des cogito ndert umgekehrt auch nicht seine Gegebenheitsweise. Es ist prim rer Wirklichkeitsvollzug, der immer schon vom Nicht-Ich durchsetzt/begleitet ist, was nichts daran ndert, dass er f r diesen Seinsvollzug »keiner anderen Sache bedarf« (wie das bekannte Zitat lautet).44 Doch: Dieser Seinsvollzug entdeckt sich als verwoben mit einem Urfaktum der Welt und darin gleichzeitig als »immer schon« Miteinander-Absolutsein. Das Gegensatzpaar der Gegebenheitsweise von »relativ« und »absolut« scheint mir also, im Gegensatz zu Tengelyis berlegungen, durch die Lehre des Urfaktum nicht aufgehoben, sondern vielmehr situiert zu sein: in einem urfaktischen Gesamtzusammenhang, der sich sowohl von absoluter Perspektive als auch von lebensweltlicher Perspektive her aufrollen l sst. Das scheint mir Husserls »big picture« zu sein, das freilich nicht frei von Schwierigkeiten ist. Tengelyi argumentiert, wie mir scheint, eher f r eine welthafte Urfaktizit t, einer, bei der die Kontingenz des Erscheinens im Mittelpunkt steht, keiner der Beteiligten »absolut« ist und die Unhintergehbarkeit der Urtatsachen auf einen metontologischen und methodologischen Transzendentalismus zur ckgeschraubt wird. Wie sich ein solcher methodologischer Transzendentalismus letztlich zu Naturalisierungstendenzen verh lt, m sste noch weiter ausgearbeitet werden, zumal es sich nicht einfach um ein klassisch kantisches Modell handelt. Denn die Naturwissenschaft und der Naturalismus machen sich nicht einmal die M he, die Urtatsachen wegerkl ren zu wollen, wie Tengelyi meint.45 Sie brauchen sie schlichtweg nicht. Sie sehen sie als empirischen Schleier, den man mithilfe der Mathematik beiseiteschieben kann und immer schon beiseitegeschoben hat. F r eine reduktionistische Naturalistin ist »das Erscheinen« nicht weniger »subjektiver Rest« (der naturalisierbar ist), als es »Bewusstsein« ist.

Dieses lautet im R ckgriff auf Descartes: »Das immanente Sein ist also zweifellos in dem Sinne absolutes Sein, daß es prinzipiell nulla ›re‹ indiget ad existendum.« (Hua 3/1, 104) 45 Ebd., 223f. 44

Inga Rçmer

Ist die Zeit eine Kategorie? Zum kantischen Erbe einer ph nomenologischen Metaphysik

Abstract The article inquires into the Kantian heritage of a phenomenological approach to metaphysics, and it does so by treating the specific question, whether phenomenological time is an intuition, as for Kant, or rather a category. The first section shows how L szl Tengelyi interprets and appropriates Husserl’s notion of time as a phenomenological category. The second section shows why Kant defended a strict separation between intuition and concept, between form of intuition and category, and why time is on the first side of this opposition. The third section discusses Paul Ricœur’s interpretation of the Husserlian notion of retention and argues on this basis for a double character of time as intuitive just as much as pre-categorical. The article defends the thesis that the origin of time-constitution in retention is an aporetic phenomenological difference between a pre-categorical and an intuitive phenomenon, impossible to be interpreted as a chronological transformation of an ontotheological origin.

Es scheint heute nahezu unumstritten zu sein, dass die Bewegung der Ph nomenologie nur dann an die Tradition der Metaphysik anzukn pfen vermag, wenn sie sich von der Metaphysik als Ontotheologie distanziert und stattdessen die von Kant erçffnete Linie einer kritischen Erneuerung des Problems der Metaphysik weiterzuf hren sucht. In welcher Weise allerdings eine derartige ph nomenologische bernahme des kantischen Erbes mçglich ist, bleibt kontrovers, nicht zuletzt deshalb, weil Ph nomenologen zuweilen bei Kant selbst noch transformierte Figuren einer Ontotheologie erblicken. Die folgenden berlegungen stellen sich in genau diesen weiteren Zusammenhang der Frage nach der Mçglichkeit einer ph nomenologischen Weiterf hrung und Erneuerung des kantischen Erbes einer kritischen Metaphysik. Sie verfolgen ein Problem, welches in den Bereich einer kritisch transformierten metaphysica generalis gehçrt. Kant hatte zwar die metaphysica generalis f r unmçglich erkl rt, da es vom Ding als Ding keine Erkenntnis gibt; eine auf mçgliche Gegenst nde der Erfahrung eingeschr nkte Ontologie jedoch ist aus seiner Sicht durchaus mçglich.1 Die reduzierte Frage ist dann, welche Transzendentalien in Bezug Vgl. vor allem die »Preisschrift ber die Fortschritte der Metaphysik«. In: Immanuel Kant: Kant’s gesammelte Schriften, Band XX (AA XX), Kant’s handschriftlicher Nachlaß. Band VII. Hg. von der Preußischen Akademie der Wissenschaften. Berlin 1942, 255 – 332, 1

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auf mçgliche Gegenst nde der Erfahrung ausgemacht werden kçnnen. Trotz Husserls Kritik an Kant kann in seiner transzendentalen Ph nomenologie in der Erforschung des Korrelationsapriori eine Weiterf hrung dieses Projektes einer kritischen metaphysica generalis und Ontologie gesehen werden. Genauer gesagt liegt jene Weiterf hrung in der Erforschung der objektiven Seite dieses Korrelationsaprioris, welche bei Husserl zu einer Aufspaltung in formale und materiale Ontologie f hrt. Die konkrete Frage, die uns hier interessiert, mutet einerseits speziell an, ist andererseits jedoch von bemerkenswert großer Tragweite f r die Frage nach einer ph nomenologischen Weiterf hrung des kantischen Erbes einer kritischen Metaphysik. Es handelt sich um die Frage, ob die Zeit eine Kategorie ist. F r Kant ist sie es keineswegs. Dieser Umstand ist alles andere als nebens chlich im Zusammenhang der kritischen Philosophie, weil Kants Bruch mit der rationalistischen Metaphysik Leibnizianisch-Wolffianischer Provenienz wesentlich an den neu entdeckten Anschauungscharakter der Zeit gebunden ist.2 Wie aber steht es mit Husserl? Ist die Zeit nach Husserl eine Kategorie? Und wenn sie es ist, in welcher Weise ist sie es? Nach L szl Tengelyis Interpretation des sp ten Husserl ist die Zeit in der Tat eine Kategorie. Ist diese Perspektive jedoch die einzig mçgliche im Ausgang von Husserl, eine Perspektive, die in der Tat einen wesentlichen Bruch mit dem kantischen Erbe zu bedeuten scheint? Oder l sst sich nicht vielleicht ein ganz neuartiger Anschauungscharakter der Zeit bei Husserl auffinden, welcher der kantischen Grundunterscheidung von Begriff und Anschauung in zwar wesentlich verwandelter, aber nichtsdestotrotz noch wiedererkennbarer Form Rechnung tr gt? Dieser Frage gehen die folgenden berlegungen in drei Abschnitten nach. Der erste Abschnitt stellt Tengelyis Interpretation von Husserl und seine Aneignung derselben dar, welche auf die These eines spezifischen kategorialen Charakters der Zeit hinauslaufen. Der zweite Abschnitt weist die Gr nde auf, die Kant zu einer strikten Trennung von Begriff und Anschauung und damit von Kategorie und Anschauungsform Zeit gef hrt haben. Der dritte Abschnitt geht mithilfe der Interpretation von Ricœur einer Perspektive bei Husserl nach, die einen eigent mlichen, gegen ber Kant neuartigen Anschauungscharakter der Zeit nahezulegen scheint. Hierbei wird folgende Hypothese als Leitfaden fungieren: Husserls minutiçse Analysen zur erweiterten Gegenwart scheinen dazu anzuhalten, in der Zeit keine Kategorie, sondern vielmehr den aporetischen Quellpunkt eihier: 260: »Die Ontologie ist diejenige Wissenschaft […], welche ein System aller Verstandesbegriffe und Grunds tze, aber nur so fern sie auf Gegenst nde gehen, welche den Sinnen gegeben, und also durch Erfahrung belegt werden kçnne, ausmacht.« 2 Vgl. dazu in j ngerer Zeit vor allem FranÅois-Xavier Chenet: L’assise de l’ontologie critique. L’esth tique transcendantale. Lille 1994.

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ner spezifisch ph nomenologischen Differenz von Kategorialit t und schlichtem Anschauungscharakter zu sehen, eine Entdeckung, die f r die Idee eines nicht-ontotheologischen Umganges mit dem Problem der Metaphysik von grundlegender Bedeutung ist. Das Schlusswort gibt einen Ausblick auf die Implikationen und Konsequenzen dieser Position.

1. Die Kategorialit t der Zeit – Tengelyi im Ausgang von Husserl Die Hauptthese, die Tengelyi in seinem Buch Welt und Unendlichkeit im Anschluss an Husserl vertritt, lautet: Eine der Ontotheologie gegen ber kritische ph nomenologische Metaphysik ist eine Metaphysik der Urtatsachen, die sich mit einem bloß methodologischen Transzendentalismus verkn pft.3 Der Grundgedanke dieser These ist folgender: An die Stelle eines ersten Ursprungs, der als Ableitungsprinzip fungiert, treten mehrere Urtatsachen (Ego, Welt, Intersubjektivit t, Geschichtlichkeit, das Erscheinen des Erscheinenden), die als erste ph nomenologische Gegebenheiten den Status einer bloß hypothetischen Notwendigkeit beanspruchen kçnnen (d. h., so lange sie gegeben sind, sind sie notwendig); diese in sich gestreute Urfaktizit t hat zur Folge, dass eine ein f r alle Mal abgeschlossene Setzung von Transzendentalien unmçglich wird und diese nach Tengelyi den bloß noch methodologischen Charakter von vorl ufigen Einstimmigkeitstendenzen der Erfahrung beanspruchen kçnnen. Gemeint ist mit dem Begriff ›methodologischer Transzendentalismus‹ ein »offener Transzendentalismus, der die Suche nach Regel, Ordnung und Einheit inmitten einer ›Rhapsodie der Wahrnehmungen‹ in die Kompetenz der reflektierenden Urteilskraft verweist. Die Einstimmigkeit der Erfahrung wird dabei als ein methodologisches Grundprinzip eingesetzt, aber sie wird nicht als eine unab nderliche Folge des Selbstbewusstseins hingestellt.«4 Der doppelte Bezug auf Kant in diesem Zitat ist aufschlussreich: Die ph nomenologischen Transzendentalien werden Tengelyi zufolge mittels einer reflektierenden Urteilskraft ermittelt, die nach Kant vom Besonderen zum allererst aufzufindenden (und noch nicht vorausgesetzten) Allgemeinen fortschreitet; dabei hat die auf diesem Weg gefundene Regel, Ordnung und Einheit, kurz gesagt hat die Einstimmigkeit der Erfahrung lediglich einen methodologischen Charakter, der keineswegs eine unab nderliche Folge des Selbstbewusstseins ist, d. h. nicht aus einer transzendentalen Deduktion der Kategorien im kantischen Sinne Vgl. L szl Tengelyi: Welt und Unendlichkeit. Zum Problem ph nomenologischer Metaphysik. Freiburg/M nchen 2014, Zweiter Teil, Kapitel I. 4 Ebd., 359. 3

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folgt. Mit seiner Grundthese einer Metaphysik der Urtatsachen samt ihrem anh ngenden methodologischen Transzendentalismus sieht sich Tengelyi durchaus im Fahrwasser des sp ten Husserl, wenngleich Letzterer nicht immer konsequent an diesen seinen Einsichten festgehalten habe und vor allem nicht zur vollen systematischen Entfaltung ihrer Implikationen gelangt sei. Aus dem methodologischen Charakter der Transzendentalien folgt f r Tengelyi jedoch etwas Entscheidendes, und zwar dass die kantische Trennung von Anschauungsform und Kategorie obsolet wird: Es »entf llt f r« die Ph nomenologie »der Zwang, die Kategorien als Formen des reinen Denkens von den Formen der reinen Anschauung zu unterscheiden.«5 Und das wiederum heißt: »F r die Ph nomenologie sind Raum und Zeit ebendeshalb Erfahrungskategorien unter anderen Erfahrungskategorien.«6 An die Stelle der kantischen Trennung von Anschauungsform und Kategorie tritt die eine Gattung von Erfahrungskategorien, zu denen auch Raum und Zeit gehçren. Allerdings unterscheidet Tengelyi in der Folge innerhalb der Gattung der Erfahrungskategorien zwei verschiedene Arten derselben, von ihm so genannte ›Erscheinungskategorien‹ von sogenannten ›Horizontkategorien‹: W hrend sich »›Erscheinungskategorien‹« wie »R umlichkeit, Zeitlichkeit, Endlichkeit, Unendlichkeit und Leibhaftigkeit« ihrerseits »auf den Inhalt eines Anblicks von Dingen in der Welt beziehen«, bestimmen die »›Horizontkategorien‹ […] die Verweisungszusammenh nge […], die von einem Anblick zum anderen f hren.«7 Mit anderen Worten: Erscheinungskategorien beziehen sich auf das Erscheinen von Dingen, w hrend Horizontkategorien deren Verweisungszusammenh nge untereinander betreffen. Diese Binnendifferenzierung innerhalb des Feldes der Erfahrungskategorien bringt Tengelyi jedoch explizit nicht mit der kantischen Differenz von Anschauung und Begriff, sondern vielmehr mit der kantischen Unterscheidung zwischen mathematischen und dynamischen Kategorien bzw. Grunds tzen in Verbindung.8 Fassen wir die These zusammen, die Tengelyi im Ausgang vom sp ten Husserl entwickelt: Zeit und Raum sind spezifische Kategorien, und zwar Erscheinungskategorien, welche eine gewisse strukturelle Verwandtschaft mit den mathematischen Kategorien in Kants Kategorientafel aufweisen; die Abschw chung der kantischen Kategorien zu Erscheinungskategorien mit dem Status von bloß methodologischen Transzendentalien geht bei Tengelyi mit einer Aufhebung der kantischen Grunddifferenz von Anschauungsform und Kategorie einher. 5 6 7 8

Ebd., 327f. Ebd., 328. Ebd., 329. Vgl. ebd.

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2. Kants Trennung von Anschauungsform und Kategorie Der nun folgende Abschnitt rekonstruiert zun chst die Gr nde, aus denen Kant selbst eine fundamentale Unterscheidung zwischen Anschauung und Begriff, zwischen Anschauungsform und Kategorie eingef hrt hat. Anders als zuweilen behauptet wird, ist das zentrale Argument von Kant nicht das Argument der inkongruenten Gegenst cke (wie etwa Handschuhe oder sph rische Dreiecke), deren Unterschied nur anschaulich, aber nicht begrifflich erfasst werden kçnne. Dieses in der vorkritischen Schrift »Von dem ersten Grunde des Unterschiedes der Gegenden im Raume« (1768) sowie dann abermals in den Prolegomena zu einer jeden k nftigen Metaphysik, die als Wissenschaft wird auftreten kçnnen (1783) verwendete Argument wird in der transzendentalen sthetik der Kritik der reinen Vernunft (1. Aufl. 1781, 2. Aufl. 1787) durch ein anderes Argument ersetzt, das vor allem mit einem fundamentalen Strukturunterschied zwischen Kategorien und Anschauungsformen operiert. Die folgenden Ausf hrungen kçnnen nicht auf die komplexen Einzelheiten, auf die Analogien zwischen den Raum- und den Zeitargumenten sowie auf den Unterschied zwischen den beiden Textfassungen der ersten Kritik eingehen; die Herausstellung eines wichtigen Grundgedankens in drei zentralen Aspekten muss uns f r die hiesigen Zwecke gen gen. Der erste Aspekt betrifft den strukturellen Unterschied von Begriffen einerseits und Raum und Zeit andererseits. Ein Begriff ist nach Kant eine Vorstellung, »die in einer unendlichen Menge von verschiedenen mçglichen Vorstellungen (als ihr gemeinschaftliches Merkmal) enthalten ist, mithin diese unter sich enth lt; aber kein Begriff, als ein solcher, kann so gedacht werden, als ob er eine unendliche Menge von Vorstellungen in sich enthielte. Gleichwohl wird der Raum so gedacht«,9 und selbiges gilt f r die Zeit. Mit anderen Worten: Ein Begriff ist die Vorstellung eines Allgemeinen, die andere, spezifischere Vorstellungen unter sich enth lt, w hrend die Zeit und der Raum ihre jeweiligen Teile in sich enthalten: Das Fallen unter einen Begriff ist etwas grundlegend Anderes als das Enthaltensein eines Teils in der Zeit oder dem Raum. Der zweite Aspekt bezieht sich auf den Grund f r die Einzigkeit des Raumes und die Einzigkeit der Zeit. Die Teile von Raum und Zeit kçnnen nach Kant nicht vor dem einen Raum oder der einen Zeit als ihre separaten Bestandteile vorhergehen,10 aus denen dann ein grçßerer Raum oder eine grçßere Zeit zusammengest ckt w rde. Das Verh ltnis ist vielmehr umgekehrt: Es kçnnen die Teile 9

B 40. 10

Immanuel Kant: Kritik der reinen Vernunft. Hg. von Jens Timmermann. Hamburg 1998, Vgl. ebd., A 25.

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nur in dem einen Raum oder in der einen Zeit als deren Einschr nkungen gedacht werden. Daher ist der Raum ein einziger und ist die Zeit eine einzige. Der dritte Aspekt schließlich stellt die Verbindung der Einzigkeit des Raumes und der Zeit mit ihrem jeweiligen Anschauungscharakter heraus. Kant definiert: »Die Vorstellung, die nur durch einen einzigen Gegenstand gegeben werden kann, ist aber Anschauung.«11 Da Raum und Zeit aber jeweils nur einer bzw. eine sind, sind sie durch Anschauung gegeben. Nicht nur ist also der Begriff als solcher strukturell von Raum und Zeit verschieden, sondern weil die Vorstellungen von Raum und Zeit jeweils nur einen einzigen Gegenstand haben, sind diese Vorstellungen Anschauungen. Kurzum: Raum und Zeit sind keine Begriffe und damit keine Kategorien. Die Bedeutung dieser recht technisch anmutenden Argumente ist kaum zu bersch tzen. Denn Kant kritisiert mit diesem Gedankengang die These des Leibnizianisch-Wolffianischen Rationalismus, dem zufolge die Anschauung lediglich der ußerste Grenzfall der Begriffserkenntnis ist, sich jedoch nicht wesentlich von letzterer unterscheidet. F r Kant hingegen ist die Anschauung wesentlich verschieden vom Begriff, so dass auch ihre Erkenntnisfunktion nicht ein Spezial- bzw. Maximalfall der Erkenntnis durch Begriffe sein kann. Ihre eigent mliche Erkenntnisfunktion aber ersch ttert den Rationalismus grundlegend: Begriffe sind f r uns in sich selbst leer, ohne Sinn, ohne Bedeutung, ohne objektive Realit t, ohne Bezug auf einen mçglichen Gegenstand, wenn sie nicht auf eine mçgliche Anschauung in Raum und Zeit bezogen werden kçnnen. Ein Begriff muss in der Anschauung dargestellt werden kçnnen, wenn er einen mçglichen Gegenstand haben kçnnen soll. Dass sich Begriffe auf Anschauungen beziehen lassen, wird in der transzendentalen Deduktion gezeigt; wie dieser Bezug mçglich ist, weist das Kapitel ber den Schematismus der reinen Verstandesbegriffe auf. Nahezu die gesamte nachkantische Philosophie von Reinhold bis Heidegger hat sich daran gestçrt, dass Kant hier nach Einf hrung einer fundamentalen Trennung zwischen Anschauung und Begriff, Anschauungsformen und Kategorien, gewissermaßen ußerlich und nachtr glich Br cken baut, w hrend er die »uns unbekannte[] Wurzel«12 der beiden Erkenntnisst mme unerçrtert l sst. Die mit Reinhold beginnende Suche nach dem einen obersten Prinzip f hrt zu verschiedenartigen Figuren einer berwindung jenes kantischen Dualismus, eine berwindung, die sich Kants Nachfolger allesamt als Verdienst zurechnen. Der Zeit aber, die bei Kant Anschauungsform, Anschauung sowie außerdem das verbindende Mittelglied im Schematismus war, kommen bei diesen berwin11 12

Ebd., A 32. Ebd., B 29.

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dungsversuchen durchaus unterschiedliche Funktionen zu, von denen lediglich zwei hier hervorgehoben seien. Nach Hegels ber hmtem Satz aus der Ph nomenologie des Geistes etwa ist »der Geist nothwendig in der Zeit, und er erscheint so lange in der Zeit als er nicht seinen reinen Begriff erfaßt, das heißt, nicht die Zeit tilgt.«13 Das Erscheinen des Geistes in der Zeit sei lediglich ein vorl ufiger Zustand, der aufgehoben werde, sobald der Geist seinen reinen Begriff erfasse und damit die Zeit tilge. Bei Heidegger wiederum tritt die Zeit selbst an die Stelle des Hegel’schen Geistes: Am Ende der zwanziger Jahre nimmt die dreifach ekstatische Zeitlichkeit derart den Platz der gesuchten Wurzel ein, dass die Gewesenheit gleichsam die Stelle der Anschauung und die Zukunft mit ihrem Entwurfscharakter die Stelle des Begrifflichen bernimmt.14 In Tengelyis Ankn pfung an den sp ten Husserl wiederum wird mit den f nf Urtatsachen dem Gedanken eines ersten Ursprungs berhaupt, und sei er die dreifach ekstatische Zeitlichkeit, abgeschworen; selbiger wird, wie gesagt, ersetzt durch eine in sich gestreute Urfaktizit t und einen bloß methodologischen Transzendentalismus, der den offenen Charakter der Transzendentalien betont – die Zeit allerdings wird bei Tengelyi zu einer Erfahrungskategorie unter anderen, womit die kantische Grunddifferenz von Anschauungsform und Kategorie ebenfalls verschwindet.

3. Husserls Zeitanalysen und die Aporie der Zeit in der Retention Die folgenden Ausf hrungen kehren zu Husserl zur ck, um im Ausgang von seinen Vorlesungen zur Ph nomenologie des inneren Zeitbewusstseins eine ph nomenologische Perspektive auf die Zeit aufzuweisen, in der diese als ein differentielles Spannungsph nomen erscheint, welches als eine Urspaltung in ein pr kategoriales Moment und ein spezifisch geartetes Anschauungsmoment interpretiert werden kann. Im § 81 der Ideen I, welcher die berschrift »Die ph nomenologische Zeit und das Zeitbewußtsein« tr gt, formuliert Husserl an einer ber hmt gewordenen Stelle folgende Worte: »Das transzendentale ›Absolute‹, das wir uns durch die Reduktionen herauspr pariert haben, ist in Wahrheit nicht das Letzte, es ist etwas, das sich selbst in einem gewissen tiefliegenden und vçllig eigenartigen Georg Wilhelm Friedrich Hegel: Ph nomenologie des Geistes. Gesammelte Werke. Band 9. Hg. von Wolfgang Bonstepen und Reinhard Heede. Hamburg 1968, 429. 14 Vgl. Martin Heidegger: Ph nomenologische Interpretation von Kants Kritik der reinen Vernunft. Hg. von Ingtraud Gçrland. Gesamtausgabe. Band 25. Frankfurt am Main 31995, 364f. Vgl. dazu von der Verfasserin: Les interpr tations heidegg riennes de Kant. In: Archives de philosophie 18/2 (2018), 329 – 352. 13

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Sinn konstituiert und seine Urquelle in einem letzten und wahrhaft Absoluten hat. Zum Gl ck kçnnen wir die R tsel des Zeitbewußtseins in unseren vorbereitenden Analysen außer Spiel lassen, ohne ihre Strenge zu gef hrden.« Eine Fußnote erg nzt: »Die darauf bez glichen und langehin vergeblichen Bem hungen des Vf. sind im Jahre 1905 im wesentlichen zum Abschluß gekommen und ihre Ergebnisse in Gçttinger Universit tsvorlesungen mitgeteilt worden.«15 Das ›letzte und wahrhaft Absolute‹ der Ph nomenologie liegt also Husserl zufolge im Zeitbewusstsein, welches er in jenen Vorlesungen behandelt hatte, die 1928 von Martin Heidegger unter dem Titel Vorlesungen zur Ph nomenologie des inneren Zeitbewusstseins erstmals herausgegeben wurden. Zwei Dinge jedoch d rfen stark bezweifelt werden: zum einen, ob Husserl die Untersuchungen des Zeitbewusstseins 1905 auch nur in seinen eigenen Augen tats chlich ›im wesentlichen zum Abschluß‹ gebracht hat (man denke nur an die Beilagen aus den Jahren 1905 bis 1910, die Bernauer Manuskripte von 1917/18 sowie die C-Manuskripte aus den 1930er Jahren),16 zum anderen, ob jene Untersuchungen das in den Ideen I anvisierte Vorhaben einer transzendentalen eidetischen Ph nomenologie tats chlich so unber hrt lassen, wie Husserl hier vorgibt. Unsere Frage ist konkret folgende: Welche Bedeutung hat die Konstitution innerhalb dieses ›letzten und wahrhaft Absoluten‹ des Zeitbewusstseins in Hinblick auf den etwaigen Kategoriencharakter der Zeit? Um dieses Problem zu behandeln, m ssen wir uns dem r tselhaften Ph nomen der Retention zuwenden, jener unmittelbaren Vergangenheitswahrnehmung, die Husserl von der Wiedererinnerung als Vergegenw rtigung unterscheidet. Bei der Erçrterung der Retention wird uns diejenige Interpretation von Nutzen sein, welche Paul Ricœur im dritten Band von Temps et r cit vorgelegt hat. In der Retention sinkt etwas so in die Vergangenheit zur ck, dass es noch wahrgenommen ist, aber als Vergangenes. Etwas sinkt zur ck und wird dabei modifiziert, bleibt jedoch als Identifizierbares erhalten. Dieses mit dem Zur cksinken verkn pfte prim re Identit tsmoment ist f r Husserl insofern entscheidend, als auf seiner Basis eine gesonderte intentionale Auffassung, eine Wiedererinnerung, eben jenes sich Erhaltenden mçglich wird, durch welche eine Zeitstelle zur Konstitution gelangt. Zeitstellen aber sind die f r eine objektive Zeitordnung notwendigen formalen fixen Stellen. Ricœur nun sieht in dieser Edmund Husserl: Ideen zu einer reinen Ph nomenologie und ph nomenologischen Philosophie. Erstes Buch. Hg. von Karl Schuhmann (Husserliana 3/1), 182 und Fußnote. 16 Vgl. Edmund Husserl: Zur Ph nomenologie des inneren Zeitbewußtseins (1893 – 1917). Hg. von Rudolf Boehm (Husserliana, Bd. 10). Den Haag 1966; ders.: Die Bernauer Manuskripte ber das Zeitbewusstsein (1917/18). Hg. von Rudolf Bernet und Dieter Lohmar (Husserliana, Bd. 33). Dordrecht [u. a.] 2001; ders.: Sp te Texte ber Zeitkonstitution (1929 – 1934). Die C-Manuskripte. Hg. von Dieter Lohmar (Husserliana Materialien, Bd. 8). Dordrecht 2006. 15

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Auffassung Husserls eine erschlichene Voraussetzung der objektiven Zeit am Werk. Die retentionale Modifikation mache »zwar das Zur cksinken (retomb e) in die Vergangenheit verst ndlich, nicht aber die Festigkeit (fixit ) der Stellung in der Zeit«.17 Wenn Husserl versuche, aus der berlagerung der Intentionalit ten von Retention und Wiedererinnerung ein strukturiertes Zeitgewebe zu gewinnen, so gelinge dies nicht auf rein ph nomenologischem Wege, denn dieses Spiel bed rfe »als seiner notwendigen Erg nzung eines formalen Moments, das es scheinbar nicht selbst erzeugen (engendrer) kann«.18 Dieses formale Moment sei aber f r die Gewinnung der Zeitstelle unerl sslich. »Jedesmal«, so Ricœur, »wenn man versucht, die objektive Zeit aus dem inneren Zeitbewusstsein abzuleiten (d river), kehrt das Priorit tsverh ltnis sich um«.19 In diesem Einwand Ricœurs kann sowohl ein problematisches Moment als auch eine wichtige Beobachtung gesehen werden. Das problematische Moment besteht darin, dass Ricœur unterstellt, Husserl wolle aus einem reinen Zur cksinken die diesem Zur cksinken ganz und gar fremde Festigkeit der Zeitstelle ›erzeugen‹ und ›ableiten‹. Es scheint jedoch vielmehr so zu sein, dass Husserls ph nomenologische Beschreibung der die Retention betreffenden ph nomenalen Sachlage eine Gleichurspr nglichkeit von Fließen und Starrheit im Sinne der Starrheit eines sich im Fließen Erhaltenden nahelegt. In Ricœurs Einwand verbirgt sich jedoch nichtsdestotrotz die wichtige Beobachtung, dass das Ph nomen der Retention in sich selbst einen aporetischen Charakter hat. Dieser aporetische Charakter besteht darin, dass das Retinierte weder jetzt wahrgenommen, noch intentionaler Gegenstand sein darf, eine dritte einfache Auslegung jedoch wiederum kaum zur Verf gung zu stehen scheint. Am Tonbeispiel erl utert, entst nde im ersten Fall das in Hinblick auf Brentano von Husserl kritisierte »disharmonische[] Tongewirr«,20 da das Retinierte und das in der neuen Urimpression Gegebene vermengt auftr ten. Im zweiten Fall kann nicht verst ndlich gemacht werden, warum der intentionale Tongegenstand schon eben da war; denn wenn der Ton ebenso ›als‹ vergangen wie ›als‹ hoch und leise wahrgenommen w rde, w re der spezifische Vergangenheitscharakter mit seiner Implikation des Zur cksinkens nicht verst ndlich gemacht. Angesichts dieses aporetischen Charakters scheint das Ph nomen der Retention als ein Spannungsph nomen ausgelegt werden zu m ssen, in dem Fließen und Starrheit ph nomePaul Ricœur: Temps et r cit. Tome III: Le temps racont . Points – Essais. Paris 1985, 73 (dt. Zeit und Erz hlung. Band III: Die erz hlte Zeit. bersetzt von Andreas Knop. ( berg nge. Texte und Studien zu Handlung, Sprache und Lebenswelt 18/3). M nchen 1991, 64), Einf gung des franzçsischen Wortlautes, I.R. 18 Ebd., 74 (dt. 64), Einf gung des franzçsischen Wortlautes, I.R. 19 Ebd., 75 (dt. 65). 20 Vgl. Husserl: Zur Ph nomenologie des inneren Zeitbewußtseins (1893–1917), 11. 17

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nal verflochten sind, ohne dass diese Verflechtung jedoch auf einen Begriff gebracht werden kçnnte. Ricœurs Formulierung, die Retention sei lediglich der »Name der gesuchten Lçsung«,21 mutet hier durchaus treffend an. Was aber bedeutet nun dieses Verst ndnis der Retention f r den Status der Zeit und ihren in Frage stehenden Kategoriencharakter? Das Ph nomen der Retention ist ein Zusammen von Fließen und der Starrheit eines sich im Fließen Erhaltenden, wobei letzteres die urspr ngliche Basis f r die Konstitution der Zeitstelle darstellt. Die Hypothese, f r die wir hier argumentieren wollen, lautet: Die die eine Seite des Retentionsph nomens ausmachende Starrheit ist eine pr kategoriale Identit t, auf die sich die Kategorie der Identit t und des Weiteren komplexere kategoriale Zusammenh nge aufbauen. Dies w rde bedeuten, dass jenes ›letzte Absolute‹ des Zeitbewusstseins ein differentielles Spannungsph nomen enth lt, in dem ein erlebtes Fließen mit einem pr kategorialen Moment zusammen auftritt, ohne dass sich beide Momente auf einen Begriff bringen ließen. W re es aber zu gewagt, hier von einer Urspaltung in ein pr kategoriales und ein gewissermaßen schlicht anschauliches, weil unstrukturiert nachlebendes und sich modifizierendes Moment zu sprechen, eine Urspaltung, die eine entfernte Strukturanalogie zu Kants Unterscheidung von Begriff und Anschauung aufwiese? Ist nicht die Zeit selbst jene gesuchte ›unbekannte Wurzel‹, dies jedoch auf eine immer schon aporetische Weise, in der das spannungsvolle, begrifflich unauflçsbare Doppelph nomen der Retention von Fließen und Starrheit, von Nachleben und pr kategorialer Festigkeit jene ›Wurzel‹ zu einer differentiellen macht? Und w re dann nicht die Zeit gleichsam beides, reines Nachleben und pr kategoriale Identit t, schlicht anschaulich und vorbegrifflich? Suchen wir diese Hypothese zu pr zisieren und in ihrer Tragweite zu erçrtern. In seinem 1929 erstmals verçffentlichten »Versuch einer Kritik der logischen Vernunft« im Werk Formale und transzendentale Logik hat Husserl einen Stufenbau der transzendentalen Logik im Sinn, welcher durch eine ph nomenologische Analyse der »Sinnesgenesis« der Urteile aufzuweisen sei.22 Wir finden hier folgende berlegungen: »Die unterste Stufe, auf die wir, am Leitfaden der Sinnesgenesis zur ckschreitend, kommen, f hrt uns […] auf die Individualurteile«;23 diese Individualurteile aber st tzen sich wiederum auf eine »urspr ngliche Identifizierbarkeit«, welche »als Wesenskorrelat zum Sinn jedes GegenstanRicœur: Temps et r cit. Tome III, 51 (dt. 44), Hervorhebung, I.R. Edmund Husserl: Formale und transzendentale Logik. Versuch einer Kritik der logischen Vernunft. Mit erg nzenden Texten hg. von Paul Janssen (Husserliana, Bd. 17). Den Haag 1974, 215. 23 Ebd., 216. 21

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des der Erfahrung [gehçrt]«;24 diese Identifizierbarkeit wiederum kommt »[i]n wiederholten Erfahrungen, vorher schon in der stetigen Abwandlung der momentanen Wahrnehmung in Retention und Protention, dann in mçglichen nach Belieben zu wiederholenden Wiedererinnerungen […], in deren Synthesis das Bewußtsein von Demselben, und zwar als ›Erfahrung‹ von dieser Selbigkeit zustande«,25 eine Art »›Synthesis der Rekognition‹«,26 wie Husserl einmal mit implizitem Bezug auf Kant formuliert. Husserls gegen ber Kant ver nderte Architektonik sieht die »Grundstufe« einer »in einem neuen Sinne ›transzendentalen sthetik‹« vor, die »das eidetische Problem einer mçglichen Welt berhaupt als Welt ›reiner Erfahrung‹«27 behandelt, wozu auch »das sthetische Apriori der Raum-Zeitlichkeit«28 gehçrt. Diese neuartige ›transzendentale sthetik‹ ist jedoch keine Lehre von einer reinen Anschauung diesseits aller kategorialen Formen, sondern sie ist die Lehre von der Konstitution der vorwissenschaftlichen Welt, in der es bereits Objekte, »Einheit einer Natur, einer Welt […] als passive synthetische Einheit« gibt; auf die so verstandene ›transzendentale sthetik‹ »stuft sich nun der Logos des objektiven weltlichen Seins und der Wissenschaft im ›hçheren‹ Sinne«.29 Der Bruch liegt also zwischen einer bereits kategorial vorstrukturierten vorwissenschaftlichen Welt und einer exakt kategorial strukturierten objektiven Welt. Dies ist der Gedanke, auf den Tengelyi seine Unterscheidung zwischen Erscheinungskategorien und Horizontkategorien zu st tzen vermag. Worauf es uns aber ankommt, ist, dass es innerhalb jener ph nomenologischen transzendentalen sthetik, genauer gesagt im sthetischen Apriori der Raum-Zeitlichkeit, eine Urspaltung in ein schlicht anschauliches und ein pr kategoriales Moment gibt. Die Konsequenz ist, dass sowohl die transzendentale sthetik als auch die auf sie gegr ndete hçherstufige Logik von einem unaufhebbaren schlichten Anschauungsmoment daran gehindert wird, sich in eine Dimension des bloß Kategorialen aufzulçsen. Obgleich Husserl in Formale und transzendentale Logik nicht erneut auf die Tiefen des Zeitbewusstseins eingeht, erscheint es uns keineswegs abwegig, auf diese Konsequenz unserer obigen Erçrterungen f r diese »Kritik der logischen Vernunft« hinzuweisen: Wenn das ph nomenale Urmoment der Starrheit, auf das sich die Zeitstelle als »Form dieser gegenst ndlichen Selbigkeit«30 gr ndet, stets in aporetischer Gemeinschaft mit 24 25 26 27 28 29 30

Ebd., 164. Ebd. Ebd., 166. Ebd., 297. Ebd. Ebd. Ebd., 291.

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einem Nachleben auftritt, so scheint auf der untersten Konstitutionsstufe ein Moment aufzutreten, dass alle hçherstufigen kategorialen Formen unterwandert. Die unterste, tiefste Schicht jenes Stufenganges, der zu einer ausgebildeten transzendentalen Logik f hren soll, w re demnach eine Ph nomenologie der Zeit, die die Zeit selbst als aporetische Urspaltung in ein schlicht anschauliches und ein pr kategoriales Moment versteht, auf dessen Basis sich hçhere kategoriale Gebilde konstituieren. Wenn wir nun aber in dem differentiellen Spannungsph nomen der Retention eine ph nomenologische Transformation der kantischen Grunddifferenz von Anschauung und Begriff erblicken wollen, so muss dabei unbedingt auf einen zentralen Unterschied zwischen Kants und Husserls Auffassungen eingegangen werden, der dadurch keineswegs berdeckt werden soll: F r Kant ist Anschauung gerade das Gegenst ck zu allem Kategorialen, w hrend es f r Husserl sowohl eine schlichte als auch eine darauf aufbauende kategoriale Anschauung gibt, die beide dazu dienen, Leerintentionen zu erf llen. Die aporetische Urspaltung in der Retention, welche wir in den ph nomenologischen Zeitanalysen ausgemacht haben, liegt jedoch quer zu und tiefer als Husserls Unterscheidung zwischen Leerintention und anschaulicher Erf llung (sei sie nun schlicht oder kategorial). Das sich passiv vollziehende Zeitbewusstsein ist eine Urspaltung von Fließen und Starrheit, in dem das Fließen ein unreduzierbar nicht-kategoriales Moment darstellt. In diesem Sinne kçnnen wir es als eine Transformation der kantischen (immer) nicht-kategorialen Anschauung verstehen, welche aufgrund ihrer anderen Beschaffenheit niemals in Begriffliches aufgehoben werden kann.

Schlussbetrachtung Was also ist angesichts der voranstehenden berlegungen die Antwort auf unsere Titelfrage »Ist die Zeit eine Kategorie«? Die Antwort kann nach unserer Interpretation der Husserl’schen Zeitvorlesungen kein einfaches »Ja« oder »Nein« sein, denn: Die Zeit scheint ein differentielles Spannungsph nomen zu sein, welches als eine Urspaltung in ein pr kategoriales Moment und ein schlichtes Anschauungsmoment erscheint. Was folgt daraus f r die Erçrterung des Problems einer ph nomenologischen Metaphysik? Es scheint daraus zu folgen, dass jede ph nomenologische Bestimmung des Seienden, als Seiendes berhaupt oder als Seiendes einer bestimmten Region, unweigerlich unterwandert wird von einem schlichten Anschauungsmoment des zeitlichen Fließens, welches sich nicht in die kategoriale Dimension aufheben l sst. Wollen wir, so Husserl, »Metaphysiker in rechter Weise« sein, so

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m ssen wir »von den Stufen und Tiefen des Sinnes [uns] selbst leiten lassen«.31 In diesen »Tiefen des Sinnes« aber finden wir ein schlicht anschauliches Fließen, das alles Kategoriale begleitet und potentiell stçrt. Wenn wir nun aber einen Schritt zur cktreten und dieses Ergebnis in einen philosophiegeschichtlichen Kontext einzuordnen versuchen, so lassen sich vor allem zwei Momente hervorheben. Zum einen ist die Entwicklung der Husserl’schen Ph nomenologie sp rbar durch den seinerzeit vorherrschenden Neukantianismus gepr gt, in dessen wissenschaftstheoretischem Programm das Vorhaben einer Auflçsung von Kants transzendentaler sthetik in die Logik einen bedeutenden Stellenwert einnahm. Und wenngleich man vor allem in Formale und transzendentale Logik eine starke Pr gung durch das neukantianische, aus dem Deutschen Idealismus bernommene Vorhaben eines stufenweisen Aufbaus der kategorialen Dimension erblicken kann, so zeigt Husserls Behandlung des Zeitproblems, dass er auf eine vçllig neuartige Weise jene von Kant auf ganz anderem Wege entdeckte Unaufhebbarkeit einer schlichten Anschauung doch beizubehalten scheint. Zum anderen scheint Husserl zwischen denjenigen zu stehen, die von Reinhold bis Heidegger jene von Kant erw hnte, uns unbekannte Wurzel der Erkenntnisst mme doch auffinden zu kçnnen glaubten, und denjenigen, die mit Kant selbst an einem nur durch Schematismus zu berbr ckenden Dualismus festhalten: Sollten unsere oben durchgef hrten Analysen berzeugend sein, so w re zumindest der Sache nach f r Husserl die ›Wurzel‹ tats chlich die Zeit, dies aber als ein in sich aporetisches Ph nomen, das jene Urspaltung in eine schlicht anschauliche und eine pr kategoriale Dimension aufweist. Eine wichtige Frage, die sich im Anschluss an dieses vorl ufige Ergebnis stellt und die wir hier nur noch andeutend behandeln kçnnen, ist die nach der eigent mlichen Beschaffenheit dieses anschaulichen Fließens. Die Analyse der Retention hat die negative Antwort ergeben, dass es in sich selbst keine kategorialen, ja noch nicht einmal pr kategorialen Momente der Identifikation enth lt. In positiver Hinsicht konnten wir das Zur cksinken und die Modifikation ausmachen. Liegt aber in diesem modifizierenden Zur cksinken des in der Urimpression Gegebenen nicht bereits eine anschaulich erlebte, wenngleich dunkle und diffuse, ungeordnete Dimension der Sinnhaftigkeit? Folgt auf das heterogene Getroffenwerden von einer Urimpression nicht ein stimmungshaft erfahrenes Sinngeschehen des modifizierenden Zur cksinkens, das sich aus vielf ltigen passiven Assoziationen speist und aus dem sich der Sinn der pr kategorialen Identit t des zur cksinkenden Etwas herauskristallisiert? Sollte diese Auslegung berzeugen, so h tten wir es bei dem modifizierenden Zur cksinken der Retention nicht mit einer g nzlich sinnlosen, sondern mit einer ungeordnet sinnhaften An31

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schaulichkeit zu tun, aus der die Verfestigung zu einem identifizierbaren Sinn sowie das pr kategoriale Identit tsmoment entspringen. Die Retention w re derart eine aporetische Urspaltung in das modifizierende Zur cksinken einer diffus sinnhaften Anschaulichkeit einerseits und in die Festigkeit einer pr kategorialen Identit t andererseits. Abschließend sei nun noch eine letzte Frage gestellt, die die vorgetragenen berlegungen auf L szl Tengelyis Interpretation einer Metaphysik der Urtatsachen bezieht. Die Entdeckung seiner Auslegung ist die einer Umkehrung bei Husserl von einer eidetischen Ph nomenologie, in der das Faktische sekund r ist, hin zu einer ph nomenologischen Metaphysik der Urtatsachen, in der nunmehr die Faktizit t den Vorrang vor dem ph nomenologischen eidos hat. Auf der Suche nach einer ph nomenologischen Antwort auf das Problem der Metaphysik ist f r Tengelyi hierbei nicht nur der Faktizit tscharakter der Urtatsachen, sondern auch ihre Pluralit t von Bedeutung, weil diese Pluralit t an die Stelle eines ersten ontotheologisch verfassten Ursprungs treten soll. L sst sich aber bei der These einer Pluralit t von Urtatsachen stehen bleiben? Ließe sich der Vollzug dieser verschiedenen Urtatsachen nicht doch in irgendein gemeinsames Ordnungsgef ge bringen, ohne dass dadurch eine neue Form der Ontotheologie entsteht? Und schließlich: Kçnnte es nicht der aporetisch-spannungsvolle Vollzug der Zeit sein, der den Vollzug der verschiedenen Urtatsachen zusammenh lt? Der Faktizit tscharakter der Urtatsachen sowie ihre Unreduzierbarkeit aufeinander w ren dabei bewahrt, aber ihr Vollzug w rde insgesamt in der aporetisch-spannungsvollen Form der Zeit geschehen. Dies w re keine neue Form der Ontotheologie, ja noch nicht einmal eine Chrono-logie, in der die Zeit als ein erstes Prinzip fungierte. In Anschluss an Husserls ph nomenologische Analysen h tten wir es vielmehr mit einem in begrifflicher Hinsicht aporetischen Zeitgeschehen zu tun, das den Vollzug der Urtatsachen pr gt, ohne dass letztere aus einem vermeintlichen Prinzip der Zeit abgeleitet werden kçnnte

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Welt und Endlichkeit in der Psychose L szl Tengelyis Entwurf zu einem ph nomenologischen Multiperspektivismus

Abstract The present chapter aims at an interpretation of L szl Tengelyi’s conception of infinity. The leading idea consists in analyzing infinity in terms of a phenomenological multiperspectivism. The argument draws on the assumption that the appearance of infinity within the world is grounded on a constant process of self-differentiation of intentionality. Selfhood, it is claimed, is originally permeated by alterity. An internal acquaintance with otherness is presupposed for rendering experience doubtful and uncertain. It grounds our experience of reality as existing independently from our consciousness. Nevertheless, schizophrenic delusion shows that uncertainty and doubts are not always part of our intentional framework. In delusion, patients rely on their narratives by means of an uncorrectable certainty. By drawing on contemporary and traditional phenomenological psychopathology schizophrenic delusion will be interpreted as an experiential abolishment of infinity. The delusional patient would live in a finite world, in which otherness ceases to be a creative part of selfhood.

In dem vorliegenden Beitrag will ich die von L szl Tengelyi in seinem Buch Welt und Unendlichkeit ins Auge gefasste ph nomenologische Metaphysik als Entwurf eines ph nomenologischen Multiperspektivismus darstellen. Das Erstaunliche dieses Multiperspektivismus liegt m. E. in seiner eigent mlichen Akzentsetzung. Denn es sind hier nicht etwa die perspektivenhaften Subjekte, die im Zentrum der Betrachtung stehen, sondern vielmehr die geschaute facettenreiche Welt. Keine Metaphysik der Subjekte also, sondern Metaphysik der Welt, »metaphysische Ontik«1, wie Tengelyi ausdr cklich pr zisiert. Der klassisch transzendentalph nomenologische Ansatz ist damit zwar keinesfalls abgeschafft – das soll er auch nicht –, aber doch um eine wesentliche Dimension bereichert. Und diese Dimension ist die Metontologie. Auch hinsichtlich Letzterer verf hrt L szl Tengelyi jedoch mit einer eigent mlichen Akzentsetzung. Denn die als Metontologie bezeichnete metaphysische Ontik wird von Tengelyi explizit nicht im Sinne Heideggers als eine Untersuchung ber die Gesamtheit alles Seienden und seiner Verweisungen verstanden. Ihm ist unmittelbar einleuchtend, dass eine solche Sichtweise, welche 1 L szl Tengelyi: Welt und Unendlichkeit. Zum Problem ph nomenologischer Metaphysik. Freiburg/M nchen 2014, 415.

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die Welt als geschlossene Totalit t versteht, die Weltwirklichkeit in ein rationalistisches Korsett zw ngt und damit den Mçglichkeitsbereich des Wirklichen unnçtig einengt. Tengelyi wehrt sich konsequent gegen eine jede Totalit tsphilosophie, die der klassischen aristotelisch-heidegger’schen Metontologie (im Sinne einer Kosmologie) anhaftet. Ich will im Folgenden darlegen, dass Tengelyi durch die Implementierung des Unendlichen in die Welt die Ph nomenologie um einen offenen Differenzbegriff bereichert. Dieser verb rgt Andersartigkeit und Differenz jenseits der Heidegger’schen Dichotomie von Sein und Seiendem. Ebenso wenig wie sich der Weltbegriff auf keine geschlossene Totalit t beschr nken darf, ebenso wenig darf auch der Differenzbegriff auf die bloße Gegen berstellung zweier Termini beschr nkt werden. Die Einf hrung des Unendlichen in die Welt ermçglicht, wie Tengelyi selbst sagt, eine »Radikalisierung«2 des metontologischen Projekts. Diese Radikalisierung berf hrt das gesamte ph nomenologische Feld in den Bereich einer ungeahnten Offenheit. Im Lichte dieser Offenheit tritt der Erfahrungszusammenhang in seiner ganzen Fragilit t, Prekarit t, Unabgeschlossenheit und Kontingenz zu Tage. In diesem Sinne ist das Unendliche die Offenheit zum ›immer Anderen‹, zum Fremden, zur eigentlichen Differenz als einer performativen (Selbst-)Differenzierung. Ausgehend von Letzterer skizziert sich eine durch und durch ethische Philosophie. Unter dem Begriff der »Einstimmigkeitstendenzen der Erfahrung«3 gibt sich das Unendliche dem Menschen als eine unendliche Aufgabe. Als Postulat existiert das Unendliche nur im Sinne eines unaufhçrlichen Prozesses der berwindung von Widerstreiten und Antagonismen. Es ist eine Aufforderung zur kreativen Aufnahme von Differenzen und Andersartigkeiten. Wir wissen, wie sehr L szl Tengelyi das Husserl’sche Grundprinzip sch tzte, dem zufolge jedem Widerstreit eine umfassende Einheit bergeordnet ist, welche den Widerstreit berhaupt erst mçglich macht. Das Unendliche speist sich aus dem konsequenten Versuch, dieser – nicht dialektischen, sondern, wie mehrfach betont wird – »diakritischen«4 Einheits- und Trennungsleistung ontologische Konsistenz zu verschaffen. Wie als w re das Weltgeschehen selbst das Produkt einer st ndigen Diskussion und einer intersubjektiven Abw gung, entwirft L szl Tengelyi ein metontologisches Denken, das sich durch und durch der Ethik verschrieben hat. Ich werde nun in einem ersten Teil Tengelyis Verst ndnis des Unendlichen als einer (kategorialen) »Form« der Erfahrung kritisch nachgehen und schließlich 2 3 4

Ebd., 417. Ebd., 325. Ebd., 415.

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abweisen. In einem zweiten Teil werde ich einen Gegenvorschlag zu diesem Verst ndnis machen, welcher, unter Beibehaltung der Grundintention Tengelyis, m. E. besser dazu geeignet ist, dem Zusammenhang zwischen Multiperspektivismus und Unendlichem Ausdruck zu verleihen. In einem dritten Teil werde ich mich dem schizophrenen Wahn als einer Form der Negation des Unendlichen zuwenden. In einem vierten, konklusiven Abschnitt werde ich mich schließlich dem Spannungsverh ltnis von Endlichem und Unendlichem widmen.

1. Vorl ufige Bestimmung des Unendlichen: Das Unendliche ist keine »kategoriale Form« Wesentlicher Bestandteil der ethischen Weltmetaphysik ist der Gedanke, dass das Unendliche nicht durch ein bestimmendes Prinzip der Welt apriorisch eingelegt werden darf. Tengelyis Ansatz besteht nicht darin, die Welt in ihrem Ansich-Sein als offen, prinzipiell unbeherrschbar und letzten Endes als nicht antizipierbar anzusehen. Es geht ihm nicht um eine realistische Deutung des Unendlichen. Die St rke seines Entwurfs besteht vielmehr darin, das Unendliche innerhalb eines transzendentalph nomenologischen Ansatzes zu denken, in dem es nur wirklich ist in unserem Bezug zur Welt. Die Offenheit und Fragilit t der Welt in ihrer Unendlichkeit ist daher zuallererst die Offenheit und Fragilit t unseres Bezugs zur Welt: »Ist das Unendliche in der Welt vorhanden, wie die Idee einer Metaphysik des Transfiniten es verlangt, so gewiss nicht im physikalischen Universum selbst, sondern lediglich in unserem – jeweils perspektivischen – Verh ltnis zu ihm.«5 Nicht die Welt selbst oder das Universum sind unendlich, sondern allein unser perspektivenhaftes Verh ltnis zu und in ihnen. Die Frage nun allerdings ist: In welcher Weise – d. h. auf welcher Stufe des intentionalen Bezuges – schreibt sich das Unendliche in die Ph nomenalit t der Welt ein? Tengelyi zufolge stellt das Unendliche eine »Form«6 der Erfahrung dar. Ich halte die Charakterisierung des Unendlichen als Formbegriff – und vor allem dessen ausdr ckliche Anbindung an die Husserl’sche Kategorienlehre der Logischen Untersuchungen – allerdings f r fragw rdig. Nicht nur scheint sie mir ein falsches Verst ndnis des Unendlichen zu vermitteln, auch, und vor allem, scheint sie mir einer unmçglich gewollten Intellektualisierung des Unendlichen Vorschub zu leisten. Es wird der falsche Eindruck vermittelt, das Unendliche speise sich aus einer bloß ›gedanklichen Aufbereitung‹ des Gegebenen. Um daher et5 6

Ebd., 535. Ebd., 536.

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waigen Missverst ndnissen entgegenzuwirken, will ich kurz auf die Bestimmung der kategorialen Form bei Husserl eingehen und zeigen, inwiefern Letztere gerade nicht mit unserem perspektivenhaften Verh ltnis zu den Dingen verwechselt werden darf. Bei dieser kritischen Betrachtung werde ich mich vornehmlich auf den Unterschied von fundierten und fundierenden Akten st tzen. Ich werde versuchen zu zeigen, dass das Unendliche nur auf der Ebene von fundierenden Akten in der Ph nomenalit t verankert werden kann – nicht jedoch auf der Ebene der fundierten Akte, welche wiederum f r die Gegebenheit von kategorialen Formen notwendig sind. Wie bereits darauf hingewiesen wurde, entwickelt Tengelyi den Begriff einer »Form« der Erfahrung in Anlehnung an die Husserl’sche Kategorienlehre der Logischen Untersuchungen. Kategoriale Formen sind Gestalten des berschusses von Bedeutung in unserer Erfahrung. Sie erheben sich ber die sogenannten »stofflichen Elemente«7, welche sie in einer hçherstufigen Gestalt ›formen‹. Die stofflichen Elemente bestimmen sich dadurch, dass sie in der Anschauung direkte Erf llung finden kçnnen. Die Stoffe sind einstrahlig vermeinte und gegebenenfalls nominalisierte Elemente, welche innerhalb der logischen Formalisierungen an den durch Buchstabensymbolen angezeigten Stellen stehen. Sie bilden den Untergrund zu kategorialen Formungen, welche eben deshalb fundierte sind. W hrend die stofflichen Elemente also in schlichter Anschauung Erf llung finden, ist es den kategorialen Formen lediglich mçglich, wie Husserl sagt, eine solche Erf llung zu »erheischen«8, sodass sie »in der Wahrnehmung und den gleichgeordneten Akten unmittelbar nichts finden, was ihnen je gem ß sein kçnnte.«9 Tatsache jedoch ist, dass sich auch kategoriale Aussagen bewahrheiten kçnnen. Verweise ich beispielsweise jemanden, der bei mir hier anwesend ist, auf die beiden vor mir stehenden Gegenst nde, Tisch und Computer, so w rde er tats chlich sehen, dass Tisch und Computer vor mir stehen. Was unter Voraussetzung des Einlebens in den von mir formulierten Bedeutungsgehalt ›gesehen‹, d. h. anschaulich gegeben wird, sind daher nicht bloß die beiden schlicht vermeinten Gegenst nde, Tisch und Computer, sondern diese Gegenst nde innerhalb einer verbindenden Konjunktion. Die Frage ist, wie die Verbindung selbst anschaulich erfahren werden kann. In seiner Antwort st tzt Husserl sich auf den Unterschied von fundierten und fundierenden Akten. Kategoriale Gegenst nde werden gegeben in fundierten Akten, welche ihrerseits KomplexifizierunEdmund Husserl: Logische Untersuchungen. Zweiter Teil. Untersuchungen zur Ph nomenologie und Theorie der Erkenntnis. Band Zwei. Hg. von Ursula Panzer. Den Haag 1984, A608/B136. 8 Ebd. 9 Ebd. 7

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gen, d. h. Verbindungen von fundierenden Akten sind. Kategoriale Anschauungen bençtigen Bewusstseinsleistungen hçherer Stufe, in denen dasjenige verbunden oder anderweitig geformt wird, was nominale Akte in einstrahliger Weise im Sinne fundierender Stoffe geben. Um daher ›Tisch und Computer‹ innerhalb der konjunktiven Form gegeben zu bekommen, m ssen vorab beide Gegenst nde einstrahlig vermeint und in einer Aktmaterie apperzipiert werden. Die synthetische Leistung der kategorialen Form bezieht sich sodann nicht einfach auf die sinnlichen Empfindungsinhalte (etwa Farbempfindungen von Tisch und Computer), sondern immer nur auf bereits Apperzeptiertes, d. h. Vergegenst ndlichtes und bedeutungsm ßig Vermeintes. Nur innerhalb eines aktuellen Bezugs zu fundierenden Gegenst nden kçnnen die kategorialen Formen selbst zur Gegebenheit kommen. Dies ist der tiefere Sinn der Rede Husserls, dass kategorial geformte Gegenst nde »ihre fundierenden Gegenst nde reell in sich schließen«10. Wie Tugendhat berzeugend dargelegt hat, kann sich das Sein des kategorialen Gegenstandes allein in einer aktuell zu vollziehenden Synthesis konstituieren11. Die anschauliche Gegebenheit einer kategorialen Form (›Tisch und Computer‹) ist ein performativer Vollzug, bei dem im anschaulichen Festhalten der fundierenden Gegenst nde diese von einer konjunktiven Leistung zusammengeschlossen werden. Die Notwendigkeit einer Fundierung unterscheidet kategoriale Anschauungen von herkçmmlichen sinnlichen Wahrnehmungen und deren Gegenst nden. L szl Tengelyi scheint diesem Unterschied keine Bedeutung zuteil werden zu lassen. Im Zusammenhang der Frage, wie der Begriff des Unendlichen (jetzt zu verstehen im Sinne einer kategorialen ›Form‹) anschauliche Erfahrbarkeit erlangen kann, verweist er auf den sich immer bloß durch Abschattungen gebenden r umlichen Gegenstand einer sinnlichen Wahrnehmung. Dieser jedoch ist bei Husserl immer schlichter Gegenstand einer fundierenden Anschauung – niemals aber einer fundierten. Hierzu Tengelyi: In der ph nomenologischen Dinganalyse wird der Gedanke einer kategorialen Anschauung des Unendlichen auf den Erfahrungsprozess bezogen. Erst in seiner Anwendung auf die Erfahrungsdinge in der Welt wird das Unendliche als »Formbegriff« oder, genauer, als »kategoriale Form« begreiflich, indem es sich mit einem leibhaftig gegebenen Sachverhalt verbindet, der Gegenstand sinnlicher Wahrnehmung ist.12

Als »Form der Erfahrung«, als »Erfahrungskategorie«, will Tengelyi den Begriff des Unendlichen in Anlehnung an die logischen Kategorien verstanden wissen. Dabei scheint er zu bersehen, dass die logischen Kategorien f r Husserl 10 11 12

Ebd., A620/B148. Ernst Tugendhat: Der Wahrheitsbegriff bei Husserl und Heidegger. Berlin 1970, 115. Laszlo Tengelyi: Welt und Unendlichkeit, 536.

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lediglich Nominalisierungen von urspr nglich synthetischen Aktleistungen sind, die nur in einem fundierten, hçherstufigen Aktgef ge anschaulich gemacht werden kçnnen. Es ist diese Hçherstufigkeit, diese Notwendigkeit aktm ßiger Fundierung, welche Husserl – im Gegensatz zu Tengelyi – dazu f hrt, die kategoriale Anschauung strikt von den Wahrnehmungen dreidimensionaler, sinnlicher Gegenst nde zu unterscheiden. Der § 47 der VI. Logischen Untersuchung ist ganz der Frage gewidmet, inwiefern die Einheit des dreidimensionalen Gegenstandes (wahrnehmungsm ßig zersplitternd in eine unendliche Reihe von perspektivischen Verk rzungen) gerade nicht mit der hçherstufigen, ausdr cklich kategorialen Identifizierung eines Gegenstandes verwechselt werden darf. Zwar gibt sich ein dreidimensionaler Gegenstand in der Anschauung sehr wohl als Identit t und Einheit. Aber diese Identit t speist sich aus dem kontinuierlichen Durchhalten ein und desselben Aktes, in dem die verschiedenen Partialintentionen kontinuierlich verschmelzen – und dies »ohne Hinzutritt neuer Aktintentionen«13. Anders ausgedr ckt: »Die Einheit der Wahrnehmung erw chst […] nicht durch eigene synthetische Akte«14. Will heißen: Kategoriale Formen treten bei der Konstitution eines dreidimensionalen Wahrnehmungsdinges gar nicht in Aktion. Die hier apperzipierte Identit t ist schlichte Einheit sinnlicher Anschauung. Nichtsdestotrotz kann die Identit t des Gegenstandes mit sich selbst immer wieder zu ausdr cklichem Bewusstsein erhoben werden, und dies im Zuge eines hçherstufigen kategorialen »Aktes der Identifizierung«15. Allerdings ist die Identifizierung in diesem Falle nicht nur »vollzogen« – dieser Vollzug ist im Sinne der Fundierung vorausgesetzt –, sondern dazu noch ausdr cklich »gemeint«16. Die schlichte Einheit sinnlicher Anschauung ist diejenige offene Einheit eines Dinges, die Husserl analogisch als ›Idee im Kantischen Sinne‹ versteht. Diese Einheit schçpft sich aus einer bloßen Verschmelzung von Partialintentionen – und gerade nicht aus einem ausdr cklichen Akt kategorialer Identifizierung. Die Frage daher ist: Wie kann das Unendliche als kategoriale Form auf den Gegenstand sinnlicher Anschauung bezogen werden? Hat der Begriff des Unendlichen tats chlich als ein kategorialer Begriff zu gelten, so muss klar gemacht werden, wie das Fundierungsverh ltnis dabei zu denken ist. Tengelyi macht hierzu keine Angaben. Im soeben angegebenen l ngeren Zitat sagt er lediglich, dass das Unendliche als »kategoriale Form» »in Anwendung auf die Erfahrungsdinge […] begreiflich« wird. Was bedeutet dieses ›Begreiflich-Werden‹? Ist die Gege13 14 15 16

Edmund Husserl: Logische Untersuchungen. Zweiter Teil, A621/B/149. Ebd. Ebd., B150/A622. Ebd.

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benheit des Erfahrungsdinges ein fundierender Akt f r das Unendliche? Oder bedeutet das ›Begreiflich-Machen‹ hier vielmehr eine Art metaphorischer Exemplifizierung? In letzterem Falle w rde die Gegebenheit des Dinges in seiner unendlichen Abschattungsmannigfaltigkeit die Unendlichkeit des Unendlichen sozusagen ›erahnen‹ lassen. Wie dem auch sei, die genaue Beziehung des Unendlichen (a) zu den kategorialen Formen und (b) zu den dreidimensionalen Wahrnehmungsgegenst nden bleibt dunkel. Grund daf r ist m. E. die Unterbelichtung der Fundierungsproblematik. Die genannten Schwierigkeiten scheinen mir zu gen gen, um den Begriff der kategorialen Form im Zusammenhang mit dem Unendlichen lieber zu vermeiden. Doch auch wenn wir gewillt w ren, den Begriff des Kategorialen f r das Unendliche beizubehalten, so sind die Schwierigkeiten noch lange nicht behoben. Vielmehr stellt sich gerade dann das Problem einer ›Intellektualisierung‹ des Unendlichen. Als kategoriale Form w rde sich das Unendliche aus hçherstufigen Aktleistungen speisen, die selbst in fundierenden, schlicht anschaulichen Akten gegr ndet sind. Dies w rde bedeuten, dass nicht eigentlich das Erfahrungsding ›unendlich‹ ist – eben keine ›Idee‹ im Kantischen Sinne. Vielmehr w rde das Unendliche bloß durch unseren sprachlichen und gedanklichen Bezug zu den Dingen in die Welt kommen. Das Sein des Unendlichen w re ein aktm ßig-synthetisches Sein. Seine Nominalisierung w rde uns auf eine hnliche Idealit t verweisen wie die Form der Konjunktion oder der Negation. Auf der untersten Stufe der sinnlichen Erfahrung, der perspektivischen Verk rzungen selbst, w rde das Unendliche niemals zu finden sein. Es w rde nicht die grundlegende Offenheit des Wirklichen selbst ausdr cken. Gerade das jedoch scheint Tengelyi gewollt zu haben. Der immer wiederkehrende Verweis auf die ›Idee im Kantischen Sinne‹ sowie die Situierung des Unendlichen in unserem perspektivischen Verh ltnis zu Ding und Welt scheinen mir Indiz daf r zu sein, dass Tengelyi dem Unendlichen auf der Ebene der schlicht anschaulichen fundierenden Akte habhaft werden wollte, d. h. auf der Ebene der Sinnlichkeit, und gerade nicht auf der Ebene der kategorialen Anschauung.

2. Multiperspektivismus und Unendliches Um also der Intellektualisierung des Unendlichen entgegenzuwirken, scheint es mir sinnvoll, den Begriff des Kategorialen zu vermeiden und stattdessen einen anderen Aspekt stark zu machen. Auch dieser andere Aspekt wird von Tengelyi ausdr cklich hervorgehoben. Es ist der immer bloß pr sumptive Charakter unserer Erfahrungsevidenz. Ja, das Unendliche scheint mit der pr sumptiven Dimension unserer Erfahrung identisch zu sein. Es stellt denjenigen Erlebnischarakter

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dar, der daf r sorgt, dass all unsere Erfahrung als unsicher und unabgeschlossen erlebt wird. Und genau insofern ist das Unendliche keinesfalls mehr eine bloße kategoriale Anschauung unter anderen. Das Unendliche ist nicht reduzierbar auf eine sprachlich-gedankliche Aufbereitung schlichter Anschauungen. Vielmehr ist es derjenige Bestandteil unserer Erfahrung, der daf r sorgt, dass alle anderen kategorialen Anschauungen berhaupt erst best tigt oder entkr ftet werden kçnnen. Der klassisch neurotische Zweifel und die ganze Unsicherheit, die unseren Handlungen und Meinungen anhaftet, all dies w rde nicht sein, bes ßen wir nicht einen grundlegenden und alles durchziehenden Zugang zum Unendlichen. Hier, so scheint mir, kommen wir zum eigentlichen Verst ndnis dessen, weshalb das Unendliche nur in unserem Bezug zu den Dingen existiert. Denn das Unendliche ist dasjenige, was diesen Bezug selbst unendlich differiert. Ohne je ausdr cklich indiziert werden zu kçnnen, schwingt in unserem Verh ltnis zu den Dingen eine ganze Virtualit t von Erfahrungsmçglichkeiten mit. Diese werden vielleicht weder von mir noch von sonst irgendjemandem je aktuell vollzogen, ja vielleicht bleiben sie mir gar auf immer unverf gbar. Dennoch aber bilden sie einen nicht fortzudenkenden Bestand unserer Erfahrung. Fast kçnnte man sagen, dass es genau diese Dichte an Virtualit t ist, die der aktuellen Wirklichkeitserfahrung ihren besonderen Charakter an ›Realit t‹ gibt, d. h., die sie eigentlich erst ›realisiert‹, und somit vom Traum, vom D j -vu oder eben vom Wahn unterscheidet – diese drei verschiedenen Mçglichkeiten der De-realisierung unserer Erfahrung. Kein Wunder also, dass das Unendliche in einer genuinen Weise mit der Intersubjektivit t verkn pft ist. Denn ganz wie die Intersubjektivit t mahnt uns auch das Unendliche immer wieder, dass ganz andere Erfahrungskoh renzen und -inkoh renzen nicht nur mçglich, sondern tats chlich auch wirklich sind. So Tengelyi: Die Ph nomenologie muss der Tatsache Rechnung tragen, dass die Welt nicht erst unterschiedlich gedeutet und erkl rt, sondern bereits unterschiedlich erlebt und erfahren wird. Es gibt Erfahrungsdivergenzen; es gibt sogar Erfahrungsantagonismen. Der Widerstreit in der Erfahrung ist Grundph nomen […].17

Das Unendliche unserer Erfahrung ist nicht nur eine Antwort auf die Frage, weshalb verschiedene Menschen verschiedene Erfahrungen ein und desselben Sachverhaltes haben kçnnen. Als bergeordnete Struktur unserer Erfahrung stellt das Unendliche gleichzeitig ein uns implizite begleitendes Wissen dieser anderen Erfahrbarkeiten dar. Und dieses Wissen anderer Erfahrbarkeiten ist keinesfalls eine Selbstverst ndlichkeit. Kinder beispielsweise brauchen mehrere Jah17

Ebd., 359.

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re, um berhaupt erst zu verstehen, dass andere Menschen nicht den selben Zugang zur Welt haben wie sie. Sie gehen schlicht und einfach davon aus, der andere sehe, hçre und denke dasselbe wie sie18. Die epistemische Trennung von ich und du; ja letztlich auch die Realisierung, allein in seinem eigenen Kopf zu sein, und dass die Eltern – oder Gott – keinen Zugriff auf unsere mentale Innensph re haben: All das ist Resultat einer fragilen Kulturentwicklung, in der mit der Entdeckung der Perspektive des Anderen auch das Unendliche entsteht. Die immerw hrenden Selbstgespr che, die ein jeder von uns tagt glich mit sich selbst f hrt, sind zudem bester Beweis daf r, dass die Stiftung des Unendlichen eine hçchst fragile und zerbrechliche Entwicklung beschreibt. Denn wie das Selbstgespr ch beweist, sind wir selbst ›hier drinnen‹ (in unserem ›Kopf‹) immer in st ndiger Begleitung. Der franzçsische Psychiater Henri Ey hat nur allzu gut bemerkt, dass der Wahnsinn des Halluzinierenden im Stimmenhçren nicht eigentlich darin besteht, noch jemand anderes in sich selbst aufzufinden. Im Gegenteil, die Geisteskrankheit beginnt vielmehr erst dann, wenn man nicht mehr dazu in der Lage ist, sich mit diesem Anderen, der in einem selbst spricht, zu identifizieren19. Die schizophrene Halluzination beginnt dann, wenn das elastische Band des plastischen Selbst zerrissen ist und das Ich mit dem sich st ndig abspaltenden Du nicht mehr in Einstimmigkeit gebracht werden kann. Anders ausgedr ckt: das nicht-schizoide dialogisierende Selbst ist ein immer perspektivenhaftes, ein sich immer von sich selbst abspaltendes und doch innerhalb einer Einstimmigkeitstendenz st ndig vereinheitlichtes. Es ist durch und durch vom Unendlichen durchdrungen. Die immerw hrende Beziehung zu sich selbst als einem Anderen, mit dem wir uns trotz der Andersheit immer wieder zu identifizieren suchen, ist grundlegender Bestandteil der Entwicklung unserer selbst als Person. In diesem Sinne w re es nicht abwegig zu behaupten, dass die Perspektivenhaftigkeit des Selbst mit der Perspektivenhaftigkeit der Transzendenz korreIm Bereich der kognitiven Entwicklungspsychologie entwickelten Wimmer und Perner 1983 das heute unter dem Titel ›Sally and Ann‹-Test ber hmt gewordene Verfahren zur Feststellung meta-repr sentationaler F higkeiten bei Kindern. In dem Test wird den Versuchspersonen eine Serie von Zeichnungen vorgelegt, in denen eine fiktive Person einen bestimmten Gegenstand an Ort x legt. Sodann, in Abwesenheit der fiktiven Person, wird der Gegenstand an Ort y versetzt. Insofern der Transfer des Gegenstandes von der fiktiven Person nicht registriert wurde, geht die Versuchsperson meist davon aus, die fiktive Person erwarte den Gegenstand noch immer an Ort x. Versuchspersonen haben im Test anzugeben, wo die fiktive Person den Gegenstand voraussichtlich suchen wird. 3 – 4 j hrige Kinder geben gemeinhin den Ort y an, d. h. die Stelle, an die der Gegenstand in Abwesenheit der fiktiven Person verlegt wurde. (Heinz Wimmer und Josef Perner: Beliefs about beliefs: Representation and constraining function of wrong beliefs in young children’s understanding of deception. In: Cognition 13/1 (1983), 103 – 128. 19 Henri Ey: Trait des Hallucinations, 2. Volumes. Paris 1973, 171. Vgl. ebenso Bin Kimura: L’entre: une approche ph nom nologique de la schizophr nie. Grenoble 2000, 55. 18

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liert. Es kçnnte sich in der Tat um ein- und dieselbe Form der Unendlichkeit handeln; ein und dieselbe Form der st ndigen Differenzierung seiner Selbst und seiner Welt. Gleichzeitig kann jedoch auch der Bezug zum Unendlichen verschlossen, ja in Endlichkeit umgem nzt werden. Psychopathologien machen in dieser Hinsicht ersichtlich, dass nicht nur unser Erfahrungskontinuum fragil ist: Fragil ist das Unendliche selbst. In der unendlichen Offenheit des Mçglichen und Unmçglichen schl gt das Unendliche auf sich selbst zur ck und wendet die in ihm liegende Fragilit t auf sich selbst als Erfahrungsbestimmung an. Im Folgenden will ich versuchen, den schizophrenen Wahn als einen eben solchen Verlust an Unendlichkeit darzustellen – einen Verlust an Unendlichkeit, der, wie ich zeigen will, im Unendlichen als Mçglichkeit seiner eigenen Negation angelegt zu sein scheint. 3. Psychotischer Wahn als Erlebnis weltlicher Endlichkeit Der Wahn ist ein komplexer psychischer Erlebniszusammenhang, in dem die Struktur der Subjektivit t in ihren Grundfesten ersch ttert wird. Um zu wissen, ob jemand w hnt, d. h. im Wahn ist, muss man ihn sich zuallererst mitteilen lassen. Er muss reden und Urteile formulieren. Denn wie Karl Jaspers bereits vor ber 100 Jahren feststellte: »Der Wahn teilt sich in Urteilen mit. Nur wo gedacht und geurteilt wird, kann ein Wahn entstehen.«20 Der Wahn begr ndet sich klassisch auf Wahnideen. Eine Handlung an sich ist nicht wahnhaft, sondern nur die vom Individuum angegebenen Gr nde kçnnen es sein. Dennoch aber ist die offensichtliche Absurdit t oder Falschheit einer Aussage noch immer kein hinreichendes Kriterium zur Bestimmung eines Wahns. Denn, so stellt Jaspers ebenfalls fest, die Frage nach dem Wahn ist »nur ußerlich und zudem falsch beantwortet, wenn man Wahn eine verkehrte Vorstellung nennt, die unkorrigierbar festgehalten werde. […] Der Wahn ist [vielmehr] ein Urph nomen.«21 Als »Urph nomen« stellt der Wahn eine Verwandlung der Subjektivit t in ihren Grundfesten dar. Der Wahn verwandelt die Welt nicht etwa in einer grobschl chtigen Weise, sondern in der Intimit t unseres Erlebens. Er ver ndert nicht die weltliche Realit t, sondern mein subjektives Erleben von ihr, und dies in Form von »prim ren Wahnerlebnissen«, die man auch als »Wahnstimmungen« zu bezeichnen pflegt.

20 21

Karl Jaspers: Allgemeine Psychopathologie. Berlin/Heidelberg/New York 1965, 80. Ebd., 78.

