Mietrecht: Kommentar zu den mietrechtlichen Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches und zum Zweiten Wohnraumkündigungsschutzgesetz [Reprint 2020 ed.] 9783112315989, 9783112304716

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Mietrecht: Kommentar zu den mietrechtlichen Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches und zum Zweiten Wohnraumkündigungsschutzgesetz [Reprint 2020 ed.]
 9783112315989, 9783112304716

Table of contents :
Inhaltsübersicht
Vorwort
Abkürzungsverzeichnis
Bürgerliches Gesetzbuch
Vorbemerkungen zu §§ 535, 536
§ 535, § 536
Vorbemerkungen zu §§ 537
§ 537
§ 538
§ 539
§ 540
§ 541
§ 541a
§ 542
§ 543
§ 544
§ 545
§ 546
§ 547
§ 547a
§ 548
§ 549
§ 550
§ 550a
§ 551
§ 552
§ 552a
§ 553
§ 554
§ 554a
§ 554b
§ 555
§ 556
§ 556a
§ 556b
§ 556c
§ 557
§ 557a
§ 558
§ 559
§ 560
§ 561
§ 562
§ 563
§ 564
§ 564a
§ 564b
§ 565
§ 565a
§ 565b
§ 565c
§ 565d
§ 565e
§ 566
§ 567
§ 568
§ 569
§ 569a
§ 569b
§ 570
§ 570a
§ 571
§ 572
§ 573
§ 574
§ 575
§ 576
§ 577
§ 578
§ 579
§ 580
§ 580a
Zweites Gesetz über den Kündigungsschutz für Mietverhältnisse über Wohnraum (Zweites Wohnraumkündigungsschutzgesetz - 2. WKSchG)
Sachregister

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Emmerich • Sonnenschein Mietrecht

Sonderausgabe der §§ 535-580 a BGB aus J. von Staudingers Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch mit Einführungsgesetz und Nebengesetzen 12., neubearbeitete Auflage ergänzt um das 2. WKSchG

Mietrecht Kommentar zu den mietrechtHchen Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches und zum Zweiten Wohnraumkündigungsschutzgesetz

Von

Dr. Volker Emmerich o. Professor an der Universität Bielefeld Richter am Oberlandesgericht Hamm

und

Dr. Jürgen Sonnenschein o. Professor an der Universität Kiel

1979

J. Schweitzer Verlag • Berlin

Aufteilung der Bearbeitung §§ 5 3 5 - 5 5 5

VOLKER EMMERICH

§§ 556-557 a

J Ü R G E N SONNENSCHEIN

§§ 558-563

VOLKER EMMERICH

§§ 564-565 e

J Ü R G E N SONNENSCHEIN

§§ 566-568

VOLKER EMMERICH

§§ 569-569 b JÜRGEN §§ 570-580 a VOLKER Art 2 2. WKSchG JÜRGEN Art 3 2 . WKSchG §§ 1 - 3 MHRG V O L K E R Art 3 2. WKSchG §§ 4-10 MHRG, Art 4 - 8 2 . WKSchG JÜRGEN

SONNENSCHEIN EMMERICH SONNENSCHEIN EMMERICH SONNENSCHEIN

Die Kommentierung der §§ 535-580 a entspricht der Kommentierung der §§ 535-580 a in J. von Staudingers Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch (12. Auflage). Die Kommentierung des 2. WKSchG ist nur in dieser Sonderausgabe enthalten. Zitierweise EMMERICH-SONNENSCHEIN, EMMERICH-SONNENSCHEIN, EMMERICH-SONNENSCHEIN, EMMERICH-SONNENSCHEIN,

Mietrecht, Mietrecht, Mietrecht, Mietrecht,

Vorbem 1 zu §§ 5 3 5 , §§ 5 3 5 , 5 3 6 Rz 1 Art 2 WKSchG Rz 1 § 1 MHRG Rz 1

536

Stand der Bearbeitung §§ 535-580 a: März 1978 2. WKSchG: Juli 1978

CIP-Kurztitelaufnahme der Deutschen Bibliothek Emmerich, Volker: Mietrecht: Kommentar zu d. mietrechtl. Vorschriften d. Bürgerlichen Gesetzbuches u. zum Zweiten Wohnraumkündigungsschutzgesetz / von Volker Emmerich u. Jürgen Sonnenschein. Sonderausg. - Berlin: Schweitzer, 1979. Aus: J. von Staudingers Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch. ISBN 3-8059-0522-X NE: Sonnenschein, Jürgen:

© 1978 by J. Schweitzer Verlag, Berlin. Alle Rechte, insbesondere das Recht der Vervielfältigung und Verbreitung sowie der Übersetzung, vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Photokopie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden. - Printed in Germany. Satz und Druck: Georg Wagner, Nördlingen. - Bindearbeiten: Lüderitz & Bauer, Buchgewerbe GmbH, Berlin. - Umschlaggestaltung: Bib Wies, München.

Inhaltsübersicht Vorwort

Seite* VII

Abkürzungsverzeichnis

VIII

Bürgerliches Gesetzbuch §§ 535-580 a

637

Zweites Gesetz über den Kündigungsschutz für Mietverhältnisse über Wohnraum (Zweites Wohnraumkündigungsschutzgesetz) 1293 Sachregister

1445

* Es handelt sich um eine Hilfspaginierung, die mit der für J. von Staudingers Kommentar zum BGB identischen Seitenzahl 637 beginnt. Zitiert wird nicht nach Seiten, sondern nach Randziffern.

Vorwort Dieses Buch enthält mit der Kommentierung der §§ 535 bis 580 a BGB sowie des Zweiten Wohnraumkündigungsschutzgesetzes eine Gesamtdarstellung des geltenden Mietprivatrechts. Verzichtet wurde hingegen auf eine Darstellung des über viele Sondergesetze verstreuten Mietpreisrechts, das zunehmend an Bedeutung verliert. Die Kommentierung der §§ 535 bis 580 a BGB ist unverändert aus der unlängst erschienenen 12. Auflage von J. von Staudingers Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch übernommen worden und befindet sich dementsprechend im wesentlichen auf dem Stand vom März 1978. Hinzugefügt wurde eine eingehende Kommentierung des Zweiten Wohnraumkündigungsschutzgesetzes, deren Aufnahme in den STAUDINGER wegen möglicher Reformen dieses Gesetzes nicht in Betracht kam. Die Arbeit an diesem Teil des Buches haben wir im Sommer 1978 abgeschlossen, so daß auch die weitreichenden Änderungen durch das Modernisierungs- und Energieeinsparungsgesetz vom 27. Juni 1978 noch berücksichtigt werden konnten. Wie jeder Kommentar wendet sich auch das vorliegende Buch in erster Linie an die Praxis. Wir haben uns deshalb vor allem um eine möglichst lückenlose Erfassung der ausufernden Rechtsprechung bemüht. Darüber hinaus waren wir aber bestrebt, die übergreifenden systematischen Zusammenhänge herauszuarbeiten und das Mietrecht (wieder) als das erscheinen zu lassen, was es ist, nämlich als Teil unseres allgemeinen, auf Privatautonomie, Privateigentum und Wettbewerbsfreiheit aufgebauten Privatrechts. Daher haben wir uns auch nirgends gescheut, auf die Gefährlichkeit bestimmter mietrechtlicher Sonder- oder besser: Fehlentwicklungen hinzuweisen. Wir hoffen, damit auch einen Beitrag zu der nicht abreißenden Diskussion über die Reform des Mietrechts geleistet zu haben. Gerade deshalb sind wir für Kritik und Anregungen jederzeit dankbar. Bielefeld und Kiel, im September 1978

V O L K E R EMMERICH, JÜRGEN SONNENSCHEIN

Abkürzungsverzeichnis A aaO AB AbbauG ABGB

am angegebenen Ort Ausführungsbestimmungen zum . . . (zusätzlich zur Abkürzung des betreffenden Gesetzes) Gesetz über den Abbau der Wohnungszwangswirtschaft und über ein soziales Miet- und Wohnrecht vom 23. 6. 1960 (BGBl I 389, BGBl III 4 Nr 402-24) (österreichisches) Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch vom 1. 6. 1811

abl ABl Abs Abschn AbzG AcP ADHGB aE And ÄndG aF AFG AG AGB AGBG AGBGB AIZ AkDR AKG

AktG ALB allgM ALR Alt aM AMVO AnfG Anh Anl Anm AnnSächsOLG AnwBl AO

ablehnend Amtsblatt Absatz Abschnitt Gesetz betreffend die Abzahlungsgeschäfte (Abzahlungsgesetz) vom 16. 5. 1894 (RGBl 450, BGBl III 4 Nr 402-2) Archiv für die civilistische Praxis (zitiert nach Band und Seite) Allgemeines Deutsches Handelsgesetzbuch vom 16./22. 4. 1861 am Ende Änderung Änderungsgesetz (zum jeweils datierten Regelungskomplex) alte Fassung Arbeitsförderungsgesetz vom 25. 6. 1969 (BGBl I 582) Amtsgericht (zitiert mit jeweiligem Ortsnamen); Aktiengesellschaft; in Verbindung mit einer Gesetzesabkürzung auch Ausführungsgesetz (zB AGBGB) Allgemeine Geschäftsbedingungen Gesetz zur Regelung des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen vom 9. 12. 1976 (BGBl I 3317) Ausführungsgesetz zum BGB Allgemeine Immobilien-Zeitung (seit 1967; zitiert nach Jahr und Seite) Akademie für Deutsches Recht Gesetz zur allgemeinen Regelung der durch den Krieg und den Zusammenbruch des Deutschen Reiches entstandenen Schäden (Allgemeines Kriegsfolgengesetz) vom 5. 11. 1957 (BGBl I 1747, BGBl III 6 Nr 653-1) Aktiengesetz vom 6. 9. 1965 (BGBl I 1089) Allgemeine Lebensversicherungsbedingungen; Allgemeine Lagerbedingungen des deutschen Möbeltransportes allgemeine Meinung Allgemeines Landrecht für die preußischen Staaten von 1794 Alternative anderer Meinung Altbaumietenverordnung vom 23. 7. 1958 (BGBl 1549, BGBl III 4 Nr 402-21) Gesetz betreffend die Anfechtung von Rechtshandlungen außerhalb des Konkursverfahrens vom 20. 5. 1898 (RGBl 709, BGBl III 3 Nr 311-5) Anhang Anlage Anmerkung Annalen des (Kgl) Sächsischen Oberlandesgerichts zu Dresden (zitiert nach Band und Seite) Anwaltsblatt, Nachrichten für die Mitglieder des Deutschen Anwaltvereins (zitiert nach Jahr und Seite) Abgabenordnung vom 16. 3. 1976 (BGBl I 613) (VIII)

Abkürzungsverzeichnis AöR AOK AP ArbG ArbGG ArchBürgR arg ARSP Art AT Aufl AufwG AuR Ausf ausf AVAVG

AVB AVG AVO AWD AWG Az B BAG BAGE BankArch BAnz BauNVO Bay BayNotZ BayObLG BayObLGSt BayObLGZ BayVGH BayVGHE BayVGHE(nF)

(IX)

Archiv des öffentlichen Rechts (zitiert nach Band und Seite) Allgemeine Ortskrankenkasse Nachschlagewerk des Bundesarbeitsgerichts - Arbeitsrechtliche Praxis - (zitiert nach Entscheidungsnummer, Gesetzesstelle und Stichwort) Arbeitsgericht Arbeitsgerichtsgesetz vom 3. 9. 1953 (BGBl 1 1267, B G B l III 3 Nr 3 2 0 - 1 ) Archiv für bürgerliches Recht (zitiert nach Band und Seite) argumentum ( = folgt aus) Archiv für Rechts- und Sozialphilosophie (zitiert nach Jahr und Seite) Artikel Allgemeiner Teil Auflage Gesetz über die Aufwertung von Hypotheken und anderen Ansprüchen (Aufwertungsgesetz) vom 16. 7. 1925 (RGBl I 117) Arbeit und Recht (zitiert nach Jahr und Seite) Ausführung ausführlich Gesetz über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung vom 16. 7. 1927 (RGBl I 187) idF vom 3. 4. 1957 (BGBl I 321, B G B l III 8 Nr 8 1 0 - 1 ) ; aufgehoben durch § 249 Nr 1 AFG Allgemeine Versicherungsbedingungen Angestelltenversicherungsgesetz vom 28. 5. 1924 (RGBl I 563, B G B l III 8 Nr 8 2 1 - 1 ) Ausführungsverordnung s RiW/AWD Außenwirtschaftsgesetz vom 28. 4. 1961 (BGBl I 481, B G B l III 7 Nr 7 4 0 0 - 1 ) Aktenzeichen

Bundesarbeitsgericht Amtliche Sammlung der Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts (zitiert nach Band und Seite) Bankarchiv, Zeitschrift für Bank- und Börsenwesen (zitiert nach Jahr und Seite) Bundesanzeiger Verordnung über die bauliche Nutzung der Grundstücke (Baunutzungsverordnung) idF vom 15. 9. 1977 (BGBl 11763) Bayern Mitteilungen des Bayerischen Notarvereins (Bayerische Notarzeitschrift, zitiert nach Jahr und Seite) Bayerisches Oberstes Landesgericht Amtliche Sammlung der Entscheidungen des Bayerischen Obersten Landesgerichts in Strafsachen (zitiert nach Band und Seite; ab 1949 zitiert nach Jahr und Seite) Amtliche Sammlung der Entscheidungen des Bayerischen Obersten Landesgerichts in Zivilsachen (zitiert nach Band und Seite; ab 1950 zitiert nach Jahr und Seite) Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Amtliche Sammlung der Entscheidungen des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes (zitiert nach Band und Seite) Amtliche Sammlung der Entscheidungen des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs mit Entscheidungen des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs (ab 1951), des Bayerischen Dienst-

Abkürzungsverzeichnis

BayZ . BB . . BBauBl BBauG Bd . . bearb . Bearb . BEG .

Begr Beil Bek Bekl Bern betr BetrAVG Betrieb BetrVerfG BeurkG BFH BFHE BFStrG BG BGB BGBl I; II; III BGE BGH BGHSt BGH WarnR BGHZ BImSchG BJagdG B1GBW BM BMietG (jeweils mit entsprechender Ordnungsziffer) . . . .

strafhofes und des Bayerischen Gerichtshofes für Kompetenzkonflikte, neue Folge (zitiert nach Band und Seite) Zeitschrift für Rechtspflege in Bayern (zitiert nach Jahr und Seite) Betriebs-Berater (zitiert nach Jahr und Seite) Bundesbaublatt (zitiert nach Jahr und Seite) Bundesbaugesetz idF vom 18. 8. 1976 (BGBl I 2256) Band bearbeitet Bearbeitung Bundesgesetz zur Entschädigung für Opfer der nationalsozialistischen Verfolgung (Bundesentschädigungsgesetz) vom 29. 6. 1956 (BGBl I 559, 562, BGBl III 2 Nr 251-1) Begründung Beilage Bekanntmachung Beklagte(r) Bemerkungen betreffend Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung vom 19. 12. 1974 (BGBl I 3610) Der Betrieb (zitiert nach Jahr und Seite) Betriebsverfassungsgesetz vom 15. 1. 1972 (BGBl I 13) Beurkundungsgesetz vom 28. 8. 1969 (BGBl I 1513) Bundesfinanzhof Amtliche Sammlung der Entscheidungen (und Gutachten) des Bundesfinanzhofs (zitiert nach Band und Seite) Bundesfernstraßengesetz idF vom 1. 10. 1974 (BGBl I 2413) (Schweizerisches) Bundesgericht Bürgerliches Gesetzbuch vom 18. 8. 1896 (RGBl 195, BGBl III Nr 400-2) Bundesgesetzblatt Teil I; II; III Amtliche Sammlung der Entscheidungen des schweizerischen Bundesgerichts (zitiert nach Jahrgang, Teil und Seite) Bundesgerichtshof Amtliche Sammlung der Entscheidungen des Bundesgerichtshofes in Strafsachen (zitiert nach Band und Seite) W A R N E Y E R , Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen (zitiert nach Jahr und Nr) Amtliche Sammlung der Entscheidungen des Bundesgerichtshofes in Zivilsachen (zitiert nach Band und Seite) Bundesimmissionsschutzgesetz vom 15. 3. 1974 (BGBl I 721, 1193) Bundesjagdgesetz idF vom 29. 9. 1976 (BGBl I 2849) Blätter für Grundstücks-, Bau- und Wohnungsrecht (zitiert nach Jahr und Seite) Bundesminister, Bundesministerium (mit Kürzel für das jeweilige Ressort) Gesetz über Maßnahmen auf dem Gebiete des Mietpreisrechtes (Bundesmietengesetz): BMietG I vom 27. 7. 1955 (BGBl I 458, BGBl III 4 Nr 402-19); BMietG II vom 23. 6. 1960 (BGBl I 389, BGBl III 4 Nr 402-24); BMietG III vom 24. 8. 1965 (BGBl I 969, 971); BMietG IV vom 11. 12. 1967 (BGBl I 1251); BMietG V vom 2 0 . 1 2 . 1 9 6 8 (BGBl I 1411); BMietG VI vom 19. 12. 1969 (BGBl I 2358); BMietG VII vom 18. 6. 1970 (BGBl I 786); BMietG VIII vom 30. 10.1972 (BGBl 12052); BMietG IX vom 30. 10. 1972 (BGBl I 2054); BMietG X vom 17. 11. 1975 (BGBl I 2868) (X)

Abkürzungsverzeichnis BNotO

bzw

Bundesnotarordnung vom 24. 2. 1961 (BGBl I 98, BGBl III 3 Nr 303-1) Die Praxis des Reichsgerichts in Zivilsachen, bearbeitet von B O L Z E (zitiert nach Band und Nr) Bundesrat Bundesrechtsanwaltsordnung vom 1. 8. 1959 (BGBl I 565, BGBl III 3 Nr 308-8) Zeitschrift für Rechtspflege im Herzogt(h)ume Braunschweig; ab 1919: Braunschweigische Zeitung für Rechtspflege (zitiert nach Jahr und Seite) Bundesrats-Drucksache Bundesregierung Bereinigte Sammlung (zitiert in Verbindung mit einem Bundesland) Bundessozialgericht Amtliche Sammlung der Entscheidungen des Bundessozialgerichtes (zitiert nach Band und Seite) Bundessozialhilfegesetz idF vom 13. 2. 1976 (BGBl I 289) Bundessteuerblatt Teil I; II; III Besonderer Teil; Bundestag Bundestags-Drucksache Bundesverfassungsgericht Amtliche Sammlung der Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts (zitiert nach Band und Seite) Gesetz über das Bundesverfassungsgericht idF vom 3. 2. 1971 (BGBl I 105) Bundesverwaltungsgericht Amtliche Sammlung der Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts (zitiert nach Band und Seite) Verordnung über wohnungswirtschaftliche Berechnungen (Zweite Berechnungsverordnung) idF vom 21. 2. 1975 (BGBl I 569) Baden-Württemberg Zeitschrift für das Notariat in Baden-Württemberg (seit 1955; zitiert nach Jahr und Seite) beziehungsweise

C C ca cc cic

Codex circa code civil culpa in contrahendo

Bolze BR BRAO BraunschwZ

BR-Drucks BReg BS BSG BSGE BSHG BStBl I; II; III BT BT-Drucks BVerfG BVerfGE BVerfGG BVerwG BVerwGE II. BVO BW BWNotZ

D D DAR DEMV Denkschr ders dgl DGVZ DGWR dh (XI)

Digesten Deutsches Autorecht (seit 1956 vereinigt mit „Das Recht des Kraftfahrers"; zitiert nach Jahr und Seite) Deutscher Einheitsmietvertrag in der Bekanntmachung vom 7. 3. 1934 (DJ 1934, 304) Denkschrift; Denkschrift zu dem Entwürfe eines BGB (zitiert nach Band und Seite) derselbe desgleichen; dergleichen Deutsche Gerichtsvollzieher-Zeitung (zitiert nach Jahr und Seite) Deutsches Gemein- und Wirtschaftsrecht (zitiert nach Jahr und Seite) das heißt

Abkürzungsverzeichnis Die AG Diss DJ DJT DJZ DNotZ(DNotV) DÖV DR (DRW) DRiG DRiZ DRpfl DRpflZ DRspr DRWiss DRZ DStR DStZ (A, B) dt DVB1 DVO DWohnA DWW (DWohnW) E E I ; II; III EG EGBGB EGKS EheG 1. EheRG Einf Einl einschl EKG ElsLothrZ EMV EMW entspr Entw EnWiG

Die Aktiengesellschaft. Zeitschrift für das gesamte Aktienwesen (zitiert nach Jahr und Seite) Dissertation Deutsche Justiz (zitiert nach Jahr und Seite) Deutscher Juristentag Deutsche Juristenzeitung (zitiert nach Jahr und Spalte) Deutsche Notarzeitschrift (früher Zeitschrift des Deutschen Notarvereins; zitiert nach Band und Seite) Die öffentliche Verwaltung (zitiert nach Jahr und Seite) Deutsches Recht (seit 1939 Wochenausgabe, vereinigt mit Juristischer Wochenschrift; zitiert nach Jahr und Seite) Deutsches Richtergesetz idF vom 19. 4. 1972 (BGBl I 713) Deutsche Richterzeitung (ab 1950 vereinigt mit Justiz und Verwaltung; zitiert nach Jahr und Seite) Deutsche Rechtspflege (bis 1939; zitiert nach Jahr und Seite) Deutsche Rechtspflegerzeitschrift (zitiert nach Jahr und Seite) Deutsche Rechtsprechung. Entscheidungssammlung und Aufsatzhinweise (zitiert nach Leitzahl und Blatt) Deutsche Rechtswissenschaft (zitiert nach Jahr und Seite) Deutsche Rechtszeitschrift (von 1946 bis 1951; zitiert nach Jahr und Seite) Deutsches Steuerrecht (zitiert nach Jahr und Seite) Deutsche Steuerzeitung (seit 1948 geteilt in Ausgabe A und B; zitiert nach Ausgabe, Jahr und Seite) deutsch (e, r) Deutsches Verwaltungsblatt (seit 1950; zitiert nach Jahr und Seite) Durchführungsverordnung (zum jeweiligen Regelungskomplex, abgekürzt zitiert) Deutsches Wohnungsarchiv (zitiert nach Jahr und Seite) Deutsche Wohnungswirtschaft, Organ des Zentralverbandes der Deutschen Haus-, Wohnungs- und Grundeigentümer (zitiert nach Jahr und Seite) Entwürfe zum BGB (zitiert mit dem jeweiligen Paragraph) Einführungsgesetz (zu einem unter seiner Abkürzung anschließend zitierten Gesetz) zB EGBGB Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch vom 18. 8. 1896 (RGBl 604, BGBl III 4 Nr 400-1) Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl (Montanunion) Ehegesetz vom 20. 2. 1946 ( KRAB1 77, BGBl III 4 Nr 404-1) Erstes Gesetz zur Reform des Ehe- und Familienrechts vom 14. 6. 1976 (BGBl I 1421) Einführung Einleitung einschließlich Einheitliches Gesetz über den internationalen Kauf beweglicher Sachen vom 17. 7. 1973 (BGBl I 868) Juristische Zeitschrift für (das Reichsland) Elsaß-Lothringen (zitiert nach Jahr und Seite) Einheitsmietvertrag für Baugeräte in der Bekanntmachung vom 6. 6. 1940 (RAnz Nr 132) s Glaser entsprechend Entwurf Gesetz zur Förderung der Energiewirtschaft (Energiewirtschaftsgesetz) vom 13. 12. 1935 (RGBl I 1451) (XII)

Abkürzungsverzeichnis ErbbVO (ErbbRVO) Erg Erl erw ES EStG EuGH EuGHE EuR eV evtl EVU EWG EWGV F FamRZ FAZ FG FGG FinA FinG Fn FO FS FWW G G GBA GBl GBO GBVfG GebrMG Gedschr gern GemR GemWW GenG GeschmMG GesE GewArch (XIII)

Verordnung über das Erbbaurecht (Erbbaurechtsverordnung) vom 15. 1. 1919 (RGBl 72, BGBl III 4 Nr 403-6) Ergänzung Erlaß; Erläuterungen erweitert (e, r) Entscheidungssammlung Einkommensteuergesetz idF vom 5. 12. 1977 (BGBl I 2365) Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften Amtliche Sammlung der Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften (zitiert nach Band und Seite) Europarecht (zitiert nach Jahr und Seite) eingetragener Verein eventuell Energieversorgungsunternehmen Europäische Wirtschaftsgemeinschaft Vertrag zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft vom 25. 3. 1957 (BGBl II 766) Ehe und Familie im privaten und öffentlichen Recht, Zeitschrift für das gesamte Familienrecht (zitiert nach Jahr und Seite) Frankfurter Allgemeine Zeitung (zitiert nach Datum und Seite) Festgabe Gesetz über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit vom 17. 5. 1898 (RGBl 189, BGBl III 3 Nr 315-1) Finanzamt Finanzgericht Fußnote Fernmeldeordnung idF vom 5. 5. 1971 (BGBl I 543) Festschrift Die freie Wohnungswirtschaft (zitiert nach Jahr und Seite) Gesetz Grundbuchamt Gesetzblatt Grundbuchordnung idF vom 5. 8. 1935 (RGBl I 1073, BGBl III 3 Nr 315-11) Allgemeine Verfügung über die Einrichtung und Führung des Grundbuches (Grundbuchverfügung) vom 8. 8. 1935 (RMB1 637) Gebrauchsmustergesetz idF vom 2. 1. 1968 (BGBl 124, BGBl III 4 Nr 421-1) Gedächtnisschrift; Gedenkschrift gemäß; gemeinsam Gemeines Recht Gemeinnütziges Wohnungswesen (vor 1950 Gemeinnützige Wohnungswirtschaft; zitiert nach Jahr und Seite) Gesetz betreffend die Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaf ten idF der Bekanntmachung vom 20. 5.1898 (RGBl 810, BGBl III 4 Nr 4125-1) Gesetz über das Urheberrecht an Mustern und Modellen (Geschmacksmustergesetz) vom 11. 1. 1876 (RGBl 11, BGBl III 4 Nr 442-1) Gesetzentwurf Gewerbearchiv (zitiert nach Jahr und Seite)

Abkürzungsverzeichnis GewO GewStG GG ggf GKG Glaser GmbH GmbHG GmbH-Rdsch GMB1

GmS-OBG GO GoA GrdstVG

GrdstW GrEStG GRMG

GrStG Gruchot GrünhutsZ GrundE GRUR GRUR IntT GS GVB1 GVG GWB H H HannRpfl HansGZ HansOLG HansRGZ

Gewerbeordnung idF vom 1. 1. 1978 (BGBl I 97) Gewerbesteuergesetz idF vom 24. 3. 1977 (BGBl I 484) Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland vom 23. 5. 1949 (BGBl 1, BGBl III 1 Nr 100-1) gegebenenfalls Gerichtskostengesetz idF vom 15. 12. 1975 (BGBl I 3047) Entscheidungssammlung für das gesamte Miet- und Wohnungsrecht, hrsg von G L A S E R (zitiert nach Sachgruppe und Seite) Gesellschaft mit beschränkter Haftung Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung vom 20. 4. 1892 (RGBl 477, BGBl III 4 Nr 4123-1) GmbH-Rundschau mit Sonderfragen der GmbH & Co (zitiert nach Jahr und Seite) Gemeinsames Ministerialblatt der Bundesministerien des Innern, für Vertriebene, Wohnungsbau, gesamtdeutsche Fragen und Angelegenheiten des Bundesrates (zitiert nach Jahr und Seite) Gemeinsamer Senat der obersten Gerichte des Bundes Gemeindeordnung Geschäftsführung ohne Auftrag Gesetz über Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur und zur Sicherung land- und forstwirtschaftlicher Betriebe (Grundstücksverkehrsgesetz) vom 28. 7. 1961 (BGBl I 1091, BGBl III 7 Nr 7810-1) Die Grundstückswarte (zitiert nach Jahr und Seite) Grunderwerbsteuergesetz vom 29. 3. 1940 (RGBl I 585) Gesetz zur Regelung der Miet- und Pachtverhältnisse über Geschäftsräume und gewerblich genutzte unbebaute Grundstücke (Geschäftsraummietengesetz) vom 25. 6. 1952 (BGBl I 338, BGBl III 4 Nr 402-18) Grundsteuergesetz idF vom 7. 8. 1973 (BGBl I 965) Beiträge zur Erläuterung des Deutschen Rechts, begründet von G R U C H O T (zitiert nach Band und Seite) Zeitschrift für das private und öffentliche Recht der Gegenwart, begründet von G R Ü N H U T (zitiert nach Band und Seite) Das Grundeigentum (zitiert nach Jahr und Seite) Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht (zitiert nach Jahr und Seite) Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht, Internationaler Teil (zitiert nach Jahr und Seite) Großer Senat (kennzeichnet im Anschluß an den Kürzel für das Reichsgericht oder ein Bundesgericht seine Urheberschaft für die Entscheidung); Preußische Gesetzsammlung Gesetz- und Verordnungsblatt (mit Kürzel des jeweiligen [Bundes-JStaates) Gerichtsverfassungsgesetz idF vom 9. 5. 1975 (BGBl I 1077) Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen idF vom 4 . 4 . 1974 (BGBl I 869)

Heft Hannoversche Rechtspflege (bis 1. 7. 1947, dann Niedersächsische Rechtspflege; zitiert nach Jahr und Seite) Hanseatische Gerichtszeitung (bis 1927; zitiert nach Band und Seite) Hanseatisches Oberlandesgericht Hanseatische Rechts- und Gerichtszeitschrift (seit 1928; zitiert nach Jahr und Seite) (XIV)

Abkürzungsverzeichnis HdwO HeimG HessRspr HEZ HFR HGA HGB hL hM HMR HöfeO HRR hrsg Hrsg HS HuW I idF idR iE insbes IPR IPRspr iS iVm J JA JbAkDR JB1 jF JFG

Jg Jh JherJb JMB1 JR JurA JurBüro JurJb JuS JustABIBW (Justiz) (XV)

Gesetz zur Ordnung des Handwerks (Handwerksordnung) idF vom 28. 12. 1965 (BGBl 1966 I 1, BGBl III 7 Nr 7110-1) Gesetz über Altenheime, Altenwohnheime und Pflegeheime für Volljährige vom 7. 8.1974 (BGBl I 1873) Hessische Rechtsprechung (zitiert nach Jahr und Seite) Höchstrichterliche Entscheidungen. Sammlung von Entscheidungen der Oberlandesgerichte und der obersten Gerichte in Zivilsachen (zitiert nach Band und Seite) Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung (zitiert nach Jahr und Seite) Hypothekengewinnabgabe Handelsgesetzbuch vom 10. 5. 1897 (RGBl 219, BGBl III 4 Nr 4100-1) herrschende Lehre herrschende Meinung Handbuch des gesamten Miet- und Raumrechts, hrsg von FISCHER (bis 1 9 5 2 ; zitiert nach Jahr und Seite) Höfeordnung idF vom 26. 7. 1976 (BGBl I 1933) Höchstrichterliche Rechtsprechung (zitiert nach Jahr und Nr) herausgegeben Herausgeber Halbsatz Haus und Wohnung (bis 1957; zitiert nach Jahr und Seite) in der Fassung in der Regel im Ergebnis insbesondere Internationales Privatrecht Die deutsche Rechtsprechung auf dem Gebiete des internationalen Privatrechts, 1952 ff (zitiert nach Jahrgang und Nr) im Sinne in Verbindung mit MAKAROV-GAMILLSCHEG-MULLER-KROPHOLLER,

Juristische Arbeitsblätter (seit 1969; zitiert nach Jahr und Seite) Jahrbuch der Akademie für Deutsches Recht (zitiert nach Jahr und Seite) Justizblatt (mit Kürzel für den jeweiligen Oberlandesgerichtsbezirk; zitiert nach Jahr und Seite) jetzige Fassung Jahrbuch für Entscheidungen in Angelegenheiten der Freiwilligen Gerichtsbarkeit und des Grundbuchrechts (zitiert nach Band und Seite) Jahrgang Jahrhundert Jherings Jahrbücher der Dogmatik des bürgerlichen Rechts (zitiert nach Band und Seite) Justizministerialblatt Juristische Rundschau (zitiert nach Jahr und Seite) Juristische Analysen (zitiert nach Jahr und Seite) Das juristische Büro (zitiert nach Jahr und Spalte) Juristenjahrbuch (zitiert nach Band und Seite) Juristische Schulung (zitiert nach Jahr und Seite) Die Justiz (Amtsblatt des Justizministeriums Baden-Württemberg; zitiert nach Jahr und Seite)

Abkürzungsverzeichnis JVB1 JW JWG JZ K Kap KG KGB1

KGJ KO Komm KRAB1 KRG KrVjschr KSchG KTS L LAG LG Lit LM LPachtG LSG LZ M m MA MDR mE MecklZ

MHRG MietRÄndGI;II;III

MietschAusnVO

Justizverwaltungsblatt Juristische Wochenschrift (bis 1939, danach vereinigt mit Deutsches Recht; zitiert nach Jahr und Seite) Gesetz für Jugendwohlfahrt (Jugendwohlfahrtsgesetz) idF vom 25. 4. 1977 (BGBl I 633, 795) Juristenzeitung (seit 1951; zitiert nach Jahr und Seite) Kapitel Kammergericht; Kommanditgesellschaft Blätter für Rechtspflege im Bezirk des Kammergerichts in Sachen der Freiwilligen Gerichtsbarkeit, in Kosten-, Stempelund Strafsachen (zitiert nach Jahr und Seite) Jahrbuch für Entscheidungen des Kammergerichts (Abteilung A; zitiert nach Band und Seite) Konkursordnung idF vom 20. 5. 1898 (RGBl 612, BGBl III 3 Nr 311-4) Kommission Amtsblatt des Kontrollrats in Deutschland (zitiert nach Jahr und Seite) Kontrollratsgesetz Kritische Vierteljahresschrift für Gesetzgebung und Rechtswissenschaft (zitiert nach Band und Seite) Kündigungsschutzgesetz vom 25. 8. 1969 (BGBl 11317, BGBl III 8 Nr 800-2) Zeitschrift für Konkurs-, Treuhand-, und Schiedsgerichtswesen (zitiert nach Jahr und Seite) Landesarbeitsgericht; Gesetz über den Lastenausgleich (Lastenausgleichsgesetz) idF vom 1. 10. 1969 (BGBl I 1909, BGBl III 6 Nr 621-1) Landgericht (zitiert mit jeweiligem Ortnamen) Literatur L I N D E N M A I E R - M Ö H R I N G , Nachschlagewerk des Bundesgerichtshofs (zitiert in Verbindung mit einer Ordnungsziffer für die jeweilige Entscheidung zu einem betreffenden Paragraphen) Gesetz über das landwirtschaftliche Pachtwesen (Landpachtgesetz) vom 25. 6. 1952 (BGBl 1343, BGBl III 7 Nr 7813-2)) Landessozialgericht Leipziger Zeitschrift für Deutsches Recht (zitiert nach Jahr und Seite) mit Der Markenartikel (zitiert nach Jahr und Seite) Monatsschrift für Deutsches Recht (zitiert nach Jahr und Seite) meines Erachtens Mecklenburgische Zeitschrift für Rechtspflege und Rechtswissenschaft (zitiert nach Band und Seite bzw ab 1925 nach Band und Spalte) Gesetz zur Regelung der Miethöhe (Art 3 WKSchG II) vom 18. 12. 1974 (BGBl I 3604) Gesetz zur Änderung mietrechtlicher Vorschriften: 1/ vom 29. 7. 1963 (BGBl I 505); Ii/vom 14. 7. 1964 (BGBl I 457); III/ vom 21. 12. 1967 (BGBl I 1248) Verordnung über Ausnahmen vom Mieterschutz vom 27. 11. 1951 (BGBl I 926) (XVI)

Abkürzungsverzeichnis MietSchG Mitt MMV ModEnG

Mot MR MRK MRVerbG mwN N N NdsRpfl NeubauMietVO nF NJW NMVO Nr NRW O ÖJB1 ÖJZ OGHBrZ

OHG OLG OLGE OLGZ OVG OVGE OWiG P Pand PosMschr Pr, pr Prot (XVII)

Mieterschutzgesetz vom 15. 12. 1942 (RGBl I 712, BGBl III 4 Nr 402-12) Mitteilungen (zitiert in Verbindung mit der jeweils sie herausgebenden Körperschaft) Mustermietvertrag 1976, hrsg vom Bundesminister der Justiz (ZMR 1976, 68) Gesetz zur Förderung der Modernisierung von Wohnungen und von Maßnahmen zur Einsparung von Heizenergie (Modernisierungs- und Energieeinsparungsgesetz) idF vom 12. 7. 1978 (BGBl I 993); s WoModG Motive zum Bürgerlichen Gesetzbuch (zitiert nach Band und Seite) Militärregierung (zitiert in Verbindung mit der jeweiligen rechtstechnischen Qualifikation der Willensäußerung) Menschenrechtskonvention vom 4. 11. 1950, Gesetz vom 7. 8. 1952 (BGBl II 685) Gesetz zur Verbesserung des Mietrechts und zur Begrenzung des Mietanstiegs sowie zur Regelung von Ingenieur- und Architektenleistungen vom 4. 11. 1971 (BGBl I 1745) mit weiteren Nachweisen

Note Niedersächsische Rechtspflege (seit 1947; zitiert nach Jahr und Seite) Verordnung über die Ermittlung der zulässigen Miete für preisgebundene Wohnungen (Neubaumietenverordnung) idF vom 21. 2. 1975 (BGBl I 594) neue Fassung; neue Folge Neue Juristische Wochenschrift (zitiert nach Jahr und Seite) s NeubauMietVO Nummer Nordrhein-Westfalen

Juristische Blätter (Österreich; zitiert nach Jahr und Seite) österreichische Juristen-Zeitung (zitiert nach Jahr und Seite) Oberster Gerichtshof für die Britische Zone, auch Amtliche Sammlung der Entscheidungen in Zivilsachen (zitiert nach Band und Seite) Offene Handelsgesellschaft Oberlandesgericht (zitiert mit jeweiligem Ortsnamen) Sammlung der Rechtsprechung der Oberlandesgerichte (zitiert nach Band und Seite) Entscheidungen der Oberlandesgerichte in Zivilsachen (zitiert nach Jahrgang und Seite) Oberverwaltungsgericht Amtliche Sammlung der Entscheidungen des Preußischen Oberverwaltungsgerichtes (zitiert nach Jahr und Seite) Gesetz über Ordnungswidrigkeiten idF vom 2. 1. 1975 (BGBl I 80) Pandekten Juristische Monatsschrift für Posen, Ost- und Westpreußen (zitiert nach Jahr und Seite) Preußen, preußisch (e, r) Protokolle der Kommission für die II. Lesung des Entwurfs des BGB (zitiert nach Band und Seite)

Abkürzungsverzeichnis R RabelsZ RAG RAGE RAnz RAussch RdA RdErl RdL Rdnr RE Recht RechtsVO REGAmZ REGBrZ

RegE RFH RFHE RG RGBl I; II RGSt RG WarnR RGZ RheinZ RhNotZ Rh-Pf RiW/AWD RJA RLG

RM RMB1 ROHG ROHGE Rpfleger Rspr RStBl RT

Zeitschrift für ausländisches und internationales Privatrecht, begründet von R A B E L (zitiert nach Jahr und Seite) Reichsarbeitsgericht Amtliche Sammlung der Entscheidungen des Reichsarbeitsgerichts (zitiert nach Band und Seite) Deutscher Reichsanzeiger (zitiert nach Jahr und Seite) Rechtsausschuß Recht der Arbeit (zitiert nach Jahr und Seite) Runderlaß Recht der Landwirtschaft (zitiert nach Jahr und Seite) Randnummer Rechtsentscheid über Auslegung der §§ 556 a bis 556 c BGB nach Art III MietRÄndG III Das Recht (seit 1935 als Beilage zur Deutschen Justiz; zitiert nach Jahr und Nr der Entscheidung bzw Seite des Aufsatzes) Rechtsverordnung Rückerstattungsgesetz Amerikanische Zone, in Kraft getreten am 10. 11. 1947 (ABl MR Ausgabe 6 1) Rückerstattungsgesetz Britische Zone, Gesetz Nr 59: Rückerstattung feststellbarer Vermögensgegenstände an Opfer der nationalsozialistischen Unterdrückungsmaßnahmen, in Kraft getreten am 12. 5. 1949 (ABl MR Nr 28, 1169, VOB1 BrZ 152)F Regierungsentwurf Reichsfinanzhof Amtliche Sammlung der Entscheidungen und Gutachten des Reichsfinanzhofs (zitiert nach Band und Seite) Reichsgericht Reichsgesetzblatt Teil I; II Amtliche Sammlung der Entscheidungen des Reichsgerichts in Strafsachen (zitiert nach Band und Seite) W A R N E Y E R , Die Rechtsprechung des Reichsgerichts in Zivilsachen (zitiert nach Jahr und Nr) Amtliche Sammlung der Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen (zitiert nach Band und Seite) Rheinische Zeitschrift für Zivil- und Prozeßrecht des In- und Auslandes (zitiert nach Jahr und Seite) Rheinische Notarzeitschrift (zitiert nach Jahr und Seite) Rheinland-Pfalz Recht der internationalen Wirtschaft, Außenwirtschaftsdienst des Betriebs-Beraters (zitiert nach Jahr und Seite) Reichsjustizamt; Entscheidungssammlung in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit und des Grundbuchrechts (zitiert nach Band und Seite) Gesetz über Sachleistungen für Reichsaufgaben (Reichsleistungsgesetz) vom 1.9. 19S9 (RGBl I 1645); aufgehoben durch § 87 Bundesleistungsgesetz idF vom 27. 9. 1961 (BGBl I 1769) Reichsministerium; Reichsminister (mit Kürzel für das jeweilige Ressort) Reichsministerialblatt Reichsoberhandelsgericht Amtliche Sammlung der Entscheidungen des Reichsoberhandelsgerichts (zitiert nach Band und Seite) Der Deutsche Rechtspfleger (zitiert nach Jahr und Seite) Rechtsprechung Reichssteuerblatt (zitiert nach Jahr und Seite) Reichstag (XVIII)

Abkürzungsverzeichnis RTK RVerwBl RVO Rz RzW S s S SaarlZ SaBl SächsArch

SächsBGB ScheckG SchiffsRegO SchiffsRG

SchiffsVfG SchlHAnz SchlHOLG SchlTermG I; II; III

SchRegG SchwOR Sess SeuffA SeuffBl SG SGB SGG SJZ SoergRspr

sog Sp StaatsGH StädtebaufördG

(XIX)

Reichstagskommission Reichsverwaltungsblatt (zitiert nach Jahr und Seite) Reichsversicherungsordnung idF vom 15. 12. 1924 (RGBl I 779, BGBl III 8 Nr 820-1) Randziffer Rechtsprechung zum Wiedergutmachungsrecht (bis 1960 monatliche Beilage zur NJW; zitiert nach Jahr und Seite) siehe Satz; Seite Saarländische Rechts- und Steuerzeitschrift (Justizblatt des Saarlandes; zitiert nach Jahr und Seite) Sammelblatt für Rechtsvorschriften des Bundes und der Länder (zitiert nach Jahr und Seite) Sächsisches Archiv für Bürgerliches Recht und Prozeß; ab 1906: Sächsisches Archiv für Rechtspflege; ab 1924: Archiv für Rechtspflege in Sachsen, Thüringen und Anhalt (zitiert nach Band und Seite) Bürgerliches Gesetzbuch für das Königreich Sachsen vom 2. 1. 1863 (GVB1 6) Scheckgesetz vom 14. 8. 1933 (RGBl I 597) Schiffsregisterordnung vom 26. 5. 1951 (RGBl I 359, BGBl III 3 Nr 315-18) Gesetz über Rechte an eingetragenen Schiffen und Schiffsbauwerken (Schiffsrechtegesetz) vom 15. 11. 1940 (RGBl 1 1499, BGBl III 4 Nr 403^1) Schiffsregisterverfügung vom 29. 5. 1951 (BAnz Nr 109) Schleswig-Holsteinische Anzeigen (zitiert nach Jahr und Seite) Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht Gesetz zur Änderung des Schlußtermins für den Abbau der Wohnungszwangswirtschaft und über weitere Maßnahmen auf dem Gebiet des Mietpreisrechts: I / vom 4. 8. 1965 [BGBl I 969]; II / vom 19. 1. 1969 [BGBl I 2357]; III / vom 30. 10. 1972 [BGBl I 2051] Gesetz zur Regelung der landwirtschaftlichen Schuldverhältnisse (Schuldenregelungsgesetz) vom 1. 6. 1933 (RGBl I 331) Schweizerisches Obligationenrecht vom 30.3.1911/ 18. 12. 1936 Session SEUFFERTS Archiv für Entscheidungen der obersten Gerichte in den deutschen Staaten (zitiert nach Band und Nr) SEUFFERTS Blätter für Rechtsanwendung (zitiert nach Band und Seite) Sozialgericht Sozialgesetzbuch - Allgemeiner Teil - vom 11. 12. 1975 (BGBl I 3015) Sozialgerichtsgesetz idF vom 23. 9. 1975 (BGBl I 2535) Süddeutsche Juristenzeitung (bis 1950, danach übergeleitet in Juristenzeitung; zitiert nach Jahr und Spalte) SOERGELS Rechtsprechung zum BGB, EGzBGB, CPO, KO, GBO und RFG; wechselnde Titel; zuletzt (ab 1932): Jahrbuch des Zivil-, Handels- und Prozeßrechts (zitiert nach Band und Nr oder Seite) sogenannt Spalte Staatsgerichtshof Gesetz über städtebauliche Sanierungs- und Entwicklungsmaßnahmen (Städtebauförderungsgesetz) idF vom 18. 8. 1976 (BGBl I 2318)

Abküraingsverzeichnis StAnz Sten Ber StGB StPO str stRspr StuW StVG StVO StVZO T ThürBl

U u ua uä UmstG Urt UStG usw uU UWG uz V v VerfGH VerglO Verh VerlG VersR VG VGH vgl VHG VO VOB

VOB1 Vorbem WG VwGO

Staatsanzeiger Stenographische Berichte Strafgesetzbuch idF vom 2. 1. 1975 (BGBl I 1) Strafprozeßordnung idF vom 7. 1. 1975 (BGBl I 129) streitig ständige Rechtsprechung Steuer und Wirtschaft (zitiert nach Jahr und Spalte oder Seite) Straßenverkehrsgesetz vom 19. 12. 1952 (BGBl I 837, BGBl III 9 Nr 9233-1) Straßenverkehrsordnung vom 16. 11. 1970 (BGBl I 1565; 1971 I 38) Straßenverkehrszulassungsordnung idF vom 15. 11. 1974 (BGBl I 3193; 1975 I 848) Blätter für Rechtspflege in Thüringen und Anhalt (zitiert nach Band und Seite)

und unter anderem; und andere und ähnliches Drittes Gesetz zur Neuordnung des Geldwesens (Umstellungsgesetz) vom 27. 6. 1948 (WiGBl Beil 5, 13) Urteil Umsatzsteuergesetz idF vom 16. 11. 1973 (BGBl I 1681) und so weiter unter Umständen Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb vom 7. 6. 1909 (RGBl 499, BGBl III 4 Nr 43-1) und zwar

von; vom Verfassungsgerichtshof Vergleichsordnung vom 26. 2. 1935 (RGBl I 321, BGBl III 3 Nr 311-1) Verhandlungen Gesetz über das Verlagsrecht vom 19. 6. 1901 (RGBl 217, BGBl III 4 Nr 441-1) Versicherungsrecht. Juristische Rundschau für die Individualversicherung (zitiert nach Jahr und Seite) Verwaltungsgericht Verwaltungsgerichtshof vergleiche Gesetz über die richterliche Vertragshilfe (Vertragshilfegesetz) vom 26. 3. 1952 (BGBl I 198, BGBl III Nr 402-4) Verordnung Verdingungsordnung für Bauleistungen idF vom 29. 10. 1973 (BAnz 1974 Nr 127). Eingeführt durch gemeinsamen Erlaß des Bundesministeriums der Finanzen, für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen vom 23. 4. 1953. Verordnungsblatt (in Verbindung mit der jeweiligen Körperschaft) Vorbemerkung Gesetz über den Versicherungsvertrag (Versicherungsvertragsgesetz) vom 30. 5. 1908 (RGBl 263) Verwaltungsgerichtsordnung vom 21. 1. 1960 (BGBl I 17, BGBl III 3 Nr 340-1) (XX)

Abkürzungsverzeichnis VwRspr

W WährG WarnJb WBewG WEG Wettbew

WG WHG WiGBl WiStrG WKSchGI;II

WM WobauÄndG I; II; III

WobauG I; II

WobauGebG WobauPräG WoBesG WoG WoBindG

WogeldG

WogeldVO WoModG WoVermitG WRP (XXI)

Verwaltungsrechtsprechung in Deutschland (zitiert nach Band und Nr)

Erstes Gesetz zur Neuordnung des Geldwesens (Währungsgesetz) vom 20. 6. 1948 (WiGBl Beil Nr 5, 1, BGBl III 7 Nr 7600-1-a) W A R N E Y E R , Jahrbuch der Entscheidungen zum BGB und den Nebengesetzen (wechselnde Titel; zitiert nach Jahr und Seite) Wohnraumbewirtschaftungsgesetz idF vom 23. 6. 1960 (BGBl I 389, 418, BGBl III 2 Nr 234-1) Gesetz über das Wohnungseigentum und das Dauerwohnrecht (Wohnungseigentumsgesetz) vom 15. 3. 1951 (BGBl I 175, BGBl III 4 Nr 403-1) Mitteilungen der Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs (Beil zu Wettbewerb in Recht und Praxis; zitiert nach Jahr und Seite) Wechselgesetz vom 21.6. 1933 (RGBl I 399) Wasserhaushaltsgesetz idF vom 16. 10. 1976 (BGBl I 3017) Gesetzblatt der Verwaltung des Vereinigten Wirtschaftsgebietes Gesetz zur weiteren Vereinfachung des Wirtschaftsstrafrechts (Wirtschaftsstrafgesetz) idF vom 3. 6. 1975 (BGBl I 1313) 1/ Gesetz über den Kündigungsschutz für Mietverhältnisse über Wohnraum vom 25. 11. 1971 (BGBl 11839); II/ Zweites Gesetz über den Kündigungsschutz für Mietverhältnisse über Wohnraum vom 18. 12. 1974 (BGBl I 3603) Wertpapier-Mitteilungen (zitiert nach Jahr und Seite) 1/ Gesetz zur verstärkten Eigentumsbildung im Wohnungsbau und zur Sicherung der Zweckbestimmung von Sozialwohnungen vom 24. 5. 1965 (BGBl I 945); II/ Gesetz zur Durchführung des langfristigen Wohnungsbauprogramms vom 17. 12. 1971 (BGBl I 1993); III/ Gesetz zur Änderung des Wohnungsbindungsgesetzes 1965 und des Zweiten Wohnungsbaugesetzes vom 21. 12. 1973 (BGBl I 1970) 1/ Erstes Wohnungsbaugesetz idF vom 2 5 . 8 . 1 9 5 3 (BGBl I 1047) ; II/ Zweites Wohnungsbaugesetz (Wohnungsbau- und Familienheimgesetz) idF vom 1. 9. 1976 (BGBl I 2673) Gesetz über Gebührenbefreiungen beim Wohnungsbau vom 30. 5. 1953 (BGBl I 273, BGBl III 3 Nr 364-2) Wohnungsbauprämiengesetz idF vom 20. 12. 1977 (BGBl I 3171) Gesetz zur Förderung von Wohnungseigentum und Wohnbesitz im sozialen Wohnungsbau vom 23. 3. 1976 (BGBl I 737) Wohnungsgesetz vom 8. 3. 1946 (KRAB1 117) Gesetz zur Sicherung der Zweckbestimmung von Sozialwohnungen (Wohnungsbindungsgesetz) idF vom 31. 1. 1974 (BGBl I 137) I/Wohngeldgesetz idF vom 1. 4. 1965 (BGBl I 177); aufgehoben durch § 38 Abs 1 Nr 1 des Zweiten Wohngeldgesetzes vom 14. 12. 1970 (BGBl I 1637); Ii/Zweites Wohngeldgesetz idF vom 29. 8. 1977 (BGBl I 1685) Wohngeldverordnung idF vom 21. 2. 1975 (BGBl 1 607) Gesetz zur Förderung der Modernisierung von Wohnungen (Wohnungsmodernisierungsgesetz) vom 23. 8. 1976 (BGBl I 2429); s ModEnG Gesetz zur Regelung der Wohnungsvermittlung vom 4. 11. 1971 (BGBl I 1745, 1747) Wettbewerb in Recht und Praxis (zitiert nach Jahr und Seite)

Abkürzungsverzeichnis WRV WürttJb WürttZ WuM WuW WuW/E WZG Z z ZAkDR zB ZB1FG ZB1HR ZGB ZGenW ZGR ZHR Ziff ZMR ZPO ZRP ZStW zT zust ZVG zw zZ ZZP

Verfassung des Deutschen Reiches (Weimarer Verfassung) vom 11. 8. 1919 (RGBl 1383, BGBl III 1 Nr 100-2) Jahrbücher der württembergischen Rechtspflege (zitiert nach Jahr und Seite) Württembergische Zeitschrift für Rechtspflege und Verwaltung (zitiert nach Jahr und Seite) Wohnungswirtschaft und Mietrecht (zitiert nach Jahr und Seite) Wirtschaft und Wettbewerb (zitiert nach Jahr und Seite) WuW-Entscheidungssammlung zum Kartellrecht (zitiert nach Entscheidungsträger und Nr) Warenzeichengesetz idF vom 2. 1. 1968 (BGBl I 29, BGBl III 4 Nr 423-1) zum Zeitschrift der Akademie für Deutsches Recht (zitiert nach Jahr und Seite) zum Beispiel Zentralblatt für die freiwillige Gerichtsbarkeit und das Notariat (zitiert nach Jahr und Seite) Zentralblatt für Handelsrecht (zitiert nach Band und Seite) Zivilgesetzbuch (in Verbindung mit dem jeweils erlassenden Staat) Zeitschrift für das gesamte Genossenschaftswesen (zitiert nach Jahr und Seite) Zeitschrift für Unternehmens- und Gesellschaftsrecht (zitiert nach Jahr und Seite) Zeitschrift für das gesamte Handels- und Wirtschaftsrecht, früher: Zeitschrift für das gesamte Handels- und Konkursrecht (zitiert nach Jahrgang und Seite) Ziffer Zeitschrift für Miet- und Raumrecht (zitiert nach Jahr und Seite) Zivilprozeßordnung idF vom 12. 9. 1950 (BGBl I 535, BGBl III 3 Nr 310-4) Zeitschrift für Rechtspolitik (zitiert nach Jahr und Seite) Zeitschrift für die gesamte Staatswissenschaft (zitiert nach Jahr und Seite) zum Teil zustimmend Gesetz über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung (Zwangsversteigerungsgesetz) vom 24. 3. 1897 (RGBl 97, BGBl III 3 Nr 310-14) zweifelhaft zur Zeit Zeitschrift für Zivilprozeß (zitiert nach Band und Seite)

(XXII)

Bürgerliches Gesetzbuch vom 18. August 1896 (RGBl 195) Vorbemerkungen Schrifttum Auswahl der allgemeinen Literatur zum Mietrecht: Bundesminister der Justiz, Mustermietvertrag 1976; Wissenschaftlicher Beirat beim Bundesministerium für Wirtschaft, Gutachten v 12. 12. 1970 „Entwicklung der Wohnungsmieten und die geplanten Maßnahmen zur Begrenzung des Mietanstiegs", in: Sammelband der Gutachten von 1948-1972, hg v Bundesministerium f Wirtschaft (1973) 583; ARNOLD, Die Wohnungsmiete nach dem BGB (2. Aufl 1900); BARTHELMESS, Kommentar zum 2. Wohnraum-Kündigungsschutzgesetz und zum Miethöhegesetz (1976); BETTERMANN, Das

Wohnungsrecht als selbständiges Rechtsgebiet, Recht und Staat 140, 1949; BRAXMAIER, Die Rechtsprechung des BGH zum Miet- und Pachtrecht, WM 1968, 202; 1970, 26; 1972, 122; 1976, 2; 1978, 158; CROME, Die juristische Natur der Miete nach dem deutschen BGB, JherJB 37 (1897) 1; DOWENDAG-BUCHER-EPPING-MRÖSEK, Wohnungsbedarfprognose für die Bundesrepublik Deutschland bis 1985 (1972); DULCKEIT, Die Verdinglichung obligatorischer Rechte, Recht und Staat 1 5 8 / 1 5 9 , 1 9 5 1 ; ENNECCERUS-LEHMANN, Schuldrecht ( 1 5 . B e a r b 1 9 5 8 ) § § 1 2 6 - 1 3 6 ; ERMAN,

Handkommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch (6. Aufl 1975); ESSER-WEYERS, Schuldrecht II 1 (5. Aufl 1977); FLUME, Leasing in zivilrechtlicher und steuerrechtlicher Sicht (1972); GENIUS, Der Bestandsschutz in seiner historischen Entwicklung bis zu den Naturrechtskodifikationen (1972); GITTER, in: V e r t r a g s s c h u l d v e r h ä l t n i s s e ( 1 9 7 4 ) 1 ff; HÄMMERLEIN-JENKINS-KRAHE ua, W e t t b e w e r b

in der Wohnungswirtschaft (1972); HÄRING, Zur Geschichte und Wirkung staatlicher Interventionen im Wohnungssektor (1974); HANS, Das neue Mietrecht in den weißen Kreisen (1965 ff); HECK, Grundriß des Schuldrechts (1929/1958) §§ 96-101; HESSE, Die rechtliche Natur der Miete (1902); HOLTGRÄVE, Neues Miet- und Wohnrecht (1960); HORT, Der unsoziale Wohnungsbau, FAZ Nr 43 v. 20. 2. 1976, S. 13; KERSTAN, Ein neuer Mustermietvertrag und die Möglichkeit seiner Einführung ( 1 9 7 4 ) ; KIEFERSAUER-GLASER, G r u n d s t ü c k s m i e t e (11. A u f l 1 9 6 5 ) ; KIMMINICH, D i e v e r f a s s u n g s -

rechtliche Beurteilung des Gesetzes über den Kündigungsschutz für Mietverhältnisse über Wohnraum (1973); LARENZ, Lehrbuch des Schuldrechts II (11. Aufl 1977) § 48 (166 ff); LEONHARD, Besonderes Schuldrecht des BGB (1931) 136 ff; LÖNING, Die Grundstücksmiete als dingliches Recht (1930); LOEWE, Mietrecht des deutschen Reiches (1910); LUTZ, Das neue Mietrecht der BGB (1968); MAYROSE-ORGASS, Wohnungs- und Bodenpolitik in der Bundesrepublik Deutschland (1973); MITTELSTEIN, Die Miete nach dem Rechte des deutschen Reiches (4. Aufl von STERN und MITTELSTEIN 1932); MOHNEN, Der Inhalt des Sozialbegriffs im neuen Mietrecht, in 2. FS Nipperdey I (1965) 605; NIENDORFF, Mietrecht nach dem B G B (10. Aufl 1914); PALANDT, Bürgerliches

Gesetzbuch (37. Aufl 1978); PERGANDE, Wohnraummietrecht (1968); PICK, Das neue Recht des Wohnbesitzes, NJW 1976, 1049; Reichsgerichtsräte-Kommentar, Das Bürgerliche Gesetzbuch mit besonderer Berücksichtigung der Rechtsprechung des Reichsgerichts und des Bundesgerichtshofs ( 1 2 . Aufl, 2 9 . Lieferung 1 9 7 7 ) ; ROQUETTE, Das Mietrecht des BGB ( 1 9 6 6 ) , zitiert: R o o u E T T E u n d § ; ders, Neues soziales Mietrecht (1969); RUDELSBERGER, Deutsches Wohnungsmietrecht (1909); RUTH, Das Mietrecht der Wohn- und Geschäftsräume (1926); SCHMIDT-FUTTERER, Miete und Pacht (2. Aufl 1974); ders, Wohnraumschutzgesetze (2. Aufl 1976), zitiert: SCHMIDT-FUTTERER und Randnummer; ders, Mietrecht (7. Aufl 1976); SCHNEIDER, Selbsthilfe, Staatshilfe, Selbstverwaltung, Theorie und Praxis der Wohnungspolitik (1973); SCHNEIDER-KORNEMANN, Soziale Wohnungsmarktwirtschaft (Bonn 1977); SCHOPP, Gesetz zur Förderung von Wohnungseigentum und Wohnbesitz im sozialen Wohnungsbau, ZMR 1976, 161; SCHWERZ, Das Wohnungswesen unter dem Einfluß des Bundes - Ein Labyrinth von Vorschriften und Maßnahmen, ZMR 1973, 33; SOERGEL-SIEBERT, Bürgerliches Gesetzbuch, Bd 2: Schuldrecht I (10. Aufl 1967); STERNEL, Wohnraummietrecht ( 1 9 7 5 ) ; STRAUSS, D i e M i e t e n a c h d e m B G B ( 1 9 0 8 ) ; THOSS-HÜBSCHLE ua, P r o g n o s e n f ü r die

Wohnungswirtschaft (1974); TODT, Die Schadensersatzansprüche des Käufers, Mieters und Werkbestellers aus Sachmängeln (1970); TRENK-HINTERBERGER, Internationales Wohnungsmietrecht (1977); VOGEL, Die Miete von Wohnungen und anderen Räumen nach dem BGB (1907); VOGEL, WuM 1976, 187; WEIMAR, Die Sachmängelhaftung im Mietrecht (1957); WINDSCHEID-KIPP, Lehr-

buch des Pandektenrechts Bd. 2 (9. Aufl 1906/1963) 717 ff; ZELLER-SPÄTH, Der Hausbesitzer (6. Aufl 1965); von ZEZSCHWITZ, Die neuen Wohnaufsichtsgesetze der Länder und ihre verfassungs(637)

Volker Emmerich

Vorbem zu §§ 535, 536 2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse rechtliche Problematik, NJW 1977, 129; Wohnungswirtschaft und Gesellschaftspolitik - Der Auftrag der gemeinnützigen Wohnungsunternehmen, Eine Dokumentation, Schriftenreihe des Gesamtverbandes Gemeinnütziger Wohnungsunternehmen H 6/7, 1972. Die Materialien zu dem Abbaugesetz, den Mietänderungsgesetzen und den beiden WohnraumKündigungssschutzgesetzen sind zB abgedruckt bei H A N S , Einführung B vor § 1 ; S C H M I D T - F U T T E RER, Wohnraumschutzgesetze 611 ff.

he Übersicht I. Die Entwicklung des Mietrechts 1. Die Entwicklung bis 1914 1 2. Die Entwicklung im 1. Weltkrieg 4 3. Die Weimarer Republik 6 4. Drittes Reich und 2. Weltkrieg 8 5. Die erste Nachkriegszeit bis 1960 9 6. Der Abbau der Zwangswirtschaft und die Einführung des sozialen Mietrechts ab 1960 12 a) Lücke-Plan 12 b) Soziales Mietrecht 15 7. Die Rückkehr zum Mieterschutz ab 1971 16 8. Kritik und Ausblick 18

h) Sonstige Einzelfälle 80 i) Die Verbindung von Miete und Kauf 90

III. Abschluß und Inhalt des Mietvertrages 1. Das Zustandekommen des Vertrages 91 a) Abschluß 91 b) Beteiligung mehrerer Personen 98 c) Ehegatten 104 2. Vorvertrag, Anmietrecht, Vormiete und Option 114 a) Vorvertrag 114 b) Vormietrecht 118 c) Anmietrecht 119 d) Optionen 120 3. Mietvorauszahlungen und BaukostenzuII. Die Miete im System des BGB schüsse 123 1. Die Miete als Schuldverhältnis 20 a) Die verschiedenen Arten von Finanzierungsbeiträgen 123 2. Die verschiedenen Arten der Miete 23 a) Überblick 23 b) Ausschluß des Kündigungsrechts 126 b) Wohnraummiete 24 c) Rückzahlung bei Vertragsbeendigung 127 c) Mischmietverhältnisse 26 d) Wirkung gegenüber Erwerbern 130 d) Errichtung eines Gebäudes 28 4. Abstand und Kaution 135 3. Die Abgrenzung der Miete von anderen Ver- a) Abstand und Nachfolgeklausel 135 trägen 29 b) Kaution 137 5. Die Hausordnung 140 a) Definition der Miete 29 a) Bezugnahme im Vertrag 141 b) Miete und Pacht 31 b) Einseitige Aufstellung und Änderung 142 c) Miete und Leihe 34 c) Inhaltskontrolle 143 d) Miete und Verwahrung 35 6. Formular- und Musterverträge 145 e) Miete und Werkvertrag 36 a) Das Unwesen der Formularverträge 145 f) Miete und Kauf 37 b) Der Deutsche Einheitsmietvertrag von 1934 g) Dingliches Wohnrecht 40 146 4. Sonderformen und gemischte Verträge 44 c) Soziales Mietrecht und mißbilligte Klauseln a) Leasing 45 147 b) Automatenaufstellverträge 51 d) Sonstige Formularverträge 149 c) Tankstellenverträge 57 (1) Baugeräte 149 d) Beherbergungsverträge 58 (2) Kraftfahrzeuge 150 e) Sonstige Verbindungen mit dienstvertragli7. Die Sittenwidrigkeit von Mietverträgen 151 chen Elementen 65 a) Allgemeines 151 f) Gemeinschaften und Gesellschaften 74 g) Lizenzverträge und ähnliche Erscheinungen b) Insbesondere Wucher 154 8. Wertsicherungsklauseln 157 76

Alphabetische Übersicht Abschluß 91 f, 94 Abstand 135 Abweichende Vereinbarungen 133 Abzahlungsgeschäft 39,51 Anmietrecht 119 Auslegung 97

Ausschließlichkeitsbindung 55 f Automatenaufstellverträge 51-56 Baugeräte 149 Baukostenzuschüsse 124,128 f Beförderungsverträge 85

Volker Emmerich

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Vorbem zu §§ 535, 536 3. Titel. Miete. Pacht Lizenzverträge 76 Lücke-Plan 12

Beherbergungsverträge 58 Belegarztvertrag 61 Belegungsverträge 60 Besitzschutz 24 Beteiligung mehrerer 98-102 Bordelle 151 Definition 29 Deutscher Einheitsmietvertrag v 1934 146 f Dienstbarkeiten 42 Dienstwohnungen 66 Dingliches Wohnrecht 40 f Ehegatten 104-113 Einzelfälle 32 f, 80 f Entwicklung des Mietrechts 1-5, 7-14 Errichtung eines Gebäudes 28

Mietarten 23 f Mieterdarlehen 123 Mieterschutz ab 1971 16 f Mietkauf 37, 51 Mietnotrecht 4 f, 18 Mietzins 93 Mietzinsvorauszahlungen 130-132 Mischmietverhältnisse 26 f, 30, 36 Mißbilligte Klauseln 147 Nachfolgeklausel 136 Nebenkosten 92 Objektförderung 19 Operating-Leasing 47 Optionen 120-122

Fernsprechverhältnis 88 Filmverleihvertrag 78 Filmverwertungsvertrag 79 Finanzierungsbeiträge 123 f, 130,134 Finanzierungs-Leasing 45 f, 48 Formularverträge 145,149 Franchising 77

Pacht 31 f, 76 Partiarisches Rechtsverhältnis 52 f Pensionsvertrag 59

Gemeines Recht 2 Gemeinschaften 74 Genossenschaften 75 Gesellschaften 74 Gestattungsverträge 29, 76 Grundstücksmiete 28

Schenkung 34,43 Schuldverhältnis 20 Sittenwidrigkeit 54,151 f Sondernutzung öffentlicher Sachen 86 Soziales Mietrecht 14 f Stationärsvertrag 57

Hausmeistervertrag 65 Hausordnung 140-143,145 Heimpflegeverträge 64 Hotelaufnahmevertrag 59

Tankstellenverträge 57 Tresorvertrag 82

Inhaltskontrolle 143 Kauf 37 f, 90 Kaution 137-139 Konkludenter Abschluß 96 Konzessionsverträge 87 Kraftfahrzeuge 150 Krankenhausaufnahmeverträge 62 f Kündigung 101 f Kündigungsausschluß 126 Kündigungsschutz 17 Lagervertrag 35 Leasing 38,45-50 Leihe 34

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Rückzahlung bei Vertragsbeendigung 127

Verdinglichung 21 f Vergnügungseinrichtungen 81 Verlängerungsklausel 121 Verlängerungsoption 120 Verwahrung 35 Vorausverfügungen und Mietzins 31,131 f Vormietrecht 118 Vorvertrag 114-117 Werkförderungsvertrag 67-71 Werkvertrag 36 Wertsicherungsklausel 157 Wohnraummiete 24 f, 27 Wohnungsbindungsgesetz 14 Wucher 154-156 Zustandekommen 91 f, 95 Zweckbestimmung 25, 33, 36, 38

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V o r b e m zu § § 5 3 5 , 5 3 6 1-4

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

I. Die Entwicklung des Mietrechts 1 1. Die Entwicklung bis 1914 Das Problem der ausreichenden Versorgung der Bevölkerung mit Wohnraum ist keineswegs neu, sondern so alt wie die soziale Frage selbst. Besonders dringliche Formen hatte dieses Problem in Deutschland mit der beginnenden Industrialisierung ab ungefähr 1850 angenommen. Für die in die Großstädte strömenden Arbeitermassen stand kein Wohnraum zu zumutbaren Bedingungen zur Verfügung, so daß es vielfach zu schlechthin katastrophalen Verhältnissen kam (vgl die Schilderungen bei H Ä R I N G und SCHNEIDER aaO). Obwohl schon damals dringend nach einem Eingreifen des Staates gerufen wurde, scheute doch namentlich das Reich bis in die Zeit des 1. Weltkrieges hinein davor zurück, die Frage des Arbeiterwohnungsbaus aufzugreifen, weil man die ungeheuren finanziellen Konsequenzen fürchtete. So blieb die Wohnungsfrage während des ganzen Kaiserreichs ungelöst. Auch die Entwicklung des Mietrechts war in keiner Weise dazu angetan, etwas zur Lösung dieser Frage beizutragen. 2 Das gemeine Recht hatte im Anschluß an das römische Recht den Dienstvertrag und die Miete unter dem Oberbegriff der locatio conductio rei zusammengefaßt. Die Sachmiete wurde dabei rein schuldrechtlich konstruiert, so daß vor allem der Erwerber einer vermieteten Sache an Mietverträge des Veräußerers nicht gebunden war („Kauf bricht Miete") ( W I N D S C H E I D - K I P P aaO; E N N E C C E R U S - L E H M A N N § 126 I ; LÖNING 76 ff). Im Gegensatz zum ALR wollte auch das BGB hieran zunächst festhalten (Mot II 380 ff); erst die Beratungen in der 2. Kommission brachten den Umschwung zugunsten eines stärkeren Mieterschutzes (s im einzelnen § 571 Rz 1). Die zum Schutz der Mieter bestimmten Vorschriften waren indessen, von wenigen Ausnahmen abgesehen (zB § 544), dispositiv. 3 Diesen Umstand machten sich sofort nach Inkrafttreten des BGB die großen Vermieterverbände allenthalben dadurch zunutze, daß sie Mietvertragsformulare entwarfen, die die Rechte der Mieter bis an die äußerste zulässige Grenze und häufig noch weit darüber hinaus beschränkten. Besonders beliebt waren der totale Ausschluß sämtlicher Gewährleistungsrechte und die Schaffung zahlreicher, zusätzlicher Kündigungsgründe selbst bei den unbedeutendsten Vertragsverletzungen. Die Mieter waren gegen diese Entwicklung angesichts der Verbreitung derartiger Formularverträge nahezu hilflos. Wieder einmal hatte sich erwiesen, daß der Vertragsmechanismus befriedigend nur funktionieren kann, wenn der Gesetzgeber für einen Ausgleich von Angebot und Nachfrage sorgt, zugleich alle Wettbewerbsbeschränkungen, hier die Konditionenkartelle der Vermieter, energisch bekämpft und außerdem durch die Schaffung zwingenden Gesetzesrechtes zugunsten des wirtschaftlich Schwächeren auf dem Markt interveniert. 4 2. Die Entwicklung im ersten Weltkrieg Die eben angedeuteten Nachteile des Mietrechts des BGB mußten in Notzeiten zu einer Katastrophe führen. Diese Katastrophe ließ denn auch nach Ausbruch des ersten Weltkrieges nicht lange auf sich warten. Nachdem es zunächst infolge des Kriegsausbruchs zu einem Uberangebot von Wohnungen gekommen war, führte ungefähr ab 1916 der starke Rückgang des Mietwohnungsbaus zu einer außerordentlichen Verknappung des Angebots und in Verbindung damit zu starken Mietzinserhöhungen. Die durch eine Bekanntmachung v 15. 12. 1914 (RGBl 511) geschaffenen sog Mieteinigungsämter (MEA) konnten hiergegen den Mietern keinen Schutz bieten, Volker Emmerich

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3. Titel. Miete. Pacht

Vorbem zu §§ 535, 536 5-8

da sie zunächst keinerlei Entscheidungsbefugnisse besaßen. Die Situation änderte sich erst mit Erlaß der ersten MieterschutzVO v 26. 7. 1917 (RGBl 659), durch die die Landeszentralbehörden erstmals die Befugnis erhielten, ihrerseits die Mieteinigungsämter zu ermächtigen, eine Kündigung für unwirksam zu erklären. Durch die zweite MieterschutzVO v 23.9. 1918 (RGBl 1135) wurde dieser Mieterschutz weiter ausgebaut. Damit war das Mietnotrecht geboren (zur Entwicklung des Mietnotrechts vgl insbes H A N S Einf A ; H O L T G R Ä V E Einl Rz 1 ff ( = S 7 1 ff); KIEFERSAUE R - G L A S E R Vorbem 1 ff ( = S 1 ff); E N N E C C E R U S - L E H M A N N § 1 3 6 ; LÖNING 1 8 7 ff; R O Q U E T T E Einl vor § 5 3 5 ; S C H M I D T - F U T T E R E R A 1 ff). Das Mietnotrecht umfaßte seitdem drei Gebiete, nämlich den Schutz des Mieters 5 gegen Kündigungen, den sog Bestandsschutz, außerdem den Schutz des Mieters gegen Mietzinserhöhungen und schließlich die eigentliche Wohnungszwangswirtschaft, gekennzeichnet durch eine hoheitliche Erfassung und Verteilung der vorhandenen Wohnungen. Alle drei Formen des Mietnotrechts fanden ihre erste abschließende Ausprägung bereits in den ersten Jahren der Weimarer Republik. 3. Die Weimarer Republik 6 Die totale staatliche Lenkung des Wohnungsmarktes beruhte ab 1923 auf dem Reichsmietengesetz (RMG) v 24. 3. 1922 (RGBl 273), dem Mieterschutzgesetz (MSchG) v 1. 6. 1923 (RGBl I 355) und dem Wohnungsmangelgesetz (WMG) v 26. 7. 1923 (RGBl I 754). Jedoch konnte sich schon damals schließlich auch der Gesetzgeber nicht der Er- 7 kenntnis verschließen, daß dem dringend notwendigen Neubau von Wohnungen nichts so wenig förderlich ist wie eine staatliche Zwangswirtschaft. Ab 1925 wurde deshalb die Wohnungszwangswirtschaft wieder zunehmend gelockert. Die NotVO v 1. 12. 1930 (RGBl I 517) sah schließlich als Zeitpunkt, zu dem das RMG und MSchG spätetens außer Kraft treten sollten, den 1. 4. 1936 und als entsprechenden Zeitpunkt für das WMG den 1. 4. 1934 vor. Voraussetzung sollte jedoch eine vorherige soziale Ausgestaltung des Rechts des BGB sein. Die NotVO v 8. 12. 1931 (RGBl I 699) brachte eine erneute Änderung der Fristen. Als Zeitpunkt für das endgültige Außerkrafttreten aller 3 Gesetze wurde jetzt der 1. 4. 1933 bestimmt, jedoch mit dem Vorbehalt, daß das RMG und MSchG nur dann außer Kraft treten sollten, wenn das BGB bis dahin unter sozialen Gesichtspunkten umgestaltet sein sollte. Dementsprechend trat am 1.4. 1933 auch nur das WMG außer Kraft.

4. Drittes Reich und Zweiter Weltkrieg 8 Da eine soziale Ausgestaltung des BGB nicht gelungen war, blieben also zunächst das RMG und das MSchG in Kraft. Durch ein Gesetz v 18. 4. 1936 (RGBl I 371) wurden beide jedoch in wichtigen Punkten geändert. Dieses Gesetz bezeichnete zugleich den Punkt einer erneuten Wende in der Entwicklung des Mietnotrechts. War bis 1936 ein deutlicher Abbau des Mietnotrechts festzustellen gewesen, so wurde von jetzt ab der Mieterschutz wieder nach allen Richtungen ausgebaut und verstärkt. Nachdem zahlreiche Verordnungen den Kündigungsschutz immer weiter ausgedehnt hatten, wurde schließlich am 15. 12. 1942 ein neues MSchG erlassen (RGBl I 70; s dazu Vorauf1 Vorbem 40 ff). Daneben entwickelte sich gleichzeitig seit dem PreisstoppG v 1936 ein selbst für den Fachmann zuletzt nicht mehr durchschaubares (641)

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Vorbem zu §§ 535, 536 9-11 2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

Gestrüpp von VOen über die Mietzinsbildung, durch die jedenfalls im Ergebnis eine totale Mietzinsbindung eingeführt wurde. An dieser Preisbindung für Mieten wurde auch nach 1948 zunächst uneingeschränkt festgehalten (s die Anordnung über Preisbildung und Preisüberwachung nach der Währungsreform v 25. 6. 1948, WiGBl 61). Die Not des Krieges, vor allem die Zerstörung der Städte durch den Luftkrieg und das Hereinströmen von Millionen von Flüchtlingen in die Kerngebiete des Reichs zwangen schließlich auch wieder zur Einführung einer totalen Wohnraumbewirtschaftung. Hervorzuheben sind in diesem Zusammenhang vor allem die WohnraumlenkungsVO v 27. 2. 1942 (RGBl I 127) und die VO zur Wohnraumversorgung der luftkriegsbetroffenen Bevölkerung v 21. 6. 1943 (RGBl I 355). Weitere Möglichkeiten zu Zwangseingriffen ergaben sich daneben aus dem RLG, so daß auch insoweit der Rechtszustand zuletzt kaum mehr durchschaubar war.

9 5. Die erste Nachkriegszeit bis 1960 Die unvorstellbare Not der ersten Nachkriegsjähre verhinderte zunächst jede Freigabe des Wohnungsmarktes. Deshalb erließ der Kontrollrat am 8. 3. 1946 das sog. Wohnungsgesetz (WG), das eine Erfassung und Zuweisung von Wohnräumen ermöglichte. Damit war infolge der Verbindung von umfassendem Kündigungsschutz (MSchG 1942), totalem Preisstopp und Zwangsbewirtschaftung aller Wohnungen der Höhepunkt in der Entwicklung des Mietnotrechts erreicht. Die folgenden Jahre sind durch einen fortlaufenden Abbau der Wohnungszwangswirtschaft gekennzeichnet. Hier genügt es, die wichtigsten Stadien dieser in ihren Grundzügen allgemein bekannten Entwicklung nachzuzeichnen. 10 Den ersten richtigen Schritt zur Lockerung der Wohnungszwangswirtschaft brachten das erste Wohnungsbaugesetz (1. WoBauG) v 24. 4. 1950 (BGBl 83) und die VO über Ausnahmen vom Mieterschutz v 27. 11. 1951 (BGBl I 926), an deren Stelle später das GeschäftsraummietenG (GRMG) v 25. 6. 1952 (BGBl 1338) trat. Durch diese Gesetze wurden im wesentlichen sämtliche nach dem 21. 6. 1948 neu gebauten und frei finanzierten Wohnungen, sowie alle Geschäftsräume von der staatlichen Bewirtschaftung, dem Mieterschutz und der Mietpreisbindung ausgenommen. Weitere Ausnahmen brachten dann vor allem das erste BundesmietenG (1. BMG) v 27. 7. 1955 (BGBl I 458) und das 1953 an die Stelle des WG getretene WohnraumbewirtschaftungsG (WBG) v 31. 3. 1953 (BGBl I 97; s dazu Voraufl Vorbem 2 0 4 f f ; ENNECCERUS-LEHMANN § 1 3 6 ) .

11 Mit dem fortschreitenden Abbau der Wohnungszwangswirtschaft ging eine umfassende staatliche Förderung des Wohnungsbaus einher. Durch die weiteren Bundesmietengesetze wurde zugleich ab 1960 eine Entschädigung der nach wie vor von der Zwangswirtschaft betroffenen Althausbesitzer versucht, indem ihnen genau begrenzte Mietzinserhöhungen erlaubt wurden. Der partielle Abbau der Wohnungszwangswirtschaft hatte zunächst dazu geführt, daß die Rechtslage noch unübersichtlicher geworden war. Namentlich das Mietpreisrecht war zuletzt selbst für den Fachmann kaum mehr durchschaubar (vgl zB H O L T G R Ä V E Einl Rz 146 ff; SCHWERZ aaO). Im Ergebnis waren schließlich jedenfalls die meisten sog Neubauwohnungen von der Wohnungszwangswirtschaft weitgehend freigestellt; sie unterlagen jedoch teilweise noch in beschränktem Umfang der Preisbindung. Hingegen galt für den gesamten Althausbesitz nach wie vor der Bestandsschutz aufgrund des MSchG, die Bewirtschaftung aufgrund des WBG und der Preisstopp von 1936, gelockert durch die verschiedenen BMG. Diese Marktspaltung konnte nicht auf Dauer beibehalten werden, sondern verlangte dringend nach Volker Emmerich

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3. Titel. Miete. Pacht

Vorbem zu §§ 535, 536 12-14

Abänderung durch Entlassung des gesamten Wohnungsmarktes in die freie Marktwirtschaft. Deshalb setzte sich der Gesetzgeber ab 1960 das Ziel, den gesamten Wohnungsmarkt aus der staatlichen Bewirtschaftung in die Wettbewerbsordnung zu entlassen.

6. Der Abbau der Zwangswirtschaft und die Einführung des sozialen Mietrechts ab 12 1960 a) Aufgrund von Anfang an lebhaft umstrittener, statistischer Erhebungen kam die Bundesregierung 1960 zu dem Ergebnis, daß spätestens Ende 1965 der Wohnungsmarkt ausgeglichen sein werde. Die Bundesregierung folgerte daraus, daß sich in den Jahren 1960 bis 1965 ein Abbau der Wohnungszwangswirtschaft in Verbindung mit der Einführung eines sozialen Mietrechts rechtfertigen lasse (sog Lücke-Plan). Trotz heftigen Widerstandes der damaligen Opposition erging daraufhin am 23. 6. 1960 das Gesetz über den Abbau der Wohnungszwangswirtschaft und über ein soziales Miet- und Wohnrecht (BGBl I 389). Dieses Gesetz brachte neben zahlreichen Gesetzesänderungen ein 2. BMG, das 1. Gesetz über die Gewährung von Miet- und Lastenbeihilfen, die ersten Änderungen des Mietrechts des BGB unter sozialen Vorzeichen und vor allem die Bestimmung des 31. 12. 1965 als Endtermin des MSchG (§ 54 nF MSchG). Der Abbau der Wohnungszwangswirtschaft sollte ab 1. 7. 1963 stufenweise durch VOen der Landesregierungen durchgeführt werden. Die bei Erlaß des AbbauG gehegten Erwartungen bestätigten sich jedoch nicht, so 13 daß durch das SchlußterminsänderungsG v 24. 8. 1965 (BGBl I 1969) der Schlußtermin auf den 1.1. 1968 hinausgeschoben wurde. Eine weitere Hinausschiebung auf den 31. 12. 1968 brachten sodann für die Ballungszentren Bonn, Freiburg, Göttingen, Hamburg, München und Berlin die Gesetze v 3.4. 1967 und v 21. 12. 1967 (BGBl I 339; 1251 ff). Für Berlin wurde später durch das Gesetz v 19. 12. 1969 (BGBl I 2357) der Schlußtermin erneut auf den 31. 12. 1972 und durch das Gesetz v 30. 12. 1972 (BGBl I 2051) auf den 31. 12. 1975 hinausgeschoben. Damit ist erst an diesem Tag das MSchG endgültig außer Kraft getreten. Auch die Mietpreisbindung wurde nur sehr viel langsamer als geplant abgebaut. Denn durch ein Gesetz v 20. 12. 1968 (BGBl I 1411) wurde die Mietpreisbindung zunächst zum größten Teil aufrechterhalten. Eine weitere Verschiebung des Schlußtermins enthielt für Hamburg und München dann das Gesetz v 18. 6. 1970 (BGBl I 786). Als endgültiger Schlußtermin der Mietpreisbindung wurde nunmehr der 31. 12. 1972 bestimmt. Aber auch damit hatte es noch nicht sein Bewenden. Die Mietpreisbindung für München und Hamburg wurde nämlich durch Gesetz v 30. 10. 1972 (BGBl I 2054) bis zum 31. 12. 1974 verlängert (vgl außerdem die Ubergangsregelung bis zum 31. 12. 1976 in Art 6 des 2. WRKSchG). Zusammen mit der Aufrechterhaltung der Mietpreisbindung wurden in den genannten Gebieten durch zahlreiche weitere BMG Mietzinserhöhungen zugelassen. Schließlich wurde noch durch ein Gesetz v 17. 11. 1975 (BGBl I 2867) die Mietpreisbindung für Berlin bis Ende 1980 verlängert. Damit ergibt sich folgender augenblicklicher Rechtszustand (vgl zB P A L A N D T - P U T Z O Einf 12 f vor § 535): Die alte Wohnraumbewirtschaftung, gekennzeichnet durch Mieterschutzgesetz und 14 Wohnraumbewirtschaftungsgesetz, ist endgültig beseitigt. An ihre Stelle ist das soziale Mietrecht getreten. Lediglich die Mietpreisbindung besteht in Berlin bis Ende 1980 fort. Daneben ergeben sich für die sog Sozialwohnungen im gesamten Bundesgebiet Beschränkungen der Mietzinshöhe aus dem sog WohnungsbindungsG v 31. 1. 1974 (BGBl I 137; vgl dazu eingehend STERNEL Rz II 1 ff, 173 ff). Eine entsprechende Regelung gilt für Bedienstetenwohnungen aufgrund des § 87 a des 2. (643)

Volker Emmerich

Vorbem zu §§ 535, 536 15, 16 2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

WoBauG v 1. 9. 1965 (BGBl I 1617), sowie für andere öffentlich geförderte Wohnungen aufgrund der §§ 88, 88 b und 111 des genannten Gesetzes (vgl auch P A L A N D T - P U T Z O Einf 13 c vor § 535). Für die Berechnung dieser gebundenen Mieten sind vor allem die NeubaumietenVO v 1970 idF v 21. 2. 1975 (BGBl 1595) und die 2. BerechnungsVO v 21. 2. 1975 (BGBl I 570) heranzuziehen. Ein danach preisrechtlich unzulässiger Mietzins wird auch nach Aufhebung der Mietpreisbindung nicht automatisch wirksam (LG Hamburg MDR 1976, 402 f Nr 55). 15 b) Parallel zu dem schrittweisen Abbau der Wohnungszwangswirtschaft vollzog sich die Einführung des sozialen Mietrechts in das BGB. Das AbbauG v 1960 hatte sich aus Zeitnot zunächst nur auf die Einführung der sog Sozialklausel (§ 556 a) beschränkt. Weitere Verbesserungen des Mieterschutzes brachte dann das 1. MietRÄndG v 29. 7. 1963 (BGBl I 505). Durch das (sehr wichtige) 2. MietRÄndG v 14. 7. 1964 (BGBl 1457) wurde schließlich (endlich) auch die Position des Mieters bei Abschluß und während des Laufs des Vertrags entscheidend verstärkt. Vor allem die meisten sog mißbilligten Klauseln wurden durch dieses Gesetz endgültig verboten. Durch das 3. MietRÄndG v 21. 2. 1967 (BGBl I 1248) wurde später vor allem noch die Sozialklausel abermals zugunsten der Mieter erheblich verschärft. Aber wer geglaubt hatte, daß damit die Entwicklung des Mietrechts endlich zum Abschluß gekommen wäre, wurde alsbald eines Besseren belehrt.

16 7. Die Rückkehr zum Mieterschutz ab 1971 Im Jahre 1970 gelangte die Bundesregierung zu dem Schluß, daß die immer noch bestehende Mangellage in Verbindung mit den starken Baupreiserhöhungen zu einem unerträglichen Anstieg der Mietzinsen geführt habe, so daß vorübergehend bis zum endgültigen Ausgleich von Angebot und Nachfrage erneut ein verstärkter Mieterschutz geboten sei (vgl die Begr z RegE, BT-Dr VI/1549). Die Bundesregierung legte deshalb dem Bundestag einen umfangreichen Entwurf vor, durch den vor allem der Schutz der Mieter gegen Kündigungen und Mietzinserhöhungen verbessert werden sollte (sog ArtikelG). Der Entwurf wurde wegen des heftigen Widerstandes diesmal der CDU in zwei Gesetze aufgespalten, nämlich in das (inzwischen außer Kraft getretene) 1. WRKSchG v 25. 11. 1971 (BGBl I 1839), sowie in das MietRVerbesserungsG v 4. 11. 1971 (BGBl I 1745). Das 1. WRKSchG beseitigte zunächst das freie Kündigungsrecht des Vermieters; eine Kündigung war fortan nur noch möglich, wenn der Vermieter ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses hatte. Die Gründe, in denen ein derartiges berechtigtes Interesse vorliegen sollte, lehnten sich dabei eng an das alte MSchG an. Außerdem wurde die Kündigung zum Zwecke der Erhöhung des Mietzinses ausgeschlossen. Statt dessen wurde dem Vermieter das Recht gegeben, höchstens einmal im Jahr eine Erhöhung des Mietzinses auf das Niveau der sog Vergleichsmiete zu verlangen. Die Verfassungsmäßigkeit der Wiedereinführung des Mieterschutzes war von Anfang an lebhaft umstritten (dagegen insbes KIMMINICH aaO). Der Streit wurde durch den Beschl des BVerfG v 23. 4. 1974 (BVerfGE 37,140) entschieden. Das BVerfG bejahte hierin die grundsätzliche Zulässigkeit der Wiedereinführung des Mieterschutzes und der Beschränkung der Mietzinserhöhungen, hob jedoch eine Reihe landgerichtlicher Entscheidungen auf, die übertriebene Anforderungen an die vom Vermieter nachzuweisenden Voraussetzungen für sein Erhöhungsverlangen gestellt hatten (vgl außerdem BVerfG ZMR 1975, 210; sowie SCHMIDT-FUTTERER A 24 ff; GRAF NJW 1976, 1480). Volker Emmerich

(644)

Vorbem zu §§ 535, 536 17-19

3. Titel. Miete. Pacht

Das 1. WRKSchG war ursprünglich nach den Behauptungen der BReg als vorüber- 17 gehende Maßnahme gedacht gewesen; die Geltungsdauer des Gesetzes war deshalb bis zum 31. 12. 1974 befristet worden. Es stellte sich jedoch sehr bald heraus, daß die BReg in Wirklichkeit die Absicht gehabt hatte, den Mieterschutz wieder als Dauerrecht einzuführen. Deshalb wurde noch vor Ende 1974 das 2. WRKSchG v 18. 12. 1974 (BGBl I 3603) verkündet. Durch Art 1 wurde nunmehr der Kündigungsschutz als Dauerrecht im BGB verankert (§ 564 b). Außerdem wurde durch Art 3 ein neues Gesetz zur Regelung der Miethöhe eingeführt (MHRG), aufgrund dessen der Vermieter jetzt nach dem Vorbild des 1. WRKSchG unter bestimmten Voraussetzungen eine Anpassung des vertraglichen Mietzinses an das Niveau der sog Vergleichsmiete verlangen kann. Entsprechend einer verbreiteten Forderung sind damit Mietpreisbindung und Bestandsschutz als Kern des sog sozialen Mietrechts als Dauerrecht wieder eingeführt worden.

8. Kritik und Ausblick

18

Auf- und Abbau des Mietnotrechts haben sich in Wellen vollzogen. Im Augenblick befinden wir uns wieder in einer Phase des unaufhörlichen Ausbaus des Mietnotrechts. Konnte man noch 1960 hoffen, daß in absehbarer Zeit auch der gesamte Wohnungsmarkt von den Fesseln der Zwangswirtschaft befreit sein werde, so muß man jetzt befürchten, daß auch auf diesem Markt in absehbarer Zeit die so mühsam erkämpfte Freiheit bald wieder verloren sein wird. Diese Entwicklung war und ist jedoch nicht zwangsläufig (aM zu Unrecht S C H M I D T - F U T T E R E R aaO m Nachw). Wenn es tatsächlich auf dem Wohnungsmarkt zu unerträglichen Spannungen gekommen ist, so doch nur aus zwei Gründen, die durchaus selbst verschuldet sind. Der eine Grund ist die unsinnige Marktspaltung, dh die Tatsache, daß nach wie vor ein großer Teil der Wohnungen außerhalb des Marktes und zu manipulierten Preisen vergeben wird (Problem der Sozialwohnungen). Dadurch kommen zahllose Mieter vor allem der alten Sozialwohnungen ständig in den Genuß staatlicher Geschenke in Milliardenhöhe, obwohl sie schon längst nicht mehr bedürftig sind, während für die wirklich Bedürftigen nicht genügend Sozialwohnungen vorhanden sind, so daß der Staat ständig neue Sozialwohnungen bauen muß, obwohl - statistisch gesehen - der Markt schon längst ausgeglichen ist (vgl H Ä R I N G aaO). Obendrein sind in vielen Städten die neuesten Sozialwohnungen bereits teurer als die auf dem freien Markt angebotenen Wohnungen (vgl H O R T aaO). Hieran wird deutlich, daß das System der Objektförderung, wie es in Deutschland 19 trotz aller Kritik nach wie vor praktiziert wird, auf die Dauer nicht mehr haltbar ist. Das System der Objektförderung muß vielmehr zugunsten des Systems der Subjektförderung aufgegeben werden. Der Wohnungsbau ist maW uneingeschränkt dem Markt zu überlassen. Der Staat sollte nur zugunsten der bedürftigen Mieter durch Wohnungsbeihilfen intervenieren. Der einzige richtige Schritt auf diesem Weg war das 1. Wohngeldgesetz v 1965, an dessen Stelle jetzt das 2. WohngeldG v 14. 12. 1973 (BGBl 1 1863) getreten ist. Die daneben trotzdem weiter praktizierte Objektförderung hat im Grunde nur zu einer unerträglichen Konzentration des Wohnungsbesitzes in der Hand der großen Wohnungsbaugesellschaften geführt. An diesem in jeder Hinsicht unbefriedigenden Zustand wird auch das unlängst verkündete Gesetz zur Förderung von Wohnungseigentum und Wohnbesitz im sozialen Wohnungsbau v 23. 3. 1976 (BGBl I 737) nichts ändern (vgl dazu PICK und SCHOPP a a O ; BRAMBRING N J W 1 9 7 6 , 1 4 3 9 ; O S W A L D W M

1976,

806).

Denn der zweite Umstand, der zu den allseits beklagten Verzerrungen auf dem Wohnungsmarkt geführt hat, kann auch durch das genannte Gesetz nicht geändert (645)

Volker Emmerich

Vorbem zu §§ 535, 536 20-22 2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

werden. Es ist dies die sich seit 1969 ständig beschleunigende inflationäre Entwicklung (vgl dazu insbes das Gutachten des Wissenschaftlichen Beirats aaO). Der einzige richtige Weg zur Bekämpfung der bedrohlichen Entwicklung auf dem Wohnungsmarkt wäre deshalb neben dem Übergang von der Objektförderung zur Subjektförderung die energische Bekämpfung der Inflation in Verbindung mit der allgemeinen Freigabe der Sozialwohnungen gewesen. Nach allen Erfahrungen, die wir über Wettbewerbsmärkte besitzen, wäre es dann sehr schnell auch zu einem Ausgleich von Angebot und Nachfrage bei einem erträglichen Mietzinsniveau auf dem Wohnungsmarkt gekommen, da die Versorgung Deutschlands mit Wohnungen schon längst ausreichend ist. Man kann deshalb nur hoffen, daß uns wenigstens in Zukunft eine erneute Wohnungszwangswirtschaft erspart wird, obwohl inzwischen auch schon Forderungen in dieser Richtung wieder erhoben werden.

II. Die Miete im System des BGB 20 1. Die Miete als Schuldverhältnis Schon nach der Stellung des Mietrechts im BGB kann kein Zweifel darüber bestehen, daß nach der Vorstellung der Verfasser des BGB der Mietvertrag ein normaler, gegenseitiger, schuldrechtlicher Vertrag ist, durch den ein Dauerschuldverhältnis begründet wird. Solange dem Mieter die vermietete Sache nicht übergeben ist, hat er kein irgendwie geartetes Recht an dieser Sache, sondern ist auf seinen Erfüllungsanspruch gegen den Vermieter beschränkt. Drittwirkungen scheiden aus. 21 Die Situation ändert sich indessen, sobald dem Mieter die vermietete Sache übergeben wird, so daß er den Besitz an der Sache erlangt. Denn von diesem Zeitpunkt ab genießt er zunächst umfassenden Besitzschutz gegen alle Dritte einschließlich des Vermieters aufgrund der §§ 858 ff. Außerdem ist er gegen schuldhafte Eingriffe Dritter weitgehend durch § 823 Abs 1 geschützt. All dies gilt gleichermaßen für die Grundstücksmiete wie für die Fahrnismiete. Bei der Fahrnismiete kommt darüber hinaus noch der besondere Schutz des Besitzers aufgrund der §§ 986 Abs 2 und 1007 hinzu. Doch ändert dies nichts an der schuldrechtlichen Natur der Miete. Was hierin zum Ausdruck kommt, ist nichts anderes als die bekannte, weitgehende Verdinglichung aller obligatorischen Besitzrechte durch die Besitzerlangung seitens des Berechtigten (s hierzu insbes D U L C K E I T aaO). Schwieriger ist die Situation bei der Grundstücksmiete. Denn hier genießt der Mieter nach Überlassung des Grundstücks aufgrund des § 571 umfassenden Schutz gegen eine Veräußerung des Grundstücks durch den Vermieter. Die Miete ist dadurch unbestreitbar in einzelnen Beziehungen einem dinglichen Recht angenähert (s im einzelnen § 571 Rz 5 ff; vgl insbes auch § 577). Jedenfalls in Ausnahmefällen kann zudem auch § 1007 auf die Grundstücksmiete entsprechend angewandt werden (BGHZ 7, 208, 217 ff). Eine gewisse Drittwirkung ergibt sich ferner aus den §§ 541 und 538 Abs 2, da hiernach der Mieter unter gewissen Voraussetzungen das Recht hat, Rechte Dritter, durch die sein Mietbesitz beeinträchtigt wird, auf Kosten des Vermieters abzulösen. 22 Das RG hat aus dieser Regelung einmal gefolgert, daß die Miete als Last auf dem Grundstück ruhe, so daß die Vermietung eines Grundstückes durch einen Dritten mit Zustimmung des Eigentümers gemäß § 182 auch den Eigentümer binde (RGZ 80, 395, 397 ff); auf der anderen Seite hat es die Praxis jedoch stets abgelehnt, die Vermietung eines Grundstücks durch einen Nichteigentümer als Verfügung iS der §§ 892 und 893 anzusehen, da eben die Miete kein dingliches Recht ist (RGZ 106, 109, 111 ff; 124, 325, 327; KG JW 1929, 2893, 2894 Nr 6). Es kommt hinzu, daß Volker Emmerich

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3. Titel. Miete. Pacht

Vorbem zu §§ 535, 536 23-26

der Mieter auch in der Zwangsversteigerung nur einen ganz schwachen Stand hat (§§ 57 ff ZVG). Insgesamt sind deshalb die dinglichen Züge der Miete im BGB, das die Miete prinzipiell als Schuldverhältnis konstruiert hat, nur ganz schwach ausgeprägt (vgl im einzelnen noch BAUR, Sachenrecht [9. Aufl 1977] § 29 E; CROME, aaO; ENNECCERUS-LEHMANN § 127 I 6; ESSER II 1 § 18, 4; DULCKEIT, HESSE u LÖNING

aaO, alle m Nachw).

2. Die verschiedenen Arten der Miete 23 a) Das BGB behandelte ursprünglich die Grundstücksmiete nahezu genauso wie die Fahrnismiete. Für die Grundstücks- und Raummiete enthielt es nur wenige Sondervorschriften. Die Einführung des sozialen Mietrechts hat hierin einen grundlegenden Wandel gebracht. Da die zahlreichen Schutzvorschriften des sozialen Mietrechts nur für die Mieter von Wohnräumen gelten, muß man heute zunächst zwischen der Miete von beweglichen und der von unbeweglichen Sachen unterscheiden. Innerhalb der Grundstücksmiete muß man weiter zwischen der Wohnraummiete und der Miete sonstiger Räume, namentlich der Geschäftsraummiete, unterscheiden. b) Unter einem Raum versteht man einen allseits umschlossenen Teil eines festen 24 Gebäudes, der so groß ist, daß sich ein Mensch darin aufhalten kann. Gebäude in diesem Sinne ist jedes unbewegliche, mit dem Erdboden fest verbundene Bauwerk, das zum Aufenthalt von Menschen bestimmt und geeignet ist. Keine Raummiete stellt daher die Vermietung von Räumen in beweglichen Sachen wie Schiffen, Wohnwagen oder Eisenbahnwagen dar (s § 580 Rz 2). Einen Sonderfall der Raummiete bildet die besonders wichtige Wohnraummiete. 25 Die Abgrenzung zwischen Wohnräumen und sonstigen Räumen, namentlich den Geschäftsräumen, richtet sich in erster Linie nach der Zweckbestimmung der Räume aufgrund der Abreden der Parteien. Wohnräume sind hiernach alle Einzelräume und Wohnungen, die zum privaten Aufenthalt von Menschen bestimmt sind und zu diesem Zwecke vermietet werden (§ 5 8 0 Rz 3; ROQUETTE ZMR 1 9 6 3 , 1 6 1 ) . Wohnraummiete wird auch angenommen, wenn eine juristische Person Räume mietet, um sie an ihre Mitarbeiter weiter zu vermieten (LG München ZMR 1974, 49, 51). Sind hingegen Räume zu anderen als Wohnzwecken vermietet worden, so ändert sich die Natur des Vertrages nicht dadurch, daß später einzelne Räume entgegen dem Vertrag doch zu Wohnzwecken verwandt werden (BGH LM Nr 1 zu § 554 b BGB; BGB-RGRK-GELHAAR Vorbem 21 zu 535).

Liegt keine ausdrückliche Abrede der Parteien darüber vor, zu welchen Zwecken die Räume vermietet sind, so ist von der objektiven Zweckbestimmung der Räume auszugehen. Handelt es sich eindeutig um zum Wohnen bestimmte Räume, so liegt mithin grundsätzlich Wohnraummiete vor. Nur wenn sich aus den Umständen klar ergibt, daß die Räume von den Parteien zu anderen als Wohnzwecken bestimmt waren, kann Geschäftsraummiete angenommen werden. c) Von Mischmietverhältnissen spricht man, wenn durch einen Vertrag Wohnräume 26 und sonstige Räume zusammen vermietet werden, wie zB bei der Vermietung von Läden oder Gastwirtschaften mit der dazugehörigen Wohnung (vgl hierzu insbes ROQUETTE § 5 3 5 Rz 150 ff; SCHMIDT-FUTTERER, Miete und Pacht 2 1 2 ff; ders B 5 ff; ders NJW 1966, 5 8 3 ; ders Mietrecht, s v Mischräume; STERNEL Tz III 137 ff; GELHAAR aaO Vorbem 2 2 ) . Für diese Fälle gibt es keine Einheitslösung; vielmehr muß man je nach dem Willen der Parteien unterscheiden: Sind die Verträge über die Wohnräume und die Geschäftsräume nur äußerlich verbunden, so daß sich beide mühelos trennen lassen, (647)

Volker Emmerich

Vorbem zu §§ 535, 536 27-30 2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

so folgt jeder Vertrag den für ihn geltenden Vorschriften (LG Mannheim BB 1976, 531). Bildet hingegen der Vertrag eine Einheit, so ist zu prüfen, was für die Parteien im Vordergrund stand. Dafür kommt es entscheidend auf den Mietwert der Räume, sowie auf deren Größe an. Liegt danach das Schwergewicht bei den Geschäftsräumen, so liegt ein einheitlicher Mietvertrag über Geschäftsräume vor, so daß kein Raum für die Anwendung der besonderen Schutzvorschriften für Wohnräume ist (BGH LM Nr 1 zu § 554 b BGB; LG Mannheim ZMR 1966,107; OLG Hamm, Urt v 1. 6. 1976 - 7 U 30/76, S 6). Anders nur, wenn die Vereinbarungen der Parteien im klaren Widerspruch zu den objektiven Verhältnissen stehen und damit als Umgehung der Schutzvorschriften für den Mieter von Wohnräumen erscheinen (OLG Hamburg MDR 1969, 846 Nr 39; LG Wiesbaden ZMR 1964, 310 f; LG Mannheim MDR 1974, 935 Nr 53). Uberwiegt hingegen der Wohnraumanteil, so gilt einheitlich § 564 b BGB (LG Mannheim BB 1976, 531 = MDR 1976, 581 f). 27 Stehen jedoch Geschäftsraummiete und Wohnraummiete gleichberechtigt nebeneinander, so ist entgegen einer verbreiteten Meinung (LG Mannheim ZMR 1966, 1 0 7 Nr 11; 1968, 1 9 0 ; GITTER 8 f) entsprechend dem Schutzzweck des neuen sozialen Mietrechts von dem Vorliegen einer Wohnraummiete auszugehen (LG Kiel WuM 1976, 132). Mithin untersteht dann der gesamte Vertrag einheitlich den Schutzvorschriften für die Miete von Wohnräumen (BRÜHL FamRZ 1964, 541; SCHMIDT-FUTTERER B 19; STERNEL TZ I 13 f; AG Schwetzingen B B 1977, 1 2 7 4 ) . 28 d) Errichtet der Mieter eines Grundstücks auf diesem zu einem vorübergehenden Zweck ein Gebäude, so verwandelt sich der Vertrag nicht in einen Wohnraummietvertrag, sondern bleibt Grundstücksmiete, da das Gebäude im Eigentum des Mieters steht (§ 9 5 ; LG Mannheim MDR 1 9 7 1 , 2 2 3 ; BGH NJW 1 9 7 6 , 1 5 3 9 ; ROQUETTE § 5 3 5 Rz 1 6 2 ; STERNEL TZ I I I 139). Grundstücksmiete ist außerdem jede Vermietung von Grundstücksteilen, daher namentlich auch die Vermietung von Außenwänden oder Dächern von Gebäuden etwa zur Anbringung von Reklameschriften oder Automaten (s § 571 Rz 14 ff, § 580 Rz 1 ff). 29 3. Die Abgrenzung der Miete von anderen Verträgen9" a) Miete, Pacht und Leihe bilden die im BGB geregelten Grundformen der sog Gestattungsverträge. Von einem Gestattungsvertrag spricht man, wenn eine Partei einer anderen entgeltlich oder unentgeltlich die Vornahme einer ihr an sich verbotenen Tätigkeit gestattet. Ist diese Tätigkeit der Gebrauch einer Sache, so handelt es sich um Miete iS des BGB (s BGHZ 19, 85, 93; PERGANDE § 535 Anm 1 a; ROQUETTE § 5 3 5 R z 1 6 6 f).

Die Miete als Grundform für die entgeltliche Überlassung von Sachen zum Gebrauch steht im begrifflichen Gegensatz zu allen Veräußerungsverträgen, die auf die entgeltliche Übertragung des Eigentums an Sachen gerichtet sind. Sonderformen der Miete sind die Pacht und die Leihe. 30 Pacht und nicht Kaufvertrag ist namentlich grundsätzlich bei allen Verträgen über die Ausbeutung von Bodenschätzen anzunehmen (s § 571 Rz 14 ff). Ebenso handelt es sich um Miete bei Verträgen über die Ablagerung von Müll auf einer Müllkippe (BGHZ 63, 119). Hingegen liegt kein Mietvertrag mehr vor, wenn der Schwerpunkt des Vertragsverhältnisses in der Gestattung des Betriebes eines Gewerbes in den Räumen eines anderen besteht. Deshalb sind namentlich Verträge über die Gestat* Schrifttum: B G B - R G R K - G E L H A A R , Vorbem 207 ff zu § 535; S C H M I D T - F U T T E R E R , Miete und Pacht 39 ff; Mot II 369 ff.

Volker Emmerich

MITTELSTEIN

22 ff; N I E N D O R F F 8 ff;

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3. Titel. Miete. Pacht

Vorbem zu §§ 535, 536 31-34

tung des Betriebs einer Wechselstube oder einer Buchhandlung in Bahnhofsräumen oder in einer Hotelhalle keine Miete, sondern gemischte Verträge, deren Kern eine Rechtspacht ist (RGZ 108, 369; RG JW 1924,1962 Nr 2; Gruchot 68 [1927] Nr 14 310 f; s im einzelnen § 571 Rz 14 ff). b) Miete und Pacht unterscheiden sich vor allem in zwei Punkten: Einmal darf der 31 Pächter im Gegensatz zum Mieter auch die Früchte ziehen, soweit sie nach den Regeln einer ordnungsmäßigen Wirtschaft als Ertrag der Sache anzusehen sind. Zum andern können Gegenstand der Pacht auch Rechte und nicht nur Sachen sein. Im Einzelfall kann die Abgrenzung sehr schwierig sein (Einzelheiten s bei § 581). So 32 ist die Überlassung von Maschinen oder Fahrzeugen zum Gebrauch grundsätzlich Miete und nicht Pacht (BGH LM Nr 7 u 18 zu § 196 BGB). Besonders umstritten ist die Abgrenzung von Miete und Pacht bei Verträgen über die Überlassung von Räumen mit Einrichtungsgegenständen, durch deren bestimmungsgemäßen Gebrauch Früchte aus der Sache gezogen werden können. Zu denken ist hier vor allem an die Überlassung von eingerichteten Fabrikgebäuden, Geschäftsräumen und namentlich von Gastwirtschaften mit Inventar (s hierzu insbes MITTELSTEIN 32 ff; NIENDORFF 1 2 f f ) .

Gegenstand eines Pachtvertrages kann auch ein Unternehmen als unkörperliche Einheit von Sachen, Rechten und Chancen sein. Dementsprechend ist ein Pachtvertrag anzunehmen, wenn Gegenstand des Vertrages in erster Linie das (potentielle) Unternehmen ist, das in den voll eingerichteten Räumen betrieben werden kann. Daher nimmt die Praxis zu Recht einen Pachtvertrag an, wenn die überlassenen Räume derart ausgestattet sind, daß sie jederzeit die Aufnahme eines Unternehmens, das Erträge abwerfen kann, gestatten (zuletzt zB BGH ZMR 1969,206; OLG Hamm, Urt v 1. 6. 1976 - 7 U 7/76, S 5). Hauptbeispiel ist die Überlassung einer Gastwirtschaft mit dem hauptsächlichen Inventar oder einer im wesentlichen eingerichteten Fabrik, immer vorausgesetzt, daß die Räume und die Einrichtung speziell für den betreffenden Betrieb geeignet und bestimmt sind. Stammt jedoch das Inventar nicht vom Verpächter, sondern von einem Dritten oder ist es erst vom Pächter selbst nachträglich erworben worden, so kann man keinen Pachtvertrag mehr annehmen, da hier Gegenstand des Vertrages allein die Räumlichkeiten und nicht das darin zu betreibende Unternehmen sind (aA zB RGZ 114, 243, 244 f). Wenn mehrere Sachen durch denselben Vertrag teils zum Gebrauch, teils zum 33 Fruchtgenuß überlassen werden (zB eine Wohnung mit Nutzgarten), ist zunächst auf die Abreden der Parteien abzustellen, daneben aber auch der Schutzzweck des sozialen Mietrechts ausschlaggebend zu berücksichtigen. In erster Linie wird es deshalb darauf ankommen, welches Vertragsobjekt als die Hauptsache erscheint bzw welcher Vertragszweck der wesentliche, das ganze Rechtsgeschäft bestimmende ist (RGZ 108, 369; OLG Braunschweig OLGE 5, 23; OLG Breslau JW 1927, 1947). Dadurch wird es jedoch nicht ausgeschlossen, in einzelnen Beziehungen auf den Vertrag auch die Vorschriften von Miete und Pacht nebeneinander anzuwenden. c) Von der Leihe (§ 598) unterscheidet sich die Miete vor allem durch ihre 34 Entgeltlichkeit. Nur die unentgeltliche Überlassung von Sachen zum Gebrauch ist Leihe. In Ausnahmefällen kann in einer solchen unentgeltlichen Überlassung von Sachen aber auch eine Schenkung liegen (LG Köln NJW 1973, 1880; BGH WM 1970, 638; LM Nr 45 zu § 535 BGB; BRAXMAIER WM 1972, 123). Auch eine Ausstattung kann hier ausnahmsweise anzunehmen sein (RG LZ 1917, 801 Nr 5). Wenn der Mietzins unverhältnismäßig niedrig angesetzt worden ist (Fall der sog Gefälligkeitsmiete), ist Miete zu bejahen, sofern der geringe Mietzins ernstlich als (649)

Volker Emmerich

Vorbein zu §§ 535, 536 35-37 2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

Entgelt vereinbart worden ist. Stellt er hingegen eine bloße Anerkennungsgebühr dar, so liegt Leihe oder in Ausnahmefällen je nach der Willensrichtung der Parteien auch gemischte Schenkung vor (OLG Hamburg OLGE 2 0 , 2 1 0 , 2 1 1 ; OGHZ 2 , 1 7 0 = N J W 1 9 4 9 , 6 2 3 ; B G H L M N r 4 5 zu § 5 3 5 B G B ; MITTELSTEIN 5 5 f f ) .

35 d) Enge Berührungspunkte weist die Miete auch zur Verwahrung (§§ 688 ff) bzw zum Lagervertrag auf. Denn äußerlich liegt auch bei der Verwahrung die Überlassung eines Raums gegen Entgelt zum Gebrauch vor. Jedoch ist die Interessenlage bei der Verwahrung völlig anders als bei der Miete (BGHZ 3, 200 = NJW 1951, 957). Während nämlich der Mieter den Mietzins dafür zahlt, daß ihm der Vermieter vorübergehend bestimmte Räume zum Gebrauch überläßt, zahlt der Hinterleger im deutlichen Gegensatz hierzu das Entgelt gerade dafür, daß der Verwahrer in seinen Räumlichkeiten bewegliche Sachen des Hinterlegers in seine Obhut nimmt. Hauptleistungspflicht des Vermieters ist maW die Überlassung von Sachen zum vorübergehenden Gebrauch, Hauptleistungspflicht des Verwahrers hingegen die Übernahme der Obhut über bewegliche Sachen des Hinterlegers auf Zeit. Dementsprechend sind auch die Besitzverhältnisse typischerweise ganz unterschiedlich: Während bei der Miete der Mieter in aller Regel unmittelbarer Besitzer der Räume wird, erlangt bei der Verwahrung der Verwahrer typischerweise den unmittelbaren Besitz an den in Verwahrung genommenen beweglichen Sachen des Hinterlegers. Danach liegt vor allem Miete vor, wenn Räumlichkeiten zu dem Zweck dem Vertragspartner überlassen werden, darin Sachen unterzubringen. Denn hier übernimmt der Vermieter keinerlei Obhutspflichten über die Sachen des Mieters. Ebenso grundsätzlich bei Überlassung von Park- oder Garagenplätzen, und zwar selbst bei einer Sammelgarage (LG Mannheim DAR 1958, 328). Auch hier liegt Verwahrung nur vor, wenn zusätzlich Bewachung des Fahrzeugs geschuldet wird. 36 e) In Ausnahmefällen kann auch die Abgrenzung zum Werkvertrag Schwierigkeiten bereiten, namentlich wenn eine Sache überlassen wird, um damit gemeinsam einen bestimmten Erfolg zu erzielen. IdR wird in solchen Fällen ein gemischter Vertrag aus Elementen der Miete und des Werkvertrags vorliegen. Besonders schwierig ist die Einordnung der verbreiteten Verträge auf Überlassung von Maschinen oder Fahrzeugen mit Bedienungspersonal. Ob solche Verträge (überwiegend) Miet- oder Werkverträge sind, hängt namentlich von den von den Parteien hauptsächlich verfolgten Zwecken ab (BGH LM Nr 40 zu § 535 BGB, B1 2). Beschränkt sich die Vertragspflicht des Überlassenden auf die Überlassung der Maschine und die Stellung des Bedienungspersonals, so ist Miete anzunehmen. Ein besonders deutliches Anzeichen dafür ist es, wenn der Besteller den Einsatz der Maschine zu bestimmen hat. In diesem Fall schuldet der Vermieter nur die Auswahl einer ordnungsmäßigen Maschine und des geeigneten Personals; die Beweislast für die Erfüllung dieser Pflicht trifft den Vermieter (BGH LM Nr 40 zu § 535 BGB; VersR 1970, 930; KG NJW 1965, 976 f; HILGENDORF VersR 1972, 127; SCHMIDT VersR 1966, 24 f). Streitig ist, ob in diesen Fällen das vom Vermieter gestellte Personal bei Einsatz der Maschine Erfüllungsgehilfe des Vermieters (so BGH aaO) oder des Mieters ist (so KG aaO). Werkvertrag ist jedenfalls nur anzunehmen, wenn außerdem gerade ein bestimmtes Werk geschuldet wird, wenn maW auch die Betriebstätigkeit der überlassenen Maschine Vertragsinhalt geworden ist (s außer BGH u KG aaO insbes RGZ 82, 427, 429; RG LZ 1916, 235; JR 1926 Nr 11; Gruchot 61, 633; OLG Hamburg HansGZ 1926, 106; MDR 1965, 491; OGH MDR 1950, 24). 37 f) Auch die Abgrenzung zum Kauf kann in Ausnahmefällen außerordentliche Schwierigkeiten bereiten. Nicht nur daß Miete und Kauf beliebig kombiniert werden Volker Emmerich

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3. Titel. Miete. Pacht

Vorbem zu §§ 535, 536 38-40

können (s MITTELSTEIN 8 1 ff); sondern der einheitliche Vertrag kann auch von vornherein Elemente der Miete und des Kaufs in sich aufnehmen (sog Mietkauf). Freilich gibt es keinen einheitlichen Typus des Mietkaufs, so daß die Einordnung letztlich stets ganz von den Umständen des Einzelfalles abhängt (vgl zB P A L A N D T PUTZO Einf 3 a vor § 535; R E I C H , in: Vertragsschuldverhältnisse [1974] 55 f). Besonders schwierig ist jedoch die Qualifizierung des Vertrages, wenn dem Mieter eine bestimmte Sache zum Gebrauch gegen ein wesentlich überhöhtes Entgelt überlassen wird und ihm zugleich befristet oder unbefristet ein sog Ankaufsrecht eingeräumt wird, bei dessen Ausübung die bisher bezahlten Mietzinsraten ganz oder teilweise auf den dann geschuldeten Kaufpreis angerechnet werden. Derartige Verträge können reine Miete, gemischte Verträge aus Kauf und Miete, 38 Kaufverträge oder Leasing sein. Liegt von vornherein während der ganzen Vertragsdauer die Sach- und Preisgefahr ausschließlich beim sog Mieter, so handelt es sich eindeutig um einen sog Leasing-Vertrag. Folgt hingegen die Regelung der Gefahrtragung zunächst bis zu dem Augenblick, an dem der sog Mieter von seinem Ankaufsrecht Gebrauch macht, der Regelung beim Mietvertrag, so kann jedenfalls kein Leasing angenommen werden ( K O C H - H A A G BB 1968, 93, 95). Zu entscheiden bleibt dann jedoch noch, ob es sich um eine reine Miete oder um einen (Miet-)Kauf handelt. Insoweit ist vor allem entscheidend, ob der Vertragszweck der Parteien letztlich vorwiegend auf die Eigentumsübertragung oder auf die vorübergehende Gebrauchsüberlassung gerichtet war. Wichtigster Anhaltspunkt für die Entscheidung dieser Frage ist die Relation zwischen Kaufpreis und Mietzinsraten. Ist der Mietzins so hoch bestimmt, daß nach einer gewissen Zeit der sog Mieter bei rationalem Handeln gar keine andere Wahl hat, als von dem Ankaufsrecht Gebrauch zu machen, so handelt es sich eindeutig (überwiegend) um einen Kaufvertrag, wodurch es jedoch nicht ausgeschlossen ist, auf den Vertrag bis zur Ausübung des Ankaufsrechts ergänzend Mietrecht anzuwenden (vgl hierzu eingehend BFHE 65, 550, 552 f; 78, 107, 108 f = BStBl 1957 III, 455; 1964 III, 44; BFH BStBl 1971 II, 133 ff = BB 1 9 7 1 , 4 2 4 ff; ESSER-WEYERS II 1 § 2 4 II).

Ähnliche Abgrenzungsprobleme ergeben sich bei § 6 AbzG. Hier wird ein verhülltes 39 Abzahlungsgeschäft jedenfalls dann angenommen, wenn demjenigen, dem die Sache zunächst gegen ein in Raten zu zahlendes Entgelt zum Gebrauch überlassen ist, ein festes Recht auf den Erwerb eingeräumt wird oder doch zumindest die Übertragung des Eigentums das eigentliche Endziel des Geschäfts ist, und wenn sich für diesen Fall die ratenweise erbrachten Leistungen zumindest wirtschaftlich als Abschlagszahlungen auf den endgültigen Kaufpreis darstellen (grdleg BGHZ 62,42,45 = JuS 1974, 527 f Nr 7 m Nachw). g) Schließlich kann auch durch die Bestellung dinglicher Rechte wirtschaftlich im 40 Ergebnis dasselbe Ziel wie durch den Abschluß eines Mietvertrages erreicht werden. In Betracht kommt hier vor allem die Bestellung eines Wohnungsrechtes iS des § 1093, da die Parteien hier wie bei allen anderen Dienstbarkeiten durchaus auch einen obligatorischen Vertrag über die Bestellung des Rechts abschließen könne, in den dann dieselben Abreden wie in einen Mietvertrag aufgenommen werden können. Auf diese Weise kann das Wohnungsrecht namentlich auch entgeltlich bestellt werden, freilich immer nur obligatorisch, dh eben immer nur durch das Kausalgeschäft (BGH LM Nr 22 zu § 1018 BGB; WM 1965, 649, 651). Ob im Einzelfall die Bestellung eines Wohnungsrechts oder der Abschluß eines Mietvertrages gewollt ist, hängt vor allem von dem Willen der Parteien ab. Geht ihr Wille in erster Linie auf die Bestellung eines dinglichen Rechts, um dem Berechtig(651)

Volker Emmerich

V o r b e m zu § § 5 3 5 , 5 3 6 41-44

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

ten eine möglichst umfassend geschützte Position zu verleihen, so ist ein dingliches Wohnrecht anzunehmen (insbes RG HRR 1929 Nr 907; BGH WM 1965, 649, 6 5 0 f; L M N r 2 0 zu § 3 9 8 B G B

=

ZMR

1 9 7 0 , 1 1 f f ; ROQUETTE N J W 1 9 5 7 ,

525;

Rpfleger 1973, 349 ff; H U R S T ZMR 1969, 97 f). Unzulässig ist hingegen die sog Verdinglichung der Miete durch die zusätzliche Eintragung eines Wohnrechts (OLG Hamm DNotZ 1957, 314 ff; LG Wuppertal NJW 1961, 320 f). Jedoch werden derartige Abreden der Parteien, selbst wenn sie von einer Verdinglichung der Miete sprechen sollten, in aller Regel dahin ausgelegt werden können, daß sie sich über die Bestellung eines Wohnungsrechts geeinigt haben (LG Wuppertal aaO). HAEGELE

41 Umstritten und wenig geklärt ist das Verhältnis eines Wohnungsrechts zu einem vor oder nach dessen Bestellung zusätzlich abgeschlossenen Mietvertrag. Kann in diesen Fällen in der Abrede über die Bestellung eines dinglichen Wohnungsrechts nicht, wie in aller Regel, zugleich die stillschweigende Aufhebung des Mietvertrages jedenfalls für die Zeit des Bestandes des Wohnungsrechts gesehen werden (BGH LM Nr 20 zu § 398 BGB), so ist darauf abzustellen, in welcher Reihenfolge Besitzüberlassung und Wohnungsrecht aufeinander folgen. Wird der Mietvertrag erst nach Bestellung des Wohnungsrechts abgeschlossen, so ist er gemäß § 306 BGB nichtig, weil er auf eine von vornherein unmögliche Leistung gerichtet ist ( R O Q U E T T E aaO). Wenn hingegen schon im Mietvertrag die zusätzliche Bestellung eines Wohnungsrechts vorgesehen ist und dieses tatsächlich nach der Überlassung der Mieträume an den Mieter bestellt wird, erlischt das Mietverhältnis gemäß den §§ 577 und 571, weil dann der Wohnungsberechtigte zu seinem eigenen Vermieter wird. Problematisch ist daher die Rechtslage nur, wenn das Wohnungsrecht zugunsten des Mieters schon vor der Besitzüberlassung an den Wohnräumen, aber nach Abschluß des Mietvertrages bestellt wird. Da hier § 577 nicht anwendbar ist, liegen an sich die Voraussetzungen der §§ 541 und 538 vor. Jedoch wird gerade in solchen Fällen in aller Regel in der Abrede über die Bestellung des Wohnungsrechts zugleich eine stillschweigende Aufhebung des Mietvertrages liegen. 42 Mit Mietverträgen können zur Sicherung der Rechte des Mieters in einzelnen Beziehungen im übrigen durchaus Dienstbarkeiten verbunden werden; Hauptbeispiel sind die bekannten Tankstellendienstbarkeiten (BGH LM Nr 10 zu § 1018 BGB; Nr 5 zu § 1 KO). Jedoch wird neben einer Dienstbarkeit über die Ausbeutung von Kies in aller Regel nicht noch zusätzlich ein Pachtvertrag vorliegen (BGH LM Nr 22 zu § 1018 BGB). 43 Schließlich kann ein sog schuldrechtliches Wohnungsrecht auch noch schenkweise begründet werden. Die Schenkung ist dann mit der Überlassung der Wohnung zum unentgeltlichen Gebrauch vollzogen (LG Köln NJW 1973, 1880 f).

44 4. Sonderformen und gemischte Verträge Die Miete ist die Grundform der entgeltlichen vorübergehenden Gebrauchsüberlassung einer Sache. Daher rührt es, daß in überaus zahlreichen, gemischten und atypischen Verträgen auch mietrechtliche Elemente enthalten sind (vgl im einzelnen MITTELSTEIN 59 ff; ENNECCERUS-LEHMANN § 127 I 3; ESSER II 1 § 24). In solchen Fällen stellt sich stets die Frage, ob und ggf in welchem Umfang auf derartige Verträge (auch oder allein) Mietrecht angewendet werden kann (vgl hierzu allg EMMERICH, in: Grundlagen des Vertrags- und Schuldrechts [1974] 287 ff; OLG Stuttgart BB 1971, 239 = JuS 1971, Nr 3). Besonders umstritten ist zunächst die Behandlung des Leasing. Volker Emmerich

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3. Titel. Miete. Pacht

Vorbem zu §§ 535, 536 45-48

a) Leasing*

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Unter der Sammelbezeichnung Leasing werden in der Praxis die unterschiedlichsten Vertragsformen zusammengefaßt. Es gibt daher nicht den Leasing-Vertrag; sondern ein Leasing-Vertrag kann sowohl Kauf wie reine Miete wie - so idR - ein nur schwer einzuordnender Zwitter zwischen Miete und Kauf sein. aa) Grundform des Leasings ist das sog Finanzierungs-Leasing, dh die entgeltliche 46 Überlassung des Gebrauchs von Investitionsgütern für deren übliche Benutzungsoder Lebensdauer. Hier handelt es sich also der Sache nach um den Ersatz des Kaufs von Investitionsgütern durch deren Miete. Man verspricht sich davon sowohl steuerrechtliche wie bilanzrechtliche Vorteile. Die Einzelheiten sind durchweg in umfangreichen Geschäftsbedingungen geregelt. Typisch ist die vom Mietvertrag gänzlich abweichende Regelung der Gefahrtragung, da dem Leasingnehmer üblicherweise nicht nur eine Instandsetzungs- und Obhutspflicht hinsichtlich des fraglichen Gegenstandes auferlegt wird, sondern zugleich auch sämtliche Gewährleistungsansprüche gegen den Leasinggeber ausgeschlossen werden. Zum Ausgleich werden dem Leasingnehmer meistens die etwaigen Gewährleistungsrechte des Leasinggebers gegen den Lieferanten abgetreten. Außerdem wird häufig noch die Gefahr des zufälligen Untergangs der Sache auf den Leasingnehmer abgewälzt, so daß der Leasingnehmer die vereinbarte Gegenleistung auch bei Untergang der Sache fortzahlen muß. Daneben finden sich noch häufig sog Verfallklauseln bei Verzug usw, deren Ausübung jedoch wegen der einschneidenden Folgen zumindest eine Abmahnung voraussetzt (OLG Frankfurt BB 1976, 857). Schließlich kann für die Zeit nach Ablauf des Vertrags dem Leasingnehmer noch eine Kauf- oder Verlängerungsoption eingeräumt sein (gegen die Wirksamkeit der Verfallklauseln zuletzt OLG Stuttgart BB 1978, 122). Von diesem Finanzierungs-Leasing ist das sog Operating-Leasing zu unterscheiden, 47 bei dem dem Mieter Investitionsgüter kurzfristig oder auf unbestimmte Zeit mit einem Kündigungsrecht überlassen werden. Bei dem Operating-Leasing handelt es sich um einen normalen Mietvertrag. Umgekehrt dürfte ein Kaufvertrag oder doch ein Mietkauf vorliegen, wenn dem Leasingnehmer eine Kaufoption eingeräumt ist und für den Fall deren Ausübung die Anrechnung der bisher gezahlten Gegenleistung auf den dann geschuldeten Kaufpreis vorgesehen ist (vgl insbes BFHE 97,466 = JuS 1970, 361 ff Nr 13 m Nachw; FLUME 20). Wirklich problematisch ist daher nur die Behandlung des echten Finanzierungs-Leasings ohne Kaufoption. bb) Derartige Verträge werden im Schrifttum zT als Kaufverträge (so insbes 48 EMMERICH, FIKENTSCHER und PLATHE aaO), überwiegend aber als Mietverträge * Schrifttum: BGB-RGRK-GELHAAR, Vorbem 275 ff zu § 535; BERTHOLD, Gefahrentragung beim Finanzierungsleasing beweglicher Sachen nach deutschem und französischem Recht, Diss. Göttingen 1975 ; BRAXMAIER, Die Rechtsprechung des BGH zum Miet- und Pachtrecht, WM 1976, 2 ; BORDEWIN, Leasing im Steuerrecht (1975); BORGGRÄFE, Die Zwangsvollstreckung in bewegliches Leasinggut (1976); DÖLLERER, Leasing - Wirtschaftliches Eigentum oder Nutzungsrecht? BB 1971, 535; ESSER II 1 § 24 II; EMMERICH, Schuldrecht BT, Schwerpunkte Bd III (2. Aufl 1976) § 8 I 4; FIKENTSCHER § 71 V 7; FLUME, Leasing in zivilrechtlicher und steuerrechtlicher Sicht (1972) = Betrieb 1972,1, 53,105,152; KIRST-KLOTZ-BERTHOLD, Leasing bleibt aktuell, Betrieb 1976 Beilage 9 zu Heft 19; KLAAS, Die Risikoverteilung bei neueren Finanzierungsmethoden, N J W 1 9 6 8 , 1 5 0 2 ; KRAUSE, Leasing, N J W 1 9 7 3 , 7 9 1 , 1 2 6 0 ; LANGER, B B 1 9 6 9 , 6 1 0 ; LARENZ II

§ 6 3 III; PLATHE, Zur rechtlichen Beurteilung des Leasinggeschäfts, BB 1970, 601; RAISCH, Unternehmensrecht, Bd 1 (1973) 52 ff; REICH, in: Vertragsschuldverhältnisse, Vahlens Rechtsbücher Zivilrecht Bd 3 (1974) 49 ff; ders, Leasingverträge, Abzahlungsrecht und Sittenwidrigkeit, JuS 1973, 480; ders, Anm NJW 1973, 1613; RUNGE-BREMSER-ZÖLLER, Leasing (1977); SPITTLER, L e a s i n g ( 1 9 7 7 ) . (653)

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Vorbem zu §§ 535, 536 48a-48e 2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

eingeordnet (so insbes F L U M E und R E I C H , aaO; ebenso E S S E R , M E I L I C K E und P A L A N D T - P U T Z O aaO). Daneben findet sich noch die Einstufung als Geschäftsbesorgung ( K O C H - H A A G BB 1968, 95) oder als atypischer Vertrag, der in sich Elemente der Miete und des Kaufs vereinigt ( K L A A S und L A R E N Z aaO). Die Praxis behandelt ebenfalls überwiegend derartige Leasingverträge als Mietverträge, da die für den Kaufvertrag notwendige Verpflichtung des Veräußerers zur Eigentumsübertragung fehlt.* Deshalb ist für die Inhaltskontrolle gegenüber den den Leasingverträgen üblicherweise zugrunde gelegten Geschäftsbedingungen neben den §§ 9-11 AGBG in erster Linie von dem Leitbild der Miete auszugehen. Daraus folgt im einzelnen: 48 a (1) Da die Erhaltung der vermieteten Sache in einem zum vertragsmäßigen Gebrauch geeigneten Zustand zu den Hauptleistungspflichten des Vermieters gehört, können die Gewährleistungsrechte des Leasingnehmers nur ausgeschlossen werden, wenn ihm dafür sämtliche Gewährleistungsrechte des Leasinggebers einschließlich des Wandlungsrechtes übertragen werden oder er doch wenigstens zu ihrer Geltendmachung ermächtigt wird. Ist der Leasingnehmer kein Kaufmann (§ 24 Nr 1 AGBG), so gelten darüber hinaus ergänzend die noch engeren Schranken des § 11 Nr 10 AGBG.** 48 b Wandelt der Leasingnehmer auf Grund der ihm übertragenen Gewährleistungsrechte, so entfällt zugleich die Geschäftsgrundlage für den Leasingvertrag, so daß er jedenfalls für die Zukunft von der Verpflichtung zur Zahlung der Mietzinsraten frei wird (so BGH aaO). Dasselbe wird man für die Vergangenheit anzunehmen haben (offen gelassen von BGH aaO). 48 c Entsprechend ist für eine Minderung des Leasingnehmers anzunehmen, daß sie zu einer entsprechenden verhältnismäßigen Herabsetzung der Leasing-Raten führen muß. 48 d Macht der Leasingnehmer jedoch von den ihm abgetretenen Gewährleistungsrechten des Leasinggebers keinen oder nur einen verspäteten Gebrauch (§ 477), so bleibt er trotz der Mängel des Vertragsobjektes zur Zahlung der Leasingraten verpflichtet (BGH aaO; BGH NJW 1977, 847). Für den Fall des Verzugs des Leasingnehmers kann dann sogar die Fälligkeit aller noch offenstehenden Leasingraten bestimmt werden (BGH aaO; OLG Frankfurt NJW 1977, 200 = JuS 1977, 189 f Nr 2; OLG Hamm aaO; anders OLG Stuttgart aaO). Danach versteht es sich von selbst, daß sich der Leasingnehmer wegen Mängeln des Vertragsobjektes stets zuerst an den Hersteller halten muß. Vorher kann er auf keinen Fall aus den Mängeln irgendwelcher Rechte gegenüber dem Leasinggeber herleiten (OLG Frankfurt Betrieb 1976, 2104; OLG Nürnberg NJW 1977, 152 f; OLG Hamm aaO). 48 e (2) Kauf und Miete unterscheiden sich vor allem in der Frage, wer die Gefahr des zufälligen Untergangs des Vertragsobjektes trägt (§§ 446 f gegenüber § 323). Des* B G H Z 68, 118 = NJW 1977, 848 = JuS 1977, 760 Nr 4; B G H WM 1977, 473; BGH NJW 1977, 195 = JuS 1976, 119 f Nr 5; OLG Frankfurt NJW 1977, 200 = JuS 1977, 189 f Nr 2; OLG Köln NJW 1973, 1615 = JuS 1973, 780 f Nr 5; OLG Nürnberg NJW 1977, 152 f; LG Koblenz NJW 1973, 706 M zust Anm REICH 1614; einschränkend aber zB B G H Betr 1977, 395 = JuS 1 9 7 7 , 4 0 6 Nr 4 . ** S o B G H Z 6 8 , 1 1 8 = J u S 1 9 7 7 , 7 6 0 N r . 4 ; B G H N J W 1 9 7 7 , 8 4 7 ; O L G H a m m , U r t v 19. 1. 1 9 7 8

- 7 U 63/77, 9 ff m Nachw; vgl im übrigen zur Bedeutung des A G B G für Leasingverträge insbes LÖWE-GRAF VON WESTPHALEN-TRINKNER, K o m m e n t a r z u m A G B G ( 1 9 7 7 ) § 9 R z 5 1 u n d b e s § 11 Nr 10 a Rz 3 1 .

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(654)

3. Titel. Miete. Pacht

Vorbem zu §§ 535, 536 48 f-50

halb verstößt die in den AGB der Leasinggeber stets vorgesehene Abwälzung der Gefahr des zufälligen Untergangs und der zufälligen Verschlechterung auf den Leasingnehmer an sich gegen das Leitbild der Miete (§§ 323, 536) und kann daher im Einzelfall durchaus als überraschende Klausel (§ 3 AGBG) und nach den Maßstäben des § 9 AGBG (iVm § 24 AGBG) unwirksam sein (vgl BGH BB 1976, 1194 f = NJW 1977, 195 = JuS 1976, 119 f Nr 5). Für den Regelfall wird diese Regelung der Gefahrtragung beim Leasing jedoch von der Praxis als sachgerecht gebilligt.* Daraus folgt vor allem, daß bei einer Zerstörung des Leasingobjektes durch einen 48 f Dritten der Ersatzanspruch des Leasingnehmers (§ 823 Abs 1) nur die ihm entgehenden Gebrauchsvorteile des Leasingobjekts umfaßt, weil die Belastung mit der fortlaufenden Verpflichtung zur Zahlung der Leasingraten schon unabhängig davon auf dem Vertrag beruht (§ 249; BGH BB 1976, 1194; Betrieb 1977, 395). cc) Im Ergebnis werden also Leasingverträge - trotz ihrer grundsätzlichen Einord- 49 nung als Miete - doch in vieler Hinsicht wie Kaufverträge behandelt. Daher stellt sich, wenn der Vertrag mit einem Nichtkaufmann abgeschlossen ist (§ 8 AbzG), stets die weitere Frage, ob der Vertrag als Umgehungsgeschäft unter das AbzG fällt (§ 6 AbzG). Nach hM hängt das davon ab, ob die Vertragsdauer so bemessen ist, daß der Leasingnehmer während des Vertrages an den Leasinggeber die gesamten Herstellungskosten einschließlich Zinsen und Gewinn zahlt.** Hingegen stellt der BGH, um zu für die Praxis leicht zu handhabenden Kriterien zu gelangen, darauf ab, ob der Leasingnehmer, namentlich durch eine sog Kaufoption, ein festes Erwerbsrecht eingeräumt erhalten hat oder nicht. Offen ist nur noch die Rechtslage für den Sonderfall, daß schon bei Vertragsschluß für beide Parteien feststand, daß die Sache bei Vertragsende für beide wertlos sein wird.*** Ist hiernach die Anwendung des AbzG zu bejahen, so ist bei Leasingverträgen 49 a durchaus eine Heranziehung der von der Praxis zum finanzierten Abzahlungskauf entwickelten Regeln über den sog Einwendungsdurchgriff zu erwägen (BGHZ 68, 118 =

J u S 1 9 7 7 , 7 6 0 N r 4 ; s EMMERICH J U S 1 9 7 1 , 2 7 3 ) .

dd) Nach alledem wäre es wohl richtiger gewesen, Leasingverträge - anstatt als 50 Miete - in erster Linie als Kaufverträge einzuordnen und deshalb für die Inhaltskontrolle gegenüber den AGB der Leasinggeber von den §§ 433 ff, 459 ff (anstatt von den §§ 535 ff) auszugehen (EMMERICH, SchuldR BT § 8 I 4 a [57 f]). Auch die steuerrechtliche Praxis behandelt Leasingverträge zu Recht überwiegend als Kaufverträge, mögen auch die hier entwickelten Kriterien ebenfalls keineswegs in jeder Beziehung überzeugen (BFH aaO; Leasing-Erlaß v 19. 4. 1971, BStBl 1971 1 264; s hierzu insbes FLUME 39 ff; REICH, in: Vertragsschuldverhältnisse 49 ff, bes 61 ff).

* BGH BB 1976, 1194 f; Betrieb 1977, 395 = JuS 1977, 406 Nr 4; OLG Frankfurt NJW 1977, 2 0 0 = J u S 1977, 189 f N r 2; O L G H a m m , U r t v 19. 1. 1 9 7 8 - 7 U 6 3 / 7 7 , 9.

** OLG Köln NJW 1973, 1615 = JuS 1973, 780 f Nr 5; OLG Düsseldorf NJW 1973, 1612; LG Augsburg NJW 1973, 709 f m abl Anm REICH; LG Münster NJW 1975, 2070; LG Zweibrücken N J W 1974, 193; A G L ü d e n s c h e i d N J W 1972, 2 0 9 0 m abl A n m REICH JUS 1973, 4 8 0 ff; PALANDT-PUTZO § 6 A b z G A n m 2 b, bb. *** B G H Z 62, 4 2 = J u S 1974, 5 2 7 f N r 7; B G H Z 6 8 , 1 1 8 = N J W 1977, 8 4 8 = J u S 1 9 7 7 , 7 6 0 N r 4 ; B G H N J W 1977, 1066 = W M 1977, 4 7 3 ; N J W 1977, 195 = J u S 1 9 7 6 , 1 1 9 , 1 2 0 N r 5; REICH 7 2 f; ERMAN-WEITNAUER-KLINGSPORN § 6 A b z G R z 4. (655)

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Vorbem zu §§ 535, 536 51-53 2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

51 b) Automatenaufstellverträge* aa) Unter dem Sammelbegriff Automatenaufstellverträge wird ebenso wie beim Leasing eine Vielfalt in sich sehr unterschiedlicher Vertragsformen zusammengefaßt. Das Spektrum reicht hier vom Mietkauf bis zur reinen Sach- oder Raummiete. Mietkauf liegt vor, wenn der sog Automatenaufsteller zB einem Gastwirt einen Automaten gegen einen überhöhten Mietzins überläßt und dem sog Mieter zugleich das Recht einräumt, in einer bestimmten Frist das Gerät zu kaufen, wobei dann die schon bezahlten Mietzinsraten auf den Kaufpreis ganz oder teilweise angerechnet werden sollen. Sind hier die Mietzinsraten so hoch, daß für den Mieter letztlich praktisch keine andere Wahl bleibt, als das Gerät zu kaufen, so handelt es sich um nichts anderes als um einen Abzahlungskauf, auf den jedoch bis zur Ausübung der Kaufoption auch Mietrecht angewendet werden kann. 52 Reine Sachmiete liegt hingegen vor, wenn ein Automatenhersteller einem Geschäftsinhaber Warenautomaten überläßt, damit dieser daraus seine Waren verkaufen kann. Umgekehrt handelt es sich um einen Mietvertrag über eine Wandfläche, wenn der Automatenaufsteller das Recht erhält, aus den dort angebrachten Automaten seine Waren zu verkaufen. Reine Raummiete liegt schließlich vor, wenn ein Automatenaufsteller einen Raum mietet, um dort seine Automaten aufstellen zu können, zB um dort einen Automatenspielsalon einzurichten (BGHZ 47, 202, 206). Ebenso zu beurteilen sind Aufstellverträge, bei denen der Automat in keinem Zusammenhang mit einem Gewerbebetrieb des Grundstückseigentümers steht; dann besteht auch keine Verpflichtung des Vermieters zur Fernhaltung von Konkurrenz (OLG München OLGZ 1971, 346). An dieser Beurteilung ändert sich nichts, wenn die Gegenleistung des Aufstellers in einer Umsatzbeteiligung des Grundstückseigentümers besteht. Es handelt sich dann um eine partiarische Platzmiete. 53 bb) Von daher gesehen läge es an sich nahe, auch die verbreiteten Verträge über die Aufstellung von Musik- und Spielautomaten in Gastwirtschaften gegen Umsatzbeteiligung der Gastwirte als normale partiarische Miete anzusehen (so zB ERMANSCHOPP Rz 4 2 m Nachw). Gleichwohl werden diese Verträge wegen der weitgehenden Pflichten, die den Gaststätteninhabern durch sie idR auferlegt werden, wegen der regelmäßigen Ausschließlichkeitsbindung der Wirte und wegen ihres auf ein Zusammenwirken der Parteien ausgerichteten Gesamtcharakters häufig auch als gesellschaftsähnliche partiarische Rechtsverhältnisse eingestuft (OLG Frankfurt OLGE 33, 289 f; OLG Hamm NJW 1964, 2021; OLG Hamburg MDR 1976, 577; OLG Hamm JMB1 NRW 1965, 29). Nach anderen handelt es sich hingegen hier um reine Gestattungsverträge (ROQUETTE § 535 Rz 166 f) oder um atypische Verträge, auf die nur im Wege der „Gesamtanalogie" jeweils einzelne, passende Vorschriften des Besonderen Schuldrechts angewendet werden können (so RAISCH aaO). In dieselbe Richtung tendiert der BGH, der jedenfalls die Heranziehung mietrechtlicher Vorschriften abgelehnt hat und das Wesen der fraglichen Verträge in der Eingliederung der Automaten in den fremden gewerblichen Betrieb sieht, in dem sie aufgestellt sind (BGHZ 4 7 , 2 0 2 ; 51, 5 5 = JuS 1969, 2 3 7 Nr 3 m Anm DÄUBLER JUS 1971, 398; OLG Hamburg OLGE 45, 168; OLG Frankfurt NJW 1964, 256; OLG Celle NJW 1 9 6 7 , 1 4 2 5 ; OLG Köln JMB1 NRW 1 9 6 2 , 2 6 9 ; ESSER aaO). Folglich unterliegen diese Verträge zwar nicht der Formvorschrift des § 566 (BGH aaO), wohl aber idR der des § 34 GWB (su). * Schrifttum: BGB-RGRK-GELHAAR, Vorbem 243 ff zu § 535; ERMAN-SCHOPP Vorbem 39 ff vor § 5 3 5 ; ESSER I I 1 § 2 4 I I I ; HUFFER N J W 1 9 7 1 , 1 4 3 3 ; VON OLSHAUSEN-SCHMIDT, A u t o m a t e n r e c h t ( 1 9 7 2 ) ; RAISCH B B 1 9 6 8 , 5 2 6 ; SCHOPP Z M R 1 9 7 2 , 1 9 7 .

