Optik: Experimentalphysik – anschaulich erklärt [1. Aufl. 2019] 978-3-662-59336-3, 978-3-662-59337-0

​Dieses Lehrbuch präsentiert den Vorlesungsstoff der Bachelorvorlesung zur Optik modern und anschaulich gestaltet. Die A

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German Pages XI, 513 [520] Year 2019

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Optik: Experimentalphysik – anschaulich erklärt [1. Aufl. 2019]
 978-3-662-59336-3, 978-3-662-59337-0

Table of contents :
Front Matter ....Pages I-XI
Front Matter ....Pages 1-1
Lichtausbreitung (Stefan Roth, Achim Stahl)....Pages 3-52
Geometrische Optik (Stefan Roth, Achim Stahl)....Pages 53-212
Fotometrie (Stefan Roth, Achim Stahl)....Pages 213-236
Front Matter ....Pages 237-237
Wellenoptik (Stefan Roth, Achim Stahl)....Pages 239-439
Laser (Stefan Roth, Achim Stahl)....Pages 441-485
Back Matter ....Pages 487-513

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Stefan Roth Achim Stahl

Optik Experimentalphysik – anschaulich erklärt

Optik

Stefan Roth Achim Stahl

Optik Experimentalphysik – anschaulich erklärt

Stefan Roth RWTH Aachen Aachen, Deutschland

ISBN 978-3-662-59336-3 https://doi.org/10.1007/978-3-662-59337-0

Achim Stahl RWTH Aachen Aachen, Deutschland

ISBN 978-3-662-59337-0 (eBook)

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. Springer Spektrum © Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2019 Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlags. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von allgemein beschreibenden Bezeichnungen, Marken, Unternehmensnamen etc. in diesem Werk bedeutet nicht, dass diese frei durch jedermann benutzt werden dürfen. Die Berechtigung zur Benutzung unterliegt, auch ohne gesonderten Hinweis hierzu, den Regeln des Markenrechts. Die Rechte des jeweiligen Zeicheninhabers sind zu beachten. Der Verlag, die Autoren und die Herausgeber gehen davon aus, dass die Angaben und Informationen in diesem Werk zum Zeitpunkt der Veröffentlichung vollständig und korrekt sind. Weder der Verlag noch die Autoren oder die Herausgeber übernehmen, ausdrücklich oder implizit, Gewähr für den Inhalt des Werkes, etwaige Fehler oder Äußerungen. Der Verlag bleibt im Hinblick auf geografische Zuordnungen und Gebietsbezeichnungen in veröffentlichten Karten und Institutionsadressen neutral. Planung und Lektorat: Lisa Edelhäuser, Martina Mechler Springer Spektrum ist ein Imprint der eingetragenen Gesellschaft Springer-Verlag GmbH, DE und ist ein Teil von Springer Nature. Die Anschrift der Gesellschaft ist: Heidelberger Platz 3, 14197 Berlin, Germany

Vorwort Dies ist der dritte Band eines Werks über die Grundlagen der Experimentalphysik. Er ist aus der Vorlesung „Experimentalphysik 3“ entstanden, die wir für Physikstudierende des zweiten Studienjahrs an der RWTH Aachen gehalten haben. Das vorliegende Buch wendet sich aber nicht nur an Studierende der Physik, sondern an alle, die die Experimentalphysik erlernen wollen. Die Vorlesung ist geprägt von den vielen Experimenten, die wir dabei vorführen. Wir haben versucht, die Freude am Experimentieren in diesem Buch einzufangen und weiterzugeben. Wir hoffen, dass uns dies einigermaßen gelungen ist. Manche der vorgestellten Experimente können Sie selbst nachmachen. Versuchen Sie es! Das macht erst richtig Spaß. Doch mit Experimentieren allein ist es nicht getan. Sie müssen sich mit den Modellvorstellungen und Erklärungsweisen der Physik auseinandersetzen. Das Buch will Sie auch dabei unterstützen. Thematisch behandelt der vorliegende Band die Optik. Das Buch ist in zwei Teile untergliedert: I. Strahlenoptik: Hier behandeln wir Licht als Strahlen, die sich – zumindest in homogenen Medien – geradlinig ausbreiten. Wir erklären die Abbildung der Lichtstrahlen mit Spiegeln und Linsen und diskutieren in 7 Kap. 3, das wir Fotometrie genannt haben, schließlich noch die Messung der Helligkeit des Lichts. II. Wellenoptik: Hier geht es um all die Phänomene, die darauf zurückzuführen sind, dass Licht eine Welle ist. Wir behandeln die Interferenz und Beugung des Lichts in vielen unterschiedlichen Situationen. Am Ende des Bands verlassen wir erstmals den Bereich der klassischen Physik, um das Funktionsprinzip der Laser zu erklären. Laser sind aus der modernen Optik nicht mehr wegzudenken. Sie basieren auf der stimulierten Emission von Licht, einem quantenphysikalischen Effekt. Allerdings können wir keine Einführung in die Quantenphysik bieten, da dies den Rahmen dieses Buchs bei Weitem gesprengt hätte. Wir haben versucht, so viel Quantenphysik zu erklären, wie nötig ist, um den Laser verstehen zu können. Wir hoffen, es ist uns wenigstens annähernd gelungen. Für das Verständnis des Buchs ist nur wenig Vorwissen über Physik erforderlich. Hin und wieder greifen wir auf Dinge zurück, die wir in den ersten beiden Bänden erklärt haben. In der Regel sollte aber physikalisches Schulwissen als Voraussetzung genügen. Die Themen der Optik führen wir grundlegend ein und wiederholen dabei sogar einige Inhalte der Schulphysik, wie z. B. das Reflexionsgesetz. Zusätzlich setzen wir Schulkenntnisse in Mathematik voraus und greifen an der einen oder anderen Stelle auf mathematische Verfahren zurück, die wir in den ersten beiden Bänden eingeführt haben. Am Ende des Buchs finden Sie den kurzen Anhang „Mathematische Einführung“, den Sie vielleicht schon aus den ersten beiden Bänden kennen. Dort haben wir einige wenige mathematische Themen für Sie zusammengestellt, die besondere Bedeutung für die Optik haben und die Sie vielleicht noch nicht kennen. Sollte Ihnen die Mathematik Schwierigkeiten bereiten, empfehlen wir Ihnen das parallele Studium entsprechender Bücher der Mathematik, von denen wir Ihnen einige am Anfang des Anhangs „Mathematische Einführung“ nennen. Auch zu Beginn des dritten Bands ist es uns wichtig, Sie darauf hinzuweisen, dass dieses Buch Ihnen den Stoff zwar präsentiert, Sie ihn sich aber selbst erarbeiten müssen. Verstehen Sie das vorliegende Lehrbuch als ein Angebot, das Ihnen das Erarbeiten des Stoffes erleichtern soll. Das eigentliche Verstehen geschieht in Ihrem Kopf. Dort müssen Sie sich

VI

Vorwort

ein eigenes Gedankengebäude der Physik mit Ihren Vorstellungen, Erklärungen und Zusammenhängen errichten. Zum Aufbau des Buchs: Die beiden Teile sind in einzelne Kapitel untergliedert. Jedes Kapitel besteht aus einem erklärenden Text, der zusammen mit Abbildungen und Gleichungen den wesentlichen Stoff des Kapitels beschreibt. Daneben fördern Experimente und Beispiele ein vertieftes Verständnis der Themen. Sie werden wie folgt dargestellt: Experiment 0.1: Darstellung eines Experiments

In dieser Darstellung werden im Buch die Experimente präsentiert. Manche Experimente sind im Text zitiert und dann für das Verständnis sehr wichtig, andere dienen mehr der Illustration. Das eine oder andere Experiment können Sie vielleicht selbst nachmachen. Probieren Sie es!

Beispiel 0.1: Darstellung eines Beispiels

Ferner sind in den Text ergänzende Beispiele eingebunden. Beispiele sind von grundlegender Bedeutung. Sie zeigen, wie Sie das gelernte Wissen anwenden können. Arbeiten Sie die Beispiele durch. Mit ihrer Hilfe können Sie Ihr Verständnis überprüfen.

Am Ende der Kapitel werden zudem Übungsaufgaben angeboten. Lösungen finden Sie in knapper Form im Anhang. Viel Spaß und Erfolg! Das vorliegende Buch ist nicht nur unser Werk. Hinter dem Buch stehen viele Helfer, bei denen wir uns hier herzlichst bedanken möchten. Unser Dank geht an Beate Roth fürs Korrekturlesen, an das Team der Physiksammlung der RWTH Aachen, Prof. Lutz Feld, Dr. Katja Klein, Egon Schneevoigt, Sebastian Warsow und die studentischen Hilfskräfte, denen wir viele der tollen Experimente (und die Fotos davon) zu verdanken haben1 , und an all die Studierenden, die uns auf Fehler hingewiesen haben. Nicht zuletzt wollen wir uns beim Springer-Verlag für die exzellente Unterstützung bedanken, insbesondere bei Martina Mechler und Lisa Edelhäuser. Aachen Februar 2019

1

Die Experimente finden Sie unter https://sammlung.physik.rwth-aachen.de/.

Stefan Roth und Achim Stahl

Inhaltsverzeichnis I 1

Strahlenoptik Lichtausbreitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

3

Stefan Roth und Achim Stahl 1.1

Grundbegriffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

4

1.2

Fermat’sches Prinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

17

1.3

Eikonal- und Strahlengleichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

37

1.4

Dispersion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

44

Geometrische Optik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

53

2

Stefan Roth und Achim Stahl 2.1

Die optische Abbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

54

2.2

Spiegel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

56

2.3

Totalreflexion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

84

2.4

Prismen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

104

2.5

Linsen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

111

2.6

Matrizenoptik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

146

2.7

Abbildungsfehler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

160

2.8

Blenden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

176

2.9

Optische Geräte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

185

Fotometrie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

213

3

Stefan Roth und Achim Stahl 3.1

Strahlungsphysikalische Fotometrie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

214

3.2

Lichttechnische Fotometrie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

220

3.3

Schwarzer Körper . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

227

II

Wellenoptik

4

Wellenoptik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

239

Stefan Roth und Achim Stahl 4.1

Interferenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

240

4.2

Zweistrahlinterferenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

252

4.3

Vielstrahlinterferenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

267

4.4

Beugung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

302

4.5

Kohärenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

360

VIII

Inhaltsverzeichnis

4.6

Polarisation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

375

4.7

Nichtlineare Optik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

423

Laser . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

441

5

Stefan Roth und Achim Stahl 5.1

Emission und Absorption von Licht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

442

5.2

Laser . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

463

Serviceteil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

487

A1

Liste der Symbole . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

488

A2

Lösungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

490

A3

Mathematische Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

498

Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

507

Verzeichnis der Experimente Experiment 1.1: Tyndall-Effekt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

9

Experiment 1.2: Brechung und Reflexion an einer Wasseroberfläche .....................

25

Experiment 1.3: Laserstrahlen an einer Halbscheibe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

26

Experiment 1.4: Totalreflexion an einer Halbscheibe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

26

Experiment 1.5: Gebogener Lichtstrahl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

33

Experiment 1.6: Dispersion an einem Prisma . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

45

Experiment 1.7: Normale und anomale Dispersion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

48

Experiment 1.8: Künstlicher Regenbogen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

51

Experiment 2.1: Reflexion von Laserstrahlen an einem Planspiegel .......................

57

Experiment 2.2: Bestimmung der Vergrößerung eines Planspiegels ......................

58

Experiment 2.3: Reflexion von Laserstrahlen an einem Parabolspiegel .....................

61

Experiment 2.4: Doppelhohlspiegel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

66

Experiment 2.5: Katakaustik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

69

Experiment 2.6: Abbildung von Gegenständen an einem Hohlspiegel .....................

70

Experiment 2.7: Reflexion von Laserstrahlen an einem Wölbespiegel .....................

72

Experiment 2.8: Sphärische Aberration . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

82

Experiment 2.9: Reflexion eines Lichtstrahls an einer Wasseroberfläche .....................

86

Experiment 2.10: Lichtleitung in einem Wasserstrahl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

93

Experiment 2.11: Totalreflexion eines Laserstrahls in einem Lichtleiter ......................

94

Experiment 2.12: Lichtleiter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

96

Experiment 2.13: Glas- und Luftprisma . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

105

Experiment 2.14: Brechungsindex und minimaler Ablenkwinkel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

107

Experiment 2.15: Abbildung an Linsen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

121

Experiment 2.16: Abbildung an Sammel- und Zerstreuungslinse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

122

Experiment 2.17: Brennweite einer Linse in Luft und Wasser . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

127

Experiment 2.18: Bestimmung eines Abbildungsmaßstabs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

139

Experiment 2.19: Brennweite nach dem Abbe-Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

140

Experiment 2.20: Brennweite nach dem Bessel-Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

140

Experiment 2.21: Brennweite durch Autokollimation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

141

Experiment 2.22: Abbildungsgesetz mit einer Lupe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

142

Experiment 2.23: Sphärische Aberration mit Laserstrahlen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

166

Experiment 2.24: Sphärische Aberration an einer Sammellinse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

167

Experiment 2.25: Koma einer Sammellinse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

169

Experiment 2.26: Koma an einem Punktegitter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

169

Experiment 2.27: Astigmatismus mit Laserstrahlen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

170

X

Verzeichnis der Experimente

Experiment 2.28: Astigmatismus einer Sammellinse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

170

Experiment 2.29: Bildfeldwölbung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

171

Experiment 2.30: Verzeichnung an einen Kreuzgitter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

172

Experiment 2.31: Chromatische Aberration . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

175

Experiment 2.32: Aufbau eines Mikroskops auf der optischen Bank ........................

205

Experiment 2.33: Streulicht im Dunkelfeld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

208

Experiment 3.1: Stefan-Boltzmann-Gesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

230

Experiment 3.2: Wärmestrahlung einer Kohlebogenlampe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

231

Experiment 4.1: Interferenz mit Wasserwellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

240

Experiment 4.2: Interferenzmuster auf dem Tageslichtprojektor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

244

Experiment 4.3: Ein einfaches Interferenzexperiment zum Selbstbau ......................

245

Experiment 4.4: Michelson-Interferometer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

258

Experiment 4.5: Fresnel’scher Spiegelversuch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

264

Experiment 4.6: Young’sches Doppelspaltexperiment . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

266

Experiment 4.7: Vom Doppelspalt zum Beugungsgitter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

269

Experiment 4.8: Beugung am Gitter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

274

Experiment 4.9: Interferenz weißen Lichts am Gitter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

274

Experiment 4.10: Spektralzerlegung weißen Lichtes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

277

Experiment 4.11: Emissionsspektren von Helium, Neon und Argon . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

278

Experiment 4.12: Interferenz an einer planparallelen Platte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

284

Experiment 4.13: Interferenz an einer Glimmerplatte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

289

Experiment 4.14: Newton’sche Ringe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

292

Experiment 4.15: Fabry-Pérot-Interferometer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

295

Experiment 4.16: Beugung am Spalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

307

Experiment 4.17: Vergleich der Beugung am Einzel- und am Doppelspalt ....................

308

Experiment 4.18: Fresnel’sche Zonenplatte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

314

Experiment 4.19: Beugung an einer Lochblende . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

324

Experiment 4.20: Poisson’scher Fleck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

326

Experiment 4.21: Babinet’sches Prinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

329

Experiment 4.22: Auflösungsvermögen optischer Instrumente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

353

Experiment 4.23: Sehtest . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

355

Experiment 4.24: Interferenz mit Mikrowellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

361

Experiment 4.25: Messung der Kohärenzlänge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

373

Experiment 4.26: Polarisation von Mikrowellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

376

Experiment 4.27: Gesetz von Malus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

379

Experiment 4.28: Polarisation durch Reflexion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

393

Experiment 4.29: Kalkspat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

398

Experiment 4.30: Doppelbrechung eines Laserstrahls . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

398

Experiment 4.31: Zirkulare Polarisation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

404

XI Verzeichnis der Experimente

Experiment 4.32: Faraday-Effekt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

407

Experiment 4.33: Signalübertragung mit einer Kerr-Zelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

409

Experiment 4.34: Optische Aktivität von Quarz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

412

Experiment 4.35: Optische Aktivität von Zucker . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

412

Experiment 4.36: Optische Gleichrichtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

430

Experiment 4.37: Frequenzverdopplung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

431

Experiment 4.38: Phasenanpassungslänge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

433

Experiment 5.1: Nachweis einzelner Photonen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

459

Experiment 5.2: Helium-Neon-Laser . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

478

Experiment 5.3: Stickstofflaser . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

479

1

Strahlenoptik Kapitel 1

Lichtausbreitung – 3

Kapitel 2

Geometrische Optik – 53

Kapitel 3

Fotometrie – 213

I

3

Lichtausbreitung Stefan Roth und Achim Stahl

1.1

Grundbegriffe – 4

1.2

Fermat’sches Prinzip – 17

1.3

Eikonal- und Strahlengleichung – 37

1.4

Dispersion – 44

© Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2019 S. Roth, A. Stahl, Optik, DOI 10.1007/978-3-662-59337-0_1

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4

Kapitel 1  Lichtausbreitung

1.1

1

Grundbegriffe

1.1.1 Sichtbares Licht

. Abb. 1.1 Der sichtbare Bereich des elektromagnetischen Spektrums

Die Optik nennt man auch die Lehre vom Licht. Sie beschäftigt sich vornehmlich mit der Ausbreitung des Lichts z. B. durch Linsen oder Blenden. Die Erzeugung und der Nachweis des Lichts müssen dabei manchmal mit behandelt werden, obwohl dies nicht der Fokus der Optik ist. Licht bezeichnet dabei meist elektromagnetische Strahlung im sichtbaren Bereich des Spektrums, obwohl viele Überlegungen auch für die angrenzenden Spektralbereiche zutreffen. Der Begriff „Optik“ stammt wie viele andere Begriffe der Physik aus dem Griechischen (όπτι›όϛ) und bedeutet so viel wie „zum Sehen gehörend“. In der Wahrnehmung unserer Umgebung kommt dem Sehen eine besondere Bedeutung zu. Das Sehen ist der wichtigste unserer Sinne, denn es liefert uns die meiste Information über unsere Umgebung. Die Sehempfindung wird dabei indirekt durch das Licht erzeugt, das von den Körpern der Umgebung ausgeht und in unser Auge fällt. Das Licht durchdringt auf dem Weg von den Körpern in unser Auge ein Medium (z. B. Luft), durch das es teils mehr und teils weniger verändert wird, bis es im Auge ankommt. Auf diese Veränderungen werden wir noch zu sprechen kommen. Der sichtbare Bereich des elektromagnetischen Spektrums (. Abb. 1.1) erstreckt sich in etwa über den Wellenlängenbereich von 400 nm (violettes Licht) bis 800 nm (rotes Licht). Nur diesen Bereich kann unser Auge wahrnehmen. Vielleicht haben Sie sich schon einmal gefragt, warum dies so ist? Die Antwort ist eng mit der Absorption elektromagnetischer Strahlung in der Atmosphäre verknüpft, die in . Abb. 1.2 dargestellt ist. In weiten Bereichen des elektromagnetischen Spektrums kann die Strahlung die Atmosphäre nicht durchdringen. Nur in wenigen Wellenlängenbereichen ist die Absorption so gering, dass die Strahlung der Sonne die Erdoberfläche erreichen kann. Diese Strahlung kann dann von der Erdoberfläche und den darauf befindlichen Objekten reflektiert werden und so auf unser Auge treffen. Wir können die Objekte sehen. In anderen Spektralbereichen ist die Intensität der Strahlung auf der Erdoberfläche so

. Abb. 1.2 Absorption elektromagnetischer Strahlung in der Atmosphäre der

Erde

5 1.1  Grundbegriffe

gering, dass wir auch mit einem fiktiven Auge, das in diesen Bereichen empfindlich wäre, nichts sehen könnten. Unser Auge hat sich im Laufe der Evolution so entwickelt, dass seine spektrale Empfindlichkeit zu dem Frequenzbereich passt, in dem unsere Atmosphäre durchsichtig ist. Dies nennen wir den sichtbaren Bereich des Spektrums. Es sei noch erwähnt, dass dieser Bereich zufällig mit dem Bereich zusammenfällt, in dem unsere Sonne besonders intensiv strahlt.

1.1.2 Lichtquellen Wir wollen die Abhandlung der Optik mit der Einführung einiger einfacher Begriffe beginnen. Den Ursprung optischer Strahlung nennen wir eine Lichtquelle. Dabei kann es sich um ein Objekt handeln, das selbst Licht erzeugt wie z. B. eine Lampe, eine Kerze oder die Sonne, oder auch um ein Objekt, das Licht von einer anderen Lichtquelle reflektiert. Der Mond ist ein Beispiel für eine Lichtquelle, die nicht selbst leuchtet. Er wird von der Sonne angestrahlt und wirft deren Licht auf die Erde. Aber auch eine weiße Wand kann als Lichtquelle betrachtet werden, wenn sie angestrahlt wird und sie das Licht reflektiert. Eine reale Lichtquelle hat immer eine Ausdehnung. Wir betrachten sie als Objekt, von dessen Oberfläche das Licht abgestrahlt wird. Häufig werden wir punktförmige Lichtquellen benutzen. Diese stellen eine Idealisierung dar, die wir benutzen können, wenn die wahre Ausdehnung der Lichtquelle ohne Belang ist. Die Frequenz oder Wellenlänge einer Lichtwelle bestimmt deren Farbe. Lichtquellen können ganz unterschiedliche Farbspektren aussenden. Sind alle Wellenlängen des sichtbaren Lichts im Spektrum gleichmäßig vorhanden, so spricht man von weißem Licht. Tritt nur eine einzige Wellenlänge auf, so nennen wir das Licht monochromatisch. Allerdings muss monochromatisches Licht als eine Idealisierung betrachtet werden. Eine reale Lichtquelle wird immer ein Spektrum aussenden, das sich über einen gewissen Wellenlängenbereich erstreckt. Ist dieser sehr schmal, erzeugt die Lichtquelle nahezu monochromatisches Licht. Strahlt eine Lichtquelle mehrere Farben aus, addieren sich diese. Aus drei Grundfarben kann man alle anderen Farben zusammensetzen. Dies hängt mit der Physiologie unseres Auges zusammen. Wir werden in 7 Abschn. 2.9.1 darauf zurückkommen. . Abb. 1.3 zeigt die Addition der Farben Rot, Grün und Blau, die häufig als Grundfarben verwendet werden. Wo sich der rote und der grüne Farbkreis überlagern, entsteht eine gelbe Farbe, Grün und Blau addiert ergibt ein helles Blau, das man üblicherweise Cyan nennt, und Blau und Rot addiert ergibt Magenta. Überlagert man schließlich alle drei Grundfarben, so ergibt sich weißes Licht. Diese additive Farbmischung tritt bei der Überlagerung selbstleuchtender Lichtquellen auf. Sie wird

. Abb. 1.3 Additive Mischung der Grundfarben Rot, Grün und Blau

1

6

Kapitel 1  Lichtausbreitung

1

. Abb. 1.4 Subtraktive Mischung der Grundfarben Magenta, Gelb und Cyan

beispielsweise bei Bildschirmen eingesetzt. Ein gelber Punkt auf dem Schirm wird erzeugt, indem eng benachbarte rote und grüne Farbzentren leuchten. Ganz ähnlich funktioniert die Farbmischung durch Subtraktion (. Abb. 1.4). Sie tritt bei nicht selbstständig leuchtenden Lichtquellen auf. Beispielsweise kommt sie bei Farbdruckern zur Anwendung. Sprüht der Drucker Tinte aufs Papier, die blaues Licht absorbiert, so entsteht eine gelbe Fläche, denn vom weißen Licht der Umgebung wird von dieser Fläche lediglich rotes und grünes Licht reflektiert, was durch Addition den gelben Farbeindruck erzeugt. Entsprechend absorbiert Tinte der Farbe Cyan das rote Licht, denn durch Addition des reflektierten grünen und blauen Lichts entsteht Cyan. Mischt der Drucker nun gelbe Tinte mit einer Tinte der Farbe Cyan, so absorbiert die Mischung sowohl rotes als auch blaues Licht. Reflektiert wird lediglich grünes Licht. So kann der Drucker, wie in . Abb. 1.4 zu sehen, durch Mischung zweier Farben rote, grüne und blaue Flächen erzeugen. Werden schließlich alle drei Farben gemischt, wird alles Licht durch die Tinte absorbiert, und die gedruckte Fläche wirkt schwarz. Wie bereits erwähnt, besteht eine gewisse Freiheit in der Wahl der Grundfarben. Man wählt aber meist Gelb, Cyan und Magenta, da diese Farben recht hell sind. Durch die Mischung der Farben werden diese automatisch dunkler. Würde man von dunklen Farben ausgehen, wäre es schwierig, helle Farbtöne zu mischen. Beispiel 1.1: Farbmodelle

Wie im Text beschrieben, werden die Farben auf Computerbildschirmen durch drei Grundfarben zusammengesetzt. Jeder Bildpunkt besteht aus drei Farbpunkten, einer in jeder der drei Grundfarben. Im Farbmodell ist die Kodierung der Farben festgelegt. Ein gängiges Farbmodell ist das RGB-Modell. RGB steht für die drei Grundfarben Red, Green und Blue bzw. Rot, Grün und Blau. Jeder Bildpunkt wird durch drei Zahlen zwischen 0 und 255 angegeben. Die drei Zahlen zeigen in der Reihenfolge RGB die Intensität der jeweiligen Grundfarbe an diesem Bildpunkt an. Häufig wird eine hexadezimale Darstellung gewählt. #FF0000 stellt einen roten Bildpunkt dar, #00FF00 einen grünen und #FFFF00 einen gelben. Entsprechend steht #FFFFFF für einen weißen Bildpunkt und #000000 für einen schwarzen. Selbstverständlich sind auch Zwischenwerte möglich. #7F0000 ergibt einen dunkelroten Bildpunkt und #FF7F7F einen hellroten. In den vier Abbildungen sieht man die Zerlegung eines Fotos in die Grundfarben RGB. Das erste Foto ist das Original. Es zeigt einige Stoffproben. In den folgenden Abbildungen sind die roten, grünen und blauen Beiträge zum Bild einzeln dargestellt.

7 1.1  Grundbegriffe

1.1.3 Transmission, Absorption und Streuung Auf dem Weg von der Lichtquelle zu unserem Auge muss das Licht in der Regel ein Medium durchdringen. Manche Medien sind durchsichtig. Sie lassen das Licht ungehindert passieren. Glas ist in guter Näherung ein durchsichtiges Medium. Andere Medien sind undurchsichtig, wie z. B. eine Metallplatte oder ein Mauerstein. Dazwischen gibt es noch durchscheinende Medien. Das Licht kann sie durchdringen, aber es wird beim Durchgang gestreut, d. h. aus seiner ursprünglichen Richtung abgelenkt. Der Transmissionskoeffizient gibt an, welcher Anteil des Lichts ein Medium durchdringt. Man kann ihn in Prozent angeben oder in Dezibel. Entsprechend beschreibt der Absorptionskoeffizient den Anteil des Lichts, der im Medium absorbiert wird. Bitte beachten Sie, dass sich Transmissionskoeffizient und Absorptionskoeffizient nicht notwendigerweise zu eins addieren, da neben Transmission und Absorption noch Streuung im Medium auftreten kann, was dazu führen kann, dass einfallendes Licht das Medium unter solchen Richtungen wieder verlässt, die bei der Transmissionsmessung nicht berücksichtigt werden. Alternativ kann man die Eigenschaften des Mediums durch eine Absorptionslänge und eine Streulänge charakterisieren. Durch die Absorption nimmt der nichtabsorbierte Teil des einfallenden Lichts exponentiell ab. Die Absorptionslänge A bezeichnet die Strecke, die das Licht im Medium zurücklegt, bis der nichtabsorbierte Teil des Lichts auf 1=e abgefallen ist. Entsprechendes gilt für die Streulänge S . Man kann die beiden zur Abschwächungslänge 0 kombinieren, die die Abschwächung des Lichts im Medium durch die Summe aller Prozesse beschreibt. Sind Absorption und Streuung die beiden einzigen Prozesse, die die Ausbreitung des Lichts stören, gilt I.s/ D I0 e

 s

0

D I0 e

 s

A

e

 s

S

(1.1)

mit der Intensität I des Lichts, der anfänglichen Intensität I0 und der Strecke s, die das Licht im Medium zurücklegt. Aus der Gleichung kann man ablesen: 1 1 1 D C 0 A S

(1.2)

Der Absorption und der Streuung in einem Medium liegen mikroskopische Prozesse zugrunde, die wir hier kurz betrachten wollen. Licht kann von den Atomen und Molekülen des Mediums absorbiert werden, die dadurch in einen angeregten Zustand übergehen. Die Atome und Moleküle können dann durch Emission von Licht wieder in den Grundzustand übergehen. Diese Emission erfolgt in beliebige Raumrichtungen, sodass wir diesen Prozess der Absorption und Reemission als Streuung wahrnehmen. Er tritt so vor allem in

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8

Kapitel 1  Lichtausbreitung

dünnen Medien (Gasen) auf. In dichteren Medien kommt es häufig zu strahlungslosen Übergängen, bei denen die Energie der Anregung in Wärme umgewandelt wird. Dies würden wir dann als Absorptionsprozess werten. Auch Verunreinigungen oder Beimischungen zum Medium können zur Absorption führen, sofern diese Beimischungen undurchsichtig sind. Dies erkennt man z. B. in der verstärkten Absorption des Lichts durch Staub in der Atmosphäre oder durch organische Schwebstoffe, die die Sicht durch das Wasser in einem Teich oder See verringern.

1

Beispiel 1.2: Die Farbe von Metallen und Kristallen

© Wilco Oelen (http://woelen. homescience.net)

Nahezu alle Metalle sind schwarz oder grau. Wie kommt es dazu? Verantwortlich dafür sind die Elektronen des Leitungsbands. Es ist bei Metallen nur teilweise besetzt. Fällt Licht auf das Metall, so kann dieses durch Anregung der Elektronen absorbiert werden. Freie Zustände, in die die Elektronen angeregt werden können, sind im gesamten Energiebereich des sichtbaren Lichts vorhanden. Das Licht wird vollständig absorbiert. Die Elektronen kehren danach durch strahlungslose Übergänge auf das Niveau der Fermi-Energie zurück. Durch die vollständige Absorption erscheint das Metall schwarz. Lediglich die Reflexion eines Teils des Lichts an den Oberflächen macht das Metall sichtbar und erklärt den metallischen Glanz. Anders ist die Situation bei anorganischen Kristallen. Diese sind Nichtleiter mit einer Bandlücke zwischen dem Valenzband und dem Leitungsband. Licht kann erst dann absorbiert werden, wenn die Energie E D hf (h: Planck’sches Wirkungsquantum) für eine Anregung eines Elektrons über die Bandlücke hinweg ausreicht. Dem sichtbaren Bereich des Lichts entsprechen Photonenenergien von 1,5 bis 3;5 eV. Beispielsweise hat Diamant eine Bandlücke von 5;3 eV. Damit kann nur ultraviolettes Licht vom Kristall absorbiert werden. Im sichtbaren Licht ist Diamant daher durchsichtig. Bei anderen Kristallen sind die Bandlücken kleiner. Cadmiumsulfid (CdS) hat eine Bandlücke von lediglich 2;45 eV. Es absorbiert den blauen Anteil des sichtbaren Spektrums. Nur der Rest wird reflektiert, wodurch die Substanz gelb erscheint (Foto).

Beispiel 1.3: Tyndall-Effekt an Nebeltröpfchen

Bei Nebel kann man den Tyndall-Effekt an Lichtstrahlen beobachten. Durch das dichte Blätterdach eines Walds werden einzelne Lichtstrahlen ausgeblendet. Bei trockener Luft nimmt man die Strahlen durch die hellen Flächen wahr, die dort entstehen, wo die Strahlen auf Boden oder Bäume treffen. Von der Seite betrachtet

9 1.1  Grundbegriffe

sieht man die Strahlen nicht. Dies ändert sich bei Nebel. Das Licht der Strahlen streut an den Wassertröpfchen, die in der nebligen Luft schweben. Dadurch kann man die Strahlen auch von der Seite als diffuse Lichthöfe erkennen. Auf dem Foto zeigt sich dies deutlich.

© wikimedia: FEXX

Experiment 1.1: Tyndall-Effekt

Dies ist ein Experiment, das Sie durchaus selbst in Ihrer Küche durchführen können. Alles, was sie brauchen, sind zwei Gläser, eine Taschenlampe (wir benutzen eine LED-Lampe), Wasser und ein wenig Milch. Milch ist ein Kolloid. Sie besteht zum großen Teil aus Wasser, enthält aber auch Fett, das sich im Wasser nicht löst. In der Milch schweben kleine Fetttröpfchen im umgebenden Wasser. An diesen Fetttröpfchen streut durchgehendes Licht. In reiner Milch ist die Streuung so stark, dass die Milch undurchsichtig erscheint. Daher verdünnen wir sie stark. Wir füllen zwei Gläser mit Wasser und geben in eines der beiden Gläser etwa einen Kaffeelöffel Milch und rühren um, bis eine homogene weiße Flüssigkeit entstanden ist. Dann durchleuchten wir die beiden Gläser mit der Taschenlampe. Die beiden Fotos zeigen das Ergebnis. Das Licht durchdringt das Wasserglas ohne merkliche Streuung. Das Glas erscheint dunkel. Man kann die dahinterliegende schwarze Fläche erahnen. Das Glas mit der verdünnten Milch leuchtet dagegen, wenn wir es von der Seite betrachten. Das Licht wird durch den Tyndall-Effekt an den Fetttröpfchen gestreut und gelangt so in die Kamera.

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10

Kapitel 1  Lichtausbreitung

1

Betrachten wir die Gläser von oben, so können wir einen weiteren Effekt entdecken. Das erste Foto zeigt ein einzelnes Glas mit unserer verdünnten Milch. Der Lichtstrahl der Taschenlampe kommt von links und trifft einige Zentimeter unter der Füllhöhe auf das Glas. In der Nähe des Eintritts ist die Streuung so stark, dass das Foto ein wenig überstrahlt ist, aber um den Bereich des Eintritts herum nehmen wir eine deutliche Blaufärbung des Streulichts wahr. Kurzwelliges violettes und blaues Licht wird also stärker gestreut als die langwelligen Spektralfarben des weißen Lichts. Weiter weg vom Eintritt lässt die Blaufärbung nach. Noch deutlicher kann man dies erkennen, wenn wir zwei Gläser hintereinander durchstrahlen. Sie enthalten nun beide die milchige Lösung. Das letzte Foto zeigt diese Situation. Der Lichtstrahl kommt wieder von links. Das linke Glas leuchtet bläulich. Die Streuung ist so stark, dass violettes oder blaues Licht das rechte Glas kaum erreicht. Das rechte Glas erscheint durch die Streuung des verbleibenden langwelligen Lichts dunkler und in der Farbe wärmer.

Die Streuung von Licht an Schwebeteilchen in einem Medium wurde von dem irischen Bergsteiger (Erstbesteigung des Weisshorns) und Physiker John Tyndall (1820*–1893) erstmals systematisch untersucht und beschrieben. Man nennt sie heute den Tyndall-Effekt. Sie tritt vor allem in Kolloiden auf. Tyndall glaubte, damit auch die Erklärung für das Himmelsblau gefunden zu haben. Doch es war Lord Rayleigh (Adelstitel von John William Strutt) der 1871 erkannte, dass für das Himmelsblau nicht Schwebeteilchen, sondern die Streuung an den Molekülen des Mediums selbst verantwortlich ist. Er konnte zeigen, dass die Intensität I des gestreuten Lichts invers proportional

11 1.1  Grundbegriffe

zur vierten Potenz der Wellenlänge des Lichts ansteigt. Sie beträgt: I D I0

 2 .n2  1/2 sin2  nmol r 2 4

(1.3)

Dabei ist I0 die Intensität des ungestreuten Lichts, n der Brechungsindex des Mediums, nmol die Dichte der Moleküle im Medium, r der Abstand des Beobachters zur Streuquelle und  der Winkel zur Polarisationsrichtung des Lichts.  gibt die Wellenlänge des Lichts an. Für blaues Licht mit einer Wellenlänge von 450 nm ist die Streuung etwa viermal so stark wie für rotes Licht (650 nm). Misst man die Intensität des gestreuten Lichts, z. B. an einer gasgefüllten Küvette, so kann man aus Gl. 1.3 die Avogadro-Konstante NA bestimmen. Das gestreute Licht misst man indirekt über die Abschwächungslänge 1=S . Nach Integration von Gl. 1.3 über alle Streurichtungen ergibt sich 1 8 3 D .n2  1/2 : S 3nmol 4

(1.4)

Aus der Messung der Streulänge bestimmt man nmol . Bei bekannter Dichte  und bekanntem Molekulargewicht mmol erhält man die Avogadro-Konstante aus NA D

nmol mmol : 

(1.5)

In der Atmosphäre tragen vornehmlich die Stickstoff- und Sauerstoffmoleküle zur Streuung bei. Die Elektronen der Moleküle werden durch das einfallende Licht zu Schwingungen angeregt. Im Grundzustand der Moleküle liegen deren Resonanzfrequenzen im ultravioletten Bereich. Unterhalb dieser Resonanzfrequenzen steigt die Amplitude der erzwungenen Schwingung näherungsweise wie 1=2 mit steigender Frequenz an (Band 1, Abschn. 17.2.4). Diese Moleküle wirken dann wie Hertz’sche Dipole und strahlen die aufgenommene Energie wieder in alle Richtungen ab. Die Intensität der Abstrahlung ist proportional zur Amplitude der Schwingung und steigt ebenfalls wie 1=2 an, sodass sich insgesamt ein Anstieg der Streuung wie 1=4 ergibt. Man nennt diesen Prozess Rayleigh-Streuung. Beispiel 1.4: Das Blau des Himmels

Wäre unsere Atmosphäre vollständig durchsichtig, könnten wir den Himmel nicht sehen. An einem klaren Tag würden wir durch die Atmosphäre hindurch in die Tiefen des Weltalls blicken. Der Himmel erschiene schwarz. Erst durch die Streuung des Lichts unserer Sonne in der Atmosphäre wird der Himmel sichtbar. Lord Rayleigh erklärte die Färbung des Himmels durch die Streuung des Lichts an den Molekülen der Atmosphäre (N2 , O2 ). Blickt ein

1

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1

Kapitel 1  Lichtausbreitung

Beobachter an der Sonne vorbei in Richtung des Weltalls (rechter Beobachter in der Skizze), so sieht er gestreutes Licht der Sonne. Wegen der Proportionalität der Streuung zu 1=4 wird vornehmlich blaues Licht gestreut. Dadurch erscheint der Himmel blau. Blickt der Beobachter hingegen direkt in die Sonne, so sieht er das ungestreute Licht (linker Beobachter in der Skizze; bitte schauen Sie nur mit ausreichend geschütztem Auge direkt in die Sonne!). In diesem Licht ist die blaue und violette Komponente durch die Streuung abgeschwächt, wodurch die Sonne gelb erscheint, obwohl sie ja weißes Licht aussendet.

Die Erklärung des Himmelsblaus durch Rayleigh erscheint nachvollziehbar. Doch sie ist ein wenig vereinfacht. Es gibt ein schlagkräftiges Gegenargument gegen Rayleighs Erklärung. Betrachtet man eine weiße Fläche, beispielsweise die schneebedeckte Kuppe des Mont Blanc, aus größerer Entfernung, so erscheint diese immer noch weiß. Man kann den Mont Blanc durchaus noch aus Entfernungen sehen, die der Schichtdicke der Atmosphäre entsprechen. Nach Rayleighs Modell müsste der Gipfel des Mont Blanc aus solchen Entfernungen aber gelb bis rot erscheinen. Tatsächlich wird der Effekt der Rayleigh-Streuung durch Dichteschwankungen, wie sie in der mittleren, aber nicht in der unteren Atmosphäre auftreten, verstärkt. Erst durch die Berücksichtigung der Streuung an den Dichteschwankungen entsteht ein konsistentes Bild. Marian von Smoluchowski (1908) und Albert Einstein (1910) entwickelten die theoretische Beschreibung dieser Streuung unabhängig voneinander.

1.1.4 Geometrische Optik Die Strahlenoptik, die man auch geometrische Optik nennt, behandelt die Ausbreitung von Licht unter bestimmten Näherungen. Die Ausbreitung des Lichts wird dabei durch einzelne Lichtstrahlen beschrie-

13 1.1  Grundbegriffe

ben. Phänomene, die mit der Wellennatur des Lichts zusammenhängen, werden vernachlässigt. Die Vorstellung von der Ausbreitung des Lichts in Form von Lichtstrahlen ist uns aus dem Alltag vertraut. . Abb. 1.5 zeigt ein Beispiel, das das Modell der Lichtstrahlen nahelegt. Der Lichtkegel einer Taschenlampe ist an seinem Rand scharf begrenzt, wie man dies für ein Bündel von Lichtstrahlen erwarten würde. Ein Lichtstrahl ist eine Idealisierung. Geometrisch entspricht dem Lichtstrahl eine Gerade bzw. eine Strecke. Ein Lichtstrahl hat keine Ausdehnung quer zur Ausbreitungsrichtung und damit kein Volumen. Trotzdem transportiert er Energie. Die Energiedichte im Strahl ist folglich unendlich hoch. Eng verbunden mit der Näherung eines Lichtstrahls ist die einer Punktquelle. Unter einer Punktquelle verstehen wir eine Lichtquelle, die keine Ausdehnung hat. Alles Licht kommt von einem einzigen Punkt. In der Realität gibt es weder Lichtstrahlen noch Punktquellen. Man kann versuchen, ein Lichtfeld auf einen einzelnen Strahl zu reduzieren, doch dem sind Grenzen gesetzt. Versuchen wir, aus einem Lichtfeld mittels einer Lochblende einen Strahl auszublenden, so hängt das Ergebnis vom Durchmesser der Lochblende ab. Bei einem großen Durchmesser (. Abb. 1.6A) erhalten wir einen Lichtkegel, der noch eine deutlich erkennbare Ausdehnung hat. Wir können sie auf einem Schirm hinter der Lochblende erkennen. Reduzieren wir den Durchmesser der Lochblende, so wird der Lichtkegel enger und ähnelt damit zunehmend einem Lichtstrahl (. Abb. 1.6B). Dabei wird der Lichtkegel auch dunkler. Nun könnte man glauben, dass man den Durchmesser nur weit genug einschränken muss, um sich dem Lichtstrahl beliebig weit zu nähern, doch dem ist nicht so. Nähert sich der Durchmesser der Lochblende der Wellenlänge des Lichts, wird der ausgeblendete Strahl wieder breiter (. Abb. 1.6C). Wir erkennen nun Beugungsringe auf dem Schirm. Die Beugung an der Lochblende setzt der Annäherung an einen Lichtstrahl eine Grenze, da dieser Effekt in der geometrischen Optik nicht beschrieben werden kann. An dieser Grenze verlassen wir den Bereich, in dem die Näherung der geometrischen Optik sinnvoll ist. Trotzdem werden wir in der geometrischen Optik mit der Näherung der Lichtstrahlen arbeiten. Wir müssen aber darauf achten, die Lichtbündel nicht auf Ausdehnungen einzuschränken, die in der Nähe der Wellenlänge oder darunter liegen. Nur dann kann die geometrische Optik eine gute Näherung sein. Dieses vorausgesetzt, können wir zwei Grundannahmen angeben, auf denen die geometrische Optik aufbaut. > Grundannahmen der geometrischen Optik 1. Licht breitet sich in homogenen Medien geradlinig aus. 2. Lichtstrahlen durchkreuzen sich, ohne sich gegenseitig zu beeinflussen.

. Abb. 1.5 Der Lichtkegel einer Taschenlampe ist scharf begrenzt. Die Taschenlampe wirft einen harten Schatten

A

B

C

. Abb. 1.6 Präparation eines Lichtstrahls durch eine Lochblende mit großem (A), mittlerem (B) und kleinem (C) Durchmesser

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Kapitel 1  Lichtausbreitung

Der erste Satz stammt aus unserer Erfahrung. Wir werden ihn in 7 Abschn. 1.2 noch verallgemeinern, sodass auch inhomogene Medien und Übergänge zwischen Medien eingeschlossen werden können. Der zweite Satz stellt wie die Annahme geometrischer Strahlen eine Näherung dar. Bei sehr hohen Intensitäten in einem Medium können sich Strahlen gegenseitig beeinflussen. Man spricht dann von nichtlinearer Optik. Aber diesen Bereich wollen wir hier ausklammern. Beispiel 1.5: Lochkamera

An einer Lochkamera kann man die geometrische Optik sehr schön erklären. Die Lochkamera besteht aus einem lichtdichten Kasten, in dessen Vorderseite sich ein kleines Loch befindet. Licht tritt durch dieses Loch in das Innere der Kamera ein. Von einer Punktquelle außerhalb der Lochkamera trifft ein Strahl durch das Loch auf die Rückwand der Kamera. Repräsentiert man Gegenstände durch eine Reihe von Punktquellen, so sieht man (s. Abbildung), dass auf der Rückseite der Lochkamera ein Bild entsteht, das auf dem Kopf steht. Man kann an der Rückwand eine Fotoplatte oder einen Kamerachip anbringen und mit diesen das Bild festhalten. Alternativ kann man eine durchscheinende Mattscheibe verwenden und das Bild von außen betrachten. Die Größe des Bilds auf der Rückwand der Kamera hängt von den geometrischen Dimensionen der Kamera und dem Abstand des Objekts von der Kamera ab. Die Skizze zeigt dies. Als Gegenstand haben wir einen Doppelpfeil gewählt, dessen Höhe G wir als Maß verwenden wollen. Die Größe g bezeichnet den Abstand des Gegenstands von der Lochkamera, d. h. vom abbildenden Loch. Die Größe B bezeichnet die Höhe des Bilds und b den Abstand des Bilds vom abbildenden Loch. Man nennt g und b auch die Gegenstands- und Bildweiten. Mit einem einfachen Strahlensatz liest man aus der Skizze die folgende Relation ab: G B D b g

Die Lochkamera hat keine perfekte Auflösung. Betrachten Sie hierzu die letzte Skizze. Sie zeigt das Licht, das von einer

15 1.1  Grundbegriffe

1

Punktquelle ausgeht. Aus diesem Lichtpunkt entsteht durch die Abbildung ein Leuchtfleck mit einem Durchmesser D auf der Rückseite der Kamera. Liegen nun Gegenstände zu nahe aneinander, überlappen sich deren Leuchtflecke auf dem Schirm der Kamera. Sie sind nicht mehr getrennt wahrzunehmen. Die Abbildung ist unscharf. Die Größe des Leuchtflecks lässt sich aus der Skizze ablesen, bei der wir, um den Effekt deutlicher zu machen, im Vergleich zur vorherigen Skizze den Durchmesser d des abbildenden Lochs vergrößert haben. Es ist D d D : g bCg

1.1.5 Schatten und Blenden Beleuchten wir einen undurchsichtigen Körper mit einer einzelnen Punktquelle, so entsteht hinter dem Körper ein Dunkelraum, den wir den Schatten des Körpers nennen. In . Abb. 1.7 ist ein Beispiel skizziert. Dieser Schatten wird von einer Lichtquelle erzeugt, die rechts vor dem Schild steht. In . Abb. 1.8 ist dasselbe Schild skizziert, allerdings von zwei eng benachbarten Lichtquellen beleuchtet. Die Schatten, die von den beiden Lichtquellen herrühren, überlappen sich teilweise. In den Bereich der Überlappung gelangt kein Licht. Er ist besonders dunkel. Man nennt diesen Bereich den Kernschatten. Die etwas helleren Bereiche werden von einer der beiden Lichtquellen beleuchtet, sind aber von der anderen Lichtquelle abgeschirmt. Man nennt diese Bereiche den Halbschatten.

. Abb. 1.7 Der Schatten eines Schilds, beleuchtet durch eine einzelne Lichtquelle

Beispiel 1.6: Mondfinsternis

Wird die Erde von der Sonne beleuchtet, wirft sie einen Schatten. Taucht der Mond in diesen Schatten ein, nennt man dies eine Mondfinsternis. Die Bahnebene des Monds um die Erde ist

. Abb. 1.8 Der Schatten eines Schilds, beleuchtet durch zwei eng benachbarte Lichtquellen

16

1

Kapitel 1  Lichtausbreitung

gegenüber der Ekliptik – das ist die Ebene der Bahn der Erde um die Sonne – um 5,2° geneigt. Befindet sich der Mond gegenüber der Sonne, d. h. hinter der Erde, so haben wir Vollmond. Durch die Neigung der Mondbahn liegt dieser Punkt meist etwas oberhalb oder unterhalb der Ekliptik. Der Mond wird voll beleuchtet. An den beiden Knotenpunkten kreuzt die Mondbahn die Ekliptik. Fällt einer der beiden Knoten mit der Vollmondposition zusammen, so steht der Mond exakt hinter der Erde in deren Kernschatten. Nur dann ergibt sich eine Mondfinsternis.

© wikimedia: t_stehilaire

In den sieben Fotos ist das Eintauchen des Monds in den Kernschatten der Erde zu sehen. Je weiter der Mond eintaucht,

17 1.2  Fermat’sches Prinzip

desto dunkler wird der Mond. Daher wurde in der sechsten und siebten Aufnahme die Belichtung deutlich erhöht. In der sechsten Aufnahme ist noch ein kleiner beleuchteter Rand zu sehen, der überstrahlt ist. Im siebten Foto ist der Mond vollständig im Schatten. Durch die Verlängerung der Belichtung wird der abgeschattete Teil des Monds sichtbar, wenn auch in einer rötlichen Farbe.

Aus dem Schatten einer Blende kann ein eng begrenztes Strahlenbündel entstehen. Dies ist quasi die Umkehrung des Schattenwurfs. Bei einer Blende interessieren wir uns weniger für den Schattenbereich als für den erleuchteten Bereich des Strahlenbündels. Ausgehend von einer Punktquelle entsteht hinter der Blende ein Strahlenbündel, dessen Querschnitt dem der Blende entspricht. Die Querschnittsfläche nimmt mit dem Abstand von der Blende zu, ähnlich wie wir das beim Beispiel der Lochkamera (Beispiel 1.5) gesehen haben. Hat die Lichtquelle hingegen eine Ausdehnung, so entsteht um das Lichtbündel ein Halbschatten. In diesem Bereich nimmt die Intensität des Lichts von der Helligkeit im Bündel zur Helligkeit im Schatten ab.

1.2

Fermat’sches Prinzip

1.2.1 Optische Weglänge Schon die Philosophen der Antike beschäftigten sich mit der Optik. Heron von Alexandria (. Abb. 1.9) – vermutlich im Jahre 62 nach Christus gestorben – lehrte am Museion von Alexandria. Ihm wird die erste Formulierung der Strahlenoptik aus einem Variationsprinzip zugeschrieben. In seinen fragmentarisch überlieferten Vorlesungsnotizen zur Ableitung des Reflexionsgesetzes (. Abb. 1.10) ist zu lesen „dass sich das Licht stets den kürzest möglichen Weg sucht, um über eine reflektierende Fläche von einem Punkt S zu einem Punkt P zu gelangen“. Für ein homogenes Medium entspricht dies auch heute noch unseren Vorstellungen zur Strahlenoptik.

. Abb. 1.9 Darstellung eines optischen Instruments aus dem Werk Dioptra (Buch der Optik) von Heron von Alexandria

> Reflexionsgesetz Wird ein Lichtstrahl an einer Fläche reflektiert, so 4 spannen der einfallende und der reflektierte Lichtstrahl eine Ebene auf, die auch das Lot auf die reflektierende Fläche enthält, 4 entspricht der Winkel des reflektierten Strahls zum Lot auf die reflektierende Fläche dem Winkel des einfallenden Strahls zum Lot. . Abb. 1.10 Zum Reflexionsgesetz

1

18

Kapitel 1  Lichtausbreitung

1

. Abb. 1.11 Ableitung des Reflexionsgesetzes aus dem Heron’schen Prinzip

Die Begründung des Reflexionsgesetzes aus dem Heron’schen Prinzip ist recht einfach, wenn man die Quelle Q spiegelt. In . Abb. 1.11 ist die Situation skizziert. Gesucht ist der Weg des Lichtstrahls von der Quelle Q über den Reflexionspunkt R zum Beobachter B. Die Position des Reflexionspunkts auf dem Spiegel muss so bestimmt werden, dass die Laufzeit des Lichts minimal wird. Da sich der Lichtstrahl in einem homogenen Medium bewegt, entspricht dies dem kürzesten Weg QRB. Spiegeln wir nun Q vertikal, so kommen wir zum Punkt Q0 . Die Länge des Wegs QRB ist gleich dem von Q0 RB. Diese wird offensichtlich minimal, wenn die drei Punkte Q0 , R und B auf einer Geraden liegen. Nun lässt sich die Gleichheit der Winkel aus der Skizze ablesen. Es sei noch bemerkt, dass das Reflexionsgesetz lediglich die sogenannte gerichtete Reflexion behandelt. Neben dieser tritt an jeder Oberfläche auch eine diffuse Reflexion auf, bei der Strahlen in beliebige Richtungen reflektiert werden. Diese diffuse Reflexion ist dafür verantwortlich, dass wir Gegenstände, die von einer einzelnen Lichtquelle wie der Sonne beleuchtet werden, aus allen Richtungen sehen können. Halten wir beispielsweise ein Blatt Papier ins Sonnenlicht, so können wir es auch dann erkennen, wenn nach dem Reflexionsgesetz kein Licht von der Sonne in unser Auge gestreut würde. Es sind diffus reflektierte Strahlen, die unser Auge treffen, und nur dadurch können wir das Blatt sehen. Die Intensität des von einer Oberfläche diffus reflektierten Lichts beschreiben wir durch die Albedo (vom lateinischen albus für „weiß“). Die genaue Definition wollen wir hier nicht angeben. Im Allgemeinen gilt, je glatter die Oberfläche ist, desto geringer ist in der Regel die diffuse Reflexion. Trifft Licht auf eine Glasoberfläche oder auf polierte metallische Oberflächen, so kann man die diffuse Reflexion in der Regel vernachlässigen. Wir wollen uns im Folgenden ganz auf die gerichtete Reflexion konzentrieren. Um das Heron’sche Prinzip auch auf inhomogene Medien anwenden zu können, müssen wir es erweitern. Entscheidend ist nicht die Strecke, die das Licht zwischen Lichtquelle und Beobachter durchläuft, sondern die Zeit, die es dafür benötigt. Legt Licht in einem homogenen Medium mit Ausbreitungsgeschwindigkeit cn eine Strecke s zurück, so benötigt es hierfür die Zeit tD

ns s ; D cn c

(1.6)

wobei wir im zweiten Schritt den Brechungsindex n des Mediums eingesetzt haben (. Tab. 1.1). Es ist nD

c cn

(1.7)

mit der Lichtgeschwindigkeit cn im Medium und c im Vakuum. Da das Produkt ns in der Optik sehr häufig auftritt, führen wir einen eigenen Begriff dafür ein. Man nennt l D ns die optische Weglänge.

19 1.2  Fermat’sches Prinzip

. Tabelle 1.1 Brechungsindizes einiger Materialien bei 589 nm Material

Brechungsindex n

Vakuum

1

Luft unter Normalbedingungen

1,000 292

Aerogel

1,01–1,25

Eis

1,31

Wasser

1,33

Quarzglas

1,46

Glycerin

1,47

Plexiglas

1,49

Fensterglas

1,52

Kronglas

1,5–1,6

Quarz

1,54

Flintglas

1,6–1,9

Bleiglas

bis 1,9

Diamant

2,42

Sie entspricht der Weglänge, die Licht in derselben Zeit im Vakuum zurücklegen würde wie das Licht des betrachteten Lichtstrahls in seinem Medium. Da die Frequenz einer Lichtwelle unabhängig vom Medium ist, in dem sie sich ausbreitet, bestimmt die optische Weglänge den Phasenvorschub der Welle. Die Phasengeschwindigkeit einer Lichtwelle ist cPh D

s t

bzw. cPh D

ds : dt

(1.8)

Beispiel 1.7: Optische Weglänge durch Antireflexbeschichtung

Auf optischen Gläsern (z. B. Brillen) werden Antireflexbeschichtungen aufgebracht, die die Reflexion von Lichtstrahlen von der Oberfläche der Gläser reduzieren. Sie bestehen aus dünnen Schichten, die auf die Gläser aufgedampft werden. Die Skizze zeigt ein typisches Beispiel mit drei Schichten. Rechts ist das eigentliche Glas dargestellt. Darauf befinden sich drei dünne Schichten, deren Schichtdicken l1 D 1 =4, l2 D 2 =2 und l3 D 3 =4 betragen, wobei i die Wellenlänge des Lichts im Medium der jeweiligen Schicht mit Brechungsindex ni angibt. Die optische Weglänge durch eine einzelne Schicht beträgt li D ni si . Die Laufzeit durch

1

20

1

Kapitel 1  Lichtausbreitung

die Schicht beträgt ti D li =c. Die Laufzeit durch das gesamte Glas errechnet sich aus tD

X

ti D

i

1X li : c i

Folglich ergibt sich als optische Weglänge l D ct des Glases einschließlich seiner Beschichtung lD

X

li D

i

X

ni si :

i

Beispiel 1.8: Optische Weglänge in der Atmosphäre

Als Beispiel für den Weg eines Lichtstrahls durch ein inhomogenes Medium wollen wir die optische Weglänge eines Lichtstrahls durch die Atmosphäre der Erde berechnen. Mit der Höhe h über dem Erdboden ändert sich die Dichte  der Atmosphäre. Der Schweredruck der Luft erzeugt ein Dichteprofil, das durch die Variation der Temperatur T und andere Effekte noch verändert wird. Aus der Dichte lässt sich der Brechungsindex bestimmen. Es gilt  .h; T; : : :/ n .h; T; : : :/  1 D : n0 .h0 ; T0 ; : : :/  1 0 .h0 ; T0 ; : : :/ Dabei ist n der gesuchte Brechungsindex in der Höhe h, n0 der Referenzwert des Brechungsindex in der Höhe h0 und 0 die Dichte in dieser Höhe. Um die optische Weglänge entlang eines Lichtwegs S zu bestimmen, müssen wir in diesem Fall auf ein Integral entlang des Lichtwegs zurückgreifen. Es ist Z lD

nds: S

Ist der Lichtweg in einer Parameterdarstellung S D sE.t/ gegeben mit t D 0 : : : 1, so lautet das Integral Z1 lD 0

ˇ ˇ Z1    ˇ d sE.t/ ˇ    n0 ˇ ˇ dt D  h sE.t/ n h sE.t/ ˇ ˇ dt 0 0

ˇ ˇ ˇ d sE.t/ ˇ ˇ ˇ ˇ dt ˇ dt:

21 1.2  Fermat’sches Prinzip

Um dieses Integral auswerten zu können, müssen wir allerdings den genauen Verlauf des Lichtwegs kennen. Bei schrägem Durchgang durch die Atmosphäre werden die Lichtstrahlen abgelenkt, wie dies in der Abbildung zu sehen ist. Wir wählen daher ein einfacheres Beispiel. Die International Space Station (ISS) kreist in einer Höhe von etwa h0 D 400 km um die Erde. Man kann sie in klaren Nächten mit dem bloßen Auge sehen, wenn Sonnenlicht von ihr zum Beobachter reflektiert wird. Stellen Sie sich vor, sie steht gerade direkt über Ihnen. Wie groß ist dann die optische Weglänge von der ISS zu Ihnen? Wir nehmen an, dass die Dichte in der Atmosphäre selbst bis in diese Höhe durch die barometrische Höhenformel gegeben ist, und ignorieren das Temperaturprofil, d. h., wir gehen vereinfachend davon aus, dass überall in der Atmosphäre Raumtemperatur herrscht. Dann ist 1 0 C B sE.t/ D @ 0 A h0 .1  t/ ˇ ˇ ˇ d sE.t/ ˇ ˇ ˇ ˇ dt ˇ D h0 0

t D 0 : : : 1;

und .t/ p.t/ D .n0  1/ 0 p0   0 D .n0  1/ exp  gh.t/ p0   0 D .n0  1/ exp  gh0 .1  t/ : p0

n.t/  1 D .n0  1/

1

22

1

Kapitel 1  Lichtausbreitung

Die optische Weglänge l ergibt sich zu Z1 lD

ˇ ˇ ˇ d sE.t/ ˇ ˇ dt ˇ n.t/ ˇ dt ˇ

0

   p0 0 D h0 C .n0  1/ 1  exp  gh0 : 0 g p0 Mit den Werten der Luft unter Normalbedingungen (T D 0 ı C, 0 D 1;292 kg=m3 , p0 D 101:325 Pa) und g D 9;81 m=s2 ergibt sich eine Korrektur von 2,33 m auf h0 , d. h., die optische Weglänge zur ISS ist um 2,33 m länger als die geometrische Wegstrecke.

1.2.2 Formulierung des Fermat’schen Prinzips Nach der Definition der optischen Weglänge sind wir nun in der Lage, das Fermat’sche Prinzip anzugeben. Pierre de Fermat formulierte es in einem Briefwechsel mit Descartes, der zwischen 1650 und 1660 stattfand. Man kann es folgendermaßen wiedergeben > Fermat’sches Prinzip (vorläufige Formulierung) Ein Lichtstrahl nimmt stets denjenigen Weg zwischen zwei Punkten, der die kürzest mögliche Zeit erfordert.