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»Es ist was los, sag mir doch, was ist denn los«, so eine Kranke Sandbergs zu ihrem Mann. Auf die Frage, was denn los sein solle, meinte sie: »Ja ich weiß es ja nicht, aber es ist doch etwas.« Den Kranken ist es unheimlich, es geht etwas vor sich, das sie ahnen. Alles hat eine neue Bedeutsamkeit. Die Umgebung ist anders, nicht etwa grobsinnlich – die Wahrnehmungen sind der sinnlichen Seite nach unver ndert –, vielmehr besteht eine feine, alles durchdringende und in eine ungewisse, unheimliche Beleuchtung r ckende Ver nderung. Ein fr her indifferenter oder freundlicher Wohnraum wird jetzt von einer undefinierbaren Stimmung beherrscht. Es liegt etwas in der Luft, der Kranke kann sich davon keine Rechenschaft geben, eine misstrauische, unbehagliche, unheimliche Spannung erf llt ihn.22

Doch diese Unbestimmtheit der Stimmung, diese leichte aber doch sp rbare Verschiebung der gesamten Bedeutsamkeit, bleibt niemals lange im Ungewissen. Zwar kann die Anfangsphase eines Wahns den Betroffenen einen gewissen Zeitraum ber in solch einer Perplexit t halten. Immer aber stellt sich fr her oder sp ter ein Ausgang ein, der der Ungewissheit ein Ende setzt und sie in eine absolute Gewissheit verwandelt. In der Wahnstimmung ist aber immer ein »Etwas« da, wenn auch ganz unklar, der Keim von objektiver Geltung und Bedeutung. Diese allgemeine Wahnstimmung ohne bestimmte Inhalte muss ganz unertr glich sein. Die Kranken leiden entsetzlich, und schon der Gewinn einer bestimmten Vorstellung ist wie eine Erleichterung.23

Fr her oder sp ter schl gt die Ungewissheit um in Gewissheit und es bilden sich Wahnurteile und Wahnideen. Die anf nglich unbestimmte Wahnstimmung wird sodann zu einer absoluten Bestimmtheit. Die sodann gedachten oder gesehenen Bedeutungen (als Wahnideen oder Wahnwahrnehmungen) sind ber jeden Zweifel erhaben. Sie dr ngen sich dem W hnenden mit einer absoluten subjektiven Gewissheit auf. Es ist eine Verwandlung, die aus ph nomenologischer Sicht in der pr -reflexiven Gegebenheit von Welt und Selbst erfolgt. Der zeitgençssische Psychiater Joseph Parnas verortet die wahnhafte Verwandlung in dem, was er die »Struktur der globalen Perspektive auf die Welt« nennt, und die er auf »(pathische) Ver nderungen ›in der Erfahrungsstruktur‹ [zur ckf hrt], welche den besonderen ›Realit tssinn‹ beeinflussen, d. i. den Sinn der leiblichen SelbstPr senz zur [mit anderen Individuen] geteilten Welt.«24 Die Ver nderung der Bedeutsamkeit im Wahn ist eine Verwandlung des »Realit tssinns (sense of reality)«25 in seiner leiblich-affektiven Dimension. Es ist die Materialit t des Erlebens selbst in seiner pr -reflexiven Gegebenheit, die sich verwandelt. Allein auf diese Weise kommt es erst zu dem »abnormen Bedeutungsbewusstsein«, welches das Hauptcharakteristikum des Wahns darstellt. Es handelt Ebd., 82. Ebd., 82. 24 Joseph Parnas: On Psychosis. Karl Jaspers and Beyond. In: Thomas Fuchs, Giovanni Stranghellini (Hg.): One Century of Karl Jaspers General Psychopathology. Oxford 2013, 219. 25 Ebd. 22 23

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sich um eine Abwandlung der Erfahrung von einer bloß pr sumptiven Evidenz hin zur Apodiktizit t. Der Wahnkranke kennt keinen Zweifel mehr. Kein Argument, keinen widerstreitenden Sachverhalt, keine evidente Wahrnehmung des strikten Gegenteils w re dazu in der Lage, ihn von seiner Wahnidee Abstand nehmen zu lassen. Der unendlich offene Horizont mçglicher Meinungen, Ansichten und Erfahrungen wird strikt ausgeblendet. Die urspr ngliche Fragilit t des Erfahrungskontinuums verh rtet sich zu einer unab nderlichen Gewissheit. Der ph nomenologische Multiperspektivismus wird so zu einem rigiden solipsistischen Perspektivismus. Auf diese Vernarrtheit des Wahnkranken in seiner Ausblendung von allen anderen mçglichen Meinungen st tzt sich auch die heute international g ngige Definition des Wahns im internationalen psychiatrischen Handbuch DSM-5. Der Wahn wird dort bestimmt als: »A false belief based on incorrect inference about external reality that is firmly held despite what almost everyone else believes and despite what constitutes incontrovertible and obvious proof of evidence to the contrary.«26 Urteilstheoretisch ist das, was sich mit dem Wahn ndert, daher nicht eigentlich die inhaltliche Struktur der Aussagen als vielmehr die Modalit t der vermeinten Sachverhalte. Kommt den Wahrnehmungen und Begebenheiten im nat rlichen Leben immer eine bloß ad quate Evidenz zu, bei der ein ZweifelhaftWerden niemals ausgeschlossen ist, so scheinen die Ideen im Wahn von einer ganz besonderen Aura umgeben, d. h. mit einem gewissen Erlebnischarakter ausgestattet zu sein, der ihnen die Modalit t des Notwendig-Seins zuspricht. Eine Kranke sieht auf der Straße Menschen in Uniformen: das sind spanische Soldaten. Sie sieht eine andere Uniform: das sind t rkische Soldaten. Alle Soldaten werden hier zusammengezogen. Es ist Weltkrieg. Dieselbe Kranke sieht einige Schritte weiter einen Mann in brauner Jacke: das ist der verstorbene Großherzog, der wieder auferstanden ist. […] Sie sieht auf der Straße einen Mann. Sie weiß unmittelbar: es ist ihr Geliebter aus vergangener Zeit. Er sieht zwar ganz anders aus. Er hat sich maskiert durch eine Per cke und andere Ver nderungen. Es geht nicht mit richtigen Dingen zu. Von solchen Erlebnissen sagt ein Kranker: Es ist so sicher und klar, dass alle entgegengesetzten Wahrnehmungen einen nicht zweifeln lassen.27

Wie aber ist diese Verwandlung in der Modalit t der Erfahrung ph nomenologisch nachzuvollziehen? Wie kann es sein, dass den Erfahrungen plçtzlich der Charakter der Notwendigkeit anh ngt? Es gibt nun in der Tat, so der franzçsische Psychiater Athur Tatossian, einen erkenntnistheoretischen Bereich, in dem der Mensch Urteile ausspricht oder aussprechen kann, die f r ihn unbezweifelbar sind oder von denen er zumindest American Psychiatric Association, Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders: Dsm-5, 5th Revised edition. Washington, D.C, American Psychiatric Publishing 2013, 819. 27 Karl Jaspers: Allgemeine Psychopathologie, 83. 26

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ausgeht, der einzige zu sein, der deren Exaktheit richtig einzusch tzen weiß: Es handelt sich um die «immanente Innenwelt des Bewusstseins«28. In der Tat sind wir in egologisch-reflexiven Urteilen zumeist die Einzigen, die – wenn berhaupt – als Garant der Wahrheit dieser Urteile einstehen kçnnen. Hinsichtlich der Gegebenheit unserer eigenen Erlebnisse kann uns keiner von ihrer NichtExistenz berzeugen. Wir w rden ihm schlicht und einfach entgegnen, dass wir uns 100 % sicher sind, tats chlich diesen Entschluss gefasst, diesen Schmerz gef hlt, diese Heiterkeit empfunden zu haben. Worauf Tatossian hier anspielt, ist nichts anderes als das, was Husserl unter dem Thema einer ph nomenologisch gereinigten Immanenz in den Cartesianischen Meditationen als die Sph re »absoluter Zweifellosigkeit«29 bezeichnet hat. Indem der Wahnkranke subjektiv gewiss und unkorrigierbar ber Sachverhalte spricht, die nicht im Bereich seiner mentalen Zust nde liegen, behandelt er die ußere Welt wie einen Teil seiner eigenen Bewusstseinsimmanenz. Er erlebt die ußere Welt ganz so wie der Ph nomenologe, der in der transzendental gereinigten Sph re seines Bewusstseins ber seine eigenen Erfahrungen reflektiert. Tatossian spricht diesbez glich von einem dem Wahnkranken anhaftenden »Missverst ndnis (malentendu)«. Dieses bestehe darin, dass der Wahnkranke von einer bloß egologischen Gegebenheit im Sinne eines çffentlich zug nglichen Sachverhalts redet. Er kann die beiden Sph ren der psychischen Intimit t und der weltlichen Transzendenz nicht mehr auseinanderhalten. Doch das Problem des Wahns ist nicht bloß die erkenntnistheoretische Ausweitung des Prinzips der Apodiktizit t auf die Welt und die transzendenten Dinge. Viel problematischer noch ist, dass diese Ausweitung auf einer unzul ssigen Vermengung von Transzendentalem und Transzendentem beruht. Im Wahn kehrt sich die Bewegung der Sinngebung sozusagen um. Die Sinngebung richtet sich auf die sinngebenden Leistungen selbst, welche sodann als Sachverhalte in der Welt missverstanden werden. Das wahnhafte Bewusstsein ist ein durch und durch produktives – und nicht rezeptives – Bewusstsein. Es ist produktiv, denn es produziert – in einer Art ›transzendentalen Produktion‹ – dasjenige Transzendente, welches als Welt und Andersheit erlebt wird. Es kommt so im Wahn zu einer falschen Verweltlichung, in der das Transzendentale den Platz des Transzendenten einnimmt. Diese eigent mliche Verwandlung des Erlebnishorizontes, die Umkehrung der Differenz von Immanenz und Transzendenz, oder zumindest deren Unkenntlichmachung, ist schließlich Grund daf r, weshalb der Wahnkranke nicht Arthur Tatossian: Ph nom nologie des Psychoses. Paris 1979, 206. Edmund Husserl: Cartesianische Meditationen und Pariser Vortr ge. Hg. von Stephan Strasser. Den Haag 1973, 55. 28

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mehr Teil des multiperspektivischen Gef ges ist. Die Verweltlichung des Transzendentalen und dessen Verwandlung in ein falsches Transzendentes f hrt zwangsl ufig zu einer rein privaten Welt, in der der Andere keinen Zugriff mehr auf die Dinge und Sachverhalte des Wahnkranken hat. Denn ebenso wenig wie der Andere einen Zugriff auf die Bewusstseinsimmanenz des Patienten hat, ebenso wenig kann er auch einen Einfluss auf dessen Wahnwelt haben. Das eine korreliert mit dem anderen. Im Wahn ist der Blickpunkt des Anderen nicht mehr virtueller Teil des vom Subjekt angeschauten Dinges. Die im Wahn stattfindende falsche Verweltlichung f hrt somit zu einer solipsistischen Welt, entstehend aus und in einem produktiven Bewusstsein, das sich vom Prinzip der intersubjektiven Konstitution einer gemeinsamen Lebenswelt losgesagt hat. Der Begriff des Solipsismus, so Parnas, steht hier f r die »paradoxale Verbindung von einer progressiven Subjektivierung der Welt und einer gleichzeitigen Auflçsung des Selbst«30. Subjektivierung der Welt und Auflçsung des Selbst: Beide Prozesse verhalten sich zueinander in vollkommener Entsprechung. Im Zusammenspiel dieser beiden Bewegungen schafft sich der Wahnkranke seine ganz eigene Welt, seinen idios kosmos, einen solipsistischen Weltentwurf.

4. Endlichkeit und Unendlichkeit Dieser im Wahn stattfindende Prozess der Solipsisierung des Erfahrungshorizontes kann ausgehend von Tengelyis Weltmetaphysik als eine ›Verendlichung‹ des Erfahrungs- und Erscheinungskontinuums gedacht werden. Dies w rde bedeuten, dass die Erfahrungsbestimmung des Unendlichen im Wahn nicht mehr differierend auf die Erfahrung einwirkt. Im Gegenteil, das Erfahrungskontinuum im Wahn ist verkrustet. Anstatt Spuren der Andersheit virtuell zu umgreifen und periodisch in das Selbige einzuarbeiten, es dadurch grundlegend zu transformieren und so in den Bezug einer gemeinsamen Geschichte zu stellen, entfaltet sich die Erfahrung im Wahn bloß noch als eine iterative Vervielf ltigung des einen und selben (wahnhaften) Themas. So gesehen scheint die Tengelyi’sche Erfahrungskategorie des Unendlichen in Bezug auf den paranoiden Wahn wie eine Art Kontrastfolie zu fungieren. Die Idee einer solchen Kontrastfolie scheint mir allerdings durchaus problematisch zu sein. In jedem Fall fordert sie uns auf, das Tengelyi’sche Denken des Unendlichen einem Stresstest zu unterziehen. Joseph Parnas: Self and Schizophrenia. A Phenomenological Perspective. In: Tilo Kircher und Anthony S. David (Hg.): The Self in Neuroscience and Psychiatry. Cambridge 2003, 233. 30

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Das Problem scheint mir dabei folgendes zu sein: Die Psychose ist eine existentielle Mçglichkeit des Menschen. Soviel steht außer Frage. Will der ph nomenologische Multiperspektivismus nun allen widerspr chlichen Tendenzen und Weltentw rfen gerecht werden, so muss auch der paranoide Wahn der Schizophrenie als antagonistischer Weltentwurf in der Tendenz der Einstimmigkeit Platz finden. Doch genau diese Forderung – so nçtig sie von einem ethischen Standpunkt aus auch sein mag – scheint nicht ohne Schwierigkeiten befriedigt werden zu kçnnen. Denn wir sahen, wie im schizophrenen Wahn das Unendliche negiert und in Endlichkeit umgem nzt wird. In seinem Solipsismus hat sich der Wahnkranke vom multiperspektivistischen Weltentwurf losgesagt. Wenn wir daher den solipsistischen Perspektivismus des Wahns im Prozess der Einstimmigkeit ber cksichtigen wollen, wenn wir schizophreniekranken Menschen in der Konstitution unserer gemeinsamen Wirklichkeit einen Platz und ein Mitspracherecht einr umen wollen, dann sind wir dazu gezwungen, auch diejenigen Weltentw rfe in die Einstimmigkeitstendenz mit aufzunehmen, die dieser Tendenz diametral entgegenstehen. Anders ausgedr ckt: Wir m ssten dem Unendlichen die Tendenz seiner eigenen Negation einlegen. Nur durch diese Kopplung an die eigene Negation ist es mçglich, die ethische Dimension des Unendlichen in seiner ganzen Radikalit t aufrechtzuerhalten. Daher die Frage: Ist die Psychose Teil derjenigen Virtualit t, die der ph nomenologische Multiperspektivismus f r seine intersubjektive Monadengemeinschaft bereith lt? Ist die wahnhafte Umkehrung von Unendlichkeit in Endlichkeit noch immer Teil des Unendlichen? Und schließlich: Wie viel Andersheit vertr gt das Unendliche? Was sind die Grenzen des Unendlichen? Wir wissen, dass Einstimmigkeit f r Tengelyi kein tat de fait, kein apriorisch festgelegter Zustand ist. Die Einstimmigkeit der Erfahrung soll vielmehr als ein immer nur tendenziell Geltung gewinnender Prozess verstanden werden. Innerhalb dieses Prozesses ist das Unendliche selbst nichts anderes als Ausdruck, wie Tengelyi sagt, des »Tendenzcharakters aller Einstimmigkeitstendenzen«31. Dieser Prozess- oder Tendenzcharakter der Einstimmigkeit ist das von Grund auf ethische Element in Tengelyis Weltmetaphysik. Wie kann nun aber der schizophrene Weltentwurf in dieser Einstimmigkeitstendenz ber cksichtigt werden? Der Keim einer Antwort mag in der Verwendung von Cantors Mengenlehre liegen, aus der Tengelyis Theorie des Unendlichen ihren prinzipiellen Anstoß erh lt. Cantor selbst stellt das Transfinite im Sinne eines bestimmten Unendlichen dem Absolutunendlichen gegen ber. Das Absolutunendliche ist ein Unendliches der allerhçchsten Potenz. Es speist sich selbst aus der unendlichen Folge von endlichen und transfiniten Mengen. Diese Dualit t im Unendlichen – 31

Laszlo Tengelyi: Welt und Unendlichkeit, 548.

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zwischen Transfinitem und Absolutunendlichem – wendet Tengelyi analogisch auf die verschiedenen antagonistischen Weltentw rfe einerseits und die allgemeine Tendenz zur Einstimmigkeit andererseits an. Wenn wir diese Analogie nun als Gedankenexperiment weiterverfolgen, so erçffnet sich uns folgende Hypothese: Wenn das Unendliche dem Tendenzcharakter aller Einstimmigkeit entspricht, so w rde den einzelnen Weltentw rfen die analoge Rolle von finiten und transfiniten Mengen verschiedener M chtigkeit zufallen. Die schizophrene Wahnwelt kçnnte somit analogisch als eine bestimmte transfinite Menge – oder gar eine endliche Menge – angesehen werden, die trotz ihrer Endlichkeit oder Bestimmtheit in das unendliche Kontinuum aller transfiniten Mengen (d. h. aller Ordnungs- und Kardinalzahlen) aufgenommen wird. Die Einstimmigkeitstendenz als Absolutunendliches w rde somit auch alle endlichen und bestimmten Weltentw rfe in sich enthalten. Die Einstimmigkeitstendenz aller Welten w rde Welten aushalten kçnnen, die selbst nicht unendlich sind; ja die dieses Unendliche gar negieren. Die negative Tendenz eines einzelnen singul ren Weltentwurfs w rde den Tendenzcharakter aller anderen Weltentw rfe nicht im Geringsten einschr nken. Das Primat der Intersubjektivit t w rde wie ein allumfassendes Milieu fungieren, von dem selbst solipsistische Weltentw rfe aufgefangen werden kçnnten. Konkret gesagt, kçnnte es z. B. ein Nebenmensch des Patienten sein, beispielsweise ein Pfleger, Psychiater, Angehçriger etc., der daf r Sorge tr gt, den wahnhaften Weltentwurf trotz seiner solipsistischen Tendenzen immer wieder in eine multiperspektivische Wirklichkeit zur ckzuf hren und ihr so einen Platz in der Suche nach Einstimmigkeit zu verschaffen. Das Unendliche Tengelyis h tte in dieser Hinsicht den Stresstest bestanden: Als Absolutunendliches beinhaltet es die schizophrene Wahnwelt als einen antagonistischen Weltentwurf unter anderen. Mit Tengelyi kçnnten wir sagen: Das Unendliche ist selbst nichts anderes als die Bedingung der Mçglichkeit f r das gemeinsame Bestehen differenter und agonaler Weltentw rfe.

Tobias Keiling

Freiheit und Determination bei Tengelyi

Abstract The chapter develops L szl Tengelyi’s metaphysics of action. Tengelyi’s discussion sets in with the problem of unintended consequences, developed from the paradigm case of Oedipus. Drawing from Paul Ricœur and Nicolai Hartmann, Tengelyi accounts for such consequences as interaction between different forms of determination, between a causal and a final nexus. In contrast to Hartmann, however, Tengelyi denies that the final nexus supervenes over the causal. Rather than assuming a Hegelian cunning of reason, Tengelyi’s innovation consists in connecting these ideas to an ethics of responsivity and Heidegger’s metontological account of human freedom. The defining moment of action is not the spontaneity of an autonomous subject but its character as response to a prior claim upon the agent. It is unclear, however, whether Tengelyi takes this description of responsivity to supervene over the causal description of action or sides with Heidegger’s unwitting insight that human freedom can only be grasped in a plurality of different forms of describing and justifying action.

Der Ansatzpunkt von Tengelyis Handlungstheorie ist das Problem der unbeabsichtigten Handlungsfolgen. Das wiederholt angef hrte Beispiel, das geradezu zum Paradigma seiner berlegungen wird, ist dipus’ Handeln: »Oidipus meint am bewussten Kreuzweg nur einen hochm tigen Fremden zu tçten, aber seine Tat enth llt sich im Nachhinein als Vatermord. Nunmehr gehçrt diese Handlungsbeschreibung zur Bedeutung oder zum Sinn dessen, was auf dem erw hnten Kreuzweg tats chlich vorgefallen ist.«1 Obwohl von ihm nicht beabsichtigt, »ist der Vatermord unter den gegebenen Umst nden gleichfalls seine Tat«. Tengelyi zieht daraus die Konsequenz, die das Grundproblem seiner Philosophie des Handelns beschreibt: Der Handelnde tut »mehr, als was er absichtlich tut.«2 Wie ist das mçglich? Die Radikalit t dieser Fragestellung wird bereits darin deutlich, dass sie das Auseinanderklaffen von Absicht und Handlung zum zentralen Problem der Handlungstheorie macht. Zwar ist der Begriff der Absicht offenbar unverzichtbar, um berhaupt einen Begriff des Handelns zu formulieren und zu verstehen, was Handlungen von bloßen Ereignissen unterscheidet. Aber wenn auch die unbeabsichtigten Konsequenzen einer Handlung dem Handelnden als sein HanL szl Tengelyi: Welt und Unendlichkeit. Zum Problem ph nomenologischer Metaphysik. Freiburg/M nchen 2014, 368. 2 Tengelyi: Welt und Unendlichkeit, 368. 1

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Tobias Keiling

deln zugerechnet werden kçnnen, dann ist der Umfang von Handeln und Beabsichtigen inkongruent. Das f hrt zu einer paradox erscheinenden Konsequenz: »Der Handelnde handelt, er tut seine Tat, aber die unbeabsichtigten Folgen seiner Handlung widerfahren ihm und werden von ihm erlitten. Da diese Folgen auf den Sinn seiner urspr nglichen Handlung mitbestimmend einwirken, erleidet er in gewissem Sinne sogar seine eigene Tat. Das Handeln ist infolgedessen ebenso sehr Erleiden wie Tun; ebenso sehr passio wie actio.«3 Wenn Tengelyi kommentiert, damit seien »einige Grundz ge des Handelns zusammengefasst«,4 scheint mir das arg bescheiden zu sein. Mit der Konzentration auf das Problem unbeabsichtigter Handlungsfolgen ist die Frage, wie menschliches Handeln zu verstehen ist in einer Radikalit t aufgeworfen, die keineswegs selbstverst ndlich, sondern vorbildlich ist. Diese Fragestellung zwingt jedoch auch dazu, zu der scheinbaren Paradoxie, dass Handeln »ebenso sehr passio wie actio« ist, Stellung zu nehmen. Im Folgenden will ich zun chst Tengelyis Auflçsung dieses Widerspruchs nachzeichnen. Dann wird es mir darum gehen, diese Beschreibung metaphysischer Freiheit ein St ck weiter zu entwickeln. Mit diesem Schritt bewege ich mich auf ein Thema zu, dass in Welt und Unendlichkeit absichtlich »ausgeklammert«5 wird, n mlich das Verst ndnis ethischer und politischer Freiheit, das auf die metaphysische Freiheit aufbauen kann. Dabei nehme ich eine weitere Dimension des Problems der unbeabsichtigten Handlungsfolgen auf, das Tengelyi ebenfalls diskutiert; die berlegung n mlich, dass auch und gerade die unbeabsichtigten Handlungsfolgen auf das Selbstverst ndnis des Handelnden zur ckwirken: »Als Urheber einer Handlung, deren Sinn nicht ein f r alle Mal feststeht, sondern sich ndert, bleibt er [der Handelnde, TK] auch nicht derselbe, der er urspr nglich war. Durch seinen Racheakt wird Oidipus zugleich Vatermçrder.«6 So zutreffend mir diese Beobachtung zu sein scheint, mçchte ich doch eine Erg nzung oder Differenzierung anschließen, die ich als notwendig erachte. Tengelyis Ansatz, die Handlungstheorie unmittelbar mit einer Theorie narrativer Identit t zu verbinden, scheint mir n mlich eine Dimension von Subjektivit t zu berspringen, welche sich aus einem metontologischen Begriff von Freiheit unmittelbar ergeben kçnnte. Diese Dimension l sst sich als die Ausrichtung auf Wahrheit beschreiben, die im Begriff der Freiheit selbst liegen kçnnte. Wahrheit als normativer Maßstab bietet sich an, um das einheitliche Korrelat von Vernunft im Denken und im Handeln zu bezeichnen. 3 4 5 6

Tengelyi: Welt und Unendlichkeit, 369. Tengelyi: Welt und Unendlichkeit, 369. Tengelyi: Welt und Unendlichkeit, 367. Tengelyi: Welt und Unendlichkeit, 369.

Freiheit und Determination bei Tengelyi

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1. Das Problem der unbeabsichtigten Handlungsfolgen Bei der Frage, wie unbeabsichtigte Handlungsfolgen mçglich sind, setzt Tengelyi bei einer Bemerkung in der Nikomachischen Ethik (III, 3; 1114b32 – 1115a1) an. In einer Diskussion der Handlungsdispositionen (hexeis) bemerkt Aristoteles, dass die Ausbildung von Dispositionen sich nicht allein aus den Naturanlagen ergibt, sondern Menschen »mitverursachend« (synaitios) f r ihre Dispositionen sind. Tengelyi folgt Ricoeur darin, das, was Aristoteles ber die Ausbildung von Dispositionen sagt, auf Handlungen allgemein zu beziehen.7 Menschen sind nicht alleinige Urheber ihrer Handlungen, sondern bloß, wie Tengelyi formuliert, »Miturheber«.8 Diese berlegung ist f r das Problem der unbeabsichtigten Handlungsfolgen direkt relevant: »Die Handlungsfreiheit ist zwar Ursache der absichtlichen Handlung, aber sie ist nur Mitursache der ganzen Handlung, in die auch die unbeabsichtigten Handlungsfolgen eingegangen sind.«9 Daraus entsteht ein sich gewissermaßen erweiterndes Bild menschlichen Handelns: Im engsten Bereich haben wir die Konsequenzen des eigenen Handelns unter Kontrolle, wie Aristoteles es f r Handlungen behauptet, bei denen wir »das Einzelne kennen« (eidotes ta kat’ hekasta, 1114a32). In einen demgegen ber weiteren Bereich fallen die unbeabsichtigten und unvorhersehbaren Handlungsfolgen, etwa die Herausbildung der Disposition, in hnlichen Situationen wieder hnlich zu handeln. F r diesen weiteren Bereich gilt, dass wir, wie Aristoteles bemerkt, nur den Anfang (arche, 1115a1) der Handlung in der Hand haben. Aus Dispositionen initiierte, habituelle Handlungen sind deshalb auch dann einem Urheber zuzuschreiben, wenn sich im Erleben der Handlung keine Absicht isolieren l sst. Diese Unterscheidung verschiedener Typen von Handlungsfolgen bertr gt Tengelyi in die Problemlage der Transzendentalphilosophie: Aristoteles mache auf die »Tatsache« einer »›Komplizenschaft‹ mit der Wirklichkeit« aufmerksam, die eine »bloß intelligible, noumenale Freiheitsidee«10 als unplausibel erscheinen l sst. Die Miturheberschaft f r Handlungen ist vielmehr eine der metaphysischen Urtatsachen, welche die These widerlegt, es handele sich bei der Kausalit t aus Freiheit und der Naturkausalit t um zwei parallele, sich also nie ber hrende Formen der Determination. Im Gegenteil erweist die ph nomenologische Beschreibung, dass die spontane, auf Absicht zur ckgehende einerseits, und die kausale »Determinationslinie«11 andererseits, welche die unbeabsichtigt eintre7 8 9 10 11

Vgl. Tengelyi: Welt und Unendlichkeit, 371 – 372. Tengelyi: Welt und Unendlichkeit, 370. Tengelyi: Welt und Unendlichkeit, 372. Tengelyi: Welt und Unendlichkeit, 372. Tengelyi: Welt und Unendlichkeit, 372.

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tenden Handlungsfolgen bestimmt, immer schon ineinander greifen: »In dem Augenblick, in dem wir eine Handlungsinitiative gerade ergreifen, liegt noch keine Parallele vor, da erst der schon begonnene Handlungsvollzug den Wirkungsmechanismen der Welt Anlass gibt, Handlungsfolgen zu bewirken, die den Sinn und die Bedeutung der urspr nglichen Handlung ver ndern. Sobald jedoch diese Wirkungsmechanismen in Gang gesetzt worden sind, liegt keine Parallelit t mehr vor, da sich nunmehr Vorg nge abspielen, die in der urspr nglichen Handlungsinitiative nicht beabsichtigt, nicht intendiert waren. Handlungsinitiative und Wirkungsmechanismen der Welt greifen ineinander; folglich laufen sie nicht parallel zueinander.«12 Damit wird die kompatibilistische Position Kants modifiziert. Denn die ph nomenologische Analyse zeigt nicht nur, dass die Spontaneit t der Handlung innerhalb eines kausalen Zusammenhangs durchaus mçglich ist, sondern dass erst die konstitutive Verbindung von Naturkausalit t und Spontaneit t einen plausiblen Begriff menschlichen Handelns ergibt. Es muss beide Beschreibungsregister geben, um etwas als Handeln beschreiben zu kçnnen. Alles Handeln ist damit in einer zu spezifizierenden Hinsicht auch als Ereignis zu bestimmen.13 Das ist f r Tengelyi die entscheidende Einsicht Nicolai Hartmanns, der Handlungsfreiheit genau so, n mlich als berlagerung zweier »Typen der Determination«14, beschreibt. Der erste Determinationstyp, der Kausalzusammenhang, ergibt sich aus der Kantischen Gegen berstellung von Naturkausalit t und Freiheit. Die Spontaneit t der Handlung f llt dagegen in den Zusammenhang der Geschichte, aus der sich ein zweiter Determinationstypus ergibt. Tengelyi bernimmt den Gedanken einer Teleologie der Vernunft in der Geschichte, den Hartmann im Anschluss an Hegel annimmt, zwar nicht. Vielmehr ist sein Paradigma f r das Verst ndnis von Geschichte nicht die sukzessive oder dialektische Vollendung, sondern Geschichte als unvorhersehbares Abenteuer.15 Nichtsdestotrotz geht Tengelyi mit Hegel und Hartmann aber davon aus, dass neben dem Kausalzusammenhang ›Geschichte‹ die zweite eminente Form der Handlungsdetermination ist. Neben den »Kausalnexus« tritt, mit Begriffen Tengelyi: Welt und Unendlichkeit, 372. David Espinet hat daf r argumentiert, dass sich diese Einsicht zumindest in nuce bereits bei Kant findet. Vgl. David Espinet: Ereigniskritik. Zu einer Grundfigur der Moderne bei Kant. Berlin/Boston 2017, 106 – 117. 14 Nicolai Hartmann: Ethik. Berlin/Leipzig 21935, 600, zit. Tengelyi: Welt und Unendlichkeit, 373. 15 Vgl. bereits L szl Tengelyi: Der Zwitterbegriff Lebensgeschichte. M nchen 1998, 180. Die Aufnahme des ›Abenteuers‹ als Paradigma f r (lebensgeschichtliche) Sinnbildung geht offenbar auf Marc Richir (Das Abenteuer der Sinnbildung. Aufs tze zur Ph nomenologie der Sprache. Wien 2000) zur ck, vgl. L szl Tengelyi: Erfahrung und Ausdruck. Ph nomenologie im Umbruch bei Husserl und seinen Nachfolgern. Dordrecht 2007, 227 – 250. 12 13

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Hartmanns gesagt, der »Finalnexus«.16 Beide Determinationstypen stellen zwar kategorial verschiedene Formen der Handlungsbeschreibung dar, Hartmann geht aber von einer Abh ngigkeit der verschiedenen Formen von Determination aus. Tengelyi fasst dies so zusammen: »Die Handlungsteleologie st tzt sich immer auf Kausalzusammenh nge. Sie kann nichts bewirken, was ein Kausalmechanismus nicht bewirken kann. Aber sie gibt dem Kausalzusammenhang, ohne ihn in seiner inneren Beschaffenheit anzutasten, eine neue Ausrichtung, indem sie ihn in den Dienst einer Verwirklichung eines Zwecks stellt.«17 Obwohl Tengelyi dieses Modell aufgreift, ist nicht klar, ob ihn auch Hartmanns Gedanke einer Schichtung dieser verschiedenen Determinationsformen berzeugt, derzufolge die hçhere kategoriale Form der Vernunftteleologie die der Kausalit t » berformt« oder » berdeterminiert«.18 Tengelyi bernimmt von Hartmann explizit lediglich den Gedanken einer »Ablenkbarkeit der Kausalreihen«,19 und damit weniger das Bild einer (vertikalen) ontologischen Schichtung als die (horizontale) Vorstellung einer Umlenkung und Neuausrichtung kausaler Prozesse. Treten n mlich, so Hartmann, zur »Totalit t« des Kausalnexus »neue Bestimmungsst cke« hinzu, so wird »der Prozeß durch solches Hinzukommen nicht unterbrochen, sondern nur abgelenkt«. Die Totalit t der kausalen Determination »ist niemals eine absolut geschlossene«.20 Die Unabgeschlossenheit des Kausalnexus deutet schon auf einen Gedanken voraus, den Tengelyi nicht an Hartmann, sondern an Husserl entwickeln wird, dass n mlich die Welt noch nicht einmal in der Weise einer transfiniten Unendlichkeit bestimmt ist, sondern sich durch eine spezifische »offene Unendlichkeit«21 auszeichnet. Dieser Gedanke ist f r die ph nomenologische Metaphysik von Welt und Unendlichkeit entscheidend, wie er im dritten Teil des Buches entworfen wird. Die Handlungstheorie und das Problem der unbeabsichtigten Handlungsfolgen f hren also in das Zentrum von Tengelyis Projekt. Die Freiheit spontanen Handelns soll nicht nur als mçglich erwiesen werden, sondern kann als Beleg der zentralen These ph nomenologischer Metaphysik dienen. Tengelyi: Welt und Unendlichkeit, 374. Tengelyi: Welt und Unendlichkeit, 374. 18 Hartmann: Ethik, 620, zit. L szl Tengelyi: Nicolai Hartmanns Metaphysik der Freiheit. In: Gerald Hartung, Matthias Wunsch, Claudius Strube (Hg.): Von der Systemphilosophie zur systematischen Philosophie. Nicolai Hartmann. Berlin/Boston 2012, 277 – 295, hier: 279. 19 Tengelyi: Welt und Unendlichkeit, 375. 20 Hartmann: Ethik, 591, zit. Tengelyi: Welt und Unendlichkeit, 375. 21 Tengelyi: Welt und Unendlichkeit, 431. Zu Tengelyis Verst ndnis von Unendlichkeit im Vergleich zu gegenw rtigen alternativen Entw rfen, vgl. Tobias Keiling: Welt und Raum. Zum Problem des Unendlichen im Anschluss an G nter Figal. In: Antonia Egel, David Espinet, Tobias Keiling, Bernhard Zimmermann (Hg.): Die Gegenst ndlichkeit der Welt. Festschrift f r G nter Figal. T bingen 2019, 283 – 315, hier: 302 – 314. 16

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2. Von der List der Vernunft zum Anspruchsfeld der Responsivit t Auch wenn sich Tengelyi ber weite Strecken an Hartmanns Theorem einer berlagerung der Determinationstypen orientiert, wird diese durch die Einbettung in eine Metaphysik ph nomenologischer Urtatsachen in Welt und Unendlichkeit doch entscheidend modifiziert.22 Dabei ist f r mich jedoch fraglich, wie weit diese Modifikation geht. Denn dass es ein wesentliches Ineinandergreifen der beiden Determinationstypen gibt, l sst sich auch als die Annahme einer Art Supervenienz der Vernunftteleologie als der hçheren Determinationsform verstehen. Aber ist das auch Tengelyis eigene Position? Das wird zun chst dadurch nahegelegt, dass Tengelyi in der Erl uterung von Hartmanns Beschreibung der Vernunftteleologie auf Hegels »List der Vernunft«23 zur ckgeht. In der Sache ist dabei die berlegung entscheidend, dass was im Kausalit tsnexus als zuf llig erscheint – dass etwa dipus so handelt, wie er es beabsichtigt –, im Finalnexus notwendig ist. Die Handlungsteleologie, wie Tengelyi formuliert, »dr ckt den kausalen Bedingungen, auf die sie sich st tzt, das Merkmal einer notwendigen Zusammengehçrigkeit auf, das ihnen außerhalb des Finalnexus nicht zukommt«.24 Der Finalnexus f llt also gewissermaßen die L cken, die im Kausalzusammenhang unbestimmt bleiben. Versteht man das Verh ltnis der beiden Determinationstypen derart, dann schließt der Finalnexus die offene Totalit t kausaler Zusammenh nge also ein St ck weit. Die berlagerung der beiden Determinationstypen im Handeln h tte zwar nicht den Charakter einer Schichtung, w rde aber dennoch zu einer Art zunehmender Entropie der Bestimmtheit f hren. Gerade so analysiert Tengelyi das Problem der unbeabsichtigten Handlungsfolgen jedoch nicht. Dass dipus seinen Vater tçtet, wird von Tengelyi – weil dieser Handlungssinn nicht intendiert war – als ein Durchbrechen des Finalzusammenhangs der Absicht durch die kausal verursachten Wirkungen des Naturprozesses beschrieben. Hier zeigt sich f r Tengelyi jedoch keine List der Vernunft. Vielmehr zeigt der Naturprozess der Vernunft seine sozusagen monstrçse Seite; es kommt zum Konflikt zwischen Spontaneit t und Naturgeschehen: »Das Ph nomen unbeabsichtigter Handlungsfolgen zeigt, wie die Naturkausalit t der handlungsteleologischen Verf gungsgewalt und Steuerungsmacht […] im-

Als Einf hrung in Tengelyis Entwurf einer ph nomenologischen Metaphysik, vgl. die pr gnante Darstellung bei Inga Rçmer: L szl Tengelyi. Die Welt und ihr Unendliches. In: Tobias Keiling (Hg.): Ph nomenologische Metaphysik. Konturen eines Problems nach Husserl. T bingen. Im Erscheinen. 23 Tengelyi: Welt und Unendlichkeit, 373. 24 Tengelyi: Welt und Unendlichkeit, 374. 22

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mer wieder entgleiten kann. Die Naturkausalit t kommt den freien Initiativen nicht selten ins Gehege.«25 Wenn dipus’ Handeln also ein Beispiel f r das Ph nomen unbeabsichtigter Handlungsfolgen ist, dann steht es nicht daf r ein, wie Hartmann meinte, dass der Determinationstyp der Vernunftteleologie die Naturkausalit t gewissermaßen vollendet, indem es die L cken im Kausalnexus schließt. Im Gegenteil erweist das Ph nomen, dass es sich, so Tengelyi, »um zwei heterogene Determinationstypen handelt«.26 Ebenso wie der Kausalzusammenhang, den Tengelyi mit Begriffen Kants als ein »transzendentales Prinzip der reflektierenden Urteilskraft«27 bezeichnet, ist die Handlungsteleologie eine transzendentale »Erfahrungskategorie«, welche eine »Einstimmigkeitstendenz«28 in der Erfahrung zum Ausdruck bringt. Es ist diese Tendenz, die in F llen wie jenen dipus’ unterbrochen wird, wenn es zum »Widerstreit«29 der beiden Ordnungsformen kommt. Den Unterschied zwischen diesen beiden Prinzipien oder transzendentalen Tendenzen der Erfahrung entwickelt Tengelyi wiederum im Anschluss an Hartmann: W hrend die »Ablenkbarkeit der Kausalreihen« zum Kausalit tsprinzip gehçrt und dem menschlichen Handeln faktisch »Eingriffs- und Anhaltepunkte«30 bietet, erscheinen diese kausalen L cken in der Determinationsform der Handlungsteleologie als konkrete Handlungsmçglichkeiten. Zwischen diesen Alternativen entscheidet sich das Handlungssubjekt frei, wenn es eine Handlungsinitiative beginnt. Es besteht insofern, wie Tengelyi mit Hartmann hervorhebt, »ein deutlicher Indeterminismus«31 innerhalb des Finalnexus, dessen st rkster Ausdruck sich f r Tengelyi bei Schelling in der Beschreibung menschlicher Freiheit als Freiheit zum Guten und zum Bçsen findet. F r Handlungsfreiheit im eigentlichen Sinn sind L cken im Kausalnexus also zwar notwendige Bedingungen, aber aus diesen Bedingungen l sst sich keine hinreichende Beschreibung von Handlungsfreiheit geben. Die verschiedenen Handlungsoptionen sind vielmehr in ihren Implikationen f r ein Handeln unter dem Anspruch der Vernunft, also in normativen Kategorien zu bewerten. Die St rke von Hartmanns Ansatz sieht Tengelyi darin, diesen »unverwischbaren Sollenskonflikt«32 zum Grundph nomen normativer Erfahrung und zur Bedingung menschlichen Handelns zu machen. Erst durch den Anspruch verschiedener 25 26 27 28 29 30 31 32

Tengelyi: Welt und Unendlichkeit, 375. Tengelyi: Welt und Unendlichkeit, 375. Tengelyi: Welt und Unendlichkeit, 360. Tengelyi: Welt und Unendlichkeit, 375. Tengelyi: Welt und Unendlichkeit, 375. Tengelyi: Welt und Unendlichkeit, 375. Tengelyi: Welt und Unendlichkeit, 200. Hartmann: Ethik, 712, zit. Tengelyi: Welt und Unendlichkeit, 381.

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Handlungsoptionen entsteht, wie Tengelyi mit Hartmann sagt, der »Spielraum«33 genuiner Selbstbestimmung. »Die Sollensanspr che geben zu antworten, indem sie ein derartiges So-oder-auch-so freigeben. Erst durch die Freigabe offener Handlungsalternativen machen sie das Handeln berhaupt mçglich.«34 Tengelyi lehnt eine nomologische Auffassung der »Sollensdetermination«35 in Parallele zur Naturkausalit t ab. Vielmehr sucht er den »Sinnzusammenhang von Anspruch und Antwort«36 als alternative Beschreibungsform der Manifestation normativer Anspr che zu beschreiben. Die an Hartmann entwickelte Beschreibung von Handlungsfreiheit wird so mit einer Ethik der Responsivit t verbunden. Auch diesen Zusammenhang von Anspruch und Antwort begreift Tengelyi jedoch als eine Form vollst ndiger Determination, pl diert also f r einen moralischen Realismus, der sich nicht in der Geltung von Regeln, sondern im Antworten-M ssen manifestiert. Die Offenheit der Handlungssituation, das »So-oder-auch-so« der Handlungsoptionen, dr cke »keine Unbestimmtheit oder mangelnde Bestimmung des Willens« aus, es sei vielmehr als »Ergebnis einer vollst ndigen Willensbestimmung durch Sollensanspr che«37 zu verstehen. Der Grund daf r ist nicht in einem moralischen Gesetz zu suchen, durchaus aber in der spezifisch normativen Valenz konkreter Handlungsoptionen. Die »einander widerstreitenden Anspr che« treffen nicht auf eine »mehr oder weniger zuf llige Willensentscheidung«. Vielmehr sind diese Anspr che etwas, das das Subjekt des Appells »von vornherein [bedr ngt] und ihm zugleich von sich aus auch schon zu antworten [gibt]«.38 Das Handlungssubjekt befindet sich nicht im bloßen »Kr fteverh ltnis«39 der Kausalit tsverh ltnisse, sondern im »Anspruchsfeld«40 verschiedener Handlungsoptionen. Innerhalb dieses Feldes ergibt sich dann, um in der kinetischen Metaphorik zu bleiben, ein Vektor, der vorgibt, was getan werden sollte. Wird innerhalb des normativen Raums eine Handlung initiiert, ver ndert sich innerhalb des Anspruchsfelds die spezifisch normative Bestimmtheit der Tat, sowie sich deren Konsequenzen einstellen – die beabsichtigten wie die unbeabsichtigten. Damit stellt sich jedoch erneut die Frage, ob die so geschehene Selbstbestimmung im Handeln durch das Antworten auf normative Anspr che nicht bloß eine weitere metaphysische Urtatsache darstellt, sondern als eine spezifischere Hartmann: Ethik, 713, zit. Tengelyi: Welt und Unendlichkeit, 381. Tengelyi: Welt und Unendlichkeit, 381. 35 Tengelyi: Welt und Unendlichkeit, 380. 36 Tengelyi: Welt und Unendlichkeit, 380. Vgl. bereits Tengelyi: Erfahrung und Ausdruck, 251 – 292. 37 Tengelyi: Welt und Unendlichkeit, 381. 38 Tengelyi: Welt und Unendlichkeit, 382. 39 Tengelyi: Welt und Unendlichkeit, 380. 40 Tengelyi: Welt und Unendlichkeit, 383. 33

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und daher auch als eine hçhere Determinationsform gegen ber dem Naturzusammenhang der Kausalit t anzusehen ist. Obwohl Tengelyi dies bei der Diskussion Hartmanns mit Verweis auf den Widerstreit der verschiedenen Determinationstypen abgelehnt hatte, scheint die im Folgenden entwickelte metontologische Deutung der appellativen Determinationsform des Handelns wieder auf diese Konsequenz zuzulaufen.

3. Freiheit und appellative Determination Ziel des letzten und f r die Metaphysik entscheidenden Schrittes Tengelyis ist es, den Gedanken, dass Handlungsfreiheit in partieller Urheberschaft besteht, mit dem Gedanken zu verkn pfen, sie sei auch, mit einer von Heidegger bernommenen Formulierung gesagt, der »Grund des Grundes«. Daher lautet die berschrift des einschl gigen Abschnitts von Welt und Unendlichkeit: Die Handlungsfreiheit als Mitursache und als Grund des Grundes.41 Wieder ist es das dipus-Paradigma, an dem sich Tengelyi orientiert: Dass der Mord an Laios »nicht einfach als Vergeltung einer Beleidigung, sondern ebenfalls als Vatermord zu kennzeichnen ist«, verdeutlicht, dass die »ungewollten Handlungsfolgen immer dazu verwendet werden kçnnen, die urspr ngliche Handlung neu zu beschreiben«.42 In dieser neuen, ver nderten oder erweiterten Beschreibung erscheinen die ungewollten Handlungsfolgen, auch wenn sie sich nur »aus einem ungl cklichen Zusammenspiel der Umst nde« und »aus einer blinden Wirkung der Naturkausalit t«43 ergeben, dennoch als Moment der spontan initiierten Handlung. Der Widerstreit der Einstimmigkeitstendenzen wird also zugunsten der wahren Beschreibung, der neuen und komplexeren Geschichte ber das, was geschehen ist, geschlichtet. Das Vermçgen zu einer solchen Umdeutung, in der sich das begleitende Verst ndnis des eigenen Handelns den ver nderten Tatsachen anpasst, hat offenbar am Ph nomen der Handlungsfreiheit Anteil. F r die Beschreibung dessen, was man mit Michael Thompson den »geistigen Aspekt«44 des Handelns nennen kann, ist diese F higkeit zur Deutung und Umdeutung des eigenen Handelns sogar von entscheidender Bedeutung. Denn dieser Aspekt besteht offenbar nicht allein in jenen berzeugungen, die in eine Absicht eingehen oder sie begleiten, etwa meine Motive, warum ich so handele und Tengelyi: Welt und Unendlichkeit, 382. Tengelyi: Welt und Unendlichkeit, 383. 43 Tengelyi: Welt und Unendlichkeit, 383. 44 Michael Thompson: Life and Action. Elementary Strucures of Practice and Practical Thought. Cambridge/London 2008, 93: »intellectual aspect«. 41 42

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nicht anders. Der geistige Aspekt des Handelns besteht auch nicht darin, die eigene Handlung als Tatsache beschreiben zu kçnnen, als w re sie allein ein kausal determiniertes Ereignis in der Welt, wenngleich sie das nat rlich durchaus ist. Vielmehr umfasst die geistige Dimension des Handelns die F higkeit, beide Determinationsformen als Beschreibungsmuster auf eine Handlung anzuwenden und ineinander zu berf hren. Und weiter gehçrt zur F higkeit, sich in seinem Handeln zu verstehen, offenbar auch, die eigenen berzeugungen ber den Sinn dessen, was man tut, revidieren zu kçnnen. Diese F higkeit zu einer Art Einstellungswechsel auch hinsichtlich des eigenen Tuns ist ein theoretisches Komplement zur praktischen Ausrichtung der Vernunft im Handeln.45 Diese beinahe hermeneutische Operation ist weiter Voraussetzung daf r, die eigene Handlungsfreiheit voll zu nutzen, denn die ver nderte berzeugung ber den Sinn des eigenen Tuns kann auch dazu f hren, nun anders zu handeln. Zu den vçllig berzeugenden Beobachtungen Tengelyis gehçrt, dass die Freiheit der Miturheberschaft nicht einmalig ist, sondern sich immer wieder erneuern l sst. Wir kçnnen »innerhalb gewisser Grenzen durchaus das Vermçgen bewahren […], auf die Erfahrung ungewollt aufkommender Handlungsfolgen zu reagieren. Es steht uns frei, den urspr nglichen Handlungsplan berichtigend abzundern oder ihn sogar von Grund auf zu verwandeln.«46 Zur Idee von Freiheit als Spontaneit t gehçrt nicht, durch das Initiieren von Handlungen deren feststehenden Sinn zu aktualisieren, wie man ein Kochrezept befolgt. Vielmehr gehçrt zum vollen Sinn von Handlungsfreiheit ein Moment der Erneuerung, nicht nur ein einmaliges, sondern »ein immer wieder erneuertes Selbstanfangenkçnnen«.47 Das ist in der Tat eine entscheidende Einsicht und »Wendepunkt«48 von Tengelyis berlegungen. Denn erst bei diesem Komplexit tsgrad der Analyse des dipus-Paradigmas wird die Struktur von Handlungsfreiheit ganz deutlich. Die Handlung erscheint erst jetzt nicht bloß als ein kausales Geschehen und zugleich als Antwort auf einen Appell, sondern wird auch als Auspr gung von praktischer Vernunft verst ndlich. »Um […] auf die Erfahrung ungewollt aufkommender Handlungsfolgen reagieren zu kçnnen, m ssen wir«, schreibt Tengelyi, »das Vermçgen besitzen, auf einen rein kausal bestimmten Determinationsstrang f r sich einzugehen und ihm Anhaltspunkte f r eine Umwandlung der uns gerade leitenden Handlungsteleologie abzugewinnen. Das sind F higkeiten, die auf eiVgl. Tobias Keiling: Ph nomenologische Freiheit in Husserls Ideen…. In: Diego D’Angelo, Sylvaine Gourdain, Tobias Keiling, Nikola Mirkovic (Hg.): Frei sein, frei handeln. Freiheit zwischen theoretischer und praktischer Philosophie. Freiburg/M nchen 2013, 243 – 271. DOI: 10.6094/UNIFR/10684. 46 Tengelyi: Welt und Unendlichkeit, 384. 47 Tengelyi: Welt und Unendlichkeit, 384. 48 Tengelyi: Welt und Unendlichkeit, 384. 45

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nen tiefer liegenden Sinn von Freiheit hindeuten. Nur ein Wesen, das nicht nur berhaupt handeln kann, sondern von der es gerade leitenden Handlungsteleologie auch Abstand zu nehmen und sich auf die dieser Handlungsteleologie gelegentlich in die Quere kommende Naturkausalit t f r sich einzulassen vermag, kennt berhaupt so etwas wie Naturkausalit t und Handlungsteleologie.«49 Wenn das eine Beschreibung von Vernunft im Handeln ist, dann gehçrt zu ihr, die verschiedenen am Zustandekommen einer Handlung beteiligten Determinationstypen als Begr ndungs- und Erkl rungszusammenh nge reflektieren zu kçnnen. F r Tengelyi ist genau das Heideggers metontologische Einsicht: Freiheit ist »Freiheit zum Grunde«, »Grund des Grundes« oder, wie Tengelyi formuliert, »der Grund aller Gr ndungszusammenh nge«.50 Heidegger bezeichnet Freiheit in diesem Sinn bekanntlich als »Transzendenz«, da diese den spezifischen Zusammenhang des Seienden, die »Eingenommenheit im Seienden«51 berschreitet. In diesem Sinn gehen Menschen in ihrem Freisein › ber‹ das Seiende hinaus und nehmen eine Position ›jenseits‹ des ontologischen Sinn- und Bestimmungszusammenhangs ein. Es erscheint mir vçllig plausibel, wenn Tengelyi dies als Heideggers Versuch einer Neubegr ndung und Transformation des Kantischen Verst ndnisses von Spontaneit t und Autonomie deutet.52 F r die Interpretation von Heideggers Metontologie und ihre Weiterf hrung durch Tengelyi stellt sich jedoch die entscheidende Frage, was hier ›begr nden‹ heißt, in welchem Sinne Freiheit selbst Grund der »Begr ndungszusammenh nge« ist, die eine Handlung mindestens in den Formen der Naturkausalit t und der spontanen Miturheberschaft bestimmen. Bei der Erl uterung dieser Frage gehe ich nicht auf Heideggers ontologischen Diskurs ein, weil mir dieser eher explanandum als explanans zu sein scheint und auch in Tengelyis berlegungen nicht ausschlaggebend ist. Vielmehr f hrt Tengelyi den bei der Beschreibung der normativen Valenz verschiedener Handlungsoptionen entwickelten Zusammenhang sozusagen appellativer Begr ndung mit der metonologischen Freiheit eng: Im Anschluss an eine Bemerkung Heideggers aus Der Satz vom Grund, dass »im Grund selbst« ein »Anspruch auf Begr ndung« zum Ausdruck komme, schreibt Tengelyi, dass auch »die Freiheit […] als der ›Grund des Grundes‹ […] in Wahrheit immer bereits einem Anspruch entspricht, der nicht aus ihr selbst stammt. Trifft die Aussage zu, dass der Mensch als Warum-Frager nach Gr nden sucht, Gr nde erforscht, Gr nde f r seine Entscheidungen anf hrt und Tengelyi: Welt und Unendlichkeit, 384 – 385. Tengelyi: Welt und Unendlichkeit, 386. 51 Tengelyi: Welt und Unendlichkeit, 386. 52 Tengelyi: Welt und Unendlichkeit, 387. Vgl. dazu ausf hrlich Stefan W. Schmidt: Grund und Freiheit. Eine ph nomenologische Untersuchung des Freiheitsbegriffs Heideggers. Dordrecht 2016. 49 50

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Gr ndungszusammenh ngen in der Welt nachgeht, so leidet diese Aussage doch an einem Grundmangel, solange nicht klargestellt wird, dass der Mensch damit bereits einem Anspruch zu entsprechen sucht, der im Grund selbst spricht. Das ist die Einsicht, die Heidegger in seiner metaphysischen Periode noch fehlt und die dem sp teren Ereignisdenken […] eine Berechtigung gibt.«53 Diese berlegung bietet Tengelyi die Mçglichkeit, Heideggers Metontologie in den Zusammenhang einer ph nomenologischen Metaphysik der Freiheit einzubauen. Eine mçgliche Konsequenz dieser berlegung kçnnte jedoch sein, der metontologische und der ethische Anspruch habe genau dieselbe Form. Dann w re zwar nicht die Geschichtsteleologie, Hartmanns »Finalnexus«, wohl aber der Zusammenhang der Responsivit t gegen ber anderen Formen von Rechtfertigung und Begr ndung dadurch ausgezeichnet, diese in seiner metontologischen Funktion allererst einzusetzen. Denn dass es einen »abgr ndigen und vorurspr nglichen Anspruch, der im Grunde selbst spricht«,54 gibt, wie Tengelyi formuliert, dem die metontologische Freiheit zu entsprechen versucht, erweckt den Anschein, als handele es sich hier um denselben Anspruch, den verschiedene Handlungsoptionen geltend machen, und so den Spielraum des Handelns als Anspruchsfeld definieren. Das wirft jedoch die Frage auf, ob der Begr ndungszusammenhang von Anspruch und Antwort der letztlich entscheidende ist und sich deshalb auch auf eine hçhere metaphysische, n mlich metontologische Dignit t berufen kçnnte. Trotz Tengelyis Verteidigung der »offenen Unendlichkeit« gegen die »transfinite Unendlichkeit«55 w re ein Zusammenhang gefunden, der sich vor allen anderen Beschreibungen und Rechtfertigungen auszeichnen w rde. Das erschiene mir jedoch deshalb problematisch, weil dadurch eine andere Einsicht Heideggers, dass es n mlich eine irreduzible Pluralit t verschiedener Rechtfertigungs- und Begr ndungszusammenh nge gibt, wieder auf die gewissermaßen monolinguale Verpflichtung reduziert w rde, der die Form des Anspruchs des Grundes »im Grunde selbst« hat. Diese Pluralit t ist eine gewissermaßen unfreiwillige Einsicht Heideggers, die sein Ziel einer definitiven ph nomenologischen Ontologie immer wieder untergr bt.56 Heidegger hat nie das Ziel aufgegeben, diese Pluralit t wieder durch eine definitive BeTengelyi: Welt und Unendlichkeit, 391 – 392. Tengelyi: Welt und Unendlichkeit, 392. 55 Tengelyi: Welt und Unendlichkeit, 429. 56 Vgl. Tobias Keiling: Seinsgeschichte und ph nomenologischer Realismus. Eine Interpretation und Kritik der Sp tphilosophie Heideggers. T bingen 2015; ders.: Phenomenology and Ontology in the Later Heidegger. In: Dan Zahavi (Hg.): The Oxford Handbook of the History of Phenomenology. Oxford 2018, 251 – 267; ders.: › bermacht des Seyns‹. Heideggers Schwarze Hefte und die Logik der Seinsgeschichte. In: David Espinet, G nter Figal, Tobias Keiling, Nikola Mirkovic (Hg.): Heideggers Schwarze Hefte im Kontext. Geschichte, Politik, Ideologie. T bingen 2018, 115 – 136. 53 54

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schreibungssprache zu reduzieren, unabh ngig davon, ob das Denken zu dieser Sprache Zugang hat oder sie nur im Schweigen erreicht. Es trifft deshalb die Sache, wie Derrida ins Zentrum einer Dekonstruktion der Philosophie Heideggers die berlegung zu stellen, es kçnne nur das Sein sein, dass immer und berall und in allen Sprachen zum Ausdruck komme.57 Tengelyi scheint mir jedoch eine Kombination von drei verschiedenen berlegungen zu versuchen, die spannungsvoll bleibt: Erstens formuliert Tengelyi ein transzendentales oder quasi-transzendentales Argument, das den ›Grund‹ aufzukl ren sucht, der uns erst in die Lage versetzt, Gr nde aufzuzeigen. Zweitens gibt es einen Zug ins Mystische, der die Unsagbarkeit des Anspruchs auf Begr ndung »im Grunde selbst« hervorhebt, wenn Tengelyi diesen Anspruch mit Schelling und Heidegger als »vorurspr nglich« und »abgr ndig« qualifiziert. Drittens betont Tengelyi gegen ber diesen Autoren den Charakter dieses Urgrundes als Antwort fordernden Anspruch, dessen Unsagbarkeit sich weniger aus seiner ontologischen oder vor-transzendentalen Dignitit t, sondern aus seiner Unermesslichkeit ergibt.

4. Wahrheit und die Pluralit t der Gr nde Vielleicht ist diese Spannung unvermeidlich, will man nicht einfach von der Autonomie freier Subjekte ausgehen, sondern den metaphysischen Ursprung menschlicher Freiheit aufkl ren. In jedem Fall scheint mir die Frage, welche Interaktionen, Inkongruenzen und bersetzbarkeiten mit der Pluralit t verschiedener Bestimmungs-, Begr ndungs- oder Rechtfertigungszusammenh nge einhergehen, nicht weniger wichtig als die nach dem Ursprung dieser Pluralit t. F r eine Ph nomenologie der Freiheit wird es darauf ankommen, dichte Beschreibungen der Strukturen dieser Pluralit t zu entwickeln. Das l uft jedoch darauf hinaus, am Problem der Pluralit t von Rechtfertigungszusammenh ngen anzusetzen, um Tengelyis Entwurf einer ph nomenologischen Metaphysik der Freiheit um eine ph nomenologische Diskussion von Wahrheit zu erg nzen. Um die Pluralit t der verschiedenen deskriptiv-normativen Zusammenh nge zu begreifen, die am »Wendepunkt« von Tengelyis Metaphysik steht, seiner Aufnahme von Heideggers Metontologie, l sst sich n mlich auf andere Gedanken der Nikomachischen Ethik zur ckgreifen, und zwar auf die Unterscheidung verschiedener Weisen des aletheuein, des Sich-auf-die-Wahrheit-beziehens, die im sechsten Buch zentral ist. Es ist ganz offensichtlich, dass die aristotelische Meta57

29.

Vgl. Jacques Derrida: La diff rance. In: Marges de la Philosophie. Paris 1972, 1 – 29, hier:

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physik, welche diese Unterscheidungen st tzt, im Rahmen von Tengelyis Entwurf ph nomenologischer Metaphysik nicht zu halten ist. Das betrifft vor allem die Unterscheidung verschiedener Seinsbereiche, derzufolge sich praktische Vernunft auf das Handeln im Bereich des Mçglichen und Einzelnen, theoretische Vernunft sich dagegen auf das Allgemeine und Notwendige richtet, oder dass technisches Wissen nur dort zur Anwendung kommt, wo etwas Gestalt verliehen werden soll, das in Form einer Idee bereits vorliegt. Aber davon ist der Gedanke unbenommen, dass es sich sowohl im Falle praktischer Vernunft, theoretischer Vernunft und technischem Wissen, bei phronesis wie bei episteme, theoria und techne, eben um verschiedene Formen des Wissens vom Wahren handelt. Dass Freiheit, metontologisch verstanden, f r Heidegger auch »das Wesen der Wahrheit«58 ist, deutet diese Mçglichkeit bereits an. Gleichzeitig vernachl ssigt Heidegger in den f r diesen Gedanken einschl gigen Texten nicht nur den appellativen Charakter des Grundes, sondern auch die Differenzierung verschiedener Wahrheitsformen. Dabei liegt es nahe, auch in Bezug auf die verschiedenen Formen des aletheuein von verschiedenen Begr ndungs- und Erkl rungszusammenh ngen zu sprechen, die jeweils andere Einstimmigkeitstendenzen der Erfahrung repr sentieren. Dadurch w rden weitere aristotelische Unterscheidungen in den Kontext der modernen Philosophie bertragen. Mit diesem Versuch folgt man dem Programm einer ph nomenologischen Reaktualisierung der aristotelischen Philosophie, das f r den fr hen Heidegger maßgeblich gewesen ist. Im Blick auf die problematische Durchf hrung bei Heidegger selbst wird man es aber anders akzentuieren m ssen und nicht auf die zeitliche Struktur des Verstehens und dessen fundamentalontologische Bedeutung, sondern eben auf die quasi-metontologische Pluralit t der Wahrheitsformen abstellen. Nicht bei der Beschreibung der Handlungsfreiheit, sondern im historischen Aufriss im zweiten Teil von Welt und Unendlichkeit bringt Tengelyi selbst diesen Aspekt der Metontologie bereits zum Ausdruck. Zentraler Bezugspunkt dieser Diskussion ist nicht die Beschreibung von Handlungsfreiheit, sondern der Weltbegriff. Zwar geht es bei dieser Diskussion verschiedener Weltentw rfe nicht ausdr cklich um praktisches Wissen. Aber der Grundgedanke tr gt, dass es die entscheidende Einsicht der Metontologie sei, dass Freiheit einen »Spielraum […] der Wahrheit oder Falschheit« erçffne.59 Sowohl innerhalb von Weltentw rfen wie auch zwischen diesen herrscht eine »epistemische Dynamik«,60 die das genuine epistemische Korrelat menschlicher Freiheit ist. Genau dieser Martin Heidegger: Vom Wesen der Wahrheit. In: ders.: Wegmarken. Hg. von FriedrichWilhelm von Herrmann (Gesamtausgabe, Bd. 9). Frankfurt am Main 1976, 188 – 202, hier: 186, zit. Tengelyi: Welt und Unendlichkeit, 391. 59 Tengelyi: Welt und Unendlichkeit, 256. 60 Tengelyi: Welt und Unendlichkeit, 258. 58

Freiheit und Determination bei Tengelyi

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Gedanke definiert f r Tengelyi den spezifisch ph nomenologischen Weltbegriff: Ontologische Entw rfe mçgen sich ver ndern, dadurch » ndert sich der Seinsbestand der Welt, aber die Welt selbst bleibt erhalten«.61 Die Welt ist damit aber die wahre Welt, und das Erscheinen dieser Wahrheit ist gegen ber verschiedenen ontologischen Deutungsversuchen prim r. »Der Unterschied« zwischen dem ontologischen Ansatz und einer Ph nomenologie der Welt besteht, so Tengelyi, »darin, dass die Welt im Gegensatz zum Sein einen Spielraum f r das Entweder-Oder von Wahrheit und Falschheit erçffnet«.62 Zumindest in dieser Diskussion ontologischer Wahrheiten, des Zusammenspiels verschiedener Weltentw rfe, ist sich Tengelyi des Problems einer Pluralit t der Weltenw rfe also bewusst, so dass es nur einen Schritt braucht, dies explizit auf die verschiedenen Begr ndungszusammenh nge in der Metaphysik der Handlungsfreiheit zu beziehen. Damit verwandelt sich das Problem der ZweiWelten-Lehre nicht unbedingt in das Problem einer Schichtung verschiedener Begr ndungs- und Erfahrungszusammenh nge, das Husserl nicht nur selbst entwickelt, sondern ebenso den »bçsen Zirkel«63 diagnostiziert, auf den das Schichtenmodell f hrt. Vielmehr stellt sich – gewissermaßen horizontal, nicht vertikal – das Problem, verschiedene Begr ndungszusammenh nge in ihren jeweiligen Wahrheitsanspr chen zu verstehen. Die Frage zu stellen, welche Wahrheit ein Begr ndunganspruch unter welchen Voraussetzungen in Anspruch nimmt, konkretisiert die Aufgabe, Interaktionen, Inkongruenzen und bersetzbarkeiten zwischen den verschiedenen Begr ndungszusammenh ngen zu untersuchen. Im Kapitel ber die Metaphysik der Handlungsfreiheit macht Tengelyi selbst darauf aufmerksam, dass bereits Heidegger darum bem ht sei, »eine Mannigfaltigkeit verschiedener Gr ndungszusammenh nge im Auge zu behalten«.64 Hieran l sst sich anschließen. Vermutlich ist es legitim, die Frage nach der mçglichen Konvertibilit t der verschiedenen Gr ndungszusammenh nge und den innerhalb von ihnen erhobenen Wahrheitsanspr chen von der Metaphysik in die Epistemologie zu verweisen. Auch gelangt man hier zu einer Dimension der Ph nomenologie, in der diese in Hermeneutik bergeht. Aber sofern menschliches Handeln nicht nur von Erleben begleitet ist, sondern auch dem Anspruch der Vernunft untersteht, ist der mçgliche Konflikt handlungsleitender Wahrheiten ein ernstzunehmendes Problem. Tengelyi stellt sich diesem mit dem Verweis auf die Tatsache, dass es »agonale Weltentw rfe«65 nicht nur geben kann, sondern sie in Form einer »An61 62 63 64 65

Tengelyi: Welt und Unendlichkeit, 258. Tengelyi: Welt und Unendlichkeit, 257. Tengelyi: Welt und Unendlichkeit, 409. Tengelyi: Welt und Unendlichkeit, 385. Tengelyi: Welt und Unendlichkeit, 411.

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Tobias Keiling

tinomie der reinen Vernunft« zur Vernunft selbst gehçren.66 Auch und gerade in diesem Fall radikaler Inkongruenz der Begr ndungszusammenh nge d rfte der Anspruch des »Grundes selbst« vernehmlich werden, dass ungeachtet dieser Inkongruenz sich Freiheit nur in Rechtfertigungszusammenh ngen realisiert. Hier w re deshalb der Ort einer hermeneutischen Theorie der Vernunft, die in der antinomischen Situation zu bersetzen und zu vermitteln sucht. Mit der Integration einer Epistemologie verschiedener Wahrheitsformen w rde der Aufbau einer Metaphysik der Freiheit jedoch komplexer als in Tengelyis Entwurf, da diese Epistemologie zum Bindeglied zwischen der Metaphysik der Handlungsfreiheit und der Theorie narrativer Identit t werden w rde, die Tengelyi unmittelbar miteinander verbindet.67 Zum Sinn des Handelns w rde es dann nicht nur gehçren, zu einer individuell und kollektiv zu erz hlenden Geschichte hinzuzugehçren, sondern diese Narration w rde unter dem Anspruch stehen, die Mehrdeutigkeit des Handelns gewissermaßen auszuhalten und sich dennoch am Wahren zu orientieren. Das aber gelingt nur dadurch, die Vielheit und Einheit der verschiedenen Wahrheitsformen aufeinander zu beziehen, und gerade darin best nde die ›geistige Dimension‹ metontologischer Freiheit. Der erste Schritt zu dieser Form der Einbindung der Wahrheitstheorie in die Theorie narrativer Identit t best nde vermutlich darin, die ph nomenologische Eigenst ndigkeit einzelner Handlungen zu bestimmen und Handlungen eine metontologische Realit t zuzusprechen, wie Tengelyi sie im Anschluss an Husserl mit der Kategorie der ›Dinglichkeit‹ verkn pft. So wie die ph nomenologisch verstandenen »Dinge« besitzen Handlungen ein »offenes Wesen«,68 das sich in Erfahrungsverl ufen anreichern kann. Handlungen sind darin wie »Dinge« im Sinne Husserls und Heideggers, dass es eben dieselbe Handlung ist, die anders erfasst wird, aber dennoch ›wesentlich‹ dieselbe bleibt, sobald der Racheakt als Vatermord beschrieben wird. Dass es so ist und sich das Wesen dieser Handlung entsprechend narrativ anreichert, das ist der Prozess, in dem sich die Wahrheit dieser Handlung offenbart.69 Tengelyi: Welt und Unendlichkeit, 427. Vgl. L szl Tengelyi: Narratives Handlungsverst ndnis. In: Karen Joisten (Hg.): Narrative Ethik. Das Gute und Bçse erz hlen. Berlin 2007, 61 – 73; ders.: Betrachtungen ber die Handlungsfreiheit und die Selbstheit des Handelnden. In: Markus Pfeifer, Smail Rapic (Hg.): Das Selbst und sein Anderes. Festschrift f r Klaus Erich Kaehler. Freiburg/M nchen 2009, 245 – 258; ders.: Action and Selfhood. A Narrative Interpretation. In: Dan Zahavi (Hg.): The Oxford Handbook of Contemporary Phenomenology. Oxford 2012, 265 – 286. 68 Edmund Husserl: Ideen zu einer reinen Ph nomenologie und ph nomenologischen Philosophie. Zweites Buch. Hg. von Marly Biemel (Husserliana, Bd. 4). Den Haag 1952, 299, zit. Tengelyi: Welt und Unendlichkeit, 429. 69 Vgl. Tobias Keiling: Life is an adventure. L szl Tengelyi’s Phenomenology of Action. In: Christopher Erhard, Tobias Keiling (Hg.): The Routledge Handbook of the Phenomenology of Agency. Abingdon/New York. Im Erscheinen. 66 67

Freiheit und Determination bei Tengelyi

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Das Beispiel dipus’ zeigt dann sowohl, wie man sich ber diese Wahrheit t uschen kann, als auch, wie sich die ph nomenologische Realit t des Handelns anreichert und weiterentwickelt ber jede Absicht hinaus, die man in es gelegt hatte. Das eigene Handeln wird zum Gegenstand der Interpretation, weil keiner der es bestimmenden Zusammenh nge es allein bestimmt.

Philip Flock

Der transzendentale Schein des Transfiniten und das ph nomenologische Apeiron

Abstract For the project of a phenomenological metaphysics, according to L szl Tengelyi, a clarification of the status of mathematical infinity is of central importance. For this purpose, the Cantorian conception of transfinite numbers serves as a matrix for the elaboration of the possibility of an actual infinity in the world, i. e. in phenomenological transcendentality as a metaphysics of the world. With Marc Richir, who claims to have discovered a quasi-Kantian antinomy in the conceptualization of transfinite numbers, it becomes clear that phenomenology itself must go beyond the transfinite in the mathematical sense to take into account a non-mathematical openness and irreducible indeterminacy, i. e. a genuinely phenomenological infinity. For this purpose, Tengelyi’s reading of Cantor’s set theory and its reception by Marc Richir is traced in this essay. It will be shown that a metaphysics, which starts with the difference between thing and world, already presupposes a certain individuation, which puts it in tension with its core idea of an eidetic openness.

Peras und apeiron sind Grundbegriffe der Metaphysik und befinden sich an der Wurzel der Frage nach dem Verh ltnis von Endlichem und Unendlichem, wie es auf mannigfache Weise das abendl ndische Denken bis auf den heutigen Tag angeht. Mit dem Mathematiker Georg Cantor kommt es im 19. Jahrhundert zur Urstiftung eines mathematisch Unendlichen neuen Typs, eines berabz hlbar Unendlichen oder Transfiniten, das dem Aktualunendlichen einen mathematisch gesicherten Status zwischen Potential- und Absolutunendlichem verleiht. Edmund Husserl, selbst Mathematiker und mit Cantor befreundet, sucht in seiner Ph nomenologie, die eine neue Erste Philosophie zu sein beansprucht, nach philosophischen Antworten auf dieses durch die Mengenlehre erneuerte Problem von Grenze und Unbegrenztem: Welcher transzendentale Sinn kommt der Entdeckung des Transfiniten als Mischung von peras und apeiron zu? Und welche Folgen hat diese Entdeckung f r eine ph nomenologische Epistemologie und Ontologie? Bei dem Entwurf einer neuen ph nomenologischen Metaphysik greift L szl Tengelyi in seinem letzten Werk Welt und Unendlichkeit diese Probleme auf. Seine Antwort wird lauten: Die Cantor’sche Mischung aus Grenze und Unbegrenztem – das Transfinite – ist in der Welt und beschreibt die ›M chtigkeit‹ des ph nomenologischen Weltentwurfs. Die Frage der Vertr glichkeit von naturalis-

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Philip Flock

tischem und ph nomenologischem ›Universum‹ betrifft folglich laut Tengelyi die Bestimmung des Verh ltnisses verschiedener M chtigkeiten des Unendlichen, wobei das ph nomenologische Unendliche zuletzt von der Mathematizit t im Begriff des Transfiniten gereinigt werden muss und zu einer ›Intensivierung‹ und ›Dynamisierung‹1 des Unendlichen in der Ph nomenologie f hrt. L szl Tengelyis Ausf hrungen zu Cantor nehmen ihren Ausgang wiederum in einer kritischen Auseinandersetzung mit der Interpretation des Transfiniten, die der belgische Ph nomenologe Marc Richir innerhalb seines eigenen Ansatzes einer Neugr ndung der Ph nomenologie vorgelegt hat. In diesem geht Richir von einem radikal unbestimmten ph nomenologischen Apeiron als Ph nomenalisierungsfeld aus und sucht die Mengenlehre als eine Form symbolischer Stiftung von diesem Feld abzugrenzen. Tengelyi will dagegen zeigen, dass gewisse Eigenschaften des Transfiniten das ph nomenologische Feld selbst konstituieren. Meine These lautet, dass Tengelyi in seiner Interpretation der Begriffsbildung des Transfiniten eine Akzentverschiebung der Richir’schen Deutung vornimmt. Damit kann er f r den Lauf seiner Untersuchung die abgr ndigen Probleme der Individuation der Elemente auf Distanz halten. Dennoch wird auch Tengelyi zuletzt die Annahme einer a priori Individuierung von Teil und Ganzem zugunsten eines ›intensiven Unendlichen‹ und einer ›Offenheit des Wesens‹ zur cknehmen. Welche Konsequenzen h tte es f r den Entwurf einer ph nomenologischen Metaphysik, w rde man, wie Richir es tut, von einem ph nomenologisch unbestimmt Unbegrenzten, einem Apeiron, ausgehen? Handelt es sich dabei um kompositorische oder philosophische Differenzen? Handelt es sich gar um verschiedene Grundtypen einer ph nomenologischen Metaphysik? Dazu werde ich zun chst das Problem des Transfiniten im Tengelyi’schen Entwurf genau verorten. Daraufhin soll die Problemstellung bez glich des mathematischen Transfiniten expliziert werden. Im letzten Teil werden L szl Tengelyis und Marc Richirs Interpretationen und die daraus folgenden Konsequenzen vorgestellt und miteinander verglichen.

1. Ort und Status des Problems des Unendlichen in der ph nomenologischen Metaphysik L szl Tengelyi bietet uns zwei architektonische Modelle an, um die Stellung des Problems des Unendlichen innerhalb einer ph nomenologischen Metaphysik zu bestimmen: 1.) ein Fundierungsmodell, bei dem die ph nomenologische Metaphysik auf ›vier Grundpfeilern‹ ruht; und 2.) eine diakritische Architekto1

Siehe L szl Tengelyi: Welt und Unendlichkeit. Freiburg/M nchen 2014, 546.

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nik, in der ›Welt‹ und ›Unendlichkeit‹ zugleich eine Differenz und eine unbedingte Zusammengehçrigkeit anzeigen. Zudem sollen beide Modelle sich wechselseitig bedingen. Wir werden uns vor allem mit dem architektonischen Modell befassen. Dem systematischen dritten Teil seines Buchs Welt und Unendlichkeit sind zwei Kapitel vorangestellt, die in philosophiegeschichtlicher Perspektive die Mçglichkeit einer neuen Metaphysik im Allgemeinen und einer ph nomenologischen Metaphysik im Besondern zu begr nden suchen. Entgegen dem monolithischen Urteil Heideggers – das nicht wenige Denker des sogenannten »postmetaphysischen Zeitalters« zum Ausgangspunkt ihrer Metaphysikkritik w hlten –, Metaphysik sei Onto-Theologie, zeichnet die neuere Forschung, so das Ergebnis der Untersuchung, ein vielschichtigeres Bild dieses philosophischen Großprojekts. Nicht nur gibt es theoriestrukturelle Ausnahmen von dieser vermeintlichen Regel; kaum eine historisch konkrete Gestalt der Metaphysik scheint die Bedingungen einer Onto-Theologie im vollen Sinne zu erf llen. Sie scheint vielmehr nur, so Tengelyi, »der virtuelle Brennpunkt einer typologischen Vielfalt«2 zu sein. Aus der These, Onto-Theologie als bestimmte metaphysische Struktur sei in Zukunft unmçglich, folgt also keinesfalls, dass Metaphysik im Allgemeinen unmçglich sei. Und so zeichnen sich in ganz verschiedenen philosophischen Richtungen j ngerer Zeit Tendenzen einer R ckbesinnung auf metaphysische Fragen ab. L szl Tengelyi findet Spuren einer solchen mçglichen anderen Metaphysik auch in der ph nomenologischen Tradition auf versprengte Weise bereits angelegt. Aus der Bewegung des ph nomenologischen Denkens selbst zeichnet sich ein thematisches Feld und eine Architektonik ab, die das besondere Gepr ge einer ph nomenologischen Metaphysik ausmachen kçnnten. L szl Tengelyis eigener Beitrag liegt in der Ausarbeitung eben dieser Mçglichkeit. Sein Metaphysik-Entwurf setzt innerhalb der Ph nomenologie besondere Akzente. So ist die ph nomenologische Metaphysik notwendig Weltph nomenologie, in der die Frage nach der transzendentalen Subjektivit t und ihren Leistungen wie auch die Frage nach der Differenz von Sein und Seiendem hinter die Frage nach der Differenz von Ding und Welt zur cktreten. Es gilt, das Ding in seinem ph nomenologischen ›Gehalt‹, in seiner Abschattungsmannigfaltigkeit und seiner Horizonthaftigkeit zu analysieren, von wo aus es dann nach dem Universalhorizont als regulativem System all dieser unendlich reziproken Verweisungszusammenh nge zu fragen gilt. Innerhalb dieser Weltperspektive l sst sich die Subjekt-Frage, so wie sie im Naturalismus gestellt zu werden pflegt (wie n mlich Bewusstsein in der Welt aufkommen kann, wenn dieses transzendental 2

Ebd., 15.

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betrachtet jene Welt allererst konstituieren soll), im Rahmen eines von Tengelyi konzipierten metontologischen Transzendentalismus neu betrachten. Der Kern dieses Problems liegt (bei Husserl wie bei Heidegger) in der genauen Bestimmung der Faktizit t des Bewusstseins. Die ganze ph nomenologische Metaphysik fußt auf dem Gedanken, dass das weltkonstituierende Bewusstsein notwendig sei, jedoch nicht im logischen Sinne, sondern im Sinne eines Faktums. So gelten Husserl das Cogito, der Andere, die Welt und die Geschichtlichkeit als Urtatsachen und somit als »Urnotwendigkeiten«3. F r einen solchen auf das Ganze des Seienden gehenden metontologischen Transzendentalismus, wie er sich von Heidegger ausgehend formulieren l sst, ist die Welt immer schon faktischer Weltentwurf, dessen ›letzte‹ Fragen nur eine »Metaphysik zuf lliger Faktizit t«4 behandeln kann. In diesem Sinne verschiebt sich das transzendentale Unternehmen von der Apriorizit t zur Aposteriorizit t: In dieser neuen Perspektive fragt die ph nomenologische Kategorialanalyse nach den von Tengelyi so genannten »Experientialien«5 des Weltfaktums, d. h. denjenigen Erfahrungskategorien, welche die Einstimmigkeitstendenzen der Erfahrung beschreiben. Neben Raum, Zeit, Kausalit t und Handlungsteleologie einerseits und Metakategorien, wie Einheit oder Differenz, andererseits kommt den Erfahrungskategorien »Weltwirklichkeit« und »Unendlichkeit« besondere Bedeutung zu, sofern sie die Stabilit t bzw. Instabilit t der Einstimmigkeit als solche betreffen. In diesem letzten Punkt reflektiert sich die ph nomenologische Metaphysik selbst, indem sie den vorgelegten Weltentwurf in ein diakritisches System transponiert; in diesem heben sich die wesentliche Ganzheit und die wesentliche Offenheit der Welt in ihrer Zusammengehçrigkeit differentiell, ›diakritisch‹, voneinander ab. Welt und Unendlichkeit bilden weiterhin ein doppeltes diakritisches System, in dem sich die Diakritik von Ding und Welt auf der Seite des Weltfaktums in einer Diakritik von Transfinitem und Absolutunendlichem auf der Seite der Unendlichkeit wiederum diakritisch abbilden l sst. Die ph nomenologische Aneignung der mathematischen Theorie des Transfiniten fragt demnach innerhalb einer ph nomenologischen Metaphysik nach dem diakritischen Verh ltnis von Ganzheit und Offenheit in Hinblick auf die Stabilit ten und Instabilit ten der Einstimmigkeitstendenzen der Erfahrung, die den Weltentwurf im Sinne eines metontologischen Transzendentalismus ermçglichen. Damit ist das Problem des Unendlichen innerhalb einer ph nomenologischen Metaphysik verEdmund Husserl: Zur Ph nomenologie der Intersubjektivit t. Dritter Teil: 1929 – 1935. Hg. von Iso Kern (Husserliana, Bd. 15). Den Haag 1973, 386. 4 Dieser Frage ist der ganze Zweite Teil des Buches gewidmet (Tengelyi: Welt und Unendlichkeit, 171ff.) 5 Tengelyi: Welt und Unendlichkeit, 194. 3

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ortet. L szl Tengelyi tritt zur Behandlung dieser Frage in einen Dialog mit der Cantor’schen Mengenlehre, die als Urstiftung eines Unendlichen neuen Typs auf dem Feld der Idealit t eine Unendlichkeitsgestalt zur Erscheinung bringt, die von besonderer Bedeutung f r die Ph nomenologie sein kann.

2. Cantors Theorie des Transfiniten und ihre Antinomien Georg Cantors Mengenlehre als Theorie des Unendlichen produziert gewisse Paradoxien und »Antinomien«. Denn obwohl Cantor auf originelle Weise das bis dato als unbeherrschbar geltende Aktualunendliche der Erkenntnis in einem wesentlichen Ausmaß mittels mathematischer Konstruktion zug nglich machen konnte, bleibt das Absolutunendliche, auch in der Mengenlehre, ein unlçsbares Problem. Dagegen kann die Tilgung dieses inkonsistenten ›Jenseits‹ qua Axiomatisierung, wie sie seit den Arbeiten von Abraham Fraenkel und Ernst Zermelo in Geltung ist, lediglich als ein inner-mathematischer Sieg betrachtet werden. Wie L szl Tengelyi detailliert rekonstruiert, ist Cantor durch seine intensiven philosophischen Studien mit der metaphysischen Gestalt des Absolutunendlichen bestens vertraut, weshalb auch die Mengenlehre in ihrer urspr nglichen Gestalt durchaus metaphysische Z ge tr gt. Die mathematischen Inkonsistenzen fordern von einem philosophischen Denken jedoch nicht notwendig eine ›formalistische‹ Lçsung, sondern erlauben alternative Interpretationen innerhalb des urspr nglich erçffneten metaphysischen Feldes. Tengelyis Entwurf einer ph nomenologischen Metaphysik versteht sich als eine derartige Interpretation, in der diese Probleme in ph nomenologisch-lebensweltlicher Perspektive durchaus eine diakritische Zusammengehçrigkeit, und damit Vertr glichkeit, anzeigen. M. a. W. ist das Unendliche der Ph nomenologie, auch wenn diese an Cantor anschließt, nicht mit dem mathematischen identisch, sondern eine Unendlichkeit eigenen Typs – die ganze Argumentation, bei Tengelyi wie bei Richir, gilt in letzter Konsequenz dem Beleg dieser These. Allerdings gehen – wie ich zu zeigen versuche – die Auffassungen ber diese Differenz auseinander. Widmen wir uns nun dem begriffskonstruktiven Verfahren, mit dem Cantor die Mathematik des Transfiniten begr ndet. In der Geistesgeschichte galt alle Unendlichkeit, die nicht als Potential-Unendliches begriffen wurde, galt alle aktuale wie absolute Unendlichkeit als der Erkenntnis prinzipiell unzug nglich. Cantors Genialit t besteht nun darin, zwischen potentialer und absoluter Unendlichkeit das Reich des Aktualunendlichen als Transfinites mathematisch neu bestimmt zu haben. Die methodische Operation, die diesen Bereich zug nglich macht, besteht in einer stufenweisen Idealisierung.