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(656)

V o r b e m zu § § 5 3 5 , 5 3 6 3. Titel. Miete. Pacht

54, 5 5

cc) Durch die Geschäftsbedingungen der Automatenaufsteller wird den Gast- 54 Stätteninhabern häufig eine Fülle überaus drückender Verpflichtungen auferlegt. Automatenaufstellverträge sind deshalb schon häufig ganz oder teilweise für nichtig erklärt worden (§§ 138,242; BGHZ 51, 55 = JuS 1969, 237 f Nr 3 m Nachw; BGH BB 1973, 496 = Betrieb 1973, 764; BGH LM Nr 8 zu § 138 [Bc] BGB; KG NJW 1964, 1475; OLG Frankfurt NJW 1964, 254; LG Frankfurt NJW 1964, 255; OLG Nürnberg NJW 1973, 1974). Besonders problematisch sind dabei die vielfältigen Regelungen, durch die die Automatenaufsteller versuchen, die Gaststätteninhaber auch für den Fall der Aufgabe oder des Wechsels des Betriebs an sich zu binden. Klauseln, nach denen der Pächter unter allen Umständen auch nach Beendigung des Pachtvertrages über die Gastwirtschaft an den Automatenaufstellvertrag gebunden sein soll, selbst wenn ihn an der Beendigung des Pachtvertrages keine Schuld trifft, dürften in aller Regel sittenwidrig sein (BGH BB 1973, 496 = Betrieb 1973, 764; LM Nr 8 zu § 138 [Bc] BGB = NJW 1971, 1034). Ebensowenig kann durch die AGB das Recht des Gastwirts zur Kündigung aus wichtigem Grunde (zB im Falle des Todes seines Partners) ausgeschlossen werden (OLG Hamburg MDR 1976, 577). Im übrigen bestehen jedoch keine Bedenken gegen derartige Klauseln. Namentlich ist es als Verschulden des Pächters anzusehen, wenn der Verpächter wegen Zahlungsverzug kündigt (OLG Düsseldorf OLGZ 1973,11 f; BGH LM Nr 31 zu § 133 [C] BGB; Nr 14 zu § 157 [A] BGB; Nr 8 zu § 138 [Bc] BGB; aM zu Unrecht OLG Köln ZMR 1972, 207 f). Ebenso zu beurteilen sind im Ergebnis die sog Nachfolgeklauseln, durch die der Pächter verpflichtet wird, im Falle der Aufgabe der Gastwirtschaft den Nachfolgepächter zum Abschluß eines neuen Automatenaufstellvertrages mit dem Aufsteller zu bewegen. Eine Haftung bei einem Verstoß gegen diese Verpflichtung dürfte auch durch AGB nur bei einem Verschulden des Pächters begründet werden können. Unbedenklich ist jedenfalls die ebenfalls verbreitete Klausel, daß der Pächter bei Aufgabe der Gastwirtschaft und Übernahme einer neuen Gastwirtschaft auch für diese neue Wirtschaft an den Vertrag gebunden sein soll. Dabei sind in jedem Einzelfall auch die §§ 9, 11 Nr 12 und 24 AGBG zu beachten (s L Ö W E - G R A F VON WESTPHALEN-TRINKNER, AGBG, § 11 Nr 12 Rz 5). dd) Die Automatenaufstellverträge enthalten typischerweise die Abrede, daß der 55 Gastwirt ausschließlich Geräte seines Vertragspartners aufstellen darf. Das ist eine Ausschließlichkeitsbindung iS des § 18 Abs 1 Nr 2 GWB, so daß der Automatenaufstellvertrag der Schriftform nach § 34 GWB bedarf (EMMERICH, WettbewerbsR [2. Aufl 1976] § 15, 1; OLG Hamm WuW/E OLG 1471). Das Schriftformerfordernis gilt dabei für den ganzen Vertrag, nicht etwa nur für die Ausschließlichkeitsbindung. Dem Schriftformerfordernis ist daher nicht genügt, wenn sich der genaue Inhalt der Abreden der Parteien erst durch eine Auslegung des Vertrags unter Heranziehung von Umständen außerhalb der Urkunde ergibt; lediglich solche Nebenpflichten, die stets mit derartigen Verträgen - für jeden erkennbar - ohne weiteres verbunden sind, brauchen nicht ausdrücklich in die Urkunde aufgenommen zu werden. Eine Bezugnahme auf andere Urkunden genügt nur, wenn beide Urkunden fest verbunden sind (BGHZ 53, 304, 306 ff; 54, 154; BGH LM Nr 7 zu § 18 GWB; Nr 2 zu § 34 GWB). Daraus folgt, daß auch die Zahl der Geräte und ihre Art in dem schriftlichen Vertrag genannt werden müssen (BGH NJW 1976, 1743; BB 1978, 167; OLG Celle WuW/E OLG 1571 ff). Gerade diese Frage darf, da sie für die kartellrechtliche Beurteilung des Vertrags von ausschlaggebender Bedeutung ist, nicht offen gelassen werden; Automatenaufstellverträge, in denen sich der Aufsteller die Auswahl der Geräte vorbehält, sind daher wegen des Verstoßes gegen das Schriftformerfordernis des § 34 GWB unwirksam (aA zu Unrecht OLG Frankfurt WuW/E OLG 1475, 1477; OLG Düsseldorf BB 1975, 1079 f). (657)

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Vorbein zu §§ 535, 536 56-58 2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

56 ee) Ist der Gastwirt durch eine wirksame Ausschließlichkeitsbindung an den Aufsteller gebunden, so macht er sich ersatzpflichtig, wenn er sich nachträglich durch Abschluß eines neuen Automatenaufstellvertrages mit einem anderen Aufsteller die Erfüllung seiner Verpflichtungen unmöglich macht (§ 325). Der Schadensersatzanspruch umfaßt den gesamten entgangenen Gewinn des ersten Aufstellers (OLG Köln WuM 1976, 178; OLG Hamm NJW 1964, 2021). Zugleich kann in dem Verhalten des zweiten Aufstellers, der den Gastwirt zum Vertragsbruch verleitet hat, ein unlauterer Wettbewerb gegenüber dem ersten Aufsteller liegen (§ 1 UWG; BGH LM Nr 261 zu § 1 UWG). 57 c) Tankstellenverträge* Bei den Tankstellenverträgen gibt es verschiedene Gestaltungsformen, die auch eine unterschiedliche rechtliche Qualifizierung erforderlich machen. Normale Grundstücksmiete liegt zunächst vor, wenn ein Grundstückseigentümer einer Mineralölgesellschaft ein Grundstück überläßt, damit die Gesellschaft auf diesem Grundstück eine Tankstelle errichten und betreiben kann. Abgrenzungsprobleme entstehen deshalb erst, wenn die Mineralölgesellschaft die von ihr errichtete Tankstelle dem Grundstückseigentümer oder einem Dritten zum Betrieb überläßt (sog Stationärsvertrag). Derartige Verträge enthalten miet- und dienstvertragliche Elemente. Dabei überwiegen zwar die dienstvertraglichen Elemente, jedoch nicht in einem solchen Ausmaß, daß auf die Verträge ausschließlich Dienstvertragsrecht angewendet werden könnte (BGHZ 52, 171, 175). Deshalb wird es überwiegend auch abgelehnt, auf die Stationärsverträge § 624 entsprechend oder unmittelbar anzuwenden (BGHZ 52, 171, 174; OLG Stuttgart NJW 1964, 2255 m Anm R I T T N E R ; LG Hamburg NJW 1963, 1550 m Anm W Ü R D I N G E R ; D U D E N und B O L D T aaO; differenzierend S C H L E G E L B E R G E R - S C H R Ö D E R , HGB [5. Aufl 1973] § 89 Rz 41 a; aA nur OLG Hamm Rpfleger 1962, 343; H E Y E R NJW 1965, 1573). An dieser Beurteilung ändert es nichts, daß die Verwalter oder Stationäre durchweg als Handelsvertreter, dh im Namen der Mineralölgesellschaften, tätig werden. Bedeutung hat dieser Umstand vor allem für die kartellrechtliche Beurteilung der den Stationären durchweg auferlegten Ausschließlichkeits- und Preisbindungen: Da die Stationäre als Handelsvertreter tätig werden, ist auf ihr Verhältnis zu den Mineralölherstellern - jedenfalls nach hM - § 15 GWB nicht anwendbar (s E M M E R I C H , WettbewerbsR [2. Aufl 1976] § 14, 2 c). Soweit indessen die Stationäre daneben auch noch eine eigene Reparaturwerkstätte betreiben, müssen ihnen die Mineralölhersteller trotzdem erlauben, wenigstens im Rahmen der Werkstatt auch andere öle zu vertreiben (BGH LM Nr 19 zu Art V MRVO [BrZ] Nr 78 = NJW 1959,1679 f Nr 8; insbes BGH LM Nr 53 zu § 242 [Ba] BGB = JuS 1968, 185 Nr 4). 58 d) Beherbergungsvertrage** Bei den Beherbergungsverträgen kommen die unterschiedlichsten Gestaltungsformen vor, die folglich eine verschiedenartige Behandlung erfordern. aa) Mietvertrag mit anderstypischer, untergeordneter Nebenleistung ist die Miete eines Raumes mit gewissen zusätzlichen Dienstleistungen des Vermieters wie Reini* Schrifttum: B G B - R G R K - G E L H A A R , V o r b e m 2 3 7 f z u § 5 3 5 ; BOLDT B B 1 9 6 2 , 9 0 6 ; DUDEN,

Kündigung von Tankstellenverträgen nach § 624 BGB, NJW 1962, 1326; ERMAN-SCHOPP Vorbem 24 ff vor § 535. ** Schrifttum: B G B - R G R K - G E L H A A R V o r b e m 2 5 5 ff z u § 5 3 5 ; ERMAN-SCHOPP V o r b 10 ff v o r § 5 3 5 ; GANSCHEZIAN-FINK, R e c h t s v e r h ä l t n i s z w i s c h e n G a s t u n d G a s t w i r t ( 1 9 7 1 ) ; JOSEF, D i e

Miete möblierter Zimmer mit Beköstigung, der Pensionsvertrag und die Einwirkung des Zu-

Volker Emmerich

(658)

3. Titel. Miete. Pacht

Vorbem zu §§ 535, 536 59-63

gung oder Bereitung des Frühstücks. Derartige Verträge werden grundsätzlich nach Mietrecht behandelt; nur im Einzelfall kann es angemessen sein, für die anderstypische Nebenleistung die dafür maßgeblichen Vorschriften ergänzend heranzuziehen (EMMERICH, in: Grundlagen des Vertrags- und Schuldrechts I [ 1 9 7 4 ] 2 8 8 ) . Ebenso zu behandeln ist der Hotelaufnahmevertrag. Auch er ist in seinem Kern 59 Wohnungsmietvertrag, wenn auch häufig gemischt mit verschiedenen anderen Verträgen wie Kauf, Verwahrung, Dienst- und Werkvertrag. Diese Einordnung der Hotelaufnahmeverträge ist schon durch das dringende Interesse des Gastes an der umfassenden Haftung des Hoteliers aus § 538 gerechtfertigt (RG JW 1907, 705 Nr 8; RGZ 169, 84 m Anm ROQUETTE DR 1942, 972; BGHZ 63, 333 ff [bes 336 fj; BGH LM Nr 10 zu § 537 BGB; OLG München HRR 1941 Nr 925; LG Hamburg NJW 1973, 2254; AG Garmisch-Partenkirchen ZMR 1968,43; OLG Braunschweig N J W 1 9 7 6 , 5 7 0 m abl A n m MENDEN 9 7 0 = J u S 1 9 7 6 , 5 3 4 f N r 2; a A n u r MITTELSTEIN aaO). Dasselbe gilt folglich für Pensionsverträge (OLG Kiel HRR 1941

Nr 588). Für das Zustandekommen derartiger Verträge genügt grundsätzlich das bloße telefonische Reservieren-lassen von Zimmern (OLG Hamburg OLGE 22, 260; OLG Braunschweig aaO). Fällt später der Anlaß der Reservierung fort, so bedeutet dies keinen Wegfall der Geschäftsgrundlage und gibt dem Mieter auch kein Rücktrittsrecht (OLG Braunschweig aaO). Jedoch kann sich uU aus einer Verkehrssitte ein Rücktrittsrecht ergeben (BGH NJW 1977, 385 ff). bb) Die Belegungsverträge der Sozialversicherungsträger mit privaten Kurheimen, 60 Gasthöfen oder Sanatorien sind ebenfalls Mietverträge, die idR jedes Jahr erneuert werden. Nach § 242 müssen jedoch die Sozialversicherungsträger ihre Absicht, die Verträge nicht mehr zu erneuern, rechtzeitig ihren Vertragspartnern anzeigen, um diesen eine Einstellung auf die neue Situation zu ermöglichen; andernfalls haften sie aus cic (OLG Hamm, Urt v 15. 6. 1976 - 7 U 174/75, S 10 ff; OLG Stuttgart, Urt v 26. 10. 1966 - 10 U 50/66). cc) Die Belegarztverträge sind hingegen atypische Dauerrechtsverhältnisse mit 61 Elementen der Miete oder Leihe, je nachdem ob sie entgeltlich sind oder nicht. Eine fristlose Kündigung dieser Verträge ist wie bei allen Dauerrechtsverhältnissen nur aus wichtigem Grunde möglich (BGH LM Nr 11 zu § 305 BGB m Anm HEPP NJW 1972, 1514 ff). dd) Bei Verträgen über die Aufnahme von Patienten in Sanatorien und Kliniken 62 und namentlich bei den Krankenhausaufnahmeverträgen steht die Behandlung der Patienten und damit das dienstvertragliche Element ganz im Vordergrund, so daß es sich bei ihnen in erster Linie um Dienstverträge, wenn auch mit starken mietrechtlichen Elementen handelt (BGHZ 2, 94, 96; OLG Braunschweig OLGE 22, 255). Bei der Einweisung Pflichtversicherter kommt dieser Krankenhausaufnahmevertrag zwischen dem Krankenhaus und der Krankenkasse zustande. Er wird allgemein als Vertrag zugunsten des eingewiesenen Patienten angesehen, so daß der Krankenhausträger auch dem aufgenommenen Patienten vertraglich haftet (BGHZ 4, 138, 1 4 8 ff m Anm PAGENDARM LM Nr 4 zu § 2 7 8 BGB). Ebenso zu beurteilen sind Internatsverträge (LG Bonn MDR 1 9 7 7 , 3 1 3 M Anm WESTHELLE 8 4 1 ) . Für die Gestaltung der hier zustande kommenden Rechtsverhältnisse sind jetzt 63 maßgeblich vor allem das Gesetz zur wirtschaftlichen Sicherung der Krankenhäuser und zur Regelung der Krankenhauspflegesätze v 29. 7. 1972 (BGBl 11009) und die schlags auf das Zubehör des Mietgrundstücks, Gruchot 4 9 , 7 3 7 ; MITTELSTEIN 6 7 ff; N I E N D O R F F ff; S C H M I D T - F U T T E R E R , Miete und Pacht 3 9 ff; W E I M A R , Die Haftung des Hoteliers und des Hotelgastes bei Ausbruch ansteckender Krankheiten, MDR 1963, 551; ders, Rechtsfragen bei Miete eines Hotelzimmers, ZMR 1971, 202. 21

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Vorbem zu §§ 536 64-67

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

dazu ergangene BundespflegesatzVO v 25. 4. 1973 (BGBl I 333, 419; dazu zB ELSHOLZ, Kommentar zum KrankenhausfinanzierungsG und zur BundespflegesatzVO [1974]). Durch die genannten Gesetze ist der sog totale Krankenhausaufnahmevertrag zur Regel geworden. Aufgrund dieses Vertrages, der Elemente des Beherbergungs-, Kauf-, Werk- und Dienstvertrages umfaßt, schuldet das Krankenhaus sowohl die Krankenhausversorgung als auch die ärztlichen Leistungen, die im Wege zulässiger Substitution durch vom Krankenhaus angestellte Ärzte erbracht werden. Daneben können die Patienten jedoch mit den Ärzten einen Zusatzvertrag abschließen, wenn sie eine private Behandlung wünschen. In diesem Fall müssen die Krankenhauspflegesätze entsprechend ermäßigt werden, um eine doppelte Bezahlung der ärztlichen Leistungen durch die privaten Patienten zu verhindern (hierzu insbes GITTER, Zum Privatliquidationsrecht der leitenden Krankenhausärzte [1975]; UHLENBRUCK NJW 1973, 1399; ders arztrecht 1973, 59; BUSSE arztrecht 1973,185; WEISSAUER a r z t r e c h t 1 9 7 4 , 2 8 5 ; MUSIELAK JUS 1 9 7 7 , 8 7 ) .

64 ee) Heimpflegeverträge sind gemischte Verträge aus Elementen der Miete und des Dienstvertrages, wobei die dienstvertraglichen Elemente überwiegen. Folglich können derartige Verträge bei Vorliegen eines wichtigen Grundes gemäß § 626, jedoch nur innerhalb der Fristen des § 626 Abs 2 fristlos gekündigt werden. Bei einer dadurch bewirkten, vorzeitigen Beendigung des Vertrages kann der aufgenommene Patient Rückzahlung des noch nicht abgewohnten Teils der von ihm geleisteten Einstandssumme verlangen (OLG Hamburg MDR 1973, 758 Nr 43; PALANDT-PUTzo, Einf 3 a vor § 535). 65 e) Sonstige Verbindungen mit dienstvertraglichen Elementen aa) Der Hausmeistervertrag ist grundsätzlich ein Dienstvertrag (NIENDORFF 8 ff), bei dem die Gegenleistung für die in erster Linie geschuldeten Dienste zT nicht in Geld, sondern in der Gewährung von Wohnung und Unterkunft besteht (sog doppeltypische oder Zwitterverträge, dh Austauschverträge mit anderstypischer Gegenleistung). Bei solchen Verträgen wird grundsätzlich jede einzelne Leistung nach den für sie maßgebenden Vorschriften beurteilt; ergänzend muß aber nach dem Gesamtinhalt der Abreden der Parteien stets noch geprüft werden, ob die danach zunächst maßgebliche Regelung auch auf den Vertrag als Ganzes angewendet werden kann (EMMERICH, in: Grundlagen des Vertrags- und Schuldrechts [1974] 289).

66 bb) Auch bei den sog Dienstwohnungen wird die Überlassung der Wohnung häufig nichts anderes als ein besonderes, zusätzliches Entgelt für die in erster Linie geschuldeten Dienstleistungen sein. Für diese Verträge enthalten jetzt die §§ 565 b-565 e eine Sonderregelung (für Beamte anders BGB-RGRK-GELHAAR Vorbem 252 zu § 535). 67 cc) Werkförderungsverträge* Unter Werkförderungsverträgen versteht man Abreden zwischen privaten oder öffentlichen Arbeitgebern und privaten Bauherren, durch die die Arbeitgeber den Bauherrn Mittel zur Errichtung von Wohnungen gegen das Recht zur Verfügung stellen, die damit errichteten Wohnungen mit ihren Arbeitnehmern zu belegen (LG Hamburg ZMR 1976, 332). Werkförderungsverträge sind keine Mietverträge, * Schrifttum: BGB-RGRK-GELHAAR V o r b e m 193 ff zu § 535; BRAXMAIER, Die Rechtsprechung

des B G H zum Miet- und Pachtrecht, WM 1968, 202, 207 f; 1970, 26,28; H E M E L E R MDR 1964, 364; OTTO Betrieb 1974, 2289; ROQUETTE, Werkförderungsverträge als Verträge zugunsten Dritter, NJW 1967, 2239.

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3. Titel. Miete. Pacht

Vorbem zu §§ 535, 536 68-71

sondern Darlehen mit werkvertraglichen Elementen. Deshalb ist auf sie § 571 nicht anwendbar mit der Folge, daß bei Veräußerung des Grundstücks das Belegungsoder Besetzungsrecht nicht gegen den Erwerber geltend gemacht werden kann (BGHZ 4 8 , 2 4 4 , 2 4 6 m Anm SÖLLNER JZ 1 9 6 8 , 1 8 3 ) . Werkförderungsverträge stellen grundsätzlich Verträge zugunsten der zukünftigen 68 Mieter, der Arbeitnehmer des fördernden Arbeitgebers, dar (BGH NJW 1967, 2260 ff; O L G Köln ZMR 1971, 339; L G Düsseldorf ZMR 1971, 179; HENSELER, ROQUETTE u OTTO aaO). Folglich ist eine Vereinbarung zwischen dem fördernden Dritten und dem Vermieter, nach der eine Erhöhung der Miete auch für den Fall ihrer preisrechtlichen Zulässigkeit ausgeschlossen sein soll, auch im Verhältnis zwischen dem Vermieter und Mieter selbst dann wirksam, wenn die Form des § 566 nicht gewahrt ist (BGH WarnR 1965 Nr 222). Die Werkförderungsverträge enthalten in aller Regel zugunsten der Mieter neben 69 solchen Beschränkungen der Mietzinsen auch Kündigungsbeschränkungen. Jedoch enden diese Beschränkungen, sofern nicht ausdrücklich und unmißverständlich das Gegenteil vereinbart ist, grundsätzlich mit Ablauf des Belegungsrechts (BGH LM Nr 4 zu § 157 [Gg] BGB). Bei der Beurteilung der Mietpreisbindung muß man im übrigen im einzelnen zwischen Förderungsverträgen der öffentlichen Hand und Werkförderungsverträgen mit privaten Geldgebern unterscheiden. Bei Förderungsverträgen der öffentlichen Hand ist Art X § 3 AbbauG 1960 zu 70 beachten. Hiernach wird eine im Werkförderungsvertrag vereinbarte Mietpreisklausel bei öffentlich gefördertem Wohnraum kraft Gesetzes in dem Sinne umgestaltet, daß statt der vereinbarten Miete die preisrechtlich zulässige Miete als vereinbart gilt. Bei anderem Wohnraum muß hingegen die fördernde Dienststelle einer Erhöhung des Mietzinses zustimmen, wenn andernfalls die Wirtschaftlichkeit des Wohnraums gefährdet wäre. Diese Regelung ist jedoch nicht auf Werkförderungsverträge privater Geldgeber anzuwenden (BGH LM Nr 2 zu AbbauG 1960; bestätigt durch BGH NJW 1967, 2260). Seit Inkrafttreten des § 87 a des 2. WohnungsbauG ist Art X § 3 AbbauG in den dort genannten Fällen nicht mehr anzuwenden. Folglich kann seit 1. 8. 1968 in diesen Fällen der Vermieter durch einseitige schriftliche Erklärung gegenüber dem Mieter die Miete bis zur Kostenmiete erhöhen, deren Berechnung sich nach § 87 a Abs 2 des 2. WohnungsbauG richtet (s BGH LM Nr 25 zu § 18 1. BMG = ZMR 1970, 277). An diese Kostenmiete bleibt der Vermieter auch bei vorzeitiger Darlehenstilgung gebunden, weil sich der Vermieter grundsätzlich von den vertraglichen Bindungen im Werkförderungsvertrag nicht durch vorzeitige Rückzahlung des Darlehens befreien kann (BGH WarnR 1970 Nr 196). Nach Erlöschen des Wohnungsbelegungsrechts gilt dies jedoch nur in den Ausnahmefällen, in denen aufgrund einer unmißverständlichen Abrede im Werkförderungsvertrag eine Kündigung der Mietverträge weiterhin der Zustimmung des Darlehensgebers bedarf (BGH WarnR 1971 Nr 46). Die Regelung des § 87 a des 2. WohnungsbauG verstößt nicht gegen die Art 3, 14, 72 u 74 GG (BGH WarnR 1971 Nr 97). Haben die Parteien vereinbart, daß den Mietverträgen stets die gesetzlich zulässige Kostenmiete zugunde zu legen ist, so ist der Vermieter an die jeweilige Fassung der 2. BerechnungsVO gebunden (BGH NJW 1975, 731 = WuM 1976, 44). Verlangt er von den Mietern eine danach unzulässige Miete, so kann der öffentliche Darlehensgeber Unterlassung verlangen (BGH aaO). Bei Werkförderungsverträgen mit privaten Geldgebern, die Mietpreisbindungen 71 enthalten, ist dem Vermieter nach § 19 Abs 1 des 1. BMG grundsätzlich jede Mieterhöhung verwehrt. Auch bei vorzeitiger Rückzahlung der Förderungsmittel erlischt also weder ein auf bestimmte Zeit eingeräumtes Besetzungsrecht des Geld(661)

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Vorbem zu §§ 535, 536 72-76 2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

gebers noch die vertraglich vereinbarte Mietpreisbindung (BGH LM Nr 17 zu § 607 BGB m Nachw). Gegen ein auf 20 Jahre befristetes derartiges Besetzungsrecht bestehen keine Bedenken; aber auch länger dauernde Bindungen der Vermieter sind möglich (BGH aaO). Verstößt der Bauherr gegen das ihn hiernach bindende Verbot einer Mietzinserhöhung und sind künftige Zuwiderhandlungen zu befürchten, so kann auch der private Darlehnsgeber Unterlassung verlangen (BGH NJW 1967, 2260 ff; LG Nürnberg-Fürth NJW 1967, 2264). 72 Mieter, die mit dem Vermieter eine höhere als die hiernach zulässige Miete vereinbart haben, können folglich Rückzahlung der nicht geschuldeten Mietzinsteile verlangen, außer wenn sie wußten, daß der Vermieter von ihnen den höheren Mietzins nicht fordern darf (§§ 812 Abs 1, 814; BGH NJW 1967, 2260, 2262). Den Bereicherungsanspruch kann auch der private Darlehensgeber geltend machen. 73 Bei Nichterfüllung der Pflichten aus dem Werkförderungsvertrag stehen dem Darlehnsgeber gegen den Vermieter Schadensersatzansprüche wegen Nichterfüllung zu (OLG Düsseldorf NJW 1965, 918 m Anm H E N S E L E R ; LG Wuppertal NJW 1965, 919). Ubernimmt der Darlehensgeber eine Mietausfallgarantie, so erstreckt sich diese grundsätzlich nur auf Ausfälle durch Leerstehen der Wohnung, nicht auf solche durch Zahlungsunfähigkeit des Mieters (BGH BB 1977, 66). 74 f) Gemeinschaften und Gesellschaften* aa) Gesamthandsgemeinschaften und Bruchteilsgemeinschaften können die gemeinsame Sache durchaus an ihre Mitglieder vermieten. Folglich kommt, wenn eine Sache aufgrund eines Beschlusses der Gemeinschaft einem der Mitglieder gegen Entgelt auf Zeit zum Gebrauch überlassen ist, dadurch stets konkludent ein Mietvertrag zwischen der Gemeinschaft und dem Mitglied zustande (so insbes BGH LM Nr 42 zu § 535 BGB; Nr 9 zu § 745 BGB; Nr 22 zu § 538 BGB). Anders jedoch, wenn einer der Miteigentümer die Sache allein gebraucht, ohne daß hierüber ein Beschluß der Gemeinschaft vorläge: Dann bestimmt sich das Rechtsverhältnis allein nach den §§ 741 ff (BGH LM Nr 2 zu § 745 BGB; Nr 3/4 zu § 743 BGB). 75 bb) Besonderheiten gelten für die Beziehungen zwischen Genossenschaften und ihren Mitgliedern, namentlich für die Beziehungen zu Wohnungsbaugenossenschaften. Die Überlassung von Wohnungen durch diese an ihre Mitglieder kann sowohl auf der Satzung beruhen und deshalb ein gesellschaftsrechtliches Verhältnis darstellen als auch - so idR - auf dem Abschluß eines Mietvertrages zwischen Gesellschaft und Mitglied beruhen ( R O Q U E T T E aaO; LG Wiesbaden NJW 1962,2352; LG Essen ZMR 1972, 11). Im letzteren Fall ist der Vertrag grundsätzlich so lange unkündbar, wie der Mieter Mitglied der Genossenschaft ist. Auch ist § 571 anwendbar, so daß bei Veräußerung des Grundstücks durch die Genossenschaft der Erwerber in die bestehenden Mietverträge eintritt (§ 571 Rz 24; LG Wiesbaden aaO; LG Hagen NJW 1960, 1468, 1469 f m abl Anm BETTERMANN; LG Waldshut NJW 1959, 154 m abl Anm BETTERMANN; LG Kassel WuM 1968, 45; R O Q U E T T E aaO). Schließlich hat jeder Mieter Anspruch auf Gleichbehandlung (BGH LM Nr 2 u 3 zu § 18 GenG). 76 g) Lizenzverträge und ähnliche Erscheinungen aa) Lizenzverträge über gewerbliche Schutzrechte und Urheberrechte sind im Kern Pachtverträge oder (besser) eine besondere, nicht geregelte Form der allgemeinen * Schrifttum: MITTELSTEIN 7 8 f; ROQUETTE § 5 3 5 R z 8 2 ff, 95 ff, 103 ff, 108 ff; ders, D e r R e c h t s -

charakter des genossenschaftlichen Nutzungsvertrages, ZGenW 1958, 180.

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3. Titel. Miete. Pacht

Vorbem zu §§ 535, 536 77-83

Gestattungsverträge, niemals jedoch Mietverträge, da ihr Gegenstand Rechte und nicht Sachen sind. Keine Berührung mit der Miete hat auch das sog Franchising, bei dem es sich im 77 Kern um die Lizenzierung einer bestimmten Vertriebsidee handelt (s hierzu eingehend LOEWENHEIM, Warenzeichen und Wettbewerbsbeschränkung [1970] 99 ff; GROSS-SKAUPY, Das Franchise-System [1968]; BEHR, Der Franchisevertrag [1976]; MACK, Neuere Vertragssysteme in Deutschland, 1975). bb) Die sog Filmleihverträge zwischen Verleiher und Kino sind trotz gewisser 78 urheberrechtlicher Elemente in erster Linie Mietverträge, soweit es um den Gebrauch der überlassenen Filmkopie geht (BGH LM Nr 8 zu § 325 BGB; OLG Hamburg Recht 1914 Nr 759; ESSER-WEYERS II 1 § 24 III). Der Herausgabeanspruch des Verleihers richtet sich folglich nach § 556; seine Ersatzansprüche wegen Beschädigungen der Kopien verjähren in der Frist des § 558 (OLG Celle NJW 1965, 1667). Das Einspielrisiko trägt der Mieter (KG Ufita Bd 67 [1973] 220, 227; BGH aaO). Der sog Filmverwertungsvertrag zwischen dem Hersteller und dem sog Verleiher ist 79 dagegen kein Mietvertrag, sondern ein urheberrechtlicher Lizenzvertrag (RGZ 106, 362; 118, 288, 290; BGHZ 2, 331, 333 ff). Und Werkvertrag ist schließlich der zwischen Kinobesitzer und Dritten geschlossene Kinowerbevertrag (LG München NJW 1965, 1533). h) Sonstige Einzelfälle

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1. Bei Besuchen von Restaurants und sonstigen Vergnügungsstätten tritt das Mietvertragselement gegenüber dem Kauf- oder Werkvertragselement ganz in den H i n t e r g r u n d (LEONHARD II 138; MITTELSTEIN 6 9 f).

2. Verträge über die Benutzung von Vergnügungseinrichtungen wie Schiffsschau- 81 kein, Kegelbahnen oder Autoscooter sind in erster Linie Miete, so daß vor allem die Benutzer den umfassenden Schutz des § 538 genießen (BGH LM Nr 5 zu § 538 B G B = J u S 1962, 2 8 5 N r 7; L M N r 19 zu § 5 3 7 B G B m A n m TRENCK-HINTERBERGER JuS 1975, 5 0 1 ; OLG Köln NJW 1964, 2 0 2 0 ; ESSER II 1 § 2 4 I). Schließt eine

Gesellschaft von Keglern einen Mietvertrag mit einem Gastwirt ab, so sind sämtliche Kegler in die Schutzwirkungen dieses Mietvertrages einbezogen (BGH LM Nr 19 zu § 5 3 7 B G B m A n m TRENCK-HINTERBERGER a a O ) .

3. Miete und nicht Verwahrung sind die Tresor- oder Schrankfach Verträge, weil die 82 Bank hierdurch ihren Kunden in erster Linie den Gebrauch einer bestimmten Sache gewährt; freilich handelt es sich nicht um eine Raummiete iS des § 580 (RGZ 141, 99; MITTELSTEIN 20; Voraufl § 580 Rz 7 m Nachw; aA ENNECCERUS-LEHMANN § 127

I 3; LEONHARD II 138). Unabhängig von diesem Streit steht fest, daß die Bank verpflichtet ist, dem Kunden die Benutzung des Schrankfaches zur Aufbewahrung von Gegenständen zu gestatten und darüber zu wachen, daß Unbefugte keinen Zugang erhalten. Bei Verletzung dieser Pflichten ist die Bank ersatzpflichtig. Zusätzliche persönliche Verwahrungs- und Sorgfaltspflichten übernimmt die Bank hingegen nicht. Dementsprechend ist der Kunde idR Alleinbesitzer des Schrankfachinhalts (OLG Oldenburg NJW 1977, 1780 f). 4. Mietvertrag ist auch ein Vertrag über die Benutzung fremder Anschlußgleise 83 oder der Vertrag, durch den der Grundstücksinhaber einem Dritten das Campieren auf seinem Grundstück erlaubt (OLG Koblenz N J W 1966, 2 0 1 7 m Anm HOFFMANN N J W 1967, 5 0 ; WEIMAR Versicherungswirtschaft 1973, 9 5 0 ) . Bei einer unebenen Spielwiese trifft jedoch den Grundstückseigentümer keine zusätzliche Verkehrssicherungspflicht (LG Verden VersR 1976, 2 9 9 m Anm GAISBAUER VersR 1977, 144). (663)

Volker Emmerich

Vorbem zu §§ 535, 536 84-89 2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

84 5. Bei Verträgen über die Benutzung von Verpackungsmaterial kommen sowohl Kauf wie Miete als auch atypische Verträge oder unregelmäßige Verwahrung in Betracht (s ENNECCERUS-LEHMANN § 127 1 1 ; MITTELSTEIN 57 f).

85 6. Bei allen Beförderungsverträgen steht das Werkvertragselement ganz im Vordergrund, so daß auch nicht ergänzend Mietrecht auf sie anzuwenden ist. Das gilt auch bei den Verträgen über die Benutzung eines Schlafwagens oder einer Schiffskabine (MITTELSTEIN 69 f). Hingegen ist die vorübergehende Nutzung einer Wohnung oder eines Hauses aufgrund eines Träger-Bewerbervertrages Miete (BGHZ 56, 136 ff). Ebenso die Bereitstellung eines Gerüsts (OLG Düsseldorf VersR 1974, 113). 86 7. Die Sondernutzung öffentlicher Sachen, zB zur Aufstellung von Ständen und zu ähnlichen Zwecken, ist heute durch die neuen Wege- und Straßengesetze des Bundes und der Länder ausschließlich ins öffentliche Recht verwiesen worden, so daß insoweit Mietverträge nicht mehr angenommen werden können. Dadurch wird es jedoch nicht ausgeschlossen, auf das öffentlich-rechtliche Nutzungsverhältnis ergänzend schuldrechtliche und namentlich mietrechtliche Vorschriften anzuwenden. Insbesondere die Haftung des Eigentümers wird bei diesen öffentlich-rechtlichen Nutzungsverhältnissen ebenso wie im Privatrecht zu beurteilen sein (BGHZ 2 1 , 2 1 4 ; 5 4 , 2 9 9 ; 5 9 , 3 0 3 ; 6 1 , 7 = J u S 1 9 7 1 , 2 1 4 N r 14; 1 9 7 3 , 113 N r 4 ; 1 9 7 4 , 4 8 N r 1; B H N J W 1 9 7 3 , 2 1 0 3 ; 1 9 6 4 , 4 5 6 ; BREHM J u S 1 9 7 5 , 9 0 ; GÖTZ JUS 1 9 7 1 , 3 4 9 ; OSSENBÜHL D V B 1 1 9 7 3 , 2 8 9 ; RÜFNER D Ö V 1 9 7 3 , 8 0 8 ; SCHWARZE JUS 1 9 7 4 , 6 4 0 ; STÜRNER JUS 1 9 7 3 , 7 4 9 ; ZULEEG JUS 1 9 7 3 , 3 7 ) .

87 8. Nur die Konzessionsverträge über die Verlegung von Schienen und Leitungen in öffentlichen Straßen sind durch § 8 Abs 10 BFernStrG und die entsprechenden Vorschriften der neuen Straßen- und Wegegesetze der Länder ins Privatrecht verwiesen (EMMERICH BB 1973, 1269 ff; MALZER, Das Wege-, Preis- und Kartellrecht in der Energieversorgung [1966] 38 ff). Derartige Konzessionsverträge sind gemischte Verträge mit vorwiegend mietvertraglichen Elementen (RGZ 88, 14; 108, 204; aA OLG Hamburg MDR 1976, 142 bei einmaliger Zahlung von lediglich DM 100,-). Wirtschaftlich gesehen bilden den Kern der Konzessionsverträge jedoch die von den Gemeinden gegen Zahlung sehr hoher Konzessionsabgaben durchweg übernommenen Ausschließlichkeitsbindungen zugunsten der Versorgungsunternehmen, denen jeweils die Verlegung von Leitungen oder Schienen gestattet wurde (s EMMERICH a a O ) .

88 9. Das Fernsprechverhältnis ist heute ausschließlich öffentlich-rechtlich konstruiert (BGHZ 39, 35, 36: mietähnliches öffentlich-rechtliches Wiederkehrschuldverhältnis; eingehend AUBERT, FernmeldeR Bd I [3. Aufl 1974] 152 ff, 184 ff). Auch der Vertrag über die Überlassung eines Fernsprechanschlusses ist kein Mietvertrag mehr. 89 10. Verträge über die Überlassung von Flächen zur Anbringung von Reklametafeln sind Mietverträge. Handelt es sich um Wand- oder Dachflächen von Gebäuden, so liegt eine Grundstücksmiete vor (s § 571 Rz 14 ff, § 580 Rz 1 ff; zB OLG Frankfurt BB 1970, 731; OLG Hamm MDR 1976, 143 f). Handelt es sich jedoch um Fahrzeuge, zB um Straßenbahnen oder Omnibusse, deren Außenflächen vermietet werden, so kommen werkvertragliche Elemente hinzu; das mietvertragliche Element dürfte indessen eindeutig überwiegen. Ein langfristiger Vertrag über die Überlassung aller zukünftigen derartigen Reklamemöglichkeiten ist grundsätzlich nicht sittenwidrig ( B G H LM Nr 5 zu § 138 [Bc] B G B ; s auch B G B - R G R K - G E L H A A R Vorbem 263 zu § 535). Volker Emmerich

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3. Titel. Miete. Pacht

Vorbem zu §§ 535, 536 90-93

i) Die Verbindung von Miete und Kauf

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Miete und Kauf können in beliebiger Weise miteinander kombiniert werden oder aufeinander folgen (s insbes MITTELSTEIN 8 1 ff). So kann der Vermieter als Nebenleistung die Verpflichtung zur Lieferung von Wasser oder Energie wie zB Dampf übernehmen. Ist hier nichts anderes vereinbart, so ist grundsätzlich davon auszugehen, daß diese Nebenleistungen schon mit dem Mietzins abgegolten sind (s ROQUETTE NJW 1953, 573). Anders jedoch, wenn die zusätzlichen Leistungspflichten zur weiteren Hauptleistungspflicht des Vermieters werden. Dann muß der Mieter hierfür auch ein zusätzliches Entgelt zahlen. III. Abschluß und Inhalt des Mietvertrages 1. Das Zustandekommen des Vertrages*

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a) Abschluß aa) Für die Haftung der Parteien aus cic gelten keine Besonderheiten (s SCHMIDTFUTTERER aaO; BRAXMAIER WM 1968, 202; 1976, 2). Folglich trifft den Vermieter eine Aufklärungspflicht hinsichtlich derjenigen Eigenschaften und Rechtsverhältnisse, die für den Mieter erkennbar von besonderer Bedeutung sein können (BGH LM Nr 14 zu § 276 [Fa] BGB = JuS 1963,411 Nr 1; LG Mannheim DWW 1977,186 f; OLG Hamm, Urt v 31. 1. 1978 - 7 U 92/77, S. 8 ff). Außerdem ist der Vermieter schon während der Vertragsverhandlungen gegenüber dem Mieter und dessen Angehörigen zu Schutz und Fürsorge verpflichtet, so daß er namentlich bei einer Verletzung seiner Verkehrssicherungspflicht dem Mieter und dessen Angehörigen nicht nur aus Delikt, sondern auch vertragsähnlich aus cic haftet. In jedem Fall beschränkt sich jedoch die Ersatzpflicht des Vermieters grundsätzlich auf das negative Interesse, so daß der Mieter nur verlangen kann, so gestellt zu werden, als ob keine Verhandlungen erfolgt wären (LG Mannheim MDR 1971, 49 Nr 46 = ZMR 1971, 133; DWW 1976, 88 = ZMR 1976, 243 f). Umgekehrt treffen den Mieter bei Übergabe der Sache vor Vertragsschluß dieselben Obhuts- u Fürsorgepflichten wie nach Vertragsschluß (BGH LM Nr 39 zu § 278 BGB; BB 1977,121). bb) Der Mietvertrag ist erst zustande gekommen, wenn sich die Parteien über 92 sämtliche Punkte geeinigt haben, über die nach dem Willen auch nur einer Partei eine Einigung herbeigeführt werden soll. Dafür genügt jedoch grundsätzlich die Einigung über die sog essentialia des Geschäfts, dh über Gegenstand und Dauer des Vertrags sowie über den Mietzins (BGHZ 55, 248, 249; BGH ZMR 1963, 82; OLG Hamburg ZMR 1974, 242). Eine wirksame Bindung der Parteien liegt also nur vor, wenn zumindest diese Punkte bestimmt oder doch bestimmbar sind. Dies gilt auch für Verlängerungsverträge. Fehlt eine Einigung über die Nebenkosten, so ist grundsätzlich davon auszugehen, daß diese mit dem Mietzins abgegolten sein sollen. Bleibt jedoch nur deren Höhe offen, während Einigkeit über ihre gesonderte Vergütung besteht, so gelten die §§ 315 ff (LG Mannheim WuM 1976, 92 f; LG Osnabrück WuM 1976, 93 f). Haben sich die Parteien nur darauf geeinigt, daß ein Gegenstand entgeltlich vor- 93 übergehend zum Gebrauch überlassen werden soll, während eine Abrede über die Höhe des Mietzinses nicht getroffen worden ist, so ist (entsprechend den §§612 Abs 2 und 632 Abs 2) davon auszugehen, daß die ortsübliche Vergütung gelten soll (KG * Schrifttum: B G B - R G R K - G E L H A A R Vorbem 4 8 ff; S C H M I D T - F U T T E R E R , Miete und Pacht handlungen; S T E R N E L Tz I 1 ff ( S . 1 ff). (665)

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ff zu § 5 3 5 ; M I T T E L S T E I N 8 9 ff, 1 3 4 ff; N I E N D O R F F ff; ders, Mietrecht, s v Mietvertrag und Vorver-

Volker Emmerich

Vorbem zu §§ 535, 536 94-99 2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

NJW 1955, 949; GITTER 13; ROQUETTE § 535 Rz 238 m Nachw; nach anderen sind hingegen die §§ 315 und 316 anzuwenden: so RG LZ 1914, 1027; MITTELSTEIN 143 ff). Behalten die Parteien hingegen die Höhe des Mietzinses ausdrücklich einer späteren Einigung vor, so muß diese Vertragslücke im Wege der ergänzenden Auslegung geschlossen werden, wenn sich die Parteien tatsächlich später nicht zu einigen vermögen (aM RG JW 1913, 1102, wonach in diesem Fall der Vertrag gemäß § 154 nichtig sein soll). 94 cc) Ist eine Sache vorübergehend zum Gebrauch ohne Vertragsschluß überlassen worden, so ist das Verhältnis nach Bereicherungsrecht abzuwickeln. Der Bereicherungsanspruch ( § § 8 1 2 Abs 1 S 1, 8 1 8 Abs 2) geht auf Wertersatz und wird deshalb idR dem objektiven Mietwert der Sache entsprechen (vgl zB zuletzt OLG Köln MDR 1976, 398 f Nr 46). Ausnahmen müssen jedoch bei Minderjährigen zur Vermeidung von Vertragsfallen gemacht werden (s EMMERICH, Schuldrecht BT [2. Aufl 1976] § § 1 6 - 1 8 ) . 95 dd) Ein Mietverhältnis kann stets nur durch Vertrag, niemals also einseitig, auch nicht durch ein Vermächtnis, begründet werden. Aufgrund eines solchen Vermächtnisses ist vielmehr der Erbe lediglich zum Abschluß eines Mietvertrages mit dem Begünstigten verpflichtet. 96 ee) Ein konkludenter Abschluß des Mietvertrages ist namentlich anzunehmen, wenn ein Gegenstand zum Gebrauch unter Umständen überlassen wird, die die Annahme der Unentgeltlichkeit des Geschäfts ausschließen (vgl zB RG Gruchot 68, 62). Hingegen ist diese Annahme ausgeschlossen, wenn eine Partei ausdrücklich erklärt, die Überlassung erfolge nur vorläufig bis zum endgültigen Abschluß des Mietvertrages (OLG Königsberg HRR 1942 Nr 625), oder wenn der Mieter entgegen dem Willen des Vermieters eingezogen ist und der Vermieter sofort dem Einzug widersprochen hat (OLG Königsberg HRR 1941 Nr 19). Haben die Parteien Schriftform vereinbart, so ist jedenfalls nach Überlassung der Sache an den Mieter grundsätzlich davon auszugehen, daß die Wirksamkeit des Vertrages von dessen Beurkundung nicht abhängen soll. 97 ff) Für die Auslegung von Mietverträgen gelten keine Besonderheiten (§§ 1 3 3 , 1 5 7 , 2 4 2 ; im einzelnen MITTELSTEIN 2 3 3 ff; NIENDORFF 8 8 ff). Einen Grundsatz, daß Mietverträge grundsätzlich gegen den Vermieter auszulegen seien, gibt es (selbstverständlich) nicht. Verwendet indessen der Vermieter Formularverträge, so greifen ergänzend die Grundsätze über die Auslegung und Inhaltskontrolle von Geschäftsbedingungen ein, wie sie sich aus dem AGB-Gesetz von 1976 ergeben. 98 b) Sowohl auf der Seite des Vermieters als auch auf der Seite des Mieters können mehrere Personen beteiligt sein. Vermieter oder Mieter sind dann Gesamtschuldner u n d G e s a m t g l ä u b i g e r ( § § 4 2 7 u n d 4 3 2 ; s SOERGEL-MEZGER §§ 5 3 5 - 5 3 6 R z 2 7 - 4 8 ; ENNECCERUS-LEHMANN § 1 2 7 I I I ; ERMAN-SCHOPP § 5 3 5 R z 1 4 - 1 6 ; SCHOPP Z M R

1976, 321; BGB-RGRK-GELHAAR Vorbem 288 ff zu § 535).

99 aa) Die mehreren Vermieter können in einer Bruchteils- oder Gesamthandsgemeinschaft stehen. Immer bilden Abschluß und Kündigung eines Mietvertrages grundsätzlich eine Verwaltungshandlung iS der §§ 2 0 3 8 und 7 4 5 , so daß hierüber durch Mehrheitsbeschluß zu entscheiden ist. Nach hM haben derartige Mehrheitsbeschlüsse nicht nur Innen-, sondern auch Außenwirkung, so daß die Mehrheit aufgrund des wirksamen Beschlusses über die Verwaltungsmaßnahme die Minderheit auch vertreten und folglich den Mietvertrag abschließen oder kündigen kann; die Mehrheit braucht maW nicht zuvor gegen die Minderheit auf Mitwirkung bei Abschluß des Mietvertrages oder bei dessen Kündigung zu klagen (BGHZ 56, 47, 4 9 ff m Nachw; BGH LM Nr 1 zu § 2 0 3 8 BGB; PALANDT-THOMAS § 7 4 5 Anm 1; Volker Emmerich

(666)

3. Titel. Miete. Pacht PALANDT-KEIDEL § 2 0 3 8 A n m 1 a, 3 b u b e s 3 c m

Vorbem zu §§ 535, 536 100-103 N a c h w ; SCHOPP Z M R

1967,

193 ff m Nachw; aA zB LG Mannheim ZMR 1966, 178; SIEGELMANN ZMR 1966, 293). Bilden die mehreren Vermieter hingegen eine Gesellschaft, so richtet sich die Zuständigkeit zum Abschluß und zur Kündigung des Mietvertrages allein nach der jeweiligen Regelung von Geschäftsführung und Vertretung (s ROQUETTE § 535 Rz 82 ff m Nachw). Auch wenn die Vermieter eine Bruchteilsgemeinschaft bilden, ist die Mietzinsforderung auf eine im Rechtssinne unteilbare Leistung gerichtet, so daß nicht ein einzelner Teilhaber vom Mieter die Zahlung des Teiles des Mietzinses fordern kann, der seinem Anteil entspricht; jeder Teilhaber kann also nur Leistung an die Gemeinschaft verlangen (BGH LM Nr 1 zu § 743 BGB; Nr 46 zu § 387 BGB; aA KG OLGE 5, 26; 12, 66). Hinsichtlich der Vermieterpflichten sind die mehreren Vermieter in jedem Fall 100 Gesamtschuldner (RGZ 89,176; BGH LM Nr 4 zu § 425 BGB; KG JW 1932,3008 Nr 9; OLGE 17, 1; 20, 107). Dies gilt auch dann, wenn die Vervielfältigung der Vermieterstellung dadurch eingetreten ist, daß das vermietete Grundstück nach Vertragsschluß erst an mehrere Miteigentümer veräußert worden ist (§571; BGH LM Nr 2 zu § 427 BGB). bb) Auch mehrere Mieter sind Gesamtschuldner und Gesamtgläubiger (LG Kassel 101 WuM 1977, 255; §§ 427 u 431). Untereinander werden sie idR eine BGB-Gesellschaft bilden (SCHOPP aaO; OLG Hamm BB 1976, 529; Urt v 6.4. 1976 - 7 U 65/75, S 15 ff; LG Berlin NJW 1952, 30; aM LG Heidelberg WuM 1977, 31 f). Das Mietverhältnis bildet hier eine Einheit, so daß es vom Vermieter stets nur einheitlich gegenüber allen Mietern, niemals nur gegenüber einem einzigen Mieter gekündigt werden kann; eine Kündigung zB nur gegenüber einem der mehreren Mieter, der in Konkurs gefallen ist (§ 19 KO), ist nicht zulässig (RGZ 90, 328, 331; 97, 79, 81; 138, 183, 186; 150, 193, 204; BGHZ 26, 102, 103 ff; BGH LM Nr 5 zu § 539 BGB; Nr 6 zu § 425 BGB; WM 1972, 136). Davon muß die andere Frage unterschieden werden, ob sich die Mieter einen Kündigungsgrund, der nur in der Person eines von ihnen vorliegt, zurechnen lassen müssen, so daß auch ihnen gegenüber die (stets nur einheitlich mögliche) Kündigung zulässig ist. Diese Frage läßt sich nicht einheitlich beantworten; vielmehr kommt es auf die Auslegung der jeweiligen Kündigungsvorschrift und vor allem auf die des Vertrages an. IdR ist die Frage jedoch zu verneinen (s RGZ 90, 328, 331; 138, 183, 186; 141, 391, 393; BGHZ 26, 102, 104 ff). Folglich ist die Kündigung grundsätzlich nur wirksam, wenn sie auch allen Mietern zugeht (BGH LM Nr 6 zu § 425 BGB). Aus der Einheitlichkeit des Mietverhältnisses folgt weiter, daß grundsätzlich auch 102 der einzelne Mitmieter nicht für sich allein kündigen kann; das gilt auch, wenn die Mieter zB Miterben sind (SCHOPP ZMR 1967, 193, 196). Eine Ausnahme wird nur zugunsten des Konkursverwalters anerkannt, um im Konkurs eines Mitmieters dem Konkursverwalter die Möglichkeit zu geben, die Konkursmasse von der Belastung mit dem Mietvertrag zu befreien (OLG Celle Betrieb 1974, 1109; vgl auch BGHZ 26, 102,107). Unberührt hiervon bleibt das Recht jedes einzelnen Mitmieters, allein auf Feststellung der Wirksamkeit des Mietvertrages zu klagen (RG LZ 1915, 518, 5 1 9 Nr 7 ) . Hinsichtlich der Mieterpflichten sind die Mitmieter Gesamtschuldner, so daß Ver- 103 tragsverletzungen grundsätzlich nur für und gegen den Mitmieter wirken, der sie begangen hat. Wenn jedoch die Rückgabepflicht der Mitmieter vertragsgemäß nur durch Mitwirkung eines von ihnen erfüllt werden kann, so haftet dieser als Gesamtschuldner auch für die schuldhafte Verletzung der Rückgabepflicht durch einen der anderen Mitmieter (BGHZ 65, 226, 228 f). (667)

Volker Emmerich

Vorbem zu §§ 535, 536 104-109 2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

104 c) Das Gesagte gilt uneingeschränkt auch für den Fall, daß Ehegatten gemeinsam eine Wohnung vermieten oder mieten. Die früher vielfach vertretene Sonderbehandlung der Ehefrau als Mitmieterin ist heute unhaltbar ( S I E G E L M A N N ZMR 1 9 6 8 , 2 6 0 ; H O P P M A N N B1GBW 1 9 6 7 , 9 4 ; W E I M A R ZMR 1 9 6 4 , 1 2 9 ; N O A C K WUM 1 9 7 0 , 2 ; 1 9 6 9 , 2 ; M I T T E L S T E I N 8 9 f f , 9 7 f f ; L E O N H A R D II 1 3 9 f f ) .

105 aa) Ist die Ehe erst geschlossen worden, nachdem einer der Ehegatten die Wohnung gemietet hatte, so ist der Mieter berechtigt, seinen Ehegatten und dessen Kinder ebenso wie sonstige Angehörige in die Wohnung aufzunehmen. Dies ist kein Fall des § 549, sondern fällt in den Rahmen des vertragsmäßigen Gebrauchs, so daß der Vermieter der Aufnahme der Angehörigen nicht widersprechen kann (§ 550; s § 549 Rz 3 m Nachw; H U M M E L ZMR 1975, 291; LG Aachen ZMR 1968, 307). Eine Ausnahme kommt jedoch in Betracht, wenn es sich um Ein-Zimmer- Appartements handelt, die bestimmungsgemäß allein an ledige Personen abgegeben werden (LG Hamburg JZ 1951, 720). Ebenso büßen die Angehörigen jedes Recht zur weiteren Benutzung der Wohnung ein, wenn der mietende Ehegatte ausgezogen ist (LG Stuttgart ZMR 1956, 274; LG Mainz NJW 1953, 1207; K Ü R Z E L ZMR 1965, 97 f). 106 bb) Der Eintritt des Ehegatten in den Mietvertrag bedarf hingegen eines neuen Vertragsschlusses mit dem Vermieter. Die Ehegatten sind von diesem Augenblick an Gesamtschuldner und Gesamtgläubiger, so daß für ihr Verhältnis zum Vermieter das oben über die Rechtsstellung mehrerer Mieter Gesagte gilt (Rz 101 ff). 107 cc) Schließt nur einer der beiden Ehegatten den Mietvertrag ab, so wird er auch allein Mieter. Der andere Ehegatte und die Kinder sind aber in den Schutzbereich des Mietvertrages einbezogen, so daß auch ihnen vertragliche Ersatzansprüche gegen den Vermieter zustehen, insbes aufgrund des § 538 bei Körperverletzungen infolge von Mängeln der gemieteten Wohnung oder Räume (zuletzt OLG Hamm FamRZ 1977, 318 ff; S C H O P P ZMR 1962, 257; W E I M A R ZMR 1954,65; E M M E R I C H , in: Grundlagen des Vertrags- und Schuldrechts [1974] 312 ff; ders, Schuldrecht BT [2. Aufl 1976] § 7 III). Der Gleichberechtigung der Ehepartner entspricht es in diesem Fall allein, auch dem anderen Ehepartner Besitz an der Ehewohnung zuzusprechen (BGHZ 12, 388, 399 f; LG Mainz NJW 1953, 1107, 1108). Daraus folgt mit Notwendigkeit, daß - entgegen der hM ( G I T T E R 8; OLG Hamm NJW 1956, 1681; LG Tübingen NJW 1964, 2021 f; OLG Köln NJW 1958, 598 f) - für die Räumungsvollstreckung gegen die Eheleute ein Titel gegen den Mieter-Ehegatten allein nicht genügt (OLG Hamburg MDR 1970, 769; H O P P M A N N aaO m Nachw). Aufgrund seines Mitgewahrsams kann der andere Ehegatte vielmehr, wenn gegen ihn kein Titel vorliegt, gegen die Zwangsvollstreckung nach § 766 ZPO Erinnerung einlegen ( B G B - R G R K - G E L H A A R Vorbem 290 zu § 535). 108 Das Rechtsverhältnis zwischen den Ehegatten ist bei dieser Fallgestaltung umstritten. Der natürlichen Anschauung entspricht es jedoch allein, ein rein familienrechtliches Verhältnis aufgrund der ehelichen Lebensgemeinschaft anzunehmen. 109 dd) Wenn beide Ehegatten zusammen den Mietvertrag abgeschlossen haben, wurde früher vielfach ein bloßer Schuldbeitritt der Ehefrau oder ein sog akzessorisches Mietverhältnis hinsichtlich der Ehefrau angenommen, so daß eine Kündigung nur durch oder gegen den Ehemann zu erfolgen brauchte und ein Titel allein gegen den Ehemann für die Räumungsvollstreckung genügte (so zuletzt OLG Frankfurt MDR 1969, 852 f = ZMR 1970, 177; OLG Köln NJW 1958, 598 f; M I T T E L S T E I N 105 ff). Diese Konstruktionen, für die schon früher jede Grundlage fehlte, sind spätestens seit dem Inkrafttreten des Gleichberechtigungsgrundsatzes unhaltbar geworden. Wenn die Ehegatten gemeinsam den Mietvertrag abschließen, so gilt nichts anderes als bei sonstigen Vertragsschlüssen durch mehrere Mieter (LG Kassel WuM 1977, Volker Emmerich

(668)

3. Titel. Miete. Pacht

Vorbem zu §§ 535, 536 110-114

255; aM G E L H A A R aaO). Vor allem eine Kündigung kann daher nur gegenüber beiden Ehepartnern gemeinsam erfolgen (LG Frankfurt NJW 1958, 592 m Anm BREETZKE). Eine Kündigung nur durch einen oder nur gegenüber einem der Ehegatten ist nicht möglich. Die übliche gegenseitige Bevollmächtigung der Ehegatten in den Mietvertragsformularen dürfte hieran nichts ändern, da sie sich grundsätzlich nicht auf so grundlegende Entscheidungen wie die Kündigung des Mietvertrages erstreckt (AG Mannheim WuM 1976, 184; AG Hamburg WuM 1977, 165; LG Hamburg WuM 1977, 184 f; aM zu Unrecht LG Berlin MDR 1970, 54 Nr 69). Doch darf natürlich die besondere Art des Verhältnisses der beiden Mieter nicht 110 unberücksichtigt bleiben, so daß die Auslegung des Vertrages im Einzelfall durchaus ergeben kann, daß Kündigungsgründe, die nur in der Person eines der Mieter vorliegen, zur Kündigung des Mietverhältnisses insgesamt berechtigen. Das gilt nicht nur zugunsten des Vermieters, sondern ggf auch zugunsten der Mieter, so daß diese zB nach § 570 kündigen können, auch wenn nur einer von ihnen Beamter ist und versetzt wird (s § 570 Rz 17 ff m Nachw). Entsprechend kann der Konkursverwalter im Falle des Konkurses eines der Ehepartner nach § 19 KO den gesamten Mietvertrag kündigen; der andere Ehepartner haftet dann aber nicht auf Schadensersatz nach § 19 Abs 2 KO; dieser Ersatzanspruch richtet sich vielmehr allein gegen den in Konkurs gefallenen Ehepartner (OLG Celle NJW 1974, 2012 f). Aus der gesamtschuldnerischen Haftung der Ehegatten für alle Schulden aus dem 111 Mietverhältnis folgt außerdem, daß der eine Ehegatte, selbst wenn er ausgezogen ist, nach § 557 dem Vermieter weiter haftet, wenn der andere wohnen bleibt, ohne Rücksicht auf die Frage, ob die Ehe geschieden ist oder nicht (LG Mannheim DWW 1973, 19 = ZMR 1973, 303 Nr 38). Für die Zwangsvollstreckung ist in diesen Fällen stets ein Titel gegen beide Ehegatten erforderlich (OLG Köln NJW 1954, 1895). Das Rechtsverhältnis zwischen den Ehegatten, die gemeinsam gemietet haben, ist 112 umstritten. Es findet sich die Annahme eines gesellschaftsähnlichen Verhältnisses, einer Gemeinschaft iS der §§ 741 ff und eines rein familienrechtlichen Verhältnisses (s insbes ROQUETTE § 535 Rz 61 ff). Haltbar dürfte jedoch allein die Annahme eines rein familienrechtlichen Verhältnisses sein (so auch die hM, zB KG MDR 1960, 586). ee) Besonders umstr war früher die Rechtslage nach Scheidung der Ehe (s insbes 113 MITTELSTEIN 109 ff). Nachdem hier der Große Senat des RG eine erste Klärung gebracht hatte (DR 1944, 69 = DJ 1944, 59), erging am 21. 10. 1944 als 6. DVO zum EheG die sog HausratsVO (RGBl I 256), durch die die Gerichte ermächtigt wurden, die Rechtsverhältnisse an der Ehewohnung nach der Scheidung der Ehe rechtsgestaltend zu regeln (s hierzu ROQUETTE § 535 Rz 74 ff; P A L A N D T - D I E D E R I C H SEN, Anhang zu § 1587 p; HOEFMANN-STEPHAN, EheG [2. Aufl 1968] 795 ff; H O P P MANN B1GBW 1967, 36; LG Kassel WuM 1977, 255). 2. Vorvertrag, Anmietrecht, Vonniete und Option* a) Als Vorvertrag bezeichnet man einen Vertrag, durch den sich die Parteien zum Abschluß eines anderen Vertrages verpflichten. Aus dem Vorvertrag kann daher jede Partei gegen die andere auf Abgabe der zum Abschluß des Hauptvertrages * Schrifttum: BGB-RGRK-GELHAAR V o r b e m 3 0 3 ff zu § 5 3 5 ; GEORGIADES, in: F S L a r e n z ( 1 9 7 3 ) 4 0 9 ff; HENRICH, V o r v e r t r a g , O p t i o n s v e r t r a g , V o r r e c h t s v e r t r a g ( 1 9 6 5 ) ; HEROLD G E 1971, 3 3 9 ; 1974, 4 8 0 ; KANIA Z M R 1976, 1; LORENZ, in: F S D ö l l e I, 1 0 3 ; ROQUETTE, N a c h § 5 3 5 R z 1 ff; SCHMIDT-FUTTERER D W W 1963, 274. (669)

Volker Emmerich

114

Vorbem zu §§ 535, 536 115-117 2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

erforderlichen Willenserklärungen klagen (§ 894 ZPO; vgl BGH WM 1971, 44). Jedoch ist zweifelhaft, ob die Kategorie des Vorvertrages überhaupt selbständige Bedeutung hat. In allen denkbaren Fällen können dieselben Zwecke auch durch einen aufschiebend bedingten Vertrag oder durch einen Vertrag, bei dem lediglich die Fälligkeit hinausgeschoben ist, erreicht werden (s F L U M E AT Bd 2 [2. Aufl 1975] § 33, 7). 115 aa) Trotz dieser Bedenken hält die Praxis auch Vorverträge zu Mietverträgen für möglich. Für die Annahme eines Mietvorvertrages müssen jedoch besondere Gründe vorliegen, aus denen heraus die Parteien noch vor Zustandekommen eines Hauptvertrages bereits die Bindung zum Abschluß des künftigen Vertrages gewollt haben (OLG Braunschweig NJW 1976, 570; LG Mannheim MDR 1974,48 Nr 45). Als derartige Gründe kommen vor allem in Betracht, daß im Augenblick dem Abschluß des Hauptvertrages noch irgendwelche Gründe entgegenstehen, die Parteien sich aber gleichwohl schon jetzt binden wollen (BGH LM Nr 40 zu § 256 ZPO; Nr 11 zu § 566 BGB; WM 1969, 919; B R A X M A I E R WM 1970, 26 f). Grundsätzlich ist deshalb davon auszugehen, daß die Parteien bereits einen Hauptmietvertrag abschließen wollten, wenn sie sich gebunden haben, und daß es, wenn dieser Vertrag nicht zustande gekommen ist, an der auch für einen Vorvertrag erforderlichen Bindung fehlt; insbes genügt es für die Annahme eines Vorvertrages nicht, daß ein beabsichtigter Hauptmietvertrag nicht unterschrieben worden ist (BGH WM 1959, 1196; 1969, 686; 1969, 919). 116 bb) Liegt hiernach ausnahmsweise ein Vorvertrag vor, so kann aus ihm auf Abschluß des Hauptmietvertrages geklagt werden. Die Gerichte halten sich in diesem Fall zu weitgehenden Ergänzungen des Parteiwillens für befugt; fehlt eine Abrede über den Mietzins, so gilt der übliche Mietzins als vereinbart. Bei Fehlen einer Abrede über die Vertragsdauer gilt der Vertrag als auf unbestimmte Zeit abgeschlossen (s insbes BGH WM 1964, 1216, 1217 f; ZMR 1961, 326, 327; LM Nr 9 zu Vorbem zu § 145 = JuS 1962, 483 f Nr 3; krit F L U M E aaO). 117 cc) Die Praxis zu Mietvorverträgen ist vor allem deshalb bedeutsam, weil sie aus dem Zweck des § 566 gefolgert hat, daß Mietvorverträge abweichend von der allgemeinen Regel nicht der für den Hauptvertrag vorgeschriebenen Form des § 566 bedürfen (RGZ 86, 30, 32 ff; 103, 381, 384; RG JW 1938,1247 Nr 14; 1929, 3226, 3227 Nr 3; LZ 1930, 840, 843; BGH LM Nr 1, 6, 11 u 19 zu § 566 BGB; Nr 1 zu § 242 [Ca] BGB; WM 1964, 1216, 1217; 1973, 238; ZMR 1961, 326, 327; OLG Stuttgart ZMR 1959, 325, 327; statt aller MITTELSTEIN 170; aA jedoch F L U M E 616; FIKENTSCHER § 7 4 I 5 ; L A R E N Z I I § 4 8 1 ; L E O N H A R D I I 1 4 2 f ; N I E N D O R F F 6 9 ; W E I M A R

MDR 1961, 289 f; abweichend auch BGHZ 61, 48 für Jagdpachtverträge). Die Folge dieser Praxis ist, daß die Parteien trotz Abschlusses eines formlosen Vertrages entgegen § 566 aufgrund des formlos wirksamen Mietvorvertrages an den langfristigen Vertrag gebunden sind, da jede Partei aufgrund des Vorvertrages einen Anspruch auf schriftlichen Abschluß des Hauptvertrages hat. Diesen Anspruch kann dann auch jede Partei einer auf § 566 gestützten Kündigung der anderen Partei entgegensetzen, so daß den Parteien hierdurch ein Weg eröffnet wird, auch formlos langfristige Mietverträge abzuschließen (s § 566 Rz 55 m Nachw). Freilich genügt, selbst wenn der Vorvertrag seinerseits schriftlich abgefaßt worden ist, die bloße Einigung, daß der Vorvertrag fortan als Hauptvertrag gelten solle, noch nicht für einen formgemäßen Abschluß des Hauptvertrages (BGH LM Nr 19 zu § 566 BGB). Auf der anderen Seite kann sich eine Partei der Bindung an den Mietvertrag nicht dadurch entziehen, daß sie bei Vorliegen eines Vorvertrages nur den Hauptvertrag anficht; vielmehr muß in diesem Fall auch der Vorvertrag anfechtbar sein und tatsächlich angefochten worden sein, damit die Partei frei wird (BGH WM 1973, 238). Volker Emmerich

(670)

Vorbem zu § § 5 3 5 , 5 3 6 3. Titel. Miete. Pacht

118-120

b) Unter einem Vormietrecht versteht man das Recht einer Person, in den von dem 118 Vermieter mit einem Dritten abgeschlossenen Mietvertrag einzutreten (BRAXMAIER W M 1972, 122 f; SCHMIDT-FUTTERER, MietR, s v Vormietrecht). Das Vormietrecht ist im B G B nicht geregelt, wird aber in allen Beziehungen nach den entsprechend anwendbaren Vorschriften über den Vorkauf (§§ 5 0 4 ff) behandelt. Es handelt sich hier also um einen doppelt aufschiebend bedingten Mietvertrag, wobei die erste Bedingung in dem Abschluß eines Mietvertrages zwischen dem verpflichteten Vermieter und einem Dritten und die zweite Bedingung in der Ausübung des Vormietrechts durch den Begünstigten besteht ( R G Z 123, 2 6 5 ; 125, 123; B G H Z 55, 71, 75 ff; B G H Z M R 1958, 153; L M Nr 27 zu § 535 B G B ; WM 1967, 935, 9 3 6 f). Aus der entsprechenden Anwendbarkeit der §§ 5 0 4 ff folgt vor allem, daß der Verpflichtete dem Berechtigten den Inhalt des mit dem Dritten abgeschlossenen Vertrages unverzüglich mitteilen muß und daß nach der Mitteilung das Recht im Falle einer Grundstücksmiete binnen einer Ausschlußfrist von 2 Monaten ausgeübt werden muß (§ 5 1 0 ; B G H Z 55, 71, 75 ff; B G H L M Nr 4 zu § 5 5 4 a B G B ; Nr 9 zu § 510 B G B ) . Diese Ausschlußfrist läuft jedoch nicht, wenn der Vertrag nach seiner Mitteilung abgeändert wird; in diesem Fall setzt erst die Mitteilung der Änderung die Ausschlußfrist in Lauf ( B G H L M Nr 9 zu § 510 B G B ) . Weder die Begründung eines Vormietrechts noch dessen Ausübung durch den Berechtigten bedürfen der Form des § 566 (§ 505 Abs 1 S 2; B G H Z 55, 71, 76 f). Ungeklärt ist jedoch noch, ob der durch die Ausübung des Vormietrechts mit dem Begünstigten zustandekommende Mietvertrag seinerseits der Form des § 566 bedarf, wenn es sich um einen langfristigen Vertrag handelt (bejahend HANS § 566 Anm B 3 c); jedenfalls kann der Vermieter diesen Vertrag nicht früher als den ursprünglich mit dem Dritten abgeschlossenen Vertrag kündigen ( B G H Z 55, 71, 77). c) Dasselbe Ergebnis wie mit einem Vormietrecht kann auch mit einem sog 1 1 9 Anmietrecht erreicht werden, durch das der Vermieter die Verpflichtung übernimmt, unter bestimmten Bedingungen die Mietsache zuerst dem Berechtigten anzubieten, wobei die Vertragsbedingungen erst nach Annahme dieses Angebots festgelegt werden sollen. Die Konstruktion derartiger Anmietrechte ist ebenso umstr wie diejenige der Ankaufrechte. IdR dürfte hier ein Vorvertrag vorliegen, der unter der aufschiebenden Bedingung abgeschlossen ist, daß der Vermieter sich überhaupt zur Vermietung entschließt. Gegen eine derartige Potestativbedingung bestehen hier keine Bedenken (s B G H L M Nr 16 zu § 433 B G B ; R G O L G E 1 7 , 2 6 Fn 1; SeuffA 81 [1927] Nr 2 1 7 ; H R R 1933 Nr 9 1 3 ; WarnR 1919 Nr 157; R G Z 1 2 6 , 1 2 3 , 1 2 4 f ; 7 9 , 1 5 6 , 1 5 8 ; 1 5 4 , 3 5 5 , 3 5 8 f f ; HENRICH 2 9 6 f f ; NIPPERDEY Z B 1 H R

1930, 3 0 0 ff). d) Von den Vormietrechten und den Anmietrechten werden schließlich noch 1 2 0 Optionen unterschieden. Doch verbergen sich unter diesem Sammelbegriff im einzelnen sehr unterschiedliche Gestaltungen. aa) Im Mietrecht denkt man bei Optionen in erster Linie an sog Verlängerungsoptionen, dh an das Recht des Mieters, einen auf bestimmte Zeit abgeschlossenen Vertrag durch einseitige Erklärung für eine weitere bestimmte Frist oder auch auf unbestimmte Zeit zu verlängern. Derartige Optionen sind Gestaltungsrechte ( B G H LM

N r 1 8 z u § 1 8 1. B M G ;

ROQUETTE § 5 3 5 R z 1 8 7 f f ) , d i e g r u n d s ä t z l i c h v o r

Ablauf des Mietvertrages ausgeübt werden müssen ( R G Z 9 9 , 1 5 5 ; B G H W M 1967, 935, 936). Für die Ausübung der Option ist in aller Regel in dem Vertrag eine bestimmte Frist vorgesehen. Fehlt es hieran, so ist die Option grundsätzlich in der gesetzlichen oder vertraglichen Kündigungsfrist auszuüben ( R G Z 92, 417, 4 2 2 ; O L G Düsseldorf O L G Z 1973, 13 = N J W 1972, 1674). Nach Ablauf des Vertrages kann die Option jedenfalls nicht mehr ausgeübt werden, weil dann der Vertrag, auf (671)

Volker Emmerich

Vorbem zu §§ 535, 536 121-123 2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

dem das Recht beruht, bereits erloschen ist. Die Ausübung muß außerdem ausdrücklich erfolgen; die bloße Weiterzahlung der Miete genügt nicht, weil sie auch in Erfüllung der sich aus § 557 ergebenden Verpflichtungen erfolgen kann. Wenn durch die Ausübung des Rechts der Vertrag insgesamt länger als 1 Jahr läuft, bedarf die Vereinbarung des Rechts der Form des § 566 (KANIA ZMR 1976, 1, 2 f). Die Ausübung des Rechts hat zur Folge, daß der alte Vertrag weiterläuft (BGH LM Nr 18 zu § 18 1. BMG; Nr 57 zu § 535 BGB). 121 bb) Von den Verlängerungsoptionen müssen die sog Verlängerungsklauseln unterschieden werden. Man versteht darunter die Abrede, daß sich ein auf feste Zeit abgeschlossener Vertrag auf bestimmte oder unbestimmte Zeit verlängern soll, wenn nicht eine Partei der Verlängerung rechtzeitig vor Ablauf widerspricht. Die rechtliche Konstruktion ist umstr. Nach hM wird in diesen Fällen stillschweigend je ein neuer Vertrag abgeschlossen, wenn nicht eine Partei rechtzeitig ihre Ablehnung erklärt; eine Kündigung soll darin nicht zu sehen sein.* Die Vorschrift des § 565 a Abs 1 zeigt jedoch die Unhaltbarkeit dieser Konstruktion. Vielmehr handelt es sich hier um die Kombination eines auf feste Zeit abgeschlossenen Vertrages mit einem auf längere oder auf unbestimmte Zeit abgeschlossenen Vertrag unter der Bedingung, daß keiner fristgemäß und ggf mit Grund kündigt.** Ebenso ist die Rechtslage, wenn sich die Parteien nach einer wirksamen Kündigung über die Fortsetzung des Vertrages einigen: Wiederum wird einfach der alte Vertrag fortgesetzt, nicht etwa ein neuer abgeschlossen (BGH LM Nr 22 zu § 566 BGB). 122 cc) Optionen können schließlich denselben Sinn wie Vorverträge oder Anmietrechte haben; sie begründen dann ein Recht des Mieters, durch einseitige Erklärung einen Mietvertrag herbeizuführen. In einer derartigen Vereinbarung kann zunächst natürlich ein Vorvertrag liegen. Die Begründung der Option kann aber auch durch einen langfristig bindenden Antrag des Vermieters auf Abschluß eines Mietvertrages erfolgen. Außerdem steht den Parteien der Weg offen, sofort einen aufschiebend bedingten Mietvertrag abzuschließen, wobei die Bedingung in dem Entschluß des Mieters zum endgültigen Vertragsschluß besteht (zulässige Potestativbedingung; vgl BGHZ 47, 387, 388 f; BGH LM Nr 19 zu § 313 BGB; insbes Nr 16 zu § 433 BGB; Nr 25 zu § 433 BGB; WM 1966, 78; 1969, 859, 861; 1970, 493). Der BGH (aaO) neigt dabei idR zur Annahme eines aufschiebend bedingten Vertrages. Daneben kommt nach dem Schrifttum noch als weitere Möglichkeit der Abschluß eines sog, im BGB nicht geregelten Optionsvertrages in Betracht, durch den der Mieter das Gestaltungsrecht erhält, durch seine einseitige Erklärung zwischen den Parteien den Mietvertrag in Kraft zu setzen (s insbes GEORGIADES 409 ff; HENRICH aaO). Die Annahme eines solchen Vertrages liegt besonders nahe, wenn die Parteien die Bedingungen des zukünftigen Mietvertrages schon jetzt gemeinsam festgelegt haben. 123 3. Mietvorauszahlungen und Baukostenzuschüsse*** a) Die große Wohnungsnot nach dem 2. Weltkrieg hatte die Vermieter weithin in die glückliche Lage versetzt, die Finanzierung des Wiederaufbaus in großem Um* R G Z 86, 60, 62; B G H LM Nr 3 zu § 193 BGB; LG Wuppertal MDR 1976, 495 f; NJW 1976, 2215; LG Detmold NJW 1974, 242; LG Kaiserslautern NJW 1975, 1325 f. ** §§ 565 a Abs 1, 565, 564 b; KG O L G E 4, 42 f; 39, 92 f; LG Gießen NJW 1976, 1455 m zust ANM

GUNDLACH

Z M R

1 0 9 ff; LUTZ A n m N J W

*** Schrifttum:

1977,

134;

SCHMIDT-FUTTERER

1 9 7 4 , 6 5 1 ; LEHMANN N J W

BACHMANN Z M R

1961, 33;

B

2 3 ff;

STERNEL

1 9 7 4 , 2 1 1 7 ; ROESCH W U M 1 9 7 7 ,

BGB-RGRK-GELHAAR

Volker Emmerich

TZ

III

177.

Vorbem 184 ff zu § 535;

BRAX-

(672)

3. Titel. Miete. Pacht

Vorbem zu §§ 535, 536 124-126

fang auf die Mieter abwälzen zu können. Die von den Mietern zu diesem Zwecke gewährten Finanzierungsbeiträge wurden vor allem als Mieterdarlehen, Mietvorauszahlungen, anrechenbare Baukostenzuschüsse und verlorene Baukostenzuschüsse gewährt. Ein Mieterdarlehen liegt vor, wenn neben dem Mietvertrag, wenn auch im wirtschaftlichen Zusammenhang mit diesem, ein Darlehensvertrag zwischen Mieter und Vermieter abgeschlossen wird. IdR wird zugleich vereinbart, daß die einzelnen Darlehensraten mit den Mietzinsraten verrechnet werden sollen. Wird das Darlehen zu dem übereinstimmenden Zweck gegeben, dem Vermieter damit die Finanzierung des Wohnungsbaus zu ermöglichen, so handelt es sich der Sache nach um einen anrechenbaren Baukostenzuschuß (BGHZ 53, 35, 37; 6, 202, 204). Anrechenbare Baukostenzuschüsse sind alle Leistungen des Mieters (oder eines 124 Dritten für den Mieter) im Zusammenhang mit dem Mietvertrag, die zum Aufbau oder zur Wiederherstellung der Mieträume verwendet werden sollen und die in bestimmtem Umfang auf den Mietzins zu verrechnen sind. Als verlorene Baukostenzuschüsse bezeichnet man hingegen alle entsprechenden Leistungen des Mieters, bei denen eine Anrechnung auf den Mietzins nicht vorgesehen ist. Verlorene Baukostenzuschüsse können jedoch auch eine verdeckte Mietzinsvorauszahlung sein. Mietzinsvorauszahlungen sind sämtliche im voraus bezahlten Mietzinsleistungen, die 125 die Besonderheit aufweisen, daß ihre Verwendung dem Vermieter grundsätzlich frei steht. Im Zweifel ist eine solche Vorauszahlung und nicht ein Darlehen in Verb mit einem Aufrechnungsvertrag anzunehmen (BGH LM Nr 6 zu § 157 [A] BGB). Alle derartigen Vereinbarungen sind zulässig. Einschränkungen bestehen nur für die sog. Sozialwohnungen aufgrund des § 9 WoBindungsG v 31. 1. 1974 (BGBl 1137). b) Soweit es sich um auf den Mietzins anrechenbare Finanzierungsbeiträge des 126 Mieters handelt, wird überwiegend angenommen, daß i Zw für den Zeitraum der Anrechnung das ordentliche Kündigungsrecht des Vermieters vertraglich ausgeschlossen sein soll. Der Vertrag gilt also als für den Anrechnungszeitraum fest geschlossen; danach läuft er auf unbestimmte Zeit (LG Kassel WuM 1960, 6; OLG München DWW 1964, 1 5 8 ; LG Stuttgart NJW 1960, 1255 f m Anm ROQUETTE; wohl auch BGH LM Nr 33 zu § 535 BGB [B1 2]). Fehlt eine ausdrückliche Abrede über den Zeitraum, während dessen das Kündigungsrecht ausgeschlossen sein soll, so gilt ein Betrag in Höhe einer Jahresmiete als in 4 Jahren abgewohnt (AG Essen ZMR 1960, 263, 264). Es spielt auch keine Rolle, wann der Baukostenzuschuß gewährt worden ist: Auch bei nachträglicher Vereinbarung eines abwohnbaren Zuschusses wird das ordentliche Kündigungsrecht ausgeschlossen (LG Mannheim ZMR 1967, 2 7 1 ; ebenso zB GITTER 14; PERGANDE NJW 1 9 7 0 , 1 1 7 1 , 1 1 7 2 ; SCHERER WuM 1956, 66; aM jedoch bes OLG Celle NJW 1956, 1281 f; AG Hamburg-Harburg ZMR 1960, 2 6 4 f; insbes CRANZ aaO m Nachw). MAIER W M 1 9 6 8 , 2 0 8 f ; 1 9 7 0 , 3 2 f ; 1 9 7 2 , 1 2 7 f ; CRANZ J R 1 9 6 0 , 4 5 2 ; ERMAN-SCHOPP V o r b e m 5 ff v o r § 5 7 3 ; FROTZ A C P 1 6 4 ( 1 9 6 4 ) 3 0 9 ; GLASER M D R 1 9 6 2 , 8 5 ; LORENZ J Z 1 9 5 9 , 4 6 7 ; MAETZEL Z M R 1 9 6 2 , 3 3 ; MATTHIAS M D R 1 9 5 4 , 6 4 9 ; MITTELSTEIN M D R 1 9 5 0 , 5 8 4 ; MÖLDERS N J W 1 9 5 5 , 7 7 7 ; OTTO B e t r i e b 1 9 7 4 , 2 2 8 9 ; d e r s Z M R 1 9 7 4 , 2 2 5 ; PATZER D W W 1 9 7 5 , 1 5 7 ; PERGANDE N J W 1 9 5 1 , 7 3 7 ; 1 9 7 0 , 1 1 7 1 ; d e r s B e t r i e b 1 9 6 1 , 9 3 7 ; PFEIFFER W u M 1 9 6 1 , 5 3 ; PFLUG A C P 1 6 9 ( 1 9 6 9 ) 3 4 ; ROQUETTE, N a c h § 5 5 7 R z 1 f f ; d e r s N J W 1 9 6 2 , 1 2 9 ; SCHMIDT-FUTTERER, M i e t e u n d P a c h t 6 1 f f ; STERNEL TZ I I I 1 9 3 f f ; STRUTZ N J W 1 9 6 8 , 1 9 5 5 ; WUNNER N J W 1 9 6 6 , 2285. (673)

Volker Emmerich

Vorbem zu §§ 535, 536 127-129 2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

127 c) Wird der Mietvertrag vorzeitig beendet, so stellt sich die Frage, ob und in welchem Umfang der Mieter Rückzahlung seiner Finanzierungsbeiträge verlangen kann. Für Mietzinsvorauszahlungen und anrechenbare Baukostenzuschüsse ist die Frage heute in § 557 a geregelt. Entsprechend wird man bei einem Mieterdarlehen anzunehmen haben, daß der noch nicht verrechnete Darlehnsrest stets insgesamt im Augenblick der Beendigung des Mietvertrages zur Rückzahlung fällig ist. 128 aa) Besondere Probleme wirft somit allein die Rückzahlung der sog verlorenen Baukostenzuschüsse auf. Insoweit gilt heute für die Wohnraummiete Art VI des Gesetzes zur Änderung des 2. WoBauG usw v 21. 7. 1961 (BGBl I 1041), zuletzt geändert durch das Gesetz v 24. 8. 1965 (BGBl 1969) (vgl dazu die Kommentierung von PERGANDE, WohnraummietR [1968]). Durch dieses Gesetz sind der Sache nach bei der Wohnraummiete verlorene Baukostenzuschüsse verboten worden. Hiergegen bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken (BVerfGE 18, 70, 81; BGH LM Nr 3 zu 2. WoBauG/ÄndG = NJW 1967, 561 f). Denn nach § 1 des genannten Gesetzes muß der Vermieter den verlorenen Baukostenzuschuß, soweit er nicht durch die Dauer des Mietverhältnisses als getilgt anzusehen ist (s dazu die §§ 2 und 3 aaO), nach § 347 zurückerstatten; erfolgt jedoch die Beendigung des Vertrages wegen eines Umstandes, den der Vermieter nicht zu vertreten hat, so richtet sich der RückZahlungsanspruch des Mieters nach den §§ 812 ff. Nach § 2 aaO gilt dabei grundsätzlich ein Betrag in Höhe einer ortsüblichen Jahresmiete durch eine Mietdauer von 4 Jahren von der Leistung an als getilgt. Der Anspruch verjährt binnen eines Jahres nach der Beendigung des Mietverhältnisses (§ 4 aaO). Die Regelung ist zwingend ( § 5 aaO). Anspruchsberechtigt ist stets derjenige, der die Leistung erbracht hat, also entweder der Mieter oder ein Dritter, der für den Mieter den verlorenen Baukostenzuschuß gezahlt hat (BGH aaO). Nach Veräußerung des Grundstückes trifft die Rückzahlungspflicht aufgrund des § 571 den Erwerber (SOERGEL-MEZGER Vorbem 56 vor § 535). Umgekehrt kann auch ein zweiter Mieter, der dem Vormieter den verlorenen Baukostenzuschuß erstattet hatte, bei Beendigung des Verhältnisses von dem Vermieter Rückzahlung aufgrund des genannten Gesetzes verlangen (BGH LM Nr 5 zu § 543 BGB). 129 bb) Unklar ist die Rechtslage in allen Fällen, in denen das genannte Gesetz von 1961 nicht eingreift, namentlich also bei der Geschäftsraummiete. Maßgebend für die Rückzahlung sind hier in erster Linie die Abreden der Parteien (BGH LM Nr 13 zu § 339 BGB; Nr 5 zu § 29 1. BMG; Nr 62 zu § 812 BGB). Eine Verfallklausel bei vorzeitiger Beendigung des Vertrages ist dabei als Vertragsstrafe anzusehen, so daß der Verzicht nach § 343 eingeschränkt werden kann (BGH LM Nr 13 zu § 339 BGB). Fehlen jedoch Abreden der Parteien und kommt es zu einer vorzeitigen Kündigung des Vertrages durch den Vermieter oder Mieter, so gibt die Praxis dem Mieter einen Bereicherungsanspruch gegen den Vermieter wegen nachträglichen Wegfalls des Rechtsgrundes der Zahlung, wobei die Bereicherung des Vermieters in der vorzeitigen Zurückerlangung des „Nutzungsrechtes" an der Wohnung bestehen soll. Die Höhe der Bereicherung soll grundsätzlich dem Betrag entsprechen, um den die von dem nächsten Mieter gezahlte Miete den von dem ersten Mieter geleisteten Mietzins übersteigt (grdleg BGHZ 29, 289 ff [bes 298 ff]; BGH LM Nr 34, 41, 62 und 75 zu § 812 BGB; Nr 8 zu § 818 Abs 2 BGB; Nr 13 zu § 339 BGB; WM 1960, 497; 1968, 799; NJW 1967, 2255; OLG Hamburg MDR 1964, 509; 1974, 584; OLG Karlsruhe NJW 1956, 1280). Im Schrifttum ist diese Praxis überwiegend auf Ablehnung gestoßen (vgl insbes BACHMANN, FROTZ, PFLUG und WUNNER aaO). Hier wird vor allem eingewandt, daß der Vermieter das sog Nutzungsrecht an der Wohnung nicht ohne Rechtsgrund, sondern infolge der Kündigung aufgrund seines Eigentums und daher mit Rechtsgrund zurückerlange. Die Bereicherung des VerVolker Emmerich

(674)

3. Titel. Miete. Pacht

Vorbem zu §§ 535, 536 130,131

mieters kann daher nur in dem noch nicht abgewohnten Teil des Baukostenzuschusses bestehen. Aber auch gegen die vom BGH herangezogene Anspruchsgrundlage bestehen Bedenken. Denn der verlorene Baukostenzuschuß des Mieters kann einmal eine Leistung sein, durch die der Vermieter zum Abschluß des Mietvertrages bestimmt werden soll. Kommt es dann zum Abschluß, so ist die Leistung mit Rechtsgrund erfolgt und kann später nicht mehr kondiziert werden. In aller Regel aber dürfte der Mieter die Leistung außerdem zu dem Zweck erbracht haben, für eine bestimmte Zeit die Sache gebrauchen zu dürfen. Dieser Zweck ist auch für den Vermieter ohne weiteres erkennbar, so daß bei einer vorzeitigen Beendigung des Vertrages der Mieter den noch nicht abgewohnten Teil des Baukostenzuschusses nach § 812 Abs 1 S 2 Fall 2 kondizieren kann. Für die Frage, in welchem Umfang der Baukostenzuschuß abgewohnt ist, kann dabei ohne weiteres auf die Regelungen des Art VI § 2 des genannten Gesetzes von 1961 zurückgegriffen werden, da andere Maßstäbe nicht zur Verfügung stehen (alles sehr str). d) Bei Veräußerung des Grundstücks an einen Dritten, tritt der Erwerber an sich 130 nach § 571 in alle Abreden über die Rückzahlung oder Verrechnung der Finanzierungsbeiträge des Mieters ein (OLG Frankfurt NJW 1964, 453). Probleme ergeben sich aber hier daraus, daß Vorausverfügungen an sich nur in beschränktem Umfang gegenüber dem Erwerber wirksam sind (§§ 573 f; §§ 57 a ff ZVG). Die Praxis wendet diese Vorschriften jedoch auf Finanzierungsbeiträge des Mieters nicht an. Uber die §§ 574 und 57 b ZVG hinaus sind vielmehr Mietzinsvorauszahlungn und Mieterdarlehen zum Ausbau des Vertragsobjektes, die durch Verrechnung mit dem Mietzins zu tilgen sind, unter folgenden Voraussetzungen auch gegen den Erwerber wirksam (vgl OLG Hamm, Urt v 12. 11. 1974 - 7 U 104/74, S 12 ff m Nachw): 1. Es muß tatsächlich von dem Mieter mit dem Vermieter eine Abrede über die Vorauszahlung des Mietzinses durch Erbringung der fraglichen Leistungen und durch deren Anrechnung auf die eigentliche Mietzinsforderung getroffen worden sein, und zwar grundsätzlich vor Erbringung der Leistungen. 2. Die Leistungen müssen von vornherein zum Auf- oder Ausbau des Mietgrundstückes bestimmt gewesen sein, da der eigentliche, sachliche Grund für die Anrechnung der fraglichen Leistungen in der durch sie bewirkten Werterhöhung besteht, die auch dem Erwerber des Grundstückes zugute kommt. 3. Der Wert des Grundstückes muß noch im Augenblick des Eigentumsübergangs tatsächlich erhöht sein (BGHZ 6, 202, 206 f; 15, 296, 303 f; 16, 31, 35; 37, 346, 349 f; 53, 35, 38; BGH LM Nr 3 zu § 57 b ZVG; Nr 2 zu § 547 BGB). Keine anrechenbaren Vorauszahlungen liegen somit vor, wenn sie ohne jeden 131 Zusammenhang mit Verwendungen auf das Grundstück erbracht worden sind (BGHZ 37, 346, 350) oder wenn die fraglichen Leistungen zwar für den Auf- oder Ausbau des Grundstückes gemacht, jedoch noch vor Abschluß des Mietvertrages und ohne jeden Bezug auf diesen erbracht worden sind (BGH LM Nr 2 zu § 547 BGB). Dasselbe gilt schließlich für sämtliche Leistungen, durch die der Wert des Grundstücks tatsächlich nicht erhöht wurde, etwa weil der Vermieter oder Verpächter sie bestimmungswidrig verwandt hat (BGH LM Nr 3 zu § 57 b ZVG). Hingegen spielt es keine Rolle, ob die Abrede über die Erbringung oder Anrechnung der Mietzinsvorauszahlung schon bei Abschluß des Mietvertrages oder erst später, jedoch in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Vertrag getroffen wurde (BGHZ 15, 296, 304; BGH LM Nr 2 zu § 574 BGB). Ebensowenig kommt es darauf an, ob es sich um Geld- oder Sachleistungen des Mieters handelt, die an sich als Verwendungen unter § 547 fallen. Denn auch Sachleistungen können von den Parteien als Baukostenzuschüsse behandelt werden ( E R M A N - S C H O P P Vorbem 16 ff vor § 573). (675)

Volker Emmerich

Vorbein zu §§ 535, 536 132-136 2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

Ihre rechtliche Behandlung folgt dann uneingeschränkt den Grundsätzen über abwohnbare Baukostenzuschüsse, so daß daneben für die Anwendung des § 547 kein Raum mehr ist (BGHZ 54, 347, 349 ff). 132 Nur wenn alle diese Voraussetzungen zusammen erfüllt sind, gilt, daß die Abrede sowohl gegen den Erwerber des Grundstücks wie gegen einen etwaigen Zwangsverwalter wirkt, so daß auch über die §§ 574 BGB und 57 b ZVG hinaus Vorausverfügungen über den Mietzins wirksam sind und bleiben (§ 57 c ZVG). Nur dann sind außerdem der Erwerber bzw der Zwangsverwalter im Falle einer Kündigung des Vertrages im selben Umfang zur Rückzahlung der noch nicht abgewohnten Teile der Mietzinsvorauszahlung verpflichtet (vgl im einzelnen BGHZ 6, 202, 206 f; 15, 296, 298 ff; 16, 31 ff; 37, 346, 349 ff; 53, 35, 38 ff; 54, 347, 349 ff; BGH LM Nr 1 und 3 zu § 57 b ZVG; Nr 2 zu § 57 a ZVG; Nr 2 zu § 557 a BGB; Nr 2 zu § 574 BGB; BGH WM 1960, 1125 ff; OLG Hamm ZMR 1971, 56; zusammenfassend OLG Hamm Urt v 12. 11. 1974 - 7 U 104/74 - S 12 ff). Der Mieter trägt dabei die volle Beweislast für das Vorliegen sämtlicher genannten Voraussetzungen anrechenbarer Mietzinsvorauszahlungen. Das gilt auch für die Frage, ob die betreffenden Leistungen den Wert des Grundstücks tatsächlich erhöht haben (BGH LM Nr 3 zu § 57 b ZVG). 133 Abweichende Vereinbarungen sind jedenfalls bei der Wohnraummiete nicht möglich (§ 557 a Abs 2; BGHZ 53, 35, 39 ff). Namentlich kann (entgegen einer verbreiteten Praxis) nicht vereinbart werden, daß im Falle der Zwangsversteigerung der Baukostenzuschuß in ein bloßes Darlehen verwandelt wird, das nicht gegen den Ersteher wirkt (BGH NJW 1970, 93 m abl Anm PERGANDE NJW 1970, 1171, 1172 f). 134 Hiernach gilt für die einzelnen Finanzierungsbeiträge folgendes: Anrechenbare Baukostenzuschüsse sind unter den genannten Voraussetzungen stets gegen den Grundstückserwerber wirksam. Dasselbe gilt für Mieterdarlehen, soweit sie vereinbarungsgemäß als Finanzierungsbeiträge bestimmt waren und auch so verwandt worden sind (BGHZ 16, 31 ff; OLG Frankfurt NJW 1964, 453), nicht jedoch, wenn das Darlehen zur freien Verfügung des Vermieters bestimmt war oder von diesem abredewidrig nicht zum Auf- oder Ausbau des Mietobjekts verwandt worden ist. Ebenso sind zu behandeln Mietzinsvorauszahlungen. Auch sie wirken nur gegen den Erwerber, wenn sie als Finanzierungsbeiträge bestimmt waren und auch so verwandt worden sind. Verlorene Baukostenzuschüsse wirken hingegen gegen den Erwerber nur unter den Voraussetzungen des Art VI 2. WoBauG/ÄndG v 1 9 6 1 (ERMANSCHOPP Vorbem 11, 15 vor § 5 7 3 ) , sonst jedoch grundsätzlich nicht (BGH WM 1 9 6 0 , 1 1 2 5 , 1 1 2 7 f). 135 4. Abstand und Kaution a) Unter Abstand versteht man eine Zahlung, die ein neuer Mieter an den früheren Mieter für dessen Bereitschaft erbringt, die betreffende Wohnung zugunsten des neuen Mieters aufzugeben. Derartige Zahlungen sind grundsätzlich zulässig (LG München II, WuM 1976, 254 f; Ausnahmen für Sozialwohnungen in § 9 WoBindungsG). Jedoch ist der Vermieter trotz Zahlung eines derartigen Abstandes grundsätzlich nicht verpflichtet, einen neuen Mietvertrag mit dem Nachfolgemieter abzuschließen (BGH LM Nr 2 zu § 30 MSchG). 136 Eine Ausnahme gilt nur, wenn im ersten Mietvertrag eine sog Nachfolgeklausel vereinbart war, nach der der Mieter vorzeitig ausscheiden darf, wenn er dem Vermieter einen Nachfolgemieter vorschlägt. In diesem Fall darf der Mieter sich vorzeitig von dem Vertrag lösen, wenn er dem Vermieter mehrere, geeignete, neue Mieter zur Auswahl vorschlägt (BGH WM 1976, 876 = DWW 1976, 259; Volker Emmerich

(676)

3. Titel. Miete. Pacht

Vorbem zu §§ 535, 536 137,138

S C H M I D T - F U T T E R E R B 100 f; ders, Mietrecht, s v Ersatzmieter; S T E R N E L T Z III 128 m Nachw). Die Auswahl unter den vorgeschlagenen neuen Mietern steht dem Vermieter zu. Alle vorgeschlagenen Mieter darf er jedoch nur ablehnen, wenn er dafür sachliche Gründe hat, namentlich wenn die Zahlungsfähigkeit der vorgeschlagenen Mieter zweifelhaft ist oder diese nicht bereit sind, uneingeschränkt in den alten Mietvertrag einzutreten. Die bloße Tatsache, daß der Ersatzmieter Ausländer ist, genügt nicht als Ablehnungsgrund, sofern gegen dessen Zahlungsfähigkeit keine begründeten Bedenken bestehen (BGH LM Nr 44 zu § 535 BGB). Lehnt der Vermieter - bei Bestehen einer Nachfolgeklausel - ohne sachlich gerechtfertigten Grund den Abschluß eines Vertrages mit einem der vorgeschlagenen neuen Mieter ab, so wird der alte Mieter entsprechend § 162 frei (OLG Frankfurt ZMR 1970, 49 f; LG Hannover ZMR 1971, 135; LG Mannheim DWW 1977, 186 f; LG Köln WuM 1971, 92). Gemäß § 571 bindet die Nachfolgeklausel auch den Grundstückserwerber (BGHZ 48, 244, 248; vgl außerdem R Ö H R M A N N NJW 1971,787; R O E S C H WuM 1970, 142; W E I M A R MDR 1969, 631; zur Rechtslage bei Fehlen einer Nachfolgeklausel s im einzelnen § 552 Rz 31 ff).

b) Die Kaution*

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Vor allem bei langfristigen Verträgen sichern sich die Vermieter häufig durch die Forderung einer Kaution für ihre Forderungen gegen den Mieter. Die Kaution kann durch Zahlung eines Geldbetrages, Hinterlegung von Wertpapieren, Verpfändung beweglicher Sachen, Stellung eines Bürgen oder Übereignung von Sachen zur Sicherheit geleistet werden. Die regelmäßige Form ist die Zahlung eines Geldbetrages. Ist nichts anderes vereinbart, so genügt in diesem Falle der Mieter seiner Leistungspflicht schon durch Einzahlung des Betrages auf ein Sperrkonto, über das beide nur gemeinsam verfügen können (LG Mannheim ZMR 1970, 271, 272; AG Starnberg ZMR 1974, 243). Die Behandlung der Kaution richtet sich grundsätzlich nach den Abreden der Parteien. Nur wenn Abreden fehlen, ist von den folgenden Grundsätzen auszugehen: Während des Laufs des Vertrages darf der Mieter nicht mit dem Anspruch auf 138 Rückzahlung der Kaution gegen etwaige Zahlungsansprüche des Vermieters aufrechnen (BGH LM Nr 50 zu § 535 BGB). Hingegen kann sich der Vermieter jederzeit aus der Kaution wegen seiner offenstehenden Forderungen befriedigen, ohne freilich hierzu verpflichtet zu sein. Nimmt er die Kaution in Anspruch, so kann er grundsätzlich außerdem Auffüllung der Kaution auf die vereinbarte Höhe verlangen. Einen Anspruch auf Rückzahlung der Kaution hat der Mieter also erst nach Vertragsbeendigung (LG Stuttgart NJW 1977, 1885 f; AG Zehlendorf WuM 1973, 121). Auch etwaige Aufrechnungsverbote verlieren dann ihre Wirksamkeit (OLG Celle OLGZ 1966, 6, 7). Jedoch muß dem Vermieter eine angemessene (kurze) Uberlegungs- und Prüfungsfrist eingeräumt werden, damit er feststellen kann, ob ihm noch offene Ansprüche gegen den Mieter zustehen, zu deren Sicherung die Kaution dient (LG Köln ZMR 1977,178). Macht der Vermieter jetzt Ersatzansprüche geltend, so kann der Mieter gegen diese nicht mit dem RückZahlungsanspruch aufrechnen, wenn der Vermieter substantiiert darlegt, daß ihm möglicherweise noch * Schrifttum: ANDEREGG W U M 1 9 7 1 , 1 9 7 ; B G B - R G R K - G E L H A A R V o r b e m 2 0 2 ff z u § 5 3 5 ; BRAXMAIER W M 1 9 7 4 , 9 0 ; D E M U T H Z M R 1 9 7 6 , 1 9 5 ; GLASER Z M R 1 9 7 7 , 1 6 2 ; d e r s F W W 1 9 7 7 , 2 2 7 ; HERFERS W u M 1 9 7 3 , 1 2 9 ; KÖHLER Z M R 1 9 7 1 , 3 ; MITTELSTEIN 2 0 7 f ; OTTO Z M R 1 9 7 4 , 2 2 5 ; PATZER D W W 1 9 7 5 , 1 5 7 ; RÖDDING B B 1 9 6 8 , 9 3 4 ; ROESCH W U M 1 9 7 5 , 6 5 ; 1 9 7 6 , 1 1 3 ; SCHMIDT-FUTTERER, M i e t r e c h t , s v K a u t i o n ; VON SCHOENEBECK W U M 1 9 7 6 , 1 4 1 ; SCHOPP Z M R 1 9 6 9 , 1; STERNEL TZ I 3 6 ff, I I I 2 0 5 f f ; WEIMAR W U M 1 9 7 0 , 1; d e r s B e t r i e b 1 9 7 6 , 1 2 1 2 . (677)

Volker Emmerich

Vorbem zu §§ 535, 536 139-141 2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

weitere Ansprüche gegen den Mieter zustehen. Der RückZahlungsanspruch ist also erst fällig, wenn der Vermieter nach Ablauf der genannten Frist nicht darlegt, welche Ansprüche gegen den Mieter noch offen sind (BGH LM Nr 51 zu § 535 BGB, B13R; WM 1967, 515, 518). Auch versteht sich von selbst, daß der Vermieter die Kaution nicht als Druckmittel zur Anerkennung umstrittener Forderungen mißbrauchen darf (LG Mannheim WuM 1975, 118; OLG Hamm WM 1970, 698). Eine Überlegungsfrist von einem Jahr ist jedenfalls unangemessen, so daß spätestens nach Ablauf eines Jahres der Mieter zur Aufrechnung gegenüber noch offenen Vermieteransprüchen mit seinem Anspruch auf Rückzahlung der Kaution berechtigt ist (LG Mannheim Justiz 1974, 374). 139 Entsprechend § 1214 ist der Vermieter auch ohne besondere Abrede für verpflichtet zu erachten, die Kaution verzinslich anzulegen und die Zinsen dem Mieter gutzubringen.* In AGB und Formularverträgen kann nichts Abweichendes bestimmt werden (§ 9 AGBG; L Ö W E - G R A F VON W E S T P H A L E N - T R I N K N E R , AGBG § 9 Rz 7 2 ) . Für den Übergang der Rückzahlungspflicht auf den Grundstückserwerber gilt § 572 (s im einzelnen die Erläuterungen zu § 572). 140 5. Die Hausordnung** Vor allem in größeren Mietshäusern, in denen mehrere Mietparteien zusammenwohnen, wird von dem Vermieter häufig eine sog Hausordnung aufgestellt, durch die das Zusammenleben der Mieter geregelt werden soll. Typischer Inhalt derartiger Hausordnungen sind Anordnungen über die Benutzung der Mieträume, sowie insbes über die Benutzung derjenigen Räume und Einrichtungen, die allen Hausbewohnern zur gemeinschaftlichen Benutzung zur Verfügung stehen. Außerdem wird in Hausordnungen durchweg die Reinigung der Treppen, Flure und Zugänge geregelt. 141 a) Die Verbindlichkeit derartiger Hausordnungen für den Mieter ist unproblematisch, wenn der Mietvertrag auf die Hausordnung Bezug nimmt, wie es die „Mustermietverträge" vorsehen (vgl zB § 17 Abs 2 des vom BMJ hg sog „Mustermietvertrages 1976"). Wird dabei in dem Mietvertrage auf eine noch gar nicht aufgestellte Hausordnung verwiesen, so ist der Vermieter sogar zum einseitigen „Erlaß" der Hausordnung berechtigt, muß sich freilich dann aber strikt an den Rahmen des Vertrages halten. Jede Einschränkung des vertragsmäßigen Gebrauchs und jede Begründung neuer Pflichten für den Mieter ist unwirksam; dasselbe gilt für alle sonstigen überraschenden Klauseln, mit denen der Mieter nicht zu rechnen brauchte. Insoweit gelten dieselben Regeln wie hinsichtlich der Inhaltskontrolle von Geschäftsbedingungen (vgl LG Düsseldorf ZMR 1958, 10; LG Köln MDR 1963, 54). * LG Kassel NJW 1976, 1544; LG Karlsruhe NJW 1976, 2166; AG Schwetzingen NJW 1975, 1746; LG Mannheim BB 1977, 417; WuM 1977, 208 f; LG Frankfurt WuM 1977, 95; AG Hamburg WuM 1976, 72; AG Köln ZMR 1977, 179; AG Langen WuM 1977, 51; D E M U T H , K Ö H L E R und W E I M A R aaO; E S S E R - W E Y E R S II 1, § 20 IV 1; aM LG Hamburg MDR 1976,1022 f; LG Essen ZMR 1977, 175 = NJW 1977, 253; LG Berlin WuM 1977, 34; LG München DWW 1977, 185; ZMR 1977, 330 m Anm G L A S E R ; AG Dachau NJW 1977, 1067; LG Düsseldorf WuM 1977, 49; AG Köln ZMR 1977, 177 f; G L A S E R aaO. ** Schrifttum: KOENIG WuM 1968, 105; MITTELSTEIN 148 ff; NIENDORFF 246 ff; R O Q U E T T E § 535 Rz 20 ff; S C H M I D T - F U T T E R E R , MietR, s v Hausordnung; ders, Miete und Pacht 34 f; STERNEL T Z I 8 8 ; WEIMAR M D R

1962,

189.

Volker Emmerich

(678)

3. Titel. Miete. Pacht

Vorbem zu §§ 535, 536 142-146

b) Nach hM soll der Vermieter auch ohne entsprechende mietvertragliche Abrede 142 berechtigt sein, einseitig eine Hausordnung aufzustellen, sowie die einmal in Übereinstimmung mit dem Mieter erlassene Hausordnung einseitig zu ändern ( R O Q U E T T E § 535 Rz 22, § 554 a Rz 20 m Nachw; G I T T E R 7; H E C K § 97, 6; M Ü L L E R ZMR 1970, 289, 292; H A N S § 535 Anm B 4 h; M I T T E L S T E I N 149; LG Duisburg ZMR 1957, 343). Allerdings darf auch in diesem Fall der Vermieter keineswegs einseitig den vertragsmäßigen Gebrauch des Mieters einschränken (zB durch das strikte Verbot jeder Tierhaltung) oder dem Mieter zusätzliche Pflichten wie die Pflicht zur Reinigung der Bürgersteige auferlegen (LG Duisburg aaO; LG Darmstadt MDR 1973, 53; LG Bonn NJW 1958, 145 f; LG Düsseldorf ZMR 1958, 10; AG Castrop-Rauxel WuM 1977, 97). Diese Praxis ist unhaltbar. Kein Vermieter hat die Befugnis zur Rechtsetzung. Damit fehlt auch jede Grundlage für den einseitigen „Erlaß" oder für die einseitige Änderung einer schon bestehenden Hausordnung. Durch eine solche einseitig aufgestellte Hausordnung könnte äußerstenfalls das „geregelt" werden, was sich aus jedem Mietvertrag ohnehin nach Treu und Glauben (§ 242) unter Berücksichtigung der Rspr von selbst ergibt (so mit Recht H A N S aaO). Dasselbe folgt jetzt aus § 10 Nr 4 AGBG (anders zu Unrecht B U B DWW 1977, 76, 78 f; dagegen wie hier E S S E R WEYERS II 1 § 2 0 I 4 ) .

c) Ebensowenig wie der Mietvertrag ist die Hausordnung (als dessen Teil) ein 143 Vertrag zugunsten der anderen Mieter (KG OLGE 25, 14). d) In Zukunft ist es geboten, Hausordnungen wesentlich kritischer als bisher zu 144 beurteilen. Die Grundgedanken des sozialen Mietrechts zwingen dazu, an Hausordnungen die denkbar strengsten Maßstäbe anzulegen. Jede auch noch so geringfügige Einschränkung des vertragsmäßigen Gebrauchs, jede zusätzliche Auferlegung von Pflichten, jede Beschneidung der Mieterrechte ist als einseitige Vertragsänderung ohne weiteres nichtig. 6. Formular- und Musterverträge*

145

a) Die wohl wichtigste Ursache für die verbreiteten Mißstände auf dem Wohnungsmarkt schon kurz nach Inkrafttreten des BGB war die allseitige Durchsetzung überwiegend geradezu skandalöser Formularverträge seitens der Vermieterverbände. Der Gesetzgeber hat dieser Entwicklung über Jahrzehnte hinweg völlig tatenlos zugesehen. Erst durch die verschiedenen Mietänderungsgesetze im Zuge des Abbaus der Wohnungszwangswirtschaft ist hier wenigstens teilweise ein Wandel eingetreten. Ein wirklich umfassender Schutz der Mieter wird aber erst erreicht sein, wenn ausnahmslos alle dem Mieter nachteiligen Abweichungen von den mietrechtlichen Vorschriften des BGB jedenfalls in Muster- und Formularverträgen, sowie durch AGB verboten werden. Eine solche Maßnahme ist schon lange überfällig. b) Der erste Versuch des Gesetzgebers, die Mieter auch jenseits des Mietnotrechts 146 gegen sie benachteiligende Formular- und Musterverträge der Vermieterverbände zu schützen, datiert aus dem Jahre 1934. Auf Druck des Reichsjustizministeriums einigten sich damals die Spitzenverbände der Vermieter und Mieter auf einen „Mustervertrag", den sog Deutschen Einheitsmietvertrag (DEMV) (DJ 1934, 304; * Schrifttum: B G B - R G R K - G E L H A A R V o r b e m 7 9 - 1 1 0 z u § 5 3 5 ; ERMAN-SCHOPP V o r b e m 7 4 ff v o r § 5 3 5 ; PERGANDE E i n f II v o r § 5 3 5 ; SCHMIDT-FUTTERER, M i e t e u n d P a c h t 3 1 f f ; SOERGEL-MEZ-

GER Vorbem 63 ff vor § 535; STERNEL Tz I 1 ff; Voraufl Vorbem 267 ff m Nachw; zum M u s t e r m i e t v e r t r a g 1 9 7 6 d e s B M J s BUB D W W 1 9 7 7 , 7 6 ; OTTO Z M R 1 9 7 7 , 1 2 9 ; SCHMIDT-FUTTERER N J W 1 9 7 6 , 9 2 1 ; WEIMAR Z M R 1 9 7 6 , 6 5 . (679)

Volker Emmerich

Vorbem zu §§ 535, 536 147,148 2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

dazu bes E N N E C C E R U S - L E H M A N N § 1 3 5 ; Voraufl Vorbem 2 7 4 ff), der zwar immer noch die Vermieter erheblich begünstigte, jedoch die schlimmsten Benachteiligungen der Mieter beseitigte. Die Spitzenverbände hatten sich gleichzeitig verpflichtet, ihren Mitgliedern die Anwendung dieses Mustervertrages zu empfehlen und keine anderen Formularverträge mehr zu verwenden. Zugleich war ein Katalog sog mißbilligter Klauseln aufgestellt worden, die auf keinen Fall mehr zum Nachteile der Mieter vereinbart werden sollten (abgedr in der Voraufl Vorbem 2 6 8 ; P E R G A N D E aaO). 147 c) Für die tatsächliche Anwendung des DEMV gab es also keinerlei Garantie. Deshalb konnte es nicht verwundern, daß sofort nach Kriegsschluß von den Vermieterverbänden wieder zahlreiche andere Mietvertragsformulare in Umlauf gesetzt wurden, durch die die Mieter erneut erheblich benachteiligt wurden. Auch war die Praxis nicht bereit, alle mißbilligten Klauseln ohne weiteres als sittenwidrig zu behandeln; vielmehr sollte es auch insoweit stets ganz auf die Umstände des Einzelfalles ankommen (BGH LM Nr 3 zu § 547 BGB; NJW 1967, 1223; P E R G A N DE aaO; aA zB S C H M I D T - F U T T E R E R aaO). Angesichts dieser Entwicklung kann man es nur begrüßen, daß der Gesetzgeber inzwischen die meisten mißbilligten Klauseln ausdrücklich verboten hat. Problematisch ist daher heute nur noch die Behandlung der folgenden mißbilligten Klauseln: (1) Das Recht des Vermieters zur außerordentlichen Kündigung bei nur geringfügigen Vertragsverletzungen, namentlich bei Verstößen gegen die Hausordnung; (2) eine bereits vor dem Einzug in die Mieträume vom Mieter abzugebende Erklärung, daß er die Räume bei Beginn der Mietzeit in dem vereinbarten Zustand vorgefunden habe; (3) die Erweiterung der Haftung des Mieters auch auf jeden durch höhere Gewalt verursachten Schaden; (4) die Verpflichtung des Mieters zur Anzeige, wenn er nach dem Einzug solche Gegenstände in die Mieträume einbringt, die ihm nicht gehören; sowie schließlich (5) die Pflicht des Mieters, bei vorzeitiger Lösung des Mietvertrages für die Dauer der vereinbarten Mietzeit den Mietausfall auch dann zu tragen, wenn der Vermieter die Räume anderweitig vermietet oder sie bis zum Ablauf der Vertragszeit einem Dritten unentgeltlich überläßt. Die erste dieser Abreden ist schon nach den §§ 554 a und 554 b unzulässig. Die 2. Klausel verstößt gegen § 11 Nr 15 lit b AGBG und ist aus diesem Grunde unwirksam (§ 6 Abs 1 AGBG; LG Mannheim FWW 1977, 94; BUB DWW 1977, 76, 80). Die Erweiterung der Haftung des Mieters auf Zufall oder höhere Gewalt (3. Klausel) dürfte in aller Regel mit § 9 AGBG (iVm § 276 BGB) unvereinbar sein (s L Ö W E - G R A F VON W E S T P H A L E N - T R I N K N E R § 9 Rz 50). Dasselbe gilt im Ergebnis für die 4. Klausel; diese Anzeigenpflicht dürfte ohnehin sittenwidrig sein. Die 5. Klausel enthält einen pauschalierten Schadensersatzanspruch, der in dieser Form nicht mehr zulässig ist (§ 11 Nr 5 AGBG; BUB aaO). 148 An die Stelle des DEMV ist 1976 der vom BMJ herausgegebene sog Mustermietvertrag '76 getreten (Text ZMR 1976, 68; dazu zB S C H M I D T - F U T T E R E R , O T T O U W E I MAR aaO). Wegen des am 1. 4. 1977 in Kraft getretenen AGBG wird er jedoch keine Bedeutung mehr erlangen. Denn durch das AGBG sind nunmehr endlich die meisten, die Mieter übermäßig belastenden Klauseln in den Formularverträgen namentlich der Vermieterverbände (s § 1 Abs 1 AGBG) verboten (s BUB DWW 1977, 76, sowie im einzelnen die Kommentare zum AGBG von: L Ö W E - G R A F VON Volker Emmerich

(680)

V o r b e m zu § § 5 3 5 , 5 3 6 3. Titel. Miete. Pacht WESTPHALEN-TRINKNER STÜBING

[1977];

[1977]; U L M E R - B R A N D N E R - H E N S E N [2. Aufl 1977]; ua [1977]).

149, 150 KOCH-

SCHLOSSER

d) Formularverträge sind auch außerhalb der Wohnraummiete außerordentlich 149 verbreitet. Bekannt geworden sind vor allem der Einheitsmietvertrag für Baugeräte und die Formularverträge der Vermieter von Kraftfahrzeugen. aa) Der Einheitsmietvertrag (EMV) für Baugeräte (RAnz 1940 Nr 132) war während des Krieges für allgemein verbindlich erklärt worden (zuletzt BGHZ 2, 176; 2, 192). Diese Verordnung ist jedoch am 7. 7. 1948 außer Kraft getreten (BGH LM Nr 1 zu § 558 BGB). Der genaue Zeitpunkt ist freilich str ( R O Q U E T T E §535 Rz 131 m Nachw). An die Stelle des EMV sind seitdem wieder die in sich sehr unterschiedlichen Geschäftsbedingungen der einzelnen Vermieter getreten (vgl zB E R M A N - S C H O P P Vorbem 76 vor § 535; zur Rechtslage, wenn der Vermieter gleichzeitig das Bedienungspersonal stellt, s oben Vorbem 36). bb) In den Geschäftsbedingungen der Vermieter von Kraftfahrzeugen finden sich 150 häufig in meistens ganz verwirrender Anordnung überaus belastende Haftungs- und Beweislastregeln zum Nachteil der Mieter. Im Ergebnis ist die Haftung typischerweise so geregelt, daß der Mieter grundsätzlich für alle im einzelnen aufgeführten Schäden an dem Fahrzeug und für die damit verbundenen Folgeschäden haften soll, sofern er sich nicht zu entlasten vermag. Der Mieter kann sich jedoch eine Haftungsbefreiung durch die zusätzliche Zahlung der Prämien für eine Kaskoversicherung erkaufen, und zwar ohne Rücksicht darauf, ob der Vermieter tatsächlich eine Kaskoversicherung abgeschlossen hat oder nicht. Entsprechend § 61 W G soll die Haftungsbefreiung indessen wieder entfallen, wenn der Mieter vorsätzlich oder grob fahrlässig gehandelt hat (vgl zB OLG Nürnberg VersR 1973, 1076). Die Praxis betrachtete bisher eine derartige Regelung der Haftung grundsätzlich als interessengerecht; dabei wurde schon aus der bloßen Abwälzung der Kaskoversicherungsprämien auf den Mieter eine entsprechende Haftungsbefreiung gefolgert (BGHZ 22, 109, 113 ff; 26, 282; 43, 295, 299 f; BGH LM Nr 12 zu § 157 [Gf] BGB; VersR 1976, 688; WM 1976, 210, 211). Diese vertragliche Haftungsbeschränkung wirkte dann auch zugunsten des berechtigten Fahrers, auch wenn er nicht Vertragspartei ist (BGHZ 22,109,122; 43,295,299; KG Betrieb 1974,1571; OLG Hamm VersR 1971, 242; OLG Nürnberg VersR 1971, 259). Auch eine Schadenspauschalierung durch die AGB der Vermieter war möglich. Indessen blieb dem Mieter auf jeden Fall der Nachweis offen, daß tatsächlich nur ein weit geringerer Schaden entstanden ist (BGHZ 67, 312; WM 1976, 210 = JuS 1976, 676 f Nr 7). Auch war es schon vor Inkrafttreten des AGBG unzulässig, dem Mieter die Beweislast dafür aufzuerlegen, daß er nicht grob fahrlässig oder vorsätzlich gehandelt hat. Entsprechend § 61 W G trifft vielmehr die Beweislast für grobe Fahrlässigkeit oder Vorsatz des Mieters als Voraussetzung für das Entfallen der Haftungsbefreiung stets notwendigerweise den Vermieter (BGHZ 65, 118; VersR 1976, 880 gegen BHG WM 1974, 695). Auch insoweit hat das am 1.4. 1977 in Kraft getretene AGBG, namentlich für das Verhältnis der Kfz-Vermieter zu Nichtkaufleuten (s § 24 AGBG), einen grundlegenden Wandel gebracht: Häufig dürften schon die gesamten AGB der Kfz-Vermieter wegen ihrer Unübersichtlichkeit, Unklarheit, Unverständlichkeit und Widersprüchlichkeit gegen die § § 3 und 5 AGBG verstoßen und deshalb insgesamt unwirksam sein. Außerdem verstößt die volle Freizeichnung der Vermieter gegen die §§9, 11 Nr 7 und 24 AGBG. Ebensowenig kann nach § 9 AGBG eine verschuldensunabhängige Haftung des Mieters begründet werden ( L Ö W E - G R A F VON W E S T P H A L E N - T R I N K N E R (681)

Volker Emmerich

Vorbem zu §§ 535, 536 151-154 2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

§ 9 Rz 50). Die vom BGH entwickelte Beweislastverteilung wird schließlich durch Nr 1 5 AGBG bestätigt (BRANDNER, in: U L M E R - B R A N D N E R - H E N S E N § 1 1 Nr 1 5

§ 11

R z 5 ; L Ö W E - G R A F VON WESTPHALEN-TRINKNER § 9 R z 5 0 , § 1 1 N r 1 5 R z

cc) Zu den bei der Vermietung von EDV-Anlagen üblichen AGB s KIRSCH BB 1 9 7 3 , 1 2 8 7 ; BAnz v 2 . 2 . 1 9 7 3 , Beilage Nr 2 / 1 9 7 3 .

8).

CAMPICHE-

151 7. Die Sittenwidrigkeit von Mietverträgen a) Mietverträge können wie alle anderen Verträge wegen Sittenwidrigkeit nichtig sein, so insbes wenn der Vertragszweck auf eine sittenwidrige Verwendung der vermieteten Sache gerichtet ist (§ 138; s im einzelnen MITTELSTEIN 208 ff). aa) Als sittenwidrig wurden früher vor allem durchweg Miet- oder Pachtverträge über Bordelle behandelt (BGHZ 41, 341; BGH BB 1969, 1106 = Betrieb 1969, 1742). Mit Rücksicht auf die gewandelten sexuellen Anschauungen hat der BGH jedoch diese Praxis inzwischen aufgegeben. Miet- oder Pachtverträge über Bordelle sind heute nur noch sittenwidrig, wenn der Mieter oder Pächter von den Dirnen einen überhöhten Mietzins verlangt, sie also wirtschaftlich ausbeutet, oder wenn er die Prostituierten in ihrer Selbständigkeit beeinträchtigt und sie zu ihrer Betätigung anhält, sowie schließlich dann, wenn der vereinbarte Pacht- oder Mietzins in einem auffälligen Mißverhältnis zu dem objektiven Pachtwert steht.* 152 bb) Sittenwidrig sind hingegen zweifelsfrei (Art 6 GG) die auch heute noch (oder wieder) in Mietverträgen anzutreffenden Zölibats- oder Kinderlosigkeitsklauseln oder etwa ein Verbot des Geschlechtsverkehrs (AG Köln WuM 1962,221; PERGANDE NJW 1964, 1925, 1928; SCHNEIDER ZMR 1973, 325; WEIMAR WuM 1961,101). Genausowenig wie den Mieter das Privatleben des Vermieters etwas angeht, geht auch den Vermieter das Privatleben des Mieters etwas an. Jedes Eindringen in die Intimsphäre des Mieters ist ihm verwehrt. 153 cc) Daher kann auch die Ansicht, die Vermietung von Räumen an Paare, die in wilder Ehe leben, oder an Personen mit häufig wechselnden Partnern sei sittenwidrig, nur als abwegig bezeichnet werden.** Eine ganz andere Frage ist es hingegen, ob durch solche Vorgänge die anderen Mieter belästigt werden, so daß der Vermieter deshalb nach den §§ 550 und 553 vorgehen kann. Der Verkehr des Mieters mit Personen anderen Geschlechts in der Wohnung allein gibt dem Vermieter dementsprechend auch niemals ein Recht zur fristlosen Kündigung nach § 554 a (s § 554 a Rz 17 ff). 154 b) Zum Schutze der Mieter gegen Ausbeutung durch überhöhte Mietzinsen sind in den letzten Jahren die Strafvorschriften gegen Wucher ständig verschärft worden. aa) Nach § 302 f StGB macht sich heute strafbar, wer die Zwangslage, den Leichtsinn oder die Unerfahrenheit eines anderen dadurch ausbeutet, daß er sich oder * BGHZ 63, 365 = JuS 1975,396 Nr 7 m Anra HONSELL JZ 1975,439; ebenso schon BGH LM Nr 6 zu § 138 (Ce) BGB; WM 1974, 750; OLG Hamm NJW 1975, 693; Urt v 4. 5. 1976 - 7 U 7 7 / 7 5 ; ROTHER, ACP 172 ( 1 9 7 2 ) 4 9 8 , 5 0 8 ff. ** BERGFELDER W U M 1977, 4 5 , 4 6 ; SCHNEIDER Z M R 1973, 131 f; TONDORF W U M 1974, 2 2 9 ; WEIMAR WUM 1974, 4 9 ; MÜLLER Z M R 1970, 2 8 9 , 2 9 0 f; SCHMIDT-FUTTERER, M i e t e u n d Pacht

96 ff; GITTER 16; unhaltbar OLG Hamm FamRZ 1977, 318, 320; AG Emden NJW 1975,1363; s dazu die K o n t r o v e r s e v o n BEER J u S 1977, 3 7 4 ; SCHNEIDER W u M 1975, 2 2 1 ; SCHICKEDANZ u n d PETERS N J W 1975, 1 8 9 0 ; HÄNDEL N J W 1976, 5 2 1 .

Volker Emmerich

(682)

Vorbem zu §§ 535, 536 155-157

3. Titel. Miete. Pacht

einem Dritten für die Vermietung von Räumen zum Wohnen oder damit verbundene Nebenleistungen einen Vermögensvorteil versprechen oder gewähren läßt, der in einem auffälligen Mißverhältnis zu seiner Leistung steht; ein besonders schwerer Fall liegt vor, wenn der Täter durch die Tat den anderen in wirtschaftliche Not bringt oder die Tat gewerbsmäßig begeht.* bb) Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder leichtfertig für die Vermietung 155 von Räumen zum Wohnen oder damit verbundene Nebenleistungen unangemessen hohe Entgelte fordert, sich versprechen läßt oder annimmt; unangemessen hoch sind Entgelte, die infolge der Ausnutzung eines geringen Angebots an vergleichbaren Räumen die üblichen Entgelte für vergleichbare Räume nicht unwesentlich übersteigen (§ 5 WiStG, sog Sozialwucher). Dafür genügt schon eine Überschreitung der ortsüblichen Miete um 20% bis 25%.** Daneben kommt natürlich stets auch noch die Anwendung des § 138 in Betracht. cc) Die genannten Strafvorschriften gegen den Wucher sind gesetzliche Verbote iS 156 des § 134 BGB, so daß bereits der objektive Verstoß gegen sie zur Nichtigkeit der entsprechenden Abreden führt (LG Hamburg NJW 1971, 1411 f; LG Köln NJW 1 9 6 5 , 1 5 7 ff Nr 8 m zust Anm R O Q U E T T E ; S C H M I D T - F U T T E R E R D 1 7 f). Angesichts des Schutzzweckes dieser Vorschriften ist jedoch anzunehmen, daß sich die Nichtigkeit auf den über das zulässige Maß hinausgehenden Teil der Mietzinsvereinbarung beschränkt, im übrigen aber der Vertrag wirksam bleibt; der zuviel gezahlte Mietzins kann deshalb nach den §§ 812, 817 kondiziert werden.*** 8. Wertsicherungsklauseln****

157

a) In Mietverträgen finden sich sehr häufig Wertsicherungsklauseln. Mietrechtliche Besonderheiten gelten dafür nicht (vgl deshalb statt aller EMMERICH aaO, sowie aus der Praxis zuletzt BGHZ 63, 132, 134 ff; BGH WuM 1974,253; 1975,48; 1976, 3; 1976, 47; BB 1973, 998 f; MDR 1976, 310; NJW 1976, 142 f; 1976, 422; WM 1975,

1131

=

JuS

1976,

119 Nr 4; W M

1977,

1 3 3 0 ; BULLA a a O ) . I s t i n

dem

Vertrag jedoch keine Wertsicherungsklausel aufgenommen, so kann der Vermieter wegen des zwischenzeitlichen Geldwertverfalls auch unter dem Gesichtspunkt des Wegfalls der Geschäftsgrundlage grundsätzlich keine Anpassung des Mietzinses an das zwischenzeitlich gestiegene Preisniveau verlangen (vgl statt aller BGHZ 62, 314 = JuS 1974, 797 f Nr 3 m Anm B U L L A aaO; STÖTTER NJW 1971, 2281, 2285 f). b) Bei Mietverträgen über Wohnräume sind heute Wertsicherungsklauseln generell verboten (vgl die §§ 1 und 1 0 MHRG; STERNEL T Z 1 2 9 ff, II 1 3 ff). Bei Mietverhältnissen über Wohnraum ist daher heute eine Mietzinserhöhung nur noch im Rahmen des MHRG möglich (zT aM aber LG Münster DWW 1977, 20). * Vgl hierzu zB OLG Köln NJW 1976, 119 f m Nachw; LG Köln ZMR 1975, 367; 1977, 148 Nr 11; S C H M I D T - F U T T E R E R , Miete und Pacht 74 ff; insbes ders D 106 ff; S T E R N E L T Z II 24 ff; BUSCHMANN B1GBW 1964, 199; H O P P M A N N B1GBW 1965, 153. ** LG Mannheim WuM 1976, 68 = MDR 1976, 316; 1977, 581 f Nr 54; 1978, 55 Nr 52; NJW 1977, 1729; BayObLG ZMR 1977, 339; LG Heidelberg ZMR 1976,334 = WuM 1977, 32; LG Hamburg MDR 1977, 582 Nr 55 = DWW 1977, 164 f; S C H M I D T - F U T T E R E R D 22 ff; H A N S § 535 A n h ; ESSER-WEYERS II 1 § 2 0 III 1 a.

*** LG Hamburg, LG Heidelberg und LG Köln aaO; LG Mannheim WuM 1975,172,173 f; 1976, 68, 69; NJW 1977, 1729; S C H M I D T - F U T T E R E R aaO; ders, Miete und Pacht 81; W E I M A R Betrieb 1 9 6 3 , 4 3 9 ; ESSER I I 1 § 2 0 I I I 1 d ; a M z B ROQUETTE § 5 3 5 R z

269.

**** Schrifttum: B G B - R G R K - G E L H A A R Vorbem 65 ff zu § 535; B U L L A JuS 1976, 19; E M M E R I C H , in: Grundlagen des Vertrags- und Schuldrechts (1974) 332 ff; P A T Z E R DWW 1975, 231; R O Q U E T T E § 535 Rz 255 ff; W E D E M E Y E R Betrieb 1969, 1925; W E I M A R W U M 1975, 161. (683)

Volker Emmerich

§§ 535, 536 2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse §535

Durch den Mietvertrag wird der Vermieter verpflichtet, dem Mieter den Gebrauch der vermieteten Sache während der Mietzeit zu gewähren. Der Mieter ist verpflichtet, dem Vermieter den vereinbarten Mietzins zu entrichten. E I § 503; E II § 480 Abs 1; E III § 528; Mot II 369 ff; Prot II 130 ff.

§536

Der Vermieter hat die vermietete Sache dem Mieter in einem zu dem vertragsmäßigen Gebrauche geeigneten Zustande zu überlassen und sie während der Mietzeit in diesem Zustande zu erhalten. E I § 504; E II § 481; E III § 529; Mot II 372 f; Prot II 130 f.

Schrifttum Veröffentlichungen zu Einzelfragen s auch bei den einzelnen Erläuterungen; vgl außerdem zunächst die Vorbem zu §§ 535, 536. BETTERMANN, Darf der Mieter zur Ölheizung übergehen? ZMR 1960, 354; BRONSCH, Die Schönheitsreparatur, JR 1970, 125; GLASER, Gemeinschaftsantenne und Mietrecht, Betrieb 1974, 125; ders, Die Sammelheizung in Rechtsprechung und Schrifttum (6. Aufl 1972); ders, Rechtsfragen zur Ölheizung im Mietwohnhaus (1964); ders, Gewerbliche Nutzung von Wohnräumen, NJW 1956, 1265; ders, Der Waschautomat in der Mietwohnung, Betrieb 1964, 982; 1973, 2176; ders MDR 1969, 539; ders, Das Recht der Schönheitsreparaturen (2. Aufl 1977); GAISBAUER, Der Fernsprechanschluß des Mieters, DWW 1970, 7; 1970, 43; GUNDLACH, Vor- und Nachmieter als Gesamtschuldner? NJW 1976, 787; HADDING, Die unterlassenen Schönheitsreparaturen, JuS 1969, 407; HAMANN, Das Wahlplakat im Fenster einer Mietwohnung, ZMR 1974, 323; ders, Hundertwasser's Fensterrecht, ZMR 1974, 3; ders, Grundrechtsverwirklichung auf der Außenwand einer gemieteten Wohnung, Ufita 74 (1975) 261; HEROLD, Radio- und Fernsehgeräte in der Mietwohnung, WuM 1969, 142; HOLLENBERG, Das Recht der Heizung im Miethaus, ZMR 1961, 38; HUMMEL, Zur Grundrechtswahrung in Mietverhältnissen, ZMR 1971, 265; ders, Die Abrechnung der Nebenkosten, ZMR 1975, 65; HURST, Umstellung auf Erdgas und Mieterhöhung, ZMR 1970, 321; ders, NichtÜberlassung bzw nicht rechtzeitige Überlassung der Wohnung an den Mieter, WuM 1971, 26; ders, Die Reinigungs- und Streupflicht des Anliegers und Erdgeschoßbewohners in rechtlicher Sicht, ZMR 1967, 67; KLEIN, Die Tierhaltung in Mietwohnungen, ZMR 1959, 189; KOENIG, Hausmusik in der Mietwohnung, GE 1970, 117; KÜRZEL, Zum Mangel der Mietsache und zu ihrem vertragswidrigen Gebrauch, ZMR 1974, 321; KUNKEL, Umfang und Grenzen des Gebrauchs der Mietsache, NJW 1958, 123; MEZGER, Gibt es für die Mietzinszahlung eine Karenzzeit? NJW 1972, 2071; MITTELSTEIN, Die Miete nach dem Rechte des deutschen Reiches (4. Aufl 1932) 214 ff; MÜLLER, Der vertragsmäßige Gebrauch der Mietsache bei der Vermietung von Räumen zu Wohnzwecken, ZMR 1970, 289; NIENDORFF, Mietrecht nach dem BGB (10. Aufl 1914) 96 ff, 175 ff; OSWALD, Unter welchen Voraussetzungen darf der Vermieter die Räume des Mieters betreten? ZMR 1960, 129; OTTO, Schönheitsreparaturen in Mieträumen, ZMR 1974,33; ders, Die Verpflichtung des Mieters zur Durchführung von Schönheitsreparaturen während der Mietzeit, MDR 1973, 14; ders, Schönheitsreparaturen in Mieträumen, Betrieb 1974, 875; ders, Rechtsanspruch auf Trockenraum; DWW 1971, 120; ders, Zur Tierhaltung in der Mietwohnung, GE 1973, 496; RAU, Zur Rechtsprechung über die Tierhaltung des Mieters, ZMR 1965, 130; ROQUETTE, Gesamthaftung der Mieter bei Verstopfung der Abflußleitung, ZMR 1973, 195; ders, Instandhaltung und Verbesserung von Wohnraum, NJW 1963, 1288; VON ROESGEN, Vorübergehende Räumung der Mietwohnung wegen Bauarbeiten, NJW 1956, 1264; SCHMIDT-FUTTERER, Der Mietzinsanspruch bei vorzeitiger Räumung des Mieters, NJW 1970, 917; ders, Veränderungen der Mietsache während der Mietzeit, MDR 1970, 375; ders, Hat der Mieter die Anschaffungskosten und Betreuungskosten von Wärmemeßgeräten zu tragen? ZMR 1971, 172; ders, Die Verjährung und Verwirkung der Ansprüche auf Heizungskosten, BB 1971, 943; ders, Die Umlage der Mietnebenkosten nach neuem Recht, BB 1972, 68; SCHMIDT-MARLOH, Zur Reinigungspflicht, ZMR 1964, 355; SCHMUDLACH, Gesamtschuld von Vor- und Nachmieter bei Schönheitsreparaturen,

Volker Emmerich

(684)

§§ 535, 536 3. Titel. Miete. Pacht NJW 1974, 257; W E I M A R , Inwieweit kann der Mieter vom Vermieter Modernisierung verlangen? B1GBW 1976, 63; ders, Die Rechte des Mieters bei nicht fertiggestellten Zufahrtswegen und Außenanlagen, ZMR 1965, 353; ders, Erhaltungs- und Modernisierungsarbeiten bei Mietshäusern, ZMR 1976, 33; ders, B1GBW 1974, 25; ders, Darf der Mieter den Zustand von Mieträumen verändern? ZMR 1970, 4; ders, Trifft den Vermieter eine Haftung bei Unfällen auf mitvermieteten Kinderspielplätzen? ZMR 1974, 228; ders, Hellhörigkeit einer sozialgeförderten Neubauwohnung als Sachmangel? Betrieb 1974, 1657; ders, Die Haftung des Hoteliers und des Hotelgastes bei Ausbruch ansteckender Krankheiten, MDR 1963, 551; ders, Rechtsfragen bei Miete eines Hotelzimmers, ZMR 1971, 202; ders, Die Drittwirkung der Grundrechte auf Wohnraummietverträge, WuM 1974, 49; ders, Die Vermietung von Hauswand- und Dachflächen, MDR 1960, 195; ders, Darf ein Vermieter in demselben Haus an Konkurrenzbetriebe Räume vermieten? WuM 1972, 118; ders, Die Pflichten des Mieters bei Abwesenheit in den Ferien, ZMR 1969, 291; W I E T H A U P , Rechtsfragen des Schallschutzes im Verhältnis des Wohnungsvermieters zu seinem Mieter, ZMR 1975, 257; ders, Rechtliche Möglichkeiten der Bekämpfung des Wohnungslärms, MDR 1960, 632.

Systematische Übersicht Vorbemerkung 1

e) f) g) h)

Die Musikausübung in den Mieträumen 73 Die Tierhaltung des Mieters 74 Die Heizung 77 Die Aufnahme von Angehörigen und Besuchern 92 i) Die Benutzung der Nebenräume und der gemeinsamen Anlagen 94 k) Tod und Krankheit des Mieters 95

I. Der Gegenstand des Mietvertrages 1. Nur Sachen und Sachteile 2 2. Vermieterfremde und mietereigene Sachen 6 3. Die mehrfache Vermietung derselben Sache 9 4. Die mitvermieteten Teile, Sachen und Räume 10 a) Bestandteile und Zubehör 10 IV. Die sog Nebenleistungspflichten des Verb) Nebenräume, Treppen, Höfe und dgl 11 mieters 1. Die Fürsorge- und die VerkehrssicherungsII. Überblick Uber die Pflichten der Parteien pflicht 96 1. Die Miete als gegenseitiger Vertrag 13 2. Die Pflichten des Vermieters 14 2. Die Lieferung von Energie und Wasser 97 3. Die Pflichten des Mieters 15 4. Vertragliche Abänderungen 16 V. Die Hauptleistungspflicht des Mieters 98 1. Art und Höhe des Mietzinses 99 i n . Die Hauptleistungspflichten des Vermie2. Die Nebenkosten 106 ters 3. Die Erhöhung des Mietzinses 108 1. Die Überlassung der Sache 17 4. Der Erfüllungsort 112 a) Allgemeines 18 5. Die Aufrechnung 116 b) Der Umfang der Überlassungspflicht 21 6. Verzug und Konkurs 118 c) Ansprüche des Mieters bei Nichterfüllung 25 7. Verjährung und Verwirkung 124 2. Die Erhaltungspflicht 32 a) Allgemeines 32 VI. Die Nebenleistungspflichten des Mieters b) Der Umfang der Erhaltungspflicht 33 126 c) Insbesondere die Instandhaltungs- u In1. Die Abnahmepflicht des Mieters 126 standsetzungspflicht 41 2. Die Obhutspflicht des Mieters 129 aa) Die Verkehrssicherungspflicht uäm 42 3. Die Duldungspflichten des Mieters 138 bb) Die Reinigungs- und Beleuchtungspflicht 4. Die Übernahme zusätzlicher Pflichten durch 45 den Mieter 141 cc) Weitere Einzelfälle 46 a) Die Reinigungspflicht 141 dd) Grenzen 47 b) Die Schönheitsreparaturen 142 d) Die Dauer der Erhaltungspflicht 51 c) Die Übernahme sonstiger Pflichten durch 3. Insbes der Umfang des vertragsmäßigen Geden Mieter 150 brauchs 54 a) Allgemeines 54 VII. Beweislast 152 b) Bauliche Veränderungen 59 c) Anlagen des Mieters 64 VIII. Anhang: Das Verhältnis zwischen mehred) Die Unterbringung der Sachen des Mieters ren Mietern 155 70 (685)

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§§ 535, 536 2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

Alphabetische Ubersicht Abweichende Vereinbarungen 16, 50, 84, 142 Abnahmepflicht 126 Angehörige 92 Anzeigepflicht 133 Aufrechnung 116 f Außenflächen 3,11 Bauliche Veränderungen 59-63 Beleuchtungspflicht 45 Besichtigungsrecht 138 f Besitz 22 Besucher 93 Bestandteile 10 Beweislast 148,152-154

Namensschilder 69 Nebenkosten 84 f, 88,106 f Nebenleistungspflichten 96 f, 126 f Nebenräume 11, 94 Obhutspflicht 129-131,134 f Parkplatz 13

Duldungspflicht 138-140

Rechtsgemeinschaft 155 Reinigungspflicht 45,132, 141 Rundfunk und Fernsehen 67 f

Eigentum 6 Energie und Wasser 97 Erfüllungsgehilfen 31,136,156 Erfüllungsort 112 f Erhaltungspflicht 32 f, 51-53

Sachen 2 , 4 f Sachteile 2 Schadensersatzanspruch des Mieters 27 f Schlüssel 10,131 Schönheitsreparaturen 142-148 Staffelmiete 101 Störungen durch Dritte 40

Fahrnismiete 2 Fahrstühle 12 Fernsprechanschluß 66 Fixgeschäft 26,121 Fürsorgepflicht 24,96 Funktionsfähigkeit 46

Tierhaltung 74-76 Tod des Mieters 95 Treppen 11

Gebrauchspflicht 126,128 Gegenseitiger Vertrag 13 Gegenstand 2 Gemeinsame Anlagen 94 Geschirrspülautomat 65 Gewerbliche Zwecke 56 f Grundstücksmiete 2

Übergabe 19 Überlassung der Sache 18 f Umsatzmiete 101 Unterbringung von Mietsachen 70-72

Hauptleistungspflichten des Vermieters 17 f Heizung 77-83, 89,131 Höfeil Instandhaltungspflicht 33,41,47,151 Instandsetzungspflicht 33,41,47,151 Kaltmiete 84 Konkurrenzschutz 35-38 Konkurs 118,122 f Krankheit des Mieters 95 Kraftfahrzeuge 72 Lärmbelästigungen 40 Lüftung 132

mehrere Mieter 155 f mehrfache Vermietung derselben Sache 9 Mehrwertsteuer 102 Mieteranlagen 64—69 Mieterpflichten 15 Mietzins 98-101, 108-111 Musikausübung 73

Verbesserungen 49 Verjährung 124 Verkehrssicherungspflicht 42 f, 44, 58, 96,150 Vermieterpflichten 14 Vertragsmäßiger Gebrauch 54, 98 Verwirkung 125 Verzug 118,120 Vorleistungspflicht 25,114 Vorteilsausgleichung 149 Werkmiete 83 f Waschmaschine 64 Wohnräume 55 Zerstörung 48 Zubehör 10 Zu- und Abgang 11

Volker Emmerich

(686)

3. Titel. Miete. Pacht

§§ 535, 536 1-3

Vorbemerkung

1

Die §§ 535 und 536 regeln den Inhalt der Hauptleistungspflichten der beiden Vertragsparteien. Sie stehen daher in unmittelbarem Zusammenhang. Erst aus § 536 ergibt sich der genaue Inhalt der in § 535 bestimmten Pflicht des Vermieters, dem Mieter den Gebrauch der vermieteten Sache während der Mietzeit zu gewähren. Schon bei den Beratungen des BGB bestand deshalb Übereinstimmung, daß § 536 nur eine nähere Erläuterung des § 535 bringt (Mot II 373: Klarstellung, daß der Mieter insoweit auch den Erfüllungsanspruch hat). I. Der Gegenstand des Mietvertrages* 1. Nur Sachen und Sachteile

2

a) Gegenstand des Mietvertrages können, wie der Gegensatz zwischen § 535 und 581 zeigt, nur Sachen iS des § 90, dh nur körperliche Gegenstände, und deren Teile sein. Mietverträge über Rechte wurden nicht zugelassen, weil man davon eine Verwirrung befürchtete (Mot II 369). Handelt es sich um bewegliche Sachen, so spricht man von der Fahrnismiete, sonst von der Grundstücksmiete. Einen Sonderfall der Grundstücksmiete bildet die besonders wichtige Wohnraummiete (s Vorbem 24 ff zu §§ 535, 536). Auch Teile von Sachen können selbstverständlich vermietet werden, wenn ihr selbständiger Gebrauch möglich ist. Besondere Bedeutung hat das für die Vermietung von Wandflächen zu Reklamezwecken oder zur Anbringung von Automaten (Grundstücksmiete iS der §§ 566, 571, 580 [s § 580 Rz 1 ff; § 571 Rz 14 f; dazu W E I M A R aaO]). Ebenso können auch einzelne Plätze in einem Gebäude, zB ein Fenster, zu nur ganz vorübergehendem Gebrauch vermietet werden (sog Platzmiete, s § 571 Rz 15). b) Eine ganz andere Frage ist es hingegen, ob sich der Mietvertrag über gewerbliche 3 Räume stets automatisch auch auf die Außenfläche des vermieteten Stockwerkes erstreckt, so daß der Mieter diese ohne weiteres für Reklamezwecke oder zur Anbringung von Automaten nutzen kann (s BERTERMANN, DICKERTMANN, VON L Ü P K E , STEGMAIER, W E I M A R aaO). Für einen Berliner Fall hatte das RG schon früh eine derartige Verkehrssitte bejaht (RGZ 80, 281 im Anschluß an KG OLGE 2, 32). Der BGH hat jedoch offengelassen, ob daraus auf eine allgemeine Verkehrssitte geschlossen werden kann; jedenfalls könne sich jederzeit eine abweichende örtliche Verkehrssitte bilden (BGH LM Nr 10 zu § 535 BGB; Nr 1 zu § 157 [B] BGB). Für Düsseldorf ist dementsprechend zB eine derartige Verkehrssitte verneint worden (OLG Düsseldorf NJW 1958, 1094), für zahlreiche andere Städte hingegen auch in jüngster Zeit wiederholt bejaht worden (s hierzu zB OLG Hamm NJW 1958, 1239; LG Düsseldorf BB 1951, 714; LG Berlin ZMR 1964, 307; GE 1971, 340).