Fermat hat weder das Reflexionsgesetz noch das Brechungsgesetz selbst entdeckt. Beide Gesetze waren zu seiner Zeit bereits bekannt. Das wesentlich Neue an Fermats Arbeiten war die Ableitung dieser Gesetze aus einem einheitlichen Prinzip. Mathematisch gesehen handelt es sich dabei um ein sogenanntes Variationsprinzip. Der physikalische Vorgang (hier der Lauf des Lichtstrahls zwischen zwei Punkten) wird dadurch bestimmt, dass eine bestimmte Größe (hier die Laufzeit) unter Variation des Laufwegs ein Extremum annimmt. Es gibt weitere wichtige Beispiele von Variationsprinzipien in der Physik, die auf Fermats Arbeiten aufbauen, z. B. das Hamilton’sche Prinzip der Mechanik, das auch das Prinzip der kleinsten Wirkung genannt wird. Wie wir noch sehen werden (Beispiel 1.11), nimmt in manchen Fällen ein Lichtstrahl auch denjenigen Weg, für den die Laufzeit am größten wird. Dies müssen wir in der Formulierung des Fermat’schen Prinzips noch ergänzen. Außerdem formulieren wir das Prinzip heute eher über die optische Weglänge, die dem inversen der Laufzeit entspricht, als über die Laufzeit selbst.

23 1.2  Fermat’sches Prinzip

> Fermat’sches Prinzip Ein Lichtstrahl nimmt stets denjenigen Weg zwischen zwei Punkten, für den die optische Weglänge unter Variation des Wegs stationär ist.

Sicherlich erwarten Sie nun eine Begründung des Fermat’schen Prinzips, d. h. eine Ableitung aus den Gesetzen der Elektrodynamik. Diese wollen wir noch ein wenig aufschieben und uns zunächst der Ableitung der strahlenoptischen Gesetze aus dem Fermat’schen Prinzip zuwenden. Auf die Begründung des Prinzips kommen wir in 7 Abschn. 1.2.3 zurück.

Beispiel 1.9: Der optimale Weg eines Rettungsschwimmers

Dies ist ein einfaches Beispiel für eine Variationsrechnung, die der Veranschaulichung des Fermat’schen Prinzips dienen soll. Betrachten wir einen Rettungsschwimmer, der von seinem Posten auf dem Strand (Punkt A in der Skizze) einen ertrinkenden Schwimmer (Punkt B in der Skizze) bemerkt. Nun muss er schnell entscheiden, auf welchem Wege er zunächst zum Ufer rennt, um von dort aus schwimmend den Ertrinkenden zu erreichen. Die Laufzeit von A nach B, die verstreicht, bis er beim Ertrinkenden ankommt, sollte so kurz wie möglich sein. An Land bewegt sich der Rettungsschwimmer mit der Geschwindigkeit vA , im Wasser mit vB . Wie man aus der Skizze abliest, beträgt die Strecke q sA , die der

Rettungsschwimmer an Land zurücklegt, sA D a2 C dA2 . Dafür benötigt er die Zeit tA D sA =vA . Entsprechendes gilt für die Strecke sB , die er im See schwimmt. Insgesamt benötigt der Rettungsschwimmer folglich die Zeit q sA sB C D t D tA C tB D vA vB

a2 C dA2 vA

q C

b 2 C dB2 vB

:

Außerdem ist die Strecke d D dA C dB durch die Lage des Rettungspostens und die Position des Ertrinkenden vorgegeben, sodass wir dB D d  dA einsetzen können:

tD

q a2 C dA2 vA

p b 2 C .d  dA /2 C vB

Nun suchen wir das Minimum von t bezüglich einer Variation von dA : dt dA d  dA D q  p D0 2 C .d  d /2 ddA 2 v b 2 B A vA a C dA

1

24

Kapitel 1  Lichtausbreitung

1

Wir lesen aus der Abbildung sin ˛ D q

d  dA und sin ˇ D p 2 b C .d  dA /2 a2 C dA2 dA

ab, womit wir erhalten: sin ˛ sin ˇ D vA vB Führen wir noch die Geschwindigkeit v0 ein, die der Retter auf perfektem Untergrund erreicht, sowie die Verhältnisse nA D v0 =vA und nB D v0 =vB , so lautet unsere Bedingung für den optimalen Rettungsweg nB sin ˛ D ; sin ˇ nA was dem Snellius’schen Brechungsgesetz in der geometrischen Optik entspricht, das wir im Folgenden herleiten werden.

. Abb. 1.12 Zur Ableitung des Snellius’schen Brechungsgesetzes

Als erste Anwendung des Fermat’schen Prinzips betrachten wir die Brechung von Lichtstrahlen an der Grenze zweier homogener Medien, wie dies in . Abb. 1.12 skizziert ist. Der Lichtstrahl geht von einem Punkt A im Medium A aus. Er bewegt sich zunächst durch das Medium A. In diesem wird er sich auf einer Geraden ausbreiten, bis er auf die Grenze der Medien stößt, da dies innerhalb des homogenen Mediums den kürzesten Lichtweg ergibt. An dieser Grenze tritt er ins Medium B über, in dem er sich wiederum auf einer geraden Linie zum Beobachtungspunkt B bewegt. Der Punkt, an dem der Lichtstrahl vom Medium A ins Medium B übertritt, ist durch die Abstände dA und dB festgelegt. Wir müssen diesen Punkt so bestimmen, dass der gesamte Lichtweg extremal (minimal) wird. Das Medium A sei durch den Brechungsindex nA D c0 =cA charakterisiert und das Medium B durch nB D c0 =cB . Außerdem setzen wir d D dA C dB , wobei d durch die Lage der beiden Punkte A und B vorgegeben ist. Lediglich dA ist zu optimieren. Mit dem Satz des Pythagoras ergibt sich q p (1.9) l D nA a2 C dA2 C nB b 2 C .d  dA /2 : Um das Minimum von l zu finden, bilden wir die Ableitung nach dA und setzen diese zu null: dA d  dA dl D nA q  nB p D0 2 d dA b C .d  dA /2 a2 C d 2 A

(1.10)

25 1.2  Fermat’sches Prinzip

Daraus folgt: dA d  dA nA q D nB p 2 C .d  d /2 2 b 2 A a C dA

(1.11)

Aus . Abb. 1.12 führen wir die Winkel ˛ und ˇ ein. Dies sind die Winkel der ein- und auslaufenden Strahlen zum Lot auf die Grenze der Medien. Damit erhalten wir nA sin ˛ D nB sin ˇ )

nA sin ˇ D : nB sin ˛

(1.12)

Dies nennt man das Snellius’sche Brechungsgesetz. > Snellius’sches Brechungsgesetz Am Übergang zwischen zwei Medien A und B wird ein Lichtstrahl so gebrochen, dass die Winkel zum Lot die Beziehung sin ˇ nA D nB sin ˛ erfüllen.

Vielleicht erinnern Sie sich, dass wir am Ende von Band 2 (Abschn. 15.2) schon einmal das Brechungsgesetz abgeleitet hatten, damals aus dem Huygens’schen Prinzip der Wellenoptik. Wir waren auf dasselbe Ergebnis gekommen. Wir geben hier noch einmal das Experiment wieder, mit dem wir das Brechungsgesetz vorgeführt haben. Experiment 1.2: Brechung und Reflexion an einer Wasseroberfläche

Dieses Experiment zeigt die Brechung und Reflexion von Lichtstrahlen an einer Wasseroberfläche. Aus dem Licht einer Halogenlampe werden durch Blenden zehn Lichtstrahlen geformt. Die linken Strahlen treffen mit einem kleinen Winkel relativ zum Lot auf die Wasseroberfläche. Sie verlassen das Wasser und werden dabei vom Lot weggebrochen. Dies entspricht der umgekehrten Strahlrichtung des Lichts im Vergleich zu Beispiel 15.2 (Band 2). Die Strahlen weiter rechts treffen mit größeren Winkeln auf und werden auch entsprechend stärker vom Lot weggebrochen. Wird der Winkel allerdings so groß, dass der Winkel zwischen gebrochenem Strahl und Lot in der Luft 90° übersteigen würde, wird der Lichtstrahl an der Wasseroberfläche vollständig reflektiert. Man spricht von Totalreflexion.

1

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Kapitel 1  Lichtausbreitung

1

© RWTH Aachen, Sammlung Physik

Experiment 1.3: Laserstrahlen an einer Halbscheibe

© RWTH Aachen, Sammlung Physik

Mit diesem einfachen Aufbau lassen sich Reflexion und Brechung an einer sogenannten Halbscheibe sehr schön demonstrieren. Die Halbscheibe aus Acrylglas ist ca. 1 cm dick und hat die Form eines Halbkreises. Von links trifft ein grüner Laserstrahl auf den Mittelpunkt der Halbscheibe. An der Winkelskala können wir das Reflexionsgesetz überprüfen. Ein Teil des Strahls wird reflektiert. Der andere Teil des Strahls dringt in die Halbscheibe ein und wird dabei gebrochen. Beim Austritt aus der Halbscheibe trifft dieser Teil des Laserstrahls senkrecht auf die Oberfläche, sodass er nicht noch einmal gebrochen wird. Es wird lediglich ein kleiner Teil zurückreflektiert. Rechts kann man auf der Skala den Brechungswinkel ablesen und damit das Brechungsgesetz überprüfen.

Experiment 1.4: Totalreflexion an einer Halbscheibe

© RWTH Aachen, Sammlung Physik

Wir verwenden noch einmal die Halbscheibe aus Experiment 1.3, strahlen aber nun das Licht von der runden Seite ein. Der Lichtstrahl kommt wieder von links und trifft senkrecht auf die Oberfläche der Halbscheibe. Er dringt ein und trifft auf der gegenüberliegenden Seite auf die plane Fläche. Ein Austritt aus dem optisch dichteren Acrylglas in die Luft der Umgebung ist nur bis zu einem Grenzwinkel möglich. Danach tritt Totalreflexion ein.

27 1.2  Fermat’sches Prinzip

Auf dem Foto ist deutlich zu erkennen, wie der Strahl an der planen Fläche reflektiert wird. Es tritt kein Licht aus. Durch Drehung der Scheibe können wir den Grenzwinkel ausmessen.

Beispiel 1.10: Variation eines Lichtwegs

Zur Illustration des Fermat’schen Prinzips wollen wir ein ganz einfaches Beispiel betrachten: Die Ausbreitung eines Lichtstrahls von Ort A zum Ort B in einem homogenen Medium. Offensichtlich ergibt sich die kürzeste optische Weglänge für die gerade Verbindung zwischen den beiden Punkten. Wir wollen das Beispiel trotzdem etwas mathematischer untersuchen, um zu veranschaulichen, was unter einer Variation des Wegs gemeint ist. Die Situation ist in der Abbildung skizziert. Wir legen den Ursprung unseres Koordinatensystems in den Punkt A und orientieren die z-Achse so, dass sie durch den Ort B verläuft. Nun müssen wir die Wege von A nach B angeben, die wir betrachten wollen. Wir benutzen hierzu eine Parameterdarstellung einiger Wege mit dem Parameter t D 0 : : : 1 (s. Skizze): 1 0 a0 sin . t/ C B sE.t/ D @ 0 A z0 t Den Parameter a0 lassen wir zunächst frei. Wir berechnen nun die optische Weglänge l und bestimmen den Parameter a0 so, dass l ein Minimum annimmt. Da es sich um ein homogenes Medium handeln soll, ist der Brechungsindex n konstant und kann vor das Integral gezogen werden: l Dn

ˇ Z1 ˇ ˇ d sE.t/ ˇ ˇ ˇ ˇ dt ˇ dt 0

mit

0 d sE.t/ B D@ dt

1 a0 cos . t/ C 0 A z0

Eingesetzt ergibt dies l Dn

Z1 q

 2 a02 cos2 . t/ C z02 dt

0

Z1 q q 1  k 2 sin2 . t/ dt D n  2 a02 C z02 0

1

28

1

Kapitel 1  Lichtausbreitung

mit dem Parameter k 2 D  2 a02 =. 2 a02 C z02 /. Für diesen Parameter gilt 0  k 2  1. Wir wechseln noch die Integrationsvariable von t auf  D  t, nutzen die Symmetrie des Integranden bezüglich des Punkts z0 =2 aus und erhalten 2n lD 

Z=2p q 2 2 2  a0 C z0 1  k 2 sin2  d 0

2n D 

q  2 a02 C z02 E.k 2 /:

Das Integral nennt man das vollständige elliptische Integral zweiter Art E.k 2 /. Das Integral lässt sich zwar nicht durch Sinus- und Kosinusfunktionen, aber mithilfe einer Potenzreihe darstellen:  1  .2n/Š 2 k 2n X E.k/ D 2 iD0 22n .nŠ/2 1  2n Unser Ergebnis ist in der unten stehenden Abbildung dargestellt. Wir haben einen Parameter r D a0 =z0 eingeführt, der den Wert des Parameters a0 zum Abstand z0 in Relation setzt und die optische Weglänge auf die optische Weglänge l0 entlang der geraden Verbindung normiert. Wie man leicht sieht, ergibt sich ein Minimum für r D 0 bzw. a0 D 0, was einer geraden Verbindung zwischen den Punkten A und B entspricht.

Nun werden Sie vielleicht nach dem Sinn dieser Rechnung fragen. Die kürzeste Verbindung zwischen den beiden Punkten A und B ist ja offensichtlich die gerade Verbindung. Wozu müssen wir da noch lange rechnen? Aber darum geht es in diesem Beispiel nicht. Es geht vielmehr darum zu illustrieren, was man tun muss, um zu zeigen, dass die gerade Verbindung tatsächlich die kürzeste Verbindung ist. Wir werden im Folgenden noch kompliziertere Beispiel angehen, bei denen es nicht mehr offensichtlich ist, welches die kürzeste Verbindung ist. Das hier vorgestellte Verfahren können wir dann analog anwenden.

29 1.2  Fermat’sches Prinzip

Allerdings sollten Sie noch beachten, dass dieses Beispiel nicht vollständig ist. Wir haben lediglich gezeigt, dass die gerade Verbindung die kürzeste unter den Verbindungen ist, die sich mit der von uns gewählten Form von sE.t/ parametrisieren lassen. Um zu beweisen, dass es die kürzeste aller Verbindungen ist, müssten wir sie mit allen möglichen Verbindungen vergleichen, was mathematisch so nicht möglich ist. Wir werden ein wenig physikalische Intuition benötigen. Ein Beispiel findet sich im Haupttext. Dort haben wir das Brechungsgesetz an der Grenze zweier homogener Medien abgeleitet. Dabei haben wir ausgenutzt, dass wir schon wissen, dass sich das Licht innerhalb homogener Medien auf einer Geraden ausbreitet. Eine Änderung der Richtung kann es nur an der Grenze der Medien geben. Damit haben wir die unendliche Vielzahl möglicher Lichtwege so weit eingeschränkt, dass wir die Variation der verbleibenden Möglichkeiten explizit ausführen konnten.

A

B

Beispiel 1.11: Minimum und Maximum der optischen Weglänge

In den bisherigen Beispielen folgte der Lichtweg immer der minimalen optischen Weglänge. Wir wollen Ihnen hier zeigen, dass es auch das Maximum sein könnte. In Skizze A sind Lichtwege in einem elliptischen Hohlspiegel eingezeichnet. Das Licht geht vom Brennpunkt F1 aus und wird in den Brennpunkt F2 fokussiert. Alle Lichtwege sind gleich lang, denn eine Ellipse wird ja gerade so konstruiert, dass die Summe der Abstände zu den beiden Brennpunkten konstant ist. Betrachten Sie nun den mittleren der drei eingezeichneten Strahlen. Wir ersetzen (Skizze B) den elliptischen Spiegel durch einen Planspiegel, sodass er im Reflexionspunkt tangential an der Ellipse liegt. Dadurch ändert sich die optische Weglänge für den betrachteten Strahl nicht, aber die optische Weglänge aller anderen Strahlen wird verlängert. Der eingezeichnete Strahl stellt nun das Minimum der optischen Weglänge dar. Alle anderen Strahlen tragen zum Lichtweg zum Brennpunkt F2 nicht mehr bei. Wir haben wiederum ein Minimum gefunden. Nun ersetzen wir in Skizze C den Planspiegel durch einen sphärischen Hohlspiegel, der am Reflexionspunkt ebenfalls tangential zur Ellipse angebracht ist. Wiederum bleibt die optische Weglänge des eingezeichneten Strahls unverändert, aber nun verkürzt sich die optische Weglänge aller anderen Strahlen gegenüber der optischen Weglänge im elliptischen Spiegel. Der eingezeichnete Strahl stellt nun das Maximum der optischen Weglänge dar.

C

1

30

1

Kapitel 1  Lichtausbreitung

Beispiel 1.12: Variation eines Lichtwegs im inhomogenen Medium

Wir kommen noch einmal auf Beispiel 1.10 zurück und erweitern es für ein inhomogenes Medium. Wir nehmen an, dass sich der Brechungsindex entlang der x-Achse verändert (Koordinatensystem wie in Beispiel 1.10). Wir starten mit einem Wert n0 bei x D 0 und nähern die Veränderung des Brechungsindex durch einen linearen Abfall mit steigendem x:     x n rE  1 D .n0  1/ 1  z0 g Die Größe z0 ist der Abstand zwischen Quelle und Beobachter entlang der z-Achse. Die Größe g= gibt an, wie rasch der Brechungsindex auf den Vakuumwert 1 abfällt. Wir wählen wieder die optischen Wege der Lichtstrahlen, indem wir sie mit einer Sinuskurve parametrisieren: 1 0 a0 sin. t/ C B sE.t/ D @ 0 A z0 t Die optische Weglänge beträgt: Z1 lD

ˇ ˇ   ˇ d sE.t / ˇ ˇ dt n sE.t / ˇˇ dt ˇ

0

Z1  D

n0  .n0  1/ 0

q a0 1 z02 C  2 a02 cos2 . t /dt sin . t / z0 g

q Z1  p n0  1 r D n 0 z0 1 C r 2 sin . t / 1  k 2 sin2 . t /dt 1 n0 g 0

p Z=2 p 2 n0  1 r 1  k 2 sin2 dt D n 0 z0 1 C r 2 1 sin   n0 g 0 " p 2 D n 0 z0 1 C r 2 E.k 2 /  0s 1# n0  1 1 @ r2 1   ar tanh k A n0 g 1 C r2 1 C r2

Dabei haben wir die Abkürzungen rD

a0 z0

und

k2 D

r2 1 C r2

eingeführt und mit ar tanh k die Umkehrfunktion des Tangens hyperbolicus bezeichnet. In der Abbildung ist die resultierende optische Weglänge für n0 D 1;1 und g D 2, d. h. für einen

31 1.2  Fermat’sches Prinzip

langsamen Abfall des Brechungsindex, dargestellt. Man erkennt deutlich, dass nun der gerade Lichtweg (r D 0) nicht mehr der kürzesten optischen Weglänge entspricht. Der Lichtstrahl wird etwas nach oben „ausweichen“, da er sich dann durch einen Bereich mit geringerem Brechungsindex bewegt, was insgesamt auf eine kürzere optische Weglänge führt. Der Lichtstrahl wird in dem inhomogenen Medium gebogen und kommt beim Beobachter aus einer Richtung an, die nicht mehr gerade auf die Lichtquelle zeigt.

Beachten Sie bitte, dass der Lichtweg sE.t/, den wir hier verwendet haben, nicht notwendigerweise der kürzesten optischen Weglänge entspricht. Wir haben lediglich gezeigt, dass dieser eine kürzere optische Weglänge hat als die gerade Verbindung. Es könnte durchaus sein, dass es andere Lichtwege gibt, die eine noch kürzere optische Weglänge haben, wenn wir Wege zulassen, die nicht durch eine Sinuskurve beschrieben werden. Vielleicht ahnen Sie schon, wie man den tatsächlichen Lichtweg bestimmen kann. Wenn wir ihn durch eine Fourier-Reihe darstellen und die Koeffizienten so optimieren, dass die optische Weglänge minimal wird, können wir ihn beliebig annähern. Wir haben in unserer Rechnung die Reihe quasi nach dem ersten Term abgebrochen.

Beispiel 1.13: Terrestrische Refraktion

Wie in Beispiel 1.12 beschrieben, werden Lichtstrahlen in inhomogenen Medien abgelenkt. Unsere Atmosphäre stellt ein solches inhomogenes Medium dar. Die Dichte und damit der Brechungsindex nehmen mit steigender Höhe ab. Man kann dies beispielsweise beim Sonnenuntergang erkennen. Die Lichtstrahlen werden wie in der Abbildung skizziert (durchgezogene Linien) abgelenkt. Man spricht von terrestrischer Refraktion. Dadurch kann man die Sonne noch sehen, obwohl sie eigentlich schon hinter dem Horizont verschwunden ist. Die Ablenkung der Strahlen beträgt etwa 35 Bogenminuten. Im Vergleich nimmt der Durchmesser der Sonne von der Erde aus gesehen etwa 30 Bogenminuten ein.

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Kapitel 1  Lichtausbreitung

Außerdem werden die Strahlen vom unteren Rand der Sonne um etwa 5 Bogenminuten mehr abgelenkt als die vom oberen Rand. Dadurch erscheint die Sonne abgeplattet, wie in der Fotografie zu sehen ist.

Beispiel 1.14: Fata Morgana

Wie wir in Beispiel 1.12 und Beispiel 1.13 gesehen haben, werden Lichtstrahlen an den optisch dünneren höheren Schichten der Atmosphäre gebrochen. Einen ähnlichen Effekt kann man auch über heißen Asphaltstraßen beobachten. Der schwarze Asphalt heizt sich durch die Sonneneinstrahlung auf und mit ihm die darüberliegenden Luftschichten. Sie dehnen sich aus, die Dichte wird reduziert und mit ihr der Brechungsindex der Schicht. So kann es auch zu Lichtablenkungen an der Luftschicht direkt über dem Asphalt kommen. Die Straße scheint das Licht zu spiegeln. Unter bestimmten Bedingungen kann es zu Spiegelungen des Lichts sowohl an heißen Luftschichten am Boden als auch an dünneren Schichten in der Höhe kommen. Dann kann Licht von einem Objekt über weite Strecken transportiert werden, und man ist in der Lage, Objekte zu sehen, die tatsächlich weit hinter dem Horizont liegen. Man nennt dies eine Fata Morgana.

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33 1.2  Fermat’sches Prinzip

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Experiment 1.5: Gebogener Lichtstrahl

In einem Wasserbehälter schichten wir Salzwasser mit unterschiedlicher Salzkonzentration. Über einen Trichter (s. Foto) werden zunächst reines Wasser, dann Salzwasser mit einer Konzentration von 150 g=l bis 200 g=l und schließlich gesättigte Salzlösung (ca. 380 g=l) vorsichtig eingefüllt, sodass sich die Schichten nur wenig durchmischen. Es entsteht ein Medium, dessen Brechungsindex nach oben hin abnimmt. Nun schicken wir einen Laserstrahl unter einem schrägen Winkel durch das Medium. Wie man auf dem Foto erkennt, wird er deutlich gebogen. Er wird an den optisch dünneren Schichten „reflektiert“.

© RWTH Aachen, Sammlung Physik

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Kapitel 1  Lichtausbreitung

1.2.3 Begründung Nun haben Sie gesehen, wie man aus dem Fermat’schen Prinzip die Brechung und Reflexion von Lichtstrahlen bestimmt. In den folgenden Kapiteln werden wir noch viele weitere Anwendungen diskutieren. Wir haben das Fermat’sche Prinzip eingeführt, das Fermat aus Experimenten aus der Natur abgeleitet hat. Es erscheint quasi als Axiom der geometrischen Optik. Aus dem Fermat’schen Prinzip kann man die gesamte geometrische Optik ableiten. Tatsächlich ist es aber kein Axiom im eigentlichen Sinne, denn es kann selbst aus den Maxwell-Gleichungen abgeleitet werden. Es ist also ein Gesetz, das aus den Axiomen des Elektromagnetismus folgt und nicht selbst ein Axiom. Wir wollen in diesem Abschnitt skizzieren, wie das Fermat’sche Prinzip begründet werden kann. Dazu müssen wir die geometrische Optik verlassen und auf die Welleneigenschaften des Lichts zurückgreifen. Um das Fermat’sche Prinzip abzuleiten, sind Interferenzen wesentlich. In der geometrischen Optik sprechen wir von der Ausbreitung einzelner Lichtstrahlen, deren Ausdehnung quer zur Ausbreitungsrichtung wir vernachlässigen. Diese Näherung müssen wir genauer betrachten. Beobachten wir ein punktförmiges Objekt, so dürfte klar sein, dass wir nicht einen einzelnen Strahl sehen, sondern eine Überlagerung vieler eng benachbarter Strahlen. Sie werden vom Objekt in gleicher Phase ausgesandt, kommen aber beim Beobachter mit unterschiedlichen Phasen an, sofern sich die optischen Weglängen der Strahlen unterscheiden. Eine Welle breitet sich entlang eines Strahls mit fester Frequenz, aber mit einer Wellenlänge, die sich abhängig vom lokalen Brechungsindex verändert, aus. Der Phasenvorschub auf dem Weg von der Quelle zum Beobachter ist gegeben durch     T sE :  sE D 2  T0

(1.13)

Dabei ist T .s/ die Laufzeit entlang des Strahls und T0 die Schwingungsperiode der Welle. Die Laufzeit ergibt sich aus   T sE D

Z sE

D

1 c

1 d sE D vPh Z

Z

  n sE d sE c

sE

  1   n sE d sE D l sE : c

(1.14)

sE

Wir erkennen aus dieser Rechnung, dass die optische Weglänge den Phasenvorschub der Welle bestimmt. Ist der Unterschied im Phasenvorschub zwischen benachbarten Strahlen gering, kommt es zu einer

35 1.2  Fermat’sches Prinzip

konstruktiven Interferenz zwischen den Strahlen, und ein beobachtbarer Strahl entsteht. Ist der Phasenunterschied zwischen benachbarten Strahlen hingegen groß, löschen sich dieses Strahlen gegenseitig aus. Vermutlich erkennen Sie nun den Zusammenhang mit dem Fermat’schen Prinzip. Es besagt ja gerade, dass diejenigen Lichtwege auftreten, für die die optische Weglänge – und wie wir mittlerweile gelernt haben, damit auch die Phase der Welle – unter einer Variation des Wegs stationär ist. Oder anders ausgedrückt, wenn wir vom tatsächlichen Lichtweg zu einem eng benachbarten Lichtweg übergehen, so ändert sich die Phase der Welle in erster Ordnung nicht (die erste Ableitung der Phase verschwindet). Damit sollten Sie nun auch verstehen, warum das Kriterium des Fermat’schen Prinzips sich auf eine stationäre optische Weglänge und nicht auf eine stationäre geometrische Weglänge bezieht. Mit der stationären optischen Weglänge ist eine stationäre Phase zwischen benachbarten Strahlen verbunden, und dies führt zur konstruktiven Interferenz der benachbarten Strahlen, die einen beobachtbaren Strahl erst ausmacht. Beispiel 1.15: Phasenverschiebung benachbarter Strahlen

Um unser Argument für das Fermat’sche Prinzip zu illustrieren, verwenden wir noch einmal den Ansatz aus Beispiel 1.10. Wir betrachten die Ausbreitung eines Lichtstrahls vom Koordinatenursprung zur Position z0 in einem homogenen Medium mit Brechungsindex n0 . Nun wollen wir die Phasenverschiebung gegenüber benachbarten Strahlen berechnen und zeigen, dass diese sich in der Umgebung des geraden Strahls nur wenig verändert, sodass für diesen konstruktive Interferenz auftritt. Um die Rechnung zu vereinfachen, benutzen wir allerdings andere Strahlen. Wir vergleichen Lichtwege, die durch eine Parabel parametrisiert werden können:  2 1 a0  4a0 t  12 C B sE.t/ D @ 0 A z0 t 0

Der Parameter t läuft wieder von 0 bis 1, die Größe a0 skaliert die Abweichung vom geraden Weg. Die Gegebenheiten sind denen in Beispiel 1.10. ähnlich. Sie können die dortige Skizze der Wege auch hier zur Veranschaulichung benutzen. Wir haben   1 8a0 t  12 d sE.t/ C B D@ 0 A: dt z0 0

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Kapitel 1  Lichtausbreitung

Der optische Lichtweg l ist gegeben durch ˇ Z1 ˇ ˇ d sE.t/ ˇ ˇ dt: l D n0 ˇˇ dt ˇ 0

Mit der Substitution v D t  1=2 ergibt sich Z1 s a2 1 C 64 02 v 2 dv l D n0 z 0 z0 0 s  ! a02 z0 a0 1 D n0 z 0 1 C 16 2 C ar sinh 4 : 2 8a0 z0 z0 Nun können wir die Phase der Welle auf dem parabolischen Lichtweg vergleichen mit der Phase auf der geraden Verbindung:  D 2

n0 z 0 l  2 0 0

In der Abbildung ist der Kosinus dieser Phase über dem Parameter a0 aufgetragen. Wir haben eine Strecke von A nach B gewählt, die auf geradem Wege 10.000 Wellenlängen 0 entspricht. Der Parameter a0 wird durch das Verhältnis r D a0 =z0 ausgedrückt. Wie man sieht, ist die Phase bei r D 0, was dem geraden Lichtweg entspricht, zunächst konstant. Nur hier kann konstruktive Interferenz auftreten. Je mehr der Lichtweg von der Geraden abweicht, desto schneller ändert sich die Phase, und benachbarte Wellen löschen sich gegenseitig aus.

37 1.3  Eikonal- und Strahlengleichung

Beispiel 1.16: Vom Fermat’schen Prinzip zum Lagrange-Formalismus

Fermats große Leistung war nicht etwa die Entdeckung optischer Gesetze wie des Reflexions- oder Brechungsgesetzes, vielmehr lag sie in der Begründung der Gesetze der Strahlenoptik durch ein Variationsprinzip. Dieser Erfolg animierte viele Forscher nach ihm zu versuchen, andere Gebiete der Physik auf Variationsprinzipien zurückzuführen, was auch in manchen Bereichen gelang. Das bekannteste Beispiel findet sich in der Mechanik. Sollten Sie sich bereits intensiver mit der theoretischen Behandlung von Bewegungsgleichungen auseinandergesetzt haben, ist Ihnen sicherlich Joseph-Louis de Lagrange ein Begriff. Ihm gelang es, rund hundert Jahre nach Fermat die Newton’schen Bewegungsgleichungen auf ein Variationsprinzip zurückzuführen, was schließlich zum Hamilton’schen Prinzip der kleinsten Wirkung führte. Die Bewegung eines mechanischen Systems kann man durch verallgemeinerte Koordinaten qi und deren zeitliche Ableitungen qPi beschreiben. Nach dem Prinzip der kleinsten Wirkung wird es immer den Weg in einem von den Koordinaten qi und qP i aufgespannten Raum nehmen, für den das Wirkungsintegral zwischen dem Ausgangspunkt A und dem Endpunkt B stationär ist. Dabei ist das Wirkungsintegral W durch die Lagrange-Funktion L gegeben: ZB L.qi ; qPi ; t/dt

W D A

Wie beim Fermat’schen Prinzip findet man auch hier den tatsächlichen Weg durch eine Variation des Wegs.

1.3

Eikonal- und Strahlengleichung

1.3.1 Eikonalgleichung Da wir nun mehrfach argumentiert haben, dass die Strahlenoptik kein eigenständiges Gebiet der Physik mit eigenen Axiomen ist, sondern vielmehr eine Näherung der Wellenoptik darstellt, die auf den Maxwell’schen Axiomen der Elektrodynamik beruht, wollen wir nun aufzeigen, wie man die Gesetze der Strahlenoptik aus den MaxwellGleichungen ableiten kann.

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Kapitel 1  Lichtausbreitung

Wir greifen auf die Maxwell-Gleichungen zurück, und zwar in einem Raum, der von einem Medium erfüllt sein mag, in dem sich aber keine Quellen (Ladungen und Ströme) befinden sollen. Diese treten in der Optik lediglich in den Lichtquellen auf, nicht aber bei der Lichtausbreitung. Das  Medium wird charakterisiert durch   die Dielektrizitätskonstante rE und die Permeabilitätszahl rE mit dem p Brechungsindex n D . Die Maxwell-Gleichungen lauten dann: rot EE D 

@BE @t

E D0 div D

E @D @t div BE D 0

rot HE D

(1.15)

Aus den ersten beiden Gleichungen lässt sich die magnetische KomE D

0 EE erhalponente eliminieren (Band 2, Abschn. 13.2.1). Mit D ten wir   2 E 2 E E r E  EE D 0 0 @ E D n 1 @ E : EE  r @t 2 c 2 @t 2

(1.16)

Da die Dielektrizitätskonstante und Permeabiltät ortsabhängig E D 0 nicht auf div EE D 0 schliesein können, können wir aus div D ßen, wie das im Vakuum der Fall wäre. Es ist nun        E rE D 0 div rE  EE rE div D        E C rE div EE rE D 0; (1.17) D 0 grad rE  E.r/ woraus für div EE folgt:     1  div EE D grad rE  EE rE

0

(1.18)

  Variiert allerdings das Medium nur langsam, so ist grad rE sehr klein. Wir können dann immerhin noch näherungsweise div EE  0 setzen. Dies wollen wir im Folgenden tun. Mit dieser Näherung des Mediums lautet die Wellengleichung (Gl. 1.16) nun EE D n

1 @2 EE : c 2 @t 2

(1.19)

Diese Gleichung versuchen wir nun mit dem Ansatz einer quasiebenen Welle zu lösen:   EE rE; t D EE0 e i .!t kl .rE// :

(1.20)

  In diesem Ansatz ist l rE die optische Weglänge vom Ausgangspunkt der Welle  zum Ort rE entlang des tatsächlichen optischen Wegs. Man nennt l rE auch das Eikonal. Wir berechnen die Ableitungen.

39 1.3  Eikonal- und Strahlengleichung

E Beispielsweise ergibt sich für die x-Komponente von E:   EE

x

  EE0 e i .!t kl .rE// x   !2   !2 1   !2 @l rE @l rE @l rE A C C @ @x @y @z      ! 2 2 2   @ l r E l r E l rE @ @ i !t kl r E . //  ik EE0 e . C C x @x 2 @y 2 @z 2

D k 0

2

(1.21) Nun führen wir den Grenzübergang zur geometrischen Optik aus. In der geometrischen Optik vernachlässigen wir Beugungseffekte. Aus der Sicht der Wellenoptik ist diese Näherung sinnvoll, wenn alle Objekte wie z. B. Blenden oder Spiegel groß gegen die Wellenlänge des Lichts sind. Folglich können wir den Grenzübergang dadurch erreichen, dass wir die Wellenlänge des Lichts gegen null gehen lassen, was gleichbedeutend dazu ist, die Wellenzahl gegen unendlich streben zu lassen. Hierzu dividieren wir Gl. 1.19 durch k 2 und berücksichtigen dann in den Ableitungen nur noch jene Terme, die selbst proportional zu k 2 sind, die also insgesamt konstante Beiträge leisten. In Gl. 1.21 wären dies die Terme der ersten Zeile, während die Terme der zweiten Zeile nach Division durch k 2 nach dem Grenzübergang verschwinden werden. Nun setzen wir in Gl. 1.19 ein und erhalten: 0

  !2 @l rE 2 E i .!t kl .rE// @ C  k E0 e @x D n

  !2 @l rE C @y

  !2 1 @l rE A @z

! 2 E i .!t kl .rE// E0 e c2 (1.22)

Nun ist aber !c D k, und wir sehen, dass diese Gleichung nur erfüllt werden kann, wenn gilt:   !2 @l rE C @x

  !2 @l rE C @y

  !2 @l rE D n; @z

(1.23)

was man auch schreiben kann als 

   2 grad l rE D n rE

(1.24)

Dies nennt man die Eikonalgleichung. Sie bestimmt die optische Weglänge einer Welle in einem inhomogenen, langsam variierenden Medium.

1

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Kapitel 1  Lichtausbreitung

1.3.2 Lichtstrahlen Unser Ansatz aus Gl. 1.20 beschreibt mit der Eikonalgleichung als Nebenbedingung die Ausbreitung einer Lichtwelle in einem Medium. Als Wellenfronten bezeichnet man Flächen konstanter Phase in Momentaufnahmen des Wellenfelds. Sie sind durch die Bedingung   !t  kl rE D konst:

(1.25)

festgelegt. Wie man sieht, sind die Wellenfronten deckungsgleich mit   den Flächen, die durch konstante Werte des Eikonals l rE bestimmt werden. In . Abb. 1.13 sind einige Wellenfronten dargestellt. Die Normalenvektoren auf die Wellenfronten geben die Ausbreitungsrichtung sO der Welle am jeweiligen Ort an. Man kann sie über den Gradienten der Wellenfronten bestimmen:     grad l rE 1  ˇ D   grad l rE sO D ˇ (1.26) ˇgrad l rE ˇ n rE Benachbarte Wellenfronten gehören zu unterschiedlichen Werten des Eikonals. Das Anwachsen des Eikonals entlang eines Strahls lässt sich aus     d l D grad l rE  sO ds D n rE ds

(1.27)

berechnen, wobei ds der geometrische Abstand zwischen den Wellenfronten ist. Dies zeigt, dass die optische Weglänge zwischen zwei Punkten tatsächlich durch das Eikonal bestimmt ist, denn ZB A

  n rE ds D

ZB d l D l.B/  l.A/:

(1.28)

A

Nachdem wir nun die Eikonalgleichung abgeleitet haben, die die Richtung der Strahlen angibt, wollen wir auch die Richtung des elektrischen Felds, d. h. die Polarisation der Wellen betrachten. Dazu gehen wir zurück auf die Bedingung div EE  0 (Gl. 1.18) und . Abb. 1.13 Wellenfronten (dunkelblau) und Lichtstrahlen (orange) in einem inhomogenen Medium

41 1.3  Eikonal- und Strahlengleichung

berechnen die Divergenz mit unserem Ansatz aus Gl. 1.20:     div EE D .ik/ grad l rE  EE  ˇ  ˇ  D .ik/ ˇgrad l rE ˇ sO  EE  0;

(1.29)

woraus man sieht, dass die Feldstärke EE senkrecht auf der Ausbreitungsrichtung sO der Strahlen steht. Allerdings gilt diese Relation, die wir bereits von der Ausbreitung von elektromagnetischen Wellen im Vakuum kennen, hier nur näherungsweise.

1.3.3 Strahlengleichung Mithilfe der Eikonalgleichung kann man zunächst das Eikonal bestimmen und dann daraus die Strahlen ableiten. Wenn man nur am Verlauf der Strahlen interessiert ist, gibt es allerdings einen Weg, der sich meist als einfacher erweist. Dieser benutzt die sogenannte Strahlengleichung, die wir nun herleiten wollen. Wir parametrisieren die Bahnkurve des Lichtstrahls mit sE.t /. Für ein infinitesimales Stück entlang dieser Kurve gilt d sE D sO ds;

(1.30)

wobei sO die Richtung des Lichtstrahls aus Gl. 1.26 ist. Diese können wir folglich ausdrücken als sO D

d sE : ds

(1.31)

Aus Gl. 1.26 folgt nun:       d sE D grad l rE n rE sO D n rE ds

(1.32)

Diese Gleichung differenzieren wir erneut nach der Strecke s:    d sE n rE ds   d D grad l rE ds   @   @   @   d l rE ; l rE ; l rE D ds @x @y @z   @ d   @ d   @ d   D l rE ; l rE ; l rE @x ds @y ds @z ds     d rE @   d rE @   d rE @ D grad l rE ; grad l rE ; grad l rE @x ds @y ds @z ds     d rE       D grad grad l rE  D grad n rE sO  sO D grad n rE ds (1.33)

d ds



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42

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Kapitel 1  Lichtausbreitung

Dabei haben wir in der letzten Zeile Gln. 1.26 und 1.31 benutzt. Insgesamt lautet die Gleichung folglich:     d sE   d n rE D grad n rE (1.34) ds ds Wir haben das Eikonal aus der Gleichung eliminiert. Mit dieser Gleichung können wir direkt den Strahlenverlauf berechnen, sofern der Brechungsindex des Mediums bekannt ist. Man nennt diese Gleichung daher die Strahlengleichung. Zur Kontrolle betrachten wir kurz die Ausbreitung eines Lichtstrahls in einem homogenen Medium mit Brechungsindex n0 :   d 1 d sE d sE n0 D 0E ) n0 D cE ) sE D cEs C bE (1.35) ds ds ds n0 Es ergibt sich wie erwartet eine Gerade als Strahlenverlauf, die hier durch zwei konstante Vektoren cE und bE parametrisiert wird. Zum Schluss dieses Abschnitts wollen wir noch eine häufig gebrauchte Näherung der Strahlengleichung besprechen, die paraxiale Strahlengleichung. In dieser Näherung nehmen wir an, dass sich der Lichtstrahl nahezu parallel zu einer Achse bewegt. Wir wählen das Koordinatensystem so, dass die z-Achse mit dieser Achse zusammenfällt. Dann erhalten wir in z-Richtung eine gleichmäßige Bewegung des Lichtstrahls, und von der Strahlengleichung sind nur noch die beiden Komponenten x und y relevant. Es ist nun   sE.t / D sx .t /; sy .t /; st ; und die paraxiale Strahlengleichung lautet mit ds  dz:       dsx @n rE d n rE D dz dz @x       @n rE ds d y n rE D dz dz @y

(1.36)

(1.37)

Beispiel 1.17: Gradientenindexplatte

In einer Platte mit einem geeigneten variablen Brechungsindex lässt sich ein Lichtstrahl transportieren. Wir wählen das Koordinatensystem wie in der Abbildung angedeutet. Der Lichtstrahl sei paraxial zur z-Achse. Der Brechungsindex der Platte variiere entlang ihrer Höhe, sei aber von den anderen beiden Koordinaten unabhängig   (n rE D n.y/). Man nennt dies eine Gradientenindexplatte. Die paraxiale Strahlengleichung reduziert sich dann auf d dz

 n.y/

dsy dz

 D

d 2 sy @n.y/ 1 @n.y/ ) : D 2 @y dz n.y/ @y

43 1.3  Eikonal- und Strahlengleichung

Als Beispiel wollen wir ein parabolisches Gradientenprofil wählen:   1 n.y/ D n0 1  2 y 2 2 Nehmen wir an, dass der Brechungsindex über die Dicke d der Platte nur wenig variiert ( 18 2 d 2  1), so lautet die Strahlengleichung näherungsweise (sy D y) d 2 sy D  2 y: dz 2 Mit y D sy ist dies die Differenzialgleichung einer harmonischen Schwingung, die wir mit dem Ansatz sy .z/ D y0 sin . z C / lösen. Der Verlauf eines Lichtstrahls ist in der Skizze angedeutet. Er ist in der Platte gefangen, solange y0 < d=2 gilt. Koppelt man den Lichtstrahl in der Mitte der Achse in die Platte ein ( D 0), wie dies in der Abbildung angedeutet ist, so stellt sich die Frage, welchen Winkel max zur z-Achse der Strahl höchstens einnehmen darf, sodass er in der Platte gefangen bleibt. Der Winkel  zur z-Achse ist ˇ dsy ˇˇ d : D y0  D dz ˇzD0 2 Dies bedeutet, dass der maximale Einschusswinkel durch d =2 gegeben ist.

Beispiel 1.18: Gradientenindexfaser

Aus Materialien mit einem radialen Gradienten im Brechungsindex kann man Glasfasern herstellen. Man nennt sie Gradientenindexfasern. Das Profil des Brechungsindex ist häufig parabolisch, d. h.   1 n.x; y/ D no 1  2 .x 2 C y 2 / : 2 Daraus ergeben sich die Strahlengleichungen zu d 2 sx   2 x; dz 2 d 2 sy   2 y: dz 2

1

44

Kapitel 1  Lichtausbreitung

1

Nehmen wir an, ein Lichtstrahl wird abseits der Achse der Faser unter einem beliebigen Winkel in die Faser eingekoppelt, so können wir das Koordinatensystem zumindest noch so drehen, dass die x-Koordinate des Einkoppelpunkts zu null wird, wie dies in der Abbildung zu sehen ist. Als Lösung ergibt sich

sx .z/ D sx0 sin . z/ sy .z/ D sy0 sin . z C /

mit

8 x0 ˆ ˆ sx0 D ˆ ˆ ˆ ˆ s ˆ < 2 y0 C y02 sy0 D ˆ 2 ˆ ˆ ˆ ˆ y ˆ ˆ : tan  D 0 ; y0

wobei x0 D 0 und y0 die Koordinaten der Einkopplung und x0 und y0 die Winkel des Lichtstrahls zur x- bzw. y-Achse an diesem Punkt angeben. Nach der Einkopplung folgt der Strahl einer Helix, wie dies in der Abbildung angedeutet ist.

1.4

Dispersion

1.4.1 Zerlegung weißen Lichts

. Abb. 1.14 Zerlegung weißen Lichts an einem Prisma

Trifft ein Strahl weißen Lichts auf ein Prisma, so wird das Licht in seine Spektralfarben zerlegt (. Abb. 1.14). Die Ablenkung des Lichts an der Grenzfläche zwischen Luft und dem Glaskörper des Prismas hängt von der Wellenlänge des Lichts, d. h. von seiner Farbe, ab. Blaues Licht wird in der Regel stärker gebrochen als rotes. Dies führen wir zurück auf den Brechungsindex des Glases, den wir ins Snellius’sche Brechungsgesetz einzusetzen haben. Er verändert sich mit der Wellenlänge des Lichts. Wir nennen dies die Dispersion des Materials. In . Abb. 1.15 ist exemplarisch die Abhängigkeit des Brechungsindex von der Wellenlänge für Quarzglas dargestellt. Für blaues Licht ist der Brechungsindex etwa 10 % größer als für rotes Licht.

. Abb. 1.15 Der Brechungsindex n von Quarzglas in Abhängigkeit der Wellen-

länge des Lichts

45 1.4  Dispersion

Experiment 1.6: Dispersion an einem Prisma

Mit diesem einfachen Experiment demonstrieren wir die Dispersion an einem Glasprisma. Aus dem Licht einer Kohlebogenlampe blenden wir mittels eines Spalts einen eng begrenzten Strahl aus und leiten ihn auf ein Prisma. Am deutlichsten ist der Effekt, wenn wir das Prisma symmetrisch ausrichten, d. h., wir drehen das Prisma so, dass dessen Achse der Winkelhalbierenden zwischen ein- und ausfallendem Strahl entspricht. Auf einem Schirm können wir dann das Spektrum der Bogenlampe auffangen. Man erblickt die Regenbogenfarben. Auf dem Foto sind das Prisma sowie das erzeugte Spektrum zu sehen.

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Der Optiker Joseph von Fraunhofer führte detaillierte Untersuchungen des Spektrums des Sonnenlichts durch und fand darin eine Vielzahl dunkler Linien. Wir nennen sie heute die Fraunhoferlinien. In . Abb. 1.16 sind die Linien zu erkennen. Die deutlichsten Linien wurden bereits von Fraunhofer mit den Großbuchstaben des Alphabets benannt. Die Linien entstehen durch Absorption bestimmter Wellenlängen durch Moleküle vornehmlich in den äußeren Gasschichten (Photosphäre) der Sonne. Teilweise trägt auch Absorption in der Erdatmosphäre mit bei. Die Fraunhoferlinien geben Aufschluss über die chemische Zusammensetzung der Photosphäre der Sonne. Für den Experimentator sind sie interessant, weil man damit Spektrografen kalibrieren kann. Die Dispersion eines Materials lässt sich durch die Abbe’sche Zahl quantifizieren. Sie basiert auf den Fraunhoferlinien. Als Abbe’sche Zahl, benannt nach dem Physiker und Unternehmer Ernst Abbe, bezeichnet man das Verhältnis

D

nD  1 ; nF  nC

(1.38)

wobei nD den Berechungsindex des betrachteten Glases bei der Wellenlänge der Fraunhofer’schen D-Linie bezeichnet (gelbes Licht,  D

1

46

Kapitel 1  Lichtausbreitung

589 nm) und nF und nC entsprechend den Brechungsindex bei den F(blaues Licht,  D 486 nm) und C-Linien (rotes Licht,  D 656 nm).

1

1.4.2 Berechnung der Dispersion Die Dispersion können wir durch die Wechselwirkung einer Lichtwelle mit den Atomen des Mediums erklären. Die Welle übt Kräfte auf die Elektronen der Atome aus und erzeugt dadurch atomare Dipole, die zu einer dielektrischen Suszeptibilität des Mediums führen, was wiederum einen von null verschiedenen Brechungsindex erzeugt. Orientieren wir nun das Koordinatensystem so, dass das elektrische Feld entlang der x-Achse zeigt, dann lässt sich die Bewegungsgleichung eines Elektrons im Medium als erzwungene Schwingung darstellen: me

  d 2 x.t / dx.t / Cc C kx.t / D eE rE0 ; t 2 dt dt

(1.39)

Der erste Term der linken Seite gibt die Beschleunigung des Elektrons an, der zweite beschreibt die Energieverluste der Schwingung durch die Strahlungsdämpfung durch die Abstrahlung sekundärer Wellen, und der dritte entsteht aus der Rückstellkraft, die der Atomrumpf auf das Elektron ausübt. Auf der rechten Seite steht die externe Kraft, die durch das elektrische Feld am Ort rE0 , an dem sich das Atom befindet, auf das Elektron ausgeübt wird. Nach Division durch die Masse me des Elektrons und Einführung neuer Konstanten, 2 D c=me und !02 D k=me , lautet die Differenzialgleichung (vgl. Band 1, Gl. 17.48)  dx.t / e  d 2 x.t / C 2 C !02 x.t / D  E rE0 ; t : 2 dt dt me . Abb. 1.16 Fraunhoferlinien im

Sonnenspektrum

(1.40)

Da wir nicht an der Schwingung eines einzelnen Elektrons interessiert sind, sondern am Verhalten des Mediums als Ganzes, multiplizieren wir die Gleichung mit der Elektronenladung e, was uns auf die atomaren elektrischen Dipolmomente p D ex.t / führt. Nach erneuter Multiplikation, nun mit der Dichte der atomaren Dipole np , entsteht eine Differenzialgleichung der Polarisation P .t / D np p.t / des Mediums:  np e 2  d 2 P .t / dP .t / 2 C 2 P .t / D E rE0 ; t C ! 0 2 dt dt me

(1.41)

Wegen P D 0  .!/ E verwenden wir den Ansatz P .t / D 0  .!/ E0 e i .!t C/ ;

(1.42)

47 1.4  Dispersion

was die Bedingung ! 2  .!/ C 2i! .!/ C !02  .!/ D

np e 2

0 me

(1.43)

zum Ergebnis hat. Aus dieser können wir nun die Suszeptibilität  .!/ bestimmen. Wir erhalten  .!/ D

np e 2 1 :

0 me !02  ! 2 C 2i!

(1.44)

Nun sind wir schon fast am Ende unserer Rechnung. Aus der Suszeptibilität können wir den Brechungsindex ermitteln, denn es gilt n2 D D 1 C :

(1.45)

Es ergibt sich n2 D 1 C Ci

!02  ! 2 np e 2  2 

0 me !  ! 2 2 C 4! 2  2 0 np e 2 ! 2 D .n0  i / :  

0 me ! 2  ! 2 2 C 4! 2  2 0

(1.46)

Da wir in guter Näherung annehmen können, dass der Imaginärteil des Brechungsindex sehr viel kleiner als eins ist und auch der Realteil nur wenig von eins abweicht, können wir einfach nach Realund Imaginärteil auflösen: v u u np e 2 !02  ! 2 n0  t1 C  2 

0 me !  ! 2 2 C 4! 2  2 0

1C 

!02  ! 2 1 np e  2  2 0 me !  ! 2 2 C 4! 2  2 0 2

! 1 np e 2   2 0 me ! 2  ! 2 2 C 4! 2  2 0

(1.47)

In . Abb. 1.17 und 1.18 sind Real- und Imaginärteil des Brechungsindex gegen die Kreisfrequenz ! des Lichts aufgetragen. Bei !0 befindet sich die Resonanzfrequenz der Anregung der Atome des Mediums, was man am Maximum des Imaginärteils erkennen kann. Ein . Abb. 1.17 Realteil n0 des Bre-

chungsindex gegen die Frequenz des Lichts

1

48

1

Kapitel 1  Lichtausbreitung

. Abb. 1.18 Imaginärteil des Brechungsindex gegen die Frequenz des Lichts

großer Imaginärteil impliziert, dass viel Energie aus der Lichtwelle an die Atome übertragen wird. Interessant ist der Verlauf des Realteils, der für die Brechung des Lichts verantwortlich ist. Unterhalb der Resonanzfrequenz wächst der Brechungsindex mit steigender Frequenz des Lichts an, bis sich die Frequenz der Resonanzfrequenz nähert. In unmittelbarer Nähe der Resonanzfrequenz fällt n0 dann steil ab, um weiter oberhalb der Resonanzfrequenz wieder allmählich anzusteigen. Bei den meisten durchsichtigen Medien liegen die Resonanzfrequenzen der Atome deutlich oberhalb des sichtbaren Bereichs. Man befindet sich in dem Bereich in . Abb. 1.17, in dem links der Resonanzfrequenz der Brechungsindex mit zunehmender Frequenz ansteigt. Dies bedeutet, dass blaues Licht stärker gebrochen wird als rotes. Dies ist der häufigste Fall. Man spricht auch von normaler Dispersion. Sie tritt z. B. in Gläsern auf. Liegt eine Resonanzfrequenz des Mediums im sichtbaren Bereich oder unmittelbar darüber, kann es zum umgekehrten Verhalten kommen. Der Brechungsindex fällt mit steigender Frequenz. Dann spricht man von anomaler Dispersion. Experiment 1.7: Normale und anomale Dispersion

Wir haben dargelegt, dass sich ein Medium in der Nähe einer Absorptionslinie, bei der eingestrahltes Licht resonant absorbiert wird, anders verhält als im üblichen Bereich fernab der Linien. Dies wollen wir anhand von Natrium vorführen, welches eine starke Absorptionslinie im gelben Bereich hat. Sie erinnern sich vielleicht an die intensiv gelbe Flammenfärbung durch Natrium, die in der Chemie zum Nachweis von Natrium eingesetzt wird. Man nennt sie die Natrium-D-Linie, eine Bezeichnung, die auf die Fraunhofer’schen Absorptionslinien zurückgeht. Es handelt sich um die D-Linie, die in der Abbe’schen Zahl den Zähler bestimmt. Tatsächlich liegt eine Doppellinie aus zwei eng benachbarten Linien mit den Wellenlängen 589,5924 nm (D1 ) und 588,9950 nm (D2 ) vor.

49 1.4  Dispersion

Im Experiment vergleichen wir die normale Dispersion eines Glasprismas mit der anomalen Dispersion in einem Gradientenprisma mit Natriumdampf. Für die normale Dispersion setzen wir ein Geradsichtprisma ein, das aus mehreren hintereinander gefügten Prismen verschiedener Gläser besteht. Die Skizze in der Randspalte zeigt ein solches Prisma. Ein weißer Lichtstrahl erfährt zwar keine Ablenkung durch die Prismen, aber die Farben werden durch die Dispersion aufgespaltet. Aus dem weißen Licht einer Kohlebogenlampe blenden wir einen engen Strahl aus und leiten ihn durch das Geradsichtprisma, das so orientiert ist, dass es die Farben in der vertikalen Richtung aufspaltet. Das blaue Licht wird nach unten abgelenkt, das rote nach oben. Um die Aufspaltung deutlicher zu machen, schalten wir einen Gitterspektrografen1 nach, der das Licht nach seinen Farben in der horizontalen Ebene zerlegt, sodass blaues Licht auf unserem Schirm links und rotes Licht rechts zu sehen ist. Das erste Foto zeigt das Ergebnis. Man sieht deutlich, dass das Licht durch die Dispersion umso mehr nach unten abgelenkt wird, je kürzer seine Wellenlänge ist. Dann ersetzen wir das Geradsichtprisma durch eine Natriumdampfzelle. Dabei handelt es sich um ein Metallrohr, in dem sich Natrium befindet. Es ist an beiden Enden durch eine Glasscheibe abgeschlossen. Mit einem Bunsenbrenner erhitzen wir die Unterseite, bis das Natrium verdampft. Das Rohr füllt sich mit Natriumdampf, dessen Dichte nach oben hin abnimmt. Der Dichtegradient führt zu einem Gradienten im Brechungsindex, der wiederum eine Ablenkung des Lichts zur Folge hat. Wiederum haben wir den Gitterspektrografen nachgeschaltet, um die Dispersion deutlicher erkennen zu können. Über einen weiten Bereich des Spektrums sieht man ein ähnliches Bild wie beim Geradesichtprima. Allerdings wird das gelbe Licht in der Natriumzelle absorbiert. Es fehlt im Spektrum. Unmittelbar unterhalb und oberhalb der Absorptionslinie ist die Dispersion umgekehrt. Mit steigender Frequenz wird das Licht mehr nach unten als nach oben abgelenkt.

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1

Kapitel 1  Lichtausbreitung

Beispiel 1.19: Regenbogen

Ein Regenbogen entsteht durch Dispersion bei der Reflexion des Sonnenlichts an Regentropfen. Der Beobachter hat eine Regenwand vor sich und die Sonne im Rücken. Lichtstrahlen von der Sonne dringen in die Regentropfen ein, werden an der Rückseite reflektiert und zum Beobachter gestreut. Der Strahlengang ist in der Abbildung dargestellt. Beim Ein- und Austritt der Strahlen tritt Dispersion auf. An einem runden Regentropfen wird das rote Sonnenlicht in einen Kegel mit einem Öffnungswinkel von etwa 42ı gebrochen, beim blauen Licht ist der Öffnungswinkel fast 2ı kleiner. So entsteht für den Beobachter ein Lichtbogen, der in die Spektralfarben aufgelöst ist.

Bei ca. 51ı Öffnungswinkel des Lichtkegels zeigt sich ein zweiter, schwächerer Regenbogen, bei dem das Licht an der Rückseite der Regentropfen zweimal reflektiert wird. Man nennt ihn den Nebenregenbogen. Er ist auf dem Foto deutlich zu sehen.

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1 Auf die Funktion eines Gitterspektrografen werden wir in 7 Abschn. 4.3.1 eingehen. Hier genügt es zu wissen, dass er das Licht nach seinen Farben aufspaltet.

51 1.4  Dispersion

Experiment 1.8: Künstlicher Regenbogen

Ein Regenbogen lässt sich durchaus künstlich erzeugen. Am einfachsten geht es im eigenen Garten. Alles, was Sie brauchen, sind ein Gartenschlauch und viel Sonne. Sie stellen sich mit dem Rücken zur Sonne und spritzen mit dem Schlauch von der Sonne weg in die Luft. Dabei versuchen Sie, den Wasserstrahl in feinen Nebel aufzulösen, z. B. mit einem entsprechenden Sprühaufsatz auf dem Schlauch. Nun sollte im Tropfenregen ein Regenbogen zu sehen sein. Für den Hörsaal eignet sich diese Methode allerdings nicht. Hier verwenden wir eine alternative Technik. Auf einer schwarzen Platte sind kleine Glaskügelchen aufgeklebt. Sie haben einen Durchmesser von etwa 100 m und ersetzen die Wassertropfen. Wir beleuchten die Platte mit einer kräftigen LED-Lampe und betrachten das reflektierte Licht. Auf dem Foto ist der „Regenbogen“ deutlich zu erkennen.

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? Übungsaufgaben zu 7 Kap. 1 1. Die nach Rudolf Karl Lüneburg benannte Lüneburg-Linse ist eine Kugel, deren Brechungsindex vom Abstand vom Kugelmittelpunkt abhängt. Durch passende Wahl der Ortsabhängigkeit des Brechungsindex, kann man es erreichen, dass parallel einfallende Lichtstrahlen in der Kugel so gebrochen werden, dass sie zunächst auf der Rückseite der Kugel in einem Punkt fokussiert werden und bei geeigneter Verspiegelung der Kugelrückseite in die gleiche Richtung zurückgeworfen werden, aus der sie gekommen sind. Die Abhängigkeit des Brechungsindex vom Abstand r vom Kugelmittelpunkt muss dazu wie folgt gewählt werden: r n.r/ D

2

 r 2 R

Hierbei ist R der Radius der Kugel. Zeigen Sie, dass in diesem Fall der optische Lichtweg für den mittleren und den äußersten der Lichtstrahlen, die auf die Kugel treffen, gleich lang ist. 2. Bestimmen Sie den Lichtweg eines optischen Signals von einem Satelliten, der in 100 km über der Erdoberfläche kreist, auf die Erdoberfläche bei senkrechtem Einfall. Der Brechungsindex der Atmosphäre ist näherungsweise durch die Dichte  gege. Dabei beziehen sich die Größen mit Index ben, mit 0 D nn1 0 1 null auf die Erdoberfläche. Die Dichte nimmt im Bereich bis hmax D 100 km über der Erdoberfläche annähernd exponentiell ab: .h/  e h=h0 0 . Es ist n0 D 1;00029. 3. Bestimmen Sie numerisch durch ein kleines Computerprogramm den Weg eines Lichtstrahls von einem Punkt A zu einem 100 km entfernten Punkt B durch die Atmosphäre. Der Brechungsindex

© wikimedia: Averse

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Kapitel 1  Lichtausbreitung

n der Atmosphäre ist mit ihrer Dichte  korreliert. Es gilt n .h; T; : : :/  1  .h; T; : : :/ D : n0 .h0 ; T0 ; : : :/  1 0 .h0 ; T0 ; : : :/ Nehmen Sie konstante Temperatur an und benutzen Sie die barometrische Höhenformel. Die Punkte A und B liegen auf gleicher Höhe. Die Erdkrümmung kann vernachlässigt werden. Wie lang ist der optische Lichtweg? 4. Eine spiegelnde Oberfläche soll so geformt sein, dass alle Lichtstrahlen, die vom Punkt A (Skizze) ausgehen, in den Punkt B fokussiert werden. Zeigen Sie mit Hilfe des Fermat’schen Prinzips, dass die Oberfläche eine Ellipse darstellen muss.