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Auf der ersten Stufe wird der Begriff der Menge bestimmt als jede Form von Einheit, die sich aus einer Vielheit bilden l sst: Menge bezeichnet demnach »jedes Viele, welches sich als Eines denken l sst, d. h. jeden Inbegriff bestimmter Elemente, welcher durch ein Gesetz zu einem Ganzen verbunden werden kann […]«.6 Operational betrachtet liegt die Pointe dieser Definition darin, auch bei unendlichen Vielheiten die hintere Mengenklammer begr ndeter Weise schließen zu kçnnen. Dazu ist aber eine weitere Idealisierung ›im Innern‹ der Menge notwendig, die f r die Unterscheidung zwischen Tengelyis und Richirs Interpretation von entscheidender Bedeutung sein wird. F r die Konstruktion einer Menge ist es unerl sslich, dass ihre Elemente »wohlunterschieden« sind: »Unter einer Menge verstehen wir jede Zusammenfassung [M] von bestimmten wohlunterschiedenen Objekten [m] unserer Anschauung oder unseres Denkens (welche die ›Elemente‹ von M genannt werden) zu einem Ganzen«.7 In dieser Bestimmung der Elemente einer Menge vollzieht sich die eigentliche arithmetische Abstraktion: Eine wohlgeordnete Menge hat immer ein erstes Element und jedes Element einen Nachfolger. F r Cantor liegt die Evidenz des Mengenbegriffs nicht in der mathematischen Konstruktion (des Gez hlt-werdens), sondern in der begrifflichen Bestimmung ihrer inneren Ordnung oder Struktur. Mit einer geographischen Metapher kçnnte man sagen: Man muss nicht jeden Winkel eines Kontinents bereist haben, um ihn als ›erschlossen‹ zu begreifen, es reicht schon, wenn man die Legende vor sich hat, durch die man sich auf der Karte orientieren kann. Das ›Reich‹ des Transfiniten wird jedoch erst dann betreten, wenn die Begriffe der Ordinalit t und der Kardinalit t eingef hrt werden. Die Ordinalzahl zeigt an, an welcher Stelle der Menge sich ein bestimmtes Element befindet, w hrend die Kardinalzahl die sogenannte »M chtigkeit«, d. h. die Vielheit in Absehung ihrer Geordnetheit, anzeigt. Beide Bestimmungen sind bis zu einem gewissen Punkt deckungsgleich, bis sie beim bergang vom Abz hlbaren zum berabz hlbaren auseinandertreten. In diesem Sinne beschreibt die Mengenlehre eine ganze Reihe »gleichm chtiger« unendlicher Mengen: so die Menge der ganzen Zahlen, der positiven ganzen Zahlen, der geraden Zahlen usf. Innerhalb einer einzigen M chtigkeit stellt sich ein je bestimmtes Ordnungsgef ge dar, welches der Regel einer Wohlgeordnetheit folgt (auch ohne weitere mathemati-

Georg Cantor: ber unendliche lineare Punktmannigfaltigkeiten. In: ders.: Gesammelte Abhandlungen mathematischen und philosophischen Inhalts. Hg. von Ernst Zermelo. Hildesheim 1962, 204. 7 Georg Cantor: Beitr ge zur Begr ndung der transfiniten Mengenlehre. In: ders.: Gesammelte Abhandlungen mathematischen und philosophischen Inhalts. Hg. von Ernst Zermelo. Hildesheim 1962, 282. 6

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sche Erl uterung ist der Aufstiegscharakter der folgenden Zahlenreihe deutlich zu erkennen): 0, 1, 2,…, n,…y, y+1, y+2,…, y+n,…, y2,…, y3,…yn,…yy, yy+1, …, yy+n, …(yy)y…, [(yy)y]y, …c, … Die unendlichen Ordinalzahlen einer einzigen M chtigkeit bilden eine «Zahlenklasse«, die zu einem Grenz bergang hin zu einer neuen Klasse anderer M chtigkeit f hrt, die grçßer ist als die der vorherigen Klasse [c]. Diese berg nge sind als solche immer noch wohlgeordnet, und es l sst sich wiederum eine Ordnung der unendlichen M chtigkeiten – genannt »Aleph«: 40, 41 usw. – konstruieren. Das traditionell unbeherrschbare Aktualunendliche ist damit in eine in Evidenz einsehbare Ordnungsfolge berf hrt. Wie man bereits ahnen d rfte, h ngt das ganze Geb ude transfiniter Zahlen an der Beantwortung der Frage, wie es mçglich ist, von einer Zahlenklasse zur n chsten zu gelangen. Bei genauerem Hinsehen scheint die oben angef hrte Klasse weniger durch die Existenz der Mengen (und ihrer Elemente) als vielmehr durch ein gewisses Prinzip ihrer Erzeugung bestimmt. Genau dieses Prinzip scheint in seiner Erzeugungskraft auf eine ›Erschçpfung‹ hinauszulaufen und somit einen Grenz bergang zu fordern. Genauer sehen wir hier, wie L szl Tengelyi bemerkt, das Zusammenspiel dreier Erzeugungsprinzipien am Werk: 1.) einer Erzeugung durch Sukzession, 2.) einer neuen Erzeugung durch Transgression und 3.) eines gewissen Hemmungsprinzips, das garantiert, dass sich die Erzeugung erst dann eines neuen Prinzips bedient, wenn sich das vorherige erschçpft hat.8 In der Arithmetik demonstriert Cantor dieses Erzeugungsprinzip beim bergang der Menge rationaler Zahlen zu jener der reellen Zahlen: Im Gegensatz zu den bisher beschriebenen Mengen ist letztere, so die Behauptung, von anderer M chtigkeit. Zum Beweis dieses Grenz bergangs entwickelt Cantor sein ber hmtes Diagonalverfahren, das beweisen soll, dass es ein Element gibt, das grçßer als diese Zahlenklasse selbst ist. Mathematisch formuliert lautet das gesuchte Prinzip transfiniter Kardinalit t: Die Potenzmenge P(M) – die Menge aller Teilmengen, die sich aus der Menge M bilden l sst – ist m chtiger als die Menge M selbst.9 Der Beweis des Diagonalverfahrens erfolgt jedoch indirekt, d. h. die geSiehe Tengelyi: Welt und Unendlichkeit, 450f. Zur Erl uterung: Man bezeichnet mit M’ die Teilmenge der Menge M, wenn jedes Element von M’ in M enthalten ist. Enth lt M Elemente, die nicht in M’ enthalten sind, spricht man von einer »eigentlichen Teilmenge«. Sind dagegen alle Elemente von M in M’ enthalten, sind die Bestimmungen der Begriffe »Menge« und »Teilmenge« austauschbar, spricht man von einer »uneigentlichen Teilmenge«. Weiter nennen wir P(M) die Potenzmenge von M, die alle mçglichen verschiedenen Teilmengen, die sich aus M bilden lassen, enth lt. (Die Frage, ob die leere Menge {} und die genannte »uneigentliche Teilmenge« zu P(M) gehçren, lassen wir an dieser Stelle aus.) 8 9

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genteilig aufgestellte Hypothese, es g be keine Zahl, die in dieser abz hlbar unendlichen Ordnung nicht erfasst sei (positiv ausgedr ckt: Es g be ein Maximum der M chtigkeit), soll zu einem Widerspruch f hren. Der Existenzbeweis einer solchen Zahl w rde demzufolge beweisen, dass es hingegen unendlich viele M chtigkeiten gibt. Gehen wir zur Demonstration dieses Verfahrens von einer besonderen Menge aus: der Menge aller Dezimalzahlen, die zwischen 0 und 1 liegen (Inbegriff der reellen Zahlen und Gesamtheit derjenigen Zahlen, die mit 0, … beginnen). Wenn wir nun alle diese unendlichen Dezimalzahlen in eine Liste eintr gen, m sste sie vollst ndig sein; funktional ausgedr ckt: Auf welche Weise auch immer ich die Dezimalzahlen zusammenstelle und komponiere, sie bleiben stets echte Teilmengen der urspr nglichen Menge. Wenn wir nun von der Reihenfolge der Zahlen unserer Liste abstrahieren, kçnnen wir sie auch so abbilden, dass wir ihre Nachkommastellen symbolisch notieren (0,a1,a2,a3,…; 0,b1,b2,b3,… usf.). Um die neue Diagonalmenge D zu konstruieren, betrachten wir die so entstandene Diagonale (a1,b2,c3,…) und tragen nun f r jede dieser Nachkommastellen statt der urspr nglichen Ziffer die Ziffer (1) ein, es sei denn als urspr ngliche Ziffer erscheint bereits eine (1), in diesem Fall tragen wir die Ziffer (0) ein. Auf diese Weise einer diagonalen Modifikation der Liste haben wir eine Zahl konstruiert, die sich als im Sinne der Erzeugung vollg ltige Dezimalzahl nicht in der vermeintlich vollst ndigen Potenzmenge P(M) befindet, insofern sie sich stets – an mindestens einer Stelle – von den Elementen P(M) unterscheidet, und zugleich Teil von P(M) ist, insofern sie ganz offensichtlich eine Dezimalzahl zwischen 0 und 1 ist. Die Hypothese, nach der die Potenzmenge gleich m chtig mit der Menge M sei, f hrt damit auf einen Widerspruch, woraus auf indirekte Weise folgt: Die Potenzmenge P(M) ist m chtiger als die Menge M selbst. Weiterhin ergibt sich: Es gibt kein Maximum an M chtigkeit, sodass – anders ausgedr ckt – diese Transgression unendlich wiederholbar ist.10 Mittels des Diagonalverfahrens l sst sich damit eine Diagonalmenge D konstruieren, die die Vollst ndigkeit des Aktualunendlichen buchst blich ›durchkreuzt‹, d. h., dass die Potenzmenge P(M) stets m chtiger ist als die Menge M selbst. Die Kritik an dieser Beweisstrategie ließ allerdings nicht lange auf sich warten. 1905 pr sentierte Jules Richard ein dem Diagonalverfahren innewohnendes Paradoxon, das so bedeutende Mathematiker wie Poincar , Russell oder Gçdel Ein befriedigender Beweis, dass diese unendlichen Stufen unterschiedlicher M chtigkeit sich in wohlgeordneter Folge abbilden lassen, wurde von Cantor allerdings weder hier noch sp ter erbracht. 10

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aufgriffen, und an das auch Marc Richirs Kritik wesentlich anschließt.11 Demnach beruht die ›Magie‹ der transgressiven Erzeugung der Diagonalmenge auf einem bestimmungslogischen Trugbild. Betrachtet man die Definitionen von Diagonalmenge und Potenzmenge genau, stellt man n mlich fest, dass sie einander bedingen, insofern es gerade die Kluft zwischen ihren M chtigkeiten ist, die ihre Differenz begr ndet. Die Diagonalmenge D, die die Definition der Potenzmenge P(M) allererst leisten soll, setzt diese Potenzmenge bereits voraus. In der Logik wird solch ein Fall seither als »nicht pr dikative Definition« bezeichnet: als eine Definition, die »ein Partialobjekt innerhalb eines Gesamtbereichs so bestimmt, dass dabei der Begriff des Gesamtbereichs in den Begriff des Partialobjekts eingeht«.12 Damit die Diagonalmenge D das transfinite Wesen der Potenzmenge enth llen kann (dass ihre Gesamtheit n mlich m chtiger ist als die Menge M), bedarf sie bereits der Definition der Potenzmenge P(M) als Gesamtheit aller Teilmengen M’ – nur unter ihrer im Voraus gesetzten Hypothese: als gleichm chtig mit der Menge M.

3. Die Selbstaufhebung der unbedingten Ganzheit bei Tengelyi Die Problemstellung bez glich des Absolutunendlichen bezieht sich auf eine Erweiterung der Kritik bei Richir, die Tengelyi nicht bereit ist mitzumachen. Diese betrifft nicht bloß die Nicht-Pr dikativit t des Diagonalverfahrens, sondern die Strategie des indirekten Beweises als solche. Nach Richir, der hier zun chst der Argumentation des mathematischen Intuitionismus zu folgen scheint, zieht die Hypothetizit t der Ausgangssituation bereits ein Scheitern der Bestimmung des Beweises nach sich. Demnach setzt der Beweis einer Potenzmenge, die m chtiger als die Ausgangsmenge ist, in seiner Beweisf hrung die Unmçglichkeit einer gleichm chtigen Potenzmenge an einem bestimmten Punkt des Verfahrens als bewiesen voraus. Dass a bewiesen werden kann, setzt also voraus, dass b, welches durch a als unmçglich bewiesen wird, beweisbar ist und bereits bewiesen wurde. Nun bedeutet die Setzung einer vollst ndigen Potenzmenge nicht bloß die relative Setzung einer Menge – in welchem Falle indirekte Beweise mathematisch unproblematisch und durchaus blich sind –, sondern die absolute Setzung Jules Richard: Les principes de math matiques et le probl me des ensembles. In: Revue G n rale des Sciences 16 (1905), 541 – 543, hier: 541. (Cf. L. Olivier: ibid., 542 – 543.), Neudruck in: Acta Math. 30 (1906), 295 – 296; Marc Richir: De l’illusion transcendantale dans la th orie cantorienne des ensembles. In: Annales de l’Institut de philosophie et de sciences sociales. Bruxelles 1986, 93 – 118, hier: 109. 12 Tengelyi: Welt und Unendlichkeit, 453. 11

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einer maximalen, nicht mehr vermehrbaren Potenzmenge. Das nicht-vermehrbar absolut Unendliche ist jedoch nach Cantor prinzipiell unbestimmt, woraus folgt, dass sich die Unbestimmtheit des einmal gesetzten (als bewiesen vorausgesetzten) absolut Unendlichen auf die Menge, die grçßer ist als dieses Absolute, bertr gt. Gegen diesen Verdacht einer ›Infiltration‹ und ›Auflçsung‹ der Elemente des Transfiniten f hrt Tengelyi Cantors zweiten, seltener rezipierten Ansatz des Diagonalverfahrens ins Feld. Hier dekliniert Cantor dasselbe Verfahren anhand von Dualbr chen durch (was nichts anderes bedeutet, als dass er die Br che in »0« und »1« ›digitalisiert‹). Diese Reformulierung wurde nçtig, da im vorherigen Verfahren die Elemente nicht »charakterisiert« waren, wie Cantor sich ausdr ckt: Sie konnten aus den nat rlichen Zahlen oder sonst irgendwelchen Charakteren (Tische, Pferde, Symbole o. .) bestehen. In diesem Sinne waren die Elemente der Menge M und folglich auch die Diagonalmenge D ›unbestimmt‹ oder ›nicht-charakterisiert‹. Wenn wir so verfuhren, dass an jeder Stelle der Diagonale die ›1‹ gesetzt wurde, und nur im Fall einer vorgefundenen ›1‹ eine ›0‹, so war auch diese Wahl unbestimmt willk rlich, d. h. einfach different von M. Nun kçnnen wir aber dasselbe Verfahren auch anwenden, wenn es nur Nullen und Einsen g be, so dass die Diagonalmenge D die Reihenfolge von Nullen und Einsen ergibt, die nicht in der Gesamtheit der Teilmengen von M erscheinen. Auf den ersten Blick scheint nichts gewonnen, doch das Nicht-Charakteristische der Mengen ist durch die Homogenisierung der elementaren Differenz ausgeschaltet. Denn die allgemeine Charakterisierung 0 oder 1 von zwei nichtidentischen Charakteren reicht aus, um f r jede abz hlbar unendliche Folge der Reihe eine differente Reihe zu erzeugen. Die Menge wird strukturiert durch ihre ›reine‹ Differenzialit t und Reziprozit t. Was bleibt, ist eine Differenz in der Sequenz von Nullen und Einsen, deren Ordnung sich stets durch transfinite Reihen durchkreuzen l sst. Wie Tengelyi betont, handelt es sich demnach nicht um eine pr dikative, sondern konstruktive Definition. Der philosophisch entschiedene Punkt liegt f r ihn darin, dass die Bestimmtheit der Elemente »nicht zerfließt«13 – oder mit Cantor gesprochen: »Die ›M chtigkeiten‹ repr sentieren die einzige und notwendige Verallgemeinerung der endlichen ›Kardinalzahlen‹, sie sind nichts anderes als die aktual-unendlich-großen Kardinalzahlen, und es kommt ihnen dieselbe Realit t und Bestimmtheit zu wie jenen [den endlichen]…«14

Ebd., 457. Georg Cantor: Gesammelte Abhandlungen mathematischen und philosophischen Inhalts. Hg. von Ernst Zermelo. Hildesheim 1962, 280. 13 14

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Trotzdem gesteht Tengelyi ein, dass hier stets eine bestimmte Auswahl notwendig vorausgesetzt wird. Insofern bleibt die Kritik an der Nicht-Pr dikativit t des Cantor’schen Beweises und seine indirekte Setzung einer hypothetischen Unmçglichkeit in Geltung. F r Tengelyi sind die genannten Paradoxien vielmehr Ausdruck der Tatsache, dass die Setzung eines unbedingten Ganzen immer schon »den Keim ihrer Selbstaufhebung in sich tr gt und so ber sich hinausdr ngt«15, also gem ß der Architektonik der ph nomenologischen Metaphysik ein diakritisches Verh ltnis beschreibt: So wie die Diagonalmenge D zur Grenzberschreitung die konstruktive Setzung eines unbedingten Ganzen fordert, so fordert dieses Ganze seine eigene Aufhebung. Warum muss dies eigens betont werden? Die Antwort liegt wiederum in der diakritischen Architektonik der ph nomenologischen Metaphysik, die erst durch die Auseinandersetzung mit der Theorie des Transfiniten ihre metaphysischen Konsequenzen voll zum Vorschein bringt. Denn so wie bei Cantor die eigentlich fundamentale Kluft nicht zwischen Endlichem und Unendlichem, sondern zwischen Transfinitem und Absolutunendlichem verl uft (das Diagonalverfahren sollte ja gerade die Einsehbarkeit in den stufenweisen bergang von Unendlichkeit zu Unendlichkeit zeigen), so soll auch die Differenz zwischen Ding und Welt als das Verh ltnis von Aktual- zu Absolutunendlichem verstanden werden. Wenn Tengelyi das Ding »als Erscheinungskontinuum im Welthorizont«16 bestimmt, dann genau in diesem Sinne, dass das Ding das aktualunendliche Ganze von unendlichen Abschattungspotenialit ten ist, die immer schon ber sich hinausdr ngen und so auf die Welt verweisen, die jedoch ihrerseits, trotzdem sie Universalhorizont bleibt, niemals ad quat gegeben sein kann, sondern lediglich als unendliche Idee der Einstimmigkeit der Erfahrung zu denken ist. Damit will L szl Tengelyi gegen ber der »Geschlossenheit und Selbstgen gsamkeit«17 des naturalistischen Weltbegriffs (der sich mit einem Universum mit abz hlbaren Unendlichkeiten begn gt) das Transfinite »in der Welt« situieren – nicht wie Cantor es tat, im Kontinuum eines vermeintlichen thers, sondern in der transgressiven Natur des Erscheinungskontinuums18, wie es einzig die Ph nomenologie zu fassen vermag. Die transzendentalen oder subjekt-relativen Perspektiven widersprechen der naturalistischen Perspektive in ihrem Wesen nicht, sagen jedoch, dass mit dem Aufkommen des Bewusstseins in der Natur eine Unendlichkeit anderer M chtigkeit ins Spiel kommt – was gem ß des

15 16 17 18

Tengelyi: Welt und Unendlichkeit, 458. Ebd., 306ff. Ebd., 420. Ebd., 551.

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von Tengelyi beschriebenen methodologischen Transzendentalismus19 bedeutet, dass dieses Aktualunendliche zur selben ›Welt‹ gehçrt. Aber genau aus diesem Grund ist es wichtig, dass die Bestimmtheit der Elemente der Potenzmenge »nicht zerfließt«20, wie Tengelyi sagt. Meine These ist, dass die Hinwendung zum Problem des Absolutunendlichen einer Abkehr vom Problem der Wohlunterschiedenheit gleichkommt, und das deshalb, weil bei Tengelyi die Bestimmbarkeit des Dings, die gewissermaßen das Weltgeb ude tr gt, zwar offen und transgressiv, nicht aber wie bei Richir als instabil oder prek r gedacht werden soll.

4. Richirs quasi-kantische Antinomie in der Mengenlehre Marc Richir behauptet nun, dass im Beweisverfahren des Transfiniten eine »quasi-kantische Antinomie« verborgen liege.21 Nun w re das Verh ltnis Kants zur Mathematik, und zum mathematischen Unendlichen im Besonderen, Gegenstand einer eigenen Untersuchung, doch sollten wir die Analogie nicht weiter treiben, als es Richir selbst beabsichtigt. Trotzdem geht der Sinn dieser Antinomie – das ist meine These – in eine andere Richtung als die von L szl Tengelyi in Welt und Unendlichkeit zun chst dargestellte. Worin besteht nun die Analogie zur transzendentalen Dialektik? Sie tritt hervor, sobald man die mathematischen Begriffspaare, »abz hlbar/ berabz hlbar«, »vollst ndig/unvollst ndig« usw., durch das transzendentale Begriffspaar »bedingt/unbedingt« ersetzt. Es wird n mlich deutlich, dass die hypothetisch vollst ndige Potenzmenge in der Beweisf hrung nicht bloß als gegebenes Ganzes, sondern als unbedingtes Ganzes gesetzt wird. Wir wissen aber, eben durch jenen Beweis der Diagonalmenge, dass dieses vermeintlich unbedingte Ganze gerade eine unvollst ndige Reihe von Bedingungen (von Elementen) ist. In Analogie Der methodologische Transzendentalismus besagt nach Tengelyi, dass das Urfaktum des Bewusstseins das Sein zwar als intentionale Konstitution ausweist, dass jedoch auch der Sinn eines bewusstseinsunabh ngigen Seins im Bewusstsein konstituiert werden kann, der wiederum die r ckl ufige Konstitution einer »Unterstufe« der Welt ermçglicht, welche dem Bewusstsein als Ereignis aktualer Konstitution vorherginge. (Siehe ebd., 211f.) 20 Ebd., 557. 21 Dies muss zun chst dem kundigen Cantor-Leser wie eine bloße Provokation erscheinen, hatte Cantor doch – nach seinen f r einen Mathematiker recht ausgiebigen Streifz gen durch die Philosophiegeschichte – zu Kants transzendentaler Dialektik empçrt notiert: »Es d rfte kaum jemals […] mehr zur Diskreditierung der menschlichen Vernunft und ihrer F higkeiten geschehen sein, als mit diesem Abschnitt der ›kritischen‹ Transzendentalphilosophie« (Georg Cantor: ber die verschiedenen Standpunkte in bezug auf das aktuelle Unendliche. In: ders.: Gesammelte Abhandlungen mathematischen und philosophischen Inhalts. Hg. von Ernst Zermelo. Hildesheim 1962, 375.). 19

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zur kosmologischen Antinomie w re die Potenzmenge einmal als »an sich unbedingt Unendliches« und dann als »an sich bedingt Unendliches« (der berschreitung f hig) gesetzt. Genauer besehen wird hier die kosmologische Antinomie Kants zwischen Endlichem und Unendlichem zu einer mathematischen Antinomie zwischen zwei Arten des Unendlichen: (I) einem transfinit Unendlichen – d. h. einer Erzeugung berabz hlbarer Mengen durch »Transpositionen des Endlichen in Unendliches«22 – einerseits; (II) und andererseits eines Absolutunendlichen, das als »absolut unendliches Unendliches«23 – wie Cantor das Absolutunendliche mathematisch bestimmt – eine »inkonsistente Vielheit« ist. F r Richir steht dabei jedoch mehr auf dem Spiel, als die diakritische Feststellung, dass die transfiniten Mengen »den Keim« zur Selbst berschreitung in sich tr gen (Tengelyi). Denn der transzendentale Schein einer vermeintlichen Konsistenz des in Wahrheit inkonsistenten Absoluten ›infiltriert‹ nicht nur den Begriff der Menge, sondern bereits den Begriff des Elements. Die Grundthese Richirs ist, dass dem Begriff der Ganzheit und allen durch ihn bestimmten Begriffen eine irreduzible Unbestimmtheit anhaftet. F r das Absolutunendliche muss dies nicht eigens erl utert werden, aber schon beim Begriff transfiniter Mengen wird deutlich, dass »bereits [der Gedanke] einer inkonsistenten Vielheit eine contradictio in adjecto, ein Pseudo-Begriff oder ein transzendentaler Schein des Denkens ist«24 – als w rde sich die inkonsistente Vielheit in der transfiniten Menge von selbst versammeln, als w re sie ›auto-konsistent‹. Schon im Begriff des Elements ist jener problematische Begriff der unbedingten Ganzheit im Spiel. F r Richir ist dies das eigentlich philosophisch relevante Problem, da es in transzendentaler Perspektive die Idee der Individuation als solche betrifft. Genau dieser Frage hatte er 1983 ein ganzes Buch gewidmet. In der vierten der Recherches ph nom nologiques25 wurde bereits, im Ausgang von Richard Dedekind, ein transzendentaler Schematismus der Quantit t erarbeitet, von wo aus die ph nomenologische Frage nach der Individuation von Ding und Welt gestellt wurde. Dedekind bietet sich dabei aus zwei Gr nden als Dialogpartner an: Zum einen legte er zur gleichen Zeit wie Cantor einen eigenen EntMarc Richir: Une antinomie quasi-kantienne dans la th orie cantorienne des ensembles. In: tudes ph nom nologiques N83: Ph nom nologie et sciences exactes. Bruxelles 1986, 83 – 115, hier: 104. 23 Ebd. 24 Ebd., 107. 25 Marc Richir: Recherches ph nom nologiques, 2 B nde. Br ssel 1981, 1983. Hier: Band 2, 12 – 109. 22

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wurf einer rein logischen Begr ndung der Arithmetik vor;26 andererseits pflegt er von vornherein einen gewissermaßen transzendentalen Stil,27 insofern er die Elemente als »Dinge« definiert, die dadurch bestimmt sind, was von ihnen »gedacht« werden kann.28 Zusammen mit dem Begriff des »Systems« als Vorreiter des Mengenbegriffs leitet er bereits eine ganze Reihe bekannter S tze der Mengenlehre ab. Der f r uns interessante Teil seiner Methode besteht aber darin, dass er das Prinzip der Wohlunterschiedenheit der Elemente aus dem Prinzip der Abbildung herleitet. Jedem Element, so Dedekind, sei ein Ding zuzuordnen, so dass einem System S immer ein Abbild S’ entspricht (die uns vertraute Symbolisierung der Elemente durch Ziffern w re bereits eine erste solche Abbildfunktion). Jedes System ist somit zun chst ein identisches »Abbild in sich selbst«29 (Dedekind), von wo aus sich in der Folge hnlichkeiten und Un hnlichkeiten zu anderen Systemen bestimmen lassen. Richir bringt nun folgenden Einwand: Das hier konstruierte Dinguniversum sei ein metaphysisches Universum, in dem ›Dinge‹ auf logische Weise widerspruchsfrei unterschieden seien, d. h. in dem das Problem der Individuation als immer schon gelçst angesehen wird. Daher sei Dedekind blind gegen ber dem transzendentalen Schein, der das Denken dieser ›Dinge‹ konstituiere. Denn es g be hier eine subtile Zirkularit t der Abbildung. Denn erstens wird das System folgendermaßen definiert: als Menge aller Dinge, die Gegenstand meines Denkens sein kçnnen. Wie sind zweitens aber diese ›Dinge‹ individuiert? Antwort: durch das Denken, dass sie Gegenst nde meines Denkens sein kçnnen.30 Das heißt f r Richir, dass bei genauem Hinsehen der mathematische Schematismus der Individuation die Dinge nachtr glich oder a posteriori individuiert durch eben jene Abbildfunktion, d. h. erst durch das Denken ihrer mçglichen Individuiertheit im Denken. Anders gesagt existieren die Elemente als GegenSiehe Jos Ferreir s: On the Relations between Georg Cantor and Richard Dedekind. In: Historia Mathematica 20 (1993), 343 – 363. 27 So nennt etwa Hilbert Dedekinds Methode »transzendental«, siehe: David Hilbert: On the foundations of logic and arithmetic. In: Jean van Heijenoort (Hg.): From Frege to Gçdel. A Source Book in Mathematical Logic, 1879 – 1931. Oxford 1967, 131. 28 »Verfolgt man genau, was wir bei dem Z hlen der Menge oder Anzahl von Dingen tun, so wird man auf die Betrachtung der F higkeit des Geistes gef hrt, Dinge auf Dinge zu beziehen, einem Dinge ein Ding entsprechen zu lassen, oder ein Ding durch ein Ding abzubilden, ohne welche F higkeit berhaupt kein Denken mçglich ist. Auf dieser einzigen, auch sonst ganz unentbehrlichen Grundlage muß nach meiner Ansicht, wie ich auch schon bei einer Ank ndigung der vorliegenden Schrift ausgesprochen habe, die gesamte Wissenschaft der Zahlen errichtet werden.« (Richard Dedekind: Was sind und was sollen die Zahlen. In: Robert Fricke, Emmy Noether und Øystein Ore (Hg.): Gesammelte mathematische Werke. Bronx, N.Y. 6 1969, 336.) 29 Dedekind: Was sind und was sollen die Zahlen, 348. 30 Vgl. Richir: Recherches ph nom nologiques II, 15ff. 26

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st nde meines Denkens im Denken, dass sie Gegenst nde meines Denkens sein kçnnen. Ihre Existenz liegt voll und ganz im potentiellen Horizont ihres ›Gedacht-werden-kçnnens‹. Wann kommt es nun aber zur Illusion eines a priori individuierten Dinguniversums? Genau dann, wenn man sich dem Unendlichen zuwendet und fragt, ob es jenseits der Mçglichkeit, Gegenstand meines Denkens zu sein, noch weitere ›Dinge‹ gibt. Diese weiteren ›Dinge‹ sind aber a priori individuierte Dinge, die nicht mehr dem Potentialhorizont meines Denkens als der Mçglichkeit ihres Gedacht-werdens entspringen. Sie entspringen der nachtr glichen R ckprojektion des Aposteriori in ein Apriori31: Aus der Tatsache, dass jede Individuation die Mçglichkeit einer Individuation a priori voraussetzt, entsteht der transzendentale Schein, dass auch die Elemente eines Systems a priori individuiert seien, zumindest so, dass die Frage berechtigt scheint, ob es weitere Dinge jenseits der Mçglichkeit, Gegenst nde des Denkens zu sein, ›gibt‹. Zuletzt besteht der transzendentale Schein f r Richir in der apriorischen Annahme eines konstruktiven Apriori berhaupt. Die durch Nachtr glichkeit r ckprojizierte Annahme eines a priori existierenden Apriori ist zudem nichts anderes als die Quelle allen symbolischen Denkens, d. h. Ort der bersetzung von Denkobjekten in ›reine Signifikanten‹, wo das Denken in die Illusion des Denkens verf llt, weil es – ohne zu Denken – ›Dinge‹ konstituiert, die es von jenseits seines Horizonts als retroaktive Spiegelungen ihres scheinbaren Apriori empf ngt. Anders gesagt, es kommt zu pseudo-individuierten Reifikationen rein formaler Mçglichkeitshorizonte, was zu Problemen zur ckf hrt, die den Kantischen Antinomien analog sind. In dieser Frage der Individuation und Gliederung der Vielheit liegt f r Richir das entscheidende Problem der inkonsistenten Vielheit Cantors, das er deshalb auch als »hyperkantische Antinomie auf mathematischem Gebiet«32 bezeichnet. Es muss deutlich gesehen werden, dass das System aller Zahlen entgegen seines transzendentalen Scheins, als wohlgeordnet gedacht zu werden, absolut unerschçpflich ist; das hat die Konsequenz, dass sich keine Teilmengen auf dieses System abbilden lassen, wodurch die Frage der Wohlgeordnetheit stets prek r bleibt: »anders gesagt, man kann nie wissen, ob es bei der Herstellung der Korrelation in den verschiedenen Segmenten A, B, C, … nicht noch weitere parasit re Elemente gibt, die noch nicht in der Korrelation individuiert sind […] eine Art unendliche und multiple Proliferation der Elemente […], die eine Sonderung in exklusive Segmente unmçglich macht…«.33 Die berlegungen Richirs – das muss zun chst gesagt sein – zielen nicht darauf ab, den inner-mathematischen Diskurs ber die Mengentheorie zu kritisie31 32 33

Vgl. ebd., 36f. Ebd., 54. Richir: Une antinomie quasi-kantienne, 102.

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ren oder zu bereichern, schon gar nicht ihn transzendental-philosophisch zu belehren. Es geht ihm aber auch nicht darum, der Ph nomenologie durch eine transzendental ›gel uterte‹ Version des Transfiniten eine mathematische Epistemologie unterzuschieben; vielmehr handelt es sich um den subtilen, aber radikalen Abgrenzungsversuch von mathematischem und ph nomenologischem Unendlichem. Obwohl L szl Tengelyi, entgegen der These eines ›Wucherns‹ der Elemente im Transfiniten, eine Mengenlehre verteidigt, die das ›Zerfließen‹ derselben bek mpft, wird auch er mit dem sp ten Husserl das ph nomenologische Unendliche als ein Unendliches eigenen Typs bestimmen.

5. Der Grundsatz durchg ngiger Bestimmbarkeit und die ph nomenologische ›Offenheit‹ des Unendlichen Vergleichen wir zuletzt L szl Tengelyis und Marc Richirs Interpretationen, so wird deutlich, dass die Kluft zwischen mathematischem und ph nomenologischem Unendlichen unterschiedlich radikal aufgefasst wird. In Tengelyis Entwurf einer ph nomenologischen Metaphysik kommt es nicht zum ›Zerfließen‹ der Dinge. Sei ihre eidetische Stabilit t auch als ›offen‹ gedacht, ihre Tendenz zur Selbstaufhebung und ihr berschreitungsdrang zum Weltganzen werden stets im Ausgang eines bereits individuierten Dings verstanden. Jedoch strebt diese berschreitung keinem Abgrund der Unbestimmtheit entgegen, sondern einem den Weltentwurf dynamisch gliedernden Unendlichen. Daher bestimmt Tengelyi mit Husserl den eigentlichen ph nomenologischen Begriff des Unendlichen als »den Tendenzcharakter aller Einstimmigkeitstendenzen«.34 Nach diakritischem Modell heißt dies, wenn das Transfinite den Keim zur Selbst berschreitung hin zum Absolutunendlichen in sich tr gt, dann tr gt die Offenheit des Erfahrungsdings den Keim der weltkonstituierenden Einstimmigkeitstendenz in sich. Das diakritische Grundverh ltnis von Transfinitem und Absolutunendlichem wird als »Mischung von Grenze und Unbegrenztem«35 gedacht, welche bei Cantor die dialektische Begriffserzeugung neuer Mengen und Klassen ermçglicht. Sie ist jedoch nur denkbar, weil sowohl das Begrenzte wie auch das Unbegrenzte (als inkonsistente Vielheit) einer symbolischen Stiftung entspringt. Diese dialektische Reziprozit t auf die Unbestimmtheit der Wahrnehmung und den ihr innewohnenden Eid zu bertragen, ist nicht unproblematisch, zumindest dann, wenn man wie Richir die ph nomenologisch reine Mannigfaltigkeit als eine Art ph nomenologisches Apeiron auffasst. 34 35

Tengelyi: Welt und Unendlichkeit, 547. Ebd., 467

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Bei Richir geht das ph nomenologische Apeiron selbst noch aller Mçglichkeit der Individuation und Gliederung voraus. Dieses unbestimmt Unbegrenzte weist nicht nur ber die Inkonsistenz eines absoluten Maximums hinaus, sondern auch ber die Instabilit t der Glieder oder Elemente, insofern sie a priori einer Vielheit zukommen sollen. F r die Frage des urspr nglichen Schematismus der Ph nomenalisierung und Individuierung ist die Feststellung, dass im Unbegrenzten nicht nur die › ußeren‹, sondern gewissermaßen auch die ›inneren‹ Grenzen zerfließen, von besonderer Bedeutung. F r Richir ist dieses Apeiron, wie in Platons Philebos formuliert, ein »Mehr oder Weniger«36 des Seins, etwas, das Richir als eine Art ›transzendentaler Matrix‹ und ›proto-ontologischer Dimension‹ auffasst. Das ph nomenologische Feld wird charakterisiert als dasjenige Feld, in dem nicht a priori feststeht, dass dieser Schein der Schein dieser Erscheinung ist, sondern der Schein nur als Schein genommen wird, d. h. in seiner Unbestimmtheit, ohne Gliederung oder Elementarit t, ohne die Frage a priori zu entscheiden, wovon dieser Schein Schein ist. Schließlich muss betont werden, dass das Richir’sche Apeiron sicher nicht, wie L szl Tengelyi behauptet, mit der »inkonsistenten Vielheit« Cantors verwandt ist, da Richir diesen Begriff, wie wir bereits sahen, als Pseudo-Begriff ablehnt. Es ist zwar richtig, dass Richir den Begriff der Inkonsistenz bei Cantor mit der Unbestimmtheit des Apeiron gleichsetzt, indem er sie als »unbestimmte Vielheit der Unendlichkeiten oder Transfinit ten«37 bezeichnet. Richir stçßt sich dagegen an dem Begriff der Vielheit, der trotz der Inkonsistenz oder Unbestimmtheit im Beweisverfahren der ›Menge‹ oder des ›Systems‹ als a priori gegliedert in Gebrauch ist, als bliebe ihre Binnendifferenzierung, die durch die Wohlunterschiedenheit der Elemente garantiert werden muss, von dieser Inkonsistenz unber hrt. Diese Frage der Individuation im Ausgang des Apeirons scheint hingegen nicht, auch wenn Tengelyi ausdr cklich auf die hier dargestellte Auseinandersetzung mit Dedekind verweist,38 im Bereich dessen zu liegen, was dieser als neue ph nomenologische Metaphysik zu entwerfen sucht. F r Husserl, wie Tengelyi detailliert darstellt, besteht die ph nomenologische Unendlichkeit in der radikalen Offenheit der Dinge zun chst als transfinite Abschattungsmannigfaltigkeiten oder regulative Ideen im Kantischen Sinne. Dieser Unendlichkeitsraum transfiniter Offenheit, bleibt jedoch ›zentralperspektivisch‹ strukturiert. Zwar bleiben die unendlichen Erfahrungsmçglichkeiten offen, trotzdem ist jeder so erreichte Punkt der Peripherie, jedes mçgliche Erfahrungsziel wieder ein ande36 37 38

Platon: Philebos, 24e-25a. Richir: Recherches ph nom nologiques II, 54. Siehe Tengelyi: Welt und Unendlichkeit, 544f. Fußnote.

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res Zentrum der Erfahrung: »Jedes Ding«, so Husserl in den Nachlassmanuskripten, »liegt a priori in der Umgebung eines aktuellen Ich.«39 Die mçglichen Abschattungen sind somit immer weitere mçgliche Zentren mçglicher Erfahrungen. Der Grund f r diese quasi-cartesianische Orientierung liegt hier im Idealismus, genauer im Urfaktum des Cogito, verborgen. Die ph nomenologische Bestimmung des Dings als Abschattungsmannigfaltigkeit besiegle, so eine gel ufige Kritik, das Schicksal der Ph nomenologie als Subjektivismus. Tengelyi begegnet diesem Vorwurf mit dem Hinweis auf die Unendlichkeit der Abschattungen, die das Ding dadurch zwar perspektivisch, jedoch nicht als in irgendeiner Weise endlich oder subjektrelativ charakterisiere. Trotz dieser Unendlichkeit, die sich in der Dingauffassung als regulative Idee ußert, werde das Ding keineswegs idealisiert, sondern als leibhafte Gegebenheit gedacht. Diese Spannung von Unendlichkeit und Realit t des Dings (des »Dingrealen«40, wie Husserl sagt), wird durch den Gedanken einer vollst ndigen Bestimmung des Dings getragen. Diese Bestimmtheit verb rgt das Regulative, gibt die Abschattungen in der Wahrnehmung als System. Doch eben diesen Grundsatz durchg ngiger Bestimmbarkeit wird Husserl in seinen sp ten Texten hinterfragen, insofern er die Eidetik der Dingwahrnehmung zunehmend ›dynamisiert‹. Die notwendige Gebundenheit an ein einmal erfasstes Eigenwesen des Dings w re demnach aufzugeben zugunsten einer prinzipiellen »Offenheit des Wesens«41. Dinge kçnnen nicht nur epistemologisch, sondern auch ontologisch ihre Eigenschaften ver ndern. Mit dieser Dynamisierung der Systematizit t der Abschattungen, so Tengelyi, kommt es bei Husserl auch zu einer Abkehr vom Transfiniten als Modell ph nomenologischer Unendlichkeit, weil das Transfinite auf dem Grundsatz durchg ngiger Bestimmbarkeit, d. h. der Wohlunterschiedenheit der Elemente einer Menge fußt. Tengelyi weist an dieser Stelle auf das von Richir formulierte Problem hin, dass f r das Modell des Transfiniten ein vollst ndig charakterisiertes Dinguniversum immer schon vorausgesetzt ist.42 Es gilt daher, so Tengelyi, das Unendliche der Welt nicht als »extensives Unendliches« aufzufassen, als kumulativ vermehrbare Horizontalit t immer weiterer Eigenschaften, sondern als »intensives Unendliches«43, bei dem der Erwerb von neuen Perspektiven immer mit dem Verlust vergangener Perspektiven einhergeht, das ›Dinguniversum‹ also

Edmund Husserl: Transzendentaler Idealismus. Texte aus dem Nachlass (1908 – 1921). Hg. von Robin D. Rollinger und Rochus Sowa (Husserliana, Bd. 36). Dordrecht/Boston/London 2003, 114. 40 Ebd. 41 Vgl. Tengelyi: Welt und Unendlichkeit, 543. 42 Ebd., 544. 43 Ebd., 546. 39

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nicht als durchg ngig bestimmt, sondern als von Unverf gbarkeit durchsetzt gedacht werden muss. In diesem Punkt scheint Tengelyi dem ph nomenologischen Apeiron Richirs wieder auffallend nahezukommen. Allerdings um den Preis, den Richirs Kritik an der Mengenlehre bereits benannt hatte: die Abkehr vom mathematisch durchg ngig bestimmbaren Unendlichen, wie es das Transfinite beschreibt, hin zu einem wahrhaft ph nomenologischen Unendlichen, das, um der Faktizit t der Erfahrung gerecht werden zu kçnnen, ein unbestimmt Unendliches sein muss. Zur Beantwortung der Frage, ob es sich bei den unterschiedlichen Konzeptionen des ph nomenologischen bei Richir und Tengelyi gar um verschiedene Grundtypen ph nomenologischer Metaphysik handelt, bed rfte es einer umfassenden Untersuchung. Das Problem des Unendlichen w re darin nur ein Baustein unter anderen. Dennoch kann schon hier festgehalten werden, dass die Elemente der ph nomenologischen Metaphysik bei Tengelyi (der Urtatsachen, der Kategorialanalyse, der Welt als Einstimmigkeitstendenz) mit den Elementen der Neugr ndung der Ph nomenologie durch Richir unvereinbar bleiben.

Alexander Schnell

Tengelyi, Levinas und Richir ber das Unendliche

Abstract This article deals with a basic concept of contemporary phenomenology, namely that of the (phenomenological) infinite. This term is fundamental because it questions the unspoken reference of “givenness” and “intuition”. But above all, the (phenomenological) infinite is able to connect phenomenology with metaphysics. In this homage to L szl Tengelyi, the author proceeds from Tengelyi’s conception of “phenomenological infinity” in order to examine whether this confirms the results of the dispute between Marc Richir and Emmanuel Levinas, who for their part had already focused on the concept of infinity, which is essential for the relationship between “phenomenology” and “metaphysics”, in a manner that points the way for the subsequent discussion. In a second step, this discussion will be traced in more detail. At the same time, this brings to the fore the question of the status of “finiteness”, which Heidegger first made prominent and with regard to which these important representatives of recent phenomenology bring into play arguments that can also be made fruitful in contemporary debate.

Im Folgenden soll es um einen Grundbegriff der zeitgençssischen Ph nomenologie gehen, n mlich um den des (ph nomenologischen) Unendlichen, der g nzlich außerhalb des Rahmens einer vermeintlichen »theologischen Wende« der Ph nomenologie betrachtet wird. Grundlegend ist dieser Begriff schon deshalb, weil er, wie das von Natalie Depraz schon vor einiger Zeit hervorgehoben wurde, den unausgesprochenen Bezug von »Gegebenheit« und »Anschauung« in Frage stellt.1 Aber vor allen Dingen vermag er naheliegender Weise die Ph nomenologie mit der Metaphysik in Verbindung zu setzen. Kann man dabei aber auch so weit gehen zu behaupten, wie Derrida das in dem Zitat aus seiner fr hen Arbeit ber den Husserl’schen Begriff des Genetischen zu tun scheint, dass das Unendliche – als metaphysischer Begriff – die Ph nomenologie »rette«? In dieser Hommage an L szl Tengelyi werde ich von dessen Auffassung eines »ph nomenologischen Unendlichen« ausgehen, um zu pr fen, ob sie die Ergebnisse der Auseinandersetzung zwischen Marc Richir und Emmanuel Levinas best tigt, die ja ihrerseits bereits den f r den Bezug von »Ph nomenologie« und »Metaphysik« wesentlichen Begriff des Unendlichen auf eine f r die nachfolgende Diskussion wegweisende Art in den Mittelpunkt gestellt hatte. Hierdurch 1 Siehe Natalie Depraz: Y a-t-il une donation de l’infini? In: La d mesure, Epokh , § 5 (1995), 175 – 204, hier: 180.

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wird nat rlich zugleich die Frage nach dem Status der »Endlichkeit« in den Vordergrund ger ckt, die ja zun chst von Heidegger2 prominent gemacht wurde und bez glich welcher diese bedeutenden Vertreter der zeitgençssischen Ph nomenologie Argumente ins Spiel bringen, die meines Erachtens hçchste Beachtung verdienen. Was war L szl Tengelyis letztes philosophisches Wort? Er hat eine »diakritische Ph nomenologie« ausgearbeitet, die den letzten Baustein zu seinem »metontologischen Transzendentalismus« ausmachen und in der ein als »offenes Unendliches« verstandener ph nomenologischer Unendlichkeitsbegriff herausgestellt werden sollte. Worin besteht die Bedeutung dieses Begriffs? Von einem »diakritischen System« oder »Wert« war zun chst bei MerleauPonty,3 dann auch bei Richir4 die Rede. Vor allem aber kann er als Leitfaden von Tengelyis eigenem philosophischen Projekt angesehen werden – und zwar von Der Zwitterbegriff Lebensgeschichte5 bis hin zu seinem letzten Werk.6 Inwiefern bestimmt die Frage nach dem ph nomenologischen Unendlichen diesen Entwurf einer »diakritisch gewendeten« Ph nomenologie? Tengelyis Ausgangspunkt ist Husserls Idee, wonach das Unendliche nicht lediglich ein Denkobjekt ist, sondern ein Formbegriff (qua »Kategorie der Erfahrung«) oder, genauer, eine kategoriale Form, der korrelativ eine kategoriale Anschauung entspricht. In Tengelyis erhellenden – wenn auch, wie er meinte, »plakativen« – Worten komme »das Unendliche nach ph nomenologischer Auffassung mit uns in die Welt«7. F r Husserl spielt in der Tat der Begriff des Unendlichen bereits in die Identifizierung von Erfahrungsding und der Idee im Kant’schen Sinne hinein: Ein unendliches Erfahrungskontinuum (eines erscheinenden Dings) kann ihm zufolge in einer evidenten (freilich inad quaten) Anschauung gegeben werden. Dies bedeutet keineswegs eine Infragestellung der Realit t des Dings, sondern stellt vielmehr die vollst ndige Bestimmung desselben sicher. Diese Dingstruktur – also seine Erscheinung in einem unendlichen System mçglicher Erfahrungen – macht

F r eine erste Ausarbeitung dieses Problems, siehe Marc Richir: Phantas a, imagination, affectivit . Grenoble 2004, 237f. Der Paragraph tr gt den Titel »Endliches und Unendliches«. 3 Maurice Merleau-Ponty: Le visible et l’invisible. Paris 1964, 287. 4 Marc Richir: La crise du sens et la ph nom nologie. Grenoble 1990, 18; ders.: Fragments ph nom nologiques sur le langage. Grenoble 2008, 201. 5 L szl Tengelyi: Der Zwitterbegriff Lebensgeschichte. M nchen 1998, siehe insbesondere 37f. und 237; siehe auch ders.: L’histoire d’une vie et sa r gion sauvage. Grenoble 2005, vor allem 221 und 331 – 338. 6 L szl Tengelyi: Welt und Unendlichkeit. Zum Problem ph nomenologischer Metaphysik. Freiburg/M nchen 2014. 7 Ebd., 535. 2

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gerade in Tengelyis Augen ein »diakritisches System« aus, das er in den Mittelpunkt seiner »diakritischen Ph nomenologie« stellt. Sofern sich nun diese Kennzeichnung des unendlichen Systems mçglicher Erfahrungen als Idee im Kant’schen Sinne bei Husserl je auf ein »Ich kann« bezieht, also auf ein ichliches Vermçgen im Sinne einer »Habitualit t«, besteht die Gefahr – zumindest laut Tengelyi – eines unannehmbaren Idealismus, sofern sich der Erfahrungshorizont hierbei auf ein bloßes Bewusstseinskorrelat beschr nkt. Deswegen wird die diakritische Ph nomenologie dazu gef hrt, jenes System sowohl von der Seinstotalit t des Dings als auch von der Gesamtwirklichkeit der Welt zu unterscheiden. F r Tengelyi bedeutet das, dass von dem Gedanken bzw. der Behauptung Abstand genommen werden muss, das Ding in der Welt sei an sich vollst ndig bestimmt. Und hieraus folgt dann die Idee einer »offenen Unendlichkeit der Welt«. Auch diese Auffassung findet sich aber trotz des soeben in Erinnerung Gerufenen bereits bei Husserl. Wie von Tengelyi zurecht betont, fragte sich Husserl im Ausgang vom Gedanken des Aufkommens neuer Eigenschaften der Dinge (Tengelyi denkt hierbei etwa an kulturelle und soziale Pr dikate, die zu den nat rlich gegebenen Dingen hinzukommen kçnnen)8 (siehe den § 64 des zweiten Ideen-Bandes), ob der »unendliche« Charakter der Welt nicht eine »Offenheit« impliziert, welche die Idee einer transfiniten Unendlichkeit untergr bt.9 Die Dinge haben somit ein »offenes Wesen« – und das bedeutet eben, dass sie nicht vollst ndig bestimmt sind, wodurch verst ndlich wird, weshalb Husserl sich vom Cantor’schen Gedanken des Transfiniten abwendet. Die Argumentationsweise, die Tengelyi hierbei f r angemessen betrachtet, ist eine »alterit tstheoretische«10. Diese betrifft die theoretischen Aspekte der Alterit t und dabei insbesondere das »Anderswerden der Dinge«. Tengelyi sieht darin eine »Dynamisierung« des unendlichen Erscheinungskontinuums. Und vor allem wird dabei der Tendenzcharakter jeder »Einstimmigkeitstendenz« hervorgehoben. Es ist aber nicht vçllig von der Hand zu weisen, dass bei dieser Herausstellung der Unbestimmtheit in Tengelyis Ph nomenologie-Entwurf letztere ihrerseits gewissermaßen etwas unterbestimmt bleibt. Eine Weise, die theoretischen Aspekte der alterit tstheoretischen Argumentation und die impliziten Voraussetzungen jener Unbestimmtheitsdimension zusammenzudenken, l sst sich in eiEr veranschaulicht seinen Gedanken mit dem Beispiel von Wohnh usern und Tempeln, Dçrfern und St dten, die aus Felsblçcken und sonstigem Gestein entstanden sind. 9 Edmund Husserl: Ideen zu einer reinen Ph nomenologie und ph nomenologischen Philosophie. Zweites Buch: Ph nomenologische Untersuchungen zur Konstitution. Hg. von Marly Biemel (Husserliana, Bd. 4). Den Haag 1952, 299. 10 Tengelyi: Welt und Unendlichkeit, 546. 8

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ner Diskussion finden, die Marc Richir zu Anfang der 1990er Jahre mit Emmanuel Levinas angeregt hat.11 Tengelyi kannte diese selbstverst ndlich, die Frage ist aber, ob diesbez glich nicht einiges mehr entwickelt werden kann, als das in Welt und Unendlichkeit der Fall gewesen ist. Und ich frage mich insbesondere, ob der Gedanke, dass das Unendliche »mit uns« in die Welt komme, wirklich voll und ganz haltbar ist, und was sich daraus f r die Ph nomenologie im Allgemeinen und f r ihren Bezug zur Metaphysik im Besonderen ergibt. Schauen wir also n her hin, welche Auffassung eines ph nomenologischen Unendlichen sich in dieser Diskussion herauskristallisiert. Levinas’ grundlegendes philosophisches Projekt in seinem zweiten Hauptwerk12 (auf das sich Richirs Lekt re ausschließlich fokussiert) betrifft, wie der Name schon sagt, ein Denken dessen, »was« oder »wie« »anders als Sein geschieht«. Es geht dabei darum, eine radikale Andersheit gegen ber dem »Sein« zu denken, das heißt in erster Linie gegen ber dessen erster Bestimmung, die im Erscheinen besteht. Kurz gesagt zielt dieses Denken einer radikalen Andersheit auf eine grundlegende Unscheinbarkeit ab. Paradox ist hierbei, dass nach Levinas’ Ansicht in diesem Gedanken trotz dieser Unscheinbarkeit der Ursprung der Ethik und gewissermaßen auch des Mensch-Seins zu verorten ist (ich werde hierauf sp ter zur ckkommen). Ein erster, sehr bemerkenswerter Punkt betrifft somit den Bezug innerhalb dieser Kennzeichnung des ph nomenologischen Unendlichen zwischen Unscheinbarkeit und dem Ursprung des Mensch-Seins. »Ursprung des Mensch-Seins« heißt (hier): Ursprung des grundlegendenden Verh ltnisses von Selbst und Anderem. Dieses Verh ltnis muss in den beiden hier in Frage kommenden Richtungen untersucht werden. Einerseits betrifft es das »Selbst«, das »Sich« – ein Akkusativ, der jedem Nominativ vorausgeht. Andererseits ist es aber auch ein urspr ngliches »Trauma«13 (vgl. hierzu Richirs »›Moment‹ des Erhabenen«, von dem weiter unten die Rede sein wird), das dieses »Selbst« mit einer »Positivit t in der Verantwortlichkeit« belegt, welche von vornherein den Bezug zum Anderen herstellt. Genauer gesagt handelt es sich dabei um eine zweifache Positivit t. Erstens (auf Seiten des Anderen) um eine Antwort, die auf eine »nicht thematisierbare Herausforderung« eingeht; und zweitens (auf Seiten des Selbst) um eine Schuld, »die umso grçßer wird, je mehr sie erstattet wird«, und einem sich verunendlichenden Abstand gleichkommt, in dem »die Herrlichkeit des Unendlichen Siehe Marc Richir: Ph nom ne et infini. In: Catherine Chalier und Miguel Abensour (Hg.): L vinas. Paris 1991, 241 – 261. 12 Emmanuel Levinas: Autrement qu’Þtre ou au-del de l’essence. Den Haag 21978. 13 Richir sieht in der ethischen Dimension bei Levinas eine Dimension, welche die »Unterbrechung der ph nomenologischen Tautologie«, das heißt der »Tauto-logie des Ph nomens als dem Selbigen (le mÞme)«, hervorruft (siehe weiter unten). 11

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aufbricht«14. Der Bezug von »Selbst« und »Anderem« verdichtet sich in diesem gçttlichen Unendlichen dabei insofern, als dieses ein »Zum-Ich-Kommen« qua »[Vom-Ich-]Ausgehen« ermçglicht, welches das Selbst eine Bewegung hin zum N chsten vollziehen l sst bzw. »einen R ckzug ins Selbst, der eine Flucht ins Selbst ist«15 mçglich macht. Das gçttliche Unendliche ist also die Quelle zweier zusammengehçriger Doppelbewegungen: jener – wechselseitigen – eines »Anstoßes«, der »von außen« kommt (das heißt von einem nicht thematisierbaren, unscheinbaren Jenseits), und eines beweglichen Abstands, der sich »von innen« verunendlicht; und jener eines (zum »Selbst«) Kommens und eines (vom »Selbst«) »Ausgehens«, die also den grundlegenden Bezug von Selbst und Anderem stiften. Von hier aus entwickelt Richir eine bemerkenswerte Rekonstruktion des Gedankengangs von Jenseits des Seins oder anders als Sein geschieht, welche sich in erster Linie an den Begriffen der »Diachronie«, der »Substitution«, der »Illeit t« und des »Prophetismus« orientiert. Diachronie. Diese zweifache Doppelbewegung ist in der Diachronie qua »Spur des Unendlichen« verortet. Diese ist ein Jenseits, das zugleich auch ein Diesseits ist. Es geht dabei darum, dort »hinaufzusteigen« bzw. »die eigene Bedeutung des Sagens diesseits der Thematisierung des Gesagten aufzuzeigen«16. »Diese Bedeutung aufzuzeigen« heißt in Wirklichkeit aber, »das Diachronische in der Unmçglichkeit seiner zeitlichen und wesenhaften Synchronisierung blinken zu lassen«. Anders ausgedr ckt handelt es sich dabei um ein »Hinaufsteigen«, das nicht zu einer neuartigen »Sph re« gelangt – einer transzendentalen oder ph nomenologischen diesseits oder jenseits der objektiven oder erscheinenden Sph re –, sondern zu einer Passivit t, die »passiver als alle Passivit t« ist und die nicht reduzierbare Singularit t des »Selbst« (und das bedeutet: eine ontologisch nicht identifizierbare Singularit t) ausmacht; also zu einer Passivit t, in der die Dia-chronie eine Zeit, die ihrerseits nicht auf das Selbige reduziert werden kann und dadurch eben das Selbst eigens kennzeichnet, »vergehen« l sst. Diese Singularit t ist in der »unerinnerbaren Passivit t« verankert, außerhalb der Gegenwart und berhaupt aller Gegenw rtigkeit, als das Eine jenseits des Seins […], ein Selbst in unendlicher Flucht«17. 14 Dieses »In-der-Schuld-Sein«, das insofern anachronistisch ist, als es eine »Schuld« bezeichnet, »die dem Leihen vorausgeht«, ist der ethische Modus der tiefen Asymmetrie, welche die Identit t (Selbigkeit) des Selbst, der Selbstheit, in Frage stellt. 15 Levinas: Autrement qu’Þtre, 135. 16 Ebd., 55. 17 Richir: Ph nom ne et infini, 248. Er f hrt hierzu n her aus: »Das Diesseits des Selbst in der Rekurrenz zu sich selbst ist zweifellos bereits, qua unerinnerbare Anarchie, das Unendliche, das die unendliche Flucht des Selbst anruft und in-spiriert« (Ebd., 250) (siehe weiter unten).

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Substitution. Diese tiefe Verbindung zwischen der »Dimension« des »Sagens« (die also keine selbst ndige »Sph re« ausbildet und die Levinas nicht als eine »transzendentale« ansieht, w hrend Richir gerade den Gebrauch dieses Ausdrucks fordert) und der Singularit t des »Selbst« muss also betont werden. Es handelt sich dabei nicht um eine vçllig »a-subjektive« Dimension (Patocˇka), die jeglichem »Selbst« beraubt w re. Und es geht dabei auch nicht um eine »neutrale« Gegebenheit (in der Form eines »es gibt«), die allererst im Ereignis »anzueignen« w re (Heidegger). Die Pointe in Levinas’ Gedankengang besteht, wie Richir ganz richtig gesehen hat, darin, dass man dem (vermeintlichen) Solipsismus Husserls nur dann entgeht, wenn erkannt wird, wie die Sprache sich auf etwas Anderes als sie selbst beziehen kann. Und hierf r ist eben der R ckgang auf eine »neutrale« »A-subjektivit t« nicht hilfreich. Was dagegen notwendig ist, ist eine »reine, anarchische, nicht erinnerbare Gegebenheit, und zwar eine solche f r den Anderen eines ›Ich‹, welches durch das ›Sich‹ des ›sich Sagens‹ zur Geisel des Anderen wird; dank dieser Gegebenheit allein kann die Sprache, sofern sie von jenem Abstand oder jenem pr origin ren Abgrund lebt, etwas Anderes als sie selbst sagen, außerhalb der Tauto-logie des Seins oder des Ereignisses«18. Die Grundgegebenheit – diesseits des »Es gibt« – ist somit eine solche f r den Anderen gegen ber dem »Selbst«, das diesem nicht unterliegt im Sinne einer »Substanz«, sondern welches es ersetzt (Levinas schreibt: »sub-stituiert«19 – die »Sub-stitution« setzt sich also gleichermaßen an die Stelle der »Sub-stanz«). Dass das »Selbst« im Akkusativ, das »Sich«, zur »Geisel« des Anderen wird, heißt somit, dass die Sprache nur unter der Bedingung etwas (Anderes) sagen kann, dass das Selbst wortwçrtlich das (bzw. den) Andere(n) sub-stituiert, sich »ver-andert«. Und dadurch wird dann auch verst ndlich, weshalb Levinas es ablehnt, jene Dimension als eine »transzendentale« aufzufassen, denn dieser Begriff entzieht sich seiner Ansicht nach der Mçglichkeit, nicht so sehr das bzw. den Andere(n) zu empfangen (er tut das vielleicht auch, aber Levinas geht noch einen Schritt weiter), sondern vielmehr das Selbst als Sub-stitution des Anderen zu denken.20 In Jenseits des Seins oder anders als Sein geschieht wird sich Levinas Ebd., 248. Und diese Sub-stitution wird durch die »Rekurrenz« bedingt (deren »Bewegung« die »Verfolgung« ist), d. h. durch eine unaufhçrliche »Suche nach dem Selbst, nach seiner nicht begrifflichen, nicht ontologischen Identit t, nach seiner unersetzlichen Einheit, […] nach einem Selbst, das nicht schon das mit dem Selbst identifizierte Selbst gem ß einer Stasis im Selbstbewusstsein ist« (ebd., 248). In dem Gedanken einer »unaufhçrlichen« Suche kommt ein anderer Aspekt der hier analysierten Unendlichkeit zum Ausdruck: Gemeint ist eine »unendliche Rekurrenz des Selbst – endlose Regression« (ebd.). 20 Das ist durchaus berraschend, da – von Fichte bis zu Husserls Analysen der intersubjektiven Dimension der transzendentalen Subjektivit t (Husserliana XIII-XV) und selbst darber hinaus bis zu den theoretischen Ausarbeitungen der Transzendentalpragmatik (K.-O. 18 19

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also der Vorrangigkeit des Seins-zum-Anderen gegen ber Heideggers In-derWelt-sein bewusst: Die Sub-stitution – die Richir hier also (noch) nicht in erster Linie als eine ethische denkt (was dann bei Tengelyi, wie oben angemerkt, Widerhall gefunden hat) – ist die durchaus transzendentale und (zugleich auch) alterit tstheoretische Bedingung des sich sagenden und Anderes als es selbst sagenden Sinns. Illeit t. Die Substitution beschr nkt sich aber nicht auf die ffnung hin zum Anderen und zur alterit tstheoretischen Dimension des Sinns. Das Selbst ist in einer Radikalisierung zweiter Potenz, in einer Radikalisierung der Substitution – die ja ihrerseits bereits eine Radikalisierung der Rekurrenz war –, also in einer Radikalisierung der Radikalisierung »Identit t in Diastasis«21. Das bedeutet einerseits, dass das Selbst in dieser Radikalisierung jegliche relationale Struktur auflçst – und zwar insbesondere jeden Bezug zum Anderen, aber auch zu sich selbst. Das Selbst f llt »diesseits des Selbst, in die Diastasis des Selbst, die sich als Diachronie erçffnet«22. Und zugleich erçffnet sich dadurch andererseits ein Abstand, der »eine nicht darstellbare Spur, eine Art des Unendlichen«, eine »Spur des Unendlichen«23 manifestiert. Diese Spur ist die Spur eines nicht erinnerbaren »Aufbruchs«, der also immer schon angefangen hat und nichts anderes ist als ein solcher der nicht erinnerbaren Passivit t, von der oben die Rede war. Was ist der Status des Unendlichen, das hier zum Vorschein kommt? Das Unendliche wird von Levinas als »Illeit t« bezeichnet. Dieser Ausdruck verbindet in sich selbst das franzçsische »il« (es) und das lateinische »ille« (jenes). Damit soll einerseits (zumindest unter anderem) die Neutralit t des narrativen Schreibens bei Blanchot24 bezeichnet werden, welches die zweifache Bewegung der Selbstdistanzierung der Person und der Selbstdezentrierung des Werkes beim Schreiben zum Ausdruck bringt; andererseits wird hierdurch auf das »ille« einer absoluten Transzendenz (so wie sie in der j dischen Tradition gedacht wird) verwiesen, die sich stark von der Gott assimilierenden Tendenz absondert, die in Levinas’ Augen die christliche rationale Theologie kennzeichne. Diese Illeit t ist nun laut Levinas nie gegenw rtig gegeben, sondern manifestiert sich eben hçchstens in Form einer Spur, genauer gesagt »als Spur des Entzugs, den das Unendliche als Unendliches vollzieht, bevor es kommt«25. Hierbei bekundet sich der Apel) – diese Ber cksichtigung der Alterit t innerhalb des transzendentalen Horizonts bereits des fteren und in unterschiedlichen Ausf hrungen geleistet wurde. 21 Levinas: Autrement qu’Þtre, 147. 22 Richir: Ph nom ne et infini, 250. 23 Levinas: Autrement qu’Þtre, 149. 24 Siehe insbesondere Maurice Blanchot: La voix narrative (le ›il‹, le neutre). In: ders.: L’entretien infini. Paris 1969, 556 – 567. 25 Levinas: Autrement qu’Þtre, 148, Fußnote 19.

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nicht ausschließlich ethische Sinn der Substitution – als Radikalisierung der Rekurrenz – nur umso deutlicher:26 Es handelt sich dabei um die »radikalste Hingabe an die Passivit t, bei der nicht der Andere als anderes Selbst mich besitzt und verfolgt, sondern eben die Spur des Entzugs des Unendlichen […], wo ›das Selbst sich vom Selbst ablçst‹ […], jenseits des Ich des Ich-selbst, das Unendliche«27. Wer ist dieser »Illeit t des Unendlichen« genannte Gott? »Gott ›ist nicht‹, weder in mir noch im Anderen […], denn er ›ist‹ berhaupt nicht, immer schon und je noch woanders, in der nicht erinnerbaren Spur seines Entzugs« (ebd.). Levinas denkt die Diastasis des Selbst und den Entzug Gottes zusammen. Und im Ausgang von Richirs Kommentar der Levinas’schen Ausf hrungen kçnnen auch »die Bedingung der Kreatur« des Selbst (welche, wie Levinas dies in Totalit et infini zum Ausdruck gebracht hatte, im »Hinabsteigen von einer Bedingung diesseits dieser Bedingung28« besteht) und die Idee, »dass die Erbs hne sich in ›Seinss hne‹ verkehrt«29, zusammengedacht werden: Sofern Levinas ber die S hne klarstellt, dass sie »letztlich mit der außer-gewçhnlichen und dia-chronischen Umkehr des Selbigen ins Andere zusammenf llt«30, wird deutlich, dass sich die Einheit von jener Suche des Unbedingten diesseits der Bedingung und von der Hingabe des Selbigen an das Andere im Entzug des Unendlichen vollziehen kann. Die »Seinss hne« soll dann offenbar die Hingabe des Gewichts des Seins an die bernahme des Gewichts des Anderen bezeichnen. Dieser gesamte Gedanke l sst sich dann auch noch einmal folgendermaßen zum Ausdruck bringen: Sich auf das Unendliche zu beziehen, setzt voraus, zu verstehen, dass die Suche nach dem Unbedingten einem Denken des Anderen, nicht aber des Selbigen gleichkommt – wobei dieses Denken des Anderen die Substitution (des Selbst gegen ber dem Anderen) als Radikalisierung der Rekurrenz (des Selbst) zur Voraussetzung hat. Und das Denken des Unendlichen schreibt diesem keinerlei positive Bestimmtheit zu, sondern l sst es eben als Entzug erscheinen.

Diese nicht ausschließlich ethische Lesart Levinas’ – die ich mit Richir teile – kann auch, dann aber gegen Richir, in eine weder theologische noch religiçse Richtung ausgeweitet werden. Hierf r gen gt es, an die Definition der Religion zu erinnern, die Levinas selbst in Totalit et infini einf hrt: »Wir schlagen vor, mit ›Religion‹ jenen Bezug zu bezeichnen, der zwischen dem Selbigen (le mÞme) und dem Anderen (l’autre) besteht, ohne hierbei in eine Totalit t einzugehen« (Emmanuel Levinas: Totalit et infini. Essai sur l’ext riorit . Den Haag 41971, 10). Hiermit wird ganz offensichtlich ein nicht religiçser Religionsbegriff aufgestellt. 27 Richir: Ph nom ne et infini, 251. 28 Levinas: Totalit et infini, 58. 29 Levinas: Autrement qu’Þtre, 151. 30 Ebd., 187. 26

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Prophetismus. Es stellt sich dann aber noch die Frage, wie – angesichts der Tatsache, dass Gott ja »nicht ist« und also auch nicht als vor seiner Selbstmanifestation existierend angesehen werden kann – Gottes Wort, das Sprechen der Transzendenz, eigens zum Ausdruck kommen soll. Um hierauf eine Antwort geben zu kçnnen, f hrt Levinas den Begriff des »Prophetismus« ein. Richir kennzeichnet diesen Begriff folgendermaßen: Der Status des prophetischen Sprechens ist […] ganz außergewçhnlich, denn anstatt dass es ein Zur ck auf die bereits vernommene Stimme w re, das die Syn-chronisierung des Hin mit diesem Zur ck ermçglichte, ist es ganz im Gegenteil ein primordiales Hin, das in der Diastasis oder der Versetzung der Identit t des Selbst vorbehaltlos offen ist und das Zur ck – durch sein pr origin res Voraussein gegen ber demselben – […] je nur versp tet auf den Weg bringt31

– wodurch sich das prophetische Sprechen als »›Herrlichkeit des Unendlichen‹, […] Verunendlichung des Unendlichen, in einem nicht reduzierbaren berschuss gegen ber dem Zur ck« bestehend erweist (ebd.). Der Prophetismus ist eine – philosophische! – Diskursform, die sich als »Verunendlichung des Unendlichen« in der Diastasis des Selbst entfaltet und sich dabei nicht auf ein vorher erlebtes »Sehen« (im Sinne einer »Offenbarung«) st tzt, sondern als »primordiales Hin« und im wçrtlichen Sinne »vorurspr nglich« allererst den Sinnraum erçffnet, den das reflexive Denken nur nachtr glich zu fassen vermag. Das prophetische Sprechen ist die urspr ngliche Verwirklichung einer Sinnerçffnung, die jeder transzendenten Instanz je schon vorausliegt und sich somit auch nicht an irgendeiner vorausgesetzten Realit t messen kann. Sofern er eine Antwort auf etwas ist, das keine im Voraus gestellte Frage ist, ist der Prophetismus die Stimme der wohl verstandenen ph nomenologischen Konstruktion. Nachdem Richir diesen Rahmen seiner Lesart des Levinas’schen Denkens so großartig erstellt hat, macht er sich an die Kritik desselben. Um den Sinn des ph nomenologischen Unendlichen angemessen am »Erhabenen«, so wie er es auffasst, begreiflich machen zu kçnnen, f hrt diese Kritik zwei Grundbegriffe ein: den der »symbolischen Tautologie« und den des »symbolischen Stifters«. Der Grundeinwand, den Richir gegen Levinas ins Spiel bringt, besteht darin, dass die Erçffnung der Illeit t, der Transzendenz, des Unendlichen in der Radikalisierung der Substitution und in ihrem Ausgesprochen-Werden im Prophetismus trotz allem eine unbefriedigende und ungen gende Zirkelhaftigkeit (bzw. ein zirkelhaftes »Wieder-holen«) enth lt. Laut diesem Zirkel wird vorausgesetzt, dass das im Prophetismus Ausgesprochene, trotz des Hervorkehrens der theoretischen Aspekte dieser Ausarbeitungen, nur in einem transzendenten Unendlichen, das einer »menschlichen Mçglichkeit« entspringt, gewissermaßen sei31

Richir: Ph nom ne et infini, 255.

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ne Ausweisung und Rechtm ßigkeit erh lt (auch wenn die Legitimit tsproblematik zweifelsohne bei Levinas ausgeklammert wird). Richir betont hierbei die »menschliche« Komponente. Er setzt ihr eine andersgeartete Zirkelhaftigkeit entgegen, die er als »symbolische Tautologie« bezeichnet und deren genuiner »Ort« der »symbolische Stifter« sei – welcher seinerseits eben das »ph nomenologische Unendliche« trage, so wie Richir es auffasst (was ich sogleich vertiefen werde). Genauer gefasst enth lt die Kritik Richirs drei Seiten. Erstens zielt er auf eine »Ausweitung« der Ph nomenalit t ab hin zum Unendlichen bzw. zum »ph nomenologischen Apeiron«, das sich von Levinas’ Auffassung des Unendlichen abhebt. Dabei ist die Situation paradox: auf der einen Seite bezeichnet Richir dieses Levinas’sche Unendliche als »absolut unendliches Unendliches«, »außerhalb der Ph nomenalit t«; auf der anderen Seite jedoch wirft er ihm durch die Verkettung desselben an eine ethische Ausrichtung, also an die menschliche Endlichkeit, vor, dessen »absoluter Transzendenz« nicht Rechnung tragen zu kçnnen. F r Richir, und das ist der zweite Punkt, ist jene »Verunendlichung des Unendlichen« nur begreiflich, wenn man darin ein »erhabenes« Moment erkennt, das heißt, wenn man zuerkennt, dass das Unendliche außerhalb jeglichen Einbildungsvermçgens verortet ist (wodurch sich bereits der Horizont seiner Phantasie-Auslegung erschließt, die ab den 2000er Jahren maßgeblich werden wird). Nur dann wird in der Tat das »wahrhaft Erhabene«32 oder, so kçnnte man hinzuf gen, das wahrhaft Unendliche erfasst, jenseits jeder Einschreibung in einen menschlichen Horizont. Gleichwohl darf aber drittens das Kind nicht mit dem Bade ausgesch ttet werden, das heißt, dass dieses Aufgeben des Bezugs zu einer menschlichen Dimension nicht zu einer »operativen ›Rationalit t‹, die ganz allein ablaufen soll«33, f hren darf: Es stellt sich in der Tat die Frage, wie wir dem Rechnung tragen kçnnen, wie wir »es sagen oder ›wissen‹ kçnnen«, wie wir, in anderen Worten, die »minimalen Zw nge der Ph nomenologie« (J.-T. Desanti) beachten kçnnen und zugleich auf die ethische Herangehensweise verzichten. Die Antwort besteht laut Richir darin, die Notwendigkeit der symbolischen Tautologie des Unendlichen außerhalb der Ph nomenalit t anzunehmen. F r die Erleichterung des Verst ndnisses empfiehlt es sich, hierzu das erste Kapitel von La crise du sens et la ph nom nologie heranzuziehen.34 Der Begriff der »symbolischen Tautologie«, erl utert Richir, verweist zun chst auf jenen der »symbolischen Stiftung«. Diese bringt den Gedanken zum Ausdruck, dass der Mensch nicht der »Herr des Sinns« ist. Das wirft das Pro32 33 34

Ebd., 257. Ebd., 259. Marc Richir: La crise du sens et la ph nom nologie. Grenoble 1990.

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blem auf, wie sich die Bedeutsamkeit im Allgemeinen und die Bedeutsamkeit des Realen, also Bedeutsamkeit und Realit t, zueinander verhalten. Hierf r h lt nun gerade die »symbolische Tautologie« die Lçsung bereit: Sie ist »der Ort symbolischer Identit t zwischen dem symbolischen ›System‹ und der Welt«35, also anders gesagt zwischen dem Symbolischen und dem Realen. Die ganze Schwierigkeit dabei besteht darin, jene »Identit t« nicht auf eine unfruchtbare Zirkelhaftigkeit zu reduzieren. Wie kann man einer solchen Reduktion entgehen? Indem man einsieht, dass dieser Ort sich von einem anderen Ort aus erhellt, »welcher der r tselhafte Ort dessen ist, was in sich selbst den Sinn seines Sinnes enthalten soll«36, also der Ort der »Wahrheit, das heißt einer gewissen zu suchenden Entsprechung oder Justierung vom Sinn der artikulierten Sprache und dem Sinn ihres Sinns (dem Sinn des Seins), einer gewissen aufzufindenden Anmessung von ihrer Bedeutsamkeit und dem, was von ihrem Jenseits aus ber sie hinausgeht und sie dabei doch gleichsam speist«.37 Die Bedeutsamkeit besteht in einem grundlegenden Bezug zu dem, was ber sie hinausgeht und sie dabei doch speist – das ist also der genaue Sinn der »symbolischen Tautologie der Wahrheit«, sofern sie eben nicht in einen circulus vitiosus verf llt. Wie ist dieses »Jenseits« dabei genau zu verstehen? Es handelt sich um einen Bezug, der »zugleich mit sich selbst das Jenseits, das ihm seinen eigenen Sinn verleiht«38, bekundet, also gewissermaßen um eine Art Verdoppelung des Realen. Die Besonderheit dieser »Verdoppelung« ist, dass sie nicht eine Duplizierung einer Ordnung ausmacht, die in einer anderen, positiven Ordnung gestiftet w re, welche ihrerseits stiftenden Charakter h tte, sondern »den wahren Ort des Jenseits« erçffnet, der »eine Art reiner harmonischer Logos« ist, welcher eine »Musik des Nichts mit sich selbst« spielt, die »allein den Sinn des Sinns zu liefern vermag«39. Der Sinn des Sinns ist somit »nicht von der gleichen Ordnung wie der Sinn, und gleichwohl besteht zwischen beiden eine r tselhafte Vertrautheit, so dass die symbolische Tautologie den Sinn von einem Sinn des Sinns aus zu erhalten scheint, der sich in der Nicht-Gegebenheit entzieht«40. Die erw hnte »Verdoppelung« erçffnet somit eine Ordnung, die nicht gegeben werden kann, sondern vielmehr das entdecken l sst, was Richir »die ph nomenologische Dimension,

35 36 37 38 39 40

Ebd., 12, Fußnote 1. Ebd., 14. Ebd., 14f. Ebd., 15. Ebd., 19. Ebd., 20.