* Schrifttum: Motive II 369, 371 f; BERTERMANN, Der Warenautomat am Ladenlokal des Mieters, NJW 1950, 814; DICKERTMANN, Der Warenautomat am Ladenlokal, NJW 1951, 16; GAISBAUER DWW 1970, 43; G L A S E R Betrieb 1973, 2176; K O E N I G , Hat der Vermieter einen Anspruch auf Gewinnbeteiligung an den Vorteilen des Mieters aus der Anbringung von Reklame an den Außenwänden der Mietsache? WuM 1964, 152; VON LÜPKE, Recht des Mieters auf Anbringung von Reklame an den Außenwänden von Geschäftsräumen? BB 1964, 869; MITTELSTEIN, Die Miete 114 ff, 145 f, 239 ff; R E I C H E R T , Das Kfz des Mieters auf dem Grundstück des Vermieters, ZMR 1968, 281; STEGMAIER, Außenwandreklame an der Mietwohnung, ZMR 1968, 67; W E I MAR, Das Recht des Geschäftsraummieters zur Außenwandreklame, Betrieb 1972, 1957; ders, Die Vermietung von Hauswand und Dachflächen, MDR 1960, 195. (687)

Volker Emmerich

§§ 535, 536 4-9

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

4 c) Auch vertretbare Sachen können Gegenstand eines Mietvertrages sein (s § 91). Sind diese Sachen zugleich nur der Gattung nach bestimmt, wie es sehr häufig vorkommt, so ist der Mietvertrag zugleich Gattungsschuld (so zB bei der Vermietung einer bestimmten Zahl von Stühlen oder Tischen für ein Fest oder eine Messe). Besonderheiten gelten hierfür nicht. 5 d) Umstritten ist, ob auch verbrauchbare Sachen Gegenstand eines Mietvertrages bilden können. Die Beantwortung dieser Frage hängt allein vom Vertragszweck ab. Sind nach dem Vertrag die verbrauchbaren Sachen tatsächlich zum Verbrauch bestimmt, so kann nur ein Veräußerungsvertrag, auf keinen Fall jedoch Miete vorliegen. Sollen hingegen die verbrauchbaren Sachen ausnahmsweise nur vom Mieter gebraucht und danach als solche wieder zurückgegeben werden, so liegt unbedenklich Miete vor; Beispiele für solche Fälle sind die Vermietung von Obstoder Blumenkörben zu Dekorationszwecken für ein Fest, wobei jedoch im letzteren Fall, wenn die Blumen nach dem Fest nur noch beschränkt verwertbar sind, die Grenze zum Kauf flüssig wird.

6 2. Vermieterfremde und mietereigene Sachen a) Der Vermieter braucht nicht der Eigentümer der vermieteten Sache zu sein (statt aller BGH LM Nr 14 zu § 535 BGB). Im Falle eines Nießbrauchs oder eines Erbbaurechts werden Eigentum und Vermieterstellung sogar idR auseinanderfallen (BGH aaO). Aber auch wenn der Vermieter gar nicht in der Lage ist, dem Mieter den Gebrauch zu verschaffen, ist der Vertrag keineswegs nichtig; vielmehr handelt es sich dann um einen Fall anfänglichen Unvermögens oder des § 541, so daß der Vermieter auch ohne Verschulden dem Mieter zum Schadensersatz wegen Nichterfüllung verpflichtet ist (§ 538 Abs 1). 7 b) Dem Mieter kann grundsätzlich auch seine eigene Sache vermietet werden (Mot II 371 f, 402), und zwar namentlich dann, wenn der Vermieter als Nießbraucher oder Erbbauberechtigter oder aufgrund eines anderen Rechtstitels unter Ausschluß des Eigentümers zur Nutzung der Sache berechtigt ist (RGZ 104, 308, 310; RG WarnR 1912/13 Nr 315; B G H Z 12, 380, 392 ff). Hat in einem solchen Fall der Mieter das Eigentum erst nachträglich erworben, so gilt dasselbe, wenn dadurch das Nutzungsrecht des Vermieters nicht berührt wurde wie zB im Falle des Nießbrauchs oder des Erbbaurechts. Anders jedoch, wenn der Mieter zB vom Vermieter unbeschränktes Eigentum an der Sache erwirbt, weil dann das Schuldverhältnis durch Konfusion erlischt. Anders jedoch, wenn der Mieter nur Miterbe ist (LG Köln ZMR 1967, 209; vgl auch O L G Hamm ZMR 1971, 18; B G B - R G R K - G E L H A A R Vorbem 143 zu § 535). 8 Hat der Mieter in Unkenntnis seines Eigentums die Sache von dem ihm gegenüber nicht nutzungsberechtigten Vermieter gemietet, so ist der Mietvertrag unwirksam, weil der Mieter die Rückgabe der Sache aufgrund seines Eigentums verweigern und aufgrund seines Eigentums außerdem die Rückzahlung etwaiger von ihm an den Vermieter geleisteter Mietzinszahlungen verlangen kann (§§ 812, 818, 987, 988, 990, 242 BGB).

9 3. Die mehrfache Vermietung derselben Sache a) Dieselbe Sache kann gleichzeitig an mehrere Personen vermietet werden, sofern damit verschiedene Zwecke verfolgt werden und diese Zwecke nicht miteinander kollidieren (RG JW 1905, 46 Nr 13; RGZ 108, 204, 205). Volker Emmerich

(688)

§§ 535, 536 3. Titel. Miete. Pacht

10,11

b) Aber auch kollidierende Mietverträge über dieselbe Sache sind wirksam (Problem der Doppelmiete). Jeder Mieter kann Erfüllung verlangen und wird rechtmäßiger Besitzer, sobald ihm die Sache vom Vermieter überlassen wird (s § 541 Rz 16 ff). 4. Die mitvermieteten Teile, Sachen und Räume

10

a) Der Mietvertrag erstreckt sich, sofern die Parteien nichts anderes vereinbart haben oder sich nicht etwas anderes aus der Verkehrssitte ergibt, grundsätzlich auf alle wesentlichen Bestandteile der Sachen sowie (entspr § 314) außerdem auch auf das gesamte sog Mietzubehör (zB die Gondeln auf dem Teich einer Gastwirtschaft; RGZ 47, 197). Dazu gehören bei der Raummiete zunächst die Schlüssel, so daß der Vermieter dem Mieter mindestens 2 Schlüssel zur Verfügung stellen muß (GAISBAUER DWW 1970, 43; B1GBW 1969, 13; GLASER Betrieb 1973, 2176). Weitere Schlüssel darf der Mieter auf eigene Kosten in beliebiger Zahl anfertigen lassen (sehr str), muß diese jedoch bei Vertragsende entweder zurückgeben oder unbrauchbar machen. Mitvermietet sind außerdem sämtliche eingebauten Haushaltsgeräte wie zB Öfen, Wandschränke, Warmwasserbereiter und dgl mehr. Der Mieter hat also Ansprüche auf Übergabe dieser Sachen zusammen mit der vermieteten Wohnung. b) Bei der Raummiete sind außerdem, sofern nicht ausdrücklich etwas anderes 11 vereinbart ist, mitvermietet sämtliche zu den Räumen gehörigen Zu- und Abgänge sowie die gemeinschaftlich benutzten Räume und Grundstücksteile. Beispiele sind namentlich bei Mehrfamilienhäusern die Treppen und Flure (RG Gruchot 48 [1904], 901), die Eingänge und Ausgänge (LG Hamburg MDR 1957, 421), sämtliche Zugänge, Terrassen (AG Köln WuM 1974, 258), Böden, Speicher und Keller, Spielplätze und Sandkästen (LG Freiburg ZMR 1976, 210; W E I M A R ZMR 1974, 228), sowie Waschküchen (LG München I ZMR 1969, 15 Nr 11), hingegen nur aufgrund besonderer Vereinbarung oder aufgrund einer entsprechenden Verkehrssitte zusätzlich etwaige Trockenräume (LG Mannheim ZMR 1971, 22; O T T O DWW 1971, 120). Hingegen sind Durchfahrten und Hofräume ebenfalls grundsätzlich zur gemeinsamen Benutzung mitvermietet (RG Recht 1909 Nr 245). Umstritten ist jedoch, ob und in welchem Umfang der Mieter derartige Rächen zur Abstellung von Fahrzeugen, Fahrrädern und Mopeds benutzen darf (s REICHERT ZMR 1968, 281; SCHNITZERLING DWW 1967, 36; KOENIG WuM 1970, 73). Die Praxis ist hier verhältnismäßig restriktiv: Der Hofraum darf grundsätzlich nur zum Be- und Entladen, zum Teppichklopfen und zum Abstellen eines Mülleimers, nicht hingegen als Kinderspielplatz oder zur Abstellung von Kraftfahrzeugen genutzt werden (LG Berlin WuM 1969, 59; ZMR 1964, 271; FWW 1977, 268; LG Dortmund ZMR 1960, 297; LG Oldenburg ZMR 1966, 208; AG Hannover ZMR 1964, 203 Nr 4; B1GBW 1961, 351; KOENIG WuM 1967, 59). Auch besteht kein Anspruch auf Anbringung einer Teppichstange (AG Hannover aaO). Bei Einfamilienhäusern gilt außerdem ein etwaiger Garten als mitvermietet (LG Köln HuW 1948,254); ebenso eine etwaige Terrasse (AG Köln WuM 1974, 258). Bei allen Räumen darf der Mieter außerdem die Fensterbänke nutzen ( W E I M A R ZMR 1964, 328). Auch an der Außenwand darf er Blumenkästen und Hinweisschilder anbringen; er darf die Außenwand jedoch nicht bemalen, weil er damit in die Substanz der vermieteten Sache eingriffe (s HAMANN ZMR 1974, 3). Ebensowenig darf er an der Außenwand oder im Fenster Wahlplakate anbringen (BVerfGE 7, 230; LG Hamburg DWW 1954, 144; LG Essen NJW 1973, 2290 m abl Anm B U C H E R ; aA HAMANN ZMR 1974, 323 f; ders, Ufita 74, 261; K Ü R Z E L ZMR 1974, 321, 322 f; W E I M A R WuM 1974, 49, 50). Hingegen ist die Außenwand mitvermietet, soweit sie nach der Verkehrssitte bei der Geschäftsraummiete zur Anbringung von Automaten oder Reklameschriften genutzt werden darf (o Rz 3). (689)

Volker Emmerich

§§ 535, 536 12-15

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

12 Vorhandene Fahrstühle darf der Mieter benutzen; sie gelten insoweit als mit vermietet und müssen sich deshalb in einem verkehrssicheren Zustand befinden (RG Recht 1907 Nr 438; B G H BB 1961, 1302; KG OLGE 33, 306; W E I M A R Betrieb 1974, 2292 f; LG Hamburg NJW 1976, 1320). Denn die Erhaltungspflicht des Vermieters erstreckt sich auf sämtliche mitvermieteten Räume und Grundstücksteile (BGH LM Nr 1 zu § 536 BGB; Nr 10 a zu § 538 BGB für mitvermietete Speicher und Treppen; KG WuM 1959, 136; OLGE 12, 70 f). Wenn einem Hotelgast ausdrücklich ein Parkplatz angewiesen wird, erstreckt sich der Beherbergungsvertrag auch auf diesen Parkplatz und damit auf das dort abgestellte Auto des Gastes (BGHZ 63, 333). Ebenso darf jeder Mieter sein Fahrrad oder Moped jedenfalls im Keller, nicht jedoch in Durchgängen und Treppenhäusern abstellen (KUNKEL aaO m Nachw). II. Überblick über die Pflichten der Parteien* 13 1. Die Miete als gegenseitiger Vertrag a) Die Miete ist vom BGB als Schuldverhältnis geregelt worden, mag auch ein gewisser, dinglicher Einschlag nicht zu verkennen sein (s Vorbem 20 ff zu §§ 535, 536). Hauptleistungspflicht des Vermieters ist die in § 536 näher umschriebene Gebrauchsgewährung während der ganzen Vertragsdauer, Hauptleistungspflicht des Mieters hingegen die Zahlung des Mietzinses (§ 535). Nur diese Hauptleistungspflichten stehen im Austauschverhältnis; der Mietzins wird folglich für die Überlassung und Erhaltung der Sache in einem zum vertragsmäßigen Gebrauch geeigneten Zustand gezahlt. b) Auf den Mietvertrag als Schuldverhältnis sind die allgemeinen Vorschriften über Schuldverhältnisse und namentlich über Leistungsstörungen grundsätzlich uneingeschränkt anwendbar. Gewisse Einschränkungen und Modifikationen ergeben sich erst in der Zeit nach Überlassung der Sache (s Vorbem zu §§ 537 ff). 14 2. Die Pflichten des Vermieters Den Vermieter treffen nach den §§ 535 und 536 zwei Hauptleistungspflichten. Er muß einmal dem Mieter die Sache in einem zum vertragsmäßigen Gebrauch geeigneten Zustand überlassen und zum andern die Sache während der ganzen Vertragsdauer in diesem Zustand erhalten. Aus dieser Erhaltungspflicht ergeben sich im einzelnen sowohl eine Instandhaltungs- als auch eine Instandsetzungspflicht. Zu den genannten Hauptleistungspflichten können zahlreiche Nebenleistungspflichten hinzutreten, die sich jedoch mit den Hauptleistungspflichten vielfältig überschneiden. Hervorzuheben sind die Fürsorge- und die Verkehrssicherungspflicht des Vermieters. Weitere Nebenleistungspflichten kann der Vermieter im Vertrag übernehmen, zB die Pflicht zur Lieferung von Energie. 15 3. Die Pflichten des Mieters Hauptleistungspflicht des Mieters ist die Verpflichtung zur Zahlung des Mietzinses, der sowohl in Geld als auch in sonstigen Leistungen, zB in Dienstleistungen, * Schrifttum: LARENZ II

FIKENTSCHER, § 48

MITTELSTEIN,

II;

Schuldrecht §

ESSER-WEYERS

Die Miete

214

ff,

238

II

ff;

7 4 I I ; GITTER, 1 §§ 14

II,

NIENDORFF,

in: Vertragsschuldverhältnisse

16

I; ENNECCERUS-LEHMANN

Mietrecht

Volker Emmerich

96

ff,

176

(1974) 9

§§ 128,

ff;

129;

ff. (690)

3. Titel. Miete. Pacht

§§ 535, 536 16-18

bestehen kann (str). Der Mietzins kann auf einmal oder in Raten zu erbringen sein; immer aber handelt es sich um eine einheitliche Schuld, niemals um ein sog Wiederkehrschuldverhältnis. Daneben treffen den Mieter noch eine Reihe von Nebenleistungspflichten, die nicht im Austauschverhältnis mit den Hauptleistungspflichten des Vermieters stehen. Hervorzuheben sind die Verpflichtung zur Einhaltung der Grenzen des vertragsmäßigen Gebrauchs (§§ 550, 553), die Obhutspflicht (s § 545), sowie unter bestimmten Voraussetzungen die Pflicht zur Duldung von Handlungen des Vermieters (s zB § 541 a). Bei Verletzung jeder dieser Pflichten können den Mieter Schadensersatzpflichten treffen. Nach Beendigung des Mietvertrages ist er schließlich zur Rückgabe der Mietsache verpflichtet (§ 556). Hingegen trifft den Mieter grundsätzlich keine Abnahme- oder Gebrauchspflicht. Ausnahmen sind aber denkbar. Außerdem können die Parteien weitere Pflichten des Mieters vereinbaren wie zB die Pflicht zur Durchführung der sog Schönheitsreparaturen. 4. Vertragliche Abänderungen

16

Das Mietrecht des BGB und namentlich die Vorschriften über die beiderseitigen Leistungspflichten sind überwiegend dispositiv. Die Parteien können also in allen Beziehungen auch abweichende Vereinbarungen treffen. Die Grenzen der Miete werden jedoch überschritten, wenn die vertragstypischen Hauptleistungspflichten abbedungen werden. Ein Vertrag, bei dem den Vermieter nicht mehr die Verpflichtung zur Überlassung und zur Erhaltung der Sache in einem zum vertragsmäßigen Gebrauch geeigneten Zustand trifft, ist möglicherweise ein nicht geregelter allgemeiner Gestattungsvertrag, auf keinen Fall jedoch mehr ein Mietvertrag. Dasselbe gilt umgekehrt, wenn die Verpflichtung des Mieters zur Mietzinszahlung entfällt. Innerhalb der Miete sind jedoch weitgehende Abänderungen möglich. Namentlich kann die Erhaltungspflicht des Vermieters eingeschränkt und weitgehend auf den Mieter abgewälzt werden. Derartige Regelungen müssen jedoch klar und eindeutig sein. Vor allem gibt es keine entsprechenden Verkehrssitten. Bei Formularverträgen müssen außerdem die Schranken des AGBG beachtet werden. III. Die Hauptleistungspflichten des Vermieters

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Hauptleistungspflichten des Vermieters sind die Überlassung und Erhaltung der Sache in einem zum vertragsmäßigen Gebrauch geeigneten Zustand. 1. Die Überlassung der Sache* a) Allgemeines

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Aufgrund der §§ 535 S 1 und 536 umfaßt die Verpflichtung des Vermieters zur Gewährung des Gebrauchs der vermieteten Sache während der Mietzeit ua die Verpflichtung, dem Mieter die vermietete Sache zu Uberlassen. Die Formulierung „überlassen" wurde bewußt gewählt, um zum Ausdruck zu bringen, daß der * Schrifttum: Motive (1969)

II 3 6 9

ff;

BEUTHIEN,

Zweckerreichung und Zweckstörung im Schuldverhältnis

8 3 f f ; ESSER II 1 § 1 4 I 2 ; ENNECCERUS-LEHMANN § 1 2 8 I 1; GITTER 9 f f ; H U R S T

WUM

1971, 126; KÖHLER, Unmöglichkeit und Geschäftsgrundlage bei Zweckstörungen im Schuldverhältnis ( 1 9 7 1 ) 3 1 ff; MITTELSTEIN, Die Miete 2 3 8 ff; N I E N D O R F F , MietR 9 7 ff; S C H M I D T - F U T T E R E R , MietR, s v Überlassung.

(69i)

Volker Emmerich

§§ 535, 536 19-22

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

Vermieter nicht nur zu einer bloßen Duldung, sondern darüber hinaus zu einer positiven Tätigkeit verpflichtet ist, so daß er namentlich die Sache dem Mieter übergeben muß, soweit dies zur Durchführung des vertragsmäßigen Gebrauchs erforderlich ist (Mot II 369 f). Der Vermieter kann sich also grundsätzlich nicht darauf beschränken, dem Mieter lediglich den Gebrauch zu gestatten oder zu dulden, sondern muß - viel weitergehend - seinerseits alles tun, was erforderlich ist, damit der Mieter den vertragsmäßigen Gebrauch ausüben kann. Deshalb handelt es sich nicht mehr um Miete, wenn sich die Verpflichtungen einer Partei in der bloßen Duldung des Gebrauchs einer Sache durch die andere Vertragspartei erschöpfen; vielmehr ist dann ein nicht geregelter sog Gestattungsvertrag anzunehmen (s Vorbem 29 f zu §§ 535, 536; insbes BGHZ 19, 85, 93 f). 19 Der Vermieter muß also die Sache dem Mieter in einer Weise zur Verfügung stellen, die es diesem erlaubt, ohne weiters den vertragsmäßigen Gebrauch der Sache auszuüben. Bei beweglichen Sachen wird dazu grundsätzlich die Übergabe, dh die Verschaffung des unmittelbaren Besitzes iS des § 854 gehören (BGHZ 65, 137, 139 ff = JuS 1976, 120 f Nr 6); notwendig ist dies jedoch nicht. Denn die Annahme eines Mietvertrages setzt nicht voraus, daß der Mieter unter Ausschluß des Vermieters unmittelbarer und ausschließlicher Besitzer der Mietsache wird. Auch wenn zB dem Mieter nur gestattet wird, zu bestimmten Zeiten in der Wohnung des Vermieters ein Klavier zu benutzen, liegt ein normaler Mietvertrag vor (Mot aaO; BGH a a O ; ROQUETTE § 5 3 5 R z 2 1 4 f ) .

Wozu der Vermieter verpflichtet ist, richtet sich mithin stets nur danach, welchen Gebrauch der Mieter nach dem Vertrag von der Sache machen soll. Setzt dieser Gebrauch den alleinigen Besitz des Mieters voraus, so ist Verschaffung des unmittelbaren Besitzes durch Besitzeinräumung, namentlich durch Übergabe der Schlüssel, erforderlich. Bei beweglichen Sachen muß in diesem Falle die Sache dem Mieter übergeben werden. In anderen Fällen genügt es jedoch, daß der Vermieter dem Mieter die Sache in einer Weise zugänglich macht und zur Verfügung stellt, daß dieser zu den vereinbarten Zeiten den vereinbarten Gebrauch von der Sache machen kann. 20 Der Gebrauch des Mieters braucht auch kein ausschließlicher zu sein, wenn die verschiedenen Gebrauchsberechtigungen verschiedener Personen nicht miteinander kollidieren (s o Rz 9). Ebensowenig braucht der Gebrauch ein dauernder zu sein. Es ist auch möglich, eine Sache nur zu einem wiederholten, vorübergehenden Gebrauch zu mieten (sog Sukzessivmiete; s insbes R O Q U E T T E § 535 Rz 192 ff). 21 b) Der Umfang der Überlassungspflicht aa) Mit der bloßen Überlassung hat der Vermieter seine Pflichten noch nicht erfüllt; vielmehr muß er außerdem dafür sorgen, daß sich die Sache zu diesem Zeitpunkt in einem zum vertragsmäßigen Gebrauch durch den Mieter geeigneten Zustand befindet (§ 536). Deshalb muß er etwaige Mängel beseitigen, sonstige Störungen des Mietgebrauchs verhindern, zB öffentlich-rechtliche Hindernisse für die Ausübung des Mietgebrauchs durch bauliche Veränderungen beseitigen (RGZ 94, 138; s u § 537 Rz 21), sowie schließlich dem Mieter auch die gesamten mitvermieteten Sachen und Räumlichkeiten überlassen (s o Rz 10 ff). 22 bb) Durch die Überlassung dieser Sachen und Räume wird der Mieter idR unmittelbarer und der Vermieter mittelbarer Besitzer (§ 868). Manchmal genügt aber auch die bloße Übertragung des Mitbesitzes, wenn dem Mieter nur der Mitgebrauch eingeräumt wird. Umstr ist die Rechtslage vor allem bei der Vermietung von Wandoder Dachflächen zu Reklamezwecken. Nach hM (RGZ 80, 281; BGH LM Nr 127 zu § 1 UWG; R O Q U E T T E § 535 Rz 212 f) soll der Mieter auch hier jedenfalls idR den Volker Emmerich

(692)

3. Titel. Miete. Pacht

§§ 535, 536 23-28

unmittelbaren Besitz erlangen, so daß der Vermieter seiner Verpflichtung noch nicht dadurch genügt hat, daß er dem Mieter die betreffenden Wandflächen lediglich zugänglich gemacht h&t (vgl auch für einen Sonderfall OLG Hamm BB 1975,1182 f = MDR 1976, 143; aA aber MITTELSTEIN 239). cc) Von der Überlassung der vermieteten Sache muß die bloße Gestattung der 23 Mitbenutzung weiterer Sachen unterschieden werden, wie sie zB vorliegt, wenn der Vermieter (über den Mietvertrag hinaus) dem Mieter erlaubt, zusätzliche Räumlichkeiten zu benutzen. Eine solche Gestattung ist grundsätzlich jederzeit widerruflich. dd) Umstr ist, ob die sog Fürsorgepflicht des Vermieters einen Teil der Uberlas- 24 sungspflicht oder eine selbständige Nebenleistungspflicht darstellt (für die Zurechnung zur Uberlassungspflicht offenbar zu Recht BGH LM Nr 4 zu § 536 BGB; dagegen zB ROQUETTE § 535 Rz 205 ff). Die Fürsorgepflicht umfaßt vor allem die Verpflichtung des Vermieters, jede Störung des Mietgebrauchs zu unterlassen und Störungen Dritter abzuwehren; außerdem können sich aus ihr auch noch bestimmte Informations- und Aufklärungs-, sowie Warnungspflichten ergeben (s u Rz 96 f). c) Ansprüche des Mieters bei Nichterfüllung

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aa) Der Vermieter ist grundsätzlich vorleistungspflichtig (§551). Selbst bei einer Abbedingung des § 551 kann der Vermieter nicht vor Überlassung der Mietsache den Mietzins verlangen (§ 320), es sei denn, die Parteien hätten ausnahmsweise ausdrücklich das Gegenteil vereinbart. Erfüllt der Vermieter den Überlassungsanspruch des Mieters nicht, so hat der Mieter den Erfüllungsanspruch; außerdem kann er nach § 537 den Mietzins mindern, wenn ihm die Sache nicht in dem zum vertragsmäßigen Gebrauch geeigneten Zustand überlassen wird (BGH LM Nr 20/21 zu § 3 WährungsG). bb) Die Raummiete ist grundsätzlich absolutes Fixgeschäft, so daß jede Verzöge- 26 rung der Überlassung zur teilweisen Unmöglichkeit der Erfüllung führt. Folglich kann der Mieter ohne weiteres nach § 325 Schadensersatz wegen teilweiser Nichterfüllung verlangen. Nur soweit ausnahmsweise eine Nachholung der Vermieterleistung möglich ist, ist hier Verzug anzunehmen mit der Folge, daß der Mieter nach § 326 vorgehen muß (s im einzelnen Vorbem 19 ff zu § 537). Der Schadensersatzanspruch des Mieters aufgrund der §§ 325 und 326 setzt zwar 27 grundsätzlich voraus, daß der Vermieter die Verzögerung zu vertreten hat (BGH ZMR 1963, 107, 108). Bei der Raummiete wird man jedoch davon auszugehen haben, daß in der vertraglichen Festlegung eines Termins der Übergabe zugleich die Übernahme der Gewähr durch den Vermieter liegt, daß er dem Mieter die Sache auch tatsächlich rechtzeitig zur Verfügung stellen kann. Der Vermieter haftet deshalb auch dann, wenn ihm die Überlassung der Sache deshalb nicht möglich ist, weil der Vormieter wider Erwarten die Sache nicht rechtzeitig zurückgibt (ähnlich BGH LM Nr 24 zu § 242 [Be] BGB; aA zu Unrecht LG Bremen ZMR 1969, 282 f). Dieselbe Haftung des Vermieters ergibt sich aus den §§ 541 und 538 (LG Berlin FWW 1976, 24; § 541 Rz 10 ff m Nachw). Ist eine Wohnung nicht rechtzeitig fertig geworden, so steht es dem Verzug nicht entgegen, daß der Mieter, weil er keine andere Wahl hat, in die noch nicht bezugsfertige Wohnung einzieht (OLG Köln WuM 1967, 184). cc) Der Schadensersatzanspruch des Mieters umfaßt vor allem die Kosten der Suche 28 nach einer anderen Wohnung einschließlich der Maklerkosten sowie die ggf für die Ersatzwohnung zu zahlende höhere Miete (LG Mannheim MDR 1970, 54 Nr 68; ZMR 1970, 15 Nr 13). Wird dem Mieter ein Teil des Gebäudes wie zB ein (693)

Volker Emmerich

§§ 535, 536 29-32

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

Schwimmbad nicht rechtzeitig zur Verfügung gestellt, so kann er auch für die ihm entgehende Nutzungsmöglichkeit Ersatz verlangen (OLG Köln NJW 1974, 560 f). 29 dd) Gestattet der Vermieter dem Mieter schon vor dem vereinbarten Zeitpunkt einzuziehen, so ist der Mieter für diese Zeit mangels abweichender Vereinbarung grundsätzlich nicht zur Zahlung eines Mietzinses verpflichtet (KG JW 1937, 3029; WEIMAR WUM 1971, 180). Auch dann muß jedoch die Mietsache bereits in einem zum vertragsmäßigen Gebrauch geeigneten Zustand sein, so daß bei Mängeln der Mieter sowohl den Erfüllungsanspruch als auch die Rechte aus den §§ 537 ff hat; auf der anderen Seite trifft während dieser Zeit den Mieter auch schon seine Obhutspflicht, so daß er zB dafür sorgen muß, daß die Sammelheizung keine Frostschäden erleidet (KG DR 1940, 395 Nr 6). 30 ee) Ähnlich ist die Rechtslage grundsätzlich in der Zeit nach Vertragsbeendigung. Auch der Räumungsschuldner hat Anspruch auf einen gefahrlosen Zustand der vermieteten Räume, so daß auch er bei einer Verletzung dieser Pflicht Schadensersatz verlangen kann. 31 ff) Erfüllungsgehilfen des Vermieters sind alle Personen, deren er sich auch nur tatsächlich bedient, um seinen zahlreichen Pflichten nachzukommen: insbes also der Hauswart (s NIENDORFF 8 ff), weiter sämtliche Handwerker, die der Vermieter für Arbeiten an dem Mietobjekt heranzieht, zB die mit der Reparatur oder Reinigung etwa der Heizung oder des Fahrstuhls beauftragten Unternehmen, sowie schließlich Mietinteressenten bei der Besichtigung der Wohnung (HANS § 535 Anm B 4 g, cc). Keine Erfüllungsgehilfen des Vermieters sind hingegen die Mitmieter (s u Rz 156); anders nur, wenn ein Mieter ausnahmsweise bestimmte Vermieterpflichten (zB die Bedienung der Heizung) durch eine zusätzliche Abrede übernommen hat (BGH Z M R 1969, 2 7 1 ; SCHMIDT-FUTTERER D W W 1971, 2 8 9 ) .

32 2. Die Erhaltungspflicht* a) Allgemeines Der Vermieter muß die Sache dem Mieter nicht nur in einem zum vertragsmäßigen Gebrauch geeigneten Zustand überlassen, sondern die Sache auch während der ganzen Vertragsdauer in diesem Zustand erhalten. Diese sog Erhaltungspflicht umfaßt zahlreiche Einzelpflichten, deren Einordnung im einzelnen umstr ist. Die Frage hat jedoch im wesentlichen nur systematische Bedeutung. Jedenfalls soweit es um die Erhaltung der Sache und um die Abwehr von Störungen geht, sollen hier die diesbezüglichen Pflichten des Vermieters als unselbständige Teile der allgemeinen Erhaltungspflicht behandelt werden. * Schrifttum: FISCHER, Lärmbekämpfung, ZMR 1957, 397; 1958, 5; 1958,110; GLASER, Schutz des Gewerberaummieters vor Wettbewerb, NJW 1953, 330; ders, Wettbewerbsbeschränkungen in Geschäftsraummietverträgen, WRP 1963, 80; GROTH, Störung der Nachtruhe durch Tanzfeste in der Wohnung, GE 1968, 106; KÜNZEL, Ruhestörender Lärm im Hause, BB 1958, 579; LASSALY, Ruhestörender Lärm im Hause, NJW 1959, 758; MÜLLER, Der vertragsmäßige Gebrauch der Mietsache bei der Vermietung von Räumen zu Wohnzwecken, ZMR 1970, 289; RAU, Musik als Belästigung des Mieters, ZMR 1966, 227; ROQUETTE, Rechtsschutz gegen Lärm im Miethause, DR 1940, 570; RUNGE, Ruhestörender Lärm im Hause, NJW 1958, 1997; SCHOPP, Vermietung von gewerblich genutztem Raum an Wettbewerber, ZMR 1953, 139; WIETHAUP, Rechtsfragen zur Lärmbekämpfung in Gast- und Schankwirtschaften usw, ZMR 1959, 289; ders, Rechtsprechungsübersicht betreffend Lärmbeeinträchtigungen durch Sportveranstaltungen, MDR 1969, 822; ders, Zur Bekämpfung des Wohnungslärms, B1GBW 1959, 151; ders, Rechtsfragen zum Baden oder Duschen in einer Mietwohnung, DWW 1974,63; ders, Rechtliche Möglichkeiten der Bekämpfung des Wohnungslärms, MDR 1960, 632.

Volker Emmerich

(694)

§§ 535, 536 3. Titel. Miete. Pacht

33-36

b) Der Umfang der Erhaltungspflicht

33

aa) Aus der Erhaltungspflicht des Vermieters ergeben sich vor allem die folgenden Einzelpflichten: Nach Überlassung der Sache muß er sie dem Mieter belassen und darf ihn deshalb nicht in der Ausübung des vertragsmäßigen Gebrauchs stören. Außerdem muß er Störungen Dritter abwehren. Vor allem aber muß er während der ganzen Vertragsdauer die vermietete Sache in einem zum vertragsmäßigen Gebrauch geeigneten Zustand erhalten. Diese Pflicht umfaßt sowohl eine Instandhaltungs- als auch eine Instandsetzungspflicht (vgl außerdem noch § 546). bb) Der Vermieter darf den Mieter nicht im vertragsmäßigen Gebrauch der vermie- 34 teten Sache stören. Deshalb hat bei der Raummiete der Vermieter grundsätzlich kein Recht, die Räume zu betreten oder zu besichtigen (str; s im einzelnen u Rz 138 f). Bewohnt er dasselbe Haus wie der Mieter, so darf er den Mieter auch nicht durch übermäßigen Lärm stören ( W I E T H A U P aaO). Den Hausfrieden muß er soweit wie möglich erhalten. Bauliche Veränderungen, durch die der Mieter gestört werden könnte, sind nur im Rahmen des § 541 a gestattet, darüber hinaus verboten; bei sonstigen Baumaßnahmen muß er Störungen des Mieters verhindern (BGH LM Nr 1 und 5 zu § 906 BGB; LG Mannheim WuM 1976, 150; BGH LM Nr 39 zu § 278 BGB). Hieraus wird überwiegend die Verpflichtung des Vermieters gewerblicher Räume 35 gefolgert, den Mieter gegen Konkurrenz im selben Haus zu schützen (zB G L A S E R aaO; W E I M A R WuM 1972, 118; S O E R G E L - M E Z G E R §§ 535-536 Rz 105 ff; MITTELSTEIN 248 ff). Namentlich der BGH geht davon aus, daß es zur Gewährung des vertragsmäßigen Gebrauchs gehöre, daß der Vermieter in anderen Räumen des Hauses kein Konkurrenzgeschäft zulasse. Der Mieter soll jedoch keinen Anspruch auf umfassenden Konkurrenzschutz haben; der Konkurrenzschutz soll vielmehr nur eingreifen, wenn es sich um Geschäfte mit denselben Hauptartikeln handelt, während Überschneidungen bei Nebenartikeln als unerheblich angesehen werden (BGH LM Nr 2, 3, 5, 6, 11/12 zu § 536 BGB; Nr 7 zu Vorbem zu § 253 ZPO, B13; BGH WarnR 1973 Nr 57; BB 1957, 157; 1978, 165 f; ebenso schon RG DR 1941, 783; B G B - R G R K - G E L H A A R § 5 3 5 R z 3 8 ff).

Die Abgrenzung zwischen Haupt- und Nebenartikeln bereitet natürlich im einzelnen erhebliche Schwierigkeiten. Die Überschneidung bei Hauptartikeln wird idR bejaht bei den verschiedenen Formen der Lebensmittelgeschäfte. Darüber hinaus ist in der Praxis in folgenden Fällen eine relevante Konkurrenzbeziehung angenommen worden: zwischen einem Café mit Konditorei und einem italienischen Eissalon (OLG Frankfurt Betrieb 1970, 46); sogar zwischen einer Kantine und einem Café mit Eisdiele (BGH LM Nr 6 zu § 536 BGB); schließlich auch zwischen einer Drogerie und einem Supermarkt mit ausgebauter Drogerieabteilung (BGH LM Nr 11/12 zu § 536 BGB). Dasselbe dürfte für das Verhältnis zwischen einer Drogerie und einer Apotheke gelten. Die Verpflichtung zur Fernhaltung von Konkurrenz besteht aber grundsätzlich nur 36 für dasselbe Grundstück iS einer wirtschaftlichen Einheit (RGZ 131, 274; OLG Hamburg MDR 1964, 508), nur in Ausnahmefällen deshalb auch für demselben Vermieter gehörende Nachbargrundstücke (OLG Celle MDR 1964, 59). Jedoch kann das einer OHG obliegende Wettbewerbsverbot auch deren Gesellschafter treffen (RGZ 119, 353; 136, 266, 271 f). Auch darf das Konkurrenzverbot nicht dadurch umgangen werden, daß der Vermieter einzelne Teile des einheitlichen Grundstücks abschreiben läßt und selbständig vermietet (OLG Koblenz NJW 1960, 1253 ff; vgl weiter BGH NJW 1974, 2317; BB 1978, 165 f). (695)

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§§ 535, 536 37-40

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

37 Unklar ist noch, ob dieselben Grundsätze für die Vermietung von Praxisräumen an Angehörige der freien Berufe gelten (dagegen zB ROQUETTE § 535 Rz 14). Die neuere Praxis neigt zur Bejahung der Frage (BGH Betrieb 1976, 2151; insbes BB 1978, 165 f; LG Düsseldorf NJW 1963, 1678 ff; OLG Karlsruhe NJW 1972, 2224 ff; s HEROLD DWW 1964, 9), unterscheidet dabei aber sorgfältig nach der Art des Hauses, in dem sich die Praxisräume befinden: Handelt es sich um ein großstädtisches Bürohaus im Zentrum einer Stadt, so wird es als verkehrsüblich angesehen, daß der Vermieter Praxisräume auch an mehrere Angehörige desselben freien Berufs vermieten darf (OLG Karlsruhe aaO; dagegen BGH BB 1978, 165 f). Anders bei Vermietung einer Praxis in einem Wohnaus in einem reinen Wohngebiet (LG Düsseldorf aaO). 38 Vertragliche Erweiterungen des Wettbewerbsverbots, zB auf Nachbargrundstücke, sind möglich (BGH LM Nr 11/12 zu § 536 BGB). Auf diese Weise kann das Wettbewerbsverbot sogar auf die Zeit nach Beendigung des Mietvertrages erstreckt werden. Doch darf das Verbot niemals über das hinausgehen, was zur Wahrung der schutzwerten Interessen des Mieters geboten ist; das Verbot muß deshalb vor allem zeitlich begrenzt sein (insbes OLG Zweibrücken OLGZ 1972, 208; BGH LM Nr 25 zu § 581 BGB). Ein schutzwertes Interesse an dem Verbot fehlt auch, wenn nach den örtlichen Verhältnissen jede Konkurrenz ausscheidet (OLG Hamm BB 1971, 1076). 3 9 Diese ganze Praxis ist nicht unbedenklich (so mit Recht FIKENTSCHER § 7 4 I I 1 ) . Soweit es sich um zusätzliche vertragliche Wettbewerbsverbote handelt, müssen auf jeden Fall die sich aus § 1 GWB ergebenden Schranken beachtet werden. Danach dürften solche Wettbewerbsverbote häufig unwirksam sein. Aber auch soweit das Wettbewerbsverbot aus den §§ 535 und 536 hergeleitet wird, kann im Einzelfall durchaus § 1 GWB eingreifen, wenn der Mietvertrag einen Vertrag zu einem gemeinsamen Zweck darstellt. 40 cc) Der Vermieter muß den Mieter gegen alle Störungen durch Dritte, auch durch Mitmieter desselben Hauses (BGH LM Nr 8 zu § 536 BGB), schützen, jedoch nur insoweit, als auch der Mieter selbst aufgrund der §§ 862, 906 (analog) von dem Dritten Unterlassung der Störungen, zB durch Lärm oder sonstige Immissionen, verlangen könnte. Besondere Bedeutung hat dies für den Schutz des Mieters gegen Lärmbelästigungen durch Dritte einschließlich der Mitmieter desselben Hauses: soweit derartige Immissionen nach § 906 verboten sind, braucht sie auch der Mieter als Besitzer nicht zu dulden (§ 862) und kann deshalb vom Vermieter Abstellung der Störung verlangen (BGH LM Nr 1, 5 u 36 zu § 906 BGB; Nr 9 zu § 18 1. BMG; Nr 15 zu § 823 [E f] BGB; LG Hannover ZMR 1969, 281; OLG Frankfurt ZMR 1964, 271; LG Köln ZMR 1964, 143; insbes LG Braunschweig NJW 1954, 111). Derartige Lärmbelästigungen stellen zugleich einen Mangel der vermieteten Sache dar (s § 537 Rz 29 f; LG Hannover aaO; LG Köln MDR 1971, 396; LG Hamburg NJW 1973, 2254; LG Hamburg ZMR 1971, 134). Die Einzelheiten sind lebhaft umstritten (s FISCHER, RUNGE, WIETHAUP aaO; außerdem insbes ROQUETTE § 535 R Z 218 m Nachw). Der unvermeidbare Lärm, der sich aus der Tatsache des Zusammenlebens mehrerer Menschen in einem größeren Mietshaus ergibt, muß hingenommen werden; ebenso in angemessenem Rahmen und außerhalb der üblichen Ruhestunden (von 13.00 bis 16.00 Uhr und von 22.00 bis morgens 8.00 Uhr) gelegentliches Klavierspiel, gelegentliche Familienfeiern, der übliche Kinderlärm und dergleichen mehr. Die Grenzen im einzelnen sind jedoch flüssig, wobei auch die ständig zunehmende Lärmempfindlichkeit der Bevölkerung berücksichtigt werden muß; ältere Entscheidungen, die dem Mieter selbst die Duldung erheblicher Lärmbelästigungen zumuteten, sind deshalb überholt. Deshalb braucht es der Mieter nicht hinzunehmen, daß in einer Nachbarwohnung ein stellenloser Opernsänger GesangsVolker Emmerich

(696)

3. Titel. Miete. Pacht

§§ 535, 536 41-43

Unterricht erteilt (aM zu Unrecht OLG Düsseldorf JW 1932, 3012) oder daß dort Klavierunterricht gegeben wird (ebenso LG Hannover GE 1931, 1238; richtig auch schon OLG Dresden OLGE 17, 26). dd) Die Verpflichtung des Vermieters zur Unterlassung und Abwehr von Störungen wird in der Praxis teilweise auch als Fürsorgepflicht des Vermieters bezeichnet (BGH LM Nr 4 und 6 a zu § 536 BGB; LM Nr 39 zu § 278 BGB; ZMR 1969, 271). Tatsächlich handelt es sich dabei indessen um nichts anderes als um eine besondere Erscheinungsform der Verpflichtung des Vermieters, dem Mieter den vertragsmäßigen Gebrauch zu belassen und zu erhalten. c) Insbesondere die Instandhaltungs- und Instandsetzungspflicht

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Die wichtigsten aus der allgemeinen Erhaltungspflicht fließenden Einzelpflichten des Vermieters sind die Instandhaltungs- und die Instandsetzungspflicht. Ihnen entspricht die Verpflichtung des Vermieters, dem Mieter dessen notwendigen Verwendungen zu ersetzen (§ 547 Abs I S 1). Im einzelnen hat man hier die folgenden Pflichten des Vermieters zu unterscheiden: aa) Die Verkehrssicherungspflicht

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Der Vermieter ist zunächst verpflichtet, die vermietete Sache einschließlich aller mitvermieteten Bestandteile, Räume, Flächen und Sachen (AG Hamburg WuM 1976, 95) während der ganzen Vertragsdauer in einem Zustand zu erhalten, der dem Mieter den vertragsmäßigen Gebrauch ermöglicht und durch den der Mieter und seine Angehörigen nicht gefährdet werden. Der Vermieter muß also stets schon vorbeugend sämtliche erforderlichen Maßnahmen ergreifen, um drohende Gefahren zu verhindern. Er ist deshalb zB verpflichtet, für die Sicherung der vermieteten Räume gegen das Eindringen Unbefugter durch die Anbringung von Schlössern zu sorgen (ebenso BGH LM Nr 2 zu § 535 BGB für den Besitzer eines Kühlhauses, der einzelne Zellen zur Aufbewahrung von Lebensmitteln vermietet hat). Hat das vermietete Haus eine Zentralheizung, so muß der Vermieter stets alles Erforderliche tun, um deren Betrieb sicherzustellen, damit nicht die Gesundheit der Mieter gefährdet wird (s u Rz 77 ff). Ebenso muß der Vermieter alles Erforderliche tun, um die Sicherheit der Zu- und Abgänge, Treppen und Flure, Fahrstühle, Keller und Böden sicherzustellen (OLG Karlsruhe ZMR 1960, 306; enger OLG Hamm FWW 1977, 270 für eine rückwärtige Kelllertreppe). Der Mieter hat insoweit den Erfüllungsanspruch (AG Hamburg aaO). Die Verkehrssicherungspflicht umfaßt auch die Verpflichtung des Vermieters, die 43 vermietete Sache in regelmäßigen Abständen daraufhin zu überprüfen, ob sie sich in einem ordnungsgemäßen Zustand befindet oder ob dem Mieter von ihr Gefahren drohen (BGH VersR 1966, 81, 82; WM 1976, 537). Deshalb müssen zB Gasleitungen und Rückstauschieber in regelmäßigen Abständen überprüft werden (BGH WM 1976, 537; OLG Stuttgart ZMR 1973, 144 f). Aber diese Prüfungspflicht darf auch nicht überspannt werden (BGH VersR 1966, 81, 82). So braucht eine im Erdboden liegende Wasserleitung nicht ausgegraben zu werden, um sie zu überprüfen (BGH LM Nr 3 zu § 538 BGB). Uberhaupt ist die Prüfungspflicht bei allen Räumen, die sich im ausschließlichen Besitz des Mieters befinden, eingeschränkt (BGH WM 1969, 1011, 1012 f). Hier kann sich der Vermieter grundsätzlich darauf verlassen, daß ihm der Mieter etwaige Mängel anzeigen wird (§ 545), während sonst ein Verstoß des Mieters gegen die Anzeigepflicht den Vermieter nicht von seiner Prüfungs- und Instandsetzungspflicht befreit (s weiter BGB-RGRK-GELHAAR § 535 Rz 37). (697)

Volker Emmerich

§§ 535, 536 44-47

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

44 Bei einem Mietshaus erstrecken sich diese Pflichten auf alle Teile des Hauses, nicht nur auf die der gemeinsamen Benutzung unterliegenden Einrichtungen und Räume, sondern auch auf die in der Obhut der Mitmieter stehenden Wohn- und Geschäftsräume. Daher darf der Vermieter seine Pflicht, die Mieträume zu erhalten, nicht so vernachlässigen, daß daraus Gefahren für die Mitmieter entstehen (BGH LM Nr 4 und 6 a zu § 536 BGB; WM 1969, 1011, 1012). Wenn der Vermieter im selben Haus wohnt, muß er dementsprechend auch dafür Sorge tragen, daß von seiner Wohnung den Wohnungen der anderen Mieter keine Gefahren drohen (BGH LM Nr 39 zu § 278 BGB); hiergegen verstößt er, wenn er es unterläßt, einen Wasserhahn abzudrehen, so daß Wasser in die anderen Wohnungen eindringt (BGH LM Nr 6 a zu § 536 BGB). Die Verkehrssicherungspflicht erstreckt sich sogar auf solche Teile des Hauses, deren Benutzung durch die Mieter der Vermieter lediglich duldet, ohne hierzu verpflichtet zu sein (KG HRR 1936 Nr 1271). 45 bb) Die Reinigungs- und Beleuchtungspflicht Der Vermieter ist verpflichtet, bei Schnee oder Eis die Zu- und Abgänge zu räumen und zu streuen (RG HRR 1932 Nr 231; BGH VersR 1965, 364; KG NJW 1970, 2 1 1 0 ) . Außerdem muß er die Treppen und Flure in einem verkehrssicheren Zustand erhalten und beleuchten. Demgegenüber wird eine Reinigungs- und Beleuchtungspflicht des Vermieters vielfach ganz geleugnet (SCHMIDT-FUTTERER, Miete und Pacht 1 1 3 ff; ders, MietR, s v Reinigungspflicht; GAISBAUER DWW 1 9 6 9 , 2 7 8 m Nachw) oder doch wesentlich eingeschränkt (zB BGH ZMR 1959, 329, wonach dem Mieter die Benutzung einer Taschenlampe zumutbar sein soll; vgl auch RG HRR 1932 Nr 1126; AG Köln MDR 1957, 230). Indessen sind Beleuchtung und Reinigung der Flure, Treppen usw selbstverständliche, wesentliche Bestandteile der Verkehrssicherungspflicht des Vermieters. Es gibt daher keinen Rechtssatz, daß die Mieter eines Mehrfamilienhauses ohne besondere Abrede zur Beleuchtung und Reinigung der gemeinsam benutzten Treppen und Flure verpflichtet seien (RG Gruchot 5 6 [ 1 9 1 2 ] 934). Anders natürlich bei Einfamilienhäusern. Im übrigen kann eine Reinigungspflicht des Mieters aber nur für die vermieteten Räume anerkannt werden. 46 cc) Weitere Einzelfälle Der Vermieter muß stets dafür sorgen, daß sich die vermieteten Räume in einem Zustand befinden, der den öffentlichen Bauvorschriften entspricht. Wird danach eine Umstellung der Heizung erforderlich, so muß der Vermieter diese auf eigene Kosten durchführen. Dasselbe gilt für alle sonstigen Änderungen der baulichen Anlage und insbes der Heizungsanlage. Folglich muß der Vermieter die Kosten einer Umstellung auf Erdgas tragen (AG Aachen NJW 1970, 1923; LG Aachen MDR 1970, 931; s dazu STORZ NJW 1971, 413; WEIMAR Betrieb 1970, 1776; HURST ZMR 1970, 321). Ausnahme jetzt in § 3 MHRG des WKSchG II. Im Falle der Vermietung beweglicher Sachen wie zB Maschinen muß der Vermieter auch für deren Funktionsfähigkeit und Sicherheit sorgen. Daneben besteht die Verpflichtung, den Mieter sachgerecht in der Bedienung zu unterrichten. 47 dd) Grenzen Keine Rolle spielt die finanzielle Belastung durch die Erhaltungspflicht (§ 279; LG Hamburg NJW 1976, 1320). Selbst hohe Kosten befreien den Vermieter nicht. Ebensowenig kommt es darauf an, ob er etwaige Schäden zu vertreten hat. Nur wenn es der Mieter ist, der die Schäden zu vertreten hat, entfällt die Instandsetzungspflicht des Vermieters. An ihre Stelle tritt die Ersatzpflicht des Mieters (Vorbem 10 und 31 zu §§ 537 ff). Volker Emmerich

(698)

3. Titel. Miete. Pacht

§§ 535, 536 48-54

Die Instandsetzungspflicht endet erst bei einer Zerstörung der vermieteten Sache 48 (§ 275). Schwierige Abgrenzungsfragen entstehen hier, wenn die vermietete Sache nur teilweise zerstört ist. Beschränkt sich jedoch die Zerstörung auf einen verhältnismäßig unbedeutenden Teil der Sache, so kann an der uneingeschränkten Instandsetzungspflicht des Vermieters kein Zweifel bestehen. Eine abweichende Beurteilung kommt erst in Betracht, wenn die zerstörten Teile die nicht zerstörten Teile deutlich überwiegen und die Kosten einer Wiederherstellung denen einer Neuherstellung gleichkommen (§ 242; BGH WM 1976, 640 = JuS 1976, 677 f Nr 8 m Nachw; Vorbem 8 ff zu §§ 537 ff; BGB-RGRK-GELHAAR § 535 Rz 35 f). Der Mieter hat auch grundsätzlich nur einen Anspruch auf Wiederherstellung des 49 zum vertragsmäßigen Gebrauch erforderlichen Zustandes, nicht jedoch einen Anspruch auf mögliche Verbesserungen der vermieteten Sache (PERGANDE § 536 Anm 2 und 3). Die gesetzliche Regelung der Erhaltungspflicht ist schließlich nicht zwingend, so daß 50 abweichende Vereinbarungen möglich und häufig sind. Besonders verbreitet ist die Abwälzung der sog Schönheitsreparaturen, die an sich auch dem Vermieter obliegen (KG ZMR 1963, 138; LG Mannheim ZMR 1969, 16), auf den Mieter (Rz 142 ff). Darüber hinaus werden heute häufig auch die sog kleinen Reparaturen (etwa bis zu einem Betrag von DM 50,- oder DM 60,-) vertraglich auf den Mieter abgewälzt (s GLASER M D R 1970, 7 3 4 ) .

d) Die Dauer der Erhaltungspflicht

51

Die Erhaltungspflicht besteht grundsätzlich nur während der Dauer des Mietverhältnisses. Überläßt jedoch der Vermieter dem Mieter die Sache schon vor dem vertraglich bestimmten Zeitpunkt, so gilt infolge der Erstreckung des Mietvertrages auf diesen zusätzlichen Zeitraum auch hierfür die Erhaltungspflicht (LG Mannheim WuM 1 9 7 6 , 150). Ebenso umfassend geschützt ist der ausziehende Mieter; auch er hat Anspruch auf 52 sichere Treppen, Flure und Zugänge. Bleibt jedoch der Mieter zu Unrecht wohnen, so muß eine Einschränkung der Erhaltungspflicht des Vermieters angenommen werden (s HANS § 536 Anm B 5). Auf der anderen Seite kann aber die Erhaltungspflicht auch gegenüber dem Räumungsschuldner nicht ganz entfallen, da der Mieter seinerseits nach § 557 zur Fortzahlung des Mietzinses verpflichtet bleibt (vgl auch § 568). Der Vermieter muß deshalb zumindest dafür sorgen, daß keine ernsten Gefahren für Leben und Gesundheit des Mieters entstehen, so daß er zB im Winter die Wohnung beheizen muß (LG Mannheim MDR 1967, 130 Nr 54). e) Wegen der Ansprüche des Mieters bei Nichterfüllung der Erhaltungspflicht 53 seitens des Vermieters s o Rz 25 ff. 3. Insbes der Umfang des vertragsmäßigen Gebrauchs* a) Allgemeines Der vertragsmäßige Gebrauch ist der Zentralbegriff, nach dem sich die Rechte und Pflichten des Vermieters und des Mieters richten. Der Vermieter hat während der * Schrifttum: BETTERMANN, Darf der Mieter zur Ölheizung übergehen? ZMR 1960, 354; ENNECCERUS-LEHMANN §§ 128 I 2 und 129 I 4; ERDSIEK, Persönlichkeitsschutz und Tierhaltung in Mietwohnungen, NJW 1960, 1799; EWALD, Die Dachantenne, MDR 1965, 85; GITTER, in: Vertragsschuldverhältnisse (1974) 14 ff; GLASER, Abstellen von Kraftfahrzeugen auf dem Hofe des Miethauses, MDR 1962, 521; ders, Der Schlüssel zu den Betriebsräumen des Mieters, (699)

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54

§§ 535, 536 55

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

ganzen Vertragsdauer alles zu tun, um dem Mieter diesen vertragsmäßigen Gebrauch zu ermöglichen; umgekehrt muß sich der Mieter strikt an die Grenzen des vertragsmäßigen Gebrauchs halten. Jede Überschreitung der dadurch gezogenen Grenzen ist vertragswidrig und löst die Rechtsfolgen der §§ 550 und 553 aus. aa) Die Grenzen des vertragsmäßigen Gebrauchs sind im Einzelfall häufig nur schwer zu bestimmen, dies um so mehr, als die Anschauungen hierüber auch zeitlichen Schwankungen unterworfen sind, da namentlich technische Entwicklungen zu einer ständigen Erweiterung der dem Raummieter erlaubten Formen des Gebrauchs führen. Jede Engherzigkeit ist hier fehl am Platz (ebenso im Erg BGH LM Nr 25 und 28 zu § 535 BGB). Was zu dem vertragsmäßigen Gebrauch gehört, richtet sich in erster Linie nach den Absprachen der Parteien. Ergänzend sind stets die gesamten Umstände, namentlich Art und Lage des Mietobjektes, zu berücksichtigen. Eine erhebliche Rolle spielt außerdem die jeweils maßgebliche Verkehrssitte. Nur aufgrund aller dieser Umstände zusammen kann von Fall zu Fall entschieden werden, was zu dem dem Mieter gebührenden vertragsmäßigen Gebrauch gehört. Bei der im Mittelpunkt des Interesses stehenden Raummiete ist folglich vor allem darauf abzustellen, ob die fraglichen Räume als Wohnräume oder zu gewerblichen Zwecken vermietet worden sind. Maßgebend sind insoweit allein die Abreden der Parteien, an denen auch eine tatsächlich abweichende Verwendung der Räume durch den Mieter nichts zu ändern vermag, solange nicht hierin eine stillschweigende Änderung des Mietvertrages liegt. 55 bb) Sind die Räume als Wohnräume vermietet, so dürfen sie grundsätzlich nicht für gewerbliche Zwecke benutzt werden. Der Betrieb eines Gewerbebetriebs in den Räumen ist dann ein vertragswidriger Gebrauch (vgl insbes G L A S E R NJW 1956, 1265 f m Nachw). Dafür genügt jedoch noch nicht die bloße Angabe der Wohnung als Sitz eines tatsächlich an einem anderen Platz betriebenen Unternehmens (LG München I ZMR 1962, 272 Nr 8). Auch folgt aus dem Gesagten nicht, daß dem Mieter von Wohnräumen jegliche berufliche Tätigkeit in diesen Räumen verwehrt wäre. Zunächst versteht es sich von selbst, daß die Angehörigen freier Berufe ebenso wie Wissenschaftler oder Schriftsteller normale Büroarbeiten auch in ihrer Wohnung ausüben dürfen. Aber auch eine beschränkte, weitergehende, gewerbliche Tätigkeit ist zulässig, wenn davon keine Belästigung der anderen Mieter und keine Betrieb 1973, 2176; ders, Gemeinschaftsfernsehantenne und Mietrecht, Betrieb 1974,125; ders, Neuzeitliche Haushaltswaschmaschine in der Wohnung, ZMR 1958, 109; ders, Der Waschautomat in der Mietwohnung, Betrieb 1964, 982; ders, Rechtsfragen zur Sammelheizung, Betrieb 1966 Beil Nr 4; GRUND, Zur Rechtslage bei Sammelheizungen, NJW 1954, 499; GÜRTNER, Zur Rechtslage bei Sammelheizungen, NJW 1954, 59; HERMES, Darf der Mieter zur Ölheizung übergehen? ZMR 1961, 89; HOLLENBERG, Das Recht der Heizung im Miethaus, ZMR 1961, 38; HUMMEL, Die Abrechnung der Nebenkosten, ZMR 1975, 65; KLEIN, Die Tierhaltung in Mietwohnungen, ZMR 1959, 189; KÜRZEL, Grenzen der Haftung bei Schadensfällen auf mangelhaft e n T r e p p e n , D W W 1 9 6 8 , 1 8 ; LARENZ II § 4 8 I I I a ; MITTELSTEIN, D i e M i e t e 2 4 3 ff, 2 5 3 ff, 2 6 7 f f ;

MÜLLER, Der vertragsmäßige Gebrauch der Mietsache bei der Vermietung von Räumen zu Wohnzwecken, ZMR 1970, 289; NIENDORFF, Mietrecht 227 ff; RAU, Zur Rechtsprechung über die Haustierhaltung des Mieters, ZMR 1965, 130; ROQUETTE, Haushaltswaschmaschinen als Rechtsproblem, NJW 1963, 91; SCHMIDT-FUTTERER, Miete und Pacht (2. Aufl 1974) 82 ff; ders, Mietrecht (7. Aufl 1976) passim; ders, Veränderungen der Mieträume während der Mietzeit, MDR 1970, 375; WEIMAR, Die Rechte des Mieters bei nicht fertiggestellten Zufahrtswegen und Außenanlagen, ZMR 1965, 353; ders, Bedarf der Wohnraummieter zur Kleintierhaltung der Erlaubnis des Vermieters? B1GBW 1974,149; ders, Die Rechte des Mieters bei unzureichender Beheizung der Mieträume, WuM 1973, 17; ders, Kann der vertragsmäßige Gebrauch bei einer Mietwohnung durch Vereinbarung beschränkt werden? WuM 1971, 89.

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(700)

3. Titel. Miete. Pacht

§§ 535, 536 56-59

Gefährdung des Mietobjektes zu besorgen ist, sofern nicht der Mietvertrag ausdrücklich das Gegenteil bestimmt (so zB LG Wuppertal MDR 1971, 49 f). Danach können zulässig sein: Die Erteilung von Unterricht an einzelne Schüler, die Vornahme von Näharbeiten, sonstige geringfügige Heimarbeiten (LG Berlin WuM 1974, 258 ff), geringfügige Büroarbeiten (LG Mannheim BB 1977, 1274) uäm. cc) Sind Räume hingegen für bestimmte gewerbliche Zwecke vermietet, so müssen 56 sie auch zur Aufnahme gerade dieses Gewerbebetriebs geeignet sein. Zu dem hiernach erforderlichen Zustand der vermieteten Räume gehört namentlich, daß bei der Vermietung als Lagerräume oder als Fabrikhalle die Böden und Decken die notwendige Tragfähigkeit aufweisen. Ist dies nicht der Fall, so sind die Räume mangelhaft (BGH BB 1958, 575; LM Nr 11 u 12/13 zu § 537 BGB; Nr 6 zu § 538 BGB). Außerdem müssen die Räume auch sonst in jeder Hinsicht in einem solchen Zustand sein, daß der Aufnahme des vorgesehenen Gewerbebetriebs keine privatrechtlichen oder öffentlich-rechtlichen Hindernisse entgegenstehen (s im einzelnen u § 537 Rz 22 ff). Die Anforderungen an die vermieteten Räume sind also um so höher, je genauer der geplante gewerbliche Zweck umschrieben ist. Werden die Räume hingegen nur ganz allgemein für gewerbliche Zwecke vermietet, so wird es genügen, wenn nur überhaupt die Aufnahme irgendeines Gewerbebetriebs darin möglich ist (RGZ 147, 304). Bei Vermietung der Räume für genau bestimmte gewerbliche Zwecke stellt sich 57 außerdem die Frage, ob dem Mieter später eine Erweiterung oder gar Umstellung dieses Gewerbebetriebs auf andere Zweige erlaubt ist. Diese Frage kann weder generell bejaht noch verneint werden. Vielmehr kommt es auf die Umstände an; außerdem muß die schon bei Vertragsschluß abzusehende normale Erweiterung eines Gewerbebetriebs stets erlaubt sein. Aber auch eine Erweiterung durch die Aufnahme neuer Geschäftszweige kann dem Mieter erlaubt sein, selbst wenn dadurch der Charakter des Gewerbebetriebs verändert wird. Maßgebend ist insoweit, ob dem Vermieter aufgrund der gesamten Umstände nach Treu und Glauben diese Veränderung zuzumuten ist, weil der Mieter an ihr ein berechtigtes Interesse hat, ohne daß der Veränderung legitime Interessen des Vermieters entgegenstehen (so BGH LM Nr 1 zu § 550 BGB für die Veränderung des Verwendungszwecks einer Gastwirtschaft; BGH LM Nr 2 zu § 550 BGB für die nach Vertragsschluß notwendig gewordene Erweiterung des Betriebs einer Milchbar durch die Hinzunahme des Vertriebs alkoholischer Getränke; BGH LM Nr 3 zu § 550 BGB für die Umstellung einer Damenmaßschneiderei auf einen Konfektionsbetrieb). Hingegen braucht der Vermieter die Umstellung eines gutbürgerlichen Schanklokals in einen barähnlichen Betrieb mit Tanzgelegenheit ebensowenig zu dulden wie die Umstellung eines Tagescafes ohne Alkoholausschank in ein ausgesprochenes Nachtcafe mit Alkoholausschank, von dem erhebliche Belästigungen der anderen Mieter zu befürchten sind (BGH, Urt v 17. 9. 1957 - VIII ZR 320/56; LG Wiesbaden ZMR 1954, 372). Auch darf der Mieter eines Massagesalons nicht den Eindruck erwekken, in seinen Räumen würden unzüchtige (sexuelle) Handlungen vorgenommen (AG Hildesheim ZMR 1972, 374; fraglich). Prinzipiell ist in allen diesen Beziehungen jeder engherzige Standpunkt unangebracht. dd) Zu dem zum vertragsmäßigen Gebrauch geeigneten Zustand gehört bei allen 58 Räumen, daß sie sich in einem verkehrssicheren Zustand befinden, also ungefährlich und sauber, beleuchtet und heizbar, sowie ohne weiteres zugänglich sind (sog Verkehrssicherungspflicht; s im einzelnen Rz 42-45). b) Bauliche Veränderungen

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Bauliche Veränderungen sind dem Mieter grundsätzlich verwehrt und bedürfen deshalb der Zustimmung des Vermieters, selbst wenn der Mietvertrag hierüber (701)

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§§ 535, 536 60-63

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

schweigt; ohne Zustimmung des Vermieters vorgenommene bauliche Veränderungen müssen folglich bei Rückgabe der Sache beseitigt werden (BGH LM Nr 54 zu § 535 BGB; LG Mannheim MDR 1969, 763; AG Mannheim DWW 1976, 237 f; SCHMIDT-FUTTERER MDR 1970, 375 ff; ders, Mietrecht, s v Bauliche Veränderungen; WEIMAR ZMR 1970, 4; ders B1GBW 1976, 63). Auch von diesem Grundsatz gibt es jedoch zahlreiche Ausnahmen. 60 Bauliche Veränderungen sind zunächst dem Mieter erlaubt, wenn es sich um notwendige Verwendungen handelt. Insbes gehört zum vertragsmäßigen Gebrauch von Mieträumen heute stets die Möglichkeit, Strom, Gas und Wasser zu beziehen, so daß sich Wohnräume nur dann in einem mangelfreien Zustand befinden, wenn sie mit den erforderlichen Zu- und Ableitungen versehen sind. Fehlen derartige Leitungen oder sind sie nicht stark genug, so kann der Mieter entweder vom Vermieter die Verstärkung oder Neuverlegung solcher Leitungen verlangen ( W E I M A R aaO) oder selbst diese Maßnahmen treffen, sofern dadurch keine Beschädigung oder Verschandelung des Hauses eintritt und der Vermieter auch nicht mit zusätzlichen Kosten belastet wird. Eine Unterbrechung der Leitungen durch den Vermieter ist im übrigen eine Besitzstörung und strafbare Nötigung oder Erpressung. 61 Eine als notwendige Verwendung jederzeit ohne weiteres erlaubte bauliche Veränderung stellt außerdem die Errichtung eines Gartenzaunes zum Schutze der auf dem Grundstück spielenden Kinder dar (LG Frankfurt ZMR 1967, 109 Nr 6). 62 Bestimmte Eingriffe in die Bausubstanz durch bauliche Veränderungen werden weiterhin durch den vertragsmäßigen Gebrauch gedeckt. So insbes die Anbringung von Dübeln (LG Mannheim WuM 1975, 50, 51) oder die Aufstellung einer modernen Duschkabine im Badezimmer (LG Berlin ZMR 1975, 27 = FWW 1976, 80); zu beiden Maßnahmen ist also keine Zustimmung des Vermieters erforderlich. Anders beurteilt wurden jedoch die Installation einer transportablen Badeeinrichtung in der Küche (AG Berlin-Spandau ZMR 1973, 48) und die Aufstellung eines Gartengrills auf dem Balkon (AG Hamburg MDR 1973, 853). 63 Schließlich darf dem Mieter auch nicht ohne Grund die Nutzung des technischen Fortschritts unmöglich gemacht werden, so daß der Mieter von dem Vermieter Zustimmung zu den baulichen Veränderungen verlangen kann, wenn er daran ein berechtigtes Interesse hat und den Veränderungen keine überwiegenden Interessen des Vermieters entgegenstehen. Unter diesen Gesichtspunkt kann der Vermieter je nach den Umständen des Einzelfalles verpflichtet sein, der Umstellung der Kokszentralheizung auf Ölfeuerung oder der Ersetzung einer Kachelofenheizung durch eine Außenwandgasheizung durch den Mieter auf dessen Kosten zuzustimmen (BGH LM Nr 25 u 28 zu § 535 BGB; BETTERMANN aaO; GLASER, Die Sammelheizung 129 ff; WEIMAR aaO). Ebenso ist die Rechtslage, wenn der Vermieter durch einen Formularvertrag selbst geringfügige, sonst ohne weiteres erlaubte bauliche Veränderungen wie die Anbringung eines Namenschildes oder den Einbau eines Ventilators verboten hat (LG Hamburg WuM 1974, 145 f). War der Vermieter hiernach zur Genehmigung von baulichen Veränderungen verpflichtet, so kann er bei Vertragsende auch nicht die Beseitigung der Einrichtungen oder Installationen verlangen, selbst wenn der Mieter die erforderliche Genehmigung nicht eingeholt hatte (LG Hamburg aaO). Ebensowenig kann der Vermieter dann die Wiederherstellung des früheren Zustandes verlangen, wenn er zuvor dem Einbau der Installationen vorbehaltlos zugestimmt hatte (so LG Mannheim MDR 1969, 763 für einen Kachelofen; OLG Hamm Betrieb 1976, 2350).

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(702)

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

§§ 535, 536 64-69

c) Anlagen des Mieters

64

aa) Zum vertragsmäßigen Gebrauch einer Mietwohnung gehört nicht die Durchführung der sog großen Wäsche in der Wohnung, weil durch die dabei entwickelten Dämpfe die Wohnung gefährdet wird. Nur die sog kleine Wäsche ist also dem Mieter ohne weiteres gestattet. Große Mietshäuser enthielten deshalb früher allgemein sog Waschküchen, an deren Stelle jedoch heute durchweg die Aufstellung von Waschmaschinen getreten ist. Daher ist heute jedem Mieter ohne weiteres die Aufstellung einer modernen Waschmaschine an beliebiger Stelle der Wohnung erlaubt, sofern dies fachmännisch geschieht und die Wohnung nicht gefährdet wird, und zwar selbst dann, wenn der Vermieter zugleich eine gemeinsame Waschmaschine im Keller anbietet (so zB LG Essen ZMR 1966, 211; LG Hannover ZMR 1966, 212; AG Essen ZMR 1966, 212; AG Karlsruhe MDR 1969, 577 Nr 66 m Anm G L A S E R m zahlr Nachw; AG Köln WuM 1972, 190; G L A S E R MDR 1969, 539 f; R O Q U E T T E NJW 1963, 91 ff). Ein vertragliches Verbot des Betriebs einer Waschmaschine ist nichtig (§ 138 Abs 1; R O Q U E T T E aaO; aA zu Unrecht LG Essen NJW 1963, 110; AG Hannover MDR 1973, 1021). bb) Dieselben Grundsätze gelten für den Betrieb eines Geschirrspülautomaten 65 (AG Hildesheim NJW 1973, 519). Auch die Aufstellung eines solchen Gerätes ist jedem Mieter ohne weiteres und ohne Rücksicht auf entgegenstehende Abreden stets erlaubt. cc) Schon seit den Dreißiger Jahren steht fest, daß jeder Mieter ein unbedingtes 66 Recht auf Installierung eines Fernsprechanschlusses hat (RGZ 116, 93). Der Vermieter darf deshalb die hierfür erforderliche Zustimmungserklärung gegenüber der Post nicht verweigern (OLG Köln MDR 1968, 763; A U B E R T Anm NJW 1959, 1639 ff; GAISBAUER DWW 1970, 7; aM zu Unrecht LG Nürnberg-Fürth NJW 1959, 1639). Hingegen darf der Mieter einer Wohnung keine Anlagen anbringen, die in erster Linie gewerblichen Zwecken dienen. Deshalb überschreitet er eindeutig die Grenzen des ihm zustehenden Gebrauchsrechts, wenn er eine Funksprechanlage installiert (LG Verden ZMR 1963, 314; M Ü L L E R aaO 293 f; aM LG Bochum ZMR 1961, 80). dd) Infolge des technischen Fortschritts hat heute jeder Mieter ein Recht auf 67 Teilnahme am Rundfunk- und Fernsehprogramm. Jeder Mieter darf deshalb, wiederum ohne Rücksicht auf entgegenstehende Abreden, die notwendigen Außenantennen anbringen, wenn eine Zimmerantenne nicht ausreicht und die berechtigten Interessen des Vermieters gewahrt werden. Insbes darf der Vermieter den Standort der vom Mieter angebrachten Außenantennen bestimmen (LG Göttingen ZMR 1963, 351; LG Duisburg ZMR 1970, 190). Das Recht des Mieters zur Anbringung einer Außenantenne entfällt, wenn der 68 Vermieter eine Gemeinschaftsantenne zur Verfügung stellt. In diesem Fall hat der Vermieter auch das Recht, in sämtlichen Wohnungen die notwendigen Anschlüsse zu installieren. Erlaubt jedoch die Gemeinschaftsantenne nur den Empfang einzelner Programme, so hat jeder Mieter das Recht, die Gemeinschaftsantenne auf eigene Kosten für den Empfang weiterer Programme auszurüsten (LG Hamburg ZMR 1965, 188; LG Hamburg ZMR 1965, 381 f; LG Essen ZMR 1964, 312; G L A S E R Betrieb 1974, 125; H A N S § 535 Anm B 6 c bb). Dieselben Grundsätze sind anzuwenden, sobald der technische Fortschritt (und die Post) den Übergang zur Breitbandkommunikation erlauben. ee) Zu den Anlagen, die jeder Mieter ohne weiteres anbringen darf, gehören 69 Briefkästen, Namensschilder und dgl mehr (LG Mannheim WuM 1976, 231; GAISBAUER DWW 1968, 362). Angehörige freier Berufe dürfen außerdem durch (703)

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§§ 535, 536 70-73

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

entsprechende Schilder auf ihre Praxen hinweisen. Ziehen sie aus, so dürfen sie für eine begrenzte Zeit ein Schild anbringen, das auf ihre neue Praxis hinweist (LG Göttingen AnwBl 1966, 103). Schließlich darf auch jeder Mieter ohne weiteres für seine Kinder in der Wohnung oder in dem mitvermieteten Garten eine Schaukel oder vergleichbare Geräte aufstellen. 70 d) Die Unterbringung der Sachen des Mieters aa) Die Wohnung und die mitvermieteten Räume sind nicht nur zum Wohnen da, sondern auch zur Unterbringung der Sachen des Mieters bestimmt. Folglich darf der Mieter in der Wohnung, im Keller oder auf dem Speicher zB seine Waren lagern (LG Köln ZMR 1964, 363 Nr 6). Ebenso dürfen Brennstoffe im Keller untergebracht werden, sofern dadurch keine Gefahren drohen; bei ofenbeheizten Wohnungen darf das Heizmaterial sogar in beschränktem Umfang in der Wohnung gelagert werden (LG Berlin MDR 1967, 307). Hingegen ist die Lagerung übelriechender Därme in einer Wohnung (selbstverständlich) verboten (KG OLGE 22, 262, 265). 71 bb) Angesichts der Verbreitung von Fahrrädern und Mopeds ist davon auszugehen, daß der Mieter, wenn nicht etwas anderes vereinbart ist, Fahrräder in der Wohnung und Mopeds im Keller abstellen darf, sofern dort nicht leicht-brennbare Flüssigkeiten gelagert sind (LG Berlin NJW 1957, 265 Nr 12; LG Augsburg NJW 1956,1563; KUNKEL NJW 1958, 123, 124; aA LG Hannover NJW 1956 798; zT anders auch SCHMIDT-FUTTERER, Miete und Pacht 84 f). Abweichende Vereinbarungen sind aber möglich; und auch ohne vertragliche Absprache braucht der Vermieter die Aufstellung dieser Fahrzeuge im Hof nicht zu dulden (LG Berlin ZMR 1964, 270). Aus einer vorübergehenden widerspruchslosen Duldung der Abstellung kann zudem nicht ein entsprechender Vertragsschluß gefolgert werden (LG Berlin aaO; LG Oldenburg ZMR 1966, 208 f). 72 cc) Ein Kraftlahrzeug darf der Mieter nach der sehr engherzigen Praxis auf dem Grundstück des Vermieters nur aufstellen, wenn ihm dies vertraglich, zB durch Vermietung einer Garage, erlaubt worden ist, sonst jedoch grundsätzlich nicht. Dasselbe gilt, wenn der Mieter nur eine Garage gemietet hat, für den später angeschafften Zweitwagen (LG Berlin und LG Oldenburg aaO). Ebenso kann der Vermieter die Benutzung des Hofes als Kinderspielplatz untersagen (AG Hannover ZMR 1964, 203). In allen diesen Beziehungen dürfte eine wesentlich großzügigere Beurteilung der Grenzen des dem Mieter zustehenden Gebrauchs angebracht sein (so zu Recht MÜLLER ZMR 1970, 289, 291; s auch schon o Rz 11). 73 e) Die Musikausübung in den Mieträumen Der Betrieb von Rundfunk- und Fernsehgeräten und die Musikausübung ist dem Mieter im normalen Rahmen gestattet; die damit unvermeidlich verbundenen Störungen müssen die Mitmieter hinnehmen (AG Frankfurt WuM 1960, 118; AG D ü r e n W u M 1 9 6 8 , 8 ; GROTH G E 1 9 6 8 , 1 0 6 ; SCHUMANN G E 1 9 6 7 , 7 1 9 ) . N u r s o w e i t

die Störungen den durch § 906 gezogenen Rahmen überschreiten, können die übrigen Mieter von dem Vermieter Abwehr dieser Störungen verlangen (s o Rz 40). Die Grenzziehung im einzelnen ist schwierig. Unzulässig ist jedenfalls jede Störung der Mitmieter während der üblichen Ruhestunden von 13.00 bis 16.00 Uhr und von 22.00 bis 8.00 Uhr morgens. Auch im übrigen muß jeder Mieter alles ihm Zumutbare tun, um die Störungen der Mitmieter so gering wie möglich zu halten. Er muß deshalb ggf die Fenster schließen und die Geräte auf Zimmerlautstärke einstellen. Störungen, die den Rahmen des Normalen überschreiten, sind unzulässig: So insbes die ständigen Übungen von Berufsmusikern, die Erteilung von Musikunterricht, das Volker Emmerich

(704)

§§ 535, 536 74-76

3. Titel. Miete. Pacht

Üben von besonders lauten Musikgruppen uäm Pacht 92 f; ders, MietR, s v Musikausübung).

(SCHMIDT-FUTTERER,

Miete und

f) Die Tierhaltung des Mieters*

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Die lebhaft umstrittene Frage, ob der Mieter zur Haltung von Tieren in der Wohnung berechtigt ist, läßt sich nicht einheitlich beantworten; vielmehr muß man nach der Art der Tiere, den Abreden der Parteien und der Art der Wohnung unterscheiden. aa) Ein vertragliches Verbot der Tierhaltung ist unbeschränkt zulässig (LG Mannheim ZMR 1968, 45; 1965, 191; O T T O ZMR 1976,132; W E I M A R ZMR 1976,131). Aufgrund einer solchen Abrede kann der Vermieter die Unterlassung der Tierhaltung stets verlangen, ohne genötigt zu sein, konkrete Störungen durch das Tier nachzuweisen (OLG Hamburg ZMR 1963, 40). Duldet der Vermieter vorübergehend stillschweigend die Tierhaltung, so liegt auch hierin noch keine Erlaubnis. Der Vermieter bleibt also befugt, nachträglich die Tierhaltung zu untersagen. Nur wenn er übermäßig lange mit dem Verbot wartet, kann er sein Recht verwirken. Hat der Vermieter aber einmal die Tierhaltung erlaubt, so kann er die Erlaubnis nur noch widerrufen, wenn er hierfür wichtige Gründe hat, namentlich wenn von dem Tier konkret nachweisbare Störungen ausgehen (LG Mannheim ZMR 1965, 191; LG Frankfurt ZMR 1968,44 f; LG Berlin ZMR 1975,217 Nr 13; OLG Hamburg ZMR 1957, 39; FWW 1962, 478; LG Karlsruhe NJW 1957, 1599 f; AG Hamburg ZMR 1972, 78 Nr 7; AG Hannover DWW 1962,410; R A U 130 f m zahlr Nachw; ERDSIEK u n d SCHMIDT-FUTTERER

aaO).

bb) Die Haltung von Kleintieren, von denen ihrer Art nach irgendwelche Störungen 75 und Schädigungen unter keinen Umständen ausgehen können (Kleinvögel, Zierfische und dgl), ist stets erlaubt und bildet einen Teil des vertragsmäßigen Gebrauchs. cc) Umstr ist die Rechtslage jedoch bei allen anderen Tieren, namentlich bei 76 Hunden, wenn vertragliche Abreden fehlen. Nach einer Meinung soll die Hundehaltung dann grundsätzlich als Teil des vertragsmäßigen Gebrauchs erlaubt sein und folglich vom Vermieter nur verboten werden können, wenn durch den Hund andere Hausbewohner oder Nachbarn gefährdet oder belästigt werden (so LG Köln ZMR 1959, 198; LG Mannheim ZMR 1965, 191, 192; LG Frankfurt ZMR 1954,43; LG München WuM 1958, 5). Die überwiegende Meinung geht jedoch wegen der bei Hunden nie ganz auszuschließenden Gefahr der Gefährdung oder Belästigung von Mitbewohnern oder Nachbarn zu Recht davon aus, daß jedenfalls in städtischen Wohngegenden die Hundehaltung nicht mehr zum vertragsmäßigen Gebrauch gehört und deshalb auch ohne vertragliche Absprache stets nur mit ausdrücklicher Erlaubnis des Vermieters zulässig ist. Nur in ländlichen Gegenden kann die Situation anders zu beurteilen sein (LG Hamburg ZMR 1959, 12; LG Göttingen ZMR 1959, 199; LG Aachen ZMR 1954, 43; LG Köln ZMR 1957, 345; 1958, 19; RAU 131 f; W E I M A R ZMR 1976, 131 f). Folglich bedeutet die vorübergehende widerspruchslose Duldung der Hundehaltung noch keine Erlaubnis des Vermieters, so daß er berechtigt bleibt, die Hundehaltung zu untersagen; hierin liegt kein Rechtsmißbrauch. Ausnahmen gelten allenfalls für Blindenhunde. Auf keinen Fall kann dem Mieter erlaubt sein, eine Hundezucht in der Mietwohnung zu betreiben (RAU 133 m Nachw). * Schrifttum: ERDSIEK N J W I 9 6 0 , 1 7 9 9 ; HEROLD F W W 1 9 7 5 , 3 2 6 ; KLEIN Z M R 1959, 1 8 9 ; KUNKEL N J W 1 9 5 8 , 1 2 3 ; OTTO G E 1 9 7 3 , 4 9 6 ; d e r s Z M R 1 9 7 6 , 1 3 2 ; d e r s D W W 1972, 3 3 9 ; RAU

ZMR 1965, 130; SCHMIDT-FUTTERER, Miete und Pacht 94 f; ders, MietR, s v Tierhaltung in der M i e t w o h n u n g ; STERNEL TZ I 8 4 ; WEIMAR B 1 G B W 1974, 1 4 9 ; d e r s Z M R 1 9 7 6 , 131. (705)

Volker Emmerich

§§ 535, 536 77-80

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

77 g) Die Heizung* aa) Wenn eine Wohnung mit Heizung vermietet wird, ist der Vermieter verpflichtet, die Wohnung zu heizen. Die Versorgung mit Wärme gehört in diesem Fall zu dem dem Mieter geschuldeten, vertragsmäßigen Gebrauch. Der Mieter einer Wohnung mit Zentralheizung darf dann nicht seinerseits eine eigene Heizung installieren und betreiben, sondern muß sich an der sog Sammelheizung beteiligen (SCHMIDTFUTTERER 98; GLASER, Sammelheizung 2 ff). Hingegen besteht keine Verpflichtung des Mieters, Wärme als solche abzunehmen. Er kann auch auf die Erwärmung seiner Räume verzichten, namentlich wenn er verreist ist. Er muß in einem solchen Fall lediglich dafür Sorge tragen, daß die Heizungsanlage keine Schäden (zB durch das Einfrieren von Rohren) erleidet. Das bloße Stilliegen der Anlage begründet noch keine Beschädigungsgefahr. 78 Anders ist die Situation bei der Etagenheizung: Hier besteht grundsätzlich keine Betriebspflicht des Mieters (LG Wiesbaden NJW 1958, 594; LG Hannover ZMR 1961, 295 m Anm GLASER); er muß nur verhindern, daß es zu Schäden an der Anlage kommt (GLASER 21 f). 79 bb) Bei Vermietung einer Wohnung mit Heizung gehört es außerdem zum vertragsmäßigen Gebrauch, daß in den Räumen die erforderliche Wärme erreicht wird. Wann und in welchem Umfang hiernach der Vermieter zur Lieferung von Wärme verpflichtet ist, richtet sich in erster Linie nach den Abreden der Parteien (LG Kassel WuM 1964, 71). Fehlen jedoch derartige Abreden, so ist zweifelhaft, wann und welchem Umfang der Vermieter zur Wärmelieferung verpflichtet ist (s GLASER, Sammelheizung 36 ff). Nach einer verbreiteten Meinung soll dann der Vermieter nur während der sog Heizperiode von Oktober bis April tagsüber verpflichtet sein, in den Wohnräumen für eine Temperatur zwischen 20° und 22° zu sorgen. Niedrigere Temperaturen (15° bis 18°) seien nachts sowie in Schlafzimmern und Küchen zulässig (LG Mannheim ZMR 1962, 312, 313; AG Calw WuM 1977, 226; AG Bad S e g e b e r g W u M 1977, 2 2 7 ; GLASER F W W 1974, 4 4 1 ; Z M R 1978, 3 3 ; WEIMAR W u M

1978, 21; aM LG Hamburg ZMR 1961, 292 f). Außerhalb der Heizperiode soll der Vermieter auch dann nicht zur Heizung verpflichtet sein, wenn die Außentemperatur so stark absinkt, daß in den Räumen die eben genannten Durchschnittstemperaturen nicht mehr erreicht werden (AG Düsseldorf ZMR 1974, 44); vielmehr soll dann der Mieter verpflichtet sein, durch andere Wärmequellen für die erforderliche Wärme zu sorgen. 80 Dieser Praxis kann nicht zugestimmt werden (LG Kassel WuM 1964, 71). Es gibt keinen Rechtssatz, daß der Vermieter nur in bestimmten Monaten zur Lieferung der erforderlichen Wärme verpflichtet sei. Im Gegenteil ist davon auszugehen, daß es bei der Vermietung einer Wohnung mit Heizung zum vertragsmäßigen Gebrauch gehört, daß in dieser Wohnung jederzeit die zum Wohnen erforderliche Temperatur erreicht werden kann. Der Vermieter muß deshalb zu jeder Jahreszeit und außerdem zu jeder Tages- und Nachtzeit die Heizung so betreiben, daß der Mieter, wenn er es wünscht, in seinen Räumen die erforderliche * Schrifttum: insbes GLASER ZMR 1976, 129; 1978, 138; ders, Die Sammelheizung in Rechtsprechung und Schrifttum (6. Aufl 1972); ders, Rechtsfragen zur Ölheizung im Mietwohnhaus ( 1 9 6 4 ) ; GOCH W U M 1 9 7 7 , 2 5 ; HEROLD F W W 1 9 7 6 , 2 3 6 ; HOLLENBERG Z M R 1 9 6 1 , 3 8 ; HUMMEL

W u M 1975, 201; ders Z M R 1975, 65 ff; LAU Z M R 1977, 37; ROQUETTE N J W 1953, 5 7 3 ;

SCHMIDT-FUTTERER, Miete und Pacht 98 ff; ders, MietR, s v Zentralheizung; STERNEL TZ II 136 ff; WEIMAR W u M 1 9 7 8 , 2 1 .

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(706)

§§ 5 3 5 , 5 3 6 3. Titel. Miete. Pacht

81-84

Wärme von 20° bis 22° erreichen kann (aM GLASER, Sammelheizung 42 ff). Der Vermieter hat kein Recht, irgendeinen Einfluß auf die Lebensverhältnisse des Mieters durch Drosselung oder Einstellung der Wärmelieferung zu bestimmten Jahres- und Tageszeiten zu nehmen. Deshalb muß auch die Möglichkeit bestehen, die Heizung getrennt für Wohn- und Schlafräume zu regulieren (LG Hamburg MDR 1974, 492). Stellt der Vermieter nicht die erforderliche Wärme zur Verfügung, so kann der Mieter Erfüllung verlangen. Außerdem kann er den Mietzins mindern (§ 537) und Schadensersatz wegen Nichterfüllung, insbes wegen Gesundheitsschäden verlangen (§ 538; LG Hamburg WuM 1976,10; OLG Frankfurt FWW 1973, 387; § 537 Rz 12 ff). In schwerwiegenden Fällen kann er außerdem nach § 542 kündigen (s GLASER, Sammelheizung 30 ff). cc) Die Verpflichtung zum Unterhalt, zum Betrieb und zur Instandsetzung der 81 Heizungsanlage trifft ausschließlich den Vermieter (OLG Hamm, Urt v 1. 6. 1976 - 7 U 7/76, S 6); der ordnungsmäßige Zustand der Heizungsanlage ist ein Teil des geschuldeten Zustandes des Mietobjektes. Mängel der Heizungsanlage stellen deshalb Mängel der vermieteten Räume dar und berechtigen den Mieter zur Minderung nach § 537. Anders, wenn die Heizungsanlage lediglich alt und technisch überholt ist. In diesem Fall kann der Mieter nicht etwa den Einbau einer neuen und modernen Anlage verlangen ( G L A S E R , Sammelheizung 25 ff). dd) Für Wohnungen, deren Preise nach dem WoBindungsG gebunden sind, erlau- 82 ben die §§ 20 und 22 NMVO 1970 idF v 21. 2. 1975 (BGBl 1595) eine Umlage der Kosten des Betriebs der zentralen Heizungs- und Brennstoffversorgungsanlage sowie der Versorgung mit Fernwärme auf die Mieter ( § 2 0 Abs 1 Nr 2 NMVO). Welche Kosten hiernach umgelegt werden können, bestimmt im einzelnen § 22 NMVO. Als Verteilungsmaßstäbe kommen nach § 22 Abs 2 NMVO die Wohnfläche der beheizten Räume, die Flächen der Heizkörper oder ein anderer, dem Wärmeverbrauch Rechnung tragender Maßstab in Betracht. Diese ganze höchst komplizierte Regelung kann auch nicht analog auf andere Wohnräume übertragen werden (BGH WM 1970, 95, 96 f). Vgl aber auch § 4 MHRG (u Rz 88). Für den gesamten nicht preisgebundenen Wohnraum ist von dem Grundsatz auszu- 83 gehen, daß sich die Höhe des Mietzinses allein nach den Vereinbarungen der Parteien richtet. Wenn nichts anderes vereinbart ist, werden deshalb durch den Mietzins sämtliche Leistungen des Vermieters einschließlich der Heizung der Räume abgegolten, jedenfalls wenn die Lieferung von Wärme nur einen Teil der Verpflichtung des Vermieters zur Überlassung und Erhaltung der Räume in einen zum vertragsmäßigen Gebrauch geeigneten Zustand darstellt (BGH aaO; OLG Frankfurt WuM 1972, 42; AG Weinheim WuM 1975, 240; HUMMEL ZMR 1975, 65, 66 m Nachw; ROQUETTE NJW 1953, 573; aA P A L A N D T - P U T Z O § 535 Anm 3 c, bb m Nachw). Anders offenbar § 4 MHRG (u Rz 88). Grundsatz ist also die sog Warmmiete (vgl auch § 546). Eine abweichende Verein- 84 barung, wonach die Heizungskosten auf die Mieter umgelegt werden können (sog Kaltmiete), bedarf ausdrücklicher Vereinbarungen (LG Mannheim DWW 1976, 188 f). Solche Klauseln müssen eindeutig sein und werden grundsätzlich restriktiv interpretiert. Die Abrede, „der Mieter trägt die Nebenkosten", reicht deshalb nicht aus, weil sie zu unbestimmt ist (AG Ratingen WuM 1971, 184; HUMMEL aaO). Es hängt somit in erster Linie von den Abreden der Parteien ab, welche Kosten tatsächlich auf die Mieter umgelegt werden können. Eine Heranziehung des § 22 NMVO ist insoweit nicht möglich (BGH aaO). Sollen zB nur die Betriebs- und Bedienungskosten umgelegt werden, so kann der Vermieter keinen Ersatz für die Wartungskosten oder für die Kosten der Anbringung und des Abiesens von Wärmemeßgeräten verlangen (BGH aaO; LG Mannheim ZMR 1971, 21; 1972, 78 Nr 10; (707)

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§§ 535, 536 85-87

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

BLANK Z M R 1 9 7 4 , 3 5 5 ; HUMMEL 6 7 ; SCHMIDT-FUTTERER Z M R 1 9 7 1 , 1 7 2 ; a M L G

München ZMR 1960, 74 f; GLASER, Sammelheizung 63 ff). Auch soweit einzelne Kosten nach den Abreden der Parteien abwälzbar sind, muß sie der Mieter nur tragen, soweit sie tatsächlich entstanden und bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise notwendig sind, so daß auf die Mieter bei automatischen Anlagen oder bei einer Fernheizung keine Bedienungskosten umgelegt werden können (KG ZMR 1976, 204, 206 f; LG Aachen WuM 1976, 180). In diesen Grenzen können je nach den Abreden der Parteien folgende Kosten umgelegt werden: Neben den Kosten für das Heizungsmaterial die Stromkosten, die Kosten für die Bedienung, die Kosten für die Heizung der gemeinschaftlichen Räume, sowie schließlich die Kosten für die Reinigung der Anlage und der Räume sowie für die Wartung der Anlage (s LG München aaO; WuM 1978, 5 ff). Auf keinen Fall umgelegt werden können die Kosten für die Erneuerung, Reparatur und Versicherung der Anlage. Auch die Abschreibungen müssen im Mietzins enthalten sein (s GLASER, Sammelheizung 63 ff, 80 ff; GOCH WUM 1977, 25). 85 Den Umlegungsmaßstab können die Parteien beliebig wählen. Ist ein Maßstab vertraglich festgelegt, so kann er vom Vermieter nicht mehr einseitig geändert werden (GLASER FWW 1974,436; LG Mannheim ZMR 1968,11; aM LG Frankfurt MDR 1977, 933 Nr 45; BUB DWW 1977, 78). Fehlt jedoch eine Abrede, so ist der Vermieter gern §§315 und 316 befugt, den Umlegungsmaßstab nach billigem Ermessen zu bestimmen. Das Bestimmungsrecht umfaßt den Umlegungsschlüssel, die Kostenermittlung und das Abrechnungsverfahren (LG Mannheim ZMR 1968, 11 f; WuM 1974, 253, 254; 1974, 257, 258; LG Stuttgart WuM 1974, 256, 257; STERNEL TZ II 138; HUMMEL 67 f). Als Umlegungsmaßstäbe kommen insbes die Zahl der Wohnungen, die Zahl der Haushaltsangehörigen, die Größe der Wohnungen, die Zahl der Heizungsrippen und insbes der Einzelverbrauch in Betracht. 86 ee) Der hiernach von dem Mieter geschuldete Betrag ist erst fällig, wenn ihm der Vermieter binnen angemessener Frist eine nachprüfbare (spezifizierte) Abrechnung erteilt hat, aus der sich sein Verbrauch, der Verteilungsschlüssel und eine nachprüfbare Aufstellung der Kosten und Ausgaben ergibt, wofür die Heizkostenverteilerliste einer Wärmemeßdienstfirma zB nicht genügt (OLG Düsseldorf MDR 1975,60). Außerdem muß der Mieter in der Lage sein, die Belege beim Vermieter einzusehen.* 87 Die Beweislast für alle Einzelposten trägt der Vermieter (LG Köln ZMR 1969,14). Wird die Abrechnung über eine oder gar mehrere Heizungsperioden verzögert, so neigt die Praxis sehr schnell zur Annahme der Verwirkung.** Die Pflicht zur ordnungsgemäßen Abrechnung trifft den Vermieter insbes, wenn die Mieter aufgrund des Vertrages zur Leistung von Vorschüssen verpflichtet sind. In diesem Fall sind die Vorschüsse für die nächste Heizungsperiode erst fällig, wenn * LG Mannheim WuM 1974, 145; NJW 1969, 1856; MDR 1974, 934; WuM 1976, 5; 1977, 208, 209; LG Hamburg WuM 1977, 94; LG Köln WuM 1976, 148 ff; AG Lüdenscheid WuM 1971, 183; AG Ravensburg ZMR 1976, 9; AG Osnabrück WuM 1975, 64; 1976, 94; LG Osnabrück WuM 1976, 204; AG Solingen WuM 1975, 247; für Fernheizwerke LG Düsseldorf MDR 1971, 761; LG Lübeck WuM 1976,7; G L A S E R , Sammelheizung 98 ff; ders FWW 1973, 391 ; 1976,206; K O E N I G DWW 1970, 336; außerdem zB AG Köln ZMR 1976, 241 m Anm W E I M A R ; AG Oberhausen WuM 1975, 165; AG Darmstadt WuM 1974, 164; 1977, 224; LG Berlin ZMR 1977, 304 Anm N O R D M E Y E R ; AG Mannheim WuM 1977, 167. ** AG Köln WuM 1974, 144; 1977, 52; AG Oberhausen WuM 1974, 234; 1975, 224; S C H M I D T FUTTERER BB 1971, 943; H U M M E L 68 ff; LG Düsseldorf MDR 1971, 103; LG Mannheim ZMR 1975, 192; WuM 1976, 225; LG Darmstadt WuM 1976, 253; LG München I WuM 1978, 5 f; AG Düsseldorf WuM 1978, 22, 23; AG Köln ZMR 1977, 301 m Anm W E I M A R .

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(708)

§§ 5 3 5 , 5 3 6 3. Titel. Miete. Pacht

88-92

über die letzte Heizperiode ordnungsgemäß abgerechnet worden ist (OLG Düsseldorf WuM 1974, 236; L G Mannheim WuM 1974, 145; GLASER 90 ff). Wenn der Mieter auszieht, kann er grundsätzlich die für eine spätere Zeit geleisteten Vorschüsse zurückverlangen. Bei einem Auszug während der Heizperiode kann er nach Abschluß der Heizperiode vom Vermieter eine Abrechnung über die bis zu seinem Auszug entstandenen Kosten verlangen, wobei jedoch idR nur grobe Schätzungen möglich sind (LG Bielefeld ZMR 1968, 171; AG Düsseldorf WuM 1976, 52; GLASER 9 8 f f ) .

ff) Ist eine Heizkostenpauschale vereinbart, so entfällt eine Abrechnung über die tatsächlichen Kosten (LG Mannheim DWW 1976, 188 f); auch kann der Vermieter dann nicht nachträglich für zwischenzeitliche Kostensteigerungen eine Erhöhung verlangen (LG Hanau WuM 1976, 121 f; AG Köln WuM 1977, 52 f; LG Hamburg WuM 1976, 229 f); dies freilich nur, wenn die Abrede zugleich bedeutet, daß jede Erhöhung vertraglich ausgeschlossen sein soll. Andernfalls kann der Vermieter jetzt nach § 4 MHRG (nur) Erhöhungen der Betriebskosten in einem stark vereinfachten Verfahren auf die Mieter umlegen ohne Rücksicht darauf, ob die Betriebskosten in dem ursprünglich vereinbarten Mietzins enthalten sind oder daneben gesondert bezahlt werden sollen. § 4 MHRG erlaubt also auch bei der sog Warmmiete eine Umlegung der nachträglichen Erhöhung der Heizungskosten ( P A L A N D T - P U T Z O § 4 MHRG Anm 1 d).

88

gg) Die Beschaffung des Heizmaterials ist Sache des Vermieters; er muß dabei, 89 wenn die Kosten umgelegt werden dürfen, die Interessen der Mieter an einem möglichst billigen Bezug angemessen berücksichtigen ( G L A S E R 84 ff). Sofern die Mieter dadurch nicht mit erheblichen Mehrkosten belastet werden, darf der Vermieter auch den technischen Fortschritt nutzen und die Heizungsanlage (auf seine Kosten) auf neue Verfahren und Betriebsmittel, zB auf Erdgas, umstellen. Ebenso darf er zur Fernheizung übergehen ( G L A S E R 1 1 1 ff). Hingegen ist der Mieter, der eine Wohnung ohne Zentralheizung gemietet hat, nur im Rahmen des § 541 a zur Duldung des nachträglichen Einbaus einer Zentralheizung verpflichtet ( G L A S E R 118 ff). hh) Der Vermieter kann nach den §§ 554 und 554 a kündigen, wenn ein Mieter die 90 Bezahlung der geschuldeten Heizungskostenumlage ablehnt. Der Vermieter ist jedoch nicht berechtigt, wegen des Verzugs einzelner Mieter die Heizung abzustellen, weil die anderen Mieter nach wie vor einen Anspruch auf Lieferung von Wärme haben (so mit Recht G R U N D NJW 1954, 499 gegen GÜRTNER NJW 1954, 59 f). Der Vermieter begeht verbotene Eigenmacht, wenn er versucht, seine Forderungen gegen einen Mieter dadurch durchzusetzen, daß er diesem die Heizung abstellt (GLASER 9 7 ) .

ii) Alle diese Grundsätze gelten uneingeschränkt auch für die Versorgung der 91 Wohnung mit Warmwasser bei Anschluß der Wohnung an eine Warmwasserversorgung. h) Die Aufnahme von Angehörigen und Besuchern aa) Der Mieter darf seinen Ehegatten und die Kinder sowie andere nahe Angehörige, wie zB Enkelkinder, in die Wohnung aufnehmen (BGHZ 40, 252, 254 f; LG Wuppertal MDR 1971, 49 f; LG Köln MDR 1972, 612; WEIMAR WuM 1971, 89; o Vorbem 105 zu §§ 535,536). Zulässig ist weiter die Aufnahme einer Pflegeperson durch einen kranken Mieter (LG Göttingen MDR 1963, 929 Nr 55), sowie die des Verlobten (str); doch sind insoweit abweichende Abreden möglich (LG Mannheim NJW 1975, 1663 f). Unbedenklich ist schließlich der Gebrauch der gemieteten Sache durch die Arbeitnehmer des Mieters (BGH LM Nr 2 zu § 553 BGB). (709)

Volker Emmerich

92

§§ 535, 536 93-97

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

93 bb) Der Vermieter muß den Besuchern des Mieters freien Zugang ermöglichen (LG Frankfurt WuM 1964, 41). Ein Hausverbot darf er gegen sie nur verhängen, wenn durch sie der Hausfrieden zB durch Lärm, Streitereien oder Beleidigungen des Vermieters oder anderer Mieter schwerwiegend und nachhaltig gestört oder gefährdet wird (LG Wuppertal ZMR 1960, 172; LG Karlsruhe NJW 1961, 1166). Die Verletzung eines solchen berechtigten Hausverbots kann Hausfriedensbruch sein (OLG Braunschweig NJW 1966,263; OLG Köln NJW 1966, 265). Das Hausverbot muß unverzüglich wieder aufgehoben werden, wenn die Störung oder Gefährdung des Hausfriedens beseitigt sind (LG Mannheim WuM 1971,116 = ZMR 1972,22). 94 i) Die Benutzung der Nebenräume und der gemeinsamen Anlagen Zu dem dem Mieter geschuldeten vertragsmäßigen Gebrauch gehören auch die Benutzung der mitvermieteten Räume sowie die Mitbenutzung der gemeinsamen Anlagen wie insbes des Fahrstuhls. Auch deshalb muß der Vermieter stets dafür sorgen, daß dem Mieter eine Benutzung dieser Räume und Anlagen ohne Gefährdung möglich ist (s o Rz 42). 95 k) Tod und Krankheit des Mieters Tod und Krankheit des Mieters sind keine Überschreitung der Grenzen des vertragsmäßigen Gebrauchs, so daß einem kranken Mieter nicht mit der Begründung gekündigt werden kann, er habe sich um Aufnahme in ein Pflegeheim zu bemühen (LG Düsseldorf MDR 1970, 55). Für etwaige Kosten sind der Mieter oder seine Erben dem Vermieter aus denselben Gründen nicht ersatzpflichtig. Anders ist es nur, wenn ausnahmsweise wie im Falle eines Selbstmords oder bei Abschluß eines Hotelvertrages in Kenntnis einer ansteckenden Krankheit Verschulden vorliegt (s LG Mannheim ZMR 1969, 169; ENNECCERUS-LEHMANN § 129 I 4 d; LEONHARD II 151 f; HENSELER ZMR 1964, 195; M E L I O R , Die Ansprüche des Gastwirts bei Erkrankung und Tod des Gastes, Diss Heidelberg 1912; WEIMAR ZMR 1963, 65; 1965, 3; 1971, 202; ders MDR 1963, 511; W U R Z E R Gruchot 56, 183). IV. Die sog Nebenleistungspflichten des Vermieters 96 1. Die Fürsorge- und die Verkehrssicherungspflicht Von den Hauptleistungspflichten des Vermieters (o Rz 17 ff) werden verbreitet zahlreiche Nebenleistungspflichten unterschieden. Die wichtigsten dieser Pflichten sind die Fürsorgepflicht und die Verkehrssicherungspflicht des Vermieters. Die Fürsorgepflicht soll dabei vor allem die Verpflichtung des Vermieters zur Unterlassung und Abwehr von Störungen des Mieters und zur Pflege und Obhut des Mietobjektes umfassen (BGH LM Nr 4 u 6 a zu § 536 BGB; ZMR 1969, 271). Damit überschneidet sich offenkundig die Verkehrssicherungspflicht des Vermieters (o Rz 42-45). Dies zeigt, daß weder die Fürsorgepflicht noch die Verkehrssicherungspflicht selbständige Bedeutung haben; beide stellen vielmehr nichts anderes als besondere Erscheinungsformen der allgemeinen Überlassungs- und Erhaltungspflicht des Vermieters dar. Auch die Rechtsfolgen von Verstößen des Vermieters gegen diese Pflichten entsprechen vollkommen denen etwaiger Verstöße gegen die sog Hauptleistungspflichten: Immer kann der Mieter in erster Linie Erfüllung, sowie ggf Schadensersatz verlangen. Daneben können auch die §§ 537-542 eingreifen. 97 2. Die Lieferung von Energie und Wasser Der Vermieter kann sich jederzeit zur Erbringung weiterer Leistungen verpflichten. Haben diese zusätzlichen Pflichten denselben Rang wie die Überlassungs- und Volker Emmerich

(710)

3. Titel. Miete. Pacht

§§ 535, 536 98-101

Erhaltungspflicht, so handelt es sich um einen gemischten Vertrag. So zB wenn sich der Vermieter eines Betriebsgrundstückes verpflichtet, dem Mieter die erforderliche Energie und die erforderlichen Rohstoffe zu liefern. Häufig handelt es sich hierbei jedoch lediglich um untergeordnete Nebenleistungspflichten; dies wird idR anzunehmen sein, wenn der Vermieter die Verpflichtung übernimmt, dem Mieter Gas, Elektrizität oder Dampf zu liefern. Es handelt sich dann um einen Mietvertrag mit untergeordneten, anderstypischen Nebenleistungen, auf den ergänzend Kaufrecht anzuwenden ist (s MITTELSTEIN 86 f). Hingegen bildet die Lieferung von Wasser heute durchweg schon einen Teil der allgemeinen Überlassungspflicht des Vermieters. V. Die Hauptleistungspflicht des Mieters*

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Hauptleistungspflicht des Mieters ist die Zahlung des Mietzinses (§ 535 S 2). Weitere Pflichten des Mieters sind die Obhutspflicht einschließlich der Anzeigepflicht (§ 545), außerdem die Pflicht zur Einhaltung der Grenzen des vertragsmäßigen Gebrauchs (§§ 550 und 553) und schließlich die Pflicht zur Rückgabe der Sache bei Vertragsbeendigung (§ 556); hinzu kommen bestimmte Duldungspflichten ( § 5 4 1 a). Alle diese Pflichten werden im allgemeinen als Nebenleistungspflichten angesehen, die nicht im Austauschverhältnis mit den Hauptleistungspflichten des Vermieters stehen. Daneben kann der Mieter vertraglich beliebige, weitere Pflichten übernehmen. 1. Art und Höhe des Mietzinses

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a) Soweit keine Mietpreisbindung mehr besteht (insbes aufgrund des WohnungsbindungsG), können die Parteien die Höhe des Mietzinses beliebig festlegen. Grenzen ziehen hier nur die verschiedenen Wucherverbote (s dazu Vorbem 154 ff zu §§ 535, 536). Lassen aber die Parteien die Höhe des Mietzinses ganz offen, so gilt i Zw die ortsübliche Miete als vereinbart (Vorbem 93 zu §§ 535, 536). Bei Nutzung eines gemeinschaftlichen Grundstücks durch einen Miteigentümer ist schließlich § 745 Abs 2 anzuwenden (BGH LM Nr 9 zu § 745 BGB). b) Die Mietzinsschuld ist als Gegenleistung für die einheitliche Verpflichtung des 100 Vermieters zur Überlassung und Erhaltung der Mietsache stets eine einheitliche Schuld, dh kein Wiederkehrschuldverhältnis mit jeweils neuem Entstehungsgrund (so insbes ESSER II 1 § 1 6 1 1 a). Der Mietzins kann dabei sowohl in einer einmaligen Leistung als auch in wiederkehrenden Leistungen in beliebigen Zeitabschnitten bestehen (BGH NJW 1976, 2264 f). Die Vereinbarung einer einmaligen Mietzinsschuld kommt insbes bei der sog Gelegenheitsmiete vor (RG WarnR 1927, 52). Einen besonders wichtigen Sonderfall bildeten vor allem in den ersten Nachkriegsjahren die sog Aufbauverträge, durch die sich der Mieter an den Baukosten beteiligte (s Vorbem 123 ff zu §§ 535, 536). c) Vor allem bei der Vermietung gewerblicher Räume kommt auch eine sog 101 Umsatzmiete vor, dh die Bestimmung der Höhe des Mietzinses ganz oder teilweise nach den von dem Mieter erzielten Umsätzen. Es handelt sich dann um ein partiarisches Rechtsverhältnis, nur ausnahmsweise um eine Gesellschaft iS des § 705 (RGZ 149, 88, 89 f; 160, 361). Eine andere früher sehr verbreitete Form des * Schrifttum: Motive II 3 7 2 ; E N N E C C E R U S - L E H M A N N § 1 2 9 II; E S S E R II 1 § § 1 6 I, 2 0 III 1 ; G I T T E R 1 2 ff; L A R E N Z II § 4 8 II b; L E O N H A R D II 1 5 4 ; MITTELSTEIN, Die Miete 1 5 ff, 3 9 0 ff; N I E N D O R F F , MietR 1 8 ff; S C H M I D T - F U T T E R E R , Miete und Pacht 5 7 ff; ders, MietR, s v Mietzins; S T E R N E L , WohnraummietR, passim. (711)

Volker Emmerich

§§ 535, 536 102-107

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schnldverhältnisse

variablen Mietzinses war die sog Staffelmiete, dh die Vereinbarung, daß sich der Mietzins in bestimmten Zeitabschnitten erhöhen sollte. Derartige Abreden sind ebenso wie Wertsicherungsklauseln heute bei der Wohnraummiete nicht mehr zulässig (§ 10 Abs 1 MHRG). Davon abgesehen gilt aber auch bei der Wohnraummiete insoweit nach wie vor völlige Vertragsfreiheit. Deshalb liegt Miete auch vor, wenn nach Verkauf eines Grundstückes der Verkäufer gegen eine Ermäßigung des Kaufpreises wohnen bleibt (RG DRiZ 1927 Nr 271). Weiter kann der Mietzins zB auch in der Weise bestimmt werden, daß der Mieter den Vermieter von einer Schuld befreit oder daß der Mieter die Lasten und Hypothekenzinsen übernimmt (KG OLGE 21, 198; BGH LM Nr 11 zu § 535 BGB). Ebenso liegt ein Mietvertrag vor, wenn 2 Häuser gegenseitig ohne Zahlung eines besonderen Entgelts zur Benutzung überlassen werden (RG JR 1926 Nr 456 = HansGZ 1926 Beibl 28 Nr 17; BayZ 1927, 74). 102 d) Da Mietverträge grundsätzlich von der Umsatzsteuer befreit sind (§ 4 Nr 12 a UmsStG), kann der Vermieter idR keine Mehrwertsteuer fordern (LG Mannheim WuM 1976, 92, 93). 103 e) Umstr ist, ob der Mietzins in Geld bestehen muß. Schon die Motive (aaO) hatten betont, daß Leistungen jeder Art als Gegenleistung für den Gebrauch von Sachen vereinbart werden könnten. Dem ist die hM bis heute gefolgt, so daß als Gegenleistung namentlich auch Dienst- und Werkleistungen des Mieters in Betracht kommen (BGH MDR 1960,482; NJW 1976,2264 f; LG Mannheim DWW 1964,29; aA nur ROQUETTE u n d LARENZ a a O ) .

Die Streitfrage hat keine große praktische Bedeutung, da feststeht, daß auf andersartige Gegenleistungen wie namentlich Dienstleistungen neben den Mietvertragsregeln die für diese Leistungen maßgebenden Vorschriften, im Beispiel die Vorschriften über Dienstverträge, anzuwenden sind (zum Hausmeistervertrag s noch Vorbem 65 zu §§ 535, 536). 104 f) Der Vermieter kann von dem Mieter ohne besondere Absprache nicht die Erteilung einer Abbuchungsennächtigung verlangen (WEIMAR gegen LG Siegen WuM 1976, 73 f; LG Berlin FWW 1975, 303). 105 g) Die Vereinbarung einer Festmiete für eine bestimmte Zeit bedeutet nicht zugleich den Ausschluß des Kündigungsrechts für dieselbe Zeit (BGH BB 1976, 530 f).

106 2. Die Nebenkosten Hat der Vermieter die Verpflichtung übernommen, Wärme, Gas, Strom oder Wasser zu liefern, so bildet die Gegenleistung hierfür einen Teil des vom Mieter geschuldeten Mietzinses (s SCHMIDT-FUTTERER BB 1972, 68). Ist nichts besonderes vereinbart, so sind folglich alle diese Leistungen des Vermieters grundsätzlich durch den Mietzins mitabgegolten (LG Mannheim DWW 1976, 188; s o Rz 83 ff zu den besonders umstr Heizungskosten). Alles, was oben zu den Heizungskosten ausgeführt worden ist, gilt allgemein für die sog Nebenkosten. 107 Ist die Gegenleistung für die Nebenkosten nicht im Mietzins enthalten, so muß im Mietvertrag genau und klar bestimmt werden, nach welchen Maßstäben und in welchem Umfang sie auf die Mieter umgelegt werden können. An entsprechende Abreden werden strenge Anforderungen gestellt (s aber LG Konstanz WuM 1976, 91, wonach uU trotz Vereinbarung eines Pauschalbetrages eine Erhöhung möglich sein soll). Vgl außerdem insbes § 4 MHRG. Volker Emmerich

(712)

§§ 535, 536 108-116

3. Titel. Miete. Pacht

3. Die Erhöhung des Mietzinses

108

Eine Erhöhung des vereinbarten Mietzinses ist grundsätzlich nur aufgrund einer entsprechenden Vereinbarung der Parteien möglich (s eingehend S C H M I D T - F U T T E RER, MietR, s v Mieterhöhung). Haben die Parteien für Vertragsänderungen Schriftform vereinbart, so heilt auch eine einmalige Zahlung des mündlich erhöhten Mietzinses noch nicht den Formverstoß (LG Kiel WuM 1976, 94). Bei der Wohnraummiete sind heute außerdem weitere Mieterhöhungen möglich 109 (§§ 2 ff MHRG). Dadurch wird jedoch die Möglichkeit einer einverständlichen Mietzinserhöhung durch Vertragsänderung nicht ausgeschlossen (LG Essen ZMR 1976, 244; § 10 Abs 1 MHRG). Ohne die Vereinbarung einer Wertsicherungsklausel kann der Vermieter auch bei 110 langfristigen Verträgen trotz der ständig fortschreitenden Inflation grundsätzlich keine Erhöhung des Mietzinses verlangen (s Vorbem 157 zu §§ 535, 536 m Nachw). Umgekehrt kann aber auch der Mieter eines Geschäftsgrundstückes keine Herabsetzung des Mietzinses nur deshalb verlangen, weil die Umsätze weit hinter seinen Erwartungen zurückbleiben (BGH LM Nr 60 zu § 242 [Bb] BGB). Selbst nachträgliche Verbesserungen geben dem Vermieter kein Recht zur einseiti- 111 gen Erhöhung des Mietzinses, auch wenn sie sich im Rahmen des § 541 a halten; vielmehr bedarf auch in diesem Fall die Erhöhung des Mietzinses stets der Vereinbarung mit dem Mieter (zB LG Mannheim ZMR 1970, 208; § 541 a Rz 38). Anders aber, soweit § 3 MHRG eingreift. 4. Der Erfüllungsort

112

a) Erfüllungsort ist grundsätzlich (§ 269) der Wohnsitz oder der Ort der gewerblichen Niederlassung des Mieters, selbst wenn das Mietgrundstück an einem anderen Ort gelegen ist; im letzteren Fall wird sich jedoch häufig aus den Abreden der Parteien etwas anderes ergeben (RGZ 99, 257 f; 140, 67, 69 ff; LG Dortmund ZMR 1963, 349; EMMERICH, in: Grundlagen des Vertrags- und Schuldrechts [1974] 3 3 8 f f ; PERGANDE § 5 5 1 A n m 2 ; B G B - R G R K - G E L H A A R § 5 3 5 R z

70).

b) Hieraus und aus § 270 folgt, daß die Mietzinsschuld grundsätzlich Schickschuld 113 und nicht Bringschuld ist (KG O L G E 16, 424 f; EMMERICH 326 ff; aM H A N S § 551 Anm B 3 a; MITTELSTEIN 417 ff; S O E R G E L - M E Z G E R § 551 Rz 5 m Nachw). Der Mieter trägt also zwar die Transportgefahr, nicht jedoch die Verzögerungsgefahr, so daß er rechtzeitig geleistet hat, wenn er den geschuldeten Betrag nur rechtzeitig abgesandt hat. Hingegen spielt es keine Rolle, wann der Betrag bei dem Vermieter eintrifft (§ 554 Rz 13; BGH LM Nr 3 zu § 270 BGB; Nr 1 zu § 36 W G ; R G Z 99, 2 5 7 ; ROQUETTE § 5 5 4 R z 9 f ) .

c) Nach § 551 ist der Vermieter grundsätzlich vorleistungspflichtig; in der Praxis 114 wird jedoch idR das Gegenteil vereinbart. d) Angesichts der allgemeinen Durchsetzung des Uberweisungsverkehrs ist davon 115 auszugehen, daß mangels abweichender Abreden die Uberweisungskosten vom Mieter zu tragen sind (str; s S O E R G E L - M E Z G E R § 5 3 5 R Z 1 4 5 ) . 5. Die Aufrechnung

116

a) § 851 b ZPO enthält kein Pfändungsverbot, so daß diese Vorschrift in Verbindung mit § 394 BGB der Aufrechnung des Mieters gegen die Mietzinsforderung des Vermieters nicht entgegensteht (AG Freiburg NJW 1956, 1717, 1718; B L E I NJW 1953, 211 f; str). Auch unter Berufung auf § 242 kann das Aufrechnungsrecht des (7i3)

Volker Emmerich

§§ 535, 536 117-123

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

Mieters nicht auf einen Teil des Mietzinses, zB auf die Hälfte des Mietzinses, beschränkt werden (falsch deshalb LG Lüneburg MDR 1968, 667 f m Nachw; GLASER N J W 1 9 5 2 , 1 2 0 5 ; B G B - R G R K - G E L H A A R § 5 3 5 R z

71).

117 b) In Mietverträgen finden sich überaus häufig Aufrechnungsverbote. Solche Verbote sind grundsätzlich zulässig. Nur bei der Wohnraummiete bestehen aufgrund des § 552 a Beschränkungen.

118 6. Verzug und Konkurs a) Im Falle des Verzuges des Mieters mit der Mietzinszahlung verdrängt § 554 für seinen Anwendungsbereich den § 326 (BGHZ 50, 312 = JuS 1969, 35 Nr 3; BGH LM Nr 6 zu § 326 [A] BGB; § 554 Rz 2). Spätestens nach Übergabe der Sache an den Mieter ist also aufgrund des § 326 kein Rücktritt mehr möglich (LG Mannheim ZMR 1969, 241). An die Stelle des Rücktritts tritt die Kündigung aus wichtigem Grunde (BGH aaO). Unberührt bleibt aber der Schadensersatzanspruch des Vermieters. Namentlich kann der Vermieter Ersatz eines etwaigen Verzögerungsschadens stets aus § 286 verlangen. Beauftragt jedoch der Vermieter schon bei einer einmaligen Verspätung des Mieters mit der Zahlung des Mietzinses einen Rechtsanwalt, so muß er sich ein mitwirkendes Verschulden anrechnen lassen (LG Mannheim WuM 1976, 28). 119 Der Mieter hat kein Zurückbehaltungsrecht hinsichtlich späterer Mietzinsraten, wenn der Vermieter es nach der Zahlung früherer Raten versäumt hat, dem Mieter eine Quittung auszustellen (AG Duisburg-Hamborn WuM 1976, 55; vgl im übrigen eingehend MITTELSTEIN 423 ff; M E Z G E R N J W 1972, 2071; NIENDORFF, MietR 194 ff). 120 b) Ist der Mieter mit mehreren Mietzinszahlungen in Verzug, so gilt für Teilleistungen des Mieters die Vorschrift des § 366 entsprechend. Grundsätzlich kann also der Mieter bestimmen, auf welche der offenstehenden Forderungen er leisten will. Nur wenn er eine solche Bestimmung unterläßt, gelten die älteren Forderungen als zunächst getilgt (BGH LM Nr 4 zu § 366 BGB; LG Mannheim WuM 1975, 97; aM MITTELSTEIN 4 1 5 f f ) .

121 c) Kommt der Mieter in Annahmeverzug, so ändert dies nichts an seiner Verpflichtung zur Zahlung des Mietzinses, da jedenfalls die Raummiete grundsätzlich absolute Fixschuld ist, so daß hier der Annahmeverzug zur Unmöglichkeit führt (§§ 324 Abs 1, 552; s im einzelnen Vorbem 17 zu § 537). 122 d) Die Wirkungen der Miete im Konkurs regeln im einzelnen die §§ 19-21 KO, so daß zwischen dem Konkurs des Vermieters und dem Konkurs des Mieters zu unterscheiden ist. Der Konkurs des Vermieters ist ohne Einfluß auf schon abgeschlossene Mietverträge. 123 Beim Konkurs des Mieters kommt es darauf an, ob ihm die Sache schon überlassen worden ist oder nicht. Ist die Sache dem Mieter noch nicht überlassen, so kann der Vermieter nach § 20 Abs 1 KO zurücktreten. Für den Konkursverwalter gilt hingegen § 17 KO, so daß er zwischen Erfüllung und Nichterfüllung wählen kann. Nach Überlassung der Sache an den Mieter haben beide Parteien hingegen nach § 19 KO ein außerordentliches befristetes Kündigungsrecht (s S C H M I D T - F U T T E R E R , MietR, s v Konkurs; E S S E R - W E Y E R S II 1 § 16 Ia). Volker Emmerich

(714)

§§ 535, 536 124-128

3. Titel. Miete. Pacht

124

7. Verjährung und Verwirkung a) Die Verjährungsfrist für Mietzinsforderungen beträgt 4 Jahre (§ 197). Nur für die gewerbsmäßige Vermietung beweglicher Sachen gilt nach § 196 Abs 1 Nr 6 eine Verjährungsfrist von 2 Jahren (s zB BGB LM Nr 18 zu § 196 BGB; BGB-RGRKGELHAAR, § 5 3 5 R z 7 4 ) .

b) Eine Verwirkung von Mietzinsforderunen wird von der Praxis verhältnismäßig 125 rasch angenommen, so zB wenn sich der Vermieter erst neun Monate nach Auszug des Mieters meldet (LG Weiden WuM 1976, 71; vgl auch OLG Hamm ZMR 1976, 142 f). Besonders schnell wird Verwirkung hinsichtlich der Forderung des Vermieters auf Ersatz der Nebenkosten angenommen, wenn der Vermieter nicht alsbald nach Abschluß der Abrechnungsperiode dem Mieter eine ordnungsgemäße Abrechnung erteilt (s o Rz 86 m Nachw). VI. Die Nebenleistungspflichten des Mieters

126

Neben der Verpflichtung zur Zahlung des Mietzinses trifft den Mieter eine ganze Reihe von Nebenleistungspflichten. 1. Die Abnahmepflicht des Mieters* a) Den Mieter trifft grundsätzlich keine Abnahme- und Gebrauchspflicht. Er ist zum vertragsmäßigen Gebrauch der ihm vermieteten Sache lediglich berechtigt, nicht aber verpflichtet, so daß er durch die Nichtentgegennahme der Sache lediglich in Annahmeverzug, jedoch nicht in Schuldnerverzug gerät (LEONHARD II 152). Daraus folgt zB, daß der Mieter einer Wohnung mit Etagenheizung diese Heizung nicht zu betreiben braucht (s o Rz 78). Ebensowenig trifft den Mieter eines Geschäftslokals eine Verpflichtung, das Geschäft tatsächlich offen zu halten und zu betreiben; er kann vielmehr das Geschäft auch einstellen, ohne daß sich dadurch freilich etwas an seiner Verpflichtung zur Mietzinszahlung änderte (BGH LM Nr 8 zu § 581 BGB; Nr 4 zu § 133 [A] BGB; OLG Celle ZMR 1973, 109 ff). Anders ist die Rechtslage, wenn dem Mieter der Gebrauch unmöglich ist. In diesem 127 Falle greift nämlich § 323 Abs 1 ein (BGH LM Nr 5 zu § 323 Abs 1 BGB). Auch kann der Vermieter fristlos kündigen, wenn der Mieter eine billige Sozialwohnung monatelang leerstehen läßt (LG Frankfurt WuM 1972, 189; 1974, 55). b) Eine Gebrauchspflicht des Mieters kann jederzeit, auch konkludent, vereinbart 128 werden (RGZ 138, 192; 138, 202). Insbes kann sich aus der Vereinbarung einer Umsatzmiete eine Betriebspflicht des Mieters ergeben; notwendig ist dieser Schluß jedoch nicht (RGZ 149, 88, 90 f; 160, 361, 368 f m Anm DAHMANN D R 1939, 1683 f; BGH LM Nr 3 zu § 242 [Bf] BGB; OLG Hamburg ZMR 1960, 304, 306; OLG Celle ZMR 1973, 109, 110 f m Nachw; OLG Bamberg JW 1932,1066 Nr 1). Jedoch wird eine Betriebspflicht wenigstens dann idR anzunehmen sein, wenn sich der Mietzins ganz oder doch überwiegend nach den Umsätzen des Mieters richtet. Auch den Mieter eines Reitpferdes, das regelmäßig bewegt werden muß, trifft schon aufgrund seiner Obhutspflicht nach Überlassung des Pferdes eine Gebrauchspflicht. Die Einstellung des gemieteten oder gepachteten Geschäfts kann jedenfalls dann eine Vertragswidrigkeit darstellen, wenn der Mieter oder Pächter gleichzeitig in der Nachbarschaft ein eigenes Konkurrenzgeschäft aufmacht (RG JW 1936,1829 f; KG JW 1936, 2932; vgl aber auch RGZ 160, 361, 368 f; OLG Celle aaO). Schließlich * Schrifttum:

(7i5)

LEONHARD II 1 5 0

ff;

MITTELSTEIN,

Die Miete

Volker Emmerich

348

ff;

NIENDORFF,

MietR

176

ff.

§§ 535, 536 129-133

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

kann sich auch aus der Eigenart des Geschäfts, zB als Teil eines nach außen als Einheit auftretenden sog Drugstores, eine Betriebspflicht ergeben (LG Augsburg ZMR 1973, 111 f). 129 2. Die Obhutspflicht des Mieters* Sobald dem Mieter die Sache überlassen worden ist, muß er mit der fremden Sache, die er nach Vertragsschluß zurückzugeben hat (§ 556), sorgfältig und pfleglich umgehen. Eine besondere Ausprägung dieser Obhutspflicht ist die Anzeigepflicht des Mieters aufgrund des § 545 (Mot II 400; R G Z 84, 222; 93, 39; 106, 133). a) Die Obhutspflicht beginnt, sobald dem Mieter die Sache überlassen worden ist. Sie besteht also auch dann, wenn der Vermieter die Sache dem Mieter schon vor dem vertraglich vorgesehenen Termin übergibt. Entsprechend endet die Obhutspflicht auch erst mit der tatsächlichen Rückgabe der Mietsache, ohne Rücksicht darauf, daß der Vertrag möglicherweise schon früher abgelaufen ist (BGH LM Nr 2 zu § 556 BGB). 130 b) Die Obhutspflicht erstreckt sich nicht nur auf das eigentliche Vertragsobjekt, sondern auch auf sämtliche mitvermieteten Sachen und Räume wie zB die Flure, Treppen, Böden und Keller, sowie die Zu- und Abgänge (RGZ 59, 161; 75, 118; 106, 133; OLG Nürnberg ZMR 1960, 80, 81). 131 Inhaltlich geht die Obhutspflicht vor allem dahin, alle genannten Sachen sorgfältig und pfleglich zu behandeln und nach Möglichkeit vor Schäden zu bewahren (OLG Düsseldorf ZMR 1965, 51). Folglich muß der Mieter, wenn er zB für längere Zeit verreist, dafür Sorge tragen, daß in der Zwischenzeit auftretende Mängel erkannt und behoben werden können, so daß er die Wohnungsschlüssel einer vertrauenswürdigen Person oder dem Vermieter (ggf in einem versiegelten Umschlag) übergeben muß, namentlich wenn Frost droht (BGH LM Nr 49 zu § 535 BGB, B1 2 R; LG München DWW 1966, 137; LG Düsseldorf NJW 1960, 2161 f; LG Mannheim DWW 1977, 42 f; HANS § 545 Anm B 3 b und 5 a). Ebenso muß der Mieter, wenn er von der Heizung, was ihm freisteht, keinen Gebrauch macht, wenigstens dafür Sorge tragen, daß die Anlage keine Schäden erleidet; namentlich muß er sich darum kümmern, daß die Rohre nicht einfrieren. 132 Auch im übrigen muß der Mieter alles ihm Mögliche und Zumutbare tun, um vermeidbare Schäden zu verhindern (s § 548 Rz 4 ff). Daraus folgt seine Pflicht, für eine Säuberung und Lüftung der Räume zu sorgen. Bei Regen und Sturm oder Frost muß er hingegen die Fenster schließen. Auch alle mitvermieteten Geräte und Leitungen muß er sorgsam behandeln (AG Witzenhausen WuM 1968,29). Schließlich muß er mit Gas, Strom und Wasser besonders vorsichtig umgehen. Nur wenn der Vermieter im selben Haus wohnt, ist die Obhutspflicht des Mieters jedenfalls hinsichtlich der mitvermieteten Räume und Flächen eingeschränkt, weil es dann Sache des Vermieters ist, sich um den Zustand dieser Räume und Flächen zu kümmern (RG JW 1906, 546). 133 c) Sobald Mängel drohen oder auftreten, trifft den Mieter die Anzeigepflicht des § 545. Hingegen ist der Mieter nicht verpflichtet, wohl aber berechtigt, die Mängel selbst zu beheben. In diesem Fall kann er von dem Vermieter Aufwendungsersatz verlangen (§ 538 Abs 2). Eine Reparaturpflicht besteht für ihn nur ausnahmsweise, namentlich wenn andernfalls der Sache schwerwiegende Gefahren drohen und deshalb ein sofortiges Eingreifen nötig ist (LARENZ II § 48 II b). * Schrifttum: s bei § 545, sowie 20 III 2.

BGB-RGRK-GELHAAR

§ 535 Rz 84 ff;

Volker Emmerich

ESSER-WEYERS

II §§

1612,

(716)

§§ 535, 536 134-138

3. Titel. Miete. Pacht

d) Teil der Obhutspflicht des Mieters ist die Verpflichtung, die Grenzen des 134 vertragsmäßigen Gebrauchs einzuhalten (Mot II 401). Die Obhutspflicht umfaßt deshalb sowohl Unterlassungspflichten als auch Pflichten zu positivem Tun. So ist der Mieter zur Mitwirkung verpflichtet, wenn eine Behebung von Mängeln nur mit seiner Mitwirkung möglich ist. Namentlich muß er dann dem Vermieter den Zutritt zu den Mieträumen gewähren. Läßt hingegen der Mieter selbst die erforderlichen Arbeiten durchführen, so muß er dafür Sorge tragen, daß die Arbeiten sachgemäß durchgeführt werden und vermeidbare Schäden verhindert werden. e) Bei Verstößen des Mieters gegen die Obhutspflicht kommen sowohl Schadenser- 135 satz- als auch Unterlassungsansprüche des Vermieters in Betracht (§ 550; BGH LM Nr 2 zu § 556 BGB). In schwerwiegenden Fällen kann der Vermieter außerdem kündigen (§ 553). Der Schadensersatzanspruch setzt jedoch voraus, daß der Mieter die Verletzung der 136 Obhutspflicht zu vertreten hat (§§ 276 ff). Dabei muß der Mieter für sämtliche Erfüllungsgehilfen einstehen (§ 278). Dazu gehören nicht nur alle Familienangehörigen und Besucher, sondern auch sämtliche Angestellten des Mieters und darüber hinaus alle Personen, denen er in irgendeiner Weise, wenn auch nur teilweise, den Gebrauch der Sache überlassen hat, also auch der Untermieter (§ 549 Abs 3; RGZ 106,

133,

1 3 4 ; ESSER I I

1§ 16 I 2c; B G B - R G R K - G E L H A A R

§ 535

Rz 85).

Der

Ersatzanspruch ist aber grundsätzlich erst bei Vertragsbeendigung fällig (OLG Düsseldorf NJW 1977, 58 f). Hat der Mieter die Verletzung nicht zu vertreten, so trifft ihn keine Ersatzpflicht. 137 Eine Ersatzpflicht ohne Verschulden kann auch nicht vertraglich, namentlich nicht durch Formularverträge oder durch eine Hausordnung, vereinbart werden (§138 Abs 1; AG Osnabrück WuM 1975, 206; AG Schwetzingen DWW 1976, 90; AG Schöneberg MDR 1977, 54; R O Q U E T T E ZMR 1973, 195; aA zu Unrecht AG Essen ZMR 1974, 44 f).

3. Die Duldungspflichten des Mieters* 138 a) Bei den Beratungen des BGB ist darauf verzichtet worden, eine Bestimmung darüber aufzunehmen, ob und wann der Vermieter die vermieteten Räume betreten darf; man ging davon aus, ein solches Besichtigungsrecht des Vermieters ergebe sich aus § 242, vor allem in der Zeit unmittelbar vor Ablauf des Vertrages (Prot II 216, 252). Heute wird die Frage meistens vertraglich geregelt. Ein generelles Besichtigungsrecht des Vermieters kann jedoch auf diesem Wege nicht begründet werden (§138 Abs 1). Fehlt aber eine vertragliche Regelung, so kann nicht davon ausgegangen werden, daß der Vermieter, und sei es auch nur in langen Abständen, ein Recht zur Besichtigung der vermieteten Räume habe, um sich von deren Zustand zu überzeugen (aA zu Unrecht O S W A L D , G L A S E R , S C H M I D T - F U T T E R E R U W E I M A R aaO). Eine solche Annahme ist vor allem mit der Anzeigepflicht des Mieters aus § 545 unvereinbar. Der Mieter muß deshalb die Besichtigung der Räume durch den * Schrifttum: E N N E C C E R U S - L E H M A N N § 1 2 9 1 5 ; G A I S B A U E R , Wann darf der Vermieter die Mietwohnung betreten? DWW 1 9 6 8 , 2 7 4 ; G L A S E R , Das Recht des Vermieters zum Betreten der Mietwohnung, ZMR 1 9 5 4 , 4 ; MITTELSTEIN, Die Miete 3 5 7 ff; O S W A L D , Unter welchen Voraussetzungen darf der Vermieter die Räume des Mieters betreten? ZMR 1 9 6 0 , 1 2 9 ; S C H M I D T - F U T T E RER, MietR, s v Besichtigungsrecht des Vermieters; STEGMAIER, Wann darf der Hausherr die Mietwohnung kontrollieren? ZMR 1 9 6 3 , 1 6 6 ; W E I M A R , Das Recht des Vermieters zum Betreten der vermieteten Wohnung, B1GBW 1974, 107. (717)

Volker Emmerich

§§ 535, 536 139-142

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

Vermieter nur bei besonderen Anlässen dulden (§ 242), insbes wenn der Sache schwere Gefahren drohen (LG Bremen B1GBW 1964, 159) oder wenn der Mieter dem Vermieter einen Mangel angezeigt hat und den Vermieter zu dessen Beseitigung aufgefordert hat. Der Vermieter darf dann auch einen Sachverständigen mitbringen. Anschließend muß der Mieter außerdem die Durchführung der erforderlichen Instandsetzungsarbeiten dulden (§ 541 a Abs 1). Außerdem muß der Vermieter in der Lage sein, Kaufinteressenten das Grundstück zu zeigen. Entsprechendes gilt, sobald der Mieter gekündigt hat. Nach der Kündigung muß er deshalb in engem Rahmen und zu vertretbaren Zeiten die Besichtigung durch neue Mietinteressenten dulden (RGZ 106, 270; KG OLGE 16, 426 f; AG Bergisch-Gladbach WuM 1 9 7 7 , 2 7 f). 139 In allen genannten Fällen muß der Vermieter den Mieter vorher von seiner Absicht, die Räume zu betreten, informieren. Mit Gewalt darf er sich niemals Zugang zu den Räumen verschaffen (§ 123 StGB). Notfalls muß der Vermieter also gegen den Mieter auf Duldung der Besichtigung klagen (LG Köln ZMR 1967, 177; LG Mannheim DWW 1976, 261; AG Kassel WuM 1971, 118; aA zu Unrecht OSWALD aaO). 140 b) Weitere Duldungspflichten ergeben sich aus den §§ 541 a und 559 ff.

4. Die Übernahme zusätzlicher Pflichten durch den Mieter 141 a) Die Reinigungspflicht Grundsätzlich trifft den Vermieter die Pflicht, die mitvermieteten Räumlichkeiten und Flächen in einem zum vertragsmäßigen Gebrauch geeigneten Zustand zu erhalten und deshalb auch zu reinigen (s o Rz 45). Es ist jedoch zulässig, die Reinigungspflicht vertraglich auf die Mieter abzuwälzen. Doch muß dies ausdrücklich geschehen (LG Bonn NJW 1958, 145). Eine entsprechende Verkehrssitte oder gar ein entsprechendes Gewohnheitsrecht können nicht anerkannt werden (sehr str; vgl HURST Z M R 1967, 67 ff m Nachw).