53

Geometrische Optik Stefan Roth und Achim Stahl

2.1

Die optische Abbildung – 54

2.2

Spiegel – 56

2.3

Totalreflexion – 84

2.4

Prismen – 104

2.5

Linsen – 111

2.6

Matrizenoptik – 146

2.7

Abbildungsfehler – 160

2.8

Blenden – 176

2.9

Optische Geräte – 185

© Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2019 S. Roth, A. Stahl, Optik, DOI 10.1007/978-3-662-59337-0_2

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Kapitel 2  Geometrische Optik

2.1

2

. Abb. 2.1 Abbildung eines Bildpunkts an einem ebenen Spiegel

Die optische Abbildung

Lassen Sie uns dieses Kapitel mit einer einfachen optischen Abbildung beginnen. In . Abb. 2.1 ist die Abbildung eines roten Punkts durch einen Spiegel dargestellt. Licht, das vom Punkt P ausgeht, wird am Spiegel reflektiert und trifft das Auge des Beobachters. Dabei ist es irrelevant, ob der Punkt P selbst leuchtet oder lediglich das Licht einer Lichtquelle oder der Umgebung zurückwirft. Dieses Licht erzeugt im Auge das Bild, das der Beobachter sieht. Neben den Strahlen, die das Bild erzeugen, gehen viele weitere Strahlen vom Punkt P aus, die aber das Auge nicht treffen und daher nicht zur Beobachtung beitragen. Sie sind für unsere Betrachtung ohne Bedeutung. Daher haben wir sie in der Abbildung weggelassen und werden auch im Folgenden nur die relevanten Strahlen exemplarisch darstellen. Stellen Sie sich nun vor, der Spiegel ist gar nicht vorhanden, und am Punkt P0 ist ein weiterer roter Leuchtpunkt angebracht, von dem Licht ins Auge des Beobachters fällt. Der Punkt P0 ist so gewählt, dass die Strahlen, die von P0 ausgehen, exakt dieselbe Richtung haben wie jene Strahlen, die ausgehend von P durch den Spiegel ins Auge reflektiert werden. Dann kann der Beobachter die beiden Situationen nicht unterscheiden. Selbst in der Situation mit Spiegel wird er denken, einen Punkt P0 ohne Spiegel zu sehen. Wir nennen P0 daher das Bild des Punkts P. In der Regel bestehen die Objekte, die wir beobachten wollen, nicht nur aus einem einzigen Punkt. Komplexere Gegenstände können wir durch viele Leuchtpunkte darstellen, aus deren Bildpunkten wir das Bild des Gegenstands zusammensetzen. Dabei genügt es meist, einige wenige Bildpunkte zu bestimmen, um das ganze Bild zu erfassen. In . Abb. 2.2 ist ein Beispiel gezeigt. Ein Stab wird durch eine Linse abgebildet. Den Gegenstand haben wir durch die zehn Punkte P1 bis P10 dargestellt. Diese zehn Punkte werden auf die zehn Bildpunkte P01 bis P010 abgebildet. In der Abbildung ist die Konstruktion der ersten drei Bildpunkte und die von P010 angedeutet. Verbinden wir am Ende die zehn Bildpunkte, so erhalten wir das Bild des Stabs. Dabei ist es gar nicht nötig, zehn Punkte abzubilden. Es hätte genügt, den obersten und den untersten Punkt des Gegenstands abzubilden und diese dann durch eine Linie zu verbinden. Dieses Vorgehen werden wir im Folgenden übernehmen.

. Abb. 2.2 Darstellung eines Gegenstands durch zehn Punkte

55 2.1  Die optische Abbildung

Durch eine optische Abbildung wird von einem Gegenstand ein Bild erzeugt, das diesem Gegenstand möglichst ähnlich sein sollte. Der Begriff „ähnlich“ ist hier durchaus im mathematischen (geometrischen) Sinne zu verstehen, d. h., Gegenstand und Bild lassen sich durch eine Streckung und durch Kongruenzabbildungen (Verschiebungen, Drehungen, Spiegelungen) ineinander überführen. Die geometrische Ähnlichkeit von Gegenstand und Bild ist dabei als Eigenschaft einer idealen Abbildung zu verstehen. Bei realen Abbildungen treten Bildfehler auf, die wir weiter unten besprechen werden und die zu Abweichungen von der Ähnlichkeit führen. In . Abb. 2.3 ist eine solche optische Abbildung gezeigt. Ein Gegenstand sendet vom Punkt P Licht aus. Dieses Licht, oder zumindest ein Teil davon, wird von einer Optik auf eine Bildebene projiziert, und zwar so, dass in der Bildebene ein Bildpunkt P0 entsteht, an dem sich die Lichtstrahlen wieder vereinigen. In dieser Bildebene könnten wir beispielsweise einen Schirm aufstellen, auf dem dann das Bild sichtbar wird, oder wir könnten eine Fotoplatte anbringen, um mit dieser das Bild aufzuzeichnen. Treffen sich die Strahlen, die in . Abb. 2.3 von der Optik auf die Bildebene übertragen werden, tatsächlich in einem einzigen Punkt, so entsteht ein scharfes Bild. Treffen die Strahlen jedoch nicht genau am selben Punkt auf den Schirm, entsteht ein Bildfleck statt eines Bildpunkts, und das Bild wird unscharf. In der Regel ist eine solche Optik rotationssymmetrisch um eine Achse aufgebaut, die wir die optische Achse nennen wollen. Denken Sie beispielsweise an das Objektiv einer Spiegelreflexkamera. Alle Linsen sind rotationssymmetrisch in Bezug zur Objektivachse aufgebaut. Die optische Achse ist eine ideale Achse. Sind in realen Optiken die optischen Elemente (Spiegel und Linsen) nicht exakt auf die optische Achse ausgerichtet, kommt es zu Fehlern in der Abbildung. In . Abb. 2.3 gibt es tatsächlich einen Punkt, in dem sich die Strahlen, die von P ausgingen, wieder vereinigen. An diesem Punkt P0 können wir das Bild beispielsweise durch einen Schirm auffangen. Wir sprechen in diesem Fall von einem reellen Bild. Es gibt eine zweite Möglichkeit der Abbildung. Diese ist in . Abb. 2.4 skizziert. Die Optik erzeugt aus den Lichtstrahlen, die vom Gegenstand P ausgingen, ein Lichtbündel an Strahlen, die von einem anderen Punkt P0 herzu kommen scheinen. Wir sprechen nun von einem virtuellen Bild. Würde ein Beobachter von der gestrichelt dargestellten Ebene links in die Optik blicken, so würde er einen leuchtenden Punkt an der Position P0 erkennen. Für ihn sieht es so aus, als würden die Strahlen vom Punkt P0 ausgehen. Versuchen wir hingegen das Bild am Ort P0 einzufangen, indem wir dort einen Schirm aufstellen oder eine Fotoplatte anbringen, so würden wir keinen Bildpunkt finden. Virtuelle Bilder sind dadurch gekennzeichnet, dass man sie nicht direkt aufzeichnen kann. Ein optisches Hilfsmittel ist notwendig, um das Bild zu erzeugen. In unserem Beispiel stellt das Auge des Be-

. Abb. 2.3 Abbildung eines Punkts in einen reellen Bildpunkt

. Abb. 2.4 Abbildung eines Punkts in ein virtuelles Bild

2

56

Kapitel 2  Geometrische Optik

obachters dieses Hilfsmittel dar. Durch die Linse des Auges entsteht aus dem Strahlenbündel auf der Netzhaut erst das Bild. Das Bild eines Gegenstands ist nicht notwendigerweise von der gleichen Größe wie der Gegenstand selbst. Das Verhältnis von Bildgröße B zu Gegenstandsgröße G nennt man den Abbildungsmaßstab ˇ einer Abbildung:

2

ˇD

. Abb. 2.5 Abbildung eines Maßstabs in ein virtuelles Bild

B G

(2.1)

Diese Definition lässt sich allerdings nur auf die Abbildung reeller Bilder sinnvoll anwenden. Für virtuelle Bilder führen wir die Vergrößerung ein. Betrachten Sie bitte . Abb. 2.5. Darin ist die Abbildung eines Maßstabs, den wir durch die Anfangs- und Endpunkte P1 und P2 dargestellt haben, zu sehen. Die Abbildung zeigt ein virtuelles Bild des Maßstabs mit den Bildpunkten P01 und P02 . Betrachtet ein Beobachter das virtuelle Bild des Maßstabs, so kann er dessen Größe nicht festlegen, denn er kann den Abstand des Bilds nicht bestimmen. Ein Bild doppelter Größe in doppeltem Abstand würde bei ihm denselben Eindruck hinterlassen. Daher definieren wir die Vergrößerung über die Winkel, unter denen der Beobachter Anfangs- und Endpunkt des Maßstabs sieht. Unter der Vergrößerung V , die man manchmal auch die Winkelvergrößerung nennt, versteht man das Verhältnis des Sehwinkels 0 , unter dem man das Bild des Gegenstands sieht, zum Sehwinkel 0 , unter dem man den Gegenstand ohne Optik sieht, wenn er im Abstand s0 D 25 cm vom Beobachter platziert ist: V D

tan 0 tan 0

(2.2)

Den Abstand s0 , auf den wir die Vergrößerung beziehen, nennt man die deutliche Sehweite, da Gegenstände ab diesem Abstand von unserem Auge deutlich zu sehen sind.

2.2

Spiegel

Spiegel haben im Alltag eine große Bedeutung, werden aber auch in Wissenschaft und Technik vielfältig verwendet, unter anderem, weil es einfacher ist, Spiegel zu konstruieren, die einen großen Wellenlängenbereich erfassen, der sich ins Infrarote und Ultraviolette erstrecken kann, als dafür Linsen zu verwenden. Wir beginnen unsere Diskussion mit dem einfachsten Spiegel, nämlich dem ebenen Spiegel. Ein alltägliches Beispiel finden Sie in . Abb. 2.6.

2.2.1 Planspiegel Der Planspiegel, auch ebener Spiegel genannt, ist der einfachste Spiegel. Er besteht aus einer ebenen, möglichst hoch reflektierenden Flä-

57 2.2  Spiegel

. Abb. 2.6 Spiegelung einer Computermaus in einem Planspiegel: rechts der Ge-

genstand, links das Spiegelbild

che. . Abb. 2.7 zeigt die Spiegelung eines Gegenstands an einem solchen Spiegel schematisch. Oft handelt es sich bei Planspiegeln um eine polierte Glasplatte, die einseitig mit Aluminium bedampft wird. Früher wurde auch häufig Silber verwendet. Reine Metallspiegel (polierte Metallplatten) sind eher selten. Ferner kommen dielektrische Schichten als Spiegel zum Einsatz. Die Glasplatte kann wahlweise auf der Vorder- oder Rückseite bedampft werden. Eine rückseitige Bedampfung hat den Vorteil, dass die Glasplatte die spiegelnde Metallschicht schützt. Allerdings muss das Licht dann erst die Glasplatte durchdringen. Beim Ein- und Austritt aus dem Glas kann es zu weiteren Reflexionen kommen, was störende Nebenreflexe im Bild erzeugen kann. Experiment 2.1: Reflexion von Laserstrahlen an einem Planspiegel

Fünf parallele Laserstrahlen fallen auf einen Planspiegel. Deutlich kann man die Strahlen erkennen, die von einer Beschichtung der Oberfläche des Spiegels reflektiert werden. Es gilt das Reflexionsgesetz ˛ D ˇ.

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. Abb. 2.7 Abbildung eines Gegenstands an einem Planspiegel

2

58

Kapitel 2  Geometrische Optik

2

. Abb. 2.8 Zur Bestimmung der Bildweite bei der Abbildung an einem Planspiegel

Wir haben schon zu Beginn des Kapitels die Abbildung eines Leuchtpunkts an einem Planspiegel als Beispiel behandelt. Betrachten Sie bitte noch einmal . Abb. 2.1. Bei P0 handelt es sich offensichtlich um ein virtuelles Bild. Wir wollen die Lage des Bilds bestimmen. Dazu haben wir in . Abb. 2.8 neben dem Punkt P, der unseren Gegenstand darstellt, und dem Bildpunkt P0 noch zwei Punkte hinzugefügt. Der Punkt A markiert das Lot, an dem einer der Lichtstrahlen auf den Spiegel trifft. Der Punkt B unterteilt die Strecke PP0 in die Gegenstandsweite g D PB und die Bildweite b D P0 B, die gemeinsam die Schnittweiten der Abbildung bilden. Aus der Geometrie der Skizze erkennen wir, dass der Einfallswinkel ˛ des einfallenden Lichtstrahls gegen das Lot in A und der entsprechende Reflexionswinkel ˇ im Dreieck APP0 noch einmal auftreten. Da nach dem Reflexionsgesetz ˛ D ˇ gilt, handelt es sich bei APP0 um ein gleichschenkliges Dreieck, für das b D g gilt. Der Planspiegel erzeugt folglich ein virtuelles Bild, das denselben Abstand vom Spiegel hat wie der Gegenstand selbst. Als Nächstes wollen wir die Vergrößerung V einer Abbildung mit einem Planspiegel bestimmen. Dazu haben wir in . Abb. 2.9 die Abbildung eines Maßstabs durch seine Endpunkte P1 und P2 dargestellt. Der Beobachter sieht den Maßstab in der Entfernung s 0 unter dem Sehwinkel 0 . Wir richten die Abstände so ein, dass s 0 gerade der deutlichen Sehweite s0 entspricht. Würden wir nun den Gegenstand selbst an die Position des Bilds bringen und den Spiegel entfernen, so würde sich der Sehwinkel nicht verändern. Es gilt folglich tan 0 D tan 0 und damit nach Gl. 2.2 V D 1. Ein Planspiegel bildet die Gegenstände in ihrer Originalgröße ab, eine Eigenschaft, die Ihnen vermutlich aus dem Alltag bekannt ist. Wenn Sie in einen Spiegel blicken, sehen Sie sich in Ihrer tatsächlichen Größe. Experiment 2.2: Bestimmung der Vergrößerung eines Planspiegels

. Abb. 2.9 Zur Bestimmung der Vergrößerung an einem Planspiegel

Mit diesem einfachen Experiment können Sie die Vergrößerung eines Planspiegels selbst bestimmen. Sie benötigen lediglich einen Spiegel, einen Schirm und zwei gleich große Gegenstände. Wir verwenden zwei Spielfiguren. Wir stellen die rote Figur auf einem Tisch so auf, dass wir sie direkt sehen, während die zweite, gelbe Figur hinter einen Schirm verdeckt ist. Nun stellen wir den Spiegel so auf, dass wir die gelbe Figur durch den Spiegel sehen können. Dabei achten wir darauf, dass der direkte Lichtweg auf die rote Figur in etwa dem Lichtweg über den Spiegel auf die gelbe Figur entspricht. Nun vergleichen wir die Größe der roten Spielfigur mit der Größe des Bilds der gelben Spielfigur. Sie erscheinen gleich groß, was bedeutet, dass die Vergrößerung eins beträgt.

59 2.2  Spiegel

Sicherlich haben Sie schon einmal bemerkt, dass ein Spiegelbild seitenverkehrt erscheint. In . Abb. 2.10 ist dies anhand einer Uhr gezeigt. Die Zeiger einer Uhr drehen sich im Uhrzeigersinn, doch im Spiegelbild läuft der Zeiger gegen den Uhrzeigersinn. Oder Sie halten Ihre rechte Hand vor den Spiegel, dann werden Sie eine linke Hand im Spiegel sehen. In . Abb. 2.11 ist ein weiteres Beispiel zu sehen. Durch Drehungen und Verschiebungen alleine lässt sich ein Spiegelbild nicht in sein Original überführen. Es ist eben immer eine Spiegelung notwendig.

. Abb. 2.10 Spiegelung einer Uhr

Beispiel 2.1: Spiegelung an einer Glasscheibe

Selbst an einer einfachen Glasscheibe tritt Reflexion auf. Ein kleiner Teil des Lichts, das auf die Scheibe fällt, wird reflektiert und erzeugt ein Spiegelbild des einfallenden Lichts. Ob dieses Spiegelbild sichtbar wird, hängt nicht nur von der Menge an reflektiertem Licht ab, sondern auch davon, wie viel Licht von der gegenüberliegenden Seite durch die Glasscheibe fällt. Auf dem Foto, das aus einem Fenster in der Dämmerung eines grauen Novembertags, aufgenommen wurde, ist die Umgebung draußen noch zu erkennen, obwohl sie teilweise durch einen großen Baum verdeckt ist. Dem überlagert ist das Spiegelbild eines Bücherregals, das sich hinter dem Fotografen befindet. Die Zimmerbeleuchtung erzeugt genügend Licht, um das Spiegelbild gut zu erkennen. . Abb. 2.11 Fotografie des Buchs Mechanik und Wärmelehre durch einen Spiegel. Die Schrift erscheint seitenverkehrt

2

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Kapitel 2  Geometrische Optik

2

Beispiel 2.2: Spiegeltreppe

Die Spiegelung eines Gegenstands durch die Abbildung an einem Spiegel können wir durch einen zweiten Spiegel wieder aufheben. Das Bild erscheint dann wieder seitenrichtig. Verwenden wir zwei parallele Spiegel, so ergibt sich keine Nettoablenkung der Strahlen, sie werden lediglich parallel versetzt. Man nennt eine solche Anordnung eine Spiegeltreppe. Man kann mit ihr um eine Ecke sehen, wie die Abbildung zeigt.

Beispiel 2.3: Winkelspiegel

Auch bei einem Winkelspiegel wird der Gegenstand zweimal gespiegelt, sodass am Ende ein seitenrichtiges Bild entsteht. Die Abbildung zeigt einen 90ı -Winkelspiegel, der die besondere Eigenschaft hat, dass das Licht in die Richtung zurückgespiegelt wird, aus der es kam. Blicken Sie in einen solchen 90ı -Spiegel hinein, so sehen Sie sich selbst seitenrichtig vor sich stehen.

2.2.2 Gewölbte Spiegel Parabolspiegel Nach der Diskussion ebener Spiegel wollen wir uns gewölbten Spiegeln zuwenden, die wir auch Hohlspiegel nennen. In . Abb. 2.12 ist ein solcher Spiegel gezeigt, der allerdings nicht im optischen Bereich

61 2.2  Spiegel

arbeitet, sondern die elektromagnetischen Wellen eines Fernsehsatelliten auf den Empfänger fokussiert. Es handelt sich um einen parabolischen Hohlspiegel. In der Regel ist bei gewölbten Spiegeln die reflektierende Fläche rotationssymmetrisch zu einer Achse, die man die optische Achse des Spiegels nennt. In . Abb. 2.13 ist ein Strahlenbündel, das parallel zur optischen Achse eines parabolischen Spiegels einfällt, den man auch einfach Parabolspiegel nennt, dargestellt. Der Name rührt daher, dass die reflektierende Fläche die Form eines Paraboloids hat. Man muss sie sich als Rotationsfläche einer Parabel mit der optischen Achse als Rotationsachse vorstellen. In . Abb. 2.13 ist lediglich ein Schnitt durch diese Fläche gezeigt. Die optische Achse ist markiert. Den Punkt, an dem sie die reflektierende Fläche trifft, nennt man den Scheitel S des Spiegels. Alle einfallenden, parallelen Strahlen treffen sich in einem Punkt F. Man bezeichnet diesen als Brennpunkt des Spiegels oder seinen Fokus. Den Abstand dieses Punkts vom Scheitel nennt man die Brennweite des Spiegels.

. Abb. 2.12 Parabolantenne für TV-Satellitenempfang

Experiment 2.3: Reflexion von Laserstrahlen an einem Parabolspiegel

Fünf parallele Laserstrahlen fallen auf einen parabolischen Hohlspiegel. Sie werden reflektiert und treffen sich im Brennpunkt F des Spiegels. . Abb. 2.13 Abbildung achsenparalleler Strahlen an einem Parabolspiegel

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Vielleicht fragen Sie sich, wie man die Reflexion eines Lichtstrahls an einer gekrümmten Fläche konstruiert. Sie müssen dazu den gekrümmten Spiegel stückweise durch infinitesimal kleine ebene Spiegel ersetzen, und zwar so, dass an jedem Punkt der infinitesimal kleine Spiegel sich tangential an die gekrümmte Fläche anpasst. Das Vorgehen ist in . Abb. 2.14 für den Parabolspiegel aus . Abb. 2.13 skizziert. Für drei Strahlen sind die kleinen Spiegel S1 bis S3 angedeutet. Auf diese Art und Weise können Sie beliebig geformte Spiegel approximieren. In . Abb. 2.13 haben wir dargestellt, wie sich alle achsenparallelen Strahlen nach der Reflexion an einem Parabolspiegel im Brennpunkt des Spiegels treffen. Doch es ist keineswegs offensichtlich, dass dies für alle achsenparallelen Strahlen gilt. Wie wir sehen wer-

. Abb. 2.14 Zur Konstruktion der Abbildung an einem gekrümmten Spiegel

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Kapitel 2  Geometrische Optik

den, ist dies eine spezielle Eigenschaft des parabolischen Spiegels. Wir wollen zunächst eine analytische Ableitung versuchen, die in . Abb. 2.15 skizziert ist. Wir haben das Koordinatensystem so gewählt, dass die optische Achse mit der y-Achse zusammenfällt und der Scheitel des Spiegels im Ursprung des Koordinatensystems liegt. Die Spiegelfläche ist dann durch die Funktionsgleichung der Parabel festgelegt:

2

f .x/ D kx 2

(2.3)

Zu bestimmen ist die y-Koordinate der Stelle, an der der reflektierte Strahl die optische Achse schneidet. Da dies am Brennpunkt geschehen sollte, nennen wir diese y-Koordinate f . Wir wählen einen achsenparallelen Strahl mit dem Abstand x0 von der optischen Achse. Die Neigung des Spiegels an der Stelle, auf die der Strahl auftrifft, ist durch die Ableitung der Parabel gegeben: ˇ df .x/ ˇˇ D 2kx0 (2.4) tan ˛ D dx ˇx0 Wie man in . Abb. 2.15 sieht, ist dies gleichzeitig der Winkel des einfallenden Strahls gegen das Lot. Reflektiert wird der Strahl dann mit dem Winkel 2˛ gegenüber der Vertikalen, sodass wir den Schnittpunkt mit der y-Achse bestimmen können als . Abb. 2.15 Zur Bestimmung des Fokus eines Parabolspiegels

x0 : (2.5) tan 2˛   Mit tan 2˛ D 2 tan ˛= 1  tan2 ˛ , y0 D kx02 und Gl. 2.4 ergibt sich f D y0 C

f D

1 : 4k

(2.6)

Unser Ergebnis hängt nicht vom Abstand x0 des einfallenden Strahls zur optischen Achse ab, was bedeutet, dass alle achsenparallelen Strahlen die optische Achse im selben Punkt F schneiden. Dies ist der gesuchte Brennpunkt. Seine Lage hängt alleine von der Krümmung der Parabel ab. Wesentlich für dieses Ergebnis ist Gl. 2.4, die besagt, dass die Steigung der Kurve linear mit x0 ansteigt – eine Bedingung, die nur auf die Parabel zutrifft. Es mag illustrativ sein, die Fokussierung der einfallenden Strahlen noch auf einem anderen Wege zu betrachten. Die achsenparallelen Strahlen bilden eine einfallende ebene Welle. Eine der Wellenfronten ist in . Abb. 2.15 durch eine horizontale, gestrichelte Linie angedeutet. Der Punkt A liegt auf dieser Wellenfront. Diese ebene Welle soll in eine Kugelwelle umgewandelt werden, die in den Fokus F einläuft. Dies bedeutet, dass für alle Strahlen die Wegstrecke zum Punkt F gleich sein muss, d. h., es muss gelten: AB C BF D c

(2.7)

63 2.2  Spiegel

mit einer Größe c, die unabhängig von x0 sein muss. Nun kann man aber eine Parabel definieren als die Menge von Punkten, für die der Abstand r zu einem Punkt F gleich dem senkrechten Abstand h zu einer Linie l ist. Ausgedrückt durch die Punkte in unserer Skizze bedeutet dies: BF D BC

(2.8)

Eingesetzt in Gl. 2.7 erhalten wir AB C BC D AC D c;

(2.9)

was offensichtlich korrekt ist, da es sich bei AC um den Abstand zweier Wellenfronten handelt, der für alle Strahlen in der ebenen Welle gleich ist. Die Welle wird in eine einlaufende Kugelwelle gebrochen. Für Kegelschnitte gilt allgemein: BF D BC

(2.10)

mit der Exzentrizität des Schnitts, wobei sich für < 1 eine Ellipse, für D 1 eine Parabel und für > 1 ein Hyperbel ergibt. Wiederum erkennen wir, dass lediglich eine parabolische Fläche die einfallende Wellenfront perfekt auf einen Punkt fokussiert. Bitte beachten Sie allerdings, dass auch bei einem Parabolspiegel diese Fokussierung nur perfekt ist, wenn die Welle parallel zur optischen Achse einfällt. Beispiel 2.4: Scheinwerfer am PKW

Die Scheinwerfer eines PKW enthalten einen Parabolspiegel, der die Strahlen einer annähernd punktförmigen Lichtquelle in ein paralleles Strahlenbündel abbildet. Dies entspricht dem umgekehrten Lichtweg, wie wir ihn bei der Fokussierung einer einfallenden ebenen Welle mithilfe eines Parabolspiegels kennengelernt haben. Die Lichtquelle ist im Fokus des Parabolspiegels angebracht. Strahlen, die von hier in die linke Hemisphäre ausgesandt werden, treffen auf den Parabolspiegel und werden in ein achsenparalleles Bündel reflektiert. Strahlen, die in die rechte Hemisphäre austreten, treffen auf einen halbkugelförmigen Hohlspiegel, dessen Mittelpunkt mit dem Fokus des Parabolspiegels zusammenfällt. Da die Strahlen vom Mittelpunkt des sphärischen Spiegels ausgehen, werden sie in diesen zurückreflektiert, treffen danach in der linken Hemisphäre auf den Parabolspiegel und werden in dasselbe achsenparallele Strahlenbündel reflektiert. So entsteht ein begrenzter, paralleler Lichtstrahl entlang der optischen Achse. Der Scheinwerfer ist durch eine Glasscheibe (in der Skizze bläulich) gegen die Umgebung abgeschlossen, um den Scheinwerfer

2

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2

Kapitel 2  Geometrische Optik

inklusive der Glühbirne vor Regen und anderen Umwelteinflüssen zu schützen. Auf dieser Glasscheibe sind teilweise Prismen aufgebracht, die einen Teil des Lichtbündels in andere Richtungen ablenken. Beispielsweise wird meist ein kleiner Teil des Lichts im unteren Bereich der Scheibe nach unten abgelenkt, um die Fahrbahn vor dem PKW auszuleuchten.

Beispiel 2.5: Radioteleskope

Mit astronomischen Teleskopen wird die Strahlung, die weit entfernte Sterne aussenden, aufgefangen und registriert. Da diese Sterne sehr weit weg sind, kann deren Strahlung in ausgezeichneter Näherung als parallel angenommen werden. Um diese in einen Punkt in der Brennebene des Teleskops zu fokussieren, werden häufig Parabolspiegel eingesetzt. Will man weit entfernte Sterne nachweisen, so muss das Teleskop eine möglichst große Öffnung haben, sodass möglichst viel der sehr schwachen Strahlung in das Teleskop fällt. Große Öffnungen sind aber mit Spiegeln sehr viel leichter zu realisieren als mit Linsen. Das Foto zeigt das Radioteleskop des Max-Planck-Instituts für Radioastronomie nahe des Orts Effelsberg in der Eifel. Der Parabolspiegel hat einen Durchmesser von 100 m. Das Teleskop wurde 1972 in Betrieb genommen und war dann für fast 30 Jahre das größte bewegliche Radioteleskop der Welt. Mit ihm werden Pulsare, kalte Gas- und Staubwolken, Sternentstehungsgebiete, von Schwarzen Löchern ausgehende Materiejets oder Kerne ferner Galaxien beobachtet. Heute ist es Teil eines weltweiten Netzwerks zusammengeschalteter Radioteleskope.

65 2.2  Spiegel

© Oliver Pooth

Beispiel 2.6: Cassegrain-Teleskop – Teil I

Im klassischen Cassegrain-Teleskop findet ein Parabolspiegel als Hauptspiegel Verwendung. Er fokussiert das Licht entfernter Sterne in einen Brennpunkt F1 . Vor diesem Brennpunkt wird es von einem Sekundärspiegel aufgenommen und in einen weiteren Brennpunkt F2 abgebildet, wo es mithilfe einer Kamera aufgezeichnet oder, wie in der Skizze angedeutet, mit einem Okular betrachtet werden kann. Bei der Cassegrain-Anordnung wird das Licht vom Sekundärspiegel durch ein Loch im Hauptspiegel ausgeleitet. Andere Anordnungen verwenden einen ebenen Spiegel vor dem Hauptspiegel, um das Licht seitlich auszukoppeln. Beim Sekundärspiegel handelt es sich

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Kapitel 2  Geometrische Optik

meist um einen konvexen, hyperbolischen Spiegel, den wir weiter unten noch besprechen werden.

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Experiment 2.4: Doppelhohlspiegel

© RWTH Aachen, Sammlung Physik

Der Doppelhohlspiegel ist eine einfache Anordnung zweier Parabolspiegel, die ein verblüffendes Ergebnis erzeugen. Unsere Spiegel sind ca. 25 cm im Durchmesser und haben in der Mitte ein Loch von ca. 5 cm Durchmesser. Sie werden so aufeinandergelegt, dass der Brennpunkt des einen Spiegels jeweils im Scheitel des anderen zu liegen kommt. Nun legt man einen kleinen Gegenstand in das untere Loch auf die Tischplatte, auf der sich die Spiegel befinden. Blickt man nun aus einer geeigneten Richtung in das Loch des oberen Spiegels, sieht man den Gegenstand, als würde er über diesem Loch liegen. Man nimmt ein reelles dreidimensionales Bild im Maßstab 1:1 wahr. Das Foto zeigt ein solches Bild eines Spielzeugautos. Das Spielzeugauto selbst ist auf dem Foto nicht zu

67 2.2  Spiegel

sehen. Neben dem Auto wird auch der Ausschnitt der Tischplatte abgebildet, auf dem das Bild zu stehen scheint. Eine künstliche Beleuchtung des Gegenstands ist nicht notwendig, da die Spiegel Licht aus der Umgebung auf den Gegenstand leiten. In der Skizze ist exemplarisch der Strahlengang für Licht, das vom unteren Brennpunkt ausgeht, wiedergegeben.

Elliptischer Spiegel Eine weitere wichtige Spiegelform ist die des elliptischen Spiegels. Die reflektierende Fläche folgt hier der Form einer Ellipse. Das besondere an einem elliptischen Spiegel ist die Abbildung von Strahlen, die von einem der beiden Brennpunkte der Ellipse ausgehen, in den jeweils anderen. Dies ist in . Abb. 2.16 dargestellt. Elliptische Spiegel werden häufig als Sekundärspiegel eingesetzt, die das Licht aus dem Fokus eines Primärspiegels weiter abbilden.

Hyperbolischer Spiegel Zu den Kegelschnitten zählt neben der Parabel und der Ellipse auch die Hyperbel. In . Abb. 2.17 ist ein entsprechender hyperbolischer Spiegel gezeigt. Man kann die hyperbolische Fläche definieren als die Menge an Punkten, deren Abstand zu zwei Brennpunkten F1 und F2 sich jeweils um 2a unterscheidet, wobei die Größe a dem Abstand der Scheitelpunkte S1 und S2 der beiden hyperbolischen Flächen von der Mitte M entspricht. Basierend auf dieser Definition einer hyperbolischen Fläche kann man die Abbildungseigenschaften ableiten. Wir wollen dies hier nicht ausführen, sondern die wichtigste Eigenschaft direkt angeben: Ein Strahlenbündel, das auf den rückwärtigen Brennpunkt F2 eines hyperbolischen Spiegels fokussiert ist, wird von diesem in den vorderen Brennpunkt F1 fokussiert. Wie auch die elliptischen Spiegel dienen hyperbolische Spiegel hauptsächlich als Sekundärspiegel.

. Abb. 2.17 Zur Abbildung an einem hyperbolischen Spiegel

. Abb. 2.16 Abbildung an einem elliptischen Spiegel

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68

Kapitel 2  Geometrische Optik

Beispiel 2.7: Hubble-Weltraumteleskop

2

Beim Hubble-Weltraumteleskop liegt eine Cassegrain-Anordnung vor, allerdings mit zwei hyperbolischen Spiegeln. Man nennt dies ein Ritchey-Chretien-Cassegrain-Teleskop. Auf dem Foto ist der Hauptspiegel zu sehen. Für achsenparallele Strahlen ist die klassische Cassegrain-Anordnung mit einem parabolischen Hauptspiegel ideal. Doch in einem Teleskop sind nicht alle Strahlen achsenparallel, sofern man nicht nur einen einzigen Stern im Zentrum des Sichtfelds beobachten will. Treten Strahlen unter einem endlichen Winkel zur optischen Achse ein, so kommt es mit zunehmendem Abstand von der optischen Achse zu einem Abbildungsfehler. Um die abgebildeten Lichtpunkte entsteht ein nach außen gerichteter Schweif. Diesen Abbildungsfehler nennt man daher auch Koma. Er begrenzt letztlich den nutzbaren Durchmesser des Hauptspiegels. In der Anordnung mit den beiden hyperbolischen Spiegeln kann diese Begrenzung umgangen werden. Sie wurde daher beim Hubble-Teleskop gewählt, und auch die meisten neuen erdgebundenen Teleskope benutzen diese Anordnung.

© NASA

Sphärischer Spiegel Weit verbreitet sind außerdem sphärische Spiegel, deren reflektierende Fläche einen Ausschnitt aus einer Kugeloberfläche darstellt, wobei meist die Innenseite dieser Fläche verspiegelt ist. Die große Verbreitung liegt vor allem darin begründet, dass sphärische Flächen leichter herzustellen sind als parabolische. In Beispiel 2.4 sind wir beim PKW-Scheinwerfer bereits auf einen sphärischen Spiegel gestoßen. Er reflektiert die Strahlen, die von seinem Mittelpunkt ausgehen, in sich selbst zurück.

69 2.2  Spiegel

. Abb. 2.18 Zur Abbildung an einem sphärischen Spiegel

In . Abb. 2.18 ist die Abbildung eines Bündels achsenparalleler Strahlen an einem sphärischen Spiegel dargestellt. Am jeweiligen Auftreffpunkt eines Strahls auf die reflektierende Fläche ist das Lot eingetragen. Es zeigt zum Mittelpunkt der Kugel. Die Reflexion eines jeden Strahls wurde gemäß der Regel Einfallswinkel gleich Ausfallswinkel konstruiert. Der Brennpunkt des Spiegels liegt in der Mitte zwischen dem Mittelpunkt der Kugel und dem Scheitel. Wie man erkennt, werden die achsennahen Strahlen tatsächlich auf den Brennpunkt reflektiert. Allerdings sehen wir ein Problem, wenn wir achsenfernere Strahlen betrachten. Deren Schnittpunkt mit der optischen Achse ist leicht nach rechts verschoben. Denken wir uns eine vertikale Ebene durch den Brennpunkt, auf den die Strahlen auftreffen, so entsteht auf dieser Ebene ein verschwommener Leuchtfleck, aber kein scharfer Punkt. Wir sprechen hier von einem Abbildungsfehler. Dieser Abbildungsfehler entsteht durch achsenferne Strahlen, deren tatsächlicher Brennpunkt entlang der optischen Achse verschoben ist. Man nennt diesen Abbildungsfehler die sphärische Aberration. Betrachten wir benachbarte achsenferne Strahlen, so schneiden diese sich an einem Punkt, der nicht mit dem Brennpunkt zusammenfällt. Berechnen wir den Schnittpunkt benachbarter Strahlen für alle Lagen, so bilden diese eine Fläche, die sogenannte Brennfläche oder Kaustik. In Experiment 2.5 ist sie dargestellt. Die Bedeutung sphärischer Spiegel zeigt sich aber noch in einem theoretischen Argument. In der Nähe der optischen Achse lassen sich alle gewölbten Spiegel durch sphärische Siegel approximieren. Darauf werden wir in 7 Abschn. 2.2.3 zurückkommen. Experiment 2.5: Katakaustik

Wir benutzen einen goldenen Fingerring als Spiegel. Von links fällt Licht in einem flachen Winkel auf die Innenseite des Rings, dessen rechte Hälfte als Spiegel wirkt. Im Inneren des Rings ist der

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70

2

Kapitel 2  Geometrische Optik

rechte Bereich erkennbar aufgehellt. Dort verlaufen die reflektierten Strahlen. Die Brennfläche ist als scharfe Grenze gegenüber dem dunkleren Innenbereich deutlich wahrzunehmen. Diese Kaustik, die durch Reflexion entsteht, nennt man auch die Katakaustik im Gegensatz zu einer Diakaustik, die durch Brechung entsteht. Die Katakaustik ist eine geschwungen symmetrische Linie mit einer Spitze in der Mitte, in der der Brennpunkt liegt.

Experiment 2.6: Abbildung von Gegenständen an einem Hohlspiegel

Wir demonstrieren die Abbildung an einem sphärischen Hohlspiegel mit einigen einfachen Gegenständen. Die Aufnahmen zeigen die Gegenstände in zwei unterschiedlichen Gegenstandsweiten. Im ersten Bild befinden sich die Gegenstände außerhalb der doppelten Brennweite. Es entsteht ein umgekehrtes und verkleinertes Bild. Für die zweite Aufnahme haben wir die Gegenstände bei nahezu unveränderter Position der Kamera näher an den Spiegel herangebracht. Sie stehen nun innerhalb der einfachen Brennweite, und wir sehen ein aufrechtes und vergrößertes Bild. Achten Sie bitte auf die Verzerrungen der Bilder, z. B. auf die uneben erscheinende Unterlage der Gegenstände im Zentrum des Bilds.

71 2.2  Spiegel

2

Wölbespiegel Die bisher betrachteten Hohlspiegel bezeichnet man auch als konkave Spiegel. Die reflektierende Fläche ist nach innen gewölbt. Man kann aber auch die konvexe Außenseite verspiegeln. Dann spricht man von einem Wölbespiegel oder einem Konvexspiegel. . Abb. 2.19 zeigt ein Beispiel. Das Bild ist aufrecht und verkleinert und erscheint durch die Abbildung verzerrt. In . Abb. 2.20 ist exemplarisch die Konstruktion einer Abbildung eines achsenparallelen Strahlenbündels an einem parabolischen Wölbespiegel gezeigt. Die reflektierten Strahlen scheinen vom Brennpunkt, der beim Wölbespiegel auf der Rückseite der reflektierenden Fläche liegt, zu kommen. Ähnlich kann man die Abbildung an allen Wölbespiegeln konstruieren.

. Abb. 2.19 Spiegelung einer winterlichen Szene in einer orangefarbenen Christbaumkugel

Beispiel 2.8: Cassegrain-Teleskop – Teil II

Wie bereits in Beispiel 2.6 angedeutet, wird das Licht in einem Cassegrain-Teleskop zunächst vom Hauptspiegel auf seinen Brennpunkt F1 fokussiert. Vor diesem Brennpunkt ist ein hyperbolischer Wölbespiegel angebracht, dessen linker Brennpunkt ebenfalls im Punkt F1 liegt. Ein solcher Wölbespiegel fokussiert das Licht, das zunächst auf seinen linken Brennpunkt gerichtet war, auf seinen rechten Brennpunkt F2 . Ist die Brennweite dieses Spiegels groß genug, so liegt F2 jenseits des Hauptspiegels. Dieser hat in seiner Mitte ein Loch, durch das dann das Licht in den Raum hinter

. Abb. 2.20 Zur Abbildung an einem parabolischen Wölbespiegel

72

Kapitel 2  Geometrische Optik

dem Hauptspiegel austritt und dort in F2 von den Messinstrumenten aufgefangen werden kann.

2

Experiment 2.7: Reflexion von Laserstrahlen an einem Wölbespiegel

Fünf achsenparallele Strahlen treffen auf einen sphärischen Wölbespiegel. Sie werden reflektiert. Es bildet sich ein Strahlenbündel, das vom rechten Brennpunkt des Spiegels auszugehen scheint.

© RWTH Aachen, Sammlung Physik

2.2.3 Paraxiale Näherung Paraxiale Strahlen Die Verhältnisse bei der Spiegelung an gewölbten Spiegeln vereinfachen sich erheblich, wenn wir einfallende Strahlen auf einen bestimmten, besonders wichtigen Bereich einschränken. Dieser Bereich umfasst Strahlen mit zwei Einschränkungen: 4 Der Abstand d der Strahlen zur optischen Achse ist gering. 4 Der Einfallswinkel ˛, gemessen gegen die optische Achse, ist gering. Was dies im mathematischen Sinne bedeutet, werden wir im Folgenden noch sehen. Man nennt diesen Bereich den Bereich der paraxialen Strahlen und spricht von der paraxialen Näherung.

73 2.2  Spiegel

Im Rahmen der paraxialen Näherung genügt es, den sphärischen Spiegel zu betrachten. Andere gewölbte Spiegel können durch einen sphärischen Spiegel genähert werden. Wir wollen dies anhand des parabolischen Spiegels explizit ausführen. Betrachten Sie bitte . Abb. 2.21. Sie zeigt einen parabolischen Spiegel, dargestellt durch die Funktion (Gln. 2.3 und 2.6) f .x/ D

1 2 x 4f

(2.11)

in blauer Farbe und darin eingepasst einen grünen Kreis mit Radius r um den Mittelpunkt M. Für den Kreis gilt: x 2 C .y  r/2 D r 2 x 2 C y 2  2yr D 0 yDr˙

p r 2  x2

(2.12)

Wir interessieren uns für die untere Hälfte des Kreises, welche sich durch die Funktion ! r 2 p x (2.13) k.x/ D r  r 2  x 2 D r 1  1  2 r ˇ ˇ beschreiben lässt. Im Bereich ˇx 2 =r 2 ˇ  1 lässt sich diese Funktion durch eine Potenzreihe in x 2 darstellen:   2 1x 1 x4 3 x6 C C C : : : (2.14) k.x/ D r 2 r2 8 r4 48 r 6 Nun wenden wir die paraxiale Näherung an. Wir beschränken uns auf Strahlen, deren Abstand x zur optischen Achse sehr viel kleiner als der Radius des sphärischen Spiegels ist. Dann gilt k.x/ 

1 2 x : 2r

(2.15)

Wir sehen, dass wir r D 2f setzen müssen, um eine Näherung der Parabel zu erhalten. Der Fokus des sphärischen Spiegels liegt in der Mitte zwischen Scheitel und Mittelpunkt – ein Ergebnis, das wir bereits in 7 Abschn. 2.2.2 auf geometrischem Wege erhalten hatten. Beispiel 2.9: Paraxiale Näherung an einem sphärischen Hohlspiegel

Diese kurze Rechnung illustriert die paraxiale Näherung quantitativ. Betrachten Sie bitte die Skizze. Ein Lichtstrahl fällt im Abstand d parallel zur optischen Achse auf einen sphärischen Hohlspiegel. Er wird am Spiegel reflektiert und schneidet die optische Achse im

. Abb. 2.21 Approximation eines parabolischen Spiegels durch einen Kreis

2

74

Kapitel 2  Geometrische Optik

Abstand s vom Mittelpunkt M des Hohlspiegels. Wir bestimmen diesen Abstand s. Nach dem Reflexionsgesetz ist ˛ D ˇ. Da der einfallende Strahl parallel zur optischen Achse verläuft, schließt das Lot r ebenfalls den Winkel ˇ mit der optischen Achse ein. Aus der Skizze lesen wir

2

sD

r 2 cos ˇ

ab, wobei man den Winkel ˇ durch den Abstand des einfallenden Strahls von der optischen Achse ausdrücken kann (sin ˇ D d=r). Die Strecke s und damit der Punkt, auf den der einfallende Strahl fokussiert wird, hängen also vom Abstand d dieses Strahls von der optischen Achse ab. Fällt ein ganzes Bündel Strahlen ein, entsteht kein scharfer Brennpunkt, da jeder Strahl in einen anderen Punkt fokussiert wird. Erst wenn wir d so klein machen, dass cos ˇ  1 gilt, werden diese Strahlen alle in denselben Punkt fokussiert, sodass wir eine scharfe Abbildung erhalten. Dieser Punkt liegt bei s D r=2, was der Lage des Brennpunkts entspricht, wie wir bereits gesehen haben.

Paraxialgleichung Wie wir bereits wissen, werden Strahlenbündel, die aus dem Unendlichen kommen, in den Brennpunkt der Spiegel fokussiert. Wir wollen nun Strahlenbündel betrachten, die von Punkten auf der optischen Achse ausgehen, die in endlicher Entfernung vom Spiegel liegen. Aus Symmetriegründen erwarten wir, dass der Fokus dieser Strahlen ebenfalls auf der optischen Achse liegt. Wir wollen nun bestimmen, wo genau er sich auf dieser Achse befindet. In . Abb. 2.22 ist die Situation skizziert. Den Leuchtpunkt, der uns hier als Gegenstand dient, haben wir mit P bezeichnet. Er liegt im Abstand g vom Scheitel S auf der optischen Achse. Der Mittelpunkt M des Spiegels hat den Abstand r vom Scheitel. Der Fokus befindet sich im Abstand f D r=2 vom Scheitel. Der Leuchtpunkt wird auf den Bildpunkt P0 abgebildet. Dessen Abstand vom Scheitel haben wir mit b bezeichnet. Wir betrachten das Dreieck PBP0 . Der Winkel am Punkt B wird durch das Lot auf die Spiegelfläche (MB) geteilt, da ja bei der Reflexion ˛ D ˇ gilt. Mit dem Sinussatz erhalten wir für dieses Dreieck MBP PM PB PM sin ˛ D D ) sin ˛ sin .  '/ sin ' PB . Abb. 2.22 Paraxiale Abbildung

eines Punkts durch einen Hohlspiegel

(2.16)

und für das Dreieck MBP0 P 0M P 0B P 0M sin ˛ D D ) : 0 sin ˇ sin ' sin ' PB

(2.17)

75 2.2  Spiegel

Diese beiden Relationen können wir gleichsetzen. Wir erhalten PM PB

D

P 0M P 0B

:

(2.18)

Nun liest man aus der Skizze ab: PM D g  r P 0M D r  b

(2.19)

In der paraxialen Näherung, in der nicht nur P nahe an der optischen Achse liegen muss, sondern auch der Winkel der von P ausgehenden Strahlen zur optischen Achse klein sein muss, können wir ferner setzen: PB  g P 0B  b

(2.20)

Wir fügen dies in Gl. 2.18 ein und erhalten r b gr D g b

(2.21)

oder 1 1 2 C D : g b r

(2.22)

Setzen wir nun noch f D r=2, so erhalten wir die Paraxialgleichung, die auch Spiegelformel genannt wird: 1 1 1 C D g b f

(2.23)

Wir haben sie für Hohlspiegel abgeleitet. Sie gilt aber gleichermaßen für Wölbespiegel, sofern wir f durch f ersetzen. In der Gleichung erkennen wir zwei Spezialfälle wieder. Schieben wir den Leuchtpunkt (Gegenstand) ins Unendliche (g ! 1), so wandert der Bildpunkt in den Fokus (b ! f ), denn Strahlen aus dem Unendlichen werden in den Brennpunkt fokussiert. Schieben wir umgekehrt den Leuchtpunkt in den Fokus, so wandert der Bildpunkt ins Unendliche, denn Strahlen, die vom Fokus ausgehen, werden zu einem parallelen Strahlenbündel.

Abbildungsmaßstab Durch die Paraxialgleichung ist die Abbildung von Punkten auf der optischen Achse vollständig bestimmt. Aber auch die Abbildung von Punkten abseits der optischen Achse ist nicht weiter kompliziert, sofern wir im Bereich der paraxialen Näherung bleiben. Wir müssen

2

76

Kapitel 2  Geometrische Optik

2

. Abb. 2.23 Abbildung von Gegenstandspunkten an einem Hohlspiegel

uns nur vor Augen führen, dass die gesamte Anordnung rotationssymmetrisch um den Mittelpunkt des Hohlspiegels ist. Jede Gerade durch den Mittelpunkt des Spiegels könnte als optische Achse dienen. Betrachten Sie bitte . Abb. 2.23. Darin haben wir . Abb. 2.22 noch einmal aufgegriffen. Der Punkt P1 in . Abb. 2.23 entspricht dem Punkt P in . Abb. 2.22, dessen Abbildung in den Bildpunkt P0 wir berechnet haben. Nun wollen wir einen Punkt P2 abbilden, der sich abseits der optischen Achse befindet. In Gedanken drehen wir die optische Achse um den Mittelpunkt des Hohlspiegels, bis sie durch den Punkt P2 verläuft. Dabei müssen wir allerdings darauf achten, dass wir den Bereich der paraxialen Näherung nicht verlassen, d. h., der Winkel, um den wir die Achse drehen müssen, um P2 zu erreichen, darf nicht zu groß sein. Nun können wir die Abbildung von P2 bezüglich der fiktiven, gedrehten optischen Achse berechnen. Dies haben wir in . Abb. 2.23 durchgeführt. Da P2 denselben Abstand vom Mittelpunkt des Spiegels hatte wie P1 , sind auch die Abstände von P01 und P02 vom Mittelpunkt gleich. Wir haben die Bildpunkte in eine Bildebene abgebildet, die eine Kugeloberfläche mit dem Mittelpunkt M darstellt. Wir wenden uns zunächst einer einfacheren Situation zu (. Abb. 2.24). Wir betrachten zwei Strahlenbündel, die aus dem Unendlichen kommend auf einen Hohlspiegel treffen. Die beiden Strahlenbündel schließen einen Winkel ˛ ein. Stellen wir uns vor, dass sie vom Anfang und Ende eines Maßstabs kommen, so ist der Winkel ˛ ein Maß für die Länge dieses Maßstabs. Beide Strahlenbündel werden durch den Spiegel in einen Punkt abgebildet. Für das Strahlenbündel auf der optischen Achse ist diese der Brennpunkt selbst, für das andere Strahlenbündel ein entsprechender Punkt, der seitlich versetzt liegt. Beide haben einen Abstand f vom Mittelpunkt des Spiegels. Die beiden Punkte stellen das Bild des Maßstabs dar. Die Länge B des Bilds ist durch den Abstand der beiden Bildpunkte gegeben. Aus der Skizze liest man ab: B D f tan ˛  f ˛

. Abb. 2.24 Abbildung von Strahlen aus dem Unendlichen an einem Hohlspiegel

(2.24)

Dabei haben wir wieder die paraxiale Näherung benutzt, denn für kleine Winkel ˛ kann B durch den senkrechten Abstand von der optischen Achse genähert werden. Bei einem astronomischen Teleskop wäre B beispielsweise der Abstand zweier Sterne im Bild. Nun kommen wir zurück auf den Fall eines Gegenstands im Endlichen, den wir in . Abb. 2.23 dargestellt haben. Wir nennen G die Gegenstandsgröße, d. h. den Abstand zweier Punkte im Gegenstand, und B die Bildgröße, d. h. den Abstand der entsprechenden Bildpunkte im Bild. Nun wollen wir den Abbildungsmaßstab ˇ bestimmen, den wir bereits für den ebenen Spiegel eingeführt haben (Gl. 2.1). Wir betrachten die beiden Bildpunkte P1 und P2 in . Abb. 2.23 und deren Bildpunkte P01 und P02 . Wieder verwenden

77 2.2  Spiegel

. Tabelle 2.1 Abbildung an gewölbten Spiegeln Hohlspiegel (konkav) Gegenstand

Bild

Gegenstandsweite

Bildweite

Art

Orientierung

Größe

gg

Virtuell

Aufrecht

Vergrößert

gDf

Unendlich







f < g < 2f

1 > b > 2f

Reell

Umgekehrt

Vergrößert

g D 2f

b D 2f

Reell

Umgekehrt

Gleich groß

g > 2f

f < b < 2f

Reell

Umgekehrt

Verkleinert

Wölbespiegel (konvex) Gegenstand

Bild

Gegenstandsweite

Bildweite

Art

Orientierung

Größe

Beliebig

b 0). Die nächste Ordnung in der Entwicklung sind folglich kubische Terme, wovon es mehrere geben kann: x 0 D A1 h C A2 ˛ C B1 h3 C B2 h2 ˛ C B3 h˛ 2 C B4 ˛ 3 C : : : y 0 D A2 ˇ C CC2 h2 ˇ C C3 hˇ 2 C C4 ˇ 3 C : : : (2.122) Jeder Koeffizient Bi in dieser Potenzreihe entspricht einem anderen Bildfehler. Wir werden sie in den folgenden Abschnitten einzelnen besprechen6 .

2.7.3 Öffnungsfehler Geht von einem Gegenstandspunkt auf der optischen Achse ein Strahlenbündel mit dem Öffnungswinkel ˛max aus, so führt dies, wie wir nun schon mehrfach erwähnt haben, auf einen Bildfleck in der Bildebene. Dabei wollen wir als Bildebene die Ebene durch den paraxialen Brennpunkt verwenden. Der Durchmesser dieses Bildflecks ist durch D 2x0max

(2.123)

gegeben, wie Sie in . Abb. 2.73 erkennen können. Da für Gegenstandspunkte auf der Achse h D 0 ist und für dünne Linsen A2 D 0 3 und damit gilt (Gl. 2.113), folgt aus Gl. 2.122 x0max D B4 ˛max 3 D 2B4 ˛max :

(2.124)

Der Durchmesser des Bildflecks in der Bildebene steigt mit der dritten Potenz des Öffnungswinkels des Strahlenbündels an. Man nennt dies den Öffnungsfehler oder auch die sphärische Aberration. Dies ist der einzige Bildfehler, der bei Gegenstandspunkten auf der 6

Die hier vorgestellte Entwicklung lehnt sich an die von Philipp Ludwig von Seidel vorgestellte mathematische Behandlung der Bildfehler an, auch wenn wir sie hier etwas vereinfachen.

2

166

Kapitel 2  Geometrische Optik

. Abb. 2.73 Sphärische Aberration an einer bikonvexen Linse

2

optischen Achse auftritt. Verschieben wir die Bildebene ein wenig in Richtung der Linse, so wird der Durchmesser des Bildflecks zwar kleiner, aber ein scharfer Bildpunkt entsteht auch dann nicht, und 3 bleibt die Abhängigkeit des Durchmessers des Bildflecks von ˛max bestehen. Der Wert der Konstanten B4 ist durch die Form und das Material der Linse eindeutig festgelegt. Wie wir in Beispiel 2.38 gesehen haben, kann man ihn durch eine spezielle Wahl der Linsenform minimieren. Werden achsenferne Strahlen, wie dies bei sphärischen Sammellinsen immer der Fall ist, auf Punkte fokussiert, die näher an der Linse liegen als der Fokus paraxialer Strahlen, so spricht man von einer negativen Aberration. Im umgekehrten Fall nennt man die Aberration positiv. Dieser Fall tritt bei sphärischen Zerstreuungslinsen auf. Da sphärische Sammel- und Zerstreuungslinsen eine entgegengesetzte Aberration zeigen, kann man die Aberration durch Kombinationen von Sammel- und Zerstreuungslinsen zumindest verkleinern. Experiment 2.23: Sphärische Aberration mit Laserstrahlen

Man kann die sphärische Aberration mit Laserstrahlen sehr schön zeigen. Wir senden fünf parallele Strahlen durch eine plankonvexe Linse. Sie werden in den Brennpunkt gebrochen. Aus den drei achsennahen Strahlen entsteht ein Fokus, allerdings sieht man sehr deutlich, dass die beiden achsenfernen Strahlen stärker gebrochen werden und die optische Achse bereits vor den anderen Strahlen schneiden. Beachten Sie bitte, dass der paraxiale Brennpunkt noch etwas rechts des Schnittpunkts der inneren drei Strahlen liegt, da auch diese bereits eine leichte Aberration zeigen. Es gibt zwei Möglichkeiten, die Aberration zu quantifizieren. Beide sind in der Skizze angedeutet. Entweder man gibt in der Bildebene, die durch den paraxialen Brennpunkt geht, den Abstand der äußersten Strahlen voneinander an (dies nennt man Querabweichung oder transversale sphärische Aberration), oder man bestimmt den Abstand des Schnittpunkts der äußersten Strahlen vom paraxialen Brennpunkt entlang der optischen Achse (dies nennt man Längsabweichung oder longitudinale sphärische Aberration).

167 2.7  Abbildungsfehler

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Experiment 2.24: Sphärische Aberration an einer Sammellinse

Mit diesem Experiment auf einer optischen Bank lässt sich die sphärische Aberration im Einzelnen untersuchen. Mit einer Halogenlampe mit Kondensor erzeugen wir einen gleichmäßigen roten Gegenstandspunkt, indem wir eine Mattscheibe beleuchten, das durchdringende Licht durch einen roten Farbfilter schicken und mit einer Lochblende eine kleine Scheibe aus dem Lichtfeld ausblenden. Dieser Gegenstandspunkt wird dann mit einer Sammellinse auf einen Schirm abgebildet und das Bild von der Rückseite des Schirms mit einer Kamera aufgezeichnet. Der Aufbau ist in der Skizze und dem ersten Foto dargestellt. Vor der Sammellinse befindet sich eine weitere Blende, deren Durchmesser einstellbar ist. Mit dieser sogenannten Aperturblende können wir den Öffnungswinkel des Strahlenbündels, das die Abbildung bewirkt, einstellen. In Aufnahme A ist das Bild gezeigt, das bei einer nahezu vollständig geschlossenen Aperturblende entsteht. Es zeigt einen scharfen, wenn auch dunklen Lichtfleck. Öffnen wir nun die Aperturblende, so sehen wir in Aufnahme B, dass der Bildfleck sehr viel heller erscheint und deutlich vergrößert ist. Diese Vergrößerung des Bildflecks nennt man die sphärische Aberration.

A

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B

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Kapitel 2  Geometrische Optik

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2.7.4 Koma Den Bildfehler, der aus dem Term B3 h˛ 2 in der Potenzreihe (Gl. 2.122) hervorgeht, nennt man die Koma7 oder den Asymmetriefehler. Er tritt bei Gegenstandspunkten abseits der optischen Achse zusätzlich zum Öffnungsfehler auf. In . Abb. 2.74 ist die Entstehung der Koma an einer Sammellinse skizziert. Für die äußeren Strahlen ist der Effekt am stärksten. Auf der Innenseite des Bildpunkts in Richtung auf die optische Achse bewirken die sphärische Aberration und die Koma Abweichungen vom idealen Bildpunkt in entgegengesetzte Richtungen, sodass eine einigermaßen scharfe Grenze des Bildflecks entsteht. An der Außenseite addieren sich dagegen die Effekte der sphärischen Aberration und der Koma. Es entsteht ein nach außen gerichteter Schweif, der umso größer ist, je größer der Abstand h des Gegenstandspunkts von der optischen Achse ist.

. Abb. 2.74 Koma eines

Bildpunkts

7 Vom lateinischen Wort coma für „Schweif“, nicht zu verwechseln mit dem Koma vom griechischen Wort ›ř’ ˜ für „tiefer Schlaf“.

169 2.7  Abbildungsfehler

Experiment 2.25: Koma einer Sammellinse

Wir bauen Experiment 2.24 ein wenig um (s. Skizze) und können dann auch die Koma der Abbildung zeigen. Zur Untersuchung der sphärischen Aberration befand sich der Gegenstandspunkt auf der optischen Achse. Nun müssen wir ihn in einem nicht zu geringen Abstand h von der optischen Achse anbringen. Dies gelingt am einfachsten, indem wir die Linse mit ihrer optischen Achse auf der optischen Bank drehen. Der Schweif des Bildpunkts ist auf dem Foto, das mit der Kamera hinter dem Schirm aufgenommen wurde, sehr deutlich zu sehen. Wir können zeigen, dass er in etwa linear mit dem Drehwinkel der Linse, was äquivalent zu h ist, anwächst.