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den ph nomenologischen Horizont, der mit den Mitteln jeder gestifteten Sprache nicht zu ergr nden ist«41, nennt. Diese ph nomenologische Dimension, diese »Ordnung«, von der nicht behauptet werden kann, sie sei »hçher« – es handelt sich dabei eher um ein Jenseits, das (das sei noch einmal wiederholt) genauso auch ein Diesseits ist und sich nicht geben l sst –, erzeugt vielf ltige Sinne. Richir eignet sich somit insofern eine bekannte Einsicht Kants an, als er darlegt, dass die die symbolische Tautologie ausdr ckenden S tze synthetische S tze a priori sein m ssen. Was die Grundattribute der symbolischen Tautologie der Wahrheit angeht, sofern diese das Jenseits, das Unendliche, erçffnet, kann also festgehalten werden, dass sie nicht gegeben werden kann, dass sie eine Vielfalt neuer Sinne erzeugt und dass sie unbestimmt und unbestimmbar ist (»es sei denn durch das selbstreferentielle, tiefer liegende Sagen des harmonischen Logos«42). Hierdurch spricht sich der wechselseitige Verweis der Ph nomenologie und der Metaphysik aus. Bei Richir hçrt sich das so an: […] die Ph nomenologie zu verwirklichen heißt, noch einen Schritt weiter zu gehen, n mlich die Metaphysik als symbolische Stiftung zu erkennen, und das heißt genauso auch zu verstehen, weshalb hierdurch die Metaphysik sich implizit aus einem ph nomenologischen Sinnhorizont speist, den sie nicht aus sich selbst erschafft, sondern dem sie mit dem Abstand des in ihr fungierenden Jenseits begegnet.43

Aber dieses Beherzigen der »ph nomenologischen Zw nge« und die Erkl rung, wie wir »sagen und ›wissen‹« kçnnen, was die symbolische Tautologie zum Ausdruck bringt, erfordern noch radikaler, ihr einen »Ort« zuzuweisen, der, wie bereits angedeutet, auf den »symbolischen Stifter« verweist. Richir schreibt dazu Folgendes: In Bezug auf die von uns angepeilte Ausweitung und Neugr ndung der Ph nomenologie w re der »Ort« der symbolischen Tautologie der Ort dessen, was wir als symbolischen Stifter bezeichnen […], der insofern anarchisch ist, als er, im Gegensatz zum Gott der OntoTheologie, durch sich selbst nichts Seinsm ßiges stiftet, sondern nur der Tr ger der Frage oder des R tsels der begriffslosen Identit t (der Selbstheit) ist, welche die menschliche Identit t ausmacht. Und diese Distanz zu dem, was der gestifteten symbolischen Ordnung angehçrt, […] kann sich dar ber hinaus f r uns nur in dem »offenbaren«, was wir als das ph nomenologische Erhabene bezeichnen.44

F r Richir vermag also das Erhabene – als ultimative Dimension des Unendlichen – das R tsel der menschlichen Identit t zu lçsen. »Das Andere als Anderes […] h lt sich nur deshalb als solches, weil bereits hinter seiner Ph nomenalit t, aber auch, muss hinzuf gt werden, in derselben als seinem Blinken, das Unendli41 42 43 44

Ebd., 23. Ebd. Ebd., 23f. Richir: Ph nom ne et infini, 256.

Tengelyi, Levinas und Richir ber das Unendliche

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che als dynamische Spur seiner eigenen Flucht, als ›Luftsog‹ oder ›Seinsleere‹, die es hinterl sst, wenn es sich entzieht, ›am Werk‹ ist. Das Unendliche, der Ort einer einzigartigen symbolischen Tautologie, l sst sich – im Feld des Begegnens und der N he – ph nomenologisch in der Nicht-B ndigkeit dessen erfahren, was jedes Mal im Antlitz zu scheinen scheint, und zwar gegen ber dem, was sich dort ad infinitum entzieht, es in dem Entfernen und der Abwesenheit aufsaugt«45. Um nun den genauen Sinn dieses »symbolischen Stifters« (in seinem Bezug zum »Erhabenen«) und dessen, was hieraus f r das Verst ndnis des ph nomenologischen Unendlichen folgt, fassen zu kçnnen, muss ber das, was in »Ph nom ne et infini« aufgerissen wird, hinausgegangen werden. In seinen letzten Schriften – man sieht einmal mehr, dass die Frage nach dem Unendlichen offenbar immer erst am Ende explizit gestellt wird – vereint Richir (ohne freilich diesen Zusammenhang explizit herauszustellen) die verschiedenen Komponenten der fr heren Ausarbeitungen in jenem Begriff, der sein Sp twerk berstrahlt und von ihm als »›Moment‹ des Erhabenen« bezeichnet wird.46 Die letzten B cher – und dabei insbesondere die beiden »Variations« – handeln quasi ausschließlich von ihm. Im Folgenden werde ich mich in erster Linie auf die sehr hilfreiche Skizze »Architektonische Analytik der transzendental-ph nomenologischen Genese des Selbst« (aus dem ersten »Variationen«-Band von 2010) st tzen.47 Unter diesen Komponenten halte ich die folgenden f r besonders erw hnenswert: die Frage nach dem Ursprung des Menschen (und ihr Bezug zur Unscheinbarkeit, also zum Richir’schen Begriff des »Ph nomenologischen«), die Frage nach der Genese des Selbst und ihres Bezugs zum Anderen (womit Richirs Begriff der »transzendentalen Interfaktizit t« vorweggenommen wird), das Grundereignis der »Substitution«, dank welchem der Sinn etwas Anderes »sagt« als ihn selbst (und eben nicht nur Sinn seiner selbst ist), und der generative Charakter der Verunendlichung des Unendlichen. Das »›Moment‹ des Erhabenen« zielt hierbei darauf ab, dem Bezug zum Realen und dem Verst ndnis, das wir davon haben, Rechnung zu tragen – und zwar außerhalb jeder ontologischen sowie erkenntnislegitimierenden Perspektive. Hierbei kommt der wesentliche Bezug zur Ebd., 257. Der Begriff des »Erhabenen« kommt bereits h ufig in den Schriften der 1980er und 1990er Jahre vor; im Gewand der »Erfahrung des Erhabenen« tritt der Gedanke des »›Moments‹ des Erhabenen« dann zum ersten Mal im letzten Kapitel der Fragments ph nom nologiques sur le temps et l’espace (Grenoble 2006) auf. F r den Ausdruck »›Moment‹ des Erhabenen« selbst, siehe insbesondere Marc Richir: Fragments ph nom nologiques sur le langage. Grenoble 2008, 93f. 47 Marc Richir: Variations sur le sublime et le soi. Grenoble 2010. 45 46

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in unendlicher Flucht befindlichen »absoluten Transzendenz« zum Vorschein – und darin kristallisiert sich dann auch Richirs letztes Wort ber das Unendliche. Er kennzeichnet das »›Moment‹ des Erhabenen« folgendermaßen: In seiner ph nomenologischen Tiefe [und am »Ausgangspunkt« der Analytik Richirs] ist das »Moment« des Erhabenen jenes »Moment«, in welchem es – im archaischsten Register des ph nomenologischen Feldes, in dem der Schematismus und die Affektivit t miteinander verwoben und verflochten sind – zun chst (und dieses »Zun chst« ist ein genetisches) zu einer Hyperbel der Affektivit t und einer Unterbrechung des Schematismus kommt, das heißt zu einem Auswuchs an Intensit t der Affektivit t, welcher diese bersch ssig werden l sst und sie in einem hyperdichten und außerschematischen »Kern« kondensiert (Systole), so dass sich hieraus in einer – ebenso genetischen – Folge ein […] R ckgang der Affektivit t auf diese selbst ergibt. Dieser berraschende, unerwartete, augenblickliche R ckgang erçffnet einen nicht zeitlichen und nicht r umlichen Abstand zwischen der Affektivit t und jenem berschuss […]. Durch seinen Abstand initiiert dieser berschuss dann seinerseits die schematische Diastole […] dieses Abstands und l sst zugleich die absolute Transzendenz48 als absolutes (nicht r umliches) «Außen« der Frage nach dem Sinn ph nomenologisch blinken […].49

In dieser begrifflichen Konstellation (man kçnnte auch sagen: in diesem Schema) weist der Bezug von Denken (Bewusstsein) und Sein, sofern er eben durch ein sich entziehendes Unendliches vermittelt wird, drei Aspekte auf 50 : die Kondensierung in einer hyperdichten Affektion eines Selbst (= Aufbrechen eines im wçrtlichen Sinne undenkbaren «Urseins«51), die Erçffnung einer absoluten Transzendenz (in unendlicher Flucht) und die Reschematisierung des Schematismus (= eine Art »Neustart« des durch die Hyperbel der Affektivit t unterbrochenen Denkens). Man kann hierin eine Antwort auf das »Begriff-Licht-Seins-Schema«52 sehen, mit welchem Fichte in der Wissenschaftslehre von 1804 (zweite Fassung) bereits versucht hatte, das Grundprinzip der transzendentalen Korrelation von Sein und Denken darzustellen. In dieser Antwort l sst Richir das legitimierende Grundprinzip der transzendentalen Erkenntnis (das Fichte das »Soll« genannt hatte und laut Richir ein unberechtigtes ontologisches Argument beinhaltet) wegfallen. Er l sst es wegfallen, eben weil er f r die Ph nomenologie die Perspektive einer Erkenntnislegitimation zur ckweist. F r Richir geht es in der Dass diese absolute Transzendenz je in »unendlicher Flucht« begriffen ist, wird von Richir an unz hligen Stellen betont (siehe zum Beispiel Sur le sublime et le soi. Variations II (M moires des Annales de ph nom nologie, Bd. 9). Amiens 2011, 125 oder Propositions buissonni res. Grenoble 2016, 10). 49 Richir: Variations sur le sublime et le soi, 197f. 50 Siehe insbesondere Richir: Fragments ph nom nologiques sur le langage, 77. 51 Es sei, um genau zu sein, betont, dass das Selbst nicht eigentlich »ist« und somit (zumindest) nicht als etwas Konstituiertes vorausgesetzt werden kann: Es ist weder setzend noch intentional, es ist weder fest noch stabil. 52 Siehe hierzu vom Verfasser: R flexion et sp culation. L’id alisme transcendantal chez Fichte et Schelling. Grenoble 2009, 43 – 57. 48

Tengelyi, Levinas und Richir ber das Unendliche

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Ph nomenologie darum zu verstehen, nicht zu legitimieren. Und dem Unendlichen (im Mittelpunkt des »›Moments‹ des Erhabenen«) kommt dabei eine wesentliche Funktion zu: Richir ersetzt die Fichte’sche Konstellation (die gleichsam das ontologische Argument an die legitimierende Reflexibilit t anbindet) durch diejenige, in der die absolute Transzendenz – als »absolutes Außen« – in ihrem Entzug, in ihrer unendlichen Flucht, die Frage nach dem Sinn erçffnet, das Selbst aufbrechen l sst (n mlich dank des In-Kontakt-Tretens der Affektivit t mit sich selbst durch die Erçffnung eines Abstands zwischen der Affektivit t und dem gerade erw hnten berschuss) und den Ursprung des Menschen ausmacht. Fassen wir das Ganze noch einmal zusammen. Welches sind die Grundlinien, die sich aus diesen berlegungen ber das ph nomenologische Unendliche ergeben? Die – zumindest implizite – Ausgangsfrage war die, ob sich das Unendliche im ph nomenologischen Feld der Korrelation (welches offenbar endlich ist) h lt und sich dort auch halten lassen kann – eine Frage, die, das sei nur nebenher bemerkt, in gewisser Weise die Perspektive des »spekulativen Realismus« widerspiegelt, welcher seine Kritik am Korrelationismus ja insbesondere darauf st tzt, dass in diesem Rahmen der transzendentalen Korrelation dem Absoluten (»nach« oder »jenseits« der Endlichkeit) nicht Rechnung getragen werden kçnne. Wie dem auch sei, scheint im vorigen Gedankengang ein sich nach und nach verst rkendes Ablçsen festzustellen zu sein: W hrend Tengelyi den Begriff des Unendlichen in den Grenzen einer »kategorialen Form« einbehalten will, deren Unbestimmtheitsdimension dabei stark betont wird, versteht ihn Levinas als eine »Spur« seines eigenen »Entzugs«, was eine »radikale Andersheit« erçffnet, die in letzter Instanz mit dem ph nomenologischen Korrelationismus nicht mehr vereinbar zu sein scheint. Richir geht dann noch insofern einen Schritt weiter, als Levinas’ ethische Herangehensweise in seinen Augen das Unendliche auf eine menschliche Dimension reduziert, die ihrerseits in Frage gestellt werden muss. Dazu ist es seiner Ansicht nach erforderlich – ber die Notwendigkeit hinaus, die Ph nomenalit t auf das Apeiron auszuweiten, so wie das auch von Tengelyi zurecht angemahnt wurde –, die »unendliche Flucht« der absoluten Transzendenz ernst zu nehmen, welche die Bedingung eines Abstands ist, der den Sinn, die Selbstheit und sogar das Menschliche im Menschen allererst erçffnet. Heißt das aber am Ende nicht, dass wir es beim Unendlichen mit einem Grenzbegriff zu tun haben, der das ph nomenologische Feld von innen her in Richtung einer metaphysischen Perspektive implodieren l sst? Und muss hierin nicht eine metaphysische Tendenz erkannt werden, die der Ph nomenologie innezuwohnen scheint, sofern diese nur gewissenhaft auf ihre letzten Konsequenzen befragt wird – was Derrida dann Recht g be, sofern diese metaphysische »Verkehrung« in der Tat ihren gesamten Sinn nderte? Diese Sinnverkehrung

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betr fe die Frage, ob denn »offene Wesen« ohne Transzendenz auskommen oder ob damit zusammenh ngend – sofern eine absolute Transzendenz ja auf Unendlichkeit verweist – das ph nomenologische Unendliche nicht vielmehr im Herzen des Ph nomenologischen selbst liegt. Solange die Ph nomenologie ihre eigenen Grenzen befragt, wird sie immer auf diese Frage stoßen, die zugleich in sich selbst einen entscheidenden Aspekt der Frage nach dem Sinn von Sein enth lt. Von hier aus l sst sich dann umreißen, was daraus f r den Begriff des ph nomenologischen Unendlichen systematisch folgt. Zum einen kann das Behandeln des ph nomenologischen Unendlichen nicht bedeuten, dass man Erkenntnisse aus anderen Disziplinen – wie etwa der Mathematik – einfach auf die Ph nomenologie bertr gt oder in sie berf hrt. Das ph nomenologische Unendliche muss sich in der ph nomenologischen Analyse in seiner ihm eigenen Bestimmung bekunden und entfalten. Aus der obigen Untersuchung ergab sich, dass das ph nomenologische Unendliche ein Schl sselbegriff der Sinnbildung ist. In ihm erçffnen und versammeln (Richir w rde sagen: schematisieren) sich die Grundparameter derselben. In der systematischen Linie: sich prophetisch ußernde Illeit t – symbolische Stiftung – symbolischer Stifter – Erhabenes bekundet sich jeweils eine In-stanz (in Heideggers Worten: ein »ausstehendes Innestehen«), die pr -ph nomenal und generativ vom Sich-Bilden des Sinnes zeugt, sofern dieses sich nicht auf Vorgegebenes st tzt, sondern das im vollen und tiefen Sinne Erscheinende allererst von einer sich unendlich verfl chtigenden Transzendenz aus aufbrechen und aufgehen l sst. Und in dieser Eigenschaft, dass also in der Kundgabe und in dem Aufgehen in bzw. aus der ph nomenologischen Untersuchung eine begriffliche Konfiguration, die den Sinnbildungsprozess ermçglicht und maßgeblich pr gt, aufscheint, begr ndet sich der entscheidende Wink daf r, wie die gemeinsame Artikulierung von Ph nomenologie und Metaphysik aufgefasst werden kann. Die verinnerlichende Besinnung der Ph nomenologie auf sich selbst treibt sie auf die Metaphysik hinaus.

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Der Gott der Tora in ph nomenologischer Sicht

Abstract For the phenomenological correlation analysis, the question arises how the Biblical God is experienced by who believes in Him. Man encounters the divine as the overpowering superiority when the “I can”, which is constitutive for his horizontal consciousness, fails. In accordance with the multiplicity of horizons, this overpowering superiority originally shows itself as a plurality of godheads. Belief in the one God appears later, and therefore finds its way to itself as antipolytheism. As God of that one world which transcends all horizons, and is thus withdrawn from intuition, He admits of no iconic representation, while the essential traits of polytheistic godheads, due to their rootedness in horizons, are intuitively imaginable and representable. The predicates of the one God of the Tora are not determinations of essence, but rather contain horizontally referential regards in which His superiority to the polytheistic godheads can be expressed in the language of the lifeworld. Hence, these predicates have no superlative character, but only comparative character. Phenomenology can show how the superlative divine predication in metaphysics came about through idealization.

Der Begriff der Metaphysik, der in anderen Beitr gen des vorliegenden Bandes die zentrale Rolle spielt, wird in den nachfolgenden berlegungen erst am Schluss auftauchen und dies auch nur in negativer Besetzung, n mlich in Form einer ph nomenologischen Kritik an einer bestimmten Denkweise der traditionellen Metaphysik. Zu dieser Kritik mçchte ich vorab zweierlei bemerken: Erstens werde ich mich prim r am Ph nomenologie-Verst ndnis ihres Gr nders Edmund Husserl orientieren. Formelhaft gesprochen war Ph nomenologie f r ihn Korrelationsforschung, Analyse der wechselseitigen Verwiesenheit aufeinander zwischen dem, was uns erscheint, und den jeweils spezifischen Weisen seiner Gegebenheit f r uns. Dazu meine zweite – terminologische – Vorbemerkung: Ich werde das, was uns erscheint, nicht mit gel ufigen Begriffen wie »das Seiende« oder »die Gegenst nde« bezeichnen, die mir allzu belastet erscheinen, sondern mit dem Begriff »Vorkommnisse«. Ich verwende dieses Wort hier in einer weiteren Bedeutung als der, die uns alltagssprachlich vertraut ist: »Vorkommnis« ist das Substantiv zum Verb »vorkommen« – dieses Verb im Sinne von »hervorkommen«, »hervortreten« verstanden. Das Erscheinen, das die Ph nomenologie, wie ihr Name sagt, analysiert, ist ein F r-uns-Hervortreten von Vorkommnissen aus Horizonten.

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Ich erw hne das, weil der Horizontbegriff in meinen berlegungen eine besondere Rolle spielen wird. Im ph nomenologischen Gebrauch dieses Begriffs sind Horizonte die Orientierungsspielr ume, die uns die Bahnen f r unser Verhalten erçffnen und vorzeichnen, indem alle Vorkommnisse durch ihren Sinngehalt auf andere Vorkommnisse verweisen. Als Verweisungszusammenh nge verweisen die Horizonte auch unter sich aufeinander und bilden dadurch einen einzigen allumfassenden Verweisungszusammenhang, die Welt als »Universalhorizont«, wie Husserl formuliert hat. Unsere Offenheit f r die Welt beruht auf unserer Vertrautheit mit Horizonten, aus denen alle Vorkommnisse f r uns hervortreten, mit denen wir – auf welche Art und Weise auch immer – zu tun haben. Das »Vorkommnis«, um das es in meinen berlegungen gehen wird, ist der eine Gott, von dessen Bundesschluss mit dem Volk Israel in der Tora berichtet wird, den f nf B chern Mose des in der christlichen Tradition bisher so genannten »Alten Testaments«. Es geht mir nicht um Gott als Gegenstand irgendeiner metaphysischen oder naturphilosophischen Spekulation. Mein Interesse beschr nkt sich im Sinne der ph nomenologischen Korrelationsanalyse auf die Frage, wie der biblische Gott, der Gott der Tora, von den an ihn glaubenden Menschen erfahren wird.1 Um bei der ph nomenologischen Beschreibung dieser Erfahrung nicht willk rlich anzusetzen, gehe ich – in Husserl’scher Sprache ausgedr ckt – von der »Urstiftung« dieser Erfahrung aus. Was diese Urstiftung grundlegend kennzeichnet, ist nach Auskunft der Tora die langwierige Auseinandersetzung zwischen dem Ein-Gott-Glauben des Volkes Israel und den vorderorientalischen polytheistischen Religionen in seiner Umgebung. Neben der bekannten Geschichte vom Tanz um das Goldene Kalb und hnlichen Begebenheiten ist daf r die Mahnung, mit welcher der eine Gott die zehn Gebote einleitet, der sprechendste Beleg: »Du sollst keine anderen Gçtter neben mir haben!« Der biblische Glaube an den einen Gott gewinnt erst im Laufe der Zeit durch die Auseinandersetzung mit der Verehrung anderer Gçtter sein unverwechselbares Profil. Er findet, kurz gesagt, als Antipolytheismus zu sich selbst. Solange die urspr ngliche Auseinandersetzung mit dem Polytheismus w hrte, hatte das Verh ltnis zwischen dem biblischen einen Gott und den polytheistisch verehrten vielen Gottheiten den Charakter der Konkurrenz. Ein Konkurrenzverh ltnis setzt aber eine Vergleichbarkeit voraus; denn miteinander konkurrieren kann ja nur, was vergleichbar ist, also mindestens einen Zug geDa alle im vorliegenden Text entwickelten Gedanken meinem neuen Buch Der biblische Glaube. Ph nomenologie seiner Herkunft und Zukunft (Frankfurt a. M. 2018) entnommen sind, verzichte ich hier auf weitere Anmerkungen und verweise generell auf die Fußnoten in jener Publikation. 1

Der Gott der Tora in ph nomenologischer Sicht

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meinsam hat. Worin besteht in der urspr nglichen Auseinandersetzung mit dem Polytheismus dieser gemeinsame Zug des einen Gottes und der vielen Gçtter? Jede der vielen polytheistischen Gottheiten tritt mit einem Anspruch von Macht und St rke auf. Der biblische Monotheismus kann sich im Streit mit dem Polytheismus nur durchsetzen, indem er dem eigenen einen Gott eine berlegenheit gegen ber diesen Machtanspr chen zuschreibt und ihn, wie es in den Texten der Tora tats chlich geschieht, als den einzigen wahrhaft starken und m chtigen Gott darstellt. Die Macht des Gçttlichen – sei es die des einen Gottes oder die der vielen Gçtter – wird von den an sie glaubenden Menschen als bermacht erfahren, weil sie allen Manifestationen von menschlicher Macht oder Kraft berlegen ist; sie bertrifft alles, was wir Menschen »kçnnen« – »kçnnen« in einem weitesten Sinne dieses Wortes. Diese bermacht-Erfahrung hat f r die menschliche Existenz deshalb schlechthin grundlegende Bedeutung, weil die eingangs erw hnte Weltoffenheit des Menschen auf einer Erfahrung von Macht und Kçnnen beruht: Die vielen Horizonte, und dadurch letztlich die eine sie alle umgreifende eine Welt, kçnnen mir n mlich nur deshalb als Orientierungsspielr ume f r mein Verhalten vertraut sein, weil ich – wie Husserl formuliert – habituell ber die »Vermçglichkeit« verf ge, den jeweiligen Verweisungen zu folgen; »ich kann« ihnen nachgehen. Durch die Grunderfahrung, dass wir im Versagen unserer Vermçglichkeit die berw ltigung durch etwas der Macht dieses »ich kann« berlegenes erfahren, begegnet den Menschen die bermacht des Gçttlichen. Weil solche Erfahrung der Ohnmacht die Menschen in der Grundstimmungslage ihrer Existenz ersch ttert, also – in traditioneller Begrifflichkeit ausgedr ckt – »emotionalen« Charakter hat, zieht sie die kultische Verehrung des so erfahrenen Gçttlichen nach sich. Diesem Charakter entsprechend wird das Gçttliche in Formen verehrt, in denen der Mensch die Bewegtheit seiner Gef hle zeigt: Anbetung, Lobpreis, Danksagung, Bittgebet, Beschwçrung, Gesang, Tanz oder andere Weisen kultischer Feier, deren Adressaten dadurch mehr oder weniger personhafte Z ge annehmen. Wenn die Urstiftung des biblischen Glaubens darin besteht, dass er als Antipolytheismus zu sich selbst findet, stellt sich nun die Frage, warum die Ersch tterung durch das berm chtige zu zwei Weisen der Verehrung des Gçttlichen f hren kann, n mlich der polytheistischen und der monotheistischen. Warum kann das Gçttliche den Menschen in doppelter Gestalt begegnen, als die vielen Gçtter und als der eine Gott der Tora? Es kann nur daran liegen, dass die Erfahrung der berw ltigung unserer Vermçglichkeit durch das berm chtige auf zweierlei Weise mçglich ist. Diese beiden Weisen mçchte ich nun skizzieren. Ich beginne mit dem Polytheismus. Durch den kulturpr genden Sieg von Judentum, Christentum und Islam ber den Polytheismus in der westlichen und

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vorderorientalischen Welt ist in dieser Region der Erde der monotheistische Gottesbegriff sogar f r Atheisten selbstverst ndlich geworden. Aber eigentlich war jener Sieg alles andere als selbstverst ndlich; denn die urspr ngliche, sozusagen nat rliche Gestalt der Verehrung des Gçttlichen ist der Polytheismus. Um diese Behauptung zu begr nden, gehe ich nun genauer auf die bermacht-Erfahrungen ein, die uns ersch ttern kçnnen und uns ohnm chtig erscheinen lassen. Wann kann es zu solchen Erfahrungen kommen? Die naheliegende Antwort lautet: Wir erfahren dann unsere Ohnmacht, wenn bei unserem Handeln entweder Hindernisse auftauchen, vor denen unser »ich kann« versagt, oder wenn sich neue Mçglichkeiten f r unser Handeln abzeichnen, denen wir nicht gewachsen sind. Solche Hindernisse oder neue Mçglichkeiten begegnen uns nie isoliert, sondern immer eingebettet in den Zusammenhang eines bestimmten Horizonts, wie sich leicht an Beispielen demonstrieren l sst: Wenn einen Feldherrn die Ersch tterung ber die Unbesiegbarkeit eines berlegenen Feindes berf llt, werden ihm damit zugleich die vielf ltigen Unw gbarkeiten sp rbar, die der Horizont des Krieges berhaupt impliziert. Wenn ein ungl cklicher Liebhaber sich als unf hig erf hrt, der Geliebten seine Liebe zu offenbaren oder die Trauer ber ihren Verlust zu verwinden, berkommt ihn im Leiden an dieser Ohnmacht zugleich eine Ahnung vom bermaß an Gl ck und Ungl ck, das im Horizont der Liebe berhaupt beschlossen liegt. Wenn ein politischer Machthaber in einer unvorhergesehenen schicksalhaften Entscheidungssituation mit Ratlosigkeit geschlagen ist, geht ihm zugleich auf, wie sehr es auf die Bereitschaft ankommt, sich rechtzeitig im Horizont vorausschauender Beratung k nftigen Handelns zu orientieren. Den vielf ltigen Arten von Ersch tterung im Bewusstwerden dieser und unz hliger anderer Horizonte entspricht eine beinahe grenzenlose Vielfalt der Erfahrung des berm chtigen, und das erkl rt, warum das Gçttliche den Menschen zun chst und ganz selbstverst ndlich in Gestalt vieler Gottheiten erscheint. Wesentlich ist nun aber eine Gemeinsamkeit aller dieser Gottheiten: Die Z ge ihrer jeweiligen Wesensart erscheinen den sie verehrenden Menschen als bekannt, und zwar deswegen, weil diese Z ge dem jeweiligen Horizont entsprechen, der den Spielraum daf r bildet, wie uns eine bestimmte gçttliche bermacht berw ltigt. Durch den R ckbezug auf die entsprechenden Horizonte sind die Gçtter jedes Polytheismus im Prinzip immer auf irgendeine Weise vorstellbar. Die Z ge der Gottheiten m ssen nicht unbedingt – wie bei den alten Griechen – visuell vorstellbar und demgem ß darstellbar sein; im japanischen Shinto etwa sind die Gottheiten unsichtbar, aber sie lassen sich mit einem sprechenden Namen bezeichnen, oder man kann sie sich zumindest durch das, was die Mythen ber sie erz hlen, zur Anschauung bringen.

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Konkret wird diese Anschaulichkeit der polytheistischen Gottheiten durch ein konstitutives Element des allt glichen Horizontbewusstseins mçglich: Wir vertrauen darauf, dass jegliches Ausbleiben von Handlungsmçglichkeiten ausgeglichen werden kann durch andere Vermçglichkeiten, ber die wir Menschen vielleicht nicht de facto, aber im Prinzip verf gen, und diese Vermçglichkeiten dienen uns als Muster, durch die wir uns visuell oder zumindest sprachlich vom Gçttlichen ein Bild machen kçnnen. Beispielsweise statten wir im eben angef hrten Falle der Ersch tterung ber unsere Unterlegenheit im Krieg die gçttliche bermacht, an die wir uns in unserer Not wenden, mit Waffen und Kr ften aus, die wir schon aus dem gewohnten Leben als uns selbst oder anderen Menschen mçglicherweise verf gbare Verteidigungsmittel kennen, und durch diese aus einem vertrauten Handlungshorizont bezogene Ausstattung wird eine Kriegsgottheit der europ ischen Antike wie Ares oder Mars f r uns zu einem anschaulich erscheinenden und vielleicht sogar bildlich darstellbaren »Gegenstand« der Verehrung. Eine ebenso beschaffene Vergegenst ndlichung findet, um ein anderes der genannten Beispiele aufzugreifen, statt, wenn wir die bei manchen Menschen anzutreffende F higkeit, in einer schwierigen Lebenssituation Rat zu wissen, einer bermenschlich weisen Ratgeberin – etwa der antiken Gçttin Athene – zuschreiben. Meine berlegungen haben sich bis zu diesem Punkt auf den Polytheismus bezogen. Voraussetzung f r diese Art der Verehrung des Gçttlichen ist der gerade beschriebene Umgang mit denjenigen Grenzen des »ich kann« beim Handeln, die in bestimmten Situationen durch das Fehlen neuer Wege f r das Handeln oder durch Widerst nde oder Hindernisse auftauchen. Es gibt aber eine g nzlich andere Art der Erfahrung von Grenzen des »ich kann«, und sie liegt der monotheistischen Erfahrung des Gçttlichen zugrunde. Sie besteht nicht darin, dass wir – wie gerade skizziert – an der St rke unseres jeweiligen »ich kann« Einbußen erfahren, die sich im Prinzip kompensieren lassen. Es handelt sich nun darum, dass uns gewisse Mçglichkeiten so entzogen sind, dass sie nicht durch irgendwelche Vermçglichkeiten, die uns im Prinzip erreichbar erscheinen, ausgeglichen werden kçnnen. Diesen unaufhebbaren Entzug von Mçglichkeiten erfahren wir auf vierfache Weise, und zwar dadurch, dass jegliches Erscheinen an Zeit und Raum gebunden ist: Erstens weiß ich durch die – im Alltag meist latent bleibende – lebensbegleitende Grundstimmung der Angst, dass ich sterben werde. Ich habe nicht das Vermçgen, mein Leben endlos zu verl ngern, und diese Grenze bestimmt immer und berall, wie ich ber die mir zur Verf gung stehende Zeit disponiere. Zweitens gehçrt es zu meinem begrenzten »Vorrat« an Zeit, dass ich nur der jeweiligen Gegenwart sicher sein kann und dass mir die Zukunft prinzipiell unbekannt ist; alle Prognosen, so sicher sie erscheinen mçgen, kçnnen durch berraschun-

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gen L gen gestraft werden. Durch die Bindung an meine begrenzte Lebenszeit und meine jeweilige Gegenwart bleibt das Erscheinen aller uns begegnenden Vorkommnisse immer unvollst ndig und hat in diesem Sinne einen »perspektivischen« Charakter. Eine dritte und vierte Weise des Entzugs kennzeichnet unsere Erfahrung vom intersubjektiv gemeinsamen Raum: Ich erfahre alles deshalb perspektivisch, weil ich mich jeweils in einem Hier aufhalte, von dem aus ich das Hier nicht kennen kann, das ein anderer Mensch einnimmt, der sich von meinem Hier aus gesehen »dort« befindet. Ich kann mich zwar in seine Gedanken und Gef hle ann herungsweise »einf hlen«, aber auch die intensivste »Empathie« kann meine Gedanken und Gef hle niemals mit den seinen zu abstandloser Deckung bringen; w re dies mçglich, w re der Andere kein Anderer mehr, sondern nur eine Verdopplung meiner selbst. Und kçnnte ich das Dort gleichzeitig mit dem Aufenthalt in meinem gegenw rtigen Hier so kennen wie dieses Hier, w re das »Dort« kein Dort mehr, sondern nur eine Verdopplung meines Hier. Beides w rde die Perspektivit t meiner Erfahrung aufheben; aber f r eine solche Aufhebung fehlt jeglicher Anhalt und Inhalt. Der vierfache Entzug ist f r das perspektivische Erscheinen konstitutiv und kann deshalb im Unterschied zur vorher beschriebenen Begrenztheit des »ich kann« beim Handeln auf keinerlei Weise als aufhebbar oder kompensierbar erfahren oder gedacht werden. Die durch ihn bedingten Grenzen unserer Vermçglichkeit sind keine »Schw chen« oder »M ngel« im landl ufigen Sinne. Sie sind vielmehr Momente der Endlichkeit des perspektivischen Erscheinens – einer Endlichkeit, die das so geartete Erscheinen allererst mçglich macht. Das perspektivische Erscheinen- berhaupt, an dessen Endlichkeit wir uns bei der Erfahrung des vierfachen Entzugs unaufhebbar gebunden erfahren, ist nun aber nichts anderes als die Weise, wie uns die Welt als das Ganze des Erscheinens, als Universalhorizont vertraut ist. Als dieses allumspannende Ganze ist die Welt nur eine, ein singulare tantum. Das bedeutet: Den Spielraum f r die Erfahrung des vierfachen Entzugs bilden nicht mehr die vielen partikularen Horizonte, die uns bei der Erfahrung von Grenzen des »ich kann« beim Handeln Vermçglichkeiten der Kompensation anbieten, sondern die eine und einzige Welt. Demgem ß kann es eine bermacht-Erfahrung geben, in der uns das Gçttliche nicht mehr im Plural der Gebundenheit an verschiedene partikulare Horizonte, sondern im Singular der Erfahrung der einen Welt begegnet. So entspricht der Einzigkeit des Weltganzen als Universalhorizont die Einzigkeit des einen Gottes, wie sie nach unserer Kenntnis in der Menschheitsgeschichte zum ersten Mal in Israel religiçs Gestalt angenommen hat. Der Plural der polytheistischen Gottheiten hingegen entspricht dem Plural der vielen Horizonte als partikularer

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»Welten«, den Welten der m tterlichen F rsorge, der erotischen Liebe, des Krieges, der Fruchtbarkeit der Erde in einer bestimmten Jahreszeit usw. Von der bermacht der polytheistischen Gottheiten kçnnen wir uns in der eben beschriebenen Weise ein Bild machen. Die berw ltigung durch die bermacht eines einzig-einen Gottes h lt im Unterschied dazu kein Anschauungsmaterial f r irgendeine anschauliche Erfassung seiner Wesensz ge bereit; denn unsere Ohnmacht gegen ber dem vierfachen Entzug kann wegen dessen konstitutiver Funktion f r das perspektivische Erscheinen- berhaupt nicht als aufhebbar oder kompensierbar erfahren oder gedacht werden. So entzieht sich der eine biblische Gott jeglicher Anschauung. Nicht zuf llig begegnet er Israel in der anschauungsarmen W ste. Wegen der Anschauungsentzogenheit des einen W stengottes verbietet es die Tora, sich von JHWE »ein Bild und Gleichnis zu machen«, und bezeichnet ihn in diesem Sinne als namenlos. Die »anthropomorphen« Z ge, die allen polytheistischen Gottheiten durch ihre Ausstattung mit Elementen eigen sind, die uns aus unserem horizonthaften Erfahrungsschatz vertraut sind, haben schon im fr hgriechischen Denken des 6. vorchristlichen Jahrhunderts bei Xenophanes zu der dann g ngig gewordenen Kritik an jeder Gçtterverehrung gef hrt, die in der Religionskritik von Ludwig Feuerbach kulminiert: Alle Gottheiten sind Wesen, die sich die Menschen auf irgendeine Weise »ausgedacht« haben, also nichts wahrhaft Seiendes. Auf der Linie der Verd chtigung der vielen Gçtter als »Nichtse« lag schon die antipolytheistische Polemik des Volkes Israel in der Urstiftungssituation, in der es zu der ihm eigenen Entschiedenheit f r den einzig-einen W stengott fand. Der Glaube an diesen Gott selbst hingegen ist von der traditionellen Religionskritik nicht betroffen, und zwar letztlich deswegen, weil er mit der polytheistischen Erfahrung des Gçttlichen nicht auf einer Linie liegt. Der biblische Monotheismus ist nicht so etwas wie die hçchste Stufe eines L uterungsprozesses, worin der Glaube an das Gçttliche von der Vielgçtterei zu einem einzigen Gott aufstiege. Die beiden Weisen der Erfahrung des Gçttlichen sind keine Stufen in einem L uterungskontinuum, sondern sie trennt die Kluft zwischen einer Weltorientierung in vielen Horizonten, die den N hrboden f r den Polytheismus bilden, und einer Offenheit f r das Ganze der einen Welt. Diese Weltoffenheit ist die Voraussetzung f r den anschauungslosen Glauben an den einen W stengott, und zwar deshalb, weil auch die eine Welt jeder Anschauung entzogen ist, wie sich aus folgender berlegung ergibt: Bisher habe ich die auf Husserl zur ckgehende ph nomenologische Bestimmung der einen Welt als Universalhorizont bernommen. »Welt« wird als universaler Verweisungszusammenhang verstanden, der alle partikularen Horizonte umschließt, weil sie alle durch Verweisungen miteinander verbunden sind. Hieraus folgt, dass es neben der Welt als Universalhorizont keine weiteren Hori-

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zonte geben kann; denn sie ist als das schlechthin Ganze dadurch definiert, dass sie alle Horizonte umfasst. Das bedeutet aber, dass der Begriff des Universalhorizonts nicht das letzte Wort ber das Ganze der in Horizonten erfahrenen Welt sein kann; denn der einen und einzigen allumfassenden Welt fehlt ein Grundcharakter der Horizonthaftigkeit, das Verweisen auf weitere Horizonte. Von Horizonten kçnnen wir uns eine anschauliche Vorstellung machen. Das zeigen solche unproblematisch erscheinenden Begriffsbildungen wie »Horizont der Liebe«, »Horizont des Krieges« und tausend mçgliche andere. Wenn die einzigeine Welt letztlich etwas anderes sein muss als ein Horizont, bedeutet das, dass sie ebenso der Anschauung entzogen ist wie der einzig-eine biblische Gott. Deshalb gehçren Weltoffenheit und Glaube an diesen Gott zusammen. Die uneingeschr nkte Anschauungsentzogenheit des biblischen Gottes l sst uns nun aber auf eine fundamentale Schwierigkeit stoßen: Die Texte der Tora sind voll von Aussagen ber Israels Bundesgott, in denen ihm eine F lle von Eigenschaften zugesprochen wird; er ist m chtig, g tig, barmherzig, aber auch erz rnbar und vieles andere mehr. Wenn das, was der einzig-eine Gott ist, sich radikal jeder Anschauung entzieht, dann d rfen wir jene Aussagen nicht so verstehen, dass sie uns ber Wesensz ge Gottes Auskunft g ben. Die Erz hlungen der Tora ber Gottes Wirken verschaffen uns keine Anschauung seines Wesens, die damit vergleichbar w re, wie in den polytheistischen Mythen narrativ Eigenschaften bestimmter Gçtter ans Licht treten. Doch dann ist die Frage, welchen anderen Sinn diese Aussagen haben. Wenn sie uns keine anschauliche Kenntnis von Wesensz gen Gottes vermitteln, was geben sie uns dann zu wissen? Hier hilft ein R ckblick auf die polytheistische Begegnung mit dem Gçttlichen. Sie ist, wie sich gezeigt hatte, eine berw ltigung des Menschen durch die bermacht bestimmter Gottheiten, die an entsprechende partikulare Horizonte gebunden ist. Eben diese Horizontbezogenheit fehlt der Erfahrung des einzigeinen W stengottes, die mit der anschauungslosen Weltoffenheit verschwistert ist. Die Aussagen der Tora ber diesen Gott klingen aber so, als lieferten sie uns Elemente einer anschaulichen Vorstellung von seinen Wesensz gen. Sie stellen also den jeglicher horizontgebundenen Anschauung entzogenen Gott so dar, als sei er eine polytheistische Gottheit. Dies ist kein vermeidbarer Fehlgriff der biblischen Autoren. Es ist vielmehr unvermeidlich, weil nur die Horizontgebundenheit irgendwelche Aussagen ermçglicht; die uneingeschr nkte Abkoppelung von jeglicher Horizontbezogenheit w rde uns schlechterdings sprachlos machen. Die biblischen Aussagen ber den einen Gott gehen also gleichsam einen notwendigen Umweg, den Umweg einer scheinbar polytheistischen Beschreibung. Husserl hat die Welt, sofern sie in horizontgebundener Anschaulichkeit erfahren wird, in seiner Sp tzeit als Lebenswelt bezeichnet. Deren Kennzeichnung als

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Anschauungswelt reicht zwar nicht aus, um sie ph nomenologisch zureichend zu bestimmen. Aber f r die gegenw rtigen berlegungen gen gt diese Kennzeichnung. Wenn der Gott der Tora kein leeres abstractum bleiben, sondern f r das konkrete Leben in der Lebenswelt eine Rolle spielen soll, muss er den an ihn glaubenden Menschen als anschauliches Vorkommnis begegnen. Solche Anschaulichkeit gewinnt das Gçttliche aber nur in der polytheistischen bermacht-Erfahrung. Deshalb muss sich das biblische Reden ber den einen W stengott einer Sprache polytheistisch klingender Anschaulichkeit bedienen. Das best tigt die eingangs aufgestellte Behauptung, dass der Polytheismus der urspr ngliche – Husserl’sch gesprochen: der origin re – Zugang zum Gçttlichen ist. Weil die Begegnung mit dem Gçttlichen hier in die Lebenswelt als Anschauungswelt eingebettet ist, dr ngte sich der Polytheismus den Menschen mit fraglos selbstverst ndlicher berzeugungskraft auf und bildete geschichtlich die erste Form der Verehrung des Gçttlichen. Der weltgeschichtlich sp te bergang Israels zur Verehrung des einen W stengottes war ein beraus gewagter Schritt ber die lebensweltliche Anschaulichkeit hinaus in die Unanschaulichkeit, ein Unterfangen, das sich nur mit grçßten M hen und von immer neuen R ckschl gen begleitet gegen die Verf hrungskraft des Polytheismus durchsetzen konnte. Der am Ende siegreiche Kampf gegen die polytheistischen Verf hrungen bestimmt den Geist der biblischen Aussagen ber den W stengott. Alle Pr dikate des einen Gottes in diesen Aussagen best tigen eigentlich nur seine Anschauungsentzogenheit, aber sie tun dies so, dass sie ihn durch anschauungsbezogene Pr dikationen zur Vielfalt der lebensweltlichen Horizonte unserer Existenz in Beziehung setzen. Das kann aber nicht bedeuten, dass der eine Gott dadurch den Charakter einer polytheistischen Gottheit ann hme. Die in der Pr dikation enthaltene Beziehung zu den Horizonten kann vielmehr nur darin bestehen, dass der eine Gott jede polytheistische Gottheit bertrifft, die im gleichen lebensweltlichen Horizont mit ihm an Macht und St rke konkurrieren kçnnte. Hinter allen Pr dikationen verbirgt sich dieser antipolytheistische berlegenheitsanspruch des einzig-einen Gottes. Das »Wissen«, das wir durch die Aussagen der Tora ber diesen Gott gewinnen, besteht also nicht in Bestimmungen seines Wesens, sondern es enth lt horizontbezogene Hinsichten, die Gelegenheit geben, die berlegenheit des anschauungsentzogenen W stengottes in der Lebenswelt pr dikativ zu Wort zu bringen. Mit jeder Pr dikation best tigt sich, dass dieser eine Gott st rker oder m chtiger ist als jeder denkbare polytheistische Kandidat f r einen Machtbeweis im gleichen lebensweltlichen Horizont. So kann man sagen: Jede pr dikativ zur Sprache gebrachte W stengott-Erfahrung impliziert ein »st rker als« oder »m chtiger als«, also einen Komparativ. Die biblischen Aussagen ber den anschauungsentzogenen W stengott sind nichts anderes als komparativische Hin-

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weise auf seine berlegenheit im Verh ltnis zu jeder anschaulich vorstellbaren Kraft und St rke. Der komparativische Charakter der Aussagen ber den Gott der Tora erkl rt einen merkw rdigen Widerspruch vor allem in den berlieferten Gebeten, insbesondere den Psalmen. Auf der einen Seite kommt in ihnen zum Ausdruck, dass die Gl ubigen sich gçttlicher Hilfe vollkommen sicher sind, weil auf den Bundesgott uneingeschr nkt Verlass ist. Auf der anderen Seite flehen die Betenden den Adressaten ihrer Gebete an, er mçge sie nicht im Stich lassen, und bekunden damit, dass sie seiner Macht und St rke doch nicht vollkommen gewiss sind. Der g ngige Hinweis darauf, dass Gottes Wege f r uns endliche Menschen unerforschlich sind, reicht in seiner Allgemeinheit zur Erkl rung dieses Widerspruchs nicht aus. Er macht nicht verst ndlich, warum es f r die Gl ubigen berhaupt von Fall zu Fall im Bereich des Mçglichen liegt, dass Gottes Macht und St rke f r eine jeweils erw nschte Hilfe nicht ausreichen kçnnte. Warum haben die Verehrer des W stengottes in dieser Hinsicht keine absolute Sicherheit, sondern immer nur die Hoffnung auf gçttlichen Beistand? Der komparativische Charakter der Gottesbestimmungen l sst dies verst ndlich werden; denn er impliziert, dass der eine Gott immer wieder neu antipolytheistisch seine berlegenheit beweisen muss, was nicht erforderlich w re, wenn die Gottespr dikationen nicht als Komparative, sondern als Superlative zu verstehen w ren. Im Superlativ gesprochen ist der W stengott der Hçchste, der M chtigste, der Gerechteste, der un bertrefflich Liebevolle usw. Die g ngige sprachliche Fassung dieser Superlative sind »all«-Pr dikate wie »allwissend«, »allgegenw rtig«, »allm chtig« usw. Genau diese superlativische Art von Aussagen hat sich sowohl in der Geschichte der Institutionen durchgesetzt, die den biblischen Gott kultisch verehren – j dische und muslimische Kultusgemeinden, christliche Kirchen, als auch in der Geschichte des metaphysischen Nachdenkens ber diesen Gott. In der Tradition der christlichen Metaphysik ist die Vorstellung, die Macht und St rke des einen Gottes sei grenzenlos, bis heute eine Selbstverst ndlichkeit. Die biblischen Gottespr dikate haben ihren urspr nglich lebensweltlich komparativischen Charakter verloren und sind zu superlativischen Pr dikaten geworden. Diese superlativischen Pr dikationen haben der Metaphysik in ihrer Spielart als metaphysica specialis »philosophische Theologie« eine F lle von Problemen eingetragen. Ich mçchte nur auf das bedr ngendste und deshalb auch bekannteste dieser Probleme eingehen, n mlich die auf das alttestamentliche Buch Hiob zur ckgehende Frage der Theodizee: Wie kann der eine Gott in seiner Allwissenheit, Allmacht und Allg te das schreckliche Unheil in der Welt zulassen? Vor allem die neuzeitliche Metaphysik – das ber hmteste Beispiel ist die TheodizeeSchrift von Leibniz – hat sich mit dieser Frage abgeplagt. Aber eigentlich ist von

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vornherein erkennbar, dass sie unbeantwortbar ist. Die »Allmacht« eines »allg tigen« Gottes und die Zulassung der bel in der Welt – gleichg ltig wie man im Kielwasser von Leibniz das malum differenzieren mag – sind schlechterdings unvereinbar. Der klassischen philosophischen Tradition hat der Mut gefehlt, aus dem schon von Kant b ndig nachgewiesenen Scheitern der Theodizee die beiden einzig mçglichen radikalen Konsequenzen zu ziehen. Die eine Konsequenz ist der Atheismus, f r den Nicolai Hartmann oder Jean-Paul Sartre pl diert haben: Den biblischen Gott kann oder darf es nicht geben, weil seine Existenz mit dem unendlichen Unheil in der Welt unvereinbar ist. Die andere mçgliche radikale Konsequenz kçnnte darin bestehen, dass die Annahme von Gottes Existenz zwar aufrecht erhalten bleibt, aber eine Voraussetzung fallen gelassen wird, die der Theodizeefrage zugrunde liegt. Diese Voraussetzung ist die mit den »all«Pr dikaten wie »allwissend«, »allm chtig« usw. zum Ausdruck gebrachte Annahme, der eine biblische Gott besitze diese Eigenschaften in der Form der absoluten Un berbietbarkeit, also des Superlativs. Die traditionelle Metaphysik hat den Verzicht auf den Superlativ bei den Gottespr dikaten m. W. nie als Lçsung des Theodizeeproblems in Erw gung gezogen. Offenbar kam dieser radikale Gedankenschritt schon deshalb von vorneherein nicht in Betracht, weil er in der religiçsen Praxis die seit Jahrtausenden vollkommen selbstverst ndlich gewordenen Bekenntnistexte und Gebetsanreden, in denen der eine Gott mit einer F lle von all-Pr dikationen erscheint, zur Makulatur gemacht h tte. Und es gab auch einen philosophischen Grund, an der superlativischen Gottespr dikation festzuhalten: Offenbar sah die Metaphysik keine Mçglichkeit, den einzig-einen Gott anders als superlativisch zu denken. Ich mçchte die Behauptung wagen, dass die Ph nomenologie die Philosophie erstmals in die Lage versetzt, eben diese Mçglichkeit zu denken: Um diese Behauptung zu begr nden, nehme ich den Gedanken noch einmal auf, dass die Gottespr dikate in der origin ren lebensweltlichen Erfahrung des W stengottes keinen superlativischen, sondern einen komparativischen Charakter haben. Im Blick hierauf muss die Ph nomenologie daran gehen, dem fraglos selbstverst ndlich erscheinenden Superlativgebrauch bei der Gottespr dikation den Schein der Selbstverst ndlichkeit zu nehmen. Das kann gelingen, indem wir ph nomenologisch aufzeigen und beschreiben, wie die urspr nglich komparativisch gemeinte lebensweltliche Gottespr dikation den zur Selbstverst ndlichkeit gewordenen superlativischen Charakter annehmen konnte. Ich w hle als Beispiel die geniale Formel, mit der im 11. Jahrhundert Anselm von Canterbury in seinem Proslogion Gott definiert hat: Gott ist dasjenige, »wor ber Grçßeres nicht gedacht werden kann«, aliquid quo maius cogitari nequit. Diese Gottesbestimmung wurde zur Grundlage f r den von Anselm er-

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dachten, sp ter von Kant so genannten ontologischen Gottesbeweis. Wie Anselm zu seiner Gottespr dikation gelangen konnte, l sst sich ohne Schwierigkeit rekonstruieren; und wie sich zeigen wird, beschreiben wir damit zugleich ph nomenologisch, wie die urspr nglich komparativisch gemeinte Gottespr dikation superlativisch werden konnte. Anselm geht von der Vorstellung aus, dass wir eine Steigerungsreihe von immer »Grçßerem« bilden kçnnen. Er denkt dabei wahrscheinlich an die Stufen des Seins im Sinne der neuplatonischen Tradition. Aber davon kçnnen wir hier absehen und die Frage offenlassen, worauf sich das »grçßer« – lateinisch maius – bezieht. Es gen gt die Annahme, dass irgendein Vorkommnis, das uns begegnet, einem anderen Vorkommnis – in welcher Hinsicht auch immer – berlegen ist, also in einem weitesten Sinne dieses Ausdrucks »grçßer« ist. Diese Annahme ist in ihrer Anspruchslosigkeit unbedenklich. Unbedenklich ist auch die von dieser Annahme ausgehende Vorstellung, dass wir uns eine Steigerungskette von Vorkommnissen denken kçnnen, in der jedes nachfolgende Glied dem vorhergehenden Glied berlegen ist. Beide Erw gungen bleiben im Bereich komparativischer Pr dikation; der Ausdruck »grçßer« meint einen Komparativ in dem Sinne, dass jedes nachgeordnete Glied in der Steigerungskette des immer Grçßeren das vorhergehende bertrifft. Doch Anselms Denken bleibt nicht im Bereich komparativischer berlegenheit. Es verl sst diesen Bereich, indem es auf das letzte Glied der Steigerungskette ausgreift. Dieses letzte Glied kann nur negativ bestimmt werden – »wor ber Grçßeres nicht gedacht werden kann« –, weil es in der Verl ngerung der Kette ins Unendliche liegt. Mit einem Begriff der neuzeitlichen Mathematik gesprochen ist es ein limes, ein Grenzwert. Dieser limes l sst sich nur denken, er ist unserer Anschauung entzogen. Das Raffinierte an der beschriebenen gedanklichen Operation ist aber, dass mit dem limes in der neuzeitlichen Mathematik so operiert wird, als sei er anschaulich gegeben; dass er eigentlich etwas nur Gedachtes ist, f llt im Kontext seines selbstverst ndlichen algebraischen Gebrauchs unter den Tisch. Und etwas Entsprechendes geschieht schon bei Anselm. Anselm sucht einen festen Punkt, an dem er ansetzen kann, um den Atheisten von Gottes Existenz zu berzeugen. Er findet ihn, indem er im Proslogion unterstellt, dass jeder – auch der »Tor«, der Gottesleugner – unter »Gott« selbstverst ndlich das versteht, was mit der Formel »aliquid quo maius cogitari nequit« gesagt ist. Der Gl ubige kann mit dem Atheisten auf der nicht infrage gestellten Basis der aliquid-Formel so diskutieren, als sei das mit dieser Formel Benannte ein anschaulich gegebenes Vorkommnis, so hnlich wie der neuzeitliche Mathematiker mit limes-Werten so rechnet, als seien sie normale algebraische Grçßen. Weil wir mit solchen Operationen ber eine anschaulich vorstellbare Steigerungskette hinausgehen und auf eine im Unendlichen liegende nur gedachte

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Grenze, also etwas in diesem Sinne »Ideales«, ausgreifen, bezeichnet Husserl sie als Idealisierungen. Entscheidend ist nun: Der gerade beschriebene selbstverst ndlich erscheinende Umgang mit Idealisierungserzeugnissen so, als seien sie anschaulich gegeben, wird nur dadurch mçglich, dass man ihre urspr ngliche Herkunft aus dem Denken nicht mehr beachtet und dadurch dem Vergessen berl sst. Was im Falle des selbstverst ndlichen Gebrauchs der aliquid-Formel in Vergessenheit ger t, ist der Umstand, dass alle Pr dikate des Gottes der Tora in ihrem urspr nglichen lebensweltlichen Gebrauch, den die horizontbezogene Anschaulichkeit kennzeichnet, nur einen komparativischen Charakter hatten. Das superlativische Sprechen der traditionellen christlichen Metaphysik vom biblischen Gott beruht in diesem Sinne auf einer Lebensweltvergessenheit, die beherrschend wurde, als sich in der sp tantiken Rezeption des biblischen Erbes dessen Interpretation mit Mitteln des neuplatonischen Denkens durchsetzte. Husserl gelangte in seiner Sp tzeit zu einer Gegenwartsdiagnose, in der er unserem Zeitalter eine mit der Idealisierung einhergehende Lebensweltvergessenheit attestierte. Er hatte bei dieser Diagnose im Wesentlichen nur die im Titel seines letzten Werkes genannte »Krisis« der heutigen Wissenschaft im Blick. In der auf der modernen Naturwissenschaft beruhenden Technik ersetzen immer mehr Idealisierungsprodukte das anschaulich Erfahrbare, die Lebenswelt wird – so Husserls ber hmte Metapher – berdeckt von einem immer dichteren »Ideenkleid«; ohne dass wir dies bemerken. Dass man inzwischen die reale anschaulich erfahrene Welt als »analog« bezeichnet, weil man die Erzeugnisse digitaler Idealisierung f r die Realit t h lt, belegt die bleibende Aktualit t von Husserls Diagnose. Aber diese Diagnose l sst sich in doppelter Hinsicht erweitern: Sie l sst sich erstens auch auf Lebensfelder außerhalb der Wissenschaft und zweitens auf die geschichtliche Herkunft unserer europ ischen Kultur beziehen. Im Bereich der religiçsen Erfahrung und ihrer Begleitung durch die christliche Metaphysik reicht die Lebensweltvergessenheit bis in die europ ische Antike zur ck. Die postmetaphysische Besinnung auf die lebensweltliche Erfahrung durch ph nomenologische R ckfragen hinter die Idealisierungen erscheint mir als eine der Hauptaufgaben gegenw rtiger Philosophie. Dazu wollte ich mit diesen berlegungen einen Beitrag leisten.

Gregor Schiemann

Ph nomenologische Todesbegriffe

Abstract This article discusses the content of life-world experience in Heidegger’s and Husserl’s respective concepts of death. The modern scientification of the life-world has restricted this content, but has not been able to prevent the concepts from continuing to justify the autonomy of the life-worldly experience of death. However, a phenomenological understanding of death can only be achieved if its essential naturalness is taken into account, for which metaphysics could serve phenomenology as a point of departure.

Die Thematisierung des menschlichen Todes stellt f r die Metaphysik und f r die Ph nomenologie eine Herausforderung dar. Als Metaphysik im weiteren Sinn verstehe ich allgemeine Lehren des Seins bzw. des Seienden.1 Darunter fallen die Lehren von den notwendigen oder wesentlichen Bestimmungen des Seienden, spekulative Herleitungen der Gesamtwirklichkeit aus allgemeinen Grunds tzen ebenso wie induktive Verkn pfungen von einzelwissenschaftlichen Erkenntnissen zu einem ganzheitlichen Weltbild. Metaphysik in diesem Sinn muss nicht im R ckgriff auf spezielle Erfahrung gewonnen werden. Im engen Sinn verstehe ich unter Metaphysik, was unabh ngig von spezieller Erfahrung und insofern a priori behauptet wird. Den beiden Begriffen entsprechend kann der philosophischen Thematisierung des menschlichen Todes im doppelten Sinn eine metaphysische Dimension eigen sein: Insofern die Endlichkeit der Existenz als Wesensbestimmung des menschlichen Seins aufgefasst wird, gehçrt das Thema des Todes zur Metaphysik im weiteren Sinn. Dabei kann auf unterschiedliche Formen der Erfahrung zur ckgegriffen werden: Der Tod der Anderen ist etwa als lebensweltliches Ph nomen pr sent, als Naturph nomen ist der Tod Gegenstand der Naturwissenschaften und als Thema der Kulturen Gegenstand der Geistes- und Kulturwissenschaften. Insofern aber das Ereignis des Todes nicht erfahrbar ist, ist seine philosophische Thematisierung metaphysisch im engen Sinn. Dass die philosophische Thematisierung des menschlichen Todes f r die Metaphysik bis in die Gegenwart hinein dennoch eine Herausforderung geblieben 1 J rgen Mittelstraß: Metaphysik. In: Mittelstraß und Wolters (Hg.): Enzyklop die Philosophie und Wissenschaftstheorie. Stuttgart 1984.

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ist, geht wesentlich auf das Verkennen seiner metaphysischen Bedeutung im weiteren Sinn zur ck: Nicht nur das Nichts am Ende der menschlichen Existenz, sondern auch die Verg nglichkeit des Seienden wird immer noch nur ausnahmsweise als Wesensbestimmung des Seins aufgefasst. Um mit Ludger L tkehaus zu sprechen, kann von einer nur schwer nachvollziehbaren Nichtsvergessenheit der Metaphysik die Rede sein, die in den einschl gigen heutigen Darstellungen der Metaphysik in der allermeist fehlenden Thematisierung sowohl des Todes als auch des Nichts zum Ausdruck kommt.2 Dieser Mangel verdankt sich der epochen bergreifenden und bis in die Gegenwart wirksamen Verdr ngung des Todesbewusstseins, auf die gleich n her einzugehen ist. F r die Ph nomenologie ist die Thematisierung des menschlichen Todes eine Herausforderung, die aus systematischen und historisch kontingenten Gr nden besteht. Unter Ph nomenologie verstehe ich eine philosophische Lehre oder Methode, die weltkonstitutive Wesensbestimmungen des Seienden durch die Deskription der lebensweltlichen Erfahrung erschließen will. Mit dieser Bestimmung kann die Ph nomenologie immer schon metaphysisch im weiteren Sinn sein. Sowohl Husserls R ckgang auf das weltkonstitutive transzendentale Ego wie auch Heideggers Fundamentalontologie des Daseins sollen hiermit umfasst sein.3 Die Wesensbestimmungen der Ph nomenologie – seien sie nun metaphysisch oder nicht – sind unabh ngig von erfahrungswissenschaftlicher Erkenntnis. Insofern die Ph nomenologie auf Erfahrung zur ckgreift, besteht ihr Ausgangspunkt allein in einer lebensweltlichen Erfahrung, die von allen Einfl ssen der Wissenschaft absehen kann. Insofern diese Perspektive subjektiv verfasst ist,

Ludger L tkehaus: Nichts: Abschied vom Sein – Ende der Angst. Frankfurt am Main 2003, 599. F r die in den einschl gigen heutigen Darstellungen der Metaphysik allermeist fehlende Thematisierung sowohl des Todes als auch des Nichts sind exemplarisch: Wolfgang Detel: Grundkurs Philosophie Bd. 2: Metaphysik und Naturphilosophie. Stuttgart 2007; Peter van Inwagen, Dean W. Zimmerman (Hg.): Metaphysics: The Big Questions. Malden 2008; Robert C. Koons, Timothy H. Pickavance: Metaphysics: The Fundamentals. Chichester 2015; Michael J. Loux: Metaphysics: A Contemporary Introduction. New York 2002; E. J. Lowe: A Survey of Metaphysics. Oxford 2002; Alyssa Ney: Metaphysics: An Introduction. London 2014; Theodore Sider et al. (Hg.): Contemporary Debates in Metaphysics. Malden 2008. Auch L szl Tengelyis ph nomenologische Metaphysik nimmt weder auf den Tod noch das Nichts Bezug (L szl Tengelyi: Welt und Unendlichkeit. Zum Problem ph nomenologischer Metaphysik. Freiburg/M nchen 2014). In der Philosophie des Todes werden hingegen durchaus metaphysische Fragen im engen und weiteren Sinn angesprochen: Christopher Belshaw: Annihilation: The Sense and Significance of Death. Stocksfield 2008; Eugen Fink: Metaphysik und Tod. Stuttgart 1969; John Martin Fischer (Hg.): The Metaphysics of Death. Stanford 1993; Shelly Kagan: Death. New Haven 2012; James Stacey Taylor (Hg.): The Metaphysics and Ethics of Death: New Essays. New York 2013. 3 Helmuth Vetter: Ph nomenologie. In: Ebner et al. (Hg.): Wçrterbuch der ph nomenologischen Begriffe. Hamburg 2004, 70ff. 2

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kann sie auch durch die objektive Perspektive der wissenschaftlichen Erkenntnis nicht eingeholt werden. Der eigene Tod bzw. der Eintritt in den Zustand des eigenen Todes ist aber nicht erfahrbar. Der Tod – sowie er hier verstanden wird – beinhaltet nicht eine andere Erfahrung als das Leben, sondern keine Erfahrung. Der Eintritt in den Zustand des Todes ist das Ende der Erfahrung und kann deshalb nicht erfahren werden.4 Wo sich der empirische Bezug der ph nomenologischen Unternehmung auf die lebensweltliche Erfahrung beschr nkt, in der der eigene Tod nicht vorkommt, stellt dieses Thema eine systematische Herausforderung dar, die nicht ohne R ckgriff auf eine Metaphysik im engen Sinn bew ltigt werden kann. In der lebensweltlichen Erfahrung beschr nken sich die Mçglichkeiten zur Thematisierung des Todes aber nicht auf das Ereignis des eigenen Todes. Erfahren werden kçnnen ein eventuell zum Tod f hrender Krankheitsprozess, die den kommenden Tod anzeigenden Alterungsprozesse oder der Tod anderer Menschen. Die Thematisierung dieser Ph nomene stellt aber insofern ebenfalls eine Herausforderung f r die erfahrungsverarbeitende Ph nomenologie dar, als die gleiche kulturhistorische Entwicklung, die zur heute noch bestehenden Nichtsvergessenheit der Metaphysik beigetragen hat, auch die Grundlage f r einen umfassenden Entzug der Erfahrbarkeit des Todes in der Lebenswelt bildet. Die Verdr ngung des Todesbewusstseins geht auf verschiedene kulturelle Faktoren im Rahmen eines umfassenden Individualisierungs- und Rationalisierungsgeschehens zur ck, das nicht durch die neuzeitliche Wissenschaft angestoßen wurde, ihr aber eine diskurs- und handlungsdominante Rolle verschafft hat.5 Es sind Erfahrungswissenschaften gewesen, deren Rationalisierung der Erfahrung maßgeblich dazu beigetragen hat, den Tod der lebensweltlichen Wahrnehmung umfassend zu entziehen. Der wissenschaftlich ausgebildete Arzt ist an die Stelle des Priesters am Sterbebett getreten. Seine Aufgabe ist die Todesbek mpfung, die seit dem letzten Jahrhundert mit allen Mitteln der neu entwickelten medizinischen Technik betrieben wird. Der Tod ereignet sich in der Regel in Krankenh usern, deren schulmedizinische Organisation deutlich von lebensweltlicher ErfahDie weitgehende Einigkeit der Philosophie der Moderne ber die Richtigkeit dieser Auffassung belegt Bernard N. Schumacher: Der Tod in der Philosophie der Gegenwart. Darmstadt 2004, 142 ff. Sie wird auch von Husserl (z. B. Edmund Husserl: Sp te Texte ber Zeitkonstitution (1929 – 1934): die C-Manuskripte. Hg. von Dieter Lohmar (Husserliana Materialien, Bd. 8). Dordrecht 2006, 96) und Heidegger (z. B. Martin Heidegger: Sein und Zeit. Halle a. d. S. 1927, 237) vertreten. 5 Zur Individualisierung vgl. Philippe Ari s: Geschichte des Todes, bers. v. Hans-Horst Henschen, Una Pfau. M nchen 1980, 123 ff.; C line Lafontaine: Die postmortale Gesellschaft. Wiesbaden 2010, 16 f. und Jan Assmann: Der Mensch und sein Tod. In: Assmann und Trauzettel (Hg.): Tod, Jenseits und Identit t: Perspektiven einer kulturwissenschaftlichen Thanatologie. Freiburg 2002, 15). Zur Rationalisierung vgl. Ari s: Geschichte des Todes, 379 ff. und 625 ff. 4

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rung abgehoben ist. Als Angelegenheit der wissenschaftlich orientierten Medizin ist die Todesfeststellung f r die meisten Mitglieder der Lebenswelt nicht nachvollziehbar. Durch den Einfluss der Wissenschaften wird der Tod aber nicht nur der lebensweltlichen Erfahrung weitestgehend entzogen; die Lebenswelt wird von schulmedizinischem Wissen zudem umfassend durchdrungen. An die Stelle der Erfahrung des lebensweltlichen Todes ist zunehmend das wissenschaftliche Bild vom Tod getreten.6 Gegen diesen Verdr ngungsvorgang gibt es freilich zahlreiche Gegenbewegungen, die sich in fortbestehenden oder neuen Formen auch des lebensweltlichen Todesbewusstseins reflektieren. Dazu gehçren Sterbebegleitungen, Hospizbewegungen, selbstbestimmte Formen der Trauer und des Gedenkens.7 Das zeitgleiche Bestehen von Verdr ngung und Bewusstsein des Todes bezeichne ich als »Ambivalenz der Todesbeziehung«. Die vergleichende Betrachtung der kulturellen Wirksamkeit von Todesbewusstsein und Todesverdr ngung zeigt, dass im Ganzen die Verdr ngung im çffentlichen und privaten Bewusstsein dominiert.8 Die lebensweltliche Nichtwahrnehmbarkeit und Nichtthematisierbarkeit des Todes hat solche Ausmaße angenommen, dass die ph nomenologischen Todesbegriffe, die f r sich eine Unabh ngigkeit von den Erfahrungswissenschaften beanspruchen, einer kritischen Pr fung unterzogen werden m ssen. Schon vor fast 50 Jahren hat Eugen Fink in seiner Monographie »Metaphysik und Tod« festgestellt: »Die Ausbeute an fasslichen Ph nomenen des Menschentodes bleibt gering – ganz geringf gig gegen ber den Mçglichkeiten von positiven Wissenschaften, hier Fakten vorzulegen.«9 W re der Tod lebensweltlich nicht mehr erfahrbar, kçnnte er ph nomenologisch nur noch metaphysisch im engen Sinn thematisiert werden. Im restlichen Teil dieses Textes mçchte ich eine kritische Pr fung ph nomenologischer Todesbegriffe auf ihren lebensweltlichen Erfahrungsgehalt exemplaZur Verwissenschaftlichung der lebensweltlichen Erfahrung vgl. Gregor Schiemann: Persistenz der Lebenswelt? Das Verh ltnis von Lebenswelt und Wissenschaft in der Moderne. In: M ller und Schmidt (Hg.): Abschied von der Lebenswelt? Zur Reichweite naturwissenschaftlicher Erkl rungsans tze. Freiburg 2015. 7 Hinweise auf ein modernes lebensweltliches Todesbewusstsein finden sich u. a. in: Ari s: Geschichte des Todes; Fischer: The Metaphysics of death; Thomas H. Macho, Kristin Marek (Hg.): Die neue Sichtbarkeit des Todes. M nchen 2007; Reimer Gronemeyer: Sterben in Deutschland: wie wir dem Tod wieder einen Platz in unserem Leben einr umen kçnnen. Frankfurt am Main 2007; Karl Gabriel: Tod – soziologisch. In: Ulrich L ke (Hg.): Tod – Ende des Lebens!? Freiburg 2014. 8 Gregor Schiemann: Quellen und Grenzen lebensweltlicher Vorstellungen vom Tod. In: Jassen et al. (Hg.): Das interpretative Universum: Dimitri Ginev zum 60. Geburtstag gewidmet. W rzburg 2017. 9 Fink: Metaphysik und Tod, 85. 6

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risch an den Begriffen von Heidegger und Husserl vornehmen.10 Ich beginne mit Heidegger, weil er zum einen seine Begrifflichkeit dezidierter als Husserl in Absetzung von der Wissenschaft formuliert. Zum anderen kann Husserl so gelesen werden, dass sein Bem hen um eine Todesbegrifflichkeit gerade auch die Ph nomene umfasst, die Heidegger ausl sst oder in ihrer ph nomenologischen Berechtigung bestreitet. Das Ergebnis meiner Pr fung wird sein, dass von den vorgestellten ph nomenologischen Todesbegriffen zwar Abstriche vorgenommen werden m ssen, die zum Teil auf die Verwissenschaftlichung der lebensweltlichen Erfahrung zur ckgehen. Die Begriffe reichen aber immer noch aus, um eine Eigenst ndigkeit der lebensweltlichen Erfahrung vom Tod zu begr nden. Die Ph nomenologie muss also nicht auf metaphysische Dimensionen des Todes im engen Sinn zur ckgreifen. Ein angemessenes, auch ph nomenologisches Verst ndnis des Todes l sst sich allerdings nur erreichen, wenn seine wesentliche Naturhaftigkeit in den Begriff Eingang findet, wozu die Metaphysik im weiteren Sinn der Ph nomenologie einen Ankn pfungspunkt bieten kçnnte.

Lebensweltliche versus erfahrungswissenschaftliche Todesvorstellungen Martin Heidegger hat die wohl einflussreichste These zum Ursprung der lebensweltlichen Vorstellungen vom Tod formuliert. Das existenziale Verst ndnis des Todes, das der Lebenswelt zuzurechnen ist, grenzt er kategorial von erfahrungswissenschaftlichen Erkenntnissen ab. Ist das existenziale Verst ndnis durch ein »umsichtiges Besorgen von Zuhandenem« charakterisiert, haben es die nach Objektivit t strebenden Erfahrungswissenschaften mit der »Erforschung des innerweltlich vorfindlich Vorhandenen« zu tun.11 Erfahrungswissenschaftliche Erkenntnisse kçnnen nur dann f r die Analyse der Lebenswelt von Bedeutung sein, wenn ihre »Grundorientierung f r eine existenziale Interpretation des Todes gesichert ist«12. Bei seinen Bestimmungen des »volle[n] existenziale[n] Begriff[s] des Todes«13 greift Heidegger an keiner Stelle auf erfahrungswissenschaftliche Erkenntnisse zur ck, sei es, dass er die geforderte Grundorientierung

10 11 12 13

Dabei st tze ich mich auf Schiemann: Quellen und Grenzen. Heidegger: Sein und Zeit, 357. Ebd., 247. Ebd., 255.

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nirgends gew hrleistet sah, sei es, dass er glaubte, dieser Erkenntnisse trotz gegebener Grundorientierung nicht zu bed rfen.14 Es sind im Wesentlichen drei Elemente von Heideggers Todesbegriff, deren lebensweltlicher Ursprung sich rechtfertigen l sst: die Jemeinigkeit und die Gewissheit des kommenden Todes sowie die Ambivalenz von Bewusstsein und Verdr ngung des Todes. Mit Jemeinigkeit bezeichnet Heidegger den Bezug eines Ph nomens auf das je eigene Leben: Der Tod gehçrt in besonderer Weise zu den Ereignissen, dessen – mit Heidegger zu sprechen »ausgezeichneter Bevorstand«15 – einen jeden vor allem selbst betrifft. Keine Außenperspektive – weder von Mitmenschen in der Lebenswelt noch von Erfahrungswissenschaften, die den Tod thematisieren – kann diesen Selbstbezug einholen.16 W hrend die Mitmenschen aber mit dem Sterbenden den gleichen praktischen Kontext teilen und damit ber die Mçglichkeit des Selbstbezuges ebenfalls je selbst verf gen, bleibt die erfahrungswissenschaftliche Erkenntnis kategorial durch die Differenz von Vor- und Zuhandenheit von der Jemeinigkeit geschieden. Auch f r die Gewissheit des kommenden Todes nimmt Heideggers Unterscheidung zwischen allt glichem und erfahrungswissenschaftlichem Verst ndnis eine spezifische Form an. Der Allt glichkeit komme »eine ›hçhere‹ als nur empirische Gewißheit« des kommenden Todes zu, die im Bewusstsein des Todes beschlossen liege.17 Man muss Heidegger in der Hochsch tzung der allt glichen Gewissheit des kommenden Todes nicht folgen, um den Kern seiner Begr ndung hierf r anzuerkennen. Die Lebenswelt teilt mit der Wissenschaft die bloß induktive empirische Gewissheit des kommenden Todes, kann daraus aber nicht wie die Wissenschaft eine nur hypothetische Geltung ableiten, sondern muss die Mçglichkeit des Lebensendes als unhintergehbare Bedingung ihrer Existenz auffassen kçnnen.

Treffend formuliert Dimitri Ginev: Nach Heidegger kann »die Endlichkeit […] nicht als eine ontische (empirische) Eigenschaft gedacht werden, die dem Menschen nur anh ngt« (Dimitri Ginev: Das hermeneutische Projekt Georg Mischs. Wien 2011, 61). 15 Heidegger: Sein und Zeit, 251. 16 Heidegger kn pft mit dieser thanatologischen Bestimmung an die auf das christliche Mittelalter zur ckgehende Individualisierung und an die neuzeitliche Subjektivierung der Todesvorstellungen an. Zur Individualisierung vgl. Fußnote 5, zur Subjektivierung der Todesvorstellungen in der europ ischen Kultur vgl. Ari s: Geschichte des Todes, 10. Kapitel. Nach Volpi geht Heideggers Begriff der Jemeinigkeit als Charakter des Daseins auf Aristoteles’ Begriff der phronesis zur ck (vgl. Franco Volpi: Der Status der Existenzialen Analytik. In: Thomas Rentsch (Hg.): Martin Heidegger: Sein und Zeit. Berlin 2001, 41). 17 Heidegger: Sein und Zeit, 258. Hinter der im Vorlaufen in den Tod beschlossenen Gewissheit muss sogar »die Evidenz einer unmittelbaren Gegebenheit der Erlebnisse, des Ich und des Bewusstseins notwendig […] zur ckbleiben« (ebd., 265). 14

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Ein weiteres lebensweltliches Gewissheitsmerkmal berzeugt allerdings in seiner Einseitigkeit nicht. Heidegger verkn pft die Gewissheit des kommenden Todes mit der Unbestimmtheit seines Zeitpunktes: »das Eigent mliche der Gewißheit des Todes, dass er jeden Augenblick mçglich ist.«18 Die Gewissheit der Unbestimmtheit fasst Heidegger als »st ndige Bedrohung«, der sich das Subjekt nur in der Befindlichkeit der Angst »offen zu halten vermag«.19 Die Angst sei berhaupt der Modus, in der die Ungeheuerlichkeit des »Tod[es] als die Mçglichkeit der schlechthinnigen Daseinsunmçglichkeit« erfahren werde.20 Mit der wachsenden, auch lebensweltlich wirksamen Reduktion von Kontingenz, die die Schaffung von materiell gesicherten Lebensverh ltnissen begleitet, ist das Merkmal der bedingungslosen Unbestimmtheit des Todeszeitpunktes allerdings nur mit erheblichen Einschr nkungen vertr glich. Die lebensweltlich fehlende Voraussicht von Todeszeitpunkten sinkt mit der Zivilisierung der Gesellschaft, dem verst rkten Schutz vor Schadensereignissen, der verbesserten Bek mpfung von Krankheitsursachen und der gewachsenen Beherrschung von Krankheitsverl ufen. Seit den ersten Jahrzehnten des vergangenen Jahrhunderts haben sich die Todeszeitpunkte durchschnittlich signifikant in hçhere Lebensalter verschoben bzw. haben f r j ngere Altersklassen ebenso signifikant abgenommen.21 Sterbeprozesse werden fr hzeitig, oft weit vor ihrer eigenleiblichen Wahrnehmung mit medizinischen Nachweismethoden erkannt, die jeweils noch zu erwartende Lebensdauer wird zum Gegenstand von zunehmend pr ziseren Wahrscheinlichkeitsrechnungen. Generell greifen medizinische Informationen ber letale kçrperliche Ver nderungen tief in lebensweltliche Verst ndigungs- und Orientierungsleistungen ein. Der Tod ist zwar nach wie vor immer mçglich, aber die Wahrscheinlichkeit seines plçtzlichen Eintretens nimmt in der Moderne erkennbar ab. Damit hat der Tod seine vielleicht in vormodernen Zeiten bestehende enge Beziehung zur Angst verloren. Die Ambivalenz von Bewusstsein und Verdr ngung des Todes h lt Heidegger f r ein Kennzeichen der »verfallenden Allt glichkeit«, die das lebensweltliche Miteinandersein bezeichnet, sofern es »durch Gerede, Neugier und Zweideutigkeit gef hrt wird«.22 »Die verfallende Allt glichkeit des Daseins«, so schreibt Heidegger an einer anderen Stelle von Sein und Zeit, »kennt die Gewißheit des Ebd., 258. Diese Bestimmung entspricht dem weit zur ckreichenden Sinnspruch »Mors certa, hora incerta«, der sich sinngem ß schon im Matth us-Evangelium (25,13) findet. 19 Heidegger: Sein und Zeit, 265. 20 Ebd., 250. 21 Vgl. Arthur Erwin Imhof: Ars moriendi: die Kunst des Sterbens einst und heute. Wien 1991, 9 ff. 22 Heidegger: Sein und Zeit, 179 und 175. 18

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Todes und weicht dem Gewißsein doch aus.«23 Er fasst das Ausweichen als ein Hinausschieben der Relevanz des Todes auf einen sp teren unbestimmten Zeitpunkt und damit als eine Variante der Bestreitung des jederzeit mçglichen Eintretens des Todes. Dass dieser Verdr ngung eine allgemeine strukturelle Bedeutung eigen ist, die gegen Heidegger als Kontingenzreduktion bezeichnet werden kann, muss Heidegger selbst einr umen, wenn er die verfallende Allt glichkeit als »eine existenziale Bestimmung des Daseins selbst« auffasst.24 Mit der Anerkennung der Ambivalenz von Bewusstsein und Verdr ngung des Todes relativiert sich die lebensweltliche Wirksamkeit der gleichsam objektiv bestehenden Jemeinigkeit und der subjektiven Gewissheit des Todes. Die dominierende Verdr ngungstendenz l sst nicht nur das Bewusstsein der Jemeinigkeit, sondern auch das der Unhintergehbarkeit des Todes in den Hintergrund treten. Man bezieht den kommenden eigenen Tod nur widerstrebend auf sich und ist in reiferen Lebensjahren immer aufs Neue fassungslos, wenn er altersbedingt einem selbst n her r ckt. Gegen andere Bestimmungen von Heideggers Todeskonzeption, die hier nicht ann hernd vollst ndig dargestellt wird, ist einzuwenden, dass ihnen nicht die behauptete Relevanz zukommt oder ihre Charakterisierung allenfalls teilweise zutreffend ist. Heidegger versteht seine Konzeption als Kritik an der vorherrschenden Verdr ngung des Todes in der verfallenden Allt glichkeit. Doch das Gewicht, das er dem Bewusstsein des Todes verleihen will, l uft auf eine philosophische Lebensform hinaus, die mit dem unprofessionellen und unreflektierten Charakter der Lebenswelt kaum vereinbar ist. Unzutreffend ist die Konsequenz, die er aus dem Gegensatz von nichtmenschlichem Verenden und dem Sterben des Menschen zieht. Menschliches Sterben hat nach Heidegger nichts mit dem Verenden der Tiere gemein.25 Es ist aber gerade das Verenden, mit dem der Mensch im Sterben konfrontiert ist.26 Die Herausforderung des Todes besteht lebensweltlich auch darin, sein Leben in organischer Hinsicht wie ein Tier beenden zu m ssen. Der kommende Tod konfrontiert den Menschen in unhintergehbarer Weise mit seiner Nat rlichkeit.