142 b) Die Schönheitsreparaturen* aa) Die Erhaltung der Sache in einem zum vertragsmäßigen Gebrauch geeigneten Zustand obliegt während der ganzen Vertragsdauer dem Vermieter (§ 536), so daß der Vermieter auch die sog Schönheitsreparaturen tragen muß, sobald die Wohnung * Schrifttum: BRONSCH, Die Schönheitsreparaturen, JR 1970, 125; FROTZ, Zur Schadensersatzhaftung des Mieters wegen vertragswidrig nicht ausgeführter Schönheitsinstandsetzungen, NJW 1 9 6 3 , 8 8 4 ; GLASER J R 1 9 5 6 , 3 6 7 ; GRAUER B 1 G B W 1 9 6 2 , 4 8 1 ; GROOTHOLT Z M R 1 9 5 4 , 2 8 9 ;

GUNDLACH, Vor- und Nachmieter als Gesamtschuldner? NJW 1976,787; HADDING, Die unterlassenen Schönheitsreparaturen, JuS 1969, 407; HERPERS, Über die Verpflichtung des Mieters zu Instandsetzungsarbeiten bei der Beendigung des Mietverhältnisses, WuM 1975, 29, 45; KÜRZEL B1GBW 1960, 155; MERKERT, Trotz Vernachlässigung der Mieträume kein Schaden des Vermieters? ZMR 1965, 129; OSKE, Schadensersatz statt Schönheitsreparaturen, ZMR 1973, 321; RADEMACHER, Kein Schadensersatzanspruch des Vermieters bei Ausführung der vom Vermieter unterlassenen Schönheitsreparaturen durch den Nachmieter auf eigene Kosten, ZMR 1963,130; SCHÄFER, S c h ö n h e i t s r e p a r a t u r e n u n d V o r t e i l s a u s g l e i c h , Z M R

1 9 6 3 , 1 2 9 ; SCHMIDT-FUTTERER,

Miete und Pacht 51 ff; ders, MietR, s v Schönheitsreparaturen; SCHMITZ MDR 1966, 283; SCHMUDLACH, Vor- und Nachmieter als Gesamtschuldner bei Schönheitsreparaturen, NJW 1974, 257; STEGMAIER, Wann sind Schönheitsreparautren fällig? ZMR 1962, 195; STERNEL, Wohn-

Volker Emmerich

(718)

3. Titel. Miete. Pacht

§§ 535, 536 142 a-144

infolge der Abwohnung Mängel aufweist (LG Köln WuM 1975, 37; LG Hamburg WuM 1977, 119; LG Mannheim WuM 1976, 49, 50). Abweichende Vereinbarungen sind jedoch möglich und sehr verbreitet. Gleichwohl besteht keine Verkehrssitte, daß der Mieter die Schönheitsreparaturen tragen müsse (falsch BGB-RGRKGELHAAR § 5 3 5 Rz 90). Die Abwälzung der Schönheitsreparaturen auf den Mieter bedarf daher stets einer klaren und ausdrücklichen Vereinbarung, an die von der Praxis strenge Anforderungen gestellt werden (§ 548 Rz 13; LG Berlin ZMR 1964, 362; GE 1960, 391). Deshalb genügt zB die Vereinbarung, der Mieter müsse die Wohnung bei Auszug „in normal abgenutztem Zustand" oder „in bezugsfertigem Zustand" zurückgeben, nicht für die Überwälzung der Schönheitsreparaturen auf den Mieter (LG Koblenz MDR 1976, 143; LG Köln WuM 1975, 245; AG Fulda WuM 1975, 2 0 8 ; bes HERPERS WuM 1 9 7 6 , 4 5 , 4 7 ) . Dasselbe gilt für die Klausel „Rückgabe wie übernommen" (LG Mannheim ZMR 1968, 321). Der Umfang, in dem der Mieter die Schönheitsreparaturen tragen muß, hängt daher stets auch ganz von den Abreden der Parteien ab, so daß sich allgemeine Regeln kaum aufstellen lassen (LG Mannheim FWW 1977, 94). a Fraglich ist vor allem, ob dem Mieter, wie es die Regel ist, heute noch in Formular- 142 a vertragen die Verpflichtung zur Durchführung der Schönheitsreparaturen auferlegt werden kann. Dagegen spricht vor allem § 9 Abs 2 Nr 2 AGBG, wonach durch AGB die Hauptleistungspflichten einer Partei nicht so eingeschränkt werden können, daß die Erreichung des Vertragszweckes gefährdet wird (s LÖWE-GRAF VON WESTPHALEN-TRINKNER, AGBG § 9 Rz 2 9 ff; BRANDNER, in: ULMER-BRANDNERHENSEN, AGBG § 9 Rz 59 ff). Auch die Vornahme der Schönheitsreparaturen ist Teil der Hauptleistungspflichten des Vermieters aus § 536 (o Rz 142). Folglich ist in Zukunft eine Uberbürdung der Schönheitsreparaturen auf den Mieter nur noch durch echte Individualvereinbarung möglich (§ 4 AGBG; zu den strengen Anforderungen an die Annahme einer solchen Vereinbarung s grdleg BGH NJW 1977, 624 ff). Ein Formularvertrag genügt nicht mehr (aM BUB DWW 1977, 76, 78; ebenso wie hier hingegen LÖWE-GRAF VON WESTPHALEN-TRINKNER, AGBG § 9 Rz 72).

bb) Unter Schönheitsreparaturen versteht man seit der preuß AusfVO zum RMG 143 v 17. 4. 1924 (GS 553) das Tapezieren, Anstreichen oder Kalken der Wände und Decken, das Streichen der Fußböden, Heizkörper, Heizrohre und Innentüren, sowie der Fenster und Außentüren von innen (statt aller BGHZ 49, 56 = JuS 1968, 288 f Nr 4 m Nachw). Darunter fallen also nur solche Mängel, die durch das normale Abwohnen hervorgerufen werden, nicht jedoch Mängel, die andere Ursachen haben. Ebensowenig bilden einen Teil der Schönheitsreparaturen das Abschleifen und Versiegeln der Parkettfußböden, das Auswechseln von Teppichböden oder die Beseitigung von Dübeln (BGH BB 1976, 623; LG Kassel WuM 1975, 35, 36; LG Mannheim WuM 1975, 50, 51; AG Köln WuM 1976, 160; LG Lüneburg WuM 1976, 6 f). Hingegen gehört die Wiederherstellung der Böden nach Abnahme eines vom Mieter verlegten Teppichbodens durchaus zu den vom Mieter geschuldeten Schönheitsreparaturen (LG Hannover ZMR 1971, 26 f; 1971, 27). cc) Die Überwälzung der Schönheitsreparaturen auf den Mieter kann je nach den 144 Abreden der Parteien einen verschiedenen Sinn haben. Sie kann einmal bedeuten, daß der Vermieter die betreffenden Arbeiten nicht mehr vorzunehmen braucht, während es dem Mieter freistehen soll, ob er die Arbeiten durchführen lassen will raummietrecht Tz I I I 181 ff; T O N D O R F W U M 1975, 237; TRAUTMANN DWW 1963, 304; W E I M A R , Rechtsfragen zu den Schönheitsreparaturen, Betrieb 1976, 1142; W E I N G Ä R T N E R , Der Schadensersatzanspruch wegen nicht durchgeführter Schönheitsreparaturen, WuM 1977, 221, alle m zahlr Nachw. (719)

Volker Emmerich

§§ 535, 536 145-147

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

oder nicht. Die Abrede kann aber auch den Sinn haben, daß der Mieter zur Durchführung der Schönheitsreparaturen verpflichtet sein soll; dann muß der Mieter die Schönheitsreparaturen in demselben Umfang vornehmen, wie sie der Vermieter ohne die betreffende Abrede aufgrund des Gesetzes (§ 536 u § 548) durchführen lassen müßte. Folglich wird die Pflicht des Mieters durch das bloße Abwohnen der Dekoration noch nicht ausgelöst; vielmehr muß die Dekoration derart in Mitleidenschaft gezogen sein, daß man den Zustand der Wohnung als mangelhaft bezeichnen muß (KG ZMR 1963, 138 f m Nachw). Und wenn sich die Mieträume bei Überlassung an den Mieter in einem schlechten Zustand befanden, so kann die Übernahme der Schönheitsreparaturen durch den Mieter schließlich auch noch den Sinn haben, daß der Mieter die Räume erst ordnungsgemäß herrichten und dann in in diesem Zustand erhalten muß (LG Hannover MDR 1967, 845). 145 Die Einzelheiten sind lebhaft umstr. Die Gerichte gehen häufig davon aus, daß der Mieter die Schönheitsreparaturen je nach den Abreden der Parteien nach einem normalen Wirtschaftsplan durchführen lassen müsse. Einzelne Gerichte nehmen dabei für die Wohnräume einen 5-6jährigen und für Küche und Bad einen 2-3jährigen Renovierungsrhythmus an (vgl zB LG Kön WuM 1976, 51 f; 1977, 5, 6 f; LG Mannheim WuM 1975, 50; ZMR 1977, 153; AG Hanau ZMR 1968, 112 f; R O Q U E T T E § 536 Rz 40 m Nachw in Fußn 44). Dies bedeutet jedoch nicht, daß der Vermieter schon während des Bestehens des Mietverhältnisses einen Anspruch auf Durchführung der hiernach vom Mieter geschuldeten Schönheitsreparaturen hätte; er muß vielmehr stets damit bis zur Beendigung des Vertrages warten, da es während der Vertragsdauer allein Sache des Mieters ist, mit welchem Zustand der Sache er sich zufrieden geben will (str). Abweichende Abreden sind aber möglich (LG Mannheim DWW 1976, 89 f). 146 dd) Wenn das Vertragsverhältnis endet, kann der Vermieter die Vornahme der Schönheitsreparaturen, die bis zu diesem Zeitpunkt fällig geworden sind, verlangen. Der Mieter ist nicht etwa verpflichtet, jetzt die Wohnung vollständig zu renovieren, sondern kann sich auf diejenigen Arbeiten beschränken, die bis zu seinem Auszug nach dem Wirtschaftsplan und vor allem nach den konkreten Umständen erforderlich geworden sind (LG Köln WuM 1976, 51 f; 1977, 5 ff; H E R P E R S WuM 1975, 29, 31 f). Hat er bis zu seinem Auszug alle jeweils erforderlich gewordenen Schönheitsreparaturen durchgeführt, so schuldet er jetzt nichts mehr. In der Zwischenzeit erneut eingetretene Abwohnungserscheinungen muß der Vermieter hinnehmen, sofern die Parteien nicht ausdrücklich etwas anderes vereinbart haben (so OLG Hamm MDR 1965, 548; LG Köln MDR 1974, 583 Nr 58; WuM 1977, 5 ff; LG Mannheim DWW 1976, 89 = ZMR 1976, 83; WuM 1977, 202; aA LG Freiburg NJW 1969, 1857 f m abl Anm H Ö N N 2203). Der BGH verlangt hingegen weitergehend, daß sich die Räume nach Durchführung der Schönheitsreparaturen bei Beendigung des Mietverhältnisses in einem Zustand befinden, der es dem Vermieter erlaubt, die Räume jetzt zu Wohnzwecken ohne weitere Arbeiten zu vermieten (BGHZ 49, 56, 58 f = JuS 1968, 288 f Nr 4; BGH WarnR 1965 Nr 181; LG Koblenz MDR 1978, 55 Nr 53; dazu insbes H A D D I N G JuS 1969, 407, 408 f; BGB-RGRK-GELHAAR

§ 535 Rz

92).

147 ee) Wenn der Mieter auszieht, ohne die geschuldeten Schönheitsreparaturen durchgeführt zu haben, ist § 326 anwendbar, da die Übernahme der Schönheitsreparaturen die Begründung einer weiteren Hauptleistungspflicht des Mieters darstellt. § 326 setzt zunächst Verzug des Mieters voraus. Schon hieran fehlt es, wenn der Mieter nach seinem Auszug dem Vermieter Verhandlungen über die Modalitäten der Renovierung angeboten hat, der Vermieter hierauf jedoch nichts unternommen hat (LG Mannheim WuM 1975, 144; ZMR 1976,143 f; AG Köln ZMR 1976,181; AG Mettmann WuM 1977, 224). Außerdem setzt die Anwendung des § 326 voraus, Volker Emmerich

(720)

3. Titel. Miete. Pacht

§§ 535, 536 148-150

daß der Vermieter auch seinerseits vertragstreu ist; hieran fehlt es, wenn der Vermieter es selbst unterlassen hat, Mängel zu beseitigen (KG MDR 1974, 319). § 326 verlangt weiter, daß der Vermieter dem Mieter zunächst eine Frist zur Durchführung der Schönheitsreparaturen in Verbindung mit der Androhung der Ablehnung nach Ablauf der Frist setzt (BGH WM 1976, 1277 f; OLG Hamburg NJW 1973, 2211; OLG Oldenburg FWW 1973,189; AG Köln ZMR 1976,181). In dem Auszug des Mieters ohne Durchführung der Schönheitsreparaturen wird jedoch häufig eine endgültige Erfüllungsverweigerung liegen, die den Vermieter berechtigt, auch ohne Fristsetzung sofort zum Schadensersatzanspruch wegen Nichterfüllung überzugehen (KG JW 1934, 1428; ZMR 1963, 138; BGHZ 49, 56, 59 f = JuS 1968, 288 f Nr 4; NJW 1971, 1839; WM 1976, 1277, 1278; LG Düsseldorf WuM 1976, 259).

Der Schaden des Vermieters besteht vor allem in der Wertminderung der Wohnung 148 und in dem ihm entgehenden zusätzlichen Mietzins bei Weitervermietung, sowie schließlich in den Kosten für ein zur Feststellung des Wohnungszustandes erforderliches Gutachten (BGHZ 49, 56, 60; LG Frankfurt ZMR 1963, 112; LG Mannheim ZMR

1974, 2 1 4 ; GUNDLACH a a O ; SCHMIDT-FUTTERER Z M R

1 9 6 8 , 1 6 1 f). D e r

Ersatzanspruch des Vermieters verjährt in der kurzen Frist des § 558 (OLG Düsseldorf MDR 1973, 676). Die Beweislast für alle Anspruchsvoraussetzungen trägt dabei der Vermieter. Nach § 254 muß der Vermieter die erforderlichen Arbeiten außerdem sofort nach Auszug des Mieters durchführen lassen, um den Mietausfall klein zu halten (LG Frankfurt WuM 1977, 95; LG Mannheim WuM 1977, 96).

ff) Gelingt es dem Vermieter, die vom ersten Mieter bei seinem Auszug pflichtwi- 149 drig nicht durchgeführten Schönheitsreparaturen auf den Nachmieter abzuwälzen, so soll dies nach hM nach den Grundsätzen über die Vorteilsausgleichung nichts an der Ersatzpflicht des ersten Mieters ändern.* Am meisten spricht für die Meinung, daß der erste und der zweite Mieter Gesamtschuldner sind, so daß der Vermieter die Schönheitsreparaturen nur einmal verlangen kann, während im Innenverhältnis der erste Mieter letztlich die Schönheitsreparaturen tragen muß (LG Kassel NJW 1975, 1842; AG Kiel WuM 1976, 119 f; AG K ö l n W u M 1 9 7 6 , 1 8 0 ; SCHMUDLACH a a O ; d a g e g e n GUNDLACH; a a O WEINGÄRTNER

aaO). Die Renovierungspflicht entfällt auch, wenn sie für den Vermieter ohne Interesse ist, zB weil er umbauen will (LG Köln WuM 1977, 253 f). c) Die Übernahme sonstiger Pflichten durch den Mieter Durch den Mietvertrag können auch weitere Vermieterpflichten auf den Mieter abgewälzt werden. aa) So kann der Mieter zB eines Einfamilienhauses durchaus auch die Verkehrssicherungspflicht übernehmen. Dies ändert jedoch nichts an der Aufsichtspflicht des Vermieters. Der Vermieter bleibt also trotz Abwälzung der Verkehrssicherungspflicht zumindest verpflichtet, sich in regelmäßigen Abständen von der ordnungsgemäßen Erfüllung der Verkehrssicherungspflicht durch den Mieter zu überzeugen. * BGHZ 49, 56, 61 ff = JuS aaO; KG ZMR 1963, 137; NJW 1964, 725; OLG Köln ZMR 1968, 1 0 ; L G B e r l i n Z M R 1 9 6 3 , 1 3 9 ; GROOTHOLT, HADDING, MERKERT, SCHÄFER u n d SCHMITZ a a O ;

KEUK, Vermögensschaden und Interesse (1972) 121 ff; aA insbes LG Mannheim WuM 1974, 215; MDR 1976, 581; DWW 1977, 185; WuM 1977, 253; OLG Hamm NJW 1964, 1373, nach denen in diesem Fall kein Schaden des Vermieters vorliegt; auch LG Frankfurt WuM 1977,139; ebenso WEINGÄRTNER W u M 1977, 221 f; dagegen wie d e r B G H ESSER-WEYERS II 1 § 2 0 III 2 c; GELHAAR a a O R z 9 4 . (721)

Volker Emmerich

150

§§ 535, 536 151-156

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

151 bb) Der Mieter kann auch die Instandhaltungs- oder Instandsetzungspflicht des Vermieters wenigstens teilweise übernehmen (BGHZ 56, 136, 139). Solche Klauseln sind jedoch, weil durch sie der Kern der Vermieterpflichten getroffen wird, grundsätzlich eng auszulegen (OLG Hamm, Urt v 1. 6. 1976 - 7 U 7/76). Übernimmt der Mieter zB nur die Instandhaltungspflicht, so bleibt die Instandsetzungspflicht beim Vermieter (LG Mannheim ZMR 1976, 209; DWW 1976, 165; LG Hamburg WuM 1976, 146; aA zu Unrecht AG Dortmund WuM 1978, 8, 26). Besonders häufig ist die Abrede, daß der Mieter alle Reparaturen bis zu einem bestimmten Höchstbetrag übernimmt oder sich doch an allen Reparaturen bis zu einem bestimmten Betrag beteiligen muß (s OLG Köln ZMR 1968, 10; LG Frankfurt ZMR 1968, 112). Hat der Mieter in diesem Sinne die Verpflichtung zur Beseitigung von Bagatellschäden übernommen, so bleibt jedoch die Beseitigung aller größeren Schäden alleinige Pflicht des Vermieters (AG Bergisch-Gladbach WuM 1976, 229; LG Mannheim WuM 1977, 253). Eine weitergehende Abwälzung der Instandsetzungspflicht kann gegen § 138 verstoßen (AG Bad Wildungen WuM 1976, 252 f). 152 VII. Beweislast Für das Zustandekommen eines Mietvertrages ist derjenige beweispflichtig, der sich darauf beruft. Die bloße Tatsache des Besitzes einer Sache beweist noch nicht, daß der Besitz aufgrund eines Mietverhältnisses erlangt ist (einschränkend RG LZ 1914, 679). 153 Hat der Mieter vorbehaltlos die Sache als Erfüllung entgegengenommen, so trifft ihn die Beweislast, falls er sich später auf Mängel berufen will (§ 363). In der vorbehaltlosen Annahme der Sache kann außerdem ausnahmsweise ein Verzicht auf etwaige Mängelrechte liegen. Auch durch die Klausel, daß der Mieter die Sache besehen und in guter Ordnung empfangen habe, übernimmt er die Beweislast für trotzdem vorhandene Mängel (vgl auch § 548 Rz 16). 154 Wird der Mieter durch Einwirkungen aus der Sphäre des im selben Haus wohnenden Vermieters geschädigt, so ist es Sache des Vermieters, sich hierfür zu entlasten (BGH LM Nr 6 a zu § 536 BGB, B1 3). 155 VIII. Anhang: Das Verhältnis zwischen mehreren Mietern 1. Wenn in einem Haus mehrere Mieter nebeneinanderwohnen, so bilden diese Mieter keine irgendwie geartete Rechtsgemeinschaft (KG ZMR 1976, 202, 206; ROQUETTE Z M R 1 9 7 3 , 1 9 5 f; SOERGEL-MEZGER §§ 5 3 5 , 5 3 6 R z 1 7 4 f f ; HANS § 5 3 5

Anm B 4 g, bb). Vor allem bestehen keinerlei vertragliche Beziehungen zwischen den Mietern. Wenn jedoch ein Mieter die Obhutspflicht über die ihm vermieteten Räume vernachlässigt, so kann darin zugleich eine Verletzung der allgemeinen Verkehrssicherungspflicht gegenüber den anderen Mietern liegen, so daß er diesen anderen Mietern aus Delikt zum Schadensersatz verpflichtet ist (so für Wasserschäden bei Frostaufbrüchen BGH LM Nr 41 und 49 zu § 535 BGB; ZMR 1965, 207, 208; AG Bremerhaven WuM 1976, 228). 156 Die verschiedenen Mieter sind grundsätzlich auch nicht in den Schutzbereich des Mietvertrages zwischen dem Vermieter und den anderen Mietern einbezogen. Den Mietern stehen deshalb keine vertraglichen Ersatzansprüche bei Verletzungen der Obhutspflicht durch andere Mieter zu (BGH LM Nr 41 zu § 535 BGB; Nr 6 a zu § 536 BGB; KÖHLER JUS 1977, 652 ff). Umgekehrt können die verschiedenen Mieter auch nicht als Erfüllungsgehilfen des Vermieters bei der Erfüllung dessen Volker Emmerich

(722)

3. Titel. Miete. Pacht

§§ 535, 536, Vorbem zu § 537 157

Pflichten gegenüber den anderen Mietern angesehen werden (RGZ 103, 372, 374; BGB WM 1969, 1011, 1012). Eine Ausnahme gilt nur, wenn einzelne Mieter zusätzlich die Erfüllung bestimmter Verpflichtungen des Vermieters wie zB die Erfüllung der Verpflichtung zur Reinigung der Zugänge, zum Streuen bei Glatteis und zum Räumen von Schnee übernommen haben (BGH ZMR 1965, 207, 208 f; s o Rz 3 1 ) . 2. Stören einzelne Mieter ihre Mitmieter, so können die gestörten Mieter von dem 157 Vermieter Beseitigung der Störung verlangen. Daneben können sie gegen die störenden Mitmieter auch selbst aufgrund der §§861 und 862 vorgehen; dabei ist § 9 0 6 e n t s p r e c h e n d a n z u w e n d e n (KÖHLER JUS 1 9 7 7 , 6 5 2 ff; B G B - R G R K - G E L H A A R § 5 3 5 Rz 1 0 1 ) .

Vorbemerkungen Das Verhältnis der §§ 537 bis 544 BGB zu den allgemeinen Vorschriften, insbes über die Leistungsstörungen Schrifttum BEUTHIEN, Zweckerreichung und Zweckstörung im Schuldverhältnis (1969) 166 ff; B G B - R G R K -

GELHAAR Vorbem 111 ff zu § 535; BROX-ELSING, Die Mängelhaftung bei Kauf, Miete und Werkvertrag, J u S 1976, 1; DIEDERICHSEN, A n m J Z 1964, 24; EMMERICH, Schuldrecht -

BT,

Schwerpunkte III (2. Aufl 1976) § 7 II 1; ders, in: Grundlagen des Vertrags- und Schuldrechts ( 1 9 7 4 ) 4 2 2 f f , 4 3 2 f f , 4 4 7 f f ; ESSER I I 1 § 1 5 I I ; FIKENTSCHER, S c h u l d r e c h t , § 7 4 I I 1 e ; GITTER, in:

Vertragsschuldverhältnisse (1974) 17 ff; HASSOLD, Zur Reichweite der Mängelgewährleistung im Mietrecht, NJW 1974, 1743; ders, Konkurrenzen zwischen den Gewährleistungsregeln des Mietrechts und dem allgemeinen Unmöglichkeitsrecht, NJW 1975, 1863; ders, Die Mängelhaftung im Mietrecht, JuS 1975, 550; KÜRZEL, Zum Mangel der Mietsache usw, ZMR 1974, 321; KÖHLER, Unmöglichkeit und Geschäftsgrundlage bei Zweckstörungen im Schuldverhältnis (1971) 31 ff, 169 ff, 174 ff; LARENZ, Geschäftsgrundlage und Vertragserfüllung (3. Aufl 1965) 91 ff; ders II § 48 III b; MITTELSTEIN, Die Miete nach dem Rechte des deutschen Reiches (4. Aufl 1932) 188 ff, 214 ff; NIENDORFF, Mietrecht nach dem BGB (10. Aufl 1914) 137 ff; SCHMIDT-FUTTERER, Wohnraumschutzgesetze, Rz B 86 ff (S 71 ff); ders, Miete und Pacht (2. Aufl 1974) 102 ff; ders, Mietrecht (7. Aufl 1976), s v Mängel; SCHÖLLER, Die Folgen schuldhafter Nichterfüllung usw, Gruchot 46 (1902) 1, 253, 260 ff; STÖTTER, Die mangelhafte Geschäftsgrundlage im Mietrecht, NJW 1971, 2281; TODT, Die Schadensersatzansprüche des Käufers, Mieters und Werkbestellers aus Sachmängeln (1970); ders, Die Schadensersatzansprüche des Käufers, Mieters und Werkbestellers bei Lieferung eines mangelhaften Vertragsobjektes, BB 1971, 680; WEIMAR, Die Sachmängelhaftung im Mietrecht (1957) insbes 12 ff, 32 ff, 53 ff.

Systematische Übersicht I. Allgemeines 1

IV. Die positive Vertragsverletzung 24

II. Die Unmöglichkeit 1. Die anfängliche Unmöglichkeit 4 2. Die nachträgliche Unmöglichkeit 8 a) Die Rechtslage bei Zerstörung oder Verlust der Sache 8 b) Die Rechtslage bei bloßer Mangelhaftigkeit der Sache 13 c) Die Anwendbarkeit des § 324 16 III. Der Verzug des Vermieters 1. vor Überlassung der Sache 19 2. nach Überlassung der Sache 22 (723)

V. 1. 2. a) b) c) d) 3.

Der Wegfall der Geschäftsgrundlage Allgemeines 27 Die einzelnen Fallgruppen 28 Die Zweckvereitelung 28 Die übermäßige Leistungserschwerung 31 Die Veränderung der Sozialexistenz 32 Die sog Äquivalenzstörung 33 Rechtsfolgen 34

VI. Die Anfechtung 35

Volker Emmerich

Vorbem zu § 537 1> 2

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

Alphabetische Übersicht Äquivalenzstörung 33 Anfängliche Unmöglichkeit 4 f Anfängliches Unvermögen 7 Anfechtung 35 Annahme Verzug des Mieters 17 f

Nachträgliche Unmöglichkeit 6, 8 , 3 0 Nebenleistungspflichten 24 Positive Vertragsverletzung 3, 24 f Rücktritt 21, 25

Beschädigung der Sache 10 Schadensersatz 2, 19 f, 22 f, 25 f Dauerschuldverhältnis 27

Garantiehaftung 2 , 5

Überlassung der Sache 13,15,19, 22 Unmöglichkeit 2 ^ , 17 f, 30 Veränderung der Sozialexistenz 32 Verlust der Sache 8 Verschaffungsschuld 4 Verwendungsrisiko 28 f Verzug des Vermieters 19,22 Vorübergehende Unmöglichkeit 9

Kündigungsrecht 2 , 1 2 - 1 4 , 2 1 , 2 3 , 2 5 f

Wegfall der Geschäftsgrundlage 3,27

Leistungserschwerung 31

Zerstörung der Sache 8 Zwangsversteigerung 12 Zweckvereitelung 28

Einzelfälle 10-12 Erfüllungsanspruch 2 Fahrnismiete 18 Fixgeschäft 9 , 1 7 , 1 9

Mangelhaftigkeit der Sache 5 , 1 3

I. Allgemeines 1. Überlassung und Erhaltung der Sache in einem zum vertragsmäßigen Gebrauch geeigneten Zustand sind Hauptleistungspflichten des Vermieters, auf deren Erfüllung der Mieter einen Anspruch hat. Jeder Verstoß gegen diese Pflichten ist ein Fall der Nichterfüllung und damit eine echte Leistungsstörung, so daß sich die Rechtsfolgen grundsätzlich aus den §§ 275, 280, 284 ff und 323 ff ergeben. Daneben greifen aber auch die §§ 537-544 ein, die keine eigentlichen Gewährleistungsregeln sind, sondern ebenfalls die Folgen der Nichterfüllung regeln. Die §§ 537 und 538 wiederholen dabei aus Gründen der Klarstellung zum großen Teil nur die sich ohnehin schon aus den §§ 323, 325 und 326 ergebende Rechtslage (Mot II 375). In wichtigen Beziehungen weicht jedoch die Regelung der §§ 537-544 mit Rücksicht auf die Besonderheiten der Miete auch von den allgemeinen Vorschriften über Leistungsstörungen ab, so daß sich die Frage nach dem Verhältnis beider Regelungen stellt. 2. Auszugehen ist davon, daß der Mieter bei Überlassung einer mangelhaften Sache oder bei nachträglichem Auftreten eines Sach- oder Rechtsmangels in erster Linie den Erfüllungsanspruch gegen den Vermieter auf Beseitigung des Mangels hat. Liegt der Mangel schon bei Überlassung der Sache vor, so kann er außerdem die Annahme der Leistung ablehnen und die Erbringung der Gegenleistung verweigern (§ 320; BGH NJW 1951, 705). Ist die Sache aber einmal überlassen, so bewirkt die Mangelhaftigkeit der Sache eine automatische Minderung oder einen automatischen Wegfall der Mietzinspflicht nach § 537. Da es sich hier um einen Fall teilweiser oder gänzlicher Unmöglichkeit handelt, wiederholt § 537 folglich insoweit nur die allgemeine Regelung des § 323 Abs 1. Außerdem hat aber der Mieter in diesen Fällen unter bestimmten Voraussetzungen noch ein besonderes Kündigungsrecht aufgrund der §§ 542 und 544. Hat der Vermieter den Mangel zu vertreten, so kann der Mieter daneben nach § 538 Abs 1 Fall 2 Schadensersatz wegen Nichterfüllung verlangen. Volker Emmerich

(724)

Vorbem zu § 537 3-7

3. Titel. Miete. Pacht

Das entspricht dem § 325 Abs 1. Eine mietrechtliche Besonderheit ist indessen wieder die weitgehende Garantiehaftung des Vermieters für schon bei Vertragsschluß vorliegende Mängel nach § 538 Abs 1 Fall 1. Minderung, Rücktritt und Schadensersatz wegen Nichterfüllung schließen sich zudem nicht gegenseitig aus, sondern können grundsätzlich nebeneinander geltend gemacht werden. Ungeregelt in den §§ 537 ff sind somit vor allem die Fälle der vollständigen 3 Unmöglichkeit (§§ 275, 306 und 323, 325), der vom Mieter zu vertretenden gänzlichen oder teilweisen Unmöglichkeit (§ 324 Abs 1), des Annahmeverzugs des Mieters (§§ 293 ff und 324 Abs 2), der positiven Vertragsverletzung und des Wegfalls der Geschäftsgrundlage. II. Die Unmöglichkeit 1. Die anfängliche Unmöglichkeit

4

a) Wenn die Sache schon bei Vertragsschluß nicht existiert, ist der Vertrag unwirksam (§ 306), es sei denn, der Vermieter hätte, wovon hier idR auszugehen sein dürfte, die Verpflichtung zur Herstellung der Sache übernommen. Bei der Vermietung einer bei Vertragsschluß noch nicht vorhandenen Spezies wird maW in aller Regel eine Verschaffungsschuld vorliegen. Dasselbe folgt für alle Gattungsschulden aus § 279. Für die Anwendung des § 306 ist erst recht kein Raum, wenn die Sache bei Vertragsschluß lediglich noch nicht fertiggestellt ist (dazu § 538 Rz 5). b) Ist hingegen die Sache bei Vertragsschluß zwar vorhanden, ist sie jedoch mit 5 einem Mangel behaftet, durch den die Gebrauchstauglichkeit ganz oder teilweise aufgehoben wird, so konkurrieren offenbar die §§ 306 und 538. Während nach § 306 der Vertrag unwirksam ist, behandelt § 538 Abs 1 Fall 1 den Vertrag als wirksam und legt außerdem dem Vermieter eine weitgehende Garantiehaftung auf. Die Praxis unterscheidet hier idR danach, ob der Mangel behebbar ist oder nicht. Bei nichtbehebbaren Mängeln, zB bei einem endgültigen Bauverbot oder Abrißgebot, wird anfängliche Unmöglichkeit iS des § 306 angenommen, so daß der Vermieter dem Mieter nur unter den engen Voraussetzungen des § 307 zum Ersatz des negativen Interesses verpflichtet ist (OLG Hamm ZMR 1968, 200 = MDR 1968, 50; OLG Düsseldorf ZMR 1970, 173, 174; insbes OLG Celle OLGZ 1974, 197 = JuS 1974, 256 f Nr 7 m Nachw u m Anm B E N Ö H R NJW 1974, 648 und HASSOLD NJW 1974, 1743; LG Mannheim WuM 1976, 5; LG Hamburg DWW 1977, 117; K Ü R Z E L ZMR 1974, 321 f). Die Konsequenz ist, daß der Mieter gerade in den besonders schwerwiegenden Fällen weitgehend schutzlos ist. Das widerspricht offenkundig dem Zweck der durch § 538 Abs 1 angeordneten Garantiehaftung des Vermieters, durch die dem Mieter gerade ein weitgehender Schutz gegen anfängliche Mängel verschafft werden sollte. Deshalb ist davon auszugehen, daß auch bei anfänglichen unbehebbaren Mängeln der Mietsache nicht § 306, sondern allein § 538 Abs 1 Fall 1 anzuwenden ist (ebenso B E N Ö H R , ESSER, DIEDERICHSEN und HASSOLD a a O ; B R O X - E L S I N G J u S 1 9 7 6 , 1 , 5 ; BEUTHIEN

167).

c) Die Vorschrift des § 306 kann auch nicht in den Sonderfällen angewendet 6 werden, in denen die Leistung zwischen Vertragsschluß und Fälligkeit unmöglich wird (s EMMERICH, in: Grundlagen des Vertrags- und Schuldrechts [ 1 9 7 4 ] 3 6 2 f). In solchen Fällen liegt vielmehr stets nachträgliche Unmöglichkeit vor. d) Bei anfänglichem Unvermögen des Vermieters, zB bei Eigentum oder Besitz 7 eines Dritten, ist der Vertrag wirksam, so daß der Mieter grundsätzlich Erfüllung und bei Nichterfüllung Schadensersatz verlangen kann. Für die wichtigsten Fälle folgt dies auch aus den §§ 541 und 538, im übrigen aus den §§ 283 und 326. (725)

Volker Emmerich

Vorbem zu § 537 8-12

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

8 2. Die nachträgliche Unmöglichkeit a) Die Rechtslage bei Zerstörung oder Verlust der Sache Die §§ 537 ff enthalten nur insoweit eine Sonderregelung, als es um die Folgen von Sach- und Rechtsmängeln geht. Bei einer völligen Zerstörung der Mietsache liegt jedoch kein bloßer Mangel, sondern eine vollständige Unmöglichkeit der Erfüllung vor, so daß es für die Rechtsfolgen allein darauf ankommt, wer die Unmöglichkeit zu vertreten hat. Keine Rolle spielt insoweit, ob dem Mieter die Sache bereits überlassen war oder nicht. Immer richten sich die Rechtsfolgen allein nach den §§ 275, 323-325 (Mot II 421; R G Z 146, 60, 64 ff; 157, 363, 367; BGHZ 38, 295, 301 f; BGH LM Nr 22 zu § 571 BGB; Nr 2 zu § 581 BGB B1 3; Nr 1 zu § 247 BGB; WM 1976, 640 = JuS 1976, 677 f Nr 8 m Nachw; VersR 1977, 526, 527; OLG Hamm WM 1973, 526 f; LG Frankfurt NJW 1976,572 f m abl Anm D O P J A N 898 u K Ö H L E R J u S 1 9 7 6 , 7 8 4 ; BEUTHIEN

168).

9 Die Praxis stellt dabei eine bloß vorübergehende Unmöglichkeit der endgültigen gleich, wenn durch sie die Erreichung des Vertragszweckes in Frage gestellt wird und dem Mieter deshalb ein Festhalten an dem Vertrag nicht mehr zugemutet werden kann (RGZ 146, 60, 65; OLG Bremen NJW 1953, 1393 f; BGH LM Nr 2 zu § 581 BGB B1 3). Dabei ist jedoch übersehen, daß jedenfalls die Raummiete in aller Regel absolutes Fixgeschält ist, so daß schon deshalb die vorübergehende Unmöglichkeit stets der endgültigen, teilweisen Unmöglichkeit gleichsteht. 10 Im einzelnen sind folgende Fälle zu unterscheiden: Wenn die Unmöglichkeit von keiner Partei zu vertreten ist, gilt § 323 (OLG Bremen NJW 1953, 1393 f). Der Vermieter wird also frei, verliert aber auch den Anspruch auf die Gegenleistung (§§ 275 und 323). Eine Pflicht zur Neuherstellung trifft ihn nicht. Anders jedoch, wenn die Sache lediglich beschädigt wird, weil er dann nach den §§ 535 und 536 zur Instandsetzung verpflichtet ist. Hier ergeben sich sehr schwierige Abgrenzungsfragen, wenn die Sache derartig beschädigt ist, daß die Instandsetzung auf eine Neuherstellung hinausläuft. Nach der Vorstellung der Väter des BGB sollte insoweit darauf abgestellt werden, ob sich die Wiederherstellung unter Wahrung der Identität der Sache durchführen läßt (Prot II 130 f). Heute wird hingegen idR eine Grenzziehung anhand des § 242 versucht, so daß die Verpflichtung des Vermieters zur Wiederherstellung der teilweise zerstörten Sache (erst) entfällt, wenn die dafür erforderlichen Kosten jenseits der Opfergrenze liegen, dh ihm nicht mehr zumutbar sind (BGH L M Nr 4 und 4 a zu § 535 BGB; E N N E C C E R U S - L E H M A N N § 128 I 6; R O Q U E T T E § 536 Rz 28 ff). Auf jeden Fall entfällt die Wiederherstellungspflicht, wenn die teilweise Zerstörung wirtschaftlich einer vollständigen Zerstörung der Sache gleichkommt (BGH LM Nr 15 zu § 536 BGB = JuS 1976, 677 Nr 8; VersR 1977, 526, 527). 11 Hat der Mieter hingegen die Unmöglichkeit zu vertreten, so gilt § 324 Abs 1: Der Vermieter wird frei (§ 275), behält aber den Anspruch auf die Gegenleistung (BGH LM Nr 15 zu § 536 BGB = JuS aaO; BB 1969, 601). 12 Wenn schließlich der Vermieter die Unmöglichkeit zu vertreten hat, so gilt § 325: Der Mieter kann Schadensersatz wegen Nichterfüllung verlangen oder - nach Überlassung der Sache - fristlos kündigen (BGH LM Nr 22 zu § 571 BGB; WM 1976, 640; LG Frankfurt NJW 1976, 572 f; LG Hamburg WuM 1977, 256). Hauptfall dieser Haftung des Vermieters ist die Kündigung des Erstehers in der Zwangsversteigerung oder des Erwerbers vom Konkursverwalter aufgrund des § 57 ZVG (iVm § 24 KO). Hier ist zwar nicht § 571 Abs 2 anwendbar (§ 571 Rz 86); aber trotz Veräußerung oder Zwangsversteigerung der Sache haftet der Vermieter weiter dafür, daß dem Mieter die Sache für die vereinbarte Zeit überlassen wird und Volker Emmerich

(726)

V o r b e m zu § 5 3 7 3. Titel. Miete. Pacht

13-18

daß nicht eine vom Mieter zuvor schon erbrachte Mietvorauszahlung nach § 574 ihre Wirkung gegenüber dem Erwerber verliert ((RGZ 63, 66, 68; RG HRR 1933 Nr 1312; Gruchot 60 [1916] 583; BGH WM 1959, 120; 1960, 1125, 1128; LM Nr 33 zu § 535 BGB, B1 2; OLG Hamburg OLGE 16, 427; aM früher KG OLGE 11, 145, 146 f). Die Haftung entfällt jedoch, wenn schon vor der Veräußerung oder Zwangsversteigerung der Vermieter selbst wirksam gekündigt hatte (KG JW 1936, 330 Nr 19). Auch trifft den Mieter nicht gegenüber dem Untermieter eine vergleichbare Haftung, weil der Mieter nicht für die Leistungsfähigkeit des Vermieters einzustehen braucht (RGZ 65, 29, 32 f; zweifelhaft). b) Die Rechtslage bei bloßer Mangelhaftigkeit der Sache

13

Wenn die Sache erhalten bleibt und lediglich mit einem Mangel behaftet ist, mag auch durch den Mangel die Gebrauchstauglichkeit vollständig ausgeschlossen werden (vgl dazu § 537 Abs 1 S 1), muß unterschieden werden, ob die Sache dem Mieter bereits überlassen ist oder nicht. aa) Jedenfalls für die Zeit nach Überlassung der Sache enthalten die §§ 537 f eine die allgemeinen Vorschriften über die Unmöglichkeit insoweit ausschließende Sonderregelung, so daß für den Schadensersatzanspruch des Mieters nicht § 325 Abs 1, sondern § 538 Abs 1 gilt; entsprechend tritt an die Stelle des Rücktrittsrechts des Mieters aus § 3 2 5 Abs 1 das Kündigungsrecht des § 5 4 2 (BGHZ 6 3 , 1 3 2 , 1 3 7 ; BGH L M N r 6 z u § 5 3 8 B G B [B1 2 f ] m A n m DIEDERICHSEN a a O ) .

Beruht jedoch die Unmöglichkeit der Erfüllung auf anderen Ursachen als einem 14 Mangel der Sache, so sind auch nach Überlassung der Sache uneingeschränkt weiterhin die allgemeinen Vorschriften anzuwenden. Jedoch tritt ein etwaiges Kündigungsrecht aus wichtigem Grunde an die Stelle des Rücktrittsrechts des Mieters aus § 325 Abs 1 (BGHZ 50, 312 = JuS 1969, 35 f Nr 3 m Nachw). bb) Wie sich aus dem Wortlaut des § 537 Abs 1 S 1 ergibt, sind die §§ 537 ff erst 15 nach Überlassung der Sache an den Mieter anwendbar. In der Zeit vor Überlassung bleibt es also auch hinsichtlich einer auf einem Mangel beruhenden Unmöglichkeit der Erfüllung bei der Anwendung der allgemeinen Vorschriften über die Leistungsstörungen (BEUTHIEN 1 6 7 ff m Nachw; aM HASSOLD aaO m Nachw). c) Die Anwendbarkeit des § 324 BGB

16

aa) Wie schon ausgeführt (s o Rz 11), ist § 324 Abs 1 anzuwenden, wenn der Mieter die Unmöglichkeit der Erfüllung zu vertreten hat. Dasselbe gilt, wenn der Mieter den Mangel zu vertreten hat. Der Vermieter wird also frei (§ 275), behält aber den Anspruch auf die Gegenleistung (§ 324 Abs 1). Außerdem kann der Mieter wegen eines Verstoßes gegen seine Obhutspflicht zum Schadensersatz verpflichtet sein ( R G Z 157, 363, 367; B G H W M 1976, 6 4 0 =

J u S 1 9 7 6 , 6 7 7 N r 8; BROX-ELSING

JuS 1976, 1, 5; DIEDERICHSEN aaO; H A S S O L D N J W 1975,1863,1865; ders JuS 1975, 550, 552; W E I M A R 15 f; ein Beispiel in OLG Hamburg OLGE 13, 363: Schimmelbildung infolge ungenügender Heizung; s § 537 Rz 52). bb) Die Raummiete ist grundsätzlich absolutes Fixgeschäft, so daß der Annahme- 17 verzug des Mieters zur (teilweisen) Unmöglichkeit der Erfüllung führt. Der Vermieter wird also frei (§ 275), behält aber den Anspruch auf die Gegenleistung (§ 324 Abs l ; s § 5 5 2 R z 4 f ) . Die Abgrenzung zwischen Annahmeverzug des Mieters und Unmöglichkeit der Erfüllung aus anderen Gründen ist häufig sehr schwierig (s dazu im einzelnen § 552 Rz 9, 14 ff). Echter Annahmeverzug des Mieters, der Nachholbarkeit der Leistung voraussetzt, 18 ist nur bei der Fahmismiete vorstellbar. Entgegen der hM hat der Vermieter (727)

Volker Emmerich

Vorbem zu § 537 19-24

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

während dieser Zeit keinen Anspruch auf die Gegenleistung (§ 552 Rz 6 f). Tritt während dieser Zeit jedoch gänzliche oder teilweise Unmöglichkeit der Erfüllung ein, so ist § 3 2 4 Abs 2 anzuwenden (Mot I I 3 9 9 ; aM HASSOLD N J W 1 9 7 5 , 1 8 6 3 , 1 8 6 6 ; MITTELSTEIN 3 4 9 ) . Dies ist auch durchaus billig, wenn etwa feststeht, daß die Sache bei rechtzeitiger Abnahme durch den Mieter nicht untergegangen wäre. III. Der Verzug des Vermieters 19 1. Vor Überlassung der Sache In der Zeit zwischen Vertragsschluß und Überlassung der Sache sind die allgemeinen Vorschriften über Leistungsstörungen uneingeschränkt anzuwenden. Folglich gelten die §§ 325 und 326, wenn der Vermieter die Sache dem Mieter nicht rechtzeitig übergibt (s § 535, 536 Rz 25 f). Von § 325 ist auszugehen, wenn die Miete, wie grundsätzlich stets die Raummiete, absolutes Fixgeschäft ist. Der Schadensersatzanspruch des Mieters setzt dann also keine vorherige Fristsetzung in Verbindung mit einer Ablehnungsandrohung voraus. Statt dessen kann der Mieter aber auch nach § 323 vorgehen (§ 325 Abs 1 S 3); er kann deshalb bei Teilverzug des Vermieters den Mietzins einfach mindern (BGH WarnR 1972 I Nr 109 S 297). 20 Eine Anwendung des § 326 kommt mithin nur in den seltenen Fällen in Betracht, in denen eine Nachholung der Vermieterleistung möglich ist, so zB wenn eine bestimmte bewegliche Sache für kurze Zeit vermietet ist und es keine Rolle spielt, zu welchen bestimmten Terminen der Mieter den Gebrauch macht (KG OLGE 13, 362 f; OLG Frankfurt BB 1977, 13 f). Hier setzt also der Schadensersatzanspruch des Mieters eine vorherige Fristsetzung mit Ablehnungsandrohung voraus. Nach § 242 ist eine solche Fristsetzung dem Mieter ausnahmsweise auch schon vor Fälligkeit der Vermieterleistung möglich, wenn bei einem langfristigen Vertrag über die Errichtung eines Bauwerks im Verantwortungsbereich des Vermieters liegende, baurechtliche Hindernisse auftreten, die es ernsthaft zweifelhaft erscheinen lassen, ob der vermietete Bau noch rechtzeitig fertiggestellt werden kann (BGH LM Nr 24 zu § 242 [Be] BGB). 21 In allen genannten Fällen kann der Mieter aufgrund der §§ 325 und 326 auch statt des Schadensersatzanspruchs das Rücktrittsrecht wählen (BGHZ 50, 312 = JuS 1969, 35 Nr 3 m Nachw). Außerdem kann der Mieter aber auch nach § 542 Abs 1 fristlos kündigen (§ 542 Rz 4, 8 ff). 22 2. Nach Überlassung der Sache Kommt der Vermieter nach Überlassung der Sache an den Mieter mit der Beseitigung eines Mangels in Verzug, so kann der Mieter nach § 538 Abs 1 Fall 3 auch ohne Fristsetzung sofort von dem Vermieter Schadensersatz wegen Nichterfüllung verlangen. § 538 verzichtet also insoweit auf die an sich nach § 326 erforderliche Nachfristsetzung, so daß § 326 hier sicher durch § 538 verdrängt wird. 23 In anderen Fällen bleibt § 326 jedoch anwendbar. An die Stelle des Rücktrittsrechts des Mieters tritt dann aber nach Überlassung der Sache dessen Kündigungsrecht aus wichtigem Grunde (s § 542 Rz 4 f; § 553 Rz 10 m Nachw). Unberührt bleibt aber auf jeden Fall der Schadensersatzanspruch des Mieters wegen Nichterfüllung. 24 IV. Die positive Vertragsverletzung 1. Das Rechtsinstitut der positiven Vertragsverletzung hat im Mietrecht nur geringe Bedeutung, weil der Mieter vom Vermieter aufgrund des § 538 ohnehin schon in Volker Emmerich

(728)

V o r b e m zu § 5 3 7 3. Titel. Miete. Pacht

25-28

den meisten Fällen der Schlechterfüllung Schadensersatz wegen Nichterfüllung verlangen kann und außerdem in zahlreichen Fällen zur Kündigung berechtigt ist. Als positive Vertragsverletzung bleiben deshalb im Grunde nur die wenigen Fälle, in denen der Vermieter eine Nebenleistungspflicht (zB zur Information des Mieters über den Gebrauch der Sache oder zur Warnung vor bestimmten Gefahren) verletzt (BGH VersR 1976, 1084, 1085 f). Positive Vertragsverletzung ist außerdem bei Erfüllungsverweigerung des Vermieters oder Mieters anzunehmen, so wenn sich zB der Vermieter noch vor Überlassung der Sache weigert, schon vorhandene Mängel zu beseitigen (BGH WM 1968, 1202, 1203; 1977, 1329 = NJW 1968, 103). 2. Rechtsfolgen einer positiven Vertragsverletzung sind in erster Linie Schadenser- 25 satzanspriiche des Mieters. Daneben kann er vor Überlassung der Sache zurücktreten, wenn ihm die weitere Durchführung des Vertrages nicht mehr zumutbar ist. Nach Überlassung der Sache tritt in derartigen Fällen an die Stelle des Rücktritts das Kündigungsrecht aus wichtigem Grunde (§§ 242, 554 a). Trifft ausnahmsweise an der Zerrüttung des Vertrauensverhältnisses beide Parteien 26 ein Verschulden, so ändert das nichts an dem Kündigungsrecht der einen Partei; die andere behält dann jedoch ihren Schadensersatzanspruch, muß sich jedoch eine Minderung des Anspruchs nach § 254 Abs 1 gefallen lassen (BGH LM Nr 3 zu § 254 [Cb] BGB = JuS 1970, 91 f Nr 4 m Nachw).

V. Der Wegfall der Geschäftsgrundlage 1. Allgemeines

27

Bei Dauerschuldverhältnissen wie der Miete hat das Rechtsinstitut des Wegfalls der Geschäftsgrundlage nur geringe Bedeutung, weil hier ohnehin stets bei Unzumutbarkeit der Vertragsfortsetzung eine Kündigung aus wichtigem Grunde möglich ist; denn neben einer derartigen Kündigung kommt eine Auflösung des Vertrages wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage grundsätzlich nicht in Betracht (s u Rz 34; BGHZ 24, 91, 95 f; BGH LM Nr 1 zu § 247 BGB; LG Mannheim ZMR 1977, 330; P A L A N D T - P U T Z O § 554 a Anm 1; STÖTTER aaO; ders Anm NJW 1971, 1993; EMMERICH, in: Grundlagen des Vertrags- und Schuldrechts 462 Fn 69; anders offenbar BGH ZMR 1973, 378). Hingegen wird eine Anpassung des Vertrags wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage auch bei Dauerschuldverhältnissen für möglich gehalten (OLG Bremen NJW 1972, 1952 = JuS 1973, 186 f Nr 8; BGHZ 62, 20 = JuS 1974, 393 f Nr 6; BGH LM Nr 72 zu § 242 [Bb] BGB). Es kommt hinzu, daß der gesamte Problemkreis, der mit Mängeln der Sache zusammenhängt, eine abschließende Sonderregelung in den §§ 537 ff erfahren hat und nicht über die Annahme des Wegfalls der Geschäftsgrundlage in anderen vergleichbaren Fällen erweitert werden darf (STÖTTER aaO). Ein Wegfall der Geschäftsgrundlage kommt daher allenfalls in folgenden Fallgruppen in Betracht (vgl insbes STÖTTER aaO): 2. Die einzelnen Fallgruppen

28

a) Die Zweckvereitelung Das sog Verwendungsrisiko trägt grundsätzlich der Mieter (LG Köln NJW 1968, 942; ebenso für den Fall, daß der Mieter die Bebauung übernimmt, BGH LM Nr 22 zu § 566 BGB, B1 2 R; anders für die Absage eines Gastspiels OLG Bremen NJW 1953, 1393 f „Marika Rökk"; vgl im einzelnen § 552 Rz 14). Deshalb kann zB der Mieter eines Geschäftsgrundstückes keine Herabsetzung des Mietzinses mit der (729)

Volker Emmerich

Vorbem zu § 537 29-33

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

Begründung verlangen, die Umsätze blieben weit hinter seinen Erwartungen zurück (BGH LM Nr 60 zu § 242 [Bb] BGB). 29 Nur in seltenen Ausnahmefällen ist nach § 242 eine andere Beurteilung möglich (BGH LM Nr 16 zu § 535 BGB und Nr 8 zu PreisstopVO = NJW 1958, 785). Voraussetzung ist, daß der Vermieter den Verwendungszweck des Mieters gekannt hat und daß es nach seinem bisherigen Verhalten obendrein geradezu treuwidrig wäre, wenn er jetzt versuchte, den Mieter an dem Vertrag festzuhalten, obwohl dessen Verwendungszweck nicht mehr erreichbar ist (BGH LM Nr 57 zu § 242 [Ba] BGB; s EMMERICH 4 5 8 ff; insbes KÖHLER 1 4 0 ff). 30 In einer Reihe traditionell hierher gerechneter Fälle dürfte jedoch tatsächlich nicht nur Wegfall der Geschäftsgrundlage, sondern Unmöglichkeit der Erfüllung vorliegen. Wird zB ein Fenster zur Besichtigung eines Krönungszuges vermietet, wird der Zug indessen später abgesagt, so liegt keine bloße Zweckvereitelung vor (so aber BEUTHIEN 163 ff; U. HUBER JUS 1 9 7 2 , 5 7 , 6 3 ; LARENZ aaO), sondern Unmöglichkeit, weil hier zu dem dem Mieter geschuldeten vertragsmäßigen Gebrauch auch die Möglichkeit gehörte, gerade dem Umzug zuzuschauen (ebenso EMMERICH 4 5 8 ; KÖHLER 165 f f ) .

31 b) Die übermäßige Leistungserschwerung Es steht seit langem fest, daß die Unmöglichkeit keineswegs der einzige Fall ist, in dem der Schuldner von seiner Leistungspflicht befreit wird (s § 275). Vielmehr wird der Schuldner auch in bestimmten anderen Fällen frei, wenn ihm die weitere Bemühung um die Leistung nach Treu und Glauben wegen deren übermäßiger Erschwerung nicht mehr zuzumuten ist. Es sind dies die Fälle, in denen man früher von wirtschaftlicher Unmöglichkeit sprach (s EMMERICH aaO 4 5 6 f m Nachw). Hier ist der richtige systematische Standort der vor allem in den ersten Nachkriegs jähren breit erörterten Frage, ob der Vermieter aufgrund seiner Erhaltungs- und Instandsetzungspflicht gehalten ist, ein kriegbeschädigtes Haus ohne Rücksicht auf die Kosten so schnell wie irgend möglich vollständig wiederherzustellen. Die Frage hat heute keine praktische Bedeutung mehr. Es steht fest, daß sich heute kein Vermieter mehr darauf berufen kann, er sei finanziell nicht in der Lage, seiner Instandsetzungspflicht nachzukommen (§§ 535, 536 Rz 47). 32 c) Die Veränderung der Sozialexistenz Unter dem Stichwort Veränderung der Sozialexistenz faßt man alle Fälle zusammen, die durch eine unvoraussehbare, völlige Veränderung der Verhältnisse gekennzeichnet sind. Die wichtigsten Beispiele sind Kriege und Naturkatastrophen. Die in diesen Fällen häufig unvermeidbare Anpassung der Verträge an die veränderten Verhältnisse ist in erster Linie Aufgabe des Gesetzgebers (EMMERICH 460 f). Nur solange der Gesetzgeber nicht eingegriffen hat, kommt in äußersten Fällen auch bei Mietverträgen eine Anpassung durch die Rechtsprechung in Betracht (ebenso zB CLASEN B1GBW 1971, 5). 33 d) Die sog Äquivalenzstörung Eine Äquivalenzstörung ist vor allem bei langfristigen Mietverträgen denkbar, wenn durch die zwischenzeitliche Geldentwertung die ursprünglich vereinbarte Gegenleistung ihren Wert weitgehend eingebüßt hat. Auch in solchen Fällen ist indessen die Rspr wegen des unser Währungsrecht beherrschenden Grundsatzes des NominalisVolker Emmerich

(730)

3. Titel. Miete. Pacht

Vorbem zu § 537, § 537 34, 35

mus nicht zur Aufwertung befugt (Vorbem 157 zu §§ 535, 536; STÖTTER aaO; anders für einen Sonderfall BGH Betrieb 1958, 1325). 3. Rechtsfolgen

34

Der Wegfall der Geschäftsgrundlage führt grundsätzlich nur zur Anpassung des Vertrags. Ist jedoch die Fortsetzung des Vertrags dem Schuldner unzumutbar, so kommt eine Kündigung aus wichtigem Grund in Betracht (s o Rz 27; § 553 Rz 4 ff; die Abgrenzung im einzelnen ist noch ungeklärt; s zB BGH LM Nr 15 zu § 566 BGB, B1 2 R f; WM 1973, 694, 695 = ZMR 1973, 378; KG OLGZ 1973, 1, 2; LG Mannheim ZMR 1977, 330). VI. Die Anfechtung

35

Bis zur Überlassung der Sache an den Mieter ist eine Anfechtung des Mietvertrages durch den Mieter sicher unbeschränkt möglich. Dasselbe muß aber entgegen einer verbreiteten Meinung auch nach der Überlassung der Sache an den Mieter gelten, und zwar schon deshalb, weil dem Mieter kein Wandlungsrecht eingeräumt worden ist. Die Abwicklung nach § 812 dürfte keine übermäßigen Schwierigkeiten bereiten. Kündigung und Anfechtung haben eben völlig unterschiedliche Rechtsfolgen, so daß dem Mieter durchaus die Wahl gelassen werden kann (RGZ 102, 225, 226; 157, 173, 174; K G M D R 1967, 4 0 7 m N a c h w ; L G Berlin Z M R 1953, 2 1 8 ; WEIMAR

53 ff; aA aber OLG Düsseldorf ZMR 1970, 137 f; LG Mannheim ZMR 1965,185; 1965, 239 Nr 7; 1969, 169; 1969, 241; LG Nürnberg-Fürth MDR 1966, 1003 f Nr 3 5 m abl A n m WEIMAR; BROX-ELSING J u S 1976, 1, 5; GITTER 19; ROQUETTE

Vorbem 15 ff zu § 537; SCHMIDT-FUTTERER B 88; ders, MietR, s v Rücktritt und Anfechtung).

§537 Ist die vermietete Sache zur Zeit der Überlassung an den Mieter mit einem Fehler behaftet, der ihre Tauglichkeit zu dem vertragsmäßigen Gebrauch aufhebt oder mindert, oder entsteht im Laufe der Miete ein solcher Fehler, so ist der Mieter für die Zeit, während deren die Tauglichkeit aufgehoben ist, von der Entrichtung des Mietzinses befreit, für die Zeit, während deren die Tauglichkeit gemindert ist, nur zur Entrichtung eines nach den §§ 472, 473 zu bemessenden Teiles des Mietzinses verpflichtet. Eine unerhebliche Minderung der Tauglichkeit kommt nicht in Betracht. Absatz 1 Satz 1 gilt auch, wenn eine zugesicherte Eigenschaft fehlt oder später wegfällt. Bei der Vermietung eines Grundstücks steht die Zusicherung einer bestimmten Größe der Zusicherung einer Eigenschaft gleich. Bei einem Mietverhältnis über Wohnraum ist eine zum Nachteil des Mieters abweichende Vereinbarung unwirksam. E I § 505; E II § 482; E III § 530; Mot II 373 ff; Prot II 131 f.

Schrifttum (s schon Vorbem zu §§ 537 ff) BRAXMAIER, Die Rspr des BGH zum Miet- und Pachtrecht, WM 1968, 202; 1970, 26; 1972, 122; 1974, 90; 1976, 2; CRANZ, Minderung und Schadensersatz wegen Nichterfüllung, ZMR 1954, 1; DIEDERICHSEN, „Schadensersatz wegen Nichterfüllung" und Ersatz

(73i)

Volker Emmerich

§537 2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse von Mangelfolgeschäden, AcP 165 (1965) 150; DÖRR, Die Haftung des Vermieters für die Fehler der Mietsache, LZ 1917, 947; FULD, Die Beweislast bei Mängeln der Mietsache, SächsArch f Bürgerl Recht 14 (1904) 452; MITTELSTEIN, Die Miete nach dem Rechte des deutschen Reiches (4. Aufl 1932) 277 ff; NIENDORFF, MietR nach dem BGB (10. Aufl 1914) 136 ff; PIEPER, Ersatzansprüche des in einen Mietvertrag eingetretenen Mieters, NJW 1961, 300; S C H M I D T - F U T T E R E R , Miete und Pacht (2. Aufl 1974) 102 ff; ders, Mietrecht (7. Aufl 1976) s v Mängel ( S 118 ff); SOLLNER, Mietvertragliche Sachmängelhaftung des Grundstückserwerbers gegenüber Dritten, JuS 1970,159; SPEISER NJW 1978, 19; T R E N C K - H I N T E R B E R G E R , Die Garantiehaftung des Vermieters, JuS 1975, 501; TUMPOWSKY, Der Mängelanspruch nach dem BGB, 1902; W E I M A R , Zum Umfang des Schadensersatzanspruchs wegen Nichterfüllung gemäß § 538 BGB, MDR 1960, 555; ders, Die Rechte des Mieters bei nicht fertiggestellten Zufahrtswegen und Außenanlagen, ZMR 1965, 353; ders, Lichtreklame als Besitzstörung und Sachmangel, ZMR 1964, 328; ders, Das Recht des Mieters zur Mängelbeseitigung gemäß § 538 Abs 2 BGB, ZMR 1965, 163; ders, Trifft den Vermieter eine Haftung bei Unfällen auf mitvermieteten Kinderspielplätzen? ZMR 1974, 228; ders, Hellhörigkeit einer sozial geförderten Neubauwohnung als Sachmangel? Betrieb 1974, 1657; W I E T H A U P , Rechtliche Möglichkeiten der Bekämpfung des Wohnungslärms, MDR 1960,632; ders, Rechtsfragen des Schallschutzes im Verhältnis des Wohnungsvermieters zu seinem Mieter, ZMR 1975, 257.

Systematische Übersicht Vorbemerkung 1

II. 1. 2. 3.

Das Fehlen zugesicherter Eigenschaften 39 Allgemeines 40 Sonderfälle 45 Die Rechtsfolgen bei Fehlen einer zugesicherten Eigenschaft 46 4. Einzelfälle 47

I. 1. a) b) 2. a) b) c)

Der Fehlerbegriff Allgemeines 2 Definition 2 Der maßgebliche Zeitpunkt 11 Einzelfälle 12 III. Rechtsfolgen Baumängel iwS 12 1. Die Minderung 48 Umweltfehler 21 Insbes öffentlich-rechtliche Beschränkungen 2. Der Ausschluß der Minderung kraft Gesetzes 52 22 3. Vertragliche Beschränkungen des Minded) Störungen des Mieters 27 rungsrechts 58 3. Ausnahmen 35 4. Die Erheblichkeit des Mangels 38 IV. Beweislast 62

Alphabetische Übersicht Abweichende Vereinbarungen 58 Äußere Gefahrenquellen 4 Ausschluß der Minderung 52, 54 f, 57

Heizung 17

Baumängel 12 Bauverbot nach öffentl Recht 22 Befürchtung einer Gefahr 6 Benutzungsverbot nach öffentl Recht 22 Beweislast 62

Lärm 31-33

Immission 4, 28

Eigenschaften 43 Einzelfälle 12-18,24 f, 28 f, 32,47 Erheblichkeit 38

öffentlich-rechtliche Beschränkungen 22 Reparaturen 36

Fehlen zugesicherter Eigenschaften 39,46 Fehlerbegriff 2 Formularverträge 60 Gastarbeiterheim 20 Geschäftsraummiete 23 f

Mahnung 7 Minderung 48 f Modernisierung 19

Schadensersatz 51 Schallisolierung 30 Störungen des Mieters 27 Umweltfehler 21

Volker Emmerich

(732)

§537 1-4

3. Titel. Miete. Pacht Verschulden 10, 50 Verwirkung 34 Vorteile 8

Zeitpunkt 11 Zufahrtswege 35 Zurückbehaltungsrecht 51 Zusicherung 4 0 - 4 2 Zweckvereitelung 26

Wohnraum 61

Vorbemerkung

1

Die geltende Fassung der §§ 537 und 538 beruht auf dem 2. MietÄndG v 14. 7. 1964 (BGBl I 457); vgl dazu insbes die Begr z RegE (BT-Dr IV/806 = BR-Dr 303/62), sowie den schriftl Bericht des Rechtsausschusses (zu BT-Dr IV/2195). I. Der Fehlerbegriff* 1. Allgemeines

^

a) Definition aa) Ein Mangel liegt nach § 537 Abs 1 S 1 vor, wenn die vermietete Sache zZt der Überlassung an den Mieter mit einem Fehler behaftet ist, der ihre Tauglichkeit zu dem vertragsmäßigen Gebrauch aufhebt und vermindert, oder wenn im Laufe der Miete ein solcher Fehler entsteht. Maßstab ist der vertragsmäßige Gebrauch (s dazu §§ 535, 536 Rz 54 ff). Durch die Festlegung des vertragsmäßigen Gebrauchs bestimmen also die Parteien zugleich, welchen Zustand die vermietete Sache spätestens bei Überlassung an den Mieter und von dann ab während der ganzen Vertragsdauer aufweisen muß. Während dieser ganzen Zeit muß sich maW die Sache in einem Zustand befinden, der dem Mieter die Ausübung des vertragsmäßigen Gebrauchs ohne weiteres erlaubt (sog Soll-Beschaffenheit). Jede negative Abweichung des tatsächlichen Zustandes der Sache von der so definierten Soll-Beschaffenheit, durch die der Mieter in der Ausübung des vertragsmäßigen Gebrauchs behindert wird (sog Ist-Beschaffenheit), ist mithin ein Fehler. Aus dem Gesagten folgt, daß - ebenso wie beim Kauf nach heute ganz hM (s 3 EMMERICH § 4 II 1 m Nachw) - auch bei der Miete von einem subjektiven Fehlerbegriff auszugehen ist (zB LG Frankfurt NJW 1976, 1355, 1356). Fehler ist daher jede Untauglichkeit der Sache zum Vertragszweck, genauer: jede negative Abweichung der Ist-Beschaffenheit von der durch den Vertrag festgelegten Soll-Beschaffenheit der vermieteten Sache (ebenso zB B R O X - E L S I N G aaO; EMMERICH § 7 III; HASSOLD J U S 1975, 550 f; KÖHLER 174 ff; SCHMIDT-FUTTERER, Miete und Pacht 1 0 2 f ; SÖLLNER J U S 1 9 7 0 , 1 5 9 , 1 6 0 ; T R E N C K - H I N T E R B E R G E R J U S 1 9 7 5 , 5 0 1 , 5 0 3 f

m Nachw;

WEIMAR,

die Sachmängelhaftung 14 ff).

bb) Im Interesse eines weitgespannten Mieterschutzes wird der Fehlerbegriff von 4 der Praxis außerordentlich weit ausgelegt (vgl insbes BGHZ 49, 350 = JuS 1968, 335 Nr 3; OLG Celle OLGZ 1974, 197 = JuS 1974, 257 f Nr 7, beide m Nachw). Es spielt namentlich keine Rolle, ob die Untauglichkeit der Sache auf dem Zustand der Sache selbst oder auf sonstigen rechtlichen, tatsächlichen oder wirtschaftlichen * Schrifttum: vlg dazu insbes B E U T H I E N 1 6 9 ff; B R O X - E L S I N G JuS 1 9 7 6 , 1 ; E M M E R I C H , Schuldrecht B T ( 2 . Aufl 1 9 7 6 ) § § 4 I I 1 , 7 I I I ; E S S E R I I 1 § 1 5 I 2 ; FABRICIUS JuS 1 9 6 4 , 1 , 4 6 ; ders J Z 1 9 7 0 , 2 9 ; H A S S O L D J u S 1 9 7 5 , 5 5 0 , K Ö H L E R 1 7 4 f f ; MITTELSTEIN a a O ; S C H M I D T - F U T T E R E R u n d SÖLLNER

aaO; (733)

TRENCK-HINTERBERGER

JuS

1975, 501, 503

f;

WEIMAR,

Volker Emmerich

Die Sachmängelhaftung

14

ff.

§537 5-10

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

Verhältnissen beruht, die infolge ihrer Art und Dauer nach der Verkehrsanschauung einen Einfluß auf die Brauchbarkeit und Wertschätzung der Sache auszuüben pflegen (so zB BGH LM Nr 47 zu § 535 BGB; LM Nr 19 zu § 537 BGB; BGH MDR 1976, 44; OLG Celle aaO; LG Hamburg NJW 1973, 2254; LG Frankfurt NJW 1976, 1355 f). Deshalb werden auch äußere Gefahrenquellen und vor allem sämtliche Immissionen, durch die der Mieter in dem vertraglichen Gebrauch gestört oder beeinträchtigt wird (in den Grenzen des § 906), als Fehler behandelt (BGH LM Nr 8 zu § 536 BGB; Nr 20 zu § 537 BGB; OLG Köln NJW 1964, 2020). Unerheblich ist dabei, ob die Störungen von anderen Mietern oder von Dritten ausgehen. 5 Im einzelnen ist freilich oft zweifelhaft, was noch als sog Umweltfehler der Mietsache gilt und was nicht. Zieht man hier die Grenzen zu weit, so besteht unverkennbar die Gefahr, daß der Fehlerbegriff alle Konturen verliert. Vor allem muß verhindert werden, daß dem Mieter über die Einbeziehung auch der Fälle der Zweckvereitelung in den Fehlerbegriff praktisch das gesamte Verwendungsrisiko abgenommen wird (s dazu treffend K Ö H L E R aaO gegen BEUTHIEN 169 ff). 6 cc) Für die Annahme eines Fehlers genügt es bereits, wenn die Sache nur in Befürchtung einer Gefahr benutzt werden kann, die vermöge des Zustandes der Sache den Eintritt eines Schadens erwarten läßt (einschränkend BGH LM Nr 3 zu § 538 BGB). Der Mieter braucht von dieser Gefahr keine Kenmtnis zu haben, da das Gesetz nicht auf die tatsächliche Aufhebung oder Beschränkung des Mietgebrauchs, sondern auf die davon zu trennende Beeinträchtigung der Gebrauchstauglichkeit der Sache abstellt. Auch auf die Erkennbarkeit des Fehlers kommt es deshalb nicht an (so zB BGH LM Nr 10 und 20 zu § 537 BGB; BGHZ 49, 350 = JuS 1968, 335; OLG Köln aaO). 7 Daraus folgt ohne weiteres, daß die sog Sachmängelhaftung des Vermieters keine Abmahnung durch den Mieter voraussetzt. Eine Mahnung ist nur Voraussetzung des Verzugs des Vermieters mit der Mängelbeseitigung (s § 538). 8 Ebensowenig spielt es eine Rolle, ob der Mieter die Sache ohne den Mangel überhaupt vertragsmäßig gebraucht hätte oder nicht (BGH NJW 1958, 785 = LM Nr 8 zu PreisstopVO). Nur wenn der Mangel dem Mieter zugleich Vorteile bringt, durch die die Nachteile aufgewogen werden, scheidet eine Minderung aus. Ebenso, wenn der Mieter selbst die Veränderungen gewünscht hat, durch die der Mangel begründet wurde, weil er damit das Risiko derartiger Mängel übernommen hat (BGH LM Nr 7 zu § 537 BGB). Dasselbe ist schließlich anzunehmen, wenn es der Mieter übernommen hat, den betreffenden Mangel zu beseitigen (BGHZ 38, 295, 299; OLG Hamburg ZMR 1960, 304, 306; OLG Karlsruhe OLGZ 1971, 18, 21). 9 dd) Alle Sachen und Sachteile, die dem Mieter vermietet oder mitvermietet sind, müssen sich in einem zum vertragsmäßigen Gebrauch geeigneten Zustand befinden (so zB RG JW 1905, 46 Nr 13). Es spielt deshalb keine Rolle, ob der Mangel der vermieteten Sache selbst oder den mitvermieteten Räumen, Treppen, Fluren, Böden, Kellern oder Zugängen anhaftet. Die §§ 537 und 538 greifen daher zB auch bei Mängeln der Treppen (BGH LM Nr 10 a zu § 538 BGB), der Fundamente oder des Dachs ein (BGH LM Nr 6 zu § 538 BGB). Dasselbe gilt bei Mängeln etwa der Hofräume und Zugänge (RG LZ 1916,1425) oder des Fahrstuhls (RG DWA 1931, 513). 10 ee) Ob den Vermieter an dem Fehler ein Verschulden trifft oder nicht, spielt im Rahmen des § 537 keine Rolle (entsprechend § 323). Hingegen scheidet eine Minderung aus, wenn der Mieter den Mangel zu vertreten hat (§ 324 Abs 1). Volker Emmerich

(734)

3. Titel. Miete. Pacht

§537 11-14

b) Der maßgebliche Zeitpunkt

11

§ 537 gilt nur, wenn der Fehler entweder schon bei Überlassung der Sache an den Mieter vorliegt (s dazu zB BGH WM 1977,1329; OLG Karlsruhe OLGZ 1971,18, 21) oder im Laufe der Mietzeit nach der Überlassung entsteht. Daher spielt es auch keine Rolle, ob in den Vertrag ein neuer Vermieter (§571) oder ein neuer Mieter eintritt, sofern es sich nur um eine Fortsetzung des alten Vertrages handelt (s P I E P E R aaO). § 537 greift hingegen nicht ein, wenn Mängel zwar bei Vertragsschluß vorliegen, diese bis zur Überlassung der Sache an den Mieter jedoch beseitigt worden sind. Weigert sich der Vermieter, solche Mängel noch vor der Überlassung zu beseitigen, so haftet er aus positiver Vertragsverletzung (BGH aaO). 2. Einzelfälle

12

a) Baumängel iwS Die bei weitem wichtigste Gruppe der Fehler läßt sich bei der Grundstücksmiete unter dem Begriff der Baumängel zusammenfassen. aa) Wohnräume wie gewerbliche Räume müssen sich in jeder Hinsicht in einem zum vertragsmäßigen Gebrauch geeigneten Zustand befinden (s §§ 535, 536 Rz 54 ff). Jede negative Abweichung der vermieteten Räume und der mitvermieteten Räumlichkeiten und Grundstücksteile von dem hiernach vom Vermieter geschuldeten Standard ist ein Fehler. Vor allem müssen sich sämtliche Räume in einem Zustand befinden, der Gefahren für die Gesundheit der Benutzer ausschließt (vgl § 544); deshalb dürfen die Räume nicht übermäßig feucht sein, wobei jedoch für einen Neubau andere Grundsätze als für einen Altbau gelten (LG Hamburg DWW 1977, 117 f; B1GBW 1976, 215; AG Steinfurt WuM 1977, 256). Auch dürfen Rohrleitungen nicht so schwach oder mangelhaft sein, daß die Gefahr eines Rohrbruchs besteht. Dringt infolge eines dadurch verursachten Rohrbruches aus anderen Räumen Wasser in die gemieteten Räume ein, so liegt ein anfänglicher Mangel iS des § 538 Abs 1 vor. Anders nur, wenn der Mieter das Eindringen des Wassers selbst zu vertreten hat, etwa weil er den Wasserhahn nicht ordnungsgemäß geschlossen hat (§ 324 Abs 1). bb) Ein Mangel liegt nach dem Gesagten außerdem vor, wenn die Räume durch 13 Ungeziefer verseucht sind (OLG Schleswig SchlHA 1970, 159 f), wenn sie nicht ordnungsgemäß beleuchtet sind, wenn das Dach durchlässig oder morsch oder die Fundamente zu schwach sind (BGH LM Nr 6 zu § 538 BGB); wenn die Versorgungsleitungen zu schwach dimensioniert sind, so daß der Mieter nicht die üblichen Haushaltsgeräte aufstellen kann; wenn die Steckdosen nicht funktionieren und der Abfluß der Toiletten verstopft ist (AG Hamburg WuM 1976, 53); ebenso wenn ein Gasbadeofen wegen Verschmutzung der Hauszuleitung nicht angeschlossen werden kann (LG Landshut ZMR 1953, 81) oder wenn der Mieter nicht mehr baden kann, weil der Vermieter die Umstellung des Gasbadeofens auf Erdgas versäumt (AG Aachen NJW 1970, 1923 m Anm S T O R Z NJW 1971, 413), sowie schließlich, wenn dem Mieter die Nutzung von Waschküche und Trockenraum entzogen wird (AG Brühl WuM 1975, 145). Baumängel sind außerdem zB die Undichtigkeit eines Schornsteins, die fehlende 14 Tragfähigkeit der Decken, namentlich bei gewerblichen Räumen (BGH LM Nr 6 zu § 538 BGB; Nr 11 zu § 537 BGB), die übermäßige Hellhörigkeit der Räume infolge mangelhafter Isolierung (zB LG Hamburg ZMR 1971, 134 f), die ungenügende Wärmedämmung oder eine unwirtschaftliche Konstruktion der Heizung (zB AG Gelsenkirchen-Buer ZMR 1973, 242), daher auch die Undichtigkeit der Fenster (735)

Volker Emmerich

§537 15-20

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

(BGH ZMR 1962, 82, 83), die ungenügende Leistung einer Abwasserpumpe (BGH aaO, 84), sämtliche Formen von Hausschwamm (RG GrundE 1935, 412), unverschlossene Öffnungen, durch die Gase eindringen können (BGHZ 49, 350 = JuS 1968, 335; LG Mannheim DWW 1969, 41), eine fehlende Blitzschutzanlage jedenfalls bei Fabriken, in Hotels eine für den Gast gefährliche Badeeinrichtung (RGZ 169, 84; BGH LM Nr 10 zu § 537 BGB), das sog Schwitzen des Fußbodenbelags einer Kegelbahn, das zu einer gefährlichen Glätte führen kann (BGH LM Nr 19 zu § 537 m Anm TRENCK-HINTERBERGER aaO), eine mangelhafte elektrische Installation in anderen Räumen, die zu einem Kurzschluß auch in den vermieteten Räumen führen kann (BGH LM Nr 20 zu § 537 BGB), schließlich der Ausfall des Fahrstuhls, jedenfalls für die Mieter der oberen Wohnungen (LG Berlin JR 1947, 116) oder Risse, Flecken uäm selbst bei Neubauten (LG Hamburg WuM 1976, 205 f). 15 In hochwassergefährdeten Gebieten muß der Vermieter Vorkehrungen gegen die Überschwemmungsgefahr treffen; deren Unterlassung stellt einen Mangel der vermieteten Räume dar (BGH LM Nr 47 zu § 535 BGB; KG DR 1941, 2337 Nr 7). Ebenso muß der Vermieter in den Abflüssen Vorkehrungen gegen die Gefahr des Rückstaus treffen; das Fehlen oder die Funktionsuntüchtigkeit von Rückstausicherungen sind deshalb Mängel (BGH ZMR 1962, 82, 84; LM Nr 33 zu § 328 BGB; Betrieb 1976, 817 f). Dasselbe gilt für Aufschüttungen des Vermieters, die die Gefahr eines Wasserstaus begründen (BGH LM Nr 47 zu § 535 BGB; Nr 20 zu § 537 BGB). Hingegen braucht der Vermieter keine Vorkehrungen gegen ganz seltene und ungewöhnliche Naturkatastrophen zu treffen; Schäden durch solche Naturkatastrophen gehören zum allgemeinen Lebensrisiko, das der Mieter selbst tragen muß (BGH LM Nr 47 zu § 535 BGB; Nr 33 zu § 328 BGB). 16 cc) Gehört zu dem vermieteten Haus auch ein Kinderspielplatz, so ist dieser mitvermietet, so daß den Vermieter auch insoweit die Sachmängelhaftung aufgrund der §§ 5 3 7 ff trifft (WEIMAR ZMR 1 9 7 4 , 2 2 8 f). Entsprechend müssen alle mitvermieteten Räumlichkeiten, Treppen und Zugänge in einem verkehrssicheren Zustand sein, so daß ein schadhafter Belag der Treppe oder das übermäßige Bohnern der Treppe Mängel darstellen (BGH LM Nr 10 a zu § 538 BGB). 17 dd) Wird eine Wohnung mit Heizung vermietet, so schuldet der Vermieter eine ordnungsgemäße Beheizung der Wohnräume. Die mangelhafte Beheizung, mag sie darauf beruhen, daß die Anlage defekt ist, oder darauf, daß der Vermieter nicht stark genug oder überhaupt nicht heizt, bildet deshalb stets einen Mangel, der den Mieter zur Minderung berechtigt (vgl im einzelnen §§ 535, 536 Rz 80; s zB OLG Frankfurt WuM 1972, 42; LG Hamburg ZMR 1961, 297 Nr 18; AG Hamburg MDR 1974, 404). Die Praxis läßt dann idR eine Minderung zwischen 10% und 15% zu (AG Köln WuM 1975, 69; AG Rendsburg WuM 1975, 122; AG Bad Segeberg WuM 1977, 227). 18 Ebenso liegt ein Mangel vor, wenn die in einer Wohnung vorhandenen Öfen nicht gebrauchsfähig sind (LG Berlin JR 1952, 169; WuM 1953, 107), wenn die Anlage unwirtschaftlich ist (AG Gelsenkirchen-Buer ZMR 1972, 242 f) oder wenn die nach dem Vertrag geschuldete Warmwasserversorgung auf längere Zeit unterbrochen wird (LG Berlin JR 1953, 100; WuM 1953, 68). 19 ee) Ein Mangel ist ebenfalls anzunehmen, wenn der vertragsmäßige Gebrauch einer Wohnung nur bei einer umfassenden Modernisierung möglich ist, diese jedoch nicht durchgeführt wird (s § 541 a Abs 2). 20 ff) Wird ein Haus als Gastarbeiterheim vermietet, so ist es mangelhaft, wenn es nicht den Mindestanforderungen an solche Heime, wie sie sich aus behörlichen Volker Emmerich

(736)

§537

3. Titel. Miete. Pacht

21,22

Richtlinien ergeben, entspricht (BGH NJW 1976, 796). Ebenso ist ein vermieteter Kraftfahrzeugeinstellplatz mangelhaft, wenn der Mieter durch das ständige verkehrswidrige Parken fremder Fahrzeuge vor der Einfahrt nachhaltig an der Benutzung des Platzes gehindert wird (LG Köln MDR 1976,44 = WuM 1976, 29 f). Eine gemietete Schiffsschaukel ist mangelhaft, wenn sich die ganze Anlage nicht mehr in einem verkehrssicheren Zustand befindet (OLG Köln NJW 1964, 2020). b) Umweltfehler

21

Die Untauglichkeit der Sache zum Gebrauchszweck und damit der Mangel können auf rechtlichen, tatsächlichen oder wirtschaftlichen Verhältnissen beruhen, die infolge ihrer Art und Dauer nach der Verkehrsanschauung einen Einfluß auf die Brauchbarkeit und die Wertschätzung der Sache auszuüben pflegen (sog Umweltfehler). Ein zu Wohnzwecken vermietetes Haus ist deshalb mangelhaft, wenn es verrufen ist, weil es zB früher an Prostituierte vermietet war oder wenn der Vermieter nachträglich andere Räume an Dirnen vermietet. Dasselbe gilt, wenn in einem Haus mit Komfortwohnungen nachträglich im Erdgeschoß ein Waschsalon oder ein ähnlicher Gewerbebetrieb eröffnet wird, der notwendigerweise Störungen durch Lärm und regen Besucherverkehr mit sich bringt (AG Hamburg WuM 1976, 151). Aus ähnlichen Erwägungen heraus ist eine als besonders ruhig vermietete Ferienwohnung als mangelhaft anzusehen, wenn in ihrer Nähe eine Großbaustelle liegt, selbst wenn von der Baustelle eine besondere Lärmbelästigung nicht ausgehen sollte (LG Hamburg NJW 1973, 2254). c) Insbes öffentlich-rechtliche Beschränkungen Einen besonders wichtigen und umstr Fall der Umweltfehler bilden die sog öffentlich-rechtlichen Beschränkungen des Mieters in der Ausübung des vertragsmäßigen Gebrauchs. aa) Nach ständiger Rspr sind auch öffentlich-rechtliche Gebrauchsbeschränkungen oder Gebrauchsverbote ein Fehler iS der §§ 537 ff, sofern sie auf der Beschaffenheit oder der Lage der Mietsache beruhen und nicht lediglich in den persönlichen Verhältnissen gerade des Mieters ihre Ursache haben (RGZ 79, 92, 95; 8 7 , 2 7 7 ; 88, 96; 89, 203; 91, 54; 94; 267; 98, 101, 103; 147, 157, 159 f; 147, 304, 307 f; 157, 363; R G JW 1913, 596 f Nr 10; BGH LM Nr 17 zu § 537 B G B ; Nr 6 zu § 538 B G B ; Nr 8 zu PreisstopVO = NJW 1958, 785; LM Nr 20/21 zu § 3 WährungsG = B B 1973, 1236; WM 1962, 1379, 1380; 1968, 1307; 1977, 792; OLG Celle O L G E 36, 54, 55; OLGZ 1974, 197 = JuS 1974, 256 f Nr 7 m Nachw; OLG Hamm ZMR 1970, 236; 1971, 87; OLG Hamburg ZMR 1960, 304, 306). Die Praxis geht in dieser Beziehung häufig außerordentlich weit. Hauptbeispiele sind öffentlich-rechtliche Verbote der Bebauung oder der Benutzung des vermieteten Grundstücks oder der vermieteten Räume. Gleich stehen baurechtliche Beschränkungen (BGH aaO; B G H Z 68, 294 = JuS 1977, 763 Nr 7; OLGe Hamburg, Hamm u Celle aaO). Auch eine vermietete Wohnung ist folglich mangelhaft, wenn sie ohne Bauerlaubnis errichtet worden ist, so daß ständig die Gefahr einer Abrißverfügung besteht (LG Hannover ZMR 1971, 135 Nr 20). Ebenso wenn die vermieteten Räume durch erhebliche bauliche Auflagen für den Mieter zum Vertragszweck ungeeignet sind (BGH LM Nr 20/21 zu § 3 WährungsG). Es soll sogar genügen, wenn nur die Gefahr des Verbotes oder der Einschränkung der Benutzung aufgrund eines noch nicht rechtskräftigen Verwaltungsaktes besteht, immer vorausgesetzt, daß die behördlichen Beschränkungen oder Verbote ihre Ursache gerade in der Beschaffenheit oder in der Lage der Mietsache haben (BGH LM Nr 17 zu § 537 BGB). (737)

Volker Emmerich

22

§537 23-26

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

23 bb) Besondere Bedeutung hat diese Praxis für Geschäftsraummietverträge. Denn bei der Vermietung gewerblicher Räume befindet sich die Sache nur dann in einem zum vertragsmäßigen Gebrauch geeigneten Zustand, wenn der Aufnahme des vertraglich vorgesehenen Gewerbebetriebs keine privat- oder öffentlich-rechtlichen Hindernisse entgegenstehen (§§ 535, 536 Rz 56 m Nachw). Daher muß zB der Zustand von zur Einrichtung einer Gastwirtschaft vermieteten Räumen derart sein, daß der Mieter die erforderliche Konzession erlangen kann (BGH LM Nr 50 zu § 535 BGB). Ggf muß der Vermieter sogar die erforderlichen baulichen Veränderungen durchführen, von denen die Polizeibehörde die Erteilung der Schankerlaubnis an den Mieter abhängig macht (RGZ 94,138). Bei einer als Nachtlokal vermieteten Gaststätte trifft den Vermieter dementsprechend eine Einstandspflicht für die polizeiliche Duldung des Nachtbetriebes (KG JW 1927, 2437). 24 Zu gewerblichen Zwecken vermietete Räume sind dementsprechend als mangelhaft angesehen worden, wenn während des Krieges ein Tanzverbot erlassen wird (RGZ 87, 277; 88, 96; 89, 203) oder wenn während des Krieges für bestimmte Küstenstriche ein Badeverbot (RGZ 91, 54) oder ein Betriebsverbot verhängt wird (RGZ 94, 267). Ebenso wenn die Jagdausübung behördlich auf unbestimmte Zeit verboten wird (RGZ 98, 101, 103). Auch das polizeiliche Verbot einer Fabrik führt zur Annahme eines Mangels (RG JW 1913, 596 f Nr 10). Selbst die verschiedenen Verbote der Errichtung neuer Geschäfte oder Betriebe Anfang der Dreißiger Jahre zum Schutze des etablierten Einzelhandels wurden von der Praxis als mögliche Ursache von Mängeln der vermieteten Räume behandelt (RGZ 147, 157, 159 f; 147, 304, 307 f; 157, 363; aM RGZ 79, 92, 95). Nur wenn der Mieter das Haus nicht für bestimmte Zwecke gemietet hatte und ihm nachträglich die Eröffnung eines Kaufhauses verboten wurde, wurde die Annahme eines Mangels abgelehnt (RGZ 147, 304, 307 f). Ein weiteres hierhergehörendes Beispiel ist die Beseitigung von Parkplätzen durch eine Gemeinde vor einem von der Gemeinde als Tagungszentrum vermieteten Hotel mit der Folge, daß in dem Hotel keine Tagungen mehr durchgeführt werden können (LG Frankfurt NJW 1976, 1355 f). In allen diesen Fällen soll es auch keine Rolle spielen, ob das Verbot auf einer Anzeige des Mieters selbst beruht (KG OLGE 10, 257; str). 25 Ein Mangel wird jedoch verneint, wenn der Mieter ohne weiteres in der Lage gewesen wäre, das Verbot abzuwenden oder ihm auszuweichen (OLG Hamburg ZMR 1960, 304, 306; OLG Hamm ZMR 1971, 87) oder wenn es sich vorerst noch um reine, stadtplanerische Maßnahmen handelt, die sich ohnehin erst in einer fernen Zukunft auswirken können. Ebensowenig liegt ein Mangel vor, wenn die Behörde den rechtswidrigen Zustand unbeschränkt duldet, zB von einem Abrißgebot absieht oder eine planwidrige Nutzung eines Grundstücks befristet duldet (KG JW 1936, 2930; OLG Düsseldorf OLGZ 1973, 311 f). 26 cc) Die geschilderte Parxis ist nicht unbedenklich (zust jedoch B E U T H I E N 169 ff). Durch die übermäßige Ausweitung des Fehlerbegriffs wird die Gefahr heraufbeschworen, daß die Grenze zur bloßen Zweckvereitelung verwischt wird. Dem Mieter darf indessen nicht das gesamte Verwendungsrisiko abgenommen werden. Daher kann von einem Mangel nur die Rede sein, wenn das öffentlich-rechtliche Verbot seine Ursache tatsächlich gerade in der Beschaffenheit dieser konkreten vermieteten Sache und nicht in sonstigen, allgemein vorliegenden Umständen hat (s im einzelnen K Ö H L E R 174 ff). Entgegen der älteren Praxis können deshalb für das gesamte Land während des Krieges erlassene Tanzverbote ebensowenig wie Bade- oder Betriebsverbote oder eine generelle Kürzung der Polizeistunde als Mängel anerkannt werden, da diese Verbote ihre Ursache nicht in der Beschaffenheit der vermieteten Sache, sondern in davon völlig unabhängigen anderen Umständen haben. Die Volker Emmerich

(738)

§537 3. Titel. Miete. Pacht

27-32

vermieteten Räume sind daher an sich durchaus gebrauchstauglich; der Mieter wird jedoch aus anderen Gründen an ihrer vertragsmäßigen Nutzung gehindert. In solchen Fällen kann sich mithin nur die Frage stellen, ob hier ausnahmsweise Unmöglichkeit oder ein Wegfall der Geschäftsgrundlage wegen Zweckvereitelung vorliegt (s hierzu KÖHLER aaO; EMMERICH, in: Grundlagen des Vertrags- und S c h u l d r e c h t s [ 1 9 7 4 ] 3 6 9 ff, 4 2 2 ff, 4 5 8 ff m N a c h w ; U . HUBER J u S 1 9 7 2 , 5 7 , 6 2 f f ) .

d) Störungen des Mieters

27

aa) Der Vermieter muß dem Mieter den vertragsmäßigen Gebrauch ermöglichen. Daraus folgt, daß er selbst den Mieter in diesem Gebrauch nicht stören darf und Störungen Dritter abwehren muß (s im einzelnen § 535, 536 Rz 33 f, 40). Wird durch derartige Störungen der Mieter im vertragsmäßigen Gebrauch der vermieteten Sache behindert oder beeinträchtigt, so liegt folglich ein Mangel vor. Hierher gehören vor allem Immissionen aller Art. Beispiele sind: Störungen des 28 Mieters durch Lärm der Mitmieter, der Nachbarn oder sonstiger Dritter, von dem Gewerbebetrieb eines Mitmieters ausgehende Erschütterungen (BGH LM Nr 8 zu § 536 BGB), aus Nachbarräumen eindringender Rauch (LG Mannheim MDR 1969, 313 = WuM 1969,41), sowie Störungen durch eine an der Außenfront angebrachte Lichtreklame (WEIMAR ZMR 1964, 328). Auch Störungen durch den Bau von Straßen oder U-Bahnen können zu einem Mangel führen. Dasselbe gilt für Belästigungen durch die Mitmieter oder für die gegen den Vertrag verstoßende Vermietung an Konkurrenten des Mieters. bb) Der wichtigste hierhergehörende Fall ist die Belästigung des Mieters durch 29 Lärm des Vermieters, der Mitmieter oder Dritter (s §§ 535,536 Rz 40, 73 sowie bes WIETHAUP aaO). Denn der vertragsmäßige Gebrauch namentlich des Wohnungsmieters umfaßt auch das Recht, nicht übermäßig und unnötig durch Lärm gestört zu werden, wobei sich stets aus dem sinngemäß anwendbaren § 906 ergibt, welche Lärmbelästigungen der Mieter hinnehmen muß und welche nicht (s BGH LM Nr 1, 5 und 36 zu § 906; Nr 15 zu § 823 [Ef] BGB; Nr 9 zu § 18 1. BMG; OLG Frankfurt ZMR 1964, 271 f; LG Braunschweig NJW 1954, 111 Nr 11; AG Frankfurt ZMR 1961, 82 f). Die Zunahme des allgemeinen Straßenlärms muß daher auch der Mieter - innerhalb bestimmter Grenzen - hinnehmen (LG Kleve NJW 1970, 1975 f). Der Vermieter muß zunächst für eine ordnungsgemäße Schallisolierung sorgen. Die 30 vermietete Wohnung ist folglich mangelhaft, wenn die Schallisolierung hinter den üblicherweise geforderten Werten zurückbleibt (LG Düsseldorf ZMR 1961, 262 f; LG Hamburg ZMR 1971, 134 f). Entgegen einer verbreiteten Meinung muß das auch für Sozialwohnungen gelten (LG Braunschweig WuM 1958, 182; WEIMAR Betrieb 1974, 1657; aM zu Unrecht LG Dortmund ZMR 1959, 167). Aus denselben Gründen ist ein Mangel auch anzunehmen, wenn zB die Wasserleitung oder die Kanalisation ohne die vorgeschriebene Isolierung verlegt werden. Ein Mangel ist weiter bei übermäßigem Lärm anderer Mitmieter anzunehmen. 31 Gelegentliche Familienfeiern oder das nächtliche Baden anderer Mieter müssen zwar hingenommen werden, auf keinen Fall aber über die Grenzen des sinngemäß anwendbaren § 906 hinausgehende Lärmbelästigungen. Beispiele sind unerträglicher Kinderlärm den ganzen Tag über (LG Köln ZMR 1971, 241 f Nr 11), Störungen der Nachtruhe uäm (Beispiele in AG Frankfurt ZMR 1961, 82 f; LG Göttingen N J W 1954, 1205).

Besonders wichtig ist, daß die Praxis auch von Dritten ausgehende Lärmbelästigun- 32 gen als Fehler anerkennt. Beispiele sind der Lärm einer Gastwirtschaft in der (739)

Volker Emmerich

§537 33-38

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

Nachbarschaft (BGH LM Nr 36 zu § 906 BGB; Nr 6 zu § 542 BGB), der Lärm eines benachbarten Gewerbebetriebs (BGH LM Nr 15 zu § 823 [Ef] BGB) oder einer Maschinenschlosserei im Hof des Mietgrundstückes (AG Düsseldorf ZMR 1960, 169 f), der Lärm von Garagentoren in der Nachbarschaft (OLG Hamburg MDR 1972, 953 f Nr 48), sowie die Errichtung mehrerer Garagen oder einer Reparaturwerkstätte für Kraftfahrzeuge ausgerechnet im Hof eines Wohnhauses. Auch die nicht voraussehbare, übermäßige Zunahme des Straßenlärms kann einen Fehler darstellen. Die Praxis geht in diesen Fällen idR von einer Minderung um ungefähr 10% des Mietzinses aus. 33 Hingegen soll die voraussehbare Zunahme des Straßenlärms an einer Kreuzung keinen Mangel darstellen (LG Kleve NJW 1970, 1975 f); ebensowenig die Belästigungen, die von voraussehbaren Bauarbeiten in der Nachbarschaft ausgehen (OLG Frankfurt ZMR 1964, 271 f). 34 Der Mieter verwirkt sein Minderungsrecht wegen Lärmbelästigungen, wenn er mit dem Verlangen nach Mietzinsminderung wegen übermäßiger Hellhörigkeit der Wohnung erst nach 2 Jahren hervortritt (LG Düsseldorf ZMR 1961, 262 f). Und weiß der Mieter bei Vertragsschluß, daß im selben Haus in seiner Nachbarschaft ein Wäschereibetrieb eingerichtet wird, so kann er später wegen der von dem Betrieb ausgehenden Lärmbelästigungen nicht mehr mindern, wenn er bei Vertragsschluß keinen entsprechenden Vorbehalt gemacht hat (AG Oldenburg ZMR 1960, 169).

35 3. Ausnahmen Die Zufahrtswege wie Straßen und Bürgersteige sind nicht mitvermietet. Es stellt deshalb keinen Mangel der Wohnung dar, wenn sie nicht rechtzeitig fertiggestellt werden oder sich in einem mangelhaften Zustand befinden. Nur eine Haftung des Vermieters aus c.i.c. kommt in Betracht, wenn er den Mieter nicht gebührend über diese Schwierigkeiten aufklärt (WEIMAR ZMR 1965, 353 f). 36 Der Mieter muß grundsätzlich die mit normalen Straßenarbeiten verbundenen Belästigungen hinnehmen. Dasselbe gilt für Störungen, die mit den erforderlichen Reparaturen unvermeidlich verbunden sind (s § 541 a). Ebensowenig stellen billige und zumutbare Erschwerungen der Benutzung der gemeinsam benutzten Teile wie Höfe und Durchfahrten durch andere Mieter einen Mangel dar (s KG OLGE 20, 187; OLG Hamburg OLGE 20, 188). 37 Die Mieter gewerblicher Räume können Verkehr verlagert und infolgedessen ihre lungen gehören zum Risikobereich des nicht allein dadurch mangelhaft, daß sie

den Mietzins nicht mindern, wenn sich der Umsätze zurückgehen. Derartige EntwickMieters. Daher wird auch eine Maschine technisch veraltet.

38 4. Die Erheblichkeit des Mangels Nach der Neufassung des § 537 Abs 1 S 3 führt ein Mangel nur dann zur Minderung, wenn er eine erhebliche Minderung der Tauglichkeit zur Folge hat. § 537 ist insoweit durch das 2. MietÄndG v 1964 dem § 459 Abs 1 S 2 angepaßt worden, um Streitigkeiten der Mietparteien über belanglose Kleinigkeiten zu verhindern (vgl die Begr z RegE, BT-Dr IV/806). Ein Fehler ist dementsprechend als unerheblich anzusehen, wenn er leicht erkennbar ist, sowie schnell und mit geringen Kosten beseitigt werden kann (LG Freiburg ZMR 1976, 210, 211; AG Münster WuM 1977, 205). Volker Emmerich

(740)

3. Titel. Miete. Pacht

§537 39-45

n . Das Fehlen zugesicherter Eigenschaften

39

Eine Minderung kommt außerdem in Betracht, wenn der vermieteten Sache eine zugesicherte Eigenschaft fehlt oder später wegfällt (§ 537 Abs 2). 1. Allgemeines

40

§ 537 Abs 2 entspricht im wesentlichen dem § 459 Abs 2, so daß auch hier die Zusicherung Vertragsinhalt geworden sein muß, wenn ihr Fehlen die Rechtsfolgen der §§ 537 und 538 auslösen soll. Die Zusicherung muß folglich vom Mieter als vertragsmäßige verlangt und vom Vermieter in vertragsmäßig bindender Weise, dh insbes auch in der erforderlichen Form (§ 566), abgegeben worden sein. Sie muß außerdem die maßgeblichen Eigenschaften so genau bezeichnen, daß ihr Inhalt und Umfang im einzelnen festgestellt werden können. Allgemeine Anpreisungen u bloße Beschreibungen der vermieteten Sache genügen 41 für die Annahme einer Zusicherung grundsätzlich nicht. In Ausnahmefällen kann jedoch auch in solchen Erklärungen des Vermieters die Übernahme einer vertraglichen Garantie für das Vorhandensein der betreffenden Eigenschaften liegen, zB dann, wenn der Mieter die vermietete Sache vor Vertragsschluß nicht besichtigen konnte und sich deshalb auf die Angaben des Vermieters verlassen mußte (ROQUETTE § 537 Rz 19). Die Zusicherung wird idR ausdrücklich erfolgen müssen; notwendig ist dies jedoch 42 nicht. Unter besonderen Umständen kann auch eine konkludente Zusicherung angenommen werden, sofern der Mieter bei objektiver Betrachtungsweise dem Verhalten und den Äußerungen des Vermieters bei den Vertragsverhandlungen die Bereitschaft entnehmen konnte und durfte, für eine bestimmte Eigenschaft des Mietgegenstandes eine über die normale Haftung hinausgehende, besondere Gewähr zu übernehmen und damit für deren Vorhandensein einzustehen. Gegenstand der Zusicherung können sämtliche Eigenschaften der vermieteten 43 Sache sein. Der Begriff der Eigenschaften wird hier ebenso weit wie in § 459 Abs 2 ausgelegt. Es gehören deshalb dazu auch alle rechtlichen und tatsächlichen Verhältnisse, die vermöge ihrer Art und Dauer für die Wertschätzung oder die Brauchbarkeit der Sache von Einfluß sein können, mögen sie in der Vergangenheit oder in der Gegenwart liegen (vgl aus der Praxis zu § 459 Abs 2 insbes BGHZ 48, 118; 50, 204;59,160;59,303;63,369 = JuS 1968, 40 Nr 3; 1968,482 Nr 1; 1972, 725 Nr 5; 1973, 113 f Nr 4; 1975, 592 Nr 4; BGH NJW 1975, 1693 = JuS 1975, 810 Nr 7; EMMERICH, Schuldrecht BT [2. Aufl 1976] § 4 II 2 a). Ob die zugesicherten Eigenschaften überhaupt herbeigeführt werden können, spielt 44 keine Rolle; ebensowenig, ob es sich um objektiv erhebliche oder unerhebliche Eigenschaften handelt. Auch trifft den Mieter, wenn der Vermieter mit der Zusicherung die Garantie für das Vorhandensein bestimmter Eigenschaften übernommen hat, keine Pflicht zur Nachprüfung, ob die Eigenschaften tatsächlich vorhanden sind (BGH LM Nr 12/13 zu § 537 BGB). 2. Sonderfälle

45

In der Zusicherung der bestimmten Größe eines Grundstücks und damit gemäß § 580 auch in der Zusicherung einer bestimmten Zahl oder Größe von Räumen liegt kraft Gesetzes (§ 537 Abs 2 S 2) stets die Zusicherung einer Eigenschaft. § 537 Abs 2 ist außerdem entsprechend anwendbar, wenn der Vermieter während der Vertragsdauer für die Zukunft das Vorhandensein bestimmter Eigenschaften zusichert. (741)

Volker Emmerich

§537 46-51

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

46 3. Die Rechtsfolgen bei Fehlen einer zugesicherten Eigenschaft Sind die zugesicherten Eigenschaften nicht vorhanden, so hat der Mieter in erster Linie den Erfüllungsanspruch. Daneben stehen ihm jedoch auch die sog Gewährleistungsrechte aufgrund der §§ 537 und 538 zu. 47 4. Einzelfälle Beispiele sind die Zusicherung einer bestimmten Tragfähigkeit der Mieträume bei der Vermietung eines Lagerhauses (BGH LM Nr 12/13 zu § 537 BGB), die Zusicherung eines bestimmten Umsatzes bei der Verpachtung einer Gastwirtschaft (KG OLGE 5, 25), die Zusicherung der sog Brauereifreiheit einer Gastwirtschaft (RGZ 95, 175), die Zusicherung der Bebauungsmöglichkeit (RG BayZ 1913, 252), sowie schließlich die Zusicherung der Freiheit von Immissionen, zB die Zusicherung absoluter Ruhe.

III. Rechtsfolgen 48 1. Die Minderung a) Wenn und solange durch den Mangel die Gebrauchstauglichkeit der Sache völlig aufgehoben ist, ist der Mieter von der Entrichtung des Mietzinses befreit (OLG Köln ZMR 1976, 303; LG Hamburg DWW 1977, 117 f). Ist die Gebrauchstauglichkeit der Sache hingegen nur (erheblich) gemindert, so ist der Mieter für die betreffende Zeit nur zur Entrichtung eines herabgesetzten Mietzinses verpflichtet. Diese Minderung tritt bei der Miete - anders als beim Kauf - entsprechend § 323 Abs 1 automatisch, dh ohne weiteres kraft Gesetzes ein, sobald und solange die Gebrauchstauglichkeit der Sache durch einen Fehler herabgesetzt oder aufgehoben ist. Die Minderung ist also kein Anspruch und kann deshalb auch nicht verjähren (BGH LM Nr 16 zu § 535 BGB und Nr 8 zu PreisstopVO = NJW 1958, 785; LM Nr 3 a zu § 537 BGB = NJW 1961, 916). 49 b) Die Minderung erfolgt nach § 472 durch eine verhältnismäßige Herabsetzung des Mietzinses nach der Formel: Alter Mietzins : Neuer Mietzins = Wert der mangelfreien Sache : Wert der mangelhaften Sache. Ist in dem Mietzins auch eine Gegenleistung für Nebenleistungen enthalten, so bleibt dieser Betrag bei der Minderung außer Betracht, es sei denn, der Mangel hafte gerade den Nebenleistungen an. Maßgebender Zeitpunkt ist der des Vertragsschlusses. Gemindert wird der Mietzins aber nur für die Zeit, während derer die Gebrauchstauglichkeit der Sache aufgehoben oder herabgesetzt ist. Beseitigt der Vermieter den Mangel, so muß der Mieter wieder den vollen Mietzins zahlen. Hat der Mieter den Mietzins schon im voraus gezahlt, so kann er den infolge der Minderung zuviel gezahlten Betrag nach § 812 Abs 1 kondizieren und mit diesem Anspruch auch gegen zukünftige Mietzinsansprüche des Vermieters aufrechnen. 50 c) Die Minderung setzt kein Verschulden des Vermieters voraus. Ebensowenig spielt es eine Rolle, ob der Mieter bei einwandfreiem Zustand der Sache von dieser überhaupt einen Gebrauch gemacht hätte (BGH LM Nr 16 zu § 535 BGB). Eine Minderung kommt jedoch nicht mehr in Betracht, wenn der Mieter trotz Vertragsbeendigung wohnen bleibt und deshalb nach § 557 den Mietzins als Mindestschaden fortzahlen muß (BGH LM Nr 3 a zu § 557 BGB). 51 d) Durch die Minderung wird der Erfüllungsanspruch des Mieters nicht berührt. Durch die Neufassung des § 538 ist außerdem klargestellt, daß der Mieter neben Volker Emmerich

(742)

3. Titel. Miete. Pacht

§537 52-55

der Minderung stets auch Schadensersatz verlangen kann. Dasselbe gilt auch umgekehrt, es sei denn, bei der Schadensberechnung sei schon der Minderwert der Sachen berücksichtigt worden. Hingegen kommt neben oder anstatt der Minderung ein zusätzliches Zurückbehaltungsrecht des Mieters hinsichtlich fälliger Mietzinsansprüche des Vermieters nicht in Betracht (LG Mannheim MDR 1976, 316).

2. Der Ausschluß der Minderung kraft Gesetzes

52

a) Eine Minderung kommt trotz Vorliegen eines Mangels nicht in Betracht, wenn der Mieter den Mangel bei Vertragsschluß gekannt hat (§ 539) oder wenn er seine Anzeigepflicht verletzt hat und der Vermieter infolgedessen außerstande war, Abhilfe zu schaffen (§ 545). Ein weiterer Ausschlußtatbestand findet sich in § 324 Abs 1: Hat der Mieter den Mangel selbst zu vertreten, so scheidet eine Minderung aus; an deren Stelle tritt die Schadensersatzpflicht des Mieters; so zB bei Schimmelbildung in den Räumen infolge ungenügender Heizung durch den Mieter (OLG Hamburg OLGE 13, 363). b) Die Praxis wendet § 539 entsprechend an, wenn der Mieter den Mangel nach- 53 träglich erkennt, gleichwohl aber den Gebrauch der gemieteten Sache über eine längere Zeit vorbehaltlos fortsetzt, namentlich den Mietzins in voller Höhe weiterzahlt. Je nach den Umständen des Falles wird dann in diesem Verhalten des Mieters ein vollständiger oder teilweiser Verzicht auf die Minderung wegen des dem Mieter bekannten Mangels gesehen. Dahinter steht der Gedanke, daß sich aus der vorbehaltlosen Fortzahlung des unveränderten Mietzinses ergebe, daß dem Mieter die Sache trotz ihres Mangels ihren Preis wert sei. Zur Vermeidung des Ausschlusses der Mängelansprüche soll es deshalb auch nicht genügen, daß der Mieter wiederholt Beanstandungen vorbringt, sofern er nur gleichwohl durch die vorbehaltlose Fortzahlung des Mietzinses den Vertrag seinerseits voll erfüllt (so zB RG JW 1 9 3 6 , 2 7 0 6 = GrundE 1936, 763; BGH LM Nr 19 zu § 537 BGB B12; Nr 6 zu § 539 BGB; Nr 6 zu § 5 4 2 BGB B1 2 f; ZMR 1961, 3 5 9 = BB 1961, 1 0 7 0 ; ZMR 1976, 138, 141 = MDR 1976, 571; WM 1967, 515, 517; 1967, 850, 851; OLG Kiel SchlHA 1965, 211, 212; OLG Celle NdsRpfl 1975, 95, 98; OLG Hamm ZMR 1971, 18, 20; Urt v 14. 12. 1 9 7 6 - 7 U 4 5 / 7 6 ; LG Köln WuM 1975, 5, 7 ; LG Mannheim WuM 1975, 2 2 6 ; MITTELSTEIN 2 9 3 f; WEIMAR 35). Dasselbe soll gelten, wenn der Mieter trotz Kenntnis von dem Mangel eine Verlängerungsoption ausübt (BGH ZMR 1970, 327, 329).

Der Ausschluß der Mieterrechte bezieht sich jedoch stets nur auf das Minderungs- 54 recht des § 537, niemals hingegen auf den ursprünglichen Erfüllungsanspruch aus § 536; dieser bleibt also dem Mieter auch trotz Kenntnis des Mangels stets voll erhalten (BGH WM 1967, 850, 851). Das Minderungsrecht lebt außerdem wieder auf, sobald der Vermieter eine Erhöhung des Mietzinses verlangt, jedenfalls sofern dann der erhöhte Mietzins in keinem vertretbaren Verhältnis mehr zu dem Wert der mangelhaften Sache steht (BGH LM Nr 3 zu § 539 BGB; Nr 9 zu § 18 1. BMG = ZMR 1961, 257; weitergehend OLG Düsseldorf OLGZ 1973, 311, 312; THEUERKAUF M D R 1961, 9 0 7 ; HOFFMANN M D R 1962, 181).

Ein Verlust des Minderungsrechts wird nur verneint, wenn der Mieter den Mietzins 55 lediglich unter Vorbehalt fortzahlt und nachdrücklich auf einer Beseitigung der Mängel besteht oder die Kündigung für den Fall androht, daß die Mängel nicht binnen einer bestimmten Frist behoben werden. Ebenso steht es, wenn der Mieter darauf vertrauen darf und auch vertraut, daß der Mangel in Kürze vom Vermieter beseitigt wird, und nur deshalb den Mietzins zunächst in voller Höhe fortzahlt (BGH LM Nr 6 zu § 5 3 9 BGB; Nr 6 zu § 5 4 2 BGB; ZMR 1976, 138, 141). (743)

Volker Emmerich

§537 56-62

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

56 Diese ganze Praxis ist nicht unbedenklich. Sie verkennt die Zwangssituation, in der sich der Mieter angesichts der Situation auf dem Wohnungsmarkt in derartigen Fällen häufig befindet. Jedenfalls bei der Wohnraummiete sollte deshalb der Mieter trotz Fortzahlung des ungekürzten Mietzinses zur Minderung berechtigt bleiben, sobald er dem Vermieter den Mangel mitgeteilt und Beseitigung verlangt hat. 57 c) Die Minderung ist schließlich ausgeschlossen, wenn der Mieter selbst vertraglich die Beseitigung des fraglichen Mangels übernommen hatte oder wenn er zuvor bestimmte Veränderungen gewünscht hatte, auf die der Mangel letztlich zurückgeht, weil er mit dem Wunsch nach diesen Veränderungen zugleich das Risiko derartiger Mängel übernommen hat.

58 3. Vertragliche Beschränkungen des Minderungsrechts a) § 537 ist dispositiv, so daß er (in den Grenzen der §§ 540, 138 und 242) vertraglich ausgeschlossen oder beschränkt werden kann (BGHZ 29,289,295 f; aM nur OLG Braunschweig ZMR 1963, 211 Nr 13 m abl Anm BASSENGE ZMR 1964, 39 f). Deshalb ist es auch möglich, die Minderung von zusätzlichen Bedingungen wie einer vorherigen Anzeige unter Einhaltung bestimmter Fristen abhängig zu machen. Die Minderung kann aber auch durch einen bloßen Anspruch auf Beseitigung der Mängel ersetzt werden (§ 538 Rz 23). 59 Der Ausschluß der Sachmängelhaftung des Vermieters kann grundsätzlich auch auf versteckte Mängel erstreckt werden; entscheidend sind insoweit die Abreden der Parteien (OLG Düsseldorf VersR 1973, 425). Anders jedoch, wenn durch die versteckten Mängel der vertragsmäßige Gebrauch der gemieteten Sache geradezu unmöglich gemacht wird, weil jede Partei für die Erfüllung jedenfalls ihrer Hauptleistungspflichten unbedingt einstehen muß (OLG Schleswig SchlHA 1970, 159 für den Befall von Lagerräumen mit Ungeziefer). 60 b) Weitergehende Schranken gelten für Formularverträge. Ebenso wie bei Kaufund Werkverträgen ( § 1 1 Nr 10 AGBG 1976) wird man auch bei der Miete annehmen müssen, daß dem Mieter zumindest der Anspruch auf unverzügliche Beseitigung der Mängel belassen werden muß (§ 9 AGBG). Außerdem müssen die gesetzlichen Rechte wieder aufleben, wenn der Vermieter die Reparaturpflicht nicht in angemessener Zeit erfüllt (ebenso im Erg KG MietGer 1 9 3 3 , 4 5 ; LARENZ I I § 4 8 III b;

SOERGEL-MEZGER

§ 540

Rz

2;

HENSEN,

in:

ULMER-BRANDNER-HENSEN,

AGBG § 11 Nr 3 Rz 3; vgl auch OLG Nürnberg MDR 1977, 580 Nr 50). 61 c) Dieselbe Wertung liegt auch dem § 537 Abs 3 zugrunde, wonach bei Mietverhältnissen über Wohnraum eine zum Nachteil des Mieters von § 537 abweichende Vereinbarung unwirksam ist (vgl die Begr zum RegE, BT-Dr IV/806, 8). Die Minderung darf deshalb weder ausgeschlossen noch eingeschränkt werden. Unzulässig sind auch Klauseln, die die Minderung von zusätzlichen Bedingungen wie einer Anzeige oder der Einhaltung von Fristen abhängig machen oder den Fehlerbegriff einschränkend definieren (AG Aachen NJW 1970, 1923; PERGANDE § 537 Anm 9). Eine gegen § 537 Abs 3 verstoßende Abrede ist unwirksam. IdR dürfte dies jedoch ohne Einfluß auf die Wirksamkeit des Vertrages im übrigen sein (PERGANDE aaO).

62 IV. Beweislast Wenn sich der Mieter gegenüber dem Mietzinsanspruch des Vermieters auf Minderung beruft, trifft ihn die Beweislast für das Vorliegen von Mängeln (hM; aM mit guten Gründen STOLL, in: F S f Hippel [1967] 517,533 ff). Steht jedoch fest, daß die Volker Emmerich

(744)

§538 3. Titel. Miete. Pacht Mietsache mangelhaft ist, so muß der Vermieter beweisen, daß nur eine unerhebliche Minderung der Tauglichkeit vorliegt (s PERGANDE § 537 A n m 8). §538 Ist ein Mangel der im § 537 bezeichneten Art bei dem Abschluß des Vertrages vorhanden oder entsteht ein solcher Mangel später infolge eines Umstandes, den der Vermieter zu vertreten hat, oder kommt der Vermieter mit der Beseitigung eines Mangels in Verzug, so kann der Mieter unbeschadet der im § 537 bestimmten Rechte Schadensersatz wegen Nichterfüllung verlangen. Im Falle des Verzugs des Vermieters kann der Mieter den Mangel selbst beseitigen und Ersatz der erforderlichen Aufwendungen verlangen. E I §§ 506, 514 Abs 3; E II §483; E III §531; Mot II 376 f; Prot II 132; 2. MietÄndG v 14. 7. 1964 (BGBl I 457) Art I Nr 2. Schrifttum (s schon Vorbem zu § 537 und bei § 537) BROX-ELSING, Die Mängelhaftung bei Kauf, Miete und Werkvertrag, JuS 1976, 1; CRANZ, Minderung und Schadensersatz wegen Nichterfüllung, ZMR 1954, 1; DIEDERICHSEN, Schadensersatz wegen Nichterfüllung und Ersatz von Mangelfolgeschäden, A c P 165 ( 1 9 6 5 ) 150, 166 ff; HASSOLD, D i e M ä n g e l h a f t u n g im Mietrecht, J u S 1975, 5 5 0 ; KÜRZEL,

Schadensersatzpflicht des Vermieters wegen Mängel der Mietsache, DWW 1964,251 ; MITTELSTEIN, Die Miete nach dem Rechte des deutschen Reiches (4. Aufl 1932) 298 ff; NIENDORFF, MietR nach dem BGB (10. Aufl 1914) 140 ff; PIEPER, Ersatzansprüche des in einen Mietvertrag eingetretenen Mieters, NJW 1961, 300; SÖLLNER, Mietvertragliche Sachmängelhaftung des Grundstückserwerbers gegenüber Dritten, JuS 1970, 159; TODT, Die Schadensersatzansprüche des Käufers, Mieters und Werkbestellers aus Sachmängeln (1970) bes 34 ff, 163 ff; ders, Die Schadensersatzansprüche des Käufers, Mieters und Werkbestellers bei Lieferung eines mangelhaften Vertragsobjektes, BB 1971, 680; TRENCK-HINTERBERGER, Die Garantiehaftung des Vermieters, JuS 1975, 501; WEIMAR, Die

Sachmängelhaftung im Mietrecht (1957) bes 19 ff ; ders, Zum Umfang des Schadensersatzanspruchs wegen Nichterfüllung gemäß § 538 BGB, MDR 1960, 555; ders, Das Recht des Mieters zur Mängelbeseitigung gemäß § 538 Abs 2 BGB, ZMR 1965, 163; ders, Unterlassene Abhilfe des Vermieters bei angezeigten Mängeln, ZMR 1978, 4.

Systematische Übersicht I. Anwendungsbereich 1

IV. Die Haftung des Vermieters bei Verzug mit der Mängelbeseitigung 16

II. Die Haftung des Vermieters für schon bei Vertragsschluß vorhandene Mängel 1. Allgemeines 3 2. Die Voraussetzungen der Garantiehaftung im einzelnen 4 3. Beschränkung auf erkennbare Mängel? 13

V. Rechtsfolgen 24 1. Der Schadensersatzanspruch wegen Nichterfüllung 24 2. Der Anspruch auf Aufwendungsersatz 35

III. Die Haftung des Vermieters für nachträgliche, von ihm zu vertretende Mängel 14

VI. Ausschluß und Beschränkungen 1. Ausschlußklauseln 43 2. Mitwirkendes Verschulden 48 VII. Beweislast 50

Alphabetische Übersicht Abweichende Vereinbarungen 43, 45,47 Anwendungsbereich 1 Aufrechnungsausschluß 46

Aufwendungsersatzanspruch 35 ff, 41 f Ausschlußklauseln 43

Aufwendungen 37 f

Beweislast 50

(745)

Volker Emmerich

§538 1-3

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

Deliktsansprüche 33 Einzelfälle 29 Erfüllungsgehilfen 14 Erfüllungsinteresse 28 Erkennbare Mängel 13 Erwerber 5 Garantiehaftung 3 f, 10 Gefahrtragung 9 Geheime Mängel 13 Geschützter Personenkreis 26 Herzustellende Sache 8 Kündigung 25, 3 0 Mängelanzeige 18 f Mahnung 19 f Mangelfolgeschäden 27 f Maßgebender Zeitpunkt 7

Minderung 2 4 Mitwirkendes Verschulden 4 8 f Nachbesserungsanspruch 23 Nachträgliche Mängel 14 f Neuer Mieter 6 Schadensersatz wegen Nichterfüllung 24 ff, 31 f Selbsthilferecht 35 f, 4 8 Träger-Bewerberverträge 2 Umfang des Ersatzanspruchs 27 ff Unmöglichkeit der Mängelbeseitigung 22 Verjährung 4 0 Verschulden 6 Verzug mit Mängelbeseitigung 16 f, 21 Vorschuß 38 Wohnraummiete 45 Zugesicherte Eigenschaft 15

1 I. Anwendungsbereich § 538 Abs 1 ordnet in 3 Fällen eine Verpflichtung des Vermieters zum Schadensersatz wegen Nichterfüllung an (s u Rz 3-23). Wie sich aus der Bezugnahme auf § 537 ergibt, setzt diese Haftung des Vermieters in allen drei Fällen voraus, daß dem Mieter die Sache bereits überlassen ist (s § 537 Rz 11). Das gilt auch für die Garantiehaftung des Vermieters für schon bei Vertragsschluß vorhandene Mängel. 2 § 538 ist entsprechend anwendbar auf sog Träger-Bewerberverträge, aufgrund derer dem Bewerber vorläufig entgeltlich die Nutzung des ihm später zu übereignenden Hauses überlassen worden ist (BGHZ 56, 136, 138 ff).

II. Die Haftung des Vermieters für schon bei Vertragsschluß vorhandene Mangel 3 1. Allgemeines Nach § 538 Abs 1 ist der Vermieter dem Mieter zum Schadensersatz verpflichtet, wenn ein Mangel iS des § 537 schon bei Vertragsschluß vorhanden ist. Diese (vom Verschulden unabhängige) sog Garantiehaltung wurde dem Vermieter - in Abweichung vom früheren Recht - auferlegt, weil man davon ausging, es entspreche dem Wesen des Mietvertrages, daß der Vermieter die Tauglichkeit der Mietsache bei Vertragsschluß stillschweigend garantiere (Mot II 376 f). Ob diese Annahme berechtigt ist oder nicht, ist bis heute streitig geblieben (vgl TODT 45 ff m Nachw). Der Kritik ist dabei sicher einzuräumen, daß die Unterstellung einer stillschweigenden Garantie des Vermieters verfehlt ist. Auf der anderen Seite zeigt aber die Praxis immer wieder, wie nötig der umfassende Schutz des Mieters gerade gegen bei Vertragsschluß vorhandene Mängel ist. Zu Recht hat deshalb der Gesetzgeber bisher an der Garantiehaftung des Vermieters festgehalten. Volker Emmerich

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3. Titel. Miete. Pacht

§538 4-10

2. Die Voraussetzungen der Garantiehaftung im einzelnen

4

a) Erste Voraussetzung der Garantiehaftung des Vermieters ist, daß es sich um einen Mangel iS des § 537 handelt. Die Garantiehaftung greift daher auch ein, wenn schon bei Vertragsschluß zugesicherte Eigenschaften fehlen. b) Weitere Voraussetzung der Garantiehaftung ist, daß der Mangel schon bei 5 Vertragsschluß vorhanden ist. Wechselt der Eigentümer während des Laufes des Vertrages, so gilt § 571, so daß auch der Erwerber des Grundstücks ohne Rücksicht auf ein etwaiges Verschulden für alle während der Dauer seines Eigentums entstehenden Schäden haftet, selbst wenn der Mangel schon lange vor seinem Eigentumserwerb eingetreten ist (BGH, NJW 1968, 885). Die Haftung entfällt nur für solche Schäden, die schon vor dem Zeitpunkt seines Eigentumserwerbes eingetreten waren. In keinem Fall setzt die Haftung ein Verschulden des Vermieters voraus, weil es sich 6 um eine reine Garantiehaftung handelt (vgl zB BGHZ 9, 320, 321; 63, 333, 335; BGH LM Nr 5 zu § 538 BGB; OLG Hamm ZMR 1970, 236; OLG Düsseldorf VersR 1 9 7 4 , 1 1 1 3 ; LG Mannheim MDR 1969, 3 1 3 f). Tritt aber ein neuer Mieter in der Weise in den Mietvertrag ein, daß der mit dem alten Mieter abgeschlossene Vertrag mit ihm fortgesetzt wird, so bleibt es bei dem ersten Vertragsschluß mit dem alten Mieter als dem maßgeblichen Zeitpunkt; für Mängel bei Eintritt des neuen Mieters haftet der Vermieter also nur, wenn er sie zu vertreten hat (§ 538 Abs 1 Fall 2; B G H L M N r 2 1 a zu § 5 3 5 B G B ; PIEPER N J W 1961, 3 0 0 f).

c) Probleme entstehen, wenn Vertragsschluß, Herstellung der Sache und deren 7 Übergabe auseinanderfallen. Fallen Vertragsschluß und der Beginn des Mietverhältnisses durch Übergabe der Sache auseinander, so ist der maßgebende Zeitpunkt nach § 538 Abs 1 Fall 1 grundsätzlich der des Vertragsschlusses. Die Garantiehaftung des Vermieters für in diesem Augenblick schon vorhandene Mängel entfällt daher nur, wenn die Parteien ausnahmsweise etwas Abweichendes vereinbart haben (BGH NJW 1968, 885 = JuS 1968, 335 Nr 3). § 538 ist außerdem entsprechend anwendbar, wenn die Sache in der Zeit zwischen Vertragsschluß und Ubergabe mit einem Mangel behaftet wird. Umgekehrt entfällt die Garantiehaftung des Vermieters, wenn der Mangel in der Zeit zwischen Vertragsschluß und Übergabe beseitigt wird, außer wenn dadurch der Vermieter in Verzug mit der Übergabe gerät (TODT 49). - Bei der Gattungsmiete ist (analog § 480) nur der Zeitpunkt der Übergabe maßgebend (MEDICUS, in: FS f Felgentraeger [1969] 309, 311 f).

Ein Mietvertrag kann auch über eine erst noch herzustellende Sache abgeschlossen 8 werden. In derartigen Fällen wendet die Praxis § 538 sinngemäß an, wenn der Mangel entweder bei der Übergabe oder bei der Fertigstellung der Sache vorliegt (BGHZ 9, 320 f; 56, 136, 140; BGH LM Nr 33 zu § 328 BGB; Nr 6 zu § 538 BGB; OLG Düsseldorf VersR 1974, 1113; kritisch TODT 50). Richtigerweise sollte jedoch in diesen Fällen allein auf die Übergabe als maßgebenden Zeitpunkt abgestellt werden, da allein dieser Zeitpunkt für den Mieter bedeutsam ist. d) Für das Vorliegen eines Mangels zu dem hiernach maßgebenden Zeitpunkt 9 genügt es, daß in diesem Zeitpunkt schon die Ursachen der späteren Schädigung vorhanden sind. Der Mangel braucht also damals noch nicht hervorgetreten zu sein. Erst recht braucht noch kein Schaden eingetreten zu sein, so daß der Vermieter die Gefahr aller geheimen Mängel trägt (aM zuletzt MITTELSTEIN 306 f). e) Dies hat zur Folge, daß die Garantiehaftung des Vermieters im Ergebnis außer- 10 ordentlich weitgeht (s schon RGZ 81, 200, 202; RG JW 1921, 334 f; OLG (747)

Volker Emmerich

§538 11-14

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

Hamburg OLGE 22, 261, 262). So trifft zB den Vermieter die Garantiehaftung, wenn die Ursachen späterer behördlicher Verbote oder Beschränkungen bereits bei Vertragsschluß vorlagen (BGH LM Nr 6 zu § 538 BGB m Anm DIEDERICHSEN JZ 1964, 25; BGH LM Nr 17 zu § 537 BGB; OLG Hamm ZMR 1970, 236; einschränkend aber BGHZ 68, 294 = JuS 1977, 763 Nr 7); wenn er eine Kegelbahn mit einem zum Schwitzen neigenden Fußbodenbelag vermietet (BGH LM Nr 19 zu § 5 3 7 BGB m Anm TRENCK-HINTERBERGER aaO); wenn sich in den vermieteten Räumen eine unverschlossene Rauchrohröffnung befindet (BGHZ 49, 350 = JuS 1 9 6 8 , 3 3 5 Nr 3 m Anm SÖLLNER aaO); wenn bei einem vermieteten Gerüst eine Sprosse innen faul ist (OLG Düsseldorf VersR 1 9 7 4 , 1 1 1 3 ) , also stets ganz ohne Rücksicht darauf, daß diese Mängel niemand kannte und daß die Schäden erst sehr viel später eingetreten sind. Anders, wenn die Behörde ihre Meinung über die Zulässigkeit eines Betriebes erst nach Vertragsschluß ändert (BGZ 68, 294 = JuS aaO). 11 f) Die Garantiehaftung ist unabhängig davon, ob der Mangel der vermieteten Sache selbst anhaftet oder außerhalb der Sache liegt, so daß der Vermieter auch für von außen auf die Sache einwirkende Gefahrenquellen uneingeschränkt haftet (BGH LM Nr 20 zu § 537 BGB; Nr 3 zu § 538 BGB; OLG Köln NJW 1964, 2020). 12 g) Wegen des Vorrangs des § 538 vor § 306 (s Vorbem 5 zu § 537) spielt es schließlich auch keine Rolle, ob eine Beseitigung des Mangels überhaupt möglich ist; immer greift nur § 538 ein (str). 13 3. Beschränkung auf erkennbare Mängel? Im Schrifttum gibt es verbreitete Versuche, die weitgehende Garantiehaftung des Vermieters einzuschränken. Diese Versuche setzen entweder bei dem Tatbestand oder bei den Rechtsfolgen des § 538 ein. Auf der Ebene des Tatbestandes wird vorgeschlagen, die Haftung des Vermieters auf solche Mängel zu beschränken, die bei Anwendung äußerster Sorgfalt noch erkennbar waren, so daß der Vermieter die Gefahr der geheimen Mängel nicht zu tragen brauche (so insbes HECK § 98, 5; DIEDERICHSEN ACP 165, 150, 167 f; FIKENTSCHER, Schuldrecht § 74 II 6; LARENZ II § 48 III b). Für eine derartige Einschränkung der Vermieterhaftung fehlt jedoch jede Grundlage im Gesetz; sie ist auch sachlich nicht gerechtfertigt, so daß an der hM uneingeschränkt festzuhalten ist (ebenso BGH LM Nr 20 zu § 537 BGB; Nr 47 zu § 535 BGB B1 2R). Nach dem Gesagten versteht es sich auch von selbst, daß es keine Rolle spielt, ob der Mieter den Mangel erkennen konnte. Kannte er ihn jedoch, so gilt § 539. 14 HI. Die Haltung des Vermieters für nachträgliche, von ihm zu vertretende Mängel 1. Der Vermieter haftet dem Mieter außerdem auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung, wenn nach Vertragsschluß ein Mangel infolge eines Umstandes entsteht, den er iS der §§ 276-279 zu vertreten hat. Zu den Erfüllungsgehilfen des Vermieters gehören dabei jedoch grundsätzlich nicht die anderen Mieter (§§ 535, 536 Rz 31, 156). Der Vermieter haftet hiernach vor allem, wenn er gegen seine regelmäßige Prüfungspflicht schuldhaft verstößt (s §§ 535, 536 Rz 43) oder wenn der Mieter durch seine Erfüllungsgehilfen schuldhaft geschädigt wird. Beispiele sind das unsachgemäße Bohnern einer Treppe durch eine Putzfrau (BGH LM Nr 10 a zu § 538 BGB), unsachgemäße Reparaturen durch vom Vermieter beauftragte Handwerker, sowie den Mieter schädigende Änderungen der vermieteten Sache (LG Mannheim WuM 1976, 150). Volker Emmerich

(748)

3. Titel. Miete. Pacht

§538 15-22

2. Dieselbe Haftung besteht, wenn nachträglich eine zugesicherte Eigenschaft weg- 15 fällt. Eine Haftung ohne Verschulden kommt überdies in Betracht, wenn der Vermieter nachträglich die Garantie für bestimmte Eigenschaften übernimmt oder deren Vorhandensein jetzt erst zusichert. IV. Die Haftung des Vermieters bei Verzug mit der Mängelbeseitigung

16

1. Der Vermieter ist dem Mieter schließlich auch dann noch zum Schadensersatz wegen Nichterfüllung verpflichtet, wenn er mit der Beseitigung eines Mangels iS des § 537 in Verzug gerät (§ 538 Abs 1 Fall 3). Insoweit spielt es keine Rolle, wann der Mangel entstanden ist und ob ihn der Vermieter zu vertreten hat oder nicht. Praktische Bedeutung hat dieser Fall jedoch nur, wenn es sich um nachträgliche, vom Vermieter nicht zu vertretende Mängel handelt, weil sich in allen anderen Fällen die Haftung des Vermieters schon aus den beiden ersten Fällen des § 538 Abs 1 ergibt. 2. Ob der Vermieter in Verzug ist, richtet sich im einzelnen nach den §§ 284 ff. 17 Voraussetzungen des Verzugs sind hiernach in erster Linie Fälligkeit des Anspruchs auf Mängelbeseitigung, Möglichkeit der Mängelbeseitigung, Mahnung und Verschulden des Vermieters. a) Die Fälligkeit des Mängelbeseitigungsanspruchs tritt an sich nach § 271 mit 18 Auftreten des Mangels ein. Doch kann der Vermieter erst nach Kenntnis von dem Mangel mit dessen Beseitigung in Verzug geraten. Daraus folgt, daß der Verzug auch grundsätzlich eine Mängelanzeige des Mieters nach § 545 voraussetzt. Der Vermieter kann aber auch dann in Verzug geraten, wenn er auf andere Weise von dem Mangel Kenntnis erlangt. b) Außerdem ist als Voraussetzung des Verzugs grundsätzlich eine Mahnung des 19 Vermieters durch den Mieter erforderlich (dagegen bes TODT 50 f). In der bloßen Anzeige oder Mängelrüge nach § 545 liegt eine derartige Mahnung idR noch nicht (WEIMAR ZMR 1975, 163, 164); vielmehr ist die unbedingte Aufforderung zur Beseitigung des Mangels erforderlich, wobei der Mieter dem Vermieter grundsätzlich auch eine angemessene Frist zur Beseitigung der Mängel einräumen muß. Erst nach fruchtlosem Ablauf dieser Frist kommt dann der Vermieter in Verzug. In zahlreichen Fällen ist die Mahnung indessen entbehrlich, insbes wenn die Parteien 20 einen bestimmten Termin für die Beseitigung der Mängel vereinbart haben (§ 284 Abs 2), wenn der Vermieter einseitig für einen bestimmten Termin die Beseitigung versprochen hat oder wenn er sich strikt weigert, die Mängel beseitigen zu lassen, schließlich dann, wenn der Mieter ein dem Vermieter erkennbares, besonderes, dringendes, objektives Interesse an der sofortigen Beseitigung der Mängel hat, weil nur eine sofortige Leistung erhebliche Schäden von ihm abwenden könnte (RGZ 100, 42, 43; EMMERICH, in: Grundlagen des Vertrags- und Schuldrechts [1974] 3 9 8 ff m Nachw; WEIMAR a a O ) .

c) Ob der Vermieter die zur Beseitigung der Mängel erforderlichen Mittel besitzt, 21 spielt keine Rolle (§ 279). Deshalb sind kaum Fälle vorstellbar, in denen der Vermieter den Verzug nicht zu vertreten hat (§ 285; s EMMERICH 401 ff m Nachw). Nur in den (seltenen) Fällen der sog übermäßigen Leistungserschwerung kann eine abweichende Beurteilung in Betracht kommen (EMMERICH 456 f). 3. Wenn die Beseitigung des Mangels unmöglich ist, scheidet Verzug aus. Statt 22 dessen liegt Unmöglichkeit vor, so daß nur zu prüfen ist, ob der Vermieter diese zu vertreten hat oder nicht (§ 538 Abs 1 Fall 2, der insoweit dem § 325 Abs 1 entspricht). (749)

Volker Emmerich

§538 23-27

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

23 4. § 538 Abs 1 Fall 3 gilt entsprechend, wenn vertraglich die §§ 537 und 538 durch einen Nachbesserungsanspruch des Mieters ersetzt sind, der Vermieter aber mit der danach geschuldeten Mängelbeseitigung in Verzug gerät. Hat jedoch der Mieter vertraglich die Reparaturpflicht übernommen, so scheidet ein Verzug des Vermieters von vornherein aus. 5. Der Vermieter genügt seiner Mängelbeseitigungspflicht grundsätzlich schon dadurch, daß er einen ihm als zuverlässig bekannten Handwerker mit der Beseitigung beauftragt. Er braucht dessen Arbeiten nicht noch zusätzlich durch einen Sachverständigen nachprüfen zu lassen, sondern kann die Anzeige etwaiger Mängel durch den Mieter nach § 545 abwarten. V. Rechtsfolgen 24 1. Der Schadensersatzanspruch wegen Nichterfüllung a) Das Verhältnis zu anderen Rechtsbehelfen Durch die Änderung des § 538 Abs 1 im Jahre 1964 ist klargestellt worden, daß sich Minderung aufgrund des § 537 und Schadensersatz aufgrund des § 538 nicht gegenseitig ausschließen. Der Mieter kann somit auch noch nach der Minderung des Mietzinses wegen weitergehender Schäden Schadensersatz aufgrund des § 538 verlangen. Umfaßt jedoch schon der Schadensersatzanspruch die Wertminderung der vermieteten Sache, so scheidet daneben eine erneute Minderung wegen desselben Mangels aus (BGH ZMR 1963, 107, 109; enger zT früher das KG [s CRANZ ZMR 1 9 5 4 , 1 f]). 25 Ebensowenig schließt eine Kündigung aufgrund der §§ 542 oder 544 den Schadensersatzanspruch aus (KG u OLG Braunschweig OLGE 13, 361 f). Für den entgangenen Gebrauch kann dann jedoch Schadensersatz nur bis zu dem Termin verlangt werden, zu dem der Vertrag frühestens ordentlich kündbar war. In diesem Rahmen kann aber auch Ersatz für solche Schäden verlangt werden, die erst nach der außerordentlichen Kündigung entstanden sind, sofern sie nur auf dem Mangel und der dadurch veranlaßten Kündigung beruhen; Hauptbeispiel sind die Umzugskosten, die Kosten für eine Herrichtung der neuen Wohnung sowie ein etwaiger höherer Mietzins für die neue Wohnung (s im einzelnen u Rz 30). 26 b) Der geschützte Personenkreis Eigene Schadensersatzansprüche aufgrund des § 538 stehen nicht nur dem Mieter, sondern auch allen in den Schutzbereich des Mietvertrages einbezogenen Dritten, namentlich den Angehörigen und Arbeitnehmern des Mieters, zu (zB BGHZ 2, 94, 9 6 f; 4 9 , 3 5 0 , 3 5 4 = J u S 1 9 6 8 , 3 3 5 N r 3 m A n m SÖLLNER a a O ; B G H L M N r 2 8 , 3 3

und 41 zu § 328 BGB; OLG Düsseldorf VersR 1974,1113 f). Diese Dritten können im selben Umfang wie der Mieter Schadensersatz verlangen, also zB auch für Schäden an ihren Sachen, wenn sie der Mieter zulässigerweise in die gemieteten Räume gebracht hatte (BGHZ 49, 350). Wird der Mieter durch den Mangel verletzt oder getötet, so können die geschützten Dritten auch Ersatz für die ihnen infolgedessen entgehenden Dienste und Unterhaltsleistungen beanspruchen (BGH LM Nr 12/13 zu § 538 BGB). 27 c) Der Umfang des Ersatzanspruchs Unter den Voraussetzungen des § 538 Abs 1 kann der Mieter vom Vermieter Schadensersatz wegen Nichterfüllung verlangen. Er kann also verlangen, so gestellt Volker Emmerich

(750)

§538 28-31

3. Titel. Miete. Pacht

zu werden, wie er bei ordnungsmäßiger Erfüllung seitens des Vermieters gestanden hätte. Zu ersetzen sind daher namentlich sämtliche kausal auf den Mangel zurückgehenden Schäden des Mieters. Zwischen Mangel- und Mangelfolgeschäden wird dabei nicht unterschieden, so daß nach § 538 Abs 1 namentlich auch etwaige Gesundheitsschäden des Mieters oder der sonstigen geschützten Personen zu ersetzen sind.* Im Schrifttum wird demgegenüber häufig gefordert, den Schadensersatzanspruch 28 des Mieters wegen Nichterfüllung auf das eigentliche Erfüllungsinteresse zu beschränken, so daß der Mieter wegen sämtlicher Mangelfolge- oder Begleitschäden nur bei Verschulden des Vermieters aus dem Gesichtspunkt der positiven Vertragsverletzung Ersatz verlangen könnte.** Eine derartige Einschränkung der Vermieterhaftung namentlich für anfängliche Mängel ist jedoch sachlich nicht gerechtfertigt und auch praktisch kaum durchführbar, weil die Unterscheidung zwischen Mangelschäden und Mangelfolgeschäden nahezu unlösbare Schwierigkeiten aufwirft. Der Praxis, nach der der Mieter auch Ersatz für alle Mangelfolgeschäden aufgrund des § 538 verlangen kann, ist daher zuzustimmen (s zuletzt ESSER-WEYERS II 1 § 15 I 6 c). Demnach sind zB folgende Schäden des Mieters zu ersetzen: Gesundheitsschäden 29 des Mieters oder der anderen geschützten Personen, namentlich der Angehörigen oder Arbeitnehmer des Mieters (zB OLG Düsseldorf VersR 1974,1113 f), Schäden an den vom Mieter eingebrachten Sachen, zB Feuchtigkeitsschäden am Mobiliar oder Schäden durch Holzwurmbefall (LG Bremen WuM 1954, 42), ebenso ein etwaiger entgangener Gewinn (§ 252), zB der entgangene Untermietzins oder ein Schaden, der dadurch entsteht, daß das Geschäft des Mieters infolge des Mangels unverkäuflich wird (RG LZ 1916, 1292; KG JW 1935, 2441). Kündigt der Mieter wegen des Mangels (s o Rz 25), so sind ihm unter anderem zu 30 ersetzen: Die Kosten für die Suche einer anderen Wohnung, die Umzugskosten, die höhere Miete für die neue Wohnung, die Kosten für die einstweilige Unterbringung des Mobiliars in anderen Räumen, sowie die Kosten für die einstweilige Anmietung mehrerer Zimmer in einem Hotel.*** In diesen Fällen beschränkt sich jedoch der Ersatzanspruch stets auf die Frist, für die der Vermieter gegen seinen Willen an dem Vertrag festgehalten werden konnte, dh auf die Zeit bis zum ersten zulässigen ordentlichen Kündigungstermin (BGH LM Nr 50 zu § 535 BGB; Nr 12/13 zu § 537 BGB). Wenn einzelne Teile des vermieteten Grundstücks oder Gebäudes infolge des 31 Mangels nicht genutzt werden können, ist auch an einen Schadensersatz für die entgangene Nutzungsmöglichkeit zu denken (OLG Köln NJW 1974, 560 f; anders wohl BGH BB 1976, 999 f).

* So insbes BGHZ 49, 350 = JuS 1968, 335 Nr 7 m Anm SÖLLNER aaO; BGH LM Nr 47 zu § 535 BGB; Nr 10 zu § 537 BGB B12R; Nr 5 zu § 538 BGB = JuS 1962,285 Nr 7 m Nachw; Nr 12/13 zu § 538 BGB; OLG Düsseldorf VersR 1974, 1113; B R O X - E L S I N G J U S 1976, 1,6; DIEDERICHSEN AcP 165, 150, 166; E M M E R I C H , Schuldrecht BT (2. Aufl 1976) § 7 I I I ; ders, in: Grundlagen des Vertrags- und Schuldrechts (1974) 438 f M Nachw; ESSER I I 1 § 15 1 6 C; H A S S O L D J U S 1975, 550, 551;

LARENZ I I

§ 4 8 I I I b ; SÖLLNER J U S 1 9 7 0 ,

159,

1 6 1 ; THIELE J Z

1967, 649, 655;

BGB-

R G R K - G E L H A A R § 5 3 8 R z 15 ff.

** So insbes E N N E C C E R U S - L E H M A N N § 1 2 8 I I I 2 ; H A N S § 5 3 8 Anm B 3 ; R O Q U E T T E § 5 3 8 Rz 1 5 ff; T O D T 6 9 ff, 1 3 2 ff, 1 4 3 ff, bes 1 6 3 ff; ders B B 1 9 7 1 , 6 8 0 ff; W . W E I M A R , Sachmängelhaftung 20 ff; ders MDR 1960, 555 ff. *** BGH LM Nr 12/13 zu § 537 BGB; Nr 9 zu § 538 BGB; Nr 4 zu § 554 a BGB; LG Mannheim MDR 1969, 313, 314 = DWW 1969, 41. (751)

Volker Emmerich

§538 32-40

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

32 Beseitigt der Mieter die Schäden selbst, so kann er Ersatz der Reparaturkosten vom Vermieter auch als Schadensersatz verlangen (BGHZ 56, 136, 140). Wenn der geschädigte Mieter Arbeitnehmer ist, kann sich der Vermieter nicht darauf berufen, daß der Arbeitgeber seines Mieters zB durch Fortzahlung des Lohns den Schaden beseitigt hat; nach den Grundsätzen der Vorteilsausgleichung dürfen derartige Leistungen Dritter dem Vermieter nicht zugute kommen (BGH LM Nr 9 zu § 538 BGB). 33 d) Mit Ansprüchen aus § 538 können Deliktsansprüche namentlich wegen Verletzung der Verkehrssicherungspflicht konkurrieren. 34 e) Für Schäden, die auch ohne den Mangel entstanden wären, haftet der Vermieter mangels Kausalität aus § 538 Abs 1 nicht. In solchen Fällen kann sich aber immer noch eine Haftung des Vermieters aus cic oder positiver Vertragsverletzung ergeben.

35 2. Der Anspruch auf Aufwendungsersatz Bei Verzug des Vermieters kann der Mieter außerdem die Mängel selbst beseitigen und vom Vermieter Ersatz der erforderlichen Aufwendungen verlangen (§ 538 Abs 2). Ebenso bei endgültiger Erüllungsverweigerung des Vermieters (LG Mannheim BB 1977, 365). a) Der Mieter hat das Recht, nicht jedoch die Pflicht, nach Verzug des Vermieters die Mängel selbst zu beseitigen (zu § 254 Abs 2 s u Rz 48). Der Mieter ist daher auch zur Vornahme der betreffenden Arbeiten dem Vermieter gegenüber berechtigt, so daß es sich nicht um einen Fall der Geschäftsführung ohne Auftrag, sondern um die Ausübung eines vertraglichen Rechtes handelt; folglich ist auch für eine entsprechende Anwendung etwa der §§ 6 8 3 und 6 7 0 kein Raum (aM HASSOLD JUS 1975, 550, 551).

36 b) Das Selbsthilferecht des Mieters beschränkt sich nicht auf das Mietobjekt, sondern umfaßt sämtliche mitvermieteten Sachen und Sachteile wie zB die Treppen, Flure, Keller, Böden und Zugänge. Ein etwaiges vertragliches Verbot baulicher Veränderungen bedeutet keine Einschränkung des Selbsthilferechts des Mieters. 37 c) Aufwendungen sind sämtliche Vermögensopfer, die der Mieter zu dem Zweck der Mängelbeseitigung erbringt, also nicht nur Geldleistungen, sondern auch Sachwerte, eigene Arbeitsleistungen und die Belastung mit Verbindlichkeiten (WEIMAR ZMR 1975, 163 ff). Der Anspruch des Mieters geht auf Geldersatz oder Befreiung von den Verbindlichkeiten (§ 257); außerdem hat der Mieter einen Zinsanspruch (§ 256 S 1). Ersatzfähig sind jedoch in jedem Fall nur die „erforderlichen" Aufwendungen, dh nur diejenigen Aufwendungen, die der Mieter bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt für angemessen halten durfte. Der Mieter darf sich insoweit indessen stets auf das Urteil eines Fachmannes verlassen. 38 d) Vor Durchführung der erforderlichen Arbeiten kann der Mieter von dem Vermieter einen Vorschuß verlangen (BGHZ 47, 272; insbes 56, 136, 141; LG Mannheim WuM 1975, 49). Erleidet der Mieter bei der Mängelbeseitigung einen Schaden, so ist der Vermieter entgegen der hM auch für diesen Schaden ersatzpflichtig ( § 2 8 6 ; HASSOLD JUS 1 9 7 5 , 5 5 0 , 5 5 1 ) .