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Experiment 2.26: Koma an einem Punktegitter

Sehr schön lässt sich die Koma mit einem Punktegitter zeigen. Mit einer Kohlebogenlampe mit Kondensor wird ein Dia beleuchtet, in das ein regelmäßiges Punktemuster eingestanzt ist. Die Punkte werden mit einer Sammellinse auf den Schirm abgebildet. Im achsennahen Bereich sieht man scharfe Punkte, die mit steigendem Abstand von der optischen Achse einen immer deutlicheren Schweif aufweisen. Der Schweif ist jeweils radial von der optischen Achse weg gerichtet.

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2.7.5 Astigmatismus © RWTH Aachen, Sammlung Physik

Die Fokussierung wird durch die Terme in der Entwicklung von Gl. 2.122 bestimmt, die linear in den Winkeln ˛ und ˇ sind. In der paraxialen Näherung sind dies die Terme A2 ˛ und A2 ˇ. In der Näherung zur dritten Ordnung kommen die Terme B2 h2 ˛ und C2 h2 ˇ hinzu, die ebenfalls linear in den Winkeln sind. Allerdings sind diese Terme zudem von h abhängig. Dies führt dazu, dass sich der Fokus

2

170

Kapitel 2  Geometrische Optik

. Abb. 2.75 Fokus in der Meridional- und Sagittalebene beim Astigmatismus

2

mit steigendem h entlang der optischen Achse verschiebt. Ferner ist zu beachten, dass die beiden zusätzlichen Terme unterschiedliche Koeffizienten tragen, sodass die Foki in der meridionalen und der sagittalen Ebene nicht zusammenfallen. . Abb. 2.75 zeigt diesen Effekt. Der Punkt P0M ist der Bildpunkt in der Meridionalebene und P0S entsprechend in der Sagittalebene. Man nennt den Effekt Astigmatismus. Wir demonstrieren ihn anhand einiger Experimente. A

B

C

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D

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Experiment 2.27: Astigmatismus mit Laserstrahlen

Der Astigmatismus führt zu einer Veränderung der Brennweite für achsenferne Gegenstandspunkte. Dies lässt sich mit Laserstrahlen sehr schön demonstrieren. Wir benutzen ein Paar eng beieinanderliegende, parallele Strahlen und vergrößern h, indem wir die Sammellinse, mit der wir die Strahlen abbilden, verkippen, wie wir dies bereits in Experiment 2.25 getan haben. Foto A zeigt den Fall h D 0. Wir haben unter dem Brennpunkt einen Würfel als Markierung für die späteren Fotos angebracht. Man sieht deutlich, wie mit steigendem h der Brennpunkt zur Linse hin wandert (Fotos B und C).

Experiment 2.28: Astigmatismus einer Sammellinse

Wir verwenden ein drittes Mal die Apparatur, die Sie bereits aus Experiment 2.24 kennen. Wir verkippen wiederum die Linse, um den Gegenstandspunkt von der optischen Achse zu entfernen (Experiment 2.25). Nun versuchen wir, das Bild auf dem Schirm scharf zu stellen, indem wir diesen auf der optischen Achse verschieben. Wir beobachten, dass es nicht möglich ist, ein scharfes, rundes Bild des Gegenstands zu erzielen. Stattdessen sehen wir bei einem bestimmten Abstand des Schirms von der Linse (Foto D) einen scharfen Fokus in der horizontalen Ebene. Doch unser Bildpunkt ist vertikal verschwommen, sodass wir eine

171 2.7  Abbildungsfehler

vertikale Linie sehen. Bei einem etwas größeren Abstand wechselt dann das Bild. Nun ist das Objekt vertikal scharf abgebildet, aber horizontal verschwommen. Das Bild besteht nun aus einer horizontalen Linie (Foto E).

E

Experiment 2.29: Bildfeldwölbung

Den Astigmatismus kann man sehr eindrücklich an konzentrischen Ringen demonstrieren. Mehrere dieser Ringe sind auf einem Dia zu sehen, das wir mit einer Sammellinse auf einen Schirm abbilden. Bei der Abbildung der Ringe ist lediglich die Fokussierung in radialer Richtung relevant. Eine tangentiale Unschärfe beeinflusst das Bild nicht, da es in sich selbst verschwimmt. Nahe der optischen Achse ist der Astigmatismus der Linse gering. Der Fokus liegt beim paraxialen Fokus. An dieser Stelle stand der Schirm bei unserer Aufnahme. Weiter nach außen verschiebt sich der Fokus entlang der optischen Achse durch den Astigmatismus. Daher erscheinen die äußeren Ringe unscharf. Man kann den Schirm so verschieben, dass die äußeren Ringe scharf abgebildet werden, aber dann sind die inneren unscharf. Der Fokus wandert mit dem Abstand von der optischen Achse entlang dieser. Die Bildebene ist quasi gewölbt. Daher spricht man beim Astigmatismus auch von Bildfeldwölbung.

© RWTH Aachen, Sammlung Physik

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2.7.6 Verzeichnung Nun fehlt noch die Diskussion des Terms B1 h3 in unserer Entwicklung (Gl. 2.122). Er führt auf einen Bildfehler, den man als Verzeichnung oder Distorsion bezeichnet, wobei diese Begriffe manchmal auch allgemeiner für jegliche Abweichung des Bilds von der Form des Gegenstands Verwendung finden. Beschränken wir uns in der Diskussion auf Strahlenbündel mit so geringem Öffnungswinkel ˛ bzw. ˇ, dass wir die winkelbehafteten Terme in Gl. 2.122 vernachlässigen können. Dann ist x 0 D A1 h C B1 h3 ; y 0 D 0:

(2.125)

Aus der ersten Gleichung können wir den Abbildungsmaßstab B=G bestimmen, denn es ist in unserer Nomenklatur h D G und x 0 D B. Aus Gl. 2.125 folgt B D A1 C B1 h2 : G

(2.126)

2

172

Kapitel 2  Geometrische Optik

A

2

B

Der Abbildungsmaßstab ist nicht konstant für das ganze Bild. Er verändert sich mit dem Abstand eines Gegenstandspunkts von der optischen Achse. Betrachten wir beispielsweise die Abbildung durch eine Sammellinse im Bereich eines reellen Bilds. In diesem Fall ist B=G < 0 (A1 < 0). Ist der Koeffizient B1 positiv, so nimmt der Abstand eines Bildpunkts von der optischen Achse schwächer als linear mit dem Abstand des entsprechenden Gegenstandspunkts von der Achse zu. Das Bild wird verzerrt. Wir sprechen von einer tonnenförmigen Verzeichnung, wie dies in . Abb. 2.76A angedeutet ist. Ist hingegen B1 < 0, führt dies auf eine kissenförmige Verzeichnung, wie sie in . Abb. 2.76B zu sehen ist. Bei Abbildungen an sphärischen Spiegeln sind die Verzeichnungen oft deutlich zu erkennen. Betrachten Sie noch einmal die Fotos in Experiment 2.6 oder . Abb. 2.26. Die Verzerrungen der Bilder, die Sie dort sehen, gehen auf diesen Bildfehler zurück. Experiment 2.30: Verzeichnung an einen Kreuzgitter

. Abb. 2.76 Tonnenförmige (A) und kissenförmige (B) Verzeichnung an quadratischen Objekten

Mit diesem Experiment veranschaulichen wir Verzeichnungen bei der Abbildung an einer Sammellinse. Wir zeigen, dass an der Abbildung Strahlen beteiligt sind, die tonnen- und kissenförmige Verzeichnungen aufweisen. Normalerweise sind diese Strahlen überlagert, sodass ein unscharfes Bild entsteht. Aber durch den Einsatz einer Blende können wir jeweils die tonnen- oder kissenförmige Verzeichnung sichtbar machen.

In der Skizze ist der Strahlengang bei der Abbildung eines achsenfernen Punkts an einer Sammellinse zu sehen. Die stärkere Brechung achsenferner Strahlen führt zu einer Verschmierung des Bildpunkts, die wir nun schon mehrfach gesehen haben. Der Punkt P0 wäre der Bildpunkt bei einer paraxialen Abbildung. Wir könnten die Bildfehler deutlich reduzieren, indem wir die Öffnung der Strahlenbündel mit einer Blende am Ort der Linse einschränken würden. Doch in diesem Experiment wurde die Blende am Ort A deutlich hinter der Linse angebracht. Sie blendet nun ein Strahlenbündel aus, das nicht um den Zentralstrahl, sondern um einen achsenfernen Strahl zentriert ist. Da diese Strahlen

173 2.7  Abbildungsfehler

überproportional stark gebrochen werden, liegt der Bildpunkt außerhalb des paraxialen Bildpunkts, und zwar umso mehr, je größer h ist. Dies bewirkt eine kissenförmige Verzeichnung des Bilds (Foto A). Alternativ kann man die Blende in der Position B anbringen, was dann zu einer tonnenförmigen Verzeichnung führt (Foto B).

A

B Beispiel 2.38: Bestimmung des Koeffizienten am sphärischen Spiegel

In Beispiel 2.9 haben wir gezeigt, dass achsenferne Strahlen bei der Abbildung an einem sphärischen Spiegel den Brennpunkt verfehlen. Wir wollen nun für diese Abbildung den Koeffizienten B1 in der Seidel’schen Entwicklung bestimmen (Gl. 2.122). Aus der Skizze liest man ab: r x 0 D  tan 2ˇ s  2 

Mit s D

r 2 cos ˇ

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und sin ˇ D h=r erhalten wir 

h x 0 D  tan 2 arc sin r



0 rB 1 @q 2 1

1 3

h2 r2

1h C  1A   2 : 2r

Der Koeffizient ist folglich B1 D 

1 : 2r 2

Beispiel 2.39: Schmidt-Cassegrain-Teleskop

Das Schmidt-Cassegrain-Teleskop ist eine Weiterentwicklung des Cassegrain-Teleskops, das Sie bereits kennengelernt haben (Beispiel 2.6). Beim Eintritt in das Teleskop durchqueren die Strahlen eine dünne Glasscheibe mit variabler Dicke, die man nach ihrem Erfinder Bernhard Schmidt die Schmidt-Platte nennt. Man kann sie als asphärische Linse betrachten, deren einzige Aufgabe es ist, die Bildfehler, insbesondere die sphärische Aberration, zu reduzieren. Erst die Schmidt-Platte erlaubt es, Teleskope mit großem Gesichtsfeld zu bauen.

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2

174

Kapitel 2  Geometrische Optik

2

2.7.7 Farbfehler Bei der Diskussion der Bildfehler sind wir bisher von monochromatischem Licht ausgegangen. Trifft weißes (oder buntes) Licht auf eine Linse, müssen wir neben diesen noch die chromatische Aberration berücksichtigen. Sie entsteht durch Dispersion. Hängt der Brechungsindex von der Wellenlänge des Lichts ab, so hängt auch die Lage der Brennpunkte und damit auch die Lage der Bildpunkte von der Wellenlänge des Lichts ab. Bei normaler Dispersion steigt der Brechungsindex zum Blauen hin an. Die Bildebene des blauen Lichts liegt dann dichter an der Linse als die des roten Lichts (. Abb. 2.77). Dies nennt man den Farbfehler oder die chromatische Aberration. Zur Abschätzung der chromatischen Aberration betrachten wir die Abbildung eines achsenparallelen Strahlenbündels an einer dünnen Linse. Er wird in den Brennpunkt abgebildet. Die Verschiebung des Brennpunkts entspricht dann dem longitudinalen Farbfehler. Die Brechkraft der Linse ist (Gl. 2.77) D D

1 n  1



1 1  R1 R2

 :

(2.127)

Um den Farbfehler quantitativ zu erfassen, müssen wir die Dispersion quantifizieren, wozu wir auf die Abbe-Zahl zurückgreifen (7 Abschn. 1.4). Es ist   n gelb  1 :

D n .blau /  n .rot / . Abb. 2.77 Abbildung eines Gegenstands mit weißem Licht (graue Strahlen in der Abbildung)

(2.128)

175 2.7  Abbildungsfehler

Dann erhalten wir als Differenz der Brechkraft   1 1 D D Dblau  Drot D .nblau  nrot /  R1 R2 1 D Dgelb

(2.129)

und damit 1 fblau



1 1 D : frot

fgelb

(2.130)

Nehmen wir beispielsweise eine Sammellinse aus Flintglas ( D 25) mit fgelb D 100 mm, so sind der blaue und der rote Brennpunkt etwa 4 mm voneinander separiert. Experiment 2.31: Chromatische Aberration

Mit Kohlebogenlampen kann man intensives weißes Licht erzeugen. Wir blenden aus dem Licht einer solchen Lampe zwei parallele Strahlen aus und fokussieren sie an einer Linse mit kurzer Brennweite. Durch die Dispersion erhalten die ursprünglich weißen Strahlen bei der Brechung einen blauen und einen roten Rand. Da das blaue Licht stärker gebrochen wird, liegt der Schnittpunkt des blauen Rands näher an der Linse als der des roten Rands.

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© RWTH Aachen, Sammlung Physik Beispiel 2.40: Achromat

Die chromatische Aberration kann man durch eine Kombination zweier Linsen kompensieren. Die Linsen müssen so gewählt werden, dass D1 D  D2 gilt. Stellen wir die beiden Linsen in unmittelbarem Kontakt zueinander auf, so können wir näherungsweise d D 0 und D D D1 C D2 setzen. Es muss dann gelten:

1 f2 D

2 f1

2

176

2

Kapitel 2  Geometrische Optik

Da alle gängigen Gläser normale Dispersion zeigen ( > 0), ist die Bedingung nur mit einer Kombination aus einer Sammel- und einer Zerstreuungslinse zu erreichen. Die beiden Linsen müssen aus unterschiedlichen Materialien bestehen, denn wäre 1 D 2 , so müsste f1 D f2 gelten, was auf D D 0 führt, d. h. auf eine Linsenkombination, die keine Nettobrechkraft hat. Möchten Sie eine kombinierte Brechkraft D der beiden Linsen erreichen, so muss für die einzelnen Linsen gelten:

1

1  2

2 D2 D D

1  2 D1 D D

Verwenden Sie für die Sammellinse eine symmetrische Linse mit Krümmungsradius R0 , so empfiehlt es sich, für die Fläche der Zerstreuungslinse, die der Sammellinse zugewandt ist, denselben Radius R0 zu wählen. Die beiden Linsen können dann direkt aneinandergekittet werden, was die Reflexionen zwischen den Linsen reduziert. Die Zerstreuungslinse muss dann allerdings asymmetrisch sein. Ihre zweite Fläche hat den Krümmungsradius R2 . Mithilfe der Linsenschleiferformel findet man dann R0 D 2.n1  1/ R2 D

1  2 1 ;

1 D

1

2 1 n2 1 1  2 D



1 R0

:

Wollen wir eine Kombination mit f D 100 mm aus einem Kronglas ( 1 D 50, n1 D 1;5) – einem Glas mit einer besonders geringen Dispersion – und einem Flintglas ( 2 D 25, n2 D 1;75) zusammenstellen, so müssen wir die Sammellinse aus Kronglas wählen. Dann wäre R0 D 50 mm und R2 D 37;5 mm. Eine Linsenkombination, die auf die chromatische Aberration kompensiert ist, nennt man einen Achromaten.

2.8

Blenden

Bei einer optischen Abbildung tragen kaum alle Strahlen, die von den Objekten ausgehen, zur Abbildung bei. Blenden begrenzen die Strahlenbündel, die die Optik passieren, und selbst wenn keine Blenden eingebaut sind, wird der Strahlengang durch die endliche Größe von Linsen, Prismen oder Spiegel oder durch deren Halterungen begrenzt. Für die optische Abbildung ist es nicht von Bedeutung, wie eine Begrenzung entsteht. Wir werden die Begrenzungen explizit durch Blenden darstellen. Behalten Sie aber bitte im Gedächtnis, dass diese

177 2.8  Blenden

Überlegungen auch dann noch gelten, wenn die Begrenzungen des Strahlengangs nicht durch dezidierte Blenden herbeigeführt sind. Blenden werden in den Strahlengang eingebracht, um bestimmte Funktionen zu erfüllen. Sie verändern die Helligkeit des Bilds, begrenzen den abgebildeten Gegenstandsbereich und beschränken die Bildfehler. Die beiden wichtigsten Blendentypen und ihre Funktionen wollen wir im Folgenden behandeln.

2.8.1 Apertur Betrachten Sie bitte . Abb. 2.78. Ein Gegenstandspunkt P sendet Licht in alle Raumrichtungen aus. Mit diesem Licht erzeugt eine Sammellinse L einen Bildpunkt P0 auf einem Schirm Sch. Eine Blende, die wir in der Abbildung mit B bezeichnet haben, begrenzt das Strahlenbündel in . Abb. 2.78A, bevor es auf die Linse trifft. Nur die Strahlen, die die Blende passieren, tragen zur Abbildung bei. Die Blende verändert das Bild in mehrfacher Weise. Zum einen wird der Bildpunkt durch das Einfügen der Blende dunkler, denn es können ja nun weniger Lichtstrahlen den Schirm erreichen. Außerdem wird der Bildpunkt schärfer, da die Blende den Öffnungswinkel der einfallenden Strahlen und damit die sphärische Aberration begrenzt. Darüber hinaus schränkt die Blende den Bereich in der Gegenstandsebene ein, der durch die Linse abgebildet wird. Bewegen Sie den Gegenstandspunkt P in Gedanken senkrecht zur optischen Achse nach oben. Es wird immer Licht durch die Blende fallen, egal wie weit Sie P nach oben schieben, aber ab einer bestimmten Höhe fällt dieses Licht nicht mehr auf die Linse. Dann wird auch der Gegenstandspunkt nicht mehr abgebildet.

A

B

. Abb. 2.78 Aperturblende im Strahlengang. A gegenstandsseitig; B bildseitig

2

178

2

Kapitel 2  Geometrische Optik

In diesem ersten Beispiel haben wir die Blende vor der Linse platziert. In . Abb. 2.78B ist zu sehen, dass die Blende auch hinter der Linse, d. h. zwischen Linse und Schirm, positioniert werden kann und dort denselben Einfluss hat wie vor der Linse. Das Strahlenbündel, das zur Abbildung des Gegenstands P beiträgt, ist genau dasselbe wie in . Abb. 2.78A. Wir wollen uns zunächst der Begrenzung des Öffnungswinkels durch die Blende zuwenden. Eine Blende, die den Öffnungswinkel des Strahlenbündels, das zur Abbildung beiträgt, begrenzt, nennt man eine Öffnungs- oder Aperturblende. Sowohl die Blende in . Abb. 2.78A als auch die in . Abb. 2.78B sind Aperturblenden, auch wenn sie neben der Begrenzung des Öffnungswinkels weitere Einflüsse auf die Abbildung haben. Eine Aperturblende auf der Gegenstandsseite der Optik nennt man auch eine Eingangspupille. In . Abb. 2.78A kann man die Aperturblende direkt als Eingangspupille ansehen. Man kann die Eingangspupille aber auch zu einer anderen Position entlang der optischen Achse extrapolieren, sofern man die Pupillenöffnung an das Strahlenbündel anpasst und sich auf die Gegenstandsseite der Optik beschränkt. In . Abb. 2.78B befindet sich die Aperturblende auf der Bildseite der Optik. Um eine Eintrittspupille zu bestimmen, muss man das Strahlenbündel rückwärts durch die Optik auf die Gegenstandsseite abbilden. Dies ist in . Abb. 2.79 skizziert. Analog zur Eintrittspupille kann man auch eine Austrittspupille definieren. Sie legt auf der Bildseite den maximalen Öffnungswinkel der Strahlenbündel fest, die zur Abbildung beitragen. Eine Austrittspupille ist in . Abb. 2.79 ebenfalls eingezeichnet. Wir würden die Funktion der Aperturblende gerne isolieren, d. h., wir wollen eine Aperturblende so aufstellen, dass sie den Öffnungswinkel des Strahlenbündels und damit die Helligkeit des Bilds re-

A

B

. Abb. 2.79 Ein- und Austrittspupille an einer einfachen Abbildung

179 2.8  Blenden

guliert, ohne dabei Einfluss auf andere Eigenschaften des Bilds, wie z. B. den dargestellten Bildbereich, zu nehmen. Um dies zu verstehen, müssen wir die Beleuchtung des Gegenstands mit in Betracht ziehen. Wir beginnen unsere Diskussion mit einem Gegenstandspunkt, der von einer ausgedehnten Lichtquelle beleuchtet wird. Betrachten Sie hierzu bitte . Abb. 2.80A. Bei diesem Gegenstand könnte es sich beispielsweise um eine schwarze Scheibe mit einem Loch bei P handeln. Das Licht der Lichtquelle beleuchtet den Punkt P. Dieses Licht wird von der Linse L in den Bildpunkt P0 auf dem Schirm Sch abgebildet. Die Helligkeit des Bildpunkts P0 können wir durch eine Blende B regulieren, die wir unmittelbar vor der Lichtquelle anbringen. Sie begrenzt den Bereich der leuchtenden Fläche unserer Lichtquelle, die Licht auf den Gegenstand P werfen kann. Gleichzeitig begrenzt sie, wie in . Abb. 2.80A zu erkennen ist, den Öffnungswinkel des Lichtbündels, das zur Abbildung beiträgt. Dies trifft zumindest so lange zu, wie das Lichtbündel nicht zusätzlich durch die Fassung der Linse begrenzt wird. Die Blende B wirkt als Aperturblende. In . Abb. 2.80B ist zur erkennen, dass in der Ebene B ein reelles Bild der Lichtquelle entsteht. Hätte sie eine Struktur, wie z. B. eine Glühwendel, so könnte man diese scharf erkennen, falls wir in der Ebene B einen Schirm einbringen würden. Bringen wir in Ebene B eine Blende ein, so hat diese dieselbe Funktion wie die Blende direkt vor der Lichtquelle in . Abb. 2.80A. Auch bei der Blende B handelt es sich um eine Aperturblende. In . Abb. 2.81A–C ist eine weiteres Beispiel mit einer Aperturblende veranschaulicht. Es ist von . Abb. 2.80B abgeleitet, nur haben wir die Aperturblende nun vor der Linse positioniert. Für die Abbildung des Punkts P auf der optischen Achse, die in . Abb. 2.80B gezeigt ist, hat dies keinen Einfluss. In . Abb. 2.81A haben wir nun

A

B

. Abb. 2.80 Zur Positionierung der Aperturblende B

2

180

Kapitel 2  Geometrische Optik

A

2

B

C

. Abb. 2.81 Wirkung einer ungünstig positionierten Aperturblende

den Gegenstandspunkt P1 etwas nach unten verschoben. Er wird mit unveränderter Helligkeit auf den Schirm abgebildet. In . Abb. 2.81B haben wir den Gegenstandspunkt P2 noch ein wenig weiter nach unten verschoben. Nun begrenzen die Ausdehnung der Lichtquelle zusammen mit der Aperturblende B das Strahlenbündel, das zur Abbildung beiträgt. Es ist schmaler als das Bündel in . Abb. 2.81A. Der Punkt P2 wird daher auf dem Schirm dunkler erscheinen als P1 . Noch stärker ist der Effekt in . Abb. 2.81C, wo der Punkt P3 noch weiter nach unten verschoben ist. Zur Abbildung dieses Gegenstandspunkts kann nur noch ein einzelner Lichtstrahl beitragen. Das Bild P03 wird auf dem Schirm zu dunkel sein, um es noch erkennen zu können. Für Punkte, die noch tiefer als P3 liegen, wird keine Abbildung mehr möglich sein. Wir haben hier eine Situation gefunden, in der das Bild ungleich ausgeleuchtet wird. Punkte im Zentrum des Gegenstands, deren Abstand von der optischen Achse den von P1 nicht übersteigen, werden voll ausgeleuchtet. Für Punkte im Bereich zwischen P1 und P3 nimmt die Helligkeit des Bilds nach außen hin ab, bis sie bei P3 schließlich gar nicht mehr abgebildet werden. Dies ist in der Regel ein unerwünschter Effekt. Meist möchte man ein gleichmäßig ausgeleuchtetes Bild erhalten. In diesem Fall muss die Aperturblende an einer Stelle angebracht werden, an der sich ein reelles Bild der Lichtquelle befindet, wie dies in . Abb. 2.80B gezeigt ist.

181 2.8  Blenden

Beispiel 2.41: Blendenzahl

Wie viel Licht eine Optik von einem Gegenstand auffängt, gibt man durch die Blendenzahl an. Ein selbstleuchtender Gegenstand oder ein Gegenstand, der aus allen Richtungen beleuchtet wird, strahlt Licht in alle Richtungen, d. h. in einen Raumwinkel von 4, ab. Der Abstand des Gegenstands von der Optik und die Aperturblende bestimmen zusammen, welcher Anteil dieses Lichts zur Abbildung beiträgt. Steht der Gegenstand in einem Abstand f in der Brennweite der Optik, so erfasst die Optik einen Raumwinkel  D

D=2 f

2

 D 4



D f

2 ;

wobei D der Durchmesser der Aperturblende ist. Man nennt das Verhältnis F D f =D die Blendenzahl oder in der Fotografie auch einfach nur die Blende. „Blende 8“ bedeutet folglich, dass der Durchmesser der Aperturblende auf 1=8 der Brennweite des Objektivs eingestellt ist. Das Foto zeigt einen Blick durch die Frontlinse auf die Aperturblende eines Nikkor®-Objektivs, die sich zwischen Frontlinse und Grundobjektiv befindet. Sie ist auf dem Foto auf „Blende 4“ eingestellt.

Beispiel 2.42: Diaprojektor

Auch wenn Dias in Zeiten der digitalen Projektion kaum mehr benutzt werden, wollen wir die Beleuchtungseinrichtung eines Diaprojektors als Beispiel behandeln. Dabei ist eine gleichmäßige Ausleuchtung des Dias wichtig. Als Lichtquelle eines Diaprojektors dient eine Glühbirne. Sie ist auf dem Foto an der Position B zu erkennen. Bei diesem Projektor handelt es sich um eine Birne mit 24 V/150 W. Der Transformator, der die Niedervoltspannung aus der Netzspannung erzeugt, ist rechts außerhalb des Bilds angebracht. Ein sphärischer Spiegel bei A wirft das Licht, das nach rechts abgestrahlt wird, zurück in die Optik und verbessert damit die Ausnutzung des Lichts. Links vor der Glühbirne befinden sich die beiden Kondensorlinsen C. Die rechte, dicke Linse erzeugt aus dem Licht der Glühbirne ein achsenparalleles Strahlenbündel. Der Durchmesser dieser Linse begrenzt die Apertur der Abbildung. Die zweite Kondensorlinse reduziert den Durchmesser des Strahlenbündels auf die Größe des Dias. An der Position E ist die Mechanik zu erkennen, mit der das Dia in den Strahlengang eingeführt wird. Vom Dia breitet sich das Licht nach links aus, wo es mit dem Objektiv F auf die oft mehrere Meter entfernte Leinwand fokussiert wird (fObjektiv D 85 mm).

2

182

2

Kapitel 2  Geometrische Optik

Die Kondensorlinsen haben eine kurze Brennweite (rechte Linse f  3 cm) und ermöglichen so einen kompakten Aufbau. Bei der dicken Linse handelt es sich zwar um eine angepasste, asphärische Linse, aber weitere Korrekturen sind nicht nötig, da die optische Qualität der Kondensorlinsen lediglich die Ausleuchtung des Dias bestimmt, nicht aber die Schärfe des Bilds auf der Leinwand. Wir haben es hier mit relativ billigen Linsen zu tun. Die Brennweite des Kondensors ist so zu wählen, dass das Bild der Glühbirne nicht in die Nähe der Leinwand fällt, da sonst die Glühwendel auf der Leinwand zu erkennen wäre. Die Brennweite wird in der Regel so gewählt, dass das Bild der Glühwendel nur wenige Zentimeter vor dem Objektiv liegt. Entscheidend für die Qualität der Abbildung ist dagegen das Objektiv. Es besteht zur Korrektur der Bildfehler aus mehreren Linsen. Das Objektiv ist mit einer Spindel in den Diaprojektor eingeschraubt. Durch Drehen am Objektiv verändert man den Abstand des Objektivs zum Dia (die Gegenstandsweite g) und kann so das Bild auf die Leinwand fokussieren. Es gilt 1 fObjektiv

D

1 1 C ; b g

wobei die Bildweite b der Abstand der Leinwand vom Objektiv ist. Beispielsweise muss bei einer Bildweite von b D 3 m die Gegenstandsweite g D 8;75 cm betragen, bei b D 5 m dagegen g D 8;65 cm. Eine Glühbirne hat einen Wirkungsgrad von nur ca. 5 %. Dies bedeutet, dass ungefähr 140 W elektrischer Leistung in der Glühbirne in Wärme umgewandelt werden. Das Dia muss vor dieser Hitze geschützt werden. Dazu dient eine Glasscheibe, die in der Position D zu erkennen ist. Die Wärme wird durch einen Ventilator (Position G) in die Umgebung abgeblasen, der über einen Riemenantrieb vom Motor bei H angetrieben wird.

183 2.8  Blenden

2.8.2 Feldblende Die Aufgabe einer Feldblende besteht darin, das Gesichtsfeld der Abbildung zu begrenzen, d. h. den Bereich im Gegenstandsraum einzuschränken, der durch die Optik abgebildet wird. In . Abb. 2.82 sind die beiden einfachsten Anordnungen der Feldblende skizziert. In . Abb. 2.82A ist die Feldblende in der Gegenstandsebene angebracht. Man nennt diese Anordnung der Blende, ebenso wie eine optische Projektion einer Feldblende, die an einer anderen Stelle aufgestellt ist, die Eintrittsluke. Beim Diaprojektor (Beispiel 2.42) stellt beispielsweise der Rahmen des Dias die Feldblende und gleichzeitig die Eintrittsluke dar. Er wird zusammen mit dem Dia scharf auf die Bildebene abgebildet. In . Abb. 2.82B ist die Feldblende direkt vor dem Schirm angebracht. In dieser Position heißt sie auch Austrittsluke. In der Fotografie wirkt beispielsweise der Kamerachip als Austrittsluke. Licht, das außerhalb des Chips auf die Bildebene trifft, trägt nicht zum Bild bei. Nicht in allen Fällen ist es praktikabel, die Feldblende in der Gegenstands- oder Bildebene anzubringen. Häufig hätte man sie gerne in die Optik integriert. Die Eintritts- bzw. Austrittsluke erhält man in diesen Fällen durch Abbildung der Blende in die Gegenstandsbzw. Bildebenen. Allerdings ist darauf zu achten, dass eine Feldblende das Bild immer scharf begrenzt. Dies erreichen wir, indem wir die Feldblende am Ort eines reellen Zwischenbildes anbringen. Sie sollte allerdings die Apertur nicht begrenzen, da die Helligkeit des Bilds sonst zum Rand hin abnimmt. Statt einer scharfen Grenze entsteht ein allmähliches Abdunkeln des Bilds nach außen.

A

B

. Abb. 2.82 Feldblenden in der Gegenstandsebene (A) und der Bildebene (B)

2

184

Kapitel 2  Geometrische Optik

Beispiel 2.43: Optik mit Apertur- und Feldblende

2

Wir wollen einen Gegenstand aufrecht und in doppelter Größe auf einen etwa 35 cm entfernten Schirm abbilden. Dabei sollen die Apertur und das Gesichtsfeld unabhängig voneinander einstellbar sein. Wir entscheiden uns für eine zweistufige Abbildung mit zwei Sammellinsen mit den Brennweiten f1 D 5 cm und f2 D 3 cm. Um die Feldblende zwischen den beiden Linsen einbringen zu können, muss dort ein reelles Zwischenbild liegen. Wir wollen die Vergrößerung bereits in der ersten Stufe erreichen. Wir wählen folglich ˇ1 D 2 und ˇ2 D 1. Die Skizze zeigt den Aufbau der Optik. Um in der ersten Stufe eine Vergrößerung von ˇ1 D 2 zu erreichen, muss ˇ1 D b1 =g1 D 2 gelten. Aus der Linsenformel folgt in der Näherung für dünne Linsen 1 1 3 1 D C ) g1 D f 1 ; f1 g1 b1 2 woraus sich wiederum ergibt, dass das reelle Zwischenbild bei b1 D 3f1 liegt. Die Skizze ist maßstabsgetreu angefertigt. Sie können die Abstände in der Skizze verifizieren. Die Brennpunkte der beiden Linsen sind beidseitig mit kleinen dunklen Punkten markiert. Die zweite Linse dreht das umgekehrte Zwischenbild in ein reelles, aufrechtes Bild auf dem Schirm Sch um. Um ein Größenverhältnis ˇ2 D 1 zu erreichen, muss die Linse im Abstand g2 D 2f2 vom Zwischenbild entfernt positioniert werden. Das Bild entsteht dann bei b2 D 2f2 rechts der rechten Linse auf dem Schirm. Wie bereits angedeutet, bringen wir am reellen Zwischenbild die Feldblende ein, die in der Skizze mit B2 bezeichnet ist. Nun wollen wir die Beleuchtung des Gegenstands betrachten. Wir verwenden eine Lichtquelle im Abstand gL von der ersten Linse. Wir wählen gL so, dass noch deutlich vor dem reellen Zwischenbild des Gegenstands ein reelles Zwischenbild der Lichtquelle entsteht. Wenn wir gL D 2f1 D 10 cm wählen, liegt das Bild der Lichtquelle ebenfalls 10 cm hinter L1 und hat dieselbe Größe wie die Lichtquelle. Dort können wir nun die Aperturblende B1 anbringen. Hinter der zweiten Linse entsteht ein weiteres Bild der Lichtquelle etwa 2 cm vor dem Schirm. Dies ist weit genug vom Schirm entfernt, sodass eventuelle Strukturen in der Leuchtdichte der Lichtquelle auf dem Schirm verschwimmen und ein gleichmäßig erleuchtetes Bild erzeugt wird. Nun müssen wir nur noch darauf achten, dass sowohl die beiden Linsen als auch die Lichtquelle selbst einen hinreichend großen Durchmesser besitzen, sodass die Apertur alleine von der Aperturblende begrenzt wird. Bei der Einstellung der Aperturblende in unserer Skizze ist dies der Fall. Schließt man die Aperturblende,

185 2.9  Optische Geräte

so wird das Bild gleichmäßig dunkler. Allerdings darf man sie in unserem Beispiel kaum weiter öffnen, da dann die Strahlen der Randpunkte bereits an die Linsenfassung stoßen und somit nur noch der zentrale Bereich des Bildes heller wird. Für eine Abbildung mit größerer Apertur (Blendenzahl) müssten wir Linsen mit einem größeren Durchmesser verwenden.

2.9

Optische Geräte

2.9.1 Das menschliche Auge Das wichtigste optische Instrument überhaupt ist wohl unser Auge (. Abb. 2.83). Mit dem Auge beobachten wir unsere Umgebung. Wir nehmen ein Bild wahr, das im Auge auf der Netzhaut erzeugt wird.

. Abb. 2.83 Ein Auge

Anatomischer Aufbau Der Aufbau eines menschlichen Auges ist in . Abb. 2.84 skizziert. In der Mitte des Auges befindet sich der nahezu kugelförmige Glaskörper, der mit einer durchsichtigen, gelartigen Substanz unter leichtem Überdruck (2 kPa bis 3 kPa) gefüllt ist. Von rechts fällt das Licht ins Auge und wird auf die Netzhaut links abgebildet und dort von Nervenzellen registriert. Nach außen wird das Auge durch die Hornhaut abgeschlossen, die einerseits das Auge schützt, andererseits aber auch eine wesentliche Aufgabe bei der Brechung des einfallenden Lichtes übernimmt. Hinter der Hornhaut liegt die Augenkammer. Sie ist mit einer klaren Flüssigkeit (98 % Wasser) gefüllt. Die Augenkammer wird durch die Iris in eine hintere und vordere Augenkammer unterteilt, die durch die Pupille miteinander in direktem Kontakt stehen. Die Iris, auch Regenbogenhaut genannt, wirkt als Eintrittsblende für das Auge. In der Iris sind Pigmente eingelagert, die die Augenfarbe bestimmen. Die Pupille ist die Öffnung in der Iris. Sie kann, gesteuert vom Gehirn, über die Iris im Durchmesser zwischen etwa 1 mm und 5 mm verändert werden und damit das einfallende Licht je nach Helligkeit der Umgebung um bis zu einen Faktor 25 reduzieren. Nur wenig Licht wird durch die Pupille zurückreflektiert, sodass die-

. Abb. 2.84 Aufbau eines menschlichen Auges

2

186

Kapitel 2  Geometrische Optik

se von außen schwarz erscheint. Hinter der Pupille befindet sich die Augenlinse, die zusammen mit der Hornhaut und der Augenkammer die Abbildung bewirkt. Durch die Ziliarmuskeln kann die Krümmung der Augenlinse verändert werden, wodurch das Auge sich auf Gegenstände in unterschiedlichen Entfernungen fokussiert. Auf der Rückseite des Auges befindet sich die Netzhaut, auf die das Bild der Gegenstände abgebildet wird. In der Netzhaut wird das optische Bild in den sogenannten Stäbchen und Zäpfchen in elektrische Signale umgewandelt. In den Nervenzellen, die ebenfalls in der Netzhaut liegen, werden diese Signale vorverarbeitet und dann über den Sehnerv ans Gehirn weitergeleitet.

2

Die Netzhaut, Empfindlichkeit des Auges

. Abb. 2.85 Schematische Darstellung der Netzhaut

. Abb. 2.86

Elektronenmikroskopische Aufnahme der Netzhaut. © Springer Nature, http://www.spektrum.de/lexikon/ biologie/netzhaut/46087

. Abb. 2.85 zeigt schematisch den Aufbau der Netzhaut. Das Licht fällt von oben ein. Auf der Rückseite (unten in der Abbildung) befinden sich die Sinneszellen (Neuronen), die das Licht in elektrische Signale umwandeln. Das menschliche Auge verfügt über zwei verschiedene Arten von Neuronen, die Stäbchen und Zäpfchen genannt werden. In der elektronenmikroskopischen Aufnahme (. Abb. 2.86) kann man die Form deutlich erkennen. Die Stäbchen sind wesentlich empfindlicher als die Zäpfchen. Sie dienen dem Sehen bei geringer Helligkeit, während die Zäpfchen das Farbsehen bei Tageslicht übernehmen. Etwa 120 Millonen Stäbchen sind in der gesamten Netzhaut zu finden. Ihre Dichte nimmt nach außen hin ab. Sie sind alle vom selben Typ und erlauben daher keine Unterscheidung von Farben. Bei absoluter Dunkelheit kann das Auge einzelne Photonen registrieren, wobei das „Bild“ allerdings von einem Dunkelrauschen überlagert ist. Man kann daher behaupten, dass die Empfindlichkeit 1016 W bis 1017 W beträgt. Dazu muss das Auge vollständig an die Dunkelheit adaptiert sein. Bei der Adaption ändert sich die Integrationszeit der Lichtsignale von etwa 50 s bei Helligkeit auf etwa eine halbe Sekunde. Die etwa 6 Millionen Zäpfchen treten in drei unterschiedlichen Typen mit unterschiedlicher spektraler Empfindlichkeit auf. Sie werden S-, M- und L-Zäpfchen (S = short wavelength, M = medium wavelength, L = long wavelength) genannt. In . Abb. 2.87 ist die relative spektrale Empfindlichkeit der Stäbchen und Zäpfchen dargestellt. Da die roten und grünen Zäpfchen deutlich häufiger als die blauen vorkommen, fällt die absolute Empfindlichkeit der blauen Zäpfchen geringer aus. Aus der unterschiedlich starken Anregung der S-, Mund L-Zäpfchen durch farbiges Licht entsteht im Gehirn der Farbeindruck. Im Zentrum der Netzhaut befindet sich die Sehgrube (fovea centralis), ein Bereich von etwa 1,5 mm Durchmesser mit besonders hoher Dichte an Neuronen und daher besonders hoher Auflösung. Dieser Bereich enthält ausschließlich Zäpfchen mit einer Dichte von etwa 150000=mm2, während deren Dichte in der restlichen Netzhaut etwa 5000=mm2 beträgt und die der Stäbchen 35000=mm2. In

187 2.9  Optische Geräte

. Abb. 2.87 Spektrale Empfindlichkeit der Zäpfchen (S, M und L) und der Stäbchen (grau) eines menschlichen Auges

. Abb. 2.88 ist das Gesichtsfeld eines einzelnen Auges dargestellt. Der blinde Fleck entsteht durch den Austritt des Sehnervs. In diesem Bereich befinden sich keine Neuronen.

. Abb. 2.88 Typisches Gesichtsfeld eines Auges; Linien gleicher Empfindlichkeit in Blau

Optischer Aufbau, räumliche Auflösung Für uns noch interessanter als der anatomische Aufbau ist der optische Aufbau des Auges. In . Abb. 2.89 sind die optischen Elemente um die Augenlinse gezeigt und deren Brechungsindex angegeben. Alle Werte liegen im Auge um den Wert 1,4. Dies bedeutet, dass das Licht beim Übergang zwischen den einzelnen Elementen nur wenig gebrochen wird. Die stärkste Brechung geschieht bereits beim Übergang aus der Umgebung ins Auge, genauer gesagt, beim Übergang in die Hornhaut. Die eigentliche Augenlinse bewirkt nur noch eine Korrektur der Abbildung. In . Tab. 2.4 sind typische Werte für den Linsenbereich zusammengefasst.

. Tabelle 2.4 Optische Parameter der Abbildung im Auge

Außen

Dicke

Brechungsindex

1

1,00

Krümmungsradius der Grenzfläche

7;7 mm Hornhaut

0;5 mm

1,37 6;5 mm

Augenkammer

3 mm

1,34 10 mm

Linse

4 mm

1,42 6 mm

Glaskörper

16,5 mm

1,34

. Abb. 2.89 Optischer Aufbau des Linsenbereichs des Auges

2

188

2

Kapitel 2  Geometrische Optik

Möchte man ein Auge strahlenoptisch erfassen, so behandelt man es als Abfolge von vier brechenden Kugelflächen. Da sich der Brechungsindex der Luft vor dem Auge vom Brechungsindex des Glaskörpers hinter der Augenlinse unterscheidet, sind die gegenstandsund bildseitigen Brennweiten des Auges verschieden. Wir müssen daher eine modifizierte Abbildungsgleichung verwenden. Sie lautet fB fG C D 1: g b

(2.131)

Bei entspanntem Auge sind die Werte etwa fG  17 mm und fB  22 mm. Betrachten wir einen Gegenstand im Abstand der deutlichen Sehweite s0 , so können wir den Abbildungsmaßstab ˇ D BG D sb0 aus der obigen Gleichung bestimmen. Wir erhalten ˇD

fB  0;08: s0  fG

(2.132)

Die Auflösung des Bilds in der Netzhaut ist durch die Durchmesser der Stäbchen und Zäpfchen auf etwa 4 m begrenzt. Dies bedeutet, dass ein Mensch zwei Punkte noch als getrennt wahrnehmen kann, die in der deutlichen Sehweite von 25 cm nicht mehr als 50 m voneinander getrennt sind. Diese Auflösung erreichen allerdings nur wenige Menschen. Typisch sind eher 80 m bis 100 m. Neben der Begrenzung der Auflösung durch den Durchmesser der Stäbchen und Zäpfchen tritt auch eine Begrenzung durch die Beugung an der Pupille auf. Wir werden diese Art der Begrenzung im Kapitel über die Wellenoptik noch besprechen. Beim menschlichen Auge liegt sie bei vollständig geöffneter Pupille bei einem ähnlichen Wert wie die Begrenzung durch die Stäbchen und Zäpfchen.

Akkommodation Blickt man auf Gegenstände in weiter Ferne, so ist der Ziliarmuskel entspannt, und die Augenlinse nimmt eine dünne Form an. Das Auge erreicht die oben angegebenen Brennweiten. Bringt man einen Gegenstand näher ans Auge, so vergrößert sich die Bildweite, was zu einem unscharfen Bild führen würde. Daher korrigiert das Gehirn die Brennweite. Es spannt den Ziliarmuskel an, die Augenlinse wird dicker und deren Krümmungsradius kleiner. Man spricht von einer Akkommodation des Auges. Bei etwa 25 cm ist für einen typischen jungen Erwachsenen die minimale Entfernung erreicht, unter der er einen Gegenstand scharf sehen kann. Der Wert streut allerdings stark zwischen einzelnen Individuen und steigt mit dem Alter deutlich an. Die Brennweite des Auges beträgt dann etwa fG  14 mm und fB  19 mm.

189 2.9  Optische Geräte

2

2.9.2 Brillen Kurz- und Weitsichtigkeit Ein normalsichtiges Auge wird ohne Akkommodation einen sehr weit entfernten Gegenstand scharf abbilden. In diesem Fall sind die Ziliarmuskeln entspannt, die Augenlinse hat sich auf eine dünne, längliche Form mit maximaler Brennweite gestreckt. Den Punkt, auf den das Auge in diesem Zustand fokussiert, nennt man den Fernpunkt. Rückt der Gegenstand näher an das Auge heran, so verformen die Ziliarmuskeln die Augenlinse in eine dickere Form mit kürzerer Brennweite. Der minimale Abstand, unter dem das Auge den Gegenstand noch scharf abbilden kann, nennt man den Nahpunkt. Der Nahpunkt sollte höchstens 25 cm vom Auge entfernt sein. . Abb. 2.90 zeigt die Fokussierung auf den Fern- und Nahpunkt. Nicht jedes Auge kann ins Unendliche fokussieren. Gelingt dies nicht, spricht man von Kurzsichtigkeit. Dies kann unterschiedliche Gründe haben. Kurzsichtigkeit tritt auf, wenn sich die Augenlinse nicht weit genug entspannt oder wenn der Abstand zwischen Augenlinse und Netzhaut zu groß ist, wie dies in . Abb. 2.91 angedeutet ist. Man kann die Kurzsichtigkeit mit einer Zerstreuungslinse korrigieren, die der Betroffene entweder in einer Brille vor dem Auge oder als Kontaktlinse direkt auf der Hornhaut trägt. Die Brennweite der Korrekturlinse wird so bestimmt, dass ein unendlich entfernter Gegenstand mit Brille bzw. Kontaktlinse bei entspanntem Auge auf die Netzhaut scharf abgebildet wird. Allerdings haben Brille wie Kontaktlinse einige Nachteile. Sie korrigieren nicht nur den Fernpunkt ins Unendliche, sie vergrößern auch den Abstand des Nahpunkts vom Auge. Ferner treten Bildfehler an der Brille und ebenso an Kontaktlinsen auf. Der auffälligste ist meist eine leichte kissenförmige Verzeichnung. Objekte werden durch die Sehhilfe vergrößert und scheinen sich bei Kopfbewegungen gegenläufig zu bewegen. Umgekehrt ist in . Abb. 2.92 die Weitsichtigkeit eines Auges dargestellt, bei der der Betroffene Gegenstände erst in größerer Entfernung scharf erkennen kann. Der Nahpunkt liegt zu weit vom Auge weg. Weitsichtigkeit kann man mit einer Sammellinse korrigieren. Durch eine solche Brille wird der Gegenstand leicht verkleinert; es tritt meist eine leichte tonnenförmige Verzeichnung auf, und Objekte scheinen sich bei Kopfbewegungen mitläufig zu bewegen. Beispiel 2.44: Eine Brille gegen Kurzsichtigkeit

Wir wollen die Brechkraft eines Brillenglases berechnen. Wir nehmen an, die Person ist kurzsichtig. Der Fernpunkt liegt nicht mehr im Unendlichen, sondern bei 2,1 m. Welche Brechkraft muss die Brille haben, damit die Person wieder scharf bis ins Unendliche blicken kann? Offensichtlich ist hierfür eine Zerstreuungslinse

. Abb. 2.90 Fokussierung des Auges auf den Fernpunkt (oben) und den Nahpunkt (unten). Der bildseitige Brennpunkt ist durch einen dunkelgrünen Punkt markiert

. Abb. 2.91 Oben: Kurzsichtiges

Auge; der horizontale Durchmesser des Auges ist zu groß, sodass der Brennpunkt vor der Netzhaut liegt. Unten: Korrektur durch eine Zerstreuungslinse

190

Kapitel 2  Geometrische Optik

notwendig. Diese muss von einem Gegenstand im Unendlichen ein virtuelles Bild erzeugen, das im Abstand g2 D 2;1 m vor dem Auge liegt. Die Bildweite dieses virtuellen Bildes ist b2 D 2;08 m, wenn wir berücksichtigen, dass sich das Brillenglas etwa 2 cm vor dem Auge befindet. Dann folgt aus der Linsengleichung die Brennweite des Brillenglases f1 :

2

1 1 1 1 1 C ) f1 D 2;08 m D C D f1 g1 b1 1 2;08m

. Abb. 2.92 Oben: Weitsichtiges

Auge; der horizontale Durchmesser des Auges ist zu klein, sodass das Bild bei Nahsicht hinter der Netzhaut liegt. Unten: Korrektur durch eine Sammellinse

Das Brillenglas muss eine Brechkraft von etwa 0;5 dptr haben. Wir nehmen an, dass der Nahpunkt für diese Person bei 10 cm liegt, und stellen fest, dass sich durch die Brille der Nahpunkt verschiebt. In welchem Abstand befindet sich ein Gegenstand, dessen virtuelles Bild 10 cm vor dem Auge (b1 D 8 cm vor der Brille) liegt? Aus der Linsengleichung folgt: 1 1 1 D C f1 g1 b1 1 1 1 D ) g1 D 8;3 cm  2;08 m g1 8 cm Der Nahpunkt hat sich in Bezug auf das Auge von 10 cm auf 10,3 cm verschoben.

Astigmatismus Eine weitere, häufige Fehlsichtigkeit ist der Astigmatismus, der eine ähnliche Auswirkung hat wie der Bildfehler Astigmatismus, aber eine gänzlich andere Ursache. Wie beim Bildfehler führt der Astigmatismus des Auges dazu, dass der Brennpunkt in zwei zueinander senkrechten Ebenen verschiedene Werte annimmt. Beim Auge liegt die Ursache meist darin, dass die Hornhaut verkrümmt ist und dadurch von der Rotationssymmetrie abweicht. Ist die Krümmung beispielsweise in der Vertikalen stärker als in der Horizontalen, ist die Brennweite in der Vertikalen entsprechend kürzer. Stellt sich das Auge auf einen Zwischenwert zwischen horizontalem und vertikalem Fokus ein, wird ein Gegenstandspunkt auf eine kurze Linie auf der Netzhaut abgebildet. Man spricht daher auch von Stabsichtigkeit. Korrigieren kann man den Astigmatismus des Auges durch Zylinderlinsen, die im Brillenglas gegebenenfalls einer sphärischen Linse überlagert werden. Dabei ist nicht nur die Stärke der Zylinderlinse wichtig, sondern auch die Ausrichtung der Zylinderachse.

191 2.9  Optische Geräte

2

2.9.3 Lupe Durch eine Lupe oder Vergrößerungsglas kann man Gegenstände vergrößert betrachten. . Abb. 2.93 zeigt den Einsatz einer Lupe beim Lesen. Eine Lupe besteht aus einer einzelnen Linse, die vor den Gegenstand gehalten ein virtuelles, aufrechtes, vergrößertes Bild des Gegenstands erzeugt, das wir dann mit dem Auge betrachten. Im Idealfall hält man die Linse so, dass sich der Gegenstand im Brennpunkt der Linse befindet. Das virtuelle Bild liegt dann im Unendlichen, und der Betrachter kann es mit entspannter Augenlinse scharf sehen. Aus . Abb. 2.94 können wir die Vergrößerung der Lupe ablesen. Für den Sehwinkel 0 , unter dem wir einen Gegenstand der Höhe G ohne Lupe in der deutlichen Sehweite s0 sehen (obere Skizze), ergibt sich tan 0 D

G ; s0

(2.133)

während der Gegenstand mit Lupe (untere Skizze) unter dem Sehwinkel tan 0 D

G f

(2.134)

erscheint. Die Vergrößerung der Lupe ist folglich V D

tan 0 s0 D : tan 0 f

(2.135)

Mit Linsen kurzer Brennweite kann man Vergrößerungen bis etwa V D 30 erreichen. Die typische Leselupe hat dagegen eher eine Vergrößerung von 5. Die Brennweite der Linse begrenzt auch ihren Durchmesser und damit das Gesichtsfeld der Lupe. Eine starke Vergrößerung erreicht man mit einer sehr kurzen Brennweite, was eine starke Krümmung der Linse erfordert und damit den Durchmesser der Linse begrenzt.

. Abb. 2.94 Zur Abbildung an einer Lupe

. Abb. 2.93 Blick durch eine Lupe in

ein Buch

192

Kapitel 2  Geometrische Optik

Beispiel 2.45: Lupe bei größerer Annäherung an den Gegenstand

2

Im Haupttext haben wir bei der Berechnung der Vergrößerung angenommen, dass sich der Gegenstand exakt in der Brennebene der Linse befindet. Man kann die Lupe etwas näher heranführen, dann steigt die Vergrößerung noch ein wenig an. Allerdings rückt auch das Bild näher an das Auge heran, sodass das Auge auf Nahsicht akkommodieren muss. Der Abstand des Auges darf allerdings nicht kleiner als die deutliche Sehweite werden, da sonst das Auge nicht mehr akkommodieren kann. Für diesen Fall wollen wir noch kurz die Vergrößerung bestimmen. Aus der Skizze lesen wir ab: tan 0 D

B s0

Mit tan 0 aus Gl. 2.133 ergibt sich V D

B jbj D : G g

Aus der Abbildungsgleichung folgt (b < 0) 1 1 f C jbj 1 1 D  ) D f g jbj g f  jbj und damit V D

f C s0 f C jbj  : f f

Da f in der Regel deutlich kleiner als s0 ist, ist die Vergrößerung in diesem Fall nur geringfügig größer als bei der Abbildung mit dem Gegenstand in der Brennebene.

2.9.4 Fernrohr Bereits in 7 Abschn. 2.2 haben wir Spiegelteleskope diskutiert, die für astronomische Beobachtungen eingesetzt werden. Die heutigen Forschungsteleskope basieren fast ausschließlich auf dieser Technologie. Meist beobachtet man damit weit entfernte Objekte, deren Licht auf der Erde sehr schwach ist. Dafür benötigt man eine Optik mit einer möglichst großen Apertur. Da es technisch einfacher ist, einen präzisen Spiegel mit 5 m Durchmesser und mehr als eine Linse mit demselben Durchmesser herzustellen, sind die heutigen Spitzenteleskope fast ausschließlich als Spiegelteleskope ausgeführt. Doch die Entwicklung der beobachtenden Astronomie begann mit

193 2.9  Optische Geräte

Fernrohren auf Linsenbasis, und auch heute werden diese noch in kleineren Sternwarten und von vielen Hobbyastronomen eingesetzt. Sie sind das Thema dieses Abschnitts. Man nennt sie auch Refraktoren, abgeleitet vom Begriff der Refraktion (Brechung), um sie von den Spiegelteleskopen, die man auch Reflektoren nennt, abzugrenzen. Beispiel 2.46: Das Fernrohr am Beginn der neuzeitlichen Wissenschaft

Man kann die Wissenschaft der Neuzeit vom Mittelalter methodisch abgrenzen: Während die Wissenschaftler des Mittelalters nach Erkenntnis vornehmlich in der Auslegung historischer Schriften suchten – insbesondere in denen des Aristoteles –, begannen die Wissenschaftler der Neuzeit, die Natur mithilfe von Experimenten und Beobachtungen zu erforschen. Viele Historiker sehen den Beginn der neuzeitlichen Wissenschaft in den Arbeiten von Galileo Galilei, der erstmals ein Fernrohr auf den Himmel richtete, um Sterne und Planeten zu beobachten. Dabei hat Galilei das Fernrohr nicht selbst erfunden. Die Erfindung wird dem holländischen Brillenmacher Hans Lipperhey zugeschrieben, obwohl er möglicherweise nicht der Einzige war, der diese Idee hatte. Im Jahre 1608 präsentierte er erstmals ein Instrument „zum Sehen in die Ferne“. Im folgenden Jahr erreichte das Fernrohr Galileo Galilei in Padua. Er erkannte den militärischen Nutzen und präsentierte ihn der Signoria in Florenz, was ihm zunächst eine Gehaltserhöhung und später Ärger mit der Kirche einbrachte. Er begann, eigene Fernrohre nach dem holländischen Prinzip zu bauen – die Linsen bestellte er bei ortsansässigen Linsenschleifern –, und blickte damit in den Himmel. Heraus kam eine Fülle astronomischer Entdeckungen, die er in seinem Buch Sidereus Nuncius (zu Deutsch: Nachricht von den Sternen) veröffentlichte. Dazu gehörten die Erkenntnisse, dass es viel mehr Sterne gibt, als wir mit bloßem Auge erkennen können, die Entdeckung der ersten vier Jupitermonde mit ihren Phasen, die Auflösung von Sternennebeln als Wolken einzelner Sterne, die Identifikation der Milchstraße als ein Band dichter Sterne und die erste Kartografierung der Mondoberfläche mit der Identifikation der Strukturen als Berge und Täler. Unsere Abbildung zeigt Galileis Skizze des Sternbilds Stier, zu dem auch die Plejaden gehören. Nur sechs Sterne kann man mit dem bloßen Auge erkennen, die anderen hat Galilei mit seinen Fernrohren entdeckt. Das Buch enthält ferner eine Anleitung zum Bau der Fernrohre, mit denen Galilei eine Vergrößerung von etwa 20 erreichte. Der Klerus war allerdings von Galileis Beobachtungsansatz nicht begeistert, denn – so argumentierte man damals – hätte Gott gewollt, dass die Menschen all das sehen, hätte er ihnen dafür geeignete Augen gegeben.

2

194

Kapitel 2  Geometrische Optik

2

Galilei’sches Fernrohr Das Galilei’sche Fernrohr besteht aus einer Sammellinse mit großer Brennweite f1 als Objektiv und einer Zerstreuungslinse kleinerer Brennweite f2 als Okular. In . Abb. 2.95 ist ein solches Fernrohr skizziert. Das Licht fällt von links von einem weit entfernten Objekt ein, sodass wir das Licht als näherungsweise parallel ansehen können. Es wird vom Objektiv auf einen Bildpunkt in der rechten Brennebene des Objektivs abgebildet. Das Okular befindet sich noch vor der Bildebene des Objektivs. Es ist so positioniert, dass die rechten Brennebenen von Objektiv und Okular zusammenfallen. Das Okular bildet die Strahlen, die von einem virtuellen Gegenstandspunkt in seiner linken Brennebene herzukommen scheinen, in ein paralleles Strahlenbündel ab. Um die Vergrößerung des Galilei’schen Fernrohrs zu bestimmen, müssen wir die Sehwinkel betrachten. Mit 0 bezeichnen wir den Sehwinkel ohne Instrument. Aus der Zeichnung lesen wir

0 D B=f1 ab (B < 0). Für den Sehwinkel mit Instrument gilt

D B=f2 mit f2 ; B < 0. Folglich ergibt sich für die Vergrößerung

. Abb. 2.95 Abbildung am Galilei’schen Fernrohr

195 2.9  Optische Geräte

VGalilei des Galilei’schen Fernrohrs VGalilei D

f1 D  > 0:

0 f2

(2.136)

Das Bild ist aufrecht und scheint im Unendlichen zu liegen, sodass der Betrachter mit entspanntem Auge beobachten kann. Beispiel 2.47: Opernglas

Ein Vorteil der Anordnung der Galilei’schen Fernrohre liegt in ihrer kompakten Bauweise. Mit einer Tubuslänge t D f1  2 jf2 j ist das Galilei’sche Fernrohr deutlich kürzer als andere Fernrohre. Bei Brennweiten von f1 D 12;5 cm und f2 D 2;5 cm erhält man eine Vergrößerung von V D 5 bei einer Tubuslänge von nur 7,5 cm. Dies sind typische Werte, wie sie für ein Opernglas, auch Theaterglas genannt, eingesetzt werden. © wikimedia: Joe Haupt from USA

Kepler’sches Fernrohr Das Kepler’sche Fernrohr (. Abb. 2.96) besteht aus zwei Sammellinsen. Betrachten wir wieder ein Objekt im Unendlichen, von dem parallele Lichtstrahlen auf das Objektiv fallen. Es erzeugt ein reelles, umgekehrtes Bild des Objekts in seiner bildseitigen Brennebene. Dieses betrachten wir mit dem Okular, das als Lupe wirkt. Die Tubuslänge t ist so gewählt, dass das Zwischenbild in der gegenstandsseitigen Brennebene des Okulars liegt (t D f1 C f2 ), sodass das Okular wieder parallele Lichtbündel erzeugt. Der Gegenstand scheint im Unendlichen zu liegen und kann mit dem entspannten Auge betrachtet werden. Allerdings ist das Bild umgekehrt. Die Vergrößerung bestimmt sich wie beim Galilei’schen Fernrohr als Verhältnis der Sehwinkel mit Fernrohr zum Sehwinkel ohne Fernrohr 0 . Aus . Abb. 2.96 lesen wir 0 D B=f1 und D B=f2 ab. Wir erhalten V D

f1 D  < 0:

0 f2

. Abb. 2.96 Abbildung an einem Kepler’schen Fernrohr

(2.137)

2

196

2

Kapitel 2  Geometrische Optik

In der Skizze ist ferner zu erkennen, dass die Strahlen durch die Abbildung am Fernrohr näher zusammenrücken, und zwar umgekehrt proportional zu Vergrößerung V . Dies bedeutet, dass die scheinbare Helligkeit der Objekte, die wir mit dem Fernrohr betrachten, ansteigt. Es stellt sich heraus, dass der Anstieg in der scheinbaren Helligkeit quadratisch von der Vergrößerung abhängt, da sich der Abstand der parallelen Strahlen nicht nur in der Meridionalebene (Zeichenebene), sondern auch in der dazu senkrechten Sagittalebene entsprechend verringert. Die absolute Helligkeit der abgebildeten Sterne wird durch den Durchmesser des Objektivs bestimmt, dessen Fassung als Aperturblende wirkt. Wird eine Feldblende benötigt, so kann diese in der Zwischenbildebene angebracht werden. Beispiel 2.48: Refraktor des Yerkes-Observatoriums

Das größte Linsenteleskop, das jemals gebaut wurde, ist der Refraktor im Yerkes-Observatorium in der Nähe von Chicago. Es handelt sich um ein Kepler-Fernrohr mit einer Brennweite von 19,7 m und einer Apertur von 102 cm (40 Zoll). Die Objektivlinse ist ein Duplett mit einer Sammellinse aus Kronglas und einer Zerstreuungslinse aus Flintglas, die in einem Abstand von etwa 20 cm zueinander angebracht sind. Die Frontlinse aus Kronglas hat am Rand eine Dicke von etwa 2 cm und im Zentrum eine Dicke von etwa 6,5 cm. Bei einem Durchmesser von 102 cm wiegt sie etwa 90 kg. Das Gewicht ist so groß, dass sich die Linse unter ihrem eigenen Gewicht merklich deformiert. Dies ist auch der Grund, warum noch größere Teleskope als Spiegelteleskope ausgeführt werden. Einen Spiegel kann man auf der gesamten Rückseite unterstützen, während eine Linse nur am Rand gefasst werden kann. Darüber hinaus führt die Dicke der Linsen zu einer spürbaren Absorption von Licht im Glas, und die beachtliche Länge des Teleskops stellt eine große Herausforderung an die Stabilität der Halterung dar.