Ebd., 258. Ebd., 176 und 371. 25 Vgl. ebd., 240 f. und 247. Heidegger deutet den Begriff des Sterbens um, indem er ihn auf das ganze menschliche Leben bezieht (vgl. ebd.). 26 Zu Recht stellt Walter Schulz fest: »Es ist […] sicher nicht zu leugnen, daß der Mensch im Gegensatz zum Tier an seinen Tod vorausdenken kann. Aber das ndert ja nichts daran, daß auch der Tod des Menschen als Ableben und Verenden ein objektiver Vorgang in der Zeit ist. Die H rte des Todes zeigt sich erst […] von der Objektivit t der Weltzeit her.« (Walter Schulz: Wandlungen der Einstellung zum Tode. In: Johannes Schwartl nder (Hg.): Der Mensch und sein Tod. Gçttingen 1976, 102). 23 24

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Heidegger bestreitet oder ignoriert die Bedeutung zweier weiterer lebensweltlicher Erfahrungsgegenst nde, die ebenfalls mit den Naturbedingungen des Todes zusammenh ngen und potentiell Grundlagen f r eigenst ndige Todesvorstellungen darstellen: der Tod der Anderen und das Altern.27 Das Sterben und der Tod der Anderen bieten eine Außenansicht auf das Ende des Lebens, in der die hnlichkeit zum Sterben und Tod der nichtmenschlichen Lebewesen hervorzutreten vermag. Der Prozess des Alterns ist ein Naturprozess, der mit Gewissheit zum Tod hinf hrt. Wir erleben am eigenen Leib, wie die Natur uns zu unserem absoluten Ende hintreibt.

Eigenst ndigkeit lebensweltlicher Todesvorstellungen Edmund Husserls Reflexionen zum lebensweltlichen »Grenzproblem« des Todes finden sich erst in Nachlassmanuskripten, die großteils in diesem Jahrhundert verçffentlicht wurden.28 Sie stellen eine noch viel zu wenig beachtete Analyse der Quellen und Grenzen lebensweltlicher Todesvorstellungen dar. Die Eigenst ndigkeit dieser Vorstellungen sucht Husserl nicht wie Heidegger durch eine kategoriale Entgegensetzung von Lebenswelt und Wissenschaft zu sichern, sondern durch eine methodische Ausklammerung des Glaubens an die wissenschaftliche Erkenntnis. Hierdurch gelangt er zu einer Betrachtung der Lebenswelt, die so verfasst ist, als ob in ihr die »Wissenschaften noch nicht da w ren«.29 Ob dieses Verfahren unter den Bedingungen einer zunehmenden Verwissenschaftlichung der Lebenswelt zul ssig ist, wird an den Argumenten der Analyse selbst zu berpr fen sein. Durch die Abstraktion von den Wissenschaften wird die Wahrnehmung als empirisches Fundament der Analyse freigelegt. Vgl. Heidegger: Sein und Zeit, § 47. Edmund Husserl: Die Apodiktizit t der Wiedererinnerung. In: ders.: Analysen zur passiven Synthesis. Hg. von Margot Fleischer (Husserliana, Bd. 11). Den Haag 1966, 365 – 383; Edmund Husserl: Die Anthropologische Welt. In: ders.: Die Krisis der europ ischen Wissenschaften und die transzendentale Ph nomenologie. Texte aus dem Nachlass 1934 – 1937. Hg. von Reinhold N. Smid (Husserliana, Bd. 29). Dordrecht 1993; Husserl: Sp te Texte ber Zeitkonstitution und Edmund Husserl: Grenzprobleme der Ph nomenologie. In: ders.: Texte aus dem Nachlass (1908 – 1937). Hg. von Rochus Sowa und Thomas Vongehr (Husserliana, Bd. 42). Dordrecht 2014, 321 – 338. Zur Todesthematik in den Nachlassmanuskripten vgl. James Dodd: Death and Time in Husserl’s C-Manuscripts. In: Lohmar und Yamaguchi (Hg.): On time: New Contributions to the Husserlian Phenomenology of Time. Dordrecht 2010, 51 – 70, und Saulius Geniusas: On birth, Death, and Sleep in Husserl’s Late Manuscripts on Time. In: Lohmar und Yamaguchi (Hg.): On time: New Contributions to the Husserlian Phenomenology of Time. Dordrecht 2010, 71 – 89. 29 Husserl: Die Anthropologische Welt, 219, vgl. auch 138 ff. und 150, sowie Gregor Schiemann: Natur, Technik, Geist: Kontexte der Natur nach Aristoteles und Descartes in lebensweltlicher und subjektiver Erfahrung. Berlin 2005, 94 ff. 27

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Husserl teilt mit Heidegger die berzeugung, dass mit dem eigenen Tod in der Lebenswelt ein Ereignis gegeben ist, das durch seinen Bezug auf das je eigene Leben ausgezeichnet ist: Mein Tod ist »›Weltvernichtung‹ durch Abwandlung meiner lebendigen Gegenwart«30. Er bestreitet auch nicht die Unvermeidlichkeit des kommenden Todes, wenngleich aus der Perspektive der Reduktion auf subjektive Wahrnehmungsleistungen dieser Tatsache nicht wie bei Heidegger ausgezeichnete Gewissheit zukommt, sondern vielmehr bloße Notwendigkeit.31 Schließlich best tigt Husserls Analyse auch die Ambivalenz von Verdr ngung und Bewusstheit des Todes. Sie wird zwar nicht explizit thematisch, findet sich jedoch als Strukturelement, nach der sich seine verstreuten Bemerkungen, wie im Folgenden geschehen, gliedern lassen. Der Thematik der Verdr ngung kçnnen Husserls Argumente zur Problematik der Denkbarkeit des eigenen Todes zugeordnet werden. Sie beinhalten zum einen die zeitliche Verfasstheit der Lebenswelt, in welcher der eigene Tod keinen Ort hat, und zum anderen ihre nat rliche Grundlage, die den Tod berhaupt umfasst. Die zeitliche Verfasstheit der Lebenswelt untersucht Husserl aus der Perspektive des transzendentalen Subjektes. »Transzendental« bezeichnet in diesem Zusammenhang die f r die lebensweltliche Erfahrung konstitutive Gegebenheit eines Wahrnehmungsgegenstandes.32 Gem ß den von Husserl angenommenen transzendentalen Fundamenten der – seiner Auffassung nach allenfalls schwach historisch ver nderlichen – Lebenswelt ist menschliches Leben essentiell auf die in die Zukunft gerichtete Gegenwart fokussiert.33 Eine Gegenwart ohne Zukunft sei deshalb strenggenommen undenkbar: »Es ist evident, dass das konkrete Aufhçren, nat rliche Aufhçren der lebendig strçmenden Gegenwart, nicht als eine Tatsache, nicht als ein Seiendes, als ein Erfahrbares denkbar ist.«34 Reichweite und Gewicht dieses Argumentes lassen sich daran ermessen, dass es jede mutmaßlich bevorstehende Unterbrechung der Aufmerksamkeit einbezieht. Neben dem Tod ist der Schlaf ein paradigmatischer Inaktivit tszustand. Der zeitliche Horizont der Untersuchung zieht sich bei Husserl auf die der unmittelbaren Erfahrung n chstliegenden Ereignisse zusammen: Wie der Schlaf in seinem t glichen Vorkommen, so gehçrt der Tod nicht so sehr in seiner abstrakten Mçglichkeit, als vielmehr in seiner konkreten Pr senz, beispielsweise bei eiHusserl: Grenzprobleme der Ph nomenologie, 20. »Es kommt die Nacht, da niemand mehr hoffen, wirken, sich am Erfolg erfreuen, genießen kann« (ebd., 402 f.). »Der Mensch kann nicht unsterblich sein. Der Mensch stirbt notwendig.« (Husserl: Die Anthropologische Welt, 338). 32 Vgl. Husserl: Sp te Texte ber Zeitkonstitution, 420 ff. 33 Zu Husserls schwach ver nderlichem Lebensweltbegriff vgl. Schiemann: Natur, Technik, Geist, 95. 34 Husserl: Sp te Texte ber Zeitkonstitution, 96, vgl. auch Husserl: Die Apodiktizit t der Wiedererinnerung, 377. 30

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nem drohenden oder schon eingetretenen Sterbeprozess, zum bevorzugten Untersuchungsinteresse Husserls.35 Im Gegenw rtigen ist aber der Tod nur ausnahmsweise thematisch. Die Fokussierung auf Gegenw rtiges stellt deshalb eine hinreichende Bedingung der lebensweltlichen Verdr ngungstendenz dar. Wenngleich der eigene Tod f r das transzendentale Subjekt nicht denkbar ist, so ist er nach Husserl doch »ein Ereignis in der Welt des Menschen«36. Aber »alles in der Welt, die unser aller Welt ist, ist zuunterst Natur, physische Kçrperlichkeit«37. In seiner Naturhaftigkeit seien der Tod und die mit ihm verbundenen Vorg nge durch Zuf lligkeit, Irrationalit t und Sinnlosigkeit gekennzeichnet und einer vern nftigen Lebensgestaltung (um die es Heidegger im Kontext seiner ontologischen Todeskonzeption vor allem zu tun ist) entgegengesetzt.38 Das zum Tod hinf hrende eigene Altern wie auch das krankheitsbedingte Sterben beschreibt Husserl als sukzessive Abnahme der leiblichen Vermçgen und als fortschreitenden Verfall des Kçrpers, die erst dann lebenspraktisch bedeutsam werden, wenn sie unabweisbare Realit t erhalten.39 Insofern diese Charakterisierung unterstellt, dass sich Sterben und Tod der Verf gungsgewalt des Menschen entziehen, l sst sie wie Heideggers Todeskonzeption die lebensweltlich wirksame Verminderung von nat rlicher Kontingenz unber cksichtigt. Auch wenn die Wahrscheinlichkeit f r einen plçtzlichen Tod in der Moderne sinkt, bleiben lebensweltlich unverkennbar nat rliche Merkmale des Sterbens und des Todes bestehen. Die Lebenswelt vermag, wenn sie mit dem Tod konfrontiert ist, wie es Heidegger einfordert, von seiner Naturhaftigkeit abzusehen. Es steht ihr aber auch frei, die eigentliche Bestimmung des Todes, wie es Husserl nahelegt, in seine Naturhaftigkeit zu legen. Als problematisch mag ferner Husserls Ansicht erscheinen, die Naturbestimmtheit des Todes sei Quelle von Irrationalit t. Die Todesursachen sind nicht nur Gegenstand der wissenschaftlich-technischen Rationalit t, sondern bleiben auch lebensweltlich erkennbar. Der Tod findet eine eigenst ndige lebensweltliche Erkl rung, wenn er als vorhersehbares Ende einer altersbedingten Kçrperschw che oder als Ausfallen von lebenswichtigen Kçrperfunktionen, d. h. als

Vgl. Husserl: Grenzprobleme der Ph nomenologie, 22, 79 f., 98 u. ç. und Husserl: Sp te Texte ber Zeitkonstitution, 103, 157 u. ç. Zur Relevanz des konkret bevorstehenden Todes vgl. Ernst Tugendhat: Unsere Angst vor dem Tod. In: Graf et al. (Hg.): Der Tod im Leben: ein Symposion. M nchen 2004. 36 Husserl: Grenzprobleme der Ph nomenologie, 78. 37 Ebd., 79. 38 Vgl. ebd., 98, 195, 408 ff. und 433. 39 Vgl. ebd., 11f., 17 und Husserl: Sp te Texte ber Zeitkonstitution, 155 ff. 35

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Naturph nomen aufgefasst wird. Solche Verst ndnisweisen des Todes reichen bis auf die Antike zur ck.40 Kann der Tod, der von den transzendentalen Voraussetzungen her undenkbar ist, dennoch in der Lebenswelt vorstellbar sein? Anders formuliert: Kann der Tod gegen die Kr fte, die der Verdr ngung zuarbeiten, zu Bewusstsein kommen und gedanklich gefasst werden? Zu dieser Problematik kommt hinzu, dass der eigene Tod als weltliches Ereignis nicht erfahrbar ist. Husserls Lçsungsansatz, mit dem er Quellen lebensweltlicher Todesvorstellungen, die unabh ngig von den Wissenschaften sind, freizulegen versucht, besteht darin, ausgehend von wahrnehmbaren Erfahrungen auf Eigenschaften des nicht erfahrbaren Ereignisses zu schließen. Er bedient sich dabei teils einer Methode, die Entwicklungstendenzen von Ph nomenen gedanklich fortschreibt (»Limeserw gungen«41), teils der Analogiebildung zwischen Eigenschaften von verwandten Ph nomenen und den mutmaßlichen Eigenschaften des Todes. Bei den untersuchten Ph nomenen handelt es sich um lebensweltliche Erscheinungen, die traditionell mit dem Tod in Verbindung gebracht werden: Das auf den Tod hinf hrende eigene Altern, den mit dem Tod partiell verwandten Schlaf und den Tod der Anderen. Husserls Diskussion dieser Themen nimmt bekannte Argumente auf. Das auf den Tod hinf hrende eigene Altern fasst er als unaufhaltsame Entkr ftung, »als deren Ende vorgezeichnet w re: nichts mehr sehen, hçren usw., also auch nichts mehr weltlich kçnnen; schließlich nichts mehr in Erinnerung haben als Weltvergangenheit und somit auch als Weltzukunft«42. Der behaupteten Naturhaftigkeit des Todes gem ß geht diese Charakterisierung vom Nachlassen der kçrperlichen Leistungsf higkeit aus. Sie ist dementsprechend bei Husserl berwiegend durch Negationen gekennzeichnet, die sich einem rationalen Verst ndnis entziehen. Seine bloß verneinende Beschreibung des eigenen Alterns blendet spezifische Vermçgen der durch Altern gekennzeichneten Lebensphase aus, wie sie sich etwa in altersgem ßen Lebensstilen, Kompetenzen oder Aktivit ten niederschlagen.43 Dass auch Husserls Darstellung des eigenen Alterns nicht ganz Simone de Beauvoir: Das Alter: Essay (La vieillesse). bers. v. Anjuta Aigner-D nnwald, Ruth Henry. Z rich 1977, 17. 41 Husserl: Grenzprobleme der Ph nomenologie, 9. An anderer Stelle spricht er von »Limes-Analyse« (Husserl: Sp te Texte ber Zeitkonstitution, 171). 42 Husserl: Grenzprobleme der Ph nomenologie, 157. Bereits Seneca fasste das Alter (mit Berufung auf Vergil) als »unheilbare Krankheit« auf, die zum Tod f hrt (Lucius Annaeus Seneca: Briefe an Lucilius, hg. v. Marion Giebel und bers. v. Heinz Gunermann, Franz Loretto, Rainer Rauthe. Stuttgart 2014, 555). 43 Altersgem ße Lebensstile, Kompetenzen und Aktivit ten sind Elemente des Begriffs des »Successful Aging«, vgl. Dieter Ferring: Von ›Disengagement‹ zu ›Successful Ageing‹: Modellvorstellungen ber das (gute) Altern. In: Ferring et al. (Hg.): Soziokulturelle Konstruktion des Alters: transdisziplin re Perspektiven. W rzburg 2008. 40

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merkmalslos bleibt, verdankt sich den von ihm eingesetzten Analogien. Indem er das altersbedingte Nachlassen der eigenen Leistungsf higkeit mit krankheitsbedingten Zust nden vergleicht, erçffnet er sich die, jedoch von ihm kaum genutzte, Mçglichkeit, Pr dikate von pathologischen Verh ltnissen auf das Altern anzuwenden. Aus der Perspektive eines biologisch induzierten Abbaus der Kr fte liegt ferner die Analogie zur M digkeit vor dem Einschlafen nahe. »In der M digkeit ist alles Tun […] m hsam, unlustig. […] Die affektive Kraft l sst nach. Schließlich reagiert das Ich nicht mehr. […] Jedes Interesse erlahmt und stirbt ab.«44 Der Analogie von eigenem Altern und M digkeit folgt die von eigenem Tod und Schlaf.45 Der bergang von Wachheit zum Schlafen l sst sich nur partiell wahrnehmen,46 so dass ein nicht erfahrbarer Rest bleibt, der als solcher eine erste Merkmals hnlichkeit zum Tod aufweist. Weitergehend sei der Tod »ein traumloser Schlaf ohne ein mçgliches Erwachen«47. Wie die Welt im Fall eines individuellen Todes ohne das gestorbene Subjekt fortexistiere, bestehe sie auch w hrend des Schlafes ohne willentliche Teilnahme des Schlafenden. Die in der Wachheit erfahrene »lebendig strçmende […] Gegenwart«48 hçre im Schlafen wie im Tode auf.49 Die Grenzen der letztgenannten Analogie werden in der Erfahrung des Todes der Anderen evident. Der Todesschlaf kennt keine Atmung, ist von Erkaltung und zeitweiser Erstarrung des Kçrpers begleitet, f hrt zu Hautverf rbungen und hat kein dem Erwachen vergleichbares Ende. Der Tod, das weiß auch Husserl, »ist kein Schlaf«50. In der Moderne kommt der Schlafanalogie allenfalls eine untergeordnete Relevanz als Quelle lebensweltlicher Vorstellungen vom Tod zu.51 Hierin reflektiert sich der Verlust des Einflusses religiçser berzeu-

Husserl: Sp te Texte ber Zeitkonstitution, 98. Die Analogie von Tod und Schlaf gehçrt seit der griechischen Antike zum festen Bestand der abendl ndischen Kultur. 46 Treffend schreibt Christa Wolf: »Dass man die Sekunden vor dem Einschlafen nicht wirklich erleben kann – sonst schliefe man nicht ein –, werde ich immer bedauern« (Christa Wolf: Dienstag, der 27. September. In: dies.: Der geteilte Himmel: Erz hlung. Frankfurt am Main 3 2014, 272). 47 Husserl: Sp te Texte ber Zeitkonstitution, 157. 48 Ebd., 96. 49 Ebd., 423 f. und Husserl: Die Anthropologische Welt, 335. 50 Husserl: Sp te Texte ber Zeitkonstitution, 103. 51 Ein Indiz f r die gegenw rtige Irrelevanz der Analogie ist ihr fehlendes Vorkommen in H ctor Wittwer et al. (Hg.): Sterben und Tod: Geschichte, Theorie, Ethik: ein interdisziplin res Handbuch. Stuttgart 2010. Ari s verortet das Ende ihrer Wirksamkeit bereits am Ende des Mittelalters (vgl. Ari s: Geschichte des Todes, 502), Alfred Sch tz und Thomas Luckmann ordnen die Analogie der religiçsen Vorstellung zu, »daß hinter der Grenze des Todes eine andere Wirklichkeit wartet« (Alfred Sch tz, Thomas Luckmann: Strukturen der Lebenswelt, Bd. 2. Frankfurt am Main 1990, 173). 44

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gungen, nach denen ein Erwachen vom Tod in einer jenseitigen Wirklichkeit zu erwarten steht. Die Erfahrung des Todes der Anderen eignet sich nicht nur, um die mundanen Grenzen der Schlafanalogie zu demonstrieren. Sie bildet, wie Husserl an wenigen, leider kaum ausgef hrten Stellen zu Recht bemerkt, vielmehr eine priorit re Quelle der lebensweltlichen Vorstellungen vom Tod: »Der Tod der Anderen ist der fr her konstituierte Tod.«52 In der Moderne nimmt die Erfahrung des Todes der Anderen eine spezifische Form an, die auf die mittelalterliche Individualisierung und neuzeitliche Subjektivierung der Todesvorstellungen zur ckgeht. Die F rsorge um geliebte Sterbende und die Trauer um deren Ableben erf hrt eine kulturpr gende Aufwertung,53 die der Anerkennung des Todes in der Lebenswelt einen begrenzten, wenn auch durch die Verdr ngung des Todes gef hrdeten Ort verschaffen. In dem Maß, wie die lebensweltliche Hinwendung zu den Sterbenden durch ihre institutionelle Versorgung ersetzt wird, droht die Wahrnehmung als Quelle lebensweltlicher Vorstellungen vom Tod zu versiegen.

Schluss Ich fasse abschließend die Ergebnisse zusammen, nehme eine Auswertung vor und schlage eine Erweiterung der untersuchten ph nomenologischen Todesbegriffe vor. In kritischer Auseinandersetzung mit den Todesbegriffen von Heidegger und Husserl lassen sich Merkmale von Todesvorstellungen angeben, die f r die modernen Lebenswelten kennzeichnend sind, aber zugleich an traditionelle, weit in die Geschichte zur ckreichende Auffassungen ankn pfen. Vor dem Hintergrund der historisch bestimmenden Ambivalenz von Verdr ngung und Bewusstsein des Todes lassen sie sich in drei Gruppen gliedern: 1. Nicht eindeutig im Schema von Verdr ngung und Bewusstsein des Todes einzuordnen ist die Vorstellung von der Naturhaftigkeit des Todes. Als Teil von Rationalisierungsprozessen dient die Naturauffassung vom Tod sowohl der Verdr ngung als auch der Fçrderung des Todesbewusstseins. Heute kann die Naturgegebenheit des Todes einerseits als Argument dienen, ihn als Gegenstand der Medizin aufzufassen und der Lebenswelt zu entziehen. Andererseits vermçgen Erkl rungen, die auf nat rliche Prozesse Bezug nehmen, die diskursive KommuHusserl: Grenzprobleme der Ph nomenologie, 3 und entsprechend Husserl: Sp te Texte ber Zeitkonstitution, 425ff. Zur Bedeutung, die Husserl der intersubjektiven Erfahrung f r das Bewusstsein der Endlichkeit zumisst vgl. Geniusas: On Birth, Death, and Sleep in Husserl’s Late Manuscripts on Time, 79 ff. 53 Vgl. Ari s: Geschichte des Todes, 10. Kapitel. 52

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nikation ber den Tod und damit die Bildung eines lebensweltlichen Todesbewusstseins zu unterst tzen. 2. Zwei Bedingungen der lebensweltlichen Todesverdr ngung kçnnen genannt werden. Nach Husserl ist der zeitliche Modus der Lebenswelt wesentlich die »lebendig strçmende[…] Gegenwart«.54 Sie l sst ein Aufhçren dieser in die Zukunft gerichteten Pr senz aus transzendentaler Perspektive undenkbar erscheinen; das gegenwartszentrierte Leben w hnt sich unsterblich. In seinem Bannkreis kommt der Tod allenfalls als abstrakte Mçglichkeit eines unendlich fernen Eintretens vor, nicht aber in seiner konkreten Pr senz, wie sie sich etwa beim Sterben von anderen Menschen einstellt. Die Fokussierung der Lebenswelt auf die Gegenwart ist von der Ph nomenologie oft festgestellt worden.55 Vermutlich geht aus ihr die Verdr ngungstendenz des Todesbewusstseins mit Notwendigkeit hervor. Als weitere Bedingung der lebensweltlichen Todesverdr ngung sind die Auswirkungen der modernen Kontingenzreduktion anzuf hren, mit der sich die Wahrscheinlichkeit eines unvorhersehbaren Todes vermindert und die Todeszeitpunkte in hçhere Lebensalter verschoben werden. 3. Als Kennzeichen des Todesbewusstseins kçnnen die von Heidegger beschriebene existenzielle Dimension des Todes, d. h. sein nicht durch wissenschaftliche Erkenntnis einholbarer Bezug auf das je eigene Leben (»Jemeinigkeit«) und die besondere Relevanz der Gewissheit des Todes gelten.56 Als Quellen des Todesbewusstseins fasse ich die von Husserl thematisierten Ph nomene des Alterns und der Erfahrung des Todes der Anderen auf. Das Altern weist zwar auch eigene Lebensqualit ten auf, f hrt aber auf den Tod als Grenze eines kçrperlichen Ver nderungsprozesses hin. Das kommende Ende des eigenen Lebens stellt sich als dessen vollst ndige Negation dar, da ohne den Kçrper nichts sein wird. Das Altern – sei es das eigene oder das der Anderen – macht dem Subjekt seine bevorstehende Vernichtung pr sent. Obgleich der Tod der Anderen – worauf Heidegger hinweist – die Differenz zum eigenen Fortleben hervortreten l sst, gew hrt er eine gegenw rtige Außenperspektive auf einen Zustand, der dem eigenen zuk nftigen Ende gleich ist. Allerdings wird die Erfahrung des Todes der Anderen durch die Auslagerung von Sterbeprozessen und 54 Husserl: Sp te Texte ber Zeitkonstitution, 96 [Hervorhebung von mir], vgl. auch Husserl: Die Apodiktizit t der Wiedererinnerung, 377. 55 Heidegger charakterisiert die »vulg re Zeitvorstellung« als »jetzt-Zeit« (Martin Heidegger: Sein und Zeit, 420ff.), Sch tz und Luckmann beschr nken die aktuelle Reichweite der lebensweltlichen Erfahrung ganz auf die Gegenwart (Sch tz, Luckmann: Strukturen der Lebenswelt, Bd. 1, 73ff.). 56 In Schiemann: Quellen und Grenzen diskutiere ich diese beiden Kennzeichen als Elemente der Todesverdr ngung, insofern sie »im Vollzug der lebensweltlichen Praxis allermeist nicht pr sent« sind (S. 433). Unabh ngig von ihrer faktischen Irrelevanz handelt es sich aber um Formen des Todesbewusstseins.

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Todesereignissen in nichtlebensweltliche medizinische Einrichtungen sukzessive verhindert. Teils bieten Hospizbewegungen, teils die Unterst tzung der h uslichen Pflege Gegentendenzen, die die Potenz haben, das Todesbewusstsein in der Lebenswelt wieder zu st rken. Mit der Erfahrung des eigenen Alterns sowie des Alterns und des Todes Anderer sind die Quellen lebensweltlicher Todesvorstellungen nicht erschçpft, sondern nur exemplarisch dargestellt. Als Beispiele weiterer, hier nicht erçrterter Quellen seien die von Jean-Paul Sartre diskutierte Einbeziehung der Perspektive der meinen Tod berlebenden Anderen oder die vielfach erçrterte Analogie von Geburt und Tod genannt.57 Die ph nomenologischen Todesbegriffe m ssen nicht auf metaphysische Dimensionen im engen Sinn zur ckgreifen. Die lebensweltliche Erfahrung weist eigenst ndige Ankn pfungspunkte zur begrifflichen Charakterisierung des Todes auf. Aber in der Beschr nkung auf lebensweltliche Erfahrung ist der Tod nur bedingt thematisierbar. Der kommende Tod tritt in der auf die Gegenwart fixierten Lebenswelt nur randst ndig auf. Zudem ist das Sterbe- und Todesgeschehen durch die moderne Medizintechnik und Gesundheitsorganisation weitgehend der lebensweltlichen Wahrnehmung entzogen. Unter den Bedingungen einer allgemein zunehmenden Verwissenschaftlichung wird es zudem problematisch, die lebensweltliche Erfahrung von der wissenschaftlichen abzugrenzen, wie es Heidegger und Husserl versuchen. Um die Endlichkeit der Existenz als Wesensbestimmung des menschlichen Seins, d. h. metaphysisch im weiteren Sinn, aufzufassen, kann nicht nur auf die lebensweltliche Erfahrung zur ckgegriffen werden. Wissenschaftliche Erkenntnis und lebensweltliche Erfahrung laufen in der von Husserl als Grundbestimmung gefassten Naturhaftigkeit des Todes zusammen. Die von Heidegger thematisierte Differenz von nichtmenschlichem und menschlichem Tod verweist nicht nur auf den nat rlichen Ursprung des Todes, sondern auch auf die damit konfrontierte Kulturbestimmtheit des Menschen. Der Tod ist – metaphorisch gesprochen und metaphysisch im weiteren Sinn verstanden – eine Erfindung der Natur, die Erfindungen der Kultur zuwiderl uft. Die Begrenzung des Lebensalters von Organismen ist in der Natur weit, wenn auch in sehr unterschiedlicher Auspr gung verbreitet. Noch liegt kein allgemein anerkannter wissenschaftlicher Ansatz zur Erkl rung der Mechanismen

Jean-Paul Sartre: Das Sein und das Nichts: Versuch einer ph nomenologischen Ontologie. Reinbek bei Hamburg 1989, 680 f. Zur Analogie von Geburt und Tod vgl. Husserl: Grenzprobleme der Ph nomenologie, Nr. 1 und 4, sowie Husserl: Sp te Texte ber Zeitkonstitution, Nr. 43a, 94 und 96. 57

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vor, die zur Alterung und bei den meisten Organismen zum Tod f hren.58 Der Mensch scheint zu den Tieren zu gehçren, bei denen die nach der Aufzucht der Kinder oder Kindeskinder wirksame letale Altersschw che eine nat rliche Grundlage hat.59 Diese Lebensbegrenzung passt zu einem Evolutionsprozess, in dem sich Mutation und sexuelle Rekombination als effektivste Mittel zur Schaffung von Innovationen des Lebens bew hrt haben. Kulturelle Innovationen gehen hingegen auf Erfahrungsaustausch und kognitive Leistungen zur ck und werden symbolisch vermittelt. Dem steht der nat rliche Tod in vielfacher Weise entgegen. Er schneidet den Erfahrungsaustausch ab, zerstçrt erworbene kognitive F higkeiten und schr nkt die Tradierung von Innovationen auf m ndliche und die Erstellung schriftlicher Mitteilungen innerhalb der kurzen Lebenszeit ein. Das Wissen um den Tod verbindet sich nicht zuletzt deshalb in einigen Kulturen mit dem Streben nach einer Fortdauer der Existenz ber den nat rlichen Tod hinaus. Dem Tod wird in diesem Zusammenhang Auflehnung und Hass entgegengebracht. In anderen Kulturen verbindet sich die Erkenntnis der Naturbestimmtheit des Todes mit der Aufwertung der Naturhaftigkeit des Menschen.60 Diese Stimmungen und Wertungen m ssen in den ph nomenologischen Todesbegriff eingehen, wenn er der lebensweltlichen Erfahrung und wissenschaftlichen Erkenntnis des Todes gerecht werden soll.

Kimberly A. Hughes, Rose M. Reynolds: Evolutionary and mechanistic theories of aging. In: Annual Review of Entomology, 50 (2005), 421 – 445. 59 Paul B. Baltes, Margret M. Baltes: Gerontologie: Begriff, Herausforderung und Brennpunkte. In: Paul Baltes, J rgen Mittelstraß (Hg.): Zukunft des Alterns und gesellschaftliche Entwicklung. Berlin 1992, 17ff., und Dietrich O. Schachtschabel: Humanbiologie des Alterns. In: Martin Kruse (Hg.): Enzyklop die der Gerontologie: Alternsprozesse in multidisziplin rer Sicht. Bern 2004, 180. 60 Jan Assmann: Tod und Kultur. In: Rainer M. Jacobi et al. (Hg.): Die Wahrheit der Begegnung: anthropologische Perspektiven der Neurologie: Festschrift f r Dieter Janz. W rzburg 2001, 411ff., unterscheidet idealtypisch zwischen Kulturen der geistig orientierten Todesauflehnung, die nach einer den Tod berdauernden Existenz streben, und Kulturen der naturverbundenen Todeshinnahme, die dem Menschen keine Sonderstellung unter den Lebewesen einr umen. 58

Camille Riquier

La ph nom nologie franÅaise ou r sistances de la m taphysique

Abstract To come back to Descartes’ philosophy, we intend to cast another light on the way in which French phenomenology met metaphysics and revived it until it adopted its own approach. It is a question of relaying another sense of metaphysics and of following a more subterranean history.

Puisqu’il nous fut donn l’occasion de rencontrer plusieurs reprises L szl Tengelyi, o nous retrouvions en l’homme toutes les qualit s philosophiques que nous avions d couvertes au travers de ses ouvrages, il nous faut rendre hommage sa g n rosit , ce jour de 2011 o l’ENS deux journ es d’ tudes avaient t organis es autour du livre qu’il venait de consacrer « La nouvelle ph nom nologie en France ». Et alors qu’il dressait une cartographie majestueuse qui permettait de s’orienter dans la diversit des recherches ph nom nologiques d ploy es en France, et qu’une nouvelle voie se dessinait selon lui, entre Husserl et Heidegger, qui s’ tait rendue attentive des ph nom nes nouveaux, chappant la conscience intentionnelle ou la travaillant rebours, nous avancions alors timidement le fil qui commenÅait d j nous servir pour nous orienter dans ce vaste paysage et qui faisait appel un tiers, autre que Husserl, autre que Heidegger, et qui rendait sp cifique nos yeux la ph nom nologie franÅaise et inassimilable enti rement la ph nom nologie allemande : la figure de Descartes. Les r actions avaient t partag es ; certaines violentes ou dubitatives ; tout comme celle de Fr d ric Worms, la sienne fut accueillante, bienveillante, voire enthousiaste, alors mÞme qu’une telle hypoth se proposait une approche diff rente, quoique non contradictoire. En un mot, elle fut g n reuse. Que notre audace, qui n’avait d j plus l’excuse de la jeunesse, nous soit pardonn e. Mais qu’elle puisse t moigner, ventuellement nos d pens, de l’homme ouvert qu’il tait et du philosophe authentique qu’il demeure. Mais que ses derniers travaux puissent ici nous encourager redoubler d’audace, port cette fois-ci par sa propre audace, lui qui s’acheminait vers une m taphysique ph nom nologique, telle qu’elle devait sortir de l’impasse ontoth o-logique. Car nous aimerions reprendre ici la question des liens douloureux

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entre ph nom nologie et m taphysique, nous invitant discuter l’œuvre de celui qui fut et demeure l’un de nos ma tres, Jean-Luc Marion, qui nous accompagna d s nos d buts et qui continue de nous accompagner. Ou plut t nous sommes amen s lui r pondre et pr venir les craintes qu’il pourrait avoir manifest nous voir ainsi revenir la m taphysique. Car il faut s’entendre et il est possible que, loin de trouver l’occasion de nous chapper ici de sa tutelle, nous ne cherchions en cela qu’ lui montrer comment son enseignement s’est poursuivi en nous. Car apr s tout « un l ve ne signifie plus rien » « s’il n’est qu’ l ve » et « s’il ne fait que r p ter »1 ce que le ma tre a dit. Et si nous interrogeons dans quelle mesure et en quel sens la m taphysique a toujours persist sous la ph nom nologie franÅaise, dans la mani re mÞme dont nous nous proposons de reprendre le fil cart sien autrement que lui-mÞme ne l’a fait, il ne faut pas en conclure que nous nous dressons n cessairement contre son autorit . Une g n ration passe l’autre, mais en provient aussi bien, par voie de filiation naturelle plus encore que par voie de filiation scolaire. Et cela mÞme qu’elle lui oppose, elle le lui doit encore. Le parricide en philosophie est vain et d risoire, quoi s’abaisse parfois l’ l ve qui ne sait s’ lever autrement. Et nous voulons croire que ceux qui y pr tendent n’ont fait que semblant, doutant mÞme de celui qu’on impute Platon. En nous expliquant avec lui sur cette question pour la premi re fois, nous entendons exprimer notre gratitude, attester mÞme de notre filiation, laquelle n’est fid le que si elle est libre. Peut-Þtre avons-nous aussi le secret espoir de le convaincre un peu, dans la mesure o un ma tre ne peut pas compl tement d savouer l’ l ve qu’il a form , quand bien mÞme il ne le reconna trait pas pour l gitime. Dans la nouvelle voie que traÅaient alors Gondek et Tengelyi dans la ph nom nologie franÅaise, Marion tenait en effet une place privil gi e, f t-ce par sa mani re d’ent riner l’acte de d c s de la m taphysique et d’offrir la ph nom nologie comme seule alternative possible la philosophie. Un collectif intitul Ph nom nologie et m taphysique avait compt pour notre g n ration. Reprenant les actes d’un colloque qui s’ tait tenu en 1982 Poitiers sur L’id e de la ph nom nologie, l’avant-propos de Marion partait d’un constat marqu du sceau de l’ vidence : « l’ vidence, depuis que la m taphysique a trouv sa fin, … la philosophie n’a pu se poursuivre authentiquement que sous la figure de la ph nom nologie »2. La question tait alors plut t de revendiquer une « extraterritoralit m taphysique de la ph nom nologie » o celle-ci p t s’affranchir de C. P guy, Cahiers de la Quinzaine, 1907, Œuvres en prose compl tes, d. R. Burac, Paris, Gallimard, « Biblioth que de la Pl iade », vol. II, 1988, 66. 2 J.-L. Marion et G. Planty-Boujour (dir.), Ph nom nologie et m taphysique, Paris, Puf, « pim th e », 1984, avant-propos, 7. 1

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ses r quisits et offrir la philosophie la seule issue possible. C’est pourtant la question implicite qu’elle referme en l’empÞchant d’Þtre pos e que mon travail devait inviter rouvrir. Sans n gliger le risque toujours renaissant que court la m taphysique de retomber dans sa structure onto-th o-logique, Bergson ne nous avait-il pas fait entrevoir un autre sens possible pour la m taphysique que les avanc es heidegg riennes avaient, par leur clat mÞme, contribu occulter3 ? Et sans avoir r inscrire la ph nom nologie franÅaise dans l’h ritage cart sien, nous devions d j reconna tre que la ph nom nologie n’avait pas toujours cherch s’affranchir de la m taphysique ni pr tendu lui succ der ; et plus encore, dans le dialogue ininterrompu qu’elle a entretenu avec elle, la ph nom nologie a pu aussi bien se proposer elle comme une ressource nouvelle, convaincue secr tement qu’en venant apr s elle, elle pourrait bien finir avant elle, et qu’en la supposant toujours d j , elle pouvait encore la reconduire ellemÞme. C’est ainsi qu’avant qu’on ait pu affirmer avec Jean-FranÅois Courtine « la fin de la fin de la m taphysique », Levinas pouvait douter de son agonie et ne pas renoncer faire de la m taphysique : « l’annonce de la fin de la m taphysique est pr matur e, crit-il dans une r ponse une lettre de Jos Etchevaria. Cette fin n’est pas certaine du tout. Du reste, la m taphysique – relation avec l’ tant s’accomplissant dans l’ thique – pr c de la compr hension de l’Þtre et survit l’ontologie »4. Remonter jusqu’ Descartes avant de revenir la ph nom nologie franÅaise doit nous clairer d’une autre lumi re la mani re dont celle-ci rencontre la m taphysique et la relance, continuant elle-mÞme une certaine histoire de la m taphysique, plus souterraine, qui vit vrai dire de cela mÞme qui ach ve l’autre ou que l’autre ach ve. Qu’on nous pardonne ce long d tour par lequel nous sommes nous-mÞme pass et qui c toie sans cesse l’œuvre de Marion. Nous proc derons ainsi en trois temps. Le premier doit revenir sur la lecture que celui-ci propose de Descartes depuis le paradigme offert par Heidegger. Le prisme m taphysique de Descartes sera privil gi deux titres : parce que Marion r capitule ses travaux ant rieurs par la double figure onto-th o-logique qu’il rep re dans la pens e de Descartes et qui lui permet de l’inscrire dans l’histoire de la m taphysique, parce qu’en dernier lieu il prend appui sur Pascal et sa th orie des trois ordres pour circonscrire la m taphysique en tant que telle, en lui assignant son lieu propre, – l’ordre de l’esprit, – et en la d passant aussi bien Voir Arch ologie de Bergson. Temps et m taphysique, Paris, Puf, « pim th e », 2009. Levinas, « R ponse une lettre de Jos Etchevaria », dans Libert et commandement, 1994, Paris, Livre de Poche, 123 ; voir J. Benoist, « Apologie de la m taphysique », dans Relire Totalit et infini d’Emmanuel Levinas (D. Cohen-Levinas et A. Schnell ( d.)), Paris, Vrin, 2015, 45 – 59. 3

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depuis l’exil th ologique que lui permet l’ordre de la charit . Le second temps ne cherchera aucunement contester la pertinence du mod le onto-th o-logique ni la relative efficacit de son application la pens e cart sienne. Il s’agirait plut t de rejouer la confrontation entre Descartes et Pascal, qu’il est en effet possible de lire diff remment, afin de r activer un autre sens de la m taphysique, tel qu’il trouve bien son amorce en Descartes lui-mÞme et qu’il fut repris et prolong si cle apr s si cle par quelques auteurs qui s’exerc rent en marge du cart sianisme officiel, ou plus exactement sous celui-ci, de faÅon souterraine et mÞme contre celui-ci, rebours – litt ralement contre-sens, – crivant sa propre histoire de la m taphysique dans le revers de celle qui, au mÞme moment, s’intronisait l’unique h riti re des Grecs et seule m taphysique possible. Nous retrouverons ainsi ces mÞmes auteurs que nous n’avons eu de cesse d’ voquer et qu’une vision partielle et tronqu e de l’histoire de la m taphysique a jet trop ais ment dans la non-philosophie, ceux-l mÞmes dont la ph nom nologie franÅaise a pris la suite quoiqu’un certain nombre de ses repr sentants l’ignorent ou veuillent l’ignorer. Ce n’est donc qu’en un troisi me temps que nous pourrons revenir sur la mani re dont la m taphysique, le plus souvent assum e comme telle depuis sa configuration cart sienne, a travaill en sous-main la ph nom nologie que ses repr sentants franÅais avaient reÅue de Husserl et de Heidegger. Levinas pourra d’ailleurs nous servir bien souvent de figure exemplaire. 1) Marion et la fin de la m taphysique Une m taphysique future n’est pensable qu’en se relevant de ses chutes, prise dans la n cessit de se m tamorphoser, apr s chacune de ses morts annonc es, si elle veut continuer vivre, allant parfois jusqu’ se nourrir des critiques qui visaient la r cuser. Or, moins d’ignorer ces critiques et d’entreprendre aujourd’hui une m taphysique sp culative, qui se d lecterait de sa propre agonie, comme celle de Ray Brassier qui assume un nihilisme radical, d brid voire agressif 5, faire de la m taphysique, comme l’entend Levinas, doit s’envisager apr s que Heidegger en a proclam la fin, de mani re fracassante et en un sens irr versible, – telle que la m taphysique, qui avait trouv son impulsion chez les Grecs, a d ploy l’histoire de l’Þtre et de son oubli et arrive son terme avec Hegel et Nietzsche comme ses ultimes figures destinales. Comme l’ crit Levinas, une « s rie d’oublis successifs » a conduit la m taphysique se prolonger dans la science et dans la technique, laquelle « n’a d’attention que pour les tants, 5 Ray Brassier, Le N ant d cha n . Lumi res et extinction, tr. A. Daures, Paris, Puf, « M taphysiqueS », 2017.

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qui se les subordonne, qui veut les conqu rir, qui cherche la puissance sur les tants »6. Si fin il y a (Ende), elle est celle de son accomplissement (Vollendung) telle qu’elle lui a permis terme de donner toute sa mesure et d’ puiser toutes ses possibilit s, – en tant que projet de fondation de l’ tant. Et si m taphysique il doit y avoir autrement, on devine d j qu’elle ne pourra qu’Þtre la contestation de son triomphe en tant qu’elle a trouv sa parfaite r alisation dans l’arraisonnement technique. Dans le cours qu’il donna en 1999 sur « la m taphysique » alors au programme de l’agr gation, Marion avait gliss , comme en passant et sans appuyer, qu’un philosophe ne se trompe pas sur ce qu’il a vu, encore qu’il n’ait pas tout vu. Nous le prenons au mot. C’est ainsi qu’il faut comprendre la v rit en philosophie, non « pas seulement un terme, un horizon, mais un milieu, telle l’atmosph re ou mieux la lumi re »7 dans laquelle les philosophes baignent. Et nous restons saisis par la rigueur avec laquelle Heidegger avait d gag l’essence de la m taphysique. En tant qu’elle articule une onto-logie et une th o-logie, celles-ci devaient Þtre reconduites leur « logie » respective, c’est- -dire au logos lui-mÞme, en tant qu’il rend raison et cherche le fondement (Grund) de deux mani res diff rentes quoiqu’indissociables : soit de faÅon transitive dans la th ologie (begr nden), sur le mode de la causation, en ce qu’il s’agit de fonder activement la totalit de l’ tant par un tant suprÞme ou par ce qui peut en tenir lieu ; soit de faÅon intransitive dans l’ontologie (ergr nden), sur le mode de l’approfondissement, en ce qu’il s’agit de fonder l’ tant en tant qu’ tant en s’avanÅant jusqu’au fond de son tantit – comme ousia, objectum, etc. Ainsi, en vertu de son projet de fondation et sa constitution onto-th o-logique, la m taphysique ne parviendrait pas penser d’autre diff rence que la diff rence ontique, entre deux modes de fondation, l’ tant suprÞme d’un c t et de l’autre l’ tant en g n ral, manquant au profit de l’ tant et de son r gne la question de l’Þtre, lequel (Abgrund) se d robe essentiellement au fondement et requiert pour Þtre pens d’op rer un pas en retrait hors de la m taphysique. Fort d’un tel paradigme, Jean-Luc Marion se demande dans Le prisme m taphysique dans quelle mesure la pens e de Descartes rel ve de la m taphysique et si elle n’y chapperait pas par quelques parties d’elles-mÞmes. Aussi s’en sert-il comme d’un prisme qui, en r v lant ses tristes couleurs, lui fait d couvrir chez Descartes une m taphysique double fondement qui ne peut valider le mod le onto-th o-logique qu’ le complexifier, par redoublement de lui-mÞme. Dans la concurrence que se font en effet l’ego et Dieu dans leur pr tention Þtre le premier principe de sa philosophie, il faut en effet rappeler avec Beyssade que 6 7

E. Levinas, Dieu, la mort et le temps, d. J. Rolland, Paris, Livre de Poche, 1995, 140. P. Ricœur, Histoire et v rit , Paris, Seuil, « Points essais », 2001, 66.

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Descartes, dans la comparaison fameuse avec l’arbre, renvoyait la m taphysique ses racines, au pluriel, selon deux acceptions du terme de principe qu’il avait pris soin de distinguer – s’autorisant ainsi soumettre ultimement l’ego luimÞme et ses faÅons de penser Dieu comme « cause efficiente et totale ». Mais cette dualit oblige n anmoins Marion constater une rupture dans l’ordre des raisons qu’on d couvre au milieu de la troisi me m ditation, puisqu’apr s avoir conduit l’ego Dieu, qui lui tait d’abord venu l’id e comme infini, il repart ensuite de Dieu comme causa. Une premi re onto-th o-logie se d ploie d s lors depuis l’ego selon l’ens ut cogitatum, qui retrouve en son sein la double mani re de fonder : comme ontologie, tout tant, dans la mesure o il est plac sous le regard de l’esprit (intuitus) et jug l’aune de ses crit res de clart et de distinction, est en tant qu’objectum, fond (er-gr nden) en tant que cogitatum ; comme th ologie, l’ tant, dans la mesure o il est en tant que repr sent , est fond (begr nden) dans le cogito en tant que celui-ci est la raison fondatrice par efficience de ses id es. L’ego, en tant qu’il est cogitatio sui, a alors la fonction d’ tant par excellence en tant qu’il rend possible tous les autres tants au titre de ses pens es, qu’il les fonde, en les produisant par sa cogitatio. Dieu, dans un tel sch ma, est un tant parmi d’autres, puisqu’il est repr sent , comme il arrive dans la V me m ditation o , bien qu’infini, il se rend comparable une id alit math matique. Mais parce que Descartes a toujours aussi bien contest que l’ego p t Þtre l’ tant suprÞme, une seconde onto-th o-logie vient redoubler la premi re, qui se d ploie selon l’ens ut causatum. L’id e d’infini sera alors la passerelle permettant de passer de l’une l’autre, emportant frauduleusement avec elle des concepts scolastiques qui poussent Descartes changer de r gime de discours et parler en termes de causalit . Parce que l’id e d’infini est la fois pensable et impensable, concevable mais sur le mode de l’incompr hensibilit , l’ego est reconduit Dieu comme sa cause efficiente. Comme ontologie, tout tant, dans la mesure o il est requis de rendre raison de son Þtre, est fond (ergr nden) en tant que causatum et Dieu lui-mÞme n’ chappe pas la r gle qui, d faut d’Þtre cause de soi, doit toutefois avoir une raison pour laquelle il n’a pas de cause ; comme th ologie, l’ tant, dans la mesure o il est en tant que caus , est fond (begr nden) par Dieu qui, tant suprÞme, a cr toutes choses. ce titre, l’ego redevient dans un tel sch ma « un ens ut causatum de droit commun »8. Mais l ne s’ puisent pas les b n fices que Marion tire d’une telle interpr tation. Puisqu’apr s avoir permis de conclure que Descartes appartient l’histoire de la m taphysique et qu’il en oriente le destin, elle lui fournit aussi le crible 8

134.

J.-L. Marion, Sur le prisme m taphysique de Descartes, Paris, Puf, « pim th e », 1986,

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capable de retenir les l ments qui seraient d j hors-m taphysique : la libert de l’ego et l’infini de Dieu, seul nom divin qui, la charni re des deux onto-th ologies, ne s’int grent dans aucune. Mais pour que ces restes non-m taphysiques se r v lent ses yeux, il lui tait besoin d’une toute autre lumi re, que lui apporte Pascal. Par son exil th ologique, celui-ci aurait destitu par avance la m taphysique sans avoir eu besoin de la r cuser, se contentant de l’abandonner sa logique propre et son destin. Sa th orie des trois ordres reprendrait sa faÅon les trois objets de la m taphysique, – le monde, l’ me et Dieu, – mais en y introduisant une h t rog n it et une distance telle entre eux que leur relation est abolie et qu’ils ne peuvent faire une suite l’int rieur de la m taphysique et s’encha ner selon l’ordre des raisons. La chair, l’esprit et la charit rel vent chacun d’un ordre de grandeur h t rog ne, qui les rend ce point incommensurables que la distance infinie qui s pare les deux premiers – chair et esprit – ne donne qu’une figure de la distance infiniment infinie, car surnaturelle, qui s pare les deux derniers, – l’esprit et la charit . Marion peut ainsi conclure que Pascal ne r cuse pas la m thode cart sienne mais lui assigne son domaine propre, en mÞme temps qu’il donne la m taphysique son lieu l gitime, – l’ordre de l’esprit, – et qu’il ne rend ill gitime qu’ s’ lever dans l’ordre troisi me, celui de la charit , o la vanit de la philosophie, « inutile et incertaine », devient alors manifeste : « entre l’ vidence et la charit , il faut choisir. Ce qui s pare Pascal et Descartes n’est rien que ce choix »9. Si la m taphysique transgresse certes l’ordre de la chair, c’est pour Þtre aussit t transgress e son tour par une seconde transgression qui op re, avant l’heure, une travers e hors de la m taphysique. Pascal, en franchissant d’embl e les limites de la m taphysique, permet Marion de poser celles-ci et d’assigner Descartes r sidence, – exception faite de l’infini qui pointe d’embl e hors l’Þtre. Ce chapitre consacr Pascal est crucial, puisqu’il trahit le site depuis lequel Marion entend d ployer une ph nom nologie non-m taphysique, telle qu’il lui ouvre l’horizon de la donation, en se rendant attentif aux ph nom nes dont le sens n’est pas constituable par un ego. C’est alors l’id e d’infini telle qu’elle chappe la conscience intentionnelle qui lui fournit l’un des paradigmes pour penser le ph nom ne satur . Si Marion peut ainsi s’expliquer avec Husserl et Heidegger dans R duction et donation comme tant donn et investir leur langage, il faut croire que ses pens es lui sont venues d’ailleurs, – de Descartes encore, surtout. Il parle depuis un lieu que ceux-l ne connaissent point. Ce chapitre consacr Pascal est aussi crucial, par l’importance qu’il a revÞtu chez ses l ves, de Vincent Carraud, dans Pascal et la philosophie10, o il gagne en 9 10

Ibid., 324. V. Carraud, Pascal et la philosophie, Paris, Puf, « pim th e », 1992.

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extension, dans la confrontation directe et syst matique qu’il op re entre Pascal et Descartes afin de conclure comme lui que Pascal n’est pas philosophe, jusqu’ Dan Arbib, dans Descartes, la m taphysique et l’infini11, o il gagne en intensit , par un surcro t de pr cision, en replaÅant l’id e d’infini dans l’histoire de la m taphysique, convaincu que la fronti re entre m taphysique et non-m taphysique passe l’int rieur de l’id e d’infini elle-mÞme, conservant ainsi chez Descartes une d termination quivoque. Leurs recherches sont remarquables et leur apport pr cieux ; mais chez l’un comme chez l’autre les acquis principaux de Marion demeurent, – sur la fronti re fixer entre m taphysique et nonm taphysique.

2) L’autre (sens de la) m taphysique et l’esquisse cart sienne des trois ordres Mais ne pouvons-nous pas, comme au travers d’un kal idoscope qu’on aurait bascul d’un petit tour, reconfigurer diff remment l’histoire de la m taphysique. Celle-ci garderait n anmoins tous ses l ments, en sorte que depuis les mÞmes coordonn es qu’a propos es Marion, une autre configuration des termes en pr sence pourrait simplement dessiner en creux un autre sens de la m taphysique, gros de promesses. Il y aurait d s lors une autre histoire de la m taphysique dont manque encore le r cit, qui se serait poursuivie l’ombre de la grande mais qui n’en aurait pas moins eu sa coh rence propre. Et c’est cette histoire que la ph nom nologie franÅaise devait rejoindre inopin ment afin d’œuvrer avec elle de faÅon conjointe, loin qu’elle se f t laiss e destituer par elle. MÞme si le regard nous semble nouveau, on comprend qu’en voyant (peut-Þtre) ce que Marion n’avait pas vu, faute d’avoir tout vu, notre intention, loin d’Þtre critique, est au fond toujours celle qui pr sidait notre travail sur Bergson : largir la table du banquet philosophique, en y int grant cette tradition dite mineure qu’on a souvent n glig e, et dans laquelle sa propre pens e m’apparaissait de plus en plus devoir s’inscrire. Que Marion veuille donc nous autoriser revenir triplement sur son interpr tation de Descartes et de Pascal, que nous conc dons avoir r sum grands traits un peu grossiers. Y revenir une premi re fois pour assumer une autre d finition de la m taphysique, contraire la premi re, qu’il ignore d lib r ment mais telle que lui-mÞme ne peut s’en d faire, puisqu’il en mobilise les concepts malgr lui ; une deuxi me fois pour trouver dans Descartes lui-mÞme ce que Marion avait cherch dans Pascal, savoir les limites de la m taphysique que celui-l 11

D. Arbib, Descartes, la m taphysique et l’infini, Paris, Puf, « pim th e », 2017.

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connaissait d j , loin de les ignorer. Cela nous permettra de tracer une esquisse cart sienne des trois ordres, sur les pointill s de laquelle Pascal a repass en lui donnant la radicalit qu’on conna t ; et une troisi me fois pour montrer que Descartes n’avait pas seulement pos les limites de la m taphysique ; il avait rendu possible par avance leur transgression, en int grant au sein de la philosophie, – dans l’ordre de l’esprit, – cela mÞme qui pr tend lui chapper, d gageant ainsi une autre voie pour la m taphysique, en laquelle la ph nom nologie franÅaise allait bien plus tard s’engager.

(i) Marion estime que le paradigme onto-th o-logique est le seul concept rigoureux de la m taphysique dont nous disposons et que celle-ci, avant qu’Heidegger n’en fixe le sens, n’ tait qu’une simple erreur de catalogage des œuvres d’Aristote, – comme ironise Levinas. Pourtant il devait conc der dans un article plus tardif 12, qu’un autre sens continuait d’avoir cours, celui-l mÞme investi par Levinas, mais que lui-mÞme jugeait trop flottant et ind termin conceptuellement pour avoir une quelconque valeur op ratoire : celui de la transgression, du d passement, du passer outre, bref de la transcendance elle-mÞme, celle-l mÞme qui permet Pascal d’ crire que « l’homme passe l’homme ». Nous ne saurons dire avec assurance si cette d finition tait d j celle dont se servait Kant dans sa Lettre Marcus Herz quand il parlait de faire une « m taphysique de la m taphysique »13 et que devait reprendre Heidegger aussi longtemps qu’il conf rait au terme un usage positif, en l’enracinant dans l’existence du Dasein. Mais c’est assur ment le sens qu’il conserve dans la tradition r flexive franÅaise issue de Descartes, par exemple chez Merleau-Ponty (« Le m taphysique dans l’homme »), ou encore chez Bergson. Peu importe d’ailleurs que pour l’un la m taphysique soit un effort pour d passer l’attitude naturelle et pour l’autre « un effort pour d passer la condition humaine »14, c’est le geste m taphysique qui importe, en tant qu’il porte sur le d passement luimÞme, laissant libre de variation le choix de l’instance que l’on d passe, comme de l’instance vers laquelle on (se) d passe. Il repose tout entier sur « le m ta » qui fait proprement de la m taphysique une trans-physique. C’est encore ce qui invitait Ricœur reprendre de Stanislas Breton ses « r flexions sur la fonction J.-L. Marion, « La science recherch e et toujours manquante », dans La m taphysique, son histoire, son destin, J.-M. Narbonne et L. Langlois ( d.), Paris, Vrin, 2001. 13 Kant, Lettre Marcus Herz du 11 mai 1781, 181. 14 Bergson, « Introduction la m taphysique », dans La Pens e et le Mouvant, Paris, Puf, « Quadrige », 2011, 218. 12

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m ta ». Et c’est de faÅon assum e le sens que Levinas lui accorde son tour, la m taphysique ne consistant qu’ d passer, et qu’il finira par revÞtir par-del Kant de sa premi re formulation platonicienne qu’est l’ p keina tes ousias – audel de l’essence : « La critique de la raison pure n’a pas aboli comme non-sens, le sens mÞme du m ta de la m taphysique. Elle sonnait le glas de la m taphysique en tant que recherchant au-del de l’exp rience des identit s saisissables dans une ternelle pr sence »15. Et Levinas poursuivait ainsi : « La v ritable signification de la fin de la m taphysique, de Kant Heidegger, […] suffit-il pour d noncer, comme non-sens la transcendance en tant que telle, le meta mÞme de la m taphysique ? »16 Un tel emploi du terme, par sa r currence mÞme, n’a plus rien d’erratique sit t qu’on l’envisage dans son mouvement, que chaque auteur poursuit en se rendant capable de surench rir sur le geste du pr c dent, transgressant la transgression elle-mÞme, voire en se rendant capable de surench rir sur son propre d passement comme ce fut le cas pour Levinas, passant d’un livre l’autre, d’un Þtre autrement un autrement qu’Þtre. Et il faut remarquer cet gard que le chapitre que Marion consacre Pascal s’intitule : « d passement » et qu’en ce sens il n’ chappe nullement la m taphysique, qu’il pratique mÞme l’exc s, puisqu’il s’agit pour lui de radicaliser le geste de Levinas en le r p tant, – par-del l’horizon de l’objet, par-del l’horizon de l’Þtre afin d’acc der au ph nom ne r duit son donn pur. On notera alors que la ph nom nologie franÅaise, ainsi r investie voire subvertie par la m taphysique, effectuera une inversion compl te du sens op ratoire de la r duction ph nom nologique, laquelle n’aura plus du tout pour fonction de supprimer la transcendance, mais au contraire d’en r it rer plus s rement le geste, jusqu’ l’affolement total, – « d’autant plus de r duction, d’autant plus de donation ». Mais plus encore, un tel sens de la m taphysique n’a rien d’ind termin . Sa d termination, qui privil gie le geste de transgression et qui, pour Levinas, est d sir et « aspiration l’ext riorit radicale », suffit infl chir la m taphysique dans une tout autre direction que celle qu’elle a le plus souvent adopt e. Certes, les deux sens de la m taphysique ont pu se maintenir l’int rieur d’une mÞme philosophie, qui a conserv alors l’ambigu t fonci re du terme, en se proposant d’ difier la science de ce vers quoi elle se d passait et peut-Þtre que Levinas n’a pas lui-mÞme chapp l’ quivoque quand il consid rait l’ thique comme une « philosophie premi re ». Mais cette ambigu t n’empÞche pas ces deux sens d’Þtre irr ductibles l’un l’autre. Ils ne sont pas c t l’un de l’autre, pour la raison simple qu’ils marchent en direction contraire l’un de l’autre. Cet autre 15 16

E. Levinas, Transcendance et intelligibilit , Gen ve, Labor et fides, 1996, 18. Ibid., 19.

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sens de la m taphysique doit en effet s’entendre en effet moins comme une signification que comme une direction, en sorte que celle qui est prise par l’une est r solument l’inverse de l’autre, qui la prend revers. Il n’y a pas de transaction possible. Le premier sens, obvie, qui lui accorde le titre de science, est tout orient vers un projet de fondation ; la m taphysique cherche une assiette, une assise o s’asseoir et se tenir ferme afin d’obtenir assurance et r assurance. Le second sens est au contraire la subversion mÞme, transgressif d s son premier geste, se lib rant du primat de l’id e ou du concept o le cogito croit parfois gagner une tranquille assurance, en chappant cela mÞme sur quoi elle avait cru pouvoir s’appuyer comme son fondement. Il est l’inqui tude mÞme, l’instabilit fonci re. Si la m taphysique entend constituer un syst me, comprise en son second sens, « la m taphysique est le contraire du syst me »17. Et elle dessine une toute autre voie, qui marche en sens contraire de la pr c dente. Et son histoire s’est faite dans l’ombre et rebours de l’histoire de la m taphysique telle que son destin l’avait scell depuis Parm nide, quoiqu’elle d t pourtant d j s’ crire de l’int rieur de la philosophie grecque, d s Platon partag entre la voie de « l’ tre » et la voie du « Bien »18. C’est surtout celle qui s’ crit de l’int rieur de la philosophie moderne, avec Descartes, en tant que celui-ci chappe au projet de fondation qui l’anime et la forme syst matique (onto-th o-logique) qu’il a pu conf rer sa m taphysique. Cette histoire qui se jouait pour Bergson entre la voie de l’intuition et la voie du syst me, se jouera pour Levinas entre la voie de l’infini et « la voie de la totalit »19. La m taphysique proc dera alors pour Levinas essentiellement selon un proc d d’inversion et de renversement qui se rencontrait d j chez Bergson, selon le mÞme geste propre « invertir les termes »20 de l’ancienne m taphysique : la m taphysique a-t-elle toujours pos l’Þtre sur fond de n ant ? Il s’agira alors de « promouvoir une notion d’Þtre sans n ant, qui ne laisse pas d’ouverture, qui ne permet pas d’ chapp e »21 et que Levinas saisira dans la notion d’il y a. La m taphysique a-telle toujours r duit l’alt rit la figure du mÞme ? Il s’agira alors de ce que l’Autre pr c de le MÞme, comme l’ thique pr c de l’ontologique. La m taphysique a-t-elle toujours fait du temps une diminution de l’ ternit ? Il s’agira alors « de penser le temps non pas comme une d gradation de l’ ternit , mais comme relation ce qui, de soi inassimilable, absolument autre, ne se laisse pas assimiler M. Merleau-Ponty, « Le m taphysique dans l’homme », dans Sens et non-sens, Paris, Gallimard, 1996, 115. 18 E. Levinas, Totalit et Infini, Paris, Livre de Poche, « Biblio essais », 2010, 105. 19 Ibid., 86. 20 Ibid., 38. 21 E. Levinas, Le Temps et l’Autre, Paris, Puf, « Quadrige », 1998, 28. 17

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par l’exp rience »22 : le temps, comme dia-chronie et impossibilit de synchroniser les instants qui la composent, sera plus que l’ ternit et non pas moins. Ces exemples suffisent donner consistance et coh rence cette autre m taphysique dont l’histoire reste raconter. (ii) Dans ce second moment, il faut donc pouvoir montrer que Descartes est celui qui a rendu possible cette histoire, comme la source principale dont elle provient, encore qu’il ait pu dans le mÞme temps contribuer l’histoire dominante de la m taphysique. Et il n’est pas n cessaire de s’ lever avec Pascal en un lieu nonm taphysique, depuis lequel seul les limites de la m taphysique cart sienne se rendraient visibles. Car loin de les avoir ignor es, il faut consid rer que Descartes fut aussi le premier les avoir trac es avec nettet et qu’il fut aussi bien le premier rendre possible leur ventuelle transgression, en demeurant au sein mÞme de l’ordre de l’esprit, – o sa philosophie est pr tendument confin e, – par cela mÞme qui le d passe. Avant d’ crire ses M ditations m taphysiques, Descartes avait pris en effet soin de s parer trois domaines, rappelant encore ses objecteurs qu’en recherchant la v rit il n’entendait s’engager que dans un seul : celui qui rel ve de l’ordre de la connaissance. Et dans cet ordre, le bon usage qu’il r clame de notre libre arbitre est « tenir fermement la r solution de ne jamais donner son jugement sur les choses dont la v rit ne m’est clairement pas connue »23. Toutefois, un tel principe tait chez Descartes doublement limit , – par le bas et par le haut comme il le pr cisera dans ses quatri mes r ponses Arnauld : lorsqu’en effet il disait que nous ne devions « donner cr ance qu’aux choses que nous connaissons videmment »24, il devait en excepter par le haut « les choses qui regardent la foi » et par le bas « les actions de notre vie ». C’est dire qu’en se proposant de tout remettre en doute ce n’ tait bien qu’ propos des choses que l’on peut conna tre (ordre de l’esprit), et qu’il cartait aussi bien « les choses qui regardent la foi » – la th ologie, l’ordre de la charit – que ce qui rel ve des « actions de notre vie » – la morale, ordre de la chair. a) TraÅons plus nettement avec Descartes la premi re fronti re, telle qu’elle s pare par anticipation l’ordre de la chair de l’ordre de l’esprit (que nous d signons ainsi qu’en ce qu’elle fait d j signe vers Pascal) :

22 23 24

Ibid., 9 – 10. R. Descartes, M ditations m taphysiques, M ditation quatri me, AT IX, 49. R ponses aux quatri mes objections, AT, IX, 191.

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Au reste… j’ai toujours mis une tr s grande distinction entre l’usage de la vie et la contemplation de la v rit . Car, pour ce qui regarde l’usage de la vie, tant s’en faut que je pense qu’il ne faille suivre que les choses que nous connaissons tr s clairement, qu’au contraire je tiens qu’il ne faut pas mÞme toujours attendre les plus vraisemblables, mais qu’il faut quelquefois, entre plusieurs choses tout fait inconnues et incertaines, en choisir une et s’y d terminer, et apr s cela ne la pas croire moins fermement (tant que nous ne voyons point de raisons au contraire) que si nous l’avions choisie pour des raisons certaines et tr s videntes, ainsi que je l’ai expliqu dans le Discours de la M thode25.

En effet, dans sa quatri me m ditation Descartes affirmait que notre volont tait d’autant plus libre, et non pas moindre, qu’elle tait clair e par l’entendement. En sorte que le meilleur usage que l’on pouvait faire de sa libert tait de s’abstenir de juger dans l’attente d’obtenir une id e claire et distincte. O l’on voit que la volont , formellement infinie et tout enti re dans chacun de ses actes, ne doit finalement servir qu’ trancher, c’est- -dire prendre part au jugement quand il est besoin de combler le hiatus qui s pare l’esprit de l’ vidence compl te. Ainsi compris, l’id al de connaissance que Descartes poursuit serait au fond de pouvoir se passer du concours de la volont , comme si l’entendement laiss lui-mÞme, en disposant de tout le temps qui lui serait n cessaire, finirait par faire toute la clart et la distinction sur ses id es et par se d cider lui-mÞme. Telle est d’ailleurs la voie que prendra Spinoza qui, de faÅon cons quente, se d barrassera de la volont comme facult illusoire : « car, crit Descartes, si je connaissais toujours clairement ce qui est vrai et ce qui est bon, je ne serai jamais en peine de d lib rer quel jugement et quel choix je devrais faire ; et ainsi je serais enti rement libre, sans jamais Þtre indiff rent »26. Mais ce n’est pour Descartes qu’un id al qu’on atteint rarement (et qu’il n’atteint peut-Þtre qu’une seule fois avec la preuve ontologique). Et cela ne serait possible que si nous pouvions, dans l’ordre de l’esprit, r sorber toutes choses dans l’id e de Dieu avant de les en faire sortir, comme le pr tend Spinoza. Mais Descartes ne peut aller aussi loin, f t-ce pr cis ment parce qu’il distingue la contemplation de la v rit et l’usage de la vie. Et qu’on ne peut user de son libre arbre de la mÞme mani re ici et l . Car il est bien vident que dans la vie pratique, l’urgence de l’action m’oblige choisir et d cider sur des choses que je n’entends que confus ment, ce qui m’invite au risque. Autrement dit, l’id al de clart et de distinction est un principe qui vaut en th orie mais non en pratique, n’ayant jamais un temps infini qui me donnerait le loisir de suspendre ind finiment mon jugement. L’action est l , « ne souffrant aucun d lai »27, et c’est pourquoi la volont intervient, pour trancher ce que l’entendement ne peut d nouer. Comme l’ crit Descartes quelque part, il est n cessaire de s’alimenter 25 26 27

R ponses aux secondes objections, AT IX, 117 – 118. M ditation quatri me, AT IX, 46. Discours de la m thode, troisi me partie, AT VI, 25.

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sans savoir si la nourriture absorb e est comestible ou non. Ainsi dans l’usage de la vie, les choses m’apparaissent tr s clairement, mais sont trop nombreuses pour Þtre appr ci es avec distinction, en sorte qu’il me faut suivre le probable d faut de me r gler sur le vrai. Nous ne sommes plus si loin de « l’esprit de finesse » tel que le d finira Pascal. Et bien que Descartes se soit donn une morale par provision pour s’assurer de ses actions, il demeure une fronti re infranchissable o le r gime de nos id es, sit t qu’elles nous portent l’action, sont vou es la clart certes mais la confusion aussi, par quoi l’ difice construit par Descartes ne manque pas d’Þtre inqui t et fragilis par le bas, concluant d’ailleurs sa derni re m ditation par ces toutes derni res lignes qui n’ont rien de triomphal : « Mais parce que la n cessit des affaires nous oblige souvent nous d terminer, avant que nous ayons eu le loisir de les examiner si soigneusement, il faut avouer que la vie de l’homme est sujette faillir fort souvent dans les choses particuli res ; et enfin il faut reconna tre l’infirmit et la faiblesse de notre nature »28. b) TraÅons pr sent la seconde fronti re, telle qu’elle d limiterait l’ordre de l’esprit et l’ordre de la charit : Encore qu’on dise que la foi a pour objet des choses obscures, n anmoins ce pourquoi nous le croyons n’est pas obscur, mais il est plus clair qu’aucune lumi re naturelle. D’autant qu’il faut distinguer entre la mati re ou la chose laquelle nous donnons notre cr ance et la raison formelle qui meut notre volont la donner, car c’est dans cette seule raison formelle que nous voulons qu’il y ait de la clart et de l’ vidence. Et quant la mati re, personne n’a jamais ni qu’elle peut Þtre obscure, voire l’obscurit mÞme29.

De faÅon aussi nette, Descartes s pare la foi et les v rit s r v l es de la recherche de la v rit qu’il entend poursuivre. Car s’agissant des choses divines, il est entendu que les dogmes r v l s sont choses tr s obscures – des myst res – et que ces obscurit s suffiraient d’ailleurs ce que nous puissions en douter. Toutefois, si la mati re est obscure, « la raison formelle qui meut notre volont donner » notre cr ance est, quant elle, tr s claire. Mais ce qui « excite [alors] la volont croire » n’est plus la lumi re naturelle, mais bien la gr ce divine, – cette lumi re int rieure, par laquelle Dieu nous claire surnaturellement et nous donne une « confiance certaine que les choses qui nous sont propos es croire ont t r v l es par lui »30. La gr ce divine seule pourvoit quand l’ vidence manque et ce n’est que par elle que nous pouvons ajouter foi aux choses obscures, quoiqu’obscures ; sans elle, ajoute Descartes, l’incroyant aurait bien tort de les croire, p chant pour user mal de sa raison. Et en montrant le Bien, notre volont est surnaturellement clair e et d’autant plus libre qu’elle incline en effet vers lui. Et nous ne sommes plus si loin des crits sur la gr ce de Pascal. 28 29 30

M ditation sixi me, AT IX, 72. R ponses aux secondes objections, AT IX, 115. Principes de la philosophie, I, art. 25, AT IX, 36.

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L’article 25 des Principia r sume par son titre : « Et qu’il faut croire tout ce que Dieu a r v l , encore qu’il soit au-dessus de la port e de notre esprit ». Telle est l’autre fronti re infranchissable o le r gime de nos id es se trouve d’ailleurs en situation exactement inverse de la pr c dente. Du moins je me h te de l’avancer, avant qu’on me r fute. Si nous circulons dans l’usage de la vie parmi des id es certes claires mais toujours confuses, cause de leur trop grand nombre, en mati re de v rit r v l e, il faut nous confier l’autorit de l’ glise pour obtenir des id es certes distinctes, par les dogmes fixes qu’elle nous propose de croire, mais irr m diablement obscures – des myst res incompr hensibles. C’est dire que le doute m thodique n’a pas sa part au-del de cette limite pas plus qu’il n’en avait en-deÅ de l’autre. En sorte que loin de s’enfermer dans l’ordre de l’esprit, Descartes construit une m taphysique dont il conna t d j les limites et je ne vois pas qu’il ne puisse souscrire cette pens e de Pascal, qui enjambe les trois ordres : « il faut savoir douter o il faut, assurer o il faut, en se soumettant o il faut »31. Cette lecture n’est pas neuve. Elle est celle, remarquable, de Jean Laporte et d’autres avant lui, qui insistaient d j sur son « s paratisme »32. Et nous comprenons bien que Marion ne pouvait s’en tenir l . S’il fut conduit tudier Descartes, c’est qu’il lui tait apparu « comme un auteur en retard d’interpr tation », parce que d’une part « le rapport Descartes la pens e m di vale restait […] encore largement ininterrog »33 et parce que de l’autre son inscription dans l’histoire de la m taphysique n’ tait pas mÞme encore envisag e. Et nous croyons comme lui que l’interpr tation de Descartes chaque poque correspond « l’ tat de la philosophie franÅaise en g n ral »34, et qu’il arrive souvent en effet que les audaces interpr tatives de l’historien pr c de et pr pare celles que s’autorise le philosophe. Mais pour cette raison, le livre de Laporte m’ tait pr cieux puisque sans que Sartre, Merleau-Ponty ou Ricœur aient connu son livre qui ne paraissait qu’en 1945, on peut supposer qu’il cristallisait en lui un moment dans l’histoire de l’interpr tation de Descartes, qui devait correspondre la mani re dont la ph nom nologie franÅaise le comprenait alors. Par ailleurs, les r sultats que Marion devait obtenir sur le statut de la m taphysique chez Descartes r forment certainement les anciennes interpr tations mais ne les annulent pas n cessairement. Et nous-mÞme ne sommes revenus sur elles que depuis les leÅons cart siennes que nous avons reÅues de Marion. Cela nous parut

31 32 33 34

Pascal, Pens es, 170, d. Lafuma, Paris, Seuil, 1962. J. Laporte, Le rationalisme de Descartes, 1945, Paris, Puf, « pim th e », 2000, III, 315. J.-L. Marion, La rigueur des choses, Paris, Flammarion, 2012, 73. Ibid., 71.

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d’autant plus permis que sa ligne interpr tative, par Alqui qui fut son ma tre, nous semble pouvoir remonter jusqu’ Laporte.

(iii) Il est temps d’en venir au dernier point o nous voulions conduire, que nous continuons d’entendre depuis l’interpr tation que Marion a propos e de Descartes. Et c’est videmment le point d cisif et le plus tonnant aussi, puisqu’apr s avoir non seulement pos les limites de la m taphysique (onto-th o-logique), Descartes est aussi le premier avoir envisag leur transgression, avant donc Pascal, et offrant ses successeurs des br ches qu’il leur appartiendra de creuser et d’explorer, tirant peu peu le fil du cogito cart sien pour qu’il ram ne la ph nom nologie franÅaise elle-mÞme. a) Revenons sur la fronti re inf rieure. Nul ne sait exactement la morale d finitive que Descartes aurait fond e v ritablement, en remplacement de sa morale par provision. Il demeure qu’en d pit de la limite qu’il avait trac e, Descartes continue d’Þtre inqui t par « les actions de la vie » qu’il n’a pu mettre tout fait l’ cart. Elles reviennent dans la philosophie elle-mÞme, – i. e. l’int rieur de l’ordre de l’esprit, – par une transgression m taphysique qui subsiste en elle et par o elle s’ chappe par le bas, – savoir le sentiment de l’union de l’ me et du corps. En effet la distinction r elle qu’il a assur e entre les deux substances dans la VI me m ditation ne l’a pas dissuad de renoncer leur union r elle et tout aussi substantielle que l’exp rience lui donnait pour irr cusable, quoiqu’elle f t difficile concevoir. L’union est une notion primitive laquelle nous ne pouvons acc der que par les sens et pour laquelle nous n’avons qu’une id e claire et confuse. En un sens, elle ne s’obtient qu’ rebours, en sens inverse de la faÅon dont l’entendement conna t l’ me et le corps distinctement. Parce que l’entendement ne servirait en effet qu’ obscurcir ce qui est tr s clair et manifeste pour les sens, l’union ne se conÅoit qu’« en usant seulement de la vie et des conversations ordinaires, et en s’abstenant de m diter et d’ tudier aux choses qui exercent l’imagination »35. Autrement dit, l’union et la distinction ne peuvent Þtre conÅues en mÞme temps, – et par cette br che effectu e en bas, qui reconduit « l’usage de la vie » et tout ce qui rel ve des id es claires et confuses, Descartes ouvre en creux l’espace pour la possibilit d’une autre m taphysique qui, parce

35 Lettre de Descartes la Princesse lisabeth du 28 juin 1643, AT III, 690, Œuvres compl tes (J.-M. Beyssade et D. Kambouchner dir.), Paris, Gallimard, « TEL », t. VIII, vol. 2, 181.