39 e) Sobald der Mieter die Mängel beseitigt hat, entfällt für die Zukunft eine etwaige Minderung des Mietzinses. 40 f) Der Aufwendungsersatzanspruch aus § 538 Abs 2 ist ein Verwendungsersatzanspruch und verjährt deshalb in der Frist des § 558; dasselbe gilt für andere konkurVolker Emmerich

(752)

3. Titel. Miete. Pacht

§538 41-47

rierende, vertragliche oder gesetzliche Ansprüche, es sei denn, daß sie in keinem Zusammenhang mit dem Mietverhältnis stünden (BGH LM Nr 22 zu § 538 BGB). g) Verwendungsersatz kann der Mieter außerdem nach § 547 verlangen. Jedoch 41 fallen die Aufwendungen zur Beseitigung von Mängeln nach der Praxis grundsätzlich nicht unter die notwendigen Verwendungen iS des § 547 Abs 1, weil notwendige Verwendungen nur solche sind, die zur Erhaltung oder Wiederherstellung des Bestandes der Mietsache erforderlich sind (BGH LM Nr 2 zu § 558 BGB; Nr 22 zu § 538 BGB B1 2; LG Mannheim BB 1977, 365). h) Beseitigt der Mieter Mängel, ohne daß die Voraussetzungen des § 538 Abs 42 2 vorliegen, so kann er Ersatz seiner Kosten jedenfalls dann verlangen, wenn ihm der Vermieter zum Schadensersatz verpflichtet ist (BGHZ 56, 136, 140). Daneben kann ausnahmsweise § 547 vorliegen (LG Mannheim ZMR 1977, 220). Für die Anwendung des § 812 dürfte jedoch kein Raum sein (LG Berlin WuM 1970, 116; zust P A L A N D T - P U T Z O § 538 Anm 6 b).

VI. Ausschluß und Beschränkungen 1. Ausschlußklauseln 43 a) § 538 ist ebenso wie § 537 dispositiv, so daß abweichende vertragliche Abreden (in den Grenzen der §§ 540, 138 und 242) zulässig und auch sehr verbreitet sind. Derartige Haftungsausschlußklauseln sind zwar stets eng und gegen den Vermieter auszulegen (BGHZ 63, 333, 334; BGH LM Nr 10 a zu § 538 BGB für ein Schild mit dem Hinweis, daß die Treppe frisch gebohnert ist); sie können sich aber je nach den Abreden der Parteien durchaus auch auf bei Vertragsschluß nicht erkennbare Mängel erstrecken (OLG Frankfurt VersR 1973, 425). Im selben Umfang wie Ansprüche aus § 538 sind dann idR auch konkurrierende Deliktsansprüche ausgeschlossen (OLG Frankfurt aaO; OLG Hamm BB 1975, 1219, 1220 = Betrieb 1975, 1649). Anders aber, wenn der Haftungsausschluß in AGB oder Formularverträgen enthalten ist, weil dann ein Haftungsausschluß für Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit unzulässig ist (§ 11 Nr 7 u 8 AGBG; BUB DWW 1977, 76, 80). Ein Haftungsverzicht des Untermieters kann auch zugunsten des Hauptvermieters 44 vereinbart werden, so daß dann Ersatzansprüche des Untermieters nicht nur gegen seinen Vermieter, sondern auch gegen den Hauptvermieter ausgeschlossen sind (OLG Hamm aaO; vgl im übrigen § 537 Rz 58 ff). b) Besonderheiten gelten für die Wohnraummiete. Zwar ist eine Übertragung des 45 § 537 Abs 3 auf § 538 in den Beratungen des 2. MietÄndG v 1964 ausdrücklich abgelehnt worden, so daß ein Ausschluß oder eine Beschränkung des Schadensersatzanspruches auch hier an sich zulässig ist; indessen kann dies doch nicht uneingeschränkt gelten. Jedenfalls der völlige Ausschluß des Schadensersatzanspruchs, namentlich in Formularverträgen, muß vielmehr als unzulässig angesehen werden (§§ 138, 242; H A S S O L D JuS 1975, 550, 553); allenfalls eine gewisse Einschränkung der Garantiehaftung des Vermieters für anfängliche Mängel wird hier hingenommen werden können. c) Auch ein Ausschluß der Aufrechnung mit Schadensersatzansprüchen ist möglich. 46 Bei der Wohnraummiete ergeben sich insoweit jedoch Einschränkungen aus § 552 a (WEIMAR

aaO).

d) Im übrigen gelten für § 538 dieselben Ausschlußtatbestände wie für § 537 47 (s deshalb im einzelnen § 537 Rz 52 ff; zu § 539 s zB AG Köln WuM 1977, 98). (753)

Volker Emmerich

§§ 538, 539 48-50

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

48 2. Mitwirkendes Verschulden a) Soweit den Vermieter eine Verschuldenshaftung trifft, ist die Berücksichtigung eines mitwirkenden Verschuldens des Mieters unproblematisch (§ 254). Ebenso steht fest, daß den Mieter nach Entstehung eines Schadens stets die Schadensminderungspflicht aus § 254 Abs 2 trifft. UU kann sich hieraus auch ausnahmsweise die Pflicht des Mieters ergeben, die Mängel selbst zu beseitigen, obwohl § 538 Abs 2 grundsätzlich nur ein Selbsthilferecht, hingegen keine Beseitigungspflicht des Mieters begründet (§§ 535 f Rz 133; R G Z 100,42, 44). Eine Anwendung des § 254 Abs 2 wird vor allem bei leicht behebbaren Mängeln in Betracht kommen, sofern von der Unterlassung der Beseitigung dieser Mängel erhebliche Schäden drohen. 49 b) Auch bei der Entstehung von Schäden, die auf anfängliche Mängel der Mietsache zurückgehen, kommt ein mitwirkendes Verschulden des Mieters in Betracht, so zB wenn der Mieter ohne Not einen unbeleuchteten gefährlichen Nebeneingang statt des beleuchteten ordnungsgemäßen Haupteingangs benutzt. In derartigen Fällen wird in der Praxis die Anwendung des § 254 zT bejaht, zT aber auch grundsätzlich abgelehnt (vgl einerseits BGH LM Nr 10 zu § 537 BGB B1 3 R; OLG Karlsruhe OLGZ 1971, 18, 21 f; andererseits BGH LM Nr 47 zu § 535 BGB B1 3 m Nachw; R O Q U E T T E § 538 Rz 19 m Nachw). Richtig ist es, auch hier in engen Grenzen § 254 entsprechend anzuwenden, wobei jedoch stets berücksichtigt werden muß, daß den Mieter keine Prüfungspflicht trifft (BGH NJW 1977, 1236, 1237 f). Jedenfalls gegenüber der Haftung des Vermieters für das Fehlen zugesicherter Eigenschaften wird deshalb grundsätzlich eine Berücksichtigung mitwirkenden Verschuldens des Mieters auszuscheiden haben (BGH LM Nr 12/13 zu § 537 BGB). 50 VII. Beweislast Der Mieter, der Schadensersatz wegen Nichterfüllung verlangt oder den Aufwendungsersatzanspruch geltend macht, muß grundsätzlich sämtliche Voraussetzungen des § 538 behaupten und ggf beweisen. Nur wenn der feststehende Mangel zum Risikobereich des Vermieters gehört, wird die Beweislast umgekehrt, so daß nicht der Mieter das Verschulden des Vermieters beweisen, sondern der Vermieter sich entlasten muß (BGH LM Nr 6 a zu § 536 BGB B1 3 = NJW 1964, 33; S O E R G E L M E Z G E R § 5 3 8 R z 2 7 ; a M z B MITTELSTEIN 3 1 3 ) .

§539 Kennt der Mieter bei dem Abschlüsse des Vertrags den Mangel der gemieteten Sache, so stehen ihm die in den §§ 537, 538 bestimmten Rechte nicht zu. Ist dem Mieter ein Mangel der in § 537 Abs. 1 bezeichneten Art infolge grober Fahrlässigkeit unbekannt geblieben oder nimmt er eine mangelhafte Sache an, obschon er den Mangel kennt, so kann er diese Rechte nur unter den Voraussetzungen geltend machen, unter welchen dem Käufer einer mangelhaften Sache nach den §§ 460,464 Gewähr zu leisten ist. E I § 507; E II § 484; E III § 532; Mot II, 377; Prot II, 132 f.

Schrifttum GLASER, Freizeichnungsklauseln im Grundstückskaufvertrag und im Mietvertrag, JR 1967, 201; MITTELSTEIN, Die Miete nach dem Rechte des deutschen Reiches (4. Aufl 1932) 290 ff; NIENDORFF, Mietrecht nach dem BGB (10. Aufl 1914) 146 ff; SCHMIDT-FUTTERER, Miete und Pacht (2. Aufl 1974) 107 ff; WEIMAR, Die Sachmängelhaftung im Mietrecht (1957) 34 ff; ders, Die rechtliche Bedeutung der Kenntnis des Mieters von Mängeln der Mietsache, ZMR 1961, 254.

Volker Emmerich

(754)

3. Titel. Miete. Pacht

§539 1-4

Systematische Übersicht III. Der Ausschluß der Rechte des Mieters bei grobfahrlässiger Unkenntnis 1. Die ausgeschlossenen Rechte 13 2. Die grob fahrlässige Unkenntnis 14 3. Ausnahmen 17

I. 1. 2. 3. 4.

Überblick Die Ausschlußtatbestände 1 Die ausgeschlossenen Rechte 2 Unberührte Rechte 3 Abweichende Vereinbarungen 5

II. 1. 2. 3.

Kenntnis des Mangels bei Vertragsschluß Der Anwendungsbereich des § 539 S 1 6 Die Kenntnis des Mangels 8 Der maßgebliche Zeitpunkt 12

IV. Die vorbehaltlose Annahme der Sache 18 V. Beweislast 25

I. Überblick 1. Die Ausschlußtatbestände

1

§ 539 regelt drei verschiedene Fälle, in denen die Mängelgewährleistungsrechte des Mieters ausgeschlossen sind: Der Ausschluß greift zunächst ein, wenn der Mieter den Mangel schon bei Abschluß des Vertrages kennt (§ 539 S 1). Dasselbe gilt grundsätzlich, wenn ihm der Mangel nur infolge grober Fahrlässigkeit unbekannt geblieben ist, es sei denn, der Vermieter habe den Fehler arglistig verschwiegen oder das Vorhandensein bestimmter Eigenschaften zugesichert (§ 539 S 2 in Verb m § 460 S 2). Die Gewährleistungsrechte des Mieters sind weiterhin ausgeschlossen, wenn er eine mangelhafte Sache annimmt, obwohl er den Mangel kennt, außer wenn er sich seine Rechte wegen des Mangels bei der Annahme vorbehält (§ 539 S 2 in Verb m § 464). § 539 wird schließlich noch entsprechend auf den Fall angewendet, daß der Mieter den Mietzins trotz Kenntnis des Mangels vorbehaltlos in voller Höhe fortzahlt (s im einzelnen § 537 Rz 53 ff).

2. Die ausgeschlossenen Rechte

2

§ 539 besagt, daß in den genannten Fällen trotz des Mangels der Mietzins nicht nach § 537 gemindert wird und daß der Mieter außerdem nach § 538 weder Schadensersatz noch Aufwendungsersatz verlangen kann (BGH ZMR 1976, 138, 141).

3. Unberührte Rechte

3

Von diesen Gewährleistungsrechten muß der £r/w//wrtgsanspruch des Mieters unterschieden werden. Unberührt bleibt deshalb grundsätzlich der Anspruch des Mieters auf Überlassung und Erhaltung der Sache in einem zum vertragsmäßigen Gebrauch geeigneten Zustand durch Beseitigung der Mängel. Jedoch kann im Einzelfall in dem Vertragsschluß in Kenntnis eines bestimmten Mangels - über § 539 S 1 hinaus - auch die Vereinbarung liegen, daß die Sache, so wie sie ist, als zum vertragsmäßigen Gebrauch geeignet anerkannt werde (LG Hamburg WuM 1977, 119). Unberührt bleiben außerdem etwaige Ansprüche des Mieters aus positiver Vertrags- 4 Verletzung oder aus cic, sowie mit § 538 konkurrierende Deliktsansprüche, zB Ansprüche wegen einer Verletzung der Verkehrssicherungspflicht des Vermieters (RGZ 89, 384, 385; 90, 65, 68; 165,155,159; BGH ZMR 1961, 360, 361 = VersR 1961, 886). (755)

Volker Emmerich

§539 5-8

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

5 4. Abweichende Vereinbarungen § 539 ist nicht zwingend, so daß die Parteien jederzeit etwas anderes vereinbaren können. Eine solche Vereinbarung ist vor allem anzunehmen, wenn der Vermieter die Beseitigung eines dem Mieter bekannten Mangels verspricht. Es versteht sich von selbst, daß hier, wenn der Vermieter seiner Zusage nicht nachkommt, für die Anwendung des § 539 kein Raum ist. Ebenso, wenn beide Parteien bei Vertragsschluß davon ausgegangen sind, daß der Mangel nur vorübergehender Natur ist und in absehbarer Zeit beseitigt sein wird. Erfüllt sich diese Erwartung der Parteien dann später nicht, so stehen dem Mieter uneingeschränkt die Rechte aus den §§ 537 und 538 zu. II. Kenntnis des Mangels bei Vertragsschluß 6 1. Der Anwendungsbereich des § 539 S 1 a) Die Gewährleistungsrechte der §§ 537 und 539 sind ausgeschlossen, wenn der Mieter den Mangel bei Vertragsschluß kennt (§ 539 S 1). Grundgedanke ist, daß der Mieter, wenn er trotz Kenntnis des Mangels den Vertrag abschließt, damit die Sache als vertragsmäßig anerkennt (BGH ZMR 1961, 359). Daher erstreckt sich hier der Ausschluß der Gewährleistungsrechte auch auf das Fehlen zugesicherter Eigenschaften. Selbst bei Arglist kommt dann keine Haftung des Vermieters aus den §§ 537 und 538 in Betracht (BGH LM Nr 5 zu § 539 BGB B1 2 f; WM 1978, 227). Auch eine Haftung für Rechtsmängel greift bei Kenntnis des Mangels nicht ein (s § 541 und dazu insbes BGH LM Nr 1 zu § 539 BGB). 7 b) § 539 S 1 wird entsprechend angewendet, wenn die Parteien den Vertrag stillschweigend verlängern, weil dieser Tatbestand dem Vertragsschluß gleichsteht (OLG Hamburg OLGE 10, 249; OLG Breslau JW 1929, 2895; aM ROOUETTE § 539 Rz 9; HANS § 539 Anm B 2). Ebenso wenn der Mieter in Kenntnis eines Mangels eine Verlängerungsoption ausübt (BGH NJW 1970, 1740, 1742) oder wenn die Parteien nachträglich eine Erhöhung des Mietzinses vereinbaren (BGH LM Nr 9 zu § 18 1. BMG = ZMR 1961, 257, 259; BGH LM Nr 3 zu § 539 BGB). Folglich verliert der Mieter, der in Kenntnis von Mängeln einer Mieterhöhung zustimmt, das Recht, sich fortan noch auf die §§ 537 oder 538 zu berufen (vgl auch SOERGEL-MEZGER § 537 Rz 20). Hatte der Mieter aber schon vor der Mietzinserhöhung die Gewährleistungsrechte verloren, so leben die Rechte wieder auf, sofern der Mieter bei der Vertragsänderung rechtzeitig einen entsprechenden Vorbehalt macht. Dasselbe gilt, wenn der Vermieter aufgrund gesetzlicher Bestimmungen einseitig die Miete erhöhen darf, sofern dadurch die Miete auf eine ganz neue Grundlage gestellt wird mit der Folge, daß der Wert der beiden Leistungen in keinem vertretbaren Verhältnis mehr zueinander steht (BGH aaO). 8 2. Die Kenntnis des Mangels a) Die Kenntnis des Mieters muß sich bei Vertragsschluß auf die konkreten Mängel und auf deren Auswirkungen auf die Gebrauchstauglichkeit der Sache beziehen. Der Kenntnis steht es dabei nicht entgegen, wenn der Mieter nur die tatsächliche Tragweite der Mängel unterschätzt oder die Möglichkeit einer Abhilfe überschätzt (OLG Nürnberg ZMR 1960, 300). Hingegen genügt eine bloße Kenntnis der tatsächlichen Umstände, die einem Bauverbot zugrunde liegen, ohne Kenntnis des Bauverbots selbst nicht für die Kenntnis des dadurch begründeten Mangels (BGH WM 1962, 1379, 1380; auch BGHZ 26, 290). Ebensowenig, daß es sich um einen Neubau handelt (LG Hamburg WuM 1976, 205 f). Volker Emmerich

(756)

3. Titel. Miete. Pacht

§539 9-14

b) Auch bei einem Rechtsmangel genügt die Kenntnis der Tatsachen, aus denen der 9 Rechtsmangel folgt, nicht für die Anwendung des § 539 S 1, wenn der Mieter aus den Tatsachen falsche rechtliche Schlußfolgerungen gezogen hat (BGHZ 63, 132, 140; BGH LM Nr 1 zu § 539 BGB m Nachw). Hingegen steht es der Kenntnis des Rechtsmangels nicht entgegen, wenn der Mieter lediglich über die rechtliche oder wirtschaftliche Tragweite des ihm bekannten Rechts des Dritten im Irrtum ist (BGH a a O ; a u c h B G H N J W 1 9 5 1 , 7 0 5 ; NIENDORFF 1 5 0 ; § 5 4 1 R z 2 7 ) .

c) Ein formularmäßiges Anerkenntnis des vertragsmäßigen Zustandes der Sache 10 schadet dem Mieter nur, wenn er dabei den Mangel der Sache erkannt hat, nicht jedoch, wenn ihm der Mangel tatsächlich unbekannt war (RG Recht 1914 Nr 2643; KG OLGE 20, 101; BGH LM Nr 3 zu § 539 BGB; LM Nr 20/21 zu § 3 WährG = BB 1973, 1236). d) Sind an dem Vertrag mehrere Mieter beteiligt, so verlieren alle jedenfalls das 11 Kündigungsrecht aus den §§ 542 und 544, wenn auch nur einer von ihnen den Mangel bei Vertragsschluß kannte, weil nur alle zusammen kündigen können (BGH L M N r 5 zu § 5 3 9 = N J W 1 9 7 2 , 2 4 9 ; w e i t e r g e h e n d ROQUETTE § 5 3 9 R z 7 ) .

3. Der maßgebliche Zeitpunkt

12

Die Kenntnis muß schon bei Vertragsschluß vorgelegen haben. Das ist auch anzunehmen, wenn der Mieter die Kenntnis bereits bei den vorausgegangenen Verhandlungen gehabt hatte, es sei denn, der Vermieter habe die Beseitigung des Mangels zugesagt (ROQUETTE § 5 3 9 R z 8; WEIMAR, Sachmängelhaftung 35).

III. Der Ausschluß der Rechte des Mieters bei grobiahrlässiger Unkenntnis 1. Die ausgeschlossenen Rechte

13

Der Mieter verliert die Rechte aus den §§ 537 und 538 außerdem, wenn ihm bei Vertragsschluß ein Mangel iS des § 537 Abs 1 nur infolge grober Fahrlässigkeit unbekannt geblieben ist, es sei denn, der Vermieter habe die Abwesenheit des Fehlers zugesichert oder den Fehler arglistig verschwiegen (§ 539 S 2 in Verb m § 460 S 2). Anders als bei § 539 S 1 werden also durch grob fahrlässige Unkenntnis des Mieters nur Mängel iS des § 537 S 1, nicht hingegen Mängel infolge des Fehlens zugesicherter Eigenschaften und auch nicht Rechtsmängel ausgeschlossen. 2. Die grobfahrlässige Unkenntnis a) Voraussetzung des Ausschlusses ist, daß dem Mieter vor oder bei Vertragsschluß (s PALANDT-PUTZO § 460 Anm 3) ein Mangel iS des § 537 Abs 1 nur infolge grober Fahrlässigkeit unbekannt geblieben ist. Nachträgliche Fahrlässigkeit des Mieters ist unschädlich. b) Der Mieter handelt grob fahrlässig, wenn er die erforderliche Sorgfalt nach den ganzen Umständen bei Vertragsschluß in einem ungewöhnlich hohem Maße verletzt und dasjenige unbeachtet gelassen hat, was im gegebenen Fall jedem hätte einleuchten müssen, so daß seine Sorgfaltsverletzung als besonders schwer erscheint (eingehend BGH ZMR 1962, 82, 85 f = BB 1962, 73). Auszugehen ist hierbei davon, daß den Mieter grundsätzlich keine Prüfungspflicht trifft (OLG Schleswig SchlHA 1970, 159). Deshalb braucht er sich auch grundsätzlich nicht nach Mängeln zu erkundigen (757)

Volker Emmerich

14

§539 15-18

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

(BGH aaO) oder Gerüchten über die Mietsache nachzugehen. Im Gegenteil trifft grundsätzlich den Vermieter eine Aufklärungspflicht gegenüber dem Mieter hinsichtlich solcher Mängel, von denen ihm bewußt ist, daß sie für den Mieter wesentlich sind. Daher darf der Mieter grundsätzlich auf die Auskünfte des Vermieters vertrauen. 15 Grobe Fahrlässigkeit des Mieters kann daher nur angenommen werden, wenn nach den gesamten Umständen der Verdacht eines Mangels besonders naheliegt und deshalb von dem Mieter ohne weiteres verlangt werden kann, daß er die Sache daraufhin überprüft, sofern bei einer auch nur oberflächlichen Prüfung der Mangel ohne weiteres zu erkennen gewesen wäre. Dazu gehört auch, daß dem Mieter bei einer solchen Prüfung die Auswirkungen des Mangels auf die Gebrauchstauglichkeit der Sache ohne weiteres auffallen mußten (BGH aaO; BGH ZMR 1959, 70; KG DWA 1936, 221; AG Hamburg WuM 1976, 53, 54; OLG Hamburg OLGE 22, 273). Hingegen braucht der Mieter nicht etwa besondere Erkundigungen bei der Polizei darüber einzuholen, ob das gemietete Haus auch zum Vertragszweck genutzt werden darf (RG WarnR 1918 Nr 138; BGH ZMR 1962, 82, 85 f). Ebensowenig braucht der Mieter einen Sachverständigen bei der Untersuchung der Sache auf ihre Gebrauchstauglichkeit hinzuzuziehen (BGH ZMR 1959, 70, 71; 1962, 82, 86). 16 Da den Mieter keine Untersuchungspflicht trifft, kann man ihm auch nicht ohne weiteres stets grobe Fahrlässigkeit vorwerfen, wenn er jede Untersuchung der Sache unterläßt (so aber ROQUETTE § 539 Rz 15). Wohnt der Mieter zB weit entfernt, so daß ihm eine Anreise zur Überprüfung der Sache nicht zuzumuten ist, so muß er sich auf die Angaben des Vermieters verlassen dürfen, in denen unter solchen Umständen sogar zugleich die Zusicherung der betreffenden Eigenschaften zu sehen sein dürfte (MITTELSTEIN 292). Hingegen stellt bei der Miete eines alten Fachwerkhauses die Unterlassung jeder Untersuchung sicher eine grobe Fahrlässigkeit dar (LG Köln ZMR 1964, 84). Letztlich kommt hier also alles auf die Umstände des Einzelfalles an. Allgemeine Regeln lassen sich kaum entwickeln.

17 3. Ausnahmen Der Vermieter haftet trotz grob fahrlässiger Unkenntnis des Mieters, wenn er die Abwesenheit des Fehlers zugesichert oder den Fehler arglistig verschwiegen hat (§ 460 S 2). Arglist des Vermieters ist anzunehmen, wenn er in treuwidriger Weise die Unkenntnis des Mieters ausnutzt (s § 540 Rz 2). Es besteht zwar keine allgemeine Aufklärungspflicht des Vermieters; aber er darf nicht schweigen, wenn er erkennt, daß der Mieter den Vertrag bei Kenntnis des Mangels überhaupt nicht oder jedenfalls nicht so wie geschehen abschlösse (s im einzelnen die Bern zu §§ 460 und 540). Der Vermieter handelt hingegen nicht arglistig, wenn er davon ausgehen darf, dem Mieter sei der Mangel bekannt.

18 IV. Die vorbehaltlose Annahme der Sache 1. Die Gewährleistungsrechte des Mieters sind schließlich noch dann ausgeschlossen, wenn er eine mangelhafte Sache annimmt, obschon er den Mangel kennt, ohne sich seine Rechte wegen des Mangels bei der Annahme vorzubehalten (§ 539 S 2 in Verb m § 464). Dieser Ausschlußtatbestand gilt wiederum nur für Mängel iS des § 537 Abs 1, greift also nicht ein, wenn zugesicherte Eigenschaften fehlen. Hingegen spielt es hier keine Rolle, ob der Vermieter den Mangel arglistig verschwiegen hatte oder ob es sich um besonders schwere, zB gesundheitsgefährdende Mängel iS des § 544 handelt. Volker Emmerich

(758)

3. Titel. Miete. Pacht

§§ 539, 540 19-25; 1

2. a) Annahme bedeutet hier dasselbe wie Überlassung iS des § 535, erfordert also 19 grundsätzlich Besitzerwerb seitens des Mieters. Kennt der Mieter in diesem Augenblick den Mangel, so kann er sich folglich seine Gewährleistungsrechte nur durch den Vorbehalt seiner Rechte erhalten. b) Der Vorbehalt ist eine einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung, die 20 grundsätzlich derselben Form wie der Vertrag bedarf. Gilt für den Vertrag das Schriftformerfordernis des § 566, so muß auch der Vorbehalt schriftlich erklärt werden. Ein lediglich mündlicher Vorbehalt bei Unterzeichnung des Vertrages ist dann unbeachtlich. Der Vorbehalt muß die Mängel, derentwegen sich der Mieter die Rechte erhalten 21 will, genau bezeichnen. Ein allgemeiner, unsubstantiierter Vorbehalt ist ohne Wirkung. Hatte der Mieter den Vorbehalt schon vor Annahme der Sache ausgesprochen, so 22 wird grundsätzlich davon auszugehen sein, daß er diesen auch bei Annahme der Sache aufrechterhalten will; andernfalls ist eine Erneuerung des Vorbehalts erforderlich. c) Grobfahrlässige Unkenntnis schadet hier dem Mieter nicht mehr, daher bei 23 Rechtsmängeln auch nicht die bloße Kenntnis der Tatsachen, aus denen sich der Rechtsmangel ergibt, wenn der Mieter von falschen rechtlichen Schlußfolgerungen ausgeht (s BGH LM Nr 1 zu § 539 BGB). 3. Eine vorbehaltlose Annahme liegt nicht vor, wenn der Mieter den Vermieter zur 24 Beseitigung der Mängel auffordert (RG JW 1916, 903) oder wenn der Mieter lediglich einer Verschiebung der gebotenen Ausbesserung nicht widerspricht (RGZ 89, 384; 90, 65, 67; BGH ZMR 1961, 359 = BB 1971,1070). Erst recht liegt keine vorbehaltlose Annahme vor, wenn der Vermieter die Beseitigung der Mängel zusagt und der Mieter erst daraufhin die Sache annimmt. V. Beweislast

25

Die Kenntnis des Mieters von dem Mangel oder dessen grob fahrlässiger Unkenntnis muß der Vermieter beweisen. Hingegen trifft den Mieter die Beweislast, wenn er sich darauf berufen will, daß der Vermieter den Mangel arglistig verschwiegen oder die Beseitigung des Mangels zugesichert hat. Ebenso muß der Mieter den Vorbehalt seiner Rechte bei Annahme beweisen.

§540 Eine Vereinbarung, durch welche die Verpflichtung des Vermieters zur Vertretung von Mängeln der vermieteten Sache erlassen oder beschränkt wird, ist nichtig, wenn der Vermieter den Mangel arglistig verschweigt. E I § 507; E II § 4 8 5 ; E III § 533; Prot II 132 f.

1. Allgemeines

1

Die §§ 537 und 538 sind dispositiv, so daß sie vertraglich beliebig abgeändert und eingeschränkt werden können (s § 537 Rz 58 ff; § 538 Rz 43 ff). Eine Ausnahme gilt nur für die Minderung bei der Wohnraummiete aufgrund des § 537 Abs 3. Ausschlußklauseln sind außerdem nach § 540 nichtig, wenn der Vermieter den Mangel arglistig verschwiegen hat. Dies gilt auch bei Rechtsmängeln (s § 541). (759)

Volker Emmerich

§540 2-8

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

2 Die Entwicklung ist jedoch bei dieser den Mieter außerordentlich belastenden Rechtslage nicht stehen geblieben. Jedenfalls für Ausschlußklauseln in Formularverträgen gelten heute auf Grund des AGBG wesentlich engere Grenzen. Der Vermieter haftet danach unbedingt für Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit (§ 538 Rz 43); die anderen Gewährleistungsrechte (§ 537) können nur noch in engem Rahmen beschränkt werden (§ 537 Rz 60). 3 § 540 geht ebenso wie § 123 offenkundig davon aus, daß die Arglist des Vermieters nicht automatisch die Sittenwidrigkeit und damit die Nichtigkeit des ganzen Mietvertrages nach sich zieht, zumal dem Mieter hiermit ohnehin idR nicht gedient wäre (s HANS § 5 4 0 A n m B

2).

4 2. Das arglistige Verschweigen Die Ausschlußklausel ist nichtig, wenn der Vermieter den Mangel arglistig verschwiegen hat. § 540 entspricht insoweit dem § 476 (s auch § 463 S 2 und dazu EMMERICH, Schuldrecht BT [2. Aufl 1976], § 4 II 2 b). a) Arglist des Vermieters setzt voraus, daß er den Mangel selbst positiv kennt; grobe Fahrlässigkeit genügt nicht (BGH LM Nr 1 zu § 463 BGB), wohl aber bedingter Vorsatz (s H A N S § 540 Anm B 4). Außerdem muß den Vermieter eine Aufklärungspflicht treffen, weil nur dann das Verschweigen des Mangels rechtswidrig und damit arglistig sein kann. Eine allgemeine Aufklärungspflicht des Vermieters besteht freilich nicht. Doch darf der Vermieter nach Treu und Glauben nicht schweigen, wenn er erkennt, daß der Mieter bei Kenntnis des Mangels den Vertrag überhaupt nicht oder jedenfalls nicht so wie geschehen abschließen würde (s auch § 539 Rz 17). Insbes muß der Vermieter wahrheitsgemäß Auskunft erteilen, wenn sich der Mieter nach Mängeln erkundigt. Dem arglistigen Verschweigen eines Mangels muß hier außerdem ebenso wie bei § 463 die arglistige Vorspiegelung einer nicht vorhandenen Eigenschaft gleichstehen (s R G Z 103, 154, 160). 5 Bei mehreren Vermietern genügt schon die Arglist eines einzigen Vermieters, um der Ausschlußklausel allen gegenüber die Wirksamkeit zu nehmen (BGH WM 1976, 323). 6 b) Arglistig ist es zB, wenn der Vermieter den Hauswart anweist, bei den Vertragsverhandlungen nichts von dem Vorhandensein eines störenden Betriebs auf dem Grundstück oder in der Nachbarschaft zu erwähnen, sofern die Mietlustigen nicht danach fragen (RG LZ 1914, 1620; 1918, 837). 7 Der Vermieter handelt jedoch nicht arglistig, wenn er ein polizeiliches Benutzungsverbot verschweigt, sofern die zuständigen Behörden dessen Beachtung seit Jahren nicht durchgesetzt haben, da eben keine allgemeine Aufklärungspflicht besteht (OLG Dresden OLGE 33, 301 = SeuffA 70 Nr 33). Arglist entfällt auch, wenn es sich um einen Mangel handelt, von dem der Vermieter annahm oder nach Lage des Falles annehmen durfte, daß er dem Mieter bekannt ist (OLG Dresden aaO). 8 3. Rechtsfolgen a) Hat der Vermieter den Mangel arglistig verschwiegen, so ist die Ausschlußklausel nichtig. Die Auswirkungen der Nichtigkeit auf den restlichen Vertrag beurteilen sich nach § 139. § 139 darf jedoch nicht dazu führen, daß der Vermieter aus seiner Arglist auch noch Vorteile ziehen kann, so daß dem Vermieter die Berufung auf die Nichtigkeit des ganzen Vertrages grundsätzlich zu verwehren ist ( R O Q U E T T E § 540 Rz 8). Hingegen sollte der Mieter die Wahl haben, ob er sich auf die Nichtigkeit nur der Ausschlußklauseln oder des ganzen Vertrages berufen will. Volker Emmerich

(760)

3. Titel. Miete. Pacht

§§ 540, 541 9,10

b) Lagen bei Vertragsschluß mehrere Mängel vor, so ist grundsätzlich die Aus- 9 schlußklausel nur hinsichtlich derer nichtig, bezüglich derer den Vermieter Arglist trifft, im übrigen aber wirksam (sofern nicht ohnehin der ganze Vertrag ausnahmsweise nichtig sein sollte) (RGZ 62, 122, 125).

10

4. Beweislast Die Beweislast für die Arglist des Vermieters trifft den Mieter. Der Vermieter muß hingegen beweisen, daß er den Mangel tatsächlich dem Mieter mitgeteilt hatte oder daß diesem der Mangel bekannt war. §541 Wird durch das Recht eines Dritten dem Mieter der vertragsmäßige Gebrauch der gemieteten Sache ganz oder zum Teil entzogen, so finden die Vorschriften der §§ 537, 538, des § 539 Satz 1 und des § 540 entsprechende Anwendung. E I § 508; E II § 446; E III § 534; Mot II 378 ff; Prot II 133 f.

Schrifttum CROME, Die juristische Natur der Miete nach dem deutschen BGB, JherJb Bd 37 (1897) 1; JOSEF, Einrede fremden Eigentums gegenüber dem Rückgabeanspruch des Verleihers, LZ 1925, 1304; LÖNING, Die Grundstücksmiete als dingliches Recht (1930) 150 ff; MITTELSTEIN, Die Miete nach dem Rechte des deutschen Reiches (4. Aufl 1932) 295 ff, 308 f; NIENDORFF, Mietrecht nach dem BGB (10. Aufl 1914) 148 ff; PECHTSTEIN, Schlechterfüllung im Mietvertrag, Diss Köln 1935; RIEZLER, Konkurrierendes und kollidierendes Handeln des Vertreters und des Vertretenen, AcP Bd 98 (1906) 372; WEIMAR, Die Haftung des Vermieters für Rechtsmängel bei der Wohnungsmiete, ZMR 1 9 6 0 , 197.

Systematische Übersicht I. Überblick 1 II. 1. 2. 3.

Der Rechtsmangel Die Rechte Dritter 4 Die Gebrauchsentziehung 10 Der Sonderfall der sog Doppelmiete 16

III. Rechtsfolgen 1. Der Erfüllungsanspruch 20 2. Die Minderung 21

3. Der Schadensersatzanspruch wegen Nichterfüllung 22 4. Der Verzug des Vermieters 26 IV. Der Ausschluß der Rechte des Mieters 1. Ausschluß nur bei positiver Kenntnis 27 2. Abweichende Vereinbarungen 28 3. Sonstige Fälle 29 V. Beweislast 31

Alphabetische Übersicht Abweichende Vereinbarungen 28 Ausschlußklauseln 30 Beispiele 9 Besitzstörung 19 Beweislast 31 Doppelmiete 5, 10,16 (761)

Eigentum 8 Einzelfälle 29 Entziehung 11 Erfüllungsanspruch 20 Eviktionshaftung 2 Gebrauchsentziehung 10 ff Gemischte Verträge 13

Volker Emmerich

§541 1-4

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

Maßgebender Zeitpunkt 24 Minderung 3, 21 positive Kenntnis 27 Privatrechte 4 f Rechte Dritter 4 , 6 f, 23 Rechtsgrundverweisung 22 Rechtsmangel 4 ff

Schadensersatzanspruch wegen Nichterfüllung 3,8,17,22,25 Umfang 25 Untermieter 28 Verzug 26

1 I. Überblick I . Nach den §§ 535 und 536 muß der Vermieter dem Mieter die vermietete Sache in einem zum vertragsmäßigen Gebrauch geeigneten Zustand überlassen und während der ganzen Vertragsdauer in diesem Zustand erhalten. Der Vermieter braucht dabei nicht Eigentümer zu sein (§§ 535, 536 Rz 6). Auch der Nichteigentümer erfüllt seine Verpflichtungen als Vermieter, wenn und solange er dem Mieter die Sache in dem genannten Zustand überläßt und beläßt. Rechte Dritter an oder auf die Sache sind mithin solange unbeachtlich, als durch ihre Ausübung der Mieter nicht in dem ihm zustehenden Gebrauch gestört wird. Daraus folgt, daß das bloße Bestehen von Rechten Dritter, die dem Besitzrecht des Mieters vorgehen, noch keine Leistungsstörung (vollständige oder teilweise Nichterfüllung) darstellt. Nichterfüllung liegt vielmehr erst vor, sobald derartige Rechte Dritter geltend gemacht werden, so daß der Vermieter seiner Verpflichtung zur Überlassung und Belassung der Sache in dem geschuldeten Zustand ganz oder teilweise nicht mehr nachkommen kann. 2 Dementsprechend bestimmt § 541, daß die §§ 537 ff auf Rechtsmängel erst anwendbar sind, wenn durch das Recht eines Dritten dem Mieter der vertragsmäßige Gebrauch der gemieteten Sache ganz oder teilweise entzogen wird (sog Eviktionshaftung entsprechend § 440 Abs 2). § 541 wiederholt insoweit im wesentlichen nur, was sich ohnehin schon aus den §§ 323, 325 und 326 ergäbe (Mot II 378 ff). Soweit er aber eingreift, ist für eine Anwendung der allgemeinen Vorschriften über die Leistungsstörungen kein Raum mehr (BGHZ 63, 132, 137). 3 2. Wenn infolge des Rechtes eines Dritten dem Mieter der vertragsmäßige Gebrauch ganz oder teilweise entzogen wird, wird folglich der Mietzins für die Dauer des Rechtsmangels ganz oder teilweise automatisch gemindert (§541 in Verb m § 537, entsprechend § 323 Abs 1). Außerdem kann der Mieter unter den in § 538 genannten Voraussetzungen Schadensersatz wegen Nichterfüllung verlangen (zT entsprechend § 325 Abs 1). Dasselbe gilt - abweichend von § 326 - auch bei Verzug des Vermieters, ohne daß es einer Fristsetzung in Verbindung mit einer Ablehnungsandrohung bedürfte. Diese Rechte sind nur ausgeschlossen, wenn der Mieter den Rechtsmangel bei Vertragsschluß positiv kennt; grob fahrlässige Unkenntnis steht nicht gleich (§§ 541 in Verb m § 539 S 1). II. Der Rechtsmangel 4 1. Die Rechte Dritter a) § 541 bezieht sich auf solche Rechte Dritter, durch die dem Mieter der vertragsmäßige Gebrauch der gemieteten Sache ganz oder teilweise entzogen werden kann. Rechte Dritter können im BGB nur Privatrechte sein, öffentlich-rechtliche Beschränkungen und Verbote fallen also nicht unter § 541, sondern begründen entweder einen Mangel iS des § 537 oder führen zur Unmöglichkeit der Erfüllung (s § 537 Rz 22 ff m Nachw). Volker Emmerich

(762)

§541 3. Titel. Miete. Pacht

5-12

Bei den Privatrechten Dritter spielt es keine Rolle, ob es sich um Rechte an der 5 Sache oder auf die Sache handelt. Deshalb fallen unter § 541 auch obligatorische Rechte Dritter, sofern nur duith sie der Mieter in dem ihm zustehenden vertragsmäßigen Gebrauch gestört wird (BGH LM Nr 3 zu § 541 BGB = NJW 1961, 917; aM zB W E I M A R aaO). Besonders wichtig ist das für den Sonderfall der Doppelmiete (s u Rz 16 ff). Das Recht muß sich jedoch immer auf die Sache beziehen. Bloße Ansprüche Dritter 6 gegen den Vermieter als solchen, zB aus der Abrede, einen Ladenraum nicht an einen Konkurrenten zu vermieten, fallen daher nicht unter § 541 (BGH LM Nr 3 zu § 537 BGB). Auch ist § 541 nur anwendbar, wenn die Störung des Mieters gerade in dem Recht des Dritten ihre Ursache hat. Rechtswidrige Störungen durch Dritte, namentlich also über den Rahmen des § 906 hinausgehende Immissionen, führen nicht zu einem Rechtsmangel, sondern zu einem Sachmangel iS des § 537. Hingegen spielt es keine Rolle, ob das Recht des Dritten von Anfang an bestand 7 oder erst nachträglich, zB durch Pfändung der vermieteten Sache, begründet wurde. Immer gilt § 541 (BGHZ 63, 132, 138 gegen RGZ 65, 29, 33). b) Als Rechte Dritter iS des § 541 kommen hiernach in erster Linie dingliche 8 Rechte Dritter, die ein Besitzrecht gewähren, in Betracht. Wichtigstes Beispiel ist das Eigentum eines Dritten, wenn der Mieter ihm gegenüber kein Besitzrecht hat (BGHZ 63, 132, 137). Deshalb kann der Untermieter von seinem Vermieter Schadensersatz aufgrund der §§ 538, 541 verlangen, wenn der Hauptvermieter die Erlaubnis der Untervermietung verweigert oder den Hauptmietvertrag zB wegen Zahlungsverzugs nach § 554 kündigt (s u Rz 23; § 549 Rz 63, 65 m Nachw). Weitere Beispiele für Rechte Dritter iS des § 541 sind der Nießbrauch, das Wohn- 9 recht, das Dauerwohnrecht, das Erbbaurecht oder auch Grunddienstbarkeiten Dritter. Bei beweglichen Sachen gehören auch Patentrechte Dritter hierher (OLG Hamburg OLGE 34, 32). Ebenso Pfandrechte Dritter, auch wenn sie erst nachträglich, zB durch eine Pfändung der vermieteten Sache, begründet worden sind. Keinen Rechtsmangel begründen jedoch Hypotheken, die auf dem vermieteten Grundstück lasten.

2. Die Gebrauchsentziehung

10

a) § 541 stellt darauf ab, ob dem Mieter der vertragsmäßige Gebrauch der gemieteten Sache ganz oder teilweise entzogen wird, geht also offenbar davon aus, daß dem Mieter die Sache schon überlassen war. Gleichwohl wird § 541 allgemein zu Recht auch auf den Fall angewandt, daß dem Mieter die Sache mit Rücksicht auf das Recht des Dritten von Anfang an nicht überlassen wird (RG Recht 1905 Nr 274; DWA 1934, 35; insbes BGH LM Nr 3 zu § 541 BGB = NJW 1961, 917; aM NIENDORFF 149; W E I M A R aaO). Auch dies hat wieder besondere Bedeutung für die Beurteilung der sog Doppelmiete. b) Maßstab dafür, ob eine Entziehung vorliegt, ist der dem Mieter nach dem 11 Vertrag geschuldete vertragsmäßige Gebrauch. Jede Beeinträchtigung des Mieters in diesem Gebrauch ist also eine Entziehung iS des § 541 (BGHZ 63, 132, 138). Deshalb liegt eine Entziehung auch vor, wenn bei der Untermiete der Untervermieter räumt, so daß er dem Untermieter den Gebrauch nicht mehr gewähren kann, selbst wenn der Untermieter wohnen bleibt (BGH aaO). Auch spielt es keine Rolle, ob der Mieter während der Zeit, während derer ihm der 12 Gebrauch entzogen ist, überhaupt in der Lage war, die Sache zu gebrauchen. § 552 findet hier keine Anwendung ( P E R G A N D E § 541 Anm 2). Auch mündliche Geltend(763)

Volker Emmerich

§541 13-18

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

machung des Rechts des Dritten genügt, jedenfalls wenn der Mieter daraufhin den Gebrauch unterläßt oder aufgibt (OLG Hamburg OLGE 34, 32; MITTELSTEIN 296). 13 c) Die Störung muß sich jedoch auf das tatsächliche Gewaltverhältnis des Mieters beziehen, wenn § 541 Anwendung finden soll. Bei gemischten Verträgen, durch die dem Mieter zugleich eine Lizenz an einem gewerblichen Schutzrecht eingeräumt wird, kann folglich § 541 nicht angewandt werden, wenn der Vermieter nicht in der Lage ist, die Lizenz zu gewähren (BGHZ 2, 331, 333 ff = NJW 1951,705 für einen sog Filmverwertungsvertrag). 14 d) Hatte der Vermieter, zB als Nießbraucher oder als Vorerbe, nur ein zeitlich begrenztes Recht, so wird zT § 541 angewandt, wenn der Nachfolger, zB der Eigentümer oder der Nacherbe, den Mietvertrag nach den §§ 1056 Abs 2, 2135 BGB kündigt (so schon Mot II 380 m Hinweisen auf die frühere Rechtslage). Hingegen wird (mit demselben Ergebnis) die Haftung des Vermieters aus § 325 hergeleitet, wenn der Ersteher des Grundstücks in der Zwangsversteigerung oder der Erwerber vom Konkursverwalter den Mietvertrag nach § 57 ZVG bzw nach § 24 KO kündigen. Denn der Vermieter muß dafür einstehen, daß dem Mieter die Sache für die vereinbarte Dauer auch tatsächlich überlassen wird (RGZ 63, 66, 68; 65,29, 32 f; BGH WM 1959,120; 1960,1125,1128; s im einzelnen Vorbem 12 zu § 537). 15 e) War der Vermieter nicht Eigentümer, so kann der Mieter bei Vertragsende die Rückgabe an den Vermieter nach § 556 grundsätzlich nicht unter Hinweis auf das Eigentum eines Dritten ablehnen (RG JW 1925,472 = LZ 1925,1272). Droht ihm jedoch der Eigentümer für den Fall der Rückgabe an den Vermieter Schadensersatzansprüche an, so stellt die Rückgabe an den Eigentümer keine schuldhafte Verletzung des § 556 gegenüber dem Vermieter dar (BGHZ 5, 337).

16 3. Der Sonderfall der sog Doppelmiete a) Wenn eine Sache mehrfach vermietet wird, so sind zweifelsfrei alle Verträge gültig ohne Rücksicht darauf, daß der Vermieter nur einen erfüllen kann (BGH LM N r 4 zu § 541 B G B

=

ZMR

1 9 6 2 , 1 7 5 ; § § 5 3 5 , 5 3 6 R z 9 ; LEWALD M D R

1947,

13 f). Jeder Mieter kann vom Vermieter Erfüllung verlangen. Sobald aber der Vermieter einem der Mieter die Sache überlassen hat, sind alle anderen Mieter grundsätzlich auf Schadensersatzansprüche wegen Nichterfüllung gegen den Vermieter beschränkt, während ein Erfüllungsanspruch im Regelfall ausscheidet (BGH aaO). 17 b) Als Grundlage des Schadensersatzanspruchs kommt § 541 jedenfalls dann in Betracht, wenn der Vermieter eine Sache erneut vermietet, die er schon einem anderen Mieter überlassen hat und dieser mit Rücksicht auf sein Besitzrecht zu Recht die Herausgabe der Sache an den zweiten Mieter verweigert (BGH LM Nr 3 zu § 541 BGB = NJW 1961, 917; LM Nr 4 zu § 541 BGB; Nr 40 zu § 256 ZPO; LG Bremen ZMR 1969, 282 f = MDR 1968, 924). Die Rechtslage kann aber nicht anders sein, wenn der Vermieter zwar dem ersten Mieter zu Recht gekündigt hat, dieser aber nicht räumt; denn dann liegt jedenfalls anfängliches Unvermögen vor, für das der Vermieter ebenfalls ohne Rücksicht auf Verschulden unbedingt einzustehen hat. 18 § 541 gilt auch im „umgekehrten" Fall, wenn der Vermieter den ersten Mieter während des Laufes des Vertrages zu Unrecht aus der Wohnung setzt und die Wohnung anschließend einem neuen Mieter überläßt; dem ersten Mieter haftet er dann stets auch aus § 541 in Verb m § 538 Fall 2 auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung (LG Mannheim ZMR 1962, 332, 334). Volker Emmerich

(764)

§541 3. Titel. Miete. Pacht

19-24

c) Derjenige Mieter, der in Besitz der Wohnung ist, ist auch gegenüber den anderen 19 Mietern zum Besitz berechtigt. Der Versuch anderer Mieter, diesem Mieter den Besitz zu entziehen, ist daher eine Besitzstörung, gegen die sich der erste Mieter nach den §§ 859, 861 und 862 wehren kann (zB BETTERMANN Anm NJW 1950, 263 f). Für einen Anspruch aus den §§ 812 oder 1007 wird daneben jedoch idR kein Raum sein (aM zu Unrecht LG Nürnberg-Fürth NJW 1950, 263 f; LG Hamburg MDR

1 9 5 0 , 9 6 ; 1 9 5 0 , 1 0 0 ; ROQUETTE § 5 3 5 R z

227).

III. Rechtsfolgen 1. Der Erfüllungsanspruch

20

Wenn ein Rechtsmangel iS des § 541 vorliegt, hat der Mieter zunächst und in erster Linie den Erfüllungsanspruch gegen den Vermieter auf Beseitigung der Störung (BGH WM 1975, 897). Daneben steht ihm unter den Voraussetzungen des § 542 ein außerordentliches fristloses Kündigungsrecht zu. § 541 gewährt ihm außerdem durch die Verweisung auf die §§ 537 und 538 zwei weitere Rechtsbehelfe. 2. Die Minderung

21

§ 5 4 1 bestimmt durch die Verweisung auf § 537 zunächst, daß die Störung des Mieters in dem ihm zustehenden, vertragsmäßigen Gebrauch durch das Recht eines Dritten automatisch für die Zeit der Störung zur Minderung des Mietzinses führt. Es spielt dabei keine Rolle, ob das Recht des Dritten schon bei Vertragsschluß bestand oder erst später entstanden ist. Ebensowenig kommt es auf ein Verschulden des Vermieters an. Die Minderung entfällt jedoch für die Zukunft, sobald das Recht des Dritten oder jedenfalls die davon ausgehende Störung beseitigt sind. 3. Der Schadensersatzanspruch wegen Nichterfüllung

22

a) Außerdem kann der Mieter unter den Voraussetzungen des § 538 wegen des Rechtsmangels von dem Vermieter Schadensersatz wegen Nichterfüllung verlangen. § 5 4 1 enthält insoweit nicht nur eine Rechtsfolgenverweisung, sondern auch eine Rechtsgrundverweisung, so daß der Vermieter ohne Verschulden zum Schadensersatz wegen Nichterfüllung nur bei anfänglichen Rechtsmängeln verpflichtet ist. Entsteht hingegen der Rechtsmangel erst nachträglich, so kann der Mieter Schadensersatz nur verlangen, wenn der Vermieter die Entstehung zu vertreten hat oder wenn er in Verzug ist (so schon die Mot II 379; ebenso jetzt BGHZ 63, 132, 139; auch BGH LM Nr 3 zu § 541 BGB = NJW 1961, 917; aM insbes ROQUETTE § 541 Rz 8 f ) . Mit Rücksicht auf die §§ 571 und 577 ist jedoch die nachträgliche Entstehung eines 23 Rechtes Dritter, durch das dem Mieter der vertragsmäßige Gebrauch ganz oder teilweise entzogen wird, selten ( N I E N D O R F F 149). Wichtigster Fall ist die Beendigung des Besitzrechtes des Untervermieters durch Kündigung des Hauptvermieters, da dann der Untermieter von seinem Vermieter nach § 541 in Verb m § 538 Schadensersatz wegen Nichterfüllung verlangen kann, wenn der Untermieter die Kündigung zu vertreten hat (BGHZ 63, 132, 139; s o Rz 8; § 549 Rz 65, 67). b) Maßgeblicher Zeitpunkt für die Frage, ob es sich um einen anfänglichen oder 24 nachträglichen Rechtsmangel handelt, ist der der Entstehung, nicht der Ausübung des Rechts. Ein anfänglicher Rechtsmangel liegt daher auch vor, wenn es sich um ein (765)

Volker Emmerich

§541 25-28

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

bedingtes oder befristetes Recht handelt und die Bedingung oder der Termin erst nach Vertragsschluß eintreten. 25 c) Für den Umfang des Schadensersatzanspruchs gelten keine Besonderheiten (s im einzelnen § 538 Rz 24 ff). Deshalb gehören im Fall der Doppelmiete zu dem dem Mieter zu ersetzenden Schaden zB auch die erhöhten Fahrtkosten von der Ersatzwohnung zum Arbeitsplatz, sowie der Verdienstausfall infolge des Zeitverlusts durch zusätzliche Wegstrecken (LG Mannheim WuM 1974, 238). 26 4. Der Verzug des Vermieters § 541 verweist auch auf § 538 Abs 2. Daraus ergibt sich die Frage, ob der Mieter bei Verzug des Vermieters mit der Beseitigung der Störung berechtigt ist, dem Dritten dessen Recht abzukaufen und vom Vermieter dafür Aufwendungsersatz zu verlangen. Die Frage dürfte grundsätzlich zu bejahen sein (ebenso C R O M E 4 5 ; einschränkend LÖNING 1 5 0 ff; N I E N D O R F F 1 4 9 f; aM R O Q U E T T E § 5 4 1 Rz 1 1 ; wohl auch MITTELSTEIN 3 0 9 ) . § 2 4 2 bleibt jedoch auch hier zu beachten, so daß dem Mieter auf keinen Fall gestattet werden kann, durch Aufwendungen, die in keinem sinnvollen Verhältnis zum Mietzins mehr stehen, das Recht eines Dritten abzukaufen. In einem solchen Fall muß er sich vielmehr auf den Versuch beschränken, den Dritten durch Abstandszahlungen dazu zu bewegen, von seinem Recht vorübergehend keinen Gebrauch zu machen (ebenso N I E N D O R F F aaO). Gelingt ihm dies nicht, so ist er auf den Schadensersatzanspruch gegen den Vermieter beschränkt. Die Grenzen sind hier jedoch flüssig.

IV. Der Ausschluß der Rechte des Mieters 27 1. Ausschluß nur bei positiver Kenntnis § 541 verweist nur auf § 539 S 1, so daß dem Mieter nur positive Kenntnis des Rechtsmangels bei Vertragsschluß schadet. Grob fahrlässige Unkenntnis steht nicht gleich (zB KG OLGE 16, 421). Die positive Kenntnis des Mieters muß sich dabei auf das Recht des Dritten selbst beziehen, so daß die bloße Kenntnis der Tatsachen, aus denen sich das Recht des Dritten ergibt, nicht genügt, wenn der Mieter sich in einem Rechtsirrtum befindet (BGH LM Nr 1 zu § 539 BGB; N I E N D O R F F 150; s § 539 Rz 9).

28 2. Abweichende Vereinbarungen Abweichende Vereinbarungen sind möglich. Für einen Ausschluß der Mieterrechte ist daher kein Raum, wenn der Vermieter die Beseitigung des Mangels zusagt. Dasselbe ist anzunehmen, wenn beide Parteien in Kenntnis des Rechtsmangels den Vertrag abschließen und hierbei davon ausgehen, daß der Mangel nur vorübergehender Natur ist oder vom Vermieter beseitigt werden kann. Der Untermieter kann daher von seinem Vermieter selbst dann Schadensersatz wegen Nichterfüllung verlangen, wenn beide Parteien bei Vertragsschluß wissen, daß der Hauptvermieter der Untervermietung noch nicht zugestimmt hat, beide aber darauf vertrauen, daß er zustimmen wird, sofern der Hauptvermieter später entgegen den Erwartungen der Parteien der Untervermietung widerspricht (§ 549 Rz 63. Nach R G Z 81, 59, 62 ff soll hier anfängliches Unvermögen vorliegen). Volker Emmerich

(766)

3. Titel. Miete. Pacht

§§ 541, 541 a 29-31

3. Sonstige Fälle

29

a) Da § 541 nur auf § 539 S 1 verweist, führt auch die vorbehaltlose Annahme der Sache in Kenntnis des Mangels nicht automatisch zum Verlust aller Rechte des Mieters. In einem solchen Verhalten des Mieters kann jedoch uU ein Verzicht auf etwaige Ansprüche wegen des Mangels gesehen werden (so schon Prot II 133; NIENDORFF 1 5 0 ) . Schließlich können die Rechte des Mieters auch dann ausgeschlossen sein, wenn er es entgegen § 545 Abs 1 S 2 unterläßt, dem Vermieter unverzüglich davon Anzeige zu machen, daß sich ein Dritter ein Recht an der Sache anmaßt. b) Die Rechtsmängelhaftung des Vermieters wird häufig vertraglich beschränkt 30 oder ausgeschlossen. Solche Ausschlußklauseln sind jedoch stets ganz eng und zugunsten des Mieters auszulegen (LG Berlin FWW 1976, 24). Deshalb umfaßt ein Ausschluß der Sachmängelhaftung nicht automatisch auch einen Ausschluß der Rechtsmängelhaftung. Unter den Voraussetzungen der §§ 537 Abs 3 und 540 ist der Ausschluß zudem unwirksam. Bei Formularverträgen sind außerdem die §§ 9 und 11 Nr 7-10 AGBG zu beachten, so daß ein Ausschluß oder auch nur eine Beschränkung der Haftung nicht mehr in Betracht kommen dürfte (bes wegen § 9 Abs 2 Nr 2 AGBG). V. Beweislast

31

Der Mieter muß in jedem Fall den Rechtsmangel und die Entziehung des vertragsmäßigen Gebrauchs beweisen, mag der Vermieter von ihm Zahlung des Mietzinses verlangen oder mag der Mieter Rückzahlung des zuviel gezahlten Mietzinses fordern. Macht der Mieter den Schadensersatzanspruch wegen Nichterfüllung geltend, so trifft ihn auch die Beweislast für die Voraussetzungen des § 538 und für seinen Schaden. Der Vermieter muß demgegenüber beweisen, daß die Rechte des Mieters ausnahmsweise ausgeschlossen sind, weil er den Mangel schon bei Vertragsschluß gekannt hat. § 541 a Der Mieter von Räumen hat Einwirkungen auf die Mietsache zu dulden, die zur Erhaltung der Mieträume oder des Gebäudes erforderlich sind. Maßnahmen zur Verbesserung der gemieteten Räume oder sonstiger Teile des Gebäudes hat der Mieter zu dulden, soweit ihm dies zugemutet werden kann. Aufwendungen, die der Mieter infolge dieser Maßnahmen machen mußte, hat der Vermieter ihm in einem den Umständen nach angemessenen Umfange zu ersetzen; auf Verlangen hat der Vermieter Vorschuß zu leisten. 2. Gesetz zur Änderung mietrechtlicher Vorschriften vom 14. 7. 1964 (BGBl I 457) Art 1 Nr 3; Begr z RegE, BT-Dr IV/806; schriftl Bericht des Rechtsausschusses, zu BT-Dr IV/2195.

Schrifttum ALLWEIL, Erhaltungs- und Verbesserungsarbeiten an Mieträumen, DWW 1966, 117; BURKHARDT, Die 2. Mietrechtsnovelle, BB 1964, 771; DERLEDER, Vertragsfreiheit, Ertragsgewährleistung und ihre Absicherung für den Wohnraumvermieter, NJW 1975, 1677; GLASER, Die Sammelheizung in Rechtsprechung und Schrifttum (6. Aufl 1972) 118 ff; ders, Das mietrechtliche Schlußgesetz, MDR 196, 800; GRAUL, Rechtsfragen um die Modernisierung, GE 1969, 475; HUMMEL, Ergibt die Duldungspflicht des Mieters nach § 541 a BGB auch seine Mit Wirkungspflicht? ZMR 1970, 65; HÄRING, Die Duldungspflicht des Mieters bei Erhaltungsmaßnahmen des Vermieters, ÄIZ 1970, 420; LÖWE, Wichtige Neuregelungen im 2. WRKSchG, NJW 1975, 9; LUTZ, Rechtsprobleme bei (767)

Volker Emmerich

§541 a 1

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

der Durchführung von Modernisierungsarbeiten, DWW 1970, 351; MITTELSTEIN, Die Miete nach dem Rechte des deutschen Reiches (4. Aufl 1932) 357 ff; VON ROESGEN, Vorübergehende Räumung der Mietwohnung wegen Bauarbeiten, NJW 1956, 1264; ROQUETTE, Instandhaltung und Verbesserung von Wohnraum, NJW 1963, 1288; SCHMIDT-FUTTERER, Miete und Pacht (2. Aufl 1974) 54 ff; ders, Mietrecht (7. Aufl 1976), s v Verbesserungsmaßnahmen des Vermieters, 239 ff; ders, Veränderungen der Mietsache während der Mietzeit, M D R 1970, 375; SCHOPP, Bedeutung und Grenzen von § 5 4 1 a B G B , Z M R 1 9 6 5 , 1 9 3 ; STERNEL Wohnraummietrecht ( 1 9 7 5 ) T z I 6 6 ff;

WEIMAR, Erhaltungs- und Modernisierungsarbeiten bei Miethäusern, ZMR 1976, 33; ders B1GBW 1974, 25.

Systematische Übersicht I. Einleitung 1 II. Die Duldungspflicht des Mieters bei Erhaltungsmaßnahmen 1. Die Einwirkungen auf die Mietsache 5 2. Der Begriff der Erhaltungsmaßnahmen 8 3. Der Inhalt der Duldungspflicht des Mieters 16 4. Die Gegenansprüche des Mieters 18 III. Die Duldungspflicht des Mieters bei Verbesserungsmaßnahmen 20 1. Der Begriff der Verbesserungsmaßnahmen 21

2. Die Zumurbarkeit für den Mieter 27 3. Die Gegenansprüche des Mieters 34 IV. Die Duldungspflicht des Mieters bei anderen Maßnahmen 38 V. Der Einfluß der Verbesserungsmaßnahmen auf den Mietzins 39 VI. Abweichende Vereinbarungen 41 VII. Prozessuales 42

Alphabetische Übersicht Abgrenzungsprobleme 14 Abweichende Vereinbarungen 41 Aufwendungsersatzpflicht 36

Mängel 35 Mietänderungsgesetz 4 Mitwirkungspflichten 17

Beweislast 43

Prozessuales 42 ff

Duldungspflicht 5 ff, 11 f, 16, 20 ff, 28, 38 Einwirkungen auf die Mietsache 5 - 7 Einzelfälle 25, 33 Erforderlichkeit 12,15 Erfüllungsanspruch 34 Erhaltungsmaßnahmen 8 Erhaltungspf licht 19 Erhöhung des Mietzinses 32, 39 f Gefahren 9 Gegenansprüche 18, 34 Immissionen 7 Interessenabwägung 27, 32

Raummiete 4 Schadensersatzpflicht 35 Schäden 9 Streitwert 44 Umgestaltung 23, 26 Veränderungen der Mietsache 38 Verbesserungsmaßnahmen 1 3 , 2 0 - 2 2 , 2 4

Vorschuß 37

Zumutbarkeit 2 7 - 3 1

1 I. Einleitung 1. Das B G B enthielt ursprünglich keine Regelung der Frage, ob und ggf unter welchen Voraussetzungen der Mieter verpflichtet ist, Einwirkungen des Vermieters auf die Mietsache namentlich durch Baumaßnahmen zu dulden; man ging vielmehr davon aus, daß sich aus den §§ 535 und 536 ohne weiteres die Verpflichtung des Vermieters zur Unterlassung jeder Störung des Mieters in seinem vertragsmäßigen Volker Emmerich

(768)

§541 a 3. Titel. Miete. Pacht

2-6

Gebrauch ergibt (s §§ 535, 536 Rz 34, 40). Dieser Grundsatz ließ sich jedoch nicht uneingeschränkt durchführen, da sich schon aus der Erhaltungspflicht für den Vermieter die Verpflichtung ergeben kann, namentlich zur Beseitigung von Mängeln in einer Weise auf die vermietete Sache einzuwirken, die unvermeidlich zu Störungen des Mieters führen muß. Deshalb war schon immer anerkannt, daß der Mieter nach § 242 die zur Beseitigung oder Verhinderung von Mängeln erforderlichen Reparaturen dulden muß (RG HRR 1926, Nr 561; LG Saarbrücken NJW 1 9 5 6 , 6 3 7 , 6 3 8 ; MITTELSTEIN a a O ; SCHOPP Z M R

1965,

193).

2. Die Praxis war hierbei jedoch nicht stehen geblieben, sondern hatte darüber 2 hinaus dem Mieter aufgrund des § 242 häufig auch eine sehr weitgehende Verpflichtung zur Duldung bloßer Verbesserungsmaßnahmen auferlegt. So war zB anerkannt, daß der Mieter idR eine Aufstockung des Hauses, den Einbau einer Heizung oder einer modernen Lichtanlage dulden mußte (RG aaO; MITTELSTEIN 359 ff m Nachw; SCHOPP aaO). Die mit derartigen Arbeiten notwendigerweise verbundenen Beeinträchtigungen seines Mietgebrauchs mußte der Mieter maW hinnehmen. In Ausnahmefällen wurde der Mieter sogar für verpflichtet erachtet, die Wohnung vorübergehend zu räumen, wenn nur so die erforderlichen Arbeiten durchgeführt werden konnten (LG Saarbrücken aaO; LG Oldenburg NdsRpfl 1953, 202; LG Frankenthal MDR 1957, 42). 3. Von dieser Praxis gingen auch durchweg die Formularverträge, namentlich § 8 3 DEMV, aus. Eine gesetzliche Regelung brachte sodann erstmals der durch das Abbaugesetz von 1960 in das MSchG eingefügte § 28 a, nach dem das Mieteinigungsamt auf Antrag des Vermieters den Mieter verpflichten konnte, bauliche Verbesserungen oder die Anbringung von Einrichtungen, durch die der Wohnraum in seinem Gebrauchswert auf Dauer verbessert wird, zu dulden, wenn und soweit dem Mieter die Maßnahmen und deren Durchführung zuzumuten sind. 4. An alle diese Vorbilder hat der Gesetzgeber 1964 bei Erlaß des 2. MietÄndG, 4 durch das § 541 a in das BGB eingefügt wurde, angeknüpft (s die Begr z RegE aaO). Die Regelung gilt für alle Mietverträge über Räume, also sowohl für die Wohnraummiete als auch für die gewerbliche Miete (BGH LM Nr 1 zu § 541 a BGB = NJW 1972, 723). Raummiete in diesem Sinne ist auch die Vermietung von Gebäudeteilen wie zB Wandflächen zu Reklamezwecken (§ 5 8 0 Rz 2 m Nachw; P E R G A N D E § 5 4 1 a Anm 1 ; aM offenbar SCHOPP ZMR 1 9 6 5 , 1 9 3 f). Für die Fahrnismiete und für die reine Grundstücksmiete ist es hingegen bei der früheren Rechtslage geblieben, ohne daß sich hieraus ein wesentlicher sachlicher Unterschied ergäbe (vgl BGH aaO). Eine weitergehende Duldungspflicht des Mieters folgt schließlich noch aus § 20 WohnungsmodernisierungsG (BGBl 19761,2429) bei allen mit öffentlichen Mitteln geförderten Modernisierungen. II. Die Duldungspflicht des Mieters bei Erhaltungsmaßnahmen 1. Die Einwirkungen auf die Mietsache

5

Nach § 541 a Abs 1 muß der Mieter von Räumen sämtliche Einwirkungen auf die Mietsache dulden, die zur Erhaltung der Mieträume oder des Gebäudes erforderlich sind. a) Im RegE war noch anstatt von „Einwirkungen" von „baulichen Veränderungen, 6 dem Anbringen von Einrichtungen und ähnlichen Maßnahmen" die Rede gewesen. Erst der Rechtsausschuß hat an die Stelle dieser Formulierungen die endgültige Formulierung gesetzt, um eine zu weite Auslegung der neuen Vorschrift zu verhindern (s den Bericht des Rechtsausschusses aaO). Jedoch dürfte damit eine sachliche Änderung nicht verbunden sein. (769)

Volker Emmerich

§541 a 7-12

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

7 b) Der Begriff der Einwirkungen findet sich außer in § 541 a namentlich noch in den §§ 903 und 906 Abs 1. Das zeigt, daß unter § 541 a jedenfalls sämtliche Immissionen fallen, durch die der vertragsmäßige Gebrauch des Mieters beeinträchtigt wird. Denn nur bei einer Beeinträchtigung des vertragsmäßigen Gebrauchs kann überhaupt die Frage auftauchen, ob der Mieter die Erhaltungsmaßnahmen des Vermieters dulden muß. Die wichtigsten Beispiele sind deshalb Belästigungen des Mieters durch Lärm, Erschütterungen und Schmutz. Solche Belästigungen können von baulichen Maßnahmen, von der Anbringung neuer Einrichtungen sowie von der Ersetzung alter Einrichtungen ausgehen. Aber auch die Entziehung von Licht und Luft durch den Bau von Gerüsten sowie alle ähnlichen Maßnahmen fallen unter § 541 a. Maßgebendes Kriterium ist immer nur die Beeinträchtigung des vertragsmäßigen Gebrauchs des Mieters. Derartige Einwirkungen muß der Mieter nach § 541 a Abs 1 dulden, soweit sie zur Erhaltung der Mieträume oder des Gebäudes erforderlich sind.

8 2. Der Begriff der Erhaltungsmaßnahmen a) § 541 a steht in Zusammenhang mit § 536. Durch die dem Mieter in § 541 a Abs 1 auferlegte Duldungspflicht soll dem Vermieter die Erfüllung seiner aus § 536 folgenden Erhaltungspflicht ermöglicht werden, soweit die danach dem Vermieter obliegende Instandhaltung und Instandsetzung der Mietsache Beeinträchtigungen des vertragsmäßigen Gebrauchs des Mieters mit sich bringen. 9 Unter § 541 a fallen somit alle Maßnahmen zur Verhinderung oder Beseitigung drohender oder schon entstandener Schäden. Die Gefahren, denen die Maßnahmen vorbeugen sollen, müssen dabei jedoch (objektiv) wahrscheinlich und dringend sein, um eine übermäßige Belastung des Mieters zu verhindern (so mit Recht R O Q U E T T E § 541 a Rz 5). Zu den Maßnahmen zur Beseitigung schon entstandener Schäden gehören auch die Maßnahmen zur Beseitigung des normalen Verschleißes, insbes also auch die Schönheitsreparaturen. 10 b) Keine Rolle spielt, ob die Notwendigkeit zur Vornahme bestanderhaltender Maßnahmen an den vermieteten Räumen, an mitvermieteten Räumen oder Gebäudeteilen oder an sonstigen Gebäudeteilen entstanden ist. Immer ist der Mieter zur Duldung verpflichtet, wenn die erforderlichen Maßnahmen mit einer Beeinträchtigung seines vertragsmäßigen Gebrauchs verbunden sind. 11 Umstritten ist die Rechtslage, wenn die Einwirkungen von Maßnahmen an anderen Gebäuden auf demselben oder auf einem benachbarten, demselben Vermieter gehörenden Grundstück ausgehen. Da § 541 a Abs 1 eine Ausnahme von dem Grundsatz ist, daß der Vermieter verpflichtet ist, alle Störungen des Mieters in der Ausübung des vertragsmäßigen Gebrauchs zu unterlassen, kann in diesen Fällen § 541 a Abs 1 nicht angewandt werden. Derartige Einwirkungen braucht der Mieter deshalb grundsätzlich nicht zu dulden. Nur im Einzelfall kann sich aus § 242 etwas anderes ergeben (aM zB R O Q U E T T E § 541 a Rz 4). 12 c) Die Duldungspflicht besteht nur, wenn die Maßnahmen, von denen die Einwirkungen ausgehen, gerade zur Erhaltung der genannten Räume, Gebäude oder Gebäudeteile objektiv erforderlich sind. Darunter fallen nur Maßnahmen zur Sicherung der Sache in ihrem ursprünglichen wirtschaftlichen Bestand, nicht also zB die Anbringung neuer Einrichtungen (s insbes H A N S § 541 a Anm B 2 a). Die Erhaltungsmaßnahmen müssen deshalb insbes von den Verbesserungsmaßnahmen iS des Volker Emmerich

(770)

§541 a 3. Titel. Miete. Pacht

13-17

§ 541 a Abs 2 abgegrenzt werden, weil im letzteren Fall die Duldungspflicht des Mieters enger als im Falle des Abs 1 geregelt ist. Verbesserungsmaßnahmen sind vor allem solche, durch die der Gebrauchswert der 13 vermieteten Räume oder der Substanzwert des Gebäudes erhöht wird (zB S C H M I D T FUTTERER, MietR aaO). Hauptbeispiel ist die Anbringung neuer Einrichtungen, zB der Einbau einer öl-Zentralheizung, oder die Ersetzung alter Einrichtungen durch modernere neue. Schwierige Abgrenzungsprobleme ergeben sich, wenn eine und dieselbe Maßnahme 14 gleichzeitig sowohl der Erhaltung als auch der Verbesserung der Mieträume dient, wenn zB die notwendig gewordene Ersetzung alter, verrotteter Fenster dazu benutzt wird, zugleich die Fenster spürbar zu vergrößern. In derartigen Fällen kann man darauf abstellen, auf welchen Maßnahmen wirtschaftlich das Schwergewicht liegt (PERGANDE § 541 a Anm 2), wovon in erster Linie die Einwirkungen auf den Mieter ausgehen (SCHOPP ZMR 1965, 193,194; E R M A N - S C H O P P § 541 a Rz 8), oder ob sich die Maßnahmen trennen lassen oder nicht ( H A N S § 541 a Anm 3 d). Richtigerweise wird man die verschiedenen Maßstäbe zu kombinieren haben: Lassen sich die verschiedenen Maßnahmen ohne unzumutbaren Aufwand trennen, so hat es dabei sein Bewenden. Ist jedoch eine Trennung nicht möglich, so wird man aus praktischen Gründen allein darauf abstellen können, wo unter dem Gesichtspunkt der Kosten das wirtschaftliche Schwergewicht der Maßnahmen liegt. d) Die Duldungspflicht besteht nur, wenn die Maßnahmen zur Instandhaltung oder 15 Instandsetzung der vermieteten Räume oder des Gebäudes objektiv erforderlich sind. Dafür ist es unerheblich, auf welche Ursache die zu beseitigenden Schäden zurückgehen. § 541 a Abs 1 ist also auch anwendbar, wenn Vermieter oder Mieter die Schäden zu vertreten haben. Aus dem Gesagten folgt zugleich, daß der Vermieter sich stets bemühen muß, die Einwirkungen auf die gemieteten Räume so klein wie irgend möglich zu halten.

3. Der Inhalt der Duldungspflicht des Mieters

16

a) Unter den genannten Voraussetzungen ist der Mieter unbedingt zur Duldung der von den erforderlichen Maßnahmen ausgehenden Einwirkungen verpflichtet. Er muß jede Hinderung der Arbeiten unterlassen, sowie dem Vermieter und den von diesem beauftragten Leuten den Zugang zu seiner Wohnung zur Planung und Durchführung der Arbeiten gewähren (LG Frankfurt ZMR 1968, 141, 172). In Ausnahmefällen kann er sogar verpflichtet sein, vorübergehend die vermieteten Räume zu verlassen, sofern nur dann die erforderlichen Maßnahmen durchgeführt werden können (OLG Braunschweig DWW 1965, 85; PERGANDE § 541 a Anm 2). b) Umstritten ist, ob den Mieter darüber hinaus auch gewisse M/ftw'r&wngjpflichten 17 treffen, zB durch Umstellen der Möbel oder sogar Räumung einzelner Zimmer, durch Abnahme der Dekorationen, durch Zusammenrollen der Teppiche, Sicherung der Möbel und dergl mehr (bejahend HUMMEL ZMR 1970, 65 ff; P A L A N D T - P U T Z O § 541 a Anm 2 c; STERNEL T Z I 71; PERGANDE § 541 a Anm 6). Das Gesetz verpflichtet den Mieter jedoch eindeutig lediglich zur Duldung gewisser Einwirkungen. Daraus kann keine Mitwirkungspflicht des Mieters hergeleitet werden. Alle genannten Maßnahmen kann er deshalb ohne weiteres dem Vermieter überlassen ( H A N S § 5 4 1 a A n m B 2 d ; SCHOPP Z M R (771)

1965, 193,

Volker Emmerich

195).

§541 a 18-22

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

18 4. Die Gegenansprüche des Mieters a) Ein Aufwendungsersatzanspruch ist dem Mieter nur im Falle des Abs 2 zugebilligt worden. Bei Erhaltungsmaßnahmen iS des Abs 1 kann mithin der Mieter von dem Vermieter keinen Aufwendungsersatz verlangen. Das kann jedoch nicht bedeuten, daß zB der Mieter, der die Wohnung zur Durchführung von Reparaturen vorübergehend ganz räumen muß, die damit verbundenen Kosten selbst tragen muß. Vielmehr ist davon auszugehen, daß sämtliche vom Vermieter veranlaßten Einwirkungen, durch die der vertragsmäßige Gebrauch des Mieters beeinträchtigt oder aufgehoben wird, Mängel iS der §§ 537 und 538 darstellen ( R O Q U E T T E § 541 a Rz 16 ff; H A N S § 541 a Anm B 2 f). Wenn und soweit durch die Einwirkungen der vertragsmäßige Gebrauch beeinträchtigt ist, entfällt deshalb nicht nur automatisch nach § 537 die Verpflichtung des Mieters zur Zahlung des Mietzinses; sondern der Mieter kann außerdem auch stets vom Vermieter Schadensersatz für alle Kosten und Schäden durch die Einwirkungen verlangen, da dieser durch die Veranlassung der Einwirkungen den Mangel verschuldet hat (§ 538 Abs 1 Fall 2; R O Q U E T T E § 541 a Rz 18; wesentlich enger H A N S aaO; ganz ablehnend SCHOPP ZMR 1965, 193, 195). 19 b) Unabhängig hiervon ergibt sich die Verpflichtung des Vermieters zur Beseitigung aller durch die Erhaltungsmaßnahmen verursachten Schäden und Beschränkungen des Mieters in dem vertragsmäßigen Gebrauch schon aus dessen allgemeiner Erhaltungspflicht (§ 536). Der Vermieter muß deshalb den Schmutz, den die Arbeiten verursacht haben, beseitigen. Schäden an Wänden und Decken muß er ohne Rücksicht darauf, ob etwa der Mieter die Schönheitsreparaturen übernommen hat oder nicht, beheben. Denn der Mieter hat einen Anspruch darauf, daß ihm vom Vermieter spätestens nach Durchführung der Arbeiten der vertragsmäßige Gebrauch wieder uneingeschränkt gewährt wird. Das ist nichts anderes als der ursprüngliche Erfüllungsanspruch. 20 III. Die Duldungspflicht des Mieters bei Verbesserungsmaßnahmen Bei den Verbesserungsmaßnahmen geht die Duldungspflicht des Mieters nicht so weit wie bei den Erhaltungsmaßnahmen. Denn nach § 541 a Abs 2 hat der Mieter Maßnahmen zur Verbesserung der gemieteten Räume oder sonstiger Gebäudeteile nur zu dulden, soweit ihm dies zugemutet werden kann. Außerdem steht ihm dann ein, wenn auch eingeschränkter, Aufwendungsersatzanspruch zu. 21 1. Der Begriff der Verbesserungsmaßnahmen a) Abs 2 des § 541 a unterscheidet sich von Abs 1 nicht durch die Art der Maßnahmen und der von ihnen ausgehenden Einwirkungen. Der Unterschied liegt vielmehr allein in dem Zweck der Maßnahmen: Dienen sie der Erhaltung der Mieträume oder des Gebäudes in ihrem ursprünglichen wirtschaftlichen Bestand, so fallen sie unter Abs 1 mit der Folge, daß den Mieter eine unbeschränkte Duldungspflicht trifft. Dienen sie hingegen lediglich der Verbesserung der gemieteten Räume oder sonstiger Gebäudeteile, so ist Abs 2 anwendbar mit der Folge, daß der Mieter die Maßnahmen nur zu dulden braucht, wenn sie ihm zumutbar sind. 22 B7 § 541 a Abs 2 verfolgt ebenso wie sein Vorläufer, der § 28 a MSchG den Zweck, es dem Vermieter zu ermöglichen, das Gebäude zu modernisieren und modernen Ansprüchen anzupassen (BGH LM Nr 1 zu § 541 a BGB = NJW 1972, 723; S C H M I D T - F U T T E R E R , MietR aaO). Verbesserungsmaßnahmen sind deshalb sämtliche Maßnahmen, durch die objektiv der Gebrauchswert der vermieteten Räume oder der Substanzwert des Gebäudes erhöht wird. Den Gegensatz bilden auf Volker Emmerich

(772)

3. Titel. Miete. Pacht

§541 a 23-27

der einen Seite die Erhaltungsmaßnahmen iS des Abs 1, auf der anderen Seite die reinen Veränderungen der vermieteten Sache. Veränderungen in diesem Sinne sind zB anzunehmen, wenn ein Gebäude verdoppelt wird oder wenn die vermieteten Räume um rund 10% vergrößert werden (BGH aaO; LG Kiel SchlHA 1974, 122). In solchen Fällen kann folglich eine Duldungspflicht des Mieters nicht aus § 541 a hergeleitet werden (s u Rz 38). c) Umstritten ist, ob auch wesentliche Veränderungen der vermieteten Sache, zB 23 durch die Umgestaltung eines bisherigen Wohnraums in ein Bad, unter § 541 a Abs 2 fallen können (dafür PERGANDE § 541 a Anm 4 unter Berufung auf den Ausschußbericht; dagegen H A N S § 541 a Anm B 3 c; ROQUETTE § 541 a Rz 14). Das Gesetz sieht die Grenze der Duldungspflicht allein in der Zumutbarkeit für den Mieter. Nur im Rahmen der deshalb erforderlichen Interessenabwägung kann folglich berücksichtigt werden, ob es sich um wesentliche oder unwesentliche Veränderungen handelt. d) Die Frage, ob die betreffendenMaßnahmen tatsächlich der Verbesserung der 24 gemieteten Räume oder sonstigen Gebäudeteilen dienen, ist allein objektiv danach zu beurteilen, ob sich der Gebrauchswert der Räume oder der Substanzwert des Gebäudes nach der Verkehrsanschauung erhöht. Die abweichende subjektive Einstellung des einzelnen betroffenen Mieters spielt insoweit keine Rolle (wohl aber bei der Frage der Zumutbarkeit der Maßnahmen). e) Als Verbesserungsmaßnahmen kommen je nach den Umständen des Einzelfalles 25 die folgenden Maßnahmen in Betracht (vgl zB SCHMIDT-FUTTERER, MietR aaO): der Einbau, die Veränderung oder die Beseitigung von Zwischenwänden, Türen oder Fenstern; insbes der Einbau einer Etagen- oder Zentralheizung (s zum Streitstand LG Köln WuM 1978, 8 f; GLASER, Die Sammelheizung 118 ff m Nachw); die Umstellung einer Zentralheizung auf ein moderneres System, zB von Kohle auf ö l oder auf Erdgas (ebenfalls str, dafür zB LG Düsseldorf ZMR 1973, 81 f; LG Braunschweig FWW 1976, 26 f; dagegen zB eingehend KG OLGZ 1966, 149, 151 ff m zahlr Nachw); der Einbau eines Badezimmers mit Toilette (LG Köln WuM 1970, 41; LG Hamburg ZMR 1976, 145 = DWW 1976, 214); der Bau von Garagen auf dem Hof für die Mieter; die Verlegung eines neuen Fußbodenbelags; die Einziehung niedrigerer Decken; der Einbau moderner Schlösser oder von Leuchtdrückern im Treppenhaus; die Verstärkung der Steigleitungen, damit moderne Haushaltsgeräte angeschlossen werden können; der Bau einer Gemeinschaftsantenne; der Einbau eines Fahrstuhls oder einer Warmwasser-Versorgungsanlage; der Einbau von Rolläden und Steckdosen; der Einbau von Klingelanlagen, Sprechanlagen und Türöffnern; die Modernisierung der Beleuchtungsanlage; der Einbau moderner Waschmaschinen in die Waschküche uäm. £) § 541 a Abs 2 wird also sehr weit ausgelegt (ebenso ausdrücklich BGH LM Nr 26 1 zu § 541 a BGB). Doch müssen sich die Maßnahmen stets auf den vorhandenen Gebäudeteil beziehen (BGH aaO). Auch fallen bloße Verbesserungen des Aussehens oder eine Veränderung der vermieteten Sache niemals unter § 541 a Abs 2, deshalb zB nicht der Umbau eines Wohnhauses in ein gewerblich nutzbares Gebäude. 2. Die Zumutbarkeit für den Mieter 27 a) § 541 a Abs 2 soll dem Vermieter die Modernisierung seines Hauses ermöglichen, damit er wettbewerbsfähig bleibt (BGH LM Nr 1 zu § 541 a BGB). Diesem Interesse des Vermieters steht jedoch das gleichwertige Interesse des Mieters an der Erhaltung der vermieteten Sache in dem Zustand gegenüber, in dem er die Sache (773)

Volker Emmerich

§541 a 28-32

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

seinerzeit gemietet hat. Folglich können Modernisierungsmaßnahmen dem Vermieter nicht uneingeschränkt gestattet werden, sondern nur, wenn sie dem Mieter aufgrund einer umfassenden Interessenabwägung zumutbar sind (ebenso schon § 28 a MSchG). Deshalb kann keine Rede davon sein, der Mieter müsse Modernisierungsarbeiten des Vermieters uneingschränkt dulden; vielmehr ist davon auszugehen, daß der Mieter aufgrund des Mietvertrages grundsätzlich einen Anspruch darauf hat, daß die Sache in ihrem ursprünglichen, zum vertragsmäßigen Gebrauch bestimmten und geeigneten Zustand vom Vermieter erhalten wird (LG Hamburg ZMR 1976, 145 f = DWW 1976, 214). Eine Duldungspflicht des Mieters kann daher immer nur durch besondere und dringende Interessen des Vermieters an den Modernisierungsmaßnahmen begründet werden.* 28 b) Eine Duldungspflicht des Mieters besteht also nur, wenn im einzelnen sowohl die Durchführung der Modernisierungsmaßnahmen als auch der dadurch geschaffene Zustand für den Mieter zumutbar sind. Deshalb kann es durchaus so sein, daß für den Mieter zwar der vom Vermieter angestrebte Zustand, nicht jedoch die hierzu erforderlichen Maßnahmen zumutbar sind. In diesem Fall besteht keine Duldungspflicht. Außerdem muß der Vermieter von mehreren in Betracht kommenden Modernisierungsmaßnahmen stets diejenige wählen, bei der der Besitzstand des Mieters am wenigsten beeinträchtigt wird (LG Mannheim WuM 1975, 15). 29 Die Durchführung der Modernisierungsmaßnahmen ist dem Mieter zB unzumutbar, wenn der Vermieter im Winter die Fenster oder die Heizungsanlage auswechseln oder erneuern will (AG Köln WuM 1975 225; S C H M I D T - F U T T E R E R , MietR aaO). Dabei müssen stets auch die persönlichen Interessen und Verhältnisse des betroffenen Mieters berücksichtigt werden, da von dessen vertraglichem Anspruch auf Erhaltung der vermieteten Sache in dem ursprünglichen Zustand auszugehen ist. Daher besteht bei schwerer Invalidität des Mieters oder bei kurz bevorstehendem Vertragsende generell keine Pflicht zur Duldung von Modernisierungsarbeiten (LG Düsseldorf ZMR 1973, 81, 82; LG Hamburg ZMR 1976, 145 f; LG Köln WuM 1970, 41; AG Köln WuM 1975, 225; AG Osnabrück WuM 1977, 140; 1977, 167, 168), ebenso wenn der Vermieter zunächst die Unterlassung der Maßnahmen zugesagt hatte (LG Köln WuM 1978, 8 f). 30 Daher werden dem Mieter idR nur gewisse vorübergehende Beschränkungen des vertragsmäßigen Gebrauchs zumutbar sein. Ein vorübergehender Auszug oder auch nur eine Aufgabe mehrer Zimmer wird von ihm in aller Regel nicht verlangt werden können. 31 c) Da auch der durch die Modernisierungsmaßnahmen geschaffene Zustand für den Mieter zumutbar sein muß, wenn eine Duldungspflicht bestehen soll, braucht ein Mieter, der mit Absicht eine billige Wohnung gemietet hat, Modernisierungsarbeiten nicht zu dulden, wenn er sich später die dadurch teurer gewordene Wohnung nicht mehr leisten kann (aM AG Baden-Baden WuM 1978, 27). Dasselbe gilt für wiederholte Modernisierungsmaßnahmen (LG Kiel WuM 1977, 120; D E R L E D E R NJW 1975, 1677, 1679 f). 32 Bei der Interessenabwägung muß also stets berücksichtigt werden, daß Modernisierungsmaßnahmen zwar nicht notwendig, aber nach den § § 2 und 3 MHRG sehr häufig zu einer Erhöhung des Mietzinses führen können. Daher besteht insbes keine * Ebenso mit Recht LG Hamburg aaO; AG Lübeck WuM 1977, 182; DERLEDER NJW 1975,1677, 1679 f; HANS § 541 a Anm B 3 c; ROQUETTE § 541 a Rz 14; viel zu weitgehend hingegen LG Düsseldorf Z M R 1970, 2 6 9 f; M D R 1970, 9 3 1 ; PERGANDE § 5 4 1 a A n m 6 ; SCHOPP Z M R 1 9 6 5 ,

193, 196; PALANDT-PUTZO § 541 a Anm 3 a m Nachw; zurückhaltender hingegen ERMAN-SCHOPP § 541 a Rz 7; SCHMIDT-FUTTERER, MietR aaO; ders MDR 1970, 375.

Volker Emmerich

(774)

3. Titel. Miete. Pacht

§541 a 33-36

generelle Pflicht zur Duldung des nachträglichen Einbaus einer Zentralheizung (aM LG Düsseldorf MDR 1970, 931; LG Braunschweig FWW 1976, 26 f; PERGANDE § 541 a Anm 6). Denn es ist nicht einzusehen, wieso ein Mieter, der mit Absicht eine billige Wohnung ohne Zentralheizung gemietet hat, eine Verteuerung der Heizungskosten durch den Einbau einer Zentralheizung hinnehmen soll. Wenn der Vermieter beabsichtigt, eine Zentralheizung einzubauen, ist es ihm ohne weiteres zuzumuten, sich hierüber mit den Mietern zu einigen oder einen entsprechenden Vorbehalt in den Vertrag aufzunehmen. Die in § 3 MHRG für die Erhöhung des Mietzinses getroffenen Regelung ist daher ohne Einfluß auf die nach § 541 a Abs 2 erforderliche Interessenabwägung. Bei wesentlichen Veränderungen, zB infolge einer Verringerung der Raumzahl 33 durch Umbau eines Wohnraumes in ein Bad, besteht grundsätzlich keine Duldungspflicht (LG Hamburg ZMR 1976, 145 f = DWW 1976, 214 m Nachw; str). Auch die Interessen des Untermieters können schließlich der Durchführung von Modernisierungsmaßnahmen entgegenstehen, jedenfalls wenn der Vermieter mit der Untervermietung einverstanden war ( W E I M A R ZMR 1976, 33 f).

3. Die Gegenansprüche des Mieters

34

a) Der Erfüllungsanspruch des Mieters auf Erhaltung der ihm überlassenen Sache in einem zum vertragsmäßigen Gebrauch geeigneten Zustand (§§ 535 und 536) wird durch § 541 a Abs 2 nicht beeinträchtigt. Deshalb ist der Vermieter stets verpflichtet, nach Durchführung der Verbesserungsmaßnahmen alle hiermit verbundenen Beeinträchtigungen des vertragsmäßigen Gebrauchs des Mieters wieder zu beseitigen. b) Fraglich ist, ob Beeinträchtigungen des vertragsmäßigen Gebrauchs durch nach 35 § 541 a Abs 2 zu duldende Verbesserungsmaßnahmen einen Mangel iS der §§ 537 und 538 darstellen (bejahend ROQUETTE § 541 a Rz 20 ff). Die Frage ist wichtig vor allem für die Ersatzpflicht des Vermieters aufgrund des § 538 Abs 1 Fall 2 für alle dem Mieter durch die Verbesserungsmaßnahmen entstandenen Kosten und Schäden. Eine solche Ersatzpflicht des Vermieters läßt sich nur bejahen, wenn man annimmt, der Vermieter habe die durch die Verbesserungsmaßnahmen entstandenen Kosten und Schäden des Mieters trotz der Duldungspflicht des Mieters aufgrund des § 541 a Abs 2 iS der §§ 276 ff zu vertreten. Obwohl diese Annahme nicht unproblematisch ist, sprechen doch überwiegende Gründe für die Bejahung der Schadensersatzpflicht des Vermieters in den genannten Fällen. c) Der Gesetzgeber hat, wohl mit Rücksicht darauf, daß es zweifelhaft ist, ob der 36 Vermieter dem Mieter aufgrund des § 538 Abs 1 Fall 2 zum Schadensersatz verpflichtet ist, ergänzend in § 541 a Abs 2 Satz 2 eine eingeschränkte Aufwendungsersatzpflicht des Vermieters angeordnet. Der Vermieter muß hiernach alle Aufwendungen, die der Mieter infolge der Verbesserungsmaßnahmen machen mußte, dem Mieter in einem den Umständen nach angemessenen Umfang ersetzen. Als derartige Aufwendungen kommen insbes in Betracht: die Kosten für die vorübergehende Auslagerung der Möbel, die Kosten für die Erneuerung und Änderung der Dekoration (AG Dortmund WuM 1977, 205 f), die Kosten einer etwaigen Umstellung der Haushaltsgeräte, zB von Gas auf Strom oder Erdgas (aM PERGANDE § 541 a Anm 7). Fraglich ist hiernach, ob der Mieter auch Ersatz für etwa erforderlich gewordene neue Möbel oder für die gestiegenen Heizungskosten verlangen kann (verneinend PERGANDE aaO). Es ist jedoch nicht einzusehen, wieso dem Mieter nicht auch insoweit ein Ersatzanspruch gegen den Vermieter zustehen sollte. (775)

Volker Emmerich

§541 a 37-41

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

37 d) Der Mieter kann außerdem nach § 541 a Abs 2 S 2 HS 2 vor Durchführung der Maßnahmen vom Vermieter einen Vorschuß verlangen. Solange der Vermieter dessen Leistung ablehnt, braucht der Mieter die Durchführung der Maßnahmen nicht zu dulden (§ 273 Abs 1). 38 FV. Die Duldungspflicht des Mieters bei anderen Maßnahmen § 541 a begründet eine Duldungspflicht des Mieters nur bei Erhaltungs- und Verbesserungsmaßnahmen. Bei anderen Maßnahmen, namentlich bei reinen Veränderungen der vermieteten Sache zB durch eine wesentliche Vergrößerung des Gebäudes oder der vermieteten Räume kommt daher eine Duldungspflicht des Mieters nur unter ganz besonderen Umständen aufgrund des § 242 in Betracht, und zwar insbes dann, wenn ohne Durchführung der geplanten Maßnahmen die Wirtschaftlichkeit des Grundbesitzes gefährdet oder gar dessen Verlust zu befürchten wäre (BGH LM Nr 1 zu § 541 a BGB; LG Düsseldorf ZMR 1970, 269, 270 = MDR 1970, 848 f Nr 4 6 m A n m WEIMAR; SCHMIDT-FUTTERER, M i e t R a a O ) .

39 V. Der Einfluß der Verbesserungsmaßnahmen auf den Mietzins 1. Verbesserungsmaßnahmen iS des § 541 a Abs 2 liegen nur vor, wenn durch sie der Gebrauchswert der vermieteten Räume oder der Substanzwert des Gebäudes objektiv erhöht werden. Besonders deutlich ist dies etwa bei dem nachträglichen Einbau einer Zentralheizungsanlage oder einer Warmwasser-Versorgungsanlage. Trotz des dadurch deutlich erhöhten Mietwertes der Wohnung ziehen jedoch die Verbesserungsmaßnahmen nicht automatisch eine Erhöhung des Mietzinses nach sich. Ebensowenig liegt in der Zustimmung des Mieters zur Durchführung der Maßnahmen ohne weiteres auch die Zustimmung zu einer etwaigen Erhöhung des Mietzinses (LG Mannheim ZMR 1970, 208 Nr 16). Eine Erhöhung des Mietzinses setzt vielmehr grundsätzlich eine entsprechende Abänderung des ursprünglichen Mietvertrages durch beide Parteien voraus (s LG Braunschweig NJW 1973,1053 f). 40 2. Daneben eröffnet §3 MHRG dem Vermieter nach Durchführung baulicher Änderungen, die den Gebrauchswert der Mietsache nachhaltig erhöhen oder die allgemeinen Wohnverhältnisse auf Dauer verbessern, die Möglichkeit, einseitig die Miete um einen bestimmten Teil der von ihm aufgewendeten Kosten zu erhöhen (vgl auch für Sozialwohnungen die §§ 6 - 8 NMVO 1970). Diese Regelung ist nicht unproblematisch, weil sie bei umfangreichen oder wiederholten Modernisierungsmaßnahmen zu einer untragbaren Belastung des Mieters führen kann (s die Kritik v o n DERLEDER a a O ) .

41 VI. Abweichende Vereinbarungen Im Gegensatz zu den meisten anderen durch das 2. MietÄndG v 1964 ins B G B eingefügten Vorschriften ist § 541 a nicht zwingend. Deshalb sind abweichende Vereinbarungen auch zum Nachteil des Mieters möglich. In Betracht kommen vor allem eine Erweiterung der Duldungspflicht des Mieters auf alle Modernisierungsmaßnahmen, sowie ein Ausschluß des Schadensersatzanspruchs (§ 538) und des Aufwendungsersatzanspruchs des Mieters ( § 5 4 1 a Abs 2 S 2). Nicht zulässig ist jedoch bei Wohnraummietverhältnissen der Ausschluß der Minderung (§ 537 Abs 3). Weitergehende Schranken gelten für alle Formularverträge auf Grund der § § 9 u 11 Nr 7 u 10 AGBG: Danach haftet der Vermieter unbedingt für Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit. Der Aufwendungsersatzanspruch und die Minderung können nicht mehr ausgeschlossen werden. Volker Emmerich

(776)

3. Titel. Miete. Pacht

§§ 541 a, 542 42-44

VII. Prozessuales

42

1. In Ausnahmefällen, dh bei Vorliegen einer dringenden Gefahr, die anders nicht abgewendet werden kann, kann der Duldungsanspruch des Vermieters auch durch einstweilige Verfügung durchgesetzt werden (LG Frankfurt ZMR 1968, 141; 172 = M D R 1 9 6 8 , 3 2 8 N r 7 0 ; HANS § 5 4 1 a A n m B 7).

2. Die Beweislast für alle Voraussetzungen des Duldungsanspruchs trägt der Ver- 43 mieter. Der Mieter muß hingegen die Voraussetzungen des Aufwendungsersatzanspruchs (§ 541 a Abs 2 S 2) sowie eines etwaigen Schadensersatzanspruchs (§ 538) und der Mietzinsminderung (§ 537) beweisen (HANS aaO). Macht er gegenüber dem Duldungsanspruch des Vermieters ein Zurückbehaltungsrecht geltend, weil er Vorschuß verlangt, der Vermieter dessen Leistung aber verweigert hat, so ist er auch hierfür beweispflichtig. 3. Der Streitwert einer Klage des Vermieters auf Duldung von Modernisierungs- 44 maßnahmen berechnet sich nach der dadurch ermöglichten Mietzinserhöhung, nicht nach den Kosten der Maßnahme (§ 3 ZPO; § 10 GKG; LG Mannheim WuM 1976, 131 f).

§542 Wird dem Mieter der vertragsmäßige Gebrauch der gemieteten Sache ganz oder zum Teil nicht rechtzeitig gewährt oder wieder entzogen, so kann der Mieter ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist das Mietverhältnis kündigen. Die Kündigung ist erst zulässig, wenn der Vermieter eine ihm von dem Mieter bestimmte angemessene Frist hat verstreichen lassen, ohne Abhilfe zu schaffen. Der Bestimmung einer Frist bedarf es nicht, wenn die Erfüllung des Vertrages infolge des die Kündigung rechtfertigenden Umstandes für den Mieter kein Interesse hat. Wegen einer unerheblichen Hinderung oder Vorenthaltung des Gebrauchs ist die Kündigung nur zulässig, wenn sie durch ein besonderes Interesse des Mieters gerechtfertigt wird. Bestreitet der Vermieter die Zulässigkeit der erfolgten Kündigung, weil er den Gebrauch der Sache rechtzeitig gewährt oder vor dem Ablaufe der Frist die Abhilfe bewirkt habe, so trifft ihn die Beweislast. E I § 529; E II § 487 Abs 1; E III § 535; Mot II 418 ff; Prot II 229.

Schrifttum Die Mängelhaftung bei Kauf, Miete und Werkvertrag, JuS 1976, 1; E N N E C C E R U S (15. Bearb 1958) § 128 V; E S S E R - W E Y E R S II 1 § 15 I 1; G L A S E R , Teilkündigung von Mietverträgen hinsichtlich der überlassenen Einrichtungsgegenstände, NJW 1951, 301; GSCHNITZER, Die Kündigung nach deutschem und österreichischem Recht, JherJb 76 (1926) 317; H A S S O L D , Konkurrenzen zwischen den Gewährleistungsregeln des Mietrechts und dem allgemeinen Unmöglichkeitsrecht, NJW 1975, 1863; ders, Die Mängelhaftung im Mietrecht, JuS 1975, 550; L O N G A R D , Die fristlose Kündigung der §§ 542, 544 BGB - ein schwacher Rechtsbehelf, D J Z 1911, 332; MITTELSTEIN, Die Miete nach dem Rechte des deutschen Reiches (4. Aufl 1932) 315 ff; ders, Beiträge zum Mietrecht: Fristlose Kündigung einer Wohnung, SeuffBl 76, 504; M O L I T O R , Die Kündigung (2. Aufl 1951); N I E N D O R F S , Mietrecht nach dem BGB (10. Aufl 1914) 151 ff; S C H M I D T F U T T E R E R , MietR (7. Aufl 1976), s v Mängel V; ders, Miete und Pacht (2. Aufl 1974) 110 ff; STERNEL Wohnraummietrecht (1976) Tz III 88 ff; W E I M A R , Die Sachmängelhaftung im Mietrecht (1957) 23 ff; ders, Kündigung des Mieters wegen Nichtgewährung des Gebrauchs, MDR 1969,449.

BROX-ELSING, LEHMANN

(777)

Volker Emmerich

§542

1,2

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

Systematische Übersicht I. 1. 2. 3. 4.

Überblick 3. Die Erheblichkeit der Störung 18 Allgemeines 1 4. Die Fristsetzung 23 Der Erfüllungsanspruch des Mieters 3 Kündigung und Rücktritt 4 III. Kündigung 32 Das Rangverhältnis der verschiedenen Kündigungsgründe 6 IV. Schadensersatzansprüche 38

n . Die Voraussetzungen des Kündigungsrechts V. Der Ausschluß des Kündigungsrechts 40 7 1. Die Nichtgewährung des Gebrauchs 8 2. Die Gebrauchsentziehung 13 VI. Beweislast 44

Alphabetische Übersicht Abweichende Vereinbarungen 42

Kündigungsgründe 6 , 9 , 1 1

Beispiele 14 f Beweislast 44

Mieterinteresse 22, 27 Nichtgewährung des Gebrauchs i

Einzelfälle 34 f Entbehrlichkeit der Fristsetzung 27, 30 f Erfüllungsanspruch 3 Erheblichkeit der Störung 13, 18, 20 f Fixgeschäft 28 f Fristlose Kündigung 19 f Fristsetzung 23-27, 30 f Gebrauchsentziehung 13 Gestaltungsrecht 32 Gleichwertiger Ersatzraum 43 Kündigung 4 f, 32,39 Kündigungsausschluß 40 f Kündigungserklärung 36

Rechtsmangel 11,14 Rücktritt 4 Sachmangel 11,14 Schadensersatzansprüche 38 Umdeutung 37 vertragswidriger Gebrauch 10 Vormietrecht 17 Wahlrecht 4, 6 Wandlungsrecht 2 Zumutbarkeit 16

I. Überblick 1 1. Allgemeines Wenn der Vermieter seiner Verpflichtung, dem Mieter die Sache in einem zum vertragsmäßigen Gebrauch geeigneten Zustand zu überlassen, ganz oder teilweise nicht nachkommt, hat der Mieter in erster Linie den Erfüllungsanspruch gegen den Vermieter (§§ 535 und 536). Daneben stehen ihm grundsätzlich alle Rechte zu, die das Gesetz in den §§ 323 ff dem Gläubiger für den Fall der Nichterfüllung einräumt. An die Stelle dieser Vorschriften tritt jedoch, soweit es sich um Sach- oder Rechtsmängel handelt, nach Überlassung der Sache und zT auch schon vorher die Regelung der §§ 537 bis 541 (s im einzelnen die Vorbem zu § 537). Danach kommen als Rechtsbehelfe des Mieters vor allem die Minderung und der Anspruch auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung in Betracht. 2 Trotz der offenkundigen Parallelen zu den §§ 459 ff hat das Gesetz hier aber darauf verzichtet, dem Mieter ein Wandlungsrecht einzuräumen. Statt dessen wurde dem Volker Emmerich

(778)

3. Titel. Miete. Pacht

§542 3-6

Mieter durch die §§ 542 und 544 das Recht zur fristlosen Kündigung verliehen (vgl BROX-ELSING JUS 1 9 7 6 , 1, 3 ; HASSOLD JUS 1 9 7 5 , 5 5 0 , 5 5 2 ) . Damit war bezweckt, die Rechte des Mieters über die ihm nach den allgemeinen Vorschriften zustehenden Befugnisse hinaus zu erweitern, weil man davon ausging, daß das Rücktrittsrecht aufgrund der §§ 325 und 326 den Bedürfnissen des Mieters nicht genüge (Mot II 419).

2. Der Erfülhingsanspruch des Mieters

3

Aus dem Gesagten folgt zunächst, daß der Mieter auch in den Fällen der §§ 542 und 544 stets in erster Linie den Erfüllungsanspruch hat. Handelt es sich um einen Mangel, so stehen dem Mieter außerdem die in den §§ 537 und 538 bezeichneten Rechte zu. Ihre Geltendmachung für die Vergangenheit wird auch durch die Kündigung, die nur für die Zukunft wirkt, nicht ausgeschlossen. Selbst wenn also der Mieter aufgrund des § 542 (oder des § 544) kündigt, kann er für die Vergangenheit mit Rücksicht auf sein Minderungsrecht die Zahlung des Mietzinses ganz oder teilweise verweigern und außerdem unter den Voraussetzungen des § 538 Schadensersatz wegen Nichterfüllung verlangen. 3. Kündigung und Rücktritt

4

Aus dem Umstand, daß das Kündigungsrecht des § 542 das allgemeine Rücktrittsrecht aufgrund der §§ 325 und 326 verstärken soll, folgt, daß der Mieter in der Zeit zwischen Vertragsschluß und Überlassung der Sache die Wahl hat, ob er aufgrund der §§ 325 und 326 unter den dort bezeichneten Voraussetzungen zurücktritt oder nach § 542 kündigt. Denn auch das Kündigungsrecht aufgrund des § 542 kann schon vor Überlassung der Sache in der Zeit zwischen Vertragsschluß und Beginn des Mietverhältnisses ausgeübt werden (AG Jever NJW 1971,1086; PALANDT-PUTzo § 542 Anm 1 a; STERNEL TZ III 88; Vorbem 21 zu § 537). Verweigert also zB der Vermieter nach Vertragsschluß, aber noch vor Überlassung der Sache ernstlich und endgültig die Erfüllung, so kann der Mieter entweder nach § 326 vorgehen und Schadensersatz wegen Nichterfüllung verlangen oder zurücktreten; oder er kann sofort nach § 542 fristlos kündigen (OLG Braunschweig OLGE 13, 360 f; KG OLGE 13, 362 f). Sobald aber dem Mieter die Sache überlassen ist, tritt an die Stelle des Rücktritts- 5 rechts aufgrund der §§ 325 und 326 stets ausschließlich das Kündigungsrecht aufgrund der §§ 542 und 544 (Vorbem 23 zu § 537). Unberührt bleibt davon die Möglichkeit des Mieters, nach den §§ 325 und 326 Schadensersatz wegen Nichterfüllung zu verlangen. Hat jedoch keine der beiden Parteien die Unmöglichkeit zu vertreten, so gilt stets ausschließlich § 323. Nur § 324 ist schließlich anzuwenden, wenn der Mieter die Unmöglichkeit ganz oder überwiegend zu vertreten hat (s im einzelnen HASSOLD N J W 1975, 1863, 1866 f; HANS § 542 A n m B 1 b).

4. Das Rangverhältnis der verschiedenen Kündigungsgründe Es besteht keine Notwendigkeit, ein Rangverhältnis zwischen den §§ 542, 544 und 554 a anzunehmen (aM HANS § 542 Anm B 2 c). Liegen die Voraussetzungen mehrerer dieser Vorschriften vor, so hat der Mieter die Wahl, auf welche der verschiedenen in Betracht kommenden Vorschriften er seine Kündigung stützen will. Bei schwerwiegenden Vertragsverletzungen des Vermieters, die nicht zur Gebrauchsentziehung oder Störung führen, kann der Mieter jedoch allein nach § 554 a kündigen (ESSER II § 70 III 1). (779)

Volker Emmerich

6

§542 7-12

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

7 II. Die Voraussetzungen des Kündigungsrechts Erste Voraussetzung des Kündigungsrechts ist, daß dem Mieter der vertragsmäßige Gebrauch der gemieteten Sache ganz oder zT nicht rechtzeitig gewährt oder ganz oder teilweise wieder entzogen wird. Das Gesetz unterscheidet also die Fälle der Nichtgewährung und der Entziehung des Gebrauchs, ohne daß jedoch der Unterscheidung große praktische Bedeutung zukäme.

8 1. Die Nichtgewährung des Gebrauchs a) Schon aus dem Wortlaut des Gesetzes folgt, daß der Mieter auch in der Zeit vor Überlassung der Sache nach § 542 kündigen kann (zB OLG Kolmar OLGE 22, 289; AG Jever NJW 1971, 1086; s o Rz 4). Für eine Kündigung vor dem vereinbarten Zeitpunkt des Beginnes des Mietverhältnisses genügt jedoch die bloße Ungewißheit, ob der Vermieter erfüllen wird, noch nicht; vielmehr muß schon jetzt feststehen, daß zum Zeitpunkt des vereinbarten Beginnes des Mietverhältnisses ein Kündigungsgrund vorliegen wird (BGH LM Nr 1 zu § 542 BGB = ZMR 1960, 10 ff; LG Hamburg MDR 1974, 583 ff Nr 59; NIENDORFF aaO). 9 b) Kündigungsgrund ist der Umstand, daß dem Mieter der vertragsmäßige Gebrauch ganz oder zT nicht rechtzeitig gewährt wird. Maßstab ist also der dem Mieter aufgrund des Vertrags zustehende vertragsmäßige Gebrauch. Jedes Zurückbleiben der Leistung des Vermieters hinter diesem Maßstab rechtfertigt maW grundsätzlich eine fristlose Kündigung aufgrund des § 542. Der Grund der Nichterfüllung ist unerheblich; insbes kommt es nicht darauf an, ob der Vermieter den Grund zu vertreten hat, so daß der Mieter auch bei zufälliger Nichterfüllung kündigen kann (RGZ 98, 101, 103; BGH LM Nr 6 zu § 542 BGB = NJW 1974, 2233 = ZMR 1975, 185). 10 Nur der vertragswidrige Gebrauch genießt keinen Schutz; will der Mieter die Räume zu einem solchen vertragswidrigen Gebrauch in Besitz nehmen, so kann er folgerichtig bei Vorenthaltung nicht nach § 542 kündigen (RG GrundE 1936, 43). 11 Der Grund der völligen oder teilweisen Nichtgewährung des Gebrauchs wird idR ein Sach- oder Rechtsmangel sein (so schon Mot II 418 ff; ebenso BGH LM Nr 6 zu § 542 BGB; BGH WM 1967, 515, 517; KG OLGE 33, 304; BGH ZMR 1976,46; LG Frankfurt NJW 1977,1885; E S S E R - W E Y E R S aaO; B G B - R G R K - G E L H A A R , § 542 Rz 20); notwendig ist dies jedoch nicht. Neben dem Fehlen zugesicherter Eigenschaften kommt deshalb als weiterer Grund auch der Verzug mit der Überlassung der Sache in Betracht. Soweit die Verzögerung nicht schon zur Unmöglichkeit führt, konkurriert dann vor Überlassung der Sache § 326 mit § 542 (s o Rz 4 f). 12 Solange jedoch der Mieter aus Gründen, die in seiner Person liegen, am Mietgebrauch gehindert ist, kann er nicht wegen Nichtgewährung des Gebrauchs kündigen (vgl § 552); dies gilt selbst dann, wenn der Vermieter zugleich in einer die Gebrauchsgewährung ausschließenden Weise über die Mietsache verfügt hat. Anders jedoch, sobald der Mieter zu erkennen gibt, daß er die Mietsache wieder gebrauchen will und kann und der Vermieter dann nicht erfüllungsbereit ist (BGHZ 38, 295, 2 9 9 ff; B G H L M N r 3 zu § 5 4 2 B G B =

N J W 1 9 7 0 , 1 7 9 1 ; § 5 5 2 R z 4 3 ; ROQUETTE

§ 542 Rz 5). Ebensowenig steht es einer Kündigung zu einem zukünftigen Zeitpunkt aufgrund des § 542 entgegen, daß der Mieter die Sache zu diesem Zeitpunkt aus in seiner Person liegenden Gründen ohnehin nicht benutzt hätte, sofern er nur dazu imstande gewesen wäre (BGH LM Nr 3 zu § 542 BGB). Volker Emmerich

(780)

§542 3. Titel. Miete. Pacht

13-17

2. Die Gebrauchsentziehung

13

Der ganzen oder teilweisen Nichtgewährung des Gebrauchs steht die ganze oder teilweise Entziehung des Gebrauchs gleich. Abgesehen davon, daß die Gebrauchsentziehung begrifflich voraussetzt, daß dem Mieter der Gebrauch bereits überlassen ist, gilt für sie in jeder Hinsicht dasselbe wie für die Nichtgewährung des Gebrauchs. Maßstab ist also auch hier allein der vertragsmäßige Gebrauch. Jede Störung des Mieters in diesem Gebrauch ist maW eine die fristlose Kündigung nach § 542 rechtfertigende Entziehung des Gebrauchs (zB OLG Köln NJW 1972, 1814, A G Gelsenkirchen-Buer WuM 1978, 27, 28; AG Darmstadt WuM 1978, 29 f). Wichtigster Fall ist auch hier eine Störung des Mieters im vertragsmäßigen Gebrauch 14 durch das Auftreten eines Sach- oder Rechtsmangels. Als Beispiele kommen deshalb in Betracht: das Auftreten von Ungeziefer oder Ratten, Feuchtigkeit oder ungenügende Heizung der Räume (OLG München WuM 1959, 74; KG JW 1936, 678; RGZ 75, 354), die ungenügende Versorgung mit einwandfreiem Trink- oder Brauchwasser (RG GrundE 1934, 642), die Unnutzbarkeit der mitvermieteten Herde oder Öfen oder des mitvermieteten Badezimmers (KG JW 1934, 1430), das Fehlen zugesicherter Eigenschaften, das Auftreten unangenehmer Gerüche, bordellartige Zustände in einer Gastwirtschaft (BGH WM 1967, 515, 517; KG OLGE 10, 256 f), insbes die Störung des Mieters durch den Lärm des Vermieters, der Mitmieter oder Dritter (OLG Hamburg MDR 1972, 953 f), die Aufnahme Prostituierter in dem Hause (KG OLGE 10, 256), die Aufnahme eines Konkurrenzgeschäftes (KG OLGE 11, 139), vertragswidrige Veränderungen der Sache, durch die der Mietgebrauch beeinträchtigt wird, die Unterlassung der erforderlichen Ausbesserungen (Mot II 419), überhaupt jede Nichtgewährung des vertragsmäßigen Gebrauchs und deshalb zB auch die der Räume des Untervermieters nach Kündigung des Hauptvermieters, selbst wenn der Untermieter wohnen bleibt (BGHZ 63, 132, 138), ebenso deshalb alle Rechte Dritter, durch die dem Mieter der vertragsmäßige Gebrauch ganz oder teilweise entzogen wird (§ 541), namentlich also der Fall der Doppelmiete, ebenso eine erhebliche Behinderung des Zugangs zu den vermieteten Räumen, selbst wenn diese Behinderung nur vorübergehend ist (OLG Köln NJW 1972, 1814), weiter bes auch alle öffentlich-rechtlichen Beschränkungen und Verbote, die zu einem Mangel iS der §§ 537 und 538 führen (RGZ 88, 96,99; 98,101, 103; KG OLGE 33, 304), sowie schließlich zB das Verbot nächtlicher Damenbesuche (LG Duisburg WuM 1975, 123). Solange sich jedoch der Mieter im vertragsmäßigen Gebrauch der Sache befindet, 15 stellt die bloße Befürchtung einer zukünftigen Entziehung noch keinen Kündigungsgrund dar (MITTELSTEIN 316 m Nachw). Anders ist es, wenn durch die unmittelbar und ernsthaft bevorstehende Gebrauchsentziehung schon jetzt der Gebrauch der vermieteten Sache beeinträchtigt wird. Beispiele sind eine ernsthafte Einsturz- oder Feuerge/aAr oder die Verseuchung des Hauses (MITTELSTEIN, NIENDORFF aaO). Steht fest, daß zu einem bestimmten zukünftigen Zeitpunkt dem Mieter der Gebrauch entzogen werden wird, so kann auch schon zu diesem Zeitpunkt im voraus gekündigt werden. § 542 ist früher häufig entsprechend angewendet worden, wenn dem Mieter wegen 16 Tätlichkeiten oder Beleidigungen des Vermieters oder Dritter die Fortsetzung des Mietverhältnisses nicht mehr zumutbar war (KG OLGE 16, 422; OLG Frankfurt Recht 1910 Nr 3735; Voraufl Rz 19). Heute greift jedoch in derartigen Fällen ohne weiteres § 554 a ein (s o Rz 6). Steht dem Mieter ein Vormietrecht hinsichtlich weiterer Räume zu, so gibt die 17 Vereitelung dieses Rechts dem Mieter kein Kündigungsrecht aus § 542 hinsichtlich des ursprünglichen Mietvertrages; nach Ausübung des Vormietrechts kann der (781)

Volker Emmerich

§542 18-23

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

Mieter wegen Nichtgewährung des Gebrauchs also nur den neuen Mietvertrag kündigen (BGH LM Nr 4 zu § 554 a BGB = ZMR 1974, 375, 377). 18 3. Die Erheblichkeit der Störung Nach § 542 Abs 2 ist die Kündigung wegen einer unerheblichen Hinderung oder Vorenthaltung des Gebrauchs nur zulässig, wenn sie durch ein besonderes Interesse des Mieters gerechtfertigt wird. 19 a) Das Recht zur fristlosen Kündigung stellt einen außerordentlich weitgehenden Rechtsbehelf des Mieters bei Nichtgewährung oder Entziehung des Gebrauchs dar. Um einen Mißbrauch dieses Rechtes zu verhindern, hatte deshalb schon die erste Kommission das Kündigungsrecht auf den Fall einer erheblichen Störung des Mieters im vertragsmäßigen Gebrauch beschränkt (Mot II 420). 20 Ob eine Störung in diesem Sinne erheblich ist, läßt sich stets nur nach den Umständen des Einzelfalles beurteilen (s im einzelnen insbes MITTELSTEIN 317 ff; NIENDORFF 157 ff). In Betracht kommen hierbei zunächst der Umfang des von der Störung betroffenen Teils der gemieteten Sache, insbes die Zahl der von der Störung betroffenen Räume, sodann Art und Intensität der Störung, sowie schließlich deren Dauer, wobei ergänzend stets der Zweck zu berücksichtigen ist, zu dem der Mieter nach dem Vertrag die Sache gemietet hat. Da der Mieter einen Anspruch auf den vertragsmäßigen Gebrauch hat, ist davon auszugehen, daß grundsätzlich jede Störung des Mieters in diesem Gebrauch erheblich iS des § 542 Abs 2 ist. Namentlich das Fehlen zugesicherter Eigenschaften wird hiernach den Mieter wohl stets zur fristlosen Kündigung berechtigen. 21 Hingegen kann eine unerhebliche Störung angenommen werden, wenn sich die Überlassung der Sache um eine kurze Frist verzögert, wenn einzelne Fenster schlecht schließen oder ein Zimmer von vielen noch nicht renoviert ist, wenn dem Mieter nur ein kleiner Raum vorenthalten wird (BGH LM Nr 3 zu § 542 BGB), wenn der Mieter gewerblicher Räume auf eine andere Toilette verwiesen wird (OLG Köln MDR 1960, 498 f Nr 79) oder wenn ein Balkon nicht dauernd benutzt werden kann (LG Köln WuM 1975, 167). 22 b) Selbst wenn hiernach eine nur unerhebliche Störung vorliegt, ist die fristlose Kündigung doch zulässig, wenn sie durch ein besonderes Interesse des Mieters gerechtfertigt wird (§ 542 Abs 2). Insoweit kommt es nicht auf die subjektiven Vorstellungen des Mieters an; vielmehr muß das besondere Interesse des Mieters auch objektiv gerechtfertigt sein, wobei aber natürlich von dem Zweck auszugehen ist, dem die Sache nach dem Vertrag dienen soll. Deshalb kann zB ein Geistesarbeiter, der eine absolute ruhige Wohnung gemietet hat, auch schon bei geringen Lärmbelästigungen fristlos kündigen, selbst wenn ihm absolute Ruhe nicht vertraglich zugesichert sein sollte. Ebenso kann bei einer großen Familie des Mieters auch schon das Fehlen eines einzigen kleinen Abstellraumes zur fristlosen Kündigung berechtigen (NIENDORFF 162).

23 4. Die Fristsetzung Die fristlose Kündigung ist nach § 542 Abs 1 S 2 grundsätzlich erst zulässig, wenn der Vermieter eine ihm von dem Mieter bestimmte angemessene Frist hat verstreichen lassen, ohne Abhilfe zu schaffen. Nur wenn die Erfüllung des Vertrags infolge des die Kündigung rechtfertigenden Umstandes für den Mieter kein Interesse mehr hat, ist die Fristsetzung entbehrlich (§ 542 Abs 2 S 3). Volker Emmerich

(782)

§542 3. Titel. Miete. Pacht

24-30

a) Das erst von der 2. Kommission eingeführte Erfordernis einer Fristsetzung (s 24 Prot II 229) soll dem Vermieter noch eine letzte Gelegenheit zur Erfüllung geben (entspr § 326 Abs 1). In der Fristsetzung, die durch formlose empfangsbedürftige Willenserklärung geschieht, müssen deshalb die zu beseitigende Störung und die dafür gesetzte Frist genau bezeichnet werden ( N I E N D O R F F 153 ff). Die Länge der zu setzenden Frist hängt von den Umständen, insbes davon ab, wieviel Zeit der Vermieter für die Abhilfe auch bei Anspannung aller Kräfte benötigt. Ist kurzfristige Abhilfe möglich, so genügt auch das Verlangen nach sofortiger oder unverzüglicher Abhilfe (RGZ 75, 354; KG OLGE 9, 2; 10, 256 f). Für die Wiederherstellung einer von Dieben erbrochenen Wohnungstür wird noch eine Frist von einem Tag als angemessen anzusehen sein, während für die Reinigung eines Zimmers von Ungeziefer dem Vermieter eine Frist von wenigen Tagen gesetzt werden kann. Ist die von dem Mieter gesetzte Frist zu kurz, so ist die Fristsetzung nicht etwa unwirksam; an ihre Stelle tritt vielmehr eine angemessene Frist, die notfalls durch Urteil bestimmt werden muß (s im einzelnen MITTELSTEIN 321 ff). Eine Aufforderung zur Beseitigung der Störung ist hingegen ebenso entbehrlich wie 25 die Androhung einer fristlosen Kündigung nach fruchtlosem Ablauf der Frist. Die bloße Setzung einer „angemessenen" Frist genügt jedoch nicht, weil sie zu unbestimmt ist. Setzt der Mieter dem Vermieter eine an sich zu lange Frist, so ist der Mieter doch hieran gebunden, so daß er nicht etwa schon nach Ablauf der angemessenen Frist, sondern erst nach Ablauf der von ihm selbst gesetzten Frist kündigen kann. Die Fristsetzung ist widerruflich. Erfolgt der Widerruf, so gilt sie als nicht erfolgt, so 26 daß auch eine Kündigung nicht mehr möglich ist. Eine Fristsetzung ist in zahlreichen Fällen entbehrlich ( N I E N D O R F 1 5 5 ff), nach § 5 4 2 27 Abs 1 S 3 namentlich dann, wenn die Erfüllung des Vertrages infolge des die Kündigung rechtfertigenden Umstandes für den Mieter kein Interesse mehr hat. Ein solcher Fall wird insbes in Betracht kommen, wenn der Mieter auf promte Erfüllung angewiesen war und sich, als der Vermieter nicht rechtzeitig erfüllte, anderweitig beholfen hat oder wenn der Vertragszweck jetzt nicht mehr erreichbar ist. Die genannten Fälle weisen eine deutliche Parallele zum Fixgeschäft mi. Der einzige 28 Unterschied ist der, daß beim absoluten wie beim relativen Fixgeschäft die besondere Bedeutung des Zeitmoments auf den Abreden der Parteien beruht, während im Falle des § 542 Abs 1 S 3 schon ein objektiv gegebenes, besonderes Interesse des Mieters namentlich an der Rechtzeitigkeit der Leistung für die fristlose Kündigung ausreicht (vgl § 3 2 6 Abs 2 und dazu EMMERICH, in: Grundlagen des Vertrags- und Schuldrechts [ 1 9 7 4 ] 4 1 0 ) . Liegt ein relatives Fixgeschäft vor, so ergibt sich hiernach die Kündigungsbefugnis 29 des Mieters ohne Rücksicht auf § 542 schon aus dem entsprechend anwendbaren § 361 (ebenso schon Mot II 420). Bei einem absoluten Fixgeschäft führt hingegen die Verzögerung ohne weiteres jedenfalls zur teilweisen Unmöglichkeit. So wird es sich idR bei der Raummiete verhalten. Hinsichtlich des ganzen Vertrages kann dann der Mieter entweder nach § 325 Abs 1 S 2 unter den dort genannten Voraussetzungen zurücktreten oder nach § 542 fristlos kündigen. Eine Fristsetzung ist außerdem - ebenso wie bei § 326 Abs 1 - entbehrlich, wenn 30 der Vermieter die Erfüllung ernstlich und endgültig verweigert, weil dann die Fristsetzung eine sinnlose und leere Formalität wäre (KG OLGE 33, 304; BGH ZMR 1976, 46); ebenso wenn eine Abhilfe mit Rücksicht auf die Art der Störung von vornherein unmöglich ist (RGZ 94, 29; 98, 101, 103; BGH WM 1967, 515, 517; OLG Köln NJW 1972, 1814, 1815; AG Jever NJW 1971, 1086). (783)

Volker Emmerich

§542 31-36

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

31 Eine Fristsetzung ist außerdem entbehrlich, wenn die Abhilfe eine übermäßige, dem Mieter nicht zumutbare Zeit in Anspruch nähme oder mit für den Mieter unzumutbaren Belästigungen verbunden wäre (s RGZ 94, 29). Ein Beispiel ist die Zerstörung eines großen Teiles des vermieteten Gebäudes durch einen Brand, wenn der Wiederaufbau längere Zeit dauerte (KG JW 1930, 2975; OLG Breslau JW 1929, 3256). Eine ähnliche Lage wird sich idR bei behördlichen Verboten oder Beschränkungen des Gebrauchs ergeben. Schließlich findet sich noch eine Ausnahme von § 542 hinsichtlich der Notwendigkeit einer Fristsetzung in § 544 (s BGHZ 29, 289, 295). 32 m . Kündigung Unter den genannten Voraussetzungen (s o Rz 7 ff) kann der Mieter ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist, dh fristlos, das Mietverhältnis kündigen (§ 542 Abs 1 S 1). Das Kündigungsrecht ist ein Gestaltungsrecht, so daß der Mieter in der Entscheidung, ob er nach fruchtlosem Ablauf der Frist kündigen will oder nicht, völlig frei ist. Er kann auch auf die Kündigung verzichten. Ebenso steht es in seinem Belieben, ob er tatsächlich fristlos kündigen will. Er kann daher statt dessen auch mit einer angemessenen Frist kündigen, namentlich wenn er sich eine andere Wohnung suchen will (RGZ 75,354; 82, 363, 373; RG HRR 1934 Nr 317; MITTELSTEIN 324). 33 Die Kündigung braucht auch nicht sofort nach fruchtlosem Ablauf der Frist zur Abhilfe erklärt zu werden. Eine unerhebliche Verzögerung der Erklärung schadet auf keinen Fall. Auf der anderen Seite darf der Mieter den Vermieter aber auch nicht ungebührlich lange im unklaren darüber lassen, ob er jetzt von seinem Kündigungsrecht Gebrauch machen will oder nicht. Verzögert der Mieter die Erklärung in treuwidriger Weise, so verwirkt er deshalb sein Kündigungsrecht (RGZ 82, 363; BGH WM 1967, 515, 517; OLG Hamburg OLGE 20, 105 f; S O E R G E L MEZGER § 5 4 2 R z 1 3 ; NIENDORFF 1 6 6 ) .

34 Streitig ist, ob der Mieter sein Kündigungsrecht verliert, wenn der Vermieter zwar nach Ablauf der Frist, aber noch vor Ausübung des Kündigungsrechts durch den Mieter, Abhilfe schafft (für Verlust zB MITTELSTEIN 324 f; dagegen zB N I E N D O R F F 165; S O E R G E L - M E Z G E R aaO m Nachw). Hat der Mieter nach Ablauf der Frist dadurch, daß er die Kündigung nicht sofort ausgesprochen hat, zu erkennen gegeben, daß er ein, wenn auch möglicherweise nur noch geringes Interesse an der Erfüllung hat, so wird man dem Vermieter nicht verwehren können, jetzt noch Abhilfe zu schaffen mit der Folge, daß der Mieter das Kündigungsrecht verliert. Die Entscheidung hängt jedoch stets maßgebend von den Umständen des Einzelfalles ab (ähnlich OLG Frankfurt JW 1918, 107). 35 Ebenso umstr ist die Rechtslage, wenn der Mieter nach Ausspruch der Kündigung und nach Ablauf der möglicherweise von ihm gesetzten Kündigungsfrist wohnen bleibt. Da eine einseitige Rücknahme der Kündigung nicht möglich ist (aM N I E N DORFF 167 f), kann hierin in Verbindung mit dem Verhalten des Vermieters nur eine stillschweigende Verlängerung des Mietvertrages gesehen werden; auch die Anwendung des § 568 kommt in Betracht (s MITTELSTEIN 324 f; S O E R G E L - M E Z G E R § 542 Rz 15). 36 In der Kündigungserklärung muß der Wille zur sofortigen oder alsbaldigen Beendigung des Mietverhältnisses aus den in der Fristsetzung genannten Gründen eindeutig zum Ausdruck kommen; hingegen ist die Verwendung des Begriffs der fristlosen Kündigung - selbstverständlich - nicht erforderlich. Bei Mietverhältnissen über Wohnraum bedarf die Kündigung außerdem der schriftlichen Form (§ 564 a Abs Volker Emmerich

(784)

3. Titel. Miete. Pacht

§542 37-42

1 S 1). Außerdem sollen in dem Kündigungsschreiben die Gründe der Kündigung angegeben werden (§ 564 a Abs 1 S 2). Liegen die Voraussetzungen des § 542 jedoch nicht vor, so kann die fristlose 37 Kündigung nur in Ausnahmefällen in eine ordentliche Kündigung unter Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfrist umgedeutet werden, nämlich grundsätzlich nur dann, wenn aus der Kündigungserklärung für den Vermieter ohne weiteres eindeutig erkennbar war, daß der Mieter das Mietverhältnis auf jeden Fall, notfalls auch unter Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfrist, beenden wollte (LG Essen ZMR 1969, 309; LG Mannheim M D R 1970, 240 Nr 56 = WuM 1970, 26; WEIMAR Z M R 1967, 6; STERNEL TZ I I I 8 7 ) .

IV. Schadensersatzansprüche 38 Durch die Kündigung wird das Recht des Mieters, für die Vergangenheit die ihm aus den §§ 537 und 538 zustehenden Rechte geltend zu machen, nicht berührt. Namentlich ein schon entstandener Schadensersatzanspruch bleibt bestehen, selbst wenn die Umstände, aus denen sich der Schaden ergibt, erst nach der Kündigung eintreten (NIENDORFF 1 6 8 ff). Unter den Voraussetzungen des § 5 3 8 kann somit der Mieter auch für den ihm gerade erst durch die Kündigung entstehenden Schaden Ersatz von dem Vermieter verlangen. Hauptbeispiel sind die Umzugskosten (aM zu Unrecht KG JW 1 9 3 4 , 1 4 3 0 ) , sowie der etwaige höhere Mietzins für eine Ersatzwohnung (s LG Heidelberg WuM 1977, 200 f). Nur wenn die Kündigung wegen eines Umstandes erfolgt, der keinen Mangel iS der 39 §§ 537 und 541 darstellt, kommt es außerdem darauf an, ob der Vermieter die Kündigung zu vertreten hat (positive Vertragsverletzung; RGZ 64, 381, 383; 76, 367, 369; BGH LM Nr 4 zu § 554 a BGB; OLG Augsburg LZ 1915, 1398 f; LARENZ II § 4 8 I I I b ; MITTELSTEIN 3 3 1 f ; ROQUETTE § 5 4 2 R z 1 4 f ; HANS § 5 4 2 A n m

B 1 c).

V. Der Ausschluß des Kiindigungsrechts 40 Das Kündigungsrecht ist zunächst nach § 543 unter den in den §§ 539 bis 541 genannten Voraussetzungen ausgeschlossen, bei Sachmängeln also in den 3 Fällen des § 539, bei Rechtsmängeln jedoch nur bei positiver Kenntnis des Mieters schon bei Vertragsschluß. Insoweit schadet mehreren Mietern schon die Kenntnis eines einzigen Mieters bei Vertragsschluß (BGH LM Nr 5 zu § 539 BGB). Das Kündigungsrecht ist außerdem ausgeschlossen, wenn der Mieter die Störung allein oder überwiegend zu vertreten hat (§ 324 Abs 1 BGB; BGH Betrieb 1976, 1147 f; NIENDORFF 1 6 2 ff). Dasselbe ist anzunehmen, wenn er den Vermieter vertragswidrig an der Abhilfe hindert (§ 242) (RG JW 1911, 359 Nr 5) oder wenn er nach § 541 a zur Duldung der Einwirkungen verpflichtet ist. Anders im letzteren Falle jedoch, wenn der Vermieter eigenmächtig vorgeht. Streitig ist die Rechtslage, wenn der Mieter selbst durch eine Anzeige das behörd- 41 liehe Einschreiten ausgelöst hat. Es besteht jedoch kein Anlaß, dem Mieter in einem solchen Fall das Kündigungsrecht zu verwehren, da die Anzeige in jeder Hinsicht rechtmäßig ist (vgl aber KG OLGE 28, 140). Das Kündigungsrecht kann durch Vereinbarung der Parteien ausgeschlossen oder 42 beschränkt werden. Nur bei einem Mietverhältnis über Wohnraum ist eine von § 542 abweichende Vereinbarung unwirksam (§ 543 S 2). Durch AGB und Formularverträge kann § 542 generell nicht mehr abbedungen werden (§ 11 Nr 8 lit (785)

Volker Emmerich

§§ 542, 543 43, 44; 1 - 3 a

AGBG;

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse BUB D W W

1977,

76,

80;

L Ö W E - G R A F VON

WESTPHALEN-TRINKNER,

A G B G § 11 N r 8 R z 5).

43 Fraglich ist, ob der Vermieter das Kündigungsrecht durch das Angebot gleichwertigen Ersatzraums abwenden kann (dafür zB LEONHARD II 149). Eine solche Befugnis des Vermieters wird indessen allenfalls bei der Vermietung vertretbarer beweglicher Sachen in Betracht kommen. 44 VI. Beweislast Im Streitfalle muß der Mieter alle Voraussetzungen des § 542 behaupten und ggf beweisen. Demgegenüber trifft den Vermieter nach § 542 Abs 3 die Beweislast dafür, daß er den Gebrauch der Sache rechtzeitig gewährt oder vor Fristablauf Abhilfe geschaffen habe. Ist streitig, ob die Störung erheblich oder unerheblich iS des § 542 Abs 2 ist, so trifft die Beweislast ebenfalls den Vermieter, weil grundsätzlich von der Erheblichkeit der Störung und damit von dem Kündigungsrecht des Mieters auszugehen ist.

§543 Auf das dem Mieter nach § 542 zustehende Kiindigungsrecht finden die Vorschriften der §§ 539 bis 541 sowie die für die Wandelung bei dem Kauf geltenden Vorschriften der §§ 469 bis 471 entsprechende Anwendung. Bei einem Mietverhältnis über Wohnraum ist eine Vereinbarung, durch die das Kündigungsrecht ausgeschlossen oder eingeschränkt wird, unwirksam. E I § 530; E II § 487 Abs 3; E III § 536; 2. Gesetz zur Änderung mietrechtlicher Vorschriften vom 14. 7. 1964 (BGBl I 457) Art I Nr 4; Mot II 421; Prot II 229 f.

1 § 543 regelt in der ihm durch das 2. Mietrechtsänderungsgesetz von 1964 gegebenen Fassung nur noch zwei Fragen, nämlich einmal die Frage, wann das dem Mieter durch § 542 eingeräumte Kündigungsrecht ausgeschlossen ist (s dazu § 542 Rz 40 f), zum anderen die Frage, wann eine teilweise Kündigung möglich ist. Insoweit verweist das Gesetz auf die entsprechend anwendbaren §§ 469 bis 471. 2 1. Ein Mietvertrag kann grundsätzlich nur einheitlich gekündigt werden. Eine teilweise Kündigung, wie sie hier § 543 durch Verweisung auf die §§ 469 bis 471 zuläßt, ist deshalb die Ausnahme und folglich nur unter engen Voraussetzungen anzunehmen (AG Solingen WuM 1976, 161 f; GLASER NJW 1951, 301; ROQUETTE § 543 Rz 8; aM früher RGZ 114, 243, 245 f). 3 2. § 469 regelt den Fall, daß von mehreren vermieteten Sachen nur einzelne mangelhaft sind. Nach § 469 S 1 kann dann der Mieter grundsätzlich nur hinsichtlich der mangelhaften Sachen kündigen; sind jedoch die Sachen als zusammengehörend vermietet, so kann jeder Teil verlangen, daß die Kündigung auf sämtliche Sachen erstreckt wird, sofern die mangelhaften Sachen nicht ohne Nachteil für ihn von den übrigen getrennt werden können. Ein solcher Fall wird wohl nur bei der Vermietung mehrerer, vertretbarer, beweglicher Sachen in Betracht kommen. Denn bei der Grundstücksmiete ist grundsätzlich davon auszugehen, daß das Grundstück bzw sämtliche vermieteten Räume eine Einheit bilden, so daß sich die Kündigung nur auf den ganzen Vertrag erstrecken kann ( R O Q U E T T E aaO; ebenso OLG Celle MDR 1964, 924; LG Oldenburg ZMR 1960, 170; aM RG aaO). Deshalb kann zB bei der Vermietung einer Wohnung mit Garage die Kündigung nicht auf die Garage Volker Emmerich

(786)

3. Titel. Miete. Pacht

§§ 543, 544 4,5;1

beschränkt werden (AG Köln ZMR 1971, 134 Nr 15; AG Waiblingen ZMR 1977, 237 f). 3. Nach § 470 erstreckt sich die Kündigung wegen eines Mangels der Hauptsache 4 stets auch auf die Nebensache, dh hier auf das mitvermietete Zubehör usw. Umgekehrt soll bei bloßer Mangelhaftigkeit der Nebensache nur wegen dieser die Kündigung möglich sein (§ 470 S 2). Bei der Grundstücksmiete erscheint es jedoch ausgeschlossen, daß der Mieter bei Mangelhaftigkeit des Zubehörs oder der mitvermieteten Räumlichkeiten oder Gebäudeteile seine Kündigung auf diese Teile beschränken könnte; entgegen § 471 S 2 wird also in derartigen Fällen die Kündigung stets den ganzen Vertrag erfassen (MITTELSTEIN 326; R O Q U E T T E § 543 Rz 9; H A N S § 543 Anm B 3 b). Soweit hiernach ausnahmsweise eine teilweise Kündigung möglich ist, ist nach § 471 5 der Mietzins verhältnismäßig herabzusetzen.

§544 Ist eine Wohnung oder ein anderer zum Aufenthalte von Menschen bestimmter Raum so beschaffen, daß die Benutzung mit einer erheblichen Gefährdung der Gesundheit verbunden ist, so kann der Mieter das Mietverhältnis ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist kündigen, auch wenn er die gefahrbringende Beschaffenheit bei dem Abschlüsse des Vertrags gekannt oder auf die Geltendmachung der ihm wegen dieser Beschaffenheit zustehenden Rechte verzichtet hat. E II § 488; E III § 537; Prot II 230 ff.

Schrifttum Miete und Polizei ( 1 9 0 6 ) ; MITTELSTEIN, Die Miete nach dem Rechte des deutschen Reiches Aufl 1 9 3 2 ) 3 3 3 ff; NIENDORFF, MietR 1 7 0 ff; SCHÄFER, Das außerordentliche Kündigungsrecht des Mieters wegen Gesundheitsschädlichkeit der Wohnung, SeuffBl 67 (1902) 257 ff; WEIMAR, Die gesundheitsgefährdende Wohnung, ZMR 1960, 226; ders, Die Sachmängelhaftung im Mietrecht ( 1 9 5 7 ) 2 5 ff; WIETHAUP, Rechtsfragen des Schallschutzes im Verhältnis des Wohnungsvermieters zu seinem Mieter, ZMR 1 9 7 5 , 2 5 7 ; WÖRBELAUER, Anm N J W 1 9 5 9 , 1 4 2 4 ff.

BERADT, (4.

Systematische Übersicht I. Überblick 1

i n . Kündigung 17

n . Die Voraussetzungen des Kündigungs rechts 7 1. Die betroffenen Räume 8

IV. Der Ausschluß des Kündigungsrechts 1. Der Ausschluß kraft Gesetzes 22 2. Abweichende Vereinbarungen 24 V. Beweislast 25

I. Überblick

1

Die Vorschrift ist erst von der 2. Kommission in das Gesetz eingefügt und vom Reichstag noch erweitert worden. Mit ihr wurde vor allem der sozialpolitische Zweck verfolgt, auch mit den Mitteln des Zivilrechts einen Beitrag zu der dringed erforderlichen Verbesserung der Wohnverhältnisse namentlich der Arbeitnehmer zu leisten; außerdem versprach man sich von der bloßen Existenz der Vorschrift einen gewissen Druck auf die Vermieter, die Wohnungen besser zu gestalten (Prot II 232; ebenso BGHZ 29, 289, 294 f). (787)

Volker Emmerich

§544 2-8

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

2 Dementsprechend ist auch heute noch der Zweck der Vorschrift in erster Linie in dem Schutz des öffentlichen Interesses an der allgemeinen Volksgesundheit zu erblicken. Geschützt sind deshalb nicht nur der Mieter, sondern auch dessen Angehörigen, sowie dessen Arbeitnehmer. § 544 enthält jedoch kein gesetzliches Verbot, so daß er nicht als Schutzgesetz zugunsten der genannten Personen interpretiert werden kann (§ 823 Abs 2). 3 § 544 steht in engstem Zusammenhang mit den §§ 542 und 543 (BGH aaO). Seine Funktion erschöpft sich im Grunde in der Anordnung, daß in den hier geregelten Fällen die fristlose Kündigung abweichend von § 542 keine Fristsetzung voraussetzt und daß abweichend von § 543 weder eine Kenntnis des Mangels bei Vertragsschluß noch ein vertraglicher Ausschluß des Kündigungsrechts dem Mieter schaden. Daraus folgt zugleich, daß der Mieter nicht gezwungen ist, in den hier geregelten Fällen seine Kündigung auf § 544 zu stützen, sondern stets auch statt dessen nach § 542 oder nach § 565 und ggf auch nach § 554 a kündigen kann. 4 Unberührt bleiben außerdem die sonstigen Rechte des Mieters. Er hat also nicht nur stets den Erfüllungsanspruch gegen den Vermieter, sondern kann auch für die Vergangenheit Minderung geltend machen (§ 537) und Schadensersatz wegen Nichterfüllung verlangen (§ 538). Der Ersatzanspruch erfaßt dabei stets auch die durch die Kündigung verursachten Kosten, namentlich die Kosten des Umzugs und einer teureren Ersatzwohnung (LG Mannheim MDR 1969, 313 f = WuM 1969,41 = ZMR 1969, 171 Nr 19). Kommt es zu einer Gesundheitsbeschädigung, so kann der Vermieter außerdem aus § 823 Abs 1 ersatzpflichtig sein. In allen diesen Fällen kann jedoch in der Unterlassung oder Verzögerung der Kündigung nach § 544 je nach den Umständen des Falles auch ein mitwirkendes Verschulden des Mieters liegen (AG Köln WuM 1973, 41, 43; E R M A N - S C H O P P § 544 Rz 7; P A L A N D T - P U T Z O § 544 Anm 1). 5 § 544 gilt grundsätzlich auch für die Pacht (§ 581 Abs 2; str), bei der Pacht landwirtschaftlicher Grundstücke jedoch nur, wenn infolge der Gesundheitsschädlichkeit der Wohnräume eine ordnungsmäßige Bewirtschaftung des Grundstücks unmöglich oder doch wesentlich erschwert ist (OLG Celle MDR 1964, 924 Nr 47). 6 Besteht zwischen den Parteien Streit über das Vorliegen und die Art der Mängel, so kann der Mieter die Kosten eines von ihm eingeholten Sachverständigengutachtens von dem Vermieter nur unter den Voraussetzungen des § 538 ersetzt verlangen (str; weitergehend MITTELSTEIN 340 f m Nachw).