Beispiel 2.49: Parallaktische Montierung

Ein Teleskop muss drehbar gelagert sein, um beliebige Objekte anvisieren zu können. Dazu sind zwei Achsen notwendig. In der parallaktischen oder äquatorialen Montierung ist eine der Achsen parallel zur Erdachse ausgerichtet. Man nennt diese Achse die Rektaszension- oder Stundenachse. Die Deklinationsachse steht

197 2.9  Optische Geräte

senkrecht auf dieser und weist zum Himmelsäquator. Diese Art der Montierung erleichtert die Nachführung des Teleskops zur Kompensation der Erdrotation. Ein Uhrwerk dreht das Teleskop in einer Stunde um 1=24 von 360ı gegen die Erdrotation um die Rektaszensionsachse, sodass ein Stern sich im Bildfeld des Teleskops nicht bewegt. In der Fotografie sieht man die parallaktische Montierung des Refraktors der Volkssternwarte in Aachen. Die Neigung der Rektaszensionsachse lässt sich aus dem Breitgengrad der Sternwarte (50ı 470 N) ablesen.

Beispiel 2.50: Terrestrische Fernrohre © wikimedia: Alkuin

Fernrohre können nicht nur für astronomische Beobachtungen eingesetzt werden. Auch auf der Erde erleichtern sie die Beobachtung weit entfernter Objekte. Fernrohre, die für diesen Einsatz optimiert sind, nennt man terrestrische Fernrohre oder Erdfernrohre. Das Kepler’sche Fernrohr hat für diesen Einsatz einen gravierenden Nachteil. Das Bild steht auf dem Kopf und ist seitenverkehrt. Dies bedeutet, dass sich ein Objekt, das sich nach rechts bewegt, im Blickfeld des Fernrohrs nach links zu laufen scheint. Schon Kepler hatte dieses Problem erkannt und in seinem Werk Dioptrice 1611 vorgeschlagen, das Bild durch eine weitere Linse noch einmal umzudrehen. Das Zwischenbild B1 des Objektivs wird von einer Umkehrlinse im Maßstab 1W 1 in ein aufrechtes Zwischenbild B2 abgebildet, welches dann mit dem Okular betrachtet wird. Für die Umkehrung muss somit g D 2f2 und b D 2f2 gelten, wie in der Skizze angedeutet ist.

Einen Nachteil dieser Fernrohre stellt ihre große Länge L dar. Aus der Skizze lesen wir L D f1 C 4f2 C f3 ab. Daher werden die Fernrohre dann meist als Auszugsrohre konstruiert. Sie kennen solche Fernrohre sicherlich aus Piratenfilmen. Auf dem Foto versucht Jack Sparrow seinen Widersacher in dem Film Fluch der Karibik durch ein besonders langes Auszugsfernrohr zu beeindrucken. Heute werden solche Fernrohre (ohne Auszug) beispielsweise als Zielfernrohre eingesetzt.

2

198

Kapitel 2  Geometrische Optik

2

Fluch der Karibik, Teil 3, Am Ende der Welt, © The Walt Disney Company

Eine andere Möglichkeit, aufrechte und seitenrichtige Bilder zu erzeugen, bieten Umkehrprismen. In vielen Ferngläsern werden Porroprismen für die Bildumkehr eingesetzt. Das Porroprisma haben wir bereits in Beispiel 2.23 besprochen. In der Skizze hier ist die Integration zweier Porroprismen in die beiden Kepler’sche Fernrohre eines Fernglases, auch Feldstecher genannt, gezeigt.

Beispiel 2.51: Goniometer

Ein Goniometer dient zum Messen von Winkeln. In der Abbildung haben wir ein sogenanntes Reflexionsgoniometer skizziert. Mit ihm kann man die Neigung reflektierender Oberflächen zueinander bestimmen. In der Skizze ist dies für die Flächen eines Prismas angedeutet, wobei man die Teilreflexion von Strahlen an der Oberfläche ausnutzt. Reflexionsgoniometer werden beispielsweise in der Kristallografie eingesetzt, um die Lage der Oberflächen von Kristallen zueinander zu bestimmen. Ein Kollimator (in der Skizze unten) erzeugt aus einer Lampe ein paralleles Lichtbündel, das mit einem Spalt (blau) in seiner Breite eingeschränkt werden kann. Der Spalt muss sich folglich in der Brennebene der Linse des Kollimators befinden. Dieser Lichtstrahl wird an der Oberfläche reflektiert und mit einem Kelper’schen Fernrohr beobachtet. In der Zwischenbildebene des Fernrohrs ist ein Fadenkreuz angebracht (gelb angedeutet). Das Fernrohr ist ins Unendliche fokussiert, sodass es letztlich durch die Linse des Kollimators den Spalt scharf abbildet. Es wird nun gedreht, bis das

199 2.9  Optische Geräte

Bild des Spalts im Fadenkreuz liegt. Anschließend liest man den Drehwinkel des Tischs ab und geht dann zur nächsten Oberfläche über.

Beispiel 2.52: Prismenspektrograf

Spektrografen sind wichtige optische Instrumente zur Untersuchung des Spektrums von Lichtquellen. Zum Beispiel werden sie in der Atomphysik eingesetzt, um die Linienspektren der Atome zu untersuchen. Den Kern eines Spektrografen bildet ein dispergierendes Element – ein Element, das das Licht je nach seiner Wellenlänge unterschiedlich bricht oder reflektiert. Wie der Name schon andeutet, wird beim Prismenspektrografen ein Prisma eingesetzt. In der Regel wählt man den Strahlengang so, dass die zentrale Wellenlänge bei der Beobachtung symmetrisch durch das Prisma läuft. Auch für benachbarte Wellenlängen fallen dann die Abweichungen vom symmetrischen Strahlengang gering aus und können vernachlässigt werden. In der Abbildung ist der Aufbau eines solchen Spektrografen skizziert. Das Licht der Lichtquelle wird von der Eintrittslinse L1 in die Ebene des Spalts fokussiert. Mit dem Spalt wird ein schmaler Streifen aus dem Bild ausgeblendet. Der Spalt steht in der gegenstandsseitigen Brennebene der Linse L2 , sodass diese das Licht des Spalts in ein paralleles Strahlenbündel transformiert, das dann auf das Prisma trifft. Da der Ablenkwinkel am Prisma vom Einfallswinkel abhängt (Gl. 2.52), ist es wichtig, dass alle Strahlen denselben Einfallswinkel haben. Nun wird aufgrund der Dispersion Licht unterschiedlicher Wellenlänge unterschiedlich stark abgelenkt, sodass aus dem Prisma das Licht je nach seiner Farbe als paralleles Strahlenbündel mit unterschiedlichen Richtungen austritt. Dieses Licht beobachten wir mit einem Kepler’schen Fernrohr, bestehend aus den Linsen L3 und L4 . Da paralleles Licht eintritt, muss es ins Unendliche fokussiert sein.

2

200

2

Kapitel 2  Geometrische Optik

Bei einer fehlerfreien Optik bedingt die Breite des Spalts entscheidend das Auflösungsvermögen des Spektrografen. Wir bezeichnen die Position des Spaltbilds in der Zwischenbildebene des Kepler’schen Fernrohrs mit x ./. Die Position hängt wegen der Dispersion im Prisma von der Wellenlänge des Lichts ab. Es ist x D f3

d ı ./ ; d

wobei ı der Ablenkwinkel des Lichts im Prisma ist, den wir aus Gl. 2.60 übernehmen. Dort haben wir ihn mit ımin bezeichnet. Ist x für zwei Wellenlängen, die sich um  unterscheiden, kleiner als die Breite des Spaltbilds in dieser Zwischenebene, können diese beiden Wellenlängen nicht mehr unterschieden werden. Die Auflösungsgrenze ist unterschritten. Aus Gl. 2.60 folgt 2 d ı ./ D q d 1  n2 sin2

 2

 sin

 d n ./  : 2 d

Die Dispersion d n=d nimmt Werte im Bereich von 104 =nm bis 103 =nm an. Bei einer Brennweite von f3 D 20 cm und einer Dispersion von 5  103 =nm liegen beispielsweise die Spaltbilder von zwei Spektrallinien, die sich um  D 1 nm unterscheiden, in der Zwischenbildebene um 1 mm voneinander entfernt. Wenn auch L2 eine Brennweite von f2 D 20 cm besitzt, muss der Spalt auf unter 1 mm geschlossen werden, um die beiden Linien gerade noch trennen zu können. In unserer Berechnung haben wir angenommen, dass die mittlere Wellenlänge der beiden Spektrallinien auf der optischen Achse übertragen wird. Will man andere Wellenlängen beobachten, muss man den Winkel der beiden Arme zum Prisma verstellen, dabei aber den symmetrischen Strahlengang erhalten. Der Vorteil der Prismenspektrografen liegt in ihrer kompakten Bauweise und der eindeutigen Zuordnung der Linien zu den Wellenlängen. Wir werden in 7 Abschn. 4.3.1 auch den Gitterspektrografen kennenlernen, der eine noch höhere Auflösung erreicht, bei dem aber durch die verschiedenen Beugungsordnungen Ambiguitäten auftreten.

2.9.5 Mikroskop Sicherlich haben Sie schon einmal ein Mikroskop gesehen und vielleicht sogar benutzt. Es dient zum Sichtbarmachen sehr kleiner Objekte, die wir ohne optisches Instrument nicht erkennen können. Es hat eine ähnliche Funktion wie eine Lupe, allerdings ist ein Mikro-

201 2.9  Optische Geräte

skop viel leistungsfähiger. Es besitzt eine stärkere Vergrößerung und, da am Mikroskop fehlerkorrigierte Linsensysteme eingesetzt werden können, eine deutlich bessere Auflösung. In . Abb. 2.97 ist das Prinzip der optischen Abbildung an einem Mikroskop dargestellt. Mikroskope sind vertikal aufgebaut. Der Gegenstand G liegt in der Gegenstandsebene unter dem Objektiv. Der Abstand zum Objektiv beträgt etwas mehr als eine Brennweite. Das Objektiv erzeugt ein reelles, umgekehrtes und vergrößertes Zwischenbild B1 des Gegenstands in der Bildebene im Abstand b1 vom Objektiv. Dieses Bild betrachtet der Beobachter durch das Okular, das als Lupe fungiert. Die Position des Okulars ist so eingerichtet, dass das Zwischenbild B1 in seiner gegenstandsseitigen Brennebene liegt. Das Licht, das vom Zwischenbild ausgeht, wird damit vom Okular in parallele Strahlenbündel umgewandelt, aus denen das Auge des Betrachters auf seiner Netzhaut ein reelles Bild erzeugt. Das Objekt liegt auf einer Glasplatte, die man den Objektträger nennt, auf einem meist durch Stellschrauben verschiebbarem Tisch. Dieser weist im Bereich des Sichtfelds ein Loch auf, sodass das Objekt von unten beleuchtet werden kann. Die Tubuslänge t – der Abstand des Objektivs zum Okular – ist bautechnisch fixiert. Zum Fokussieren des Objekts wird der gesamte Tubus in der Höhe verschoben. Um die Vergrößerung zu verändern, können Objektiv und Okular ausgetauscht werden. Meist sind mehrere Objektive an einer Trommel befestigt, und es können verschiedene Okulare in den Tubus eingesteckt werden. Um eine deutlich merkliche Vergrößerung zu erreichen, muss das Objektiv eine kurze Brennweite besitzen. Wegen der Linsenkrümmung kann dann der Durchmesser nicht groß ausfallen, was zu einem kleinen Sichtfeld führt. Daher benötigt der Beobachter die Möglichkeit, das Objekt durch Verschieben des Objekttischs durch das Bildfeld zu bewegen. Aus . Abb. 2.97 lässt sich die Vergrößerung des Mikroskops ablesen. Sie ist durch die Veränderung des Sehwinkels gegeben. Ohne Mikroskop beträgt der Sehwinkel tan 0 D

G ; s0

(2.138)

wobei s0 die deutliche Sehweite bezeichnet. Durch das Mikroskop ist der Sehwinkel bestimmt durch tan D

B1 : f2

(2.139)

Die Größe des Zwischenbilds B1 ergibt sich einerseits aus b1 =g1 D B1 =G und der Abbildungsgleichung (Gl. 2.87) zu B1 D

f1 G: g1  f1

(2.140)

2

. Abb. 2.97 Abbildung eines Objekts an einem Mikroskop

202

Kapitel 2  Geometrische Optik

Andererseits können wir B1 auch aus der Tubuslänge ableiten, denn es ist b1 D t  f2 und damit

2

B1 D

t  f2 t  f2 G: G g f1

(2.141)

Durch die Näherung haben wir die Abhängigkeit von der Einstellung der Fokussierung, die ja g verändert, eliminiert. Aus den Gleichungen folgt somit V D

t  f2 tan

 s0 : tan 0 f1 f2

(2.142)

Typische Werte für ein Mikroskop sind Tubuslängen von 15 cm bis 20 cm, Brennweiten des Okulars im Bereich von 1 cm und Brennweiten des Objektivs noch unterhalb von 1 cm. Damit ergeben sich Vergrößerungen bis zu einigen Hundert. Wir wollen allerdings an dieser Stelle schon einmal darauf hinweisen, dass die Vergrößerung nicht der entscheidende Leistungsparameter eines Mikroskops ist. Noch wichtiger ist die Auflösung, die den minimalen Abstand zweier Punkte angibt, die durch das Mikroskop noch als getrennte Punkte wahrgenommen werden können. Begrenzt ist diese Auflösung zum einen durch die Abbildungsfehler und zum anderen durch Beugung an der Eintrittsöffnung des Objektivs. Wir werden in 7 Abschn. 4.4.6 noch auf die Auflösungsgrenze zurückkommen, nachdem wir die Beugungseffekte diskutiert haben. Nach dieser kurzen Einführung in den Aufbau eines Mikroskops wollen wir den Strahlengang noch einmal genauer betrachten. Dabei unterscheiden wir den Strahlengang, der zur Abbildung des Objekts führt (. Abb. 2.98 links), und den Strahlengang, der die Beleuchtung des Objekts betrifft (. Abb. 2.98 rechts). Die Beleuchtung hat durchaus einen Einfluss auf die Qualität der Abbildung am Mikroskop. Es ist wichtig, dass das Objekt gleichmäßig beleuchtet wird, mit einstellbarer Intensität und Apertur, und dass die Beleuchtung auf das Sichtfeld begrenzt werden kann, um Streulicht zu reduzieren. Betrachten wir zunächst den Strahlengang für die Abbildung (. Abb. 2.98 links). Wir beginnen an der Lampe unten. Strahlenbündel, die die Lampe unter einer bestimmten Richtung verlassen, werden vom Kollektor in die Ebene der Leuchtfeldebene fokussiert. Jeder Leuchtpunkt dieser Ebene wird vom Kondensor in einen Bildpunkt in der Objektebene abgebildet. Ein Beispiel ist in der Skizze eingezeichnet. Schließen wir die Leuchtfeldblende, so schränken wir den beleuchteten Bereich in der Objektebene ein. Die Leuchtfeldblende regelt folglich, welcher Bereich des Sichtfelds beleuchtet wird. Das Licht eines jeden Gegenstandspunkts im Sichtbereich wird dann vom Objektiv in die Zwischenbildebene abgebildet, wie wir dies bereits in der Einleitung besprochen haben. In der Zwischenbildebene könnten wir eine weitere Feldblende anbringen. Sie ist in der Skizze eingezeichnet, obwohl sie an einem echten Mikroskop fehlt.

203 2.9  Optische Geräte

. Abb. 2.98 Strahlengang für Abbildung (links) und Beleuchtung (rechts)

Eine weitere Einschränkung des Sichtfelds in der Zwischenbildebene ist in der Regel nicht gewünscht, da an der Blende störendes Streulicht entsteht. Will man das Sichtfeld einschränken, sollte man die Leuchtfeldblende benutzen. In der Zwischenbildebene besteht die Möglichkeit, ein Fadenkreuz oder einen Maßstab in die Abbildung einzubringen. Diese werden zusammen mit dem Zwischenbild des Objekts abgebildet. Das Licht des Zwischenbilds wird schließlich vom Okular in parallele Strahlenbündel umgewandelt und dann von der Augenlinse in das finale Bild auf der Netzhaut fokussiert. Betrachten wir nun den Strahlengang für die Beleuchtung (. Abb. 2.98 rechts). Wir beginnen wiederum an der Lampe unten. Jeder Leuchtpunkt der Lampe wird vom Kollektor in einen Bildpunkt in der Ebene der Aperturblende abgebildet. Der Kondensor wandelt das Licht dieser Bildpunkte in parallele Strahlenbündel um, mit denen das Objekt beleuchtet wird. Schließen wir die Aperturblende, so schränken wir den Öffnungswinkel dieser Strahlenbündel zur optischen Achse ein, wir beschränken die Apertur. Hinter dem Objekt werden die parallelen Strahlenbündel vom Objektiv in seine bildseitige Brennebene fokussiert. Hier könnten wir eine weitere Aperturblende anbringen. Sie ist in der Skizze eingetragen, wird aber in einem echten Mikroskop nicht gebraucht und fehlt daher. In dieser

2

204

2

Kapitel 2  Geometrische Optik

Ebene entsteht wie schon in der Ebene der Aperturblende ein reelles Zwischenbild der Lampe. Es wird vom Okular auf eine Ebene abgebildet, in der sich die Augenlinse des Beobachters befinden sollte und die gleichzeitig die Austrittspupille der Abbildung darstellt. Von dieser gelangt das Licht schließlich auf die Netzhaut. Man nennt diese Art der Beleuchtung die Köhler’sche Beleuchtungsanordnung. Beispiel 2.53: Aufbau eines Mikroskops

Die Abbildung zeigt den Aufbau eines typischen Mikroskops. In der Basis befindet sich die Beleuchtungseinrichtung mit dem Kollektor und der Feldblende, von denen das Licht nach oben zum Objekttisch geleitet wird. Auf dem Objekttisch wird die zu untersuchende Probe befestigt. Unterhalb des Objekttischs sind der Kondensor und die Aperturblende befestigt. Feld- und Aperturblende lassen sich durch einen Hebel einfach verstellen. Zur Fokussierung muss der Abstand des Objekts zum darüberliegenden Objektiv verändert werden. Dies geschieht bei diesem Mikroskop durch ein Anheben und Absenken des gesamten Objekttischs über eine Mechanik. Über das angedeutete Stellrad lässt sich der Tisch über eine Untersetzung in feinen Schritten bewegen. An diesem Mikroskop sind drei Objektive mit unterschiedlicher Vergrößerung an einem Trommelrad befestigt. Durch Drehen des Rads können die verschiedenen Objektive in den Strahlengang gebracht werden. Vom Objektiv kann das Licht wahlweise nach oben zu einem Port transportiert werden, an dem sich eine Kamera anschließen lässt, oder es kann über ein Prisma, das sich in den Strahlengang hineinschieben lässt, zum Okular umgeleitet werden, über das der Beobachter das Objekt betrachtet. Das Okular ist auf den Tubus aufgeschraubt und kann wie das Objektiv ersetzt

205 2.9  Optische Geräte

werden, z. B. durch Okulare mit Maßstäben oder solche mit anderer Vergrößerung. Zwischen dem Umlenkprisma und dem Okular ist noch ein Porro’sches Umkehrprisma eingebaut, sodass der Betrachter das Bild seitenrichtig sieht. Durch das Umlenkprisma kann der Beobachter das Bild im Sitzen unter einem angenehmen Arbeitswinkel betrachten. Dieses relativ einfache Mikroskop ist nur für Durchlichtbeleuchtung eingerichtet; eine Auflichtbeleuchtung fehlt.

Experiment 2.32: Aufbau eines Mikroskops auf der optischen Bank

Zur Demonstration können wir ein Mikroskop auf einer optischen Bank schrittweise aufbauen. Ganz links auf der Bank befindet sich die Beleuchtung, eine Halogenlampe, die einen Schirm bestrahlt. Das diffuse Licht, das vom Schirm ausgeht, benutzen wir zur Beleuchtung des Objekts. Es handelt sich um einen Maßstab, der auf einem Dia abgebildet ist. Es ist rechts vom Schirm halb verdeckt durch die erste Linse zu erkennen. Zunächst filmen wir das Objekt ohne Linsen mit der Kamera. So kann man es im Kamerabild noch nicht auflösen.

© RWTH Aachen, Sammlung Physik

Nun bauen wir die erste Abbildung auf. Wir stellen das Objektiv, eine Sammellinse mit f D 25 mm, in den Strahlengang, und an der Stelle der Feldblende bringen wir einen Schirm ein. Der Abstand des Objekts vom Objektiv muss geringer als dessen Brennweite sein. Wir verschieben das Objektiv, bis auf dem Schirm ein scharfes umgekehrtes Bild zu erkennen ist. Dies ist nun auch im Kamerabild zu sehen. Nun entfernen wir den Schirm wieder, bringen das Okular ein und beobachten nun mit der Kamera ein stark vergrößertes, umgekehrtes Bild des Objekts. Es ist auf dem Foto gezeigt. Mit der Feldblende lässt sich der abgebildete Bereich einschränken und seine Helligkeit ändern. © RWTH Aachen, Sammlung Physik

2

206

Kapitel 2  Geometrische Optik

Beispiel 2.54: Auflichtabbildung

2

Die Mikroskope, die wir bisher betrachtet haben, wurden mit Durchlicht betrieben, d. h., die Probe wurde von unten durchleuchtet. Ohne Objekt ist das Sichtfeld hell. Bringen wir ein Objekt ein, so absorbiert, streut und beugt dieses das Licht. Dadurch entsteht ein Kontrast, der das Objekt dunkel erscheinen lässt. Man kann ebenso im Auflicht beobachten. In diesem Fall kommt das Licht von oben durch das Objektiv. Ohne Objekt ist das Sichtfeld dunkel. Durch Streuung und Beugung wird Licht vom Objekt in das Objektiv zurückgeworfen, wodurch der Kontrast für die Beobachtung entsteht. In unserer Skizze ist eine Möglichkeit für eine Auflichtbeleuchtung dargestellt. Über einen halbdurchlässigen Spiegel wird das Licht in den Strahlengang der Beobachtung eingekoppelt und durch das Objektiv auf die Probe gelenkt. Das zurückkommende Licht muss ebenfalls den halbdurchlässigen Spiegel passieren, wodurch die eine Hälfte verloren geht und die andere ins Okular gelangt und durch dieses beobachtet werden kann. Bei der Beleuchtungseinrichtung handelt es sich um eine modifizierte Köhler’sche Anordnung. Rechts erkennen Sie die Lampe und den Kollektor. Ein Parabolspiegel wirft das nach rechts ausgesandte Licht zurück in den Strahlengang und erhöht so die Leuchtstärke. Dem Kollektor schließen sich ein Schacht zum Einbringen von Filtern und die Feldblende an. Das Objektiv wirkt in dieser Anordnung als Kondensor. Die Aperturblende müsste direkt vor dem Objektiv angebracht werden, allerdings ist dort kein Platz. Daher ist eine zusätzliche Abbildungsstufe zwischengeschaltet. In der Ebene des vom Kollektor erzeugten ersten Zwischenbilds der Lampe steht die Aperturblende. Doch der Kondensor folgt nicht unmittelbar. Stattdessen bilden zwei weitere Linsen das Bild der Lampe und der Aperturblende in eine Ebene kurz vor dem Objektiv ab, sodass dieses als Kondensor wirken kann.

207 2.9  Optische Geräte

Beispiel 2.55: Hell- und Dunkelfeld

In der Mikroskopie unterscheidet man Hellfeld- und Dunkelfeldabbildung. In der Hellfeldabbildung ist das Sichtfeld ohne Objekt hell. Dies ist der Fall, wenn wir eine Probe im Durchlicht durchleuchten. Ohne Probe gelangt das gesamte Licht in das Okular und erzeugt ein gleichmäßig helles Bild. Bringen wir eine Probe ein, so wird diese das Licht streuen oder absorbieren. Auch Beugung kann bei bestimmten Objekten auftreten. An der Stelle des Objekts wird Licht aus dem Strahlengang entfernt, sodass das Objekt im Bild dunkel erscheint. Bei der Abbildung im Dunkelfeld ist das Sichtfeld ohne Objekt hingegen dunkel. Das beleuchtende Licht ist so gerichtet, dass es ohne Objekt nicht ins Objektiv gelangt. Beim Mikroskop kann dies beispielsweise durch eine seitliche Beleuchtung realisiert werden. Nur wenn Licht von einem Objekt gestreut oder gebeugt wird, kann es ins Objektiv gelangen. Dadurch erscheint das Objekt hell vor einem dunklen Hintergrund. Bei Objekten, die entweder sehr klein sind oder nur sehr schwach streuen bzw. absorbieren, kann dies von Vorteil sein, da diese Objekte in der Hellfeldabbildung leicht vom Hintergrundlicht überstrahlt werden.

In der Skizze ist eine andere Möglichkeit zur Dunkelfeldbeleuchtung dargestellt. Das Objekt befindet sich zwischen einem Objektträger und einem Deckglas, angedeutet durch eine rote Linie. Das Objekt wird von unten durch den Kondensor beleuchtet. Nun füllt ein Tropfen Immersionsöl den Bereich zwischen Kondensor und Objektträger aus. Dies ändert die optischen Verhältnisse an den Grenzschichten so, dass Strahlen, die den Kondensor am Rand treffen, mehrfach reflektiert werden. Ein solcher Strahl ist in der

2

208

2

Kapitel 2  Geometrische Optik

Skizze eingezeichnet. Er gelangt von unten unter einem flachen Winkel durch das Objekt und wird schließlich an der Grenzfläche des Deckglases zur umgebenden Luft erneut reflektiert und wieder nach unten gelenkt. Er trifft nicht ins Objektiv, es sei denn, das Licht streut am Objekt. Eine spezielle Ringblende, die man Dunkelfeldblende nennt, lässt nur die Strahlen durch, die nicht im Bereich der Totalreflexion liegen und ungestreut nicht ins Objektiv gelangen können. Damit lässt sich eine Dunkelfeldabbildung ohne weitere Beleuchtungseinrichtung realisieren.

Experiment 2.33: Streulicht im Dunkelfeld

In diesem Experiment machen wir das Streulicht, das zur Dunkelfeldabbildung führt, sichtbar. Wir benutzen ein Objekt, das nur wenig absorbiert und dadurch im Durchlicht kaum erkennbar ist, z. B. ein Glasröhrchen. Zu Beginn versuchen wir eine Abbildung im Durchlicht. Eine Lampe beleuchtet einen engen Spalt und in einiger Entfernung einen Beobachtungsschirm. Zunächst bringen wir ein schwarzes Röhrchen in den Strahlengang und stellen das Bild, das von einer Linse auf dem Schirm erzeugt wird, scharf. Dann ersetzen wir das schwarze Röhrchen durch das Glasröhrchen. Es ist auf dem Schirm kaum zu erkennen. Diese Anordnung stellt eine Hellfeldabbildung im Durchlicht dar. Nun bringen wir einen schwarzen Pappstreifen in den Strahlengang, wie in der Skizze angedeutet. Wir suchen das Bild des Spalts auf dem Pappstreifen. Es muss vor dem Schirm liegen, da der Abstand des Spalts zur Linse größer ist als der des Röhrchens. Damit blenden wir das Durchlicht aus. Ein kleiner Teil des Lichts streut am Glasröhrchen, und zwar vornehmlich an dessen Rand. Trifft dieses Licht den äußeren Bereich der Linse, so wird es am Pappstreifen vorbei auf den Schirm abgebildet. Das Bild auf dem Schirm entsteht ausschließlich durch das Streulicht. Wir sehen die Ränder des Glasröhrchens auf dem Schirm vor einem dunklen Hintergrund. Es handelt sich um eine Dunkelfeldabbildung im Durchlicht. Das Streulicht war auch im ersten Teil des Experiments bei der Hellfeldabbildung vorhanden. Nur war es auf dem Schirm nicht zu erkennen, da es vom Durchlicht überstrahlt wurde. Mit dem Pappstreifen haben wir das Durchlicht ausgeblendet, und nun ist das Streulicht deutlich sichtbar.

209 2.9  Optische Geräte

? Übungsaufgaben zu 7 Kap. 2 1. Bei der Reflexion an einem Spiegel ergibt sich für die Beziehung zwischen der Richtung des einlaufenden Lichtstrahls eEe und der Richtung des reflektierten Lichtstrahls eEr allgemein: n.E n  eEe / eEr D eEe  2E wobei der Vektor nE den Normalenvektor, also den Einheitsvektor senkrecht zur Spiegeloberfläche darstellt. Bei einem sogenannten Tripelspiegel stehen drei Spiegelflächen senkrecht aufeinander. Zeigen Sie, dass jeder einfallende Lichtstrahl genau entgegengesetzt zu der Richtung, aus der er gekommen ist, zurückreflektiert wird (siehe auch Beispiel 2.13 und Beispiel 2.14). 2. Bei einem Regenbogen sieht der Beobachter das Sonnenlicht, das an vielen einzelnen Regentropfen gestreut wird, unter einem festen Winkel zur Richtung des einfallenden Sonnenlichts. Dadurch einsteht der Eindruck eines leuchtenden Kreisbogens am Himmel. Ein Sonnenstrahl wird beim Eintritt in einen Regentropfen gebrochen, an der Rückseite des Regentropfens reflektiert und beim Austritt aus dem Regentropfen wieder gebrochen (siehe Skizze). Erklären Sie, warum der Beobachter das Licht des Regenbogens unter einem Winkel von 42ı relativ zur Richtung des Sonnenlichts sieht. Hinweis: Das meiste Licht wird unter dem maximal möglichen Winkel gestreut. Gehen Sie von einem konstanten Brechungsindex n D 1;3325 von Wasser aus, d. h. berücksichtigen Sie nicht die Dispersion, obwohl diese für die Regenbogenfarben verantwortlich ist. 3. Ein Taucher beobachtet die über ihm liegende Trennleine, die zwei Bahnen in einem Schwimmbecken voneinander trennt. Diese Trennleine besteht aus Schwimmkörpern mit einem Abstand von 0,5 m zu einander und den verbindenden Seilstücken, die nicht die Wasseroberfläche berühren. Dem Taucher fällt auf, dass er nur die Seilstücke zwischen dem 3. und 7. Schwimmkörper sehen kann. Vor dem 3. und nach dem 7. Schwimmkörper sieht er diese ohne Seilverbindung im Wasser liegen. In welcher Tiefe befindet sich der Taucher? 4. Ein Lichtbündel fällt unter einem sehr kleinen Einfallswinkel ˛ auf ein Prisma, das einen sehr kleinen Keilwinkel  besitzt. Das Prisma besteht aus Material mit dem Brechungsindex n. Zeigen Sie, dass das Lichtbündel näherungsweise um den Winkel ı D .n  1/ abgelenkt wird. 5. Sie haben die Aufgabe, in ein Glasfaserkabel die parallelen Lichtstrahlen eines Lasers einzukoppeln und damit in das Innere eines Versuchsaufbaus zu transportieren. Das Glasfaserkabel besteht

2

210

2

Kapitel 2  Geometrische Optik

aus einer inneren Glasfaser mit Durchmesser 0,2 mm und Brechungsindex 1,66, die von einem Mantel mit Brechungsindex 1,52 umhüllt ist. Welchen Winkel dürfen die einfallenden Lichtstrahlen relativ zur Faserachse maximal haben, damit sie in die Faser eingekoppelt werden? Wie stark darf man die Glasfaser maximal biegen, ohne dass Licht verloren geht? 6. Zeichnen Sie die Bilder der folgenden Gegenstände

A

B

C

7. Sie verwenden eine Kombination einer plankonkaven Linse mit Brechkraft D1 und einer plankonvexen Linse mit Brechkraft D2 , die mit ihren planen Seiten aneinander gekittet sind. Welche Brechkraft ergibt sich für die Kombination der beiden Linsen, wenn Sie diese als dünne Linsen behandeln? 8. Sie bilden einen Gegenstand mit einem 70 mm-Teleobjektiv scharf ab. Der Gegenstand befindet sich im Abstand g D 80 cm vor der Linse, die wir näherungsweise als dünne Linse behandeln. Wie groß ist der Abbildungsmaßstab? 9. Eine symmetrische dünne Linse besitzt eine Brennweite von f0 D 50 cm in Luft. Sie wird in einem Aufbau eingesetzt, so dass sich auf der einen Seite Luft, auf der anderen Seite Wasser befindet. Wie groß ist ihre Brennweite auf der Seite des Wassers? Brechungsindex des Linsenglases 1,5 Brechungsindex des Wassers 1,33 10. Stellen Sie die Systemmatrix eines Kepler’schen Fernrohrs auf. Berechnen Sie die Abbildung eines Lichtstrahls, der von einem unendlich weit entfernten Stern auf den Scheitelpunkt der Front-

211 2.9  Optische Geräte

linse trifft. Wie lässt sich hieraus die Winkelvergrößerung des Fernrohrs bestimmen? 11. Eine plankonkave Glaslinse mit Krümmungsradius R wird horizontal in ein Wasserglas getaucht, wie in der Abbildung skizziert. Unter der Linse bildet sich eine Luftblase, deren untere Grenzfläche wir als plan annehmen. Welche Brechkraft hat die Anordnung, wenn wir sie als dünne Linsen nähern? Tipp: Betrachten Sie die Anordnung einerseits als Abfolge zweier dünner Linsen mit verschwindender Tubuslänge und andererseits als Abfolge brechender Flächen. 12. Mit zwei Sammellinsen der Brennweite 50 mm soll ein sogenanntes Zoom, also ein Linsensystem mit veränderlicher Brennweite, aufgebaut werden. Welcher Abstand muss dann zwischen den beiden Linsen einstellbar sein, damit für das Zoom Brennweiten zwischen 35 mm und 210 mm gewählt werden können? Warum ist dies kein praktikables Zoom für die Verwendung in einer Fotokamera? 13. Um die Dispersion von Glassorten anzugeben, wird oft die Abbe’sche Zahl angegeben (Gl. 2.128):

D

nD  1 nF  nC

Hierbei sind nD , nF und nC die Brechungsindizes der betrachteten Glassorte bei den Wellenlängen D D 587;6 nm, F D 486;1 nm und C D 656;3 nm, die den sogenannten FraunhoferLinien entsprechen. Ein beliebiges System aus mehreren Linsen bezeichnet man dann als sogenannten Fraunhofer-Achromat, wenn es bei den Fraunhofer-Linien F und C die gleiche Brennweite besitzt (fF D fC ). Zeigen Sie, dass zwei dünne Linsen in kleinem Abstand einen Fraunhofer-Achromat bilden, wenn f 1 1 C f 2 2 D 0 wobei fi die Brennweite und i die Abbe-Zahl der Linse i sind. Mit zwei dünnen Linsen der Glassorten BK1 ( D 63;4) und SF4 ( D 27;5) soll ein Fraunhofer-Achromat der Brennweite f D 50 mm konstruiert werden. Welche Brennweiten müssen die beiden Linsen dafür besitzen? 14. Sie besitzen ein sogenanntes 60/700 Teleskop, das typische Amateur-Teleskop mit einer Öffnung von 60 mm und einer Brennweite von 700 mm. Dazu gehört ein Satz von Okularen mit Brennweiten von 40 mm, 20 mm, 10 mm und 6 mm. Die Sehschärfe Ihres bloßen Auges beträgt eine Winkelminute. Welche Strukturen können Sie so auf dem Mond gerade noch auflösen? Abstand Erde-Mond: rEM D 3;84  108 m

2

212

2

Kapitel 2  Geometrische Optik

15. Bei einem Patienten wird festgestellt, dass er erst ab 2 m scharf sehen kann. Welche Brechkraft muss eine Brille besitzen, damit er schon bei der deutlichen Sehweite von 0,25 m scharf sehen kann?

213

Fotometrie Stefan Roth und Achim Stahl

3.1

Strahlungsphysikalische Fotometrie – 214

3.2

Lichttechnische Fotometrie – 220

3.3

Schwarzer Körper – 227

© Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2019 S. Roth, A. Stahl, Optik, DOI 10.1007/978-3-662-59337-0_3

3

214

Kapitel 3  Fotometrie

Licht stellt einen Energiestrom dar. Mit dem Licht wird Energie von der Lichtquelle – eventuell durch eine Optik hindurch – in die Bildebene transportiert, wo sie von der Netzhaut des Auges, einem elektronischen Sensor, einem chemischen Film, einer Leinwand oder etwas Ähnlichem aufgefangen wird. In 7 Kap. 1 und 2 haben wir diskutiert, wie sich das Licht ausbreitet, d. h., wir sind der Frage nachgegangen, wohin sich die Energie ausbreitet. Nun wollen wir untersuchen, wie viel Energie transportiert wird. Dies werden wir in zwei Schritten tun. Im ersten Schritt beschäftigen wir uns mit den sogenannten strahlenphysikalischen Größen, die den Energietransport unabhängig vom Spektrum des jeweiligen Lichts charakterisieren. Im zweiten Schritt betrachten wir dann die lichttechnischen Größen, die das Sehempfinden unserer Augen mit berücksichtigen. Diese Größen beschreiben, wie hell wir ein bestimmtes Licht empfinden. Am Ende des Kapitels wollen wir dann noch auf einen besonderen Strahler, den schwarzer Körper, eingehen, da er für die Wärmelehre von Bedeutung ist und eine wichtige Rolle in der Entwicklung der Quantenphysik spielte.

3

3.1

Strahlungsphysikalische Fotometrie

3.1.1 Strahlungsfluss Der Strahlungsfluss beschreibt den Energietransport durch das Licht. Er bezieht sich immer auf eine bestimmte Fläche A. Der Strahlungsfluss ˆE gibt die Menge an Energie E an, die von der Strahlung in einer Zeiteinheit t durch die Fläche A transportiert wird (. Abb. 3.1): . Abb. 3.1 Zur Definition des Energieflusses

ˆE ´

E t

(3.1)

Die Einheit des Strahlungsflusses ist demzufolge ŒˆE  D 1 J=s oder 1 W. Der Index E deutet an, dass wir uns auf einen Energiefluss beziehen. Die Definition des Strahlungsflusses ist nicht auf sichtbares Licht beschränkt. Man kann einen Strahlungsfluss ebenso für Infrarotstrahlung, Mikrowellen oder gar Röntgenstrahlung angeben. Möchte man einen Strahlungsfluss messtechnisch erfassen, so muss man die ausgesandte Strahlung absorbieren und die absorbierte Leistung messen. Zur Absorption dienen schwarze Oberflächen, die so präpariert werden müssen, dass ein möglichst geringer Anteil der Strahlung von der Oberfläche reflektiert wird. Die Messung der absorbierten Leistung gelingt am einfachsten über die Erwärmung der Oberfläche. Um ein signifikantes Ergebnis zu erreichen, darf die Wärmekapazität der Oberfläche nicht zu groß sein. Eine weitere Möglichkeit besteht im Einsatz von Fotozellen oder halbleiterbasierten Fotoelementen. Beide nutzen den Fotoeffekt, um die Strahlung

215 3.1  Strahlungsphysikalische Fotometrie

aufzunehmen, und messen in der einen oder anderen Form die freigesetzte elektrische Ladung. Diese Messverfahren sind einfacher und werden heute meist bevorzugt, allerdings ist auf die spektrale Empfindlichkeit der Elemente zu achten. Im Folgenden stellen wir einige Beispiele vor. Aus dem Strahlungsfluss kann durch Integration über die Zeit die ausgestrahlte Strahlungsenergie bestimmt werden, die man auch die Strahlungsmenge nennt. Als Symbol hat sich in Analogie zur Ladungsmenge das Q etabliert: Z (3.2) QE ´ ˆE dt Beispiel 3.1: Strahlungsfluss einer Leuchtdiode

Eine Leuchtdiode (LED) (s. Abbildung) setzt elektrische Energie in einen Lichtstrom um. Den gesamten Lichtstrom, den eine 20mW-LED aussendet, können wir einfach bestimmen. Betrachten wir eine Kugeloberfläche mit der LED im Zentrum und nehmen wir an, dass die gesamte elektrische Leistung in einen Lichtstrom umgesetzt wird, so ist der Strahlungsfluss durch diese Kugelfläche 20 mW. Untersuchen wir hingegen den Strahlungsfluss durch eine quadratische Fläche von A D 5 cm2 , so hängt der Strahlungsfluss durch diese Fläche vom Abstand der Fläche von der LED ab. Nehmen wir an, dass die LED isotrop abstrahlt und die Fläche A sich im Abstand l D 1 m von der LED befindet, so erfasst die Fläche   A einen Anteil von A= 4l 2 des gesamten Strahlungsflusses der LED. Der Strahlungsfluss durch die Fläche A ist folglich etwa 0;8 W. Allerdings ist die Abstrahlung einer LED nicht isotrop. Die Strahlung ist stark nach oben konzentriert, wenn wir die Richtung, in die die Anschlussdrähte zeigen, als unten bezeichnen. Man nennt die räumliche Verteilung des abgestrahlten Strahlungsflusses die Abstrahlcharakteristik der Lichtquelle. Man gibt sie meist in Polardiagrammen an, wie das in der Abbildung für die LED gezeigt ist. Dargestellt ist in dem Diagramm die Intensität der Abstrahlung in eine bestimmte Richtung im Verhältnis zur Abstrahlung nach oben.

Beispiel 3.2: Ulbricht’sche Kugel

Die Messung des Strahlungsflusses einer Lichtquelle gestaltet sich wegen der Richtungscharakteristik der Quellen oft schwierig. Um den gesamten Strahlungsfluss zu erhalten, muss man alle Richtungen ausmessen und die Einzelmessungen aufsummieren. Mit der Ulbricht’schen Kugel liegt eine Messhilfe vor, die

3

216

Kapitel 3  Fotometrie

dieses Problem umgeht. Die Kugel ist innen hohl und hat einen Durchmesser von 1 m bis 3 m. Die Lichtquelle wird im oberen Bereich der Kugel aufgehängt. Die Wände der Kugel sind mit reflektierender, weißer Farbe gestrichen, sodass das Licht der Lichtquelle vielfach reflektiert wird. Dadurch mittelt sich die Richtungscharakteristik heraus. Die Wände werden gleichmäßig beleuchtet. An einer Stelle befindet sich eine kleine Öffnung in der Wand, an der der Strahlungsfluss durch diese Öffnung gemessen und dann auf die gesamte Oberfläche der Kugel hochskaliert wird. Damit erübrigt sich das schwierige Aufsummieren vieler Einzelmessungen. Häufig befindet sich noch eine Blende zwischen der Lichtquelle und der Öffnung, die eine direkte Beleuchtung der Öffnung verhindert.

3

Beispiel 3.3: Bolometer

Mit einem Bolometer kann man den Strahlungsfluss messen. Den Kern eines Bolometers bildet ein geschwärztes Platinplättchen. Man hält es in den Strahlungsfluss, wo es die Strahlung nahezu vollständig absorbiert und sich dabei erwärmt. Die Erwärmung verändert den elektrischen Widerstand des Plättchens, sodass man über dessen Messung die Temperaturerhöhung bestimmen kann. Hat man diese ermittelt, schaltet man die Strahlungsquelle ab und erwärmt das Plättchen durch einen Strom, der von einer externen Stromquelle gespeist wird. Man erwärmt das Plättchen auf dieselbe Temperatur, die auch durch die Strahlungsquelle erreicht wurde. Dann entspricht die elektrische Leistung des Stroms dem Strahlungsfluss der Strahlungsquelle.

Beispiel 3.4: Fotozelle

Fotozellen sind evakuierte Glasröhren. In der Röhre befinden sich eine Anode – in unserem Foto als Drahtbügel ausgeführt – und eine Kathode. Die Kathode besteht in diesem Beispiel aus einer Silberbeschichtung der rückwertigen Innenseite des Glaskolbens. Zwischen Anode (+) und Kathode () wird eine Spannung angelegt. Trifft Licht auf die flächige Kathode, werden durch den Fotoeffekt Elektronen aus der Kathode ausgelöst. Durch das elektrische Feld gelangen sie zur Anode, werden dort aufgefangen und erzeugen so einen Strom. Dieser Strom ist proportional zur Intensität des auftreffenden Lichts. © wikimedia: Ulf Seifert

217 3.1  Strahlungsphysikalische Fotometrie

Beispiel 3.5: Fotodiode

Die Fotodiode ist ein Halbleiterbauelement, das einen Lichtstrom in einen elektrischen Strom umsetzt. Ihre Funktionsweise entspricht der einer Solarzelle, wie wir sie in Band 2 (Abschn. 6.8.1.3) besprochen haben, allerdings sind Fotodioden viel kleiner als Solarzellen. Durch den Fotoeffekt werden Ladungsträger aus dem Valenzband in das Leitungsband angeregt. Dadurch entsteht ein Strom durch die Fotodiode, der extern gemessen wird. Dieser Strom ist proportional zur Intensität des auftreffenden Lichts.

3.1.2 Strahlstärke und Strahldichte

© wikimedia: John Maushammer (user Morcheeba)

Im vorherigen Kapitel haben wir bereits auf die Abstrahlungscharakteristik der Lichtquellen hingewiesen. Möchte man diese quantifizieren, so benötigen wir eine Größe, die die Abstrahlung in eine bestimmte Richtung angibt. Diese Größe heißt Strahlstärke oder auch Strahlungsintensität IE . Sie gibt an, wie viel Energie eine Lichtquelle in einem Zeitintervall t in den Raumwinkel  emittiert: IE ´

dˆE d

(3.3)

Die Einheit der Strahlstärke ist folglich ŒIE  D 1 W=sr. Der Index E weist wiederum darauf hin, dass es sich hier um einen Energiefluss handelt. Mit der Strahlstärke lassen sich punktförmige Lichtquellen charakterisieren. Ist die Lichtquelle allerdings ausgedehnt, so müssen wir ferner untersuchen, wie groß die Abstrahlung aus bestimmten Bereichen der Lichtquelle ist. Hierzu dient die Strahldichte L, die manchmal auch spezifische Intensität genannt wird. Sie gibt an, welche Leistung von einem Flächenelement dA der Lichtquelle in einen Raumwinkel d  abgestrahlt wird: LE ´

d 2 ˆE dAd 

(3.4)

Dabei ist zu beachten, dass bei schräg zur Abstrahlrichtung stehenden Flächenelementen nur die Projektion auf die Abstrahlrichtung zu nehmen ist. Ist ' der Winkel zwischen der Normalen auf das Flächenelement dA und der Abstrahlrichtung, so ist die Fläche von dA um einen Faktor 1= cos ' zu modifizieren. Offensichtlich lässt sich aus der Strahlstärke IE und auch aus der Strahldichte LE durch Integration der Strahlungsfluss der Lichtquelle

3

218

Kapitel 3  Fotometrie

bestimmen. Es muss gelten: Z ˆE D

IE d  4

3

Z Z

ˆE D

LE dAd 

(3.5)

4 A

Beispiel 3.6: Strahldichte

Wir betrachten einen ebenen Strahler. Die Lichtemission gehe vom Mittelpunkt der Fläche aus und falle zum Rand hin quadratisch ab, und zwar auf null über die Strecke R. Ferner nehmen wir an, dass die Emission eines jeden Flächenelements proportional zu cos ' abfällt, wobei ' der Winkel zwischen der Flächennormalen und der Emissionsrichtung ist. Dann ist O LE D ˆ

2  2 R2

  x2 C y2 1 cos ' R2

für x 2 C y 2 < R2 und j'j < =2 und ˆE D 0 sonst, wobei x und y die Koordinaten auf der leuchtenden Oberfläche sind. Ferner ist Z IE D

O ˆE dxdy D ˆ

1 cos ' 4

x 2 Cy 2 Babinet’sches Prinzip

4

Die Beugungsbilder zweier zueinander komplementärer Blenden sind außerhalb des Bereichs, der durch die geometrische Abbildung beleuchtet wird, gleich.

Um den Ursprung des Babinet’schen Prinzips zu erkennen, greifen wir zurück auf das Fresnel-Kirchhoff’sche Beugungsintegral: EEP .x 0 ; y 0 / D



K .ˇ/ EE0 .x; y/

e i .'.x;y/krA / dxdy rA

(4.116)

A

Die Integration erfolgt über die Fläche A der Blende. Wir zerlegen nun die Blende in zwei komplementäre Blenden, indem wir die Fläche A in zwei Teilflächen, A1 und A2 , aufteilen, sodass die beiden Teilflächen A1 und A2 keinen Überlapp besitzen, sich aber zur Fläche A addieren. Dann lässt sich das Beugungsintegral schreiben als EEP .x 0 ; y 0 / D

“ A1

K .ˇ/ EE0 .x; y/ “

C

e i .'.x;y/krA / dxdy rA

e K .ˇ/ EE0 .x; y/

i .'.x;y/krA /

rA

dxdy

A2

D EEP1 .x 0 ; y 0 / C EEP 2 .x 0 ; y 0 / :

(4.117)

Dabei ergibt EEP1 .x 0 ; y 0 / das Beugungsbild von Spalt A1 , während EEP 2 .x 0 ; y 0 / das des komplementären Spalts A2 ergibt. Wählt man nun die Fläche A groß genug, sodass an dieser Blende keine Beugungserscheinungen auftreten, so kann man die Abbildung an A durch die geometrische Optik beschreiben. Außerhalb der Projektion der Fläche A auf den Schirm herrscht Dunkelheit (geometrischer Schatten). Dies ist der Bereich, auf den sich das Babinet’sche Prinzip bezieht. In diesem Bereich (P … A) gilt folglich EEP .x 0 ; y 0 / D 0 und damit EEP1 .x 0 ; y 0 / D EEP 2 .x 0 ; y 0 /. Hieraus folgt die Gleichheit der Beugungsbilder: ˇ ˇ2 ˇ ˇ I1 .x 0 ; y 0 / / ˇEEP1 .x 0 ; y 0 /ˇ ˇ ˇ2 ˇ ˇ D ˇEEP 2 .x 0 ; y 0 /ˇ / I2 .x 0 ; y 0 /

(4.118)

329 4.4  Beugung

Experiment 4.21: Babinet’sches Prinzip

Das Babinet’sche Prinzip lässt sich mit Lasern demonstrieren. Auf einem Halter sind zwei komplementäre Blenden übereinander montiert. Es handelt sich um einen Spalt und den entsprechenden Steg, wie sie in . Abb. 4.55 in der obersten Zeile zu sehen sind. Jede Blende wird mit einem grünen Laserpointer beleuchtet. Auf dem Spalt dahinter sehen Sie die beiden deckungsgleichen Beugungsbilder. Nur im innersten Bereich, das ist der Bereich, der durch die Blenden direkt beleuchtet wird, unterscheiden sich die Beugungsbilder.

© RWTH Aachen, Sammlung Physik

4.4.4 Wellenausbreitung mit Beugung Wir haben bereits mehrfach die Ausbreitung einer Welle im freien Raum diskutiert, beispielsweise die Ausbreitung einer Kugelwelle in 7 Abschn. 4.4.2. Mit dem Huygens’schen Prinzip konnten wir die Ausbreitung der Wellen, wie wir sie bereits aus der Elektrodynamik kannten, reproduzieren. Beugungserscheinungen zeigten sich, wenn die Wellen auf Hindernisse trafen. Vielleicht überrascht es Sie zu hören, dass es auch im freien Raum zu Beugungserscheinungen kommen kann. Ein wichtiges Beispiel wollen wir hierzu diskutieren: die Ausbreitung einer Welle in der Nähe eines Brennpunkts.

Paralleles Lichtbündel Doch zunächst wollen wir uns mit einem Bündel parallelen Lichts beschäftigen. In der geometrischen Optik haben wir solche Lichtbündel häufig benutzt (z. B. in 7 Abschn. 2.9.4). Im Gegensatz zu einer ebenen Welle ist das Wellenfeld eines Lichtbündels räumlich begrenzt. Wir könnten ein rundes Lichtbündel annehmen, dessen Welle bei konstanter Amplitude auf eine Scheibe mit Durchmesser D begrenzt ist. Doch für diese Annahme kennen wir das Ergebnis bereits. Dies ist nichts anderes als eine ebene Welle, die an einer kreisförmigen Blende auf den Durchmesser D begrenzt wird. Die resultierende

4

330

Kapitel 4  Wellenoptik

Beugungserscheinung haben wir in 7 Abschn. 4.4.3 behandelt. Stattdessen wollen wir annehmen, dass die Feldstärke von der Mitte des Bündels nach außen allmählich abnimmt. Wir betrachten ein Gaußförmiges Bündel, dessen Feldstärke wie eine Gauß-Kurve abnimmt. In der Ebene z D 0 gilt für die Feldstärke dieses Bündels

4

E0 .x; y; 0/ D Ae

x

2 Cy 2 w2 0

:

(4.119)

Ferner nehmen wir an, dass bei z D 0 die Wellenfront eben sei. Das bedeutet, dass '.x; y; 0/ D konst;

(4.120)

wobei wir ohne weitere Einschränkung für die Konstante null wählen können. Das Beugungsintegral lautet folglich: EEP .x 0 ; y 0 ; z/ D

Z1 Z1 K .ˇ/ Ae

 .x

2 Cy 2 / w2 0

1 1

e i krA dxdy rA

(4.121)

Wir drehen das Koordinatensystem so, dass y 0 null wird, und benutzen wieder die Näherung x 0  z. In dieser Näherung können wir K .ˇ/  i= und im Nenner rA  z setzen,  und im Exponenten  1 können wir rA entwickeln gemäß rA  z C 2z .x  x 0 /2 C y 2 . Wir erhalten i e i kz EP .x ; 0; z/  A  z 0

Z1 Z1

 .x

2 Cy 2 / w2 0

k

0 2 Cy 2

e i 2z ..xx /

/ dxdy

3 2  x2 2 i e k 0 4 e w0 e i 2z .xx / dx 5 DA  z 1 3 2 1   2 Z  y2 k 2 i y w 2z 0 e dy 5 : 4 e

(4.122)

i kz

e 1 1 2 1 Z

1

Wir integrieren zunächst über y. Dies führt auf die Gauß’sche 2 Fehlerfunktion als Stammfunktion zu e y (siehe mathematischer 7 Anhang A3.1). Mit den Grenzen 1 und 1 liefert das Integral Z1 e 1

  y2  2 w0

e

k 2 i 2z y

dy D q

p  1 w02

C

ik 2z

:

(4.123)

331 4.4  Beugung

Entsprechend ergibt das Integral über x, das ja im Exponenten zusätzlich zu den x 2 -Termen noch einen Term linear in x enthält: Z1

2

e

 x2

1

D q

w 0

p  1 w02

0 2

k

e i 2z .xx / dx

C

ik 2z

e



.kw0 x 0 /2 .kw02 /2 C4z 2

e

i

2kzx 02 .kw02 /2 C4z 2

(4.124)

Setzen wir alles zusammen und schreiben wir 0 D x 0 , um die Rotationssymmetrie deutlich zu machen, so erhalten wir 02

.kw

 0 /2

0 i 2kz  i 2w02 i kz .kw02 /2 C4z 2 .kw02 /2 C4z 2 e e e : (4.125) EP . ; z/ D A  2z C ikw02

0

Das Ergebnis enthält drei Exponentialterme. Der erste beschreibt eine ebene Welle in Ausbreitungsrichtung, der zweite stellt eine Veränderung der Phase als Funktion von 02 dar, d. h. eine Krümmung der Phasenflächen, und der dritte beschreibt die Intensität der Welle transversal zur Ausbreitungsrichtung. Diese diskutieren wir im Folgenden noch eingehender.