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qu’elle marche en sens contraire, se dressera contre la m taphysique officiellement reÅue (Malebranche, Spinoza, Leibniz). C’est cette premi re br che, qu’ignore Husserl dans sa lecture de Descartes, que la premi re g n ration de ph nom nologues franÅais s’est propos d’explorer par approfondissement successifs, en accusant le geste de transgression peine amorc ici afin de penser un « cogito incarn » : Sartre, Merleau-Ponty, Ricœur dont la voie conduit Barbaras. Tous se proposent de penser cela mÞme que Descartes s’ tait content de vivre et qu’il n’arriva que difficilement par l’hypoth se de la glande pin ale. b) Revenons la fronti re sup rieure. Malgr la s paration stricte qu’il entendait tablir entre la philosophie et la th ologie, celle-ci demeure toujours l qui inqui te la philosophie, par l’id e d’infini que le cogito accueille en lui, qu’il peut entendre mais non pas comprendre, – obscurit r siduelle au sein de l’id e divine que Descartes s’efforcera peu peu de r sorber, preuve apr s preuve, jusqu’ obtenir sa clart compl te par l’argument dit ontologique, quitte assimiler l’id e de Dieu une id e g om trique. Si la m taphysique officielle ne retiendra que cette derni re, rendue sa totale intelligibilit , en revanche par cette br che effectu e en haut, Descartes ouvrait l’espace pour qu’une autre m taphysique, nouveau, lui r siste. Elle consisterait remonter la pente qu’il avait descendue et revenir l’id e d’infini qui, laiss e elle-mÞme, irait plut t rebours de cette exigence de clart . Elle r v lait une transcendance qui faisait exception dans le cogito, en le d bordant, en l’exc dant cette fois-ci par le haut. C’est cette seconde br che, que devait ignorer tout autant Husserl dont le cogito tait d cid ment plus troit que celui de Descartes, dans laquelle la seconde g n ration de ph nom nologues franÅais s’est engag e de son c t , ellemÞme par transgressions successives : Levinas, Marion, Henry, – et qui devait autoriser Levinas dire, sans Þtre infid le Descartes, que « le psychisme est originellement le th ologique »36. Il faudrait n anmoins compliquer le sch ma pour qu’il soit tout fait juste, car pas plus que la premi re g n ration n’a manqu l’ chapp e vers le haut et n’a ignor Autrui, la seconde n’a d laiss l’ chapp e vers le bas et ignor le corps. C’est l que notre hypoth se est d’ailleurs la plus risqu e, et nous prions le lecteur de ne la prendre encore qu’ titre programmatique. Elle a n anmoins trouv un d but de confirmation chez les auteurs que nous avons pu tudier de plus pr s (Sartre et Levinas) ; elle am nerait assur ment un surcro t de pr cision au statut de la m taphysique tel qu’il faut l’entendre dans le sens renouvel , mais d j ancien, que nous lui donnons. Si la m taphysique est pour la ph nom no36

E. Levinas, Transcendance et intelligibilit , op. cit., 39.

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logie franÅaise une trans-physique qui se refuse par principe au projet mÞme de fondation, on doit pouvoir rep rer en effet en chacun de ses repr sentants ce que J. Wahl avait nomm une « trans-descendance » et une « trans-ascendance ». Certes, c’est le cogito incarn et jet au monde qui fut d’abord privil gi , mais Sartre, sit t qu’il d crit le rapport Autrui, doit l’envisager « tant t en tat de trans-descendance (lorsque nous l’appr hendons comme objet et l’int grons au monde), tant t en tat de trans-ascendance (lorsque nous l’ prouvons comme une transcendance qui nous transcende) »37. En un certain sens, l’oscillation entre ces deux mouvements y est chez lui encore faible. De telle sorte qu’il faut supposer qu’ mesure que la ph nom nologie franÅaise approfondissait l’exploration du cogito, par leur geste commun et chaque fois r it r de radicalit , cette oscillation devait gagner en amplitude, dans la mesure exacte o ses auteurs se sont lus les uns les autres. Ainsi Levinas profite des acquis de Sartre et de Merleau-Ponty et, quand bien mÞme il entend privil gier surtout le rapport Autrui, il doit prolonger la m taphysique dans les deux directions la fois, dont il accuse le double mouvement en l’approfondissant davantage. On notera d’ailleurs que Totalit et infini tait d dicac Mme et M. Wahl, dont le Trait de m taphysique, f t-ce par l’importance qu’il a eue pour cette g n ration, m riterait d’Þtre un jour republi . En tout cas, il s’agit pour Levinas aussi d’approfondir le cogito sans quitter la philosophie, en demeurant int rieur l’ordre de l’esprit dont il prouve les limites afin d’en obtenir une « rationalit largie » telle qu’elle d borde la « logique de notre connaissance »38. Install son tour dans le cogito cart sien, il peut d s lors transgresser le cogito husserlien par le bas, dans un mouvement de transdescendance, – en louant Descartes d’avoir affirm « le caract re irrationnel de la sensation » qui n’est pas « pens e mutil e »39, faute d’Þtre anim e par une conscience intentionnelle. C’est cette sensation ind pendante, qui est jouissance de la vie, que Levinas avait d j rejointe depuis l’horreur de l’il y a, en explorant ce que Descartes avait seulement indiqu du doigt, – un cogito sensible et incarn . Par l il creusait plus profond que Sartre puisqu’il devinait sous le monde des ustensiles au niveau duquel celui-ci s’ tait maintenu (tributaire en cela de Heidegger), un monde plus primordial, celui des nourritures. Non pas que Sartre ait ignor le monde sensible, mais en consid rant la sensation comme une abstraction, il l’expulsait hors de la subjectivit et s’empÞchait de la vivre et d’en jouir. Il savait d’ailleurs que « tout occup » penser ce qu’il sent, il « ne le 37 38 39

J.-P. Sartre, L’ tre et le N ant, Paris, Gallimard, 2009, 448 – 449. E. Levinas, Transcendance et intelligibilit , op. cit., 38. Totalit et Infini, op. cit., 143.

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sen[tait] plus qu’ moiti » et qu’il tait « un d sert »40 face au sensible. Mais plus encore, Levinas transgresse le cogito par le haut, comme d sir dans un mouvement de « transascendance »41, en s’attachant l’id e d’infini mise en lui et qui lui fournit la situation de face- -face par o le visage se manifeste et soumet l’ego l’injonction thique. C’est « cette double lecture du cogito cart sien l’œuvre dans la pens e de Levinas »42 que Jocelyn Benoist avait le premier parfaitement vu. N anmoins il semble encore h siter y voir la possibilit « de rouvrir, hors m taphysique, la question du sujet aujourd’hui » ou celle de le penser « nouveaux frais » « en un sens autre de la m taphysique »43. Il tranchera dans un autre article en faveur de la seconde possibilit . Pour autant, si m taphysique il y a, il ne semble pas qu’il faille d s lors s parer aussi nettement deux cogito chez Levinas, un « cogito sensible » qui serait en deÅ de l’intentionnalit et « un cogito bless » qui serait au-del et ouvert autrui. Car la m taphysique consisterait plut t dans ce double mouvement de trans-descendance et de trans-ascendance, ce qui renverrait, par l’interm diaire de J. Wahl, la d finition exacte qu’en avait d j donn e Bergson44. Nous ne formulons ici que du probable, dans l’attente d’une confirmation par l’ tude des textes. La filiation de Levinas Bergson, souvent occult e, m riterait en effet d’Þtre elle-mÞme mieux tudi e tant elle fut profonde. Et on devrait prendre en compte la r sistance que Levinas prouvait malgr tout, comme Bergson avant lui, employer le terme de « sujet », auquel il pr f rait lui aussi celui de « moi » ou de « personne ». Car cette tradition r flexive franÅaise doit se reconna tre en ce que sa reprise inlassable du cogito n’a jamais fait de celui-ci un sujet au sens d’un fondement, n’ tant au mieux qu’une subjectivit , ce qui dans tous les cas n’est jamais lui-mÞme son propre fondement, mais plut t un milieu entre deux limites extrÞmes qu’elle s’efforce de rejoindre. C’est ce geste de double transgression qui d finit cette autre m taphysique, qui devait pr c der la ph nom nologie et qui peut-Þtre lui survivra. Loin de renvoyer un sens ind termin de la m taphysique, celle-ci, ainsi comprise, traverse la longue cha ne des cogito qui s’ tait lev e depuis Descartes. Elle lui assure sa continuit par o elle se glissait dans la doublure de la J.-P. Sartre, Carnets de la dr le de guerre, op. cit., Carnet III, 342. Totalit et Infini, 24. Renvoyant Existence humaine et transcendance de J. Wahl, Levinas ajoutait en note : « nous avons t beaucoup inspir par les th mes voqu s dans cette tude ». 42 J. Benoist, « Le cogito l vinassien : Levinas et Descartes », dans E. Levinas, Positivit et transcendance, suivi de Levinas et la ph nom nologie (J.-L. Marion dir.), Paris, Puf, « pim th e », 108. 43 Ibid., 109 et 106. 44 H. Bergson, « Introduction la m taphysique », La Pens e et le Mouvant, op. cit., 211 : « Entre ces deux limites extrÞmes l’intuition se meut, et ce mouvement est la m taphysique mÞme ». 40

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m taphysique onto-th o-logique ; et dans son ombre, comme P n lope, elle ne se lassait plus de d faire la nuit ce que celle-ci avait fait le jour. C’est cette solidarit inaperÅue qui me frappait et que je me suis efforc de souligner. Michel Henry pouvait s’y accrocher par un certain cha non (Biran), Marion par un autre (Pascal) et Barbaras encore un autre (Bergson), tous devaient Þtre reconduits la source cart sienne d’o la cha ne enti re tait sortie. D s son commencement, cette m taphysique devait renoncer l’horizontalit du rapport qui accordait le sujet l’objet ou l’objet au sujet. Plong e par le cogito dans le milieu de l’Þtre, elle tait travers e par un mouvement qu’elle devait s’efforcer de poursuivre en oscillant entre les deux infinis qui le d bordaient. Elle est toute en verticalit . Et la raison principale qui a d nous convaincre de ne pas penser hors de la m taphysique, Marion lui-mÞme, apr s Heidegger, devait nous la fournir, tirant de leurs pr misses une conclusion toute oppos e la leur. C’est qu’en effet sa fin n’est pas sa mort mais son triomphe, par o elle est enfin achev e ; et que loin d’Þtre aujourd’hui en agonie, elle est descendue hors des murs de l’Universit pour Þtre partout pr sente sous la forme du Gestell45. Et je ne vois pas qu’en effectuant un pas en retrait (Heidegger) ou un pas de c t (Marion), on puisse jamais la disqualifier. Ce n’est pas en tournant le dos l’adversaire qu’on le fera dispara tre. En abandonnant la m taphysique elle-mÞme, on lui laisse au contraire le champ libre et nous nous rendons complice de son r gne. Le sophisme de Heidegger avait t d’affirmer qu’en s’opposant la m taphysique, on lui demeure encore tributaire par la mani re de se poser face elle, et que pour cette raison on ne pouvait la surmonter qu’en se retirant et en ramenant la pens e la rencontre de l’ tre qu’elle avait oubli . Nul doute en effet que cette seconde m taphysique continue de d pendre de la premi re, jusqu’aux termes en discussion, puisque celle-ci est, qu’on s’y oppose ou qu’on s’y r signe, celle qui domine. Mais on ne secouera pas le joug m taphysique qui nous incline par une feinte purement th orique. Par sa fonction m ta- et le double geste transgressif qui la caract rise, cette autre m taphysique se d finit essentiellement comme r sistance. Et loin de nous promettre « la s r nit » (Gelassenheit) en laissant le monde capitaliste et technique lui-mÞme « comme ne nous atteignant pas dans ce que nous avons de plus intime et de plus propre »46, elle est p trie d’une mortelle inqui tude, ne pouvant sans honte y garder une « galit d’ me » face aux innombrables injustices conomiques et sociales qui s’y perp tuent. On ne d passe pas la m taphysique une fois pour toutes et il n’est pas assez de tous, et Cf. J. Vioulac, L’ poque de la technique. Marx, Heidegger et l’accomplissement de la m taphysique, Paris, Puf, « pim th e », 2009. 46 Heidegger, S r nit , tr. A. Pr au, dans Questions III, Paris, Gallimard, « TEL », 1990, 145. 45

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de tous les philosophes aussi, pour r it rer chaque fois le geste qui s’y oppose. En cela, Pascal, pas plus que Heidegger, ne suffit pr parer notre exil hors m taphysique. Quand on affirme qu’on peut la disqualifier une fois pour toutes, « c’est comme si je disais, crivait P guy, que je vais balayer le devant de ma porte une fois pour toutes »47. Rien n’est jamais d finitivement acquis et, apr s Pascal, il tait n cessaire qu’un autre prenne le relais, et d’autres ensuite. Il fallait que le chemin cart sien f t repris chaque fois nouveaux frais. Car si la m taphysique du Gestell a rendu inhabitable notre monde, nous n’avons alors pas d’autres choix que de lui r sister, de patienter au sens strict, de souffrir en supportant, de ronger son frein (« se manger les sangs » disait-on du temps de P guy) et de faire de la m taphysique une r sistance : « il ne s’agit pas de convaincre, il s’agit de vaincre […] ou plut t il s’agit de n’Þtre pas cras »48.

C. P guy, Note conjointe sur M. Descartes et la philosophie cart sienne, posthume 1914, op. cit., 1449. 48 Ibid., 1451. 47

Stanislas Jullien

Derrida et le tournant ph nom nologique de la d construction

Abstract Too often, the deconstruction unveiled by Derrida has been confused with a project of abandoning phenomenology. On the contrary, we want to demonstrate that Derrida’s deconstruction seeks to think a complication of phenomenology, consisting in producing a radical turn. And it is within infinite finitude theme that this turn will find its conceptual coordinates. By pursuing Derrida’s reading of Levinas, we will expose such a turn.

Comment ne pas parler du rapport de Derrida la ph nom nologie ? S’orienter dans cette question liminaire c’est au moins y entendre deux accentuations : celle qui sugg re l’impossibilit d’ viter de parler d’un tel rapport tant le geste de pens e qui s’est nomm avec Derrida « d construction » s’est labor depuis et dans l’initialit d’un dialogue historial avec la ph nom nologie husserlienne et heidegg rienne, en proclamant sans rel che le caract re incontournable de ce dialogue pour qui cherche penser s rieusement (au point mÞme que le geste derridien a lui-mÞme pour gen se l’exposition du probl me de la gen se dans la ph nom nologie de Husserl1) ; l’autre accentuation (de notre question liminaire) sugg re au contraire non seulement la possibilit , mais encore la faÅon d’ viter de parler du rapport que Derrida entretient avec la ph nom nologie, de la mani re dont il en parle ou dont il la traite, et cela, moins en restant silencieux sur ce rapport qu’en adoptant un ton sentencieux son gard qui revient dire ceci : que, c’est bien connu, la d construction maltraite la ph nom nologie, que celle-ci serait la mal trait e de la d construction derridienne. Et le remarquable, c’est que le plus souvent, l’impossibilit de tomber dans le premier vitement sous peine de d n gation n’ vite pas la chute dans le second, voire mÞme l’y pr cipite. Et nous soutenons que cette pr cipitation n’ vitera elle-mÞme ni l’adage h g lien selon lequel le bien connu r v le et occulte la fois le mal connu Probl me qui ne serait peut-Þtre pas seulement celui que Derrida pose Husserl mais qui pourrait bien devenir le probl me philosophique de la d construction qu’il n’aura jamais quitt , dont il ne sera jamais acquitt : spectralit de cette probl maticit qui ne cesse de revenir et de hanter la d construction depuis son coup d’envoi dans Jacques Derrida, Le probl me de la gen se dans la philosophie de Husserl, Paris, Puf, 1990. 1

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(car ce serait bien mal conna tre le geste de pens e derridien que de le r duire cette maltraitance philosophique), mais ni davantage la d n gation en affirmant que la d construction traite mal de la ph nom nologie, car elle ne serait pas comp tente en la mati re, ou bien parce qu’elle lui ferait subir des coups de marteaux ou des coups de forces interpr tatifs ; voire mÞme, parce qu’elle aurait fini par m priser la ph nom nologie en diagnostiquant son ext nuation historiale et en annonÅant ainsi sa disparition prochaine du paysage contemporain de la philosophie, de sorte que pour la d construction, l’ poque de la ph nom nologie serait r volue, qu’elle aurait fait son temps et qu’il faut donc passer autre chose car la ph nom nologie n’aurait plus d’avenir. Il y aurait d n gation, car chaque fois, il s’agirait de nier l’ind niable : une premi re fois en d niant grossi rement (si ce n’est vulgairement) la ma trise derridienne de la conceptualit husserlienne en confondant exhaustivit et inventivit de la ma trise ; une deuxi me fois en d niant na vement le caract re amoureux du geste d constructeur, s’il est vrai que Derrida aura souvent pr sent la d construction comme un geste d’amour – et si cet amour n’est pas sans violence, celle-ci ne sera jamais destructrice mais salvatrice ; une troisi me fois en d niant (trop) simplement que la d construction ne vise pas la dilapidation de la ph nom nologie mais sa complication. La seule t che qui m’incombe ici sera de ne pas c der cette d n gation, ne pas l’alimenter mon tour. Au contraire, il s’agit pour moi d’y r sister de toutes mes forces, non pas en vue de convertir le lecteur la d construction mais en vue de lui faire entendre la mani re dont la d construction derridienne parle autrement de la ph nom nologie : en n’ vitant pas donc de consid rer le rapport amoureux et compliqu qu’il entretient avec elle. Comment se mettre l’ coute alors de cette nouvelle intonation ? On dira : en se mettant l’ coute de Derrida lorsqu’il nous dit dans De la grammatologie, sorte d’opus magnum de la d construction, que la t che historiale de celle-ci consiste « […] d’abord puiser s rieusement la probl matique ontologique et transcendantale, traverser patiemment et rigoureusement la question du sens de l’Þtre, de l’Þtre de l’ tant et de l’origine transcendantale du monde – de la mondan it du monde – suivre effectivement et jusqu’au bout le mouvement critique des questions husserliennes et heidegg riennes, leur conserver leur efficace et leur lisibilit . F t-ce sous rature, et faute de quoi les concepts de jeu et d’ criture auxquels on aura recours resteront pris dans des limites r gionales et dans un discours empiriste, positiviste ou m taphysique. »2 vrai dire, entendre cela, et outre l’ampleur impressionnante de la t che qui s’y annonce, il serait bien tentant de voir dans cet appel l’ puisement un signe 2

Jacques Derrida, De la Grammatologie, Paris, Minuit, 1967, 73.

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probant de maltraitance, condition bien s r de confondre cet puisement avec un d mant lement de cette probl matique ontologico-transcendantale, annonÅant la suppression venir de la ph nom nologie au sein de laquelle cette probl matique puise son mode de questionnement et d’orientation propre. Et un esprit aussi subtile que celui de Dastur3 n’ vitent pas cette tentation confondante : de mani re exemplaire, elle voit dans les motifs derridiens de la trace, de la diff rance, de l’archi- criture, de l’absence de hors-texte, (toutes choses trop souvent l encore tomb es au rang du bien connu) ce qui, en cherchant puiser le principe des principes de la ph nom nologie en raison d’une inf odation m taphysique de l’intuition donatrice la d termination du sens de l’Þtre comme pr sence, viserait finalement s’ manciper non seulement de la compr hension ph nom nologique de la ph nom nalit , mais plus encore, de la possibilit mÞme de la ph nom nalit elle-mÞme et donc d’un rapport intentionnel une ext riorit intra-mondaine : mancipation culminant alors dans un enfermement auto-r f rentiel du langage risquant de d choir dans le mauvais infini d’un formalisme structuraliste, c toyant dangereusement le scepticisme, quand ce n’est pas le relativisme. Sauf que cette tentation interpr tative serait elle-mÞme exemplaire de la d n gation que nous cherchons viter tout prix en vue de faire entendre cet (appel ) l’ puisement autrement. Comment alors ? En n’ vitant pas de l’entendre depuis le s rieux avec lequel Derrida le caract rise. En quoi consiste ce s rieux ? En au moins quatre contraintes. Premi re contrainte : celle qui exige de cadrer l’ puisement en question partir de trois occurrences textuelles, tir es du mÞme livre, et depuis lesquelles cet puisement doit commencer r sonner autrement. La premi re occurrence nous pr cise que « la diff rence inou e entre l’apparaissant et l’appara tre est la condition de toutes les autre diff rences […] et elle est d j une trace» 4 : ce qui suppose que si puisement il y a, il doit se jouer au sein de l’inou de cette diff rence, et donc au sein mÞme de la ph nom nalit elle-mÞme. La seconde occurrence pr cise qu’« une pens e de la trace ne peut pas plus rompre avec une ph nom nologie transcendantale que s’y r duire »5 : sans s’arrÞter pour le moment sur le motif cardinal de la trace requis par celui de l’ puisement, on peut d j supposer que si puisement il doit y avoir, il se jouera l’int rieur de la compr hension ph nom nologique et donc transcendantale de la ph nom nalit m dit e par Husserl. La troisi me occurrence nous indique que « sur une certaine face d’elle-mÞme, la diff rance n’est certes que le d ploiement historial FranÅoise Dastur, « Heidegger, Derrida et la question de la diff rence », dans Derrida, la tradition de la philosophie, Paris, Galil e, 2008. 4 Derrida, De la Grammatologie, 95. 5 Ibid., 91. 3

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et poqual de l’Þtre ou de la diff rence ontologique. Le a de la diff rance marque le mouvement de ce d ploiement »6 : l encore, sans aborder encore le motif tout aussi crucial de la diff rance, on peut d j supposer que si puisement il y a, il se jouera l’int rieur mÞme de la compr hension ontologico-herm neutique de la ph nom nalisation m dit e par Heidegger. Deuxi me contrainte : celle qui, compte tenu des pr requis de la premi re, ne peut plus consid rer l’ puisement de la probl matique ontologico-transcendantale comme une op ration d’extinction mais comme une complication de la ph nom nologie, laquelle exige de traverser patiemment et jusqu’au bout les contraintes de pens e requises par cette probl matique. Mais qu’y a-t-il compliquer dans celle-ci ? Au moins ceci : le souci du ph nom nologique comme souci d’un a priori de corr lation entre le « sujet » et l’« objet » ressaisi son niveau le plus neutre, soit : au niveau d’un mode d’acc s ph nom nal l’ tant faisant de la ph nom nalit la dimension de cette accessibilit et faisant de la prestation intentionnelle le mode de d livrance de cette dimensionnalit , de sorte que cette accessibilit soit aussi celle de l’ tant lui-mÞme dans sa port e au ph nom ne pour autant que si l’intentionnalit n’est pas cr atrice de l’existence de l’ tant-donn , elle apporte celui-ci les conditions de sa ph nom nalisation c’est- -dire de sa manifestation comme tel sur le mode d’une dynamique diff rentielle par laquelle le tout de l’apparaitre se partage ou se r partit entre sa bordure id elle (co ncidant avec les prestations intentionnelles de la pens e) et sa bordure r elle (co ncidant avec l’afflux impressionnel de la r alit intra-mondaine). Troisi me contrainte : celle qui d ploie cette complication du ph nom nologique sur le mode d’un tournant. Oui mais voil : comment entendre un tel tournant si c’est depuis celui-ci qu’il s’agit de lire le rapport de Derrida la ph nom nologie ? R ponse : comme ce qui, dans un seul et mÞme mouvement, va d router de l’int rieur la ph nom nologie (non en la conduisant la d route ou la d b cle, mais en lui faisant prendre un autre cap, en la surprenant, la d stabilisant, la d sarÅonnant, la d sorientant), et va lui faire tourner la tÞte jusqu’ la lui faire perdre, non en la d capitant, mais en l’affolant, en la rendant litt ralement folle, s’il est vrai, comme le dira un jour Derrida, « qu’une folie doit veiller sur la pens e »7. D s lors, tout se passe comme si puiser s rieusement la ph nom nologie consistait pour la d construction prendre en garde et en charge cette veille, veillant ainsi sur la folie en tant que celle-ci aurait d’avance sur-veill la ph nom nologie pour l’avoir visit e et hant e d s le plus t t de son Jacques Derrida, « La diff rance », dans Marges, Paris, Minuit, 1972, 23. Jacques Derrida, « Une ‘folie’ doit veiller sur la pens e », dans Points de suspension, Paris, Galil e, 1992. 6 7

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inauguration historiale : nulle misologie dans cette veille, mais l’exigence de reconduire la rationalit de la ph nom nologie, et donc la logicit ontologicotranscendantale du phainesta , sa pathologie originaire comme cette ano a imm moriale dont la ph nom nologie souffrirait cong nitalement pour n’en Þtre pas l’origine, alors mÞme qu’elle y puiserait, peut-Þtre, sa condition de possibilit la plus matinale – f t-elle aussi la plus agit e et la plus tourment e qui soit. Et c’est donc dans cette reconduction bienveillante que consisterait le tournant ph nom nologique de la d construction : tournant d mentiel sa mani re puisqu’il transit la ph nom nologie en la faisant se retourner vers la folie comme vers le site hors-sol d’o elle recevrait, passionn ment, son acte de naissance. Quatri me contrainte : celle qui prescrit ce tournant pathologique son mode d’accomplissement. quoi renvoie cette prescription ? On l’a d j annonc : un geste d’amour constitutif du rapport de la d construction la ph nom nologie. En quoi consiste ce geste ? saluer la ph nom nologie, si saluer signifie, dans un seul et mÞme mouvement : honorer, rendre hommage, avoir de l’ gard pour ce que la probl matique ontologico-transcendantale de la ph nom nologique a su apporter de consid rable et d’irr versible la tradition philosophique ; quitter la ph nom nologie, s’en s parer ou s’en d lier en raison de sa forclusion dans la m taphysique quand celle-ci est comprise depuis sa cl ture phonologocentrique8 ; et enfin, sauver la ph nom nologie de ce qui la retient encore dans cette cl ture, de sorte que cette salvation fonctionnera toujours non plus sur un mode dialectique mais sur un mode hyperbolique. En effet, ce mode expose la ph nom nologie ses limites en lui faisant exc der de l’int rieur d’elle-mÞme sa cl ture m taphysique, exc s qui, loin de dissoudre sa probl matique, doit permettre celle-ci de concevoir une conomie g n rale du proc s de ph nom nalisation qui sache accueillir et rencontrer encore et toujours plus ce qu’il y a d’irr ductiblement autre dans l’alt rit port e au ph nom ne : qui sache donc encore et toujours plus se d penser sans compter, afin de ne plus escompter un retour de l’autre dans le MÞme comme MÞmet de la pr sence. Et c’est seulement en pousant cette salvation hyperbolique que l’ puisement de la 8 On rappellera lapidairement que par la d termination de cette cl ture, il faut entendre la connivence structurelle entre : 1) la concentration du logos sur la d termination du sens de l’Þtre comme pr sence (et donc comme centralit ) cloisonnant le processus de ph nom nalisation dans une conomie du MÞme qui r prime l’alt rit ; 2) le privil ge de la voix sur l’ criture au motif que la voix offre une m diation encore imm diate, une ext riorit encore immanente qui permet au processus logocentrique de s’accomplir en attestant la pr tention de la pens e ne d pendre que d’elle-mÞme, ne rien emprunter au dehors dans la production et l’acc s la pr sence ; 3) la r duction g n ralis e de l’ext riorit empirico-mat rielle visant au premier chef celle de l’ criture au motif que la mondaine mat rialit empirique inqui te l’auto-suffisance centrip te du logos en menaÅant gravement le retour dans la proximit soi de la pr sence.

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probl matique ontologico-ph nom nologique pourra Þtre s rieux, car loin de la mettre l’ cart, elle va produire en elle un carte(le)ment interne qui doit emporter irr m diablement l’onto-logique et le ph nom no-logique dans le vertige d’un tournant d mentiel au sein duquel cette probl matique constituera l’abc de la d construction sans pour autant en Þtre l’alpha et l’om ga. Or c’est ce rapport salvateur la ph nom nologie que je voudrais commencer faire entendre. Comment ? En s’installant un tant soit peu dans ce texte magistral, publi dans cette mÞme ann e 1967, et qui s’intitule « Violence et m taphysique »9. Ce texte est magistral plus d’un titre : a) d’une part, parce qu’il aura expos la premi re, et bien des gards ind passable, interpr tation d’un geste de pens e qui partage avec celui de Derrida le souci d’exc der la ph nom nologie – ou ce qui en elle, demeurerait encore complice du MÞme : ce geste, inou , porte la signature de Levinas ; b) d’autre part, parce qu’il permet de montrer qu’au cœur de cette affinit lective entre ces deux gestes, r gne une discordance irr m diable quant la mani re de concevoir le mode op ratoire d’un tel exc s : si pour Derrida, cette modalit sera grammatologique, elle sera thique pour Levinas, laquelle revendiquera mÞme le nom de m taphysique en un sens in dit. Il s’agira alors pour Derrida de montrer la fois en quoi l’exc s thique demeure encore retenu dans la cl ture phonologocentrique de la m taphysique, mais encore, en quoi la ph nom nologie husserlienne et heidegg rienne, chacune leur mani re, non seulement r sisteraient la critique l vinassienne, mais plus encore, abriteraient en elle(s) les ressources philosophiques permettant de penser les conditions d’un exc s de la m taphysique qui demeure interne la ph nom nologie (les conditions donc de son propre puisement, c’est- -dire de sa propre complication interne) ; c) enfin, parce que c’est par cons quent dans ce texte que Derrida aura sans doute expos le plus express ment et explicitement son plaidoyer amoureux pour la ph nom nologie, de sorte qu’il poss de pour nous une port e matricielle et programmatique puisqu’il doit nous mettre sur la voie du tournant ph nom nologique de la d construction que l’on cherche appr hender, si « nous mettre sur la voie » veut dire : nous m nager un acc s ce qui pourrait d livrer ce tournant sa mesure philosophique, en entendant par l l’ensemble des contraintes de pens e et d’ criture conditionnant la possibilit et le d ploiement de ce tournant. Mais puisque, on le sait, cette mesure se mesure elle-mÞme au s rieux avec lequel il faut conduire l’ puisement de la probl matique ph nom nologique, alors s’installer pour nous dans « Violence et m taphysique », c’est chercher comprendre en quoi pour Derrida l’ puisement thique de la ph nom nologie 9 Jacques Derrida, « Violence et m taphysique », dans L’ criture et la diff rence, Paris, Seuil, 1967.

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manque encore de s rieux. C’est en effet en exhibant le ressort cach d’un tel manquement que nous pourrons, peine, esquisser un claircissement du site partir duquel la d construction enclenche le tournant en question. Cette installation cherchera donc, uniquement et a minima, pr lever dans ce texte les marques de cette exhibition en circonscrivant d’abord la zone de proximit entre les deux penseurs, en lucidant ensuite le diff rend qui les s pare irr m diablement au sein de cette zone, et enfin en d duisant de ce hiatus ce qui permettrait d’esquisser les coordonn es conceptuelles permettant de cartographier le site d’o la ph nom nologie reÅoit pathologiquement l’adresse historiale de son tournant. En ce sens, et conform ment l’injonction du dieu de Delphes cher H raclite, on ne cherchera ni r v ler ni occulter ce site mais faire signe vers lui.10 1. Les marques d’une proximit : trace et alt rit infinie Avec des bottes de sept lieux et de de la mani re la plus s che, on se contentera d’abord d’indiquer ce que Derrida consid re comme les apports philosophiques incontournables du geste de pens e sign par Levinas. Il y en a au moins trois. Le premier renvoie l’exigence d’exc der la d termination ph nom nologique de la ph nom nalit en raison de son ob issance une conomie du MÞme r gie par l’ontologie c’est- -dire par la d termination du sens de l’Þtre comme pr sence : conomie qui recoupe le trait logocentrique de la cl ture m taphysique pour Derrida. Le second apport reconduit la possibilit de cet exc s la relation thique comme relation l’alt rit infinie d’autrui : cette alt rit est infinie parce qu’elle seule serait absolument irr ductible, c’est- -dire infiniment irr ductible, et donc infiniment inad quate l’ gard de toute (re)pr sentation assimilatrice, inint grable dans et par le MÞme. Une telle infinit conquiert ainsi pour Derrida un sens in dit puisqu’elle co ncide avec la brisure du MÞme, de sorte que « « Infiniment autre » ne signifie-t-il pas d’abord ce dont je ne peux venir bout malgr un travail et une exp rience interminable ? »11, crira Derrida. Le troisi me apport consiste penser que si la rencontre du visage d’autrui non seulement ne doit plus rien la constitution transcendantale d’une conscience ou la projection transcendantale d’un Dasein mais doit imp rativement rompre avec elles afin de ne pas se laisser enfermer dans le MÞme, et si elle doit pour cela adopter un r gime d’auto-manifestation que Levinas d terminera « Le prince dont l’oracle est Delphes ne parle pas (oute legei), ne cache pas (oute kruptei) mais fait signe (alla s manei) » 11 Derrida, « Violence et m taphysique », dans L’ criture et la diff rence, 168. 10

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comme un r gime piphanique, et si le visage n’est pas l’origine d’un tel r gime, alors il faut penser cette origine sur le mode d’une non-origine, c’est- -dire d’une trace. On mesure l encore l’importance pour Derrida de cette inclination de la pens e devant la trace12, laquelle affecte la source (du) transcendantal(e) d’une double inclinaison : a) celle vers un mode de monstration qui n’est plus surveill par l’instance de la pr sence, mais ouvert par l’imm morialit d’un pass qui n’aura jamais t pr sent, d’un rien matinalement h t rog ne l’Þtre, se passant de lui pour conditionner la venue piphanique de l’infinit d’autrui au ph nom ne, et c’est dans et comme cette pass e que cette non-pr sence ent rine sa teneur de trace ; b) celle vers un mode de temporalisation de l’ piphanie qui n’est plus r gi par la forme du pr sent-vivant et donc command par la synchronie de l’ conomie ontologico-ph nom nologique, mais qui se trouve emport dans une diachronie originaire transcendant la pr sentet et la miennet du temps. Voil donc ce que retiendrait Derrida : ce qui attire son attention comme ce quoi il tient, et qui ainsi m rite d’Þtre gard en m moire. Mais voil en mÞme temps ce qui va supposer une certaine retenue, c’est- -dire des r serves graves et profondes l’ gard de ce geste, la proximit avec la pens e de l’ thique ne tenant alors qu’ un fil qui retiendra Derrida de trop pr cipitamment c der la puissance de l’ thique, de s’accorder enti rement avec ces pr rogatives. Ce fil, gros d’un diff rend d saccordant, c’est celui du tournant. C’est ce qu’il nous faut exposer. 2. Les motivations d’un hiatus : l’acosmisme de l’ thique vrai dire, il y aura plus d’un hiatus : au moins deux, mÞme s’ils sont indissociables car ils portent, chez Derrida, sur l’articulation structurelle entre la complication du ph nom nologique et son archi-inscription, pour autant que le tournant que la d construction cherche instituer dans la ph nom nologie co ncide enti rement avec cette articulation. Si, donc, il y aura plus d’un hiatus, c’est parce que la modalit thique de la complication va briser cette articulation historialement d cisive. Comment ? En pensant cette complication sur le mode Importance qu’il soulignera ailleurs, la mÞme p riode : « Un pass qui n’a jamais t pr sent, cette formule est celle par laquelle Levinas, […] qualifie la trace et l’ nigme de l’alt rit absolue : autrui. Dans ces limites et de ce point de vue du moins, la pens e de la diff rance implique toute la critique de l’ontologique classique entreprise par Levinas » : « La diff rance », dans Marges, Paris, Minuit, 1972, 22. De ce point de vue du moins comme point d’accroche : « Violence et m taphysique » en aura expos les limites, ouvrant dans son dialogue avec Levinas la perspective du litige comme diff rend dans la proximit . C’est ce qui nous int resse au plus haut point. Voir aussi : Derrida, De la Grammatologie, 102 – 103. 12

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d’un acosmisme thique (premier hiatus) qui r clame, sa mani re, un mode de d ploiement encore phonologocentrique (second hiatus). On s’arrÞtera uniquement sur le premier. Le hiatus majeur qui va s parer originairement, et pour nous, d finitivement, la d construction et l’ thique repose essentiellement, lire « Violence et m taphysique », dans la mani re dont l’ thique l vinassienne engage l’interruption de l’ conomie du MÞme en demeurant apor tiquement l’ext rieur de cette conomie. Et cette aporicit va affecter aussi bien la possibilit mÞme de pr tendre tablir un discours sur la relation thique que la port e transcendantale du diff rer de la diff rence originaire avec lequel co ncide enti rement la possibilit et le d ploiement de cette relation. Dire que (la pens e de) l’ thique reste l’ext rieur, c’est dire pour Derrida qu’elle tente de se soustraire l’archiviolence de la ph nom nalit , archi-violence se d clinant, dans un seule et mÞme mouvement : a) comme violence de sa facticit transcendantale (qui est aussi bien celle de l’ouverture facticielle de la ph nom nalit comme facticit du transcendantal) ; b) comme violence du rapport ph nom nal au sein duquel une relation dissym trique (mais pas n cessairement unilat rale, on va le voir) s’instaure entre la ph nom nalit (comme moment structurel de l’appara trepour-moi-de-l’autre) et l’alt rit de toute ext riorit intra-mondaine, la seconde sollicitant le secours de la premi re pour pouvoir se montrer comme ext riorit et se manifester en tant qu’autre ; c) comme la violence conomique par laquelle s’accomplit inauguralement (mais peut-Þtre pas irr m diablement) un tel rapport, violence o la dissym trie prend une allure circulaire, car n’y circule que le r gne du MÞme. Mais alors, qu’est-ce qui demeurerait intenable pour Derrida dans cette chapp e fondatrice de l’ thique ? Dans quoi cette tentative ou tentation de soustraction risque-t-elle de faire retomber l’ thique et la rendre impraticable ? Dans la pire des violences, r pond Derrida : dans « cette violence absolue qui ne serait mÞme pas le contraire de la non-violence : le rien ou le non-sens purs. »13 Cette violence couv e par l’ thique serait pire encore que celle que l’ thique tenterait, en vain, d’ viter (de repousser et de fuir) au nom d’une pr servation de la paix : violence primitive de la nuit m ta-ph nom nologique et du silence pr logique. Mais de quelle nuit s’agit-il ? De celle d’abord qui risque de faire d choir l’ thique dans les affres nocturnes de l’empirisme, c’est- -dire dans la faute philosophique par excellence : faute cauchemardesque pour la philosophie puisqu’elle est « le rÞve d’une pens e purement h t rologique en sa source. Pens e pure de la diff rence pure », un rÞve dormir debout, puisque cette faute 13

Derrida, « Violence et m taphysique », 191.

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pr tend, aussi humblement que na vement, « se pr senter comme une philosophie. »14 Mais la pens e en souci de l’ thique aura-t-elle succomb cette faute par o elle consent promouvoir une r signation du concept et des a priori transcendantaux de la ph nom nalit , renoncer elle-mÞme donc ? bien y r fl chir, et compte tenu du troisi me apport reconnu par Derrida (consistant dans la mani re dont la relation thique doit Þtre comprise depuis une diff rence originaire entre la trace et le visage), rien n’est moins s r : en effet, si cette r signation empiriste est celle d’un renoncement interroger et d crire les conditions d’acc s ce qui, de l’infinit d’autrui, parvient au ph nom ne sous la guise non-ph nom nologique du visage, alors l’ thique n’aura pas abdiqu puisque cette conditionnalit , qu’il faut bien appeler transcendantale, moyennant la perturbation radicale qu’elle fait subir la conceptualit de celle-ci, est reconduite la trace et l’ouverture a priori par elle d’un r gime piphanique de r v lation donnant acc s l’infinit d’autrui, possibilisant sa rencontre15. Et si ce n’est donc pas sur ce versant de la nuit que l’ thique serait prise en d faut d’incons quence philosophique, la tr s grave accusation port e par Derrida l’endroit de l’ thique t moigne et atteste elle seule, s’il en tait encore besoin, de la d cision philosophique derridienne de ne pas c der sur la question de l’accessibilit comme sauvegarde proprement ph nom nologique de la ph nom nalit – f t-ce, comme on va la voir, pour la compliquer s rieusement. Une autre pente nocturne l’attend donc, plus irr sistible sans aucun doute : celle d’une an- conomie de la relation thique, d’une d pense pure par o le diff rer de sa diff rence originaire d ploie celle-ci, dans sa pr tention interrompre l’ conomie du MÞme, en faisant l’ conomie d’une autre conomie. Laquelle ? Celle qui, et de l’int rieur de la violence transcendantale, et donc au sein mÞme de l’ordre du MÞme, cherche penser au contraire une transaction avec lui, passer un compromis qui ne soit ni absolument pacifique (comme pour l’ thique) ni absolument violent (comme dans l’ontologie ph nom noloIbid., 224. MÞme si on peut toujours Þtre d Åu par le manque d’analyses descriptives permettant de d terminer le mode de structuration de cette accessibilit – mais cette remarque vaudra, jusqu’ un certain point, pour Derrida lui-mÞme. Il n’en reste pas moins que l’ thique, en n’ vitant pas la question de l’acc s, et contrairement ce qu’objecte Derrida, non seulement ne c de pas l’empirisme mais continue de s’y opposer car, au niveau neutre du r gime ph nom nologique de la description transcendantale, il substitue l’anachronie du niveau piphanique de cette description en la d stabilisant de fond en comble : en effet, la transcendantalit de la trace r v le ce qui, du visage, r siste la description, si n’est descriptible que ce qui se donne intuitivement dans la synchronie d’un pr sent, de sorte que l’accessibilit est d li e de la ph nom nalit pour Þtre reli e un r gime piphanique de la trace. Sur ce point, voir : Derrida, « Violence et m taphysique », 182 – 184. Sur ce point, on s’accordera aussi avec Alexander Schnell lisant Levinas depuis la perspective d’un renouvellement insigne du transcendantal-ph nom nologique, voir Alexander Schnell, En face de l’ext riorit – Levinas et la question de la subjectivit , Paris, Vrin, 2010. 14 15

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gique), n gociant ainsi une moindre violence capable de supporter une « inclusion structurelle de l’autre dans le MÞme »16, et donc de parier sur la possibilit de court-circuiter la circularit du MÞme en habitant autrement le d ploiement ph nom nologique de la ph nom nalit : en d liant celle-ci d’un dispositif monstratif r gi par la pr sence, pour rendre la ph nom nalit sa possibilit originaire, mais originairement occult e, d’accueillir l’alt rit de l’autre sur un mode non (re)pr sentatif et ainsi de partir la rencontre de son infinit ou alt rit infinie. Cons quence cruciale : une telle conomie intra-ph nom nologique va avancer, l’encontre de l’ thique, que cette infinit ne soit plus reconnue exclusivement au visage d’autrui mais doit Þtre imp rativement et irr ductiblement largie l’enti ret de l’ tant. coutons Derrida : « Il y a une violence transcendantale et pr - thique, une dissym trie en g n ral, dont l’archie est le mÞme et qui permet ult rieurement la dissym trie inverse, la non violence thique dont parle L vinas […]. Car cette origine transcendantale, comme violence irr ductible, du rapport l’autre est en mÞme temps non-violence puisqu’elle ouvre le rapport l’autre. C’est une conomie. C’est elle qui, par cette ouverture, laissera cet acc s l’autre se d terminer, dans la libert thique comme violence ou non violence17 » – comme ralliement l’ordre du MÞme ou comme son d bordement interne. D s lors, si cette conomie du n goce correspond la possibilit d’une conomie g n rale du ph nom nologique comme conomie du tout-autre, celle-ci ne passerait plus entre un r gime piphanique de la trace et le complexe ontologico-ph nom nale index sur le MÞme, mais l’int rieur de la violence transcendantale elle-mÞme, entre un certain r gime ph nom nologique de ph nom nalit et son accomplissement (re)pr sentatif. Mais il reste une question : pourquoi penser, au sein de cette conomie g n rale, la possibilit d’une ph nom nalit qui, tout en tant originairement violente, doit se faire violence elle-mÞme pour r v ler que sa violence ph nom nalisante initiale n’est pas celle par laquelle elle est dissimul e inauguralement, c’est- -dire la violence originaire du MÞme ? Pourquoi doit-elle donc se nier pour s’affirmer et r v ler la pacificit native de sa violence originaire condition de « faire la guerre la guerre qui l’institue »18 sans pouvoir jamais se r approprier cette n gativit ? Derrida r pond : parce que « cette guerre seconde, comme aveu, est la moindre violence possible, la seule faÅon de r primer celle du silence primitif et pr -logique, d’une nuit inimaginable qui ne serait

16 17 18

Ibid., 186. Derrida, « Violence et m taphysique », 188. Ibid., 188.

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mÞme pas le contraire du jour, d’une violence absolue qui ne serait mÞme pas le contraire de la non-violence : le rien ou le non-sens purs. »19 Or cette nuit du non-sens dans laquelle s’enfoncerait l’ thique pour y d choir n’est pas celle d’une privation de sens, ni mÞme d’une absence de sens, mais d’un sens dont l’absence d’ tantit , dont la non-pr sence rend possible une signifiance acquitt e du MÞme la seule condition de lui faire quitter le monde. Et si c’est cette condition pour Levinas que la signifiance se fait nigmatique, c’est pr cis ment dans et par cette nigme que pour Derrida la relation thique se ferait rattraper par la nuit. Pr cisons : la pens e de l’ thique ne pose pas seulement que l’ conomie du MÞme tient uniquement la d termination ontologique de l’Þtresens de la ph nom nalit et donc une id alisation du processus de ph nom nalisation int riorisant gologiquement l’alt rit de l’ tant intra-mondain par son identification la pr sentet de la pr sence. Elle pose plus encore que l’ tant intramondain, en tant qu’appartenant au monde, est prisonnier de sa d termination comme tant-pr sent, et ainsi se prÞte structurellement son id alisation, car il ne peut non seulement offrir aucune r sistance l’ conomie du MÞme qui va l’encercler mais plus encore, il va jusqu’ solliciter et rendre possible, sa mani re, son r gne.20 Par cons quent, si Autrui fait bien partie des tants du monde, ce n’est pas la lumi re de sa mondanit que son infinit sera accessible : son alt rit n’est infiniment autre qu’ transcender le monde gr ce au caract re tout int rieur de son ext riorit , (c’est- -dire d’une alt rit dont l’h t rog n it est irr ductible toute ext riorisation spatiale d’elle-mÞme parce qu’invisible et donc non capturable par la r pr sentativit ph nom nale), de sorte que c’est sous la condition de sa non-mondanit que l’infinit du visage d’autrui pourra se laisser r v ler gr ce un r gime piphanique de trace. Or Derrida ne veut pas c der cette violence nocturne produite par le caract re m ta-ph nom nologique de l’ piphanie. Et c’est pourquoi, il objecte l’ thique une « conomie de violence ». conomie qui ne peut se r duire ce que Levinas vise sous ce mot. Si la lumi re est l’ l ment de la violence, il faut se battre contre la lumi re avec une certaine autre lumi re pour viter la pire des violences […] » 21 – celle de la nuit, pr cis ment, comme nuit de la pr -violence thique pr tendant pouvoir faire l’ conomie du monde. Cette objection est philosophiquement d cisive car elle exige de rejouer cette diff rence (entre la paix et la guerre) l’int rieur du monde et donc de la guerre, depuis l’archifacticit d’une lumi re ph nom nalisante dont le d ploiement intramondain Ibid., 191. Sur ce point, voir, entre autres, Emmanuel Levinas, « La trace et de l’autre », dans En d couvrant l’existence avec Husserl et Heidegger, Paris, Vrin, 2002. 21 Derrida, « Violence et m taphysique », 170. 19 20

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abrite la possibilit enfouie d’un arrachement du monde au MÞme, et donc d’une certaine pacification intra-ph nom nologique du monde. Et d s lors : « cette diff rence, n’est-ce pas ce que toujours on a appel le Monde, dans lequel joue l’absence-pr sence de Dieu ? […] En un sens que notre langue accueillerait mal – et Levinas aussi – le jeu du monde pr c de Dieu. »22

3. La faute philosophique de l’ thique : l’occultation de la finitude originaire du ph nom nologique Mais il y a plus : tout se passe en effet comme si cette lecture corrosive par laquelle Derrida soul ve l’encontre de Levinas des objections consid rables par leur ampleur et leur pertinence se r capitulait dans la faute philosophique du geste thique. Laquelle ? Celle qui r side moins dans la compromission de l’ thique l vinassienne avec l’empirisme que dans le manque de s rieux qui caract rise encore sa mani re d’ puiser la probl matique ontologico-transcendantale de la ph nom nologie et donc d’exc der l’ conomie du MÞme laquelle elle se r duirait et se r sumerait, s’il est vrai qu’un tel manquement consiste pour Derrida penser un exc s de la ph nom nologie qui pr tend sortir du r gime ph nom nologique de la ph nom nalit , qui tente de se soustraire son archiviolence transcendantale et qui se refuse ainsi jouer le jeu du Monde. Or si, conform ment notre t che initiale, c’ tait depuis la compr hension de ce manquement que le tournant ph nom nologique de la d construction doit pouvoir Þtre approch , on peut d j avancer, au moins de mani re liminaire, qu’un tel tournant va exiger de faire passer l’exc s du MÞme l’int rieur de la ph nom nologie la condition imp rative suivante : celle qui exige de reconduire les prestations no tiques de l’intentionnalit un r gime de trace qui ne soit plus piphanique mais grammatologique, car seul un tel r gime sera susceptible de dispenser un processus de ph nom nalisation qui sache accueillir et rencontrer l’infinit d’une alt rit intramondaine ou de l’alt rit infinie nous arrivant du r el intramondain – et donc reconnue et dans celui-ci. Et c’est pourquoi, un tel tournant va se mesurer la mani re dont la pens e se doit de « donner droit – au sens critique – la violence […] d’une zone irr ductible de la facticit , d’une violence originaire, transcendantale, ant rieure tout choix thique, suppos e mÞme par la non-violence thique. »23 Mais c’est dire alors que c’est dans une telle zone que le tournant va puiser sa mesure, celle-l mÞme qui rendra la ph nom nologie incommensurable l’ conomie du MÞme, celle-l 22 23

Ibid., 158. Ibid., 184.

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mÞme dont nous annoncions la quÞte : c’est en effet dans cette zone que ce tournant d couvre son site inaugural. D’o la question : comment Derrida pense cette zone ? R ponse : comme celle de la finitude originaire du ph nom nologique. Et c’est pourquoi, comme le dira express ment Derrida lui-mÞme24, si l’exc s thique de la ph nom nologie manque encore de s rieux, c’est parce qu’il n’aura pas su endurer le s jour dans cette zone : c’est parce qu’il n’aura pas pris la finitude au s rieux. Mais que signifie prendre au s rieux la finitude ? Ceci : en affirmer le caract re originaire. Soit. Mais en quoi consisterait cette originarit ? En une performativit ou une cr ativit de la finitude ayant une port e transcendantale aussi initiale qu’irr missible. D s lors, si par finitude, il faut entendre le rapport originaire de la conscience intentionnelle ses deux limites que lui sont sa limite mortelle par o elle d pend de la facticit irr ductible de son Þtre-disparaissant dans la n antit du n ant et sa limite mondaine par o elle d pend de la factualit irr ductible de l’ tant d j -l comme de son Þtre-donn , alors, affirmer l’originarit d’un tel rapport, c’est affirmer que le rapport la limite n’est pas limitatif, restrictif, mais cr atif, c’est- -dire transcendantalisant. Ce qui exige alors de distribuer et partager cette cr ativit transcendantale aux deux rivages de la limite. Sur le rivage de la mortalit , on avancera qu’un certain rapport anticipatif la mort comme la n antit de ma disparition va rendre possible en l’ tant nomm e « homme » l’ouverture mÞme de la trace, laquelle rendra possible son tour la dispensation de la ph nom nalit en sa dimension id elle ou sens e condition de penser cette id ellit depuis la nihilit de la trace – ce qui impliquera peut-Þtre de ne plus parler en termes de conscience, voire mÞme, d’intentionnalit . Et c’est la revendication d’une telle performativit thanatologique de la finitude qu’il faut entendre d j dans « Violence et M taphysique » lorsque Derrida objecte radicalement Levinas que « l’alt rit infinie comme mort ne peut pas se concilier avec l’alt rit infinie comme positivit et pr sence (Dieu). La transcendance m taphysique ne peut Þtre la fois transcendance vers l’Autre comme Mort et vers l’Autre comme Dieu ».25 Quant au rivage de la limite mondaine, celui que Derrida dans ce texte aborde le plus express ment, on avancera qu’une pens e soucieuse de la finitude originaire du rapport ph nom nal ne reconna tra plus seulement dans la r ceptivit de l’ tant donn l’ant c dence d’une position d’existence, mais bien Ibid., 172. Ibid., 170. Sur le hiatus irr ductible entre ces deux transcendances tel qu’il se donnera penser chez Derrida travers le motif plus tardif d’un deuil archi-originaire, nous nous permettons de renvoyer notre article « Entretien discordant de Derrida et Levinas autour de la finitude originaire », dans Levinas-Derrida : lire ensemble, Danielle Cohen-Levinas ( d.), Paris, Hermann, 2015. 24 25

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l’ant riorit d’une puissance de manifestation pr -intentionnelle, qui va participer, sa mani re, au processus de manifestation, car ne peut recevoir la ph nom nalit que ce qui est d j entr dans l’apparition sa mani re. Et cette mani re, ant rieure toute intentionnalit , cela pourrait se dire avec Aristote physis comme arch kin sis en entendant par l cette puissance limitative par laquelle la physis fait cro tre dans l’apparition l’ tant sur un mode pr -intentionnel, c’est- -dire sur le mode d’une gen se (genesis) productrice immanente au r el. Mieux : reconna tre cette originarit de la finitude va donc exiger de reconna tre une nouvelle r partition du tout de l’appara tre entre les deux bordures interne (ou no tico-intentionnelle) et externe (ou physico-g n sique) de son champ, de sorte que l’on va assister un conditionnement mutuel des deux dans l’ordre mÞme de la manifestation.26 Mais il y a plus : compte tenu la fois et des apports irr versibles de la perc e thique (soit : la reconduction de la ph nom nalit un r gime trace exc dant l’ conomie du MÞme en rendant possible la manifestation d’une alt rit infinie) et des r sistances ou r ticences cruciales que Derrida formule leur gard et des exigences du tournant clairant en retour ce diff rend philosophique quant la mani re d’exc der la ph nom nologie, compte tenu de tout cela donc, le tournant en question doit correspondre la faÅon dont la finitude du rapport ph nom nal ( l’ tant-donn ) doit pousser sa cr ativit jusqu’ emporter le processus de ph nom nalisation dans une infinitisation in dite se d ployant sur le mode d’une conomie g n rale du ph nom nologique comme conomie g n rale du tout-autre (brisant le MÞme). Et c’est un tel emportement qui affolerait le ph nom nologique, si la folie r side dans cet auto-infinitisation insigne, intime et infernale de la finitude. Et c’est pourquoi nous pouvons en d duire que, quand bien mÞme Derrida ne s’exprimera pas en ces termes dans « Violence et m taphysique », le tournant aberrant de la ph nom nologie par lequel la d construction derridienne se s pare irr m diablement de l’ thique l vinassienne, cela se laisse dire : le tournant provoqu par la finitude infinie, en entendant par l la mani re dont la finitude du rapport ph nom nal l’ tant donn fait pulser du cœur d’elle-mÞme une infinit in dite. C’est donc dans la finitude infinie que le tournant trouverait son site inaugural, c’est en elle qu’il y trouverait sa mesure, mais une mesure folle car sans assise dans la pr sence et donc incommensurable l’ordre de l’essence, de sorte que loin d’offrir la s curit C’est depuis un tel conditionnement que l’on peut entendre Derrida lorsqu’il avance, toujours dans « Violence et M taphysique » que « si l’on ne suit pas Levinas quand il affirme que la vraie r sistance au mÞme n’est pas celle des choses, n’est pas r elle, mais intelligible, si l’on est rebelle la notion de r sistance purement intelligible, on ne suivra pas Levinas », dans Derrida, L’ criture et la diff rence, 168. Et c’est pourquoi Derrida ne suivra pas Levinas. Et nous non plus – sans r serve. 26

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d’un sol, un tel site se d robe dans l’abyssal.27 Et c’est pourquoi, endurer l’ preuve d’un tel tournant consistera pour la ph nom nologie endurer son retournement vers ce site hors-sol, car c’est seulement en se (re)tournant vers lui qu’elle pourra puiser s rieusement sa probl matique ontologico-transcendantale en puisant dans ce site les ressources imm moriales lui permettant d’exc der sa cl ture m taphysique r gie par le MÞme et de pacifier ainsi sa violence initiale, si la paix se mesure la ph nom nalisation d’une alt rit infinie immanente la factualit du r el-donn et donc l’illimitation eid tique du processus ph nom nal. Et nous soutenons que c’est depuis l’exigence d’un tel tournant que la signature derridienne de la pens e se rend compr hensible et audible, car c’est en elle que la d construction puise la r sonnance et la coh rence de sa trame conceptuelle en mÞme temps que son mode d’entretien historial avec la tradition. 4. La finitude infinie comme site du tournant ph nom nologique de la d construction On ne peut entrer ici dans l’explicitation de cette trame, mais pour justifier notre propos, on se contentera d’esquisser la mani re dont la situation inaugurale de la d construction dans la finitude infinie l’expose des contraintes de pens es et d’ criture qui, pour Þtre assum es, exigent l’invention d’une nouvelle conceptualit philosophique. Ainsi, pour pouvoir penser la possibilit du tournant, il faut pouvoir penser les conditions par lesquelles la finitude du rapport ph nom nal va pouvoir lib rer partir d’elle-mÞme l’infinitisation du processus de ph nom nalisation. Quelles sont ces conditions ? Au moins celles-ci : que chacune des bordures de l’appara tre puisse, chacune sa mani re, se rendre disponible cette infinitisation et ainsi en conditionner sa promotion ph nom nologique. Ce qui suppose que, chacune sa mani re, participe cette lib ration en abritant une certaine face d’infinit ou d’alt rit infinie, de sorte que le champ ph nom nologico-transcendantal ouvert par la finitude infinie doit Þtre compris comme et depuis une dynamique d’ change, de conditionnement et de promulgation mutuels entre ces deux faces d’infinit . a) Ainsi il s’agirait de descendre dans la profondeur abyssale et mouvement e de la bordure externe ou intramondaine en vue d’y d couvrir la face r aliste de l’infinit . Qu’est-ce dire ? Ceci : qu’il ne s’agit plus seulement de reconna tre l’alt rit de l’ tant-donn e une puissance d’auto-manifestation ant -ph nom C’est donc seulement la lumi re d’un tel site que l’on peut commencer se mettre l’ coute de Derrida lorsqu’il avance que « l’apparaitre de la diff rance infinie est fini » : La voix et le ph nom ne, Paris, Puf, 1967, 114. 27

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nale correspondant la puissance limitative de la physis. Il faudrait aller jusqu’ reconnaitre cette alt rit une disposition native l’infinit , car il ne pourra y avoir d’infinitisation du processus de ph nom nalisation qu’ la condition de porter au ph nom ne l’alt rit infinie du r el-donn , qu’ la condition donc que cette infinit (apeiron) soit pr -figur e en elle car pr -donn e par la physis. Il s’agirait donc de descendre dans la port e physico-g n sique de la physis pour y expliciter le mode d’infinitisation par lequel elle achemine, sa mani re, l’ tant dans l’appara tre. Pour autant, cette op rativit monstrative inh rente la physis n’est pas capable encore de s’appara tre elle-mÞme comme telle ni de faire appara tre ce qui merge d’elle dans la dimension du comme tel, si par cette dimension, il faut entendre un r gime de manifestation au sein duquel ce qui appara t se rapporte soi sur le mode d’un savoir de soi. Cette face physicog n tique de l’infinit , conform ment la discipline ph nom nologique, sollicite donc un comportement capable de re-m dier c’est- -dire de suppl er28 son imm diatet native. b) Un tel comportement se trouve donc sur la bordure interne de l’appara tre : descendre dans les profondeurs abyssales de celle-ci, ce serait y d couvrir la face id elle de l’infinit , correspondant un r gime de trace intra-ph nom nologique qui ne supprime pas la violence transcendantale comme violence de la transcendantalit ph nom nologique (celle d’une dissym trie irr ductible de la condition sur le conditionn ) mais en complique l’ conomie. Complication qui co nciderait avec la revendication d’un quasi-transcendantal chez Derrida : nulle fac tie rh torique dans ce motif mais l’articulation de quatre op rations29 par lesquelles le r gime ph nom nologiques de la trace pourra accueillir et rencontrer l’alt rit infinie du r el-donn (par la physis) et ainsi accomplir son tournant. Et on pourrait montrer que dans « Violence et M taphysique », c’est cette face d’infinit que Derrida reconna t la structure horizontale de la ph nom nalit et plus encore, aux ressources de celle-ci dans la nihilit de l’Þtre – ou sa pr figuration.

C’est partir de l que le motif derridien du suppl ment, indissociable de ceux de la trace, de la diff rance et de l’archi- criture, devrait tait clair . 29 En guise d’annonce, ces op rations consisteront promouvoir un largissement du transcendantal (au-del de la sph re du no tique vers la r alit mondaine), une contamination du transcendantal par son archi-inscription dans l’empirique, un cartement par le transcendantal de la pr sentation et une v nementialit du transcendantal dans laquelle il se laisse surprendre par ce qui arrive d’impr visible sur la sc ne de la ph nom nalisation. 28

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5. Conclusion L’enjeu initial de notre contribution visait faire entendre autrement le rapport de la d construction la ph nom nologie, c’est- -dire le faire entendre depuis le tournant que la d construction a institu en elle depuis le site hors-sol de la finitude infinie. Nous posons en effet que c’est seulement depuis ce site que l’on peut commencer comprendre la gigantomachie historiale que Derrida engage avec Heidegger d’abord, lequel aura pris au s rieux comme personne la finitude pour affirmer en premier son originarit , mais pas assez pourtant, aux yeux de Derrida en tout cas, pour penser s rieusement que sa cr ativit puisse la conduire s’infinitiser partir d’elle-mÞme sur un mode in dit ; avec Levinas ensuite, qui aurait su renouveler le sens de l’infinit tout en ne prenant pas assez au s rieux la finitude originaire ; avec Husserl enfin qui n’aurait pas su mener sa perc e vers un r gime intra-ph nom nologique de cette infinit par manque de s rieux l encore, en privant la finitude de toute port e constituante. Or, retourner la ph nom nologie vers son site hors-sol vise moins pour Derrida pr server l’exp rience de ph nom nes limites, qu’ exposer la ph nom nologie la limite d’elle-mÞme en exposant la ph nom nalisation ce qui, de la limite, la fait basculer dans l’illimitation eid tique : endurance non pas d’une ph nom nologie de l’outre, mais d’une outre-ph nom nologie exc dant de l’int rieur la ph nom nologie sans pour autant quitter le ph nom nologique ou pr tendre s’en acquitter. L’outre-ph nom nologie, c’est donc celle qui non seulement ne passe plus outre la finitude du rapport ph nom nal mais, plus encore, s’y enfonce corps perdu pour y d couvrir l’outrance de la finitude en et comme laquelle elle lib re du dedans d’elle-mÞme l’infinitisation de la ph nom nalisation. Une telle d couverte correspond au tournant de la ph nom nologie par laquelle celle-ci souffre son retournement vers le site hors-sol de la finitude infinie en vue de se rendre l’insoustrayable de sa violence, mais une violence archi-pacifiante car elle correspond un r gime de trace ouvert (en amont) par l’originarit d’un certain rapport la mort, r gime ouvrant une dispensation ph nom nologique de la trace qui non seulement reconna t la finitude originaire du rapport ph nom nal mais, plus encore, d ploie cette reconnaissance sur le mode d’une infinitisation du processus de ph nom nalisation qui emporte a priori la trace dans l’inscription – car l’origine comme non-origine, comme originarit non pleine et non pure – comme anarchie donc, c’est l’« origine inscrite ; l’inscription, c’est l’origine crite : trac e et d s lors inscrite dans un syst me, dans une figure qu’elle ne commande plus. »30 Et l’on comprend alors que le concept d’archi- criture (indissociable de ceux de la trace ou de la 30

Derrida, « Violence et m taphysique », dans L’ criture et la diff rence, 169.

Derrida et le tournant ph nom nologique de la d construction

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diff rance), loin de signifier l’exclusion de la ph nom nalisation, va permettre de penser au contraire son archi-inscription, laquelle est corr lative de son archiinfinitisation, car requise par elle comme la condition mÞme de sa pacification. Et le tournant dit cette d duction proprement ph nom nologique de l’ criture : il dit non pas une mise au dehors de la ph nom nologie, mais l’affirmation d’une ph nom nologie du Dehors en entendant par-l la mani re dont la finitude du rapport ph nom nal l’infinit affluant du r el-donn (le dehors) emporte a priori le processus de ph nom nalisation au dehors, dans l’archicriture, c’est- -dire la fois dans une structure formelle de renvois et dans un mode d’ext riorisation mat rielle se dispensant primordialement chez Derrida travers les vecteurs du langage et de la technique. Et c’est pourquoi une telle ph nom nologie du Dehors d ploie le champ ph nom nologico-transcendantal sur le mode d’une techno-ph nom no-logie qui tout la fois rend compte de l’in puisabilit du ph nom ne et rendra possible la transmission id alisante de ses occurrences d termin es – dat es. Et puisque cette diction du tournant est dict e par le site de la finitude infinie, alors r pondre de cette dict e pour la d construction aura consist penser avant tout et plus que tout, un r alisme ph nom nologique qui oblige la pens e m diter les affinit s lectives de l’id alisme et du mat rialisme depuis les forces diff rentielles ou les faces d’infinit l’œuvre, chacune leurs mani res, dans chacune des bordures de l’appara tre. Et c’est cette responsabilit philosophique de la d construction dont je voulais t moigner en m’y sentant convoqu , car elle atteste de l’actualit d bordante de la d construction dans le paysage de ce qu’on a pu appeler la nouvelle ph nom nologie franÅaise.

Fabian Erhardt

Was ist Ph nomenalisierung? Zur Dynamik der Gegenstandskonstitution

Abstract While for Husserl the concept of the phenomenon is the linchpin of phenomenological research, the concept of phenomenalization has taken on a central role in the more recent discussion. This concept seems to capture the insight that the “phenomenological” as a genuine field of research of phenomenology can neither be located on the side of the “phenomena-of-something”, nor on the side of the “nothing-but-phenomena”, i. e. on the side of the phenomena in the purity of their appearing. Rather, a consequent turn to the phenomenological requires to thematize the generative transition between these extreme poles as a “phenomenological flickering”, which at the same time distances and keeps in contact the modal determinations of conditions, conditionalities, and relationships between conditions and conditionalities. In this way it can be clarified what (i) exactly means that each appearance requires withdrawal, and (ii) which elements must be involved in the “reality-creative” (Wolfram Hogrebe) performances of the subject-object structure.

Vorbemerkungen Ph nomenologie hebt mit der Beobachtung eines irreduziblen berschusses jeder intentionalen Bezugnahme an – »Kein Intendiertes, kein Noema ›s ttigt‹ die intentionale Struktur als Ganze«.1 Die folgenden berlegungen versuchen einen Beitrag zur Kl rung desjenigen Begriffes zu leisten, in dem die Konsequenzen dieser chronischen Exzessivit t philosophisches Programm werden sollen: Es handelt sich um den Begriff der Ph nomenalisierung. In erster N herung verweist »Ph nomenalisierung« auf die Ambition, evidenziell gest tzten epistemischen Kontakt zur »immanenten Prozessualit t« der Subjekt-Objekt-Struktur herzustellen. Um die Genese dieses Begriffs hinreichend pr zise und intelligibel zu motivieren, bedienen wir uns 1.1) einer Vergegenw rtigung der »objektiv-logischen« Begr ndungstheorie Kants, schließen 1.2) eine Darstellung des Vorrangs »subjektiv-logischer« Begr ndung bei Husserl an, um 1.3) die sich daraus ergebenden Konfigurationen des Transzendentalen zu beschreiben. Danach folgt 2.1) eine Kritik der von Kant und Husserl geteilten Pr supposition der hinreichenden Vertrautheit mit Gegenst ndlichkeit, 1

Wolfram Hogrebe: Der implizite Mensch. Berlin 2013, 17f.

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welche 2.2) zur Vorstellung einer Pr supposition der hinreichenden Unvertrautheit mit bergegenst ndlichkeit f hrt; diese stellt schließlich die nçtige Perspektive bereit, um 2.3) eine sich gegenseitig erhellende Bestimmung der Begriffe »Korrelationismus« und »Ph nomenalisierung« anzubieten.

1. Transzendentale Begr ndung Die begr ndungstheoretische Pointe der Transzendentalphilosophie ist bekannt: Gegenst ndlichkeit steht unter den Bedingungen der Subjektivit t2. Im Rahmen eines solchen subjektivit tstheoretischen Begr ndungsprojekts haben Kant und Husserl die Notwendigkeit dieses Bedingt-Seins auf unterschiedliche Weise instruktiv entwickelt: »Geltungsnoematisch« als fundiert in »objektiv-logisch« bestimmten gegenstandskonstitutiven Begriffen, »geltungsnoetisch« als fundiert in »subjektiv-logisch« bestimmten gegenstandskonstitutiven Leistungen. 1.1 Kants »Primat des Geltungsnoematischen« In seiner allgemeinsten Form ist ein »Gegenstand« ein re-aktualisierbarer, bestimmbarer Bezugspunkt, der die Orientierung und Kontinuierung der Operationsabfolgen eines intentionalen Systems ermçglicht. In dieser Hinsicht gibt es keinen Unterschied zwischen mathematischen, wissenschaftlichen oder allt glichen Gegenst nden. Kant zufolge ist ein Gegenstand insofern das Produkt eines erkennenden Subjekts, »als er das Ergebnis der regelgeleiteten Aktivit t des Subjekts ist«3 : »Objekt aber ist das, in dessen Begriff das Mannigfaltige einer gegebenen Anschauung vereinigt ist«.4 Als Ermçglichung dieser Vereinigung stellt die kategorial strukturierte Apperzeption des Subjekts den »G ltigkeitsgrund der transzendentalen Voraussetzungen der Erkenntnis«5 von Gegenst nden dar. In der Kritik der reinen Vernunft arbeitet sich Kant in einer »subjektiven Deduktion« am Leitfaden der gegenstandskonstitutiven Leistungen von Anschauung, Einbildungskraft und Verstand hin zu einer »objektiven Deduktion«, wel2 Vgl. Christian Krijnen: Gegenstandskonstitution bei Husserl und in der klassischen deutschen Philosophie: eine problemgeschichtliche Deutungslinie. In: Faustino Fabbianelli, Sebastian Luft (Hg.): Husserl und die klassische deutsche Philosophie. Cham 2014, 115 – 131, hier: 117. 3 Rolf-Peter Horstmann: Kant und Carl ber Apperzeption. In: J rgen Stolzenberg (Hg.): Kant in der Gegenwart. Berlin 2007, 131 – 148, hier: 135. 4 Immanuel Kant: Kritik der reinen Vernunft. Frankfurt a. M. 1995, B 137. 5 Martin Bunte: Erkenntnis und Funktion: zur Vollst ndigkeit der Urteilstafel und Einheit des Kantischen Systems. Berlin 2016, 231.

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che die notwendigen Bestimmungen gegenstandskonstitutiver, nicht-empirischer Begriffe analysiert. Dabei argumentiert er f r »eine das Noetische integrierende noematische Grundlegung«6 : Um sicher zu stellen, dass die Erkenntnis eines Gegenstandes auch wirklich eine Erkenntnis und nicht subjektive Willk r ist, muss garantiert werden, dass sich die gegenstandskonstitutiven Vollz ge nicht »aufs Geratewohl oder beliebig« realisieren. Sie bençtigen ein »dawider«7 als »Woraufhin« der Leistungen, sie bençtigen Gegenst nde, deren Gegenst ndlichkeit ein hinreichendes Maß an Eigenstruktur aufweist. Nach Kant gr ndet die Mçglichkeit einer stabilen und konsistenten Eigenstruktur von Gegenst nden in letzter Instanz in gegenstandskonstitutiven Begriffen, den »Kategorien« als »reinen Begriffen a priori«. Als Verbindung der Synthesis des reinen Verstandes und der reinen Sinnlichkeit definieren sie die »reine[n] logische[n] Bedingungen, die an einem Inhalt erf llt sein m ssen, sofern er zum Inhalt des Bewußtseins gemacht werden soll.«8 Dergestalt fungieren sie als »Gesetz der synthetischen Einheit«9 der urspr nglichen Apperzeption, das die apprehensiven, reproduktiven und rekognitiven Synthesen des Subjekts »erfahrungsunabh ngig und zugleich gegenstandsbezogen«10 ausrichtet. Damit ist die begr ndungstheoretisch ausschlaggebende Perspektive des kantischen Systems: »Transzendentale Erkenntnis« ist die Erkenntnis der gegenstandskonstitutiven Begriffe, die zur Mçglichkeit der Erkenntnis von Gegenst nden objektiv-logisch notwendig sind. »Primat des Geltungsnoematischen« bedeutet nun: Diese Begriffe lassen sich zwar nur vermittels subjektiv-logischer Leistungen bestimmen, sind in der Notwendigkeit ihrer Bestimmungen aber vermittlungsunabh ngig. Vor diesem Hintergrund ließe sich der geltungsnoematische Grundsatz des Transzendentalen wie folgt formulieren: Die Notwendigkeiten der basalen Regeln gegenst ndlicher Synthesis fundieren die Mçglichkeiten der gegenstandskonstitutiven Leistungen des Subjekts. Ihm korrespondiert der methodologische Hauptsatz geltungsnoematischer Transzendentalit t: Die Notwendigkeiten der basalen Regeln gegenst ndlicher Synthesis sind als Bedingungen der Mçglichkeit von Erfahrung selbst keine Gegenst nde mçglicher Erfahrung. Dieser wiederum wird erg nzt durch einen methodologischen Nebensatz geltungsnoematischer Transzendentalit t: Die Notwendigkeiten der basalen Regeln gegenst ndlicher Synthesis sind Gegenst nde eines spezifizierbaren »deduktiven« Verfahrens. Krijnen: Gegenstandskonstitution bei Husserl, 124. Kant: Kritik der reinen Vernunft, A 104. 8 Ernst Cassirer: Das Erkenntnisproblem in der Philosophie und Wissenschaft der neueren Zeit. Bd. II. Berlin 31922, 719. 9 Krijnen: Gegenstandskonstitution bei Husserl, 119. 10 Matthias Wunsch: Einbildungskraft und Erfahrung bei Kant. Berlin/New York 2012, 88. 6 7

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1.2 Husserls »Primat des Geltungsnoetischen« Husserl wendet sich entschieden gegen diese Position. Die »idealisierenden Voraussetzungen« der basalen Regeln gegenst ndlicher Synthesis gr nden selbst in einer »urquellend fungierenden Subjektivit t«11. Deren »lebendiger Vollzug« bleibt bei Kant unthematisch: Die Gegenst nde, mit denen er sich besch ftigt, »sind schon konstituierte Einheiten, von einer berreichen intentionalen Struktur, die nie einer systematischen Analyse unterzogen wird«12. Um diesen »Mangel an Radikalismus«13 wettzumachen, bedarf es einer Untersuchung aller »›konkreten‹ Konstitutionsmodi des Erscheinenden«14 als »faktisch ablaufender Konstitutionsprozesse«15 in »streng intuitiver Wesensnotwendigkeit und -allgemeinheit«.16 Dabei zeigt sich, dass alle Gegenst nde mit einer spezifischen Gegebenheitsweise korrelieren. So kann nicht schlicht vorausgesetzt werden, dass f r die Dingwahrnehmung dieselben gegenstandskonstitutiven Regeln gelten wie f r die Fremdwahrnehmung oder das Zeitbewusstsein. Dem Begriff des Ph nomens kommt nun die Aufgabe zu, diese »Relativit t der erscheinenden Gegenst nde auf ihr jeweiliges Erscheinen« als »urspr ngliche Einheit« der intentionalen Korrelation zu erforschen. Unter »Erscheinendem« versteht Husserl die Gegenst nde als »jegliches uns begegnende Identische«17, unter »Erscheinen« den Vorgang, der solches Identische mit seinen Bestimmtheiten darbietet. Unter Ankn pfung an die allgemeine Definition eines Gegenstandes als reaktualisierbarem, inhaltlich bestimmbarem Bezugspunkt intentionaler Operationen hieße das: W hrend Kant seinen begr ndungstheoretischen Schwerpunkt auf die objektiv-logische G ltigkeit der inhaltlichen Bestimmbarkeit von Gegenst nden legt, verlagert Husserl die begr ndungstheoretische Hauptlast in die Edmund Husserl: Die Krisis der europ ischen Wissenschaften und die transzendentale Ph nomenologie. Eine Einleitung in die ph nomenologische Philosophie. Hg. von Walter Biemel (Husserliana, Bd. 6). Den Haag 1976, 102. 12 Edmund Husserl: Erste Philosophie (1923/24). Erster Teil. Kritische Ideengeschichte. Hg. von Rudolf Boehm (Husserliana, Bd. 7). Den Haag 1956, 198. 13 Husserl: Krisis, 103. 14 Alexander Schnell: Wirklichkeitsbilder. T bingen 2015, 93. 15 Rudolf Bernet: Transzendentale Ph nomenologie? In: Carlo Ierna, Hanne Jacobs, Filip Mattens (Hg.): Philosophy, Phenomenology, Sciences. Essays in Commemoration of Edmund Husserl. Dordrecht 2010, 41 – 70, hier: 64. 16 Edmund Husserl: Cartesianische Meditationen und Pariser Vortr ge. Hg. von Stephan Strasser (Husserliana, Bd. 1). Den Haag 1991, 180. 17 Klaus Held: Husserls R ckgang auf das phain menon und die geschichtliche Stellung der Ph nomenologie. In: Ernst Wolfgang Orth (Hg.): Dialektik und Genesis in der Ph nomenologie. Freiburg 1980, 89 – 145, hier: 90. 11

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subjektiv-logischen Aspekte einer »Vernunft in der Aktualit t«18, welche durch ihre re-aktualisierenden Leistungen den Gegenstand als intentionale Variable im Wie ihres Erscheinens hervorbringt. Demnach verfolgt Husserl nicht die Fundierung der »Wohlgegr ndetheit der Erkenntnis« in allgemeinen, kategorialen Formen, sondern die Fundierung sachhaltiger Inhalte dieser Formen in den »intentionalen und vorintentionalen Strukturen«19, die »bei allem objektiv Festgestellten schon seinsm ßig vorausgesetzt«20 sind. Unter »objektiv festgestellt« fallen auch diejenigen objektivlogischen transzendentale Bedingungen, die Kant im Rahmen seines subjektivit tstheoretischen Begr ndungsansatzes als fundamental veranschlagt. Die »letztbegr ndende Schicht«21 ist also nicht die an der Gegenst ndlichkeit des Erscheinenden orientierte Notwendigkeit gegenstandskonstitutiver reiner Begriffe a priori, sondern die an der Prozessualit t der »Einheit des Erscheinens des Erscheinenden« orientierte Notwendigkeit der gegenstandskonstitutiven Leistungen des Subjekts. Hier wird der zentrale Punkt des begr ndungstheoretischen Ansatzes von Husserl sichtbar: »Transzendentale Erkenntnis« ist die Erkenntnis der »Wesensform der transzendentalen Leistungen«22, die zur Mçglichkeit des Erscheinens von Gegenst nden subjektiv-logisch notwendig sind, also eine transzendentale Logik subjektiver Erkenntnisakte. Entsprechend bedeutet »Primat des Geltungsnoetischen«: Diese Leistungen lassen sich zwar nur vermittels »mannigfaltiger intentionaler Bezogenheiten«23 bestimmen, die unz hlige objektiv-logische, also formale und kategoriale Aspekte aufweisen; in ihrer Notwendigkeit als »apriorische Typik von Leistungen«24 in »universale[r], absolute[r] Konkretion«25 sind sie dennoch vermittlungsunabh ngig. Daran anschließend kann der geltungsnoetische Grundsatz des Transzendentalen lauten: Die Notwendigkeiten der gegenstandskonstitutiven Leistungen des Subjekts fundieren die Mçglichkeiten der basalen Regeln gegenst ndlicher Synthesis. Dem entspricht der methodologische Hauptsatz geltungsnoetischer Transzendentalit t: Die Notwendigkeiten der gegenstandskonstitutiven Leistungen des Subjekts sind als Bedingungen der Erfahrung selbst Gegenst nde Edmund Husserl: Formale und transzendentale Logik. Versuch einer Kritik der logischen Vernunft. Mit erg nzenden Texten. Hg. von Paul Janssen (Husserliana, Bd. 17). Den Haag 1974, 38. 19 Schnell: Wirklichkeitsbilder, 31. 20 Husserl: Erste Philosophie, 448. 21 Schnell: Wirklichkeitsbilder, 31. 22 Husserl: Krisis, 182. 23 Edmund Husserl: Ph nomenologische Psychologie. Vorlesungen Sommersemester 1925. Hg. von Walter Biemel (Husserliana, Bd. 9). Den Haag 1968, 291. 24 Husserl: Krisis, 184. 25 Husserl: Cartesianische Meditationen, 32. 18

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mçglicher Erfahrung. Der dazugehçrige methodologische Nebensatz geltungsnoetischer Transzendentalit t liest sich wie folgt: Die Notwendigkeiten der gegenstandskonstitutiven Leistungen des Subjekts sind Gegenst nde von je nach intutitivem Kontext dieser Leistungen spezifizierbaren »apodiktischen« Erfahrungen. 1.3 Epistemologische und eidetische Konfiguration des Transzendentalen »Transzendental« ist eine Philosophie dann, wenn sie eine Analyse der Bedingungen anstrebt, »unter denen die intentionale Weltstellung des Menschen ausdifferenziert mçglich ist«.26 Welche Strukturen, welche Prozesse sind hierf r notwendig? Und wie ist dieses Notwendige mçglich? Rekapitulieren wird die Konfigurationen des Transzendentalen, welche Kant und Husserl als Inbegriff dieser Bedingungen anbieten, um zu grundlegenden Bestimmung der Begriffe »Korrelationismus« und »Ph nomenalisierung« zu gelangen. Der geltungsnoematische Grundsatz korrespondiert mit einer epistemologischen Konfiguration des Transzendentalen, welche die formalen Bedingungen der Gegenstandskonstitution einer ausdifferenzierten intentionalen Weltstellung analysiert: Ohne »objektive transzendentale Bedingungen«27 gibt es keine »Beziehung auf irgend ein Object, mithin […] Wahrheit«.28 Dementsprechend ist Erkenntnis, sofern diese a priori mçglich, also notwendig und allgemein sein soll, darin fundiert, »was angenommen werden muss, damit eine Erkenntnis notwendig und allgemein sein kann«.29 Jedoch fehlt der Nachweis dessen, was »das Apriori selbst begr ndet«30 : »[W]hile the transcendental is definded as an originary condition, it cannot explain its origin.«31 Eine Begr ndung des Apriori unter R ckgriff auf ein metaphysisch oder empiristisch bestimmtes Seiendes steht quer zu Kants kritischen Ambitionen. Und auch wenn der Gegenstand der Erkenntnis untrennbar mit der Erkenntnis des Gegenstandes verbunden ist, kommt der Begriff einer Subjektivit t, deren Leistungen nicht-relativ auf objektiv-logische Bestimmungen sind, als begr ndungstheoretisches Fundament nicht in Frage, da dessen Einsehbarkeit mit den VorgaWolfram Hogrebe: Metaphysische Einfl sterungen. Frankfurt a. M. 2017, 57. Krijnen: Die Gegenstandskonstitution bei Husserl, 119. 28 Kant: Kritik der reinen Vernunft, B 87. 29 Alexander Schnell: Welchen Sinn hat es, die Ph nomenologie Edmund Husserls mit der Klassischen Deutschen Philosophie in Beziehung zu setzen? In: Faustino Fabbianelli, Sebastian Luft (Hg.): Husserl und die klassische deutsche Philosophie. Cham 2014, 49 – 64, hier: 53. 30 Ebd., 54. 31 Catherine Malabou: Before Tomorrow. Epigenesis and Rationality. bers. v. Carolyn Shread. Malden 2016, 4. 26 27

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ben seines methodologischen Hauptsatzes unvereinbar ist. Zugespitzt: Die »objektive Deduktion« darf durch die »subjektive Deduktion« nur »erscheinungstheoretisch«, nicht begr ndungstheoretisch kontaminiert werden. Unklar bleibt, wie sich die Begr ndung des Mçglich-Machens konkreter Sachhaltigkeit durch transzendentale Bedingungen gestaltet. Der geltungsnoetische Grundsatz f llt hingegen mit einer eidetischen Konfiguration des Transzendentalen zusammen, welche die materialen32 Bedingungen der Gegenstandskonstituition einer ausdifferenzierten intentionalen Weltstellung analysiert: Zur Disposition stehen dabei »die notwendigen (›apriorischen‹) Akte und Strukturformen«33 des Subjekts, die in einem »in seinem Wesenstypus absolut bestimmte[m] System endloser Prozesse kontinuierlichen Erscheinens«34 die »apriorische Kehrseite«35 aller Gegenst nde bilden. Ph nomenologie als »eidetische Wissenschaft«36 versucht diese »Regelstruktur des transzendentalen ego«37 in evidenziell gest tzter Einstellung einsehbar zu machen. Hierzu bedarf es subjektiv-logischer »synthetischer Gesetze a priori«, die »sachhaltige Begriffe in einer Weise einschließ[en], die eine Formalisierung dieser Begriffe salva veritate nicht zul ßt«.38 Denn w hrend Notwendigkeit und Allgemeinheit »reiner Begriffe« durch Abstraktion gewonnen werden, wahren Eide als »Zwittereinheit[en]« von »sich koexistenzial ausschließende[n] Individuen«39 den Kontakt zu konkreten Inhalten: Sie legen die Notwendigkeit und Allgemeinheit nicht in das gegenst ndlich Gegebene hinein, sondern entdecken es dort. Da aber dieselbe Rechtsquelle der erfahrbaren Evidenz sowohl f r die Resultate dieser gegenstandskonstitutiven Leistungen – Gegenst nde der Erfahrung – wie auch f r das gegenstandskonstitutive Leisten selbst – Realisierung der eidetischen Regelstruktur – in Anspruch genommen wird, kommt es zu ei32 Selbstverst ndlich entwickelt Husserl auch einen Begriff formaler Apriorizit t, doch die f r uns entscheidende transzendentalphilosophische Innovation seiner Ph nomenologie besteht gerade darin, »Sachhaltigkeit« als »echten Unterschied zwischen analytisch-apriorischen und synthetisch-apriorischen […] Gesetzen und Notwendigkeiten« erarbeitet zu haben. Logische Untersuchungen. Zweiter Band. Erster Teil. Untersuchungen zur Ph nomenologie und Theorie der Erkenntnis. Hg. von Ursula Panzer (Husserliana, Bd. 19/1). Den Haag 1984, 256. 33 Marek J. Siemek: Fichtes und Husserls Konzept der Transzendentalphilosophie. Frankfurt a. M. 1995, 96 – 113, hier: 106. 34 Edmund Husserl: Ideen zu einer reinen Ph nomenologie und ph nomenologischen Philosophie. Erstes Buch. Allgemeine Einf hrung in die reine Ph nomenologie. Neu hg. von Karl Schuhmann (Husserliana, Bd. 3/1). Den Haag 1976, 331. 35 Husserl: Formale und transzendentale Logik, 263. 36 Husserl: Ideen I, 128. 37 Husserl: Cartesianische Meditationen, 90. 38 Edmund Husserl: Logische Untersuchungen. Zweiter Band. Erster Teil, 260. 39 Edmund Husserl: Erfahrung und Urteil. Untersuchungen zur Genealogie der Logik. Hrsg. von Ludwig Landgrebe. Hamburg 71999, 417.