7 II. Die Voraussetzungen des Kiindigungsrechts Der Mieter kann fristlos kündigen, wenn eine Wohnung oder ein anderer zum Aufenthalt von Menschen bestimmter Raum so beschaffen ist, daß deren Benutzung mit einer erheblichen Gesundheitsgefahr verbunden ist.

8 1. Die betroffenen Räume Es muß sich um eine Wohnung oder um einen anderen zum Aufenthalt von Menschen bestimmten Raum handeln. Maßgebend dafür ist stets die vertragliche Zweckbestimmung der Räume, nicht deren tatsächliche Nutzung. Diese kommt stets nur als Anhaltspunkt für die vertragliche Zweckbestimmung in Betracht. Wohnräume liegen demnach vor, wenn Räume zu Wohnzwecken vermietet werden (s Vorbem zu §§ 535, 536 Rz 24 ff m Nachw). Volker Emmerich

(788)

§544 3. Titel. Miete. Pacht

9-13

Ein anderer zum Aufenthalt von Menschen bestimmter Raum ist anzunehmen, 9 wenn darin nach dem Vertrag wenigstens vorübergehend Menschen verweilen sollen. Es genügt ein Aufenthalt von mehreren Stunden, nicht jedoch ein bloßes kurzfristiges Betreten des Raumes. Da durch § 544 auch die Angehörigen und Angestellten des Mieters geschützt werden, reicht es aus, wenn der Raum lediglich zum vorübergehenden Aufenthalt der Angehörigen oder Angestellten bestimmt ist. Hauptanwendungsfälle sind die einzelnen Räume einer größeren Wohnung und alle gewerblich genutzten Räume, zB Büros, Lager, Werkstätten, Fabrikhallen, Spülküchen, Bier- und Weinkeller, Säle, Krankenräume, Wartezimmer, Tresorräume einer Bank mit Publikumsverkehr (RG Recht 1911 Nr 1909), Viehställe, in denen ständig gearbeitet wird uäm. Bei Kellerräumen für eine Zentralheizung kommt es auf die Umstände des Einzelfalles an (s MITTELSTEIN 336 f m Nachw). Nicht hierher gehören hingegen nach dem Gesagten bloße Verschläge in Kellern oder auf Böden, weil sie nicht zum Verweilen von Menschen bestimmt sind.

2. Die erhebliche Gesundheitsgefährdung

10

a) Eine fristlose Kündigung ist nur möglich, wenn die genannten Räume so beschaffen sind, daß ihre Benutzung mit einer erheblichen Gefährdung der Gesundheit des Mieters oder der anderen geschützten Personen verbunden ist. Eine Gesundheitsbeschädigung braucht also noch nicht eingetreten zu sein; die bloße Gefahr genügt. Die Gefahr muß jedoch erheblich sein, um den scharfen Rechtsbehelf einer fristlosen Kündigung seitens des Mieters zu rechtfertigen ( N I E N D O R F F 172). Die Gefahr muß also einmal konkret drohen, dh naheliegend sein, wenn auch nicht unbedingt schon in allernächster Zeit bevorstehen; die nur entfernte Möglichkeit einer Gesundheitsbeschädigung genügt nicht (RGZ 88, 168; KG JW 1930, 2975). Darüber hinaus muß aber auch die zu befürchtende Gesundheitsbeschädigung selbst erheblich sein, so daß ein bloßes, vorübergehendes Unbehagen eine fristlose Kündigung durch den Mieter nicht zu rechtfertigen vermag. Maßgebender Zeitpunkt für die Beurteilung der Frage, ob in diesem Sinne eine 11 erhebliche Gesundheitsgefährdung vorliegt, ist der der Kündigung. Auszugehen ist von den in diesem Augenblick auf dem Gebiet der Gesundheitslehre herrschenden Anschauungen. Eine erhebliche Gesundheitsgefährdung wird deshalb verneint, wenn der Umstand, 12 von dem die Gefahr ausgeht, ohne weiteres leicht behebbar ist und der Vermieter zur sofortigen Abhilfe bereit ist (RGZ 88,168,169; OLG Celle NdsRpfl 1964,154, 155). Denn unter solchen Umständen wäre es treuwidrig, wenn der Mieter gleichwohl zur fristlosen Kündigung schritte. Auf keinen Fall braucht sich der Mieter jedoch auf wochenlange Ausbesserungsarbeiten des Vermieters einzulassen (RG Recht 1919, Nr 1382). Bei der Beurteilung ist von einem objektiven Maßstab auszugehen. Maßgebend ist 13 also nicht die besondere Empfindlichkeit des einzelnen Mieters, die zudem dem Vermieter gar nicht bekannt sein kann; maßgebend sind vielmehr die allgemeinen gesundheitlichen Anforderungen, da der Zweck des § 554 in erster Linie in dem Schutz der allgemeinen Volksgesundheit zu sehen ist (KG DR 1939, 642; MITTELSTEIN 337 f; R O Q U E T T E § 544 Rz 3; H A N S § 544 Anm B 3 b). Dadurch wird jedoch nicht die Berücksichtigung der besonderen Verhältnisse des einzelnen Mietobjekts ausgeschlossen. Die Anforderungen sind unterschiedlich je nach der Lage der Räume auf dem Land oder in einer dichtbevölkerten Stadt und je nachdem, ob die Räume zum dauernden oder nur zum vorübergehenden Aufenthalt von Menschen bestimmt sind. Was bei Wohnräumen untragbar ist, kann uU bei gewerblich (789)

Volker Emmerich

§544 14-17

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

genutzten Räumen, die nur gelegentlich vorübergehend benutzt werden, noch hingenommen werden. 14 Aus alledem folgt, daß es sich um eine dauernde Eigenschaft der Räume handeln muß, wenn die Gesundheitsgefährdung eine fristlose Kündigung rechtfertigen soll. Bloß vorübergehende und leicht behebbare Störungen schaden nicht ( N I E N D O R F F 172). Keine Rolle spielt jedoch, auf welcher Ursache die Gesundheitsgefährdung beruht. Namentlich kommt es nicht darauf an, ob der Vermieter sie zu vertreten hat (AG Bremerhaven WuM 1975, 147, 148). Ebensowenig spielt es eine Rolle, ob es sich um eine Eigenschaft der Räume selbst handelt oder ob die Gesundheitsgefährdung erst durch Einwirkungen von außen her begründet wird (aA nur R O Q U E T T E § 544 Rz 3). Daher fallen unter § 544 auch Gefahren, die von anderen Mietern oder von Dritten ausgehen ( N I E N D O R F F 171 f). 15 b) Problematisch ist die Rechtslage, wenn die gesundheitsgefährdende Eigenschaft nur einzelnen Räumen einer Wohnung anhaftet, da § 544 darauf abstellt, ob die Wohnung selbst, dh sämtliche Räume mit dem Mangel behaftet sind. In den genannten Fällen ist deshalb maßgebend, ob durch die Beeinträchtigung der Benutzbarkeit der einzelnen Räume die Benutzbarkeit der gesamten Wohnung wesentlich beeinträchtigt wird. Sind die betroffenen Räume nur von untergeordneter Bedeutung, wird maW die Benutzbarkeit der Wohnung nicht wesentlich beeinträchtigt, so kommt eine fristlose Kündigung grundsätzlich nicht in Betracht (OLG Celle NdsRpfl 1964, 154, 155 = MDR 1964, 924; KG GrundE 1933, 308; OLG Hamburg OLGE 33, 305; MITTELSTEIN 339 m Nachw). Unberührt bleibt jedoch im letzteren Fall das Recht des Mieters, gern § 542 nach Fristsetzung zu kündigen. 16 c) Beispiele für eine gesundheitsgefährdende Beschaffenheit der Räume sind der übermäßige Lärm der Mitmieter, zB eines im selben Haus untergebrachten Hotels (BGHZ 29, 289) oder von Maschinen eines anderen Mieters (RG JW 1906, 713), ebenso aber auch jede andere Form von Lärmbelästigung, sei es durch den Vermieter, sei es durch Dritte ( W I E T H A U P ZMR 1975, 257, 258), ebenso das dauernde Eindringen unerträglicher Gerüche (RG JW 1912, 288; KG OLGE 16, 422; R G Z 88, 168), das Eindringen von Rauch aus einer Räucherkammer (LG Mannheim MDR 1969, 313 f = WuM 1969, 41 = ZMR 1969, 171 Nr 19), das erhebliche Auftreten von Ungeziefer (LG Mannheim DWW 1976, 236 f), die gefährliche Beschaffenheit der Fußböden oder Treppen (RG Gruchot 66, 664), übermäßige Feuchtigkeit, zB einer Außenwand eines von 2 Zimmern (LG Mannheim ZMR 1977, 154; AG Bremerhaven WuM 1975, 147, 148), nicht jedoch bei nur geringer Feuchtigkeit eines Kellers (AG Zehlendorf WuM 1973,93, 94 f). Weitere Beispiele sind der Pilz- und Schwammbefall, die Schimmelbildung, eine ungenügende Heizung (LG Mannheim aaO) und auch die Einsturzgefahr (KG JW 1930, 2975; einschränkend OLG Celle NdsRpfl 1964, 154 f). Auch ein gefährlicher Zustand der Zugänge kann genügen, wenn der Vermieter dafür verantwortlich ist.

17 m . Kündigung Liegen die genannten Voraussetzungen vor, so kann der Mieter das Mietverhältnis fristlos kündigen. Da § 544 eine sozialpolitisch motivierte Ausnahme von § 542 ist, setzt die Kündigung keine Fristsetzung voraus (BGHZ 29, 289,295; AG Bremerhaven WuM 1975, 147, 148; NIENDORFF 171; aM zuletzt MITTELSTEIN 334 f). Der Mieter ist jedoch genausowenig wie bei § 542 gezwungen, tatsächlich fristlos zu kündigen. Er kann deshalb auch unter Einhaltung einer beliebigen Frist kündigen, vor allem, um sich Ersatzräume zu suchen. Hatte der Mieter den Mietzins schon im voraus bezahlt, so kann er nach § 577 a Rückzahlung verlangen. Eine 7ei7kündigung Volker Emmerich

(790)

§544 3. Titel. Miete. Pacht

18-23

hinsichtlich einzelner Räume ist hier nicht möglich, da § 544 nicht auf § 543 verweist (OLG Celle MDR 1964, 924 = NdsRpfl 1964, 154). Die Kündigung muß an sich gemäß § 564 a schriftlich erfolgen. Jedoch wird sich der 18 Vermieter schwerlich auf die Nichteinhaltung dieser Form berufen können, wenn der Mieter bei besonders schweren, unmittelbar drohenden Gefahren sofort auszieht und damit konkludent die Kündigung erklärt ( E R M A N - S C H O P P § 5 4 4 Rz 6 ; P A LANDT—PUTZO § 5 4 4 A n m 4 ; S O E R G E L - M E Z G E R § 5 4 4 R z 6 ) .

Nach hM entfällt in den Fällen des § 544 auch die Anzeigepflicht des Mieters, schon 19 weil § 545 Abs 2 den § 544 nicht erwähnt ( S O E R G E L - M E Z G E R § 544 Rz 7 m Nachw; aM zB MITTELSTEIN 335 f). Richtigerweise wird man unterscheiden müssen: Tritt der gesundheitsgefährdende Mangel plötzlich und unerwartet auf, so kann der Mieter sofort kündigen, ohne daß es einer vorherigen Anzeige bedürfte; das ist gerade der Sinn des § 544. Anders jedoch, wenn sich der Mangel erst langsam entwickelt, ohne daß von Anfang an eine erhebliche Gesundheitsgefährdung vorliegt. Für diese Fälle hat die Anzeigepflicht des § 545 gerade ihren Sinn (so mit Recht H A N S § 544 Anm B 1 f; OLG Hamburg OLGE 2, 382). Der Mieter braucht nicht sofort nach Auftreten des gesundheitsgefährdenden Man- 20 gels zu kündigen. Eine ungebührliche, dh treuwidrige Verzögerung der Kündigung kann jedoch zur Verwirkung des Kündigungsrechts führen (§ 242). § 544 begründet kein Kündigungsrecht des Vermieters. Wer gesundheitsgefährden- 21 de Räume vermietet, kann sich nicht unter Berufung auf diesen Zustand der Räume von dem Vertrag lösen ( W E I M A R ZMR 1960, 226, 227 f).

IV. Der Ausschluß des Kündigungsrechts 1. Der Ausschluß kraft Gesetzes

22

a) Das Kündigungsrecht entfällt zunächst, wie schon ausgeführt, wenn es sich um bloß vorübergehende Übelstände handelt oder wenn der Mangel kurzfristig beseitigt werden kann und der Vermieter hierzu sofort bereit ist (OLG Celle NdsRpfl 1964, 154, 155). Dasselbe ist anzunehmen, wenn der Mieter die vom Vermieter geplante Reparatur verhindert und dadurch erst den gesundheitsgefährdenden Zustand selbst heraufbeschworen hat. Aus derselben Überlegung heraus kann das Kündigungsrecht außerdem entfallen, wenn der Mieter die Anzeigepflicht des § 545 verletzt und gerade dadurch Abhilfe seitens des Vermieters verhindert hat (§ 242, Verbot widersprüchlichen Verhaltens). Allgemeine Regeln lassen sich hier jedoch kaum aufstellen; vielmehr kommt alles auf die Umstände des Einzelfalles an. b) Kenntnis des Mieters von dem Mangel schließt nach § 539 nur die Minderung und den Schadensersatzanspruch, nicht hingegen das Kündigungsrecht des § 544 aus (s § 543). c) Streitig ist die Rechtslage, wenn der Mieter den gesundheitsgefährdenden Zu- 23 stand selbst schuldhaft herbeigeführt hat. Nach hM ist dann sein Kündigungsrecht ausgeschlossen (RGZ 51,210, 212; OLG Hamburg J W 1916,1293; E R M A N - S C H O P P § 5 4 4 R z 7 ; NIENDORFF 1 7 3 ; ROQUETTE § 5 4 4 R z 1 1 ; B G B - R G R K - G E L H A A R § 5 4 4

Rz 9; S O E R G E L - M E Z G E R § 544 Rz 8; W E I M A R , Sachmängelhaftung 26 f). Nach anderer Ansicht muß man hingegen zwischen dem Schadensersatzanspruch des Vermieters und dem Kündigungsrecht des Mieters unterscheiden; der Mieter kann hiernach also ausziehen, bleibt aber dem Vermieter zum Schadensersatz verpflichtet ( H A N S § 5 4 4 A n m B 5 a ; PERGANDE § 5 4 4 A n m 2 ; WEIMAR Z M R 1 9 6 0 , 2 2 6 , 2 2 7 ) .

Der letzteren Meinung ist zu folgen, da auch dem schuldhaft handelnden Mieter (791)

Volker Emmerich

§§ 544, 545 24, 25

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

nicht zugemutet werden kann, in einer gesundheitsgefährdenden Wohnung wohnen zu bleiben. Hierbei muß auch berücksichtigt werden, daß § 544 neben dem Schutz des Mieters auch den der Angehörigen und Angestellten des Mieters bezweckt. Es geht nicht an, diese Personen zum Aufenthalt in einer gesundheitsgefährdenden Wohnung zu zwingen, nur weil der Mieter schuldhaft gehandelt hat.

24 2. Abweichende Vereinbarungen § 544 ist zwingend. Jede abweichende Vereinbarung, durch die das Kündigungsrecht entgegen dem Gesetz ausgeschlossen oder beschränkt wird, ist nichtig (BGHZ 29, 289, 295 f). Das gilt auch für einen im voraus erklärten Verzicht auf die Rückzahlung eines sog verlorenen Baukostenzuschusses (BGH aaO; s dazu im einzelnen Vorbem zu §§ 535, 536 Rz 123 ff). Aus denselben Erwägungen heraus wird man in den Fällen des § 544 auch einen vertraglichen Ausschluß des Schadensersatzanspruches des Mieters aus § 538 als unwirksam zu behandeln haben ( H A N S § 544 Anm B 6 c; W Ö R B E L B A U E R aaO; § 11 Nr 7 und 8 AGBG; str).

25 V. Beweislast Die Beweislast für sämtliche Voraussetzungen des § 544 trägt der Mieter. Hingegen hat der Vermieter die Umstände zu beweisen, aus denen sich ausnahmsweise ein Ausschluß des Kündigungsrechts ergibt.

§545 Zeigt sich im Laufe der Miete ein Mangel der gemieteten Sache oder wird eine Vorkehrung zum Schutze der Sache gegen eine nicht vorhergesehene Gefahr erforderlich, so hat der Mieter dem Vermieter unverzüglich Anzeige zu machen. Das gleiche gilt, wenn sich ein Dritter ein Recht an der Sache anmaßt. Unterläßt der Mieter die Anzeige, so ist er zum Ersätze des daraus entstehenden Schadens verpflichtet; er ist, soweit der Vermieter infolge der Unterlassung der Anzeige Abhilfe zu schaffen außerstande war, nicht berechtigt, die im § 537 bestimmten Rechte geltend zu machen oder nach § 542 Abs. 1 Satz 3 ohne Bestimmung einer Frist zu kündigen oder Schadensersatz wegen Nichterfüllung zu verlangen. E I § 519; E II § 489; E III § 538; Mot II 400 f; Prot II 187.

Schrifttum BRUCK, Die Obhutspflicht des Mieters und seine Haftung für Dritte, ArchBürgR 27, 110; GUMBINNER, Zur Obhutspflicht des verreisenden Wohnungsmieters, D J Z 1906, 194; KLEIN, Anzeigepflicht im Schuldrecht (1907) 99 ff; MITTELSTEIN, Die Miete nach dem Rechte des deutschen Reiches (4. A u f l 1 9 3 2 ) 3 5 0 f f ; NIENDORFF, M i e t r e c h t 2 1 9 f f ; ROQUETTE, Z M R 1 9 7 3 , 1 9 5 ; SCHMIDT-FUTTERER,

Miete und Pacht (2. Aufl 1974) 109 ff; ders, Mietrecht, s v Anzeige; WEIMAR, Die Sachmängelhaftung im Mietrecht (1957) 51 ff; ders, Die Bedeutung der Schlüsselgewalt bei der Wohnungsmiete, ZMR 1 9 6 4 , 1 2 9 f.

Volker Emmerich

(792)

3. Titel. Miete. Pacht

§545 1-5

Systematische Übersicht I. Überblick 1

IV. Rechtsfolgen 20 1. Schadensersatz 21 2. Rechtsverlust 25

II. Die Voraussetzungen der Anzeigepflicht licht 7 1. Auftreten eines Mangels 7 2. Notwendigkeit von Vorkehrungen gegen Ge- V. Abweichende Vereinbarungen 28 fahren 13 3. Rechtsanmaßung Dritter 15 VI. Beweislast 29 III. Die Anzeige 16 1. Allgemeines 16 2. Ausnahmen 18

I. Überblick

1

Den Mieter trifft, sobald ihm die Sache überlassen ist, bis zum Zeitpunkt der Rückgabe eine sog Obhutspflicht; dh er muß mit der Sache sorgfältig und pfleglich umgehen (s im einzelnen §§ 535, 536 Rz 129 ff). Eine besondere Ausprägung dieser Obhutspflicht ist die in § 545 geregelte Anzeigepflicht (Mot II 400 f). Zweck der somit im Interesse des Vermieters angeordneten Anzeigepflicht ist es in erster Linie, den Vermieter vor Schäden an seiner Sache zu bewahren und ihm Gelegenheit zur Erfüllung seiner Erhaltungspflicht (§ 536) zu geben (BGH LM Nr 10 zu § 537 BGB, B1 3 = NJW 1963, 1449). Vor allem weil dem Vermieter grundsätzlich kein Recht zusteht, die Mieträume jederzeit zu betreten und zu besichtigen, ist er hinsichtlich etwaiger Mängel auf Mitteilungen des Mieters angewiesen. Freilich besteht die Anzeigepflicht auch dann, wenn dem Vermieter ausnahmsweise ein derartiges Besichtigungsrecht eingeräumt ist, weil der Mieter den Zustand der vermieteten Sache auch dann stets besser als der Vermieter kennen wird (RGZ 59, 162; KG OLGE 20, 106). Die Anzeigepflicht ist besonders wichtig, wenn dem Mieter ein ganzes Haus unter 2 Ausschluß des Vermieters vermietet ist; sie ist hingegen eingeschränkt, wenn der Vermieter im selben Haus wohnt oder die Verwaltung des Hauses selbst einem Dritten, zB einem Hauswart übertragen hat (s im einzelnen u Rz 19). Daß die Anzeigepflicht dem Vermieter die Erfüllung seiner Erhaltungspflicht er- 3 möglichen soll, besagt jedoch nicht, daß die Entstehung der Instandhaltungs- oder Instandsetzungspflicht im Einzelfall von der Erfüllung der Anzeigepflicht seitens des Mieters abhängt. Die hiernach erforderlichen Maßnahmen muß der Vermieter vielmehr auch dann vornehmen, wenn er von dem Mangel auf andere Weise Kenntnis erlangt. Das folgt schon daraus, daß § 536 in § 545 Abs 2 nicht erwähnt ist. Aus der Anzeigepflicht folgt auch grundsätzlich keine Reparaturpflicht des Mieters (s 4 im einzelnen hierzu §§ 535 Rz 133 f, 538 Rz 35,48). Deshalb ist auch die Frage, ob und ggf in welchem Umfang der Mieter vom Vermieter Aufwendungsersatz verlangen kann, stets unabhängig von § 545 insbes nach den §§ 538 Abs 2 und 547 zu entscheiden. Zu berücksichtigen bleibt jedoch dabei, daß ein Verzug des Vermieters (§ 538 Abs 2) idR eine Anzeige des Mangels seitens des Mieters voraussetzen wird; notwendig ist freilich auch dies nicht (s hierzu § 538 Rz 18). § 545 begründet eine nicht einklagbare Nebenleistungs/?/ficfe des Mieters, keine 5 bloße Obliegenheit (str), wie sich schon daraus ergibt, daß eine schuldhafte Verletzung der Anzeigepflicht den Mieter schadensersatzpflichtig macht (§ 545 Abs 2 HS 1; s hierzu EMMERICH, in: Grundlagen des Vertrags- und Schuldrechts [1974] 316 f m Nachw). (793)

Volker Emmerich

§545 6-10

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

6 Deshalb gilt auch uneingeschränkt § 278, wenn der Mieter Dritte mit der Erfüllung der Obhuts- oder Anzeigepflicht beauftragt. Umgekehrt bedeutet jedoch § 545 nicht, daß die Mieter zu Erfüllungsgehilfen des Vermieters bei Erfüllung dessen sog Fürsorgepflicht gegenüber den anderen Mietern werden (BGH ZMR 1969, 271 = WM 1969, 1011). Auch folgt aus § 545 keine Nachforschungspflicht des Mieters ( B G H W M 1 9 7 6 , 5 3 7 ; NIENDORFF 2 2 2 ) .

7 IL Die Voraussetzungen der Anzeigepflicht Die Anzeigepflicht besteht, wenn sich im Laufe der Miete ein Mangel der gemieteten Sache zeigt, eine Vorkehrung zum Schutz der Sache gegen eine nicht vorhergesehene Gefahr erforderlich wird oder sich ein Dritter ein Recht an der Sache anmaßt. 1. Auftreten eines Mangels a) Der Mieter ist zunächst zur Anzeige verpflichtet, wenn sich im Laufe der Miete ein Mangel der gemieteten Sache zeigt. Der Begriff des Mangels wird hier allgemein weiter als in den §§ 537 und 538 verstanden. Auf keinen Fall kommt es darauf an, ob der Mangel eine erhebliche Minderung der Tauglichkeit zur Folge hat (entgegen § 537 Abs 1 S 2). Aber man wird noch weitergehen müssen. Nach dem Zweck des § 545 kann es überhaupt keine Rolle spielen, ob durch den Mangel schon jetzt der vertragsmäßige Gebrauch des Mieters beeinträchtigt wird, da in erster Linie von dem Interesse des Vermieters an der Erhaltung seiner Sache auszugehen ist. Anzuzeigen ist daher jeder Fehler im weitesten Sinne, dh jeder schlechte Zustand der Sache. Keine Rolle spielt dabei, ob die Ursachen dieses schlechten Zustandes innerhalb oder außerhalb der vermieteten Sache liegt. 8 Ebensowenig kommt es darauf an, ob der Mangel an der vermieteten Sache selbst oder an den mitvermieteten Einrichtungen, Sachen, Gebäudeteilen usw auftritt, so daß der Mieter namentlich auch Mängel der Treppen und Zugänge dem Vermieter anzeigen muß (zB R G JW 1905, 46 Nr 14; R G Recht 1907 Nr 439; R G Z 59, 161; 75, 118; R G WarnR 1916 Nr 223; MITTELSTEIN 353). Freilich wird die Anzeigepflicht des Mieters insoweit häufig nur eingeschränkt sein, wenn der Vermieter oder der von ihm bestellte Hausmeister im selben Haus wohnt, weil es dann Sache des Vermieters oder seines Hausmeisters ist, sich selbst um den Zustand dieser mitvermieteten und gemeinsam benutzten Hausteile zu kümmern (RG JW 1906, 546 Nr 12).

9 Ganz entfällt die Anzeigepflicht jedenfalls hinsichtlich der nicht mitvermieteten Teile des Hauses, zB hinsichtlich des Daches oder der Außenwände. Insoweit besteht eine Anzeigepflicht nur, wenn Mängel auf die vermieteten Räume durchschlagen, zB Feuchtigkeit an den Wänden der Mieträume auftritt. Keine Anzeigepflicht kann auch hinsichtlich solcher Mängel anerkannt werden, die auf dem normalen Verschleiß beruhen (§ 548), weil der Vermieter mit solchen Mängeln ohne weiteres rechnen muß (str). Hingegen ist es unerheblich, ob der Mieter aus dem Mangel irgendwelche Rechte herleiten will, da die Anzeigepflicht im Interesse des Vermieters, nicht des Mieters, aufgestellt ist. 10 b) Weitere Voraussetzung der Anzeigepflicht ist, daß sich der Mangel gerade erst im Laufe der Miete, dh während des Mietverhältnisses, zeigt. Keine Anzeigepflicht besteht also hinsichtlich schon bei Übergabe der Sache vorhandener und erkennbarer Mängel. Der Lauf der Miete beginnt mit der tatsächlichen Ubergabe der Sache, selbst wenn zu diesem Zeitpunkt ein Mietvertrag noch nicht zustande gekommen war (KG D R 1940,395). Er endet erst mit der tatsächlichen Rückgabe der Sache, so Volker Emmerich

(794)

§545 3. Titel. Miete. Pacht

11-16

daß die Obhuts- und die Anzeigepflicht auch den Mieter treffen, der nach Vertragsbeendigung wohnen bleibt (BGH LM Nr 2 zu § 556 BGB = NJW 1967, 1803 = WM 1967, 749). c) Beispiele anzuzeigender Mängel sind der übermäßige Lärm anderer Mieter (OLG 11 Hamburg OLGE 16, 419), das Auftreten von Ungeziefer (KG DR 1941,1366), das Auftreten von Feuchtigkeit, Schäden an Leitungen und Öfen und überhaupt alle störenden Eingriffe Dritter. d) Die Anzeigepflicht ist - jedenfalls nach hM - nicht davon abhängig, daß der 12 Mieter den Mangel erkannt hat; es genügt vielmehr, daß er ohne weiteres in der Lage war, den Mangel zu erkennen und anzuzeigen. Der Mieter darf nicht übersehen, was jeder erkennen konnte, wobei aber zu beachten bleibt, daß den Mieter keine Nachforschungspflicht trifft (ENNECCERUS-LEHMANN § 1 2 9 I 3 ; NIENDORFF 2 2 2 ; HANS § 5 4 5 A n m B 3 ; B G Z 68, 2 8 1 ) .

2. Notwendigkeit von Vorkehrungen gegen Gefahren 13 Eine Anzeigepflicht besteht außerdem, wenn eine Vorkehrung zum Schutze der Sache gegen eine nicht vorhergesehene Gefahr erforderlich wird. Auch hier ist wieder allein entscheidend das Interesse des Vermieters an der Verhütung von Gefahren, die seiner Sache, insbes seinem Haus, drohen. Deshalb kommt es nicht darauf an, ob von den Gefahren eine Beeinträchtigung des vertragsmäßigen Gebrauchs des Mieters zu besorgen ist. Erforderlich ist nur, daß die Gefahr für beide Parteien nicht voraussehbar war. Bei für den Vermieter voraussehbaren Gefahren besteht also keine Anzeigepflicht. Die Ursache der Gefahren ist auch hier unerheblich. Doch muß für den Mieter erkennbar sein, daß Schutzmaßnahmen erforderlich sind. Beispiele sind die Aufgabe des Besitzes durch den Mieter, eine längere Abwesenheit 14 des Mieters, Sturmschäden, Wassereinbrüche, die Gefahr des Einsturzes einer Decke oder einer Wand, ein undichter Öltank, der Verlust der Haustürschlüssel, die Beschädigung der Haustür, aber auch ein für das Gebäude gefährliches Abgraben des Nachbargundstückes.

3. Rechtsanmaßung Dritter 15 Die Anzeigepflicht besteht schließlich auch dann, wenn sich ein Dritter ein Recht an der Sache anmaßt. Hierunter fällt jede Behauptung eines dinglichen oder obligatorischen, privaten oder öffentlichen Rechts durch einen Dritten einschließlich einer Behörde hinsichtlich der vermieteten Sache. Der Mieter braucht nicht zu prüfen, ob die Behauptung des Dritten zutrifft. Auch die erforderlichen Gegenmaßnahmen kann er stets dem Vermieter überlassen. Beispiele sind eine von einem Dritten in Anspruch genommene Wegegerechtigkeit, die Veränderung der Grenzmarkierungen oder die Inanspruchnahme der Außenwand für Reklamezwecke durch Dritte.

III. Die Anzeige

16

In den genannten 3 Fällen ist der Mieter verpflichtet, dem Vermieter unverzüglich, dh ohne schuldhaftes Zögern (s § 121 Abs 1 S 1), Anzeige zu machen. In bestimmten Ausnahmefällen entfällt jedoch die Anzeigepflicht. (795)

Volker Emmerich

§545 17-19

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

1. Allgemeines Die Anzeige ist keine Willenserklärung, sondern eine bloße sog rechtserhebliche Handlung, für die die Vorschriften über die Willenserklärung allenfalls entsprechend gelten. Eine besondere Form ist nicht vorgeschrieben, so daß die Anzeige auch mündlich erfolgen kann. Es genügt, wenn in ihr die Mängel so genau bezeichnet sind, daß der Vermieter die notwendigen Entscheidungen über eine Abhilfe treffen kann. Die Anzeige muß jedoch gegenüber dem Vermieter oder dessen Vertreter erfolgen, so daß eine Anzeige gegenüber Dritten, zB gegenüber Handwerkern, nichts nutzt (AG Köln MDR 1974, 47 Nr 47 m Anm WEIMAR). Als Vertreter des Vermieters kommen namentlich der Hauswart und dessen Ehefrau aufgrund der Schlüsselgewalt in Betracht (WEIMAR ZMR 1964, 129, 130). Für den Zugang der Anzeige bei dem Vermieter wird man jedoch die §§ 130 ff entsprechend anwenden können. 17 Die Anzeige muß unverzüglich, dh ohne schuldhaftes Zögern, erfolgen. Der Mieter muß also mit der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt vorgehen (§ 276 Abs 1). Hiernach beurteilt sich, binnen welcher Frist die Anzeige erfolgen muß. Droht der Sache eine unmittelbare Gefahr, steht zB der Einsturz einer Decke zu befürchten, so muß die Anzeige sofort erfolgen; eine Verzögerung um ein oder zwei Tage ist hier schon schuldhaft und steht der Unterlassung der Anzeige gleich (AG Köln aaO; SCHMIDT-FUTTERER, Miete und Pacht 110). Der Mieter muß deshalb stets auch die Dringlichkeit der Gefahr prüfen. Handelt es sich um einen Schaden, von dem keine weiteren Gefahren drohen, wie zB um die Beschädigung einer Tür, so kann er sich hingegen auch ein bis zwei Wochen mit der Anzeige Zeit lassen (SCHMIDT-FUTTERER, Mietrecht aaO). 18 2. Ausnahmen Die Anzeigepflicht entfällt, wenn ihre Erfüllung dem Mieter unmöglich ist oder wenn die Erstattung der Anzeige unsinnig wäre (§ 275). Keine Anzeigepflicht besteht daher zunächst, wenn der Mieter physisch oder psychisch außerstande ist, eine Anzeige zu erstatten. Dasselbe gilt idR in den Fällen des § 544 (s im einzelnen § 544 Rz 19). Ebenso wenn der Mieter den Mangel bereits selbst behoben hat, es sei denn, der Vermieter habe ein besonderes berechtigtes Interesse an der Anzeige. Auch wenn der Mieter mit dem mangelhaften Zustand einverstanden ist und aus ihm keine Rechte herleiten will, entfällt seine Anzeigepflicht, sofern keine weiteren Gefahren von dem Mangel drohen (LG Mannheim WuM 1962, 76). 19 Die Anzeigepflicht entfällt weiter als leere Formalität, wenn der Vermieter den Mangel ohnehin schon, gleichgültig aus welchem Grunde, kennt (Mot II 401; RGZ 103, 372, 374; BGH LM Nr 10 zu § 537 BGB). Dafür genügt freilich noch nicht ohne weiteres, daß der Vermieter nur im selben Haus wie der Mieter wohnt, weil auch dann Mängel denkbar sind, die nur dem Mieter, nicht aber dem Vermieter, erkennbar sind (OLG Schleswig SchlHA 1965, 211, 212). Übt aber der Vermieter die Obhut über die Sachen selbst oder durch einen von ihm bestellten Verwalter aus, so wird nur in seltenen Ausnahmefällen noch eine Anzeigepflicht des Mieters in Betracht kommen. Daraus folgt vor allem, daß bei Beherbergungsverträgen den Gast grundsätzlich keine Anzeigepflicht trifft (BGH LM Nr 10 zu § 537 BGB; Kiss JherJb 58, 465 ff). Einen Wegfall der Anzeigepflicht wird man außerdem annehmen müssen, wenn die Mängel für den Vermieter offensichtlich sind, selbst wenn er sie tatsächlich infolge gröbster Nachlässigkeit nicht erkannt hat (RG Recht 1913 Nr 2271; NIENDORFF 222). Die Anzeigepflicht entfällt schließlich noch, wenn eine Beseitigung des Mangels durch den Vermieter von vornherein unmöglich ist, wenn maW dem Vermieter eine Abhilfe gar nicht möglich ist (BGH WM 1967, 515,517). Volker Emmerich

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§545 3. Titel. Miete. Pacht

20-26

20

IV. Rechtsfolgen Die Rechtsfolge einer Unterlassung der Anzeige besteht zunächst in einer Schadensersatzpflicht. Außerdem verliert der Mieter unter weiteren Voraussetzungen die sog Gewährleistungsrechte der §§ 537 und 538. Schließlich wird sein Recht zur fristlosen Kündigung aus § 542 beschränkt.

21

1. Schadensersatz Der Mieter ist dem Vermieter zunächst zum Ersatz des aus der Unterlassung oder der Verspätung der Anzeige entstehenden Schadens verpflichtet (§ 545 Abs 2 HS 1). Der Ersatzanspruch setzt Verschulden des Mieters und Kausalität zwischen der Unterlassung oder Verspätung der Anzeige und dem eingetretenen Schaden voraus. Ein Ersatzanspruch kommt also nur in Betracht, wenn der Vermieter den Schaden bei rechtzeitiger Anzeige zu verhindern in der Lage gewesen wäre.

Das Verschulden des Mieters kann sich sowohl auf die Verspätung der Erkenntnis 22 des Mangels als auch auf die Verzögerung oder Unterlassung der Anzeige beziehen. Es kann auch darin bestehen, daß der Mieter die Sache über längere Zeit völlig unbeaufsichtigt läßt. Als zu ersetzende Schäden kommen zB Ersatzansprüche Dritter, die bei rechtzeiti- 23 ger Anzeige vermieden worden wären, oder die zusätzlichen Kosten in Betracht, die infolge einer Verschlimmerung des Mangels durch die Unterlassung der Anzeige entstanden sind, nicht jedoch die Kosten der Beseitigung des Mangels, die den Vermieter stets nach § 536 treffen. Der Ersatzanspruch verjährt nach § 558. Macht der Mieter schuldhaft eine unrichtige Anzeige, so kann er aus positiver 24 Vertragsverletzung ebenfalls dem Vermieter für etwaige nutzlose Aufwendungen ersatzpflichtig sein (MITTELSTEIN 354).

2. Rechtsverlust

25

Eine Unterlassung der Anzeige hat außerdem unter zusätzlichen Voraussetzungen gewisse Rechtsverluste für den Mieter zur Folge. Soweit nämlich der Vermieter infolge der Unterlassung der Anzeige außerstande war, Abhilfe zu schaffen, entfallen die Minderung (§ 537), der Schadensersatzanspruch wegen Nichterfüllung (§ 538) und die Berechtigung des Mieters, nach § 542 Abs 1 S 3 fristlos ohne Bestimmung einer Abhilfefrist zu kündigen. Diese Rechtsverluste setzen kein Verschulden voraus ( H A N S § 545 Anm B 6 a; aM offenbar nur ENNECCERUS-LEHMANN § 129 I 3). Aber der Verlust der genannten Rechte tritt nicht ein, wenn der Schaden auch bei rechtzeitiger Anzeige eingetreten wäre. Auch entfällt die Minderungsmöglichkeit nur für die Zeit, in der der Vermieter infolge der Unterlassung der Mängelanzeige nicht für Abhilfe sorgen konnte; für die spätere Zeit wird also der Mietzins wieder gemindert (LG Köln WuM 1966, 114 = MDR 1966, 761 Nr 60; ein Beispiel für den Verlust des Schadensersatzanspruches s in BGH LM Nr 12/13 zu § 538 BGB = WM 1969, 1481). Unberührt bleibt schließlich auch das Kündigungsrecht des Mieters aus § 542; nur seine Befugnis zur fristlosen Kündigung ohne vorherige Fristsetzung (§ 542 Abs 1 S 3) entfällt. Unberührt bleiben schließlich Deliktsansprüche des Mieters gegen den Vermieter 26 (RGZ 165, 155, 159). Die Unterlassung der Anzeige kann jedoch ein mitwirkendes Verschulden des Mieters darstellen (§ 254); anders nur, wenn der Mieter den Mangel nicht gekannt hat (BGH NJW 1951, 229). (797)

Volker Emmerich

§§ 545, 5 4 6 27-29; 1-3

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

27 Für deliktische Ersatzansprüche Dritter gegen den Vermieter kann die Unterlassung der Anzeige insofern bedeutsam sein, als infolge der Unterlassung die Kenntnis des Vermieters hinsichtlich des Mangels und damit dessen Verschulden entfällt (RGZ 68, 161, 163).

28 V. Abweichende Vereinbarungen § 545 ist nicht zwingend, so daß die Parteien in jeder Hinsicht abweichende Vereinbarungen treffen können. 29 VI. Beweislast Den Vermieter trifft die Beweislast dafür, daß der Mangel dem Mieter bekannt oder erkennbar war, und, wenn er Schadensersatz verlangt, außerdem dafür, daß ihn ein Schaden trifft und daß dieser auf der Unterlassung oder Verspätung der Anzeige beruht. Hingegen muß der Mieter beweisen, daß er die Anzeige rechtzeitig erstattet hat, daß der Vermieter den Mangel ohnehin gekannt hat oder daß ihn kein Verschulden trifft (NIENDORFF 226). Verlangt der Vermieter wegen eines Mangels der Sache Schadensersatz vom Mieter, so kann die Unterlassung der Anzeige schließlich zu einer Umkehr der Beweislast zum Nachteil des Mieters führen, wenn gerade infolge der Unterlassung der Anzeige nicht mehr geklärt werden kann, ob der Mieter den Mangel zu vertreten hat (KG DR 1941, 1366). §546 Die auf der vermieteten Sache ruhenden Lasten hat der Vermieter zu tragen. E I § 515; E II § 490; E III § 539; Mot II 395; Prot II 178.

Schrifttum HURST, Die Reinigungs- und Streupflicht des Anliegers und Erdgeschoßbewohners in rechtlicher Sicht, Z M R 1967, 67; MITTELSTEIN, Die Miete nach dem Rechte des deutschen Reiches (4. Aufl 1932) 346 ff; NIENDORFF, Mietrecht (10. Aufl 1914) 173 ff.

1 Der Vermieter, der in aller Regel zugleich der Eigentümer der Sache ist, nutzt seine Sache, indem er sie vermietet. Deshalb versteht es sich von selbst, daß er auch alle Lasten der Sache tragen muß (vgl auch § 103). Die Lasten werden deshalb in aller Regel von vornherein in Uen Mietzins einkalkuliert. 2 1. Abweichende Vereinbarungen sind jedoch möglich und besonders bei der Pacht auch sehr weit verbreitet. Doch betrifft die Abwälzung der Lasten der Sache auf den Mieter oder Pächter gewöhnlich nur die öffentlich-rechtlichen, nicht jedoch die privatrechtlichen Lasten wie Hypothekenzinsen uäm. Ob in derartigen Fällen der Mieter oder Pächter auch später neu eingeführte Steuern tragen muß, ist eine Frage der Auslegung. Hat der Mieter oder Pächter schlechthin sämtliche öffentlichen Lasten übernommen, so wird die Frage idR zu bejahen sein (vgl insbes R G Z 119, 304, 305 f; 122, 335, 339; BGHZ 6, 240; BGH LM Nr 3 zu § 133 [B] BGB; Nr 11 zu § 5 3 5 BGB). 3 Auch sonst ist es eine Frage der Auslegung, welche Lasten im einzelnen unter die Abrede fallen. Hat zB der Mieter nur die Lasten des Gebäudes übernommen, so Volker Emmerich

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3. Titel. Miete. Pacht

§§ 546, 547 4-8

fallen die Straßenreinigungskosten nicht darunter, weil diese unabhängig davon sind, ob das Grundstück bebaut ist (KG JW 1931, 3467). Hingegen ist grundsätzlich nicht anzunehmen, daß eine derartige Abrede auch die 4 den Vermieter persönlich treffenden Steuern erfassen solle (LG Mannheim WuM 1976, 125). Selbst bei Abwälzung sämtlicher öffentlichen Abgaben auf den Mieter treffen also die Vermögenssteuer sowie die Lastenausgleichs- und die Soforthilfeabgabe grundsätzlich den Vermieter. Es versteht sich schließlich von selbst, daß derartige Abreden keine Auße/vmrkung 5 haben. Dem Staat gegenüber bleibt also stets allein der Vermieter verpflichtet, selbst wenn er alle Abgaben auf den Mieter abgewälzt hat. 2. Unter Lasten iS des § 546 versteht man sämtliche Verbindlichkeiten, die auf der 6 Sache selbst ruhen und nicht nur den Vermieter persönlich treffen. Keine Rolle spielt es, ob es sich um privatrechtliche oder öffentlich-rechtliche Lasten handelt (MITTELSTEIN 346 f). Zu den pr/vaffechtlichen Lasten gehören vor allem die Grundpfandrechte, die Dienstbarkeiten und überhaupt alle dinglichen Rechte. Wichtiger sind im vorliegenden Zusammenhang hingegen die öffentlich-rechtlichen Lasten. Es gehören dazu alle Steuern, Gebühren und Beiträge, die auf der Sache selbst ruhen, sowie ausnahmsweise auch bestimmte Dienstleistungen. Beispiele sind die Reinigungs- und Streupflicht (dazu H U R S T aaO), überhaupt alle kommunalen Abgaben und Gebühren wie Kanalisationsgebühren (RG JW 1910, 105) und Straßenreinigungskosten, außerdem insbes die Grundsteuern, sowie etwaige Gebäudesteuern, entsprechend auch die frühere Hauszinssteuer (RGZ 116, 111 ff), sowie schließlich die Kehr- und Schornsteinfegergebühren (LG Aachen WuM 1976,180). Hingegen gehören nicht hierher alle Steuern, Gebühren und Beiträge, die den 7 Vermieter oder den Mieter persönlich treffen. Dazu gehören die Vermögenssteuer (RGZ 122, 335, 336; RG JW 1927, 1753 Nr 2), die Lastenausgleichs- und die Soforthilfeabgabe (BGH LM Nr 11 zu § 535 BGB), sowie die Prämien für die Feuerversicherung. Hingegen wäre eine etwaige immer wieder diskutierte Miet- oder Wohnraumsteuer 8 eine dem Mieter persönlich auferlegte Steuer, die selbstverständlich nicht unter § 546 fiele. §547 Der Vermieter ist verpflichtet, dem Mieter die auf die Sache gemachten notwendigen Verwendungen zu ersetzen. Der Mieter eines Tieres hat jedoch die Fütterungskosten zu tragen. Die Verpflichtung des Vermieters zum Ersätze sonstiger Verwendungen bestimmt sich nach den Vorschriften über die Geschäftsführung ohne Auftrag. E I §§ 513, 514 Abs 1 und 2; E II § 491; E III § 540; 2. Gesetz zur Änderung mietrechtlicher Vorschriften vom 14. 7. 1964 (BGBl I 457) Art 1 Nr 6; Mot II 393 ff; Prot II 174 ff.

Schrifttum Der Bau auf dem Mietgrundstück als Verwendung, NJW 1954, 171; BRINCKMANN, Wegnahmerecht des Mieters, Rechtswissenschaftliche Studien H 19 (1922); B U R K H A R D T , Die zweite Mietrechtsnovelle, BB 1964, 771; D A H M A N N , Die Überlassung von Einrichtungen des Mieters an den Hauseigentümer, GrundE 1933, 352; E M M E R I C H , Das Verhältnis der Nebenfolgen der Vindikation zu anderen Ansprüchen, Diss Saarbrücken 1966; H Ä R I N G WuM 1967, 180; VON H O F F E R , Wegnahmerecht des Mieters, Beschädigungen u ä beim Umzüge, GrundE 1935, 267; BREETZKE,

(799)

Volker Emmerich

§547 1

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

JAKOBS, D i e Begrenzung des Verwendungsersatzes, A c P 167 (1967) 3 5 0 ; KLAUSER, A u f w e n d u n g s -

ersatz bei Neubauten und werterhöhenden Verwendungen auf fremdem Grund und Boden, NJW 1965, 513; KÜRZEL DWW 1967, 72; MITTELSTEIN, Die Miete nach dem Rechte des deutschen Reiches (4. Aufl 1932) 341 ff; NIENDORFF, MietR 263 ff; ROQUETTE, Verwendungsanspruch und Wegnahmerecht des Mieters, DR 1944, 396; ders WuM 1956, 33; RÜGE, Das Wegnahmerecht (1905); SCHINDLER, Die aufgedrängte Bereicherung beim Ersatz von Impensen, AcP 165 (1965) 499; SCHMIDT-FUTTERER, Veränderungen der Mietsache während der Mietzeit, MDR 1970, 375; ders, Miete und Pacht (2. Aufl 1974) 172 ff; ders, MietR, s v Aufwendungen und Einrichtungen; SCHOPP, Die Ansprüche aus Verwendungen und Wegnahme von Einrichtungen beim Eigentumswechsel, ZMR 1969, 257; R WEIMAR, Grundprobleme und Zweifelsfragen zum Wegnahmerecht des Mieters, ZMR 1964, 69; W WEIMAR, Zweifelsfragen zum Wegnahmerecht des Mieters, NJW 1965, 1163; ders, Kann das Wegnahmerecht des Mieters auch gegenüber einem Grundstückserwerber ausgeübt werden? ZMR 1965,198; ders WuM 1956,17; WOLF, Die Verwendungsersatzansprüche des Besitzers im Anspruchssystem, AcP 166 (1966), 188.

Systematische Übersicht I. Einleitung 1 1. Das Verhältnis zu § 951 3 2. Das Verhältnis zu den §§ 994 ff 7 II. Der Anspruch des Mieters auf Ersatz notwendiger Verwendungen 10 1. Der Verwendungsbegriff 11 2. Die notwendigen Verwendungen 14 3. Der Ersatzanspruch des Mieters 16 i n . Der Anspruch des Mieters auf Ersatz sonstiger Verwendungen 19 1. Die sonstigen Verwendungen 19

2. Der Ersatzanspruch nach dem Recht der Geschäftsführung ohne Auftrag 21 3. Der Ersatzanspruch des Mieters nach Bereicherungsrecht 26 IV. Der Gebrauchsaufwand 29 V. Abweichende Vereinbarungen 30 VI. Beweislast 33

Alphabetische Ubersicht Abweichende Vereinbarungen 16, 30 f

Konkurrenzen 2

Baukostenzuschuß 30 Bebauung 12 Beispiele 15, 20 Bereicherungsrechte 26 ff Beweislast 33

Luxusverwendungen 19 Notwendige Verwendungen 14 Nützliche Verwendungen 19 Rechtsgrundverweisung 26

Eigentumswechsel 4 f, 16, 25 Erhaltungsmaßnahmen 13 Ersatz notwendiger Verwendungen 10 ff Ersatzanspruch des Mieters 16 Fremdgeschäftsführungswille 22 Gebrauchsaufwand 29 Genehmigung 24 Geschäftsführung ohne Auftrag 21 ff Interesse des Vermieters 23

Sonstige Verwendungen 19 Systematische Einordnung 3 ff, 7 ff Umbau 12 Untermieter 8 Verfallklausel 32 Verjährung 17 Verwendungsbegriff 11 f Verwirkung 17 Wille des Vermieters 23

1 I. Einleitung Der Problemkreis Reparaturpflicht und Verwendungsersatzanspruch des Mieters ist vom Gesetz unklar behandelt. Die Gesetzesverfasser waren sich offensichtlich der Volker Emmerich

(800)

§547 3. Titel. Miete. Pacht

2-6

Tragweite des Problems nicht bewußt (s Mot II 393 ff). Daher rührt es, daß der Fragenkreis des Verwendungsersatzes in den §§ 535 ff gleich an drei verschiedenen Stellen und noch dazu ganz unterschiedlich geregelt ist (§§ 538 Abs 2, 547 und 547 a). Es kommt hinzu, daß die wichtigste Vorschrift, nämlich § 547, für zahlreiche Fälle nicht etwa eine eigene Regelung bietet, sondern statt dessen auf die Vorschriften über die Geschäftsführung ohne Auftrag (§§ 677 ff) und damit auch weiter auf die Vorschriften über die ungerechtfertigte Bereicherung (§§ 684 S 2, 812 ff) verweist (§ 547 Abs 2). Diese unglückliche Verweisungstechnik hat auch hier mehr Fragen aufgeworfen als tatsächlich gelöst. Weitere Probleme rühren daher, daß das Konkurrenzverhältnis der §§951 und 2 994 ff zu anderen Anspruchsgrundlagen immer noch nicht endgültig geklärt ist, sowie daraus, daß auch der Schutz des Vermieters gegen aufgedrängte Bereicherungen durch Verwendungen des Mieters berücksichtigt werden muß (dazu insbes JAKOBS und SCHINDLER aaO). Näherer Betrachtung bedarf deshalb zunächst das Verhältnis der mietvertraglichen Regelung des Verwendungsersatzanspruches zu d e n § § 9 5 1 u n d 9 9 4 ff.

1. Das Verhältnis zu § 951 3 Wenn der Mieter auf dem gemieteten Grundstück ein Gebäude errichtet, so erfolgt dies grundsätzlich zu einem vorübergehenden Zweck, so daß er nach § 95 Abs 1 S 1 Eigentümer des Gebäudes bleibt. Für eine Anwendung des § 951 ist dann grundsätzlich kein Raum; vielmehr kann nach § 1004 bei Vertragsende der Vermieter Beseitigung des Gebäudes verlangen. Ein Eigentumswechsel tritt nur ein, wenn der Mieter die positive Absicht der 4 Ubereignung an den Vermieter bei Errichtung des Gebäudes hat. Dafür kann sprechen, daß der Vermieter nach dem Vertrag das Recht hat, bei Vertragsbeendigung das Gebäude gegen Entgelt zu übernehmen. Hingegen folgt aus der bloßen Annahme des Mieters, er brauche das Gebäude bei Vertragsende nicht zu beseitigen, noch nicht, daß er entgegen § 95 Abs 1 S 2 das Eigentum daran verloren habe.* Ist danach der Mieter Eigentümer des Gebäudes geblieben, so ändert auch eine 5 spätere Willensänderung des Mieters an der Rechtslage nichts mehr; vielmehr wird das Gebäude jetzt als bewegliche Sache behandelt, so daß eine Rechtsänderung eine Ubereignung an den Vermieter entsprechend den §§ 929 ff voraussetzt (BGHZ 23, 5 9 ff). Für die Anwendung des § 951 ist also nur Raum, wenn das Gebäude in das 6 Eigentum des Vermieters übergegangen ist. Dann aber ist die Anwendung der Vorschrift unabhängig davon, ob es sich bei der fraglichen Maßnahme um eine Verwendung iS des § 547 handelt und auch grundsätzlich unabhängig von dem Mietvertrag. Der Bereicherungsanspruch entsteht vielmehr ohne weiteres mit Vollendung des Gebäudes (BGH LM Nr 6 zu § 946 BGB = NJW 1954, 265; LM Nr 16 zu § 9 5 1 BGB = NJW 1 9 6 2 , 2 2 9 3 ; anders für einen Sonderfall BGHZ 10, 1 7 1 ) . Der Anspruch entfällt jedoch, wenn der Vermieter aufgrund des Vertrages Beseitigung des Gebäudes verlangen kann (vgl BGH LM Nr 54 zu § 535 BGB = JR 1975, 61). * RGZ 55, 281; 87, 48; BGHZ 8, 1, 7; 10, 171,175 f; 23,57, 58; BGH LM Nr 5 zu § 95 BGB; Nr 6 zu § 547 BGB = NJW 1959,2163; LM Nr 16 zu § 951 BGB = NJW 1962, 2293; LM Nr 14 zu § 276 (Hb) BGB = NJW 1969, 40; OLG Hamburg ZMR 1957, 6 f; LG München ZMR 1962, 198, 199. (801)

Volker Emmerich

§547 7-11

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

7 2. Das Verhältnis zu den §§ 994 ff Die Vorschriften der §§ 994 ff über den Verwendungsersatzanspruch des Besitzers gegenüber dem Eigentümer gelten nur für den unrechtmäßigen Besitzer, mithin nicht für den Mieter, der aufgrund des Mietvertrages ein Besitzrecht hat. Hierüber besteht angesichts der Sonderregelung des Verwendungsersatzanspruchs in den §§ 538 Abs 2 und 547 Übereinstimmung.* Das gilt auch für die sog dreiseitigen Verhältnisse. 8 Daraus folgt vor allem, daß der Untermieter von dem Hauptvermieter keinen Ersatz seiner Verwendungen aus den §§ 994 ff, sondern nur nach den Vorschriften über die Geschäftsführung ohne Auftrag und nach Bereicherungsrecht verlangen kann (RGZ 158, 394, 402; BGH WM 1963, 381, 382; BGH LM Nr 14 zu § 276 [Hb] BGB = ZMR 1969, 172; BGH LM Nr 4 zu § 994 BGB = MDR 1956, 598 m Anm REINICKE).

9 An dieser Rechtslage ändert sich auch nichts durch den nachträglichen Wegfall des Besitzrechts des Mieters oder des Untermieters, dh durch Ablauf des Mietvertrages. Die §§ 994 ff gelten (entgegen BGHZ 34, 122 ff) nur für den von vornherein unrechtmäßigen Besitzer, nicht jedoch für den Besitzer, der nur nachträglich sein Besitzrecht verliert. Die Verwendungsersatzansprüche dieses Besitzers richten sich ausschließlich nach dem jeweiligen vertraglichen Abwicklungsverhältnis, sowie ergänzend nach den Vorschriften über die Geschäftsführung ohne Auftrag und die ungerechtfertigte Bereicherung (statt aller EMMERICH Diss 167 f, 175 ff, bes 187 ff m Nachw; wohl auch BGH WM 1963, 380). 10 n . Der Anspruch des Mieters auf Ersatz notwendiger Verwendungen Nach § 547 Abs 1 S 1 ist der Vermieter verpflichtet, dem Mieter die auf die Sache gemachten notwendigen Verwendungen zu ersetzen. Diese Ersatzpflicht ist eine Folge seiner allgemeinen Erhaltungspflicht. Denn die Erhaltung der Sache in einem zum vertragsmäßigen Gebrauch geeigneten Zustand ist grundsätzlich Sache des Vermieters (§ 536). Deshalb bestimmt § 547 Abs 1 S 1, daß der Mieter unbedingt von dem Vermieter Ersatz verlangen kann, wenn er an Stelle des Vermieters die zur Erhaltung erforderlichen Maßnahmen durchführt (Mot II 393). 11 1. Der Verwendungsbegriff Was unter Verwendungen im allgemeinen und speziell iS des § 547 zu verstehen ist, ist umstr. Das RG hatte den Begriff früher sehr weit gefaßt und darunter sämtliche der Sache zugute kommenden Aufwendungen verstanden (RGZ 152, 100, 101 f). Demgegenüber hat der BGH den Begriff zum Schutze des Eigentümers gegen aufgedrängte Bereicherungen stark eingeschränkt; er sieht deshalb als Verwendungen nur noch solche Maßnahmen an, die nach dem Willen des Mieters geradezu darauf abzielen, den Bestand der Sache als solchen zu erhalten, wiederherzustellen oder den Zustand der Sache zu verbessern. Hingegen sind alle Maßnahmen, durch die der Zustand der Sache verändert wird, keine Verwendungen, so daß für sie weder nach § 547, noch nach den §§ 994 ff Ersatz verlangt werden kann (BGHZ 34, 122, 127 f; 41, 157 = JuS 1964, 328 Nr 3 m Nachw; BGH LM Nr 2 zu § 1000 *

BGHZ 34, 122, 128 ff; BGH LM Nr 2 zu § 1000 BGB = NJW 1955, 340, 341; BGH WM 1963, 381; BGH LM Nr 75 zu § 812 BGB = NJW 1967, 2255; OLG Karlsruhe NJW 1972, 2225; statt aller EMMERICH, Diss 140 ff, bes 165 m Nach.

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3. Titel. Miete. Pacht

§547 12-14

BGB; LG Bamberg WuM 1974, 71 f). Entscheidend ist also die Willensrichtung des Mieters. Von Verwendungen kann man nur sprechen, wenn der Mieter gerade um der Sache willen tätig wird (SCHOPP ZMR 1 9 6 9 , 257 ff). Keine Verwendungen liegen deshalb vor, wenn der Mieter nicht um der Sache willen, dh nicht für den Vermieter, sondern zu ganz anderen Zwecken tätig wird, namentlich wenn er die Maßnahmen nur im eigenen Interesse durchführt (BGH LM Nr 2 zu § 1000 BGB = NJW 1955, 3 4 1 ff; insbes BGHZ 6 4 , 3 3 3 , 3 3 9 ; SCHMIDT-FUTTERER, Mietrecht aaO). Gegenstand der Verwendung können Vermögenswerte aller Art sein, also nicht nur 12 Geld, sondern auch Sachwerte, die eigene Arbeitsleistung des Mieters und die Eingehung von Verbindlichkeiten. Immer aber muß der Zweck der Maßnahme nach dem Willen des Mieters gerade die Erhaltung, Wiederherstellung oder Verbesserung der Sache sein. Verwendungen liegen deshalb nicht vor, wenn durch die fraglichen Maßnahmen der Zustand der Sache nicht erhalten oder verbessert, sondern geradezu verändert wird. Deshalb lehnt es die neuere Praxis durchweg ab, die Bebauung eines bisher nicht bebauten Grundstückes durch den Mieter als Verwendung zu behandeln. Anders kann nur im Einzelfall die Errichtung von Dämmen oder Stützmauern oder bei gewerblich genutzten Grundstücken der Bau eines weiteren Stalles oder eines Kesselhauses zu behandeln sein, immer vorausgesetzt, daß durch diese Maßnahmen nicht der Zustand der Sache verändert wird.* Aus demselben Grund ist auch der Umbau eines Ladenlokals in eine Gaststätte keine Verwendung, jedenfalls keine notwendige Verwendung (BGH LM Nr 75 zu § 812 BGB = NJW 1967, 2255 = ZMR 1968, 105, 106), wohl aber natürlich ggf der bloße Umbau einer Gastwirtschaft (BGH LM Nr 22 zu § 538 BGB = NJW 1974, 743). Da nur die sog Erhaltungsmaßnahmen, also nur Maßnahmen zur Erhaltung der 13 vermieteten Sache in einem zum vertragsmäßigen Gebrauch geeigneten Zustand als Verwendungen angesehen werden, betrachtet die Praxis schließlich solche Maßnahmen des Mieters, durch die die Sache überhaupt erst in einen zum vertragsmäßigen Gebrauch geeigneten Zustand versetzt werden, ebenfalls nicht als Verwendungen; Ersatz für solche Maßnahmen kann der Mieter mithin nur nach § 538 Abs 2 bekommen; das gilt insbes für die Beseitigung von Mängeln durch den Mieter (BGH LM Nr 2 und 11 zu § 558 BGB; Nr 22 zu § 538 BGB B1 2; OLG Schleswig SchlHA 1957, 97; LG Bamberg WuM 1974, 71, 72; § 538 Rz 41; zweifelhaft). 2. Die notwendigen Verwendungen a) Als notwendige Verwendungen werden allgemein die angesehen, die auch der Eigentümer der Sache selbst hätte aufwenden müssen, um die Sache zu erhalten, die also objektiv zur Erhaltung oder zur ordnungsgemäßen Bewirtschaftung der Sache erforderlich sind.** Hierher gehören alle Aufwendungen, durch die die Sache vor einer unmittelbar bevorstehenden Verschlechterung oder vor dem unmittelbar bevorstehenden Untergang bewahrt werden sollen (MITTELSTEIN 341 f). Deshalb fallen Maßnahmen zur * B G H Z 10, 171, 177 f; 4 1 , 157 = J u S 1964, 3 2 8 N r 3 m N a c h w ; B G H L M N r 6 zu § 9 4 6 B G B ; N r 3 / 4 zu § 5 5 8 B G B ; B G H Z M R 1966, 144, 145 = W M 1965, 1028; a M z B BREETZKE a a O ; HANS § 5 4 7 ANM B 3 b ; ROQUETTE § 5 4 1 R z 8.

** RGZ 117, 112, 115; 139, 353, 356 f; RG JW 1930, 2655, 2656; HRR 1934 Nr 1026; LG B a m b e r g a a O ; B G H Z 4 1 , 157 = J u S 1964, 3 2 8 N r 3; B G H Z 64, 333, 3 3 9 ; B G H L M N r 14 zu § 1004 B G B ; L M N r 2 zu § 1000 B G B = N J W 1955, 340, 3 4 1 ; BGB-RGRK-GELHAAR § 5 4 7

Rz 4. (803)

Volker Emmerich

14

§547 15-17

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

Beseitigung schon entstandener Mängel nicht unter den Begriff ( s o R z 13; str). Es muß sich also immer um Maßnahmen zur Erhaltung oder Wiederherstellung des Bestandes der Sache in einem zum vertragsmäßigen Gebrauch geeigneten Zustand handeln. Wenn aber der Sache keine Gefahren drohen, so fallen Maßnahmen zur Erhaltung der Sache in einem zum vertragsmäßigen Gebrauch geeigneten Zustand immer nur unter § 538 Abs 2. 15 b) Beispiele sind der Wiederaufbau eines zerstörten Gebäudes (BGH WM 1967, 1147, 1148), insbes die Erhaltung der Bewohnbarkeit einer Wohnung, die je nach den Zeitverhältnissen und Umständen verschieden zu beurteilen sein kann (KG HuW 1948, 155; RG HRR 1929 Nr 1309), deshalb auch die Instandsetzung einer verwahrlosten und beschädigten Wohnung einschließlich des ersten Anstrichs (AG Essen-Steele WuM 1958, 37; LG Hamburg HuW 1948, 44; LG Bamberg WuM 1974, 71 f), die Verlegung der für die selbstverständlichen Haushaltsgeräte erforderlichen Anschlüsse, die Reparatur beschädigter Leitungen und die Ersetzung vorschriftswidriger durch ordnungsmäßige Leitungen (LG Bochum WuM 1957, 136; LG Bonn ZMR 1957, 408; LG Osnabrück WuM 1976, 172), das Beschlagen eines Pferdes, wenn das Pferd einen Huf verloren hat, die Reparatur des bei einem Sturm beschädigten Daches, wenn Schäden drohen, die Anbringung von Notdächern, um ein Gebäude vor dem Verfall zu bewahren (BGH Betrieb 1959, 828), sowie schließlich das Dichten eines Lecks an einem Schiff (MITTELSTEIN 341 Fn 3). Hingegen stellen die Kosten für den Ausbau einer Wohnung zu einer ärztlichen Praxis, wenn der Vermieter hierzu nicht verpflichtet ist, keine notwendigen Verwendungen des Mieters dar (OLG Karlsruhe NJW 1972, 2224, 2225); wohl aber die Ersetzung eines Heizungskessels (OLG Hamm Urt v i . 6 . 1 9 7 6 - 7 U 7/76, S 6) und die Erneuerung der Fenster (LG Bamberg aaO).

16 3. Der Ersatzanspruch des Mieters a) Der Mieter hat einen unbedingten Anspruch auf Ersatz dieser notwendigen Verwendungen, weil die betreffenden Maßnahmen an sich dem Vermieter aufgrund seiner Erhaltungspflicht oblegen hätten und der Mieter ihm folglich durch die Vornahme dieser Maßnahmen die dafür erforderlichen Kosten erspart hat. Der Anspruch entsteht mit Vornahme der Verwendungen (BGHZ 5, 197, 199). Da es sich meistens um die Abwendung drohender Gefahren handeln wird, trifft den Mieter keine Anzeigepflicht. Auch ist der Mieter nicht etwa verpflichtet, die notwendigen Verwendungen vorzunehmen. Anderes gilt nur bei unmittelbar drohenden Gefahren, wenn anders schwerer Schaden von der Sache nicht abgewendet werden kann (MITTELSTEIN aaO). Der Verwendungsersatzanspruch entfällt, wenn der Mieter selbst die der Sache drohende Gefahr zu vertreten hat. Da der Anspruch mit Vornahme der Verwendungen entsteht, richtet er sich gegen denjenigen, der zum Zeitpunkt der Vornahme der Verwendungen Vermieter ist, nicht etwa gemäß § 571 gegen einen späteren Erwerber des Grundstückes. Etwas anderes kann gelten, wenn nach den Abreden der Parteien die Fälligkeit des Anspruchs bis zum Vertragsende hinausgeschoben ist (dazu eingehend SCHOPP ZMR 1969, 257 ff). Vgl im übrigen noch die §§ 256 u 257. 17 b) Der Verwendungsersatzanspruch des Mieters verjährt nach § 558 innerhalb sechs Monaten nach Beendigung des Mietverhältnisses. Liegt ein längerer Zeitraum zwischen Vornahme der Verwendungen und Beendigung des Mietverhältnisses, so ist es auch denkbar, daß der Anspruch schon vorher verwirkt wird (BGH LM Nr 2 zu § 558 BGB = NJW 1959, 1629 Nr 4). Wird das Grundstück veräußert, so beginnt die Verjährung mit dem Augenblick der Veräußerung, spätestens jedoch Volker Emmerich

(804)

§547 3. Titel. Miete. Pacht

18-21

mit dem Augenblick, in dem der Mieter von der Veräußerung Kenntnis erlangt (§ 571 Rz 67 ff; BGH LM Nr 8 zu § 558 BGB; Nr 22 zu § 538 BGB = NJW 1965, 1225; 1974, 743). In der kurzen Frist des § 558 verjähren auch alle anderen auf Gesetz oder Vertrag gestützten Verwendungsersatzansprüche des Mieters, es sei denn, sie beruhten auf einem Rechtsverhältnis, das in keinem Zusammenhang mit dem Mietvertrag steht (BGH aaO; s § 558 Rz 16 f, 24 ff). c) Hat der Vermieter einen Anspruch auf Beseitigung baulicher Maßnahmen, so 18 kann der Mieter für diese Maßnahmen keinen Verwendungsersatz verlangen (BGH LM Nr 54 zu § 535 BGB = JR 1975, 61). III. Der Anspruch des Mieters auf Ersatz sonstiger Verwendungen

19

Für alle nicht notwendigen Verwendungen kann der Mieter von dem Vermieter Ersatz nur nach den Vorschriften über die Geschäftsführung ohne Auftrag verlangen (§ 547 Abs 2). 1. Die sonstigen Verwendungen Man unterscheidet im Anschluß an die §§ 994 und 996 üblicherweise notwendige, nützliche und Luxusverwendungen. § 547 trennt hingegen nur zwischen den notwendigen und den nicht notwendigen Verwendungen. Nicht notwendige Verwendungen sind deshalb sowohl die nützlichen Verwendungen, durch die der Verkehrswert der Sache objektiv gesteigert wird, als auch die Luxusverwendungen, die den Verkehrswert der Sache nicht erhöhen. Hierher gehören also sämtliche nützlichen und unnützen Verbesserungsaufwendungen des Mieters. Auch bei diesen Maßnahmen ist Voraussetzung, daß der Mieter gerade den Zweck verfolgt, die Sache zu verbessern, so daß der Mieter keinen Ersatz verlangen kann, wenn er die Maßnahmen nur in seinem eigenen Interesse und für seine eigenen Zwecke vorgenommen hat (OLG Karlsruhe ZMR 1974, 47 f; SCHMIDT-FUTTERER, MietR aaO). Ein Ersatzanspruch entfällt außerdem, wenn der Mieter die Notwendigkeit der Maßnahmen selbst verschuldet hat. Schließlich ist auch nicht denkbar, daß der Mieter für unnütze Maßnahmen nach den Vorschriften über die Geschäftsführung ohne Auftrag oder nach Bereicherungsrecht Ersatz verlangen könnte, so daß § 547 Abs 2 der Sache nach letztlich nur die nützlichen Verwendungen betrifft, durch die der Verkehrswert der Sache objektiv erhöht worden ist. Beispiele sind außer Schönheitsreparaturen etwa die Verstärkung der Leitungen, um 20 neue Geräte anschließen zu können, oder der Einbau eines Schutzschalters, damit ein Elektroherd angeschlossen werden kann (LG Darmstadt B1GBW 1960, 367 = MDR 1962, 739 Nr 53). 2. Der Ersatzanspruch nach dem Recht der Geschäftsführung ohne Auftrag Nach dem Recht der Geschäftsführung ohne Auftrag kann der Geschäftsführer Aufwendungsersatz verlangen, wenn er ein fremdes Geschäft mit Fremdgeschäftsführungswillen geführt hat (§ 677) und die Übernahme der Geschäftsführung dem Interesse und dem wirklichen oder dem mutmaßlichen Willen des Geschäftsherrn entspricht (§ 683 S 1 iVm § 670). Der entgegenstehende Wille des Geschäftsherrn ist nur im Falle des § 679 unbeachtlich, dh nur, wenn ohne die Geschäftsführung eine Pflicht des Geschäftsherrn, deren Erfüllung im öffentlichen Interesse liegt, nicht rechtzeitig erfüllt würde. Liegen die genannten Voraussetzungen nicht vor, so kann der Geschäftsführer Aufwendungsersatz nur verlangen, wenn der Geschäftsherr die (805)

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21

§547 22-25

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

Geschäftsführung genehmigt (§ 684 S 2). Andernfalls ist der Geschäftsführer auf Bereicherungsansprüche verwiesen (§ 648 S 1 iVm den §§ 812 ff). Hieraus ergibt sich für den Verwendungsersatzanspruch des Mieters folgendes: 22 a) Der Mieter muß, um Verwendungsersatz vom Vermieter verlangen zu können, mit Fremdgeschäftsfühningswillen gehandelt haben, dh den Willen gehabt haben, gerade für den Vermieter um der Sache willen tätig zu werden (§ 677). Ein Verwendungsersatzanspruch entfällt daher, wenn der Mieter die Verwendungen nur für seine Zwecke und in seinem eigenen Interesse gemacht hat (BGH LM Nr 3 zu § 683 BGB; KG OLGE 27, 144, 146; EMMERICH Diss 165; BGH LM Nr 2 zu § 30 MSchG, B1 3; SCHMIDT-FUTTERER, MietR aaO). In solchen Fällen kommen nur Bereicherungsansprüche des Mieters in Betracht (OLG Karlsruhe NJW 1972, 2224, 2225 = ZMR 1974, 47 f). Auch wenn der Mieter nicht die Absicht hatte, von dem Vermieter Ersatz zu verlangen, entfällt ein Verwendungsersatzanspruch (§ 685 Abs 23 b) Hat der Mieter - ausnahmsweise - mit Fremdgeschäftsfühningswillen gehandelt, so setzt der Verwendungsersatzanspruch außerdem voraus, daß die Verwendung sowohl dem Interesse als auch dem wirklichen oder mutmaßlichen Willen des Vermieters entspricht (§ 683 S 1). Diese Voraussetzungen sind schon dann nicht erfüllt, wenn sich die Parteien über die Maßnahmen nicht einigen konnten (BGH LM Nr 3 zu § 683 BGB). Hat sich wie idR der Vermieter nicht geäußert, so wird sein mutmaßlicher Wille nur sehr selten feststellbar sein (SCHOPP ZMR 1969, 257, 260). Wenn der Vermieter nicht von vornherein in die Maßnahmen eingewilligt hat, wird daher ein Verwendungsersatzanspruch des Mieters nach den §§ 547 Abs 2, 677, 683 und 670 nur selten in Betracht kommen. 24 c) Liegt keine im voraus erklärte Einwilligung des Vermieters vor, so wird nach dem Gesagten ein Verwendungsersatzanspruch des Mieters in aller Regel nur in Betracht kommen, wenn es sich ausnahmsweise um einen Fall des § 679 handelt (der Mieter führt zB vom Bauordnungsamt vorgeschriebene, dringende Maßnahmen durch) oder wenn der Vermieter die Maßnahmen genehmigt (§ 684 S 2). Bei der Annahme einer solchen Genehmigung ist jedoch große Vorsicht geboten. Die bloße Zustimmung zu den in den Maßnahmen liegenden baulichen Veränderungen genügt grundsätzlich noch nicht; vielmehr liegt darin in aller Regel nur eine Erlaubnis der über den vertragsmäßigen Gebrauch hinausgehenden Maßnahmen des Mieters (BGH LM Nr 3 zu § 683 BGB; Nr 6 zu § 547 BGB = NJW 1959, 2163; OLG Karlsruhe NJW 1972, 2225 ff = ZMR 1974,47 f). Eine Genehmigung iS des § 684 S 2 kann man also nur annehmen, wenn der Vermieter damit zum Ausdruck brachte, daß die fragliche Maßnahme vom Mieter gerade in seinem, des Vermieters, Interesse vorgenommen wird. Liegt eine derartige Genehmigung des Vermieters nicht vor, so kommen nach § 684 S 1 nur Bereicherungsansprüche des Mieters in Betracht (BGH LM Nr 6 zu § 547 BGB; Nr 2 zu § 30 MSchG, B1 3 = NJW 1959, 2163; 1963, 1299, 1301). 25 d) Der Verwendungsersatzanspruch entsteht mit der Vornahme der Verwendungen. Er richtet sich also gegen diejenige Person, die in diesem Augenblick Vermieter ist, nicht gegen einen späteren Erwerber des Grundstückes aufgrund des § 571. Jedoch kann auch der Erwerber nachträglich Verwendungen des Mieters nach § 684 S 2 genehmigen mit der Folge, daß er zum Ersatz verpflichtet ist. Die Verjährungsfrist richtet sich nach § 558. Der Anspruch entfällt, wenn der Mieter aufgrund des Vertrages zur Vornahme der fraglichen Maßnahmen verpflichtet ist (BGH LM Nr 11 zu § 558 BGB; Nr 75 zu § 812 BGB = ZMR 1968, 105, 106) oder wenn der Mieter zur Beseitigung der Maßnahmen verpflichtet ist. Volker Emmerich

(806)

3. Titel. Miete. Pacht

§547 26-30

3. Der Verwendungsersatzanspruch des Mieters nach Bereicherungsrecht

26

Stellen sich die Maßnahmen des Mieters nicht als berechtigte Geschäftsführung ohne Auftrag iS der §§ 677 und 683 dar, so kann der Mieter Verwendungsersatz nur nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung verlangen (§§ 547 Abs 2, 684 S 1, 812, 818 Abs 2). § 684 S 1 ist eine Rechtsgrundverweisung, so daß alle Voraussetzungen des § 812 für einen Anspruch des Mieters auf Verwendungsersatz erfüllt sein müssen. Hingegen spielt es keine Rolle, ob die Maßnahme dem Interesse oder dem Willen des Vermieters entspricht. Nur wenn der Mieter von vornherein keinen Ersatz verlangen wollte, entfällt der Anspruch. Von einer grundlosen Bereicherung des Vermieters kann von vornherein keine 27 Rede sein, wenn der Mieter zur Vornahme der fraglichen Maßnahme aufgrund des Vertrages verpflichtet war (BGH LM Nr 75 zu § 812 BGB = ZMR 1968, 105, 106 f). In solchen Fällen kommt jedoch nach ständiger Rechtsprechung ein Verwendungsersatzanspruch dann in Betracht, wenn das Vertragsverhältnis vorzeitig beendet wird, so daß der Vermieter früher als vereinbart in den Genuß der Verwendungen des Mieters gelangt. Es wird dann so angesehen, als sei der Vermieter durch eine Leistung des Mieters vorzeitig ohne Grund um den erhöhten Ertragswert der Sache bereichert, so daß der Mieter diesen kondizieren kann; entscheidend ist dafür die Erhöhung des objektiven Ertragswerts, die vor allem an der Zahlung einer höheren Miete durch den Nachfolgemieter abzulesen ist. Ein vertraglicher Ausschluß steht diesem Bereicherungsanspruch nicht entgegen.* Maßgebender Zeitpunkt für die Frage, ob der objektive Verkehrswert erhöht 28 worden ist, ist der der Vollendung der Maßnahme, insbes der der Fertigstellung des Baues; in diesem Augenblick entsteht auch der Anspruch (BGHZ 5, 197, 199 f; BGH WM 1967, 1147 ff; aM für Sonderfälle BGHZ 10, 171, 180; 35, 356, 358). Maßgebend ist der objektive Verkehrswert, nicht ein etwaiger unter Verstoß gegen gesetzliche Bestimmungen gezahlter, überhöhter Preis (BGHZ 5, 197, 201 f). Der Anspruch wird grundsätzlich nicht verzinst (BGH WM 1967, 1147, 1149). Anspruchsgegner ist der Vermieter, der bei Vornahme der Verwendungen Vertragspartner des Mieters war, nicht jedoch ein etwaiger späterer Erwerber nach § 571. IV. Der Gebrauchsaufwand

29

Nach § 547 Abs 1 S 2 muß der Mieter eines Tieres die Fütterungskosten tragen. Daraus ergibt sich der allgemeine Grundsatz, daß der Mieter den gesamten Gebrauchsaufwand tragen muß. Beispiele sind (außer den Fütterungskosten) bei der Miete beweglicher Sachen und Maschinen zB die Kosten der Betriebs- und Schmierstoffe, sowie bei der Miete einer Wohnung die Kosten von Gas und Strom sowie, wenn die Wohnung nicht mit Heizung vermietet ist, die Kosten der Heizstoffe. Hingegen stellen die Kosten zur Pflege eines kranken Tieres oder des Beschlagens eines Pferdes stets notwendige Verwendungen dar, die der Vermieter tragen muß. V. Abweichende Vereinbarungen 1. Namentlich bauliche Maßnahmen des Mieters können nach den Abreden der Parteien auch eine Mietvorauszahlung oder einen Baukostenzuschuß darstellen. Ist dies der Fall, so ist für eine Anwendung des § 547 kein Raum; vielmehr gelten dann * R G Z 158, 394, 401 f; RG JW 1932, 2977 f; BGH LM Nr 11 zu § 558 BGB; LM Nr 75 zu § 812 BGB; Nr 4 zu § 994 BGB = MDR 1956, 598, 599 m Anm R E I N I C K E ; OLG Hamburg MDR 1974, 584 f Nr 63; OLG Karlsruhe ZMR 1974, 47 f; OLG Hamm ZMR 1971, 17 f. («07)

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30

§§ 547, 547 a 31-33

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

die Grundsätze über Mietvorauszahlungen (§ 557 a) und über Baukostenzuschüsse. Wichtige Anhaltspunkte dafür, daß die Leistungen des Mieters als Mietvorauszahlung anzusehen sind, sind Unverzinslichkeit, Unkündbarkeit und namentlich Verrechnung der Leistungen auf den Mietzins (BGHZ 54, 347, 350; auch schon BGH LM Nr 8 zu § 818 Abs 2 BGB = ZMR 1960, 143; OLG Hamburg MDR 1974, 584 f; s dazu Vorbem 123 ff zu §§ 535, 536). 31 2. § 547 ist nicht zwingend, so daß der Verwendungsersatzanspruch des Mieters über den gesetzlichen Rahmen hinaus beschränkt oder auch ganz ausgeschlossen werden kann. Wie schon betont, ist dies namentlich dann anzunehmen, wenn der Mieter zur Vornahme der Verwendungen verpflichtet ist (zB OLG Schleswig SchlHA 1957, 97 f). Bei einer vorzeitigen Vertragsbeendigung kommt dann jedoch, wie ebenfalls schon betont, ein Bereicherungsanspruch des Mieters in Betracht (insbes RGZ 158, 394, 401 f). Aber auch der Bereicherungsanspruch entfällt, wenn der Vermieter nach dem Vertrag von dem Mieter Beseitigung namentlich eines vom Mieter errichteten Gebäudes verlangen kann (BGH LM Nr 6 und 9 zu § 547 BGB). Ein solcher Ausschluß läßt jedoch das Wegnahmerecht des Mieters aus § 547 a grundsätzlich unberührt. 32 3. Wird vereinbart, daß der Mieter bei vorzeitiger Vertragsbeendigung keinen Ersatz für die Verwendungen verlangen kann (sog Verfallklausel), so ist ein Vertragsstrafenversprechen anzunehmen, so daß entsprechend § 343 eine Herabsetzung in dem Sinne in Betracht kommt, daß der Mieter wenigstens teilweise Verwendungsersatz verlangen kann (BGH LM Nr 13 zu § 339 BGB = NJW 1968, 1625 = WM 1968, 799). Bei Wohnraummietverhältnissen sind zudem solche Klauseln unwirksam (§ 550 a). Dasselbe gilt nach § 11 Nr 6 AGBG für alle anderen Mietverträge, wenn die Klausel in AGB oder Formularverträgen enthalten ist (s LÖWE-GRAF VON WESTPHALEN-TRINKNER, AGBG § 11 Nr 6 Rz 6 ; HENSEN, in: ULMER-BRANDNERHENSEN, AGBG § 11 Nr 6 Rz 8). Vgl außerdem auch noch § 10 Nr 7 lit b AGBG für Mieter-AGB. 33 VI. Beweislast Die Beweislast für sämtliche Voraussetzungen des Verwendungsersatzanspruchs trifft ausschließlich den Mieter. § 547 a Der Mieter ist berechtigt, eine Einrichtung, mit der er die Sache versehen hat, wegzunehmen. Der Vermieter von Räumen kann die Ausübung des Wegnahmerechts des Mieters durch Zahlung einer angemessenen Entschädigung abwenden, es sei denn, daß der Mieter ein berechtigtes Interesse an der Wegnahme hat. Eine Vereinbarung, durch die das Wegnahmerecht des Mieters von Wohnraum ausgeschlossen wird, ist nur wirksam, wenn ein angemessener Ausgleich vorgesehen ist. 2. Gesetz zur Änderung mietrechtlicher Vorschriften vom 14. 7. 1964 (BGBl I 457) Art I Nr 6; § 547 Abs 2 S 2 aF; Prot II 176 f.

Schrifttum Siehe bei § 547.

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(808)

3. Titel. Miete. Pacht

§547 a 1,2

Systematische Übersicht Vorbemerkung 1

IV. Die Abwendungsbefugnis des Vermieters 18 1. Die angemessene Entschädigung 19 2. Das berechtigte Interesse des Mieters 26

I. Überblick 2

V. Der Ausschluß des Wegnahmerechts 1. Abweichende Vereinbarungen 27 2. Die Rechtslage bei der Wohnraummiete 30 3. Die Besonderheiten bei Baukostenzuschüssen 31 VI. Prozessuales 32

II. Die Einrichtung 1. Definition 8 2. Beispiele 10 III. Das Wegnahmerecht 12

Alphabetische Übersicht Abtretung 15 Abweichende Vereinbarungen 27 Abwendungspflicht 23 Abwendungsrecht 18, 20 Aneignungsrecht 14 Anzeigepflicht 21 Ausschluß des Wegnahmerechts 27 ff, 30 Baukostenzuschüsse 32 Bauliche Veränderungen 11 Beispiele 10,31 Bereicherungsanspruch 6 Beweislast 34 Eigentümer8, 13 Eingefügte Sachen 11 Einrichtung 8 ff Elektive Konkurrenz 16 Entschädigung 19, 24

Maßgeblicher Zeitpunkt 4 Mieterinteresse 26 Obligatorischer Anspruch 2 Prozessuales 33 Trennungsrecht 17 Unentgeltliche Überlassung der Einrichtung 28 Veräußerung 17, 22 Verwendungen 9 Wegnahmerecht 3-5,12 ff, 17 Wohnraummiete 31 Zurücklassen der Einrichtung 25

Vorbemerkung 1 § 547 a wurde durch das 2. MietRÄndG in das BGB eingefügt. Abs 1 entspricht dem alten § 547 Abs 2 S 2. Die Absätze 2 und 3 sind neu (vgl dazu die Begr z RegE, BT-Dr I V / 8 0 6 ; den Bericht des Rechtsausschusses, zu BT-Dr IV/2195 = HANS § 547 a Anm A 2). I. Überblick

2

1. § 547 a soll die Abwicklung von Mietverhältnissen regeln, wenn der Mieter Einrichtungen angebracht hat und diese wieder abtrennen will. Der Mieter hat dann keinen Herausgabeanspruch, sondern kann vom Vermieter nur Duldung der Wegnahme verlangen (s u Rz 12 ff). Der dem Mieter damit eingeräumte Anspruch auf Duldung der Wegnahme ist ein obligatorischer Anspruch, der unabhängig ist von der dinglichen Rechtslage (§ 258). Es spielt deshalb keine Rolle, ob der Mieter Eigentümer der Einrichtungen war oder ist. Auch fremde Einrichtungen und solche Einrichtungen, die in das Eigentum des Vermieters übergegangen sind, darf der Mieter wegnehmen. Wenn jedoch die Einrichtung der Sache nach eine Mietvorauszahlung (809)

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§547 a 3-7

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

oder einen Baukostenzuschuß darstellt, gelten für die Abwicklung allein die hierfür entwickelten Grundsätze. 3 2. § 547 a regelt allein das Wegnahmerecht des Mieters nach Vertragsbeendigung. Er sagt also nichts darüber, ob der Mieter überhaupt eine Einrichtung anbringen darf. Diese Frage beurteilt sich allein nach dem Vertrag und den Grenzen des vertragsmäßigen Gebrauchs (§ 535). Ebensowenig läßt sich aus § 547 a etwas für die Frage entnehmen, ob der Mieter zur Beseitigung der Einrichtungen verpflichtet ist. Auch hierfür sind ausschließlich der Vertrag und § 556 maßgebend. Eine Wegnahmepflicht entfällt aber jedenfalls, wenn durch die Einrichtungen die Sache überhaupt erst in einen zum vertragsmäßigen Gebrauch geeigneten Zustand versetzt worden ist (LG Bochum NJW 1967, 2015 f für die Einrichtung eines Ladenlokals). Uberhaupt ist eine Wegnahmepflicht zu verneinen, wenn der Vermieter mit den Einrichtungen einverstanden war und diese ihrer Art nach für Dauer bestimmt sind. Hingegen muß der Mieter die Einrichtungen beseitigen, wenn er mit ihrer Anbringung die Grenzen des vertragsmäßigen Gebrauchs überschritten hat und der Vermieter damit auch nicht einverstanden war (SCHMIDT-FUTTERER MDR 1970, 375, 376 f; ders, Miete und Pacht 172 ff; ebenso zB LG Mannheim WuM 1976, 49, 51 für die Beseitigung eines Teppichbodens). 4 3. Das Wegnahmerecht ist bedeutsam nur nach Beendigung des Vertragsverhältnisses, wenn der Mieter die Sache dem Vermieter zurückgegeben hat. Solange der Mieter noch im Besitze der Sache ist, darf er ohnehin stets die von ihm angebrachten Einrichtungen abtrennen. Das Wegnahmerecht verwandelt sich in einen Herausgabeanspruch, wenn der Vermieter die Einrichtungen abgetrennt und in Besitz genommen hat. Soweit das Eigentum an den Einrichtungen auf den Vermieter übergegangen ist, enthält das Wegnahmerecht zugleich eine Aneignungsbefugnis des Mieters. 5 4. Das Wegnahmerecht kann stets nur einheitlich hinsichtlich der gesamten Einrichtungen einschließlich aller wesentlichen Bestandteile ausgeübt werden. Der Mieter darf nicht etwa nur die wertvollen Teile mitnehmen, die wertlosen hingegen zurücklassen. 6 5. Nur wenn eine Wiederherstellung des früheren Zustandes nach der Wegnahme nicht möglich ist (s § 258), verwandelt sich das Wegnahmerecht in einen bloßen Bereicherungsanspruch. In Ausnahmefällen kann die Ausübung des Wegnahmerechts gegen Treu und Glauben verstoßen, namentlich wenn die Ausübung des Rechts für den Vermieter erhebliche Schäden, für den Mieter hingegen keinen Nutzen bringt. Vorstellbar ist dies namentlich bei wesentlichen Bestandteilen der Mietsache, zB bei Blumen und Sträuchern im Garten, deren Verpflanzung nicht möglich ist. 7 6. Neben den §§ 547 und 547 a bleibt stets § 951 anwendbar. Jedoch verliert der Mieter durch die Möglichkeit, nach den §§ 951 und 812 vom Vermieter Bereicherungsausgleich zu verlangen, sein Wegnahmerecht aus § 547 a nicht (§ 951 Abs 2 S 1). Freilich enthält § 951 Abs 2 auch keine Erweiterung des Wegnahmerechts des Mieters über § 547 a hinaus auf alle Fälle, in denen er einen Rechtsverlust durch Verbindung (§ 946) erleidet (BGHZ 40, 272, 280 = JuS 1964,248 Nr 5 m Nachw; aM

zB

BAUR-WOLF J u S

1966,

393,

3 9 8 f ; PALANDT-BASSENGE

§ 951

Anm

3 c

m Nachw). Keine Bedeutung für den Mieter hat hingegen das Wegnahmerecht des Besitzers aus § 997, da diese Vorschrift nur für den gut- oder bösgläubigen, dh unrechtmäßigen Besitzer gilt (PALANDT-BASSENGE § 997 Anm 2; S O E R G E L - M E Z G E R § 547 Rz 7).

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(810)

§547 a 3. Titel. Miete. Pacht

8-10

II. Die Einrichtung 1. Definition

8

Einrichtungen sind bewegliche Sachen, die vom Mieter mit dem Mietobjekt körperlich verbunden werden und die dazu bestimmt sind, dem wirtschaftlichen Zweck der Mietsache zu dienen. Es handelt sich dabei also um Nebensachen, die in ihrer wirtschaftlichen Bestimmung der Mietsache untergeordnet sind. Ihr Zweck besteht in einer besseren, wirtschaftlichen Benutzung der Hauptsache, so daß reine Baumaßnahmen nicht unter den Begriff der Einrichtung fallen. Ihre Anbringung erfolgt in erster Linie im eigenen Interesse des Mieters. Ob die Verbindung mit der Mietsache leicht oder schwer zu lösen ist, spielt ebensowenig eine Rolle wie die Frage, ob der Wert der Mietsache durch die Einrichtung erhöht wird. Keine Einrichtungen sind hingegen selbständig bleibende, bewegliche Sachen, da selbstverständlich ist, daß der Mieter diese Sachen stets als sein Eigentum wieder entfernen kann. Auch die Ersetzung einer schon vorhandenen Einrichtung durch eine andere fällt unter § 547 a. Darauf, ob die Anbringung der Einrichtung erforderlich war, kommt es hier nicht an. Da die Verbindung in aller Regel nur zu einem vorübergehenden Zweck erfolgt, bleibt der Mieter grundsätzlich Eigentümer der Einrichtung (§ 95 Abs 1 S 2 und Abs 2). Notwendig ist dies jedoch nicht. Einrichtungen liegen vielmehr auch vor, wenn die vom Mieter angebrachten, beweglichen Sachen zu wesentlichen Bestandteilen der Mietsache werden und deshalb in das Eigentum des Vermieters übergehen.* Umstritten ist, ob Einrichtungen zugleich Verwendungen sein können (dafür R WEI- 9 MAR aaO; dagegen insbes SCHOPP ZMR 1969, 257 ff). Die Frage läßt sich nicht generell beantworten. Da der Mieter bei der Anbringung von Einrichtungen idR allein im eigenen Interesse handelt, werden Einrichtungen in der Tat regelmäßig nicht zugleich Verwendungen iS des § 547 sein. Es ist jedoch nicht ausgeschlossen, daß der Mieter dabei zugleich auch im Interesse des Vermieters handelt, so daß die Einrichtungen dann einen Sonderfall der nützlichen Verwendungen darstellen. Nur im letzteren Fall konkurriert § 547 a mit § 547. Maßgebend ist also der Zweck, den der Mieter mit der fraglichen Maßnahme verfolgt. Der entscheidende Zeitpunkt ist dabei der der Vornahme der Maßnahme; eine spätere Willensänderung dürfte nicht möglich sein (aM insbes SCHOPP aaO). 2. Beispiele

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Als bewegliche Sachen, die der Mieter mit der Mietsache verbindet, um diese wirtschaftlich besser nutzen zu können, kommen namentlich in Betracht: einzelne Öfen (LG München ZMR 1962, 198), eine Heizungsanlage und insbes der Einbau einer ölzentralheizung (BGH LM Nr 3 zu § 547 BGB = NJW 1958, 2109 f; Nr 14 zu § 276 [Hb] BGB = ZMR 1969, 172 f; Nr 2 zu [Deutscher Einheits-jMietvertrag = ZMR 1969, 340 ff), Badeeinrichtungen wie zB Waschbecken, Badewannen, Gasbadeöfen oder Toiletten (BGH aaO), Waschküchenanlagen, neue Beleuchtungsanlagen, Apparate und Maschinen, Wandschränke und Rolläden, das Einpflanzen von Sträuchern und Blumen im Garten (OLG Celle NdsRpfl 1969, 283, * R G Z 106, 49, 51 f; R G B a y Z 1914, 2 2 9 ; R G D R 1944, 4 9 0 , 4 9 1 ; B G H L M Nr 8 zu § 558 B G B

B1 2 = NJW 1965, 1225; LM Nr 14 zu § 276 (Hb) BGB = NJW 1969, 40; Nr 2 zu (Deutscher Einheits-)Mietvertrag = WM 1969, 1114; OLG Celle NdsRpfl 1969, 283, 284; SCHMIDT-FUTTERER, MietR, s v Einrichtungen; LG München ZMR 1972, 198; LG Duisburg MDR 1956, 35 Nr 21; eingehend insbes R WEIMAR ZMR 1964, 69 ff m Nachw; BGB-RGRK-GELHAAR § 547 a Rz 3. (811)

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§547 a 11-16

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

284), die Ersetzung der normalen Scheiben durch Butzenscheiben, der Bau eines Pavillons oder eines Schuppens im Garten, die Verlegung von Anschlußgleisen sowie schließlich das Verlegen eines Teppichbodens (KG ZMR 1972, 80, 81). 11 Hingegen sind Sachen, die in die Mietsache eingefügt werden, um diese überhaupt erst in einen zum vertragsmäßigen Gebrauch geeigneten Zustand zu versetzen, oder durch die die Mietsache verändert werden, keine Einrichtungen. Dasselbe gilt für sämtliche baulichen Veränderungen und für alle zur Herstellung in das Mietobjekt eingefügten Sachen wie Balken, Steine oder die Verlegung von Leitungen. Die Einziehung von Böden oder Zwischendecken, die Errichtung neuer Wände oder Schornsteine und ähnliche Maßnahmen sind daher keine Einrichtungen (LG Duisburg MDR 1956, 35; OLG Celle NdsRpfl 1969, 283, 284).

12 III. Das Wegnahmerecht Nach § 547 a Abs 1 ist der Mieter berechtigt, Einrichtungen in dem genannten Sinne, sofern er sie mit der Sache verbunden hat, wegzunehmen. Nach § 258 S 1 hat er im Falle der Wegnahme die Mietsache auf seine Kosten in den vorigen Stand zu setzen. Nach Rückgabe der Sache muß nach § 258 S 2 der Vermieter die Wegnahme der Einrichtung gestatten; er kann jedoch die Gestattung verweigern, bis ihm für den mit der Wegnahme verbundenen Schaden Sicherheit geleistet ist (s dazu EMMERICH, in: Grundlagen des Vertrags- und Schuldrechts [1974] 336). 13 1. Das Wegnahmerecht wird bedeutsam erst nach Rückgabe der Sache an den Vermieter. Solange der Mieter noch im Besitze der Sache ist, ist er zur Trennung der von ihm mit der Mietsache verbundenen Einrichtungen jedenfalls dann stets ohne weiteres berechtigt, wenn er Eigentümer der Einrichtungen geblieben ist. Dasselbe muß aber auch dann gelten, wenn der Vermieter ausnahmsweise Eigentümer geworden ist. In diesem Fall kann man nicht annehmen, daß der Mieter sein Aneignungsrecht erst nach Rückgabe der Sache an den Vermieter ausüben könnte. 14 2. Nach Rückgabe der Sache an den Vermieter hat der Mieter, auch wenn er Eigentümer geblieben ist, keinen Herausgabeanspruch (§ 985), sondern ist auf den Wegnahmeanspruch beschränkt; der Vermieter ist also nicht verpflichtet, die Einrichtung des Mieters von der Mietsache abzutrennen, sondern muß nur die Wegnahme, dh die Trennung durch den Mieter dulden; solange der Mieter sein Wegnahmerecht nicht ausgeübt hat, hat der Vermieter folglich ein Besitzrecht (§ 986; grdleg RGZ 109, 128, 129, 131; RG WarnR 1934 Nr 51). Soweit die Einrichtungen wesentliche Bestandteile geworden sind, umfaßt dabei das Wegnahmerecht auch ein Aneignungsrecht des Mieters (OLG Kiel SchlHA 1934, 222, 224; LG München ZMR 1962, 198). Der Anspruch auf Duldung der Wegnahme ist ein obligatorischer Anspruch (BGH ZMR 1960, 304), die Verweigerung der Wegnahme daher eine positive Forderungsverletzung, die den Vermieter zum Schadensersatz verpflichtet (BGH LM Nr 14 zu § 276 [Hb] BGB = ZMR 1969, 172 f). 15 3. Der Wegnahmeanspruch ist als Forderung wie jede andere Forderung abtretbar (§ 398). In der Veräußerung der Einrichtungen an den Nachmieter liegt daher grundsätzlich zugleich konkludent die Abtretung des Wegnahmeanspruchs gegen den Vermieter (BGH LM Nr 14 zu § 276 [Hb] BGB = ZMR 1969, 172; LG München ZMR 1962, 198 f). 16 4. Wenn der Mieter von seinem Wegnahmerecht Gebrauch macht, entfallen etwaige konkurrierende Verwendungs- oder Bereicherungsansprüche (BGH LM Nr 6 zu § 946 BGB = NJW 1954, 265 f). Im Verhältnis zu diesen Ansprüchen soll kein Wahlschuldverhältnis, sondern sog elektive Konkurrenz vorliegen (BGH aaO). Volker Emmerich

(812)

§547 a 3. Titel. Miete. Pacht

17-21

5. Umstr ist die Rechtslage im Falle einer Veräußerung des vermieteten Grund- 17 stücks (§ 571 Rz 72). Die Praxis unterscheidet insoweit zwischen dem Trennungsrecht des Mieters während seiner Besitzzeit und dem eigentlichen Wegnahmerecht nach Rückgabe an den Vermieter. Das Trennungsrecht wird durch eine Veräußerung der Sache nach Anbringung der Einrichtungen nicht berührt, so daß der Mieter Sachen, die er vor der Veräußerung angebracht hat, auch noch danach wieder von der Mietsache trennen kann (BGH LM Nr 8 zu § 558 BGB, B1 3 f = NJW 1965, 1225). Anders steht es jedoch mit dem Wegnahmerecht, das sich als bloßer obligatorischer Duldungsanspruch stets nur gegen denjenigen Vermieter richtet, der zur Zeit der Anbringung der Einrichtungen Vertragspartner des Mieters war. Der Anspruch fällt unter § 558 und verjährt deshalb binnen 6 Monaten nach Beendigung des Mietverhältnisses durch Veräußerung der Sache und kann deshalb danach gegen den Erwerber nicht mehr durchgesetzt werden (so BGH aaO; OLG Düsseldorf Glaser ES 1963, 46; OLG Hamburg ZMR 1957, 6). Dabei dürfte jedoch übersehen sein, daß der Anspruch auf Duldung der Wegnahme erst mit Rückgabe der Sache an den Vermieter fällig wird, so daß er auch nicht vorher verjähren kann (so mit Recht LG München ZMR 1962, 198; R O Q U E T T E § 547 a Rz 8, § 571 Rz 36; SCHOPP ZMR 1 9 6 9 , 2 5 7 f f ; W WEIMAR Z M R

1965, 1 9 8 f).

IV. Die Abwendungsbefugnis des Vermieters

18

Bei der Raummiete, worunter sowohl die Wohnraummiete als auch die gewerbliche Raummiete fallen, kann der Vermieter die Ausübung des Wegnahmerechts durch die Zahlung einer angemessenen Entschädigung abwenden, außer wenn der Mieter ein berechtigtes Interesse an der Wegnahme hat (§ 547 a Abs 2). Vorbild für das Übernahmerecht des Vermieters waren die üblich gewordenen Vertragsbestimmungen (vgl die Begr z RegE aaO). 1. Die angemessene Entschädigung

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a) Das Wegnahmerecht des Mieters kann der Vermieter nur durch Zahlung, also nicht durch das bloße Angebot einer angemessenen Entschädigung, abwenden. Solange der Vermieter nicht gezahlt hat, kann der Mieter mithin sein Wegnahmerecht ausüben. b) Das Abwendungsrecht erlischt, sobald der Mieter die Einrichtung von der 20 Mietsache wieder abgetrennt hat, selbst wenn sie sich noch in den Mieträumen befindet, weil dann der Vermieter keinen Besitz an den Einrichtungen mehr hat ( B U R K H A R D T B B 1964, 771, 772; enger zu Unrecht S O E R G E L - M E Z G E R § 547 a Rz 14). c) Lebhaft umstr ist, ob der Mieter verpflichtet ist, dem Vermieter durch die 21 Mitteilung seiner Absicht, Einrichtungen wieder abzutrennen oder wegzunehmen, die Ausübung seines Abwendungsrechts zu ermöglichen. Der Rechtsausschuß hatte eine derartige Anzeigepflicht des Mieters mit Rücksicht auf das (angebliche) Besichtigungsrecht des Vermieters abgelehnt (vgl den schriftlichen Bericht des Rechtsausschusses aaO; ebenso zu Unrecht B G B - R G R K - G E L H A A R § 547 a Rz 9). Im Schrifttum wird eine Mitteilungspflicht zum Teil aus § 242 und im Falle der Veräußerung der Einrichtungen an den Nachmieter oder den Untermieter zT auch aus einer entsprechenden Anwendung des § 510 hergeleitet ( S O E R G E L - M E Z G E R § 547 a Rz 10; W W E I M A R N J W 1965, 1163 f). Da der Gesetzgeber jedoch ausdrücklich die Aufnahme einer Anzeigepflicht ins Gesetz abgelehnt hat, kann eine solche auch nicht nachträglich dem Mieter über § 242 oder § 510 auferlegt werden ( B U R K H A R D T (813)

Volker Emmerich

§547 a 22-28

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

aaO; HANS § 547 a Anm B 4). Ebensowenig geht es an, dem Vermieter über den normalen Rahmen hinaus (s §§ 535, 536 Rz 138 m Nachw) ein Recht zur Besichtigung der Mieträume einzuräumen, damit er sich über die Ausübung seines Abwendungsrechtes schlüssig werden kann (str). 22 d) Im Falle der Veräußerung des Grundstücks steht das Abwendungsrecht nach § 571 dem Erwerber zu. 23 e) Der Mieter kann den Vermieter, wenn nichts anderes vereinbart ist, nicht zur Abwendung durch Zahlung einer angemessenen Entschädigung zwingen. Es besteht also keine Abwendungspflicht des Vermieters. Abweichende Vereinbarungen sind zwar, wie betont, möglich; jedoch ergibt sich aus der bloßen Zustimmung des Vermieters zur Anbringung der Einrichtungen noch nicht eine derartige Abwendungspflicht. 24 f) Die Abwendung kann schon im voraus oder nachträglich durch Vereinbarung der Parteien oder einseitig durch Ausübung des Rechts seitens des Vermieters erfolgen. Immer setzt sie die Zahlung einer angemessenen Entschädigung voraus. Bei deren Ermittlung ist von dem Zeitwert der Einrichtung auszugehen; daneben sind jedoch auch der Wertverlust durch den Ausbau der Einrichtung und vor allem die Kosten für die Wiederherstellung des früheren Zustandes (§ 258) zu berücksichtigen (so ausdrücklich der Rechtsausschuß aaO; BGH LM Nr 2 zu [Deutscher Einheits-] Mietvertrag = ZMR 1969, 340, 342). 25 Der Vermieter ist zur Zahlung dieser Entschädigung auch verpflichtet, wenn der Mieter auf seine Forderung hin die Einrichtung zurückläßt; es ist nicht erforderlich, daß der Vermieter dabei zugleich eine angemessene Entschädigung angeboten hatte (BGH aaO). Die Ablehnung einer Entschädigung kann nur als Angebot zum Abschluß eines Verzichtsvertrages angesehen werden, wobei jedoch in der Zurücklassung der Einrichtungen noch nicht die Annahme dieses Antrags liegt (BGH aaO). 26 2. Das berechtigte Interesse des Mieters Das Abwendungsrecht des Vermieters entfällt, wenn der Mieter ein berechtigtes Interesse an der Wegnahme hat (§ 547 a Abs 2). Als solches Interesse kommen alle vernünftigen sachlichen Gründe des Mieters für die Wegnahme in Betracht. Der Mieter hat zB ein berechtigtes Interesse an der Wegnahme, wenn es sich bei der Einrichtung um ein wertvolles und unersetzliches Erbstück handelt, wenn die Einrichtung auf dem Markt nicht mehr erhältlich ist oder wenn die Kosten der Wegnahme gering, die Kosten der Anschaffung einer neuen Einrichtung jedoch sehr hoch sind.

V. Der Ausschluß des Wegnahmerechts 27 1. Abweichende Vereinbarungen a) § 547 a ist - von der Wohnraummiete abgesehen (s § 547 a Abs 3 und dazu u Rz 31) - nicht zwingend, so daß das Wegnahmerecht auch vertraglich ausgeschlossen werden kann (MITTELSTEIN 345). Aus einer solchen Klausel folgt jedoch nicht ohne weiteres, daß der Mieter dann zur unentgeltlichen Überlassung aller Einrichtungen an den Vermieter verpflichtet ist. Ob und wieweit der Vermieter zur Erbringung einer Gegenleistung verpflichtet ist, ist vielmehr eine Frage der Auslegung. 28 b) Umstritten ist, ob die Verpflichtung des Mieters zur unentgeltlichen Überlassung der Einrichtungen an den Vermieter sittenwidrig ist (s KÜRZEL DWW 1967, 72 Volker Emmerich

(814)

3. Titel. Miete. Pacht

§547 a 29-33

m Nachw). Obwohl es sich hierbei um eine sog mißbilligte Klausel handelt, kann die Frage doch heute mit Rücksicht auf die Sonderregelung für die Wohnraummiete in § 547 a Abs 3 nicht mehr generell bejaht werden. Bei der gewerblichen Raummiete kann sich deshalb die Sittenwidrigkeit einer Abrede über die unentgeltliche Überlassung der Einrichtungen an den Vermieter nur aus zusätzlichen, besonderen Umständen ergeben; grundsätzlich sind derartige Klauseln zulässig (BGH LM Nr 3 und 9 zu § 547 BGB; OLG Hamburg MDR 1964, 509 Nr 69). Kommt es in einem solchen Fall zu einer vorzeitigen Beendigung des Mietverhältnisses, so bleiben dem Mieter jedoch Bereicherungsansprüche, wenn der Vermieter infolgedessen grundlos in den vorzeitigen Genuß werterhöhender Einrichtungen gelangt. Bei AGB und Formularverträgen können auch je nach den Umständen des Falles die §§ 7 u 11 Nr 6 AGBG eingreifen. c) Das Wegnahmerecht ist außerdem ausgeschlossen, wenn der Mieter vertraglich 29 zur Vornahme der Einrichtungen verpflichtet ist (OLG Breslau GrundE 1934, 832) oder wenn er von vornherein die Einrichtungen dem Vermieter unentgeltlich überlassen will. 2. Die Rechtslage bei der Wohnraummiete 30 Besonderheiten gelten insoweit nach § 547 a Abs 3 bei der Wohnraummiete, weil hier das Wegnahmerecht des Mieters vertraglich nur ausgeschlossen werden kann, wenn dafür im Mietvertrag ein angemessener Ausgleich vorgesehen wird. Der angemessene Ausgleich braucht dabei nicht notwendigerweise in einer Geldentschädigung zu bestehen; vielmehr kann auch ein sonstiges Entgegenkommen des Vermieters in der Gestaltung der vertraglichen Beziehungen als angemessener Ausgleich zu werten sein (so der Rechtsausschuß aaO). Beispiele sind eine vorzeitige Entlassung des Mieters aus dem Vertrag, die Vereinbarung einer besonders langen Vertragsdauer oder eines besonders niedrigen Mietzinses oder die unentgeltliche Überlassung von Möbeln. Immer aber ist erforderlich, daß nach dem Willen der Parteien dieses Entgegenkommen gerade die Gegenleistung für den Ausschluß des Wegnahmerechts sein soll. 3. Die Besonderheiten bei Baukostenzuschüssen 31 Die Anbringung von Einrichtungen durch den Mieter kann nach dem Willen der Parteien auch eine Mietvorauszahlung oder einen Baukostenzuschuß darstellen. Ist dies der Fall, so ist für die Anwendung des § 547 a kein Raum. Vielmehr gelten dann ausschließlich die Grundsätze über Mietvorauszahlungen (§ 557 a) und Baukostenzuschüsse (dazu Vorbem 123 ff zu §§ 535, 536). VI. Prozessuales

32

1. Wenn der Mieter seinen Wegnahmeanspruch gerichtlich geltend machen will, muß er auf Duldung der Wegnahme, nicht auf Herausgabe klagen (s o Rz 14). Ein entsprechendes Urteil wird nach § 890 ZPO vollstreckt (HANS § 547 a Anm B 6). Der Streitwert richtet sich dabei nicht nach dem Gebrauchswert der eingebauten Sachen, sondern nach deren wesentlich geringeren Wert nach dem Ausbau, der sich idR dem Materialwert der Sachen nähern wird (KG ZMR 1972, 80, 81). 2. Die Beweislast für alle Voraussetzungen des Wegnahmeanspruchs trägt der 33 Mieter. Macht er den Anspruch auf Zahlung einer angemessenen Entschädigung geltend (§ 547 a Abs 2), so muß er außerdem beweisen, daß der Vermieter ihm die (8i5)

Volker Emmerich

§548 1

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

Wegnahme untersagt hat (BGH LM Nr 2 zu [Deutscher Einheits-]Mietvertrag = ZMR 1969, 340, 341). Hingegen muß der Vermieter beweisen, daß er mit dem Mieter einen Verzichtsvertrag hinsichtlich der Entschädigung abgeschlossen hat oder daß der Mieter die Einrichtungen freiwillig unter Verzicht auf eine Entschädigung zurückgelassen hat (BGH aaO). §548 Veränderungen oder Verschlechterungen der gemieteten Sache, die durch den vertragsmäßigen Gebrauch herbeigeführt werden, hat der Mieter nicht zu vertreten. E I § 520; E II § 492; E III § 541; Mot II 401 f; Prot II 188 ff.

Schrifttum Über die Verpflichtung des Mieters zu Instandsetzungsarbeiten bei der Beendigung des Mietverhältnisses, WuM 1975, 29, 45; H O E P N E R , Zur Beweislast des ausziehenden Mieters bei Schadensersatzansprüchen seines Vermieters, ZMR 1962, 289; MITTELSTEIN, Die Miete (4. Aufl 1932) 368 ff; N I E N D O R F F , Mietrecht nach dem BGB (10. Aufl 1914) 219 ff, 227 ff; SCHMIDT-FUTTERER, MietR, s v Abnutzung; SCHWERDTNER, Der Ersatz des Verlusts des Schadensfreiheitsrabattes in der Haftpflichtversicherung, NJW 1971, 1673. HERPERS,

Systematische Übersicht I. Allgemeines 1 II. Erlaubte Veränderungen und Verschlechterangen 3

III. Vom Mieter zu vertretende Veränderungen und Verschlechterungen 1. Allgemeines 4 2. Einzelfälle 9 IV. Abweichende Vereinbarungen 12 V. Beweislast 16

1 I. Allgemeines Der Mietvertrag ist auf die vorübergehende entgeltliche Gewährung des Gebrauchs an einer beweglichen oder unbeweglichen Sache gerichtet. Der Mieter zahlt also den Mietzins dafür, daß er die Sache in der durch Vertrag und Gesetz umschriebenen Weise vorübergehend gebrauchen und damit auch entsprechend abnutzen darf. Die mit jedem Gebrauch notwendigerweise verbundene Abnutzung der Sache ist durch den Vertrag gedeckt und kann mithin keine Haftung des Mieters begründen. Im Gegenteil folgt aus der Verpflichtung des Vermieters, die Sache während der ganzen Vertragszeit in einem zum vertragsmäßigen Gebrauch geeigneten Zustand zu erhalten (sog Erhaltungspflicht), auch und gerade die Pflicht des Vermieters, Abnutzungserscheinungen, wenn durch sie der vertragsmäßige Gebrauch beeinträchtigt wird, zu beseitigen (s im einzelnen §§ 535, 536 Rz 32 f, 41 ff). Umgekehrt trifft den Mieter, weil er eine fremde Sache vorübergehend gebraucht und diese nach Ablauf des Vertrages zurückgeben muß (§ 556), eine Obhutspflicht (vgl § 545), so daß er mit der fremden Sache pfleglich und schonend umgehen und sie vor Schäden bewahren muß (s §§ 535, 536 Rz 129 ff). Jede vom Mieter iS der §§ 276-279 zu vertretende Verletzung dieser Obhutspflicht stellt eine positive Vertragsverletzung dar und macht den Mieter ersatzpflichtig. Die Grenze zwischen Erhaltungspflicht des Vermieters und Obhutspflicht des Mieters wird also genau durch die Grenzen des Volker Emmerich

(8i6)

§548 3. Titel. Miete. Pacht

2-5

vertragsmäßigen Gebrauchs markiert (s deshalb im einzelnen §§ 535, 536 Rz 54 ff m zahlr Nachw). § 548 wiederholt nur die Selbstverständlichkeit, daß der Mieter nicht ersatzpflichtig ist, solange er sich in den Grenzen des ihm zustehenden vertragsmäßigen Gebrauchs hält. Sobald er aber diese Grenzen überschreitet und den Vermieter dadurch schädigt, macht er sich ersatzpflichtig (zur Fälligkeit s §§ 535, 536 Rz 136). Das Gesetz unterscheidet in § 548 Veränderungen und Verschlechterungen. Maß- 2 stab ist immer der Zustand der Sache bei Übergabe an den Mieter (ROQUETTE § 548 Rz 2). Während mit Verschlechterungen jede negative Abweichung der Sache von diesem Zustand bei Übergabe gemeint ist, ist der Begriff der Veränderungen wertneutral und umfaßt auch Verbesserungen der Sache durch den Mieter. Auch derartige Verbesserungen (Veränderungen), namentlich durch bauliche Änderungen, sind dem Mieter nur in den Grenzen des vertragsmäßigen Gebrauchs erlaubt (s im einzelnen §§ 535, 536 Rz 59 ff). Weitergehende bauliche Veränderungen muß mithin der Mieter bei Rückgabe der Sache auf seine Kosten beseitigen (§ 556). Tut er dies nicht, so wird freilich eine Schadensersatzpflicht des Mieters nur selten in Betracht kommen, da ein Schaden des Vermieters hier nur schwer vorstellbar ist. n . Erlaubte Veränderungen und Verschlechterungen

3

Dem Mieter sind alle Veränderungen und Verschlechterungen der vermieteten Sache erlaubt, die sich in den Grenzen des ihm nach Gesetz und Vertrag zustehenden vertragsmäßigen Gebrauchs halten (wegen der Einzelheiten s schon §§ 535, 536 Rz 54 ff). Beispiele für hiernach erlaubte Verschlechterungen sind die folgenden: Das mäßige Abtreten der Fußböden, die unvermeidbare Verschmutzung der Wände, Tapeten und Decken, das unvermeidbare Feuchtwerden der Küche, das allmähliche Ausbrennen der Öfen, die Zerstörung von Fenstern bei Unruhen (OLG Hamburg OLGE 41, 115; LG Berlin JW 1920, 1045 m Anm MITTELSTEIN), der Gebrauch eines Schiffes trotz besonderer Gefahr, wenn auch andere Schiffer die Schiffahrt weiter betreiben (SOERGEL-MEZGER § 548 Rz 4 m Nachw), Tod und Erkrankung des Mieters, auch in einem Hotel, außer wenn der Mieter schon bei Abschluß des Hotelaufnahmevertrages an einer ansteckenden Krankheit litt (§§ 535, 536 Rz 95), das normale Einschlagen von Dübeln zur Aufhängung von Einrichtungsgegenständen (LG Mannheim MDR 1975, 231 = WuM 1975, 50, 51; AG Friedberg WuM 1977, 201 f), sowie schließlich der unvermeidbare Ölverlust eines Kraftfahrzeuges auf einem Abstellplatz (LG Mannheim WuM 1975, 33, 35).

III. Vom Mieter zu vertretende Veränderungen oder Verschlechterungen 1. Allgemeines

4

a) Der Mieter ist zur Obhut über die ihm vorübergehend anvertraute fremde Sache verpflichtet. Eine Verletzung dieser Pflicht macht ihn schadensersatzpflichtig, wenn er sie iS der §§ 276-279 zu vertreten hat. Auch der Mieter haftet also nur für Vorsatz und Fahrlässigkeit (§ 276), nicht jedoch für Zufall. Er haftet außerdem für alle seine Erfüllungsgehilfen nach § 278, wozu zB auch der 5 von ihm beauftragte Spediteur gehört (OLG Nürnberg ZMR 1960, 80, 81). Hingegen sind etwa der Hauswart (KG ZMR 1976, 204) oder die Besucher eines Kinos nicht Erfüllungsgehilfen des Mieters des Kinos, so daß zB der Mieter dem Vermieter nicht für durch Besucher verursachte Schäden haftet (ECKSTEIN, Deutsches Filmund Kinorecht [1924] 395). (817)

Volker Emmerich

§548 6-11

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

6 b) Wenn der Vermieter zugleich Eigentümer ist, kann sich eine Haftung des Mieters außerdem aus § 823 Abs 1 ergeben. Für Verrichtungsgehilfen haftet der Mieter dann aber nur in dem engen Rahmen des § 831. Die Vertrags- und Deliktshaftung stehen dabei grundsätzlich selbständig nebeneinander (hM, aber str). 7 c) Die Obhutspflicht trifft den Mieter auch nach Beendigung des Mietvertrages als nachwirkende Pflicht bis zum Augenblick der tatsächlichen Rückgabe, so daß er auch während dieser Zeitspanne für Verletzungen der Obhutspflicht aus positiver Vertragsverletzung haftet (BGH LM Nr 2 zu § 556 BGB = WM 1967, 749). 8 d) Nach Ansicht des BGH (aaO) kann der Vermieter, wenn er zugleich Eigentümer ist, im Falle der Beschädigung seiner Sache, wenn diese dadurch unbenutzbar oder unbrauchbar geworden ist, den Schaden auch auf hypothetischer Grundlage nach dem objektiven Nutzungswert berechnen. Er braucht also nicht nachzuweisen, daß er die Sache in der fraglichen Zeit tatsächlich zu nutzen in der Lage gewesen wäre (anders aber jetzt wohl BGH BB 1976, 999). 9 2. Einzelfälle Die Fälle möglicher Verletzungen der Obhutspflicht, die sich auch auf sämtliche mitvermieteten Sachen und Räumlichkeiten erstreckt, sind unübersehbar (s im einzelnen schon oben §§ 535, 536 Rz 129 ff m zahlr Nachw). Hier können aus der unübersehbaren Praxis nur einzelne Fälle beispielshalber hervorgehoben werden. 10 a) Geringfügige Schäden der Böden durch die vorübergehend der Mode entsprechenden Pfennigabsätze wird der Vermieter hinnehmen müssen, weil sia unvermeidbar sind (LG Mannheim ZMR 1969, 16; ROQUETTE § 548 Rz 5). Die abweichende Praxis (LG Karlsruhe ZMR 1962, 42; LG Essen NJW 1962, 1398; LG Mannheim MDR 1974, 319 Nr 59) übersieht, daß der Mieter derartige Schäden schlechterdings nicht vermeiden kann, schon weil er etwaigen Besucherinnen nicht vorschreiben kann und darf, welche Schuhe sie zu tragen haben. Ubermäßige Schäden in sämtlichen Räumen machen aber auch hier den Mieter ersatzpflichtig; die Grenzziehung dürfte freilich schwerfallen. 11 b) Der Mieter ist ersatzpflichtig für alle Schäden an den Böden, die durch die Beseitigung eines von ihm verlegten Teppichbodens entstehen (LG Hannover ZMR 1971, 26 f; 1971, 27; LG Mannheim WuW 1976, 181, 205; enger LG Duisburg WuM 1975,189); ebenso für Schäden, die durch Wasseraustritt aus einer Waschmaschine entstehen, wenn er diese längere Zeit unbeaufsichtigt laufen läßt (LG Berlin WuM 1971, 9 = ZMR 1971, 152 Nr 11); für Schäden infolge der mangelhaften Installation einer Gasheizung durch einen von ihm beauftragten Handwerker (OLG Düsseldorf ZMR 1965, 51; vgl auch BGH LM Nr 2 zu § 556 BGB = WM 1967, 749); für Schäden an der Decke, die dadurch entstehen, daß er die Decke mangelhaft selbst streicht oder streichen läßt, so daß der Anstrich später wieder beseitigt werden muß (LG Mannheim WuM 1975, 33, 34); für Schäden infolge der mangelhaften Durchführung einer elektrischen Installation durch Laien (LG Mannheim WuM 1975, 50, 51). Weitere Beispiele sind ein Wasserrohrbruch infolge unzureichender Heizung (LG Tübingen ZMR 1956, 84), Versottungsschäden am Kamin infolge des eigenmächtigen Austauschs eines Kachelofens gegen einen Ölofen (AG Münster ZMR 1964, 270), die Beschädigung der Zufahrt zu dem Haus durch einen vom Mieter beauftragten Spediteur (OLG Nürnberg ZMR 1960, 80, 81), bei Kraftfahrzeugen auch der Verlust des Schadensfreiheitsrabattes durch die Beschädigung des Kraftfahrzeuges (SCHWERDTNER aaO), sowie schließlich alle dem Mieter nicht erlaubten baulichen Veränderungen. Volker Emmerich

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§548 3. Titel. Miete. Pacht

12-15

IV. Abweichende Vereinbarungen 12 1. Die Verteilung der Erhaltungs- und Obhutspflicht zwischen Mieter und Vermieter und damit § 548 sind dispositiv, so daß die Parteien in jeder Hinsicht abweichende Vereinbarungen treffen können. Die Haftung des Mieters kann also sowohl beschränkt als auch erweitert werden. Eine Beschränkung kommt namentlich in Betracht, wenn die Parteien von vornherein eine Versicherung gegen die betreffende Gefahr vereinbart haben (RGZ 122, 292, 294). Viel häufiger sind jedoch Erweiterungen der Haftung des Mieters über den gesetzlichen Rahmen hinaus. Der wichtigste Fall ist die Überwälzung der sog Schönheitsreparaturen auf den Mieter (s dazu eingehend schon §§ 535, 536 Rz 142 ff m Nachw). Die Überwälzung der Schönheitsreparaturen auf den Mieter und auch jede sonstige 13 Erweiterung der Haftung des Mieters über den gesetzlichen Rahmen hinaus muß jedoch eindeutig und klar erfolgen. Deshalb bedeuten die verbreiteten Klauseln, der Mieter habe die Sache „wie übernommen" oder „in vertragsmäßigem Zustand" zurückzugeben, keine Erweiterung der Mieterhaftung; sie wiederholen vielmehr nur das, was schon § 548 sagt (§§ 535, 536 Rz 142; LG Mannheim WuM 1968, 163 = ZMR 1968, 321 Nr 6; eingehend H E R P E R S W U M 1975, 29, 30 u 45). Hat sich hingegen der Mieter verpflichtet, die Wohnung „in erneuertem Zustand" oder „erneuert" zurückzugeben, so muß er über den normalen Rahmen der Schönheitsreparaturen hinaus sämtliche Abnutzungserscheinungen beim Auszug beseitigen; auch zur Ersetzung schadhafter Teile wird der Mieter hier verpflichtet sein. Nicht ganz so weit geht seine Verpflichtung, wenn er sich zur Rückgabe „in renoviertem Zustand" verpflichtet hat, weil ihn dann grundsätzlich nur sämtliche bei Auszug erforderlichen Schönheitsreparaturen treffen. Und wenn er sich nur zur Rückgabe „in bezugsfertigem oder bezugsfähigem Zustande" verpflichtet hat, genügt er seinen Pflichten schon, wenn er in regelmäßigem Turnus die jeweils gebotenen Schönheitsreparaturen durchgeführt hat ( H E R P E R S W U M 1975, 45 ff). 2. Ob dem Mieter durch den Vermieter darüber hinaus allgemein die Haftung für 14 Zufallschäden auferlegt werden kann, ist in der Praxis noch nicht endgültig geklärt. Nach Ansicht des BGH soll eine derartige Klausel nicht generell nichtig sein, so daß es auf die Umstände des Einzelfalles ankomme (BGH LM Nr 1 zu § 138 [Bb] = BB 1952, 386). Andere Gerichte haben jedoch die weitgehende Abwälzung der Erhaltungspflicht auf den Mieter durch den Vermieter für sittenwidrig erklärt (LG Braunschweig NdsRpfl 1961, 226 = ZMR 1962, 41; LG Berlin VersR 1969, 164). Man muß unterscheiden: Was zunächst AGB und Formularverträge angeht, so folgt schon aus § 9 AGBG (iVm § 276 BGB), daß durch sie keine verschuldensunabhängige Haftung des Mieters begründet werden kann, weil eine solche „Regelung" mit dem gesetzlichen Leitbild der Miete schlechthin unvereinbar ist (LG Berlin aaO für die AGB der Kfz-Vermieter; AG Schwetzingen WuM 1976, 177, 178; insbes L Ö W E - G R A F VON WESTPHALEN-TRINKNER, AGBG § 9 R Z 50). Das ist bes wichtig für die verbreiteten Klauseln, die auf die unterschiedlichste Weise versuchen, dem Mieter die Haftung für verstopfte Abflußleitungen aufzubürden (s u Rz 19 f). Solche Klauseln sind jedenfalls in Formularverträgen stets unwirksam. Insoweit besteht auch kein Unterschied zwischen der Wohnraum- und der Geschäftsraummiete (s § 24 AGBG). Anders mag die Situation bei Individualvereinbarungen sein. Doch dürfte auch hier die Uberbürdung der Zufallshaftung auf den Mieter bei der Wohnraummiete generell sittenwidrig sein. 3. Haben die Mietparteien über die Beseitigung der Schäden einen Vergleich 15 geschlossen, so kann der Vermieter grundsätzlich keinen Schadensersatz für weitere (819)

Volker Emmerich

§548 16-20

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

Schäden mehr verlangen, die er erst nachträglich festgestellt hat (LG Mannheim MDR 1970, 239 Nr 54). 16 V. Beweislast Nach einer verbreiteten Meinung folgt aus der Formulierung des § 548, daß der Vermieter lediglich zu beweisen habe, daß sich die Sache bei Übergabe an den Mieter in mangelfreiem Zustand befunden habe und demgegenüber jetzt verändert oder verschlechtert sei, so daß sich der Mieter entlasten müsse, jedenfalls wenn der Schaden auf dem vertragsmäßigen Gebrauch beruht (BGHZ 66, 349; N I E N D O R F F 226; OLG Düsseldorf OLGZ 1975, 318 f = JuS 1975, 811 Nr 8 m Nachw). 17 Diese Beweislastverteilung entspricht jedoch nicht dem Gesetz (s § 282) und ist auch idR unbillig. Man muß vielmehr zwischen solchen Schäden unterscheiden, die, namentlich bei langfristigen Verträgen, durchaus auch die Folge der normalen, vertragsmäßigen Abnutzung sein können, und anderen darüber hinausgehenden Schäden, deren Ursache in der Tat allein dem Mieter bekannt sein kann. Für Schäden, die auch auf der normalen, vertragsmäßigen Abnutzung beruhen können, muß es von vornherein bei der normalen Verteilung der Beweislast bleiben: Der Vermieter muß nachweisen, daß der Mieter die betreffenden Schäden verursacht und zu vertreten hat. § 2 8 2 gilt hier nicht (so mit Recht H O E P N E R aaO). 18 Eine Umkehr der Beweislast kommt deshalb nur bei solchen Schäden in Betracht, die von vornherein nicht die Folge des vertragsmäßigen Gebrauchs sein können. Hauptbeispiel ist die Beschädigung oder Vernichtung der gemieteten Sache durch Brand (RGZ 122, 292, 295; RG BayZ 1922, 173 = Recht 1922 Nr 1395; BGH u OLG Düsseldorf aaO; OLG Celle OLGE 33, 309; OLG Hamburg OLGE 16, 423; OLG Frankfurt OLGE 23, 38). Weitere Beispiele sind die Beschädigung eines Kahns durch Grundberiihrung (RGZ 93, 39, 40 f), die Rückgabe eines Kahns mit gebrochenen Spanten (OLG Hamburg OLGE 17, 389 f), die Zurücklassung von Steinen in einem Badeofen (LG Hannover NdsRpfl 1959, 87), sowie schließlich die Rückgabe einer Filmkopie in beschädigtem Zustand (OLG Hamburg OLGE 28, 151). 19 Aber auch in derartigen Fällen kommt eine Umkehr der Beweislast nur in Betracht, wenn die Schadensursache zum Gefahrenbereich des Mieters gehört, nicht jedoch, wenn die Schadensursache völlig unaufklärbar ist; denn die Umkehr der Beweislast darf nicht zu einer Zufallshaftung des Mieters führen (so richtig OLG Düsseldorf OLGZ 1975, 318, 319 f = JuS aaO). Deshalb trifft die Beweislast zB dafür, daß der Mieter Verstopfungen der Abflußleitungen zu vertreten hat, in vollem Umfang den Vermieter, weil dafür auch zahlreiche andere Ursachen in Betracht kommen, die nicht zum Risikobereich des Mieters gehören (so richtig AG Schöneberg MDR 1977, 54; AG Köln WuM 1976, 49). 20 Die geschilderte Regelung der Beweislastverteilung bei der Miete ist zwingend und kann nicht durch AGB oder Formularverträge zum Nachteil des Mieters abgeändert werden (§ 12 Nr 15 AGBG). Deshalb kann durch derartige „Verträge" insbes nicht den Mietern die Beweislast dafür aufgebürdet werden, daß sie die Verstopfung von Abflußleitungen nicht zu vertreten haben.* * AG Osnabrück WuM 1975, 206; AG Schöneberg MDR 1977,54; AG Schwetzingen WuM 1976, 177 f; AG Köln ZMR 1977, 181; SCHMIDT-FUTTERER aaO; unhaltbar AG Düsseldorf DWW 1 9 7 7 , 70.

Volker Emmerich

(820)

3. Titel. Miete. Pacht

§549

Ebensowenig zulässig ist die verbreitete Klausel, daß dem Mieter der Zustand der Mieträume bekannt sei und er sie als ordnungsgemäß anerkenne.*

§549 Der Mieter ist ohne die Erlaubnis des Vermieters nicht berechtigt, den Gebrauch der gemieteten Sache einem Dritten zu überlassen, insbesondere die Sache weiterzuvermieten. Verweigert der Vermieter die Erlaubnis, so kann der Mieter das Mietverhältnis unter Einhaltung der gesetzlichen Frist kündigen, sofern nicht in der Person des Dritten ein wichtiger Grund vorliegt. Entsteht für den Mieter von Wohnraum nach dem Abschluß des Mietvertrages ein berechtigtes Interesse, einen Teil des Wohnraums einem Dritten zum Gebrauch zu überlassen, so kann er von dem Vermieter die Erlaubnis hierzu verlangen; dies gilt nicht, wenn in der Person des Dritten ein wichtiger Grund vorliegt, der Wohnraum übermäßig belegt würde oder sonst dem Vermieter die Überlassung nicht zugemutet werden kann. Ist dem Vermieter die Überlassung nur bei einer angemessenen Erhöhung des Mietzinses zuzumuten, so kann er die Erlaubnis davon abhängig machen, daß der Mieter sich mit einer solchen Erhöhung einverstanden erklärt. Eine zum Nachteil des Mieters abweichende Vereinbarung ist unwirksam. Überläßt der Mieter den Gebrauch einem Dritten, so hat er ein dem Dritten bei dem Gebrauche zur Last fallendes Verschulden zu vertreten, auch wenn der Vermieter die Erlaubnis zur Überlassung erteilt hat. E I § 516; E II § 493; E III § 542; 2. Gesetz zur Änderung mietrechtlicher Vorschriften v 14. 7. 1964 (BGBl I 457) Art I Nr 7; Mot II 395 ff; Prot II 178 ff.

Schrifttum ALTVATER, Pachtabstand, A c P 9 5 ( 1 9 0 4 ) 3 7 9 - 4 3 0 ; BRANDNER, D a s Mietverhältnis bei W e c h s e l in

der Inhaberschaft eines Unternehmens, NJW 1960, 127; BREIT, Recht zur Untervermietung,

S ä c h s A r c h 5 ( 1 9 1 0 ) 2 9 7 ; BURKHARDT, D i e zweite Mietrechtsnovelle, B B

1 9 6 4 , 7 7 1 ; CRANZ,

Mieterwechsel bei Wechsel des Geschäftsinhabers, JR 1955, 127; DOMMNICH, Die Rechtsbeziehungen zwischen Eigentümer und Untermieter, NJW 1955, 1620; EMMERICH, Das Verhältnis der Nebenfolgen der Vindikation zu anderen Ansprüchen, Diss Saarbrücken 1966, 114 ff, 130 ff; GLASER, Das Recht der Untervermietung (1949); GRUND, Die Rechtsstellung des Untermieters bei vereinbarter Aufhebung des Hauptmietverhältnisses, NJW 1953, 491; HERSCHEL, Herausgabe des Untermietzinses bei unberechtigter Untervermietung? JuS 1968, 562; JOHN, Über die Pfändbarkeit von Untermietforderungen, MDR 1954, 725; KANTOROWICZ, Die Lehre von der Untermiete nach gemeinem Recht und BGB (1900); KIEFERSAUER, Die gesetzliche Untermiete - Eine unmögliche Rechtsfigur, JR 1952, 227; KÜRZEL, Überlassung der Wohnung an Untermieter oder Familienangehörige, ZMR 1965, 97; LENK, Zur Frage, welche Bedeutung die Erlaubnis des Vermieters nach § 549 BGB hat, NJW 1956, 290; LESSER, Rechtsstellung des Untermieters, wenn der Mieter seine Rechte abtritt, Recht 1916, 510; LÖNING, Die Grundstücksmiete als dingliches Recht (1930) 63 ff; MITTELSTEIN, Entsprechende Anwendung des § 549 BGB auf die Abtretung der Mieterrechte, Recht 1911, 576; ders, Die Miete nach dem Rechte des deutschen Reiches (4. Aufl 1932) 386 f, 609 ff; NEUMANN-DUESBERG, Ansprüche des Eigentümers gegen den Mieter wegen unberechtigter Untervermietung, BB 1965, 729; NIENDORFF, MietR 276 ff; PAECH, Zwangsvollstreckung und Recht des Mieters auf Gewährung des Gebrauchs, ArchBürgR 26 (1905) 7-33; PIEPER, Ersatzansprüche des in einen Mietvertrag eingetretenen Mieters, NJW 1961, 300; ROQUETTE, Gesellschaftsrecht und * BUB D W W 1 9 7 7 , 7 6 , 8 0 ; LÖWE-GRAF VON WESTPHALEN-TRINKNER, A G B G § 11 Nr 15 R z 1 8 f;

BRANDNER, in: ULMER-BRANDNER-HENSEN, AGBG § 11 Nr 15 Rz 13; Beispiele in BGH Betrieb 1967, 118; LG Mannheim FWW 1977, 94.

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Volker Emmerich

§549 2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse Mietvertrag, BB 1963, 1387; ders, Firmenrecht und Mietvertrag, Betrieb 1965, 281; ders, Die Rechtsstellung des Untermieters bei vereinbarter Aufhebung des Hauptmietverhältnisses, NJW 1952, 1395; SCHMIDT, D e r Wohnungstausch (1930); SCHMIDT-FUTTERER, Mietrecht (7. Aufl 1976)

s v „Untermiete", 234 f; ders, Miete und Pacht (2. Aufl 1974) 178 ff; ders, Die Untermiete in den deutschen Einheitsmietverträgen, ZMR 1971, 217; SCHNEIDER, Die Untermiete, Diss Berlin 1907; SCHOPP, Die Bedeutung des Wechsels des Inhabers oder der Rechtsform eines Unternehmens für das mit ihm bestehende Geschäftsraummietverhältnis, ZMR 1961, 281; SIEGELMANN, Das neue Recht der Wohnungsuntermiete, ZMR 1965, 225; SÖLLNER, Herausgabe des Untermietzinses bei unberechtigter Untervermietung? JuS 1967,449; STERNEL, Wohnraummietrecht Tz 173 ff (S 31 ff).

Systematische Übersicht I. Allgemeines 1. Gesetzesgeschichte 1 2. Der Anwendungsbereich des § 549 3 II. Die Übertragung der Mieterrechte auf einen Dritten 6 1. Die Abtretung 7 2. Der Eintritt eines neuen Mieters 9 3. Sonderfragen 16 a) Die Miete durch einen Einzelkaufmann 17 b) Die Miete durch eine Gesellschaft 20 c) Der Wohnungstausch 22 III. Die Erlaubnis des Vermieters zu der Gebrauchsüberlassung durch den Mieter 23 1. Die Rechtsnatur der Erlaubnis 24 2. Die allgemeine Erlaubnis des Vermieters 25 3. Die Einholung der Erlaubnis 26 4. Die Erlaubniserteilung 27 5. Die Verpflichtung zur Erlaubniserteilung 28 6. Der Widerruf der Erlaubnis 29 IV. Das Kündigungsrecht des Mieters bei Verweigerung der Erlaubnis 30 1. Die Verweigerung der Erlaubnis 31

2. Die Kündigung 33 3. Der Ausschluß der Kündigung 34 V. Die Besonderheiten der Wohnraummiete 37 1. Das berechtigte Interesse des Mieters 38 2. Die Rechte des Mieters bei grundloser Verweigerung der Erlaubnis 43 3. Die Ausschlußgründe 45 4. Der sog Untermietzuschlag 49 5. Abweichende Vereinbarungen 51 6. Beweislast 52 VI. Insbesondere die Untermiete 53 1. Allgemeines 54 2. Die Rechte des Vermieters bei unberechtigter Untervermietung 60 3. Die Haftung des Mieters 62 4. Die Haftung des Untermieters 66 5. Die Beendigung der Untermiete 67 VII. Die Haftung des Mieters für den Dritten nach § 5 4 9 Abs 3 69 Vin. Beweislast 71

ie Übersicht Abtretung 7 f Abweichende Vereinbarungen 34, 51,68 Allgemeines 1 ff Angehörige 3 Anspruch auf Erlaubnis 42-44 Anwendungsbereich 3 f Aufhebung 68 Ausschlußgründe 45 Beendigung der Untermiete 67 Beitritt eines neuen Mieters 14 Besucher 3 Beweislast 52, 71

Eintritt eines neuen Mieters 9 Einzelfälle 36, 39 Einzelkaufmann 17 ff Erfüllungsgehilfe 69 Erlaubniserteilung 23 ff, 27 Form der Erlaubnis 27 Garantiehaftung 11 Gesellschaft 20 f Grundlose Erlaubnisverweigerung 43

Dreiseitiger Vertragsschluß 13

Haftung des Mieters 62 Haftung des Untermieters 67

Einholung der Erlaubnis 26 Erlaubnis 24 ff

Kündigungsausschluß 34 f

K ü n d i g u n g 8, 3 3 , 4 3 , 5 7 f, 6 0 , 6 4 f, 6 7

Volker Emmerich

(822)

3. Titel. Miete. Pacht Lagervertrag 5 Mieterinteresse 38,40 Mietnotrecht 2 rechtfertigende Einwilligung 24 Schadensersatz 43,60, 63 Überbelegung eines Wohnraumes 47 Übertragung 10 Unberechtigte Untervermietung 60

§549 1-3

Unterlassung 60 Untermiete 4 , 3 4 , 4 1 , 5 3 f, 56 ff Untermietzuschlag 49, 5 5 , 6 1 Verpflichtung zur Erlaubniserteilung 28 Vertragsänderung 50 Verweigerung 31 f Widerruf 29 Wohnraummiete 37 Wohnungstausch 22 Zumutbarkeit 3 6 , 4 5 f, 48

I. Allgemeines 1. Gesetzesgeschichte 1 Der E I hatte ursprünglich in Ubereinstimmung mit den meisten anderen Rechtsordnungen und im Anschluß an das gemeine Recht die Untermiete generell gestattet (s Mot II 395 ff). Die 2. Kommission ist jedoch hiervon abgewichen und hat sich statt dessen dem Vorbild des preußischen ALR (I 21 §§ 309 ff) angeschlossen und die Untermiete von der Erlaubnis des Vermieters abhängig gemacht. Maßgebend war dafür vor allem die Erwägung, daß die Miete grundsätzlich ein persönliches, von gegenseitigem Vertrauen getragenes Rechtsverhältnis sei, so daß sich der Vermieter nicht gegen seinen Willen einen anderen Mieter aufdrängen zu lassen brauche; zum Ausgleich wurde dem Mieter jedoch ein außerordentliches befristetes Kündigungsrecht eingeräumt (s Prot II 182 ff). Die Entwicklung ist hierbei jedoch nicht stehen geblieben. Schon das Mietnotrecht 2 brachte für die Mehrzahl der relevanten Fälle eine Änderung, da nach § 29 MSchG das Mieteinigungsamt die Erlaubnis des Vermieters ersetzen konnte. Nach Aufhebung des Mietnotrechts trat an die Stelle dieser Regelung für Mietverhältnisse über Wohnraum der 1964 durch das 2. MietRÄndG eingefügte neue § 549 Abs 2, der ebenfalls dem Mieter unter bestimmten Voraussetzungen einen Anspruch auf Erlaubnis der Untervermietung einräumt. 2. Der Anwendungsbereich des § 549 3 a) § 549 bezieht sich nur auf die Überlassung der Sache an einen Dritten zum selbständigen Gebrauch. Unberührt bleibt also das Recht des Mieters, seine Angehörigen und Besucher bei sich in der Wohnung aufzunehmen, sofern nur diesen Dritten kein selbständiger Gebrauch an den Räumen eingeräumt wird (s Vorbem 105 zu §§ 535, 536; §§ 535, 536 Rz 92). Ohne weiteres zulässig ist mithin die Aufnahme des Ehegatten und dessen Kinder (BGHZ 40, 252, 254), die Aufnahme der Enkelkinder (LG Wuppertal MDR 1971, 49 f; LG Köln MDR 1972, 612), die Aufnahme einer Pflegeperson durch einen kranken Mieter (LG Göttingen MDR 1963, 929 Nr 55), sowie schließlich die Aufnahme der Verlobten (s LG Mannheim NJW 1975, 1663 f m Nachw; AG Köln WuM 1975, 191; anders LG Bonn NJW 1976, 1690 f; weitere Nachw bei ROQUETTE § 549 Rz 2 Fn 1). Ebenso selbstverständlich ist, daß bei der Geschäftsraummiete der Mieter berechtigt ist, seine Mitarbeiter in den gemieteten Räumen tätig werden zu lassen (BGH LM Nr 2 zu § 553 BGB = NJW 1955, 1066). In allen diesen Fällen ist also für die Anwendung des § 549 kein Raum. (823)

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§549 4-8

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

4 b) Er wird erst anwendbar, wenn Dritten ein selbständiger, dh vom Mieter unabhängiger Gebrauch an den gemieteten Sachen und namentlich Räumen überlassen wird. Der Mietgebrauch des Dritten ist in diesem Sinne selbständig, wenn der Dritte nicht von den Weisungen des Mieters abhängig ist und folglich die Sache unter Ausschluß des Mieters allein gebrauchen soll ( N I E N D O R F F 2 7 8 ) . Bei der Wohnraummiete ist das insbes dann anzunehmen, wenn der Dritte einen selbständigen Haushalt in den gemieteten Räumen begründet. Keine Rolle spielt dabei, ob die Gebrauchsüberlassung entgeltlich oder unentgeltlich, kurzfristig oder langfristig erfolgen soll. Auch die auf wenige Stunden befristete, selbständige Überlassung einzelner Räume an einen Dritten fällt mithin unter § 549 (so zB für die stundenweise Überlassung eines Zimmers an einen Rechtsanwalt LG Kleve JW 1 9 2 8 , 2 5 7 4 ) . Dasselbe gilt für die früher verbreitete sog Schlafstellen-Vermietung. Keine Rolle spielt weiter, ob die Sache insgesamt oder nur teilweise an einen Dritten überlassen werden soll. Immer ist § 549 anwendbar. Der wichtigste Fall ist natürlich die sog Untermiete; doch beschränkt sich nach dem Gesagten der Anwendungsbereich des § 549 keineswegs auf diesen Fall. 5 c) Keine Untermiete ist hingegen ein Vertrag über die Lagerung fremder Sachen in den gemieteten Räumen; hierbei handelt es sich vielmehr um einen Lagervertrag (BGH WM 1966, 479; S O E R G E L - M E Z G E R § 549 Rz 25); ebensowenig ist Raum für die Anwendung des § 549, wenn der Mieter eines Auslieferungslagers später in diesem auch fremde Waren neben seinen eigenen einlagert (OLG Hamm WM 1973, 525 f). Die Einlagerung auch fremder Waren dürfte bei der Miete eines Auslieferungslagers in aller Regel zum vertragsmäßigen Gebrauch gehören (OLG Hamm aaO). 6 II. Die Übertragung der Mieterrechte auf einen Dritten Von den in § 549 geregelten Fällen muß außerdem der Fall unterschieden werden, daß der Mieter seine Rechte aus dem Mietvertrag auf einen Dritten überträgt. In Betracht kommen insoweit vor allem die Abtretung der Mieterrechte nach § 398 sowie der Eintritt eines Dritten anstelle oder neben dem Mieter in den Mietvertrag. 7 1. Die Abtretung Auch Rechte aus gegenseitigen Verträgen sind nach § 398 grundsätzlich abtretbar (BGH LM Nr 13 zu § 399 BGB). Die Abtretung einer Forderung ist jedoch nach § 399 ausgeschlossen, wenn die Leistung an einen anderen als den ursprünglichen Gläubiger nicht ohne Veränderung ihres Inhalts erfolgen kann. Durch dieses Abtretungsverbot, das absolute, nicht nur relative Wirkung hat, soll vor allem der Schuldner gegen eine Vermehrung seiner Pflichten im Wege der Übertragung der Forderung auf einen neuen Gläubiger geschützt werden. Mit Zustimmung des Schuldners ist deshalb auch in den in § 399 geregelten Fällen die Abtretung stets möglich (BGHZ 40, 156 [ = JuS 1964, 161 f Nr 2 m Nachw]; 56,173,176; 56, 228, 230 ff; PALANDT-HEINRICHS § 399 Anm 6 m Nachw z Streitstand). 8 Wie schon erwähnt, hat die 2. Kommission mit Rücksicht auf das (angebliche) persönliche Vertrauensverhältnis zwischen Vermieter und Mieter die Untermiete durch § 549 an die Erlaubnis des Vermieters gebunden. Hieraus wird allgemein gefolgert, daß die Miete, jedenfalls idR, unter § 399 fällt, so daß die Abtretung der Mieterrechte ohne Zustimmung des Vermieters gegenüber jedermann, also schlechthin unwirksam ist, mit Zustimmung des Vermieters aber möglich ist. Auf die Abtretung wird außerdem wegen der Ähnlichkeit der Rechtslage überwiegend auch § 549 entsprechend angewendet, so daß der Mieter bei grundloser Verweigerung der Volker Emmerich

(824)

3. Titel. Miete. Pacht

§549 9-13

Zustimmung zu der Abtretung das außerordentliche, befristete Kündigungsrecht des § 549 Abs 1 hat (RG JW 1911, 487 Nr 7; 1931, 2946, 2947; OGHZ 3, 298; BGH LM Nr 13 zu § 399 BGB). Da die Zustimmung des Vermieters zur Abtretung der Mieterrechte auch im voraus erklärt werden kann, können folglich die Mieterrechte durch entsprechende Vereinbarung in vollem Umfang abtretbar gemacht werden. In diesem Fall sind die Mieterrechte auch pfändbar (NIENDORFF 280). Eine solche Abrede kann auch konkludent erfolgen, wobei namentlich der Vertragszweck zu berücksichtigen ist. Besondere Bedeutung hat das für Mietverträge über gewerbliche Räume. 2. Der Eintritt eines neuen Mieters 9 Bei der Abtretung der Mieterrechte erlangt der Zessionar grundsätzlich nur den Anspruch auf Gewährung des vertragsmäßigen Gebrauchs. Hingegen bleiben die Pflichten aus dem Mietvertrag bei dem Zedenten. Ihre Übertragung auf den Dritten erfordert eine zusätzliche Schuldübernahme nach den § § 4 1 4 oder 4 1 5 . Deshalb muß von der Abtretung der bloßen Mieterrechte der Eintritt eines Dritten anstelle (oder neben) dem Mieter in den Mietvertrag unterschieden werden. Die Übertragung eines ganzen Schuldverhältnisses auf einen Dritten ist vom BGB 10 nicht geregelt, nach dem Grundsatz der Vertragsfreiheit (§ 305) aber zweifelsfrei zulässig. Umstritten ist nur die Konstruktion (vgl dazu insbes BAG NJW 1973, 822 f m zahlr Nachw; FABRICIUS J Z 1 9 6 7 , 1 4 4 ; PIEPER, Vertragsübernahme und Vertragsbeitritt [ 1 9 6 3 ] ) . Für den Eintritt eines neuen Mieters neben oder anstelle des alten Mieters kommen verschiedene Wege in Betracht (vgl zusammenfassend OLG Hamm, Urt v 3. 6. 1 9 7 5 - 7 U 9 1 / 7 4 , S 7; v 6. 4. 1 9 7 6 - 7 U 6 5 / 7 5 , S 2 2 ) . a) Der alte Mieter kann zunächst mit dem neuen Mieter mit Zustimmung des 11 Vermieters einen Vertrag des Inhalts abschließen, daß der neue Mieter an die Stelle des alten Mieters in den Mietvertrag eintreten solle. In diesem Falle ist im Zweifel anzunehmen, daß der alte Mietvertrag mit dem neuen Mieter unverändert fortgesetzt werden soll, so daß namentlich für die Garantiehaftung des Vermieters aus § 538 auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses mit dem alten Mieter abzustellen ist. Entscheidend sind jedoch letztlich immer die Abreden der Parteien (BGH LM Nr 2 1 a zu § 5 3 5 = Z M R 1 9 6 0 , 77 m A n m PIEPER a a O ; L M N r 4 zu § 4 3 7 B G B ; W M 1963, 217, 218; 1967, 796, 797).