Transversales Profil Wir wollen uns zunächst mit dem transversalen Profil des Strahls beschäftigen. Wir haben dieses in der Startebene bei z D 0 als Gaußförmig angenommen. Die Breite des Profils, d. h. den Radius, bei dem die Feldstärke auf einen Anteil 1=e des zentralen Werts abgefallen ist, haben wir für die Startebene mit w0 bezeichnet. Sie können p dies leicht durch Einsetzen in Gl. 4.119 überprüfen. Für  D x 2 C y 2 D w0 ergibt sich Ep .w0 ; 0/ D

A : e

(4.126)

Allgemein wollen wir mit w.z/ die Breite des Strahls an der Position z bezeichnen. Wir bestimmen die Breite aus Gl. 4.125 mit k D 2= zu s   .kw0 w.z//2  z 2 1 2 2 2 : (4.127) e .kw0 / C4z D ) w.z/ D w0 1 C e w02 Wie Sie sehen, ist die Breite des Strahls nicht konstant, sondern nimmt mit der Ausbreitung zu. Für große Abstände, d. h. für z=.w02 / 1, wird der Anstieg linear. Dort gilt für den halben Öffnungswinkel  des Strahls tan  D

 : w0

(4.128)

4

332

Kapitel 4  Wellenoptik

. Abb. 4.56 Verlauf des Strahlprofils eines Gauß-förmigen Strahls mit unterschiedlichen Querschnitten im Fokus

4

Je kleiner wir den Strahlquerschnitt w0 machen, umso größer wird die Divergenz des Strahls. Es fällt auf, dass wir auch für negative Abstände z den gleichen Anstieg der Breite bekommen, was eine Folge der Umkehrbarkeit des Lichtwegs ist. Dies bedeutet, dass die Breite bei z D 0 ein Minimum hat. Wir befinden uns bei z D 0 im Fokus des Strahls. In der geometrischen Optik wäre dies ein Punkt. Hier hat der Strahlquerschnitt die Größe w0 . Man bezeichnet diese Stelle passender als Strahltaille. Vom englischen Begriff waist kommt auch das Symbol w0 . Vielleicht fragen Sie sich, was das Wellenfeld bei z D 0 auszeichnet, sodass es sich als Fokus oder Taille des Strahls erweist. Die Antwort ist gar nicht so offensichtlich. Wir werden weiter unten noch sehen, dass es die ebene Wellenfront, d. h. die Annahme ' .; 0/ D konst, ist, die unsere Startebene als Strahltaille auszeichnet. In . Abb. 4.56 ist die Ausbreitung eines Gauß-förmigen Strahls gezeigt. Dargestellt ist die Breite des Strahls entlang der Ausbreitungsrichtung für einige Werte von w0 . Für große Strahlen (w0 )

333 4.4  Beugung

nähern wir uns der aus der geometrischen Optik bekannten Ausbreitung als gerader Strahl. Für anfängliche Strahlbreiten in der Nähe der Wellenlänge oder darunter bildet sich hingegen ein deutlicher Fokus aus. Der Strahl konvergiert auf einen Fokus bei z D 0 hin und divergiert dahinter wieder. Dabei bleibt der Strahldurchmesser selbst im Fokus immer endlich. Je steiler die Welle auf den Fokus zuläuft, umso kleiner wird der Strahldurchmesser im Fokus, und umso stärker divergiert der Strahl hinter dem Fokus wieder. Möchten wir möglichst hohe Leistungsdichten im Fokus erreichen, so müssen wir den Laserstrahl mit einer möglichst kurzen Brennweite fokussieren. Wir können die Formeln noch etwas vereinfachen, indem wir eine Größe zR D w02 = einführen, die man den bi- oder konfokalen Parameter nennt. Dann ist s z2 w.z/ D w0 1 C 2 : (4.129) zR

Wellenfronten Wir wollen noch die Wellenfronten des Gauß-förmigen Strahls studieren. Eine Wellenfront ist eine Fläche konstanter Phase. Betrachten wir Gl. 4.125, so erkennen wir, dass dies in diesem Fall keine ebenen Flächen sind. Es ist die zweite der drei Exponentialfunktionen in Gl. 4.125, die dafür sorgt, dass die Phase sich mit dem Abstand 0 vom Zentrum des Bündels verändert. Es handelt sich bei den Wellenfronten um gekrümmte Flächen. Wie in . Abb. 4.57 erkennbar, sollte dann die Phase durch die Strecke s geben sein, d. h., die Phase der zweiten Exponentialfunktion müsste 2 s= oder k s ergeben. Aus . Abb. 4.57 lesen wir ab: 0

 2 C R2  .R.z/ C s/2 ) s 

02 2R.z/

(4.130)

Damit erhalten wir 0

k

2kz02 2 ; D 2R .kw02 /2 C 4z 2

(4.131)

woraus   z 2  R R.z/ D z 1 C z

(4.132)

folgt. Die Variation des Krümmungsradius der Wellenfront ist in . Abb. 4.58 als Funktion des Abstands vom Fokus dargestellt. Wir erkennen, dass der Krümmungsradius im Fokus einen Pol hat, d. h., dort geht der Krümmungsradius gegen unendlich. Die Wellenfront ist im Fokus eben. Im Bereich rechts des Fokus ist der Krümmungsradius positiv, links negativ. Die Wellenfront ist immer vom Fokus weg gekrümmt. Vom Fokus weg laufend wird der Krümmungsradius

. Abb. 4.57 Zur Ableitung der Krümmung der Wellenfront

4

334

Kapitel 4  Wellenoptik

. Abb. 4.58 Der Krümmungsradius der Wellenfront

4 . Abb. 4.59 Strahlprofil in der Umgebung der Strahltaille

zunächst kleiner und erreicht bei ein bis zehn zR ein Minimum bzw. im linken Bereich ein Maximum. In diesem Bereich ist die Wellenfront stark gekrümmt. Mit größerem Abstand vom Fokus nimmt die Krümmung dann wieder ab, der Krümmungsradius steigt linear an, sodass sich die Wellenfront weit ab des Fokus der einer ebenen Welle nähert. In . Abb. 4.59 sind die Verhältnisse in der Nähe der Strahltaille noch einmal im Überblick dargestellt. Die beiden orangefarbenen Linien geben die Strahlbreite entlang der Ausbreitungsrichtung an, d. h., sie zeigen den Radius, bei dem die Intensität des Lichts um einen Faktor e gegenüber dem Zentrum abgefallen ist. Die minima2 le Strahlbreite in der Taille ist w0 . Im Abstand zp R D w0 = von der Strahltaille ist die Strahlbreite auf den Wert 2w0 angewachsen. Die Funktion w.z/ (Gl. 4.129) gibt die Strahlbreite entlang der Ausbreitung an. Die Funktion R.z/ (Gl. 4.132) beschreibt die Krümmung der Wellenfront. In der Strahltaille ist diese unendlich groß. Die gepunkteten Linien veranschaulichen die asymptotische Divergenz des Strahls. Der Wert des Winkels  hängt von der Strahltaille ab (Gl. 4.128). Beispiel 4.24: Laserschneiden

Die Bearbeitung von Werkstücken mithilfe von Lasern gehört heute zu den Standardverfahren. Laserschneiden ist eines dieser Verfahren. Ein stark fokussierter Laser erhitzt das Werkstück an der zu schneidenden Linie so stark, dass das Material lokal schmilzt. Mit einem inerten Gasjet wird das geschmolzene Material dann aus dem Schnitt ausgeblasen. Die beiden Abbildungen zeigen

335 4.4  Beugung

einen Schneidekopf. Der Laser, häufig ein CO2 -Gaslaser, wird als paralleler Strahl mit makroskopischem Durchmesser mithilfe einer Optik in den Kopf des Geräts übertragen und dort durch eine Sammellinse auf den Schnitt fokussiert. Gleichzeitig wird Gas – meist Stickstoff – unter hohem Druck in den Kopf eingeblasen. An der unteren Öffnung, durch die auch der Laserstrahl austritt, bildet sich der Gasjet. Ein Laser für den Einsatz beim Laserschneiden hat eine typische Leistung von 1 kW. Die Geräte arbeiten sowohl im kontinuierlichen als auch im gepulsten Betrieb. Naiv mag man annehmen, dass die Leistung von 1 kW durch die Sammellinse in einen Punkt fokussiert wird, was dann zu einer unendlich hohen Leistungsdichte führen würde. Wie wir aber gelernt haben, lässt sich ein Lichtstrahl nicht in einen Punkt fokussieren. Durch die Beugung ist der Durchmesser immer auf w0 begrenzt. Ein typischer Strahldurchmesser beim Laserschneiden beträgt 0,1 mm. Damit ergibt sich eine enorme Leistungsdichte von 1 kW=. r 2 /  100 GW=m2 .

Beispiel 4.25: Einkopplung eines Lasers in eine Glasfaser

Sie wollen den Strahl eines Helium-Neon-Lasers ( D 633 nm) in eine Single-Mode-Glasfaser 1060-XP mit einem Kerndurchmesser von 6;2 m möglichst effizient einkoppeln. Sie haben den Strahl des Lasers vermessen. Er hat einen Durchmesser von 1 mm und eine verschwindende Divergenz. Wie machen Sie das? Offensichtlich müssen Sie den Strahl fokussieren, um den Durchmesser des Strahls auf den Durchmesser des Faserkerns anzupassen. Es wird sich eine Strahltaille ausbilden. Fällt diese auf den Beginn der Faser, so verschwindet an dieser Stelle die Strahldivergenz, und eine nahezu vollständige Einkopplung sollte möglich sein.

Sie könnten die Einkopplung mit einer einzelnen Sammellinse versuchen. Wir wollen 2w0 D 6;2 m erreichen. Aus Gl. 4.128 bestimmen wir den Winkel , mit dem der Strahl auf die Faser fokussiert werden muss. Es ergeben sich ungefähr 65 mrad. Bei einem Strahldurchmesser von 1 mm folgt eine Brennweite der Linse von 7,7 mm. Dies ist im Prinzip möglich, aber es wäre doch

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4

336

Kapitel 4  Wellenoptik

eine Linse mit einer starken Krümmung. Einfacher geht es mit zwei Linsen, wie dies in der Skizze dargestellt ist. Es sei 1 der Konvergenzwinkel des Strahls hinter der ersten Linse, der dem Divergenzwinkel vor der zweiten Linse entspricht, und 2 der Konvergenzwinkel des Strahls hinter der zweiten Linse. Dann lesen wir folgende Relationen aus der Skizze ab:

4

d1 d2 D 2b1 2 g2 d2 2  2b2

1 

f1 D b1 Außerdem gilt f12 D g12 C b12 . Die beiden Brennweiten können wir frei wählen. Wir entscheiden uns für zwei Sammellinsen mit f1 D 2 cm und f2 D 5 cm. Dies führt uns auf g2 D 18 cm und b2 D 7 cm bei einem Strahldurchmesser d2 D 9 mm. Beachten Sie bitte, dass der Durchmesser der Linsen mindestens einen Faktor zwei größer sein muss als der Durchmesser des Strahls, um Beugung an den Linsenrändern zu unterdrücken. Damit sollte eine Einkopplung des Laserstrahls in die Faser gelingen.

4.4.5 Fourier-Darstellung der Beugung Fraunhofer-Näherung Wir wollen die Beschreibung der Beugung durch das FresnelKirchhoff’sche Beugungsintegral (Gl. 4.97) noch einmal etwas umformulieren. Wir werden so eine neue, interessante Darstellung erhalten. Wir gehen aus von EEP .x 0 ; y 0 / D



e K .ˇ/ EE0 .x; y/

i .'.x;y/krA /

rA

dxdy:

(4.133)

zD0

Die Größen haben wir alle in 7 Abschn. 4.4.2 eingeführt. Dieses Integral vereinfachen wir zunächst, indem wir annehmen, dass der Abstand z0 des Schirms von der Blendenebene groß ist im Vergleich zu den Dimensionen der Blende(n), also gegenüber Spaltbreiten und ähnlichen Größen. Ebenso nehmen wir an, dass der Abstand z0 des Schirms größer ist als die Breite des Interferenzmusters auf dem Schirm. Mathematisch bedeutet dies, dass rA im Beugungsintegral groß ist gegen x und y und auch größer als x 0 und y 0 . Nun ist rA D

q .x  x 0 /2 C .y  y 0 /2 C z02 :

(4.134)

337 4.4  Beugung

Die Summe unter der Wurzel wird von z0 dominiert, und wir setzen im Nenner des Integranden rA  z0 . Ein weiteres Mal tritt rA im Exponenten der Exponentialfunktion auf. Die Phase der Exponentialfunktion reagiert sehr empfindlich auf rA , sodass wir hier eine bessere Näherung benötigen. Beachten Sie bitte, dass k D 2= für Wellenlängen im sichtbaren Bereich (  500 nm) Werte in der Gegend von k  107 =m hat und dass rA im Exponenten ja mit k multipliziert wird. Daher entwickeln wir die Wurzel und berücksichtigen die Terme bis zur zweiten Ordnung: s .x  x 0 /2 .y  y 0 /2 C rA D z0 1 C 2 z0 z02 ! 1 .y  y 0 /2 1 .x  x 0 /2  z0 1 C C C ::: 2 2 z02 z02 ! 0 0 1x2 1y2 xx 0 yy 0  z0 1  2  2 C C C ::: (4.135) 2 z02 2 z02 z0 z0 Mit K .ˇ/ D

i 

cos ˇ und cos ˇ  1 ergibt sich 



i i kz0 i 2zk x 0 2 Cy 0 2 EEP .x 0 ; y 0 / D e e 0 z0 “   i '.x;y/C zk .xx 0 Cyy 0 / 0 EE0 .x; y/e  dxdy: (4.136) zD0

Dies entspricht der Fraunhofer-Näherung des auslaufenden Lichts, die wir bereits erwähnt haben. Allerdings haben wir noch nichts über die einfallende Welle ausgesagt. Bei der Fraunhofer-Beugung gehen wir davon aus, dass die Lichtquelle sehr weit von der Beugungsapparatur entfernt ist und daher eine nahezu ebene Welle einfällt. Diese hat in der Ebene z D 0 eine konstante Phase '.x; y/, die wir zu null annehmen können, sowie eine konstante Amplitude EE0 .x; y/ D EE0 . Wir beschreiben die Blende in dieser Ebene durch eine Transmissionsfunktion .x; y/. Sie gibt an, wie stark die Feldstärke EE0 .x; y/ der einfallenden Welle durch die Blendenanordnung abgeschwächt wird. Ein Wert .x; y/ D 1 bedeutet, dass die Welle an dieser Stelle ungehindert durchgelassen wird, während ein Wert .x; y/ D 0 anzeigt, dass die Welle vollständig absorbiert wird. Unmittelbar hinter der Blendenanordnung besitzt die Welle die Amplitude .x; y/  EE0 .x; y/. Elementarwellen mit dieser Ausgangsamplitude erzeugen das Beugungsbild auf dem Schirm bei z D z0 . Das Beugungsintegral lautet schließlich:   EE0 i kz0 i 2zk x 0 2 Cy 0 2 0 0 E 0 e e EP .x ; y / D i z0 “ i k .xx 0 Cyy 0 /  .x; y/  e z0 dxdy zD0

(4.137)

4

338

Kapitel 4  Wellenoptik

Fourier-Darstellung Nun führen wir zwei neue Variablen u und v ein: uD

y0 x0 ;v D z0 z0

(4.138)

Damit erhalten wir für das Beugungsintegral EE0 2 i z0 2 i z0 .u2 Cv2 / 2  e e EEP .u; v/ D i z0 C1 “  .x; y/  e 2 i.uxCvy/ dxdy

4

1

D A.u; v; z0 / F ..x; y// mit A.u; v; z0 / D i

EE0 2 i z0 2 i z0 .u2 Cv2 / 2  e e : z0 (4.139)

Mit F ..x; y// haben wir die Fourier-Transformierte der Funktion .x; y/ bezeichnet. Die Feldstärke des Beugungsbilds ist also gegeben durch die Fourier-Transformierte der Feldstärke unmittelbar hinter der Blendenanordnung. Wir wollen den Phasenfaktor A.u; v; zz0 / noch etwas umschrei0 ben. Zunächst halten wir fest, dass e 2 i  D e i kz0 die Phase einer Kugelwelle auf dem Beobachtungsschirm darstellt, die vom Zentrum des Spalts ausgeht. Die Wellenfront dieser Kugelwelle ist in . Abb. 4.60 durch eine grüne Linie angedeutet. Die Phase an einer i kr 0 gegeben, wobestimmten q Stelle auf dem Schirm ist dann durch e . Abb. 4.60 Zur Definition der Phasen bei der Beugung

bei r 0 D z02 C x 02 C y 02 den Abstand des Punkts .x 0 ; y 0 / auf dem Schirm vom Zentrum des Spalts darstellt. Wir setzen r 0 D z0 C r 0 :

(4.140)

Für den Winkel # lesen wir aus . Abb. 4.60 ab: p x 02 C y 02 sin # D z0 C r 0 z0 cos # D z0 C r 0

(4.141)

Aus sin2 # C cos2 # D 1 erhalten wir 0

r 0 

0

x2Cy2 ; 2z0

(4.142)

wenn wir r 02 gegenüber 2z0 r 0 vernachlässigen. Dies bedeutet, 0 dass wir den zweiten Phasenfaktor in A.u; v; z0 / als e k r schreiben können. Wir erhalten A.u; v; z0 / D i

EE0 i kz0 i k r 0 e e : z0

(4.143)

339 4.4  Beugung

Zum Schluss dieses Abschnitts wollen wir auch noch den Integranden in eine andere Form bringen. Wir setzen die Größen u und v wieder ein und erhalten e

2 i.uxCvy/

De

 0 0 i k x zx Cy zy 0

0

:

(4.144)

Wir können die Interpretation des Ergebnisses noch etwas vereinfachen, indem wir den Wellenvektor kE in seine Komponenten aufteilen. Die Größe k gibt ja den Betrag des Wellenvektors an, wohingegen kx 0 =z0 die x-Komponente des Wellenvektors darstellt (. Abb. 4.61) und entsprechend ky 0 =z0 die y-Komponente. Folglich können wir das Beugungsintegral auch folgendermaßen schreiben: C1

“ EE0 i kz0 i k r 0 0 0 E EP .x ; y / D i e e .x; y/  e i.kx xCky y/ dxdy z0 1

(4.145) Wir erhalten ein interessantes Ergebnis. Die Emission des Lichts in eine Richtung, die durch die Komponenten kx und ky gegeben ist, entspricht gerade der zugehörigen Fourier-Komponente. Mit einer Linse können wir dieses Licht noch abbilden. Da wir in der Fraunhofer-Näherung arbeiten, handelt es sich bei der Emission in Richtung .kx ; ky / um paralleles Licht, das wir mit einer Linse, wie in . Abb. 4.62 dargestellt, in einen Punkt fokussieren können. Auf dem Schirm entsteht ein Bild der Fourier-Transformierten der Transmissionsfunktion. Hier interessieren wir uns vornehmlich für die Verteilung der Intensität in der Beobachtungsebene, nicht aber für die absolute Helligkeit. Wir normieren daher das Beugungsbild auf die Feldstärke EEP .0;0/ in der Mitte des Schirms (x 0 D y 0 D 0): T .kx ; ky / D

EEP .u; v/ EEP .0;0/ ’ C1

D e i k r

. Abb. 4.62 Eine Linse als FourierTransformator

0

1

.x; y/  e i.kx xCky y/ dxdy ’ C1 1 .x; y/dxdy

(4.146)

. Abb. 4.61 Zerlegung des Wellenvektors in seine Komponenten

4

340

Kapitel 4  Wellenoptik

4 . Abb. 4.63 Bildentstehung nach der Abbe’schen Theorie

Dies beschreibt dann die Helligkeitsverteilung, die wir auf dem Schirm in . Abb. 4.62 sehen. Die Linse projiziert die FourierTransformierte der Transmissionsfunktion auf den Schirm. Nehmen wir nun den Schirm wieder weg, so bleibt eine gedachte Ebene (helles Grau in . Abb. 4.63), in der die Helligkeit nach der Fourier-Transformierten T .kx ; ky / verteilt ist. Wir können diese Ebene als Ausgangspunkt vieler Elementarwellen betrachten, deren Intensitäten durch T .kx ; ky / bestimmt sind. Sie überlagern sich in der Bildebene und erzeugen dort das Bild. Die Lage dieser Bildebene ist durch die Gauß’sche Linsengleichung (Gl. 2.87) gegeben. Man nennt diese Erklärung der Bildentstehung die Abbe’sche Theorie der Abbildung; sie geht zurück auf Ernst Abbe, den wir bereits in 7 Abschn. 2.5.1 im Zusammenhang mit der Abbe’schen Invarianten bei der geometrischen Abbildung kennengelernt haben.

Anwendungen Wir wollen noch einmal die Beugung am Spalt betrachten, nun allerdings in dem gerade entwickelten Formalismus der FourierTransformation. Die Transmissionsfunktion .x; y/ ist in diesem Fall relativ einfach. Ihr Wert ist konstant innerhalb des Spalts und null außerhalb. Wir wählen 1=D als Konstante, um eine integrale Feldstärke zu erhalten, die unabhängig von der Spaltbreite ist, also ( .x; y/ D

1=D

jxj
100 beobachtet, allerdings sind die Intensitäten dieser Oberwellen sehr gering. Von praktischer Bedeutung ist vor allem die Frequenzverdopplung, auf die wir uns hier konzentrieren wollen. Experiment 4.37: Frequenzverdopplung

Franken fokussierte einen gerade neue entwickelten Rubinlaser auf einen Quarzkristall. Hinter dem Kristall untersuchte er das Spektrum des Lichts und fand eine große Intensität bei der Wellenlänge des Lasers von 694,3 nm, aber auch eine zweite, schwache Komponente im Ultravioletten bei der halben Wellenlänge von 347,2 nm. Die Skizze zeigt den Aufbau der Apparatur. Der kommerzielle Laser der Firma Trion Instruments, Inc., erzeugt einzelne, linear polarisierte Pulse mit einer Energie von 3 J und einer Dauer von etwa 1 ms. Ein roter Farbfilter F hinter dem Laser eliminiert Reste des Streulichts der Xenonblitzlampe, mit der der Laser angeregt wird. Es folgt die Linse L1, die den Strahl in den Dopplerkristall fokussiert. Durch die Fokussierung werden Feldstärken bis 105 V=m erreicht. In Frankens Experiment kam ein Quarzkristall zum Einsatz, ein Material, das die notwendige Anisotropie besitzt und sowohl für die Grundwelle als auch für die erste Oberwelle transparent ist. Mit einem Prisma P analysierte er das Spektrum. Die Linsen L2 und L3 wandelten den Strahl, der hinter dem Fokus im Dopplerkristall wieder divergiert, in ein paralleles Lichtbündel im Prisma um und fokussierten dieses schließlich auf eine Fotoplatte. Die Aufnahmen einzelner Laserpulse zeigten eine schwache, aber deutlich erkennbare Linie bei 347,2 nm, was der verdoppelten Frequenz entspricht. Um jeden Irrtum auszuschließen, variierte die Gruppe die Orientierung des Kristalls und entfernte ihn schließlich. Die Intensität der Oberwelle folgte den Erwartungen. Eine Abschätzung der Intensität ergab, dass etwas weniger als der 108 -te Anteil der Pulsleistung ins Ultraviolette konvertiert wurde.

4

432

Kapitel 4  Wellenoptik

4

. Abb. 4.109 Überlagerung der ersten Harmonischen in einem dispersiven Medium

In der Anwendung ist es wichtig, möglichst viel Energie aus der Grundfrequenz in die höheren Harmonischen zu überführen. Diese Effizienz hängt von der Dicke s des verwendeten Kristalls ab. Naiv mag man erwarten, dass sie zumindest anfänglich linear mit s anwächst. Doch leider verhindert die Dispersion in den meisten Fällen eine effiziente Frequenzverdopplung. Dringt die Primärwelle in den Kristall ein, so breitet sie sich mit der Geschwindigkeit c1 aus. Die Oberwellen, die das Medium abstrahlt, haben aufgrund der Dispersion eine andere Geschwindigkeit c2 . Dringt die Primärwelle tiefer ins Medium ein, so erzeugt sie zwar immer neue Oberwellen in der ihr eigenen Phasenlage. Doch bereits nach einer kurzen Laufstrecke sind die Oberwellen verschiedener Emissionen untereinander nicht mehr in Phase. Die Verhältnisse sind in . Abb. 4.109 grafisch dargestellt. Die erzeugten Oberwellen haben eine feste Phasenbeziehung zur anregenden Primärwelle. Sie besitzen die doppelte Frequenz, aber aufgrund der Dispersion ist ihre Wellenlänge nicht genau die Hälfte der Wellenlänge der Primärwelle. Wir haben c2 > c1 gewählt, was auf 2 < 1 =2 führt. In . Abb. 4.109 haben wir gezeigt, wie die Primärwelle (rot) in diskreten Schritten beim Erreichen des jeweils nächsten gelben Punkts eine neue Oberwelle (blau) auslöst. Wie Sie sehen, nimmt der Phasenunterschied zwischen diesen neuen Oberwellen und den vorherigen mit größer werdender Laufstrecke zu. Eine effiziente Konversion der Grundwelle in die Oberwelle gelingt damit nicht. In dünnen Kristallschichten kann man zwar die Erzeugung einer Oberwelle beobachten, deren Intensität mit s zunächst zunimmt. Doch nach einer gewissen Dicke der Schicht nimmt die Intensität der Oberwelle wieder ab, da nun destruktiv interferierende Oberwellen hinzukommen. Mit zunehmender Laufstrecke s fällt die Intensität der Oberwelle schließlich auf null und beginnt danach erneut anzusteigen. Die Phasenverschiebung zwischen der Oberwelle und der Primärwelle, die neue Oberwellen erzeugt, steigt mit der Weglänge s, die die Primärwelle im Medium zurücklegt. Nach einer Strecke s ./ hat sie 180ı erreicht. Diese Strecke beträgt s ./ D

 D lc ; 2 .n .2!/  n .!//

(4.236)

wobei n .!/ und n .2!/ die Brechungsindizes bei der Frequenz der Primärwelle bzw. der Oberwelle bezeichnen. Man nennt diese Strecke lc die kritische Phasenanpassungslänge oder – manchmal auch kürzer, wenn auch etwas irreführend – die Kohärenzlänge. Ist die Weglänge s deutlich größer als die kritische Phasenanpassungslänge, so mittelt sich die Oberwelle zu null.

433 4.7  Nichtlineare Optik

Experiment 4.38: Phasenanpassungslänge

Eine Gruppe um P. D. Maker demonstrierte die Begrenzung der Frequenzverdopplung in einem Experiment.18 Mit einem ähnlichen Aufbau wie in Experiment 4.37 erzeugten sie frequenzverdoppeltes Licht aus dem roten Licht eines Rubinlasers. Als Medium kam ein dünnes Quarzplättchen zum Einsatz (Dicke 0,78 mm). Indem sie das Quarzplättchen um die Vertikale drehten, konnten Sie die effektive Dicke variieren. Zu jeder Einstellung vermaßen sie die Intensität des frequenzverdoppelten Lichts. Das Diagramm zeigt das periodische Auf und Ab der Intensität durch konstruktive und destruktive Interferenz. Aus dem Diagramm lässt sich die Phasenanpassungslänge lc bestimmen. Sie erhielten 14 m, was gut mit der theoretischen Erwartung von 13;9 m übereinstimmt.

© American Physical Society; P. D. Maker et al., Physical Review Letters 8 (1962) 21.

Leider ist es kaum möglich, auf der kurzen Strecke der Phasenanpassungslänge eine signifikante Intensität der Oberwelle zu erzeugen. Um dies zu erreichen, müssen die Phasen der sekundären Oberwellen aneinander angepasst werden. Dies kann beispielsweise in doppelbrechenden Kristallen gelingen. Bei geeigneter Wahl des Winkels  der einfallenden Primärwelle zur optischen Achse, ist es möglich, dass nao .2!/ D no .!/ wird. Strahlt man eine linear polarisierte Primärwelle als ordentlichen Strahl ein, so wird die Polarisation des Mediums wegen der Anisotropie gegenüber der Polarisation der 18

P. D. Maker et al., „Effects of Dispersion and Focusing on the Production of Optical Harmonics“, Physical Review Letters, 8 (1962) 21.

4

434

4

Kapitel 4  Wellenoptik

Primärwelle gedreht erscheinen. Die Sekundärwellen enthalten dann sowohl einen ordentlichen als auch einen außerordentlichen Anteil. Für den außerordentlichen Anteil tritt Phasenanpassung auf, sodass dieser mit zunehmender Laufstrecke der Primärwelle im Kristall anwächst. Der ordentliche Anteil mittelt sich dagegen weg. So entsteht eine frequenzverdoppelte Oberwelle mit signifikanter Intensität, deren Polarisation senkrecht auf der einfallenden Welle steht. Beachten Sie allerdings, dass diese Phasenanpassung frequenzabhängig ist. Eine solche Anordnung kann immer nur eine Welle mit einer bestimmten Frequenz teilweise konvertieren. Beispiel 4.58: Phasenanpassung in KDP

Die Phasenanpassung bei Frequenzverdopplung kann in bestimmten anisotropen Kristallen realisiert werden. Unser Beispiel zeigt das Prinzip am Beispiel von Kaliumdihydrogenphosphat (KDP). In der ersten Skizze ist der Brechungsindex dargestellt. In Rot sind die Werte für die Frequenz des Rubinlasers (1 D 694;3 nm) gezeigt, in Violett die Werte bei der doppelten Frequenz (2 D 347;2 nm). Die durchgezogenen Linien repräsentieren die Werte für den ordentlichen Strahl, die gestrichelten Linien zeigen entsprechend die Werte des außerordentlichen Strahls. Die optische Achse liegt vertikal. Der Winkel zwischen der optischen Achse und der Polarisation des Strahls wird mit  bezeichnet. Aus dem Diagramm liest man ab, dass bei etwa  D 57ı der Brechungsindex des außerordentlichen Strahls bei der Frequenz 2! dem Brechungsindex des ordentlichen Strahls bei ! entspricht. In der zweiten Skizze sind die Richtung des Strahls und der Polarisationen von Grundund Oberwelle in Bezug auf die optische Achse wiedergegeben. Mit dieser Einstellung gelingt die Phasenanpassung, sodass mit zunehmender Dicke des Kristalls mehr und mehr Leistung in die Oberwelle transferiert wird. Man kann eine Effizienz von bis zu 30 % erreichen.

Frequenzmischung Ein weiterer nichtlinearer Effekt tritt auf, wenn wir zwei Wellen unterschiedlicher Frequenzen !1 und !2 in einem anisotropen Medium überlagern. Neben den doppelten Frequenzen 2!1 und 2!2 entstehen bei hinreichender Intensität der Wellen auch Sekundärwellen mit den Summen- und Differenzfrequenzen. Wir nehmen an, die beiden Primärwellen breiten sich in die gleiche Richtung aus und überlagern sich im Medium im Bereich des Koordinatenursprungs. Um die Entstehung der Summen- und Differenzfrequenzen zu verstehen, genügt es, die Wellen im Ursprung, d. h. für rE D 0, zu betrachten. Sie lassen

435 4.7  Nichtlineare Optik

sich als E1 .t / D EO 1 cos !1 t; E2 .t / D EO 2 cos !2 t

(4.237)

schreiben, wobei EO 1 und EO 2 die Amplituden der beiden Wellen bezeichnen. Wir haben angenommen, dass beide Wellen linear polarisiert sind und die Polarisationen in die gleiche Richtung zeigen, da nur diese Anteile miteinander interferieren. Hieraus entsteht eine Polarisation   P .t / D 0  EO 1 cos !1 t C EO 2 cos !2 t 2  C 0 2 EO 1 cos !1 t C EO 2 cos !2 t   D 0  EO 1 cos !1 t C EO 2 cos !2 t   2 C 0 2 EO 12 cos2 !1 t C E0;2 cos2 !2 t C 2EO 1 EO 2 cos !1 t   D 0  EO 1 cos !1 t C EO 2 cos !2 t  1 C 0 2 EO 12 C EO 22 C EO 12 cos 2!1 t C EO 22 cos 2!2 t 2  CEO 1 EO 2 cos .!1 C !2 / C EO 1 EO 2 cos .!1  !2 / ; (4.238) die in den letzten beiden Termen die Summe !1 C !2 und die Differenz !1  !2 der beiden primären Frequenzen enthält. Wie schon bei der Frequenzverdopplung ist eine Phasenanpassung notwendig, um die Dispersion zu kompensieren. Da diese frequenzabhängig ist, gelingt sie nur für eine der Oberwellen. Man kann folglich über die Phasenanpassung auswählen, welche der Frequenzen 2!1 , 2!2, !1 C !2 oder !1  !2 verstärkt werden soll.

Selbstfokussierung Ist Ihnen aufgefallen, dass wir mit dem Kerr-Effekt in 7 Abschn. 4.6.4 bereits einen Effekt der nichtlinearen Optik vorgestellt haben, obwohl wir dort die Nichtlinearität nicht explizit angesprochen haben? Wir stellten fest, dass sich durch Anlegen eines elektrischen Felds an bestimmte Medien ein Unterschied im Brechungsindex des ordentlichen und außerordentlichen Strahls erzeugen lässt, der proportional zum Quadrat der elektrischen Feldstärke ist (Gl. 4.206): n D nao  no D KE 2

(4.239)

In 7 Abschn. 4.6.4 sind wir davon ausgegangen, dass das elektrische Feld von außen an das Medium angelegt wird. Doch auch das elektrische Feld einer durch das Medium laufenden Laserwelle erzeugt einen Kerr-Effekt. Die induzierte optische Achse zeigt beim KerrEffekt entlang des elektrischen Felds. Demzufolge handelt es sich bei

4

436

Kapitel 4  Wellenoptik

diesem Laserstrahl um einen außerordentlichen Strahl, dessen elektrisches Feld entlang der optischen Achse schwingt. Mitteln wir den Brechungsindex über die schnellen Schwingungen des elektrischen Felds, so erhalten wir nao D n0 C KE 2 D n0 C

4

KI : n0 0 c

(4.240)

Beachten wir nun das radiale Strahlprofil I.r/ des Laserstrahls, so erkennen wir, dass der Laserstrahl im Medium einen Gradienten im Brechungsindex mit n.r/ D nao D n0 C n2 I.r/

. Abb. 4.110 Beschreibung der Selbstfokussierung durch ein Stufenprofil

induziert, wobei wir n2 D K=n0 0 c gesetzt haben. Ist K > 0, entsteht eine Gradientenindexlinse, die den Laserstrahl fokussiert (7 Abschn. 2.5.4). Da die Linse vom Laserstrahl selbst im Medium erzeugt wird, spricht man von Selbstfokussierung des Strahls. Die Selbstfokussierung setzt bei einer gewissen kritischen Leistung Pcrit ein und fokussiert den Strahl auf einen Querschnitt im Mikrometerbereich. Dabei können extrem hohe Leistungsdichten erzeugt werden, die bei unkontrollierter Fokussierung die Apparaturen zerstören können. Um die Leistungsschwelle zu bestimmen, müssen wir beachten, dass am Gradientenindex auch Beugung auftritt, was den Strahl defokussiert. Eine einfache Abschätzung gelingt, wenn wir das Profil des Brechungsindex als Stufe nähern, wie dies in . Abb. 4.110 angedeutet ist. In der Nähe der Strahlachse nimmt der Brechungsindex den Wert n0 C n2 I0 an, wobei wir I0 durch die maximale Intensität des Strahls nähern, außerhalb dieses Bereichs fällt der Brechungsindex abrupt auf den Wert n0 ab. Trifft ein Teil des Laserstrahls auf diese Indexstufe, so kommt es zur Brechung an der Grenzfläche, und zusätzlich tritt Beugung an der Indexstufe auf. Daraus resultieren Ablenkungen des Teilstrahls gegenüber der Vorwärtsrichtung, die wir im Fall der Brechung mit ıBr und im Fall der Beugung mit ıBe bezeichnen. Selbstfokussierung tritt ein, wenn der Effekt der Brechung den der Beugung überwiegt, d. h., wenn ıBr > ıBe gilt. Wir beginnen mit der Abschätzung des Brechungswinkels ıBr . Nach dem Snellius’schen Brechungsgesetz gilt sin ˛ n2 n0 C n2 I0 D 1 C I0 : D sin ˇ n0 n0

(4.241)

Aus . Abb. 4.110 lesen wir sin ˇ D cos ıBr ab. Für nahezu parallelen Einfall des betrachteten Teilstrahls können wir sin ˛  1 2 setzen. Verwenden wir ferner die Näherung und cos ıBr  1  12 ıbr   1 1 2 1 2  1 C 2 ıbr , ergibt sich aus Gl. 4.241 1  2 ıbr 2 2 ıBr

n2 I0 : n0

(4.242)

437 4.7  Nichtlineare Optik

Für den Beugungswinkel gilt näherungsweise ıBe 

 ; 2w0

(4.243)

wobei w0 den Radius des Laserprofils bezeichnet (7 Abschn. 4.4.4). Selbstfokussierung ist zu beobachten, falls die Intensität I0 so groß 2 2 D ıBe überschritten wird. Daraus folgt die kritische wird, dass ıBr Leistung Pcrit D w02 I0 D

2 n0 : 8n2

(4.244)

Die kritische Leistung ist material- (n2 ) und wellenlängenabhängig. In geeigneten Kristallen (z. B. Quarz) setzt Selbstfokussierung bei Leistungen im Megawattbereich ein, was mit gepulsten Lasern durchaus realisierbar ist. Beispiel 4.59: Propagation von Laserpulsen in einem Plasma

Wir haben gesehen, dass ab einer gewissen kritischen Leistung Pcrit Selbstfokussierung einsetzt. Vielleicht fragen Sie sich, was die Selbstfokussierung bei Überschreiten der kritischen Leistung begrenzt. Warum wird der Strahl „nur“ in den Mikrometerbereich fokussiert und nicht in einen Punkt? Dies liegt an der Wechselwirkung von Strahl und Medium. Durch die Selbstfokussierung können Feldstärken erreicht werden, die die Felder in den Atomen und Molekülen des Mediums übersteigen. Dann wird das Medium ionisiert. Es entsteht ein Plasma, das ausgehend vom Zentrum des Strahls wächst. Der Brechungsindex des Plasmas ist geringer als der Brechungsindex des neutralen Mediums, sodass das einsetzende Plasma der Selbstfokussierung entgegenwirkt. In Luft (n2  3  1023 m2 =W) nimmt die kritische Leistung für optische Laser Werte im Bereich Pcrit  1 GW an. Selbst bei einem Strahlradius von 100 m liegt die Feldstärke der Welle bereits im Bereich von 109 V=m (Gl. 4.244 mit I0 D n0 c 0 E 2 ) weit oberhalb der Durchschlagsfestigkeit von Luft, die je nach Feuchtigkeit in der Gegend von 106 V=m bleibt. Die Luft wird durch den Strahl ionisiert. Entlang des Strahls entsteht ein Plasmaschlauch, in dem der Laserstrahl gefangen ist. Es wurden solche Plasmaschläuche beobachtet, die sich über Kilometer erstreckten.

? Übungsaufgaben zu 7 Kap. 4

1. Sie sehen eine Seifenwasserhaut unter einem Winkel von 30ı rötlich schimmern. Schätzen Sie die minimale Dicke der Seifenwasserhaut ab. Brechungsindex des Seifenwassers n D 1;33

4

438

Kapitel 4  Wellenoptik

2. Laserlicht der Wellenlänge 633 nm fällt senkrecht auf einen Doppelspalt. In einem Meter Abstand hinter dem Doppelspalt wird die in der Abbildung gezeigte Intensitätsverteilung des Laserlichts gemessen. Welchen Abstand haben die beiden Spalte zueinander und wie groß ist ihre Spaltbreite?

1,0

4

- 10

-5

5

10

3. Die Stilrichtung des Pointillismus beruht auf einer besonderen Maltechnik. Die Bilder werden nicht in klassischen Pinselstrichen gemalt, sondern es werden kleine Farbpunkte in einem Abstand von ca. 2 mm auf der Leinwand aufgebracht. Das eigentliche Bild erkennt man erst in genügend großer Entfernung. Die Überlagerung der eigentlich getrennten Farbpunkte erfolgt durch die Beugung an der Pupillenöffnung der betrachtenden Person. In welchem Abstand vom Bild muss sich eine Person befinden, damit alle Farben vermischt sind? Gehen Sie von einem Pupillendurchmesser von 3 mm aus.

Paul Signac, Das Frühstück

439 4.7  Nichtlineare Optik

4. Eine Fresnel’sche Zonenplatte ist aus konzentrischen Kreisringen aufgebaut, die abwechselnd lichtdurchlässig und lichtundurchlässig sind. Die innerste Kreisfläche ist dabei lichtundurchlässig. Wie müssen die Radien der Kreisringe gewählt werden, damit die Platte als Sammellinse wirkt? Berechnen Sie die Radien einer Zonenplatte, die paralleles Licht der Wellenlänge 600 nm in einer Brennweite von 50 cm fokussiert. Bestimmen Sie die chromatische Aberration dD=d dieser Zonenplatte und vergleichen Sie diese mit der einer Sammellinse aus Flintglas der gleichen Brennweite. Daten für Flintglas: n D 1;61 und ddn D 0;97  105 m1 bei  D 600 nm 5. Bei Messungen mit einem Michelson-Interferometer wird in einem der beiden Interferometer-Arme der Spiegel bewegt und dabei das Erscheinen und Verschwinden der Maxima im Zentrum des Interferenzbildes auf dem Schirm beobachtet. Es wird das Licht der roten Spektrallinie des Cadmium-Dampfs mit der Wellenlänge  D 643;8 nm und der Linienbreite  D 0;0013 nm verwendet. Wie groß ist die maximal mögliche Verstellstrecke des Spiegels, innerhalb derer ein Interferenzbild zu beobachten ist? Wie groß ist diese, wenn stattdessen das Licht eines HeliumNeon-Lasers mit  D 632;8 nm und einer Frequenzunschärfe von 2  1010 benutzt wird? 6. Wie dick muss ein Quarz-Plättchen geschliffen werden, damit man ein =4-Plättchen für Licht der Wellenlänge 590 nm erhält? Hauptbrechungsindizes für Quarz: no D 1;5443, nao D 1;5534. 7. Die Vorführung von 3D-Filmen im Kino beruht darauf, dass die Bilder für das rechte und das linke Auge in verschieden polarisiertem Licht gezeigt werden. Die 3D-Brillen dienen dann dazu, dass die beiden Augen jeweils nur das für sie vorgesehene Bild sehen können. Setzen Sie eine 3D-Brille aus dem Kino auf und stellen Sie sich vor einen Spiegel. Kneifen Sie nun das rechte und das linke Auge abwechselnd zu. Sie sehen das Brillenglas vor Ihrem offenen Auge schwarz, während das andere Brillenglas durchsichtig ist. Erklären Sie das Phänomen! Schauen Sie nun von vorne durch die 3D-Brille in den Spiegel und wiederholen Sie das Experiment. Nun ist der Effekt verschwunden und die beiden Brillengläser bleiben durchsichtig. Wie ist dies zu erklären? 8. Bestimmen Sie die Verdet-Konstante von Flintglas in Exp. 4.32 und vergleichen Sie mit . Tab. 4.2.

4

441

Laser Stefan Roth und Achim Stahl

5.1

Emission und Absorption von Licht – 442

5.2

Laser – 463

© Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2019 S. Roth, A. Stahl, Optik, DOI 10.1007/978-3-662-59337-0_5

5

442

5

Kapitel 5  Laser

Wir haben diese Reihe über die Experimentalphysik mit der klassischen Physik begonnen. Hier fügt sich auch der vorliegende Band Optik ein. Doch zum Abschluss dieses Bands müssen wir die klassische Physik verlassen, denn die Behandlung der Optik wäre unvollständig, wenn wir nicht wenigstens das Grundprinzip des Lasers erklären würden. Dieses kann aber nur im Rahmen der Quantenoptik geschehen. Sie haben sicherlich bemerkt, dass wir in vielen Experimenten und Beispielen immer wieder auf Laser zurückgegriffen haben. Auch aus dem Alltag sind diese heutzutage kaum noch wegzudenken. Insbesondere basiert unsere Informationsgesellschaft auf der schnellen Datenübertragung, deren Rückgrat mit Lasern betriebene Glasfaserleitungen bilden. Doch mit der Behandlung der Laser müssen wir zwangläufig die klassische Physik verlassen, denn ihr Funktionsprinzip ist nur unter Einbeziehung der Quantenphysik zu erfassen. Dies wird einen gewissen „Spagat“ erfordern zwischen einer Einführung in die Quantenphysik, die wir Ihnen hier nur oberflächlich anbieten können, und dem Ziel, das grundlegende Prinzip des Lasers zu verstehen. Eine systematische Einführung in die Quantenphysik können wir Ihnen hier nicht präsentieren. Dies würde den Rahmen dieses Bandes bei Weitem sprengen. Stattdessen wollen wir auf Vorwissen über die Quantenphysik zurückgreifen, welches Sie vermutlich aus dem Schulunterricht mitbringen, und versuchen, die Aspekte, die hier von Bedeutung sind, noch etwas zu vertiefen. Falls Sie dieses Vorgehen nicht zufriedenstellt, müssten Sie zunächst den Band über die Quantenphysik durcharbeiten und erst danach auf dieses Kapitel über die Laser zurückkommen. Wir entschuldigen uns für diese Unannehmlichkeit, obwohl wir der Auffassung sind, dass sie in der Natur der Sache liegt.

5.1

Emission und Absorption von Licht

5.1.1 Aufbau der Atome Die Erzeugung des Laserlichts beruht im Wesentlichen auf der Wechselwirkung zwischen Licht und den Atomen bzw. Molekülen des Mediums, in dem es erzeugt wird. Um dies zu verstehen, müssen wir uns zunächst mit dem Aufbau der Atome beschäftigen. Eine klassische Behandlung der Atome genügt hierfür nicht. Stattdessen werden wir das Bohr’sche Atommodell zugrunde legen. Mit ihm gelingt es, die wesentlichen Punkte zu erklären. Ein tieferer Einstieg in die quantenphysikalische Beschreibung der Atome ist nicht unbedingt notwendig.

Rutherford’sches Atommodell Das Rutherford’sche Atommodell bildete den Ausgangspunkt der Atomphysik zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Es beschreibt den Aufbau des Atoms, bestehend aus dem Atomkern, der die Protonen

443 5.1  Emission und Absorption von Licht

und Neutronen enthält, und den Elektronen, die diesen umkreisen (. Abb. 5.1). Die Kernladungszahl Z, auch Ordnungszahl genannt, bestimmt die Anzahl der Protonen im Kern und damit die elektrische Ladung QK D CZe des Kerns. Der Kern ist also positiv geladen, und zwar mit dem Z-fachen der Elementarladung. Die Massenzahl A gibt die Summe an Protonen und Neutronen im Kern an. Da ein Proton bzw. ein Neutron etwa 2000-mal schwerer als ein Elektron ist, befindet sich der Großteil der Masse des Atoms im Kern. Wir werden in der Regel annehmen, dass er im Vergleich zu den Elektronen unendlich schwer und sein Radius vernachlässigbar klein ist.1 Die Elektronen stellen wir uns in diesem Modell als kleine elektrisch geladene Kugeln vor, deren Ausdehnung wir vernachlässigen können. Jedes Elektron trägt die entgegengesetzte Ladung eines Protons, also die negative Elementarladung, d. h. Qe D e. In einem neutralen Atom findet man daher genauso viele Elektronen wie Protonen. Deren Anzahl Z bestimmt die Position des Atoms im Periodensystem der Elemente; das bedeutet, die Kernladungszahl Z legt fest, zu welchem chemischen Element das Atom gehört. Während ihrer Kreisbewegung um den Kern werden die Elektronen durch die Coulomb-Kraft, die vom Kern ausgeht, auf ihrer Bahn gehalten. Sie wirkt als Zentripetalkraft, d. h., es muss gelten: v2 1 Ze 2 D m e 4 0 r 2 r

(5.1)

Die Energie eines kreisenden Elektrons ist gegeben durch Etot D

1 1 Ze 2 me v 2  : 2 4 0 r

(5.2)

Indem wir die Geschwindigkeit v des Elektrons in eine Radialgeschwindigkeit dr=dt und eine Winkelgeschwindigkeit rd'=dt unterteilen und den Bahndrehimpuls L als Konstanten der Bewegung einführen, können wir die Lösung der Bewegungsgleichung in ein eindimensionales Problem überführen. Wir erhalten  2 dr 1 L2 1 Ze 2 ; (5.3) C  Etot D m 2 2 dt 2mr 4 0 r wobei der mittlere Term das sogenannte Zentrifugalpotenzial darstellt. Hieraus lässt sich dann die Bahnbewegung der Elektronen bestimmen. Wir haben dies in Band 1 für die Bewegung der Planeten um die Sonne ausführlich diskutiert (Beispiele 11.1 und 11.8 in Band 1). Sie müssen dort lediglich das Gravitationspotenzial 1 Ze 2 =r ersetzen. GmM=r durch das elektrische Potenzial  4

0 Wir erhalten so elliptische Bahnen der Elektronen um den Kern. Das Rutherford’sche Atommodell wirft allerdings mehrere Probleme auf: 1 Der Radius der Atomkerne liegt im Bereich von 1015 m, während die Atome Radien im Bereich von 1010 m besitzen.

. Abb. 5.1 Wasserstoffatom im Rutherford’schen Atommodell

5

444

5

Kapitel 5  Laser

4 Es kann die Stabilität der Atome nicht erklären. Nach der klassischen Physik müssten die Elektronen aufgrund der Zentripetalbeschleunigung kontinuierlich elektromagnetische Wellen abstrahlen. Dadurch verlieren sie an Energie, was bedeutet, dass der Radius ihrer Bahn abnimmt. Sie stürzen in einer Spiralbahn in den Kern. Man nannte dies den Strahlentod der Atome. 4 Das Modell erklärt nicht, warum Atome die im Experiment für ein bestimmtes chemisches Element beobachteten, charakteristischen Spektrallinien aussenden. Nach dem Rutherford’schen Atommodell sollten sie ein kontinuierliches Strahlungsspektrum aussenden. 4 Das Wasserstoffatom mit nur einem Elektron müsste die Form einer flachen Scheibe haben, und die Größe der Atome wäre nicht festgelegt. Atome sind aber annähernd kugelförmig, und alle Atome eines chemischen Elements besitzen im nicht angeregten Zustand die gleiche Ausdehnung.

Bohr’sches Atommodell Niels Bohrs Modell der Atome ist noch weitgehend von einer klassischen Betrachtungsweise geprägt. Er entwickelte es 1913, kurz nachdem Max Planck die Quantenphysik durch die erfolgreiche Erklärung des Strahlungsspektrums des schwarzen Körpers begründet hatte. Bohr geht vom Rutherford’schen Modell aus und erweitert dieses um drei Postulate. Er konnte diese Postulate nicht begründen, aber er konnte zeigen, dass sich damit die wesentlichen Eigenschaften der Atome erklären lassen. Eine schlüssige Begründung seiner Postulate kann erst die volle Quantentheorie liefern. Wir wollen auf die von Bohr gewählten Formulierungen der Postulate nicht weiter eingehen, sondern nur deren Bedeutung in unserem Kontext angeben. > Inhalt der Bohr’schen Postulate 1. Die Elektronen bewegen sich strahlungsfrei auf Bahnen um die Atomkerne. 2. Nur solche Bahnen sind erlaubt, deren Bahndrehimpuls L einem ganzzahligen Vielfachen des Planck’schen Wirkungsquantums h, h D n¯, n 2 N).2 dividiert durch 2, entspricht (L D n 2 3. Elektronen können von einer Bahn mit Energie E1 in eine andere Bahn mit Energie E2 übergehen, indem sie monoenergetische elektromagnetische Strahlung entweder aufnehmen oder aussenden. Die Frequenz f dieser Strahlung ist durch die Relation hf D E2  E1 gegeben.

2

Diese Quantisierung des Bahndrehimpulses erweist sich später p als nicht ganz korrekt. Aus der vollen Quantentheorie ergibt sich die Relation L D l.l C 1/¯, wobei l entgegen Bohrs Vermutung auch den Wert null annehmen kann.

445 5.1  Emission und Absorption von Licht

Die erlaubten Bahnen nennt man auch die möglichen Zustände der Elektronen im Atom. Der Bahndrehimpuls der Elektronen in diesen Zuständen ist durch die Zahl n charakterisiert, die über Gl. 5.3 auch die Energie des Zustands festlegt. Man nennt sie auch die Hauptquantenzahl n. Mit diesen Postulaten lässt sich nun das Wasserstoffatom berechnen. Wir erhalten im Grundzustand, also dem energetisch tiefsten Zustand des Elektrons, einen Bahnradius rB D

4 0 ¯2  0;529  1010 m ; me e 2

(5.4)

was gut mit dem tatsächlichen Radius eines Wasserstoffatoms übereinstimmt. Aus den Energien der Bahnen lassen sich die Spektrallinien des Wasserstoffatoms bestimmen. Man erhält  hf D

Ze 2 4 0

2

me 2¯2



1 1  n21 n22





1 1   13;6 eV n21 n22

 : (5.5)

Damit gelingt es Bohr, die Spektrallinien des Wasserstoffs korrekt zu beschreiben. Die Formel hatte Johannes Rydberg bereits 1888 durch die Untersuchung der gemessenen Frequenzen der Spektrallinien empirisch gefunden, aber Bohr kann die darin enthaltene Konstante, die sogenannte Rydberg-Energie (Ry   13;6 eV), auf andere Naturkonstanten zurückführen und den Ursprung der Formel begründen. Die Rydberg-Energie haben wir in Elektronenvolt (eV) angegeben, einer in der Mikrophysik gängigen Einheit. Ein Elektronenvolt ist die Energie, die ein Elektron – oder ein anderes Teilchen mit der gleichen Ladung – beim Durchlaufen einer Potenzialdifferenz von 1 V gewinnt. Es ist folglich 1 eV D 1;609  1019 C  1 V D 1;609  1019 J:

(5.6)

Wir werden diese Einheit häufiger verwenden. Trotz dieser wichtigen Erfolge des Bohr’schen Atommodells sind – neben der fehlenden Begründung der Postulate – einige berechtigte Kritikpunkte anzuführen: 4 Das Bohr’sche Atommodell beschreibt das Wasserstoffatom erfolgreich, es scheitert aber an der Beschreibung von Atomen mit mehr als einem Elektron. 4 Das Bohr’sche Modell geht von einer Quantisierung des Bahndrehimpulses aus, aber die Quantisierungsbedingung ist nicht korrekt. Beispielsweise besitzt der Grundzustand des Wasserstoffatoms nach dem Bohr’schen Modell einen Bahndrehimpuls von ¯. Tatsächlich ist der Bahndrehimpuls des Grundzustands aber gleich null. Außerdem gibt das Modell beim Wasserstoff nur die grobe Struktur der Energieniveaus und Spektrallinien richtig wieder. Die Feinstruktur und die Aufspaltung der Linien in äußeren elektrischen oder magnetischen Feldern werden nicht korrekt beschrieben.

5

446

Kapitel 5  Laser

4 Chemische Bindungen kann das Bohr’sche Modell nicht erklären. Darüber hinaus müssen wir festhalten, dass die Vorstellung von punktförmigen, auf diskreten Bahnen kreisenden Elektronen der Heisenberg’schen Unschärferelation widerspricht. Dennoch werden wir das Bohr’sche Atommodell für unsere Erklärungen verwenden, allerdings mit einer Einschränkung: Wir berechnen die Energien der Zustände nicht nach dem Bohr’schen Modell, sondern werden diese aus Messungen oder quantentheoretischen Rechnungen übernehmen. Wir hoffen, damit eine zufriedenstellende Erklärung der Funktionsweise der Laser liefern zu können.

5

Termschemata

. Abb. 5.2 Termschema des

Wasserstoffs

Wie schon erwähnt, ist die Absorption und Emission von Licht durch Atome für das Verständnis des Lasers wesentlich. Dabei wechselt ein Elektron von einem Zustand mit der Energie E1 in einen Zustand mit der Energie E2 . Daher sind die Energiewerte dieser Zustände von besonderer Bedeutung. Das Termschema eines Atoms bietet eine Möglichkeit, diese Energiewerte anschaulich darzustellen. . Abb. 5.2 zeigt das Termschema des Wasserstoffatoms. Es sind nur die wichtigsten Strukturen wiedergegeben. Später werden wir an der einen oder anderen Stelle noch weitere Details hinzufügen müssen. Jeder mögliche Zustand des Elektrons im Wasserstoffatom wird durch einen dunkelgrauen, horizontalen Balken symbolisiert. Die vertikale Achse gibt die Energie der Zustände an. Die Energiewerte sind alle negativ, was die Bindung der Elektronen in diesen Zuständen ans Atom zum Ausdruck bringt. Man kann sie nach der Formel En D Ry 

1 n2

(5.7)

berechnen. Ein Elektron mit einer positiven Energie ist dagegen nicht ans Atom gebunden. Es kann sich vom Atom entfernen und dabei beliebige positive Energiewerte annehmen. Man spricht von einem Kontinuum ungebundener Zustände. Dieses ist in unserem Termschema nicht enthalten. Der tiefste Zustand bei 13,6 eV stellt den Grundzustand des Atoms dar. Er trägt die Hauptquantenzahl n D 1. Darüber liegen dann die angeregten Zustände mit n > 1. Mit steigendem n rücken sie immer dichter zusammen und nähern sich dem Nullpunkt der Energieskala. In der Horizontalen haben wir die Zustände nach ihrem Bahndrehimpuls sortiert. Das Bohr’sche Atommodell gibt den Bahndrehimpuls des Wasserstoffatoms nicht ganz richtig wieder. Wir haben daher in . Abb. 5.2 die korrekten Werte aus der Quantentheop rie übernommen. Der Bahndrehimpuls hat die Werte l.l C 1/¯, wobei die Drehimpulsquantenzahl l ganze Zahlen beginnend mit null bis zum Wert n1 annehmen kann. Alle Zustände in der linken Spalte, die mit s überschrieben ist, besitzen keinen Bahndrehimpuls, d. h.,

447 5.1  Emission und Absorption von Licht

die Drehimpulsquantenzahl hat den Wert l D 0. Zu diesen gehört auch der Grundzustand des Atoms. Die nächste Spalte, überschrieben mit p, bezieht sich auf Zustände p mit der Drehimpulsquantenzahl l D 1 und dem Bahndrehimpuls 2¯, die dritte Spalte auf Zustände mit l D 2 usw. Die Bezeichnung des Drehimpulses durch Buchstaben kommt aus der Spektroskopie. Die Buchstaben stehen für sharp (s), principal (p), diffuse (d) und fundamental (f). Wir wollen diese semiklassische Diskussion der Atome an dieser Stelle beenden. Die nun folgenden Beispiele deuten an, wie realistischere Termschemata des Wasserstoffs und anderer Atome aussehen. Die Begründung dieser Strukturen muss der Atomphysik vorbehalten bleiben. Beispiel 5.1: Feinstruktur des Wasserstoffs

Die von uns vorgestellte Behandlung des Wasserstoffatoms berücksichtigt nur die wichtigsten Aspekte. Sie ist daher nicht in der Lage, die Details des Termschemas und des daraus resultierenden Spektrums zu erklären. Die Behandlung dieser Details ist Gegenstand der Atomphysik und erfolgt in einem späteren Band. Wir wollen hier aber wenigstens kurz ansprechen, welche Aspekte noch zu berücksichtigen sind und welchen Einfluss sie auf das Termschema haben. In der Abbildung am Ende dieses Beispiels ist zunächst links noch einmal das grobe Termschema zu sehen. Wir haben es blau unterlegt und mit „Bohr“ bezeichnet und die Hauptquantenzahlen n angegeben. Hinter dem Niveau mit n D 2 verbergen sich zwei Niveaus mit den Bahndrehimpulsen l D 0 und l D 1. Sie besitzen dieselbe Energie. Man sagt, die beiden Niveaus sind entartet. Um weitere Details des Termschemas zu erfassen, müssen wir zwei Korrekturen berücksichtigen: E auch Spin 1. Das Elektron besitzt einen Eigendrehimpuls S, genannt. Er hat den Betrag ¯=2.3 Mit dem Spin ist ein magnetisches Dipolmoment verbunden. Klassisch entspräche das dem Bild eines Elektrons als eine rotierende, elektrisch geladene Kugel, die durch die damit verbundenen Kreisströme ein magnetisches Moment erzeugt.4 Besitzt das Elektron keinen Bahndrehimpuls, so übt dieses magnetische Moment keinen weiteren Einfluss auf das Termschema aus. Ist allerdings ein E vorhanden, so kreist das Elektron um den Bahndrehimpuls L Atomkern. Im Ruhesystem des Elektrons entspricht dies einem durch den Atomkern hervorgerufenen Kreisstrom, der am ˇ ˇ p ˇ ˇ Wie beim Bahndrehimpuls muss es korrekterweise ˇSEˇ D s.s C 1/¯ mit s D 1=2 heißen. 4 Dieses klassische Bild mag der Vorstellung helfen. Es beschreibt den Spin qualitativ, scheitert aber an einer quantitativen Erklärung. 3

5

448

5

Kapitel 5  Laser

Ort des Elektrons ein magnetisches Feld erzeugt. In diesem richtet sich das vom Spin erzeugte magnetische Moment aus. Es kommt zu einer Absenkung der Energie, falls Bahndrehimpuls und Spin des Elektrons in entgegengesetzte Richtung zeigen, und zu einer entsprechenden Anhebung bei gleicher Orientierung. Im ersten Fall beträgt der Gesamtdrehimpuls E  SE und im zweiten Fall JE D L E C SE . In der NoJE D L menklatur verwenden wir weiterhin die Buchstaben s, p, d, f für die Bahndrehimpulse l D 0, 1, 2 und 3 und hängen als Index rechts unten die Quantenzahl j für den Gesamtdrehimpuls JE an. Im Falle eines Bahndrehimpulses l D 1 und eines Spins s D 1=2 sind die möglichen Werte j D 1=2 und j D 3=2. Sie sehen diese Nomenklatur im mittleren Bereich der Abbildung. 2. Die Bahngeschwindigkeit der Elektronen erreicht etwa 1 % der Lichtgeschwindigkeit, sodass es zu Korrekturen durch die relativistische Bewegung des Elektrons kommt. Da diese beiden Korrekturen von der gleichen Größenordnung sind, müssen wir sie gemeinsam berücksichtigen. Dies ist in der rot unterlegten Spalte, die mit dem Namen „Fein“ gekennzeichnet ist, geschehen. Man nennt dies die Feinstruktur des Wasserstoffs. Sie sehen eine Aufspaltung der Niveaus mit l D 1 in P1=2 und P3=2 . Nach Einbeziehung beider Korrekturen sind die Niveaus mit gleichem j nach wie vor entartet. Man spricht auch von der J -Entartung. Beachten Sie bitte, dass die Abbildung nicht im korrekten Maßstab wiedergegeben ist. Wir haben in jeder Spalte einen geeigneten Energiemaßstab eingezeichnet, um die Aufspaltung sichtbar zu machen. Der energetische Abstand der Niveaus n D 1 und n D 2 beträgt 10;2 eV, demgegenüber sind die j D 1=2 und j D 3=2Niveaus durch die Feinstruktur lediglich um 45 eV voneinander getrennt. Die relativen Korrekturen durch die Feinstruktur sind nur von der Größenordnung 105 ! 3. Die nächste Korrektur, die berücksichtigt werden muss, ist die sogenannte Lamb-Shift. Diese ist rein quantenphysikalischer Natur. Aufgrund von Fluktuationen im Vakuum können auf kurzen Entfernungen und für kurze Zeiten Ladungspaare entstehen, die andere elektrische Ladungen, wie z. B. die des Atomkerns, abschirmen. Dadurch wird die Bindung der Elektronen an den Kern ein wenig geschwächt. Sie erkennen die dadurch bewirkte Verschiebung in der Abbildung in der dritten, grün unterlegten Spalte. Sie ist nahezu ausschließlich bei den s-Niveaus mit kleiner Hauptquantenzahl n zu erkennen, da sich nur hier die Elektronen nahe am Kern befinden. Wie in der Abbildung zu erkennen, hebt die Lamb-Shift die oben be-

449 5.1  Emission und Absorption von Licht

schriebene J -Entartung auf. Die Lamb-Shift fällt noch etwas kleiner aus als die Korrekturen 1 und 2 zur Feinstruktur, wird aber meist mit diesen zusammen betrachtet. 4. Schließlich muss noch die magnetische Wechselwirkung zwischen dem Elektron und dem Atomkern mit einbezogen werden, da auch der Atomkern über ein magnetisches Dipolmoment verfügt. Im Fall des Wasserstoffatoms ist dies das magnetische Moment des Protons. Bei schwereren Atomen addieren sich die Momente, die von den Spins der Protonen und Neutronen im Kern herrühren, mit den Momenten ihrer Bahndrehimpulse im Kern. Den Gesamtdrehimpuls des Atomkerns bezeichnet man mit IE, der sich dann mit dem Gesamtdrehimpuls JE der Atomhülle zu einem Gesamtdrehimpuls FE des Atoms addiert. Wie schon die Korrektur 1 führt auch dies zu einer Aufspaltung der Niveaus. Sie ist allerdings deutlich geringer, da die magnetischen Momente des Atomkerns kleiner sind als die der Elektronen in der Hülle. Die Aufspaltung wird in der rechten Spalte gelb unterlegt wiedergegeben. Diese Korrektur fällt noch einmal eine Größenordnung geringer aus als die der Feinstruktur und der Lamb-Shift. Man nennt sie daher die Hyperfeinstruktur.