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ner Depravierung der »Heterogenit t von Bedingendem und Bedingtem«40, die ein transzendentales Verh ltnis gerade auszeichnet. Eine »wirklich radikale Begr ndung«41 aus welchem Grund das leistende Subjekt »nicht nur bloß leisten, sondern eben G ltiges leisten kann«42, bleibt aus.

2. Unterwegs zu einer generativen Konfiguration des Transzendentalen Die Polarit t, welche Kant wie Husserl in Anspruch nehmen, um berhaupt grunds tzlich zwischen geltungsnoetischen und geltungsnoematischen Aspekten zu unterscheiden, f hrt in ein Dilemma: Fundiert der Korrelationismus das »Erscheinen« im »etwas«, droht ein intransparenter Formalismus gegenstandskonstitutiver Begriffe; fundiert er das »etwas« im »Erscheinen«, winkt eine intransparente Eidetizit t gegenstandskonstitutiver Leistungen.

2.1 Pr supposition der hinreichenden Vertrautheit mit Gegenst ndlichkeit Quer zu ihren begr ndungstheoretischen Differenzen und unterschiedlichen Konfigurationen des Transzendentalen teilen Husserl und Kant eine fundamentale Pr supposition, wenn auch in sehr unterschiedlicher Deklination: Eine Pr supposition der hinreichenden Vertrautheit mit Gegenst ndlichkeit, welche eine a priori Intelligibilit t grundlegender Eigenschaften und Strukturen derjenigen Gegenst nde veranschlagt, die es transzendental zu thematisieren gilt. Das entsprechende »Schema des Gegenst ndlichen« ist teilweise implizit, teilweise explizit durch »ein Aussein auf eine Identit t«43 bestimmt. Pr feriert werden Identit tskriterien, die es erlauben, Gegenst nde als »selbstidentische, abgeschlossene, ad extra transitiv wirkende, ab intra hierarchisch und teleologisch organisierte Entit ten«44 zu fassen. Husserl ist zwar zweifellos ein Pionier der Dynamisierung und Prozessualisierung dieses »Primat des Diskreten«45, und dennoch: Operativ pr gt dieses »AusSchnell: Wirklichkeitsbilder, 42. Husserl: Krisis, 101. 42 Krijnen: Die Gegenstandskonstitution bei Kant und Husserl, 125. 43 Held: Husserls R ckgang, 103. 44 Jean Clam: Was heißt, sich an Differenz statt an Identit t orientieren? Zur De-Ontologisierung in Philosophie und Sozialwissenschaft. Konstanz 2002, 21. 45 Johanna Seibt: Kognitive Orientierung als epistemisches Abenteuer. In: Werner Stegmaier (Hg.): Orientierung. Philosophische Perspektiven. Frankfurt a. M. 2005, 197 – 224, hier: 205. 40

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sein« als »ein dem Erlebnis inh rentes Moment«46 seinen Begriff des Ph nomens maßgeblich. Indes das Erscheinende in seiner Totalit t niemals ad quat gegeben ist, erçffnen sich de jure die konstitutiv unbestimmbaren Dimensionen des Ph nomens, doch de facto stellt die regulative Antizipation ad quater Gegebenheit das Erscheinen als »ein a priori [von fester Wesensgesetzlichkeit] bestimmtes Kontinuum von Erscheinungen«47 vor. Das Erscheinen ist fixiert als »intentionales Erscheinen-von-etwas, d. h. als Gerichtetsein auf […] Gegenst ndlichkeit«48, die an den oben angef hrten Identit tskriterien orientiert ist. Der entscheidende Ansatzpunkt, um die Pr supposition hinreichender Vertrautheit mit Gegenst ndlichkeit zu entsch rfen, ist der irreduzible berschuss, der sich in allen, auch in per Reduktion »transzendental gereinigten« Erlebnissen, bemerkbar macht: »Es gibt immer mehr im Erlebnis als seine ›bloße‹ eidetische ›Wesenheit‹, und es gibt immer mehr in der Ph nomenologie als die Erçrterung der regionalen objektiven Wesenslehren durch die Eidetik der Region des Bewusstseins.«49 Dieses »immer mehr« deplausibilisiert den begr ndungsnoematischen ebenso wie den begr ndungsnoetischen Grundsatz, ungeachtet dessen, ob die Aufkl rung der Bedingungen der Mçglichkeit gegenst ndlicher Erfahrung und Erkenntnis qua Gesamtheit der apriorischen Erkenntnisbedingungen der transzendentalen Einheit der Apperzeption oder qua Gesamtheit der Konstitutionsleistungen des transzendentalen Egos betrieben wird.

2.2 Pr supposition der hinreichenden Unvertrautheit mit bergegenst ndlichkeit Wenn transzendentale Philosophie eine begr ndungstheoretische Perspektive entwickeln mçchte, kann »Korrelationismus« nicht heißen: »Gegen berstellung« von Ich-Instanz und idealem oder empirischem An-Sich. Der geltungsnoematische und der geltungsnoetische Grundsatz sind »nur aus Voraussetzungen mçglich […], die in der Tilgung dessen bestehen, worauf sie aus«50 sind. Wir sind auf die Begr ndung der Notwendigkeit von »intentionalen Objektivit ten in ih46 Philip Bastian Flock: Das Ph nomenologische und das Symbolische. Marc Richirs Ph nomenologie der Sinnbildung in Auseinandersetzung mit dem symbolischen Denken. Dissertationsmanuskript Wuppertal 2018, 309. 47 Husserl: Ideen I, 331. 48 Held: Husserls R ckgang, 99. 49 Marc Richir: La psychologie comme ph nom nologie transcendentale: Husserl et audel Husserl. In: C lis Brissart (Hg.): La voix des ph nom nes. Bruxelles 1995, 359 – 379, hier: 361. 50 Wolfram Hogrebe: Metaphysik und Mantik. Die Deutungsnatur des Menschen (Syst me orphique de I na). Frankfurt a. M. 1992, 9.

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rer konstituierten Apriorizit t«51 aus, die wir durch Inanspruchnahme einer »konstituierenden Apriorizit t« tilgen. Wolfram Hogrebe nennt dies das »orphische Geheimnis« der Philosophie: Gegenstandsf higkeit kann nur »im Modus einer › bergegenst ndlichkeit‹«52 hinreichend thematisch werden. Diese » bergegenst ndlichkeit« virtualisiert die Pr supposition der hinreichenden Vertrautheit mit Gegenst ndlichkeit, die Kant explizit und Husserl operativ orientiert: »Das eigentliche Problem besteht also darin, dass uns die eingespielten Standards und Regelsysteme, die einen Gegenstandsbereich freigeben, in ipso actu operandi und d. h. in unserer gegenst ndlichen Ausrichtung gar nicht verf gbar sind.«53 Eine entsprechende Pr supposition der hinreichenden Unvertrautheit mit bergegenst ndlichkeit weist auf eine a priori In-Intelligibilit t grundlegender Eigenschaften und Strukturen der transzendental relevanten » bergegenst nde« hin. Im Entzug der Pr supposition hinreichender Vertrautheit mit Gegenst ndlichkeit meldet sich so ein »Kontingenzschatten« als »›spezifische Improbabilit t‹ der Aktualit t« gegenst ndlicher Erfahrung, welcher ko-extensiv mit der »› quiprobabilit t aller […] Alternativen« ist, die »das verwirklichte als dessen n chste Virtualit tsgrundlage«54 begleiten. Die unausweichliche, weder formal noch material hinreichend absorbierbare Oszillation unserer Bezugsf higkeit zwischen Aktualit t, quiprobabilit t und Improbabilit t ihrer Gegenst nde dr ngt auf eine komplexe Beschreibung der Korrelation: Die Gegenst nde r cken hinsichtlich der »ihnen operative Existenz gebenden Differenzen«55 in den Blick. Als eigentliches Thema transzendentaler Philosophie meldet sich hier die Ermçglichung der Mçglichkeit von Gegenst nden als diskreter Befunde konstituierter Apriorizit t durch die »sie schaffenden Fugen«56 als indiskrete Befunde konstituierender Apriorizit t. Von methodologisch entscheidender Bedeutung f r die Triftigkeit einer transzendentalen Ph nomenologie ist nun, dass dieser »massive Import von Kontingenz«57 nicht ins Chaos, sondern an den »Ort [einer] Auffangbewegung«58

Flock: Das Ph nomenologische und das Symbolische, 307. Hogrebe: Metaphysische Einfl sterungen, 38. 53 Markus Gabriel: Die Welt als konstitutiver Entzug. In: Joachim Bromand, Guido Kreis (Hg.): Was sich nicht sagen l sst. Das Nicht-Begriffliche in Wissenschaft, Kunst und Religion. Berlin 2010, 85 – 100, hier: 88. 54 Clam: Differenz statt Identit t, 23. 55 Ebd., 29. 56 Ebd., 29. 57 Ebd., 23. 58 Held: Husserls R ckgang, 132. 51

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f hrt, die Marc Richir das »ph nomenologische Flimmern«59 nennt. Hier herrscht in »noetisch-noematischer Indifferenz«60 epistemischer Kontakt mit der »pronominalen Matrix unserer Fraglichkeitsnatur«61 in Form eines »apeirotrope[n] Hinaussein[s] ins Unbestimmte«62 : Die Gegenst ndlichkeiten der Gegenst nde sind »keine eindeutige und klare Gabe«, es gibt keinerlei »Positivit t an sich«, keine Bezugnahme ist » ber sich selbst geschlossen«.63 Auf dieser »primitivsten architektonischen Ebene« sind alle Gegenst nde » quivalent«64 ; es gibt sie » berhaupt nur unter der Bedingung eines konstitutiven Entzugs«65 und damit als »Kontrasteffekte […] auf einem Hintergrund von Unbestimmtheit[en]«.66 Diese Unbestimmtheiten verhalten sich aber nicht willk rlich, »sondern [sind] miteinander verkn pft, sicher nicht gem ß einer oder mehrerer Eidetiken, sondern durch ihre wechselseitige dynamische Situierung«.67 Ihre »jeweilige Beweglichkeit«68 organisiert sich in einem ungegenst ndlichen, generativen »Hervorkommen und Aufbrechen eines Sinn berschusses jenseits und diesseits des ph nomenologisch Beschreibbaren«.69 Damit realisieren sie eine stetige (Re-) Kontingenzierung der Positivit t alles gegenst ndlich Gegebenen, die gleichzeitig eine ermçglichende Re-Realisierung seiner Mçglichkeit ist. Eine radikale, dennoch »unendlich bestimmbare Kontingenz« leistet die »Arbeit des Ph nomens vor jeder Ph nomenebene des Ph nomens«70, welche »jeder Stiftung von Sinn und von intentionalem Sinn vorausgeht«.71

Marc Richir: Epoch , Flimmern und Reduktion in der Ph nomenologie. In: Rudolf Bernet, Antje Kapust (Hg.): Die Sichtbarkeit des Unsichtbaren. M nchen 2009, 29 – 44, hier: 37. 60 Held: Husserls R ckgang, 99. 61 Hogrebe: Metaphysik und Mantik, 58. 62 Ebd., 18. 63 Marc Richir: Ph nomenologische Meditationen. Zur Ph nomenologie des Sprachlichen. bers. v. J rgen Trinks. Wien 2001, 23. 64 Richir: Epoch , Flimmern und Reduktion, 35. 65 Gabriel: Die Welt als konstitutiver Entzug, 86. 66 Hogrebe: Metaphysik und Mantik, 40. 67 Marc Richir: ber die ph nomenologische Revolution: einige Skizzen. In: Hans-Dieter Gondek, Tobias Klass, L szl Tengelyi (Hg.): Ph nomenologie der Sinnereignisse. M nchen 2011, 62 – 77, hier: 70. 68 Ebd., 70. 69 Schnell: Wirklichkeitsbilder, 1. 70 Georg Stenger: Generativit t des Sichtbaren. Ph nomenologie und Kunst. In: Rudolf Bernet, Antje Kapust (Hg.): Die Sichtbarkeit des Unsichtbaren, 169 – 190, hier: 176. 71 Richir: Epoch , Flimmern und Reduktion, 36. 59

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2.3 Korrelationismus und Ph nomenalisierung Eugen Fink bemerkt die ubiquit re Wirksamkeit der konstituierenden Apriorizit t einer solchen »generativen Negativit t« schon fr h, und charakterisiert sie als »eine Bewegung, welche nicht mehr fixiert ist in den Dingen, sondern alle Dinge durchstrçmt und be-dingt«.72 Was wir Gegenst nde nennen sind »nur Haltepunkte einer Bewegung, Selbstfixation einer Schwingung, die setzt und ihre Setzungen ebensosehr wieder aufhebt«.73 Alle formalen und materialen Gegenst nde partizipieren ungeachtet ihrer jeweiligen Komplexit t und ihrer modalen Robustheit an dieser »Bewegung« respektive der Einheit dieser Bewegung und ihrer Gegenbewegung. »Ph nomenalisierung« bezeichnet nun den »fl chtigen, instabilen und wechselhaften«74, aber eben darum »grundlegende[n] Geschehensaspekt der Generativit t«75 : Sie ist keine einfach negierende Bewegung positiv bestimmbarer, stabilisierter Gegenst nde, sondern eine »Doppelbewegung« der »Aufhebung« und »Selbstfixation«. Diese Doppelbewegung »flimmert« im Spannungsfeld von empirischen oder idealen »Etwas-Polen« und korrelativ fungierenden transzendentalen »Nichts-Polen«. Allen Polen kommt dabei der Status von »Extrempolen« zu, welche die Ph nomenalisierung dadurch auszurichten imstande sind, dass sie inh rent exzessiv sind, also in ihrer jeweiligen Totalit t zugunsten der unabschließbaren Korrelationalit t intentionaler Weltstellung prinzipiell unzug nglich bleiben. »Flimmern« als terminus technicus der Ph nomenologie bedeutet: Die RaumZeit-Modalit ten der Beziehungen von Bedingungen und Bedingten koinzidieren weder mit den Raum-Zeit-Modalit ten der Bedingungen noch mit den Raum-Zeit-Modalit ten der Bedingten. Diese Nicht-Koinzidenzen begr nden die »Mobilit t«76 der Ph nomenalisierung als »selber ungegenst ndliche[m] Schema des Gegenst ndlichen«77: Gerade dadurch, dass die notwendigen Bedingungen der Gegenst nde nie miterscheinen (»Aufhebung«), also sich nicht nach denselben modalen Kriterien realisieren wie die Gegenst nde, kçnnen Gegenst nde »als sie selbst« erscheinen (»Selbstfixation«) – im Profil ihrer Abschattungen, mit den ihnen eigenen Identit tskriterien, die ontologisch, objektiv-logisch 72 Eugen Fink: Sein, Wahrheit, Welt. Vor-Fragen zum Problem des Ph nomen-Begriffs. Den Haag 1958, 95. 73 Fink: Sein, Wahrheit, Welt, 125. 74 Richir: Epoch , Flimmern und Reduktion, 38. 75 Stenger: Generativit t des Sichtbaren, 185. 76 Richir: Epoch , Flimmern und Reduktion, 39. 77 Wolfram Hogrebe: Die Wirklichkeit des Denkens. Vortr ge der Gadamer-Professur. Hg. und mit einleitenden Texten versehen von Jens Halfwassen und Markus Gabriel. Heidelberg 2007, 41.

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und subjektiv-logisch als ein »unverdiente[s] Entgegenkommen der Natur in bestimmten F llen«78 tats chlich belastbar sind. Die »Ph nomenalit t der Ph nomene« besteht demzufolge nicht in ihrer Erscheinung, sondern in ihrem unabl ssigen Flimmern »zwischen Erscheinen und Verschwinden«.79 Ph nomenale Gehalte ermçglichen die partielle Gegebenheit von Gegenst nden durch den dreifachen Entzug notwendiger Bedingungen: Was uns in gegenst ndlicher »Selbstfixation« der Ph nomenalisierung gegeben ist, bleibt immer an die konkrete »Aufhebung« seiner spezifischen ontologischen, objektiv- und subjektiv-logischen Bedingungen gebunden. Die notwendigen Bedingungen eines Gegenstands erscheinen nicht einfach nur nicht, sondern ermçglichen in der jeweiligen Spezifik ihres Nicht-Erscheinens das Erscheinen ebendieses Gegenstandes. Der Entzug notwendiger Bedingungen von Wahrnehmungsgegenst nden gestaltet sich anders als der Entzug der notwendigen Bedingungen von Erinnerungsgegenst nden, oder der Entzug der notwendigen Bedingungen allzeitlicher Gegenst nde der idealisierenden Intention. Essentiell wie schwierig zu fassen ist dabei, dass die Doppelbewegung der Ph nomenalisierung, welche Bedingungen und Bedingte in Kontakt und auf Abstand h lt, »in [ihrem] Zentrum von dem unbeherrschbaren Umschlag von einem Pol zum anderen«80 beherrscht ist. Marc Richirs auf den ersten Blick nigmatische Formulierung, dass es sich dabei um einen »augenblickliche[n] Umschlag ohne Zeit«81 handeln muss, erschließt sich am Leitfaden folgender Frage: Wie wird aus nicht-ph nomenalen, ontologisch, objektiv-logisch und subjektivlogisch notwendigen Bedingungen eine »ph nomenal dichte« Gegebenheit, also eine solche, die Husserl als »leibhaftig« charakterisierte? Kurz: Wie verl uft sachhaltiges Mçglich-Machen? Angenommen die Gegebenheit von Gegenst nden ist nur mçglich durch die Nicht-Gegebenheit ihrer notwendigen ontologischen Bedingungen sowie durch die Nicht-Gegebenheit der objektiv-logischen Begriffe und subjektiv-logischen Akte, durch die wir uns auf sie beziehen. Dann sind »Ph nomene« das Medium, in dem sich die spezifischen korrelativen Muster von Gegebenheiten und NichtGegebenheiten als erscheinende Gegenst nde konfigurieren, aktualisieren, rekontingenzieren, re-konfigurieren, re-aktualisieren usw. Entgegen eines weit verbreiteten Irrtums sind sie als relative, registrierungsabh ngige Tatsachen demnach fehldefiniert: Sie sind eben gerade besagter Umschlag zwischen relativen, Robert Musil: Skizze der Erkenntnis des Dichters. In: Anne Gabrisch (Hg.): Essays – Reden – Kritiken. Berlin 1984, 127 – 134, hier: 128. 79 Richir: Ph nomenologische Meditationen, 114. 80 Richir: Epoch , Flimmern und Reduktion, 37. 81 Ebd. 78

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registrierungsabh ngigen Tatsachen – den Gegebenheiten – und absoluten, registrierungsunabh ngigen Tatsachen – den Nicht-Gegebenheiten. Das wesentlichste Merkmal von Ph nomenen ist, dass sie in ihrem Kern »Nichts-als-Ph nomene« sind: Sie identifizieren sich weder mit den raumzeitlichen Modalit ten der Registrierungsabh ngigkeit noch mit denen der Registrierungsunabh ngigkeit je ganz – genau dies zeichnet Ph nomene als Ph nomene aus. Die zeitlichen Modalit ten der Registrierungsabh ngigkeit der empirischen oder idealen »Etwas-Pole« in ihrer konstituierten Apriorizit t hinken der sachhaltigen F lle ph nomenaler Gehalte hinterher, sie definieren ein chronisches »zu sp t« der ruhenden Selbstfixation; die zeitlichen Modalit ten der Registrierungsunabh ngigkeit der transzendentalen »Nichts-Pole« in ihrer konstituierenden Apriorizit t fallen hinter die sachhaltige F lle ph nomenaler Gehalte zur ck, sie definieren ein chronisches »zu fr h« der fungierenden Beweglichkeit. »Umschlag ohne Zeit« bedeutet dann: Die Gegenw rtigkeit sachhaltiger F lle ph nomenaler Gehalte setzt ein In-Beziehung-Setzen und Auf-Abstand-Halten der zeitlichen Modalit ten konstituierter und konstituierender Apriorizit t voraus, das selbst nicht zeitlich ist – zumindest nicht in einem vertrauten Sinn, der entweder der positionalen Temporalit t konstituierter Apriorizit t oder der prozessualen Temporalit t konstituierender Apriorizit t entlehnt ist. Um diesen » bergang im Hiatus«82 von Prozessualit t zu Positionalit t zu denken, schließt Richir an Platons exaiphn s an: Denn aus der Ruhe geht nichts noch w hrend des Ruhens ber noch aus der Bewegung w hrend des Bewegt-Seins; sondern dieses wunderbare Wesen, der Augenblick, liegt zwischen der Bewegung und der Ruhe als außer aller Zeit seiend, und in ihm und aus ihm geht das Bewegte ber zur Ruhe und das Ruhende zur Bewegung. […] Geht es aber ber, so geht es im Augenblick ber, so daß, indem es bergeht, es in gar keiner Zeit ist und sich dann weder beruhigt noch ruht.83

»Es gibt« Gegenst nde bedeutet: Ph nomenalisierung ereignet sich als ein vor-intentionaler Umschlag »im Augenblick« von notwendigen Bedingungen zu Erscheinungen. Das genuine Thema der Ph nomenologie ist dabei weder die notwendigen Bedingungen, noch die Erscheinungen, noch der Umschlag zwischen ihnen, sondern der Umschlag als solcher. Hier fungiert die Ph nomenalisierung als »tiefster Punkt« der Korrelation, als »transfinites Suchmodell«84, das sich »autofigurativ«85 wie »realit tskreativ«86 an seinen »eigenen operativen MaßEbd., 38. Platon: Parmenides. bers. v. Friedrich Schleiermacher und Dietrich Kurz. Darmstadt 1981, 156d-156e. 84 Wolfram Hogrebe: Pr dikation und Genesis. Metaphysik als Fundamentalheuristik im Ausgang von Schellings ›Die Weltalter‹. Frankfurt a. M. 1989, 130. 85 Maurice Merleau-Ponty: Das Auge und der Geist (1961). In: ders.: Das Auge und der Geist. Philosophische Essays. Hg. von Christian Bermes. Hamburg 2003, 275 – 317, hier: 35. 82 83

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st ben und Konsistenzen«87 ebenso wie an einem ihm ußerlichen Kontinuum modaler Robustheit88 orientiert, und sich so in Gegenst nden »ausbalanciert«89. Alle Transpositionen von Regelm ßigkeiten dieser »Ausbalancierung« in die Vorstellung notwendig persistenter oder prozessualer Pole sind »sekund re Effekte«90 der Ph nomenalisierung, die ihrerseits jede in sie »eindr ngende Theorie ber […] Gegenst ndlichkeit als solche«91 als ihr nicht »immanent zukommende Regulation«92 erfolgreich re-kontingenziert. So ist »nicht nur jeder Gegenstand ein unerschçpflicher, sondern die Gegenst ndlichkeit im Ganzen eine unerschçpfliche«.93 Markus Gabriel ist demnach beizupflichten, wenn er konstatiert, dass es »keine ontologische Matrix« gibt, die wir »entdecken kçnnten, um a priori festzulegen, was alles der Fall sein kann«.94 Dagegen stoßen wir auf eine generative Matrix der Ph nomenalisierung95 : eine hçchst komplexe, »reflexive und zudem pulsierende Architektur«96, bei der es gilt, »alle St cke der Komplexit tsbildung zu identifizieren und deren Zusammenspiel miteinander als Potentialisierung ihrer Wendigkeit zu rekonstruieren«97, weil es »nichts a priori Bestimmendes in dem [gibt], was immer die unbestimmte und inchoative Mannigfaltigkeit der Ph nomene ist«.98 Auf der Grundlage dieser Deplausibilisierung der begr ndungstheoretischen Effektivit t sowohl des geltungsnoematischen wie auch des geltungsnoetischen Grundsatzes tritt eine Polymetrie der Begr ndung qua »Fundierung ohne Fundament« an die Stelle einer Asymmetrie der Begr ndung qua Fundierung mit Fundament. Die Ausgangssituation dieser Polymetrie ist eine immer wieder zu erneuernde De-Korrelierung des Transzendentalen, des Formalen, des Ontologischen und des Eidetischen, um die Zusammenh nge der Probleme, die es zu Hogrebe: Der implizite Mensch, 56. Hogrebe: Pr dikation und Genesis, 130. 88 Zum Begriff »modaler Robustheit« siehe Markus Gabriel: Existenz, realistisch gedacht. In: Markus Gabriel (Hg.): Der Neue Realismus. Frankfurt a. M. 2014, 171 – 199, hier: 173 – 176. 89 Clam: Differenz statt Identit t, 29. 90 Marc Richir: Recherches Ph nom nologiques (IV, V). Du Sch matisme Ph nom nologique Transcendental. Br ssel 1983, 111. 91 Martin Heidegger: Ph nomenologische Interpretationen zu Aristoteles. Einf hrung in die ph nomenologische Forschung (Wintersemester 1921/22). Hg. von Walter Brçcker und K te Brçcker-Oltmanns (Gesamtausgabe, Bd. 61). Frankfurt a. M. 1985, 90. 92 Flock: Das Ph nomenologische und das Symbolische, 307. 93 Hans Blumenberg: Zu den Sachen und zur ck. Aus dem Nachlaß hg. von Manfred Sommer. Frankfurt a. M. 2002, 139. 94 Gabriel: Welt als konstitutiver Entzug, 99. 95 Dieser Begriff weist eine große N he zu dem auf, was Alexander Schnell in seinem Buch Was ist Ph nomenologie? (Frankfurt a. M. 2019) entwickelt. 96 Hogrebe: Metaphysische Einfl sterungen, 44. 97 Clam: Differenz statt Identit t, 35. 98 Richir: Epoch , Flimmern und Reduktion, 39. 86 87

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begr nden gilt, berhaupt erst in maximaler Sachhaltigkeit zu definieren. Alle Gegenst nde »haben differente Seinsverfassungen, – sie sind auch in verschiedenem Sinne jeweils ›mçglich‹ oder gar ›notwendig‹«99. Was bei jedem Begr ndungsversuch relevant ist, ist mehr, »als es eine Bezugnahme klassischen Typs auf die Struktur der ›Subjekt-Objekt-Vorstellung‹ anzeigen kçnnte«.100 Statt also anhand der »erschlichenen berbestimmung«101 der Pr supposition der hinreichenden Vertrautheit von Gegenst ndlichkeit zu verfahren, sucht die polymetrische Perspektive die Begegnung mit den vielfach zirkul ren Relationen, die bergegenst ndlichen Grund und gegenst ndliches Zu-Begr ndendes in ein architektonisch hochkomplexes, wechselseitiges Bedingungsverh ltnis setzen. Ziel ist, die dieses Verh ltnis organisierenden Notwendigkeiten konstituierter Apriorizit t und die Notwendigkeiten konstituierender Apriorizit t in den ermçglichenden Mçglichkeiten der Korrelation zu fundieren, ohne zu unterschlagen, dass jedes generative Bedingungsverh ltnis immer schon ontologisch, formal und material kontaminiert ist. Begr ndungszusammenh nge werden nicht einfach nur »gefunden« – sie werden in der faktischen wie kontingenten Begegnung mit konkreten ph nomenalen Gehalten ebenso »entdeckt« und »erfunden«. Dies tut ihrer Triftigkeit keinen Abbruch, sondern bindet die erstrebten Legitimationen an die generative Matrix, die sie ermçglicht. Im Anschluss hieran l sst sich ein geltungsdynamischer Grundsatz des Transzendentalen aufstellen: Die Mçglichkeiten der gegenstandsbalancierenden Operationen der Korrelation fundieren die Notwendigkeiten der basalen Regeln gegenst ndlicher Synthesis ebenso wie die Notwendigkeiten der gegenstandskonstitutiven Leistungen des Subjekts. Dem schließt sich sein methodologischer Hauptsatz geltungsdynamischer Transzendentalit t an: Die Mçglichkeiten der gegenstandsbalancierenden Operationen der Korrelation sind als Bedingungen der Erfahrung selbst Gegenst nde mçglicher Erfahrung. Dieser muss allerdings um einen methodologischen Nebensatz geltungsdynamischer Transzendentalit t erg nzt werden: Die Mçglichkeiten gegenstandbalancierender Operationen der Korrelation sind Gegenst nde von je nach faktischem Kontext dieser Operationen spezifizierbaren »fulgurativen« Erfahrungen, also fl chtiger, »blitzhafter« Apperzeptionen102. Fink: Sein, Wahrheit, Welt, 141. Richir: Epoch , Flimmern und Reduktion, 30. 101 Richir: Ph nomenologische Meditationen, 22. 102 ber den Status und das Wesen »fulgurativer« Erfahrung muss an anderer Stelle ausf hrlich Auskunft gegeben werden. Sie tauchen hier zu Zwecken der Vollst ndigkeit auf, da der methodologische Hauptsatz geltungsdynamischer Transzendentalit t ohne den methodologischen Nebensatz geltungsdynamischer Transzendentalit t derart unterbestimmt ist, dass Missverst ndnisse vorprogrammiert sind. 99

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Der geltungsdynamische Grundsatz korrespondiert mit einer generativen Konfiguration des Transzendentalen, welche die dynamischen Bedingungen der Gegenstandskonstitution einer ausdifferenzierten intentionalen Weltstellung analysiert: Um »eine Apriorizit t [zu] vindizieren, die nicht mehr re-ontologisierend sein muss«103, bedarf es nicht einer systematischen Anordnung von Gegenst nden und ihrer notwendigen Bedingungen, sondern einer »systematische[n] Architektonik oder Organisation« derjenigen bergegenst ndlichen »Probleme«104, die durch die Frage nach der Ermçglichung der Mçglichkeit ebendieser Notwendigkeiten und ihrer potentiellen Anordnung das ph nomenologische Feld unendlich bestimmbarer Unbestimmheit ohne jede Stabilit t a priori erçffnen. Husserls Ideal der Apodiktizit t stçßt hier an eine absolute Grenze: Er konnte es nur deshalb in transzendentaler Absicht aufnehmen, weil er »das Erscheinen als urspr nglich intentional ansetzte«105. Doch »das leistende Bewußtsein ist in seiner Identit t unverst ndlich, weil es f r das, was es leisten soll, auf seine Identit t ›angewiesen‹ ist«106 – diese konstituiert sich in Operationen, die nicht seine sind. Ihre Erschließung treibt das ph nomenologische Projekt in das ganze Ausmaß der »Unwahrscheinlichkeit des Gegebenen«.107 Ph nomenologie wird zur Margenschçpfung: Es gilt, die Korrelation mit den Grenzen des in ihr Mçglichen in Kontakt zu bringen, um die faktischen, singul ren und kontingenten Kontexte jeder formal oder material bestimmten intentionalen Bezugnahme zu appr sentieren. Jedes Mal, wenn die Ph nomenalisierung so Faktizit t, Singularit t und Kontingenz integriert, »vollzieht sie eine ausdr ckliche Ausweitung ihrer aktuellen generativen Matrix«.108 Gleichzeitig akkumuliert sich Verst ndnis daf r, wie trotz »einer nicht-eliminierbaren Kontingenz der Weltverh ltnisse«109 die Konsistenz, Koh renz und Koh sion von Gegenst nden real sein kann – daf r also, wie wir dank der architektonisch komplexen Generativit t der Korrelation diesseits jeder »schlechthin scheidenden Grenze« von Subjektivit t und Objektivit t »wahrheitsf hige berzeugungen« haben kçnnen.

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Clam: Differenz statt Identit t, 96. Richir: Ph nomenologische Meditationen, 367. Held: Husserls R ckgang, 106. Blumenberg: Zu den Sachen und zur ck, 137. Clam: Differenz statt Identit t, 23. Jean Clam: Kontingenz, Paradox, Nur-Vollzug. Konstanz 2004, 28. Hogrebe: Der implizite Mensch, 168.

Fausto Fraisopi

Horizont und Mannigfaltigkeit Zum Problem einer spekulativen Wissenschaftstheorie und Mathesis

Abstract How should we conceive a phenomenological Metaphysics? Independently from the originality and radicalism of L szl Tengelyi’s approach, is it something that could orient a project of phenomenological philosophizing? In the first section of our paper, we will firstly outline the essential features of Tengelyi’s phenomenological Metaphysics: “phenomenological originary facts”, Horizon, transfinite Multiplicities, Metaontology. In a second step, we will put in question the possibility and the consistency itself of such phenomenological Metaphysics by showing the essential contradiction contained in the project itself, a contradiction that is to be found in a specific kind of radicalized Phenomenology. In the second section, starting from the negative result of the first section, we will sketch a new way to conceive a radicalized Phenomenology. Instead of claiming a metaphysical content, it will rediscover the first, metaphysically neutral project of phenomenological Mathesis as a form of possible forms of theories.

Es wird nicht ungewçhnlich erscheinen, einen Beitrag zu Ehren L szl Tengelyis, einem Menschen, einem Philosophen, der die Existenz mehrerer von uns bestimmt und beeinflusst hat, mit einigen biographischen bzw. existenziellen Bemerkungen zu beginnen. Es wird f r mich immer eine große Ehre sein zu wissen, dass mein Leben – und folgendermaßen auch meine philosophische Entwicklung – auf eine positive und entscheidende Art und Weise von L szl Tengelyi bestimmt und gepr gt wurden. L szl Tengelyi war ein grand seigneur, ein edler Geist, der seine geistige Grçße wie auch seine Eleganz im Denken zu bertragen wusste. Was wir trotz des Generationenunterschieds gemeinsam hatten, ging ber die Philosophie und die Berufung zum Wissen hinaus und ist in gemeinsamen Erlebnissen und Gef hlen verwurzelt. Was uns verband, war erstens die Tatsache, dass wir beide Migranten sind oder waren, Menschen, die kulturelle sowie anthropologische Grenzen in Richtung einer Lebens- bzw. Philosophie-Dimension, die echt europ isch sein wollte und sollte, berschritten haben; zweitens die Suche nach einer via media zwischen den franzçsischen und deutschen kulturellen Kodes der Philosophie hin zu einer europ ischen Philosophie als solcher (weil Tengelyi unter den Philosophen seiner Generation der erste echte europ ische Philosoph war, statt ein ungarischer, franzçsischer oder deutscher Philosoph zu sein); drit-

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tens der Wille, jenseits der rein deskriptiven Dimension der Ph nomenologie in die Richtung einer spekulativen Dimension des ph nomenologischen Denkens als solchem zu gehen. Ein solcher, wenngleich sehr oberfl chlicher Nachruf gibt uns Elemente, um das erste bedeutende Kennzeichen von Tengelyis systematischem Werk fixieren zu kçnnen: den Entwurf, die existenzielle Dimension oder einfach das (ph nomenologisch aufgefasste) Existenzielle, um eine theoretische (bzw. metaphysische) Dimension zu erhçhen, ohne dabei in das krypto-theologische Abdriften (einer gewissen franzçsischen Ph nomenologie) zu verfallen oder alle Erfahrungsformen auf Fremderfahrung bzw. auf Leiblichkeit zu reduzieren.1 Bei Tengelyi gibt es keinen horror speculationis vel primae philosophiae. Der erste Teil unserer Untersuchung wird sich der Neuheit sowie der Radikalit t von Tengelyis Ansatz widmen, der im Buch Welt und Unendlichkeit herauskristallisiert wurde. Dessen Originalit t besteht in der Stiftung der Spekularit t bzw. des konstitutiven Spiegelungsverh ltnisses zwischen den Existentialen der Erfahrung und denen der Metaphysik. Haben wir derart erst einmal die Grundstrukturen von Tengelyis Metaphysik fixiert, so werden wir die Probleme aufweisen kçnnen, welche dem Weltentwurf der Metaphysik zuf lliger Faktizit t zugrunde liegen. Der zweite Teil wird eine andere (aber auch partiell von Tengelyi inspirierte) theoretische Perspektive skizzieren, welcher es meines Erachtens gelingt, die Spekularit t, d. h. eine plastische, nicht-metaphysisch zu begr ndende Korrespondenz, eine Spiegelung zwischen dem Existentialen und dem Epistemischen, entstehen zu lassen. Eine solche Korrespondenz ist einfach dasjenige Spekulativ, welches von jeder ersten Philosophie bzw. von jeder Form der protÞ epistÞmÞ gefordert wird, wenn sie sich nicht notwendigerweise zu einer metaphysischen Struktur reduzieren lassen will.

1. Tengelyis ph nomenologisch-metaphysischer Weltentwurf Es ist unleugbar, dass der philosophische und spekulative Ansatz, den Tengelyi uns im Buch Welt und Unendlichkeit vorlegt, die summa seiner meisterhaften und ambitionierten Arbeit in der Ph nomenologie und in der PhilosophiegeDie Komplexit t und die Tiefe der Tengelyi’schen Fragestellung der Existentialen ist einer der Leitf den seiner Philosophie in ihrer ganzen Entwicklung, von Der Zwitterbegriff Lebensgeschichte (M nchen 1998) bis zu L’exp rience de la singularit (Paris 2013). Eine erste systematische Synthese zwischen der Fragestellung der Existenz und der der Ph nomenologie, ist in Erfahrung und Ausdruck zu finden (vgl. L szl Tengelyi: Erfahrung und Ausdruck. Ph nomenologie im Umbruch bei Husserl und seinen Nachfolgern. Dordrecht 2007, 251ff.). 1

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schichte ist. Zugleich ist er aber auch aus mehreren Gr nden etwas Neues. Zun chst weil er eine beeindruckende philosophische, historisch-kritische Erudition, insbesondere bez glich der Figuren der Metaphysik, mit einer kapillaren Durchdringung der Ph nomenologie verschmilzt und harmonisiert. Dann, weil er einen sehr originellen philosophischen Weg einschl gt, der weit von jedem apologetischen bzw. konfessionellen Hang entfernt ist. Zuletzt (und das ist noch wichtiger) liegt die Originalit t in der Tatsache, dass Tengelyi seinen metaphysischen Entwurf nicht an eine einzelne Figur bindet – was ein Versuch w re, die wesentliche Geste der onto-theo-logischen Metaphysik mit einer verf lschten ph nomenologischen Methode zu verkleiden. Tengelyi skizziert vielmehr – in einem Stil, der dem der klassischen griechischen Philosophie n her ist als dem der neuzeitlichen, dann aber doch ab imis fundamentis ph nomenologisch – eine Konstellation von Strukturen, die sich gegenseitig tragen und aufeinander verweisen. Anstelle einer einzelnen Leitfigur finden wir Komponenten und Strukturen. In ihrem filigranen Gewebe erkennt man zudem die Lehre von Richir: ph nomenologische Urtatsachen in ihrer Pluralit t, »Experientialen«, Metakategorien, die aus der Kopplung zwischen Weltwirklichkeit und Unendlichkeit entstehen, »Diakritik« (d. h. eine kritisch-dialektische Spannung zwischen Totalit t und Unendlichkeit). Das alles sind Strukturen, die keine Singularisierung, keine Reduktion auf operationelle, auflçsende Figuren zulassen – Figuren, die als ph nomenologischer Deus ex machina dienen kçnnten. Auf die von Inga Rçmer gestellte Frage »Welche spezifische Gestalt vermag eine nicht-ontotheologische Metaphysik anzunehmen?«2 kçnnte man zuallererst antworten: die Gestalt einer Pluralit t, einer strukturellen horizontalen Mannigfaltigkeit. Entscheidend ist jedoch die Antwort auf eine zweite Frage: Auf welchem Wege kann ihre Ausarbeitung versucht werden? Die Antwort darauf erfordert eine konkretere Analyse. Die akribische Arbeit, die Tengelyi vollzieht, um eine solche Art horizontaler Metaphysik zu pr sentieren, die sich im Stil einer Philosophie der Immanenz von jeder hypostasierten ontologischen Transzendenz fernh lt, ist hochkomplex: »Der Weltentwurf [scil. der Metaphysik zuf lliger Faktizit t] l sst kein notwendiges Wesen zu. Er dr ckt das Unendliche der Welt in seiner Diesseitigkeit aus.«3 Wenn es die Aufgabe eines solchen Weltentwurfs ist zu zeigen, dass die Welt keine geschlossene, sondern eine offene Totalit t ist, so muss man diese zuerst benennen: Es handelt sich um den Horizont. Der HoInga Rçmer: Was ist ph nomenologische Metaphysik? In: Markus Gabriel, Csaba Olay, Sebastian Ostritsch (Hg.): Welt und Unendlichkeit. Freiburg/M nchen, 2015, 115 – 130, hier: 118. 3 L szl Tengelyi: Welt und Unendlichkeit. Zum Problem ph nomenologischer Metaphysik. Freiburg/M nchen 2014. 2

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rizont ist der Schl sselbegriff von Tengelyis Weltph nomenologie (wie auch einer ganzen Schule des ph nomenologischen Denkens): Die Radikalit t und der Durchbruch in Tengelyis Denken bestehen darin, die Stellung des Horizonts, die Horizonthaftigkeit jeder Erfahrung, ins Zentrum seines systematischen Ansatzes zu stellen (und die wesentlichen spekulativen Folgen daraus abzuleiten).4 Die Einklammerung bzw. die radikale Ausschaltung aller Prozesse von Idealisierung und Objektivierung – was wir die meta-ontologische Passage nennen und was sp ter problematisiert werden soll – dient vom metatheoretischen Standpunkt aus genau zur Formulierung der Hauptaufgabe der Weltph nomenologie im metaphysischen Sinn als Metaphysik zuf lliger Faktizit t: »im R ckgang auf die lebensweltliche Erfahrung die Horizonte zu enth llen […] und damit zugleich die Welt als den Horizont der Horizonte, als Universalhorizont aller Dinge zum Aufweis zu bringen.«5 Wenn nun die »Aufweisung« gerade keine ›Auffassung‹ ist, weil sie nur diesseits der konstitutiven, horizontalen Situation jeder Erfahrung entstehen kann, dann bedeutet dies, dass die Weltph nomenologie als Metaphysik zuf lliger Faktizit t, welche nicht mehr auf die Polarit t der Subjekt-Objekt-Beziehung, sondern auf den Unterschied zwischen »Ding« und »Welt« zentriert ist, weder eine Ontologie als letzte bzw. endg ltige anerkennen noch eine Fundamentalontologie im Sinne von etwas Gr ndlichem (bzw. Ab-gr ndlichem) rechtfertigen kann. Diesbez glich erkl rt die »metontologische Passage«,6 als Aufhebung der Ontologien in ihrem Grundgeltungsanspruch, zugleich den Transzendentalismus eines solchen Weltentwurfs. Das zugrunde liegende – und fundamental-operative – Ger st der Immanenzebene besteht aus denjenigen Experientialien, welche zum Gegenstand einer transzendental-ph nomenologischen und kategorialen Analyse werden. Die Klasse bzw. die dynamische Interaktion von Experientialien bestimmt die Weltwirklichkeit: »Die Weltwirklichkeit als Experiential gilt als der Gesamtausdruck aller Einstimmigkeitstendenzen der Erfahrung.«7 Es handelt sich um eine Wirklichkeit, die keinesfalls geschlossen oder inventarisiert (wie im Stil der Metaphysik der analytischen Philosophie) werden kann, sondern um eine offene, ber Horizonte ausgedehnte Wirklichkeit: In diesem Sinn weisen die Horizonte auf mehrere Formen ph nomenologisch transfiniter Kardinalit ten (oder Formen, die als solche verstanden werden kçnnen) hin. Die zentrale Rolle des ph nomenologischen Begriffs »Horizont« bei Tengelyi wurde schon in Erfahrung und Ausdruck erforscht und festgestellt (50 – 56, 87 – 108). 5 Ebd., 549. 6 Ebd., 236 – 238. Ohne eine echte weitere kritische Abstandnahme. Die Aufhebung des Problems regionaler wissenschaftlicher Ontologien, so wie sie sich bei Heidegger findet, wird von Tengelyi implizit, aber eindeutig, angeeignet. 7 Ebd., 547. 4

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Nur als »Erfahrungskategorie« ist es mçglich, die »ph nomenologische Urtatsache« und die metatheoretische Charakterisierung des metaontologischen Transzendentalismus als »Diakritik« zu verstehen: »Aus dem metontologischen Transzendentalismus erw chst ein Weltentwurf, der sich als eine Metaphysik des Transfiniten begreifen l sst«.8 Eine solche Radikalisierung der Weltph nomenologie in der Gestalt der Metaphysik zuf lliger Faktizit t und die Betonung der Einstimmigkeitstendenzen als das wesentliche Element der Konstitution der Welthabe rufen jedoch viele Probleme hervor, denen man Rechnung tragen sollte – »Amicus Laszlo sed magis amica veritas!« Obwohl man Inga Rçmers Einsch tzung, »der Leser des Buches […] wird sich des Eindrucks kaum erwehren kçnnen, dass er es hier mit einem großangelegten Entwurf zu tun hat, den sein Verfasser weiter ausgearbeitet und differenziert h tte, w re ihm die Zeit dazu geblieben«9, vollkommen zustimmen kann, gibt es trotzdem mehrere Aspekte einer solchen Radikalisierung, die hochproblematisch bleiben. R umen wir zuvor zwei Einw nde aus dem Weg. Der erste betrifft den (jedenfalls) hypostatischen bzw. krypto-hypostatischen Gehalt der sogenannten ph nomenologischen Urtatsachen. Der zweite bezieht sich auf den Umstand, dass der Versuch, eine Welt als Horizont aller enth llbaren oder zu enth llenden Horizonte durch die transfinite Kardinalit t der Zahlen zu denken, wie die Flucht in ein Paradies zu sein scheint, das Cantor und Husserl f r uns geschaffen h tten, aber aus dem wir leider – si parva licet – bereits vertrieben worden seien. Sine facetia: Die Strategie, sowohl auf das Ur-Element in der Husserl’schen Ph nomenologie als auch auf transfinite Unendlichkeiten zur ckgreifen zu wollen, dient keinesfalls als Garantie der Evidenz einer philosophischen (sowie einer mathematischen!) Begr ndung. Es ist kein Zufall, dass solche in Husserls Manuskripten verstreut vorgebrachten berlegungen niemals in eine vollst ndige Theorie gebracht wurden. Halten wir uns jedoch weiter an strenge Analysen und an die kritische Fragestellung: Was ist das Verh ltnis zwischen den Experientialen, den Metakategorien und den Urtatsachen; und vor allem, was ist der Gehalt und das Verh ltnis zwischen denjenigen Experientialen, die – wenn wir sie recht interpretiert haben – sowohl die Metakategorien als auch in der Folge die diakritische Dimension einer solchen Metaphysik entstehen lassen sollten? Was ist das Verh ltnis zwischen dem Ich als Ur-Faktum und den Faktizit t-Strukturen der Intersubjektivit t und der Geschichtlichkeit? In welcher Verbindung stehen die Horizonthaftigkeit der Welt als offene Totalit t und das Ich?

8 9

Ebd., 553. Rçmer: Was ist ph nomenologische Metaphysik?, 124.

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Wenn sich die grundlegende ph nomenologische Ebene jeder Erfahrung durch eine Verflechtung zwischen Ich als Ur-Faktum einerseits und Intersubjektivit t und Geschichtlichkeit andererseits strukturiert, und wenn nur ein solcher Ur-Tatsachen-Komplex das Verh ltnis zwischen Ding und Welt bestimmt, gibt es keinen Platz f r Erkenntnis, oder zumindest f r Evidenz, außer in einem abgeleiteten und begrenzten Sinne. Gibt es berhaupt noch ein kognitives bzw. erkenntnistheoretisches Verh ltnis, das wir als strukturierend annehmen kçnnen? Dies scheint nicht der Fall zu sein. Wenn das Verh ltnis zwischen Ding und Welt entscheidend ist, dann entsteht in einem derart strukturierten Weltentwurf das Problem der radikalen Ausgrenzung der Erkenntnis sowie der Wissenschaft. Ein solches Verh ltnis ist nur als geschichtlich-intersubjektiv bestimmt konzipiert. Die Hypostase eines Ichs als Urfaktum ohne irgendeine erkenntnistheoretische F higkeit, die Erschçpfung – durch die metontologische Passage – der Rolle der (regionalen und materialen) Ontologien als unwichtige Elemente, f hrt dazu, dass die Metaphysik zuf lliger Faktizit t eine Metaphysik ohne Wissenschaftlichkeit ist, die Metaphysik einer Welt, in der nur die Kategorien der Faktizit t des Erfahrens (und nicht die von Erkenntnis und Wissenschaft) die Verst ndlichkeit des Wirklichen schaffen kçnnen – ohne ontologisch-regionale Strukturierung, ohne Evidenzanspruch, ohne den Durchgang durch die Arbeit des Begriffs in anderen Erkenntnis- und Wissensgebieten. F r jemanden, der in der Wissenschaft oder an jener Schwelle, die das Theoretische und das Wissenschaftliche artikuliert, d. h. der Wissenschaftstheorie, arbeitet, erscheint dies kurios, wenn nicht im schlimmsten Fall skandalçs. Wozu eine Metaphysik, die nicht auf das Wissen, auf das Erkennen gerichtet ist? Wir kçnnen diesbez glich das Goethe-Hegel’sche Zitat und die Kritik wiederholen.10 Jedoch hat eine solche kritische Bemerkung nichts mit der Onto-theo-logie zu tun, sondern vielmehr mit der Entgegensetzung einer neuen Form ph nomenologischer protÞ epistemÞ, die sich am Horizont des Wissens abzeichnet, und einer scholastischen, fach-disziplin ren Metaphysik, die davon ausgeht, dass in letzter Instanz »die Wissenschaft nicht denkt« oder dass das, was sie denkt, sowie die Revolutionen und die Katastrophen, die sie erleidet, unproblematisch ignoriert werden kçnnen, was zugleich impliziert, dass ihre Ergebnisse als philosophisch bedeutungslos betrachtet werden. Vgl. Georg Wilhelm Friedrich Hegel: Ph nomenologie des Geistes. Frankfurt a. M. 1986, 271: »Es ist in es statt des himmlisch scheinenden Geistes der Allgemeinheit des Wissens und Tuns, worin die Empfindung und der Genuß der Einzelheit schweigt, der Erdgeist gefahren, dem das Sein nur, welches die Wirklichkeit des einzelnen Bewusstseins ist, als die wahre Wirklichkeit gilt. ›Sie verachtet Verstand und Wissenschaft,/des Menschen allerhçchste Gaben –/es hat dem Teufel sich ergeben/und muß zugrunde gehen‹.« 10

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Die radikalisierte Weltph nomenologie will sich als Metaphysik pr sentieren, ohne die Aufgabe der protÞ epistÞme erf llen zu wollen, d. h. immer wieder und immer neu das Existentiale mit dem Epistemischen in ein Spiegelungsverh ltnis zu bringen. Nach einem philosophischen Gestus, der typisch f r jeden hermeneutischen Ansatz in der Philosophie ist, bleibt die Metaphysik zuf lliger Faktizit t epistemisch bzw. erkenntnistheoretisch leer und verliert darin m. E. die Mçglichkeit, wahrhaft spekulativ zu werden. Auch wenn wir dem Epistemischen nicht den exklusiven Vorrang in der Bestimmung eines spekulativen Denkens geben wollen, bedeutet das nicht und kann es nie bedeuten, dass das Existentiale, ausschließlich das Existentiale, das Faktische der Existenz, die Idee einer pr te epistÞme vollst ndig bestimmen kçnnte, weil eine solche pr te epistÞme ab initio so von ihrem spekulativen Potential abgetrennt w rde. Von einem metatheoretischen Standpunkt aus kçnnte man behaupten, dass ein Epistemisches ohne Existenz und Ur-Faktizit t leer ist, genau wie ein Existential ohne die Bindung an das Epistemische blind oder gar blendend ist. Das alles kann sehr leicht best tigt werden, wenn man zwei entscheidende Momente der Konstruktion des Weltentwurfs betrachtet:

1.1 Die Annahme einer Bedeutung der Mannigfaltigkeit Tengelyi verwendet eine Bedeutung von Mannigfaltigkeit, welche von Husserl im Zuge der Selbstbegr ndung der Ph nomenologie schon relativ fr h fallengelassen bzw. ausgegrenzt wird. Husserl kennt die Person und das Werk Georg Cantors gut, doch er lehnt dessen mengentheoretische Idee der Mannigfaltigkeit zun chst ab; bald schon aber nimmt er die Idee der Mannigfaltigkeitslehre Riemanns auf und stellt diese radikal ins Herz der Ph nomenologie.11 Der Grund daf r ist evident: Eine geometrisch-topologische Idee der Mannigfaltigkeit ( la Riemann) ist metaphysisch neutral! Husserl wird ab 1901, zumindest bis zur AbDer Grund, der von Tengelyi als Probestein des Parallelismus zwischen der Cantor’schen Theorie des Transfiniten und der Husserl’schen Ph nomenologie gegeben wird, ist sehr schwach, wenn nicht inkonsistent. Wenn wir die einzige aus Husserls Werk erw hnte Passage (Edmund Husserl: Aufs tze und Vortr ge (1911 – 1921). Hg. von Thomas Nenon und Hans Rainer Sepp (Husserliana, Bd. 25). Dordrecht 1987, 52.) n her betrachten, so ist vor allem zu bemerken, dass selbst wenn Husserl, einmal in seinem Leben, als hapax legomenon, das Syntagma »transfinite Unendlichkeit« benutzte, es nicht ausgeschlossen ist, dass eine solche Verwendung rhetorisch, statt inhaltlich begr ndet ist. Was kçnnte eine Verbindung zwischen philosophia perennis und transfiniter Unendlichkeit bedeuten? Um die philosophia perennis zeitlich zu charakterisieren (weil das Attribut »perennis« zeitlich bestimmt ist), brauchen wir einfach eine transfinite Kardinalit t=0. Im schlechtesten Fall, wenn wir die Zeit als Kontinuum denken wollen, brauchen wir dazu auch die transfinite Kardinalit t=1, aber nicht mehr. 11

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fassung von Formale und Transzendentale Logik (aber auch dar ber hinaus), immer dieselbe metatheoretische Analogie benutzen : So wie die Mannigfaltigkeitslehre Riemanns den euklidischen Raum relativiert und in einer topologischen Systematik einschließt, schließt die Ph nomenologie – zugleich als Mathesis universalis, Wissenschaftslehre und Theorie von mçglichen Theorienformen – den Horizont der Ding-Wahrnehmung in eine universale strukturale Form, die the ria, ein und relativiert diesen. Im Rahmen einer solchen Mathesis universalis befinden sich mehrere regionale Ontologien bzw. materiale Apriori, d. h. epistemische Ontologien, die als ph nomenologische Mannigfaltigkeiten aufgefasst werden.12 Unseres Erachtens geht es dabei um keine unbedeutende Besonderheit bzw. Nuance, sondern um eine grundlegende Stellungnahme, da hier die Aufgabe der Mathesis die ganze Aufgabe der Ph nomenologie bildet, orientiert und strukturiert. Die Verwendung einer mengentheoretischen Bedeutung der Mannigfaltigkeit und nicht einer geometrisch-topologischen ist entscheidend, weil die erste die Unendlichkeit oder die Unendlichkeiten nennt und ein Absolutes postulieren muss,13 w hrend die zweite solche Unendlichkeiten in den Rahmen einer reicheren Struktur einschließt, einer Struktur, die f hig ist, die Spannung zwischen pr te episteme und konkreten, historisch sedimentierten Wissensformen, die unsere epistemische Verbindung zur Welt strukturieren, zu behalten und zu interpretieren.14 Nur auf diese Weise ist es sinnvoll, von einer epistemologischen und zugleich spekulativen Ph nomenologie zu sprechen. F r die un berschreitbare wissenschaftstheoretische Funktion der regionalen Ontologien in der Ph nomenologie Husserls vgl. Dominique Pradelle: Husserl contra Carnap: la demarcation des sciences. In: Carlo Ierna, Hanne Jacobs, Filip Mattens (Hg.): Philosophy, Phenomenology, Sciences. Essays in Commemoration of Edmund Husserl. Dordrecht 2010, 157 – 189. 13 Tengelyi: Welt und Unendlichkeit, 479, Fußnote 118. Nach der Analogie Tengelyis, sollte bzw. kçnnte, wenn das Absolute des Transfiniten (als Unendliches von Unendlichkeiten) die Mengenlehre begr ndet, die Idee eines Horizonts aller Horizonte eine Weltph nomenologie begr nden. Das einzige Problem, welches aber gar nicht sekund r ist, besteht darin, dass es keinen Horizont aller Horizonte gibt (bona pace Husserls) und streng ph nomenologisch genommen die Idee eines Horizonts aller Horizonte Unsinn, oder ein ph nomenologisch bedeutungsloser Ausdruck, ist. Dies ist der Fall, weil die Auffassung eines Horizonts aller Horizonte eine un-situierte bzw. eine horizontlose Erfahrung w re (und daher ph nomenologisch unauffassbar bzw. unbeschreibbar). Wir haben es hier mit einem Analogon der Ph nomene der Impr dikativit t (Impredicativity) zu tun, welche die Grundlagenkrise der Mathematik erçffnet (Russell) und mit negativen Ergebnissen (Gçdel – Tarski) beendet haben. Dar ber hinaus scheint eine klassische Cantor’sche Antwort auf die Paradoxien anachronistisch zu sein. 14 Obwohl nach Heidegger das wissenschaftstheoretische Wesen der Ph nomenologie Husserls immer çfter vergessen wurde, scheint eine Ph nomenologie ohne kritische ffnung und ohne konkrete Auseinandersetzung mit den Wissenschaften, unseres Erachtens, wie ein hermeneutisches Ungeheuer. Vgl. unter anderen Studien Wolfgang Gleixner: Die transzendentale Ph nomenologie als philosophische Grundlagenforschung. Berlin 1986, 175 – 196, 229 – 233. 12

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1.2 Die Metontologie Auf eine konsequente Art und Weise ist der Gebrauch der von uns definierten »metontologische Passage« oder des metontologischen Vollzugs partiell. Die Aufhebung der regionalen bzw. materialen Ontologien, die auf den Aufweis einer Form der Urspr nglichkeit hin orientiert sind, zeigt, dass eine solche Form der Urspr nglichkeit weit davon entfernt ist, das Spekulativ aufzuweisen. Auch wenn man gestehen muss, dass Tengelyis Analyse der Heidegger’schen Metontologie in Metaphysische Anfangsgr nde der Logik, was die Klarheit und die philosophische Intelligenz betrifft, ein Unikum ist,15 so sind die Folgen zwar klar, theoretisch jedoch nicht immer nachvollziehbar: Durch eine (relativ voreingenommene) Auslegung der Krisis als Vorbereitung der metontologischen Passage hebt der Tengelyi’sche Weltentwurf nicht nur die G ltigkeit aller regional-epistemischen Ontologien auf (was vom Standpunkt eines ph nomenologischen Entwurfs nachvollziehbar sein kçnne), sondern verbannt auch jede Form von Wissenschaftlichkeit quasi mit einem Ignorabimus.16 Ist es ein solcher Gestus, den letztlich die Metaphysik zuf lliger Faktizit t stiftet? Beide theoretische Operationen sind zweifelhaft und vor allem auch gef hrlich f r eine Philosophie, die sich als Fortsetzung und Vollendung der sogenannten »kontinentalen Tradition« darzustellen versucht. Ist es heute mçglich, mit einem Ignorabimus die Frage nach der Erkenntnis und der Wissenschaftlichkeit konkreter Wissensformen zu verbannen, um sich, wie auch immer, an das Absolute, wenn auch ph nomenologisch als Horizont aller Horizonte verkleidet, zu wenden? W re dies wirklich hilfreich f r eine Weltph nomenologie? Das Problem entsteht aus einer dogmatischen bzw. historisch nicht radikal genug in Frage gestellten Idee der Identit t zwischen protÞ epistÞme und Metaphysik. Wenn der Entwurf der Metaphysik zuf lliger Faktizit t die Frage »nach der Mçglichkeit und Reichweite der Beantwortung metaphysischer Fragen«17 betrifft, so ist es nicht sicher und kann auch nie vorausgesetzt werden, dass metaphysische Fragen so eindeutig sind, dass sie beantwortet werden kçnnen. Es ist auch von einer Metaebene aus betrachtet gar nicht sicher, ob die Ph nomenologie solche metaphysischen Fragen berhaupt beantworten soll. An diesem Punkt, genau dort, wo die klassische Idee von Metaphysik – als Beantwortung metaphysischer Fragen – und die Ph nomenologie sich treffen, zeigt sich das Hauptproblem: Es wird vorausgesetzt, dass eine solche Synthese mçglich sei, ohne zuvor zu fragen, oder fragen zu wollen, ob die Ph nomenolo15 16 17

Tengelyi: Welt und Unendlichkeit, 228 f. Ebd., 236 f. Rçmer: Was ist ph nomenologische Metaphysik?, 119.

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gie berhaupt unbedingt metaphysische Fragen beantworten muss, um pr te epistÞme zu werden. Die Operation Tengelyis, eine platonisch-metaphysische Idee der Mannigfaltigkeit (die von Cantor) statt einer rein horizontalen geometrischen Idee (die von Riemann und Husserl) als Modell bzw. als Muster seines metaphysischen Entwurfs zu w hlen, oder eine Metaontologie, die absichtlich funktionell auf einen metaphysisch-ph nomenologischen terminus ad quem hin orientiert ist (ein Hinweis auf die Dimension der Urtatsachen), zu denken, ist von diesem Standpunkt symptomatisch und hochproblematisch, wenn nicht gar aporetisch. Mit Carnap, aber auch unabh ngig von ihm, d. h. einfach von einem metaphysikkritischen Standpunkt, kçnnte man fragen, ob die Grundfragen als metaphysische Fragen ausnahmslos die einzige Quelle aller spekulativen Abenteuer sind. Anders gesagt: Die Tatsache, dass das ph nomenologische Denken sich mit Grundfragen auseinandersetzt, bedeutet nicht einfach, dass solche Grundfragen ph nomenologisch bzw. ph nomenologisch-metaphysisch beantwortet werden sollen. Tengelyi versucht in einer klassisch konservativen Art und Weise, die Ph nomenologie radikal in eine Metaphysik zu verwandeln, ohne sich zu fragen, in was die Ph nomenologie damit verwandelt wird und welcher radikalen Umgestaltung der Verh ltnisse innerhalb der Philosophie und der Bedeutung einer radikalisierten Ph nomenologie eine solche Operation bed rfe. Eine dieser Fragen betrifft die Philosophie selbst und die Notwendigkeit, das Philosophieren im beweglichen Horizont des menschlichen Wissens wieder einbringen zu kçnnen. Nur durch die Stellung und die Artikulation der dynamis, der Frage nach dem Wesen des Philosophierens, kann ein Entwurf mit einer pr te epistÞme beginnen.

2. Von den Grundfragen zur Mathesis: der ph nomenologische Weg zur prote epistÞmÞ Unter mehreren (mehr oder weniger kanonischen) Definitionen der Ph nomenologie wird uns insbesondere eine – welche von Marc Richir vorgeschlagen wurde, aber leider keine systematische Entwicklung gefunden hat – den Weg zu einer anderen Form der Radikalisierung der Ph nomenologie, die nicht im Sinne einer Metaphysik verstanden werden soll, zeigen. Die Definition lautet: »dans ses profondeurs les plus r volutionnaires, la ph nom nologie n’a rien d’une ontologie et rien d’une m taphysique. Peut-Þtre, nigmatiquement, a-t-elle encore quelque chose voir avec la philosophie puisqu’elle est, dans notre tradition, le prolongement de la praxis du penser. Et peut-Þtre, non moins nigmatiquement, peut-on pr ciser, en ce sens, qu’elle n’est pas une mathesis universalis, mais une mathesis, qui s’apprend et se change mesure

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qu’elle avance, de l’instabilit et des mouvements inextricablement complexes de cette praxis.«18

Wenn die Ph nomenologie statt Philosophie, Ontologie und Metaphysik Mathesis ist, wenn sie etwas Neues aber zugleich Urspr nglicheres (vielleicht das the rein selbst) immer wieder verkçrpert und aktiviert, liegt dieser Unterschied genau darin, zuerst Abstand von der Tendenz zu nehmen, die Grundfragen beantworten zu wollen. In der systematisch distanzierten Betrachtung der Grundfragen findet die Ph nomenologie als Mathesis den Weg ihrer eigenen Verwandlung ins spekulative Denken und zu einer neuen Form der protÞ epistÞmÞ.19 Das spekulative Potential der Ph nomenologie, die sich als Mathesis (Mathesis der Instabilit ten) und nicht als Metaphysik versteht, liegt in der Mçglichkeit, eine andere Stellung bez glich jener Grundfragen einnehmen zu kçnnen, d. h. ihre innere Dynamik zu beschreiben, um dadurch neue Horizonte des Denkens erforschen zu kçnnen. Genauer, jenseits der groben Unterteilung Carnaps in innere und ußere Fragen, sind die Grundfragen von anderer Art: instabile Entit ten, durch deren Analyse das Denken neue Horizonte erçffnet. Ihre Wichtigkeit besteht nicht darin, sie zu beantworten, sondern in ihrer Dynamik und in ihrer Instabilit t selbst zu untersuchen. Durch eine solche »Instabilit t« der Grundfragen, welche die Ph nomenologie nicht zu beantworten versucht, sondern erkundet, wird der Weg der oben genannten Verwandlung mçglich.

2.1 Die Frage nach (dem Wesen) der Philosophie: der metatheoretische Horizont Statt sich als Philosophie, als erste Philosophie, als geschichtliche Vollendung der Philosophie zu beweihr uchern und sich anhand dieser (falschen) Selbstbestimmungen aufzuplustern, kann das Denken – welches bei neuen Erkundungen ohne Furcht ph nomenologisch vorgeht – die Leere der Philosophie selbst erfahMarc Richir: M taphysique et ph nom nologie. In: liane Escoubas, Bernhard Waldenfels (Hg.): Deutsche und franzçsische Ph nomenologie. Paris 2000, 127. 19 Was »spekulatives Denken« bedeute und was es bedeuten solle, ist die entscheidende Frage f r eine Philosophie und so also auch f r eine Ph nomenologie, die sich als pr tÞ epistÞmÞ darzustellen vermag. Ohne hier die Frage beantworten zu kçnnen, sollte man bemerken, dass das, was »akademisch« passiv und oft pejorativ unter »Spekulativ« verstanden wird, pr judiziell und historisch oberfl chlich ist. Nur eine tiefe Betrachtung des »Spekulativs« in seinen historischen Konkretionen und in seiner strukturellen Komponente kann letztlich bestimmen, ob eine Ph nomenologie (bzw. eine Philosophie) die F higkeit hat, pr tÞ epistÞmÞ zu werden, ohne sich in die Form einer Metaphysik (d. h. in die Form der Hypostase von Ur-Elementen) zu verwandeln. F r eine Charakterisierung des spekulativen Denkens von diesem Standpunkt, vgl. Fausto Fraisopi: Philosophie und Frage. Freiburg/M nchen 2016, Bd. I, 108 – 126. 18

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ren. Eine solche Leere wird in jener Grundfrage erfahren, die in der Philosophie selbst wirkt, n mlich in der Frage nach dem Sinn des Philosophierens selbst. In diesem Sinne geht man einem authentischen Sinn »auf den Grund«. Der Philosophierende, vor allem heutzutage, bewegt sich in einem Horizont, der vom Sinnesmangel seines Wirkens, seiner Praxis selbst erçffnet wird. Vor allem und nur im Ausgang einer solchen Armuts- oder Entfremdungssituation, einer solchen Erschçpfung seiner Identit t, stellt das Individuum im Horizont des Wissens, der ins unendliche, perte de vue, geht, die metatheoretische Frage: Was ist Philosophie? Diese Frage ist, wie alle Grundfragen, in sich etwas Dynamisches, nicht jedoch weil das In-frage-Gestellte, das Gefragte zweideutig w re. Das Gefragte selbst – und nur in der und durch die Stellung der Frage kçnnen wir es sagen – stellt sich als vielgestaltig oder proteusartig heraus. Was wir als etwas Bestimmtes angenommen haben, zeigt sich zugleich als etwas Dynamisches, als eine Spannung, in deren Innerem etwas als Moment, als Fokus eines Strebens erscheint: das Wissen, die sophia. Die Frage hebt sich dann durch die Ver nderung ihres Fokus, welcher seinerseits die Frage nach dem Wissen çffnet, nicht nur nach der Erfahrung (eventuell als die einzige Wissensform verstanden), sondern nach dem Wissen, der epistÞmÞ, von selbst auf. Sie erçffnet die Frage nach dem Wissen, mit dem sie verschmilzt, und hebt ihren Frage-Charakter auf, um einen Horizont zu çffnen: den metatheoretischen Horizont. In der Erfahrung der Frage selbst – da die Frage eine Erfahrungsform ist – erfahren wir die sich aufhebende Frage und das, was aus dieser Aufhebung entsteht: eine Anschauung. Indem man die neutralisierte Frage »Sophia« nennt, bezeichnet dieselbe »Sophia« den Fluchtpunkt einer Perspektive. Hier bezeichnet die »Sophia« etwas, das sich nicht dort finden und ergreifen l sst, wo sich das im Leeren philosophierende Subjekt befindet und von wo aus es fragt. Dieses Etwas flieht in den Horizont der Schau, des The rein, in den Fluchtpunkt der Perspektive jeder menschlichen Suche. Die »Sophia« oder das, was man auch die Mathesis universalis nannte, l sst sich am Horizont, an der extremen und extrem flexiblen Grenze dessen nieder, was man als menschliche Lehre (die Leibniz’sche »doctrine humaine«) noch denken kann. Ein Punkt, an dem sich jeder Gelehrte oder derjenige, der sich als solcher bezeichnen will, orientieren muss. Die Dynamik der neutralisierten Frage zeigt dem im Leeren philosophierenden Subjekt seine reine Situation innerhalb des Horizonts des Wissens. Anders gesagt: Diese Dynamik projiziert, çffnet einen Raum, in dessen Innerem der Mensch, der ein »im Leeren philosophierendes Subjekt« ist, etwas nur gem ß einer eigenen Form des Erfahrens erfahren kann. Was ist dieses »Etwas«? Zuerst ist es eine synoptische Gesamtanschauung. In der synoptischen Gesamtanschauung çffnet sich jenes Subjekt, welches ontogenetisch eine Phylogenese wieder aktiviert und darin das Versprechen der Meta-

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physik qua regina scientiarum als unrealisiert bzw. unrealisierbar erkannt hat, einem Horizont, in dem Wissensformen sich als echte Gegenst ndlichkeiten bekunden,20 welche ihre eigene charakteristische Gestalt (eidos) sowie ihre dynamische Genese (logos) haben. In dieser ffnung einer metatheoretischen Erfahrung fortbestehend, ohne Axiologie und ohne irgendwelche Vorrangigkeit, die eine Metaphysik hervorzubringen vermag, verwandelt das Subjekt seine F higkeit der Schau durch die Auffassung von strukturellen (gegenst ndlichen) Einheiten, so dass es sich zu einer rein deskriptiven Erfahrungsform erzieht: die metatheoretische Erfahrung, d. h. die Erfahrung im metatheoretischen Horizont. Das metatheoretische Subjekt muss zuerst lernen, diesen Gegenst ndlichkeiten, die eo ipso »un-gestaltet« sind, Form, Physiognomie und Gestalt zu geben. Eine solche Formgebung ist nur durch eine Modellierung mçglich. Die metatheoretischen Gegenst nde, d. h. die Gegenst nde, die sich im metatheoretischen Horizont zeigen, lassen sich als Graphen, d. h. Netzwerke, Ger ste von intra- und meta-theoretischen Relationen zwischen Punkten bzw. Knoten modellieren. Heutzutage erlaubt uns das network modeling den Gegenst nden metatheoretischer Anschauung (grob gesagt Wissensformen) Form bzw. Gestalt zu geben, sowie es uns auch ermçglicht, den ihnen eigenen Sichtbarkeitsgehalt graphisch darzustellen.21 Die Wissensformen erscheinen als Netzwerke von begrifflichen Knoten, welche Foucault in seinem arch ologischen Ansatz vorwegnahm und die Stegm ller und seine Schule als strukturelle Wissenschaftstheorie denkt.22 Die Aufgabe der metatheoretischen Mathesis ist, das strukturelle In-variant sowie Ko-variant solcher instabilen und dynamischen Gegenst ndlichkeiten – als Graphen aufgefasst – zu modellieren und konsequenterweise ihre Dynamik und Genese zu rekonstruieren. Einmal eine solche metatheoretische Mathesis Die Tatsache, dass Theorien als »Gegenst nde«, als Erfahrungsgegenst nde ph nomenologisch zu betrachten sind, wurde schon Husserl bewusst und koh renter Weise mit dem Prinzip aller Prinzipien formuliert. Vgl. dazu Edmund Husserl: Cartesianische Meditationen und Pariser Vortr ge. Hg. von Stephan Strasser (Husserliana, Bd. 1). Den Haag 1973, 95. 21 F r eine detailliertere, obwohl nicht vollst ndige Betrachtung dieser neuen Grammatik metatheoretischer Schau vgl. Fraisopi: Philosophie und Frage, 289 – 418. Die wissenschaftlich heuristische Funktion einer solchen Grammatik wurde vor kurzem nochmals vom Standpunkt der Forschung aus betont. Vgl. dazu Iacopo Iacopini, Stasˇa Milojevic, Vincenzo Latora: Network Dynamics for Innovation Processes. In: Physical Review Letters, 120, 048301, 24 Januar 2018. 22 Werner Stegm ller: The Structuralist View of Theories. A possible Analogue of the Bourbaki Programme in Physical Science. Dordrecht 1979. F r die Analogie zwischen dem ph nomenologisch-wissenschaftstheoretischen Ansatz Husserls und dem arch ologischen Ansatz Foucaults vgl. Jeff Kochan, Hans-Bernard Schmid: Philosophy of Science. In: Sebastian Luft, Søren Overgaard (Hg.): The Routledge Companion to Phenomenology. London/NY 2012, 461 – 471. 20

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gedacht und entwickelt – als statische und genetische Modellierung, die einer informatischen Implementierung f hig ist (dies ist unsere Gegenwart, keine ferne Zukunft) –, kçnnte man denken, oder das metatheoretische Subjekt kçnnte denken, dass der Vorrang der Schau noch greifbar sei. Eine schçne Illusion, nicht mehr! Der metatheoretische Horizont bleibt, auch wenn alle Gegenst ndlichkeiten zur Klarheit und zur letzten statischen und genetischen Bestimmung gebracht wurden, immer ein Horizont der Offenheit, und somit muss seine omnimoda determinatio bzw. seine Vollst ndigkeit als focus imaginarius verstanden werden. Er bleibt un-auffassbar, entzieht sich der vollen Auffassung und beweist dadurch die konstitutive Unvollst ndigkeit einer metatheoretischen Erfahrung. Die metatheoretische Erfahrung ist keine (vollst ndige) Theorie hçherer Stufe, sondern eine horizonthafte Situationalit t (bzw. Situiertheit). Um die metatheoretische Perspektive in eine »Metatheorie« umzuwandeln, m sste sie unbedingt ihre Impredikativit t, die Aporie ihres von-metatheoretischen-Gegenst nden-Redens berwinden. Die formal-ontologischen und regional-ontologischen Pr dikate, welche die metatheoretische Mathesis benutzt, um fortzuschreiten und sich zu entwickeln, sind ihrerseits zugleich gemeinsame Pr dikate aller metatheoretischen Gegenst ndlichkeiten, aber auch aller singularisierten Elemente als Teil eines besonderen metatheoretischen Gegenstands, d. h., sie sind die Gegenstandstheorie, die ihrerseits eine Wissensform ist. Die Gegenstandstheorie – als the ria – ist Gegenstand einer anderen Theorie, aber sie ist gleichzeitig die Theorie, welche die Betrachtung jedes theoretischen Gegenstands (Wissensform) qua Gegenstand ermçglicht. Die Gegenstandstheorie ist Gegenstand und gewissermaßen theoretischer Horizont jeder mçglichen Metatheorie. Die Metatheorie zeigt folgendermaßen eine unvollst ndige Dimension, und das metatheoretische Subjekt, das ihre Vollst ndigkeit zu beweisen versucht, sollte sie an jenem Nicht-Ort suchen, jenem Atopos, worauf seine ontologische Impr dikativit t hinweist. Eine solche Impr dikativit t entsteht dort, wo die Gegenstandstheorie, die Ontologie, eine »Fundamentalontologie« zu werden vermag, d. h. eine Wissensform, auf die alle anderen sich reduzieren lassen oder an die sie sich wenden m ssen, um aus dieser jede »Gegenst ndlichkeitsform« abzuleiten. Nach einem logischen Prozess, dessen Erkl rung uns jedoch zu viel Zeit kosten w rde, ist dies genau die Grundannahme der Mçglichkeit einer Fundamentalontologie, d. h. einer vollst ndigen Theorie formaler Bestimmung der Gegenst ndlichkeitsformen, diejenige, die – einmal logisch streng artikuliert – nicht nur zeigt, dass eine Fundamentalontologie entweder dogmatisch-mystisch oder formal unvollst ndig ist, sondern auch und vor allem, dass eine solche Behauptung, um richtig ausbuchstabiert zu werden, um seine Gr ndlichkeit behaupten

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zu kçnnen, unbedingt 1) eine regionale Proto-artikulierung und 2) Individuationskriterien bzw. Individuationsprotokolle (die sie nicht beweisen kann) annehmen muss. Das bedeutet im R ckblick auf verschiedene Stellungnahmen zu Fundamental- bzw. Meta-ontologien, dass die einfache Einklammerung des Problems des sachhaltigen Seins (der regionalen Ontologien) und seine bzw. ihre Ausgrenzung durch Ignorabimus-formen keinesfalls letztbegr ndend evident sind. Im Inneren des metatheoretischen Horizonts erscheint ein metatheoretischer Gegenstand, der zugleich focus und frame des Horizonts der Gegenst ndlichkeitsbestimmung seines Gegenstandes als Wissensformen ist. Jedoch hat die Ontologie, so wie sie sich in ihrer echten und eigenen Dimension – d. h. die der Dynamik der Wissensformen – zeigt, keinen Vorrang vor anderen metatheoretischen Gegenst nden. Ihr einziges Charakteristikum ist also nicht ihr Vorrang, sondern ein Tun, das aus ihrem Mangel entsteht: Sie kr mmt bzw. faltet die metatheoretische Dimension selbst in die Richtung einer anderen Dimension (im privativen Sinn). Wir sind jetzt an der Schwelle zwischen einer konstitutiv unvollst ndigen Metatheorie (altmodisch als regina scientiarum konzipiert) und einer sich zeigenden Metaontologie, die sich jedoch noch nicht deutlich herausgestellt hat.