Umstritten ist vor allem, ob der Vertrag zwischen den beiden Mietern oder die 12 Zustimmung des Vermieters der Form des § 566 bedürfen. Mit Rücksicht auf die §§ 182 ff und auf den Umstand, daß es sich hier um eine bloße Rechtsnachfolge handele, ist die Frage bisher idR verneint worden. Jedoch stellt der Eintritt eines neuen Mieters anstelle des alten Mieters eine wesentliche Vertragsänderung dar, so daß § 566 anwendbar sein dürfte; mit Rücksicht auf die Eigenart des Sachverhaltes wird das Formerfordernis dabei sowohl für die Zustimmung des Vermieters wie für den Vertrag zwischen den beiden Mietern zu gelten haben (ebenso BGHZ 65, 49, 52).

b) Als weiterer Weg für den Eintritt eines neuen Mieters kommt das vertragliche 13 Zusammenwirken aller drei Beteiligten in Betracht. Erforderlich ist hier also ein dreiseitiger Vertragsschluß, für den ebenfalls § 566 gilt. Das Zusammenwirken aller drei Beteiligten hat zur unmittelbaren Folge, daß der alte Mieter ausscheidet und an seine Stelle ein neuer Mieter tritt. Auch hier wird im Zweifel anzunehmen sein, daß das alte Mietverhältnis mit dem neuen Mieter unverändert fortgesetzt werden soll. Ob die Haftung des alten Mieters endet, ist eine Frage der Abreden der Parteien (BGHZ 65, 49, 52 f; BGH Betrieb 1960, 233; 1970, 441; BGH LM Nr 16 zu § 581 (825)

Volker Emmerich

§549 14-20 BGB

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse =

MDR

1 9 5 8 , 9 0 M A n m BETTERMANN; W M

1970, 195, 196; B A G

NJW

1973, 822 f; OLG Hamm aaO). 14 Auf dieselbe Weise ist auch der Beitritt eines neuen Mieters neben dem alten Mieter zu dem Mietverhältnis möglich; die beiden Mieter werden dann Gesamtschuldner, so daß die Haftung des alten Mieters durch Abreden des Vermieters mit dem neuen Mieter nicht erweitert werden kann; die Haftung des alten Mieters endet außerdem, wenn der Mietvertrag mit dem neuen Mieter aufgehoben oder wesentlich geändert wird (RGZ 102, 398, 399 f; OLG Hamm, Urt v 6. 4. 1976 aaO, o Rz 10; NIENDORFF 293 ff). 15 c) Schließlich kann der Vermieter selbstverständlich auch noch durch getrennte Verträge mit dem alten und dem neuen Mieter den alten Vertrag aufheben und an dessen Stelle mit dem neuen Mieter einen neuen Mietvertrag abschließen (OLG Hamm aaO). Was gewollt ist, ist immer eine Frage der Auslegung der Abreden der Parteien im Einzelfall. 16 3. Sonderfragen Besondere Probleme tauchen auf, wenn der Mieter in den gemieteten Räumen ein Unternehmen betreibt und dieses auf einen Dritten übertragen oder in eine Gesellschaft einbringen will. Vergleichbare Probleme entstehen, wenn die Mieterin eine Gesellschaft ist und diese ihre Form ändert oder ihr Vermögen auf einen Dritten überträgt. 17 a) Die Miete durch einen Einzelkaufmann Wenn ein Kaufmann für sein Geschäft einen Mietvertrag abschließt, so muß der Vertragsschluß grundsätzlich unter seiner Firma erfolgen (§ 1 7 HGB; R O Q U E T T E Betrieb 1965, 281 f). Vertragspartner ist aber selbstverständlich immer nur der Kaufmann, so daß es der Wirksamkeit des Vertrages nicht entgegensteht, wenn er den Vertrag unter seinem bürgerlichen Namen abschließt. 18 Veräußert der Kaufmann später das Geschäft an einen Dritten, so bedarf nach dem Gesagten der Eintritt des Dritten in den Mietvertrag stets der Mitwirkung des Vermieters. Die erforderliche Zustimmung des Vermieters kann jedoch schon von vornherein im Mietvertrag erklärt werden; und dies kann auch konkludent geschehen, namentlich wenn es sich um einen sog unternehmensbezogenen Mietvertrag handelt, bei dem für den Vermieter nicht so sehr die Person des Mieters als vielmehr das von diesem betriebene Unternehmen im Vordergrund steht (BGH LM Nr 17 zu § 705 BGB = NJW 1967, 821; OGHZ 3, 298 = NJW 1950, 502, 503; bes weitgehend LG Düsseldorf NJW 1962, 1016 m abl Anm Z U N F T 1398; BRANDNER u ROQUETTE a a O ) .

19 Zustimmungsbedürftig sind außerdem, weil die Person des Mieters wechselt, die Aufnahme eines Gesellschafters in das Geschäft (BGH LM Nr 55 zu § 242 [Cd] BGB = ZMR 1959, 8, 9; LM Nr 17 zu § 705 BGB), sowie die Einbringung des Geschäfts in eine schon bestehende oHG oder KG (RG JW 1931, 2946, 2947; KG OLGE 5, 369). In allen genannten Fällen haftet der veräußernde Kaufmann für die Übertragbarkeit der Mieterrechte nach § 437 (BGH LM Nr 4 zu § 437 BGB = NJW 1970, 556). 20 b) Die Miete durch eine Gesellschaft Wenn eine Gesellschaft Mieterin ist, haben zunächst gesellschaftsinterne Vorgänge, die keinen Einfluß auf die Identität der Gesellschaft besitzen, auch keinen Einfluß Volker Emmerich

(826)

3. Titel. Miete. Pacht

§549 21-23

auf den Mietvertrag (s insbes ROQUETTE B B 1963, 1387 ff; SCHOPP a a O ) . D e r Ein-

und Austritt von Gesellschaftern ist also selbst bei Personengesellschaften ohne Bedeutung für den Mietvertrag (aM zu Unrecht nur SCHOPP aaO). Dasselbe gilt für eine Änderung der Rechtsform der Gesellschaft, sofern deren Identität dadurch nicht berührt wird, namentlich also für formändernde Umwandlungen nach den §§ 362 ff AktG. Aber auch bei einer übertragenden Umwandlung, namentlich nach dem UmwandlungsG v 6. 11. 1969 (BGBl I 2081), ist die Rechtslage im Ergebnis nicht anders, da hier stets Gesamtrechtsnachfolge angeordnet ist, so daß die neue Gesellschaft oder der Einzelkaufmann ohne weiteres kraft Gesetzes an die Stelle der übertragenden Gesellschaft in deren Mietverträge eintritt. Dasselbe ist bei einer Verschmelzung von Gesellschaften, sei es eine Fusion durch Aufnahme oder eine Fusion durch Neubildung, anzunehmen (§§ 339 ff AktG). Aber auch Personengesellschaften können ihre Rechtsform unter Wahrung ihrer Identität ändern. Wenn aus einer BGB-Gesellschaft eine oHG oder KG wird oder wenn sich eine oHG zu einer BGB-Gesellschaft zurückverwandelt, handelt es sich immer um dieselbe Gesellschaft, so daß nicht der Eintritt eines neuen Mieters vorliegt und der Vermieter mithin nicht zuzustimmen braucht (BGH LM Nr 17 zu § 705 BGB). Anders jedoch grundsätzlich, wenn die Gesellschafter einer Personengesellschaft 21 eine juristische Person gründen und dieser den Gebrauch der gemieteten Sache überlassen wollen (anders für den Fall der völligen Identität der Gesellschafter BGH L M N r 2 z u § 5 5 3 = N J W 1 9 5 5 , 1 0 6 6 m a b l A n m BREETZKE 1 6 3 3 ) . S c h l i e ß l i c h

versteht es sich auch von selbst, daß die Zustimmung des Vermieters erforderlich ist, wenn eine oHG ihr Geschäft an einen Kaufmann veräußert (RG JW 1931, 2946, 2 9 4 7 ; s a u c h SOERGEL-MEZGER § § 5 3 5 , 5 3 6 R z 5 0 ; ERMAN-SCHOPP § 5 4 9 R z 7 ; ROQUETTE V o r b e m 3 5 ff z u § 5 7 1 ; PALANDT-PUTZO § 5 4 9 A n m 7 ; MITTELSTEIN 6 4 0 f f ; ALTVATER a a O ; NIENDORFF 2 7 7 f f ; B G B - R G R K - G E L H A A R V o r b e m 1 8 1 ff vor § 5 3 5 , § 5 4 9 Rz 3).

c) Der Wohnungstausch

22

Vor allem während der Zeit der schlimmsten Wohnungsnot kam es häufig zu einem sog Wohnungstausch zwischen mehreren Mietern. Die rechtliche Konstruktion dieses Vorgangs ist bis heute umstritten geblieben (s insbes BETTERMANN Anm MDR 1958, 9 f; MITTELSTEIN 6 4 6 ; SCHMIDT-FUTTERER, MietR, s v Wohnungstausch; bes

ROQUETTE Vorbem 40 ff zu § 571 m zahlr Nachw). Der ganze Vorgang bietet keinerlei Besonderheiten, wenn jeder Mieter mit seinem Vermieter die Aufhebung seines Vertrages vereinbart und zugleich mit dem neuen Vermieter einen neuen Vertrag abschließt. Ob und in welcher Weise dann diese Verträge miteinander verknüpft sind, ist ausschließlich eine Frage der Auslegung der Abreden der Parteien im Einzelfall. Der Wohnungstausch kann jedoch auch durch einen sozusagen wechselseitigen Eintrittsvertrag unter Beteiligung beider Mieter und beider Vermieter erfolgen. Ebenso wie bei dem Eintritt eines neuen Mieters liegt dann ein mehrseitiges Rechtsverhältnis vor, das der Vorschrift des § 566 unterliegt. Nach dem Grundsatz der Vertragsfreiheit (§ 305) werden schließlich auch keine Bedenken dagegen erhoben werden können, daß die beiden Mieter lediglich den Wohnungsaustausch vereinbaren und nachträglich beide Vermieter ihre Zustimmung hierzu erklären. m . Die Erlaubnis des Vermieters zu der Gebrauchsüberlassung durch den Mieter Nach § 549 Abs 1 S 1 ist der Mieter ohne Erlaubnis des Vermieters nicht zur Überlassung des Gebrauchs der gemieteten Sache an einen Dritten berechtigt (zum Begriff der Gebrauchsüberlassung s o Rz 3 ff). Bei Verweigerung der Erlaubnis (827)

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§549 24-26

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

kann jedoch der Mieter nach § 549 Abs 1 S 2 das Mietverhältnis unter Einhaltung der gesetzlichen Frist vorzeitig kündigen (§ 565 Abs 5), sofern nicht in der Person des Dritten ein wichtiger Grund vorliegt. 24 1. Die Rechtsnatur der Erlaubnis Die Rechtsnatur der Erlaubnis iS des § 549 Abs 1 ist umstritten, namentlich ob es sich bei ihr um eine Zustimmung iS der §§ 182 ff handelt (vgl dazu die Kontroverse zwischen DOMMNICH U L E N K aaO; N I E N D O R F F 2 8 0 ff; MITTELSTEIN 6 1 6 ff m Nachw). § 549 Abs 1 stellt klar, daß mangels abweichender Abreden der vertragsmäßige Gebrauch grundsätzlich nicht die Überlassung der Sache an einen Dritten zum selbständigen Gebrauch umfaßt. Eine gleichwohl erfolgte Überlassung der Sache an einen Dritten stellt deshalb eine Vertragsverletzung und ggf einen rechtswidrigen Eingriff in die Rechte des Vermieters dar. Hat der Vermieter jedoch seine Erlaubnis erteilt, so wird dem Eingriff die Rechtswidrigkeit genommen. Die Erlaubnis iS des § 549 Abs 1 weist damit deutliche Parallelen zu einer rechtfertigenden Einwilligung in einen Eingriff auf. Daraus folgt zugleich, daß sie keine Zustimmung iS der §§ 182 ff ist, dies auch deshalb, weil namentlich die Wirksamkeit eines Untermietvertrages (selbstverständlich) nicht von der Zustimmung des Vermieters abhängig ist. 25 2. Die allgemeine Erlaubnis des Vermieters Die Erlaubnis kann schon im Vertrag oder nachträglich allgemein oder doch für eine bestimmte Art von Untermietern erteilt werden. Aber auch dann bleibt der Vermieter berechtigt, immer noch wenigstens aus wichtigem Grunde im Einzelfall einer Untervermietung zu widersprechen (LG Berlin HuW 1952, 373; LG Mannheim MDR 1962, 410 f Nr 110; LG Frankfurt MDR 1967, 216 Nr 52). Eine solche allgemeine Erlaubnis braucht nicht ausdrücklich zu erfolgen, sondern kann sich auch aus dem Vertragszweck ergeben. Dies ist vor allem anzunehmen, wenn der Vermieter weiß, daß der Mieter die gemietete Sache in seinem Gewerbebetrieb weitervermieten will (OLG Hamburg OLGE 10, 166; RG Recht 1922 Nr 1551; LG Berlin GrundE 1929, 248). Dasselbe kann sich aus der Ortssitte ergeben, namentlich in Kurorten oder Universitätsstätten, wo die Untervermietung allgemein gebräuchlich ist. Eine Untervermietung ist schließlich ohne weiteres als erlaubt anzusehen, wenn ein Unternehmen Wohnungen erkennbar für seine Mitarbeiter mietet oder wenn der Vertragszweck von vornherein in der Weitervermietung der Räume besteht wie insbes bei der Miete eines Hauses, um darin eine Pension oder ein Hotel zu betreiben. In allen derartigen Fällen kann man auch § 549 als vertraglich abbedungen ansehen. Die einmal im voraus generell erteilte Erlaubnis bindet stets auch den Grundstückserwerber nach § 571 (AG Köln MDR 1953, 360).

26 3. Die Einholung der Erlaubnis Soweit die Erlaubnis nicht schon im Vertrag im voraus erteilt ist, ist ihre nachträgliche Einholung stets Sache des Mieters. Die Erlaubnis kann dann auch grundsätzlich nur für einen bestimmten Fall und nicht generell nachgesucht werden. Denn der Mieter muß dabei dem Vermieter den Dritten benennen, dem er den Gebrauch überlassen will. Er muß dem Vermieter außerdem eine angemessene Uberlegungsfrist zur Einholung von Informationen über den Dritten, dem der Gebrauch überlasVolker Emmerich

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3. Titel. Miete. Pacht

§549 27-30

sen werden soll, einräumen. Die Folge ist, daß sich die Erlaubnis dann stets nur auf die Person desjenigen Dritten bezieht, für den sie eingeholt worden ist.

4. Die Erlaubniserteilung

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Die Erlaubnis wird wie jede Einwilligung in einen Eingriff durch einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung erteilt (ebenso die Praxis: RGZ 81, 59, 60; BGHZ 59, 3, 7). Daraus folgt, daß die Erlaubnis grundsätzlich nicht formbedürftig ist. Jedoch können die Parteien vertraglich dafür die Schriftform vorsehen (anders nur bei Mietverhältnissen über Wohnraum nach § 549 Abs 2 S 3). Jedoch kann der Vermieter auch in einem solchen Fall mit Zustimmung des Mieters im Einzelfall die Erlaubnis formlos wirksam erteilen, schon weil die Parteien jederzeit übereinstimmend von einem vertraglichen Formerfordernis wieder absehen können (LG Berlin GrundE 1931, 882). Trotz eines vertraglichen Formerfordernisses kommt in Ausnahmefällen sogar eine konkludente Erlaubnis durch eine langfristige Duldung der Untervermietung in Betracht (LG Mannheim MDR 1962, 410 f Nr 110). Ein Schweigen des Vermieters auf die Anfrage des Mieters stellt jedoch grundsätzlich keine Willenserklärung und damit keine Erlaubnis dar, außer wenn ausnahmsweise eine konkludente Erlaubnis des Vermieters angenommen werden kann.

5. Die Verpflichtung zur Erlaubniserteilung

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Die Erteilung der Erlaubnis steht grundsätzlich im Belieben des Vermieters (BGHZ 59, 3, 6; BGH WM 1968, 650 f). Jedoch kann sich aus den Abreden der Parteien in Verbindung mit § 242 im Einzelfall durchaus auch einmal die Verpflichtung des Vermieters zur Erlaubniserteilung ergeben. Außerdem stellt die ständige und planmäßige Versagung der Erlaubnis in der Absicht, den Mieter zur Aufgabe der Miete zu zwingen, eine Vertragsverletzung dar, die den Vermieter zum Schadensersatz verpflichtet (RGZ 138, 359).

6. Der Widerruf der Erlaubnis

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Sobald sich der Mieter dem Dritten gegenüber wirksam zur Überlassung der Räume verpflichtet hat, also insbes, sobald er mit dem Dritten einen Untermietvertrag abgeschlossen hat, ist die einmal erteilte Erlaubnis mit Rücksicht auf die schutzwürdigen Interessen des Mieters nicht mehr widerruflich, selbst wenn ein wichtiger Grund vorliegt (NIENDORFF 284; aM LG Mannheim MDR 1962, 410 f Nr 110). Ist die Erlaubnis im Einverständnis mit dem Mieter in widerruflicher Weise erteilt worden, so kann trotzdem der Vermieter den Widerruf nach Treu und Glauben nur in der Weise ausüben, daß der Mieter dem Untermieter zum nächsten Kündigungstermin kündigen kann (LG Berlin GrundE 1930, 398).

IV. Das Kündigungsrecht des Mieters bei Verweigerung der Erlaubnis Bei Verweigerung der Erlaubnis kann der Mieter das Mietverhältnis unter Einhaltung der gesetzlichen Frist kündigen, sofern nicht in der Person des Dritten ein wichtiger Grund vorliegt. (829)

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§549 31-35

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

31 1. Die Verweigerung der Erlaubnis a) Eine Verweigerung der Erlaubnis liegt nicht nur vor, wenn der Vermieter die Überlassung des Gebrauchs an einen Dritten überhaupt verbietet, sondern auch, wenn er die Erlaubnis von zusätzlichen, durch § 549 oder durch den Vertrag nicht gedeckten Bedingungen abhängig macht (RGZ 74,176,179; BGHZ 59, 3, 7 f). Die Erlaubnis gilt außerdem als verweigert, wenn dem Mieter die Untervermietung hinsichtlich eines Teiles der Räume verboten wird (BGH WM 1973, 383, 384) oder wenn der Vermieter die Untervermietung weiterer Räume nach Erlaubnis der ersten Untervermietung ablehnt. Eine Kündigung kommt schließlich noch in Betracht, wenn der Vermieter die Erlaubnis zur Untervermietung ein für allemal, dh generell, verweigert (BGHZ 59, 3, 10). 32 b) Die Verweigerung der Erlaubnis braucht an sich nicht begründet zu werden (aM N I E N D O R F F 284). Nach Treu und Glauben ist der Vermieter jedoch zumindest auf Anfrage des Mieters verpflichtet, diesem die Gründe für seine Entscheidung mitzuteilen, damit sich der Mieter darüber im klaren werden kann, ob er zur Kündigung berechtigt ist. An die genannten Gründe ist der Vermieter dann gebunden, so daß er in einem späteren Rechtsstreit über die Berechtigung der Kündigung andere Gründe nur nachschieben kann, wenn sie ihm bei Angabe seiner ursprünglichen Gründe ohne sein Verschulden noch unbekannt waren (RGZ 74, 176, 178; 92, 118, 120; KG OLGE 22, 249).

33 2. Die Kündigung Das BGB hat dem Mieter keinen Anspruch auf Erlaubnis eingeräumt, jedoch ein Recht zur außerordentlichen befristeten Kündigung bei grundloser Verweigerung der Erlaubnis gegeben. Die Kündigung braucht nicht zum ersten möglichen Termin zu erfolgen; der Mieter kann vielmehr eine Überlegungsfrist in Anspruch nehmen (BGHZ 59, 3, 9 f). Übermäßig langes Warten mit der Kündigung kann jedoch zur Verwirkung des Kündigungsrechts führen. Für die Kündigung selbst gilt § 565 Abs 5.

34 3. Der Ausschluß der Kündigung a) § 549 ist dispositiv, so daß das Kündigungsrecht des Mieters bei Verweigerung der Erlaubnis vertraglich ausgeschlossen werden kann. Dieser Ausschluß des Kündigungsrechts gehört zwar zu den sog mißbilligten Klauseln, kann jedoch nicht generell als sittenwidrig angesehen werden, wie sich aus der Sonderregelung für Mietverhältnisse über Wohnraum in § 549 Abs 2 S 3 ergibt (LG Hamburg WuM 1976, 206 f). Ein Ausschluß des Kündigungsrechts liegt jedoch noch nicht allein in dem vertraglichen Verbot der Untermiete, weil eine solche Regelung im Grunde nur den § 549 wiederholt (RGZ 64, 296, 298 f; 74, 176, 177). 35 b) Die Kündigung ist außerdem ausgeschlossen, wenn in der Person des Dritten ein wichtiger Grund vorliegt, der die Verweigerung der Erlaubnis zur Gebrauchsüberlassung an den Dritten durch den Vermieter als berechtigt erscheinen läßt (§ 549 Abs 1 S 2). Die 2. Kommission ist bei dieser Regelung davon ausgegangen, daß der Mieter nur kündigen darf, wenn ein triftiger, nach den Umständen des Falles die Verweigerung rechtfertigender Grund in den persönlichen Verhältnissen des Untermieters nicht vorliegt; bei der Beurteilung dieser Frage sei dem richterlichen Ermessen ein weiter Spielraum gelassen (Prot II 185). Volker Emmerich

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3. Titel. Miete. Pacht

§549 36-39

Es kommt darauf an, ob dem Vermieter nach den Umständen des Einzelfalles die 36 Überlassung des Gebrauchs der Sache an einen Dritten zumutbar ist. Diese Frage ist jedenfalls dann zu verneinen, wenn dem Vermieter oder den anderen Mietern durch die Gebrauchsüberlassung eine Schädigung oder Störung droht oder wenn von der Gebrauchsüberlassung eine übermäßige Abnutzung oder Beschädigung der Sache zu befürchten ist. Ein wichtiger Grund ist demnach in folgenden Fällen anzunehmen: Der Dritte ist mit dem Vermieter oder mit anderen Mietern persönlich verfeindet; aufgrund seiner persönlichen Eigenschaften, seines Berufes oder seiner Lebensweise droht eine Beeinträchtigung der Mitmieter oder ein nicht vertragsmäßiger Gebrauch der Sache (RGZ 74, 176, 179). Vor allem kommt dabei in Betracht, daß die Gebrauchsüberlassung an den Dritten zu einer Änderung des Verwendungszwecks der Sache führen muß (OLG Hamburg OLGE 13, 364). Auch die Tatsache, daß von dem Dritten eine Konkurrenz für den Vermieter oder andere Mieter zu befürchten ist, kann im Einzelfall einen wichtigen Grund darstellen (RG GE 134, 600; aM KG OLGE 22, 249). Dasselbe gilt, wenn die Untermiete zu einer Überbelegung des Wohnraums führen muß (s § 549 Abs 2 S 1 HS 2); wenn der Dritte in den Räumen ein unehrenhaftes oder schädliches Gewerbe betreiben will, namentlich wenn es sich um die Aufnahme von Prostituierten handelt (einschränkend LG Frankfurt MDR 1967, 216 Nr 52). Hingegen stellt die bloße Zahlungsunfähigkeit des Dritten keinen wichtigen Grund dar, da für den Mietzins stets ausschließlich der Mieter haftet. Ebensowenig bildet es einen wichtigen Grund, daß der Mieter nur einen Teil des ihm vermieteten Grundstücks weitervermieten will (RGZ 74, 176, 179 f).

V. Die Besonderheiten der Wohnraummiete 37 Durch das II. MietRÄndG von 1964 ist im Anschluß an § 29 MSchG dem Mieter von Wohnraum (s dazu Vorbem 24 ff zu §§ 535, 536) ein Anspruch auf Erteilung der Erlaubnis zur Überlassung eines Teils des Wohnraums an einen Drittn unter der Voraussetzung eingeräumt worden, daß für ihn nach Abschluß des Mietvertrages ein berechtigtes Interesse hieran entstanden ist. Dies gilt jedoch nicht, wenn dem Vermieter die Überlassung nicht zuzumuten ist. Der Vermieter kann außerdem ggf eine Erhöhung des Mietzinses verlangen. Eine abweichende Vereinbarung ist unwirksam. 1. Das berechtigte Interesse des Mieters

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a) Der Anspruch auf Erlaubnis besteht nur, wenn der Mieter hieran ein nach Vertragsschluß entstandenes, berechtigtes Interesse hat. Ein schon bei Vertragsschluß vorliegendes Interesse wird also nicht berücksichtigt. Die Gründe, aus denen sich das Mieterinteresse ergibt, müssen vielmehr nach Vertragsschluß, ggf aber schon vor Überlassung des Besitzes entstanden sein. Es genügt dabei jedes berechtigte Interesse; ein dringendes Interesse ist nicht erforderlich (anders noch der RegE). Es braucht sich auch nicht um ein rechtliches Interesse zu handeln, so daß wirtschaftliche und persönliche Interessen ausreichen können. Die wichtigsten Beispiele sind die Verkleinerung der Familie durch den Tod oder 39 den Auszug einzelner Familienangehöriger, namentlich wenn damit eine Verminderung des Familieneinkommens verbunden ist, weiter die Aufnahme in Not geratener Angehöriger oder einer Pflegeperson, idR wohl auch die dauernde Aufnahme des Verlobten (LG Bonn NJW 1976, 1690 f), sowie auf jeden Fall die Aufnahme des Ehegatten und der Kinder, soweit dies nicht ohnehin schon zum vertragsmäßigen Gebrauch gehört (BGHZ 40, 252, 254 f). (831)

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§549 40-46

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

40 Streitig ist, ob der Mieter nach Verheiratung eines Kindes auch ein berechtigtes Interesse an der Aufnahme des jungen Paares haben kann. Die Frage ist jedenfalls dann zu verneinen, wenn ausreichender anderer Wohnraum zu zumutbaren Bedingungen zur Verfügung steht. 41 Die Auswahl des Untermieters ist stets allein Sache des Mieters. Der Vermieter darf hierauf keinen Einfluß nehmen (KG DR 1941, 2337 Nr 8). 42 b) Ein Anspruch auf Erlaubnis besteht jedoch nur, wenn der Mieter lediglich einen Teil der Wohnung einem Dritten überlassen will. Für die Überlassung der gesamten Wohnung gilt allein § 549 Abs 1, wozu auch der Fall gehört, daß der Mieter sämtliche Wohnräume Dritten überläßt, sich selbst aber auf irgendwelche Nebenräume zurückzieht. 43 2. Die Rechte des Mieters bei grundloser Verweigerung der Erlaubnis a) Bei grundloser Verweigerung der Erlaubnis kann der Mieter sowohl von dem Vermieter die Erteilung der Erlaubnis verlangen als auch das Recht zur außerordentlichen, befristeten Kündigung aufgrund des § 549 Abs 1 S 2 ausüben. Der Mieter hat zwischen beiden Rechtsbehelfen die Wahl. Außerdem stellt hier die grundlose Verweigerung der Erlaubnis eine Vertragsverletzung dar, die den Vermieter schadensersatzpflichtig machen kann. Als Schaden kommt vor allem ein etwaiger dem Mieter durch den Ausfall des Untermietzinses entgangener Gewinn in Betracht (§ 252). 44 b) Umstr ist die Rechtslage, wenn der Mieter einem Dritten den Gebrauch der Sache zwar ohne Erlaubnis des Vermieters überläßt, nach § 549 Abs 2 aber einen Anspruch auf Erteilung der Erlaubnis hat. In einem solchen Fall stellt die Überlassung des Gebrauchs der Sache an einen Dritten jedenfalls keine derart schwerwiegende Vertragsverletzung dar, daß eine fristlose Kündigung des Vermieters nach § 553 gerechtfertigt wäre (ebenso im Ergebnis B U R K H A R D T B B 1964, 771, 773; P A L A N D T - P U T Z O § 549 Anm 2 d; aM zB R O Q U E T T E § 549 Rz 27). Der Vermieter kann daher allein nach § 550 Unterlassung verlangen, wogegen sich der Mieter dann ohne weiteres durch die Forderung auf Erlaubniserteilung wehren kann. 45 3. Die Ausschlußgründe a) Ein Anspruch auf Erteilung der Erlaubnis ist zu verneinen, wenn in der Person des Dritten ein wichtiger Grund vorliegt, der Wohnraum übermäßig belegt würde oder sonst dem Vermieter die Überlassung nicht zugemutet werden kann. Schon die Formulierung des Gesetzes bringt zum Ausdruck, daß die beiden zuerst genannten Gründe (wichtiger Grund in der Person des Dritten, übermäßige Belegung der Wohnung) nichts anderes als Sonderfälle der allgemeinen Unzumutbarkeit für den Vermieter darstellen. Genau wie bei § 549 Abs 1 S 2 kommt es also auch hier darauf an, ob nach den gesamten Umständen des Einzelfalles dem Vermieter die teilweise Überlassung des Wohnraums an einen Dritten zugemutet werden kann (s deshalb im einzelnen o Rz 35 f). Maßgebend ist daher stets eine umfassende Abwägung der Interessen der Parteien im Einzelfall, wobei zu berücksichtigen ist, daß der Gesetzgeber durch den neuen Abs 2 des § 549 dem Mieter eine Verbesserung seiner Einnahmen ermöglichen wollte. 46 b) Ein wichtiger Grund in der Person des Dritten wird, wie schon ausgeführt (o Rz 35 f), vor allem vorliegen, wenn der Dritte mit dem Vermieter oder anderen Mietern verfeindet ist, wenn von ihm eine Störung oder Belästigung des Vermieters oder Volker Emmerich

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3. Titel. Miete. Pacht

§549 47-51

anderer Mieter zu befürchten ist oder wenn er einen unehrenhaften oder unsittlichen Lebenswandel führt. Hingegen ist die Zahlung eines Abstandes durch den Untermieter kein wichtiger Grund (BGH LM Nr 2 zu § 30 MSchG = NJW 1963,1299 f). c) Für die Überbelegung des Wohnraums kommt es in erster Linie auf das Verhält- 47 nis der Personenzahl zu der Zahl der vorhandenen Räume an; ergänzend müssen jedoch stets die Verhältnisse des Einzelfalles berücksichtigt werden (SCHMIDT-FUTTERER, Miete und Pacht 182). Eine Überbelegung ist jedenfalls bei einem Verstoß gegen die früheren städtischen Wohnungsordnungen oder gegen die neuen WohnungsaufsichtsGe der Länder (vgl dazu LEONHARD ZMR 1975, 2 2 5 ; VON ZEZSCHWITZ NJW 1976, 129 ff) anzunehmen (KG DR 1940, 1 4 3 0 f Nr 15). d) Sonstige Gründe, die die Überlassung des Gebrauchs an einen Dritten für den 48 Vermieter unzumutbar machen, sind namentlich die Änderung des Verwendungszwecks durch den Gebrauch des Dritten (KG DR 1941, 2570 Nr 11), die bevorstehende Beendigung des Mietverhältnisses, sowie die von dem Untermieter geplante Hundehaltung, jedenfalls wenn dem Mieter die Hundehaltung vertraglich verboten ist (LG Berlin MDR 1967, 405). 4. Der sog Untermietzuschlag 49 a) Nach § 549 Abs 2 S 2 kann der Vermieter die Erlaubnis von einer angemessenen Erhöhung des Mietzinses abhängig machen, wenn ihm die Überlassung nur unter dieser Voraussetzung zuzumuten ist. In leicht verändertem Gewände lebt hier der aus dem Mietpreisrecht sattsam bekannte, unglückliche Untermietzuschlag fort. Die ganze Regelung ist im Grunde verunglückt. Es ist schon unklar, unter welchen Voraussetzungen dem Vermieter die Überlassung nur bei einer angemessenen Erhöhung des Mietzinses zuzumuten ist. Vermutlich hat der Gesetzgeber hier an Fälle gedacht, in denen durch die Überlassung des Gebrauchs an einen Dritten eine zusätzliche, besondere Abnutzung der Wohnräume droht. Vollends unklar ist jedoch, was unter einer angemessenen Erhöhung des Mietzinses zu verstehen sein soll. Fest steht nur, daß jedenfalls eine Verdoppelung der Quadratmetermiete nicht mehr angemessen ist und daß dem Mieter ein nennenswerter Teil des Untermietzinses verbleiben muß. Im übrigen aber fehlen für die Festlegung der Angemessenheit der Mietzinserhöhung alle Maßstäbe. Nur für Sozialwohnungen findet sich eine gesetzliche Regelung in § 26 Abs 3 NMVO 1970. b) Ist der Mieter mit der Mietzinserhöhung einverstanden, so wird der Mietvertrag 50 entsprechend geändert. Die Änderung bleibt auch in Kraft, wenn die Gebrauchsüberlassung später endet, es sei denn, die Vertragsänderung sei von vornherein entsprechend befristet worden. 5. Abweichende Vereinbarungen 51 Durch § 549 Abs 2 S 3 sind für die Wohnraummiete von § 549 Abs 2 zum Nachteil des Mieters abweichende Vereinbarungen verboten worden. Unzulässig sind deshalb zB das Verbot der Untermiete trotz Vorliegens eines berechtigten Interesses des Mieters, die Vereinbarung der freien Widerruflichkeit der Erlaubnis oder die Vereinbarung, daß der Anspruch auf Erteilung der Erlaubnis von weiteren, in § 549 Abs 2 nicht genannten Voraussetzungen abhängen soll. Hingegen sind Vereinbarungen, durch die die Rechtsstellung des Mieters über den gesetzlichen Rahmen hinaus verbessert werden, unbedenklich zulässig. Eine solche Regelung enthielt der frühere § 7 DEMV, weil dadurch dem Mieter von vornherein die generelle Erlaubnis zur Üntervermietung erteilt worden war (OLG München NJW 1955, 950; SCHMIDT(833)

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§549 52-58

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

FUTTERER ZMR 1 9 6 1 , 2 1 7 ) . Der neue Mustermietvertrag von 1 9 7 6 beschränkt sich hingegen in den §§10 Abs 2 Nr 1 und 11 auf eine bloße Wiederholung des Gesetzeswortlauts.

52 6. Beweislast In einem Rechtsstreit über den Anspruch des Mieters auf Erteilung der Erlaubnis muß der Mieter sein nach Vertragsschluß entstandenes berechtigtes Interesse beweisen; hingegen trifft den Vermieter die Beweislast dafür, daß ihm die Überlassung überhaupt nicht oder nur gegen eine angemessene Erhöhung des Mietzinses zuzumuten ist. 53 VI. Insbesondere die Untermiete Der wichtigste Fall der Überlassung des Gebrauchs der gemieteten Sache an einen Dritten ist selbstverständlich die verbreitete Untermiete. Die Untermiete wirft eine Reihe zusätzlicher Fragen auf, die im folgenden im Zusammenhang darzustellen sind, wobei vorweg zur Terminologie noch zu bemerken ist, daß hier im Interesse der Klarheit stets nur von Vermieter, Mieter und Untermieter die Rede sein soll, ohne Rücksicht auf ihre jeweilige Rolle in den verschiedenen Vertragsbeziehungen. 54 1. Allgemeines a) Der Untermietvertrag ist ein normaler Mietvertrag, für den uneingeschränkt die §§ 535 ff gelten. Die Tatsache, daß der Mieter (als Untervermieter) nicht zugleich Eigentümer der vermieteten Sache ist, spielt keine Rolle. Die Gültigkeit des Untermietvertrages ist auch unabhängig von der Erlaubnis des Vermieters (RGZ 8 1 , 5 9 , 6 0 f; aM nur zu Unrecht DOMMNICH aaO). 55 Der Untermietzins, der durchaus auch höher als der Mietzins sein kann (BGH LM Nr 27 zu § 535 BGB B1 3), steht allein dem Mieter zu. Entsprechend hat auch nur der Mieter ein Werrm&itTpfandrecht an den vom Untermieter eingebrachten Sachen. Einen Anspruch auf den Üntermietzins kann der Vermieter also nur durch Abtretung oder Pfändung des Anspruchs des Mieters erlangen. Haben mehrere Mieter die Sachen weitervermietet, so bilden sie eine Bruchteilsgemeinschaft, so daß gemäß § 432 jeder Mieter nur Leistung an alle Mieter zusammen verlangen und der Untermieter auch nur an alle Mieter gemeinsam leisten kann (BGH LM Nr 46 zu § 3 8 7 BGB). 56 Keine Rolle spielt, ob dem Untermieter das Objekt ganz oder nur teilweise überlassen worden ist. Ebenso unerheblich ist, ob der Vertragspartner des Untermieters Mieter oder Pächter ist. Immer liegt eine Untermiete iS des § 549 vor (BGH LM Nr 2 a zu § 3 6 MtSchG = NJW 1 9 5 2 , 8 2 1 ; aM zB ROQUETTE § 5 4 9 Rz 10). Wird der Mieter später zum Eigentümer, so verwandelt sich der Untermietvertrag in einen normalen Mietvertrag (OLG Hamburg OLGE 22, 248). 57 Für die Kündigung des Untermietvertrages seitens des Mieters gelten uneingeschränkt die §§ 564 ff, 565 ff, so daß der Untermieter auch in den Genuß des neuen Mieterschutzes aufgrund des § 564 b kommen kann, es sei denn, es liege der gerade hier häufig zutreffende Fall des § 564 b Abs 7 vor. 58 Bei langfristigen Untermietverträgen kann der Untermieter außerdem aus wichtigem Grunde kündigen, wenn der Mieter die Erlaubnis des Vermieters nicht beibringt, der Untermieter jedoch mit Rücksicht auf seine wirtschaftlichen DispositioVolker Emmerich

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3. Titel. Miete. Pacht

§549 59-62

nen ein berechtigtes Interesse daran hat, alsbald Klarheit über das Schicksal des Vertrages zu gewinnen (BGH LM Nr 1 zu § 542 BGB = ZMR 1960, 10 f). b) Zwischen Vermieter und Untermieter entstehen keine vertraglichen Beziehun- 59 gen (RGZ 81, 59, 60 f; 150, 193, 203). Der Vermieter hat daher kein Recht, über die Erteilung der Erlaubnis auf den Inhalt des Untermietvertrages Einfluß zu nehmen (BGHZ 59, 3, 8). Umgekehrt ist der Untermieter auch nicht in den Schutzbereich des Hauptmietvertrages zwischen Vermieter und Mieter einbezogen, so daß ihm keine vertraglichen Schadensersatzansprüche gegen den Vermieter zustehen (OLG Celle NdsRpfl 1975, 95, 96 f; str). 2. Die Rechte des Vermieters bei unberechtigter Untervermietung

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Die Überlassung des Gebrauchs an den Untermieter stellt ohne Erlaubnis des Vermieters eine Überschreitung des dem Mieter zustehenden vertragsmäßigen Gebrauchs dar, so daß der Vermieter nach § 550 Unterlassung verlangen kann; außerdem kann er ggf nach § 553 fristlos kündigen. Schließlich kann der Vermieter von dem Mieter noch Schadensersatz verlangen, wenn ihm tatsächlich ein Schaden entstanden ist. Jedoch verweigert die Praxis dem Vermieter einen Anspruch auf Herausgabe des von dem Mieter zu Unrecht bezogenen Untermietzinses, da der Vermieter mangels eigener Möglichkeit zur Untervermietung insoweit nicht geschädigt sei.* Die Ablehnung jedes Anspruchs des Vermieters ist nicht berechtigt. Bestellt der 61 Mieter einem Dritten, wirksam oder unwirksam, gegen Entgelt ein Wohnrecht oder einen Nießbrauch, so kann der Vermieter die von dem Dritten gezahlte Gegenleistung stets nach § 816 Abs 1 (ggf nach Genehmigung der Verfügung) kondizieren (s KOLLHOSSER aaO). Deshalb kann die Rechtslage nicht anders sein, wenn die Parteien anstelle des ungebräuchlichen Nießbrauchs oder Wohnrechts einen Unterpachtoder Untermietvertrag abschließen. § 816 Abs 1 S 1 ist folglich entsprechend anwendbar, so daß der Mieter den gesamten von ihm zu Unrecht bezogenen Untermietzins an den Eigentümer herausgeben muß ( E M M E R I C H 114 ff m Nachw).

3. Die Haftung des Mieters

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a) Der Untermietvertrag ist ein normaler Mietvertrag, so daß für die Haftung des Mieters uneingeschränkt die §§ 537 ff gelten. Besonders wichtig ist hier § 541, nach dem die §§ 537, 538, 539 S 1 und 540 entsprechend anwendbar sind, wenn dem Mieter (hier dem Untermieter) der vertragsmäßige Gebrauch der gemieteten Sache durch das Recht eines Dritten ganz oder zum Teil entzogen wird. Recht eines Dritten ist auch und gerade der Herausgabeanspruch des Vermieters gegen den Untermieter (§§ 556 Abs 3,985). § 541 ist also anwendbar, wenn der Vermieter die Erlaubnis verweigert und nach § 986 Abs 1 S 2 Rückgabe der Sache an den Mieter verlangt, sowie wenn der Hauptmietvertrag endet, so daß der Vermieter auch von dem Untermieter Herausgabe verlangen kann (§§ 556 Abs 3, 985), da § 541 auch für nachträglich entstandene Rechte Dritter gilt (BGHZ 63, 132, 138 gegen RGZ 65, 29, 33). * BGHZ 59, 51, 57 f; BGH LM Nr 2 a zu § 549 BGB = JuS 1964, 457 Nr 4 m Nachw; LM Nr 42 zu § 535 BGB B1 2 R ; zustimmend SÖLLNER aaO; ebenso schon früher MITTELSTEIN 628; aM aber zB D I E D E R I C H S E N NJW 1964, 2297; KOLLHOSSER BB 1973, 820 ff; H E R S C H E L und NEUMANN-DUESBERG (835)

aaO.

Volker Emmerich

§549 63-67

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

63 b) Folglich kann der Untermieter von dem Mieter nach § 538 stets ohne weiteres Schadensersatz verlangen, wenn bei Abschluß des Untermietvertrages die Erlaubnis des Vermieters nicht vorlag und dem Untermieter deshalb später der Besitz entzogen wird (s § 541 Rz 8; insbes RGZ 81, 59, 62 ff). Der Schadensersatzanspruch wird entgegen § 541 S1 auch nicht durch die Kenntnis des Untermieters davon ausgeschlossen, daß sein Vermieter seinerseits nur Mieter ist und die Erlaubnis des Vermieters noch nicht vorliegt, weil in dem Abschluß eines Untermietvertrages unter solchen Umständen stets die Garantie des Mieters liegt, daß er die Erlaubnis des Vermieters beibringen kann (RG aaO; § 541 Rz 28; str). Keinesfalls geht es an, den Abschluß eines Untermietvertrages in Kenntnis der fehlenden Erlaubnis des Vermieters als bedingt durch die Erteilung dieser Erlaubnis anzusehen, da sich der Untermieter hierum nicht zu kümmern braucht, die Beibringung der Erlaubnis vielmehr ausschließlich Sache des Mieters ist (RGZ 81, 59, 61 f; BGH LM Nr 1 zu § 542 BGB = ZMR 1960, 10). 64 Gelingt es dem Mieter nicht, die Erlaubnis des Vermieters beizubringen, so kann der Untermieter daneben stets nach § 326 und § 542 den Untermietvertrag kündigen. Außerdem kommt, wie schon ausgeführt (o Rz 58), ggf eine Kündigung aus wichtigem Grunde in Betracht. 65 c) § 541 liegt außerdem vor, wenn das Recht des Vermieters nachträglich entsteht, weil er den Mietvertrag mit dem Mieter gekündigt hat (§541 Rz 23). Wird dem Untermieter infolgedessen der Besitz entzogen, so entfällt jedenfalls seine Verpflichtung zur Zahlung des Untermietzinses (§ 537). Außerdem kann er Schadensersatz verlangen, wenn der Mieter die Kündigung zu vertreten hat (u Rz 67). Das ist gemäß § 279 jedenfalls dann anzunehmen, wenn der Vermieter wegen Zahlungsverzugs des Untermieters kündigt (BGHZ 63, 132,139; 17,127,129); ebenso im Falle einer Kündigung des Vermieters aufgrund des § 553. Hingegen hat das RG eine Schadensersatzpflicht des Mieters verneint, wenn das Grundstück wegen Zahlungsunfähigkeit des Vermieters versteigert wird (RGZ 65, 29, 33 f). Diese Entscheidung dürfte jedoch durch BGHZ 63, 132, 139 überholt sein.

66 4. Die Haftung des Untermieters Zwischen Vermieter und Untermieter bestehen keine vertraglichen Beziehungen, außer wenn der Vermieter die Erlaubnis zur Untermiete von einem Schuldbeitritt des Untermieters abhängig gemacht hat (OLG Hamm WM 1973,1285,1286). Dem Vermieter können deshalb grundsätzlich gegen den Untermieter nur Ansprüche aus Eigentum und Delikt zustehen. Verliert der Untermieter jedoch nur nachträglich sein Besitzrecht durch die Kündigung des Vermieters gegenüber dem Mieter, so ist für ein Anwendung der §§ 987 ff kein Raum (EMMERICH Diss 119 ff, 130 ff m Nachw z Streitstand). Auch wenn der Untermieter die Grenzen des vertragsmäßigen Gebrauchs überschreitet, kann sich der Vermieter grundsätzlich nur an den Mieter halten (§ 550). Lediglich wenn hierin zugleich eine Beeinträchtigung des Eigentums des Vermieters liegt, kann er auch gegen den Untermieter vorgehen (§§ 823 Abs 1, 1004). 67 5. Die Beendigung der Untermiete a) Der Untermietvertrag ist ein selbständiger Mietvertrag, für dessen Kündigung uneingeschränkt die §§ 564 ff und 565 ff gelten. Sofern nicht ausdrücklich das Gegenteil vereinbart ist, ist er in seinem Lauf von dem Mietvertrag unabhängig. Wird der Mietvertrag beendet, so verliert der Untermieter freilich sein Besitzrecht, Volker Emmerich

(836)

§§ 549, 550 3. Titel. Miete. Pacht

68-71

so daß er die Sache dem Vermieter herausgeben muß (§§ 556 Abs 3, 985). Der Untermieter büßt dadurch jedoch nicht seinen Erfüllungsanspruch gegen den Mieter ein, so daß dieser ihm weiter haftet (s im einzelnen o Rz 65). Gegenüber dem Herausgabeanspruch des Vermieters kann sich der Untermieter dabei nicht auf ein Zurückbehaltungsrecht gegenüber seinem Vermieter (dem Mieter) berufen. Beläßt jedoch der Vermieter die Sache dem Untermieter, nachdem er dem Mieter gekündigt hat, so kann hierin der konkludente Abschluß eines neuen Mietvertrages gesehen werden (vgl den Fall BGHZ 63, 132). Andernfalls stellt es einen Fall des § 557 dar, wenn der Untermieter nach Beendigung des Hauptmietverhältnisses die Sache nicht zurückgibt, so daß der Mieter weiterhin zur Zahlung des Mietzinses verpflichtet bleibt. b) Umstr ist, ob Vermieter und Mieter eine teilweise Aufhebung des Mietvertrages 68 hinsichtlich der dem Untermieter überlassenen Räume vereinbaren können, um den Untermieter zu verdrängen. Soweit hier Mieter und Vermieter zusammenwirken, um den Untermieter gemeinsam zu schädigen, liegt ein Fall des § 826 vor, so daß dem Herausgabeanspruch des Vermieters der Einwand unzulässiger Rechtsausübung entgegensteht (ebenso im Ergebnis LG Hannover NJW 1949, 825 ff m Anm LEEWALD; LG Osnabrück ZMR 1952, 13; G R U N D N J W 1953, 491 f; ROQUETTE N J W 1952,1395 f; NIENDORFF 291). Anders aber bei Konkurs des Mieters (s BGHZ 17, 127, 129 f). VD. Die Haftung des Mieters für den Dritten nach § 549 Abs 3

69

1. Nach § 549 Abs 3 hat der Mieter nach Überlassung des Gebrauchs an einen Dritten ein dem Dritten bei dem Gebrauch zur Last fallendes Verschulden auch dann zu vertreten, wenn der Vermieter die Erlaubnis zur Überlassung erteilt hat. Bei berechtigter Gebrauchsüberlassung an den Dritten wird maW der Dritte vom Gesetz als Erfüllungshilfe des Mieters gegenüber dem Vermieter behandelt (§ 278). Daraus folgt zugleich, daß der Mieter nur für solche schädigende Handlungen des Dritten haftet, die in einem inneren Zusammenhang mit dem Mietverhältnis stehen, nicht jedoch für völlig unabhängig davon begangene Delikte des Dritten. 2. Ist hingegen die Gebrauchsüberlassung unberechtigt, so liegt schon in der Über- 70 lassung des Gebrauchs eine schuldhafte Vertragsverletzung, die den Mieter für alle daraus entstehenden Schäden ersatzpflichtig macht, ohne Rücksicht darauf, ob er diese selbst zu vertreten hat, da sich das Vertretenmüssen stets nur auf die Vertragsverletzung zu beziehen braucht. Die „Zufallshaftung" entfällt jedoch, wenn der Mieter nachweisen kann, daß der Schaden auch ohne Gebrauchsüberlassung an den Dritten entstanden wäre (Mot II 397). VIII. Beweislast

71

Kommt es zwischen den Parteien zum Streit über die Befugnis des Mieters, nach § 549 Abs 1 wegen unberechtigter Verweigerung der Erlaubnis zu kündigen, so muß der Mieter nachweisen, daß er die Erlaubnis des Vermieters nachgesucht hat; hingegen trifft den Vermieter die Beweislast dafür, daß er die Erlaubnis aus wichtigem Grunde verweigert hat (RGZ 92, 118, 120 f). §550 Macht der Mieter von der gemieteten Sache einen vertragswidrigen Gebrauch und setzt er den Gebrauch ungeachtet einer Abmahnung des Vermieters fort, so kann der Vermieter auf Unterlassung klagen. E II § 4 9 4 ; E III § 543; Prot II 187 f. (837)

Volker Emmerich

§550 1-3

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

Schrifttum DWA 1926, 630; M I T T E L S T E M Recht 1910, 270; ders, Die Miete nach dem Rechte des deutschen Reiches (4. Aufl 1932) 373 ff; M Ü L L E R , Der vertragsmäßige Gebrauch der Mietsache bei der Vermietung von Räumen zu Wohnzwecken, ZMR 1970, 289; N I E N D O R F F , MietR 230 ff; S C H M I D T - F U T T E R E R , Mietrecht (7. Aufl 1976) s v Abmahnung und Unterlassungsklage; W E I M A R , Hat der Hauptvermieter gegen den Untermieter einen Unterlassungsanspruch bei vertragswidrigem Gebrauch? ZMR 1960, 327. DU C H E S N E

1 I. Allgemeines Der Mieter ist zum Gebrauch der Mietsache (nur) in den durch Vertrag und Gesetz gezogenen Grenzen berechtigt (sog vertragsmäßiger Gebrauch). Daraus ergibt sich seine Pflicht, die Grenzen dieses Gebrauchsrechts strikt einzuhalten (s schon §§ 535, 536 Rz 98). Einzelne Folgerungen aus Verstößen des Mieters gegen diese Pflicht hat das Gesetz in den §§ 550 und 553 gezogen. Nach § 550 kann der Vermieter unter bestimmten Voraussetzungen von dem Mieter Unterlassung verlangen; außerdem steht ihm nach § 553 unter weiteren Voraussetzungen ein außerordentliches fristloses Kündigungsrecht zu. Bei Verschulden kann der Vermieter schließlich stets noch Schadensersatz vom Mieter verlangen (RGZ 105, 395, 397; BGH WM 1968, 252, 253). Sowohl der Unterlassungs- als auch der Schadensersatzanspruch können auch schon während des Bestehens des Mietverhältnisses geltend gemacht werden (RG und BGH aaO). Voraussetzung des Schadensersatzanspruches ist jedoch stets der Nachweis eines Schadens des Vermieters. Hat der Mieter zu Unrecht bauliche Veränderungen an der Mietsache vorgenommen, so kann der Vermieter folglich sowohl mit dem Unterlassungs- als auch mit dem Schadensersatzanspruch Wiederherstellung des früheren Zustandes durch Beseitigung der baulichen Maßnahmen verlangen (BGH LM Nr 54 zu § 535 BGB; OLG Hamm, Beschluß v 11. 11. 1975 - 7 W 16/75). 2 § 550 wiederholt an sich nur eine Selbstverständlichkeit; indem er jedoch den Unterlassungsanspruch des Vermieters bei vertragswidrigem Gebrauch seitens des Mieters an eine vorherige Abmahnung durch den Vermieter bindet, verfolgt er zugleich den Zweck, den Mieter vor einem schikanösen Vorgehen des Vermieters zu schützen; der Mieter soll durch die vorherige Abmahnung des Vermieters nochmals gleichsam eine letzte Gelegenheit zu vertragstreuem Verhalten bekommen, bevor der Vermieter zu den scharfen Rechtsbehelfen der §§ 550 und 553 greifen darf (RGZ 104, 26). Wenn der Vermieter jedoch zugleich Eigentümer ist und in dem vertragswidrigen Gebrauch des Mieters zugleich eine Eigentumsstörung liegt, kann der Vermieter auch nach § 1004 ohne vorherige Abmahnung gegen den Mieter vorgehen (aM MITTELSTEIN 374). § 550 ist auch nicht zwingend, so daß die Parteien etwas anderes bestimmen, namentlich auf die vorherige Abmahnung verzichten können (HANS § 550 Anm B 4 ) . 3 Wann ein vertragswidriger Gebrauch vorliegt, richtet sich in erster Linie nach den Vereinbarungen der Parteien, sowie nach dem Gesetz und ergänzend vor allem nach der Verkehrssitte. Wegen der Einzelheiten ist auf die Bemerkungen zu den §§ 535, 536 (Rz 54 ff) zu verweisen. Hervorzuheben ist nur, daß, wenn den Mieter ausnahmsweise eine Gebrauchspflicht trifft (s §§ 535, 536 Rz 128), dann auch die Unterlassung des Gebrauchs einen vertragswidrigen Gebrauch darstellt, gegen den der Vermieter nach den §§ 550 und 553 vorgehen kann (RG DRiZ 1926 Nr 23). Volker Emmerich

(838)

§550 3. Titel. Miete. Pacht

4-9

II. Die Abmahnung

4

1. a) Der Unterlassungsanspruch des Vermieters ist durch § 550 von einer vorherigen Abmahnung des Vermieters abhängig gemacht. Die Rechtsnatur dieser Abmahnung ist ebenso wie die der Mahnung als Voraussetzung des Verzugs (§ 284 Abs 1) umstr (s dazu zB EMMERICH, in: Grundlagen des Vertrags- und Schuldrechts [1974] 396 ff m Nachw). Seitdem man sich jedoch darüber einig ist, daß sich weder bei der Abmahnung des § 550 noch bei der Mahnung des § 284 der Rechtsfolgewille des Erklärenden auf die daran geknüpften Rechtsfolgen zu erstrecken braucht, ist der Streit im wesentlichen gegenstandslos, da feststeht, daß Mahnung wie Abmahnung im übrigen in nahezu jeder Hinsicht wie eine einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung zu behandeln sind. Auch die Abmahnung erfolgt deshalb durch einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung, die dem Mieter zugehen muß. b) Als Adressat kommt allein der Mieter in Betracht. Auch wenn sich der Vermieter 5 gegen einen vertragswidrigen Gebrauch Dritter wendet, denen der Mieter den Gebrauch überlassen hat, muß er sich mit der Abmahnung stets an den Mieter als seinen Vertragspartner wenden. c) Eine besondere Form ist für die Abmahnung nicht vorgeschrieben. Deshalb kann 6 die Mahnung durchaus auch in der Klage auf Unterlassung liegen. Die Klage hat jedoch in diesem Fall nur Erfolg, wenn der Mieter trotz Klageerhebung den vertragswidrigen Gebrauch fortsetzt. Stellt der Mieter hingegen den Gebrauch sofort unter Anerkennung des Anspruchs ein, so muß der Vermieter nach § 93 ZPO die Kosten tragen. d) Inhaltlich muß die Abmahnung den beanstandeten Gebrauch genau bezeichnen; 7 der Vermieter muß also genau angeben, gegen welche vertragswidrigen Maßnahmen im einzelnen er sich wendet. Deshalb genügt es nicht, wenn der Vermieter nur allgemein seine Unzufriedenheit mit dem Verhalten des Mieters zum Ausdruck bringt und ihn an die Verpflichtung zur Vertragserfüllung erinnert (RGZ 77, 117, 118 ff; OLG Kolmar OLGE 13, 367). Es genügt jedoch, wenn der Vermieter seine Beanstandungen bei einem Gespräch im einzelnen vorgebracht hat und dann anschließend die Abmahnung ausspricht. In diesem Falle brauchen die Beanstandungen in der Abmahnung nicht wiederholt zu werden (RGZ 77, 117, 119 f). Eine Fristsetzung und die Androhung von Folgen sind ebenfalls nicht erforderlich. 2. Angesichts des klaren Wortlauts des Gesetzes kann auf die Abmahnung nur unter 8 ganz engen Voraussetzungen verzichtet werden. Ebenso wie die Mahnung (s E M M E RICH [o Rz 4] 399) ist die Abmahnung aber jedenfalls dann entbehrlich, wenn der Mieter von vornherein endgültig und ernstlich die Erfüllung durch Einhaltung der Grenzen des vertragsmäßigen Gebrauchs verweigert (BGH LM Nr 13 zu § 553 BGB). Auch bei arglistigem Verhalten des Mieters kann die Abmahnung ausnahmsweise entbehrlich sein ( K G JW 1927, 2817 Nr 2; P A L A N D T - P U T Z O § 550 Anm 2 b). Dafür genügt jedoch nicht die bloße Tatsache einer heimlichen, unerlaubten Untervermietung, wohl aber möglicherweise der Umstand, daß die Erfolglosigkeit der Abmahnung von vornherein feststeht oder nach den ganzen Umständen eine Mahnung des Mieters nicht mehr erforderlich ist (BGH WM 1968, 252, 253; BGB-RGRK-GELHAAR § 553 Rz

10).

3. Da in der Abmahnung der Vermieter den Mieter zur Unterlassung des genau 9 bezeichneten, vertragswidrigen Gebrauchs auffordern muß, kann sich die anschließende UnterlassungsWage auch nur auf dieses genau bezeichnete Verhalten beziehen; eine Klage auf Unterlassung eines anderen vertragswidrigen Gebrauchs wäre - mangels Abmahnung - unbegründet (RG JW 1920, 377 Nr 6; OLG Kolmar OLGE 13, 367; N I E N D O R F ? 241). (839)

Volker Emmerich

§550 10-17

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

10 4. Die Abmahnung muß wie jede andere Willenserklärung auch zu einer angemessenen Zeit, grundsätzlich also nicht nachts, erfolgen. Stört jedoch der Mieter durch übermäßigen nächtlichen Lärm die Mitmieter oder Nachbarn, so kann die Abmahnung auch sofort nachts erfolgen. 11 III. Die Fortsetzung des vertragswidrigen Gebrauchs 1. a) Der Unterlassungsanspruch setzt nach § 550 außer der Abmahnung noch voraus, daß der Mieter ungeachtet der Abmahnung den vertragswidrigen Gebrauch fortsetzt. Der Unterlassungsanspruch entfällt also, wenn der Mieter nach der Abmahnung den vertragswidrigen Gebrauch sofort einstellt, namentlich wenn es sich um einmalige Verstöße gegen den Vertrag handelt. Auf der anderen Seite genügt aber auch die bloße Fortsetzung des vertragswidrigen Gebrauchs; eine Wiederholungsgefahr darüber hinaus ist nicht erforderlich. 12 b) Liegt der vertragswidrige Gebrauch in der Unterlassung einer vom Mieter geschuldeten Handlung, so muß der Mieter folglich nach der Abmahnung sofort tätig werden, um der Klage zu entgehen. 13 c) Für die Klage reicht es auch aus, wenn Dritte, denen der Mieter den Gebrauch überlassen hat, trotz der Abmahnung den vertragswidrigen Gebrauch fortsetzen. Der Anspruch des Vermieters geht hier auf Abhilfe durch den Mieter, vor allem auf Unterbindung eines vertragswidrigen Gebrauchs durch den Untermieter. 14 d) Immer aber ist Voraussetzung, daß der Mieter die Abmahnung tatsächlich kennt, weil das Gesetz in § 550 auf die Fortsetzung des Gebrauchs „ungeachtet" der Abmahnung abstellt (ebenso PALANDT-PUTZO § 550 Anm 2 c). 15 2. Haben mehrere Personen dieselbe Sache zusammen gemietet, so sind sie Gesamtschuldner (Vorbem 101 ff zu §§ 535, 536). Folglich gilt für ihr Verhältnis zum Vermieter § 425, so daß ein vertragswidriger Gebrauch durch einen Mieter den anderen grundsätzlich, dh mangels abweichender Vereinbarungen, nicht zugerechnet werden kann; folglich kann sich der Vermieter bei vertragswidrigem Gebrauch eines von mehreren Mietern auch immer nur an den betreffenden einzelnen Mieter und nicht an die übrigen Mieter halten (NIENDORFF 2 4 0 ; aM MITTELSTEIN Recht 1910, 270; SOERGEL-MEZGER § 550 Rz 6; Voraufl Rz 29).

16 3. Wenn der Mieter „ungeachtet" der Abmahnung, dh in Kenntnis und trotz der Abmahnung den vertragswidrigen Gebrauch fortsetzt, so wird wohl stets ein vorsätzlicher Verstoß gegen den Vertrag vorliegen, so daß der vertragswidrige Gebrauch jetzt in aller Regel schuldhaft sein dürfte. Daraus folgt jedoch nicht, daß Verschulden eine Voraussetzung des Unterlassungsanspruchs wäre (aM nur ROQUETTE § 5 5 0 Rz 25; sowie für einen Sonderfall OLG München JW 1915, 1272, wo aber mit Rücksicht auf die behördliche Anordnung wohl schon die Rechtswidrigkeit gefehlt hat). § 550 greift vielmehr auch ein, wenn den Mieter trotz der Abmahnung ausnahmsweise kein Verschulden trifft, etwa weil er sich in einem entschuldbaren Rechtsirrtum befand (RG JW 1920, 377 Nr 6). 17 IV. Der Unterlassungsanspruch 1. Der Anspruch auf Unterlassung des vertragswidrigen Gebrauchs trotz Abmahnung ist nichts anderes als der normale Erfüllungsanspruch des Vermieters. Er setzt - anders als das Kündigungsrecht des Vermieters aufgrund des § 553 - keine erhebliche Verletzung oder Gefährdung der Rechte des Vermieters voraus; der Vermieter kann vielmehr auch geringfügige Vertragsverletzungen des Mieters unterbinden. Volker Emmerich

(840)

§§ 550, 550 a 3. Titel. Miete. Pacht

18-21;1

2. Anspruchsgegner ist immer nur der Mieter, auch wenn der vertragswidrige 18 Gebrauch von Dritten ausgeht, denen der Mieter den Gebrauch der Sache überlassen hat; insbes kann der Vermieter aufgrund des § 550 nicht gegen den Untermieter vorgehen, weil er mit diesem nicht in vertraglichen Beziehungen steht (WEIMAR aaO; ders ZMR 1954, 67). Der Anspruch ist gerichtet auf Unterlassung des vertragswidrigen Gebrauchs; dazu gehört auch die Beseitigung eines vom Mieter geschaffenen, vertragswidrigen Zustandes, insbes die Beseitigung unzulässiger baulicher Veränderungen (BGH LM Nr 54 zu § 535 BGB). Ein weiteres Beispiel ist die Entfernung eines zu Unrecht in der Wohnung gehaltenen Hundes. 3. Der Anspruch kann sowohl durch Klage wie durch einstweilige Verfügung 19 durchgesetzt werden (§§ 253, 935 ZPO). Beide Rechtsbehelfe setzen keine Wiederholungsgefahr, sondern nur die Fortsetzung des vertragswidrigen Gebrauchs trotz Abmahnung, die auch in der Klage liegen kann, voraus. Daraus folgt, daß die Hauptsache nicht erledigt wird, wenn der Mieter nach Klageerhebung den vertragswidrigen Gebrauch einstellt; vielmehr kommt bei sofortigem Anerkenntnis nur eine Kostenentscheidung nach § 93 ZPO in Betracht (ebenso PALANDT-PUTZO § 550 Anm 3). Die Vollstreckung richtet sich in jedem Fall nach § 890 ZPO, setzt also wie stets eigenes Verschulden des Mieters voraus; ein Verschulden des Untermieters genügt hierfür nicht (OLG Hamburg OLGE 35, 140). Die Bestrafung ist auch noch nach Beendigung des Mietverhältnisses, jedoch nur wegen eines vertragswidrigen Gebrauchs vor der Beendigung, möglich (OLG Dresden OLGE 23, 224 ff; aM NIENDORFF 2 4 1 ) .

Ohne vorherige Abmahnung ist die Klage unbegründet, nicht etwa unzulässig (str). 20 Die Klage muß sich auf die in der Abmahnung genau bezeichneten einzelnen Beschwerdepunkte beziehen (s o Rz 9). Unterlassung kann außerdem immer nur wegen aktueller Verstöße gegen den Vertrag verlangt werden; die bloße, entfernte Möglichkeit zukünftiger Verstöße genügt nicht (LG München I ZMR 1962, 272). V. Beweislast

21

Die Beweislast für alle Voraussetzungen des § 550 (vertragswidriger Gebrauch, Abmahnung, Fortsetzung trotz der Abmahnung) trägt der Vermieter. § 550 a Eine Vereinbarung, durch die sich der Vermieter von Wohnraum eine Vertragsstrafe vom Mieter versprechen läßt, ist unwirksam. 2. Gesetz zur Änderung mietrechtlicher Vorschriften vom 14. 7. 1964 (BGBl I 547) Art 1 Nr 8.

Schrifttum BEUTHIEN, in: FS Larenz (1973) 495; HORSCHITZ, Atypische Vertragsstrafen, NJW 1973, 1958; LINDACHER, Phänomenologie der Vertragsstrafe (1972); MITTELSTEIN, Die Miete nach dem Rechte des deutschen Reiches (4. Aufl 1932) 203 f, 434 ff; NIENDORFF, Mietrecht 53 f; STERNEL, WohnraummietR Tz I 36 ff (S 16 ff); WEIMAR, Vertragsstrafen bei der Wohnungs- und Geschäftsraummiete, MDR 1965, 349.

1. Entstehungsgeschichte und Zweck der Vorschrift Über die Problematik der Vereinbarung von Vertragsstrafen in Mietverträgen (84i)

Volker Emmerich

1

§550 a 2-5

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

namentlich über Wohnraum besteht seit langem Einigkeit. Schon früh hatte deshalb das RG die Notwendigkeit einer sehr engen Auslegung von Vertragsstrafenabreden zugunsten des Mieters betont (RG JW 1911, 400 Nr 7). 1934 ist aus denselben Erwägungen heraus die Vereinbarung einer Vertragsstrafe jedenfalls für Wohnraummietverhältnisse zu einer sog mißbilligten Klausel erklärt worden. Erst 1964 hat jedoch der Gesetzgeber durch das 2. MietRÄndG Vertragsstrafenabreden zu Lasten von Wohnraummietern generell verboten. Nach dem Bericht des Rechtsausschusses war dafür die Überlegung maßgebend, daß Vertragsstrafen der Entwicklung einer Partnerschaft zwischen Vermieter und Mieter entgegenstehen und den gesetzlichen Schutz des Mieters für den Fall der Beendigung des Mietverhältnisses durch den Vermieter aushöhlen können (BT-Dr zu IV/2195). Richtiger dürfte es jedoch sein, auf die Notwendigkeit des Schutzes des Wohnraummieters als des idR schwächeren Vertragsteils gegen eine Übervorteilung seitens des Vermieters abzustellen. - Für Vertragsstrafenversprechen in AGB und Formularverträgen ergeben sich darüber hinaus heute zusätzliche Schranken aus den §§ 10 Nr 7 und 11 Nr 5 und 6 AGBG (s u Rz 12 ff). 2 Aus dem Zweck des § 550 a folgt die Notwendigkeit einer sehr weiten Auslegung des § 550 a zugunsten des Mieters. § 550 a muß deshalb nicht nur auf Vertragsstrafenabreden iS der §§ 339 ff, sondern auch auf sämtliche, ähnlichen Abreden mit vergleichbaren Wirkungen angewendet werden; er steht außerdem auch der Wirkung aller sonstigen Umgehungsgeschäfte entgegen. Unwirksam ist daher namentlich auch jede Übernahme einer Vertragsstrafenverpflichtung durch Dritte neben dem Mieter von Wohnraum ( P E R G A N D E § 550 a Anm 2). Zulässig bleibt jedoch die Vereinbarung von Kautionen und sonstigen Sicherheiten zugunsten des Vermieters, während Verfallklauseln durchaus gegen § 550 a verstoßen können.

3 2. Der Anwendungsbereich des § 550 a a) § 550 a gilt nur für Wohnraummietverhältnisse (s dazu Vorbem 25 zu §§ 535, 536). Bei A/wcAmietverhältnissen wird es hier nicht so sehr darauf ankommen, welches Element überwiegt (s dazu Vorbem 26 f zu §§ 535, 536), sondern darauf, worauf sich die betreffende, durch die Vertragsstrafe gesicherte Pflicht bezieht. Bei allen Mischmietverhältnissen ist also § 550 a anzuwenden, wenn sich die gesicherte Mieterpflicht auf die Wohnräume bezieht (ebenso zu Recht S O E R G E L - M E Z G E R § 550 a Rz 2; W E I M A R aaO; B G B - R G R K - G E L H A A R § 552 Rz 3; enger aber O L G Hamm, Urt v 1. 6. 1976 - 7 U 30/76, S 6 f). 4 b) Aus der Beschränkung auf Wohnraummietverhältnisse folgt, daß bei allen anderen Mietverhältnissen Vertragsstrafen ohne weiteres zur Sicherung jeder Pflicht beider Parteien vereinbart werden können, soweit nicht die Verbote des AGBG eingreifen (u Rz 12 ff). Bei Wohnraummietverhältnissen können jedenfalls die Verpflichtungen des Vermieters durch eine Vertragsstrafe gesichert werden. Wichtigster Fall ist die Sicherung der Verpflichtung des Vermieters zur rechtzeitigen Überlassung der Sache an den Mieter durch die Vereinbarung einer Vertragsstrafe für jeden Tag des Verzugs.

5 3. Die Vertragsstrafe a) Eine Vertragsstrafe liegt nach § 339 vor, wenn der Schuldner eine Leistung für den Fall verspricht, daß er seine Verbindlichkeit nicht oder nicht in gehöriger Weise Volker Emmerich

(842)

3. Titel. Miete. Pacht

§550 a 6-9

erfüllt. Ihr Zweck ist es vor allem, die Erfüllung der Verbindlichkeiten des Schuldners durch ein zusätzliches Druckmittel des Gläubigers sicherzustellen.* Ihre Abgrenzung von ähnlichen Rechtsgebilden wie der Schadenspauschalierung (u 6 Rz 9), dem selbständigen Strafgedinge, den Verfall- und Verwirkungsklauseln sowie dem Reugeld bereitet häufig ganz erhebliche Schwierigkeiten. Die Abgrenzung ist bei den §§ 339 ff deshalb so wichtig, weil sich § 343, dh die Befugnis der Gerichte zur Herabsetzung der Vertragsstrafe, nur auf echte Vertragsstrafen bezieht. § 550 a sollte hingegen mit Rücksicht auf seinen Schutzzweck (s o Rz 2) weitergehend auf alle genannten, der Vertragsstrafe in der Wirkung gleich- oder doch nahekommenden Abreden erstreckt werden. Auf jeden Fall verstoßen deshalb die sog Verwirkungs- und Verfallklauseln gegen 7 § 550 a, so zB der Verzicht des Mieters auf seine Ansprüche auf Verwendungsersatz, auf Ersatz eines von ihm geleisteten Baukostenzuschusses und auf Rückzahlung von Mietvorauszahlungen für den Fall eigener Vertragsuntreue,** ebenso die Abrede, daß eine Kaution oder sonstige Sicherheiten bei Vertragsverletzungen des Mieters ohne Anrechnung auf einen etwaigen Schadensersatzanspruch des Vermieters verfallen sollen (LG Mannheim WuM 1977, 99). Dasselbe gilt für überhöhte oder fingierte Mahngebühren, für sog Bearbeitungsgebühren nach Aufhebung des Mietvertrages für die Neuvermietung, für überhöhte Verzugszinsen (AG Köln WuM 1969, 184 f; P A L A N D T - P U T Z O § 550 a Anm 1; STERNEL aaO m Nachw), sowie für die Abrede, bei Unterlassung der Schönheitsreparaturen 4 Monatsmieten zu schulden (AG Köln MDR 1971, 929). b) Weitere Beispiele für eine Vertragsstrafe sind die Vereinbarung einer Zahlungs- 8 pflicht des Vermieters für den Fall einer verspäteten Überlassung der Mietsache oder für Verstöße des Mieters gegen ein von ihm übernommenes Konkurrenzverbot. Im letzteren Fall ist jedoch stets an die Anwendung des § 1 GWB zu denken. Keine Vertragsstrafe ist hingegen die Ausbedingung eines zusätzlichen sofortigen Kündigungsrechts für jede Vertragsverletzung, soweit solche Abreden jetzt noch möglich sind (§ 554 b). c) Besonders schwierig ist die Abgrenzung der Vertragsstrafeversprechen von den 9 verbreiteten Abreden über eine Pauschalierung des Schadensersatzanspruches des Vermieters bei Vertragsverletzungen des Mieters. Weil mit beiden Abreden weitgehend dieselben Zwecke verfolgt werden können, stellt sich hier zudem die weitere Frage, ob § 550 a zumindest entsprechend auch auf Schadenspauschalierungen angewandt werden kann (dafür zB H A N S § 550 a Anm B 3; dagegen aber wohl KG OLGZ 1972, 4, 8). Die Praxis (s o Rz 5) grenzt Vertragsstrafenversprechen von Schadenspauschalierungen danach ab, ob die fragliche Abrede in erster Linie die Durchsetzung des Erfüllungsanspruchs sicherstellen oder die Durchsetzung eines Schadensersatzanspruches erleichtern soll (ebenso zB L Ö W E - G R A F VON W E S T P H A L E N - T R I N K N E R , AGBG § 11 Nr 5 Rz 3 ff; HENSEN, in: U L M E R - B R A N D N E R - H E N S E N , AGBG § 11 Nr 5 Rz 7). Beispiele sind Abreden über die Verpflichtung des Mieters zur Fortzahlung des Mietzinses für eine bestimmte Zeit oder für die ganze ursprünglich vorgesehene Vertragsdauer bei vorzeitiger Vertragsbeendigung, etwa in Leasingverträgen oder in Verträgen über die Miete von Fernsprechanlagen oder Kraftfahrzeugen (BGHZ 67, * BGHZ 49, 84, 89; 63, 256, 259; BGH BB 1976, 1289, 1290 = NJW 1976, 1886; E R M A N H P WESTERMANN, Vorbem vor § 339 Rz 1 ff, bes 4; LINDACHER, HORSCHITZ aaO; P A L A N D T - H E I N RICHS Vorbem 1 a vor § 339. ** Ebenso § 557 a Abs 4; BGH LM Nr 6 zu § 339 BGB = NJW 1960,1568; AG Bergheim WuM 1976, 231; L Ö W E - G R A F VON WESTPHALEN-TRINKNER, AGBG § 11 Nr 6 Rz 6. (843)

Volker Emmerich

§550 a 10-14

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

312 = NJW 1977, 381 ff; BGH WM 1976, 210 = JuS 1976, 676 f Nr 7), sowie Abreden über die Höhe der Verzugszinsen oder der Mahngebühren (BUB DWW 1977, 76, 80). Geht man von dem Schutzzweck des § 550 a aus, so spricht in der Tat alles dafür, diese Vorschrift entsprechend auch auf Schadenspauschalierungen in Mietverträgen über Wohnraum anzuwenden, um Umgehungen des § 550 a zu verhindern. Dagegen spricht wegen dieses Zweckes der Vorschrift auch nicht die abweichende Regelung in den Nrn 5 und 6 des § 11 AGBG. 10 d) Haben die Parteien vereinbart, daß der Mieter nach fristloser Kündigung des Vermieters für 6 Monate weiter für den Mietzins haftet, sofern dem Vermieter nicht eine andere Vermietung möglich ist, so endet stets notwendigerweise die Haftung des Mieters, sobald der Vermieter die Räume anderweitig vermietet ohne Rücksicht auf die Höhe des dabei vereinbarten Mietzinses (KG OLGE 12, 65, 66). Auch muß der Vermieter, wenn er von dem Mieter Schadensersatz wegen des Mietausfalls verlangt, stets beweisen, daß ihm eine anderweitige Vermietung trotz seiner Bemühungen nicht möglich war; das folgt aus der Notwendigkeit einer engen Auslegung auch der noch zulässigen Vertragsstrafenvereinbarung (RG JW 1911, 400 Nr 7). 11 4. Die Rechtsfolge eines Verstoßes gegen § 550 a Gegen § 550 a verstoßende Abreden sind unwirksam. Mit Rücksicht auf den sozialen Schutzzweck der Vorschrift hat dies jedoch keine Auswirkungen auf die Gültigkeit des Mietvertrages im übrigen. 12 5. Die Regelung des AGBG § 550 a gilt nur für Wohnraummietverhältnisse, so daß lediglich bei diesen Verträgen ein Rückgriff auf das AGBG entbehrlich ist. Bei allen anderen Mietverträgen sind jedoch bei Schadenspauschalierungen und Vertragsstrafeabreden in AGB und Formularverträgen (§ 1 AGBG) die Sondervorschriften der §§ 9, 10 Nr 7, 11 Nr 5 und 6, sowie 24 AGBG zu beachten. a) Für Abreden über den Aufwendungsersatz und die Nutzungsentschädigung bei Vertragsbeendigung ergeben sich Schranken aus § 10 Nr 7 AGBG. Die Klauseln sind danach unwirksam, wenn die vereinbarte Entschädigung oder der vorgesehene Aufwendungsersatz unangemessen hoch sind. 13 b) Schadenspauschalierungen sind in AGB und Formularverträgen grundsätzlich zulässig, jedoch nur in den Schranken des § 11 Nr 5 AGBG, so daß der Vermieter stets im einzelnen darlegen muß, daß die Schadenspauschale tatsächlich ihrer Höhe nach am durchschnittlichen Schaden orientiert ist; idR dürfte es sehr schwer fallen, diesen Nachweis zu erbringen (BUB DWW 1977, 76, 80). Außerdem steht dem Mieter immer noch der Nachweis offen, tatsächlich sei dem Vermieter gar kein Schaden oder nur ein wesentlich geringerer Schaden entstanden (§ 11 Nr 5 AGBG). Das gilt auch für das Verhältnis zu Kaufleuten (§§ 9, 24 AGBG; BGHZ 67, 312 = N J W 1 9 7 7 , 3 8 1 ff; B G H W M 1 9 7 6 , 2 1 0 = J u S 1 9 7 6 , 6 7 6 f N r 7 ; LÖWE-GRAF

VON WESTPHALEN-TRINKNER, A G B G § 11 Nr 5 Rz 21).

14 c) Vertragsstrafen sind verboten für die Fälle der Nichtabnahme, der verspäteten Abnahme, des Zahlungsverzugs und der Kündigung des Mieters (§ 11 Nr 6 AGBG). Das gilt jedoch nach § 24 Nr 1 AGBG nicht für den kaufmännischen Verkehr; indessen wird hier gern § 9 AGBG wenigstens idR eine Herabsetzung nach § 343 in Betracht kommen (s LÖWE-GRAF VON WESTPHALEN-TRINKNER, AGBG § 11 Nr 6 Rz 11). Volker Emmerich

(844)

3. Titel. Miete. Pacht

§551 1-3

§551 Der Mietzins ist am Ende der Mietzeit zu entrichten. Ist der Mietzins nach Zeitabschnitten bemessen, so ist er nach dem Ablaufe der einzelnen Zeitabschnitte zu entrichten. Der Mietzins für ein Grundstück ist, sofem er nicht nach kürzeren Zeitabschnitten bemessen ist, nach dem Ablaufe je eines Kalendervierteljahres am ersten Werktage des folgenden Monats zu entrichten. E I § 517; E II § 495; E III § 544; Mot II 398 ff; Prot II 185 ff.

Schrifttum Die Miete nach dem Rechte des deutschen Reiches (4. Aufl 1932) 405 ff; NIENDORFF, MietR (10. Aufl 1914) 184 ff; SCHMIDT-FUTTERER, Mietrecht (7. Aufl 1976) s v Mietzins.

MITTELSTEIN,

1. Grundgedanke

1

Sowohl nach gemeinem Recht als auch nach preußischem Recht war der Vermieter vorleistungspflichtig (ALR I 21 § 297; W I N D S C H E I D - K I P P , Pandektenrecht [9. Aufl 1906/1963] 738 ff). Die Verfasser des BGB sind davon ausgegangen, daß diese Regelung der Verkehrsanschauung entspreche, und haben deshalb auch für das BGB in § 551 die Vorleistungspflicht des Vermieters zur gesetzlichen Regel erhoben (s Mot II 398 ff). Die Entwicklung der Praxis ist jedoch hierüber hinweggegangen. Heute ist die Vorleistungspflicht des Mieters ganz allgemein üblich (vgl zB § 3 des Mustermietvertrages 1976). Die Vorleistungspflicht des Mieters kann deshalb durchaus Verkehrssitte sein, so daß von ihr auch ohne ausdrückliche Vereinbarung auszugehen ist. Gesetzliche Regel bleibt aber die Vorleistungspflicht des Vermieters, so daß der Vermieter, der eine abweichende Vereinbarung oder eine abweichende Verkehrssitte behauptet, dafür die Beweislast trägt (zu AGB s u Rz 6). Nach § 551 muß man zwischen beweglichen und unbeweglichen Sachen unterscheiden. 2. Die Fälligkeit bei beweglichen Sachen

2

Für Mietverträge über bewegliche Sachen gilt ausschließlich der Abs 1 des § 551, so daß zwei Fälle zu unterscheiden sind: Ist für die gesamte Mietzeit eine Festmiete vereinbart, so ist dieser Betrag stets erst am Ende der Mietzeit fällig (§ 551 Abs 1 S 1). Wenn hingegen der Mietzins nach einzelnen Zeitabschnitten (Tage, Wochen, Monate, Vierteljahre oder Jahre) bemessen ist, so ist er gemäß § 551 Abs 1 S 2 grundsätzlich stets erst nach Ablauf der einzelnen Zeitabschnitte fällig. Ist der Mietzins nach Wochen bemessen, so tritt somit die Fälligkeit am ersten Werktag der folgenden Woche ein (§ 193). Dasselbe gilt entsprechend für die Monats- und die Jahresmiete, wobei stets auf die Mietwoche, den Mietmonat und das Mietjahr, nicht hingegen auf die Kalenderwoche, den Kalendermonat und das Kalenderjahr abzustellen ist. 3. Die Fälligkeit bei Grundstücken und Räumen (§ 580) Besonderheiten gelten nach § 551 Abs 2 für Mietverträge über Grundstücke und Räume (§ 580). Hier muß danach unterschieden werden, für welchen Zeitraum der Mietzins bemessen ist. Ist der Bemessungszeitraum mindestens ein Vierteljahr oder (845)

Volker Emmerich

3

§§ 551, 552 4-6

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

mehr, so ist § 551 Abs 2 anzuwenden. Der Mietzins ist also stets nach Ablauf eines Kalendervierteljahres am ersten Werktag (§ 193) des folgenden Monats (Januar, April, Juli und Oktober) zu zahlen. Das gilt auch bei Vereinbarung einer Festmiete zB für eine Vertragsdauer von einem Jahr oder mehr. Immer wird ohne Rücksicht auf den Bemessungszeitraum der Mietzins nach Ablauf eines Kalendervierteljahres fällig, und zwar selbst dann, wenn die Mietzeit während eines Quartals beginnt (Mot II 398 ff). 4 Anders ist hingegen die Rechtslage, wenn der Mietzins nach kürzeren Fristen als einem Vierteljahr bemessen ist, zB nach Monaten oder Wochen. In diesem Fall bleibt es bei der Regel des § 551 Abs 1 S 2, so daß der Mietzins stets nach Ablauf der einzelnen Zeitabschnitte (Wochen oder Monate) fällig wird.

5 4. Die Fälligkeit von Nebenkosten Der Gesetzgeber ist davon ausgegangen, daß die sog Nebenkosten grundsätzlich im Mietzins enthalten sind. Mangels abweichender Vereinbarung kann also der Vermieter von dem Mieter keine Bezahlung der sog Nebenkosten, namentlich der Heizungskosten, verlangen (§§ 535, 536 Rz 106 ff). In der Praxis sind jedoch abweichende Vereinbarungen außerordentlich verbreitet. Dann stellt sich immer die Frage, wann der Anspruch des Vermieters auf Bezahlung der Nebenkosten fällig wird. Die Frage kann nicht generell beantwortet werden, sondern hängt von den Abreden der Parteien ab. Ist vereinbart, daß der Mieter in regelmäßigen Abständen eine Pauschale für die Nebenkosten zu zahlen hat, so wird der Anspruch des Vermieters stets mit Ablauf der betreffenden Fristen fällig. Aber auch hier ist meistens Vorleistungspflicht zusätzlich vereinbart. Hängt der Anspruch des Vermieters hingegen von einer Abrechnung über die Nebenkosten ab, so wird der Anspruch auf Bezahlung der Nebenkosten erst mit Zustellung einer nachprüfbaren und übersichtlichen Abrechnung fällig.

6 5. Abweichende Abreden in AGB Da § 551 nicht zwingend ist (o Rz 1), können auch in AGB und Formularverträgen (§ 1 AGBG) abweichende Abreden getroffen werden. § 11 Nr 2 AGBG steht nicht entgegen, da er auf Vorleistungsklauseln keine Anwendung findet (BUB DWW 1977, 76, 79; L Ö W E - G R A F VON WESTPHALEN-TRINKNER, AGBG § 11 Nr 2 Rz 4; HENSEN, in: U L M E R - B R A N D N E R - H E N S E N , AGBG § 11 Nr 2 Rz 11 f).

§552 Der Mieter wird von der Entrichtung des Mietzinses nicht dadurch beireit, daß er durch einen in seiner Person liegenden Grund an der Ausübung des ihm zustehenden Gebrauchsrechts verhindert wird. Der Vermieter muß sich jedoch den Wert der ersparten Aufwendungen sowie derjenigen Vorteile anrechnen lassen, welche er aus einer anderweitigen Verwertung des Gebrauchs erlangt. Solange der Vermieter infolge der Überlassung des Gebrauchs an einen Dritten außerstande ist, dem Mieter den Gebrauch zu gewähren, ist der Mieter zur Entrichtung des Mietzinses nicht verpflichtet. E I § 5 1 8 ; E II § 4 9 6 ; E III § 545; Mot II 3 9 9 f; Prot II 186 f.

Volker Emmerich

(846)

§552 3. Titel. Miete. Pacht

Schrifttum BEUTHIEN, Zweckerreichung und Zweckstörung im Schuldverhältnis (1969) 83 ff, 238 f; CLASEN,

Die vorzeitige Beendigung eines langdauernden Mietverhältnisses, BLGBW 1971, 5; DECKER, Die Vorteilsanrechnung beim Erfüllungsanspruche nach dem BGB (1907); EMMERICH, in: Grundlagen des Vertrags- und Schuldrechts (1974) 422 ff; VON HOFFER, Zur Bedeutung des § 552 BGB und zur Annahme eines Ersatzmieters unter vorzeitiger Entlassung des Mieters aus dem Mietvertrag, GE 1933, 27; HÖNN, Über die Pflicht des Vermieters zur Weitervermietung bei vorzeitigem Auszug des Mieters, MDR 1970, 19; ders WuM 1969, 179; HÜFFER, Leistungsstörungen durch Gläubigerhandeln (1976) 28 ff, 217 f; HURST, Vorzeitiger Auszug des Mieters und Mietzinszahlungsanspruch des Vermieters, Z M R 1971, 268; HUMMEL W u M 1 9 7 1 , 4 ; KÖHLER, Unmöglichkeit und Geschäftsgrund-

lage bei Zweckstörungen im Schuldverhältnis (1971) 31 ff, 169 ff; KRAHMER, Gegenseitige Verträge (1904) 132 ff; KRÖNIG, Eine irrige allgemeine Meinung (betreffend § 552 BGB), MDR 1950, 209; KUNKEL B1GBW 1958, 230; KÜRZEL DWW 1971, 189; MITTELSTEIN, Die Miete nach dem Rechte des deutschen Reiches (4. Aufl 1932) 390 ff; NIENDORFF, MietR 176 ff; PIETZNER, Ersatzvermietung und Zahlungspflicht des nicht einzugswilligen Erstmieters, NJW 1968, 773; RÖHRMANN, Die Pflicht des Vermieters zur Aufnahme eines Ersatzmieters, NJW 1971, 787; ROESCH WuM 1970, 142; ROQUETTE, Die Verhinderung des Mieters am Mietgebrauch, Betrieb 1962,57; SCHMIDT-FUTTERER, MietR, s v Abwesenheit u Ersatzmieter; ders, Der Mietzinsanspruch bei vorzeitiger Räumung des Mieters, NJW 1970, 917; ders, Muß der Vermieter einen Ersatzmieter aufnehmen? B1GBW 1970, 233; ders WuM 1970, 69; SCHUHMACHER WuM 1960, 19; WEIMAR, Die Bedeutung des § 552 Satz 3 BGB im Gebiete des Mietrechts und sein Verhältnis zu § 323 BGB, DWA 1929, 285; WEIMAR, Rechtsfragen bei Miete eines Hotelzimmers, ZMR 1971, 202; WINDSCHEID-KIPP, Lehrbuch des Pandektenrechts (9. Aufl 1906/1963) 738 ff.

Systematische Übersicht I. Der Grundgedanke der gesetzlichen Regelung 1. Allgemeines 1 2. Die Rechtslage bei Unmöglichkeit (§ 324) 4 3. Die Rechtslage bei bloßem Annahmeverzug 6 4. Die Rechtslage bei Auszug des Mieters 8 5. Folgerungen für § 552 10 II. Der Anwendungsbereich des § 552 S 1 1. Allgemeines 11 2. Die in der Person des Mieters liegenden Gründe 14

III. Die Anrechnungspflicht des Vermieters (§ 552 S 2) 2 3 1. Die ersparten Aufwendungen 24 2. Die Vorteile einer anderweitigen Verwertung des Gebrauchs 25 3. Insbesondere die Pflicht zur Ersatzvermietung 31 IV. Die Erfüllungsbereitschaft des Vermieters (§ 552 S 3) 3 7 V. Abweichende Vereinbarungen 44 VI. Beweislast 45

Alphabetische Übersicht Abnahme und Gebrauch der Sache 3,12 f Allgemeines 1 - 3 , 4 4 Anderweitige Vermietung 38-41 Angehörige des Mieters 19 Annahmeverzug des Mieters 4, 6 f, 12 Anrechnungspflicht des Vermieters 23, 25 f, 29 Anwendungsbereich 13,27 Auszug des Mieters 8 Beweislast 35 f, 45 dispositives Recht 44 Eigengebrauch 2 8 , 4 2 Einzelfälle 2 0 - 2 2

Erfüllungsbereitschaft d Vermieters 37 (847)

Ersatzvermietung 30-35 Ersparte Aufwendungen 24 Fixgeschäft 4 f, 12,15 Kündigung 43 systematische Einordnung 1,10 Unmöglichkeit 12,15-18, 3 7 - 3 9 , 4 1 , 4 3

Untervermietung 30 Verwendungsrisiko des Mieters 9,11,13, 16-22 Verwertung 25-27, 30-35

Zahlungspflicht 12

Volker Emmerich

§552 1-4

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

I. Der Grundgedanke der gesetzlichen Regelung 1 1. Allgemeines Die systematische Einordnung des § 552, der dem gemeinen Recht (WINDSCHEIDKIPP aaO) und dem preußischen Recht (ALR I 21 § 299) entspricht, hat schon immer außerordentliche Schwierigkeiten bereitet. Denn er steht im Spannungsfeld der noch immer nicht befriedigend gelungenen Abgrenzung zwischen Unmöglichkeit der Leistung des Vermieters, Annahmeverzug des Mieters und Verwendungsrisiko des Mieters (vgl dazu insbes BEUTHIEN, EMMERICH und KÖHLER aaO). Es ist

deshalb unerläßlich, sich hier zum Verständnis des § 552 auf die Grundgedanken der gesetzlichen Regelung der Miete im BGB zurückzubesinnen. 2 Nach den §§ 535 S 1 und 536 muß der Vermieter dem Mieter die Sache in einem zum vertragsmäßigen Gebrauch geeigneten Zustand überlassen. Das Gesetz will damit zum Ausdruck bringen, daß sich der Vermieter grundsätzlich nicht auf die bloße Duldung des Gebrauchs des Mieters beschränken darf, sondern zu einer positiven Tätigkeit verpflichtet ist, namentlich dem Mieter die Sache übergeben muß, soweit dies zur Durchführung des vertragsmäßigen Gebrauchs erforderlich ist ( M o t I I 3 6 9 f; BEUTHIEN 8 3 f f ; § § 5 3 5 , 5 3 6 R z 1 7 f f ) .

Man muß also von vornherein zwei Fälle unterscheiden: Im Regelfall ist der Vermieter dazu verpflichtet, dem Mieter die Sache durch Entfaltung einer positiven Tätigkeit zu übergeben, dh in erster Linie ihm den unmittelbaren Besitz an der Sache zu verschaffen. In Ausnahmefällen kann er sich jedoch auch darauf beschränken, dem Mieter die Sache lediglich in einer Weise zugänglich zu machen, die es dem Mieter erlaubt, zu der vereinbarten Zeit den vereinbarten Gebrauch von der Sache zu machen. 3 In beiden Fällen trifft den Mieter jedoch grundsätzlich weder eine Abnahme- noch eine Gebrauchspflicht. Abnahme und Gebrauch der Sachen sind also lediglich Befugnisse (Rechte) des Mieters, hingegen keine Mieterpflichten, so daß der Mieter durch Unterlassung der Abnahme oder des Gebrauchs allenfalls in Gläubigerverzug, nicht jedoch in Schuldnerverzug geraten kann (§§ 535, 536 Rz 126 f, 128 f). Abweichende Vereinbarungen sind natürlich stets möglich. Damit stellt sich die Frage, was geschehen soll, wenn der Mieter die ihm vom Vermieter angebotene Sache nicht entgegennimmt bzw den ihm ermöglichten Gebrauch nicht ausübt oder später von der Sache keinen Gebrauch macht. Fest steht jedenfalls, daß der Vermieter, mangels abweichender Vereinbarungen, vom Mieter weder Abnahme noch Gebrauch der Sache verlangen kann, so daß sich der Mieter auch nicht schadensersatzpflichtig macht, wenn er die Sache nicht abnimmt oder nicht gebraucht. 4 2. Die Rechtslage bei Unmöglichkeit (§ 324) Wenn der Mieter die ihm vom Vermieter angebotene Sache nicht entgegennimmt bzw den ihm vom Vermieter zugänglich gemachten Gebrauch nicht antritt, kommt er jedenfalls in Annahmeverzug (§§ 293 und 294). Der Mieter ist außerdem, worüber Einigkeit besteht, zur Zahlung des Mietzinses verpflichtet; umstritten ist nur die Begründung. Keine Schwierigkeit bereitet die Begründung, wenn die Miete, wie in aller Regel die Grundstücks- und Raummiete, absolutes Fixgeschäft ist (Vorbem 17 zu § 537). Die Unterlassung der Abnahme bzw des Gebrauchs der Sache führt dann nämlich ohne weiteres zur (teilweisen) Unmöglichkeit der Erfüllung des Mietvertrages für die Zeit, während derer der Mieter die Sache nicht entgegennimmt bzw nicht gebraucht. Folglich ist § 324 Abs 1 anwendbar, sofern der Volker Emmerich

(848)

3. Titel. Miete. Pacht

§552 5-8

Mieter diese Unmöglichkeit zu vertreten hat. Das ist sicher der Fall, wenn er willentlich auf die Abnahme oder den Gebrauch der Sache verzichtet. § 552 S 1 zeigt aber, daß dasselbe auch dann anzunehmen ist, wenn er nur aus in seiner Person liegenden Gründen an der Abnahme oder an dem Antritt des Gebrauchs gehindert wird. Immer liegen die Gründe für die Unmöglichkeit in seiner Risikosphäre, so daß nach § 324 Abs 1 der Vermieter (als Sachleistungsschuldner) den Anspruch auf die Gegenleistung, den Mietzins, behält. Umstritten ist, ob auf diesen Fall zusätzlich die Sätze 2 und 3 des § 552 entsprechend 5 a n z u w e n d e n s i n d ( d a f ü r z B KÖHLER 3 3 ; MITTELSTEIN 3 9 1 ; NIENDORFF 1 7 7 , 1 8 0 ; ERMAN-SCHOPP § 5 5 2 R z 1; SOERGEL-MEZGER § 5 5 2 R z 2 ; V o r b e m 17 f v o r § 5 3 7 ;

ROQUETTE § 552 Rz 17 f). Dabei wird jedoch übersehen, daß anstelle des § 552 S 2 schon § 324 Abs 1 S 2 unmittelbar eingreift. In Betracht kommt also von vornherein nur die unmittelbare oder entsprechende Anwendung des Satzes 3 des § 552. Gegen dessen Anwendung bestehen in der Tat keine Bedenken, weil er nur den Grundsatz wiederholt, daß der Schuldner den Anspruch auf die Gegenleistung verliert, sobald ihm die eigene Leistung unmöglich wird (§ 323 Abs 1). 3. Die Rechtslage bei bloßem Annahmeverzug

6

Weit schwieriger ist die Rechtslage, wenn die Unterlassung der Abnahme oder des Antritts des Gebrauchs ausnahmsweise zum bloßen Annahmeverzug des Schuldners führt, wie es wohl lediglich bei der Miete beweglicher Sachen denkbar ist, sofern der von vornherein zeitlich genau begrenzte Gebrauch auch später nachgeholt werden kann (so zB bei der Miete eines Gerätes oder eines Kraftfahrzeuges für einen Tag). Auch in diesem Fall wird zwar ganz allgemein davon ausgegangen, trotz oder wegen des Annahmeverzugs müsse der Mieter den Mietzins zahlen. Vor allem auf § 552 S 1 wird dabei häufig hingewiesen. Jedoch wird hierbei übersehen, daß die Folge wäre, daß der Mieter den Mietzins zweimal, nämlich einmal für die Zeit seines Annahmeverzugs und zum andern für die Zeit des tatsächlichen Gebrauchs, zahlen müßte. Das kann schwerlich zutreffen und ist auch in der Tat mit der gesetzlichen Regelung des Annahmeverzugs unvereinbar (Vorbem 18 zu § 537). Auch § 324 Abs 2 paßt hier entgegen einer verbreiteten Meinung nicht, da bei 7 bloßem Annahmeverzug des Mieters von Unmöglichkeit der Vermieterleistung keine Rede sein kann. Der Vermieter kann also in diesen Ausnahmefällen für die Zeit, für die sich der Mieter in bloßem Annahmeverzug befindet, (entgegen der hM) keine Bezahlung verlangen. Soweit ihm dadurch ein Gewinn entgeht, ist er auf Schadensersatzansprüche gegen den Mieter beschränkt, die freilich voraussetzen, daß den Mieter ausnahmsweise eine Abnahmepflicht trifft. Andernfalls wird man dem Vermieter, da auch eine Versteigerung oder Hinterlegung in aller Regel ausscheidet, bei Annahmeverzug des Mieters zumindest das Recht zur fristlosen sofortigen Kündigung des Vertrages zubilligen müssen. 4. Die Rechtslage bei Auszug des Mieters Ähnliche Probleme treten auf, wenn der Mieter nach Überlassung der Sache willentlich auf deren Gebrauch verzichtet, namentlich wenn der Mieter von Räumen wieder auszieht. Auch auf diesen Fall wird häufig § 552 unmittelbar oder doch entsprechend angewandt (LG Mannheim ZMR 1976, 143). Indessen folgt die Pflicht des Mieters zur Fortzahlung des Mietzinses hier schon daraus, daß er grundsätzlich zum Gebrauch der Sache nur berechtigt, nicht jedoch verpflichtet ist. Es ist seine Entscheidung, ob er von der gemieteten Sache den vereinbarten (849)

Volker Emmerich

8

§552 9-13

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

Gebrauch machen will oder nicht. Schon daraus folgt, daß seine Verpflichtung zur Mietzinszahlung völlig unabhängig davon ist, ob er tatsächlich den ihm ermöglichten Gebrauch macht oder nicht. 9 Darin kommt nur der allgemeine Grundsatz zum Ausdruck, daß der Sachleistungsgläubiger (der Mieter) stets das sog Verwendungsrisiko trägt. Weder Wegfall der Geschäftsgrundlage noch gar Unmöglichkeit können daher angenommen werden, wenn der Mieter später aus Gründen in seinem Risikobereich den vereinbarten Gebrauch nicht oder nicht mehr sinnvoll machen kann (LG Koblenz NJW 1968, 942; KÖHLER 169 ff; EMMERICH 4 5 8 ff; V o r b e m 2 8 ff zu § 537; a M im Ergebnis zu

Unrecht OLG Bremen NJW 1953, 1393 f). Soweit in diesen Fällen § 552 anwendbar ist, bestätigt er nur diesen allgemeinen Grundsatz. Auch in den übrigen Fällen bestehen deshalb keine Bedenken gegen eine entsprechende Anwendung der Sätze 2 und 3 des § 552. 10 5. Folgerangen für § 552 Aus dem Gesagten folgt, daß § 552 - entgegen der ganz hM (RGZ 79, 92, 95) - keineswegs eine Ausnahme von den §§ 323 und 324 darstellt, sondern nur das bestätigt, was sich ohnehin schon aus den genannten Vorschriften bei Berücksichtigung der Besonderheiten der Miete ergibt (ebenso KRAHMER aaO). § 552 S 1 begründet mithin nicht etwa eine Schadensersatzpflicht des Mieters, sondern ordnet nur zur Klarstellung der Rechtslage dessen Verpflichtung zur Fortzahlung des Mietzinses in einer Reihe besonders problematischer Fälle an. Schon daraus folgt, daß neben § 552 kein Raum für die Anwendung des § 254 ist (allgemeine Meinung, zB OLG Frankfurt ZMR 1970, 49 f). II. Der Anwendungsbereich des § 552 S 1 11 1. Allgemeines Wie schon ausgeführt (o Rz 1 ff), zieht § 552 S 1 nur die Folgerungen daraus, daß den Mieter grundsätzlich keine Gebrauchspflicht trifft und daß er wie jeder andere Sachleistungsgläubiger auch das sog Verwendungsrisiko trägt. Entsprechend seinem Wortlaut beschränkt sich also sein Anwendungsbereich - entgegen der hM - auf die Fälle, in denen der Mieter nach Überlassung der Sache an deren Gebrauch aus Gründen, die zu seinem Risikobereich gehören, gehindert wird. 12 Die Anwendung des § 552 S 1 ist hingegen entbehrlich, wenn der Mieter die ihm angebotene Sache nicht annimmt bzw den ihm ermöglichten Gebrauch von vornherein gar nicht antritt: Soweit dadurch, wie in aller Regel, Unmöglichkeit der Erfüllung eintritt (Fixgeschäft), greift unmittelbar § 324 Abs 1 ein; ist die Folge hingegen ausnahmsweise bloßer Annahmeverzug des Mieters, so paßt - wiederum entgegen der hM - § 552 S 1 ebenfalls nicht (s im einzelnen o Rz 4 f, 6 f); eine Zahlungspflicht des Mieters kommt hier nur unter dem Gesichtspunkt des entgangenen Gewinns in Betracht, wenn ihn zusätzlich eine Abnahmepflicht traf, wovon in diesen Ausnahmefällen in der Regel auszugehen sein dürfte (§ 252). 13 Für die Anwendung des § 552 S 1 besteht außerdem kein Bedürfnis, wenn der Mieter nach Überlassung der Sache auf deren Gebrauch freiwillig verzichtet (o Rz 8 f). Da der Gebrauch nur ein Recht, keine Pflicht des Mieters ist und der Mieter ohnehin das Verwendungsrisiko trägt, versteht es sich von selbst, daß durch einen derartigen Entschluß des Mieters die Verpflichtung zur Mietzinszahlung nicht berührt werden kann. Der Anwendungsbereich des § 552 S 1 beschränkt sich mithin Volker Emmerich

(850)

§552 3. Titel. Miete. Pacht

14-19

auf diejenigen Fälle, in denen der Mieter nach Überlassung der Sache an deren Gebrauch durch Gründe aus seinem Risikobereich unfreiwillig gehindert wird; er wiederholt damit den allgemeinen Grundsatz, daß der Mieter als Sachleistungsgläubiger das Verwendungsrisiko trägt (o Rz 9).

2. Die in der Person des Mieters liegenden Gründe

14

a) § 552 S 1 stellt darauf ab, ob der Mieter durch einen in seiner Person liegenden Grund an der Ausübung seines Gebrauchsrechts gehindert wird. Zu unterscheiden ist also zwischen Hinderungsgründen aus der Person des Mieters und sonstigen Hinderungsgründen, mögen sie ihre Ursache in der Person des Vermieters oder in objektiven Umständen haben (RGZ 79, 92, 95; 147, 304, 309; BGHZ 38, 295, 297). Wird der Mieter durch Gründe der letzteren Art an dem Gebrauch gehindert, liegt 15 Unmöglichkeit vor, so daß der Mieter frei wird (§ 323 Abs 1); außerdem ist der Vermieter ggf zum Schadensersatz verpflichtet (§ 325 Abs 1) (Vorbem 8 ff zu § 537 m Nachw). Die vorübergehende Unmöglichkeit kann dabei durchaus der endgültigen Unmöglichkeit gleichstehen, wenn durch sie die Erreichung des Vertragszwecks auf unabsehbare Zeit verhindert wird (RGZ 146, 60, 64 ff; EMMERICH 371). Bedeutung hat dieser Satz nur für die Ausnahmefälle, in denen die Miete nicht absolutes Fixgeschäft ist, weil in diesem Falle ohnehin die vorübergehende Unmöglichkeit stets zur teilweisen Unmöglichkeit führt. b) Für die Abgrenzung zwischen Unmöglichkeit und Verwendungsrisiko des Mie- 16 ters verweist das Gesetz in § 552 S 1 letztlich auf das Kriterium der Risikosphäre des Mieters (ebenso RGZ 147, 304, 308 f; BGHZ 38, 295, 297 f; LG Koblenz NJW 1968, 492; KÖHLER aaO). Auf ein Verschulden des Mieters kommt es also überhaupt nicht an (RG und BGH aaO). Entscheidend ist allein, ob der Hinderungsgrund aus der Risikosphäre des Mieters stammt oder nicht. Viel gewonnen ist damit freilich nicht, da auch die Abgrenzung der Risikosphären außerordentliche Schwierigkeiten bereitet. Auszugehen ist jedenfalls immer von den Abreden der Parteien. Hat hiernach eine 17 der Parteien ein bestimmtes Risiko übernommen, so hat es hierbei sein Bewenden (BGH aaO). Deshalb muß der Mieter zB den Mietzins fortzahlen, wenn er vertraglich das Risiko der Zugangsmöglichkeit zu dem gemieteten Grundstück übernommen hat und der Zugang später gesperrt wird (BGH aaO; KÖHLER 33). Gibt der Vertrag selbst keine Antwort auf die Frage nach der Abgrenzung der 18 Risikosphären, so ist als nächstes die vertragliche Regelung sinngemäß fortzudenken, entsprechend den zur ergänzenden Vertragsauslegung entwickelten Grundsätzen (EMMERICH 4 5 3 ff m Nachw), wobei als leitender Gesichtspunkt immer festzuhalten ist, daß das Verwendungsrisiko der Mieter tragen muß, während der Vermieter dafür einzustehen hat, daß überhaupt irgendeinem Mieter der Gebrauch der Sache möglich ist. Deshalb liegt Unmöglichkeit vor, wenn der Zugang zu dem gemieteten Grundstück für jedermann, zB durch einen Erdrutsch, versperrt ist (KÖHLER a a O ) .

Hat der Mieter den Wohnraum für sich und seine Angehörigen gemietet, so sind 19 Hinderungsgründe aus der Person der Angehörigen des Mieters dessen Risikosphäre zuzurechnen. § 552 S 1 ist also auch anwendbar, wenn der Mieter wegen einer Erkrankung oder des Todes eines Angehörigen keinen Gebrauch von der gemieteten Sache machen kann, zB das für einen Ferienaufenthalt gemietete Haus nicht beziehen kann ( W E I M A R ZMR 1971, 202 f). (851)

Volker Emmerich

§552 20-23

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

20 c) Unter § 552 S 1 gehören hiernach zB folgende Fälle: Krankheit und Tod des Mieters oder eines seiner Angehörigen (vgl aber § 569); Versetzung des Mieters (LG Kiel WuM 1976, 260; vgl aber § 570 BGB), Verbüßung einer Freiheitsstrafe, Einziehung zum Wehrdienst (MANSFELD LZ 1914, 350), der Antritt einer längeren Reise, die Ausweisung des ausländischen Mieters; insbes behördliche Verbote, die ihren Grund in der Person des Mieters haben, so daß sie keinen Mangel iS des § 537 darstellen (s § 537 Rz 22 ff), zB ein gesetzliches Verbot der Errichtung neuer Filialen (RGZ 79, 92, 95); jedoch kann je nach dem Vertragszweck in solchen Fällen auch Unmöglichkeit vorliegen (RGZ 146, 60, 64 ff). Da der Mieter das Verwendungsrisiko zu tragen hat, liegt § 552 S 1 auch vor, wenn ihm aus persönlichen Gründen die erforderliche Konzession versagt wird, wenn gegen ihn als Ortsfremden oder Ausländer ein Aufenthaltsverbot erlassen wird (OLG München OLGE 39, 150 f), wenn der Mieter das Grundstück jahrelang nicht nutzt und dann durch ein zwischenzeitlich erlassenes gesetzliches Verbot an der Aufnahme der Nutzung gehindert wird (RGZ 147, 304, 308 f). Hingegen führt ein generelles behördliches Verbot der Jagdausübung aus militärischen Gründen zur Unmöglichkeit der Erfüllung eines Jagdpachtvertrages (RGZ 98, 101, 103). 21 Der Gedanke, daß es der Mieter ist, der das Verwendungsrisiko zu tragen hat, erweist sich auch in folgenden Fällen als fruchtbar: Ein Verein, der für seine Zwecke einen Saal gemietet hat, wird nicht dadurch von der Verpflichtung zur Zahlung des Mietzinses befreit, daß er infolge Mitgliederschwundes keinen Bedarf für den Saal mehr hat (OLG Königsberg HRR 1941 Nr 257). Dasselbe gilt, wenn der Mieter von Geschäftsräumen das Geschäft aufgibt (RG JW 1912, 859 Nr 16) oder wenn ihm wegen Kriegsausbruchs ein gewinnbringender Betrieb nicht mehr möglich ist (RGZ 86, 397, 399). Auch das Risiko, aus Witterungsgründen keinen Gebrauch von der Sache machen zu können, muß dementsprechend der Mieter tragen; der Mieter eines Kahns wird deshalb nicht von der Verpflichtung zur Zahlung des Mietzinses befreit, wenn der Kahn auf einem Kanal einfriert (OLG Celle OLGE 36, 54; PERGANDE § 5 5 2 Anm 1); dasselbe gilt für den Mieter eines Baugerüsts, der das Gerüst wegen Frostausbruchs nicht benutzen kann (LG Koblenz NJW 1968, 942). All dies gilt auch für den Mieter eines Hotelzimmers, da der Beherbergungsvertrag in erster Linie Miete ist (WEIMAR aaO; OLG Braunschweig NJW 1 9 7 6 , 5 7 0 ff = JuS 1976, 534 f Nr 3): Hat der Gast die Zimmer zum Besuch einer Ausstellung oder Messe bestellt, so wird er folglich nicht frei, wenn später die Ausstellung oder Messe abgesagt wird und er deshalb keine Verwendung für die Zimmer mehr hat (OLG Braunschweig aaO; AG Wuppertal ZMR 1976, 146 f). 22 Ganz entsprechend gehört es zum Verwendungsrisiko des Mieters eines Saales, der in dem Saal eine Veranstaltung durchführen will, ob die Veranstaltung überhaupt stattfinden kann; er wird nicht frei, wenn er die Veranstaltung absagen muß, weil ein für die Veranstaltung engagierter Künstler erkrankt (EMMERICH 459; insbes FLUME AT II [2. Aufl 1975] § 26, 5 b; aA zu Unrecht OLG Bremen NJW 1953, 1393 f m abl A n m KRAFT 1 7 5 1 u n d DONAU N J W 1954, 177 „ M a r i k a R ö k k - F a l l " ) . D i e

Tendenz der Praxis, in derartigen Fällen Unmöglichkeit anzunehmen, wenn der Mietvertrag gerade zu den speziellen Zwecken des Mieters abgeschlossen worden ist (OLG Bremen aaO; RGZ 146, 60, 64 ff), ist nur berechtigt, wenn die Abreden der Parteien zugleich die Bedeutung haben, daß der Vermieter das betreffende Verwendungsrisiko des Mieters übernimmt; das aber wird offenkundig in aller Regel nicht der Fall sein. 23 HI. Die Anrechnungspflicht des Vermieters (§ 552 S 2) Nach § 552 S 2 muß sich der Vermieter auf den durch Satz 1 aufrechterhaltenen Erfüllungsanspruch den Wert ersparter Aufwendungen sowie derjenigen Vorteile Volker Emmerich

(852)

3. Titel. Miete. Pacht

§552 24-27

anrechnen lassen, die er aus einer anderweitigen Verwertung des Gebrauchs erlangt. Hingegen fehlt im Gegensatz zu §§ 324 Abs 1 S 2, 615 S 2 und 642 Abs 2 die Bestimmung, daß sich der Vermieter auch dasjenige anrechnen lassen müsse, was er zu erwerben (böswillig) unterlassen hat. Daraus folgt, daß den Vermieter grundsätzlich keine Pflicht zur anderweitigen Verwertung der Sache während der Hinderung des Mieters an dem Gebrauch der Sache trifft. Der Gesetzgeber wollte damit erreichen, daß der Vermieter im Falle einer Verhinderung des Mieters das hat, was er gehabt hätte, wenn der Mieter in der Ausübung des Gebrauchsrechts nicht behindert worden wäre, aber auch nicht mehr als dieses (Mot II 400). 1. Die ersparten Aufwendungen

24

Anzurechnen ist zunächst der Wert ersparter Aufwendungen. Als solche kommen bei der Raummiete vor allem die Kosten für Heizung und Strom in Betracht; sie werden jedoch in aller Regel so gering sein, daß sie nicht ins Gewicht fallen. Bedeutung hat der Gesichtspunkt der ersparten Aufwendungen daher allenfalls bei den Beherbergungsverträgen (aM zu Unrecht HANS § 552 Anm B 3). Hier ist es üblich, bei der Bestellung von Zimmern für die Übernachtung einen Abschlag von 20% und bei Pensionsvereinbarungen einen Abschlag von 40% für die Ersparnis an Wäsche, Verpflegung usw zu machen (OLG Braunschweig NJW 1976, 570 = JuS 1976, 534 f Nr 3; AG Wuppertal ZMR 1976, 146; A G Garmisch-Partenkirchen ZMR 1968, 43). Entsprechend muß sich der Vermieter einer Filmkopie einen Abzug in Höhe der ersparten Abnutzungsquote gefallen lassen, wenn der Mieter der Kopie von dieser keinen Gebrauch gemacht hat (ECKSTEIN, Deutsches Film- und Kinorecht [1925] 275).

2. Die Vorteile einer anderweitigen Verwertung des Gebrauchs

25

a) Der Vermieter muß sich außerdem die Vorteile anrechnen lassen, die er aus einer anderweitigen Verwertung des Gebrauchs tatsächlich erlangt hat, nicht jedoch grundsätzlich solche Vorteile, deren Erwerb er nur (böswillig) unterlassen hat (anders als bei § 324 Abs 1 S 2 und § 615 S 2; vgl auch § 642). Durch diese Vorteilsausgleichung soll, wie gesagt, verhindert werden, daß sich der Vermieter infolge der Gebrauchsverhinderung des Mieters besser als bei Durchführung des Vertrags stünde (Mot II 400). § 552 S 2 gilt jedoch nicht, wenn der Mieter von vornherein die Sache nicht entgegennimmt, bzw den ihm ermöglichten Gebrauch nicht antritt; in diesem Fall ist vielmehr in aller Regel § 324 Abs 1 S 2 anzuwenden, nach dem der Vermieter sich auch das anrechnen lassen muß, was zu erwerben er böswillig unterlassen hat. Insoweit trifft den Vermieter also auch eine Verwertungspflicht (aM die hM unter unzutreffender Berufung auf § 552 S 2). Für die Anwendung des § 552 S 2 ist folglich nur Raum in den Fällen, in denen dem 26 Mieter die Sache bereits überlassen war. Solange der Mieter aber infolgedessen im Besitz der Sache ist, wird eine anderweitige Verwertung der Sache durch den Vermieter überhaupt nur in Betracht kommen, wenn der Mieter damit einverstanden ist. In diesem Falle wird sich jedoch die Anrechnungspflicht schon aus den ggf konkludent abgeschlossenen Abreden der Parteien ergeben. So bleibt als Anwendungsbereich für die durch § 552 S 2 angeordnete Vorteilsaus- 27 gleichung allein der typische Fall, daß der Mieter vorzeitig auszieht bzw vorzeitig die Sache zurückgibt und sich nicht mehr um die Sache kümmert. In diesem Falle hat der Vermieter die Wahl: Er kann bei dem Vertrag stehen bleiben und auf Zahlung des Mietzinses bestehen; er kann jedoch auch die Sache anderweitig verwerten, muß (853)

Volker Emmerich

§552 2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

28-32

sich jedoch dann das dadurch Erlangte auf seinen Erfüllungsanspruch anrechnen lassen. 28 b) Eine anderweitige Verwertung liegt sowohl vor, wenn der Vermieter die Sache selbst gebraucht als auch wenn er den Gebrauch einem anderen überläßt. Im Falle des Eigengebrauchs muß also dessen Wert in Geld veranschlagt und sodann auf den Erfüllungsanspruch des Vermieters angerechnet werden. Ein geringfügiger Eigengebrauch durch die vorübergehende Unterbringung einzelner Gegenstände in den leer stehenden Räumen oder durch die Durchführung kleiner Reparaturen wird jedoch keinen in Betracht kommenden Wert haben ( N I E N D O R F F 1 7 8 ) . Anders jedoch bei Vornahme umfangreicher Reparaturen oder Umbauarbeiten, die der Vermieter bei ordnungsgemäßer Durchführung des Vertrages erst nach Vertragsende zu machen imstande gewesen wäre, weil dann der Vermieter durch die Vorziehung dieser Arbeiten den Mietverlust für die betreffende Zeit erspart (OLG Oldenburg NJW 1959, 340,

341).

29 Verlangt jedoch der Vermieter aufgrund des § 552 S 1 vom Mieter Fortzahlung des Mietzinses nur für eine bestimmte Zeit, nicht jedoch für die ganze restliche Vertragszeit, so muß er sich auch nur diejenigen Vorteile anrechnen lassen, die auf die betreffende Zeit, für die er Fortzahlung verlangt, entfallen, nicht jedoch solche Vorteile, die erst später angefallen sind (OLG Celle NdsRpfl 1965, 204). 30 Aus dem Gegensatz zwischen § 552 S 2 einerseits und den §§ 324 Abs 1 S 2, 615 S 2 und 642 Abs 2 folgt deutlich, daß nach den Vorstellungen des Gesetzgebers den Vermieter grundsätzlich keine Pflicht zur anderweitigen Verwertung trifft. Es kommt hierin dieselbe Haltung zum Ausdruck, die ursprünglich dazu geführt hatte, dem Mieter jeden Anspruch auf Erlaubnis zur Untervermietung zu verweigern (§ 549 Abs 1). Nachdem jedoch dem Mieter von Wohnraum ein Anspruch auf Erlaubnis zur Untervermietung unter bestimmten Voraussetzungen eingeräumt worden ist (§ 549 Abs 2), fragt es sich, ob nicht entsprechend den Vermieter unter bestimmten, vergleichbaren Voraussetzungen auch die Verpflichtungen zu einer anderweitigen Verwertung im Falle der Gebrauchsverhinderung des Mieters trifft. Vor allem muß entschieden werden, ob den Vermieter von Räumen bei vorzeitigem Auszug des Mieters eine Pflicht zur Ersatzvermietung trifft. 31 3. Insbesondere die Pflicht zur Ersatzvermietung a) In Literatur und Rechtsprechung ist außerordentlich umstritten, ob der Vermieter von Räumen und namentlich von Wohnräumen unter bestimmten Voraussetzungen verpflichtet ist, den Mieter vorzeitig gegen Aufnahme eines Ersatzmieters aus dem Mietvertrag zu entlassen, wie es das preußische ALR (I 21 §§ 376 und 377) unter bestimmten Voraussetzungen noch vorgesehen hatte (sog Parteistellen) (vgl hierzu insbes CLASEN, H Ö N N , H U R S T , RÖHRMANN, SCHMIDT-FUTTERER aaO; außerdem zusammenfassend SCHMIDT-FUTTERER, Wohnraumschutzgesetze [2. Aufl 1976] Tz B 100 ff; STERNEL, Wohnraummietrecht [1975] Tz III 119 ff; E R M A N - S C H O P P § 552 Rz 3; P A L A N D T - P U T Z O § 552 Anm 3; S O E R G E L - M E Z G E R § 552 Rz 7). Verhältnismäßig einfach ist die Rechtslage, wenn eine sog Nachfolgeklausel vereinbart ist (dazu Vorbem 136 zu §§ 535, 536). Die eigentlichen Probleme tauchen erst auf, wenn es an einer derartigen Nachfolgeklausel fehlt. 32 b) Die nach wie vor wohl überwiegende Meinung geht davon aus, daß nach § 552 S 2 den Vermieter grundsätzlich keine Verwertungspflicht trifft. Bei vorzeitigem Auszug des Mieters soll dementsprechend der Vermieter in aller Regel nicht verpflichtet sein, einen vom Mieter gestellten Ersatzmieter zu akzeptieren oder sich gar selbst um einen Ersatzmieter zu kümmern; vielmehr soll der Vermieter berechVolker Emmerich

(854)

3. Titel. Miete. Pacht

§552 33,34

tigt sein, statt dessen auch am Vertrag festzuhalten. Eine Ausnahme wird nur unter den ganz engen, praktisch nie nachzuweisenden Voraussetzungen der §§ 226 und 826 anerkannt, wobei jedoch in letzter Zeit eine deutliche Lockerung in Richtung auf eine Abwägung der Interessen der Parteien unverkennbar ist (so mit großen Unterschieden im einzelnen RG GE 1934, 600; OLG Köln Glaser 1969, 129 = B1GBW 1969, 238; OLG Frankfurt ZMR 1970, 49 [aber in sich widersprüchlich]; LG Stuttgart ZMR 1967, 9; LG Hamburg MDR 1969, 670 Nr 80; LG Verden Z M R 1 9 7 2 , 2 1 6 = M D R 1 9 7 1 , 7 6 1 f m N a c h w ; CLASEN, HURST, SOERGEL-MEZGER a a O ; NIENDORFF 1 8 1 ; ROQUETTE B e t r i e b 1 9 6 2 , 5 7 , 5 9 ; B G B - R G R K - G E L H A A R § 5 5 2 Rz 6).

Demgegenüber ist jedoch in letzter Zeit deutlich die Meinung im Vordringen, daß es 33 in jedem Fall auf eine umfassende Abwägung der Interessen der Parteien ankomme. Eine Pflicht des Vermieters, einen von ihm selbst gefundenen oder vom Mieter gestellten Ersatzmieter zu akzeptieren, wird dementsprechend unter den folgenden Voraussetzungen bejaht: 1. Der Mieter hat ein erhebliches, berechtigtes Interesse an einem vorzeitigen Auszug, zB infolge einer beruflichen Versetzung, infolge einer Verkleinerung oder Vergrößerung der Familie oder infolge von Krankheit. 2. Gegen den Ersatzmieter sprechen keine vernünftigen Ablehnungsgründe; die Tatsache, daß der Ersatzmieter Ausländer ist, genügt dabei ebensowenig als Ablehnungsgrund wie der Umstand, daß der Ersatzmieter einen Abstand an den ersten Mieter gezahlt hat, sofern nur an der Zahlungsfähigkeit des Ersatzmieters keine vernünftigen Zweifel bestehen (BGH LM Nr 2 zu § 30 MietSchG; Nr 44 zu § 535 BGB; LG Hannover WuM 1977, 223). 3. Der Ersatzmieter ist bereit, vorbehaltlos in den alten Mietvertrag einzutreten und alsbald einzuziehen; zusätzliche Bedingungen, namentlich eine Erhöhung des Mietzinses, darf der Vermieter jedoch nicht verlangen. Sind diese Voraussetzungen erfüllt, so soll der Vermieter nach Treu und Glauben verpflichtet sein, den ersten Mieter aus dem Vertrag zu entlassen und statt dessen einen neuen Vertrag mit dem Ersatzmieter abzuschließen.* c) Auszugehen ist von der gesetzlichen Wertung, wie sie jetzt in § 549 Abs 2 ihren 34 Niederschlag gefunden hat (ebenso zutreffend MEDICUS, Studienkommentar zum BGB [1975] § 552 Anm 2). Durch den 1964 in das BGB eingefügten neuen Absatz 2 des § 549 hat nämlich der Gesetzgeber zum Ausdruck gebracht, daß der Mieter unter bestimmten Voraussetzungen ein berechtigtes Interesse an der Weitergabe der Wohnung an einen Dritten hat. Diese Wertung muß auch im vorliegenden Zusammenhang berücksichtigt werden (aM GELHAAR aaO [o Rz 32]). Daraus folgt, daß der Vermieter den Mieter aus dem Vertrag entlassen und einen neuen Vertrag mit einem Ersatzmieter abschließen muß, wenn der Mieter ein dringendes berechtigtes Interesse an einem vorzeitigen Auszug hat und gegen die Person des Ersatzmieters keine vernünftigen Ablehnungsgründe bestehen. Hinzukommen muß noch, daß der Ersatzmieter bereit ist, uneingeschränkt in den alten Mietvertrag einzutreten. Bei der danach erforderlichen Interessenabwägung spielt auch eine Rolle, wie lange noch der erste Mietvertrag läuft. Handelt es sich dabei nur noch um eine kurze Frist, so wird dem ersten Mieter in aller Regel ein Festhalten an dem Vertrag zumutbar sein (so mit Recht LG Hamburg ZMR 1975, 245 = MDR 1975, 493; LG Mannheim DWW 1977, 94 f; 1977, 186). * So wiederum mit zT erheblichen Abweichungen im einzelnen insbes LG Hamburg ZMR 1975, 245; WuM 1976, 207; LG Göttingen ZMR 1968, 82 f; LG Darmstadt DWW 1977, 117; H Ö N N , R Ö H R M A N N sowie insbes S C H M I D T - F U T T E R E R und S T E R N E L aaO; LG Flensburg WuM 1976, 161; LG Hannover WuM 1975, 242; 1977, 223; LG Darmstadt WuM 1976, 118 f; ZMR 1977, 282 Nr 9; AG Mainz WuM 1977, 223; enger jedoch LG Mannheim ZMR 1968, 302, 303 f; 1968, 74; FWW 1976, 94 f. (855)

Volker Emmerich

§552 35-40

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

35 Sind mehrere Ersatzmieter vorhanden, so steht die Auswahl allein dem Vermieter zu. Auch wenn einer der verschiedenen Ersatzmieter bereit ist, an den Mieter einen Abstand zu zahlen, ist der Vermieter nicht verpflichtet, gerade diesen zu wählen (BGH LM Nr 2 zu § 30 MietSchG). 36 Die Beweislast für das eigene, dringende Interesse an einem vorzeitigen Auszug und für die Bereitschaft eines akzeptablen Ersatzmieters zum Eintritt in den Vertrag trägt der Mieter, während der Vermieter beweisen muß, daß er vernünftige Gründe zur Ablehnung des Ersatzmieters hat. 37 IV. Die Erfüllungsbereitschaft des Vermieters (§ 552 S 3) 1. Nach § 552 S 3 wird der Mieter frei, wenn und solange der Vermieter infolge der Überlassung des Gebrauchs an einen Dritten zur Gebrauchsgewährung außerstande ist. Der Vermieter kann mit anderen Worten nur solange vom Mieter Erfüllung durch Zahlung des Mietzinses verlangen, wie er selbst zur Erfüllung bereit und imstande ist (OLG Hamm BB 1976, 1049). Wird ihm die Erfüllung unmöglich, weil er die Sache anderweitig vermietet hat, so wird auch der Mieter frei (§ 323 Abs 1). Die Chancen und Risiken einer anderweitigen Vermietung, zu der der Vermieter grundsätzlich nicht verpflichtet ist, soll maW der Vermieter tragen. Ebenso wie er einen etwaigen Mehrerlös nicht an den Mieter herauszugeben braucht, braucht der Mieter auch eine etwaige Mietdifferenz nicht an den Vermieter zu erstatten (PIETZNER NJW 1968, 773, 776 f). 38 2. Hauptanwendungsfall des Satzes 3 ist selbstverständlich die anderweitige Vermietung der Sache. Sie führt jedoch nur dann zur Unmöglichkeit und damit zur Befreiung des Mieters, wenn dem Vermieter infolgedessen die Gebrauchsgewährung an den Mieter nicht mehr möglich ist. Keine Unmöglichkeit tritt also ein, wenn der Vermieter die Sache unter dem Vorbehalt jederzeitiger fristloser Kündigung anderweitig vermietet, so daß er in der Lage ist, auf Anforderung des Mieters diesem die Sache alsbald, dh binnen kurzer Frist wieder zu überlassen (RGZ 52, 286, 287; RG JW 1912, 859 f Nr 16; OLG Nürnberg OLGZ 1966, 12 f). 39 Keine Unmöglichkeit liegt mithin vor, wenn der Vermieter nur einige Gegenstände in die leere Wohnung schafft, die er leicht auf Anforderung des Mieters wieder entfernen kann (RG JW 1912, 859 f Nr 16), oder wenn der Vermieter nach dem Auszug des Mieters die Räume Handwerkern als Lager- und Aufenthaltsraum überläßt, diesen Zustand aber jederzeit ändern kann (LG Mannheim WuM 1971,41 = ZMR 1971, 324 Nr 20). Ebensowenig kann von Unmöglichkeit die Rede sein, wenn der Mieter vor seinem vorzeitigen Auszug den Vermieter um die Durchführung der von ihm geschuldeten Renovierungsarbeiten gebeten hat und der Vermieter daraufhin diese Arbeiten durchführen ließ (KG OLGE 8, 394 f). Hat ein Gast mehrere Zimmer in einem Hotel langfristig gemietet, so bleibt die Erfüllungsbereitschaft des Hoteliers bestehen, wenn er die Zimmer nur kurzfristig anderen Passanten überläßt und deshalb auf Anforderung des Mieters jederzeit in der Lage ist, diesem die Räume wieder zur Verfügung zu stellen; Unmöglichkeit liegt daher erst bei endgültiger, längerfristiger Vermietung an Dritte vor (OLG München HRR 1941 Nr 925). 40 3. Umstritten ist die Rechtslage, wenn der Mieter endgültig auszieht und der Vermieter daraufhin, möglicherweise um den entstehenden Schaden gering zu halten, die Sache anderweitig vermietet. Nach hM soll sich dann der Mieter nach § 242 nicht darauf berufen können, daß der Vermieter nicht mehr erfüllungsbereit ist, da der Vermieter in diesem Falle mit der anderweitigen Vermietung gerade im Interesse des Mieters gehandelt habe. Der Mieter wird deshalb in derartigen Fällen Volker Emmerich

(856)

3. Titel. Miete. Pacht

§552 41-45

für verpflichtet gehalten, dem Vermieter nach § 552 S 1 eine etwaige Mietdifferenz zu erstatten. Hingegen wird keine Verpflichtung des Vermieters anerkannt, einen etwaigen Mehrerlös dem Mieter herauszuzahlen (RG JW 1913, 981 f Nr 9; insbes OLG Nürnberg OLGZ 1966, 12 f; MITTELSTEIN 394 mwN). Nach anderen liegt hingegen auch in dieser Fallgestaltung Unmöglichkeit vor, so daß der Anspruch des Vermieters auf Fortzahlung des Mietzinses entfällt (OLG Frankfurt ZMR1970,49, 50; insbes PIETZNER aaO). Wieder andere wollen darauf abstellen, ob der Vermieter endgültig oder nur vorübergehend im Interesse des vorzeitig ausgezogenen Mieters weitervermietet hat; nur im letzteren Falle soll der Mieter zur Fortzahlung der Mietdifferenz verpflichtet sein ( E R M A N - S C H O P P § 552 Rz 4 ) . Nur die letztere Meinung entspricht dem Gesetz (vgl Satz 2 und Satz 3 des § 552) und ist interessengerecht. 4. Die Befreiung durch eine anderweitige Vermietung tritt nur solange ein, als dem 41 Vermieter infolgedessen die Erfüllung unmöglich ist. Endet der andere Mietvertrag, so daß der Vermieter wieder instand gesetzt wird, dem Mieter den Gebrauch zu gewähren, so lebt auch die Verpflichtung des Mieters zur Fortzahlung des Mietzinses wieder auf (LG Köln MDR 1971, 929 Nr 51). 5. Der anderweitigen Vermietung wird hier ebenso wie in Satz 2 die eigene Benut- 42 zung durch den Vermieter gleichgestellt, sofern infolgedessen Unmöglichkeit der Erfüllung eintritt (OLG Hamm, o Rz 37). Dies ist namentlich bei über das übliche hinausgehenden, besonders umfangreichen Reparatur- und Umbauarbeiten anzunehmen (BGHZ 38, 295, 298 f; LG Düsseldorf WuM 1975, 225; LG Oldenburg NJW 1959, 340 f; AG Köln B1GBW 1974, 40; AG Hannover MDR 1969, 845 Nr 3 6 ; NIENDORFF 1 7 8 f ) .

6. Trotz Unmöglichkeit der Gebrauchsgewährung ist der Mieter doch nicht nach 43 § 542 zur Kündigung berechtigt, solange er selbst am Gebrauch der Sache gehindert ist. Anders jedoch, sobald er zu erkennen gibt, daß er die Sache wieder gebrauchen will und kann und der Vermieter dann nicht erfüllungsbereit ist (BGHZ 38, 295, 299 ff; BGH LM Nr 3 zu § 542 BGB; § 542 Rz 12). V. Abweichende Vereinbarungen

44

§ 552 ist nicht zwingend, auch nicht bei der Wohnungsmiete. Die Parteien können also vertraglich in jeder Hinsicht etwas Abweichendes vereinbaren, wie es namentlich durch eine besondere Abgrenzung der Risikosphären geschehen kann. Auch die Anrechnungspflicht des Satzes 2 und die Befreiung des Mieters unter den Voraussetzungen des Satzes 3 können vertraglich ausgeschlossen werden; bei der Wohnraummiete dürften jedoch derartige Abreden in aller Regel sittenwidrig sein (§138 BGB). Hingegen ist bei der gewerblichen Vermietung von Anlagen eine Abrede unbedenklich, daß der Mieter gegen einen pauschalierten Schadensersatzanspruch des Vermieters einen Anspruch auf vorzeitige Vertragsaufhebung haben soll (KG OLGZ 1972, 4 ff, bes 8). Bei AGB und Formularverträgen sind jedoch stets die §§ 9, 10 Nr 7, 11 Nr 5 u 6, sowie 24 AGBG zu beachten (s auch § 550 a Rz 12 ff). VI. Beweislast

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Nach ganz hM trifft den Mieter gegenüber dem Erfüllungsanspruch des Vermieters ( § 5 5 2 S l ) d i e Beweislast sowohl für die Ersparnis von Aufwendungen bzw für die Erlangung anrechenbarer Vorteile (§ 552 S 2) als auch für die fehlende Erfüllungsbereitschaft des Vermieters (§ 552 S 3; RG JW 1912, 859 f Nr 16). Dabei ist jedoch übersehen, daß die Beweislast für die Erfüllung stets den Schuldner der betreffenden (85?)

Volker Emmerich

§ 552 a 1-3

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

Leistung trifft. Deshalb muß auch im Rahmen des § 552 S 3 nicht der Mieter, sondern der Vermieter beweisen, daß er erfüllungsbereit ist, daß ihm maW trotz der Gebrauchshinderung auf der Seite des Mieters die Erfüllung möglich war (so mit Recht nur K R Ö N I G MDR 1950, 205; wohl auch OLG München HRR 1941 Nr 925). § 552 a Der Mieter von Wohnraum kann entgegen einer vertraglichen Bestimmung gegen eine Mietzinsforderung mit einer Forderung aufgrund des § 538 aufrechnen oder wegen einer solchen Forderung ein Zurückbehaltungsrecht ausüben, wenn er seine Absicht dem Vermieter mindestens einen Monat vor der Fälligkeit des Mietzinses schriftlich angezeigt hat. 2. Gesetz zur Änderung mietrechtlicher Vorschriften vom 14. 7. 1964 (BGBl I 457) Art I Nr 9.

Schrifttum MITTELSTEIN, Die Miete nach dem Rechte des deutschen Reiches (4. Aufl 1932) 413 ff; NIENDORFF, Mietrecht nach dem BGB (10. Aufl 1914) 207 ff; SCHMIDT-FUTTERER, Mietrecht (7. Aufl 1976) s v Aufrechnung; ders, Miete und Pacht (2. Aufl 1974) 66 f; STERNEL, Wohnraummietrecht 1975 Tz I 4 1 ff, II 1 9 9 .