5

450

Kapitel 5  Laser

Beispiel 5.2: Wasserstoffähnliche Spektren

5

Der Wasserstoff ist das einfachste System im Periodensystem der Elemente. Wir haben nur dieses eine Beispiel diskutiert. Es lässt sich durchaus auf eine Reihe anderer Atome bzw. Ionen übertragen. Unsere Überlegungen gelten gleichermaßen für alle Ionen mit nur einem Elektron, wie z. B. das HeC -Ion. Es hat wie der Wasserstoff nur ein einzelnes Elektron in der Atomhülle. Wir müssen lediglich in Gln. 5.1 bis 5.5 den Wert Z D 2 wählen. Die Struktur in . Abb. 5.2 bleibt erhalten, einzig die Energieachse wird gestreckt; deren Niveaus liegen bei Z 2  Ry   1=n2 . Entsprechendes gilt für alle Ionen mit nur einem Elektron, also für Li2C , Be3C , usw. Übrigens würden wir bei einer genauen Untersuchung des Spektrums des HeC feststellen, dass sich hinter jeder Spektrallinie eine zweite, leicht verschobene, aber sehr schwache Linie versteckt. Diese kommt von den Atomen des 32 HeC -Isotops. Der Kern des normalen 42 He besteht aus zwei Protonen und zwei Neutronen5 . Sie machen den Großteil des natürlichen Heliums aus, in dem 32 He mit einem Anteil von etwa 1;4  106 enthalten ist. Nun werden Sie sich fragen, warum die Masse des Atomkerns überhaupt einen Einfluss auf die Spektrallinien hat; sie taucht in unseren Formeln gar nicht auf. Dies liegt daran, dass wir den Kern als ortsfest angenommen haben. Bereits in Gl. 5.1 bezieht sich der Radius r auf den Koordinatenursprung, an dem sich die Kernladung befinden sollte. Doch tatsächlich kreisen das Elektron und der Kern um ihren gemeinsamen Schwerpunkt. Sie kennen dieses Problem bereits. Wir haben es in der Himmelsmechanik (Band 1, Beispiel 11.2) unter dem Stichwort „Mitbewegung der Sonne“ behandelt. Jetzt verschiebt die Mitbewegung des Atomkerns die Energieniveaus. Da diese Mitbewegung bei 42 He etwas geringer ist als bei 32 He, ist auch die Verschiebung der Niveaus entsprechend kleiner. Man nennt diesen Effekt die Isotopieverschiebung. Sie tritt übrigens auch beim Wasserstoff auf, der in drei verschiedenen Isotopen vorkommt: „normaler Wasserstoff“ (11 H), Deuterium (21 H), das durch die Isotopieverschiebung entdeckt wurde, und radioaktives Tritium (31 H). Tatsächlich gibt es noch weit mehr Atome bzw. Ionen, die wasserstoffähnliche Termschemata aufweisen. Unsere Abbildung zeigt das Termschema des neutralen Lithiumatoms. Zum Vergleich sind die entsprechenden Niveaus des Wasserstoffs als horizontale blaue Linien eingezeichnet. Sieht man einmal von den s-Niveaus ab, ist die Übereinstimmung sehr gut. Das Lithium verfügt über drei Elektronen. Zwei der drei Elektronen befinden sich im

5 Das Isotop eines Atoms X geben wir als A Z X an, wobei A die Massenzahl und Z die Kernladungszahl ist.

451 5.1  Emission und Absorption von Licht

Grundzustand 1s1=2 . Wir verwenden hier die in Beispiel 5.1 eingeführte Nomenklatur für den Drehimpuls. Davor gibt die Zahl 1 die Hauptquantenzahl n an. Nun besagt aber das Pauli-Prinzip, dass sich keine zwei Elektronen in exakt demselben Zustand befinden können. Deshalb kann der Grundzustand nur von zwei Elektronen besetzt werden, die sich in der Richtung ihres Spins unterscheiden. Damit sind alle Plätze mit n D 1 belegt. Man sagt, die erste Hauptschale ist abgeschlossen. Das dritte Elektron muss einen Zustand mit n D 2 besetzen. In unserer Abbildung sind nun die möglichen Energieniveaus für dieses dritte Elektron dargestellt unter der Annahme, dass sich die beiden anderen auf ihren 1s1=2 -Niveaus befinden. Zwar ist es im Prinzip möglich, dass nicht das dritte Elektron, sondern eines der beiden ersten angeregt wird, aber diese Art der Anregung ist selten, sodass wir sie hier ignoriert haben. Da die Anregung des dritten Elektrons für die Spektrallinien verantwortlich ist, nennt man es auch das Leuchtelektron. Das Leuchtelektron des Lithiums im Grundzustand 2s1=2 hat die Hauptquantenzahl n D 2 und besitzt damit einen Abstand vom Kern, der deutlich größer ist als der Abstand der Elektronen in der darunterliegenden Schale mit n D 1. Das Leuchtelektron sieht dabei einen Atomkern, dessen Ladung von C3e durch die Ladung der beiden inneren Elektronen fast komplett abgeschirmt ist. Die verbleibende Nettoladung ist in etwa Ce. Deshalb stimmen die Energieniveaus des Leuchtelektrons sehr gut mit denen im Wasserstoff überein. Nun hängt der Abstand des Leuchtelektrons vom Kern noch von seinem Bahndrehimpuls ab. Je höher dieser ist, umso weiter ist das Elektron vom Kern entfernt und umso besser ist die Annahme einer abgeschirmten Kernladung erfüllt. Lediglich in den s-Niveaus (l D 0) taucht das Leuchtelektron gelegentlich in den Bereich der inneren Elektronen ein. Die Abschirmung der Kernladung ist nicht vollständig, die Bindung fällt daher stärker aus als für eine Nettoladung von Ce erwartet. Diese Energieniveaus liegen daher etwas tiefer als beim Wasserstoff.

Beispiel 5.3: Spektrum der Heliumatome

Hier wollen wir Ihnen noch das Termschema des Heliums vorstellen. Wir gehen dabei nicht ins Detail, sondern weisen darauf hin, dass beim Helium, wie bei vielen anderen Atomen auch, die Wechselwirkung zwischen den Elektronen in ähnlichen Niveaus berücksichtigt werden muss. Beim Helium fällt die Unterteilung des Niveauschemas in zwei Anteile auf, die Para- und Orthohelium genannt werden. Dargestellt sind wieder die Niveaus eines der

5

452

Kapitel 5  Laser

beiden Elektronen, während sich das andere im Zustand 1s1=2 befindet. Beim Parahelium (links) zeigen die Spins der beiden Elektronen in entgegengesetzte Richtungen. Man spricht auch von einem Singulettzustand. Die Summe ihrer Spins ist null. Beim Orthohelium zeigen die beiden Spins in die gleiche Richtung. Dies nennt man den Triplettzustand.6 Ihre Summe ist eins. In dieser Konfiguration darf das zweite Elektron allerdings nicht ins 1s1=2 -Niveau. Das Pauli-Prinzip verbietet dies, denn die beiden Elektronen würden exakt den gleichen Zustand einnehmen.

5

Im Diagramm sind ferner die Spektrallinien als rote Linien eingetragen. Die Frequenz der jeweiligen Linie ergibt sich aus h  f D E. Beachten Sie, dass nur Übergänge zwischen bestimmten Niveaus erlaubt sind. Nur diese haben wir eingezeichnet. Insbesondere sind keine optischen Übergänge zwischen Ortho- und Parahelium erlaubt.

5.1.2 Besetzung der Zustände Thermisches Gleichgewicht Wir haben nun gesehen, dass ein in einem Atom gebundenes Elektron nur bestimmte Zustände einnehmen kann, die mit diskreten Energie6

Die Namen kommen von den möglichen Einstellungen des Gesamtspins im Raum. ˇ ˇ In ˇ ˇ der quantenphysikalischen Betrachtung ist dies für den Singulettzustand mit ˇSE ˇ D 0 eine, für den Triplettzustand sind es drei.

453 5.1  Emission und Absorption von Licht

werten verknüpft sind. Bevor wir uns im nächsten Schritt mit den Lichtquanten beschäftigen werden, wollen wir uns kurz der Frage zuwenden, auf welchem der vielen möglichen Energieniveaus sich das Elektron tatsächlich befindet. Allerdings lässt sich diese Frage nicht eindeutig beantworten. Die Natur strebt in den energetisch günstigsten Zustand, den wir den Grundzustand des Atoms genannt haben. Doch nicht alle Atome befinden sich im Grundzustand, zumindest nicht bei einer von null verschiedenen Temperatur. Bei der Diskussion der kinetischen Gastheorie (Band 1, Kap. 22) haben wir gelernt, dass Systeme durch thermische Anregung in höhere Energieniveaus gelangen können. Die Ergebnisse wollen wir hier noch einmal kurz wiederholen, da wir sie im Folgenden benötigen werden. Wir betrachten ein System aus vielen gleichen Objekten, die verschiedene Zustände i mit unterschiedlichen Energien Ei einnehmen können. Dies könnte beispielsweise ein Gas mit vielen Atomen sein, die sich in unterschiedlichen Zuständen i befinden können. Wir gehen davon aus, dass sich diese Objekte miteinander im thermischen Gleichgewicht befinden. In der Wärmelehre (Band 1) haben wir die kinetischen Energien der Atome betrachtet. Wir sind auf die Boltzmann’sche Energieverteilung (Band 1, Gl. 22.59) gestoßen, die angibt, mit welcher Wahrscheinlichkeit man im Gas Atome mit einer bestimmten kinetischen Energie findet. Es gilt E D 0 e 

Ekin kT

:

(5.8)

Dabei bezeichnet k die Boltzmann-Konstante und T die Temperatur. Die Größe 0 ist eine Normierungskonstante. Man nennt sie auch die Zustandssumme. Sie gewährleitstet, dass sich nach Summation über alle Zustände die Gesamtwahrscheinlichkeit zu eins ergibt bzw. dass die Anzahl der Atome, die wir in irgendeinem Zustand finden, der Gesamtzahl N der Atome entspricht. In der kinetischen Gastheorie haben wir die Temperatur mit der kinetischen Energie der Atome eines Gases in Zusammenhang gebracht, genauer gesagt mit der mittleren kinetischen Energie der Atome im thermischen Gleichgewicht. Wir haben die Beziehung Ekin D

3 kT 2

(5.9)

gefunden (Band 1, Gl. 22.16). Die Temperatur T in dieser Gleichung nennt man die thermodynamische Temperatur. Daraus ergab sich dann die Boltzmann’sche Energieverteilung. Nun drehen wir das Vorgehen um. Wir betrachten die Energieverteilung eines Systems im thermischen Gleichgewicht. Diese lässt sich durch Gl. 5.8 beschreiben, sofern wir die Temperatur T entsprechend wählen. Diese nennen wir dann die Temperatur der statistischen Mechanik oder einfach die statistische Temperatur des Systems. Wir werden weiter unten noch sehen, welchen Vorteil dieser Ansatz bietet.

5

454

Kapitel 5  Laser

Zunächst möchten wir noch auf einen anderen Aspekt hinweisen. Korrekterweise müssen wir die Boltzmann’sche Energieverteilung als E

E D 0 e  kT

(5.10)

schreiben (Band 1, Gl. 22.55). Im Exponenten steht die Gesamtenergie in Bezug auf die Energie des Grundzustands. Darin ist sowohl die kinetische Energie der Atome als auch deren potenzielle Energie enthalten. In der Wärmelehre haben wir unsere Aufmerksamkeit vornehmlich auf die kinetische Energie gerichtet. Die potenzielle Energie war meist eine Konstante, die sich mit dem entsprechenden Beitrag zu 0 kürzt. Hier ist die Situation anders. Jetzt interessieren wir uns überwiegend für die Bindungszustände der Elektronen, die zur potenziellen Energie beitragen, während wir die kinetische Energie meist vernachlässigen werden.

5

Zwei-Niveau-Systeme

. Abb. 5.3 Darstellung eines atomaren Zwei-Niveau-Systems

Im Folgenden werden wir insbesondere atomare Zwei-NiveauSysteme diskutieren, d. h., wir betrachten ein System aus vielen Atomen, interessieren uns allerdings nur für zwei Zustände in jedem Atom. In . Abb. 5.3 sind die Zustände eines solchen Atoms schematisch dargestellt. Den Grundzustand des Atoms bezeichnen wir mit dem Index 0 und den angeregten Zustand mit 1. Wir haben ein Elektron im Niveau 0 eingezeichnet. Die Energien der beiden Niveaus sind E0 und E1 . Das System besteht insgesamt aus N Atomen. Davon befinden sich N0 im Niveau 0 und N1 im Niveau 1. Man nennt N0 und N1 die Besetzungszahlen der Zustände. Wiederum nehmen wir an, dass sich das System im thermischen Gleichgewicht befindet. Dann sind die Besetzungszahlen durch die Boltzmann’sche Energieverteilung gegeben. Es gilt N1 D N

. Abb. 5.4 Besetzung in einem Zwei-Niveau-System

 E kT  E 1Ce kT

e

und N0 D N

1 1Ce

 E kT

:

(5.11)

In . Abb. 5.4 sind die Besetzungszahlen gegen die Temperatur aufgetragen. Die grüne Kurve zeigt N0 und die blaue Kurve N1 . Die Temperatur haben wir in der dimensionslosen Form kT = E eingesetzt. In dieser Form bedeutet kT = E D 1, dass die thermische Energie kT gerade dem energetischen Abstand E D E1  E0 der beiden Niveaus entspricht. Bei Temperaturen nahe dem absoluten Nullpunkt befinden sich alle Atome im Grundzustand. Es ist N0  N und N1  0. Mit zunehmender Temperatur steigt die Besetzung im Niveau 1, und N0 geht entsprechend zurück. Für sehr hohe Temperaturen nähert sich das System asymptotisch einer Gleichbesetzung der beiden Niveaus mit N0 D N1 D N=2.

455 5.1  Emission und Absorption von Licht

Beispiel 5.4: Besetzung eines Drei-Niveau-Systems

In der Regel werden wir uns bei der Diskussion der Besetzungsverhältnisse auf zwei atomare Niveaus beschränken. Wir wollen hier trotzdem kurz vorstellen, wie sich die Besetzung beim Vorliegen von drei Niveaus verändert. Nun sind zwei Energieabstände zu berücksichtigen, nämlich E1 D E1  E0

und

E2 D E2  E0 :

Für die Besetzungsverhältnisse muss dann gelten: E1 N1 D e kT N0 E2 N2 D e kT N0

Als Beispiel wählen wir E2 D 2 E1 . Die daraus resultierende Besetzung ist in der Abbildung dargestellt. Sie ähnelt den Besetzungsverhältnissen beim Zwei-Niveau-System in vielen Aspekten. Bei sehr niedrigen Temperaturen ist ausschließlich der Grundzustand besetzt. Oberhalb von kT D 0;2 E1 steigt die Besetzung des ersten angeregten Zustands allmählich an, und die des Grundzustands nimmt entsprechend ab. Die Besetzung des zweiten angeregten Zustands ist immer noch gering. Dieser wird erst ab kT  0;4 E1 merklich besetzt. Solange wir uns unterhalb dieser Temperatur befinden, können wir die Besetzung des zweiten angeregten Niveaus vernachlässigen. Bei hohen Temperaturen ändert sich schließlich das Verhalten gegenüber dem Zwei-Niveau-System. Auch das Drei-Niveau-System erreicht bei hohen Temperaturen eine Gleichbesetzung der drei Niveaus. Dies bedeutet nun N0 D N1 D N2 D N=3. Es mag noch illustrativ sein, hier auch die Größenverhältnisse zu betrachten. Wählen wir als Beispiel einen optischen Übergang zwischen den Niveaus 0 und 1 mit einer Wellenlänge von 550 nm (grünes Licht), so entspricht dies einer Energie E1 D 3;6  1019 J (2;26 eV). Die zugehörige Temperatur beträgt etwa 26:000 K. Bei Raumtemperatur (300 K), welche einer Energie kT  4  1021 J (25 meV) entspricht, sind wir in einem Bereich, bei dem N1 sehr klein und N2 vernachlässigbar ist. Selbst bei einer Temperatur von 5000 K hätten wir gerade erst kT D 0;2 E1 erreicht.

Aus den Besetzungen N0 und N1 ergibt sich ein Besetzungsverhältnis von N1 E D e kT : N0

(5.12)

5

456

Kapitel 5  Laser

Dieses ist in . Abb. 5.5 gegen die Temperatur aufgetragen. Es startet am absoluten Nullpunkt der Temperaturskala bei N1 =N0 D 0 und nähert sich für hohe Temperaturen asymptotisch der Gleichbesetzung N1 =N0 D 1.

Negative Temperaturen

5 . Abb. 5.5 Besetzungsverhältnis eines Zwei-Niveau-Systems

. Abb. 5.6 Temperatur eines Zwei-Niveau-Systems

In . Abb. 5.4 und 5.5 wurde die Temperatur vorgegeben und daraus die Besetzung des Systems berechnet. Wie angekündigt, wollen wir diese Vorgehensweise nun umdrehen: Liegt ein System mit einem Besetzungsverhältnis N1 =N0 vor, so definieren wir die Temperatur T des Systems als die Temperatur, für die sich nach der Boltzmann’schen Energieverteilung das Verhältnis N1 =N0 ergibt, also T D

E 1 : k ln.N1 =N0 /

(5.13)

In . Abb. 5.6 veranschaulichen wir den Zusammenhang. Um die Darstellung unabhängig vom Wert von E zu gestalten, haben wir eine Referenztemperatur T0 D E=k eingeführt. Bis zu diesem Punkt haben wir ausschließlich Systeme im thermodynamischen Gleichgewicht betrachtet. Die Formeln und Graphen zeigen, dass im Gleichgewicht N1 immer kleiner als N0 ist. Es befinden sich mehr Atome im Grundzustand als im angeregten Zustand. Für sehr hohe Temperaturen nähern sich die beiden Besetzungszahlen an, aber N1 kann nicht größer als N0 werden. Um dies zu erreichen, müssen wir das thermodynamische Gleichgewicht verlassen. Wir müssen die Besetzung des Zustands 1 aktiv anreichern. Diese Anreicherung benötigt Energie. Sie muss kontinuierlich erfolgen, denn sobald wir das System sich selbst überlassen, wird es in einen Zustand des Gleichgewichts zurückfallen. Einen Zustand mit N1 > N0 nennen wir eine Besetzungsinversion. Wie wir eine Inversion erzeugen können, werden wir weiter unten klären. Hier geht es uns zunächst einmal um die Temperatur. Unsere neue Definition der Temperatur können wir auch auf solche Zustände anwenden. Dies ist einer der Vorteile der Definition der Temperatur über die Besetzung. Wie uns Gl. 5.13 zeigt, führt eine Besetzungsinversion immer auf eine negative Temperatur, denn nun ist auch der Nenner von Gl. 5.13 positiv. In . Abb. 5.7 haben wir den Graphen aus . Abb. 5.6 noch einmal aufgegriffen, doch nun wurde die x-Achse so erweitert, dass Sie nun beliebige Besetzungsverhältnisse ablesen können. Für Verhältnisse N1 =N0 < 1 ergibt sich die bereits bekannte Temperatur. Bei N1 =N0 D 1 zeigt sich ein Pol. Es sind unendlich hohe Temperaturen notwendig, um dieses Verhältnis zu erreichen. Für den Bereich N1 =N0 > 1 befinden wir uns im Bereich negativer Temperaturen. In der Wärmelehre haben wir die Hauptsätze der Thermodynamik diskutiert. Für den dritten Hauptsatz gibt es unterschiedliche Formulierungen. Wir haben die folgende gewählt: „Es ist unmöglich, durch irgendeinen Prozess den absoluten Nullpunkt zu erreichen.“

457 5.1  Emission und Absorption von Licht

. Abb. 5.7 Temperatur eines Zwei-Niveau-Systems

Man mag nun einwenden, dass die Einführung einer negativen Temperatur diesem Hauptsatz widerspricht, da wir uns nun von negativen Temperaturen aus dem Nullpunkt nähern können. Doch dem ist nicht so. Wenn wir uns von dieser Seite der Temperatur null nähern, ist N1 > N0 , und wir nähern uns einem Zustand der vollständigen Inversion (N1 D N und N0 D 0) an. Am absoluten Nullpunkt muss aber N1 D 0 und N0 D N gelten. Ein „Erwärmen“ des Systems von negativen Temperaturen auf null zu, stellt also keine Annäherung an den absoluten Nullpunkt dar. Man kann ihn auch auf diesem Wege nicht erreichen.

5.1.3 Lichtquanten Nachdem wir uns einige Gedanken zum Aufbau der Atome gemacht haben, müssen wir nun noch unsere Beschreibung des Lichts verfeinern. Würden wir einen Schirm, der von einem Lichtstrahl beleuchtet wird, mit sehr großer zeitlicher und räumlicher Auflösung betrachten, so würden wir feststellen, dass das Licht nicht kontinuierlich auf dem Schirm ankommt (Experiment 5.1). Wir würden das Aufleuchten einzelner Lichtblitze auf dem Schirm sehen und kämen zu dem Schluss, dass das Licht in kleinen Portionen, die man die Lichtquanten oder Photonen nennt, auf dem Schirm auftrifft. Manchmal spricht man auch von Lichtteilchen und dementsprechend von den Teilcheneigenschaften des Lichts. Tatsächlich gibt es eine Reihe von Experimenten, die zeigen, dass Licht tatsächlich quantisiert ist. Dies bedeutet aber nicht, dass wir die vielen Interferenzerscheinungen, die wir in 7 Kap. 4 diskutiert haben und die den Wellencharakter des Lichts zeigen, revidieren müssten. Die Situation ist komplizierter. In der Tat hat das Licht sowohl Teilchen- als auch Welleneigenschaften. In der Quantenphysik bezeichnet man das Auftreten beider Eigenschaften als Teilchen-WelleDualismus oder einfach kurz als Dualismus. Eine tiefere Diskussion

5

458

Kapitel 5  Laser

darüber müssen wir auf den Band über die Quantenphysik verschieben. Aber einige Aspekte der Teilcheneigenschaften werden wir Ihnen nun vorstellen, da wir sie zur Erklärung der Funktionsweise des Lasers benötigen. Ein Lichtfeld besteht aus vielen Lichtquanten, die wir Photonen nennen. Jedes Photon transportiert eine feste Energie und einen festen Impuls. Die Energie des Photons hängt von seiner Frequenz ab. Sie ist E D h  f;

5

(5.14)

und für den Impuls des Photons ergibt sich p D

E h D D ¯  k: c 

(5.15)

Die Photonen besitzen keine Masse7 und bewegen sich mit Lichtgeschwindigkeit. Sie weisen auch einen Eigendrehimpuls – den sogenannten Spin – auf. Der Betrag des Spins ist8 S D ¯ :

(5.16)

Der Spinvektor zeigt entweder entlang der Ausbreitungsrichtung der Photonen oder ist ihr entgegengesetzt. Nach den Regeln der Quantenphysik und der speziellen Relativitätstheorie sind nur diese beiden Spinrichtungen möglich. In diesem Sinne sind die Photonen die Feldquanten zirkular polarisierter Lichtwellen. Da man in der Optik rechts- und linkszirkular durch einen Blick entgegen der Bewegungsrichtung auf die Wellenfront definiert, während man in der Quantenphysik den Blick in Richtung der Bewegungsrichtung wählt, gehören zur linkszirkular polarisierten Welle rechtshändige Photonen, d. h. solche, deren Spin in Bewegungsrichtung zeigt. In linear polarisierten Lichtfeldern finden wir Photonen mit beiden Spineinstellungen. Beispiel 5.5: Photonstatistik

In Beispiel 3.9 haben wir die Helligkeit einer Energiesparlampe diskutiert. Wir wollen abschätzen, wie viele Photonen eine solche Lampe aussendet. Die Lampe hat eine Leistung von P D 5 W. In 1 s werden 5 J ausgesandt. Ein einzelnes Photon hat eine Energie von E D hf D h 

7 8

c 3  108 m=s D 6;626  1034 Js  4  1019 J ;  500 nm

Diese Aussage bezieht ˇ ˇsichpauf die Ruhemasse der Photonen. ˇ ˇ Genau genommen ˇSE ˇ D s.s C 1/¯ mit s D 1.

459 5.1  Emission und Absorption von Licht

wenn wir  D 500 nm als mittlere Wellenlänge einsetzen. Dies bedeutet, dass die Lampe jede Sekunde etwa 1019 Photonen aussendet. Angesichts dieser großen Zahl ist es nicht verwunderlich, dass wir das Licht als kontinuierlichen Lichtstrom wahrnehmen und keine einzelnen Photonen bemerken.

Experiment 5.1: Nachweis einzelner Photonen

Mit einer Photomultiplierröhre9 lassen sich einzelne, von einer sehr schwachen Lichtquelle ausgehende Photonen nachweisen. Ein auftreffendes Photon löst im Inneren der Röhre eine Elektronenlawine aus, deren Ladung am Ende gesammelt wird. Den Ladungspuls können wir auf einem Oszillografen darstellen. Wir beleuchten eine Mattscheibe mit einer kleinen Glühbirne. Hinter der Mattscheibe blenden wir einen Lichtstrahl aus, den wir auf die Röhre leiten. Durch den Abstand der Röhre von der Mattscheibe und einen weiteren Spalt vor der sensitiven Frontfläche der Röhre können wir die Intensität des Lichts weiter reduzieren. Der gesamte Aufbau (außer dem Oszillografen) befindet sich in einem lichtdichten Kasten, dessen Wände schwarz bemalt sind, um Streulicht zu unterdrücken. Schalten wir die Hochspannung an der Röhre ein, zeigen sich auf dem Oszillografen bei geeignet eingestellter Beleuchtung einzelne elektrische Pulse, die klar voneinander getrennt sind. Jeder Puls entspricht einem Photon. In ihrer zeitlichen Abfolge sind die Pulse statistisch verteilt. Wir können den Ausgang der Röhre auch an einen Verstärker anschließen und die verstärkten Pulse auf einen Lautsprecher geben, sodass jedes Photon ein Knacken im Lautsprecher erzeugt.

5.1.4 Einstein-Koeffizienten Emission und Absorption von Photonen Nach dieser kurzen Einführung in das Thema Atome und Lichtquanten wenden wir uns nun den Wechselwirkungen zwischen ihnen zu. Trifft Licht auf ein Atom, so kann dieses unter bestimmten Umständen vom Atom absorbiert werden. Die Energie eines Photons10 wird auf ein Elektron der Atomhülle übertragen, welches dadurch auf ein energetisch höher gelegenes Niveau angehoben wird. Der Prozess 9 Entschuldigen Sie bitte das eingedeutschte Wort. Es hat sich als Fachbegriff zusammen mit der Abkürzung PMT allgemein durchgesetzt. Auf Deutsch heißt die Röhre Sekundärelektronenvervielfacher (über 30 Buchstaben in einem Wort!). 10 Bei intensiver Lichteinstrahlung sind Prozesse möglich, bei denen mehr als ein Photon in einem Prozess absorbiert wird.

5

460

Kapitel 5  Laser

. Abb. 5.8 Absorption eines Photons

5

. Abb. 5.9 Spontane Emission eines

Photons

. Abb. 5.10 Stimulierte Emission

eines Photons

ist in . Abb. 5.8 schematisch dargestellt. Die wichtigsten Voraussetzungen für die Absorption sind: 4 Das Niveau, auf das das Elektron angehoben werden soll, muss freie Zustände besitzen, sodass es ein weiteres Elektron aufnehmen kann. 4 Die Energie des Photons muss dem Energieunterschied zwischen dem Ausgangs- und Endniveau des Elektrons entsprechen, d. h., es muss E D h  f gelten. 4 Bei der Emission darf kein relevanter Erhaltungssatz verletzt werden, beispielsweise muss der Spin des Photons vom Atom aufgenommen werden, was die möglichen Endniveaus des Elektrons einschränkt. Mehr zu diesen Auswahlregeln werden Sie in der Atomphysik lernen. Befindet sich ein Elektron in einem Atom in einem angeregten Zustand, so kann es in einen energetisch günstigeren Zustand fallen und dabei ein Photon aussenden. Diesen Prozess nennen wir die spontane Emission eines Photons. Das Adjektiv „spontan“ soll darauf hindeuten, dass der Prozess keiner Anregung von außen Bedarf, sondern nur vom Atom selbst ausgeht. In . Abb. 5.9 haben wir diesen Prozess skizziert. Wiederum müssen einige Voraussetzungen erfüllt sein, damit dieser Prozess auch stattfinden kann: 4 Das Niveau, auf das das Elektron fällt, muss mindestens einen freien Zustand besitzen, sodass es ein weiteres Elektron aufnehmen kann. 4 Die Energie des emittierten Photons entspricht dem Energieunterschied zwischen dem Ausgangs- und dem Endniveau des Elektrons, d. h., es muss h  f D E gelten. 4 Bei der Emission darf kein relevanter Erhaltungssatz verletzt werden. Neben der Absorption und der spontanen Emission von Photonen durch ein Atom gibt es noch einen dritten Wechselwirkungsprozess: die induzierte oder stimulierte Emission von Photonen. Albert Einstein hat ihn 1916 als Umkehrprozess zur Absorption von Photonen postuliert.11 Bei diesem Prozess wird die Emission eines Photons von außen angeregt (. Abb. 5.10). Ein Photon trifft auf ein Atom und regt dort ein Elektron, das sich in einem angeregten Zustand befindet, zu Schwingungen an, wodurch dieses ein Photon aussendet und dabei in einen energetisch tiefer liegenden Zustand fällt. Die Voraussetzungen für diesen Prozess sind die gleichen wie für die spontane Emission mit einer kleinen Ergänzung: Die Energie des anregenden Photons muss ebenso zum Energieunterschied zwischen Ausgangs- und Endniveau des Elektrons passen, wie die Energie des emittierten Photons diesem Unterschied entsprechen muss. Durch den Anregungsprozess 11

A. Einstein, Zur Quantentheorie der Strahlung, Physikalische Zeitschrift, 18 (1917) 121.

461 5.1  Emission und Absorption von Licht

sind die Phasen des anregenden und des emittierten Photons korreliert, sodass die beiden Photonen zueinander kohärent sind. Durch die stimulierte Emission entstehen aus einem Photon zwei Photonen. Man spricht von der kohärenten Verstärkung des Lichtfelds.

Bestimmung der Einstein-Koeffizienten Wir wollen nun versuchen, die Häufigkeit der Absorption und der spontanen und induzierten Emission statistisch zu erfassen. Für jedes Atom können wir eine Wahrscheinlichkeit für jeden der drei Prozesse definieren. Wir nennen sie in der entsprechenden Reihenfolge wA , wSE und wIE . Multiplizieren wir diese Zahlen mit der Anzahl N der Atome im System, so erhalten wir die Häufigkeiten der Prozesse. Wir wollen aber mit den auf ein Atom bezogenen Wahrscheinlichkeiten fortfahren. Offensichtlich müssen diese Wahrscheinlichkeiten proportional zu den Besetzungswahrscheinlichkeiten des jeweiligen Ausgangszustands sein, denn wenn ein Prozess ein Atom vom Zustand i in den Zustand k überführt, so ist dieser Prozess umso häufiger, je mehr Atome sich im Ausgangszustand i befinden. Im Folgenden beschränken wir die Diskussion wieder auf Zwei-Niveau-Systeme. Wir bezeichnen den energetisch tiefer liegenden Zustand mit dem Index 1 und den höher gelegenen mit 2. Die energetischen Abstände zum Grundzustand 0 nennen wir E1 und E2 , obwohl wir den Grundzustand selbst in unser System nicht mit einbeziehen. Er legt lediglich den Nullpunkt der Energieskala fest. Die Besetzungszahlen sind N1 und N2 . Die Besetzungswahrscheinlichkeiten ergeben sich dann als ni D

Ni : N

(5.17)

Beginnen wir mit der spontanen Emission. Folgen wir unseren Überlegungen, so erhalten wir für die Wahrscheinlichkeit wSE D A21 n2 :

(5.18)

Als Proportionalitätskonstante haben wir eine Größe A21 eingeführt. Man nennt sie auch die Übergangswahrscheinlichkeit. Sie gibt die Wahrscheinlichkeit einer spontanen Emission eines Photons für ein einzelnes Atom an. Sie hat die Einheit 1=s. Gelänge es uns, ein Ensemble von Atomen im Zustand 2 so zu isolieren, dass sie weder mit einem Strahlungsfeld noch mit anderen Atomen noch untereinander wechselwirken, würde die Besetzungszahl exponentiell nach N2 .t / D N2 .0/  e A21 t

(5.19)

zerfallen, d. h., T21 D 1=A21 stellt die mittlere Zerfallszeit des Zustands dar. Im thermischen Gleichgewicht gilt dies allerdings nicht, da wir im thermischen Gleichgewicht auch die Absorption mitberücksichtigen müssen. Es sei noch darauf hingewiesen, dass die Übergangswahrscheinlichkeit A21 eine Konstante darstellt, die alleine von

5

462

Kapitel 5  Laser

den Eigenschaften des Atoms bestimmt wird, aber nicht von einem eventuell vorhandenen Strahlungsfeld abhängt. Betrachten wir als Nächstes die Absorption. Nach unseren Überlegungen muss wA D BQ 12 n1

5

(5.20)

gelten. Im Gegensatz zur spontanen Emission muss diese Wahrscheinlichkeit allerdings vom Auftreten eines Strahlungsfelds abhängen. Wir erwarten, dass die Wahrscheinlichkeit proportional zur spektralen Energiedichte u.f / ist, d. h., es soll BQ 12 D u.f /  B12 gelten. Damit haben wir wA D u.f /B12n1 :

(5.21)

Entsprechendes gilt für die induzierte Emission. Für diese muss wIE D u.f /B21n2

(5.22)

erfüllt sein. Setzen wir nun noch die Besetzungswahrscheinlichkeiten ein, so erhalten wir: wA D u.f /B12 e

E1 kT

wIE D u.f /B21 e

E2 kT

wSE D A21 e

E2 kT

(5.23)

Die von Einstein eingeführten Größen A12 , B12 und B21 nennt man die Einstein-Koeffizienten. Ihm gelang es auch, die Koeffizienten zu bestimmen. Seinem Gedankengang wollen wir nun folgen. Einstein betrachtete ein System im thermischen Gleichgewicht. Dies bedeutet, dass sich die Besetzungszahlen zeitlich nicht verändern, was nur dann der Fall sein kann, wenn sich die Absorption mit den beiden Emissionsprozessen die Waage hält. Es muss wA D wIE C wSE

(5.24)

gelten, woraus mit E D E2  E1 folgt: u.f /B12 e

E1 kT

D .A21 C u.f /B21/ e

u.f / D

A21 B21 B12 E e kT B21

1

E2 kT

(5.25)

Ein System, das sich im thermischen Gleichgewicht zwischen Strahlung und Materie befindet, stellt aber einen schwarzen Körper dar (7 Abschn. 3.3). Einstein argumentierte, dass in den Wänden eines Hohlraumstrahlers genau diese Absorptions- und Emissionsprozesse

463 5.2  Laser

ablaufen. Daher sollte die spektrale Energiedichte in Gl. 5.25 dem Planck’schen Strahlungsgesetz folgen. Dieses lautet (Gl. 3.30): u.f / D

8hf 3   hf c 3 e kT  1

(5.26)

Durch einen Vergleich der beiden Gleichungen können wir die Einsteinkoeffizienten bestimmen. Es muss gelten: B12 D B21 A21 D

8hf 3 B21 c3

(5.27)

Die Gleichheit von B12 und B21 bestätigt unsere Behauptung, dass Absorption und induzierte Emission zueinander inverse Prozesse darstellen. Sie werden jeweils nur in der umgekehrten zeitlichen Richtung durchlaufen. Ferner wollen wir auf die starke Abhängigkeit der spontanen Emission vom Energieabstand E D hf zwischen den beiden Niveaus hinweisen. Die Wahrscheinlichkeit für spontane Emission steigt gegenüber der induzierten Emission mit der dritten Potenz der Frequenz bzw. des Energieabstands. Wie oben dargelegt, beschreiben die Einstein-Koeffizienten die Absorptions- und Emissionsprozesse der Atome. Sie hängen selbst nicht vom Strahlungsfeld ab. Diese Abhängigkeit haben wir in Gln. 5.21 und 5.22 explizit ausgeschrieben. Wir können die Einstein-Koeffizienten daher auch auf Situationen anwenden, in denen Strahlung und Atome nicht im thermischen Gleichgewicht stehen. Der schwarze Körper war lediglich ein Beispiel, mit dessen Hilfe wir die Koeffizienten bestimmen konnten, da die spektrale Energiedichte durch das Planck’sche Strahlungsgesetz bereits bekannt war.

5.2

Laser

5.2.1 Prinzip der Lichtverstärkung Lichtverstärkung bei Inversion Trifft ein Photon mit passender Frequenz auf ein angeregtes Atom, so kann es durch stimulierte Emission ein weiteres Photon auslösen. Aus einem Photon werden zwei. Man nennt diesen Prozess light amplification by stimulated emission of radiation, auf Deutsch „Lichtverstärkung durch stimulierte Emission“. Als Abkürzung ergibt sich das Kunstwort „Laser“. Auf diesem Prozess beruht die Funktion eines Lasers. Das Funktionsprinzip ist in . Abb. 5.11 dargestellt. In einem Lasermedium befinden sich Atome, die von einem Zustand mit Energie

5

464

Kapitel 5  Laser

5

. Abb. 5.11 Verstärkung des Strahlungsfelds durch stimulierte Emission

. Abb. 5.12 Prinzipieller Aufbau

eines Lasers

E1 in einen Zustand mit Energie E2 angeregt wurden. Nun trifft ein Photon der Energie h  f D E2  E1 auf das Medium. In einem ersten Atom wird durch stimulierte Emission ein weiteres Photon freigesetzt. Die beiden Photonen durchdringen das Lasermedium und erzeugen an weiteren Atomen durch stimulierte Emission weitere Photonen, die dann selbst weitere Photonen generieren. So wächst das Strahlungsfeld lawinenartig an. Es entsteht ein intensiver Lichtstrahl. Die Verstärkung des Lichtstrahls erfordert allerdings eine gewisse Laufstrecke des Lichts durch das Lasermedium, sodass man das Lasermedium in der Regel in einen optischen Resonator einbaut (. Abb. 5.12). Das Licht wird im Resonator zwischen den Spiegeln SP1 und SP2 hin und her reflektiert. Es durchläuft das Medium viele Male und kann so erheblich verstärkt werden. Baut man einen teildurchlässigen Spiegel in den Resonator ein, so kann durch diesen ein Teil des verstärkten Lichts austreten und als Laserstrahl genutzt werden. Durchläuft ein Photon ein solches Lasermedium, so stellt die stimulierte Emission eines weiteren Photons nicht den einzig möglichen Wechselwirkungsprozess mit dem Medium dar. Die stimulierte Emission steht in Konkurrenz zur Absorption des Photons. Dabei verschwindet das Photon, und das Strahlungsfeld wird geschwächt. Wir müssen uns daher die Frage stellen, welcher der beiden Prozesse überwiegt. Wie wir gelernt haben, sind die Übergangswahrscheinlichkeiten für beide Prozesse gleich. Aus Gl. 5.23 folgt mit Gl. 5.27 .E2 E1 / N2 wIE D e  kT D : (5.28) wA N1 Es hängt also von den Besetzungszahlen ab, ob es zu einer Verstärkung oder einer Abschwächung des Strahlungsfelds kommt. Nur wenn wIE =wA > 1 ist, wird das Strahlungsfeld verstärkt. Eine Verstärkung ist also nur dann möglich, wenn es gelingt, im Lasermedium eine Besetzungsinversion (N2 > N1 ) herzustellen. Wie eine solche Inversion erreicht werden kann, werden wir weiter unten beschreiben. Wir wollen hier erst einmal annehmen, dass bereits eine Inversion im Lasermedium vorliegt. Bisher betrachteten wir die Absorption und die stimulierte Emission. Daneben tritt noch die spontane Emission auf. Wie die stimulierte Emission liefert diese zwar zusätzliche Photonen mit der passenden Energie EP h D E2  E1 , diese sind aber trotzdem unerwünscht, da sie inkohärent zu den bereits vorhandenen Photonen sind. Wir müssen uns daher die weitere Frage stellen, unter welchen Bedingungen die stimulierte Emission gegenüber der spontanen Emission überwiegt. Aus Gl. 5.23 folgt mit Gl. 5.27

c3 wIE D u.f / : wSE 8hf 3

(5.29)

Der Schlüssel zur Unterdrückung der spontanen Emission liegt im Strahlungsfeld selbst. Je mehr wir die Energiedichte u.f / des Strah-

465 5.2  Laser

lungsfelds vergrößern, umso weniger fällt die spontane Emission ins Gewicht. Dies ist ein weiterer Grund für die Nutzung eines optischen Resonators. Durch die vielfache Reflexion des Lichts im Resonator ist die Energiedichte im Resonator stark erhöht. Beim Umlauf des Lichts im Resonator treten eine Reihe von Verlustprozessen auf. Die wichtigsten sind: 4 Absorption von Licht im Lasermedium 4 Verluste bei der Reflexion an den Spiegeln 4 Beugung an den Begrenzungen der Spiegel, wodurch Licht aus dem Resonator gebeugt wird 4 Auskopplung eines Teils der Intensität Die Verstärkung im Lasermedium muss diese Verlustprozesse kompensieren. Nur wenn nach Abzug aller Verlustprozesse eine Nettoverstärkung pro Umlauf bleibt, wird sich das Lichtfeld insgesamt verstärken. Ist eine Nettoverstärkung erst einmal gegeben, so wächst die Intensität des Strahlungsfelds im Resonator exponentiell an, solange die Besetzungsinversion aufrechterhalten werden kann. Mit steigender Intensität des Strahlungsfelds nimmt die stimulierte Emission immer weiter zu. Dies erzeugt noch mehr Licht, wirkt aber auch der Inversion entgegen, indem es das obere Niveau entvölkert. Bei kontinuierlicher Anregung des oberen Niveaus stellt sich schließlich ein Gleichgewicht bei konstanter Intensität im Resonator ein. Die Wahrscheinlichkeit für eine stimulierte Emission ist durch den entsprechenden Einstein-Koeffizienten gegeben. Sie ist proportional zu u.f /B21 N2 . Dadurch ändert sich die Energiedichte des Strahlungsfelds gemäß dNPh / u.f /B21 N2 ; dt

(5.30)

wobei NPh die Anzahl der Photonen im Strahlungsfeld angibt. Berücksichtigen wir zusätzlich die Absorption und führen eine Funktion ˇ.f / als Proportionalitätsfaktor ein, die die Anzahl der Photonen in das Anwachsen der spektrale Energiedichte auf einer Strecke z im Medium übersetzt, erhalten wir du.f / D .N2  N1 /B21 ˇ.f /u.f /: dz

(5.31)

Die Lösung dieser Differenzialgleichung beschreibt das exponentielle Anwachsen des Strahlungsfelds. Sie lautet für einen Durchlauf durch den Resonator: uL .f / D u0 .f /e .N2 N1 /B21 ˇ.f /L

(5.32)

Dabei ist u0 .f / die spektrale Energiedichte vor Beginn der Verstärkung und uL .f / die entsprechende Energiedichte nach dem einmaligen Durchlauf durch den Resonator mit der Länge L. Diese Gleichung enthält zunächst nur die Verluste durch Absorption. Weitere

5

466

Kapitel 5  Laser

Verluste können wir durch eine Funktion ˛.f / einbringen, die den Verlust an spektraler Energiedichte pro Wegstrecke angibt: du.f / D ˛.z/u.f / dz

(5.33)

Dann ergibt sich uL .f / D u0 .f /e Œ.N2 N1 /B21 ˇ.f /˛.f /L ;

(5.34)

woraus wir die Bedingung für Verstärkung ablesen können. Verstärkung tritt dann ein, wenn gilt:

5

.N2  N1 /B21 ˇ.f /  ˛.f / > 0

(5.35)

Erzeugung der Besetzungsinversion

. Abb. 5.13 Drei-Niveau-System mit einem Laserübergang

Wir haben wiederholt darauf hingewiesen, dass es nicht möglich ist, ein Zwei-Niveau-System im thermischen Gleichgewicht zur Inversion zu bringen. Um eine Besetzungsinversion zu erreichen, müssen wir uns Systeme mit mehr als zwei Niveaus ansehen. Wir beginnen mit einem Drei-Niveau-System. Es ist schematisch in . Abb. 5.13 dargestellt. Zunächst befindet sich die Mehrzahl der Atome im energetisch tiefsten Zustand, den wir mit 1 bezeichnen. Dann regen wir die Atome mit einer Energie, die einen Übergang auf das Niveau „3“ erlaubt, an. Wir haben diese Anregung in der Abbildung mit A gekennzeichnet. Unterschiedliche Anregungsmethoden sind möglich, auf die wir weiter unten noch eingehen werden. Damit erhöhen wir N3 , aber wir erreichen keine Inversion zwischen den Niveaus 3 und 1. Dies ist auch nicht unser Ziel, denn jetzt kommt das Niveau 2 ins Spiel. Wir haben unser System so gewählt, dass die Überganswahrscheinlichkeit für spontane Emission vom Zustand 3 nach 2 deutlich größer ist als die von 3 zurück in den Ausgangszustand 1: wSE .3 ! 2/ wSE .3 ! 1/

(5.36)

In . Abb. 5.13 ist dies durch einen dicken Pfeil B kenntlich gemacht. Die meisten Elektronen werden nach der Anregung (A) ins Niveau 2 fallen und nur wenige in den Ausgangszustand zurückkehren. Besitzt nun das Niveau 2 die Eigenschaft, dass die Übergangswahrscheinlichkeit für spontane Emission zurück in den Ausgangszustand klein ist, d. h. wSE .3 ! 2/ wSE .2 ! 1/ ;

(5.37)

dann werden die Elektronen lange Zeit im Zustand 2 verweilen, und wir erhalten eine Besetzungsinversion zwischen N2 und N1 . Mit dieser Inversion können wir dann einen Laser betreiben. Beachten Sie bitte, dass man nicht auf jedem beliebigen DreiNiveau-System einen Laser aufbauen kann. Dies gelingt nur, wenn

467 5.2  Laser

die beiden Bedingungen in Gln. 5.36 und 5.37 erfüllt sind. Ist die spontane Emission aus dem Laserniveau 2 in den Ausgangszustand wSE .2 ! 1/ zu groß, wird das Laserniveau zu schnell entvölkert, und es bildet sich keine Inversion aus. Ist dagegen wSE .3 ! 1/ zu groß, ist der Anregungsprozess ineffizient, da die meisten angeregten Atome wieder in den Ausgangszustand zurückkehren. Darüber hinaus ist es von Vorteil, wenn das Niveau 3 nicht zu weit über Niveau 2 liegt. Beim Anregen (A) muss das Elektron bis ganz auf E3 angehoben werden, bei der stimulierten Emission aus dem Laserniveau wird aber nur die Energie E2  E1 freigesetzt. Ist E3 zu groß, ergibt sich eine schlechte Energieeffizienz. Wir wollen versuchen, diese qualitative Erklärung quantitativ zu fassen. Dazu nehmen wir an, dass die anfängliche Anregung von 1 nach 3 durch Einstrahlung von Licht der Energie h  fA D E3  E1 geschieht. Dabei soll Licht mit einer spektralen Energiedichte uA .fA / eingestrahlt werden. Man nennt diesen Anregungsprozess auch optisches Pumpen. Wir stellen nun für jedes Niveau eine Ratengleichung auf, die angibt, mit welcher Geschwindigkeit sich die Besetzung des jeweiligen Niveaus verändert: .1/

.2/

.3/

dN3 D  A31 N3  A32 N3  .N3  N1 /B31uA dt  .N3  N2 /B32 uB dN2 D A32 N3  A21 N2  .N2  N1 /B21 uL dt C .N3  N2 /B32uB dN1 D A31 N3 C A21 N2 C .N3  N1 /B31uA dt C .N2  N1 /B21uL

(5.38)

Jeder einzelne Term lässt sich einem bestimmten Prozess zuordnen. Beispielsweise finden wir in Gleichung .1/ den Term A31 N3 , der die spontane Emission von Photonen aus dem Niveau 3 ins Ausgangsniveau 1 beschreibt. A31 ist der entsprechende Einsteinkoeffizient für den spontanen Übergang von 3 nach 1. Der Term geht mit negativem Vorzeichen in die Bilanz ein, da sich durch die spontane Emission die Besetzung N3 reduziert. Entsprechend beschreibt der nächste Term A32 N3 die spontane Emission von 3 nach 2. Der nächste Term .N3 N1 /B31uA bezieht sich auf die stimulierte Emission von 3 nach 1 sowie die Anregung von 1 nach 3. Der erste Prozess reduziert die Besetzung von 3, der zweite erhöht sie. Beide Prozesse sind proportional zur spektralen Energiedichte uA .fA / des Pumplichts, das von außen zugefügt wird. Sicherlich können Sie die weiteren Terme selbst zuordnen. Die spektrale Energiedichte uL .fL / gehört zum erzeugten Laserlicht. Sie ist durch den Resonator erhöht. Im Prinzip werden auch zwischen den Niveaus 2 und 3 Absorption und stimulierte Emission auftreten, aber die entsprechende Energiedichte

5

468

Kapitel 5  Laser

uB ist gering, sodass wir diese Prozesse im Weiteren vernachlässigen werden. Nun muss die Gesamtzahl N der Elektronen konstant bleiben. Es ist N D N1 C N2 C N3 D konst )

5

dN D 0: dt

(5.39)

Man kann direkt an Gl. 5.38 erkennen, dass die Summe der drei Gleichungen null ergibt. Aber dies bedeutet auch, dass die drei Gleichungen nicht unabhängig voneinander sind. Wir werden die dritte Gleichung nicht weiter berücksichtigen. Ferner wollen wir annehmen, dass das Ensemble einen stationären Zustand erreicht hat, was bedeutet, dass die einzelnen Besetzungen zeitlich konstant sein müssen. Wir erhalten: dN3 D 0 D A31 N3  A32 N3  .N3  N1 /B31 uA dt dN2 .2/ D 0 D A32 N3  A21 N2  .N2  N1 /B21 uL dt .1/

(5.40)

Mit N D N1 CN2 CN3 eliminieren wir N3 aus den Gleichungen und lösen nach N1 und N2 auf. Dazu dividieren wir durch die Gesamtzahl N der Elektronen und gehen damit zu den relativen Besetzungszahlen ni D Ni =N über. Es ergibt sich: A32 B31 uA C A31 B21 uL C A32 B21 uL C B31 uA B21 uL A21 A32 C A21 A31 C A32 B31 uA C 2A31 B21 uL C 2A32 B31 uA C 3B31 uA B21 uL A21 A32 C A21 A31 C A21 B31 uA C A31 B21 uL C A32 B21 uL C B31 uA B21 uL n1 D A21 A32 C A21 A31 C A32 B31 uA C 2A31 B21 uL C 2A32 B31 uA C 3B31 uA B21 uL n2 D

(5.41)

Wir interessieren uns für die Differenz von n2  n1 . Ist diese positiv, haben wir Inversion erreicht. Die Differenz berechnet sich zu n2  n1 D

.A32  A21 /B31 uA  A21 A32  A21 A31 : A21 A32 C A21 A31 C A32 B31 uA C 2A31 B21 uL C 2A32 B31 uA C 3B31 uA B21 uL

(5.42) Der Nenner ist positiv. Wir müssen uns also fragen, unter welchen Bedingungen der Zähler ebenfalls positiv wird. Dafür muss auf jeden Fall A32 > A21 gelten. Dies entspricht der Bedingung in Gl. 5.37. Durch die spontane Emission muss das zweite Niveau schneller bevölkert als entvölkert werden. Ferner sollte A21  A32 sein, da sonst eine zu große Pumpleistung uA zur Erzeugung der Inversion benötigt wird. Mit Gl. 5.42 können Sie Drei-Niveau-Systeme daraufhin untersuchen, ob eine Besetzungsinversion erreicht werden kann und, falls ja, welche Pumpleistung dafür erforderlich ist.

469 5.2  Laser

5

Beispiel 5.6: Termschema des Rubinlasers

Wie der Name Rubinlaser andeutet, ist das Lasermedium dieses Lasers ein Rubinkristall. Dabei handelt es sich um Al2 O3 Einkristalle (Saphir), die mit Cr3C -Ionen dotiert sind. Diese Ionen bilden ein Drei-Niveau-System, das den Laserübergang enthält. Die Anregung kann in zwei unterschiedlichen Niveaus erfolgen, die durch die Bindung im Kristall zu Bändern verbreitert sind. In unserer Skizze sind die Wellenlängen angegeben, die zum Erreichen der Unterkante der Bänder notwendig sind. Aus diesen Bändern erfolgt ein schneller, strahlungsloser Übergang auf das Laserniveau, d. h., beim Übergang wird die Energie nicht in Form eines Photons abgestrahlt, sondern als Gitterschwingung auf das Kristallgitter übertragen. Die Lebensdauer dieser Übergänge beträgt etwa 1010 s. Das Laserniveau hat dagegen eine Lebensdauer von etwa 103 s. Die Relation wSE .3 ! 2/ wSE .2 ! 1/ ist sehr gut erfüllt. Das Laserniveau besteht aus zwei eng benachbarten Niveaus. Die Wellenlängen des Laserübergangs sind 694,3 nm und 692,8 nm, wobei das erste Niveau etwas mehr zur Emission beiträgt.

Es gibt eine weitere Anordnung der Niveaus eines Drei-NiveauSystems, die für den Betrieb eines Lasers geeignet ist. Sie ist in . Abb. 5.14 skizziert. Wieder beginnt der Prozess durch eine Anregung der Atome auf das Niveau 3. Allerdings wird nun der Übergang ins darunterliegende Niveau 2 für den Betrieb des Lasers genutzt. Die Inversion wird in diesem System durch einen sehr schnellen Übergang von Niveau 2 in das Ausgangsniveau 1 hergestellt. Man könnte sagen, dass in unserem ersten Beispiel aus . Abb. 5.13 die Inversion von N2 =N1 erzeugt wurde, indem N2 groß wurde, während die Inversion N3 =N2 in . Abb. 5.14 durch Verkleinern von N2 entsteht. Es ist möglich, diese beiden Ansätze in einem Vier-NiveauSystem zu kombinieren. Tatsächlich arbeiten die meisten Laser mit einem solchen Termschema. Es ist in . Abb. 5.15 skizziert. Angeregt wird der Übergang A ins Niveau 4. Ein schneller Übergang von 4 nach 3 reichert Elektronen im Niveau 3 an. Die Übergangswahrscheinlichkeit von Niveau 3 nach 2 ist hingegen gering, sodass sich die Elektronen im Niveau 3 sammeln und eine Inversion zwischen N3 und N2 entsteht. Diese wird noch durch einen schnellen Übergang von 2 zurück in den Ausgangszustand 1 verstärkt, der N2 reduziert.

. Abb. 5.14 Ein weiteres Drei-Niveau-System für den Betrieb eines Lasers

. Abb. 5.15 Vier-Niveau-System mit Laserübergang

470

Kapitel 5  Laser

Beispiel 5.7: Termschema des Nd:YAG-Lasers

5

Beim Nd:YAG Laser handelt es sich um einen Laser, der auf einem Vier-Niveau-System basiert. Neodymionen (Nd3C ), eingebettet in einen YAG-Kristall (Yttrium-Aluminium-Granat), bilden das Lasermedium. Die Anregung erfolgt aus dem Grundzustand in Bänder, die 1;3 eV bis 2;5 eV über dem Grundzustand liegen. Von dort erfolgt ein schneller, strahlungsloser Übergang in das Laserniveau, das 4 F3=2 -Niveau der Neodymionen. Aus diesem Niveau gibt es drei mögliche Laserübergänge, nämlich zwei eng benachbarte Linien mit einer Wellenlänge von 1;064 m und eine Linie bei 1;32 m, die alle auf Niveaus führen, die zu 4 I11=2 gehören. Die Emission bei 1;064 m überwiegt, sofern man diese nicht mit dem Resonator unterdrückt. Die Anregung erfolgt meist durch optisches Pumpen mit einer Blitzlampe. Die Wahrscheinlichkeit für spontane Emission zurück in den Grundzustand entspricht einer Lebensdauer von etwa 106 s, während der strahlungslose Übergang in das Laserniveau (B) eine Lebensdauer von etwa 108 s aufweist. Die Bedingung wSE .4 ! 3/ wSE .4 ! 1/ ist gut erfüllt. Der Laserübergang hat eine Lebensdauer von 2  104 s. Die Lebensdauer des folgenden Übergangs in den Grundzustand (C) beträgt 107 s. Es gilt sowohl wSE .4 ! 3/ wSE .3 ! 2/ als auch wSE .2 ! 1/ wSE .3 ! 2/, sodass eine starke Inversion der Besetzung möglich ist.

Nun bleibt noch zu klären, wie die Anregung A der Drei- oder VierNiveau-Systeme erfolgt. Hier gibt es mehrere unterschiedliche Möglichkeiten, von denen wir die wichtigsten im Folgenden diskutieren wollen. 4 Optisches Pumpen: Diese Anregungsmethode haben wir bereits bei der Berechnung der Besetzungsinversion im Drei-NiveauSystem betrachtet. Es wird eine Lichtquelle benötigt, die das Pumplicht erzeugt. In gepulsten Lasern ist dies meist eine Xenonblitzlampe, wie sie auch in Blitzgeräten in der Fotografie zum Einsatz kommt. Für den kontinuierlichen Betrieb eines Lasers können Halogenlampen Verwendung finden. Die Lampen erzeugen ein kontinuierliches Spektrum, von dem nur ein Teil für die Anregung nutzbar ist. Bei Farbstofflasern wird bereits die Anregung durch einen Laser erzeugt, und auch bei Festkörperlasern werden zunehmend Halbleiterlaser zur Anregung eingesetzt, um das Spektrum besser auf die Anregung anzupassen. 4 Stoßanregung: Liegt das Lasermedium in Form eines Gases vor, ist optisches Pumpen schwierig. Die Absorption des Pumplichts ist meist zu gering. Es besteht die Möglichkeit, das Medium

471 5.2  Laser

durch eine Gasentladung anzuregen. In der Entladung werden Elektronen beschleunigt. Stoßen sie auf Atome des Lasermediums, können diese angeregt werden. Ferner können die Atome durch Stöße mit anderen Gasatomen angeregt werden. Dabei wird Energie vom stoßenden auf das gestoßene Atom übertragen. Stößt ein angeregtes Atom auf ein Atom im Grundzustand, kann die Anregung auf das gestoßene Atom übertragen werden. Eventuelle Unterschiede in den Energieniveaus zwischen stoßendem und gestoßenem Atom können durch die kinetische Energie des stoßenden Atoms ausgeglichen werden. Bei der Aufstellung der Ratengleichungen ist zu beachten, dass Stöße nicht nur zur Anregung des Lasermediums führen können, sondern durch die Stöße auch Anregung abgebaut werden kann. 4 Elektrischer Stromfluss: Im pn-Übergang einer Halbleiterdiode kann durch einen Stromfluss das Leitungsband so stark bevölkert werden, dass es zu einer Besetzungsinversion kommt.

Kohärenz des Laserlichts Sendet ein angeregtes Medium durch spontane Emission Photonen aus, so besteht zwischen diesen Photonen keine Phasenbeziehung. Sie sind zueinander inkohärent. Anders bei der stimulierten Emission eines Lasers: Löst ein Strahlungsfeld durch stimulierte Emission in einem Lasermedium ein weiteres Photon aus, so hat dieses 4 dieselbe Phase, 4 dieselbe Richtung und 4 dieselbe Polarisation wie das stimulierende Strahlungsfeld. Quantenphysikalisch sagt man, das stimulierte Photon wird in denselben Zustand emittiert. Es bevölkert dieselbe Mode des Resonators wie schon das Strahlungsfeld. Das Laserlicht ist folglich kohärent, monochromatisch und polarisiert. Die Richtung des erzeugten Lichts wird durch den Resonator und die Auskopplung festgelegt. Es können Strahlen mit sehr kleiner Divergenz erzeugt werden. In vielen Fällen kann letztere so weit reduziert werden, bis sie durch Beugung an der Austrittsöffnung oder anderen Strukturen limitiert ist. Der Querschnitt eines Laserstrahls ist zunächst durch den Querschnitt des Lasermediums bestimmt, der in der Regel nur wenige Millimeter beträgt. Später kann der Strahl aufgeweitet werden. Der geringe Querschnitt bewirkt eine hohe räumliche Kohärenz. Der Strahl ähnelt einer räumlich begrenzten, ebenen Welle. Die zeitliche Kohärenz des Laserlichts ist durch eine Reihe von Effekten eingeschränkt. Die wichtigsten sind: 4 Quantenrauschen: Der Laserstrahl wird durch stimulierte Emission erzeugt, aber trotzdem findet im Lasermedium auch spontane Emission statt. Dem Laserstrahl werden zusätzliche Photonen überlagert, deren Phase zufällig verteilt ist.