2.2 Die ontologische Frage und der metaontologische Horizont Die Gegenstandstheorie, sub specie metatheoriae konzipiert, ist ein metatheoretischer Gegenstand mit eigenem Eidos und Logos, d. h. seiner eigenen phylogenetischen Sedimentierung. Wenn diese Theorie die Kr mmung bzw. Faltung zeigen kçnnen wird, die ihr metatheoretisches Wesen berwindet und die die Metatheorie immer notwendig unvollst ndig l sst, ist dies nur aufgrund ihrer urspr nglichen phylogenetischen Konstitution mçglich: Der Ursprung wird in der (dia-)aporetischen Aktualisierung wieder aktiviert.23 Der Ursprung einer solchen genetischen metatheoretischen Konstitution, einer solchen Sedimentierung, ist nicht zuf llig eine Frage, eine der sogenannten Grundfragen: »t¸ t¹ em«. Es geht um eine Frage – und nicht nur ein Gefragtes – »aei zetoumenon kai aporoumenon«, deren gesamtes Verst ndnis den Unterschied zwischen paideia und apaideusia artikuliert.24 Nach der ffnung der extremen Kr mmung und Faltung des metatheoretischen Horizonts kehren wir zur Situation der Offenheit der Frage, welche die Fragestellung des Aristoteles selbst charakterisiert, zu23 24

Vgl. Fraisopi: Philosophie und Frage, Bd. I, 74 – 89 – II, § 76 – 81, 89 – 92. Aristoteles: Metaphysik IV, 1006 a 8, De Soph. El., 33, 182 bb 22.

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r ck. Das Verst ndnis der Frage zeigt genau das, was wir von Charles Kahn lernen, d. h., dass »existence does not emerge as a distinct concept in Greek Philosophy.«25 Anders formuliert: Die drei Dimensionen, die aus der Erschçpfung der Mçglichkeit jeder Fundamentalontologie entstanden sind (formale Ontologie, Regionalit t der Sachhaltigkeit und Individuation), bestehen auch in der Mehrdeutigkeit des Gefragten als aufeinander irreduzibel. Das em scheint nicht nur trivalent zu sein, sondern es çffnet auch einen metaontologischen Horizont, in dessen Innerem sich variabel ontologische Komplexe zeigen (bzw. zeigen kçnnen). Die drei fundamentalontologischen Dimensionen eines solchen Horizonts sind:26 1. On Þ on : die Dimension der formalen Struktur der Gegenst ndlichkeit als syntaktisches Kriterium des »Etwas«. 2. Ti esti – to ti Þn einai : die Dimension der regionalen bzw. sortalen Bestimmung der Gegenst ndlichkeit als semantisches Kriterium 3. Tode ti : die Dimension der Individuation bzw. Instanziierung

Diese sind als miteinander irreduzibel und nicht voneinander ableitbar zu denken. Das Residuum der Erschçpfung der Fundamentalontologie zeigt nur, dass ein »ontologischer Komplex« als Teilkomponente jeder Theorie sich nach zumindest drei Dimensionen modellieren l sst: die Dimension der Formalit t, die Dimension der gegenst ndlichen Regionalit t bzw. Sortalit t und die Dimension der existentialen Singularisierung, die durch gewisse Individuationskriterien bzw. Individuationsprotokolle best tigt werden kann. Die Mçglichkeit der Erscheinung mehrerer ontologischer Komplexe ist eo ipso von der ffnung eines metaontologischen Horizonts selbst in eine Situation voller und radikaler ontologischer Relativit t abgeleitet. An diesem Punkt erfahren wir die Erçffnung eines metaontologisches Raums bzw. Horizonts: An diesem Punkt sind die reduktionistischen oder inflationistischen Kriterien der Schließung des metaontologischen Horizonts sowie die Versuche, das Weltliche bzw. das Sachhaltig-Ontologische zu ignorieren, eo ipso aufgehoben. Das semantische Kriterium, welches das em zu einem Bestand in einem Sinnfeld assoziiert, erscheint als eine Meinong’sche Wiederholung: Ein solcher Inflationismus f llt in die Aporie der kontinuierlichen, undifferenzierten Ausbreitung (und folgendermaßen hebt sich das Kriterium als Kriterium auf) oder in die Notwendigkeit eines willk rlichen Reduktionismus (wie der Quine’sche RedukVgl. Charles H. Kahn: Existence Does Not Emerge as a Distinct Concept in Greek Philosophy. In: ders.: Essays on Being. Oxford 2012, 63 – 74. 26 F r eine Betrachtung der Mehrdimensionalit t der ontologischen Fragestellung schon bei Aristoteles vgl. Gwilym E. L. Owen: Aristotle on the Snares of Ontology. In: Renford Rambrough (Hg.): New Essays on Plato and Aristotle. New York 1965, 69 – 95. 25

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tionismus auf sense data, der sich deutlich als die Begrenzung der ontologischen Relativit t positioniert, ohne endg ltige Meta-kriteria finden zu kçnnen). Das syntaktische Kriterium einer Strukturierung und Fixierung der Relativit t ontologischer Komplexe als protologischer Entwurf kann nichts anderes als ein metaphysisch-formales bzw. metaphysisch-modales Kriterium sein, das an der Unmçglichkeit, formell das Sachhaltige abzuleiten, um zu einer vollst ndigen Bestimmung des em zu kommen, scheitert. Es gibt keine »modale« Metaphysik, weder syntaktisch (Lewis, Lowe etc.) noch hermeneutisch (Tengelyi), die f hig ist, protologisch das Formale (als Notwendiges) oder das zuf llig Faktische als Kriterium einer endg ltigen Instanziierung von Fakta und Individuen, d. h. der Welt, zu w hlen. Solche formal-metaphysischen Formen sind Verdr ngungsformen einer Metaphysik, die die Gefahr, dass es vielleicht kein mçgliches letztes Wort ber das em gibt, berhaupt nicht anerkennen will. Statt die Ausbreitung des em in seiner Sortalit t und in seinen Individuations-formen zu erkunden, zu beschreiben und zu vernetzen, fallen sie in Ignorabimus-Formen. Das Problem ist jedoch, dass solche Formen der Metaphysik, die behaupten, dass die Mannigfaltigkeit von ontologischen Komplexen nicht wichtig f r eine Metaphysik ist, unbedingt sagen m ssten, worin eine Welthabe besteht, und ein Kriterium finden m ssten, das das Gleichgewicht der ontologischen Relativit t brechen kçnnte. Eine Welthabe ohne Topographie oder Topologie ist keine Welthabe. Wir sind jetzt an der Schwelle zwischen einer Metaontologie, welche keinen bergang zu einer bzw. keine Verwandlung in eine Metaphysik ermçglicht, und einer sich zeigenden protÞ epistÞme, die nicht mehr metaphysisch-protologisch, sondern einfach spekulativ ist.

2.3 Die metaphysische Frage par excellence: der Horizont der Mathesis Es ist genau diese ontologische Relativit t, die die Grundfrage nach dem Wirklichen oder die Realismus-Frage entstehen l sst: »Was ist (das) Reale?« bzw. »Was ist (das) Wirkliche?« Jedoch ist diese Frage in sich wie immer zweideutig: Fragen wir »Was ist real?«, fragen wir zugleich lokal »Was ist das Reale?« im holistischen Sinn. Wir kçnnen die eine Frage nicht ohne die andere stellen.27 In der Frage trennt sich das Gefragte einer intrinsischen Notwendigkeit nach und artikuliert die Antwort nach zwei verschiedenen, aber auch komplement ren Richtungen: Realia 27

Fraisopi: Philosophie und Frage, Bd. I, 90 – 106 – II, § 102 – 105.

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durch Bestandsaufnahmeprotokolle zu inventarisieren, die kein letzt-begr ndetes Kriterium haben, ist sinnlos, genauso wie eine holistische (metaphysische) Definition zu suchen. Um einen Sinn der Artikulierung der Frage zu finden und um eine nicht-metaphysische Bedeutung der protÞ epistÞmÞ anzuerkennen, ist es besser, in medias res zu bleiben. In medias res zeigt sich das, was im metaontologischen Horizont besteht, d. h. ontologische Komplexe. Die Aufgabe der meta-ontologischen Mathesis als Artikulierung der metatheoretischen Mathesis und der Mathesis der Subjektivit t (die ph nomenologische Analyse und Beschreibung der hybriden Selbstbeziehungsformen als Lebensweltdimensionen)28 ist dazu f hig, jener Spekularit t bzw. Spiegelung zwischen dem Erfahrenden in seiner existentialen Situation und dem Epistemischen eine Topologie zu verleihen, d. h., den Raum des existentialen-epistemischen Inzwischen zu strukturieren. Im Inneren dieses metaontologischen Horizonts bekunden sich charakteristische Gegenst ndlichkeiten, die ontologischen Komplexe, welche Teile – d. h. notwendigerweise un-selbst ndige mereologische Komponenten – von metatheoretischen Gegenst nden (Wissensformen) sind. Die Aufgabe wurde in einer genialen Anmerkung von Merleau-Ponty in Das Sichtbare und das Unsichtbare formuliert: [Ontologie] Den topologischen Raum als Modell des Seins benutzen. Der euklidische Raum ist das Modell des perspektivistischen Seins, er ist ein Raum ohne Transzendenz, er ist positiv, ein Netzwerk von Geraden, die parallel zueinander verlaufen oder senkrecht zueinander stehen entsprechend den drei Dimensionen, und er enth lt alle mçglichen Platzierungen in sich […]. Der topologische Raum als das Milieu, in dem sich Beziehungen der Nachbarschaft, der Einschließung etc. abzeichnen, ist dagegen das Bild eines Seins, das – wie die Farbflecken von Klee – das aller lteste und das Sein ›am ersten Tag‹ (Hegel) ist, es ist das, worauf das regressive Denken stçßt, ohne es direkt oder indirekt (durch « Wahl des Besten »), vom ens a se ableiten zu kçnnen, und da sein fortw hrendes Residuum ist. Es kommt nicht nur auf der Ebene der physischen Welt vor, sondern es ist wiederum konstitutiv f r das Leben, und schließlich begr ndet es das wilde Prinzip des Logos.29

Der erste Schritt der metaontologischen Mathesis – als konstruktive Metaontologie – ist, eine Modellierungsgrammatik solcher Komplexe zu finden. Jede Wissensform (unabh ngig von der Tatsache, ob sie die Schwelle der Formalisierung berschritten hat), als metatheoretischer Gegenstand aufgefasst, spricht von Objekten, d. h., sie enth lt als Graph eine Unterstruktur von ontologischen Punkten bzw. Knoten. Eine solche Unterstruktur

Vgl. dazu Fausto Fraisopi: Von der Ph nomenologie zur Mathesis der Subjektivit t. In: Interpretationes (2019), 57 – 72. 29 Maurice Merleau-Ponty: Das Sichtbare und das Unsichtbare. Gefolgt von Arbeitsnotizen. Hg. von Claude Lefort, bers. v. Regula Giuliani und Bernard Waldenfels. M nchen 2004, 269. 28

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a) bestimmt den ontologischen Gehalt des Gegenstands-im-Wie jeder Wissensform als theoretischen Gegenstand und b) kann ihrerseits algebraisch als Relationen zwischen Punkten und Werten der Achse der formalen Ontologie (Syntax) von zumindest einer regionalen bzw. sortalen Achse (Semantik) der Achse, die aus der bertragung von Individuationsparameter entsteht, (ontological commitment)

modelliert werden. Jeder ontologische Komplex ist folglich als ein algebraischer Raum (von zumindest 3-Dimensionen) modelliert. So wie es jedoch verschiedene meta-ontologische Modelle (d. h. Modelle, die sich im metaontologischen Horizont als eidos ihrer metatheoretischen Komplexe zeigen), jedes als Teil verschiedener metatheoretischer Gegenst nde, gibt, kann es auch eine Menge von dynamischen Verbindungen zwischen ontologischen Modellen geben, die genau das Spiegelbild der metatheoretischen Relationen zwischen Wissensformen repr sentieren: sich gegenseitig ausschließende Modelle, partielle Modelle (wie in der Quantenmechanik), sich entwickelnde Modelle (als Modelle von komplexen Systemen), hybride »Modelle« mehrerer ontologischer Regionen, die aus den inter- oder trans-disziplin ren Praktiken oder epistemischen Ans tze resultieren.30 Wir besitzen aber eine allgemeine Grammatik nicht nur, um die Struktur metaontologischer Modelle als Mannigfaltigkeiten zu denken und zu modellieren, sondern auch, um sie in ihrer Dynamik aufzufassen: Genau weil die Modelle Mannigfaltigkeiten sind, kçnnen sie als algebraische R ume aufgefasst werden. Eine solche Grammatik ist die Kategorien-Theorie, welche Morphismen und Transformationen algebraischer, topologischer R ume mit der ihnen zugehçrigen Menge denkt und bestimmt. Wenn wir die lokale Dynamik zwischen Modellen auf dem Hintergrund der allgemeinen Grammatik von kategorialen Transformationen denken, bekommen wir die wesentliche Idee eines Topos des Wissens oder das, was wir meta-ontologischen Topos nennen. Der Topos ist ein geometrisches Universum als Ort struktureller Transformationen von ontologischen Komplexen. Durch die Grammatik der Beschreibung der Transformationen von ontologischen Komplexen kçnnen wir die nderung unserer Auffassung der Wirklichkeit und der ph nomenalen Welt statisch und genetisch messen und beschreiben, d. h. das Multiversum unserer Welterfahrung und Welterkenntnis. In diesem Sinn kçnnen das Existentiale und das Epistemische in ein Spiegelungsverh ltnis treten. Das Denken, die The ria, verwandelt sich weder in eine passive, willk rliche Inventarisierung des Wirklichen noch in die Erschçpfung einer der zwei Komponenten des Spekulativen in der jeweils anderen, weil das Spekulativ nur in seiner 30 Fraisopi: Philosophie und Frage, Bd. II, § 117. Vgl. auch ders.: La complexit et les ph nom nes. Nouvelles ouvertures entre science et philosophie. Paris 2012, 463 – 482.

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kontinuierlichen und instabilen Reibung besteht. Die The ria verwandelt sich dort, wo sie anf ngt, die komplexe Dimension – die aus der Stiftung der Spiegelung des Existentialen (das Wirkliche, wie es sich im Leben des Individuums in seiner verwirrenden Zerstreuung bekundet) und des Epistemischen (die metatheoretische Dimension des Wissens in ihrem eigenen Leben aufgefasst) – zu kategorisieren. In diesem Sinne, im Sinne einer offenen, dialektischen – bzw. diakritischen –, freundlichen Auseinandersetzung, h tten wir gerne mit L szl Tengelyi unser Gespr ch weiterentwickelt. Es bleibt uns nur das Bedauern – und ihn und sein Werk zu ehren.

Claude Romano

Id alisme/r alisme : une distinction m taphysique ?

Abstract The “metaphysical neutrality” claimed by Husserl’s Logical Investigations means the methodological exclusion from the field of investigation of all the metaphysical problems concerning the transcendence of objects and the world, and in particular the very distinction between idealism/realism. This paper aims at showing that this exclusion is a much less simple affair than it has been claimed, and that it raises important difficulties for the understanding of a phenomenon as basic for phenomenology as perception. So, if it isn’t probably possible to conceive of a phenomenology which would be really neutral with respect to any metaphysical position, phenomenology remains nonetheless a precious resource to approach certain metaphysical questions – such as the distinction idealism/realism – in a new manner. For instance, a good phenomenological description of perception can provide strong arguments in support of a realist interpretation of the latter.

En philosophie, une des principales difficult s devant lesquelles nous sommes plac s est que chaque probl me communique avec tous les autres. Les probl mes philosophiques sont beaucoup trop complexes et pluridimensionnels pour pouvoir Þtre r solus – et mÞme simplement formul s – l’ tat isol . C’est pourquoi toute tentative pour tablir une fronti re herm tique entre diff rentes mani res d’aborder un probl me risque fort, son tour, d’Þtre vou e l’ chec. Il en va probablement ainsi de la d marcation entre ph nom nologie et m taphysique. Les choses seraient simples s’il tait possible de dire o s’arrÞte la m taphysique et o commence la ph nom nologie. Mais cette t che est pour le moins d licate, et c’est ce que je voudrais sugg rer en m’attachant un probl me pr cis : celui de la distinction entre id alisme et r alisme. Je pr cise d’embl e que je ne prendrai pas le mot « m taphysique » (un terme polys mique s’il en est) dans les remarques qui suivent dans son sens « historial », mis en avant par Heidegger. Je ne consid rerai pas ici la m taphysique comme une forme de cl ture du « pensable » occidental, permettant de d busquer en lui un impens qui r gnerait sur le destin de l’Þtre de Parm nide l’ poque pr sente. Quoiqu’expos e de nombreuses (et peut-Þtre insurmontables) difficult s, cette entreprise pour d limiter l’horizon unitaire l’int rieur duquel se meut la pens e occidentale dans son ensemble me para t une t che digne d’int rÞt. Mais elle ne m’occupera pas dans ce qui suit. J’entendrai donc « m taphysique » dans son acception traditionnelle qui co ncide plus ou moins

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avec la « philosophie premi re ». La m taphysique est la discipline qui pr tend traiter syst matiquement des probl mes philosophiques et nous dire quelque chose sur la mani re dont les choses sont en elles-mÞmes, abstraction faite de nos facult s de connaissance. C’est un sens proche de celui-l qui est l’œuvre dans l’antith se formul e par Husserl dans les Recherches logiques entre ph nom nologie et m taphysique, qui constitue la source de sa propre compr hension de la nature de la ph nom nologie. C’est donc une telle m taphysique qui constitue l’enjeu de ce qu’on a appel la « neutralit m taphysique » de « l’œuvre de perc e » de 1901. Je voudrais tenter de montrer, pour commencer, que la neutralit m taphysique des Recherches logiques aboutit des cons quences intenables, et qu’elle menace mÞme la coh rence du projet de Husserl. En v rit , la distinction ph nom nologie / m taphysique telle que l’ tablit Husserl, et son corollaire, l’exclusion pure et simple des probl mes m taphysiques – tel celui de la r alit du monde dit ext rieur – du champ de la ph nom nologie naissante, interdisent de donner une forme satisfaisante un probl me aussi central pour cette nouvelle discipline que celui de la perception. Mais le constat de ce lien indissoluble entre les probl mes que se pose la ph nom nologie et ceux dont Husserl voudrait pouvoir la « purifier » d s le d part ne constituera pas mon dernier mot. Aussi perm ables que soient les fronti res entre ces deux orientations g n rales de la recherche, ph nom nologie et m taphysique n’en sont pas pour autant quivalentes. On peut mÞme soutenir que la ph nom nologie est susceptible d’apporter une contribution originale la formulation et la solution de certains probl mes m taphysiques, commencer par celui de l’antith se id alisme / r alisme. C’est cette contribution que je consacrerai la seconde partie de ces r flexions.

1. Les pr suppos s m taphysiques de la « neutralit m taphysique » La th se de la neutralit m taphysique de la ph nom nologie est nonc e au tout d but du second tome des Recherches logiques, et elle pr c de mÞme, dans l’ouvrage, la formulation du c l bre mot d’ordre de Husserl, savoir, dans sa formulation compl te : « nous ne pouvons absolument pas nous contenter de simples mots […]. Nous voulons retourner ‘aux choses elles-mÞmes’ »1. D s avant la formulation de ce pr cepte m thodologique, et le redoublant en quelque sorte – puisque cette science des mots laquelle il faudrait opposer une 1 Edmund Husserl, Logische Untersuchungen, Hua XIX/1, 10 ; trad. de H. Elie, A. L. Kelkel et R. Sch rer, Recherches logiques, Paris, Puf, 1969, tome II, 1, 6.

Id alisme/r alisme : une distinction m taphysique ?

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description des choses rappelle irr sistiblement la critique berkeleyenne, puis humienne, de la m taphysique –, Husserl avait affirm : « la ph nom nologie pure repr sente un domaine de recherches neutres (neutrale Forschungen), dans lequel les diff rentes sciences ont leur racine »2. Or ce domaine de recherches neutres, situ en deÅ des diff rentes sciences, mais aussi de la m taphysique, est celui d’une th orie ph nom nologique de la connaissance, laquelle th orie « ne contient, dans ce qu’elle tablit scientifiquement, d s le d but, et dans toutes ses d marches ult rieures, pas la moindre affirmation portant sur une existence r elle ; par suite, aucune affirmation m taphysique, ni aucune affirmation provenant des sciences de la nature, et sp cialement de la psychologie, ne peut en elle faire fonction de pr misse »3. L’instauration de la discipline nouvelle que Husserl appelle de ses vœux co ncide par cons quent en tous points avec l’exclusion des probl mes m taphysiques et la limitation du champ de la ph nom nologie celui des v cus de conscience (Erlebnisse). En ce sens, la ph nom nologie, et notamment la th orie ph nom nologique de la connaissance, pr c de en droit la m taphysique elle-mÞme4. Seulement, la question que l’on ne peut s’abstenir de poser est celle de savoir s’il est r ellement possible d’« exclure compl tement (ganz ausgeschlossen) toute m taphysique »5 de l’enquÞte ph nom nologique. Que signifie, en effet, cette op ration d’exclusion ? Et que signifie ici l’expression « m taphysique » ? Bien que Husserl ne semble pas livrer, cette poque, une d finition en bonne et due forme de ce mot, il semble clair que, du point de vue des Recherches logiques, un chantillon particuli rement repr sentatif de probl me « m taphysique » est celui de l’existence du monde dans son ind pendance l’esprit, et donc celui de l’opposition entre une th se r aliste, qui affirme une telle ind pendance, et une th se id aliste, qui la rejette. La ph nom nologie des Recherches logiques se veut neutre l’ gard de cette distinction mÞme. Elle refuse par exemple de souscrire la th se du r alisme selon laquelle « l’Þtre r el n’est pr cis ment pas un simple Þtre dans la conscience, ou un Þtre-contenu (Inhalt-sein), mais Þtre en soi, Þtre transcendant, Þtre hors de la conscience »6. La ph nom nologie s’abstient de toute prise de position l’ gard de la question de l’existence d’objets en dehors de la conscience, et donc aussi d’un monde – question qu’elle tient pour m taphysique. Ce qui laisse entendre aussi que tout r alisme et tout id alisme,

Ibid., 6 – 7 ; trad. cit e, II, 1, 3 Ibid., 27 – 28 ; trad. cit e, II, 1, 23. 4 Edmund Husserl, Logische Untersuchungen, Prolegomena, Hua XVIII, E. Holenstein ( d.), Den Haag, Nijhoff, 1975, 226 ; trad. cit e, I, 247. 5 Hua XIX/1, 129 ; trad. cit e, II, 1, 146. 6 Ibid., 129 ; trad. cit e, II, 1, 145. 2

3

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qui pr tendent apporter une r ponse cette question, sont « m taphysiques » en leur essence. L’instrument de cette exclusion (Ausschaltung) de la m taphysique hors du champ de la ph nom nologie est bien connu : c’est une vari t pr -transcendantale de r duction, baptis e par Husserl non pas encore « r duction ph nom nologique », mais « r duction au ph nom nologique (Reduktion auf das Ph nomenologische) »7 (ici, la traduction de Kelkel et Sch rer est d ficiente, puisqu’elle ne fait pas appara tre cette nuance). Une telle r duction est d’abord entendre comme une exclusion de l’Þtre transcendant hors du domaine de l’enquÞte, un repli sur la sph re des donn es immanentes, c’est- -dire ad quatement donn es, et partant videntes. Il s’agit d’une « r duction (Reduktion) du moi ph nom nal empirique son contenu saisissable d’une mani re purement ph nom nologique »8 ; ou encore, d’une « conversion de l’attitude psychologique […] l’attitude ph nom nologique […]. Nous excluons toutes les aperceptions et les positions d’existence de la science empirique, nous prenons ce qui est saisi par l’exp rience interne […] selon sa pure r alit de v cu et comme base exemplaire pour des id ations »9. Dans la mesure o cette proto-r duction pr -transcendantale consiste en une simple mise hors jeu ou une simple exclusion (Ausschaltung) de toutes les transcendances (et des questions aff rentes) et dans le retour l’immanence entendue comme immanence r elle ou effective, c’est- -dire aux actes intentionnels et aux data hyl tiques, par contraste avec les objets qui se donnent par leur interm diaire ; en d’autres termes, dans la mesure o elle consiste en un repli sur les donn es ad quates par opposition l’inad quatement donn , cette r duction n’est rien de moins qu’une mise hors jeu de la r alit ellemÞme. « La question de l’existence et de la nature du ‘monde ext rieur’ est une question m taphysique »10, crit Husserl ; elle n’est donc pas une question ph nom nologique. Une telle « r duction » contraste videmment avec ce que Husserl appellera ainsi partir de 1906 – 1907, l’occasion de son tournant transcendantal, puisque les concepts d’immanence et de transcendance seront alors enti rement r labor s, et que l’immanence intentionnelle inclura dor navant les objets transcendants au sens r el, c’est- -dire les corr lats intentionnels des actes. La r duction ph nom nologique transcendantale ne pourra plus alors signifier une simple exclusion des transcendances hors de la sph re de l’enquÞte, et le concept mÞme d’exclusion ou de mise hors circuit (Ausschaltung) finira mÞme par Þtre aban7 8 9 10

Ibid., 369 ; trad. cit e, II, 2, 152. Ibid., 368 ; trad. cit e, II, 2, 157. Ibid., 412 ; trad. cit e, II, 2, 203. Ibid., 26 ; trad. cit e, II, 1, 22.

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donn : « Il serait tout d’abord pr f rable, crit Husserl en 1924, d’ viter de parler de ‘r sidu’ ph nom nologique, tout comme d’‘exclusion’ / ‘mise hors circuit (Ausschaltung) du monde’. Ces expressions conduisent facilement croire que le monde tombe d sormais en dehors du th me de la ph nom nologie, et qu’en lieu et place du premier, seuls demeurent th matiques les actes ‘subjectifs’, les modes de manifestation, etc., qui se rapportent au monde ».11 La r duction ne signifiera plus alors l’exclusion de toutes les transcendances mais au contraire la mise en lumi re de l’inclusion (irr elle, c’est- -dire intentionnelle) du monde dans la conscience, ou encore, la mise en vidence de l’a priori universel de corr lation, c’est- -dire de la constitution transcendantale du monde par la conscience. L’ poch prendra un sens clairement id aliste, c’est- dire solidaire de l’affirmation selon laquelle la conscience poss de un Þtre absolu, alors que le monde n’a qu’un Þtre relatif, il d pend de la conscience pour Þtre. Et Husserl pourra proc der une certaine r habilitation de la m taphysique ellemÞme12. l’ poque des Recherches logiques, en revanche, parce que la r duction reste pens e comme une exclusion de la r alit – et des probl mes qui lui sont li s – hors du champ de l’enquÞte et un retour l’immanence r elle de la conscience, parce que la ph nom nologie, en d’autres termes, reste une psychologie descriptive, elle ne peut qu’exclure la m taphysique et se formuler par contraste avec elle. Husserl crit par exemple : Indiquons aussit t que ce concept du v cu peut Þtre pris dans un sens purement ph nom nologique, c’est- -dire de telle sorte que toute relation avec l’existence empirique r elle (reale) (avec des hommes ou des animaux de la nature) soit exclue (ausgeschaltet) : le v cu au sens psychologique descriptif (ph nom nologique empirique) devient alors un v cu au sens de la ph nom nologie pure.13

Il reste se demander si une telle exclusion, et donc une « neutralit m taphysique » comme celle revendiqu e par les Recherches logiques, font vraiment sens. On peut en effet relever les difficult s dans lesquelles s’empÞtre Husserl lorsqu’il en vient analyser un ph nom ne aussi central que celui de la perception. Les Recherches logiques mettent d j en place une critique tr s forte d’une th orie de la perception en tant que repr sentation mentale. La perception, affirment-elles 11 Edmund Husserl, Erste Philosophie (1923/24) Zweiter Teil : Theorie der ph nomenologischen Reduktion, Beilage XX, Husserliana, Hua VIII, R. Boehm ( d.), Den Haag, Nijhoff, 1959, 432. 12 Voir par exemple Edmund Husserl, Cartesianische Meditationen und Pariser Vortr ge, Hua I, S. Strasser ( d.), Den Haag, Nijhoff, 1973, 38 – 39 ; trad. M. de Launay, M ditations cart siennes et Les conf rences de Paris, Paris, Puf, 1994, p. 40 o Husserl affirme « que la ph nom nologie n’exclut que la m taphysique na ve qui traite d’absurdes choses en soi, mais nullement la m taphysique en g n ral ». Et galement Edmund Husserl, Ph nomenologische Psychologie, Hua IX, W. Biemel ( d.), Den Haag, Nijhoff, 1959, 253. 13 Hua XIX/1, 357 ; trad. cit e, II, 2, 146 – 147.

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en substance, ne peut se rapporter de simples objets immanents, elle doit avoir affaire la chose mÞme qui est perÅue, c’est- -dire la chose transcendante. Pourtant, aux yeux de Husserl, cette affirmation ne peut absolument pas signifier (en vertu de son concept mÞme de « ph nom ne » qui identifie celui-ci ce qui est ad quatement donn )14 que la perception se rapporterait la chose mÞme telle qu’elle existe ind pendamment de la conscience. Au contraire, dans notre analyse « purement ph nom nologique » de la perception, nous devons mettre hors jeu toute consid ration portant sur l’existence mÞme de l’objet perÅu en dehors de la conscience. « L’Þtre v ritable ou le non-Þtre de l’objet, crit Husserl, est sans importance (irrelevant) pour l’essence propre du v cu perceptif »15. Ainsi, que l’objet perÅu existe ou non est sans pertinence pour d crire ph nom nologiquement la perception. Le donn , dans les deux cas, reste le mÞme, selon un axiome plus g n ral : que l’objet existe ou qu’il n’existe pas « la situation n’a pas n cessairement chang du point de vue ph nom nologique. Pour la conscience, le donn est une chose, essentiellement la mÞme, que l’objet repr sent existe ou qu’il soit imagin et mÞme peut-Þtre absurde »16. Mais une telle affirmation est-elle r ellement tenable ? Est-il vrai que l’ tat de choses d crit d’un point de vue ph nom nologique ne diff re en rien, que l’objet auquel se rapportent nos actes de conscience existe ou non – et ce, a fortiori, faudrait-il ajouter, dans le cas d’une analyse de la perception ? La neutralit m taphysique ne commence-t-elle pas ici r v ler ses cons quences paradoxales ? En effet, peut-on r ellement parler de perception si l’objet – suppos ment perÅu – n’existe pas ? Y a-t-il des perceptions d’objets inexistants, ou mÞme des perceptions neutres l’ gard de la question de savoir si l’objet existe ou non ? La perception d’un objet inexistant n’est-elle pas l’exact oppos d’une perception – une hallucination pure et simple ? Pourtant, cette cons quence paradoxale, Husserl l’assume : Si l’objet n’existe pas, si par cons quent la perception s’av re apr s un examen critique une apparence trompeuse, une hallucination, une illusion, etc., la couleur perÅue, vue, celle de l’objet, n’existe pas non plus. Ces diff rences entre perception normale et anormale, vraie et 14 Ibid., 358 ; trad. cit e, II, 2, 148 – 149 : « On ne saurait assez fortement insister sur l’ quivoque qui nous permet de donner le nom de ph nom ne (Erscheinung) non seulement au v cu en quoi r side l’appara tre de l’objet (par exemple au v cu concret de la perception, dans lequel l’objet est pr sum Þtre pr sent lui-mÞme) mais aussi l’objet apparaissant comme tel […]. Nous vivons les ph nom nes comme appartenant la trame de la conscience, tandis que les choses nous apparaissent comme appartenant au monde ph nom nal. Les ph nom nes euxmÞmes ne nous apparaissent pas, ils sont v cus ». D’o l’affirmation selon laquelle les v cus intentionnels ne sont pas ph nom nes (RL V, §11(a) ; Hua XIX/1, 384 ; trad. cit e, II, 2, 173). 15 Ibid., 396 ; trad. cit e, II, 2, 185. 16 Ibid., 387 ; trad. cit e, II, 2, 175 – 176.

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trompeuse, n’ont rien voir avec le caract re interne, purement descriptif ou ph nom nologique de la perception.17

La derni re phrase est remarquable. Elle signifie que la diff rence entre la situation dans laquelle l’objet perÅu existe et celle dans laquelle il n’existe pas n’affecte en rien la nature de la perception, telle qu’on peut la ressaisir d’un point de vue purement descriptif (et non pas explicatif). En d’autres termes, une perception se rapportant un objet inexistant est sans doute une perception « anormale », mais, du point de vue de ses caract ristiques intrins ques, elle ne laisse pas d’Þtre une perception. On ne comprend plus gu re, dans ces conditions, ce qui est suppos permettre d’ tablir une distinction ph nom nologique ad quate entre perception et hallucination – si ce n’est justement l’existence de l’objet dans le premier cas, et son inexistence dans le second. Husserl s’est luimÞme t le moyen de penser cette diff rence, puisque, en r gime de neutralit absolue des descriptions ph nom nologiques, l’existence ou l’inexistence de l’objet r el sont sans pertinence aucune. De mani re loquente, il poursuit : « si la couleur vue […], si tant est qu’elle existe, n’existe certainement pas comme un v cu, il lui correspond dans ce v cu, c’est- -dire dans le ph nom ne perceptif, une composante r elle », savoir la sensation de couleur18. « La couleur vue, si tant est qu’elle existe » : cette formule est des plus curieuses. Si une couleur n’existe pas, elle ne saurait par principe Þtre vue – elle peut Þtre tout au plus hallucin e ou rÞv e. En fait, « voir que p » implique p, puisque, dans le cas o p est faux, on ne saurait parler de vision. La « neutralit m taphysique » a conduit Husserl aux parages d’une v ritable absurdit , celle consistant dire qu’un objet pourrait Þtre perÅu ou vu sans que cet objet existe. Mais d’une certaine mani re Husserl a fait davantage : il a montr les limites de la « neutralit m taphysique » de ses descriptions telle qu’il la conÅoit cette poque, car en v rit pour pouvoir simplement d crire ce qu’est une perception, il faut d j faire r f rence l’existence de son objet en dehors de la conscience. La position de Husserl dans les Recherches logiques a des cons quences funestes non seulement pour cet ouvrage, mais pour toute la suite de la ph nom nologie. D s qu’on admet, en effet, qu’il est possible de parler de perception sans poser, par l mÞme, l’existence de l’objet perÅu, il faut aussi admettre que la perception peut se d composer en deux l ments : un ensemble de v cus de conscience immanents propos desquels l’erreur et le doute sont impossibles puisque ces v cus sont ad quatement donn s, et un objet transcendant, de l’autre, dont l’existence demeure constamment sujette au doute (ou purement pr somptive) et peut par cons quent toujours faire d faut. Et c’est 17 18

Ibid., 358 ; trad. cit e, II, 2, 147 (les italiques sont n tres). Ibid. (nous soulignons).

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bien sur ce mod le que la perception va Þtre conÅue par Husserl : du c t des v cus immanents, on trouve les silhouettes (Abschattungen) et les actes intentionnels qui permettent d’appr hender celles-ci comme exposants de l’objet ; quant l’objet transcendant, r ellement existant, son existence demeure contingente pour la perception. En d’autres termes, les silhouettes sont des modes d’appara tre de l’objet, mais elles restent neutres vis- -vis de l’existence ou de la non-existence de celui-ci, et donc aussi de la distinction perception v ridique/ hallucination. C’est pourquoi, on les retrouve la fois dans la perception, o elles s’encha nent de mani re concordante dans l’unit d’une exp rience qui s’enrichit de d terminations toujours nouvelles, et dans l’hallucination, o elles « clatent » par conflit, conduisant « raturer » l’objet et le tenir pour un n ant. La « neutralit m taphysique » a ainsi abouti une description tr s particuli re du ph nom ne perceptif, description qui postule l’existence d’un l ment neutre – l’Abschattung – commun la perception et l’hallucination, et restant inchang que l’objet existe ou qu’il n’existe pas. La cons quence de la « neutralit m taphysique » s’ tend ainsi fort loin, et on pourrait mÞme soutenir qu’en d pit du fait que les Recherches logiques ne soient ni r alistes ni id alistes, l’infl chissement id aliste de la ph nom nologie ult rieure est d j contenu ici en germe, puisque l’affirmation du caract re contingent de l’existence de l’objet perÅu pour l’essence de la perception peut facilement conduire tenir cet objet, non pour une r alit ind pendante de la conscience, mais pour un simple p le id al dans un processus de constitution en droit inachevable, pour un objet=x en tant qu’horizon de la constitution. Husserl peut alors transposer la perception la solution n o-kantienne d’une « fonctionnalisation » de l’objet, identifi une Id e au sens kantien, et affirmer que l’objet perÅu n’a aucune existence ind pendante de la conscience et n’est qu’un p le, une Id e, au sein d’un processus t l ologique. Comme le diront les Ideen…I, l’objet n’est plus d sormais qu’un corr lat des op rations constituantes du sujet, de sorte qu’en dehors de son « Þtre intentionnel », il n’est « rien » – et mÞme un rien (ein Nichts)19. Nous sommes alors en plein id alisme.

Edmund Husserl, Ideen…I, Hua III, W. Biemel ( d.), Den Haag, Nijhoff, 1950, 106 ; trad. de P. Ricœur, Id es directrices pour une ph nom nologie, Paris, Gallimard, 1950, § 49, 164. 19

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2. La contribution de la ph nom nologie au probl me m taphysique id alisme/r alisme Or il est impossible de d crire ad quatement la perception – par contraste avec l’hallucination – sans mentionner l’existence de la chose perÅue. Merleau-Ponty, lui, l’a parfaitement exprim : « Si je vois un cendrier au sens plein du mot ‘voir’, il faut qu’il y ait l un cendrier. […] Voir, c’est voir quelque chose. Voir du rouge, c’est voir du rouge existant en acte »20. Dans ces conditions, il n’est probablement pas possible non plus de faire de la ph nom nologie sans d j aborder des questions « m taphysiques » au sens que Husserl conf rait ce terme ses d buts. Il n’y a, en ce sens, aucune description « neutre » de la perception qui ne doive d j prendre – mÞme implicitement – position par rapport au genre de probl me qui occupe les tenants de l’id alisme et du r alisme. Mais qu’il soit de fait impossible de tracer une fronti re tanche entre ph nom nologie et m taphysique au moyen d’un proc d m thodique quelconque, commencer par une poch qui laisserait en quelque sorte la m taphysique au seuil de nos descriptions, n’entra ne videmment pas que la ph nom nologie ne puisse constituer une voie originale pour aborder certaines questions qui conservent in vitablement une dimension m taphysique. Je voudrais dans la seconde partie de cet expos tenter de pr ciser cette affirmation. L’apport original de la ph nom nologie et de sa m thode descriptive me semble Þtre en effet le d mant lement de faux probl mes et de fausses alternatives qui obstruent l’acc s la chose mÞme. Or ce d mant lement peut s’accomplir au moyen de ce qu’on pourrait appeler une m thode transcendantale – et par « m thode transcendantale » je n’entends absolument pas ce que Husserl entend par l : une m thode fond e sur une poch ph nom nologique et reconduisant un sujet transcendantal. Une m thode transcendantale dans le sens o je l’entends est une m thode qui proc de au moyen de questions transcendantales et d ploie une argumentation transcendantale. Un questionnement transcendantal est un questionnement qui part d’un aspect obvie et n cessaire de notre exp rience pour s’interroger sur ce qui est n cessaire pour que cet aspect soit ce qu’il est. Un argument transcendantal est un argument poss dant la forme suivante : tant donn que l’exp rience poss de essentiellement la caract ristique x, et tant donn que la condition n cessaire de x est y, alors y doit Þtre vrai (pour prendre un exemple trivial : tant donn que notre espace perceptif est essentiellement orient , et tant donn que la condition n cessaire de l’orientation spatiale c’est le fait, pour le sujet corporel, de poss der un sens de la lat ralisation, alors le corps ph nom nal doit Þtre n cessairement structur par la distinction gauche/ 20

Maurice Merleau-Ponty, Ph nom nologie de la perception, Paris, Gallimard, 1945, 429.

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droite). Il faut noter que la r ponse une question transcendantale n’est pas n cessairement une « th se transcendantale », c’est- -dire l’affirmation de l’existence d’un sujet transcendantal dans le sens que lui ont donn Kant ou Husserl. Elle peut tr s bien aboutir, au contraire, au rejet de l’hypoth se d’un tel sujet. C’est cette argumentation transcendantale fond e sur des pr misses descriptives qui permet, je crois, de manifester l’inanit de certains probl mes m taphysiques traditionnels et le caract re intenable de certaines solutions qui leur ont t classiquement apport es. Mais revenons au probl me de la perception. Le propre de la perception semble Þtre de nous mettre en pr sence des choses mÞmes et du monde, de nous fournir un acc s ceux-ci qui ne soit pas m di par une quelconque repr sentation. La perception est de l’ordre d’un d voilement ou d’une manifestation – et en aucun cas d’une repr sentation. C’est bien ce que Husserl cherchait dire en parlant de la donation « en personne » (Selbstgegebenheit) de la chose perÅue. Mais il s’en faut de beaucoup qu’il soit rest fid le jusqu’au bout sa propre intuition. Du reste, c’est une loi d’essence que toute repr sentation (qu’elle soit mat rielle, comme une photographie, ou « mentale ») ne peut Þtre la repr sentation de quelque chose que si cette chose peut au moins id alement Þtre donn e en original, c’est- -dire sans le truchement d’aucune repr sentation. La manifestation des choses, sans repr sentation d’aucune sorte, pr c de en droit la possibilit de leur repr sentation. Si l’on prend au s rieux ce caract re pr sentatif de la perception, il faut en conclure que cette derni re ne peut pas Þtre pens e comme une repr sentation de quelque chose qui serait en outre caus e par cette chose de mani re appropri e (non-d viante). Le concept de causalit est ici sans pertinence, non parce que la perception n’aurait pas, en g n ral, des bases causales21, mais parce que l’introduction de l’id e de causalit au niveau d’une description pure du contenu de la perception r introduit in vitablement un cart entre la cause et l’effet, et donc aussi une pr sence par procuration de la chose dans la conscience. Or, la perception n’est pas un redoublement de la chose dans l’esprit qui serait engendr causalement par cette chose : c’est une « prise » directe et corporelle sur le monde, comme dit Merleau-Ponty, sans interm diaires mentaux d’aucune sorte. Et dire que la perception est une prise corporelle sur le monde, c’est du mÞme coup sous-entendre que c’est une prise corporelle sur la chose r ellement existante devant moi – et existante ind pendamment de Personne ne nie videmment que la perception poss de des bases causales, lesquelles expliquent sa gen se. Mais expliquer, en l’occurrence, c’est- -dire noncer les conditions empiriques qui permettent la survenue de la perception, est quelque chose de tout fait diff rent d’ noncer quelle est l’essence de la perception. L’essence de la perception, du point de vue descriptif, est qu’elle est une exp rience nous ouvrant l’acc s au monde mÞme, et l’ensemble des conditions empiriques qui expliquent un tel acc s n’a pas entrer ici en ligne de compte. 21

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moi. On aura reconnu l’exigence r aliste ; mais un r alisme que l’on pourrait qualifier de « descriptif », bien distinct d’un r alisme causal, naturaliste. Un ph nom nologue d’ob dience husserlienne ne manquera probablement pas de soulever l’objection suivante. Qu’est-ce qui me prouve, lorsque je perÅois l’arbre dans le jardin, que cet arbre existe bien et que je ne suis pas victime d’une illusion ? Des apparitions-d’arbre, des Abschattungen, me sont donn es pr sentement de mani re indubitable dans l’immanence de ma conscience, en mÞme temps que leur encha nement jusqu’ici concordant. Mais tout cela pourrait d’un moment l’autre s’effondrer dans le n ant si se faisait jour un « conflit » entre ces silhouettes. En somme le ph nom nologue qui reÅoit les descriptions de Husserl de mani re non critique fait ici appel une version l g rement remani e d’un argument tr s classique, emprunt l’arsenal du scepticisme, et repris son compte (pour Þtre retourn contre le sceptique) par toute la tradition cart sienne : l’argument de l’illusion. C’est cette inversion d’un argument sceptique en argument dogmatique qui est souvent la base du tournant id aliste. Examinons cet argument de plus pr s. L’argument a pour but de d montrer que la perception ne peut Þtre une prise directe sur la chose r ellement existante hors de la conscience (et ind pendamment d’elle). Pour l’ tablir, il affirme que la possibilit que l’objet de la perception n’existe pas accompagne continuellement la perception, dans la mesure o cette perception (ou pr sum e telle) peut toujours se r v ler apr s coup comme illusoire. Il convient par cons quent d’analyser la perception en la scindant en deux composantes : une composante certaine, soustraite tout doute concevable, les Abschattungen r ellement immanentes, et une composante qui ne poss de au mieux qu’une « certitude pr somptive », la chose elle-mÞme existant ad extra. La premi re composante est n cessaire la perception ; la seconde peut toujours lui faire d faut. Et puisque ces deux composantes n’ont pas le mÞme statut modal, la voie est ouverte pour l’id alisme : l’existence de la conscience et de ses cogitationes est « absolue » (ne d pendant de rien d’ext rieur), celle du monde et de ses r alit s, « relative » (d pendante de la conscience). On peut donner l’argument de l’illusion la forme suivante : (1) Des illusions ou des hallucinations ont lieu, qui conduisent de faux jugements ou de fausses observations (« Cette tour est ronde », « Ceci est un l phant rose »). (2) Quiconque est victime d’une hallucination ou d’une illusion a n anmoins une repr sentation (indubitable) de quelque chose : il a une repr sentation indubitable d’un objet ou d’un tat de choses qui, en fait, n’existent pas ou sont autres qu’ils n’apparaissent (on peut remplacer ici « repr sentation » par « ph nom ne » au sens du ph nom nisme, « sense data », « exp rience » en tant que v cu priv , etc.).

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(3) Une illusion ou une hallucination sont qualitativement indiscernables d’une perception au moment o elles se produisent. (4) Donc la perception, elle aussi, est une repr sentation indubitable d’un objet qui, cette fois, existe et nous appara t tel qu’il est.

Une fois admis le bien fond de cet argument, perception et hallucination sont tenues pour potentiellement indiscernables – au moment o elles sont v cues. Dans les deux cas, nous poss dons ce que Husserl appellerait des Abschattungen videntes de l’objet – une couleur v cue, des profils apparaissants – quand bien mÞme l’objet lui-mÞme se r v lerait un pur mirage. L’Abschattung est cet l ment neutre par rapport la distinction perception / hallucination et qui est commun aux deux, puisque, lorsque les Abschattungen s’encha nent de mani re concordante, elles donnent lieu une perception v ridique, et lorsqu’elles entrent en conflit les unes avec les autres, elles entra nent l’« clatement » de l’objet. C’est ici le moment de faire de la ph nom nologie, et faire de la ph nom nologie cela veut dire d’abord s’efforcer de fournir une bonne description des ph nom nes, pr alable indispensable la dissolution de faux probl mes. Il faut donc se demander si les pr misses sur lesquelles repose cette argumentation sont ad quates sur le plan descriptif. Faut-il admettre, en effet, l’argument de l’illusion ? La r ponse me semble Þtre n gative. Il me semble en effet qu’au regard d’une bonne description ph nom nologique, les pr misses (2) et (3) doivent Þtre rejet es, et donc aussi la conclusion. Il n’est tout simplement pas vrai que la perception et l’hallucination ont la mÞme structure, la diff rence entre elles r sidant dans la concordance de la premi re et la discordance de la seconde. Une hallucination n’est pas la repr sentation, en elle-mÞme indubitable, d’un objet inexistant ; ce n’est la repr sentation de rien, et donc une hallucination n’a pas du tout d’objet dans le sens o une perception en poss de un. Si quelque chose ici « appara t », c’est en un sens radicalement distinct d’« appara tre » de celui dans lequel on peut dire que la chose perÅue devant moi « m’appara t », c’est- -dire m’est donn e en personne dans son ind fectible pr sence. Car seule une chose r ellement existante peut m’Þtre donn e – appara tre – de cette mani re. L’argument de l’illusion repose donc sur une confusion entre deux sens radicalement distincts d’« appara tre » : l’apparition en personne, c’est- -dire la pr sentation d’une chose (n cessairement existante), et la « simple apparence » dans laquelle aucune chose ne m’est donn e. En outre, l’id e selon laquelle une hallucination serait qualitativement indiscernable de la perception au moment o elle est v cue [la pr misse (3)] ne fait pas sens. L’hallucination n’est absolument pas indiscernable d’une perception : elle est un ph nom ne essentiellement instable, volatile, ph m re, dans lequel rien ne correspond au parcours r gl des apparences se compl tant et

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s’enrichissant sans cesse qui constitue le crit re de la perception. MÞme les schizophr nes qui « entendent des voix » font aussit t la diff rence si quelqu’un s’avise de tenter de reproduire ces voix22. Seule une ph nom nologie sommaire de l’hallucination peut nous laisser croire cette pr tendue indiscernabilit qualitative. En r alit , la supposition de cette pr tendue indiscernabilit d rive d’une autre id e erron e, celle selon laquelle, pour que nous puissions prendre tort une pure apparence pour une apparition en personne, il faudrait que ces deux « ph nom nes » (en deux sens tout fait distincts du terme) soient indiscernables. Mais pourquoi devrions-nous Þtre des cr atures ce point infaillibles que nous ne pourrions nous tromper que l o il nous serait positivement impossible d’ viter l’erreur ? Si l’on remet en cause la pr tendue homologie de structure entre la perception et l’hallucination, c’est- -dire la distinction entre des donn es videntes (pr tendument communes aux deux) et des objets transcendants, toujours sujets au doute, il devient possible de r tablir l’h t rog n it entre ces deux « ph nom nes ». La perception n’est pas une hallucination confirm e ni l’hallucination une perception conflictuelle. Il est tout simplement faux de croire que la perception et l’illusion poss deraient un l ment commun : il n’y a aucun sens neutre d’« appara tre » ou de « ph nom ne » qui serait indiff rent la distinction entre perception et hallucination, aucun v cu immanent indubitable qui interviendrait dans les deux cas. La donation de quelque chose dans la pl nitude de sa pr sence n’a rien de commun avec la pseudo-donation d’un objet inexistant. La perception nous met d’entr e de jeu en pr sence d’un monde, c’est- -dire d’une r alit existant hors de nous, ind pendamment de nous, ce qu’un ph nom ne illusoire ne saurait faire. Mais si nous acceptons de dire que la perception ouvre n cessairement sur le monde existant, il faut alors en conclure – horribile dictu en croire toute la tradition cart sienne dans laquelle s’inscrit Husserl – que l’existence du monde est aussi certaine que la mienne. Comme l’ crit Merleau-Ponty, plus coh rent sur ce point (bien que pas assez coh rent pour s’attaquer frontalement Husserl) « la perception et le perÅu ont n cessairement la mÞme modalit existentielle, puisqu’on ne saurait s parer de la perception la conscience qu’elle a ou plut t qu’elle est d’atteindre la chose mÞme »23. La perception ouvre n cessairement sur la chose telle qu’elle existe ind pendamment de cette perception mÞme. Il est possible – quoique sujet controverse – que certaines des caract ristiques du Voir les remarques d’Erwin Straus, Vom Sinn der Sinne, trad. de G. Thines et J.-P. Legrand, Du sens des sens, Grenoble, J. Millon, 1989, 574. Voir galement Claude Romano, Au cœur de la raison, la ph nom nologie, Paris, Gallimard, 2010, 557 sq. 23 M. Merleau-Ponty, Ph nom nologie de la perception, 429. 22

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monde perÅu ne jouissent pas d’une ind pendance compl te l’ gard de la conscience : les couleurs, les odeurs, les go ts peut-Þtre (pour ma part, je serai enclin penser que leur d pendance notre gard est beaucoup moins grande qu’on ne le suppose parfois). Mais on ne saurait soutenir cela de la totalit de ces caract ristiques. D’ailleurs, n’ tait-ce pas pr cis ment cette ouverture un Þtre transcendant – une existence diff rente de la mienne et irr ductible elle – qu’ tait cens e justement permettre de penser la d couverte mÞme de l’intentionnalit ? Pour autant, l’affirmation selon laquelle la perception est une manifestation ou un d voilement de la chose, c’est- -dire ouvre sur celle-ci en l’absence de tout interm diaire mental, et par suite, la th se selon laquelle la perception diff re toto caelo de l’hallucination, ne suffisent probablement pas restaurer le r alisme dans ses droits, c’est- -dire nous permettre de regagner le monde sans r serves, reprendre pied en lui. En effet, aussi longtemps que nous continuons tenir la perception pour une succession d’ tats mentaux au moins en droit isolables, de fragments d’information qui pourraient s’ajouter les uns aux autres par sommation, et non comme une prise indivise sur le monde en totalit , le soupÅon demeure que ces v cus instantan s (ces « perceptions », comme on les appelle) seraient impossibles distinguer d’une illusion, et que la seule mani re de les arrimer au monde consiste se rallier une conception causale de la perception. Les ph nom nes restent alors compris comme des interfaces entre le monde et nous. Or la perception n’est-elle pas un ph nom ne holistique ? Une exp rience, pourrait-on affirmer, n’est une exp rience perceptive que si elle s’int gre sans hiatus au tout de l’exp rience perceptive, et donc si elle pr sente une coh sion structurelle avec le syst me de l’exp rience perceptive en totalit 24.

Les partisans de l’atomisme ont coutume d’objecter au holisme que si la v rit est dans le tout, elle n’est nulle part : si une perception ne peut Þtre tenue pour une perception que du fait de sa coh sion structurelle n cessaire avec d’autres perceptions, qu’est-ce qui fait de ces perceptions-l , en premier lieu, des perceptions ? Mais il convient de ne pas trop se laisser impressionner par ce type d’objection, car elle pr suppose ce qu’il faudrait tablir : qu’un tat mental ou une exp rience pourraient Þtre qualifi s de perceptions l’ tat isol . Or c’est ce dont le holisme nie la possibilit . En r alit , c’est un fait qu’il existe des ph nom nes holistiques : la signification d’une phrase, par exemple, est toujours fonction du contexte dans lequel cette phrase prend place, c’est- -dire aussi d’autres phrases ou d’autres emplois de cette mÞme phrase dans cette langue. De mÞme, une croyance n’est telle que sur l’arri re-plan d’autres croyances avec lesquelles elle entretient des liens logiques, c’est- -dire l’int rieur d’un syst me de croyances. Mais la perception est en v rit un ph nom ne encore plus holistique que la croyance : une croyance en effet peut en contredire une autre au sein d’un syst me de croyances, tout en demeurant une croyance ; mais une perception ne peut pas Þtre d pourvue de coh sion structurelle avec le reste de la perception tout en demeurant une perception. On pourrait presque affirmer que la perception est le ph nom ne holistique par excellence. 24

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Ce qui vaut ici de l’exp rience perceptive vaut d’ailleurs aussi de ce dont elle est l’exp rience : le monde. Le monde est toujours d voil en toute perception, ce qui veut dire que la perception est toujours, par essence, perception du monde, avant de pouvoir Þtre perception de tel ou tel de ses aspects ou objets. On peut donc formuler le mÞme principe a parte objecti : la propri t d’Þtre perÅu d pend de la coh sion du perÅu avec le reste du perÅu, c’est- -dire avec un monde, et cette coh sion est une propri t du tout avant de pouvoir Þtre une propri t de la partie ; seul un tout pourvu de coh sion structurelle (un monde) peut Þtre perÅu, et seul ce qui s’int gre sans hiatus un monde peut recevoir son tour – et par d rivation – le statut d’objet de perception. Cette coh sion dont nous parlons est un ensemble de l galit s aprioriques immuables. Ces l galit s a priori sont mat rielles (au sens de Husserl) : elles appartiennent la fois aux objets de l’exp rience et l’exp rience des objets, puisque celle-ci ne d signe en v rit rien d’autre que le mode d’appara tre de ceux-l . En d’autres termes, il n’y a pas, et il ne peut y avoir par essence de perception isol e, c’est- -dire de perception qui ne porte d j sur un monde, sur un tout pourvu de coh sion structurelle. Bien s r, cette totalit demeure tout instant implicite et nullement th matique, ne seraitce que du fait de la continuit de la perception avec une m moire qui s’enfonce toujours plus profond ment dans l’oubli. Mais il n’est nul besoin que la totalit soit donn e th matiquement pour qu’elle se tienne n cessairement l’arri replan de toute perception25. Ce que j’affirme ici (et que j’ai baptis ailleurs « holisme de l’exp rience ») pourrait ressembler superficiellement ce qu’affirme Husserl lorsqu’il soutient que l’encha nement concordant des silhouettes est ce qui s pare la perception de l’illusion et de l’hallucination. Mais cette similitude n’est qu’apparente. Ce que veut dire en effet Husserl par cette affirmation est que toute perception n’est une perception que sous r serve (aussi longtemps qu’elle se poursuit de mani re concordante), et donc que l’objet perÅu ne repr sente qu’un p le id al au sein d’un processus t l ologique, une Id e toujours susceptible de s’effondrer dans le n ant. La coh sion devient alors un trait adventice et extrins que de la perception, puisque, pour toute perception, on ne peut jamais s’assurer absolument qu’elle est bel et bien telle moins de parcourir le flux infini des esquisses et de constater leur concordance – entreprise videmment impossible par principe. Il en r sulte que l’objet perÅu oscille constamment au bord du non-Þtre, et que le monde lui-mÞme est toujours susceptible de s’effondrer en une illusion g n ralis e, selon l’hypoth se du § 49 des Ideen…I. Mais pr cis ment, cette id e d’illusion g n ralis e ne fait pas sens, pr cis ment parce que la coh sion est une 25 Pour un expos plus d velopp du holisme de la perception, voir C. Romano, Au cœur de la raison, chap. XVII et XVIII.

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d termination intrins que ou essentielle de toute perception comme telle. En d’autres termes, si une illusion ponctuelle reste toujours en droit possible, une illusion g n ralis e ne l’est pas, car une illusion ne peut par essence se d clarer que sur fond d’un monde pourvu de coh sion structurelle, c’est- -dire sur fond de monde perÅu, et elle ne se d nonce apr s coup comme illusion que par contraste avec un tel monde. La perception n’ouvre donc pas accidentellement sur un monde – la condition qu’elle se confirme continuellement ; son contact avec le monde (et avec la coh sion inviolable de celui-ci) est ce qui la d finit par essence, en sorte que ce contact a t d j nou depuis toujours. Il n’y a de perception que du monde et, dans cette mesure seulement, de tel ou tel de ses aspects. Si l’on accepte cette affirmation du caract re essentiellement holistique de la perception, l’id e d’une illusion g n ralis e se r v le comme une absurdit pure et simple sur le plan descriptif (un contresens descriptif, pourrait-on dire), puisqu’une telle « illusion » devrait la fois Þtre une illusion, c’est- -dire entrer en conflit avec un monde pourvu de coh sion structurelle (et donc constituer une infraction l’ordre qui r git ce monde), et Þtre g n ralis e, c’est- -dire ne laisser hors de soi aucun reliquat de monde : deux exigences qui se contredisent. De cette mani re, la possibilit mÞme d’une illusion g n ralis e, qui sous-tend toute la conception husserlienne de la transcendance du monde, et de son existence n cessairement d pendante de la conscience (c’est- -dire l’id alisme ph nom nologique) se r v le inconsistante au moyen d’un argument transcendantal. Le caract re holistique de la perception entra ne l’absurdit sur le plan descriptif de l’id e d’illusion g n ralis e, dans la mesure o un monde se tient n cessairement l’arri re-plan de toute illusion, et que celle-ci demeure, par voie de cons quence, toujours limit e et partielle. La perception ouvre n cessairement sur un monde qui existe ind pendamment d’elle et au-del d’elle, c’est- dire au-del de la conscience percevante, et seule une illusion ou une hallucination sont de nature refermer la conscience sur elle-mÞme, dans les limites de son « immanence ». Nous avons l la base ph nom nologique d’un r alisme, ou plut t, nous avons une voie proprement ph nom nologique pour tenter d’apporter une solution un probl me m taphysique – dont cette ph nom nologie r v le aussi, de ce fait mÞme, le caract re g n ralement mal formul .

Die Autoren – les auteurs

Fabian Erhardt hat Philosophie, Psychologie, Allgemeine Rhetorik und postkoloniale Literatur in T bingen und London studiert. Absolvent des bundesweit ersten Bildungsganges f r Philosophische Praxis. Selbst ndig t tig als Philosophischer Referent in çffentlichen Einrichtungen und Unternehmen, Lehrbeauftragter in T bingen und Stuttgart. Seit 2017 Promotion bei Prof. Alexander Schnell zur Gegenstandskonsitution bei Marc Richir. Forschungsgebiete: klassische Fragen der Erkenntnistheorie, Transformationen der Ph nomenologie, Metaphilosophie, sapientiales Potenzial der Philosophie in gesellschaftlichen Prozessen (sozial, politisch, çkonomisch, technologisch). Zuletzt erschienen: »Welt ohne Zufall – Der epistemische Phlegmatismus und der Horror des Denkens«. In: Denken des Horrors, Horror des Denkens. Erschreckendes, Monstrçses und Unheimliches in Philosophie, Psychologie und Literatur. Hrsg. von Eike Brock und Thorsten Lerchner. W rzburg 2018. Philip Flock ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl f r theoretische Philosophie und Ph nomenologie an der Bergischen Universit t Wuppertal. Seit 2018 ist er Gesch ftsf hrer des Marc-Richir-Archivs in Wuppertal. Neben der Ph nomenologie und der klassischen deutschen Philosophie hat er zudem Forschungsschwerpunkte in der Philosophie der Mathematik, im Strukturalismus, in der Sprachphilosophie sowie der Psychoanalyse. Florian Forestier est conservateur la Biblioth que nationale de France et chercheur associ au centre Prospero de l’universit Saint-Louis Bruxelles ainsi qu’ l’Institut f r Transzendentalphilosophie und Ph nomenologie (ITP) l’universit de Wuppertal. Il est charg de cours aux universit s Paris X, Paris V et Rennes 2. Sa th se, dirig e par Alexander Schnell et soutenue en 2011, tait consacr e aux fondements sp culatifs de la ph nom nologie. Il est l’auteur de plusieurs ouvrages : La ph nom nologie g n tique de Marc Richir (Springer, Phaenomenologica, 2014), Le r el et le transcendantal (J r me Millon, Krisis, 2015), Le grain du sens (Zeta Books, 2016) et de nombreux articles. Il a galement particip la r daction de rapports officiels, ainsi qu’ la conception du programme de recherches de la Strat gie nationale pour l’Autisme au sein des troubles du neuro-d veloppement. Fausto Fraisopi (1977) studierte Philosophie in den Universit ten Rom, Neapel und Paris. Er promovierte (2006) mit einer ph nomenologischen Auslegung der

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Die Autoren – les auteurs

Kant’schen Schematismus-Lehre (L’ouverture de la vision, Hildesheim-Z richNew York, 2009). Von 2003 bis 2010 war er Gastforscher und dann Post-Doc Researcher an der Universit t Paris IV und an den Archives-Husserl in Paris. Nach einer Periode als Alexander von Humboldt Stipendiat (2010 – 2012) am Husserl-Archiv der Albert-Ludwigs-Universit t Freiburg wurde er 2015 an derselben Universit t habilitiert (Philosophie und Frage, 2 B.de, Freiburg-M nchen, 2016). Fausto Fraisopi war Gastforscher an den Universit ten Mailand, Florenz sowie Aix-en-Provence und vertritt derzeit die Professur f r Philosophie mit Schwerpunkt Neuzeit-Moderne an der Albert-Ludwigs-Universit t Freiburg. Till Grohmann arbeitet als akademischer Rat am Lehrstuhl f r Theoretische Philosophie und Ph nomenologie an der Universit t Wuppertal. Seine Forschungsschwerpunkte liegen im Bereich der Ph nomenologie, der ph nomenologischen Psychopathologie, dem Poststrukturalismus und den Kognitionswissenschaften. Seine an den Universit ten Toulouse und Heidelberg verteidigte Doktorarbeit tr gt den Titel Corps et monde dans l’autisme et la schizophr nie. Approches ontologiques en psychopathologie. Gerald Hartung, Studium der Philosophie, Religionswissenschaft und Literaturwissenschaft an der Freien Universit t Berlin. M.A. in Philosophie (1989). Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut f r Philosophie der Freien Universit t Berlin (1992 – 1997) und Institut f r Kulturwissenschaften der Universit t Leipzig (1998 – 2003). Promotion in Berlin (1994) und Habilitation in Leipzig (2002). Anschließend Fellow am Forschungsinstitut f r Philosophie in Hannover (2003/2004), Gastdozent an der Humboldt-Universit t zu Berlin (2004/2005), Gastprofessor am Max-Weber-Kolleg der Universit t Erfurt (2006/2007) und Leiter des Arbeitsbereichs Theologie und Naturwissenschaft an der Forschungsst tte der Evangelischen Studiengemeinschaft e.V. in Heidelberg (2007 – 2010). Seit 2010 ist Gerald Hartung Professor f r Philosophie an der Bergischen Universit t Wuppertal, mit den Schwerpunkten Kulturphilosophie und sthetik. Seine Forschungsgebiete sind die Philosophische Anthropologie und Kulturphilosophie, die Philosophie- und Wissenschaftsgeschichte des 19. und 20. Jahrhunderts sowie die Editionswissenschaft. Seit Anfang 2018 ist Gerald Hartung neuer Gesamtherausgeber des Grundrisses der Geschichte der Philosophie (Schwabe Verlag, Basel). Klaus Held, 1956 – 1962 Studium der klassischen Philologie und Philosophie. Promotion 1962 u. Habilitation 1970 Universit t Kçln; dort 1963 – 1970 Assistent von Ludwig Landgrebe. 1971 – 1974 Professor f r Philosophie an der

Die Autoren – les auteurs

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RWTH Aachen, seit 1974 an der Bergischen Universit t Wuppertal. Dort 1987 – 1991 Prorektor. 2001 Emeritierung. 1984 Ruf nach T bingen abgelehnt. Mehrfach Gastprofessor in Japan, USA, Hongkong und Korea. 1987 – 1994 Pr sident der Deutschen Gesellschaft f r ph nomenologische Forschung. Betreuer vieler ausl ndischer Doktoranden und Gastforscher. 1992 – 1998 mit Bernhard Waldenfels Gr nder und Leiter des DFG-Graduiertenkollegs »Ph nomenologie und Hermeneutik« in Wuppertal und Bochum. 2002 Bundesverdienstkreuz. Zahlreiche B cher und Aufs tze ( bersetzt in 18 Sprachen) vorwiegend zur Ph nomenologie und antiken Philosophie. Stanislas Jullien, Professeur agr g de philosophie, enseigne dans le secondaire. Auteur d’une th se dirig e par Alexander Schnell s’intitulant La finitude infinie et ses figures – Consid rations philosophiques autour de la radicalisation de la finitude originaire chez Derrida, ses recherches portent principalement sur la philosophie allemande (Hçlderlin, Hegel, Heidegger) et la philosophie contemporaine (Derrida, Nancy, Foucault, Deleuze, Granel, Stiegler Agamben). para tre en 2020 aux ditions Hermann : Survivance(s) de l’humanit – Derrida et la question de l’homme. Tobias Keiling, 2013 PhD am Boston College, USA, und Promotion zum Dr. phil. an der Albert-Ludwigs-Universit t Freiburg; 2013 – 16 Wissenschaftlicher Mitarbeiter im Freiburger Sonderforschungsbereich 1015 »Muße «; 2017 – 2018 Forschungsstipendiat am Human Dynamics Centre der Julius-MaximiliansUniversit t W rzburg. Zahlreiche Verçffentlichungen zur ph nomenologischhermeneutischen Philosophie, darunter: Seinsgeschichte und ph nomenologischer Realismus. Eine Interpretation und Kritik der Sp tphilosophie Heideggers (T bingen 2015); Raum erfahren. Epistemologische, ethische und sthetische Zug nge (als Herausgeber, T bingen 2017); Heideggers Marburger Zeit (als Herausgeber, Frankfurt am Main 2013). Sandra Lehmann, Dissertation 2002 an der Universit t Wien ber den tschechischen Ph nomenologen Jan Patocˇka. 2006 – 2009 APART-Stipendiatin der sterreichischen Akademie der Wissenschaften am Franz Rosenzweig Center Jerusalem und am Institut f r die Wissenschaften vom Menschen Wien. Forschungs- und Lehrt tigkeiten in sterreich (Wien, Linz), Spanien (Sevilla) und der Tschechischen Republik (Prag, Olm tz). 2014 – 2016 Assistenzprofessorin f r Geschichte der Philosophie an der Katholischen Privatuniversit t Linz. Seit Herbst 2016 Adjunct Professor an der Webster Vienna Private University. Im Sommersemester 2018 Gastprofessorin f r Wahrnehmungstheorie an der Hochschule f r Gestaltung Offenbach.

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Die Autoren – les auteurs

Sophie Loidolt ist Professorin f r Philosophie an der TU Darmstadt und Mitglied der Jungen Akademie der sterreichischen Akademie der Wissenschaften. Ihre Forschungsschwerpunkte liegen in der Ph nomenologie, der politischen Philosophie, der Rechtsphilosophie und Ethik sowie der Transzendentalphilosophie. Monographien: Anspruch und Rechtfertigung. Eine Theorie des rechtlichen Denkens im Anschluss an die Ph nomenologie Edmund Husserls. (Dordrecht 2009); Einf hrung in die Rechtsph nomenologie. Eine historisch-systematische Darstellung (T bingen 2010); Phenomenology of Plurality. Hannah Arendt on Political Intersubjectivity (New York 2017). Antonino Mazz , Professeur l’Universit libre de Bruxelles, titulaire des cours de m taphysique, philosophie morale et anthropologie philosophique. Il a notamment publi De l’int riorit ph nom nologique. La question du psychologisme transcendantal chez Edmund Husserl (Collection des M moires des Annales de ph nom nologie, 2003); comme co- diteur, avec S. Delcomminnette, Interpr tations contemporaines de l’Id e platonicienne. Jalons (Paris, Vrin, 2012). Il a particip la traduction avec Natalie Depraz et Philippe Cabestan de Edmund Husserl, Psychologie ph nom nologique (Paris, Vrin, 2001) et la traduction avec Jean-FranÅois Pestureau de Edmund Husserl, Manuscrits de Bernau (Grenoble, Millon, 2010). Karel Novotny´ works as Research Professor at the Academy of Sciences of the Czech Republic, Institute of Philosophy, and as Associate Professor at Charles University, Faculty of Humanites. He is co-director of the Central-European Institute of Philosophy, and Erasmus Master Mundus »Europhilosophie« programme coordinator at the Charles University in Prague. He is the author of numerous studies on Czech, German, and French phenomenology. He (co)edited about 10 books, published four own books, including La gen se d’une h r sie. Monde, corps et histoire dans la pens e de Jan Patocˇka (Paris, Vrin, 2012) and Neue Konzepte der Ph nomenalit t. Essais zur Subjektivit t und Leiblichkeit des Erscheinens (W rzburg, Kçnigshausen und Neumann, 2012). Dominique Pradelle, ancien l ve de l’ cole Normale Sup rieure, est Professeur l’Universit Paris-Sorbonne et directeur des Archives Husserl. Ses travaux portent sur la ph nom nologie, la philosophie des math matiques et l’esth tique musicale. Il a publi L’arch ologie du monde (Dordrecht, Kluwer, 2000), Par-del la r volution copernicienne (Puf, 2012) et G n alogie de la raison (Puf, 2013), dirig la traduction d’œuvres de Reinach (Ph nom nologie r aliste, Vrin, 2012), et co-dirig le collectif Penser avec Desanti (Mauvezin, TER, 2010), Ph nom no-

Die Autoren – les auteurs

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logie transcendantale : monde, structures et objets de pens e (Hermann, 2016) et Descartes et la ph nom nologie (Hermann, 2018). Smail Rapic ist Professor f r Philosophie an der Bergischen Universit t Wuppertal. Seine Forschungsschwerpunkte sind die Philosophie der Aufkl rung, die klassische deutsche Philosophie, die nach-Hegel’sche Philosophie des 19. Jahrhunderts, die Ph nomenologie Husserls und die kritische Gesellschaftstheorie. Er ist Mitherausgeber der Studienausgabe von Husserls Ding und Raum in der »Philosophischen Bibliothek« (Meiner). Camille Riquier est professeur de philosophie et vice-recteur l’Institut catholique de Paris. Laur at de l’Acad mie FranÅaise pour son ouvrage Arch ologie de Bergson (Puf, 2009, Prix La Bruy re 2010) et cor dacteur avec Arnaud FranÅois des Annales bergsoniennes, il a galement crit Philosophie de P guy (Puf, 2017). Claude Romano enseigne la philosophie Sorbonne-Universit et ACU Melbourne. Il est l’auteur de nombreux ouvrages de philosophie et de ph nom nologie et, r cemment, d’ tre soi-mÞme. Une autre histoire de la philosophie, Gallimard, « Folio essais », 2019, et des Rep res blouissants. Renouveler la ph nom nologie, PUF, coll. « Epim th e », 2019. Il sera titulaire de la chaire Gadamer Boston College pour l’ann e 2019 – 2020. Inga Rçmer ist Professorin f r Philosophie an der Universit Grenoble Alpes in Frankreich. Nach einem Studium der Philosophie, der neueren deutschen Literatur, der Anthropologie und der Volkswirtschaftslehre in Hamburg und Bordeaux promovierte und habilitierte sie sich an der Bergischen Universit t Wuppertal. Sie ist Autorin der beiden Monographien Das Zeitdenken bei Husserl, Heidegger und Ricœur (Dordrecht 2010) und Das Begehren der reinen praktischen Vernunft. Kants Ethik in ph nomenologischer Sicht (Hamburg 2018). Ihre Forschungsschwerpunkte liegen in den Bereichen der klassischen deutschen Philosophie, in erster Linie bei Kant, sowie in der deutsch- und franzçsischsprachigen Ph nomenologie. Gregor Schiemann, Prof. Dr., Werkzeugmacherlehre, Studium des Maschinenbaus, der Physik und Philosophie, 1988 Diplom in Physik an der ETH Z rich, 1995 Promotion zum Dr. phil. an der TH Darmstadt, 2003 Habilitation an der Universit t T bingen. Seit 2004 Professor f r Philosophie in Wuppertal. Forschungsschwerpunkte: Wissenschaftsphilosophie, Geschichte der Wissenschaften und der Philosophie, Naturphilosophie. Verçffentlichungsauswahl: Ph no-

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Die Autoren – les auteurs

menologie der Natur (hg. mit G. Bçhme) 1997; Natur, Technik, Geist. 2005; Hermann von Helmholtz‹ Mechanism. 2008; The Significance of the Hypothetical in the Natural Sciences (hg. mit M. Heidelberger) 2009; Langeweile. Auf der Suche nach einem unzeitgem ßen Gef hl. Ein Lesebuch (hg. mit R. Breuninger) 2015; Towards a Theory of Spacetime Theories (hg. mit D. Lehmkuhl und E.Scholz) 2017. Alexander Schnell, Studium in Paris (Ingenieurswissenschaften und Philosophie von 1989 bis 1997). Von 1998 bis 2016 ist Alexander Schnell lehrend und forschend in verschiedenen Universit ten in Frankreich t tig gewesen (Paris 12, Poitiers und Paris 4-Sorbonne) (von 2014 bis 2016 auch in Abu Dhabi, an der Zweigstelle der Sorbonne in den V.A.E.). Seit 2016 Lehrstuhlinhaber f r »Theoretische Philosophie und Ph nomenologie« und Direktor des »Instituts f r Transzendentalphilosophie und Ph nomenologie« (ITP) (mit den daran angeschlossenen Fichte- und Fink-Forschungszentren sowie dem Marc-Richir-Archiv) an der Bergischen Universit t Wuppertal. Gastprofessuren in Sofia, Memphis, Tokyo usw. Zahlreiche Monographien und Artikel im Bereich der Ph nomenologie und der Klassischen Deutschen Philosophie. Auf Deutsch sind erschienen: Hinaus (Kçnigshausen & Neumann, 2011), Wirklichkeitsbilder (Mohr Siebeck, 2015) und Was ist Ph nomenologie? (Klostermann, 2019). Claudia Serban, agr g e de philosophie, docteur de l’Universit Paris-Sorbonne et ancienne pensionnaire de la Fondation Thiers, est ma tre de conf rences l’Universit Toulouse 2 Jean Jaur s. Elle est l’auteur de nombreux articles portant sur la ph nom nologie allemande et franÅaise, ainsi que sur la philosophie allemande classique. Le livre issu de sa th se de doctorat, intitul Ph nom nologie de la possibilit : Husserl et Heidegger, est paru en 2016 aux Presses Universitaires de France. Tam s Ullmann est professeur de philosophie ELTE Universit de Budapest. Il est pr sident de la Soci t Ph nom nologique Hongroise et directeur de l’ cole Doctorale de l’Institut de philosophie ELTE. Il a publi quatre livres: La gen se du sens. Signification et exp rience dans la ph nom nologie g n tique de Husserl (Paris, L’Harmattan, 2002); A l thatatlan forma. Sematizmus s intencionalit s (La forme invisible. Sch matisme et intentionalit ) (Budapest, L’Harmattan, 2010); avec Csaba Olay, Kontinent lis filoz fia a xx. sz zadban (Philosophie continentale du XXe si cle) (Budapest, L’Harmattan, 2011); Az rtelem dimenzi i. V logatott tanulm nyok (Dimensions du sens) (Budapest, L’Harmattan, 2012).