5

472

Kapitel 5  Laser

4 Thermisches Rauschen: Die Oberflächen der Spiegel und anderer Elemente des Resonators bewegen sich aufgrund ihrer thermischen Energien. Wegen der kurzen Wellenlänge des Lichts kann dies durchaus einen Einfluss auf das Strahlungsfeld haben. 4 Schrotrauschen: Die stimulierte Emission ist ein statistischer Prozess, bei dem zu zufälligen Zeiten einzelne Photonen dem Strahlungsfeld hinzugefügt werden. Dadurch kommt es zu Fluktuationen in der Anzahl der Photonen im Strahlungsfeld. Mit entsprechend optimierten Lasern lassen sich trotz dieser Effekte Kohärenzlängen von vielen Kilometern erreichen. Die Polarisationsrichtung des Laserstrahls ist im einfachsten Fall durch die Polarisation des Photons festgelegt, das die Lawinenbildung ausgelöst hat. Der Strahl ist zwar polarisiert, die Polarisationsrichtung variiert aber von Puls zu Puls oder bei einem kontinuierlichen Laser von Einschaltvorgang zu Einschaltvorgang. Stört dieses Verhalten, so kann man einen Polarisator in den Resonator einbauen. Er stellt sicher, dass die Verluste im Resonator nur für eine bestimmte Richtung der Polarisation so gering sind, dass Verstärkung eintritt. Wegen der hohen Leistungsdichte im Resonator sind Polarisationsfolien ungeeignet, denn die absorbierte Leistung würde sie zerstören. In vielen Lasern werden Brewster-Fenster (Beispiel 4.46) zur Festlegung der Polarisation eingesetzt.

5

5.2.2 Aufbau der Laser Maser

. Abb. 5.16 Ammoniakmolekül

Die erste, auf stimulierter Emission beruhende Strahlungsquelle erzeugte nicht sichtbares Licht, sondern Mikrowellen. Entsprechend nennt man sie microwave amplification by stimulated emission of radiation bzw. Maser. Sie wurde 1954 zeitgleich von Gordon, Zeiger und Townes in den USA und von Bassow und Prochorow in der damaligen UdSSR entwickelt, noch einige Jahre bevor der erste Laser entstand. Wir wollen kurz auf die Funktion des ersten Masers eingehen. Der erste Maser arbeitete mit Ammoniakmolekülen (NH3 ) als aktives Medium. Dabei wird eine Molekülschwingung angeregt, bei der das Stickstoffatom gegen die drei Wasserstoffatome schwingt. Das schwingende System hat nur zwei Niveaus. Die Frequenz des Übergangs beträgt 23,870 GHz, was einer Wellenlänge von etwa 12,6 cm entspricht. Für diese makroskopische Wellenlänge ist der Bau eines Resonators einfacher zu realisieren als für Licht. Er besteht aus einem Hohlraum, der von metallischen Wänden umschlossen ist. In . Abb. 5.16 ist die Struktur eines Ammoniakmoleküls gezeigt. Wegen der im Vergleich zum Wasserstoff hohen Elektronegativität des Stickstoffs sind die an der chemischen Bindung beteiligten Elektronen zum Stickstoff hin verschoben. Dadurch bildet sich ein elektri-

473 5.2  Laser

. Abb. 5.17 Schematischer Aufbau des Ammoniakmasers

scher Dipol aus. Dieser besitzt einen negativen Ladungsschwerpunkt nahe dem Stickstoffatom und einen positiven Ladungsschwerpunkt in der Mitte der Ebene, die von den Wasserstoffatomen aufgespannt wird. Mitteln wir diesen elektrischen Dipol über die Perioden der Molekülschwingungen, so erhalten wir ein mittleres Dipolmoment, das für die beiden Schwingungszustände entgegengesetzt zueinander gerichtet ist. Bringen wir nun solche Ammoniakmoleküle in das inhomogene Feld einer elektrostatischen Quadrupollinse, so wird der eine Schwingungszustand auf die Achse der Linse fokussiert, während der Zustand mit dem entgegengesetzten Dipolmoment eine Kraft weg von der Achse erfährt. Diese Kraft nutzt man im Ammoniakmaser aus, um die Moleküle im Grundzustand von den Molekülen im angeregten Niveau räumlich zu trennen. Der Aufbau des Ammoniakmasers ist in . Abb. 5.17 gezeigt. Aus der gasgefüllten Kammer links tritt Gas durch eine Düse in den evakuierten Teil der Apparatur ein. Es bildet sich ein dünner Molekülstrahl. Das Gas befindet sich auf Raumtemperatur. Aufgrund des geringen Energieunterschieds zwischen den beiden Niveaus von nur etwa 10 eV sind die beiden Niveaus etwa gleich besetzt. Der Molekülstrahl durchläuft als Nächstes die Quadrupollinse. Die angeregten Moleküle (rot unterlegt) werden auf die Eintrittsöffnung des Resonators fokussiert, während die Moleküle des Grundzustands (blau unterlegt) die Wand des Resonators treffen und von den Vakuumpumpen abgepumpt werden. So füllt sich der Resonator mit angeregten Molekülen. In den Resonator werden nun Mikrowellen der passenden Frequenz eingeleitet, darin verstärkt und auf der gegenüberliegenden Seite wieder ausgekoppelt. . Abb. 5.18 zeigt Charles Townes mit dem Prototyp des Ammoniakmasers.

Festkörperlaser In einem Festkörperlaser findet die Verstärkung des Strahlungsfelds in einem Kristall oder Glas statt. Der Kristall bzw. das Glas dient als Wirtsmaterial, das mit seinen Bandstrukturen die Absorptionsniveaus für die Anregung des Lasermaterials stellt. Das Wirtsmaterial wird mit einem laseraktiven Material dotiert. Dies sind meist Ionen der Übergangsmetalle oder seltenen Erden. In nicht zu hoher Konzentration bleiben die scharfen Niveaus der freien Ionen erhalten. Sie dienen als Laserniveaus. Durch die enge Kopplung des Lasermateri-

5

474

Kapitel 5  Laser

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. Abb. 5.18 Charles Townes mit dem Prototyp des Ammoniakmasers. 1: Gaskammer, 2: Quadrupollinse, bestehend aus vier Stäben, 3: Resonator, 4: Hohlleiter zur Ein- und Auskopplung der Wellen, 5: Vakuumpumpen, 6: Mikrowellenausgang. © Archive PL/Alamy/mauritius images

© DonGuennie|G-Empire The World Of Gems

als mit dem Wirtsmaterial sind strahlungslose Übergänge zwischen diesen möglich. Die Dichte des Lasermaterials liegt typischerweise bei 1016 Ionen=mm3 , was zu einer kräftigen Verstärkung und damit zu hohen Leistungen führt. Beispiel 5.8: Rubinlaser

Der erste Laser wurde 1960 von Theodore Maiman entwickelt. Es handelt sich um einen Festkörperlaser, der auf einem Rubinkristall (s. Foto) basiert. Das Termschema des Rubins haben wir bereits in Beispiel 5.6 erläutert. Die verwendeten Rubinkristalle weisen meist eine zylindrische Form auf. Die Stirnflächen werden poliert und verspiegelt, sodass ein Resonator (Etalon) entsteht. Eine Xenonblitzlampe regt das Lasermedium an. Es handelt sich um eine Gasentladungsröhre, die meist in Form einer Helix um den Kristall gewunden ist. Sie ist in unserer Skizze in gelber Farbe zu erkennen. Heute hat der Rubinlaser wegen seiner geringen Effizienz an Bedeutung verloren. Er wird noch in der Medizin eingesetzt, um Pigmentflecken und Tätowierungen zu entfernen.

475 5.2  Laser

Beispiel 5.9: Nd:YAG-Laser

Der Aufbau eines Nd:YAG-Lasers ähnelt dem des Rubinlasers. Unsere Skizze zeigt die wichtigsten Elemente. Das Lasermaterial hat die Form eines Stabs mit einem typischen Durchmesser von 1 cm und einer Länge von bis zu 1 m. Der Laserstab (in der Skizze rot) wird von einer oder mehreren Xenonblitzlampen (gelb) optisch gepumpt. Laserstab und Blitzlampen sind in einen gekühlten Metallblock (kupferfarben) eingebaut, der durch eine interne Verspiegelung das Licht der Blitzlampe(n) auf den Laserstab konzentriert. Zwei meist externe Spiegel bilden den Resonator.

Das Wirtsmaterial, Yttrium-Aluminium-Granat (Y3 Al5 O12 ), besitzt eine hohe mechanische Festigkeit, eine hohe Wärmeleitfähigkeit und eine gute optische Qualität. Das Wirtsmaterial ist mit Nd3C Ionen als aktives Lasermaterial dotiert. Die Dotierung kann bis zu einigen Prozent erreichen. Nd:YAG-Laser werden dort eingesetzt, wo hohe Leistungen im Puls- oder Dauerbetrieb benötigt werden, z. B. für die Materialbearbeitung oder für das Pumpen von Farbstofflasern. Aus diesem Grund ist auch die Kühlung des Lasermediums und der Blitzlampe(n) von großer Bedeutung. Nur einige Prozent der eingespeisten Leistung werden in Laserlicht übersetzt. Im Dauerbetrieb können Leistungen bis etwa 10 kW erreicht werden. Die Spitzenleistung im gepulsten Betrieb reicht bis etwa 100 MW. Werden noch höhere Leistungen benötigt, kann das Licht mit einem weiteren Nd:YAG-Stab nachverstärkt werden. Der Stab wird wie beim Laser selbst mit Blitzlampen optisch gepumpt. Der Resonator entfällt. Das Licht durchquert den Nd:YAG-Stab zur Nachverstärkung nur ein einziges Mal. Die Wellenlänge des Laserübergangs liegt mit 1064 nm im Infraroten. Sie eignet sich auch zur Frequenzverdopplung auf grünes Licht.

Gaslaser Das aktive Medium eines Gaslasers ist ein Gas, das in einer Röhre eingeschlossen ist. In der Regel wird das Medium durch eine Gasentladung in der Röhre angeregt. Es gibt eine Vielzahl an Gaslasern, die

5

476

Kapitel 5  Laser

unterschiedliche Gase verwenden, z. B. Edelgase, Stickstoff, Wasserstoff, Kohlendioxid und Kohlenmonoxid. Sie decken einen weiten Wellenlängenbereich vom Infraroten ins Ultraviolette ab. Wir wollen Ihnen den Helium-Neon-Laser und den Kohlendioxidlaser etwas näher vorstellen. Beispiel 5.10: Helium-Neon-Laser

5

Der Gaslaser, der zuerst entwickelt wurde, aber auch heute noch weit verbreitet ist, ist der Helium-Neon-Laser. Viele der Experimente, die wir in diesem Buch beschrieben haben, wurden mit Helium-Neon-Lasern durchgeführt. Er zeichnet sich durch hohe Stabilität, lange Lebensdauer und geringe Herstellungskosten aus. Er wird meist in Dauerstrich betrieben bei moderaten Leistungen von wenigen Milliwatt. Das Gemisch aus Helium und Neon befindet sich unter einem Druck von nur etwa 100 Pa in einem dünnen Glasröhrchen, in dem eine Gasentladung gezündet wird. Die Zündspannung beträgt ca. 15 kV. Nach der Zündung werden noch 1 kV bis 2 kV benötigt, um die Entladung aufrechtzuerhalten. Die Skizze zeigt den Aufbau. Häufig ist das Glasröhrchen mit Brewster-Fenstern abgeschlossen, die eine bestimmte Polarisationsrichtung ohne Reflexion vollständig transmittieren. So entsteht polarisiertes Laserlicht. Die Spiegel des Resonators sind dann extern angebracht.

Betrachten Sie nun bitte das Termschema. Durch Elektronenstöße werden zunächst die Heliumatome angeregt. Dadurch gelangt eines der beiden Elektronen in ein höheres Niveau (Beispiel 5.3). Durch spontane Emission fällt das angeregte Elektron wieder in tiefere Niveaus. Dabei kann das Elektron auf den metastabilen Niveaus 21 S0 oder 23 S0 mit Lebensdauern von etwa 103 s enden. Ein Übergang in den Grundzustand ist aus diesen Niveaus durch Photonemission nicht möglich. Der Übergang 21 S0 ! 11 S0 ist verboten, weil der Drehimpuls nicht erhalten wäre, und der Übergang 23 S0 ! 11 S0 , weil er vom Orthohelium ins Parahelium führt (Paritätsverletzung). Diese angeregten Heliumatome geben daher ihre Energie bei Stößen mit den Neonatomen an diese ab. Dabei wird das Neonatom in das 4S- oder 5S-Niveau angeregt, die nahezu exakt die dazu passende Energie besitzen. Die geringe Energiedifferenz zwischen den Helium- und Neonniveaus wird

477 5.2  Laser

durch die kinetische Energie der Atome ausgeglichen. Das Neon verfügt über zehn Elektronen. Im Grundzustand befinden sich zwei Elektronen in der innersten Schale im 1S-Niveau, das damit vollständig besetzt ist. Weitere zwei Elektronen nehmen das 2S-Niveau und die verbleibenden sechs das 2P-Niveau ein. Auch diese Niveaus sind damit vollständig besetzt. Man nennt dies eine Edelgaskonfiguration. Beim Elektronenstoß wird nun eines dieser Elektronen meist aus dem 2P-Niveau in ein höheres Niveau angeregt. Im Termschema ist dieses Niveau jeweils angegeben. Die angeregten Niveaus, insbesondere die P-Niveaus, sind durch Feinstruktureffekte in mehrere eng zueinander liegende Niveaus aufgespalten, die wir im Termschema durch einen breiten Balken kenntlich gemacht haben. Die Energie der Niveaus ist angegeben, wobei wir als Nullpunkt der Energieachse den Grundzustand gewählt haben. Die 4S- und 5S-Niveaus des Neons stellen die Laserniveaus dar. Die drei Laserübergänge sind im Termschema rot eingezeichnet. Es handelt sich tatsächlich um mehrere eng beieinanderliegende Linien. Vom Endniveau 3P bzw. 4P geht das Atom durch spontane Emission in das 3S-Niveau über, von wo aus es durch Stöße meist mit der Wand des Glasröhrchens in den Grundzustand gelangt. Auch aus diesem Grund darf das Glasröhrchen keinen zu großen Durchmesser haben; 1 mm ist durchaus typisch.

5

478

Kapitel 5  Laser

Experiment 5.2: Helium-Neon-Laser

Zur Demonstration bauen wir einen Helium-Neon-Laser auf einer optischen Bank auf. Auf dem Foto sehen Sie in der Mitte die Entladungsröhre R, die beidseitig mit einem Brewster-Fenster abgeschlossen ist. Der Resonator wird durch die beiden Spiegel S1 und S2 abgeschlossen. Auf der rechten Seite wird der Strahl durch den teildurchlässigen Spiegel S2 ausgekoppelt und auf einem Schirm S dargestellt. Am linken Ende der optischen Bank befindet sich ein Justierlaser J, der die Ausrichtung der Spiegel und der Röhre auf die optische Achse erheblich erleichtert.

5

© RWTH Aachen, Sammlung Physik

Beispiel 5.11: Kohlenstoffdioxidlaser

© Metaveld BV

Der Kohlenstoffdioxidlaser, auch kurz Kohlendioxid- oder CO2 -Laser, ist ein weit verbreiteter Laser, der vor allem in der industriellen Fertigung eingesetzt wird (s. Foto). Er gehört zu den leistungsfähigsten Lasern. Die Wellenlänge liegt im Infraroten bei 10;6 m. Im Dauerstrich werden Ausgangsleistungen bis 100 kW und im gepulsten Betrieb Pulsenergien bis 100 kJ erreicht. Dabei können bis zu 20% der eingespeisten Energie in Laserlicht verwandelt werden. Im Gegensatz zu den bisher diskutierten Lasern arbeitet der Kohlendioxidlaser nicht mit atomaren Anregungen, sondern mit verschiedenen Schwingungen des CO2 -Moleküls, bei denen die beiden Sauerstoffatome gegen das Kohlenstoffatom schwingen. Aufbau und Funktionsweise ähneln denen eines Helium-NeonLasers. Es wird ein Gasgemisch aus Kohlendioxid (CO2 ), Stickstoff (N2 ) und Helium (He) verwendet. Eine Gasentladung in der Röhre regt den Stickstoff zu Molekülschwingungen an und überführt diesen dabei in metastabile Zustände. Die Energie wird durch Stöße zwischen den Molekülen auf Molekülschwingungen des CO2 übertragen. Erfolgt die Anregung nicht direkt in das Laserniveau

3 , fallen die Moleküle durch spontane Emission dorthin. In der Regel dominiert die stimulierte Emission in das Niveau 1 , von wo die Moleküle durch Stöße mit den Heliumatomen zurück in den Grundzustand gelangen. Dieser Prozess ist effizienter als die Abregung durch Stöße mit der Wand des Glasrohrs beim Helium-

479 5.2  Laser

Neon-Laser und erlaubt es, Rohre mit größerem Durchmesser zu verwenden, was die Leistung und die Effizienz steigert.

Auch wenn bis zu 20% der eingespeisten Energie in das Laserlicht überführt werden, geht die restliche Energie im Laser in Form von Wärme verloren. Der Laser muss daher gekühlt werden. Dies geschieht bei nicht zu hohen Leistungen durch die Wände des Rohrs oder, falls dies nicht ausreicht, durch kontinuierlichen Austausch des Gases. Das Gas wird aus dem Laserrohr abgesaugt und durch frisches kühles Gas ersetzt. Es gibt unterschiedliche Varianten, bei denen das Gas längs oder quer durch das Laserrohr gepumpt wird, wobei das Letztere technisch aufwendiger, aber auch effizienter in Bezug auf die Kühlung ist. Das abgesaugte Gas wird in der Regel in einem geschlossenen Gaskreislauf in entsprechenden Kühlaggregaten wieder abgekühlt. In allen Lasern wird in der Gasentladung Kohlendioxid in Kohlenmonoxid umgewandelt, sodass das Kohlendioxid regeneriert oder ersetzt werden muss, um einen kontinuierlichen Betrieb zu ermöglichen.

Experiment 5.3: Stickstofflaser

Mit relativ einfachen Mitteln lässt sich ein Stickstofflaser bauen, der Laserlicht aus dem Sticksoff der Luft erzeugt. Ein Resonator ist dafür nicht unbedingt nötig. Es genügt die Verstärkung beim einmaligen Durchlauf durch das Lasermedium. In einem ca. 1 mm breiten Spalt zwischen spitz zulaufenden Metallplatten wird durch

5

Kapitel 5  Laser

480

5

F C L

eine Hochspannung eine Funkenentladung gezündet, die den Stickstoff in Besetzungsinversion bringt. Ein Photon, das sich zufällig entlang des Spalts bewegt, wird zu einem Laserstrahl verstärkt. Der Laserübergang liegt mit einer Wellenlänge von 337,1 nm im Ultravioletten und ist für unser Auge nicht direkt sichtbar. Wir beleuchten mit dem Strahl ein Transmissionsgitter und machen die verschiedenen Beugungsordnungen auf einem Fluoreszenzschirm sichtbar. Scharfe Beugungsmaxima auch noch in höherer Ordnung zeigen die hohe Kohärenz, die nur durch Laserlicht erreicht werden kann. Die notwendige Spannung für das Zünden der Funkenentladung generieren wir aus einer 6 kV-Gleichspannung mithilfe eines Schwingkreises, dessen Schaltbild abgebildet ist. Die zweite Skizze zeigt den Aufbau der Schaltung. Die metallene Bodenplatte rechts trägt den Aufbau und dient gleichzeitig als eine der beiden Kondensatorplatten. Die zweite Kondensatorplatte ist die daraufliegende Platte oberhalb des Spalts. Sie ist von der Bodenplatte durch eine dünne Kunststofffolie isoliert. Die Platte unterhalb des Spalts ist elektrisch mit der Bodenplatte verbunden, sodass über dem Spalt die volle Kondensatorspannung anliegt. Eine Spule (ca. 20 Windungen ohne Kern) verbindet die beiden Platten und vervollständigt den Schwingkreis. Eine Funkenstrecke dient als Schalter. Sobald die Aufladung des Kondensators eine durch den Spalt in der Funkenstrecke einstellbare Schwelle überschreitet, schlägt die Funkenstrecke durch und startet den Schwingkreis. Auf dem Foto sind die Entladungsfunken im Spalt des Kondensators deutlich zu sehen. Man blickt entlang des Spalts auf das Gitter und den dahinter befindlichen Fluoreszenzschirm, auf dem das UV-Licht grün fluoresziert.12

© RWTH Aachen, Sammlung Physik

12 Sollten sie versuchen, den Laser nachzubauen, Vorsicht mit dem unsichtbaren, aber trotzdem für Haut und Augen schädlichen Laserlicht. Der Laser emittiert entlang beider Richtungen des Spalts!

481 5.2  Laser

Farbstofflaser Bei den bisher betrachteten Lasern ist die Wellenlänge des Laserlichts durch die Energieniveaus des Lasermediums vorgegeben. Im Gegensatz dazu kann bei einem durchstimmbaren Laser die Wellenlänge des Laserlichts von außen eingestellt werden. Das Lasermedium verfügt über sehr breite Energieniveaus, innerhalb derer der Laserübergang durch die Eigenschaften des Resonators verschoben werden kann. Es gibt Laser, bei denen eine Verschiebung der Wellenlänge über einige zehn Nanometer möglich ist. Mit unterschiedlichen Lasermedien lässt sich ein Wellenlängenbereich von 300 nm bis 1;2 m abdecken. Zu den Einsatzbereichen dieser Laser gehört die wissenschaftliche Spektroskopie und die Analysemesstechnik. In Beispiel 5.12 finden Sie ein Beispiel eines durchstimmbaren Lasers, den sogenannten Farbstofflaser. Beispiel 5.12: Farbstofflaser

Einen der wichtigsten durchstimmbaren Laser stellt der Farbstofflaser dar. Das Lasermedium ist ein organischer Farbstoff, der in einer Flüssigkeit, z. B. Alkohol, gelöst ist. In den komplexen Molekülen sind die Energieniveaus durch Vibrationszustände des Moleküls in viele Niveaus aufgespalten, die wiederum durch Rotationszustände des Moleküls noch weiter aufgespalten werden. Dadurch liegen die Energieniveaus so dicht, dass diese überlappen und kontinuierlich Bänder entstehen. In den Abbildungen sind die chemische Struktur und das Termschema von Rhodamin 6G, einem weit verbreiteten Laserfarbstoff, zu sehen. Mit einem Pumplaser wird ein Elektron aus dem Grundzustand 1 S0 in den Bereich des 1 S1 Bands angeregt. Durch strahlungslose Übergänge relaxiert das Elektron rasch an die Unterkante dieses Bands. Von dort erfolgt der Laserübergang in den Bereich des 1 S0 -Bands. Die restliche Abregung in den Grundzustand an der Unterkante dieses Bands erfolgt erneut strahlungslos. Es handelt sich folglich um ein Vier-Niveau-System. Die beiden Graphen in unserer nächsten Abbildung zeigen den Wellenlängenbereich, in dem das System Licht bei der Anregung absorbiert (gelbe Kurve), und die Wellenlängen, die für den Laserübergang infrage kommen (rote Kurve). Aufgetragen ist die Effizienz für die Absorption bzw. für die Erzeugung eines weiteren Photons durch stimulierte Emission jeweils bezogen auf eine Konzentration des Farbstoffs von 1 mol=l und eine Strecke von 1 cm im Medium.

5

482

Kapitel 5  Laser

5 Die nächste Abbildung zeigt einen möglichen Aufbau eines Farbstofflasers. Der Farbstoff wird als Flüssigkeitsstrahl (Jet) durch den Strahlengang gepumpt. Der optische Resonator ist aus dem halbdurchlässigen Spiegel S1, der Linse L1 und dem Konvexspiegel S2 aufgebaut. Mit der Linse L1 und dem Spiegel S2 wird das Strahlungsfeld auf den Farbstoffjet fokussiert. Im Resonator befindet sich ein durchstimmbares Fabry-PerotInterferometer (FP; 7 Abschn. 4.3.3), mit dem eine bestimmte Wellenlänge ausgewählt wird. Da das Fabry-Perot-Interferometer in unterschiedlichen Ordnungen viele Wellenlängen selektiert, ist zusätzlich ein Prisma P1 in den Resonator eingebaut, das so gedreht ist, dass nur die Wellenlänge der gewünschten Ordnung senkrecht auf den Spiegel S1 gelenkt wird, der es dann in sich zurückwirft. Hinter dem Auskoppelspiegel S1 befindet sich ein weiteres Prisma P2, das den ausgekoppelten Strahl wieder parallel zur Achse des Resonators ausrichtet. Ein Farbfilter F als Ausgangsfenster entfernt unerwünschte Reststrahlung falscher Wellenlänge. Das Pumplicht eines externen Lasers wird von rechts zugeführt. Die Linse L2 fokussiert es in den Farbstoffjet. Bei S2 handelt es sich um einen dielektrischen Spiegel, der die Wellenlänge des Resonators nahezu vollständig reflektiert, aber für die Wellenlänge des Pumplichts durchsichtig ist.

Vielleicht fragen Sie sich, warum man den Farbstoff als Jet durch den Resonator pumpt, statt ihn in eine Küvette zu füllen, was viel einfacher wäre. Der Grund liegt im Termschema verborgen. Ist der Farbstoff dem Pumplicht zu lange ausgesetzt, werden zunehmend auch die metastabilen 3 S1 -Niveaus angeregt, was die

5

483 5.2  Laser

Besetzungsinversion stört und die Effizienz des Lasers reduziert. Durch den schnellen Austausch des Farbstoffs im Jet wird dieser Effekt vermieden. Der Farbstoff kann sich während des Umlaufs durch die Pumpe wieder regenerieren. Ein weiteres Problem kann bei Lasern mit sehr geringer Linienbreite auftreten. Man erreicht diese, indem im Resonator nur eine einzige Mode angeregt wird. Dadurch bilden sich im Resonator Schwingungsknoten des Lichtfelds aus. An den Knoten, die im Farbstoffjet liegen, kann keine stimulierte Emission stattfinden. Durch die hohe Inversion kann es dann zum Anschwingen unerwünschter Moden in diesen Bereich kommen. Daher werden bei Farbstofflasern oft Ringresonatoren eingesetzt, die keine Knoten ausbilden.

A

Halbleiterlaser Halbleiterlaser, auch Diodenlaser oder Laserdiode genannt, verwenden einen ihnen eigenen Mechanismus zur Erzeugung der Besetzungsinversion. Elektronen im angeregten Niveau werden durch einen Stromfluss in die aktive Zone transportiert, während gleichzeitig Elektronen auf dem unteren Niveau aus der aktiven Zone abgezogen werden. In . Abb. 5.19 haben wir die Gegebenheiten am pn-Übergang einer Halbleiterdiode skizziert (Band 2, Abschn. 6.8.1 und 11.2.1). Die Abbildung zeigt die Verhältnisse ohne äußere Spannung. An der Kontaktfläche zwischen positiver und negativer Dotierung füllen die Elektronen aus den Donatorniveaus die freien Akzeptorniveaus auf, sodass eine an Ladungsträgern verarmte Zone entsteht. Zwischen der p-dotierten und der n-dotierten Seite stellt sich ein Potenzialunterschied ' ein, dessen Wert vom verwendeten Halbleitermaterial abhängt. Bei Silizium beträgt der Potenzialunterschied ungefähr 1 V. Legen wir nun eine äußere Spannung an die Diode an und verbinden den positiven Pol mit der p-dotierten Seite der Diode, so werden im Valenzband Elektronen aus der Verarmungszone abgesaugt und gleichzeitig Elektronen durch das Leitungsband in diese hineingedrückt. Ist die Durchlassspannung erreicht, fließt ein Strom von Elektronen durch das Leitungsband und ein entsprechender Löcherstrom durch das Valenzband. Mit zunehmendem Strom steigt die Besetzung im Leitungsband an und fällt im Valenzband ab, was schließlich in einer Inversion mündet. Das Termschema ist in . Abb. 5.20 gezeigt. Die dunkelgrau schattierten Bereiche der Bänder sind besetzt, die hellgrauen frei. Stimulierte Emission zwischen dem Leitungs- und Valenzband kann nun zur Erzeugung von Laserlicht führen. Diodenlaser sind robust, langlebig und wartungsfrei sowie einfach und günstig herzustellen. Die Wellenlänge des emittierten Lichts wird durch die Größe der Bandlücke zwischen Valenz- und Leitungsband bestimmt. Sie ist materialabhängig. Es gibt Laserdioden für

B

. Abb. 5.19 Energieniveaus und Bänder an einem pn-Übergang. A vor der Diffusion, B danach

. Abb. 5.20 Termschema eines Diodenlasers. Rot: Laserübergang, Grün: strahlungslose Relaxation

484

Kapitel 5  Laser

den Bereich von etwa 30 m bis 500 nm. Nach kürzeren Wellenlängen wird intensiv geforscht. Der Wirkungsgrad der Diodenlaser ist hoch. Er kann bis zu 90% erreichen. Wegen des geringen Volumens der aktiven Zonen begrenzt die Verlustleistung die Laserleistung auf wenige Watt (Dauerstrich). Diodenlaser haben einen breiten Anwendungsbereich. Sie erzeugen das Licht für die Datenübertragung auf Glasfasern in der Nachrichtentechnik, werden in der Sensorik und Messtechnik eingesetzt, finden sich aber auch in CD-Spielern oder Laserdruckern. Ferner werden sie als Pumplaser für andere Lasertypen verwendet, sofern keine hohen Leistungen benötigt werden.

5

Beispiel 5.13: Aufbau einer Laserdiode

© NASA

Unsere Abbildung zeigt den schematischen Aufbau einer Laserdiode auf der Basis von GaAlAs. Unten findet sich ein Sockel aus negativ dotiertem GaAs, auf dem durch Aufwachsen eine Schicht GaAlAs aufgebracht wurde. In der Mitte sind die n- und p-dotierte Schicht des GaAlAs zu sehen, an deren Kontaktfläche sich der pn-Übergang ausbildet. Nach oben ist die Diode durch eine weitere GaAs-Schicht abgeschlossen. Die Oberseite ist metallisch beschichtet. Hier befindet sich der positive Anschluss. Die gesamte Diode ist auf einen metallischen Träger aufgeklebt, über den die Unterseite mit dem negativen Anschluss verbunden ist. Das Licht entsteht in der Schicht des pn-Übergangs. Die Stirnflächen sind verspiegelt, sodass sich ein Resonator ergibt. Die aktive Schicht ist nur etwa 1 m dick. Beim Austritt des Laserlichts erhält der Strahl eine deutliche Divergenz durch die Beugung an dem dünnen Austrittsspalt. Am Übergang von GaAlAs ins GaAs bildet sich eine Stufe im Brechungsindex aus, an der das Licht zumindest teilweise reflektiert und damit in der aktiven Zone gehalten wird. Neben der hier gezeigten Doppelheterostruktur, bei der der pn-Übergang die Form einer Fläche hat, gibt es auch sogenannte indexgeführte Laserdioden, bei denen der pn-Übergang horizontal eingeschränkt ist, sodass die aktive Zone eine dünne Linie bildet, in der das Laserlicht erzeugt wird.

? Übungsaufgaben zu 7 Kap. 5 1. In einem Labor ist ein Titan-Saphir-Laser aufgebaut, der Licht der Wellenlänge 800 nm in Pulsen von 100 fs Länge emittiert. Die Pulsrate beträgt 100 MHz. Es werden 1010 Photonen pro Puls erzeugt. Wie groß sind die mittlere Lichtleistung und die SpitzenLichtleistung des Lasers? 2. Stellen Sie für ein Zwei-Niveau-System die Beziehung zwischen den Einstein-Koeffizienten der Absorption B12 und der Emission B21 auf, falls die beiden Niveaus jeweils vom Grad g1 bzw. g2 entartet sind. Wenden Sie dies konkret auf den 9;6 m-Übergang

485 5.2  Laser

3.

4.

5.

6.

7.

des CO2 -Lasers an, bei dem der untere Zustand aus einer Knickschwingung besteht. Stellen Sie analog zu Gl. 5.38 die Ratengleichungen für das DreiNiveau-System aus . Abb. 5.14 auf. Bestimmen Sie die Inversion, die hier durch N3  N2 gegeben ist. Ein Helium-Neon-Laser besitzt für das rote Licht bei 633 nm eine differentielle Verstärkung von 103 cm1 . Er besitzt einen 25 cm langen Resonator, an dessen einem Ende der Laserstrahl durch einen teilweise transparenten Spiegel ausgekoppelt wird. Welcher Anteil des Lichts darf maximal ausgekoppelt werden? Das elliptische Strahlprofil eines grünen Halbleiterlasers der Wellenlänge  D 540 nm wird vermessen. Es ergeben sich in der einen Ebene ein Abstand von 30ı und in der dazu senkrechten ein Abstand von 5ı zwischen der Strahlmitte und dem Intensitätsminimum. Schätzen Sie damit die Dicke und Breite der aktiven Zone der Laserdiode ab. Während bei einem Helium-Neon-Laser ( D 633 nm) die Verstärkungsbandbreite  D 0;002 nm beträgt, erstreckt sich der Verstärkungsbereich eines Titan-Saphir-Lasers von 670 nm bis 1070 nm. Berechnen Sie die Frequenzbandbreite für beide Lasertypen und schätzen Sie damit ab, wie viele longitudinale Moden bei einer Resonatorlänge von 30 cm jeweils gleichzeitig angeregt werden können. Bei einem kurzen Laserpuls besitzt die Amplitude der elektrischen Feldstärke einen Verlauf, dessen Einhüllende einer Gauß’schen Normalverteilung der Breite  t entspricht. Ermitteln Sie durch Fouriertransformation eine Beziehung zwischen den Halbwertsbreiten t und f der Intensität des Laserpulses. Wie groß ist dann die minimal erreichbare Pulslänge eines Farbstofflasers mit  D 600 nm und  D 36 nm ?

5

487

Serviceteil A1

Liste der Symbole – 488

A2

Lösungen – 490

A3

Mathematische Einführung – 498

Stichwortverzeichnis – 507

© Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2019 S. Roth, A. Stahl, Optik, DOI 10.1007/978-3-662-59337-0

488

A1 Liste der Symbole Abbe’sche Zahl

Abbe number

7 Abschn. 1.4.1

Abbildungsmaßstab

Magnification

ˇ

7 Abschn. 2.1

Abschwächungslänge

Attenuation length

0

7 Abschn. 1.1.3

Absorptionslänge

Absorption length

A

7 Abschn. 1.1.3

Avogadro-Konstante

Avogadro constant

NA

7 Abschn. 1.1.3

Beleuchtungsstärke

Illuminance

EV

7 Abschn. 3.2.3

Belichtung

Luminous exposure

HV

7 Abschn. 3.2.3

Besetzungswahrscheinlichkeit

Probability density function



7 Abschn. 5.1.2

Bestrahlungsstärke

Irradiance

EE

7 Abschn. 3.1.3

Boltzmannkonstante

Boltzmann’s constant

k

7 Abschn. 5.1.2

Brechkraft

Optical power

D

7 Abschn. 2.5.2

Brechungsindex

Index of reflection

n

7 Abschn. 1.2.1

Brennweite

Focal length

f

7 Abschn. 2.2.2

Bildgröße

Size of image

B

7 Abschn. 1.1.4

Bildweite

Distance to image

b

7 Abschn. 1.1.4

Candela (Einheit)

Candela

cd

7 Abschn. 3.2.2

s0

7 Abschn. 2.1

Deutliche Sehweite Dielektrizitätskonstante

Vacuum permittivity

0

7 Abschn. 1.3

Dielektrizitätskonstante, Relativ

Permittivity



7 Abschn. 1.3

Dielektrische Suszeptibilität

Electric susceptibility



7 Abschn. 1.4.2

Drehimpuls

Angular momentum

L

Elektrische Feldstärke

Electric field strength

E

Elektronenmasse

Electron mass

me

Finesse

Finesse

F

7 Abschn. 4.3.2 

7 Abschn. 4.3.3

Finesse

Finesse

F

Frequenz

Frequency

f

Gegenstandsgröße

Size of object

G

7 Abschn. 1.1.4

Gegenstandsweite

Distance of object

g

7 Abschn. 1.1.4

Kernladungszahl

Atomic number

Z

7 Abschn. 5.1.1

Konfokaler Parameter

Rayleigh range

zR

7 Abschn. 4.4.4

Leistung

Power

P

7 Abschn. 2.3.4

Leuchtdichte

Luminance

LV

7 Abschn. 3.2.3

489 A1

Liste der Symbole

Lichtgeschwindigkeit (Vakuum)

Velocity of light in vacuum

c

Lichtgeschwindigkeit (Medium)

Velocity of light in a medium

cn

7 Abschn. 1.2.1

Lichtmenge

Luminous energy

QV

7 Abschn. 3.2.3

Lichtstärke

Luminous intensity

IV

7 Abschn. 3.2.2

Lichtstrom

Luminous flux

ˆV

7 Abschn. 3.2.1

Lumen (Einheit)

Lumen

lm

7 Abschn. 3.2.1

Lux (Einheit)

Lux

lx

7 Abschn. 3.2.3

Magnetische Feldkonstante

Vacuum permeability

0

7 Abschn. 1.3

Massenzahl

Mass number

A

7 Abschn. 5.1.1

Mechanisches Strahlungsäquivalent

Luminous efficacy

1=Km

7 Abschn. 3.2.1

Molekulare Dichte

Density of molecules

nMol

7 Abschn. 1.1.3

Molekulargewicht (Molare Masse)

Molar mass

mmol

Numerische Apertur

Numerical aperture

AN

7 Abschn. 2.3.3

Optische Weglänge

Optical path length

l

7 Abschn. 1.2.1

Permeabilitätszahl

Permeability



7 Abschn. 1.3

Phasengeschwindigkeit

Phase velocity

cP h

7 Abschn. 1.2.1

Planck’sches Wirkungsquantum

Planck’s constant

h

Polarisation

Degree of polarization

P

7 Abschn. 4.6.1

Reflektivität

Reflectivity

R

7 Abschn. 4.3.2

Reflexionskoeffizient

Coefficient of reflexion

r

7 Abschn. 4.6.1

Resonanzfrequenz

Resonant frequency

!0

7 Abschn. 1.4.2

Sehwinkel

Angular size



7 Abschn. 2.1

Solarkonstante

Solar constant

S

7 Abschn. 3.1.3

Spezifische Ausstrahlung

Spectral flux

ME

7 Abschn. 3.3.3

Strahldichte

Radiance

LE

7 Abschn. 3.1.2

Strahlstärke

Radiant intensity

IE

7 Abschn. 3.1.2

Strahlungsfluss

Radiant power

ˆE

7 Abschn. 3.1.1

Streulänge

Scattering length

S

7 Abschn. 1.1.3

Suszeptibilität, Dielektrische

Electric susceptibility



Temperatur

Temperature

T

7 Abschn. 5.1.2

Transmissionskoeffizient

Coefficient of transmission

t

7 Abschn. 4.6.1

Transmissionsvermögen

Transmission

T

7 Abschn. 4.2

Vergrößerung

Angular magnification

V

7 Abschn. 2.1

Wellenlänge

Wave length



490

A2 Lösungen 7 Kapitel 1  RR RRq  2  1. lm D 2 0 n.r/dr D 2 0 2  Rr dr D 1 C 2 R      la D n.R/ R C R D 1 C R 2 2 2. l D

R hmax 0

n.h/dh D

R hmax h 0

  i  hmax .n0  1/ 0 C 1 dh D hmax C .n0  1/h0 1  e h0  100;002 km

3. Zu bestimmen ist: ZB lD A

ˇ ˇ ZB    ˇ d sE.t / ˇ    ˇ dt D  h sE.t / n0 n h sE.t / ˇˇ ˇ dt 0

ˇ ˇ ˇ d sE.t / ˇ ˇ ˇ ˇ dt ˇ dt

A

Man führt äquidistante Stützstellen zwischen A und B ein. Für jede Stützstelle i gibt die Höhe hi durch die der Strahl verläuft, den Weg des Strahls an. Man berechnet die Ableitung numerisch und summiert die optische Weglänge. Dann ist ein geeignetes Verfahren zu finden, das die hi so optimiert, dass l ein Minimum ergibt. ZR lm D 2

ZR r  r 2   n.r/dr D 2 2 dr D 1 C R R 2

0

0

4. Für alle Strahlen muss der Lichtweg ein Extremum darstellen. Dies ist nur möglich, wenn der Lichtweg für alle Strahlen konstant ist, also r1 Cr2 D konst, wenn r1 die Strecke vom Punkt A zum Spiegel und r2 die Strecke vom Punkt B zum Spiegel darstellt. Dies ist aber die Definition der Oberfläche einer Ellipse mit den beiden Brennpunkten A und B. 7 Kapitel 2 1. Normalen-Einheitsvektoren der drei Spiegelflächen: nEx , nEy und nEz Richtung des einfallenden Lichtstrahls: eE0 Richtung des Lichtstrahls i: eEi   nach Reflexion an Spiegel  eE1 D eE0  2E nx nEx  eE0 ; eE2 D eE1  2E ny nEy  eE1   eE3 D eE2  2E nz nEz  eE2        D eE1  2E ny nEy  eE1  2E ny nEy  eE1 nz nEz  eE1  2E        nx nEx  eE0  2E nx nEx  eE0 D eE0  2E ny nEy  eE0  2E         nx nE x  eE0  2E nx nEx  eE0  2E nz nEz  eE0  2E ny nEy  eE0  2E D E e0 2. Einfallswinkel relativ zum Lot auf die Tropfenoberfläche:  Brechungswinkel im Innern des Tropfens:  sin  D

1 sin  n

491 A2

Lösungen

Gesamtablenkung des Lichtstrahls: D 2  4 C  Mit

d d

D 0 findet man r 4  n2 )  D 59;4ı ) sin  D 3

D 2  4 C  D 138ı

Winkel relativ zur Richtung der Sonnenstrahlen: 180ı 

D 42ı

3. Winkel der Totalreflexion bei Wasser: tot D 48;6ı Länge der sichtbaren Trennleine: l D 2 m l ) d D 0;88 m 2d r   n2 4. • D ˛   C arcsin sin  nB2  sin2 ˛  cos  sin ˛ tan 48;6ı D

A

sin    I cos   1I sin ˛  ˛I nA D 1I nB D n  p  ı  ˛   C arcsin  n2  ˛  ˛  ˛   C  n  ˛ D .n  1/ 5. Winkel der Totalreflexion: ˛T Brechungsindex Faser: nF Brechungsindex Mantel: nM sin max D nF sin.90ı  ˛T / D nF cos ˛T D nF sin ˛T D 6.

q q 2 1  sin2 ˛T D n2F  nM ) max D 41;8ı

nF C nM R  rF ) R D rF D 2;3 mm R C rF nF  nM A

B

C

1 b

C

1 g

D

1 f

ergibt b D 8;4848 : : : cm. Abbildungsmaßstab:

B G

D

b g

D 1;06

492

A2

Lösungen

7. DKombination D D1 C D2   8. f10 D nD0 D nnL0  1 2r     nL 1 D0 nL 1 n0 1 C D D 1  fW nW nW r nW nW r   2 nnL0  1 f0 D 1;985f0 D 99 cm fW D nL 2 nW  1  nnW0 1 0 f C f  ffOku Obj Oku Obj A (2-Linsen-System mit d D fObj C fOku ). 9. Systemmatrix: MSys D @ fObj 0  fOku ! ! ! ! .fObj C fOku /˛in sout 0 0 , D MSyx  D . Strahl von entferntem Stern: fObj  fOku ˛in ˛out ˛in ˛in Sehwinkel ohne Teleskop: ˛in ; Sehwinkel mit Teleskop: ˛out . V D Siehe Gl. Gl. 2.137.

˛out ˛in

f

Obj D  fOku .

10. Systemmatrix für zwei dünne Linsen mit Tubuslänge d D 0: (siehe Bsp. 2.34) ! 1 0 MSys D D1  D2 1 Systemmatrix für drei brechenden Flächen, wobei die beiden äußeren, planen Flächen wegen R ! 1 ! 1 0 nicht beitragen (siehe Gl. Gl. 2.110) MSys D . nG n0 1 R Daraus folgt D D D1 C D2 D  nGRn0 . 11.

1 fges

D

1 f1

C

1 f2



d f1 f2

D

2 f



d f2

) d D 2f 

f2 fges

fges D 35 mm ) d D 29 mm fges D 210 mm ) d D 88 mm Nicht praktikabel, da bei Änderung der Brennweite der Fokus nachgestellt werden muss.   n 12. D D f1 D .n  1/ r11  r12 ) D D n1 D 1 D Bei Fraunhofer-Achromat ist die Brechkraft unabhängig von Wellenlänge: D1 D2 1 1 C D C D 0 ) f1 1 C f2 2 D 0

1

2 f1 1 f2 2  

2 f D 28;3 mm f1 D 1 

1

1 f2 D  f1 D 65;3 mm

2

D D

13. Winkelvergrößerung eines Teleskops: fObjektiv

0 D fOkular

fOkular 6 mm 1 2

0 D 3;84  108 m  d D rME D rME   D 1 km fObjektiv 700 mm 60 360

V D

14. D D

1 f

D

1 g

C

1 b

D

1 s0

C

1 sw

D

1 0;25 m



1 2m

D 3;5 m1

493 A2

Lösungen

7 Kapitel 3 1. Lichtstärke: IV D

ˆV 

D

ˆV 4 sin2

D

! 4

355 lm ı 4 sin2 . 364 /

Beleuchtungsstärke direkt unter Strahler: EV D Beleuchtungsstärke am Rand des Lichtkegels:  ı cos3 362 D 145 lx a) EV D 4.hˆ2VCd 2 / cos ' D dEV ˆV D dh 4

ˆV 4

D 1;15  103 cd ˆV A EV0

D

ˆV r 2 D IrV2

D

IV r2

D

cos ' D

1;15103 cd .2;6 m/2 I  V 2 h cos ! 2

D 171 lx  cos !2 D

1;15103 cd .2;6 m/2



h 3

.h2 Cd 2 / 2

2h2 3  3 2 .h2 C d 2 / 25 .h2 C d 2 / 2 1

! D0

1

EV D 4 

p ˆV ˆV 2 2 230:000 lm 2   32 D d 2  3p3 D .66;6 m/2  3p3 D 6;35 lx 2 4d 1 C1 2

b) Keine Korrektur auf Winkel, da das Licht so verteilt wird, dass die Beleuchtungsstärke konstant. Der gesamte Lichtstrom verteilt sich also gleichmäßig auf die Fläche des Spielfelds EV D 4 

ˆV 230:000 lm D 4 D 112 lx l b 110 m  75 m S r

A

cos 45ı

Spiegel 2. Bestrahlungsstärke des Holzes EE D eff Bronze ABrennfleck Strahlungsemissionsstärke bei Erreichen der Zündtemperatur

4 EE D TZünd

Aus Gründen der Energieerhaltung können beide gleichgesetzt werden 2  cos 45ı Seff  rBronze  dSpiegel 2 dBrennfleck

4 D TZünd

s dSpiegel D

4 TZünd  'Sonnef Seff  rBronze  cos 45ı

v u 4 u 5;67  108 mW 2 K4  .600 K/ Dt  9;3  103  100 m D 4 m 103 mW2  0;5  p12 3. Flächenbezogene Wärmeverlustleistung durch bei Stillstandstemperatur a  EE D "  T 4 C PV PV D a  EE  "  T 4 D 0;94  103 Wärmedurchgangskoeffizient D

640 mW2 PV W D D 2;6 2 T 242 K mK

W W W  0;06  5;67  108 2 4 .545 K/4 D 640 2 m2 m K m

494

A2 Lösungen

Wirkungsgrad ist flächenbezogene Nutzleistung durch Bestrahlungsstärke D D

a  EE  "  T 4    T PN D EE EE W 3W 4 0;94  10 m2  0;06  5;67  108 mW 2 K4 .343 K/  2;6 m2 K  60 K 103 mW2

D 74 %

4. Von der Sonne abgestrahlte Leistung gemäß Stefan-Boltzmann: PS D 4RS2 TS4 Von Planeten absorbierte Leistung: Pabs D

RP2  PS 2 4rSP

Vom Planeten emittierte Leistung: Pemi D 4RP2 TP4 Im thermischen Gleichgewicht: Pabs D Pemi ) TP4 D

RS2 1 TS4 ) TP / p 2 rSP 4rSP

Für die Erde ergibt sich: s TE D

s RS TS D 2 2rSE

6;96  108 m  5778 K D 278 K D 5 ı C 2  1;50  1011 m

Tatsächlich beträgt die Durchschnittstemperatur auf der Erde ca. 14ı C. Der Unterschied zur tatsächlichen Temperatur kommt zum einen vom Albedo, also der Reflektivität der Erde von ca. 0,3, der kühlend, und dem natürlichen Treibhauseffekt der Erdatmosphäre, der wärmend wirkt. Der vom Mensch zusätzlich erzeugte Treibhauseffekt liegt (noch) unter 1 ı C. 5. u .; T / d  D

8hc 5

1 hc

e kT 1

d

Das Maximum des Spektrums erhält man durch Ableiten und Nullsetzen: 40hc 1 1 hc 8hc hc d u .; T / D D0 C 2  e kT  2  hc hc d 6 5  kT e kT  1 e kT  1 1 hc hc kT 1  e  kT x D 5.1  e x / , x D 4;965 5D

max T D

6;63  1034 Js  3  108 ms 1 hc 1 D D 2;9  103 Km k 4;965 4;965 1;38  1023 KJ

495 A2

Lösungen

T=K

max =m

max

Strahlungsart

Mensch

310

9;4  106

9;4 m

Infrarot

Glühendes Eisen

1073

2;7  106

2;7 m

Infrarot

5778

7

500 nm

Sichtbares Licht

10

0,3 nm

Röntgenstrahlung

Sonne

5;0  10 2;9  10

7

10

Atombombe

7 Kapitel 4 1. Minimale Dicke ergibt sich für erstes Beugungsmaximum  dmin D p 4 n2  sin2 ˛ Mit  D 700 nm und n D 1;33 und ˛ D 30ı erhält man dmin D 0;15 m 2. Hauptmaxima haben Abstand x D

1 8

 5 cm D 0;625 cm

a sin max D n x tan max D D 633  109 m  1 m D D D 0;10 mm a x 0;00625 m Minima des Einzelspalts haben Abstand x 0 D

5 8

 5 cm D 3;125 cm

 z D D b D 633  109 m  1 m bD D D 20 m x 0 0;03125 m

min D

3. Rayleigh-Kriterium  D 1;22

 D

Zwei Punkte im Abstand d , aus der Entfernung a betrachtet: d  D 1;22 a D Die Vermischung erfolgt zunächst bei den roten und als letztes bei den violetten Farbpunkten. Es sollen alle Farben vermischt sein, also rechnet man für violettes Licht mit   400 nm aD

1 dD D 12 m 1;22 

496

A2 Lösungen

2  4. rk2 C f 2 D f C k 2 mit k D 0; 1; 2; 3; : : : s rk D



kf

1C

k 4f

 

p kf

Für  D 600 nm gilt rk D

p k  0;55 mm

Chromatische Aberration der Zonenplatte: DZ D

1 dDZ 1 k k D 2 ) D 2 D D 3;3  106 m2 f d f rk rk

Chromatische Aberration der Glaslinse: DG D .nG  1/

1 1 2 dDG d nG 2 d nG ) D D D 3;2  105 m2 R d d R d  nG  1 f

Die chromatische Aberration der Zonenplatte ist eine Größenordnung größer als die der Glaslinse. 5. Die maximal mögliche Verstellstrecke des Spiegels ist gleich der Kohärenzlänge l. Cadmium-Linie: l D

2 .643;8 nm/2 D D 0;32 m  0;0013 nm

Helium-Neon-Laser: l D c t D

c D

6.  D 2 d .nao  no / D dD

c

D



D

632;8 nm D 3;2 km 2  1010

 2

1  590 nm =4 4 D D 16;2 m nao  no 1;5534  1;5443

7. Die beiden Brillengläser bestehen aus einer =4-Folie und einer darauf folgenden Polarisationsfolie (von vorne gesehen). Für Licht von vorne wirken die Brillengläser als Analysatoren für zirkular polarisiertes Licht. Licht, das von hinten, also von den Augen aus die Brille durchläuft (erst Polarisationsfolie, dann =4-Folie), wird von den Brillengläsern in zirkular polarisiertes Licht umgewandelt. Dessen Polarisationsrichtung wird im Spiegel umgedreht. Licht vom zugekniffenen Auge wird in eine Richtung polarisiert, vom Spiegel gedreht und kann dann durch das Brillenglas des offenen Auges gehen, da dieses gerade die andere Polarisationsrichtung durchlässt. Licht vom offenen Auge wird hingegen nach Änderung der Polarisationsrichtung im Spiegel nicht mehr durch das vor ihm liegende Brillenglas gehen. Wenn man durch die Brille von vorne schaut, durchläuft das Licht, das von den Augen kommt, zunächst die =4-Folie und erst danach die Polarisationsfolie. Es wird also gar kein zirkular polarisiertes Licht erzeugt und der Effekt verschwindet. 8. V D

˛ BL

rad D 29 Tm

497 A2

Lösungen

7 Kapitel 5 1. E D nh D nhc  Mittlere Leistung: P D

1010  6;6  1034 Js  3  108 ms 1 E nhc D D  108 D 0;25 W 9 t  t 800  10 m s

Spitzenleistung: 1010  6;6  1034 Js  3  108 ms E nhc 1 PO D D D  D 25 kW t  t 800  109 m 100  1015 s 2. g1 B12 D g2 B21 I g1 D 2 ) Bind D 12 Babs dN3 D A31 N3  A32 N3  .N3  N1 /B31 uA  .N3  N2 /B32 uL dt dN2 .2/ D A32 N3  A21 N2  .N2  N1 /B21 uB C .N3  N2 /B32 uL dt dN1 D A31 N3 C A21 N2 C .N3  N1 /B31uA C .N2  N1 /B21 uB .3/ dt Man vernachlässigt alle Terme mit uB :

3. .1/

dN2 D 0 D A32 N3  A21 N2 C .N3  N2 /B32uL dt dN1 .2/ D 0 D A31 N3 C A21 N2 C .N3  N1 /B31uA dt .1/

Weiterhin gilt N1 C N2 C N3 D N . Damit eliminiert man N1 und erhält nach Division durch N : n3 D

A21 B31 uA C B31 uA B32 uL A21 A32 C A21 A31 C A32 B31 uA C 2A31 B21 uL C 2A32 B31 uA C 3B31 uA B21 uL

n2 D

A32 B31 uA C B31 uA B32 uL A21 A32 C A21 A31 C 2A21 B31 uA C A21 B32 uL C A31 B32 uL C A32 B31 uA C 3B31 uA B32 uL

Die Inversion ist dann .A21  A32 /B31 uA A21 A32 C A21 A31 C A32 B31 uA C 2A31 B21 uL C 2A32 B31 uA C 3B31 uA B21 uL  3 1  4. G D exp 10 cm  25 cm D 1;025 G.1  T / 1 ) T < 1  G1 D 0;024 D 2;4 % n3  n2 D

5. sin  D d ; d1 D 1 m; d2 D 6 m c D 0;5 GHz 6. •f D 2L Helium-Neon-Laser: f D 1;5  109 Hz D 1;5 GHz, d. h. ca. 3 Moden Titan-Saphir-Laser: f D 1;6  1014 Hz D 160 THz, d. h. ca. 300.000 Moden

7. I.!/ / E.!/2 D e !

22 t

De



!2 2 2!

) 2!2 D

1 2 t2

) !   t D

p 2 ln 2  0;4 x D 2 2 ln 2x ) t f D   0;4 f D 2 c D 3  1013 Hz ) t D D 13 fs  f

1 2

498

A3

Mathematische Einführung

Im Folgenden finden Sie eine kurze Darstellung einiger Funktionen, die wir benutzt haben. Weitere Details finden Sie in Mathematikbüchern, z. B.: 4 Christian B. Lang, C. B., und Norbert Pucker, Mathematische Methoden in der Physik, Spektrum Akademischer Verlag 4 George B. Arfken, Hans J. Weber und Frank E. Harris, Mathematical Methods for Physicists, Academic Press 4 Helmut Fischer und Helmut Kaul, Mathematik für Physiker 2, Teubner Verlag

A3.1 Gauß’sche Fehlerfunktion Die Gauß’sche Fehlerfunktion hat eine wichtige Bedeutung in der Statistik. Wir sind bei der Berechnung des Integrals in Gl. 4.123 auf sie gestoßen. Wir wollen Ihnen hier noch ein wenig Hintergrundinformation zu dieser Funktion liefern. Die Gauß’sche Fehlerfunktion erf.x/ wird üblicherweise über das folgende Integral definiert: 2 erf.x/ D p 

Zx

e t dt 2

(A3.1)

0

Eine Darstellung der Funktion als Reihe erhalten wir, indem wir den Integranden durch seine Reihe ausdrücken: 2 erf.x/ D p 

Zx X 1 0

nD0

.t 2 /n dt nŠ

(A3.2)

Da das Integral existiert und endlich ist und die Reihe für alle Werte von t konvergiert, dürfen wir die Reihenfolge von Summation und Integration vertauschen. Wir erhalten 1 Z 2 X .t 2 /n dt erf.x/ D p nŠ  nD0 x

0

Zx 1 2 X .1/n D p t 2n dt  nD0 nŠ 0

ˇx 1 1 2 X .1/n t 2nC1 ˇˇ 2 X .1/n D p D p x 2nC1 : ˇ  nD0 nŠ 2n C 1 0  nD0 .2n C 1/nŠ

(A3.3)

Der Graph der Gauß’schen Fehlerfunktion ist in . Abb. A3.1 dargestellt. Bei x D 0 hat die Funktion eine Nullstelle, wie man direkt am Integral in Gl. A3.2 erkennen kann. Die Funktion ist antisymmetrisch p zum Ursprung, d. h. erf.x/ D erf.x/. Der Vorfaktor 2=  ist so gewählt, dass sich der Graph für x ! ˙1 den Werten ˙1 asymptotisch nähert.

499 A3.1  Gauß’sche Fehlerfunktion

. Abb. A3.1 Gauß’sche Fehlerfunktion

. Abb. A3.2 Die Normalverteilung zum Mittelwert null und zur Breite  D 1

Manchmal benutzt man auch die komplementäre oder konjugiert Fehlerfunktion erfc.x/. Sie ist definiert als 2 erf.x/ D p 

Z1

e t dt: 2

(A3.4)

x

Offensichtlich gilt erfc.x/ D 1  erf.x/:

(A3.5)

Führen wir ein Experiment durch, so werden die Messwerte, die wir aufzeichnen, um einen Mittelwert streuen. In vielen Fällen können wir davon ausgehen, dass sie Gaußisch streuen, d. h., die Wahrscheinlichkeitsdichte folgt einer Normalverteilung. Für eine Messung mit Mittelwert null und Standardabweichung  lautet diese: p.x/ D p

1 2

e



x2 2 2

(A3.6)

In . Abb. A3.2 ist die Wahrscheinlichkeitsdichte skizziert. Manchmal interessieren wir uns für die Frage, wie wahrscheinlich es ist, dass eine Messung einen Messwert liefert, der um mehr als eine Größe x0 vom Mittelwert abweicht. In . Abb. A3.2 haben wir die Fläche oberhalb von x0 D 1;8 blau schattiert. Diese Fläche gibt an, wie groß die Wahrscheinlichkeit ist, einen Messwert oberhalb von 1,8 zu messen. Sie

500

A3

Mathematische Einführung

berechnet sich als 1

P .x > x0 / D p 2

Z1 e



x2 2 2

dx D

x0

  x0 = 1 1 :  erf p 2 2 2

(A3.7)

Diese Anwendung mag erklären, warum die Funktion den Namen Fehlerfunktion trägt.

A3.2 Bessel-Funktionen Die Bessel’sche Differenzialgleichung lautet: x2

d2 d Jn .x/ C x Jn .x/ C .x 2  n2 / Jn .x/ D 0 dx 2 dx

(A3.8)

mit einer ganzen Zahl n. Die Lösung der Differenzialgleichung lässt sich mit der sogenannten FrobeniusMethode bestimmen, auf die wir hier allerdings nicht eingehen wollen. Die Lösung kann als Potenzreihe geschrieben werden: Jn .x/ D Jn .x/ D

1 X sD0 1 X sD0

.1/s  x nC2s sŠ.n C s/Š 2

n 0

.1/sCn  x nC2s D .1/n Jn .x/ sŠ.n C s/Š 2

n