1 1. Vorbemerkung In Mietverträgen über Wohnräume waren früher Aufrechnungsverbote zu Lasten der Mieter außerordentlich verbreitet (vgl M I T T E L S T E I N und N I E N D O R F F aaO). Da ein solches Aufrechnungsverbot den Mieter jedoch erheblich belasten kann, wurde das Aufrechnungsverbot 1934 zu einer sog mißbilligten Klausel erklärt. Entsprechend wollte der Gesetzgeber 1964 derartige Klauseln zunächst generell verbieten (vgl den RegE des 2. MietänderungsG, BT-Dr IV/806). Der Rechtsausschuß des Bundestags beschränkte jedoch schließlich aus wenig einsichtigen Gründen die Unabdingbarkeit des Aufrechnungs- und Zurückbehaltungsrechtes des Mieters auf die Forderungen des Mieters aufgrund des § 538 (vgl den Bericht, zu BT-Dr IV/2195, S 4). Maßgebend war vor allem die Überlegung, daß auch der Vermieter ein schutzwürdiges Interesse an dem pünktlichen Eingang der Mietzinszahlungen habe, weil er häufig nur damit die aus dem Hausbau herrührenden Belastungen bestreiten könne. Gleichwohl bleibt die Beschränkung ausgerechnet auf die Ansprüche des Mieters aus § 538 unverständlich. 2 2. Anwendungsbereich a) § 552 a gilt nur für die Wohnraummiete (s dazu Vorbem 24 f zu §§ 535, 536). Unbeschränkt zulässig sind also Aufrechnungsverbote bei der Geschäftsraum- und bei der Fahmismiete (OLG Nürnberg MDR 1977, 231). Hier kann nur die Berufung des Vermieters auf das Aufrechnungsverbot im Einzelfall gegen Treu und Glauben verstoßen, namentlich wenn der Vermieter in Konkurs gefallen ist und dem Mieter durch die Anwendung des Aufrechnungsverbotes die Möglichkeit genommen würde, sich wegen seiner Gegenansprüche zu befriedigen. 3 Es ist nicht schlechthin treuwidrig, wenn sich der Vermieter einer Sozialwohnung gegenüber dem Anspruch des Mieters auf Rückzahlung zuviel gezahlten Mietzinses Volker Emmerich

(858)

3. Titel. Miete. Pacht

§552 a 4-8

auf ein Aufrechnungsverbot beruft; insoweit kommt es vielmehr auf die Umstände des Einzelfalles, vor allem auf die Schwere des Verstoßes und auf die Höhe des überzahlten Betrages an (LG Hamburg MDR 1968, 1012 f Nr 40; STERNEL aaO). b) Selbst ein zulässiges Aufrechnungsverbot, das auch in einer Barzahlungsklausel 4 liegen kann, verliert seine Wirksamkeit mit Ende des Mietvertrages und spätestens mit Rückgabe der Sachen an den Vermieter. In diesem Abwicklungsstadium kann also der Mieter mit etwaigen Gegenforderungen, namentlich mit dem Anspruch auf Rückzahlung einer Kaution, unbeschränkt gegen Ansprüche des Vermieters aufrechnen (OLG Celle OLGZ 1966, 6, 7; LG Mannheim WuM 1974, 145; AG Köln WuM 1972, 141; aA KG OLGE 22, 249 f). Dasselbe ist nach Vertragsbeendigung auch schon vor Rückgabe der Sache anzunehmen, wenn durch die Berufung auf das Aufrechnungsverbot die Abwicklung der gegenseitigen Ansprüche übermäßig erschwert würde. c) § 552 a erhält dem Mieter das Aufrechnungs- und Zurückbehaltungsrecht nur 5 gegenüber der Mietzinsforderung des Vermieters, nicht also gegenüber anderen Ansprüchen des Vermieters, zB auf Schadensersatz wegen Verletzung der Obhutspflicht. Zur Mietzinsforderung gehören dabei jedoch auch die Ansprüche des Vermieters wegen der sog Nebenkosten, zB eine Heizkostenpauschale oder sonstige Umlagen. Unberührt bleibt jedoch stets das Minderungsrecht des Mieters, schon weil bei der Miete die Minderung kraft Gesetzes eintritt (AG Lauterbach WuM 1975, 146, 147; ebenso § 537 Abs 3). Ebenso können sich die Parteien selbstverständlich durch Abschluß eines Aufrechnungsvertrages gemeinsam über ein Aufrechnungsverbot hinwegsetzen. 3. Das unabdingbare Aufrechnungsrecht

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Unabdingbar ist für den Mieter von Wohnraum nur das Recht zur Aufrechnung mit Ansprüchen aufgrund des § 538 (Ansprüche auf Schadensersatz und auf Aufwendungsersatz). Eine entsprechende Anwendung des § 552 a auf andere Forderungen des Mieters ist (leider) nicht möglich. Deshalb kann zB die Aufrechnung mit Ansprüchen auf Verwendungsersatz (§ 547) jederzeit vertraglich ausgeschlossen werden. Hinsichtlich der Ansprüche aus § 538 ist aber auch jede Einschränkung der Aufrechnungsmöglichkeit, zB durch Beschränkung der Wirkung der Aufrechnung auf einen bestimmten Teil der Mietzinsforderung, verboten. Gegen § 552 a verstoßende Aufrechnungsverbote sind nicht etwa unwirksam, son- 7 dem erstrecken sich einfach kraft Gesetzes nicht auf Ansprüche des Mieters aus § 538. 4. Das unabdingbare Zurückbehaltungsrecht Unabdingbar ist nicht nur das Recht zur Aufrechnung mit Gegenansprüchen des Mieters aus § 538, sondern auch ein darauf gestütztes Zurückbehaltungsrecht. Die Reichweite dieser Bestimmung ist umstritten, weil es sich bei den auf § 538 gestützten Forderungen des Mieters in aller Regel um Geldforderungen handeln wird und die Ausübung eines Zurückbehaltungsrechts an Geldforderungen gegenüber Geldforderungen (Mietzinsforderungen) grundsätzlich als Aufrechnung behandelt wird ( P A L A N D T - H E I N R I C H S § 273 Anm 5 d m Nachw; H A N S § 552 a Anm B 3). Selbständige Bedeutung wird deshalb das Zurückbehaltungsrecht hier nur in den Ausnahmefällen haben, in denen die Mietzinsforderung nicht auf Geld gerichtet ist oder in denen der Mieter aufgrund des § 538 einen nicht auf Geld gerichteten Anspruch hat (aM E R M A N - S C H O P P § 552 a Rz 2). Im übrigen gibt es aber auch (859)

Volker Emmerich

8

§552 a 9-12

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

durchaus Fälle, wo eine Zurückbehaltung von Geldleistungen sinnvoll sein kann. Man denke an den Fall, daß es der Vermieter versäumt, über die vergangene Heizungsperiode abzurechnen; dann kann der Mieter unbedenklich die vertraglich vereinbarten Vorschüsse für die nächste Heizungsperiode zurückbehalten. 9 5. Die Anzeige Trotz eines vertraglichen Aufrechnungsverbots kann der Mieter mit Gegenforderungen aus § 538 nur aufrechnen, wenn er diese Absicht dem Vermieter mindestens einen Monat vor der Fälligkeit des Mietzinses schriftlich angezeigt hat. Diese Monatsfrist ist eine Mindestfrist, deren Berechnung sich nach den §§187 Abs 1 und 188 Abs 2 und Abs 3 richtet. Ist der Mietzins vertraglich am 1. eines Monats fällig, so muß deshalb die Anzeige spätestens am 1. des vorhergehenden Monats dem Vermieter zugehen. Für die Anzeige ist Schriftform vorgeschrieben (§ 126 BGB), so daß eine mündliche Anzeige unwirksam ist (§ 125 S 1 BGB). Die Anzeige ist ebenso wie die Mahnung keine Willenserklärung, sondern eine bloße Rechtshandlung, weil sie keinen Rechtsfolgewillen voraussetzt. Wirksam wird sie mit Zugang beim Vermieter. Aus der Anzeige muß sich klar die Absicht des Mietes ergeben, mit einer bestimmten, genau bezeichneten Forderung gegen die ebenfalls genau bezeichnete Vermieterforderung aufzurechnen. Die Anzeige allein hat jedoch noch keine Wirkungen; vielmehr muß nach der Anzeige auch noch rechtzeitig die Aufrechnung erklärt werden. War die Anzeige verspätet, so kann erst zum nächst-zulässigen Termin aufgerechnet werden. 10 Sind alle diese Voraussetzungen erfüllt, so kann der Mieter in voller Höhe gegen die Mietzinsforderung aufrechnen. Eine Beschränkung auf bestimmte Teile der Mietzinsforderung, wie sie verbreitet unter der Geltung des MietSchG angenommen wurde, gibt es nicht mehr. 11 6. Beweislast Der Vermieter, der sich gegenüber der Aufrechnung des Mieters auf ein Aufrechnungsverbot beruft, muß dessen Vereinbarung beweisen. Demgegenüber obliegt dann dem Mieter der Nachweis, daß trotz des Aufrechnungsverbots aufgrund des § 552 a eine Aufrechnung möglich ist, namentlich daß er rechtzeitig dem Vermieter eine dem § 552 a entsprechende Anzeige zugesandt hat. 12 7. AGB und Formularverträge Der Ausschluß der Zurückbehaltungs- und Aufrechnungsrechte des Mieters gehört zum Standardinhalt aller bei der Vermietung beweglicher und unbeweglicher Sachen üblichen AGB und Formularverträgen. Wegen der schwerwiegenden Belastung, die für die Mieter mit solchen Klauseln stets verbunden sind, hat ihnen der Gesetzgeber in den Nrn 2 und 3 des § 11 AGBG verhältnismäßig enge Grenzen gezogen (s BUB DWW 1977, 76, 79), die im Ergebnis auf Grund der §§ 9 und 24 Nr 1 AGBG auch für den kaufmännischen Verkehr gelten.* Jedoch geht gemäß § 8 AbzG der § 552 a den erwähnten Vorschriften des AGBG für Wohnraummietverhältnisse vor (BUB DWW 1977, 76, 79; H E N S E N aaO § 11 Nr 2 Rz 20), so daß heute gewerbliche Mieter gegen Aufrechnungs- und Zurückhal*

L Ö W E - G R A F VON W E S T P H A L E N - T R I N K N E R ,

Unrecht

HENSEN,

in:

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ULMER-BRANDNER-HENSEN, A G B G

Volker Emmerich

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§ 11 N r

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Rz 15. (860)

§553 3. Titel. Miete. Pacht

tungsverbote in AGB und Formularverträgen besser als Wohnraummieter geschützt sind (vgl in diesem Zusammenhang auch noch § 11 Nr 10 d AGBG)! §553 Der Vermieter kann ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist das Mietverhältnis kündigen, wenn der Mieter oder derjenige, welchem der Mieter den Gebrauch der gemieteten Sache überlassen hat, ungeachtet einer Abmahnung des Vermieters einen vertragswidrigen Gebrauch der Sache fortsetzt, der die Rechte des Vermieters in erheblichem Maße verletzt, insbesondere einem Dritten den ihm unbefugt überlassenen Gebrauch beläßt, oder die Sache durch Vernachlässigung der dem Mieter obliegenden Sorgfalt erheblich gefährdet. E I § 528; E II § 497 Abs 1; E III § 546; Mot II 417; Prot II 228.

Schrifttum GÖCKMANN, Das neue Wohnmietrecht in den weißen Kreisen, NJW 1963, 2109; MITTELSTEIN, Die Miete nach dem Rechte des deutschen Reiches (4. Aufl 1932) 375 ff; NIENDORFF, Mietrecht nach dem BGB (10. Aufl 1914) 242 ff; PERGANDE, Die Kündigung von Wohnraum und die Sozialklausel im neuen Mietrecht, NJW 1964, 1925; SCHMIDT-FUTTERER, Wohnraumschutzgesetze (2. Aufl 1976) Tz B 55 ff (S 58 ff); ders ZMR 1968, 161; ders, Miete und Pacht (2. Aufl 1974) 143 f; STERNEL, W o h n r a u m m i e t r e c h t ( 1 9 7 5 ) T z I I 9 3 ff ( S 1 8 6 f f ) ; TEUBNER, G e g e n s e i t i g e V e r t r a g s u n t r e u e ( 1 9 7 5 )

92 ff; WEIMAR, Die fristlose Kündigung eines Mietvertrages wegen schwerwiegender Vertragsverletzung (§ 554 a BGB), MDR 1966, 556; ders, Die Vermieterkündigung wegen schuldhaft nicht unerheblicher Vertragsverletzung durch den Wohnraummieter, Betrieb 1972, 2452.

he Übersicht I. Allgemeines, insbesondere das Verhältnis der §§ 553 ff zu anderen Vorschriften 1. Das System des BGB 1 2. Die fristlose Kündigung aus wichtigem Grunde 4 3. Das Verhältnis zum Rücktrittsrecht des Vermieters 10 4. Das Verhältnis der einzelnen Kündigungsrechte zueinander 11 5. Der Schadensersatzanspruch des Vermieters 12 6. Die Teilkündigung 14 II. Der Kiindigungsgrund 15 1. Der allgemeine vertragswidrige Gebrauch 16

2. Die Fortsetzung des vertragswidrigen Gebrauchs trotz Abmahnung des Vermieters 20 3. Die erhebliche Verletzung der Rechte des Vermieters 24 4. Insbesondere die unbefugte Überlassung der Sache an einen Dritten 29 5. Insbesondere die erhebliche Gefährdung der Sache 30 m . Die Kündigung 32 IV. Abweichende Vereinbarungen 36 V. Beweislast 37

Alphabetische Übersicht Abmahnung 20 f, 29 f Allgemeines 1 - 3 , 1 0

Form 34 Fristen 7, 33 fristlose Kündigung 4 f, 7

Beweislast 37 Duldung des Vermieters 17 Einzelfälle 6,18, 25 f, 31 Erfüllungsgehilfen 16 (861)

Gebrauchspflicht 28 Gefährdung der Sache 30 Geisteskrankheit des Mieters 9 Interessenabwägung 24

Volker Emmerich

§553 1-4

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse Teilkündigung 14

Kündigung 4, 11,14-16, 32 Kündigungsgrund 15, 34 mehrere Mieter 16

Unbefugte Überlassung an Dritte 27 f Unzumutbarkeit 4 f

Risikobereiche 5 Rücktrittsrecht des Vermieters 10

Verschulden 5,16, 29 vertragswidriger Gebrauch 16, 20,22 Verwirkung des Kündigungsrechts 33

Schadensersatzanspruch des Vermieters 12 Schadensersatzanspruch des Mieters 13 systematische Einordnung 10 f

Widerruf der Kündigung 33 Widerspruch 35 Wohnraummiete 8

I. Allgemeines, insbesondere das Verhältnis der §§ 553 ff zu anderen Vorschriften 1 1. Das System des BGB Die §§ 553 bis 554 b regeln die Fälle, in denen der Vermieter fristlos aus wichtigem Grunde den Mietvertrag kündigen kann. Die entsprechenden Kündigungsrechte des Mieters finden sich in den §§ 542, 544 und ebenfalls 554 a. Ursprünglich hatte das Gesetz nur zwei Fälle gekannt, in denen der Vermieter fristlos kündigen kann (Vertragswidriger Gebrauch nach § 553 und Verzug nach § 554). Durch die Mietverträge waren jedoch die Kündigungsrechte der Vermieter in aller Regel außerordentlich erweitert worden; besonders verbreitet war die Bestimmung, daß der Vermieter schon bei jedem geringfügigen Verstoß gegen die Hausordnung fristlos kündigen könne (dazu insbes NIENDORFF 2 4 6 ff). Diesem unhaltbaren Zustand setzte erst das MSchG ein Ende. Nach dessen Aufhebung mußte deshalb dafür Sorge getragen werden, daß es nicht wieder zu solchen Zuständen kommt. 2 So erklärt sich die - mißglückte - Regelung der §§ 554 a u 554 b: Nach § 554 a kann jedes Mietverhältnis über Räume bei schuldhaften, schweren Vertragsverletzungen fristlos gekündigt werden; eine entgegenstehende Vereinbarung ist ausdrücklich als unwirksam bezeichnet. § 554 b fügt hinzu, daß bei Wohnraummietverhältnissen eine vertragliche Erweiterung des Rechts des Vermieters zur fristlosen Kündigung nicht zulässig ist. Damit im Zusammenhang muß auch heute der neue § 564 b Abs 2 Nr 1 gesehen werden, nach dem auch eine ordentliche Kündigung von Wohnraummietverhältnissen grundsätzlich nur noch möglich ist, wenn der Mieter seine vertraglichen Verpflichtungen schuldhaft nicht unerheblich verletzt hat. Schließlich muß nach § 564 a Abs 1 grundsätzlich jede Kündigung schriftlich erfolgen und begründet sein. 3 Angesichts der unklaren gesetzlichen Regelung verwundert es nicht, daß nach wie vor lebhaft umstritten ist, in welchem Umfang heute noch bei Wohnraummietverhältnissen eine fristlose Kündigung aus wichtigem Grunde möglich ist, zumal davon noch die weitere Frage abhängt, unter welchen Voraussetzungen daneben noch ein Rücktritt wegen Verzugs aufgrund des § 326 in Betracht kommt.

4 2. Die fristlose Kündigung aus wichtigem Grunde a) Anders als namentlich bei Dienst- und Gesellschaftsverträgen (§§ 626 u 723) kannte das BGB ursprünglich kein Recht der Parteien zur fristlosen Kündigung des Mietvertrages aus wichtigem Grunde. Das RG sah sich jedoch bald genötigt, Ausnahmen anzuerkennen, und zwar zunächst dann, wenn die vertragsmäßige Durchführung des Miet- oder Pachtvertrags ein besonders vertrauensvolles, friedliVolker Emmerich

(862)

3. Titel. Miete. Pacht

§553 5,6

ches Zusammenarbeiten der Parteien erforderlich macht: Jedenfalls in solchen Fällen sollte es zulässig sein, den Vertrag bei feindseligen, persönlichen Beziehungen, die jede weitere Zusammenarbeit unmöglich machen, fristlos zu kündigen (RGZ 94, 234, 236; 149, 88, 92; 150,193, 204; R G D J Z 1931, 705; HRR 1933 Nr 344). Soweit mehrere Mieter vorhanden sind, sollte es dabei schon genügen, wenn ein wichtiger Grund zur fristlosen Kündigung nur in der Person eines einzigen Mieters vorliegt (RGZ 150, 193, 204). Später wurde dann das Erfordernis der Notwendigkeit einer besonders vertrauensvollen friedlichen Zusammenarbeit der Parteien fallengelassen und die fristlose Kündigung aus wichtigem Grunde bei Unzumutbarkeit der Fortsetzung des Vertrags bei sämtlichen Miet- und Pachtverhältnissen, jedoch nur unter strengen Voraussetzungen, anerkannt (RGZ 150, 193, 199 f; RG DR 1939, 1681, 1682 Nr 1). Verschulden setzte dieser Kündigungsgrund nicht voraus (RGZ 94, 234, 236; 150, 193, 204; RG HRR 1941 Nr 539). An dieser Praxis hat der BGH bis heute uneingeschränkt festgehalten. Auch nach 5 ihm kann also jedes Miet- und Pachtverhältnis unter strengen Voraussetzungen fristlos gekündigt werden, wenn einer Partei die Fortsetzung des Vertrages nicht mehr zuzumuten ist. Die Kündigungsgründe müssen aber grundsätzlich in der Person des Kündigungsgegners liegen oder jedenfalls aus dessen Risikobereich stammen. Rühren die Gründe hingegen aus dem Risikobereich des Kündigenden selbst her, so kommt eine fristlose Kündigung aus wichtigem Grunde nur ganz ausnahmsweise unter den besonders strengen Voraussetzungen in Betracht, unter denen sonst ein Wegfall der Geschäftsgrundlage angenommen wird. Ist das gegenseitige Vertrauensverhältnis beiderseits völlig zerrüttet, so ist eine Interessenabwägung erforderlich, ob eine Fortsetzung noch zuzumuten ist. Verschulden setzt dieses Kündigungsrecht in keinem Falle voraus. Hat jedoch eine Partei die beiderseitige Zerrüttung überwiegend verschuldet, so kann grundsätzlich nur die andere kündigen, während eine bloße beiderseitige Verursachung der Zerrüttung der Kündigung durch keine der beiden Parteien entgegensteht. Unberührt bleibt aber auf jeden Fall bei beiderseits verschuldeter Zerrüttung das Recht der anderen Partei auf Schadensersatz wegen positiver Vertragsverletzung in den Grenzen des § 254 (BGHZ 50, 312, 315 = JuS 1969, 35 Nr 3; BGH LM Nr 2 zu § 242 [Ba] BGB = NJW 1951, 836; LM Nr 57 aaO = WM 1971, 1300; LM Nr 2 u 24 zu § 581 BGB = ZMR 1963, 233; LM Nr 1 zu § 595 BGB; LM Nr 3 zu § 254 [Cb] BGB = JuS 1970, 91 f N r 3; BGB-RGRK-GELHAAR § 553 R z 2 - 4 ) .

Beispiele: Unbegrenzte Bindung des Vermieters einer Reklamefläche, ohne daß sich 6 der Mieter um die Verwertung der Reklamefläche kümmert, so daß er auch keinen Mietzins zu zahlen braucht (BGH WM 1973, 694 = ZMR 1973, 378 f); völlige Ungewißheit des Unterpächters über die Erlaubnis der Unterverpachtung durch den Hauptverpächter, so daß ihm die Durchführung von Investitionen nicht zumutbar ist (BGH LM Nr 1 zu § 542 BGB; WM 1963, 382, 383); Zerstörung der Bergwerksanlagen und Verbot des Syndikats bei einem Kali-Abbauvertrag (BGH LM Nr 2 zu § 242 [Ba] BGB = NJW 1951, 836 f); unberechtigte fristlose Kündigung eines Dienstvertrages bei der Verbindung des Dienstvertrages mit einem Mietvertrag (BGH LM Nr 4 zu § 553 BGB = ZMR 1959, 229 ff); leichtfertige Strafanzeigen der Ehefrau des Pächters gegen den Verpächter (BGH LM Nr 6 zu § 553 BGB = ZMR 1961, 103 ff); bei einem Pachtvertrag über eine Gaststätte der Umstand, daß es sich bei dem Lokal um ein Schlägerlokal und Bordell handelt (BGH WM 1967, 515, 517); ebenso die Zerstörung der Gastwirtschaft im Krieg, anders jedoch nach deren Wiederaufbau (BGH LM Nr 1 zu § 247 BGB); auch der ständige Zahlungsverzug des Mieters oder Pächters, selbst wenn dadurch nicht die Voraussetzungen des § 554 erfüllt werden (§ 554 Rz 21; BGH LM Nr 1 zu § 554 b BGB). Unter denselben Voraussetzungen kann auch der Mieter fristlos kündigen, zB wenn (863)

Volker Emmerich

§553 7-9

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

er von anderen Mietern belästigt wird oder andere Mieter Ungeziefer einschleppen (LG Frankfurt ZMR 1970, 210 f) oder der Vermieter ultimativ eine Mieterhöhung durchsetzen will (OLG Düsseldorf DWW 1969, 205, 206 m abl Anm H Ä U S L E R ) . Hingegen ist eine Abbruchverfügung gegen den Vermieter nicht als wichtiger Grund anerkannt worden (LG München I DWW 1977, 93). 7 Dieses Kündigungsrecht aus wichtigem Grund gilt weitgehend als zwingendes Recht, so daß vertragliche Modifikationen nur in engen Grenzen zugelassen werden (BGH LM Nr 2 zu § 242 [Ba] BGB). Das Kündigungsrecht muß jedoch in angemessener Frist ausgeübt werden; wird es übermäßig verzögert, so ist es verwirkt (BGH aaO). Bei langfristigen Verträgen muß an das Vorliegen der wichtigen Gründe ein besonders strenger Maßstab angelegt werden (BGH LM Nr 1 zu § 595 BGB). Deshalb genügen feindselige Beziehungen der Parteien für eine fristlose Kündigung noch nicht, wenn eine Zusammenarbeit der Parteien nicht erforderlich ist, so daß durch die feindseligen Beziehungen die Durchführung des Vertrags nicht verhindert wird (BGH WarnR 1965 Nr 183 = ZMR 1966, 213 f). 8 b) Seit der Einführung der §§ 554 a und 554 b ist zweifelhaft, ob die geschilderten Grundsätze für die Raummiete und namentlich für die Wohnraummiete noch uneingeschränkt gelten, namentlich weil § 554 a als Voraussetzung der fristlosen Kündigung zusätzlich Verschulden verlangt und weil § 554 b die Vereinbarung weiterer Kündigungsgründe nicht zuläßt. Nach durchaus hM ist durch diese - unklare - Regelung jedoch das allgemeine Kündigungsrecht aus wichtigem Grund in keiner Hinsicht eingeschränkt oder geändert worden. Auch bei Wohnraummietverhältnissen kommt danach also eine fristlose Kündigung aus wichtigem Grunde in Betracht, selbst wenn den Gegner kein Verschulden trifft.* Nach aM soll sich hingegen aus den §§ 554 a und 554 b - über ihren Wortlaut hinaus - sinngemäß der Wille des Gesetzgebers ergeben, bei allen Raummietverhältnissen nur noch eine Kündigung aus wichtigem Grunde bei Verschulden des Gegners zuzulassen und bei Wohnraummietverhältnissen auch jede abweichende Vereinbarung zu verbieten.** 9 Praktische Bedeutung hat die Frage vor allem im Falle der Geisteskrankheit des Mieters. Die Praxis läßt hier überwiegend entsprechend § 553 oder aus wichtigem Grunde eine fristlose Kündigung des Vertrages zu, wenn der geisteskranke Mieter die übrigen Mieter oder den Vermieter belästigt, beleidigt oder angreift (LG Mannheim NJW 1976, 1407; LG Hannover ZMR 1968,202; LG Köln MDR 1974, 232 Nr 54; LG Bielefeld ZMR 1968,172,173; AG Stuttgart ZMR 1967,331 f; aM LG Mannheim aaO; LG Essen ZMR 1967, 305 f; E S S E R - W E Y E R S II 1 § 21 I 3 b). Da sich jedoch der geisteskranke Mieter das Verschulden seines gesetzlichen Vertreters zurechnen lassen muß (§ 278), dürfte auch in solchen Fällen idR Verschulden vorliegen. Hat hingegen der Mieter keinen gesetzlichen Vertreter, so kann ihm ohnehin wegen § 131 Abs 1 nicht wirksam gekündigt werden. Bei der Wohnraummiete spricht deshalb in der Tat manches dafür, eine fristlose Kündigung

* BGH LM Nr 1 zu § 5 5 4 b BGB = ZMR 1 9 6 9 , 2 0 6 ; LM Nr 5 7 zu § 2 4 2 (Ba) BGB = WM 1 9 7 1 , 1300; LG Hannover ZMR 1968, 302; LG Frankfurt WuM 1972, 189; AG Köln WuM 1976, 1 8 3 ; ROQUETTE § 5 5 4 a RZ 3 1 ; PALANDT-PUTZO § 5 5 4 a A n m 3; L G Stuttgart W u M 1976, 2 6 2 ff; ERMAN-SCHOPP § 5 5 4 a R z 5; § 5 5 4 b R z 3; HANS § 5 5 4 a A n m B 1; LARENZ II § 4 8 V I c; ESSER II 1 § 17 I 2 ; MEDICUS, in: S t K B G B § 5 5 4 a A n m 2 ; WEIMAR M D R 1966, 5 5 6 f; wesentlich e n g e r

jedoch ders Betrieb 1972, 2452 f. ** So LG Mannheim ZMR 1969, 241; PERGANDE NJW 1964, 1925, 1928; ders, Vorbem 2 vor § 5 5 3 ; insbes e i n g e h e n d SCHMIDT-FUTTERER, TZ B 6 8 = S 6 4 f; SOERGEL-MEZGER § 5 5 4 b R z 2 f; ESSER-SCHMIDT I 1 (5. A u f l 1 9 7 5 ) § 20 I V 2 2 ; ESSER-WEYERS II 1 § 21 I 3 b.

Volker Emmerich

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3. Titel. Miete. Pacht

§553 10-13

grundsätzlich nur noch unter den Voraussetzungen des § 554 a zuzulassen; aus dem Gesagten folgt jedoch zugleich, daß sich hieraus im Ergebnis nahezu keine Abweichungen von der hM ergeben werden. Bei den übrigen Mietverhältnissen kann ohnehin unbedenklich an der allgemeinen fristlosen Kündigung aus wichtigem Grunde festgehalten werden. 3. Das Verhältnis zum Rücktrittsrecht des Vermieters

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Die frühere Praxis sah die §§ 553 und 554 als Sondervorschriften namentlich zu § 326 nur für die hier geregelten Fälle des vertragswidrigen Gebrauchs und des Verzugs des Mieters an. Bei sonstigen Vertragsverletzungen des Mieters war somit ein Rücktritt des Vermieters aufgrund des § 326 vor oder nach Übergabe der Sache unbeschränkt möglich, zB bei der verspäteten Stellung eines Bürgen oder bei dem Verzug mit der Zahlung eines Baukostenzuschusses oder einer Mietvorauszahlung (RGZ 105, 167, 168 f; 149, 88, 92; RG JR 1925, 603 Nr 869; JW 1938, 943; insbes BGH LM Nr 6 zu § 326 [A] BGB = NJW 1957, 57; OLG Bremen NJW 1953, 1393). Diese Praxis hat der BGH jedoch inzwischen aufgegeben. Soweit aufgrund der §§553 bis 5 5 4 a oder aufgrund allgemeiner Erwägungen eine fristlose Kündigung aus wichtigem Grunde möglich ist, ist hiernach kein Raum mehr für einen Rücktritt des Vermieters aufgrund des § 326 (BGHZ 50, 312, 315 = JuS 1969, 35 Nr 3 m Nachw). Damit dürfte sich die Streitfrage, ob nach Übergabe der Sache überhaupt noch ein Rücktritt in Betracht kommt, praktisch erledigt haben, da heute nach dem Gesagten bei nahezu jeder schuldhaften Vertragsverletzung eine fristlose Kündigung aus wichtigem Grunde in Betracht kommt.* 4. Das Verhältnis der einzelnen Kiindigungsrechte zueinander

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Auch die Systematik der §§ 553 bis 554 a ist unklar. Zu vernünftigen Ergebnissen kommt man noch am ehesten, wenn man § 554 a als Auffangtatbestand für die nicht in § 553 und in § 554 erfaßten Fälle versteht. Soweit auch § 554 a nicht eingreift, bleibt schließlich - abgesehen von Wohnraummietverhältnissen - immer noch der Rückgriff auf das allgemeine fristlose Kündigungsrecht aus wichtigem Grunde. 5. Der Schadenersatzanspruch des Vermieters

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Wenn der Mieter die Vertragsverletzung, die der Vermieter zum Anlaß der fristlosen Kündigung nimmt, zu vertreten hat, kann der Vermieter außerdem Schadensersatz verlangen. Das ist selbstverständlich, soweit es um den Ersatz schon vor der Kündigung entstandener Schäden geht. Der Vermieter kann jedoch auch Ersatz für diejenigen Schäden verlangen, die ihm gerade erst durch die Kündigung entstehen. Zu denken ist hier vor allem an den Mietausfall und an die Kosten für die Suche eines neuen Mieters. Die Ersatzpflicht des Mieters beschränkt sich jedoch auf die Zeit bis zur ersten vertraglich zulässigen Kündigungsmöglichkeit.** Dasselbe gilt selbstverständlich umgekehrt auch für den Mieter, wenn er wegen einer 13 schuldhaften Vertragsverletzung durch den Vermieter fristlos kündigt (BGH LM Nr * V o r b e m 2 3 zu § 5 3 7 ; SCHMIDT-FUTTERER TZ B 8 7 = S 7 1 ; LARENZ I ( 1 1 . A u f l 1 9 7 6 ) § 2 6 d ; PERGANDE § 5 7 0 a A n m 2 ; ROQUETTE § 5 7 0 a R z 3 f; HANS § 5 7 0 a A n m B 2.

** RGZ 76, 367, 368 ff; BGH LM Nr 6 zu § 249 (Ha) BGB; KG OLGE 22, 262, 264; OLG Kolmar OLGE 22, 265 f; SCHMIDT-FUTTERER ZMR 1968, 161, 163 f; LG Hamburg ZMR 1977, 201 Nr 19; aM früher KG OLGE 7, 471; OLG Rostock OLGE 21, 200, 201. (865)

Volker Emmerich

§553 14-17

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

4 zu § 554 a BGB = ZMR 1974, 375); der Mieter kann dann vor allem Ersatz der Umzugskosten und der Differenz zu der etwa jetzt erforderlichen, höheren Miete verlangen. Hat der Vermieter aufgrund einer unberechtigten fristlosen Kündigung den Mieter zur Räumung gezwungen, so liegen schon die Voraussetzungen des § 325 vor (AG Siegen ZMR 1971, 239 ff). Die Schadensersatzpflicht des Mieters kann auch schon im voraus vertraglich geregelt werden (BGH LM Nr 1 zu DEMV = NJW 1964, 140). 14 6. Die Teilkündigung Bei der gleichzeitigen Vermietung mehrerer Sachen, zB von Geschäfts- und Wohnräumen, läßt die Praxis eine Teilkündigung nur hinsichtlich bestimmter Räume zu; doch sollen die §§ 543 und 469 entsprechend anwendbar sein (RGZ 114, 243, 245 f). Hingegen soll bei einer fristlosen Kündigung aus wichtigem Grunde wegen Unzumutbarkeit der Vertragsfortsetzung stets nur die einheitliche Kündigung des gesamten Vertragsverhältnisses in Betracht kommen (RGZ 150, 321, 322 f). Diese Differenzierung ist nicht einsichtig. Auch hier ist deshalb daran festzuhalten, daß Mietverhältnisse grundsätzlich stets nur einheitlich gekündigt werden können (s § 543 Rz 2 f). Dasselbe gilt bei der Verbindung mehrerer Verträge, wenn deren Fortsetzung unzumutbar wird (BGH LM Nr 21 zu § 242 [Bc] BGB). 15 II. Der Kündigungsgrund Nach seinem Wortlaut stellt § 553 zwei Kündigungsgründe nebeneinander, nämlich einmal die Fortsetzung eines vertragswidrigen Gebrauchs der Sache, der die Rechte des Vermieters in erheblichem Maße verletzt, zum anderen die Gefährdung der Sache durch Vernachlässigung der dem Mieter obliegenden Sorgfalt. Als Sonderfall des vertragswidrigen Gebrauchs wird außerdem der Fall genannt, daß der Mieter einem Dritten den ihm unbefugt überlassenen Gebrauch beläßt. Nun kann aber kein Zweifel daran bestehen, daß auch die Gefährdung der Sache durch Vernachlässigung der Obhutspflicht des Mieters einen vertragswidrigen Gebrauch darstellt. Man muß deshalb § 553 (berichtigend) dahin lesen, daß der allgemeine Kündigungsgrund hier die Fortsetzung eines vertragswidrigen Gebrauchs der Sache durch den Mieter ist, sofern dadurch die Rechte des Vermieters erheblich verletzt werden. Besonders hervorgehobene Anwendungsfälle dieses Kündigungsgrundes sind die Belassung des einem Dritten unbefugt überlassenen Gebrauchs und die Gefährdung der Sache durch Vernachlässigung der Sorgfaltspflicht des Mieters. Hieraus folgt zugleich, daß auch in allen Fällen Voraussetzung der Kündigung eine Abmahnung ist. 16 1. Der allgemeine vertragswidrige Gebrauch a) Die Grenzen des vertragsmäßigen Gebrauchs ergeben sich aus Vertrag, Verkehrssitte und Gesetz (s im einzelnen §§ 535, 536 Rz 54 u § 550 Rz 11). Der vertragswidrige Gebrauch setzt hier ebensowenig wie bei § 550 Verschulden voraus. Vertragsverletzungen seiner Angehörigen, seiner sonstigen Erfüllungsgehilfen und der Personen, denen er den Gebrauch der Sache überlassen hat, muß der Mieter nach den §§ 278 und 549 Abs 3 vertreten. Umstritten ist die Rechtslage, wenn von mehreren Mietern nur einer einen vertragswidrigen Gebrauch von der Sache macht. Nach hM genügt dies für eine fristlose Kündigung gegenüber allen Mietern; dagegen sprechen jedoch dieselben Gründe wie bei § 550 (s § 550 Rz 15). 17 Eine fristlose Kündigung ist jedenfalls nicht mehr möglich, wenn der Vermieter das vertragswidrige Verhalten des Mieters gebilligt oder auch nur geduldet hat. Eine Volker Emmerich

(866)

3. Titel. Miete. Pacht

§553 18-22

derartige Duldung hindert den Vermieter jedoch nicht daran, für die Zukunft den vertragswidrigen Gebrauch wieder zu verbieten und bei Fortsetzung des Gebrauchs dann fristlos zu kündigen (MITTELSTEIN 376). b) Einige Beispiele aus der bisherigen Praxis (weitere Beispiel bei MITTELSTEIN 18 377 f; NIENDORFF 242 ff): Die Lagerung übelriechender Därme in einer Wohnung (KG OLGE 22, 262, 265); die nicht waidmännische und übermäßige Ausübung der Jagd (RG HRR 1928 Nr 417); bei Vereinbarung einer Umsatzmiete auch die völlige Untätigkeit des Mieters mit der Folge, daß die Kunden verscheucht werden (RGZ 149, 88, 90 f); die Benutzung der Wohnung als Absteigequartier oder für Zwecke der Gewerbsunzucht (LG Frankfurt ZMR 1970, 237 f; eingehend NIENDORFF 244 ff). Der Vermieter kann auch fristlos kündigen, wenn der Mieter den Eindruck erweckt, er betreibe zu unsittlichen Zwecken einen Massagesalon in den gemieteten Räumen (AG Hildesheim ZMR 1972, 374). Hingegen rechtfertigen die bloße Übernachtung eines Mannes bei der Mieterin ebensowenig eine fristlose Kündigung wie bloßer Kinderlärm (LG Aachen ZMR 1973, 330 f; AG Siegen ZMR 1971, 239; AG Düren WuM 1968, 8 = ZMR 1968, 141 Nr 26). c) Der bloße vertragswidrige Gebrauch allein rechtfertigt indessen noch nicht eine 19 fristlose Kündigung. Vielmehr muß hinzukommen, daß der Mieter einmal diesen Gebrauch trotz einer Abmahnung des Vermieters fortsetzt, zum andern daß durch den vertragswidrigen Gebrauch die Rechte des Vermieters in erheblichem Maße verletzt werden. 2. Die Fortsetzung des vertragswidrigen Gebrauchs trotz Abmahnung des Vermie- 20 ters Soweit § 553 eine Fortsetzung des vertragswidrigen Gebrauchs trotz einer Abmahnung des Vermieters verlangt, wiederholt er nur den § 550, so daß auf die Ausführungen dazu verwiesen werden kann (s § 550 Rz 4 ff, 11 ff). Hervorzuheben ist nur folgendes: a) Durch das Erfordernis der Abmahnung soll der Mieter vor einer schikanösen 21 Kündigung seitens des Vermieters bei jeder Vertragsverletzung geschützt werden (RGZ 104, 26). Deshalb kann auf die Abmahnung nur in seltenen Ausnahmefällen, namentlich bei ernstlicher und endgültiger Erfüllungsverweigerung oder Arglist des Mieters verzichtet werden (BGH LM Nr 13 zu § 553 BGB; KG JW 1927, 2816, 2817 Nr 2). Auch durch die Berufung auf die §§ 325 und 326 kann die Notwendigkeit der Abmahnung nicht umgangen werden (RG JR 1925, 603 Nr 869). Die Abmahnung muß immer an den Mieter als Vertragspartner des Vermieters gerichtet werden, auch wenn sie sich gegen einen vertragswidrigen Gebrauch durch einen Dritten, dem der Mieter den Gebrauch überlassen hat, richtet (RG LZ 1932, 1230, 1 2 3 1 Nr 3 = HRR 1 9 3 3 Nr 2 8 2 ) . b) Die fristlose Kündigung setzt außerdem voraus, daß der Mieter trotz der Abmah- 22 nung den vertragswidrigen Gebrauch fortsetzt. Das Kündigungsrecht entfällt also, wenn der Mieter den vertragswidrigen Gebrauch vor der Kündigung, sei es auch nach Ablauf der vom Vermieter gesetzten Frist, einstellt. Hat der Mieter die Sache einem Dritten überlassen, so muß ihm eine angemessene Zeit für die Entfernung des Dritten gelassen werden; räumt der Dritte in dieser Frist, so entfällt das Kündigungsr e c h t ( R G J W 1 9 2 0 , 1 4 0 N r 5 m A n m MITTELSTEIN; L Z 1 9 3 2 , 1 2 3 0 , 1 2 3 1 N r

3 = HRR 1933 Nr 282). Der Mieter kann sich jedoch nicht darauf berufen, daß er mit Rücksicht auf einen langfristigen Vertrag mit dem Untermieter zu dessen Entfernung binnen angemessener Frist außerstande ist. Zweifelhaft ist, ob das Kündigungsrecht schon dann entfällt, wenn der Mieter nach der Abmahnung sofort (867)

Volker Emmerich

§553 23-27

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

dem Untermieter kündigt und Räumungsklage erhebt. Richtiger Meinung nach muß auch dann das Kündigungsrecht entfallen, weil von dem Mieter billigerweise nicht mehr verlangt werden kann. 23 Keine Fortsetzung des vertragswidrigen Gebrauchs soll bei einmaligem Einschleppen von Wanzen durch den Mieter vorliegen (AG Frankfurt WuM 1973, 98; zweifelhaft, jedenfalls § 554 a dürfte hier vorliegen).

24 3. Die erhebliche Verletzung der Rechte des Vermieters a) Weitere Voraussetzung des Rechts zur fristlosen Kündigung ist, daß die Fortsetzung des vertragswidrigen Gebrauchs trotz Abmahnung des Vermieters dessen Rechte in erheblichem Maße verletzt. Es genügt also nicht schon jeder vertragswidrige Gebrauch zur fristlosen Kündigung; vielmehr müssen dadurch noch zusätzlich die Vermieterrechte erheblich verletzt werden. Ob dies der Fall ist, kann immer nur im Einzelfall aufgrund einer Interessenabwägung nach Treu und Glauben entschieden werden (ERMAN-SCHOPP § 5 3 5 Rz 4). § 5 5 3 unterscheidet sich insoweit in bemerkenswerter Weise von § 550. 25 Beispiele: Die Verwendung der gemieteten Sache für andere als im Vertrag festgelegte, unangemessene Zwecke, insbes die Aufnahme eines Gewerbebetriebs in bloßen Wohnräumen; größere bauliche Veränderungen der vermieteten Räume, so etwa die Benutzung einer Wohnung zur Beherbergung ständig wechselnder Belegschaftsangehöriger (LG München WuM 1963, 39); die Aufnahme von Dirnen zum Zwecke der Gewerbsunzucht; überhapt jede Verletzung der Obhuts- und Anzeigepflichten des Mieters, wenn dadurch die vermietete Sache erheblich gefährdet wird; weiter ein derart störendes Verhalten eines Mieters, daß andere Mieter mit der Kündigung drohen; schließlich die Unterlassung jeglicher Gegenmaßnahmen bei unmittelbar drohenden Gefahren für die gemietete Sache. Gesetzliche Beispiele sind dementsprechend die Belassung des einem Dritten unbefugt überlassenen Gebrauchs und die Gefährdung der Sache durch Vernachlässigung der dem Mieter obliegenden Sorgfalt. 26 Hingegen wurde eine erhebliche Verletzung der Vermieterrechte in folgenden Fällen zB verneint: Bei gelegentlicher Übernachtung des Mieters in den Geschäftsräumen (LG Frankfurt WuM 1959, 121); bei außerehelichem Geschlechtsverkehr der Mieterin in der Wohnung (AG Euskirchen ZMR 1964, 86); bei unberechtigter Untervermietung, wenn der Untermieter die übrigen Hausbewohner nicht gestört hat oder bereits ausgezogen ist (AG Darmstadt WuM 1972, 192); ebenso schließlich, wenn das vertragswidrige Verhalten im Ergebnis für den Vermieter nur vorteilhaft war (RG JW 1925, 1121 Nr 19). Zu betonen ist namentlich, daß auch keinesfalls jeder geringfügige Verstoß gegen die oft viel zuweitgehenden skandalösen Hausordnungen den Vermieter zur fristlosen Kündigung berechtigt; abweichende Vereinbarungen sind nichtig (§§ 554 a S 2 und 554 b). 27 b) Wie § 553 in Übereinstimmung mit § 549 Abs 3 noch ausdrücklich hervorhebt, steht ein vertragswidriger Gebrauch des Untermieters und sonstiger Dritter, denen der Mieter den Gebrauch der Sache überlassen hat, einem vertragswidrigen Gebrauch des Mieters gleich (ebenso § 278). Maßgebend für die Vertragswidrigkeit des Gebrauchs sind dabei allein die Rechte des Mieters, nicht die des Untermieters. Auch hier ist kein Verschulden des Mieters oder des Untermieters erforderlich. Wenn jedoch der Untermieter den Hausfrieden stört, so kommt allein die Anwendung des § 554 a in Betracht. Volker Emmerich

(868)

3. Titel. Miete. Pacht

§553 28-31

c) Wenn den Mieter ausnahmsweise eine Gebrauchspflicht trifft, kann auch in der 28 Unterlassung des Gebrauchs ein vertragswidriger Gebrauch iS des § 553 gesehen werden, der den Vermieter zur fristlosen Kündigung berechtigt (Beispiel: Der Mieter kümmert sich nicht um das gemietete Reitpferd). 4. Insbesondere die unbefugte Überlassung der Sache an einen Dritten

29

Als Fall des zur fristlosen Kündigung berechtigenden, vertragswidrigen Gebrauchs ist in § 553 besonders hervorgehoben, daß der Mieter einem Dritten, namentlich also dem Untermieter, den ihm iS des § 549 unbefugt überlassenen Gebrauch beläßt. Voraussetzung der Kündigung ist also auch hier, daß der Kündigung eine Abmahnung des Vermieters vorausgeht. Weitetere Voraussetzung ist, daß der Mieter trotz der ihm bekannten Abmahnung unter Überschreitung seiner Befugnisse (§ 549) dem Dritten den Gebrauch beläßt, so daß das Kündigungsrecht des Vermieters entfällt, wenn der Dritte aufgrund der Abmahnung freiwillig räumt (RG LZ 1932, 1230 f Nr 3 = HRR 1933 Nr 282). Belassung des vertragswidrigen Gebrauchs bedeutet also ganz allgemein willentliche Aufrechterhaltung der vertragswidrigen Gebrauchsüberlassung durch den Mieter, seinen gesetzlichen Vertreter oder einen Erfüllungsgehilfen (AG Köln MDR 1973, 764 Nr 58; insbes R O Q U E T T E § 553 Rz 8 ff). Daß der Mieter hier willentlich handeln muß, bedeutet aber nicht zugleich, daß er auch stets schuldhaft gehandelt haben muß (aA R O Q U E T TE § 5 5 3 Rz 10), da das Recht des Vermieters zur fristlosen Kündigung auch eingreift, wenn sich der Mieter in einem entschuldbaren Irrtum über seine Befugnisse zur Gebrauchsüberlassung befindet. Hat jedoch der Mieter aufgrund seines Vertrags oder aufgrund des § 549 Abs 2 einen Anspruch auf Erlaubnis der Gebrauchsüberlassung, so kann der Vermieter auch dann nicht wegen der Gebrauchsüberlassung fristlos kündigen, wenn der Mieter es versäumt hat, die Erlaubnis einzuholen (§ 549 Rz 43 m Nachw z Streitstand). Da es sich bei der unbefugten Gebrauchsüberlassung an einen Dritten um einen gesetzlichen Anwendungsfall des vertragswidrigen Gebrauchs handelt, muß auch hier noch hinzukommen, daß durch die Gebrauchsüberlassung die Rechte des Vermieters erheblich verletzt werden; hieran fehlt es zB, wenn der Untermieter die übrigen Hausbewohner überhaupt nicht stört oder inzwischen schon wieder ausgezogen ist (AG Darmstadt WuM 1972, 192; zweifelhaft).

5. Insbesondere die erhebliche Gefährdung der Sache

30

Wenn der Mieter durch Verletzung seiner allgemeinen Obhuts- oder Anzeigepflicht (§ 545) die Sache gefährdet, macht er von dieser ebenfalls einen vertragswidrigen Gebrauch, so daß auch dieser Kündigungsgrund nur einen gesetzlichen Anwendungsfall des allgemeinen vertragswidrigen Gebrauchs darstellt. Daraus wird allgemein gefolgert, daß die Kündigung wegen erheblicher Gefährdung der Sache ebenfalls eine vorherige Abmahnung des Vermieters und eine Fortsetzung des Gebrauchs trotz der Abmahnung voraussetzen. Bei der Raummiete ist dabei unter der Sache nicht nur der vermietete Raum, sondern das gesamte Gebäude einschließlich aller mitbenutzten Räumlichkeiten und Gebäudeteile zu verstehen. Eine Beschädigung der Sache braucht noch nicht eingetreten zu sein; vielmehr genügte, daß objektiv die Gefahr einer erheblichen Beschädigung der Sache droht. Bei schweren schuldhaften Vertragsverletzungen kann außerdem hier zugleich § 554 a, der keine Abmahnung voraussetzt, eingreifen. Beispiele für eine erhebliche Gefährdung der Sache durch Vernachlässigung der 31 Sorgfaltspflichten des Mieters sind: Die Lagerung gefährlicher Sachen in den (869)

Volker Emmerich

§553 32-36

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

gemieteten Räumen, die Anbringung oder Duldung gefährlicher Installationen, die Verwendung gefährlicher Geräte, das Unterlassen jeglicher Vorsichtsmaßnahmen bei Frost oder gegen Diebstahl, in seltenen Ausnahmefällen auch einmal eine schwere Erkrankung des Mieters, die es diesem unmöglich macht, sich noch in irgendeiner Weise um die Räume zu kümmern (LG Düsseldorf ZMR 1970, 238, 239; LG Mannheim ZMR 1969,241). Eine erhebliche Gefährdung der Sache wurde hingegen verneint bei einer bloßen Vernachlässigung des mitvermieteten Gartens (AG Euskirchen ZMR 1964, 86) oder bei der Verursachung von Wasserschäden in Höhe von lediglich DM 650,- (AG Köln WuM 1972, 141). 32 m . Die Kündigung Die fristlose Kündigung des Vermieters ist nur wirksam, wenn sämtliche Tatbestandsmerkmale des § 553 vorliegen; andernfalls geht sie ins Leere, so daß sich dann auch nicht der Mieter darauf berufen kann, durch die Kündigung sei der Vertrag beendet worden (RG JW 1913, 487 f Nr 8); nimmt jedoch der Mieter die unberechtigte Kündigung an, so kann dadurch ein Aufhebungsvertrag zustande kommen (§ 305; LG Hamburg WuM 1974, 54 f). 33 Ist die Kündigung einmal wirksam erklärt, so kann sie vom Vermieter nicht einseitig widerrufen werden; vielmehr ist ein Neuabschluß des Vertrages, ggf in der Form des § 566 erforderlich. Grundsätzlich wird die Kündigung mit Zugang beim Mieter wirksam (§ 130). Es steht dem Vermieter jedoch frei, mit einer Frist zu kündigen, um dem Mieter Zeit zur Räumung zu lassen. Der Vermieter braucht auch nicht sofort nach Fortsetzung des vertragswidrigen Gebrauchs zu kündigen; ein zu langes Warten mit der Kündigung kann jedoch zur Verwirkung des Kündigungsrechts führen (GÖCKMANN a a O ; SCHMIDT-FUTTERER TZ B 67 = S 63 f).

34 Gemäß § 564 a muß die Kündigung schriftlich erfolgen und begründet sein; die Kündigungsgründe müssen so konkret angegeben werden, daß der Mieter genau weiß, aus welchen Gründen ihm fristlos gekündigt wird, damit er sich dagegen verteidigen kann (LG Mannheim MDR 1971, 223 Nr 53; KG OLGE 22, 253). Ein Nachschieben anderer Kündigungsgründe ist im Prozeß nur zulässig, wenn ihretwegen zuvor schon eine Abmahnung erfolgt war; andernfalls muß auf die neuen Gründe nach vorheriger Abmahnung eine neue Kündigung gestützt werden. Eine nach § 553 unwirksame Kündigung kann grundsätzlich auch nicht nach § 554 a aufrechterhalten werden, weil § 553 für seinen Anwendungsbereich den § 554 a ausschließt (STERNEL Tz III 91). Zweifelhaft ist jedoch, ob bei Fehlen der Abmahnung in der Kündigung die Nachholung der Abmahnung und in der folgenden Klageerhebung dann die Kündigung gesehen werden kann (bejahend zu Recht BGH WM 1971, 1439, 1440 = ZMR 1972, 306; auch BGH LM Nr 1 zu § 554 b BGB B1 1 R = WM 1 9 6 9 , 6 2 5 ; aA jedoch LG Hamburg MDR 1 9 7 4 , 5 8 4 Nr 6 2 ; STERNEL TZ III 91 m Nachw). 35 Die fristlose Kündigung ist sowohl bei Mietverhältnissen auf bestimmte Zeit als auch bei solchen auf unbestimmte Zeit möglich. Ein Widerspruch nach § 556 a ist nicht möglich. 36 IV. Abweichende Vereinbarungen § 553 ist an sich dispositiv, so daß er vertraglich sowohl erweitert als auch eingeschränkt werden kann. Ausnahmen gelten jedoch für die Wohnraummiete, bei der sich aus den §§ 554 a und 554 b ergibt, daß jedenfalls eine vertragliche Erweiterung, etwa dahin, daß jeder Verstoß gegen die Hausordnung eine fristlose Kündigung Volker Emmerich

(870)

3. Titel. Miete. Pacht

§§ 553, 554 37

rechtfertigen soll, nicht möglich ist. Aber auch eine vertragliche Einschränkung des § 553 ist bei der Raummiete mit Rücksicht auf § 554 a S 2 nur noch in ganz engen Grenzen möglich. Bei schuldhaften Vertragsverletzungen ist das Kündigungsrecht danach in jeder Hinsicht zwingend, sofern die weiteren Voraussetzungen des § 554 a vorliegen. - Für AGB und Formularverträge ergeben sich aus dem AGBG keine zusätzlichen Schranken (§ 10 Nr 3 AGBG). Anwendbar bleibt aber immer der allgemeine § 9 AGBG. V. Beweislast

37

Den Vermieter trifft die Beweislast für sämtliche Voraussetzungen des Rechts zur fristlosen Kündigung. Das gilt auch, wenn der Mieter Klage auf Feststellung der Unwirksamkeit einer vom Vermieter ausgesprochenen Kündigung erhebt. Eine Klage auf Feststellung, daß der Vermieter zu Unrecht eine Abmahnung ausgesprochen hat, wird hingegen überwiegend als unzulässig angesehen ( H A N S § 553 Anm B 6). §554 Der Vermieter kann das Mietverhältnis ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist kündigen, wenn der Mieter 1. für zwei aufeinanderfolgende Termine mit der Entrichtung des Mietzinses oder eines nicht unerheblichen Teils des Mietzinses im Verzug ist, oder 2. in einem Zeitraum, der sich über mehr als zwei Termine erstreckt, mit der Entrichtung des Mietzinses in Höhe eines Betrages in Verzug gekommen ist, der den Mietzins für zwei Monate erreicht. Die Kündigung ist ausgeschlossen, wenn der Vermieter vorher befriedigt wird. Sie wird unwirksam, wenn sich der Mieter von seiner Schuld durch Aufrechnung befreien konnte und unverzüglich nach der Kündigung die Aufrechnung erklärt. Ist Wohnraum vermietet, so gelten ergänzend die folgenden Vorschriften: 1. Im Falle des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1 ist der rückständige Teil des Mietzinses nur dann als nicht unerheblich anzusehen, wenn er den Mietzins für einen Monat übersteigt; dies gilt jedoch nicht, wenn der Wohnraum zu nur vorübergehendem Gebrauch vermietet ist. 2. Die Kündigung wird auch dann unwirksam, wenn bis zum Ablauf eines Monats nach Eintritt der Rechtshängigkeit des Räumungsanspruchs hinsichtlich des fälligen Mietzinses und der fälligen Entschädigung nach § 557 Abs. 1 Satz 1 der Vermieter befriedigt wird oder eine öffentliche Stelle sich zur Befriedigung verpflichtet. Dies gilt nicht, wenn der Kündigung vor nicht länger als zwei Jahren bereits eine nach Satz 1 unwirksame Kündigung vorausgegangen ist. 3. Eine zum Nachteil des Mieters abweichende Vereinbarung ist unwirksam. E I § 528; E II § 479 Abs 1; E III § 547; 1. Gesetz zur Änderung mietrechtlicher Vorschriften vom 29. 7. 1963 (BGBl I 505) Art I Nr 1; 2. Gesetz zur Änderung mietrechtlicher Vorschriften vom 14. 7. 1964 (BGBl I 457) Art I Nr 10; Mot II 417 f; Prot II 228 f.

Schrifttum Der säumige Mietzinszahler, DWW 1967, 157; BOTH, Zur Auslegung des § 554 Abs 1 Nr 1 B G B bei Verzug mit einem Teil des Mietzinses, NJW 1970, 2197; DERLEDER, Vertragsfreiheit, Ertragsgewährleistungen und ihre Absicherung für den Wohnraumvermieter, NJW 1975, 1677;

ALLWEIL,

(871)

Volker Emmerich

§554 2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse EMMERICH, in: Grundlagen des Vertrags- und Schuldrechts (1974) 326 ff, 394 ff; FRIEDLÄNDER, Verlust des Kündigungsrechts, DJZ 1911, 504; HANS, Probleme der fristlosen Kündigung wegen Zahlungsverzugs nach der Neufassung des § 554 BGB, B1GBW 1965, 148; H I E N D L , Räumungsurteil bei Zahlungsverzug nach § 554 BGB und Vollstreckungsklage, NJW 1964, 1946; HOFFMANN, Aktuelle Probleme des Mietprozesses in den weißen Kreisen, ZMR 1964, 97; K O R F F , Einschränkungen von Mieterhöhungen, Modernisierungen, Kündigungen wegen Zahlungsverzugs? NJW 1975, 2281; MITTELSTEIN, Die Miete nach dem Rechte des deutschen Reiches (4. Aufl 1932) 423 ff; M E Z G E R , Gibt es für die Mietzinszahlung eine Karenzzeit? N J W 1972, 2071; NIENDORFF, Mietrecht nach dem BGB (10. Aufl 1914) 194 ff, 217 ff; R I E D E L Recht 1903,144; R O Q U E T T E , Kündigung von Mietverhältnissen wegen Zahlungsverzugs, N J W 1964, 377; SCHMIDT-FUTTERER, Der Mietzinsausfall nach Rückgabe der Mietsache, ZMR 1968, 161; ders, Mietrecht (7. Aufl 1976) s v Mietrückstände; ders, Miete und Pacht (2. Aufl 1974) 136 ff; SCHNEIDER, Der Schutz des Mieters im Räumungsprozeß wegen Zahlungsverzugs, N J W 1965, 140; STERNEL, Wohnraummietrecht Tz III 94 ff ( S 187 ff).

Systematische Übersicht Vorbemerkung 1 I. Der Anwendungsbereich des § 554 2 II. Die Kttndigungsgründe 7 1. Der Verzug an zwei aufeinanderfolgenden Terminen 7 2. Der Verzug mit einem Betrag in Höhe von zwei Monatsraten 18 3. Dauernde unpünktliche Zahlung durch den Mieter 21 ID. Die Kündigung 22

IV. Der Ausschluß des Kündigungsrechts 26 1. Die vorherige Befriedigung des Vermieters 26 2. Die Aufrechnung nach Kündigung 29 3. Die zusätzlichen Ausschlußgründe bei der Wohnraummiete 33 V. Abweichende Vereinbarungen 1. Allgemeines 44 2. Die Besonderheiten bei der Wohnraummiete 46 VI. Prozessuales 1. Allgemeines 47 2. Beweislast 48

Alphabetische Übersicht Abtretung der Mietzinsforderung 5 Abweichende Vereinbarungen 44, 46 Anwendungsbereich 2 f Aufrechnung nach Kündigung 29 ff Aufrechnung vor Kündigung 32 Ausschluß des Kündigungsrechts 26, 33 Auslegung 25

Mietzins 8

Befriedigung 27 f, 34-36,40 Beweislast 48

Prozessuales 46-48

Form 22 Fristen 22

Schonfrist 34-36,41,43 Springen 1 systematische Einordnung 2

Mitteilungspflicht 46 Nebenkosten 8 öffentliche Stelle 37

rechtzeitige Zahlung 13

Geringfügige Rückstände 10 Treuwidrige Kündigung 24 Irrtum über Zahlungspflicht 16 Kündigung 22 Kündigungsgründe 7

Veräußerung 6 Verzug 7,12,15,18,21 vorübergehender Gebrauch 17

Mietausfallbürgschaft 39

Wohnraummiete 7, 9 f, 17, 33,46

Volker Emmerich

(872)

3. Titel. Miete. Pacht

§554 1-7

1

Vorbemerkung Das Gesetz kannte als Kündigungstatbestand ursprünglich nur den Fall, daß der Mieter mit der Entrichtung des Mietzinses ganz oder teilweise für 2 aufeinander folgende Termine in Verzug ist. Eine fristlose Kündigung war deshalb im Falle des sog „Springens" ausgeschlossen, worunter man eine Zahlung des Mietzinses immer nur im übernächsten Monat verstand, weil dann ein Verzug an zwei aufeinander folgenden Terminen fehlte. Abweichende Vereinbarungen, namentlich eine Erweiterung des Kündigungsrechts des Vermieters bei Zahlungsverzug des Mieters, waren aber außerordentlich verbreitet (s insbes MITTELSTEIN 431 ff). In beiden Beziehungen hatte das erste Mietrechtsänderungsgesetz von 1963 wesentliche Änderungen gebracht: Einerseits wurde § 554 um einen zweiten Kündigungstatbestand erweitert; auf der anderen Seite sind jedoch abweichende Vereinbarungen zum Nachteil des Mieters bei der Wohnraummiete heute nicht mehr zulässig. Ergänzend kommt aber immer noch die Anwendung des § 554 a in Betracht. I. Der Anwendungsbereich des § 554

2

1. § 554 regelt die Folgen des Zahlungsverzugs des Mieters abweichend von § 326. Es schließt deshalb die Anwendung des § 326 für seinen Anwendungsbereich aus (BGHZ 50, 312 = JuS 1969, 35 Nr 3; BGH LM Nr 6 zu § 326 [A] BGB = NJW 1957, 57). Nicht zum Mietzins iS des § 554 gehören jedoch einmalige Leistungen des Mieters wie eine Mietvorauszahlung oder ein Baukostenzuschuß; bei einem Verzug des Mieters mit diesen Leistungen kommt deshalb jedenfalls vor Überlassung der Sache durchaus ein Rücktritt nach § 326 in Betracht (BGH LM Nr 6 zu § 326 [A] BGB); nach Überlassung der Sache wird jedoch auch insoweit heute § 326 durch § 554 a verdrängt (BGHZ 50, 312 = JuS 1969, 35 Nr 3). 2. § 554 ist gleichermaßen auf die Grundstücks- wie auf die Fahrnismiete anzuwen- 3 den. Für die Wohnraummiete gelten jedoch Sondervorschriften aufgrund des Abs 2 des § 554. Außerdem sind bei der Wohnraummiete die §§ 564 a Abs 1,564 b Abs 2 Nr 1 BGB und § 9 Abs 2 MHRG zu beachten. Zu welchen Terminen der Mietzins vereinbarungsgemäß zu zahlen ist, spielt keine 4 Rolle. Eine fristlose Kündigung nach § 554 kommt deshalb nicht nur bei monatlicher Fälligkeit des Mietzinses, sondern auch zB bei wöchentlicher oder jährlicher Mietzinszahlung in Betracht (BGH LM Nr 55 zu § 242 [Cd] BGB). 3. Wenn der Vermieter den Mietzinsanspruch abtritt, so geht ein etwa schon 5 entstandenes Kündigungsrecht nicht auf den Zessionar über; maßgebend ist immer allein der Verzug gegenüber dem Vermieter (OLG Königsberg OLGE 16, 425 f; OLG Naumburg OLGE 24, 340, 341). Lagen die Voraussetzungen des § 554 bei Abtretung der Mietzinsforderungen schon vor, so ändert auch eine nachträgliche Stundung des Zessionars an dem Kündigungsrecht des Vermieters nichts mehr; anders wenn bei Abtretung noch kein Verzug vorlag und der Zessionar dem Mieter Stundung bewilligt. 4. Im Falle einer Veräußerung des Grundstücks tritt der Erwerber nach § 571 auch 6 in das Kündigungsrecht des Veräußerers ein, dies selbst dann, wenn die Voraussetzungen des Kündigungsrechts bereits teilweise in der Person des Veräußerers erfüllt waren. Anders, wenn das Kündigungsrecht schon für den Veräußerer begründet war ( K G O L G E 7, 466 f; MITTELSTEIN 676 f; NIENDORFF 314 f; § 571 Rz 57 ff; alles sehr

str). n . Die Kündigungsgriinde

7

§ 554 regelt heute zwei verschiedene Kündigungsgründe; in den nicht geregelten Fällen des Mieterverzugs kann außerdem § 554 a angewendet werden. (873)

Volker Emmerich

§554 8-11

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

1. Der Vermieter kann zunächst kündigen, wenn der Mieter für zwei aufeinander folgende Termine mit der Entrichtung des Mietzinses oder eines nicht unerheblichen Teils davon in Verzug ist (§ 554 Abs 1 S 1 Nr 1). Bei der Wohnraummiete ist der rückständige Teil nur dann erheblich, wenn er den Mietzins für einen Monat übersteigt (§ 554 Abs 2 Nr 1). Dies gilt jedoch nicht, wenn der Wohnraum zu nur vorübergehendem Gebrauch vermietet ist (vgl §§ 556 a Abs 8, 564 a Abs 3, 564 b Abs 7). 8 a) Erforderlich ist also zunächst, daß der Mieter an zwei aufeinanderfolgenden Terminen den Mietzins ganz oder teilweise nicht bezahlt hat. Streitig ist zunächst, was dabei unter Mietzins zu verstehen ist. Sicher nicht dazu gehören einmalige Leistungen des Mieters wie Baukostenzuschüsse, Mietvorauszahlungen oder eine Kaution (LG Hamburg WuM 1974, 54, 55). Zweifelhaft ist jedoch, ob die sog Nebenkosten und Umlagen einen Teil des Mietzinses iS des § 554 Abs 1 S 1 Nr 1 bilden (bejahend LG Dortmund DWW 1969, 40 = ZMR 1969, 308 Nr 20; verneinend LG Wiesbaden WuM 1967, 40 = ZMR 1967, 135 Nr 11). § 9 Abs 2 MHRG, der sich auch auf Erhöhungen der Betriebskosten iS des § 4 MHRG bezieht, zeigt aber, daß nach der Vorstellung des Gesetzgebers eine fristlose Kündigung aufgrund des § 554 auch wegen Verzugs mit Betriebskosten in Betracht kommt. Daraus ist zu folgern, daß zum Mietzins hier auch alle Umlagen wegen Nebenkosten gehören. 9 Eine fristlose Kündigung kommt in Betracht, wenn der Mieter den so verstandenen Mietzins ganz oder teilweise an zwei aufeinanderfolgenden Terminen nicht gezahlt hat. Mit Terminen ist dabei die Fälligkeit iS des § 551 gemeint. Es kann sich dabei durchaus auch um Wochen-, Quartals- und Jahrestermine handeln (BGH LM Nr 55 zu § 242 [Cd] BGB). Probleme ergeben sich daraus jedoch bei der Wohnraummiete, weil Abs 2 Nr 1 eindeutig nur auf den Fall der monatlichen Mietzinszahlung abstellt; wenn hier ausnahmsweise einmal wöchentliche oder jährliche Mietzinszahlung vereinbart ist, entsteht die Frage, ob dann Abs 2 Nr 1 entsprechend auf diese anderen Termine anzuwenden ist (dafür H A N S § 554 Anm B 2 a). Der Gesetzgeber hat diesen Fall offenbar nicht bedacht; denkt man jedoch die gesetzliche Regelung sinngemäß weiter, so wird bei anderer als monatlicher Mietzinszahlung in der Tat Abs 2 Nr 1 sinngemäß dahin zu verstehen sein, daß dann der rückständige Betrag bei der Wohnraummiete stets den Mietzins für eine Periode übersteigen muß. 10 Schon unter der alten Fassung des Gesetzes stand fest, daß der Vermieter wegen geringfügiger Rückstände nicht fristlos kündigen darf; ob ein Rückstand geringfügig oder unerheblich ist, beurteilte sich dabei nicht nach der Gesamthöhe der Rückstände, sondern nach der Höhe des einzelnen Rückstandes im Verhältnis zu der einzelnen Rate (RGZ 86, 334, 335; LG Kassel ZMR 1970, 307, 308). Für die Wohnraummiete stellt der Gesetzgeber heute jedoch auf die Gesamthöhe der Rückstände ab (Abs 2 Nr 1). Deshalb fragt es sich, ob dasselbe heute auch für alle anderen Mietverhältnisse zu gelten hat (dafür B O T H aaO; dagegen die hM). Die Frage dürfte zu bejahen sein, wobei jedoch bei anderen als Wohnrummietverhältnissen auch Rückstände, die nicht den Mietzins für einen Monat übersteigen, in Ausnahmefällen schon als erheblich angesehen werden können. Insoweit kommt alles auf die Umstände des Einzelfalles an, wobei die Zahlungsfähigkeit des Mieters ebenfalls eine erhebliche Rolle spielt. 1 1 Aus dem Umstand, daß den Vermieter auch Teilrückstände zur fristlosen Kündigung berechtigen, folgt unmittelbar, daß man aus der Annahme von Teilzahlungen (zu der der Vermieter gemäß § 366 an sich gar nicht verpflichtet ist) nicht ohne weiteres eine Stundung des Restes und damit einen Verzicht auf das Kündigungsrecht folgern kann; je nach den Umständen des Einzelfalls kommt aber eine Volker Emmerich

(874)

3. Titel. Miete. Pacht

§554 12-16

derartige Deutung des Verhaltens des Vermieters durchaus in Betracht (MITTEL-

STEIN 4 2 6 f ; RIEDEL a a O ; NIENDORFF 2 1 4 ) .

b) Erforderlich ist außerdem, daß der Mieter mit den Rückständen in Verzug ist 12 (§§ 284 und 285; s o §§ 535, 536 Rz 118). Der Verzug setzt hier grundsätzlich keine Mahnung voraus (§§ 551, 284 Abs 2). Der Mieter muß auch für seine Leistungsfähigkeit stets uneingeschränkt einstehen (§ 279; anders nur DERLEDER aaO). Nur in Ausnahmefällen ist denkbar, daß der Mieter die Verzögerung nicht zu vertreten hat, so daß er nicht in Verzug gerät (§ 285). Die Mietzinsschuld ist in aller Regel Geldschuld. Geldschulden gelten nach den 13 §§ 269 und 270 als Schickschulden mit der Besonderheit, daß der Mieter zwar die Verlust- oder Transportgefahr, nicht jedoch die Verzögerungsgefahr trägt (§§ 535 f Rz 113). Daraus folgt, daß der Mieter rechtzeitig gezahlt hat, wenn er nur das Geld am letzten Tag der Frist abgesandt hat, sofern es nur überhaupt bei dem Gläubiger, wenn auch möglicherweise mit erheblicher Verspätung, eintrifft. Bei Barzahlung durch Übersendung des Geldes in einem Wertbrief oder durch Postanweisung reichen also die Absendung des Briefes oder die Einzahlung des Geldes vor Fristablauf bei der Post aus. Bei einer Bank- oder Postschecküberweisung genügt entsprechend die rechtzeitige Absendung des Überweisungsauftrags, während es auf die Gutschrift bei dem Vermieter nicht ankommt (EMMERICH 329 f, 400 f m Nachw; BGHZ 44, 178 = JuS 1966, 203 f Nr 3; BGH LM Nr 17 zu § 284 B G B ; Nr 1 zu § 36 VVG; AG Garmisch-Partenkirchen WuM 1968, 195 = ZMR 1969, 56 Nr 5; insbes R G Z 99, 257). Hingegen steht dem Mieter (anders als nach früherem Recht) keine sog Karenzzeit 14 zu. Ist die Miete am 1. eines Monats fällig, so kommt er ohne weiteres in Verzug, wenn er nicht am 1. zahlt (MEZGER aaO gegen LG Berlin NJW 1972, 1324). Auch ist in solchen Fällen keine Mitteilung des Gläubigers erforderlich, daß er in Zukunft pünktliche Zahlung verlange, um den Verzug herbeizuführen (BGH LM Nr 1 zu § 5 5 4 BGB). Hingegen kommt der Mieter nicht in Verzug, wenn er rechtzeitig, wenn auch unter 15 Vorbehalt zahlt, um sich etwaige Mängelrechte zu erhalten (LG Hannover ZMR 1967, 10 = MDR 1966, 511; AG Hannover WuM 1966, 76 = ZMR 1966, 209 Nr 8). Und wenn die Miethöhe nur aufgrund einer komplizierten Berechnung anhand einer Wertsicherungsklausel ermittelt werden kann, muß dem Mieter eine Überlegungsfrist von einem Monat eingeräumt werden (BGH ZMR 1971, 27, 28 = WM 1970, 1141). § 554 kann auch nicht angewendet werden, wenn der Mietzins für eine längere Zeit rückwirkend durch einen Dritten festgesetzt wird und der Mieter diesen Betrag dann auf einmal binnen eines Monats zahlt (LG Frankfurt WuM 1975, 53, 54). Anders jedoch, wenn der Verzug hinsichtlich mehrerer Rückstände dadurch auf einmal eintritt, daß ein dem Mieter zustehendes Zurückbehaltungsrecht wegfällt. Schuldet der Mieter eine Umsatzmiete, so kommt er ebenfalls nicht in Verzug, wenn er infolge schlechten Geschäftsgangs den Betrieb einstellt, dies freilich nur unter der Voraussetzung, daß ihn hier ausnahmsweise keine Gebrauchspflicht trifft (OLG Bamberg J W 1932, 1066 Nr 1). Ebenso, wenn der Mieter die Erben des Vermieters nicht kennt (BGH LM Nr 35 zu § 581 BGB). Unter engen Voraussetzungen kann der Verzug auch entfallen, wenn sich der Mieter 16 in einem Irrtum über seine Zahlungspflicht befindet (§ 285; EMMERICH 402 f m Nachw). Solche Fälle sind zB angenommen worden, wenn der Vermieter den Mieter in völlige Ungewißheit über die Höhe des Mietzinses versetzt (AG Köln WuM 1969, 25 = ZMR 1969, 241 f Nr 17), wenn der frühere Grundstückseigentümer dem Mieter den Mietzins erlassen hatte und der neue Eigentümer die Rechtslage nicht klarstellt, so daß der Mieter ohne Fahrlässigkeit von der Fortgeltung des (875)

Volker Emmerich

§554 17-21

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

Erlasses ausgehen darf (LG Mannheim ZMR 1967, 82) oder wenn sich der Mieter nur über den Umfang seines an sich bestehenden Minderungsrechtes irrt (LG Kiel WuM 1975, 169; AG Köln WuM 1974, 241). Auch sonst kann die irrtümliche Annahme eines Minderungs- oder Aufrechnungsrechts in Ausnahmefällen durchaus den Verzug ausschließen. Wenn jedoch der Mieter trotz einer eindeutig berechtigten Mietzinserhöhung einfach den alten Mietzins weiterzahlt, so ist dieser Irrtum nicht entschuldbar, so daß er in Verzug gerät (BGH LM Nr 7 zu § 24 1. BMG, B1 3 = ZMR 1964, 175, 178). 17 c) Auf die Besonderheiten der Wohnraummiete ist schon eingegangen. Hervorzuheben ist deshalb nur, daß nach Abs 2 Nr 1 des § 554 bei der Wohnraummiete der rückständige Teil nur dann erheblich ist, wenn er den Mietzins für einen Monat übersteigt. Bei anderen Mietzinsterminen muß Abs 2 Nr 1 entsprechend angewandt werden. Diese Regelung gilt jedoch nicht, wenn der Wohnraum zu nur vorübergehendem Gebrauch vermietet ist; maßgebend ist dafür der vertragliche Zweck der Gebrauchsüberlassung; dh es ist darauf abzustellen, ob die Parteien von vornherein nur eine begrenzte Dauer der Gebrauchsüberlassung beabsichtigt haben. Hauptbeispiele sind die Miete von Räumen für die Dauer einer Veranstaltung, eines Lehrgangs oder eines Auslandsaufenthalts (PALANDT-PUTZO § 564 b Anm 3 c). Bei solchen Mietverhältnissen kann also auch ausnahmsweise ein Rückstand, der nicht den Mietzins für einen Monat übersteigt, als erheblich angesehen werden und deshalb eine fristlose Kündigung rechtfertigen. 18 2. Der Verzug mit einem Betrag in Höhe von 2 Monatsraten a) Seit 1963 kann der Vermieter außerdem fristlos kündigen, wenn sich der Mieter in einem Zeitraum, der sich über mehr als zwei Termine erstreckt, mit der Entrichtung des Mietzinses in Höhe eines Betrages in Verzug befindet, der den Mietzins für zwei Monate erreicht. Der Verzug muß sich hier also über einen Zeitraum von mehr als 2 Monaten erstrecken; die Länge dieses Zeitraums spielt keine Rolle. Entscheidend ist nur, daß während des gesamten Zeitraums der Mieter in Verzug war. Das Kündigungsgrecht besteht also nicht, wenn der Verzug zwischenzeitlich einmal entfallen war. Außerdem müssen während dieses Zeitraums Rückstände in Höhe von 2 Monatsraten aufgelaufen sein. Die Höhe der einzelnen Rückstände spielt keine Rolle. Es kann sich dabei also auch um ganz geringfügige Beträge handeln. Bei andauerndem Verzug mit geringeren Beträgen kommt außerdem noch ein Kündigungsrecht nach § 554 a in Betracht. 19 b) Die Anwendung der Nr 2 des § 554 Abs 1 setzt ebensowenig wie die der Nr 1 voraus, daß monatliche Mietzinszahlung vereinbart ist. Bei anderen Terminen, zB bei wöchentlicher, vierteljährlicher oder jährlicher Mietzinszahlung, kommt es also nur darauf an, daß der Mieter insgesamt mehr als zwei Wochen, mehr als ein halbes Jahr oder mehr als zwei Jahre in Verzug ist und der rückständige Betrag während dieser Zeit umgerechnet der Miete von zwei Monaten entspricht. 20 c) Da bei monatlicher Mietzinszahlung der Mieter mehr als zwei Monate in Verzug sein muß, ist die Nr 2 beispielshalber nicht anwendbar, wenn der Mietzins rückwirkend von einem Dritten verbindlich festgesetzt wird und der Mieter diesen Betrag (der erst mit Festsetzung durch den Dritten fällig geworden ist) nach einem Monat zahlt (LG Frankfurt WuM 1975, 53, 54). 21 3. Dauernde unpünktliche Zahlung durch den Mieter § 554 Abs 1 erfaßt zwei Fälle nicht, in denen ebenfalls ein Bedürfnis nach fristloser Kündigung bestehen kann. Es sind dies einmal die Fälle, in denen der Mieter ständig Volker Emmerich

(876)

3. Titel. Miete. Pacht

§554 22-25

mit einem Betrag in Verzug ist, der nicht die Grenze des § 554 Abs 1 Nr 1 erreicht, bei der Wohnraummiete also zB stets mit einem Monatsmietzins in Verzug bleibt. Zum andern gehört hierher der Fall, daß der Mieter ständig unpünktlich zahlt oder ständig Abzüge macht, die jedoch insgesamt nicht die Summe von 2 Monatsmietzinsen ergeben (s § 554 Abs 1 Nr 2). In diesen Fällen kommt jedoch die Anwendung des § 554 a in Betracht, sofern das vertragswidrige Verhalten des Mieters dem Vermieter die Fortsetzung des Mietverhältnisses unzumutbar macht (BGH LM Nr 1 zu § 554 b BGB = WM 1969, 625; LG Frankfurt WuM 1973, 60, 61; LG Oldenburg ZMR 1968, 173 f; LG Mannheim ZMR 1976, 182 f; WuM 1976, 232; LG Kiel WuM 1977, 141; s schon § 553 Rz 6). Eine fristlose Kündigung nach § 554 a kommt außerdem in Betracht, wenn der Mieter trotz Mahnung länger als ein halbes Jahr immer wieder mit Verspätung zahlt (AG Köln WuM 1972, 80 = ZMR 1972, 279 Nr 30). Die Kündigungsbefugnis entfällt jedoch, weil dem Vermieter die Fortsetzung des Mietverhältnisses zuzumuten ist, wenn der Mieter ab Kündigung endgültig wieder pünktlich zahlt (LG Frankfurt WuM 1973, 60, 61). m . Die Kündigung

22

Eine bestimmte Frist ist für die Ausübung des Kündigungsrechts nicht vorgeschrieben; dennoch ist der Vermieter gehalten, sein Kündigungsrecht binnen angemessener Frist auszuüben, widrigenfalls er das Kündigungsrecht verliert (RG JW 1902, 69; 1915, 572, 573 Nr 5). Bei Wohnraummietverhältnissen bedarf die Kündigung der Schriftform und muß begründet sein (§ 564 a Abs 1). In Ausnahmefällen kann die Kündigung auch treuwidrig sein, so insbesondere bei widersprüchlichem Verhalten des Vermieters (AG Walsrode WuM 1973, 118 f) oder wenn der Vermieter den Mieter durch arglistige Täuschung in den Zusammenbruch treibt und dann ihm den Vertrag wegen Verzugs kündigt (BGH LM Nr 55 zu § 242 [Cd] BGB = ZMR 1959, 8, 10). Besonderheiten gelten, wenn der Vermieter längere Zeit eine unpünktliche Miet- 23 Zinszahlung seitens des Mieters nicht beanstandet hat. In einem solchen Fall kann er nicht plötzlich seine Haltung ändern und fristlos kündigen, sondern muß zuvor den Mieter darauf hinweisen, daß er fortan auf pünktlicher Zahlung bestehen und andernfalls von seinem Kündigungsrecht Gebrauch machen werde (RG JW 1932, 1041 Nr 3; BGH WM 1971,1439,1440 = ZMR 1972, 306; BGH WM 1971,1020, 1021; LG Würzburg DWW 1970, 141, 142 = ZMR 1970, 270 Nr 16; R O Q U E T T E § 554 Rz 17). Dies gilt freilich nur unter der Voraussetzung, daß der Vermieter wegen der unpünktlichen Zahlungsweise des Mieters bereits ein Kündigungsrecht aufgrund des § 554 erworben hatte. Ein Hinweis ist deshalb entbehrlich, wenn der Vermieter das Kündigungsrecht erst nach längerer Zeit erwirbt (zB aufgrund des Abs 1 Nr 2) und dann sofort von seinem Kündigungsrecht Gebrauch macht (BGH L M N r 1 zu § 5 5 4 B G B

=

N J W 1 9 5 9 , 7 6 6 ; ROQUETTE a a O ) .

Vor allem bei langfristigen Verträgen darf der Vermieter von dem Kündigungsrecht 24 nicht in einer Weise Gebrauch machen, die dem Mieter jede Möglichkeit der Abwehr nimmt oder nehmen soll; dem Mieter muß immer die Möglichkeit bleiben, die Kündigung noch durch sofortige Zahlung abzuwenden (RGZ 150, 232, 238 ff). In Ausnahmefällen kann die Kündigung bei langfristigen Verträgen sogar dann treuwidrig sein, wenn die Verspätung der Zahlung ganz geringfügig ist (LG Frankfurt WuM 1975, 53, 55). Eine wirksame Kündigung setzt nicht den Gebrauch des Wortes „Kündigung" 25 voraus; vielmehr genügt jedes Verhalten des Vermieters, aus dem sich gerade für den Mieter eindeutig die Absicht des Vermieters zur sofortigen Beendigung des Mietverhältnisses ergibt; deshalb liegt namentlich in der Erhebung der Räumungs(877)

Volker Emmerich

§554 26-30

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

klage stets zugleich die fristlose Kündigung des Mietverhältnisses (RG HRR 1941 Nr 539). 26 IV. Der Ausschluß des Kündigungsrechts Zum Schutze des Mieters ist das Kündigungsrecht in einer Reihe von Fällen ausgeschlossen worden. Der wichtigste Fall ist die vorherige Befriedigung des Vermieters.

1. Die vorherige Befriedigung des Vermieters Nach § 554 Abs 1 S 2 ist die Kündigung ausgeschlossen, wenn der Vermieter vorher, dh vor Wirksamwerden der Kündigung durch deren Zugang (§ 130 Abs 1), befriedigt wird. Das Kündigungsrecht des Vermieters erlischt also, wenn der Mieter spätestens in demselben Augenblick, in dem ihm die Kündigung zugeht und damit wirksam wird, seine Mietzinsschuld erfüllt. Eine teilweise Befriedigung genügt hier nicht; vielmehr muß der gesamte Rückstand getilgt werden (BGH ZMR 1971, 27, 28 = WM 1970, 1141, 1142). 27 Was im einzelnen zur Befriedigung erforderlich ist, ist umstritten. ROQUETTE (§ 554 Rz 14) folgert aus dem Wortlaut, daß hier der Befriedigungserfolg vor dem Wirksamwerden der Kündigung liegen müsse, so daß bei einer Überweisung des geschuldeten Betrags dessen Gutschrift auf dem Konto des Vermieters erforderlich sei. Jedoch besteht keine Notwendigkeit für eine derartige Einschränkung des Schutzes des Mieters gegenüber den sonst geltenden Regeln. Hier wie sonst genügt rechtzeitige Erfüllung durch Absendung des geschuldeten Betrags (s im einzelnen oben Rz 13). Deshalb reicht es zB aus, wenn der Mieter vor Zugang der Kündigung den Geldbrief abgesandt oder den geschuldeten Betrag auf das Postscheckkonto des Gläubigers eingezahlt hat (grdleg RGZ 99, 257, 258; SOERGEL-MEZGER § 554 Rz 1 0 ; PALANDT-PUTZO § 5 5 4 A n m 3 a ) .

28 Die Befriedigung kann selbstverständlich auch durch Aufrechnung oder Hinterlegung unter Verzicht auf die Rücknahme erfolgen. Darüber hinaus wird es sogar als genügend angesehen, wenn der Mieter den geschuldeten Betrag dem Vermieter in einer Annahmeverzug begründenden Weise anbietet (RGZ 85, 415), weil dadurch der Verzug des Mieters endet.

29 2. Die Aufrechnung nach Kündigung Die Aufrechnung hat nach § 389 rückwirkende Kraft. Daraus folgt, daß der Mieter, wenn er im Augenblick der Kündigung gegen die Mietzinsschuld aufrechnen konnte, der Kündigung nachträglich durch Erklärung der Aufrechnung die Grundlage entziehen kann. Im Interesse der Rechtssicherheit hat jedoch der Gesetzgeber bestimmt, daß die Aufrechnung dann unverzüglich, dh ohne schuldhaftes Zögern (§ 121 Abs 1 S 1), erfolgen muß. 30 a) Der Rechtsgrund der Gegenforderung des Mieters spielt keine Rolle; Abs 1 S 3 des § 554 gilt deshalb auch zB für Gegenforderungen des Mieters wegen arglistiger Täuschung (RGZ 119, 360, 361 f). Voraussetzung ist nur, daß die Gegenforderung schon vor der Kündigung bestand, so daß schon vorher eine Aufrechnung möglich war. Abs 1 S 3 ist also nicht anwendbar, wenn die Gegenforderung des Mieters erst durch oder sogar erst nach der Kündigung entstanden ist (BGH LM Nr 1 zu § 3 MSchG = NJW 1959, 2017 = ZMR 1959, 262). Volker Emmerich

(878)

3. Titel. Miete. Pacht

§554 31-35

Ebensowenig kann der Mieter mit einem Anspruch auf Rückzahlung der Kaution aufrechnen. Der Vermieter ist nicht verpflichtet, sich wegen seiner Rückstände aus der Kaution zu befriedigen (BGH LM Nr 50 zu § 535 BGB = WM 1972, 335). Die Aufrechnung beseitigt die Kündigung auch nur, wenn die Gegenforderung die gesamten Rückstände des Mieters deckt. Schließlich muß die Aufrechnung unverzüglich erfolgen. Daran fehlt es, wenn der Mieter erst zwei Wochen nach Zugang der Kündigung aufrechnet (BGH WM 1971, 1020, 1021). Für die Wohnraummiete haben heute jedoch alle diese Einschränkungen keine Bedeutung mehr (s Abs 2 Nr 2 und dazu u Rz 34 f, 40). Selbstverständlich ist, daß die Aufrechnung zulässig sein muß. Sie bleibt ohne 31 Wirkung, soweit ihr ein zulässiges Aufrechnungsverbot entgegensteht. Ob ein vertragliches Aufrechnungsverbot wirksam ist, beurteilt sich dabei nach § 552 a (LG Frankfurt WuM 1974, 28, 29). b) Die Rechtslage ist in wichtigen Punkten anders, wenn der Mieter vor der 32 Kündigung aufrechnet. In diesem Falle kann auch eine teilweise Aufrechnung das Kündigungsrecht beseitigen, wenn nämlich die nach der Aufrechnung offen bleibenden Rückstände nicht mehr die Voraussetzungen des § 554 Abs 1 Nr 1 oder Nr 2 erfüllen. 3. Die zusätzlichen Ausschlußgründe bei der Wohnraununiete

33

In den Fällen des § 554 Abs 1 S 2 und S 3 ist die Kündigung bei jedem Mietverhältnis ausgeschlossen. Zusätzliche Ausschlußgründe gelten bei der Wohnraummiete zum Schutze des Mieters nach § 554 Abs 2 Nr 2, der auf § 3 Abs 3 MSchG zurückgeht. a) Durch die Nr 2 des § 554 Abs 2 ist dem Wohnraummieter eine sog Schonfrist 34 eingeräumt worden: Die Kündigung wird danach unwirksam, wenn bis zum Ablauf eines Monats nach Eintritt der Rechtshängigkeit des Räumungsanspruchs (§§ 261 Abs 1, 253 Abs 1 ZPO) der Vermieter hinsichtlich aller Rückstände befriedigt wird oder sich eine öffentliche Stelle zur Befriedigung verpflichtet. Das Gesetz fingiert hier also, daß die zunächst voll wirksame Kündigung wieder unwirksam wird, so daß das Mietverhältnis wieder auflebt (BGH LM Nr 1 zu § 31 a MSchG = NJW 1960, 2093). Voraussetzung ist nur, daß der Vermieter hinsichtlich aller bis zum Augenblick der Befriedigung aufgelaufenen Rückstände an Mietzinsen und an Nutzungsentschädigung nach § 557 Abs 1 befriedigt wird (BGH ZMR 1971, 27, 28; LG Dortmund DWW 1971, 328 = ZMR 1972, 193 Nr 21; LG Köln WuM 1976, 261 f). Hingegen ist keine Befriedigung hinsichtlich eines etwaigen weitergehenden Schadensersatzanspruchs des Vermieters nach § 557 Abs 1 S 2 erforderlich. Die Befriedigung kann sowohl durch Zahlung wie durch Aufrechnung oder Hinterlegung oder Erlaß erfolgen. Unklar und deshalb umstritten ist dabei das Verhältnis der Nr 2 des Abs 2 zu dem 35 Satz 3 des Abs 1. Denn während § 554 Abs 1 S 3 eine unverzügliche Aufrechnung mit schon vor der Kündigung fälligen Forderungen verlangt, genügt nach der Nr 2 des Abs 2 jede nachträgliche Befriedigung, für die nur ein Endtermin durch die Bestimmung einer Monatsfrist nach Rechtshängigkeit gesetzt ist. Daraus wird zT gefolgert, daß während der Schonfrist nur eine Aufrechnung mit nachträglich fällig gewordenen Forderungen in Betracht komme, weil sonst der Satz 3 des § 554 Abs 1 gegenstandslos würde ( H A N S § 554 Anm B 4 b, aa; ders B1GBW 1965,148,150). Diese Folgerung ist jedoch nicht begründet, weil dabei übersehen wird, daß der Satz 3 des Abs 1 für alle Mietverhältnisse, die Nr 2 des Abs 2 jedoch nur für Wohnraummietverhältnisse gilt. Das Verhältnis zwischen Abs 1 S 3 und Abs 2 Nr 2 muß (879)

Volker Emmerich

§554 36-4«

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

deshalb so gesehen werden, daß Abs 1 S 3 in der Tat für die Wohnraummiete gegenstandslos ist. Bei ihr kann also der Mieter mit allen vor oder nach der Kündigung fällig gewordenen Forderungen zu jedem beliebigen Zeitpunkt auch nach der Kündigung aufrechnen. Diese Möglichkeit erlischt erst mit Erhebung der Räumungsklage, weil erst von diesem Augenblick an die Schonfrist von einem Monat zu laufen beginnt ( R O Q U E T T E § 554 Rz 28; S O E R G E L - M E Z G E R § 554 Rz 18). 36 Ist der Vermieter auf diese Weise hinsichtlich aller Rückstände befriedigt, so erlischt das Kündigungsrecht endgültig, selbst wenn anschließend der Mieter noch während der Schonfrist erneut in Verzug gerät (LG Hamburg ZMR 1974, 243 Nr 14; MDR 1977, 317 Nr 53). Voraussetzung der Anwendung der Nr 2 des Abs 2 ist aber immer, daß der Mieter überhaupt noch Inhaber der Wohnung ist. Ist der Mieter aufgrund der Kündigung ausgezogen, so kann gegen ihn keine Räumungsklage mehr erhoben werden, so daß auch die Schonfrist nicht mehr laufen kann (so mit Recht SCHNEIDER aaO). Die Nr 2 gilt schließlich entsprechend bei einer auf § 564 b Abs 1 gestützten Kündigung (AG Schöneberg MDR 1978, 56; str). 37 b) Der Befriedigung des Vermieters durch den Mieter steht es gleich, wenn sich eine öffentliche Stelle während der Schonfrist zur Befriedigung des Vermieters hinsichtlich sämtlicher bis dahin aufgelaufenen Rückstände verpflichtet. Als solche öffentliche Stellen kommen in erster Linie die Träger der Sozialhilfe (nach § 96 BSHG die kreisfreien Städte und die Landkreise), sowie die Wohngeldbehörden in Betracht (vgl §§ 23 ff des 2. Wohngeldgesetzes vom 14. 12. 1973, BGBl I 1863). öffentliche Stelle iS der Nr 2 des § 554 Abs 2 ist aber auch jede andere juristische Person des öffentlichen Rechts einschließlich der christlichen Kirchen (streitig), namentlich also jede Gebietskörperschaft. Ob die öffentliche Stelle nach öffentlichem Recht zuständig ist, spielt keine Rolle, sofern nur die von ihr übernommene Verpflichtung wirksam ist. 38 Die Verpflichtung muß gegenüber dem Vermieter bestehen (LG Hamburg MDR 1977, 317). Sie kann durch Vertrag zwischen der öffentlichen Stelle und dem Vermieter oder durch Vertrag zwischen der öffentlichen Stelle und dem Mieter zugunsten des Vermieters (Schuldmitübernahme nach § 329) begründet werden. Macht jedoch die öffentliche Stelle die Übernahme der Verpflichtung zur Befriedigung des Vermieters von zusätzlichen Bedingungen, zB von einer Verlängerung des Mietvertrages abhängig, so liegt keine wirksame Verpflichtung iS der Nr 2 vor, wenn der Vermieter diese zusätzlichen Bedingungen ablehnt (LG Darmstadt FWW 1970, 397, 398). 39 Diese Vorschrift kann nicht entsprechend auf den Fall angewendet werden, daß eine Mietausfallbürgschaft besteht; der Vermieter ist also bei Mietzinsrückständen nicht verpflichtet, den Bürgen in Anspruch zu nehmen, sondern kann unter den Voraussetzungen des § 554 Abs 1 ohne weiteres das Mietverhältnis fristlos kündigen (BGH LM Nr 50 zu § 535 BGB = WM 1972, 335). 40 c) Ungeregelt ist der Fall, daß der Wohnraummieter den Vermieter zwischen Kündigung und Erhebung der Räumungsklage befriedigt. Aus der Tatsache, daß die Schonfrist erst mit Erhebung der Räumungsklage zu laufen beginnt, kann jedoch sinnvollerweise nur der Schluß gezogen werden, daß der Mieter den Vermieter dann (erst recht) auch schon vor Rechtshängigkeit mit der Wirkung befriedigen kann, daß die Kündigung unwirksam wird und das Mietverhältnis wieder auflebt (LG Köln WuM 1976, 261 f, ROQUETTE § 554 Rz 31; S O E R G E L - M E Z G E R § 554 Rz 19). Eine gleichwohl erhobene Räumungsklage des Vermieters ist deshalb in diesem Fall von vornherein unbegründet (AG Bensberg WuM 1975, 148). Die dadurch entstehenden Kosten muß der Vermieter dann endgültig selbst tragen. Nur etwa schon vor der Volker Emmerich

(880)

3. Titel. Miete. Pacht

§554 41-44

Befriedigung entstandene Mahnkosten kann er vom Mieter als Verzugsschaden ersetzt verlangen. d) Nach Satz 2 der Nr 2 steht dem Mieter die Schonfrist nicht zu, wenn der 41 Kündigung vor nicht länger als 2 Jahren schon einmal eine nach Satz 1 der Nr 2 unwirksame Kündigung vorausgegangen ist. Die Rechtswohltat der Schonfrist soll also dem Wohnraummieter innerhalb von 2 Jahren nur einmal zugute kommen. Die Frist ist ab Zugang der 2. Kündigung rückwärts zu rechnen. Zu prüfen ist dann nur, ob innerhalb dieser Zweijahresfrist der Vermieter schon einmal nach § 554 wegen Zahlungsverzugs des Mieters gekündigt hat und ob diese erste Kündigung ebenfalls schon nach Abs 2 Nr 2, insbes durch Befriedigung des Vermieters während der Schonfrist nachträglich unwirksam geworden ist. Gleichstehen muß der Fall, daß der Mieter zwar noch vor Rechtshängigkeit der Klage, aber erst nach der Kündigung den Vermieter befriedigt hat (s o Rz 40). Satz 2 der Nr 2 ist eine eng auszulegende Ausnahmevorschrift. Für seine Anwen- 42 dung ist deshalb kein Raum, wenn das alte Mietverhältnis durch die erste Kündigung tatsächlich beendet worden war und der Mieter tatsächlich auch geräumt hatte, danach die Parteien jedoch einen neuen Mietvertrag abgeschlossen hatten (LG Mannheim MDR 1974, 935 Nr 52; aA PALANDT-PUTZO § 554 Anm 3 b, bb). e) Hat der Vermieter aufgrund der §§ 2-7 des MHRG (Art 3 des 2. Wohnraum- 43 kündigungsschutzgesetzes) das Recht, den Mietzins zu erhöhen, so soll sich für den Mieter daraus nicht die Gefahr ergeben, daß kurzfristig erhebliche Rückstände auflaufen, ohne daß er sich dagegen wehren könnte, weil er andernfalls eine Kündigung nach § 554 befürchten müßte. Deshalb bestimmt § 9 Abs 2 MHRG, daß der Vermieter das Mietverhältnis nach § 554 erst 2 Monate nach rechtskräftiger Verurteilung des Mieters zur Zahlung eines erhöhten Mietzinses aufgrund der §§ 2-7 MHRG kündigen kann. Wenn der Mieter die Erhöhung des Mietzinses für unberechtigt hält, kann er sich also unbesorgt dagegen wehren und es auf eine gerichtliche Klärung ankommen lassen, ohne wegen der Rückstände sofort eine fristlose Kündigung befürchten zu müssen. Kündigt der Vermieter dann nach Ablauf der Zweimonatsfrist, so steht dem Mieter immer noch die Schonfrist des § 554 Abs 2 Nr 2 zu (PALANDT-PUTZO § 9 MHRG Anm 2 c; eingehend HANS § 5 5 4 Anm B 7 ; STERNEL TZ I I I 9 9 ) .

V. Abweichende Vereinbarungen 1. Allgemeines*

44

a) § 554 ist - abgesehen von der Wohnraummiete (s u Rz 46) - nicht zwingend, so daß er durch Vereinbarungen der Parteien beliebig geändert werden kann. Deshalb fanden sich früher in sämtlichen Mietformularen häufig außerordentlich einschneidende Bestimmungen zu Lasten der Mieter, um eine pünktliche Zahlung des Mietzinses sicherzustellen. Besonders verbreitet war die Klausel, daß der Vermieter schon bei einmaligem Verzug des Mieters fristlos kündigen konnte und daß der Mieter dann für den gesamten Mietausfall haften sollte. Derartige Klauseln wurden ursprünglich obendrein auch noch so interpretiert, daß durch sie § 554 ganz abbedungen ist mit der Folge, daß der Mieter weder durch vorherige Befriedigung noch durch unverzügliche Aufrechnung die Kündigung noch abwenden konnte (NIENDORFF aaO). Später beschränkte die Praxis jedoch alle derartigen Klauseln streng auf * Schrifttum:

KIEHL,

Die Exmissionsklausel und Aufrechnungsrecht des Mieters, Gruchot

( 1 9 0 1 ) 7 5 3 f f ; MITTELSTEIN 4 3 1 f f ; N I E N D O R F F 1 9 4 f f .

(881)

Volker Emmerich

45

§553 45-47

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

ihren Wortlaut und wandte § 554 im übrigen insoweit an, als er nicht ausdrücklich abgeändert war (MITTELSTEIN aaO). Dementsprechend werden auch heute vertragliche Abreden über das Kündigungsrecht des Vermieters bei Zahlungsverzug des Mieters grundsätzlich iS des § 554 interpretiert ( R G Z 150, 232, 238 ff; B G H LM Nr 55 zu § 242 [Cd] BGB = ZMR 1959, 8; B G H ZMR 1971, 2 7 , 2 8 = WM 1970, 1141, 1142). Vertragliche Abänderungen des § 554 sind also grundsätzlich möglich, jedoch stets eng und zugunsten des Mieters zu interpretieren. Soweit § 554 nicht ausdrücklich abgeändert ist, bleibt er anwendbar. 45 b) Auch eine Verschärfung der Voraussetzungen der fristlosen Kündigung ist selbstverständlich möglich. Haben die Parteien zB vereinbart, daß der fristlosen Kündigung des Vermieters eine formelle Zahlungsaufforderung vorausgehen muß, so muß diese eindeutig sein und darf den Mieter nicht darüber im unklaren lassen, ob es sich um eine bloße Mahnung des Vermieters oder um die im Vertrag vorgesehene formelle Zahlungsaufforderung als Voraussetzung der Kündigung handelt (BGH LM Nr 10 zu § 554 BGB = WM 1972, 1250 = ZMR 1972, 375). Bei A G B und Formularverträgen werden Abweichungen von § 554 zum Nachteil des Mieters zudem idR gegen § 9 A G B G verstoßen. 46 2. Die Besonderheiten bei der Wohnraummiete Bei der Wohnraummiete sind nach § 554 Abs 2 Nr 3 zum Nachteil des Mieters abweichende Vereinbarungen unwirksam. Diese Klausel bezieht sich nach allgemeiner Meinung nicht nur auf den Abs 2 des § 554, sondern auf die gesamte Vorschrift und ist deshalb richtigerweise als besonderer dritter Absatz zu lesen. § 554 ist also bei der Wohnraummiete insgesamt zwingend und kann nicht zum Nachteil des Mieters, wohl aber zu dessen Gunsten, abgeändert werden. Dagegen verstoßende Klauseln sind nichtig, wodurch jedoch die Wirksamkeit des Mietvertrages im übrigen nicht beeinträchtigt wird. Ausgeschlossen sind damit vor allem Abreden über zusätzliche Kündigungsgründe des Vermieters (LG Frankfurt WuM 1974, 28, 29). Hingegen betrifft die Nr 3 des Abs 2 nicht die Frage, ob Aufrechnungsverbote in Mietverträgen zulässig sind. Diese Frage richtet sich vielmehr allein nach § 552 a (LG Frankfurt aaO). Möglich bleiben auch Abreden der Parteien über die Fälligkeit und die Befriedigung des Vermieters. Zulässig sind also namentlich Abreden über die Frage, wann der Mieter rechtzeitig gezahlt hat. So kann bestimmt werden, daß zur rechtzeitigen Zahlung auch die Gutschrift des Mietzinses auf dem Konto des Vermieters erforderlich sein soll.

VI. Prozessuales 47 1. Allgemeines Wenn der Vermieter Räumungsklage erhebt, stellt sich die Frage, ob das Gericht von der Klage das Sozialamt benachrichtigen muß und vor Erlaß eines Urteils den Ablauf der Schonfrist abwarten muß, wie es früher im MietSchG bestimmt war. Obwohl sich heute aus dem Gesetz keine Mitteilungspflicht des Gerichts und keine Pflicht, den Ablauf der Schonfrist abzuwarten, mehr ergibt, wird doch zum Teil aus sozialpolitischen Gründen an beiden Pflichten festgehalten ( H I E N D L aaO; STERNEL Tz III 98). Dieser Meinung kann jedoch nicht zugestimmt werden, weil ihr jede Grundlage im Gesetz fehlt. Es ist allein Sache des Mieters, eine öffentliche Stelle ausfindig zu machen, die während der Schonfrist die Verpflichtung zur Befriedigung des Vermieters übernimmt; eine Mitteilungspflicht der Gerichte besteht nicht mehr. Ebensowenig sind die Gerichte verpflichtet, vor Erlaß eines Urteils den Ablauf der Volker Emmerich

(882)

3. Titel. Miete. Pacht

§§ 554, 554 a 48

Schonfrist abzuwarten; namentlich Versäumnisurteile können auch schon während der Schonfrist ergehen (LG Kiel NJW 1972, 1222; R O Q U E T T E § 554 Rz 36; SCHNEIDER

aaO).

Wenn der Mieter erst nach Erhebung der Räumungsklage während der Schonfrist den Vermieter befriedigt, bleibt dem Vermieter idR nichts anderes übrig, als den Rechtsstreit für erledigt zu erklären (§ 91 a ZPO). Schließt sich der Mieter der Erledigungserklärung an, so ist nur noch über die Kosten zu entscheiden, die in diesem Fall wohl stets der Mieter zu tragen haben wird (LG Rottweil WuM 1970, 206 = ZMR 1971, 154 Nr 26; LG Darmstadt FWW 1970, 397, 399; H A N S § 554 Anm B 6 b). Hatte jedoch der Mieter schon vor Erhebung der Klage gezahlt oder war die Räumungsklage aus anderen Gründen unschlüssig, so bleibt es bei der Kostentragungspflicht des Vermieters (LG Kassel ZMR 1970, 307; LG Frankfurt W u M

1 9 7 4 , 2 8 , 2 9 ; HANS A n m B 6 c).

2. Beweislast

48

Die Beweislast für alle Voraussetzungen des Kündigungsrechts, namentlich für den Verzug und für den Zugang der Kündigungserklärung, trägt der Vermieter; abweichende Vereinbarungen sind jedenfalls bei der Wohnraummiete ausgeschlossen und auch sonst nur unter ganz engen Voraussetzungen möglich (BGH LM Nr 5 zu § 554 BGB = MDR 1960, 1006; H A N S § 554 Anm B 6 a). Wendet jedoch der Mieter ein, er habe den Vermieter noch vor Zugang der Kündigungserklärung befriedigt, so trägt er hierfür in vollem Umfang die Beweislast (BGH aaO).

§ 554 a Ein Mietverhältnis über Räume kann ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn ein Vertragsteil schuldhaft in solchem Maße seine Verpflichtungen verletzt, insbesondere den Hausfrieden so nachhaltig stört, daß dem anderen Teil die Fortsetzung des Mietverhältnisses nicht zugemutet werden kann. Eine entgegenstehende Vereinbarung ist unwirksam. 1. Gesetz zur Änderung mietrechtlicher Vorschriften vom 29. 7. 1963 (BGBl I 505), Art I Nr 2; 2. Gesetz zur Änderung mietrechtlicher Vorschriften vom 14. 7. 1964 (BGBl I 457), Art I Nr 11.

Schrifttum GÖCKMANN, Das neue Wohnmietrecht in den weißen Kreisen, NJW 1963, 2109; MÜLLER, Der vertragsmäßige Gebrauch der Mietsache bei der Vermietung von Räumen zu Wohnzwecken, ZMR 1970, 289; PERGANDE, Die Kündigung von Wohnraum und die Sozialklausel im neuen Mietrecht, NJW 1964, 1925; SCHMIDT-FUTTERER, Wohnraumschutzgesetze (2. Aufl 1976) Rz B 55 ff = S 58 ff; ders, Der Mietzinsausfall nach Rückgabe der Mietsache, ZMR 1968, 161; ders, Mietrecht (7. Aufl 1976) s v Belästigungen; ders, Miete und Pacht (2. Aufl 1974) 140 ff; SCHNEIDER, Kuppeleitatbestand als Grenze der Rechte des Mieters in seinen Mieträumen, ZMR 1973, 131; ders, Nochmals: Grenzen der Rechte des Mieters in seinen Mieträumen und Moral, ZMR 1973, 3 2 5 ; STERNEL, W o h n r a u m m i e t R ( 1 9 7 5 ) T z I I I 1 0 0 ff ( S 1 9 0 f ) ; TONDORF, K ü n d i g u n g d e s V e r m i e -

ters bei Aufnahme einer nicht verheirateten Person in die Mietwohnung, WuM 1974,229; WEIMAR, Die fristlose Kündigung eines Mietvertrages wegen schwerwiegender Vertragsverletzung (§ 554 a BGB), MDR 1966, 556; ders, Die Vermieterkündigung wegen schuldhaft nicht unerheblicher Vertragsverletzung durch den Wohnraummieter, Betrieb 1972, 2452; ders, Die Drittwirkung der Grundrechte auf Wohnraummietverträge, WuM 1974, 49; ders WuM 1971, 89. (883)

Volker Emmerich

§ 554 a 1

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

Systematische Übersicht I. Allgemeines 1. Die Kündigung aus wichtigem Grunde 1 2. Der Anwendungsbereich 2 3. Das Verhältnis zu anderen Rechtsbehelfen 4 4. Die Kündigung 6 II. Der Kündigungsgrund 8 1. Die schuldhafte Vertragsverletzung 9 a) Die Vertragsverletzung 9 b) Das Verschulden 15

c) Beispiele 17 2. Insbesondere die nachhaltige Störung des Hausfriedens 22 3. Die Unzumutbarkeit der Fortsetzung des Mietverhältnisses 27 M . Abweichende Vereinbarungen 29 IV. Beweislast 31

Alphabetische Übersicht Abmahnung 13 Abweichende Vereinbarungen 29 f Allgemeines 1 Anwendungsbereich 2 f Begründung 6 Belästigungen 11 Beweislast 31 Einzelfälle 12,17-20,24-26 Erfüllungsgehilfen 16 Form 6 Frist 7 Geschlechtsverkehr 21

Hausfrieden 22 Hausordnung 23 Kündigung aus wichtigem Grund 1 Kündigung 1,6 Kündigungsgrund 8 Schadensersatz 4 Störung des Hausfriedens 22 Unterlassung 5 Untermieter 16 Unzumutbarkeit 1,10, 27 Verschulden 1,14 f Vertragsverletzung 1, 9 f, 27 Wohnraummiete 1, 5

I. Allgemeines 1 1. Die Kündigung aus wichtigem Grunde § 554 a ist erst 1963 durch das 1. Mietänderungsgesetz in das BGB eingefügt worden. Sein Vorläufer war § 2 des MSchG, nach dem ebenfalls schon bei schweren Belästigungen des Vermieters durch den Mieter eine Aufhebung des Mietverhältnisses möglich war. Unabhängig hiervon hatte jedoch die Rechtsprechung schon seit langem auch bei Mietverhältnissen eine Kündigung aus wichtigem Grunde anerkannt. Voraussetzung für dieses Kündigungsrecht war und ist nur, daß einem Vertragsteil die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses nicht mehr zuzumuten ist (s im einzelnen § 553 Rz 4 ff). § 554 a enthält für Mietverhältnisse über Räume nur eine partielle Kodifikation dieses allgemeinen Kündigungsrechts aus wichtigem Grunde, da er eine schuldhafte schwerwiegende Vertragsverletzung voraussetzt, während für die allgemeine Kündigung aus wichtigem Grunde Verschulden keine Voraussetzung ist. § 554 a schließt deshalb auch das allgemeine Kündigungsrecht aus wichtigem Grunde grundsätzlich nicht aus. Umstritten ist die Rechtslage insoweit nur bei der Wohnraummiete. Hier sprechen - entgegen der hM - überwiegende Gründe dafür, die §§ 554 a und 554 b insoweit als abschließende Regelung zu verstehen (s § 553 Rz 8 f m Nachw zum Streitstand). Große praktische Bedeutung hat die Frage jedoch nicht. Volker Emmerich

(884)

3. Titel. Miete. Pacht

§554 a 2-7

2. Der Anwendungsbereich

2

§ 554 a gilt nur für Mietverhältnisse über Räume, nicht also für die reine Grundstücksmiete und ebensowenig für die Fahrnismiete. Wird die Vermietung eines Grundstücks mit der Vermietung von Räumen verbunden, so kommt es darauf an, worauf nach den Abreden der Parteien das Schwergewicht liegt; § 554 a ist nur anwendbar, wenn für die Parteien die Raummiete im Vordergrund gestanden hat (ROQUETTE § 5 5 4 a R z 6 ) .

§ 554 a begründet ein Recht zur fristlosen Kündigung nicht nur für den Vermieter, 3 sondern auch für den Mieter; er tritt insoweit sowohl neben die §§ 553 und 554 als auch neben die §§ 542 und 545. Er hätte deshalb richtigerweise seinen Standort im BGB vor § 542 finden müssen.

3. Das Verhältnis zu anderen Rechtsbehelfen

4

Die Partei, die den Mietvertrag wegen schuldhafter Vertragsverletzung durch die andere fristlos kündigt, kann außerdem von dem Gegner Schadensersatz verlangen, und zwar auch für alle Schäden, die gerade erst durch die Kündigung verursacht sind (SCHMIDT-FUTTERER ZMR 1968, 161, 163 f). Der fristlos kündigende Mieter kann also Ersatz der Umzugskosten, der Kosten für die Herstellung der Ersatzräume und einer etwaigen Mietdifferenz verlangen (BGH LM Nr 4 zu § 554 a BGB = WM 1974, 345, 346; LG Stuttgart WuM 1976, 262). Statt der Kündigung kann jede Partei von der anderen aber auch Unterlassung 5 verlangen. Für den Mieter ergibt sich der Unterlassungsanspruch aus der Verpflichtung des Vermieters zur Gewährung des vertragsmäßigen Gebrauchs (§§ 535 u 536), für den Vermieter aus § 550. Bei der Wohnraummiete sind ergänzend die §§ 564 a Abs 1 und 564 b Abs 2 Nr 1 zu berücksichtigen, so daß der Vermieter von Wohnraum bei leichteren Vertragsverletzungen statt zur fristlosen Kündigung zur ordentlichen Kündigung schreiten kann.

4. Die Kündigung

6

a) Nach § 564 a Abs 1 muß bei Wohnraum die Kündigung schriftlich erfolgen und begründet sein. Eine Begründung ist auch bei allen anderen Mietverhältnissen erforderlich, damit sich der Mieter dagegen wehren kann. Deshalb müssen in der Kündigung die geltendgemachten Gründe zeitlich, räumlich und sachlich so konkret dargelegt werden, daß der Mieter diese Vorgänge nachprüfen kann (LG Mannheim ZMR 1971, 375, 376). b) Eine besondere Frist ist für die Ausübung des Kündigungsrechts nicht vorge- 7 schrieben. Die Kündigung muß also nicht sofort nach der Vertragsverletzung erfolgen, darf jedoch auch nicht unangemessen verzögert werden. Wartet nämlich der andere Vertragsteil mit der Kündigung zu lange, so folgt aus seinem Verhalten, daß ihm die Fortsetzung des Vertrages trotz der Vertragsverletzung durchaus zuzumuten ist. Jedenfalls 1 Jahr nach der Vertragsverletzung ist die Kündigung nicht mehr möglich (LG Koblenz WuM 1976, 98,99). Der verletzte Vertragsteil muß also alsbald kündigen; er braucht dann auch nicht unbedingt fristlos zu kündigen, sondern kann dem Gegner eine Frist zum Auszug lassen. Ist diese Frist jedoch sehr lange, so kann auch daraus folgen, daß dem Kündigenden in Wirklichkeit die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses zuzumuten ist. (885)

Volker Emmerich

§554 a 8-14

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

8 II. Der Kündigungsgrund Eine fristlose Kündigung ist nur möglich, wenn ein Vertragsteil seine Verpflichtungen schuldhaft in solchem Maße verletzt, daß dem anderen Teil die Fortsetzung des Mietverhältnisses nicht mehr zugemutet werden kann. Als schwerwiegende schuldhafte Vertragsverletzung gilt insbes eine nachhaltige Störung des Hausfriedens. 9 1. Die schuldhalte Vertragsverletzung a) Die wichtigsten Verpflichtungen des Mieters werden schon durch die §§ 553 und 554 erfaßt, so daß hier als Mieterpflichten nur zusätzlich vereinbarte Pflichten und sonstige allgemeine Nebenpflichten, insbes die Pflicht zur Aufrechterhaltung des gegenseitigen Vertrauens, wo ein solches erforderlich ist, übrig bleiben. Entsprechendes gilt umgekehrt für die wichtigsten Vermieterpflichten aufgrund der §§ 542 und 544. 10 Die Praxis stellt allgemein an das Vorliegen einer zur fristlosen Kündigung ausreichenden, schwerwiegenden Vertragsverletzung strenge Anforderungen (s LG Hamburg WuM 1974, 54, 55; LG Stuttgart WuM 1976, 262 ff). Deshalb geben frühere Pflichtverletzungen nach einer darauf gestützten, unwirksamen, fristlosen Kündigung auf keinen Fall mehr einen Kündigungsgrund ab, wenn sie sich später nicht mehr wiederholt haben (LG Mannheim MDR 1974, 584 Nr 61). Nur bei der im Rahmen der Zumutbarkeitsprüfung erforderlichen Interessenabwägung kann in beschränktem Ausmaß ein früheres Verhalten, das keinen Anlaß zur Kündigung gegeben hatte, berücksichtigt werden. 11 Aus dem Umstand, daß § 554 a auf den früheren § 2 des Mieterschutzgesetzes zurückgeht, wird allgemein gefolgert, daß Hauptanwendungsfall des § 554 a ebenfalls Belästigungen des anderen Vertragsteiles sind. Man versteht darunter jede Beeinträchtigung des anderen Vertragsteils oder der Mitbewohner des Hauses in ihren persönlichen Rechten oder Vermögensinteressen im Zusammenhang mit dem Mietverhältnis. Ein Zusammenleben der Parteien ist keine Voraussetzung für die Annahme einer Belästigung in diesem Sinne (BGH LM Nr 1 zu § 2 MietSchG = NJW 1953, 1390 f). Die Kündigungsgründe müssen also aus der Person des Vertragsgegners stammen. Gründe aus dem eigenen Risikobereich, zB der Umstand, daß die Wohnung infolge einer Vergrößerung der Familie zu klein geworden ist, reichen niemals zur fristlosen Kündigung aus (AG Hannover ZMR 1969, 240, 241). 12 Die wichtigsten Beispiele der hiernach eine fristlose Kündigung rechtfertigenden Belästigungen sind schwere Beleidigungen, Tätlichkeiten gegen den Vertragsgegner, übermäßiger Lärm, Streitereien und Zänkereien, entehrende Bestrafungen, die Ausübung der Gewerbsunzucht und ähnliches mehr. 13 § 554 a setzt zwar keine Abmahnung vor der fristlosen Kündigung voraus; handelt es sich jedoch um nicht besonders schwerwiegende Belästigungen, so wird in aller Regel eine fristlose Kündigung nur in Betracht kommen, wenn der Kündigende zuvor den anderen Vertragsteil abgemahnt hat und dieser trotz Abmahnung die Belästigungen fortsetzt (AG Köln WuM 1971, 205 = ZMR 1972, 193 f Nr 23). 14 § 554 a setzt auch nicht voraus, daß allein der Gegner das Vertrauensverhältnis zerrüttet hat; jedoch wird diejenige Partei, die das überwiegende Verschulden an der Zerrüttung trifft, nicht ihrerseits fristlos kündigen können. Außerdem bleibt dem Kündigungsgegner immer die Möglichkeit, seinerseits wegen der schuldhaften Vertragsverletzung des Kündigenden Schadensersatz zu verlangen (BGH LM Nr 3 zu § 254 [Cb] BGB = JuS 1970, 91 f Nr 4 m Nachw). Volker Emmerich

(886)

3. Titel. Miete. Pacht

§ 554 a 15-18

b) Eine Vertragsverletzung allein genügt nicht. Sie muß vielmehr außerdem auch 15 schuldhaft erfolgt sein. Ein Verschulden kann vor allem fehlen, wenn der Vertragsgegner das betreffende Verhalten provoziert hat, wenn zB eine Beleidigung des Vermieters durch den Mieter nur eine Antwort auf das vorausgegangene Verhalten des Vermieters darstellt (AG Köln WuM 1975, 37, 38). Der Mieter handelt jedoch schuldhaft, wenn er sich aus Verärgerung über eine Kündigung oder Erhöhung des Mietzinses sinnlos betrinkt und sodann das Mobiliar zerschlägt (LG Mannheim DWW 1976, 33). Zur Geisteskrankheit des Mieters s § 553 Rz 9. Vermieter wie Mieter müssen für Erfüllungsgehilfen nach § 278 einstehen (LG 16 Hagen WuM 1964, 189; E R M A N - S C H O P P § 554 a Rz 3; insbes P E R G A N D E § 554 a Anm 4). Soweit es um die Erhaltung des Hausfriedens geht, kommen dabei als Erfüllungsgehilfen nur solche Personen in Betracht, die zur Hausgemeinschaft gehören oder doch in besonders enger Beziehung zu ihr stehen. Erfüllungsgehilfen des Mieters von Wohnraum sind deshalb vor allem alle Personen, die nicht nur vorübergehend in die Wohnung aufgenommen sind, namentlich alle Angehörigen und die dort tätigen Arbeitnehmer. Ob auch der Untermieter in diesem Sinne Erfüllungsgehilfe des Mieters ist, ist trotz § 549 Abs 3 zweifelhaft (bejahend PERGANDE aaO). Bei der sonstigen Raummiete sind Erfüllungsgehilfen des Mieters sämtliche in den Räumen tätigen Arbeitnehmer des Mieters. Für den Vermieter gilt umgekehrt dasselbe, wenn er dasselbe Haus bewohnt.

c) Beispiele

17

(1) Eine schwerwiegende Vertragsverletzung des Mieters wurde bisher in folgenden Fällen angenommen: Arglistige Täuschung des Vermieters über Kinderlosigkeit, wenn für den Vermieter erkennbar von besonderer Bedeutung, sonst jedoch nicht (LG Mannheim ZMR 1965, 185 f); völlige Verwahrlosung der Wohnung nach Auszug des Mieters (LG Frankfurt WuM 1974, 55); schwere Beleidigungen des Vermieters durch den Mieter (AG Köln WuM 1975, 37 f); unter Umständen ein Aufruf der Mitmieter zur Unterstützung im Kampf gegen die „Willkür" des Vermieters (LG Koblenz WuM 1976, 98, 99); die Entzündung des Mobiliars in Trunkenheit aus Verärgerung über eine Mietzinserhöhung oder Kündigung (LG Mannheim DWW 1976, 33); unsittliches Verhalten des Mieters gegenüber seinem Personal, wobei der Ausgang eines Strafverfahrens nicht abgewartet zu werden braucht (BGH Urt v 2. 7. 1959 - VIII ZR 17/59; S O E R G E L - M E Z G E R § 554 a Rz 2); ein schwerwiegender Treueverstoß bei Abschluß eines für den Gegner nachteiligen Vertrages mit dem für diesen von den Militärbehörden eingesetzten Treuhänder während des Schwebens eines Rückerstattungsverfahrens (BGH Urt v 16. 12. 1958 - VIII ZR 42/57; S O E R G E L - M E Z G E R § 554 a Rz 3); Ablehnung einer berechtigten Mietzinserhöhung aufgrund einer zulässigen Wertsicherungsklausel; Verzug mit der Erbringung einmaliger Leistungen wie Baukostenzuschüsse und Mietvorauszahlungen; die Bedrohung des Vermieters mit Geiselnahme (LG Mannheim DWW 1976, 237 = ZMR 1977, 80). Als schwerwiegende Vertragsverletzungen des Vermieters kommen in Betracht: Die 18 mehrfache Übervorteilung des Mieters bei den Nebenabgaben (AG Kassel WuM 1968, 178 = ZMR 1969,17 Nr 15); außerdem die Disziplinlosigkeit und Unsauberkeit der Mitmieter, insbes das Einschleppen von Wanzen durch andere Mieter (LG Frankfurt ZMR 1970, 201); weiter die Verhinderung eines Vormietrechts des Mieters hinsichtlich weiterer Räume durch Unterlassung der Mitteilung des Vertragsschlusses mit einem anderen Mieter (BGH LM Nr 4 zu § 554 a BGB = WM 1974, 345, 347), die Verweigerung der Erlaubnis zur Untervermietung (AG Lübeck (887)

Volker Emmerich

§ 554 a 19-22

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

WuM 1975, 168) oder die Weigerung, schwerwiegende Mängel zu beseitigen (LG Köln WuM 1977, 200; LG Heidelberg WuM 1977, 200, 201). 19 (2) Eine schwerwiegende Vertragsverletzung des Mieters wurde hingegen in folgenden Fällen verneint: Bei Entfernung des mitvermieteten Mobiliars, sofern dieses anderweitig einwandfrei untergebracht worden ist (LG Mannheim ZMR 1965,185, 186); bei Nichtzahlung einer Kaution (LG Hamburg WuM 1974, 54, 55); bei geringfügigen Schäden und Verschmutzungen (AG Köln WuM 1975, 150); bei Belästigungen des Vermieters durch die Haltung eines Hundes ohne Erlaubnis des Vermieters (LG Gießen ZMR 1976, 147; sehr zweifelhaft); bei einer einmaligen Belästigung oder Beschimpfung des Vermieters sowie bei gelegentlicher Nebentätigkeit (LG Köln WuM 1977, 56; LG Mannheim ZMR 1977, 306), bei einer Strafanzeige oder Privatklage gegen den Vermieter, wenn diese weder leichtfertig erhoben noch sonst unsachlich sind (LG Berlin MDR 1966, 240 m Nachw). Selbstverständlich ist auch, daß der Mieter von Geschäftsräumen nicht allein deshalb fristlos kündigen kann, weil die Umsätze hinter seinen Erwartungen zurückbleiben (LG Köln MDR 1973, 764 Nr 59). 20 Eine schwerwiegende Vertragsverletzung des Vermieters wurde verneint bei Verlangen einer ungebührlich hohen Vertragsstrafe und bei Bestehen auf Erfüllung (BGH Urt v 9. 4. 1957 - VIII ZR 208/56; SOERGEL-MEZGER § 554 a RZ 4), sowie bei einem Besuchsverbot (LG Stuttgart WuM 1976, 262 ff; zweifelhaft). 21 (3) Früher wurde vielfach angenommen, jedenfalls der Vermieter möblierter Räume dürfe fristlos kündigen, wenn der Mieter in den Räumen mit anderen Personen geschlechtlich verkehrt (s SCHNEIDER ZMR 1973, 131 f m Nachw; aM aber schon immer zB NIENDORFF 244 ff m Nachw). Diese Ansicht, die schon früher nicht haltbar war, ist jedenfalls heute schlicht falsch. Das Privatleben des Mieters geht den Vermieter überhaupt nichts an. Ebensowenig wie der Mieter dem Vermieter Vorschriften hinsichtlich seines Privatlebens machen kann, kann dies der Vermieter gegenüber dem Mieter. Daher sind auch Mietvertragsklauseln über das Privatleben des Mieters sittenwidrig und damit nichtig (§ 138 Abs 1; AG Wiesbaden WuM 1 9 7 2 , 4 6 f; A G S i e g e n Z M R 1 9 7 1 , 2 3 9 f; SCHNEIDER u n d TONDORF a a O m N a c h w ; BERGFELDER W u M 1 9 7 7 , 4 6 ; WEIMAR W U M 1 9 7 1 , 8 9 f ; 1 9 7 4 , 4 9 , 5 0 ) . E s stellt

deshalb keinen Kündigungsgrund dar, wenn der Mieter oder die Mieterin den Verlobten über Nacht in der Wohnung beherbergt und mit ihm in der Wohnung verkehrt (LG Aachen ZMR 1973, 330), wenn der Mieter in der Wohnung häufig mit Personen anderen Geschlechts übernachtet und verkehrt (AG Wiesbaden aaO); wenn die Mieterin Besuche eines verheirateten Mannes über Nacht empfängt (AG Hannover WuM 1972, 47, 48), wenn eine Studentin ihren Freund über Nacht beherbergt (AG Siegen aaO), sowie schließlich, wenn der Mieter mit einer Frau in wilder Ehe in der Wohnung zusammenlebt, selbst wenn zwischen beiden ein erheblicher Altersunterschied besteht (AG Mannheim ZMR 1972, 193). Die Ansicht des LG Köln (ZMR 1974, 141 f = WuM 1974, 242 f m Nachw), das ständige Konkubinat der Mieterin mit ihrem Verlobten in der Wohnung bilde einen Grund zur fristlosen Kündigung, ist unhaltbar (zust aber - zu Unrecht - OLG Hamm FamRZ 1977, 318, 320).

22 2. Insbesondere die nachhaltige Störung des Hausfriedens a) Einen Grund zur fristlosen Kündigung stellt es vor allem dar, wenn ein Vertragsteil den Hausfrieden schuldhaft nachhaltig stört. Unter Hausfrieden versteht man dabei das Erfordernis gegenseitiger Rücksichtnahme durch alle Bewohner eines Hauses. Auch der Vermieter muß in diesem Sinne Rücksicht auf die Bewohner des Volker Emmerich

(888)

3. Titel. Miete. Pacht

§554 a 23-27

Hauses nehmen. Das gilt nicht nur, wenn er im selben Hause wohnt, sondern auch dann, wenn er woanders wohnt; auch dann darf er zB nicht durch Reparaturen zur Unzeit die Ruhe der Hausbewohner stören. Die Verpflichtung, den Hausfrieden nicht zu stören, trifft auch nicht nur den Wohnraummieter, sondern ebenso den Mieter von Geschäftsräumen. Eine nachhaltige Störung des Hausfriedens kommt insbes bei schwerwiegenden 23 Verstößen gegen die sog Hausordnungen in Betracht (NIENDORFF 246 ff). Es genügt jedoch keineswegs jeder geringfügige Verstoß gegen die oft viel zuweit gehenden Hausordnungen. Vielmehr muß es sich um eine schwerwiegende Vertragsverletzung durch eine nachhaltige Störung des Hausfriedens handeln. Es muß mit anderen Worten ein unerträglicher Dauerzustand vorliegen. Dabei haftet jede Vertragspartei für ihre Erfüllungsgehilfen nach § 278 (s im einzelnen o Rz 16). b) Eine solche Störung des Hausfriedens liegt zB vor, wenn der Vermieter einer 24 Ferienwohnung ausgerechnet zur Mittagszeit Kaufinteressenten durch das Haus führt (AG Traunstein MDR 1966, 1005). Weitere Beispiele sind die oben erwähnten Belästigungen durch Lärm (AG Köln WuM 1977, 29), schwere Beleidigungen, Streitereien (AG Köln WuM 1976, 233), Tätlichkeiten und ähnliches mehr. Insoweit kann auch heute noch die umfangreiche Praxis zu § 2 MSchG herangezogen werden. Eine nachhaltige Störung des Hausfriedens durch den Mieter wurde hingegen in 25 folgenden Fällen verneint: Bei Störungen durch Kinder, wenn die Eltern ihrer Aufsichtspflicht nachgekommen sind (AG Aachen ZMR 1965, 75); im Falle der nackten Benutzung eines gemeinsamen Bades (AG Wiesbaden WuM 1972,46); bei unvermeidlichen Belästigungen der anderen Mieter durch die Ausübung zulässiger Hausmusik (AG Mainz WuM 1972, 141, 142); bei einem Verstoß eines Studenten gegen die Satzung eines Studentenheims, nach der Besuche nur bis 23.000 Uhr statthaft sind (LG Bochum WuM 1971,164 = ZMR 1972, 8 Nr 1); sowie bei einem lautstarken Ehebruch (AG Friedberg WuM 1978, 30). Ebensowenig stellt es eine nachhaltige Störung des Hausfriedens durch den Vermie- 26 ter dar, wenn er andere Wohnungen in demselben Haus an Gastarbeiter vermietet (AG Hannover ZMR 1969, 240, 241).

3. Die Unzumutbarkeit der Fortsetzung des Mietverhältnisses Die schwerwiegende schuldhafte Vertragsverletzung genügt allein zur Kündigung noch nicht; es muß vielmehr hinzukommen, daß gerade wegen der Vertragsverletzung dem anderen Teil die Fortsetzung des Mietverhältnisses nicht mehr zugemutet werden kann. Ob dies der Fall ist, kann nicht nach den Vorstellungen des Kündigenden, sondern muß nach objektiven Maßstäben beurteilt werden. Dabei ist auch zu berücksichtigen, wie lange ein befristetes Mietverhältnis noch läuft und mit welcher Frist ein unbefristetes Mietverhältnis gekündigt werden kann. Läuft der Vertrag nur noch kurze Zeit, so kann auch bei schwerwiegenden Vertragsverletzungen durchaus eine (kurzfristige) Fortsetzung zumutbar sein. Die Fortsetzung ist außerdem insbes dann zumutbar, wenn der Kündigende selbst die Vertragsverletzung durch den anderen Teil provoziert hat. Entscheidend ist also immer eine Abwägung der Interessen der Beteiligten unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles. Dabei wird in der Praxis die Prüfung der Schwere der Vertragsverletzung und der Unzumutbarkeit der Vertragsfortsetzung idR zusammenfallen. Man kann sogar in der Unzumutbarkeit der Vertragsfortsetzung durchaus den Maßstab für die Schwere der Vertragsverletzung sehen. (889)

Volker Emmerich

27

§§ 554 a, 554 b 28-31; 1 - 3

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

28 Die Vertragsfortsetzung ist zB trotz Verhinderung eines Vormietrechts durch den Vermieter zumutbar, wenn mit der Vermietung weiterer Räume an einen anderen Mieter nur unerhebliche Behinderungen für den ersten Mieter verbunden sind (BGH LM Nr 4 zu § 554 a BGB = WM 1974, 345, 347). 29 III. Abweichende Vereinbarungen Nach Satz 2 des § 554 a sind entgegenstehende Vereinbarungen unwirksam. Bei Mietverhältnissen über Räume kann also das Kündigungsrecht des § 554 a weder zugunsten des Mieters noch zugunsten des Vermieters beschränkt oder gar ausgeschlossen werden. Dagegen beurteilt sich die Frage, ob eine Erweiterung des Kündigungsrechts möglich ist, nach § 554 b. 30 Durch § 554 a S 2 werden die Parteien jedoch nicht gehindert, den Umfang des vertragsmäßigen Gebrauchs des Mieters im einzelnen zu regeln. Sind danach dem Mieter auch schwerwiegende Störungen des Vermieters erlaubt, so kann der Vermieter wegen dieser Störungen später nicht nach § 554 a kündigen. Wer einem anderen Räume zum Betrieb einer Diskothek vermietet, kann sich später nicht darauf berufen, der Mieter störe durch übermäßigen Lärm nachhaltig den Hausfried e n (PERGANDE § 5 5 4 a A n m

5).

31 IV. Beweislast Die Beweislast für alle Voraussetzungen des Kündigungsrechts trägt diejenige Partei, die den Mietvertrag fristlos gekündigt hat. § 554 b Eine Vereinbarung, nach welcher der Vermieter von Wohnraum zur Kündigung ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist aus anderen als den im Gesetz genannten Gründen berechtigt sein soll, ist unwirksam. 1. Gesetz zur Änderung mietrechtlicher Vorschriften vom 29. 7. 1963 (BGBl I 505), Art I Nr 2; 2. Gesetz zur Änderung mietrechtlicher Vorschriften vom 14. 7. 1964 (BGBl I 457), Art I Nr 12.

1 1. § 554 b verbietet bei der Wohnraummiete (s Vorbem 24 f zu §§ 535, 536) jede vertragliche Erweiterung des Rechts des Vermieters zur fristlosen Kündigung des Mietverhältnisses über die §§ 553, 554 und 554 a hinaus. Ihm ist in Verbindung mit § 554 a außerdem der Rechtssatz zu entnehmen, daß Wohnraummietverhältnisse auch nicht mehr über § 554 a hinaus aus wichtigem Grunde gekündigt werden können ( s § 5 5 3 R z 8 f m Nachw z Streitstand; aM die hM). Ein Wohnraummietverhältnis liegt jedoch nicht vor, wenn Räume für gewerbliche Zwecke vermietet sind und der Mieter einzelne Räume für Wohnzwecke untervermietet (BGH LM Nr 1 zu § 554 b). § 554 b gilt auch nur zugunsten des Mieters. 2 Eine vertragliche Erweiterung des Kündigungsrechts des Mieters ist jederzeit möglich und kann auch durchaus sinnvoll sein, zB bei einer Versetzung des Mieters oder bei einer dem Mietvertrag widersprechenden Tierhaltung durch den Vermieter. Ein Verstoß gegen § 554 b hat nur die Nichtigkeit der betreffenden Klausel zur Folge, läßt den Vertrag aber im übrigen unberührt. 3 2. Bei allen anderen Mietverhältnissen sind vertragliche Erweiterungen auch des Kündigungsrechts des Vermieters unbeschränkt möglich. So kann zB vereinbart Volker Emmerich

(890)

§§ 555, 556 3. Titel. Miete. Pacht w e r d e n , d a ß d e r V e r m i e t e r im Falle d e s K o n k u r s e s des M i e t e r s s o f o r t zur fristlosen K ü n d i g u n g berechtigt sein soll. D e n n die P a r t e i e n h a b e n es stets in d e r H a n d zu b e s t i m m e n , welche U m s t ä n d e f ü r sie so wichtig sind, d a ß bei i h r e r V e r ä n d e r u n g e i n e r P a r t e i die F o r t s e t z u n g d e s Vertragsverhältnisses nicht m e h r z u z u m u t e n ist.

§555 Aufgehoben durch Artikel I Nr 13 des 2. Gesetzes zur Änderung mietrechtlicher Vorschriften vom 14. 7. 1964 (BGBl I 457); s jetzt § 557 a. §556 D e r Mieter ist verpflichtet, die gemietete Sache nach der Beendigung des Mietverhältnisses zurückzugeben. D e m Mieter eines Grundstücks steht w e g e n seiner Ansprüche gegen d e n Vermieter ein Zurückbehaltungsrecht nicht zu. Hat der Mieter den Gebrauch der Sache einem Dritten überlassen, so kann der Vermieter die Sache nach der Beendigung des Mietverhältnisses auch v o n d e m Dritten zurückfordern. E I § 520; II § 498; III § 549; Mot II 401 f; Prot II 188 ff.

Schrifttum GLASER, Umfang der Räumungspflicht des Mieters bei teilweiser Untervermietung der Mietwohnung, B1GBW 1961, 201; HÄRING, Die Rückgabepflicht des Mieters nach § 556 BGB und die Schönheitsreparaturen, WuM 1964, 33; HENSELER, Rückgabe und Herausgabe der Mietsache, ZMR 1964, 36; HEROLD, Soll man auf einen Räumungsvergleich eingehen? GrundE 1972, 437; HOFFMANN, Soziales Recht auch für den Untermieter? (Ein Beitrag zu dem Räumungsanspruch aus § 556 Abs 3 BGB), WuM 1967, 33; HURST, Die Wegnahmepflicht des Mieters im Mietrecht, ZMR 1968, 66; KOENIG, Der Mieter muß beim Auszug aus der Wohnung die Schlüssel zurückgeben, WuM 1970, 73; KÜRZEL, Selbsthilfe zur Erzwingung der Räumung ist nicht zulässig, AIZ 1967,48; MÜLLER, Das Benutzungsverhältnis zwischen Vermieter und Mieter nach Gewährung einer Räumungsfrist gemäß § 721 ZPO, MDR 1971, 253; SCHLÄGER, Zur Räumungsklage gegen den ausgezogenen Mieter, ZMR 1976, 34; SCHMIDT-FUTTERER, Das Rechtsverhältnis zwischen Kündigung und Räumung, B1GBW 1972, 64; ders, Die Rechtsfolgen der verspäteten Rückgabe der Mietsache, WuM 1962, 18; SCHUMACHER, Zur Frage gleichzeitiger Räumungsklage gegen den Haupt- und Untermieter, B1GBW 1961, 298; WEIMAR, Zur Entschädigungspflicht des Hauptmieters bei nicht räumendem Untermieter, ZMR 1968, 2; ders, Stehen dem Untermieter aus dem Hauptmietvertrag Schutzansprüche an den Hauseigentümer zu? B1GBW 1960, 11; ders, Die Verpflichtung des Mieters zur Rückgabe der Mietwohnung, WuM 1966, 94; ders, Wegnahmerecht und Wegnahmepflicht des Mieters bei Einrichtungen, BLGBW 1977,171; ders, Zurückbehaltüngsrechte im Mietrecht, WuM 1965, 93; ZEITLMANN, Der Haus- und Wohnungsschlüssel geht verloren, AIZ 1975, 59.

Systematische Übersicht I. Allgemeine Kennzeichnung 1 II. Rückgabe der Mietsache (Abs 1) 1. Voraussetzungen 2 a) Mietverhältnis 2 b) Beendigung 5 2. Rechtsfolgen 6 (891)

a) b) c) d)

Art und Weise der Rückgabe 6 Zeitpunkt der Rückgabe 21 Ort der Rückgabe 25 Prozessuale Durchsetzung des Rückgabeanspruchs 27 e) Konkurrenzen 29

Volker Emmerich • Jürgen Sonnenschein

§556 1

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

III. Ausschluß des Zurückbehaltungsrechts (Abs 2) 1. Zurückbehaltungsrecht im allgemeinen 31 2. Ausschluß bei Miete eines Grundstücks 32 IV. Herausgabeanspruch gegen einen Dritten (Abs 3) 1. Allgemeines 36 2. Voraussetzungen 39

a) MietVerhältnis 39 b) Überlassung des Gebrauchs der Sache an einen Dritten 40 c) Beendigung des Hauptmietverhältnisses 43 d) Geltendmachung 47 3. Rechtsfolgen 49 a) Inhalt der Herausgabepflicht 49 b) Prozessuale Durchsetzung des Herausgabeanspruchs 53

Alphabetische Übersicht Reklameschilder 17

Bauliche Veränderungen 18,51

Schönheitsreparaturen 15,20

Dingliche Wohnrechte 3

Teilleistungen des Mieters 19

Einrichtungen 16, 51 Firmenschilder 17 Gemeinschaftliche Mieter 11 Gläubiger des Rückgabeanspruchs 4 Herausgabeanspruch gegen Dritten 36 ff - Einwendungen des Dritten 37 - rechtliche Konstruktion 37 - Rechtsfolgen 49 - Voraussetzungen 39

Unbefugte Vermietung 12,41 Untermiete 1, 5, 36 ff - Einwendungen 37 - Geltendmachung des Herausgabeanspruchs 47 - mehrfache 42 f - unberechtigte 41 - Wirksamkeit 41 - Zurückbehaltungsrecht 52

Klage auf zukünftige Räumung 27 Konkurrierende Ansprüche 29,54

Verjährung 1 Verspätete Schlüsselrückgabe 24 Verzug 23 Vorzeitige Rückgabe der Mietsache 24

Mietverhältnis 2, 39 - Beendigung 5,43 Mietaufhebungsvertrag 5, 24 Mitwirkungspflicht des Vermieters 7

Werkdienstwohnungen 2, 32 Werkmietwohnungen 2 Wohnungsschlüssel 13, 24 Wohnungstausch 5

Namensschilder 17 Nutzungsverträge 2

Zeitpunkt der Rückgabe 23 Zubehör 13 Zurückbehaltungsrecht 31 ff - Anwendung des Ausschlusses auf Eigentumsherausgabeanspruch 34 - bei Grundstücken 32 - des Untermieters 52 - unzulässige Berufung auf Ausschluß 35 - Zustand der Mietsache 14

Obdachloseneinweisung 3, 8, 23 Ort der Rückgabe 25 ff, 52 Pacht 2, 32,36 Prozessuale Durchsetzung des Rückgabeanspruchs 27,53

1 I. Allgemeine Kennzeichnung Die Vorschrift ist seit dem Inkrafttreten des BGB unverändert geblieben. Sie regelt die Rückgabe der Mietsache nach Beendigung des Mietverhältnisses. Die Pflicht zur Rückgabe ist eine selbständige Leistungspflicht des Mieters, die außerhalb des synallagmatischen Zusammenhangs steht. Es handelt sich um eine Abwicklungspflicht vertraglicher Natur (ESSER-WEYERS II 1 § 17 I I ; LARENZ II § 4 8 II b aE, V I I a). Diese Pflicht wird dadurch verstärkt, daß ein Zurückbehaltungsrecht für den Jürgen Sonnenschein

(892)

3. Titel. Miete. Pacht

§556 2-5

Mieter eines Grundstücks ausgeschlossen ist (Abs 2). Auch ein am Mietvertrag unbeteiligter Dritter, dem der Mieter befugt oder unbefugt den Gebrauch der Sache überlassen hat, ist dem Vermieter zur Herausgabe verpflichtet (Abs 3), um die Rückgewähr unabhängig von Eigentum oder anderen dinglichen Rechten des Vermieters sicherzustellen (Prot II 190). Die Ansprüche aus § 556 unterliegen nach § 195 der Verjährungsfrist von 30 Jahren.

EL Rückgabe der Mietsache (Abs 1) 1. Voraussetzungen

2

a) Zwischen den Parteien muß ein Mietverhältnis bestanden haben (vgl Vorbem 20 ff zu §§ 535, 536). Es kann sich um die Miete beweglicher oder unbeweglicher Sachen handeln. Auch Nutzungsverträge der Wohnungsgenossenschaften werden erfaßt. Das gleiche gilt für Werkmietwohnungen, bei denen neben dem Dienst- oder Arbeitsvertrag ein selbständiger Mietvertrag besteht (§§ 565 b-565 e Rz 6 ff). Auf Werkdienstwohnungen, die aufgrund eines einheitlichen gemischten Vertrags mit regelmäßig überwiegenden Anteilen der Regelung des Dienst- oder Arbeitsverhältnisses überlassen werden (§§ 565 b-565 e Rz 13 ff), ist die Vorschrift entsprechend anwendbar, wenn der zur Dienstleistung Verpflichtete den Wohnraum ganz oder überwiegend mit Einrichtungsgegenständen ausgestattet hat oder in dem Wohnraum mit seiner Familie einen eigenen Hausstand führt (vgl § 565 e; SCHMIDT-FUTTERER B 119). Entsprechend anzuwenden ist die Vorschrift auf Pachtverhältnisse (§ 581 Abs 2; BGH LM Nr 1 zu § 556 BGB = MDR 1960, 482; LG Mannheim WuM 1964, 11), wird insoweit aber durch die §§ 588 ff ergänzt. Das gleiche gilt nach § 62 e Abs 1 des G zur Förderung von Wohnungseigentum und Wohnbesitz im sozialen Wohnungsbau vom 23. 3. 1976 (BGBl I 737) für das schuldrechtliche Dauerwohnrecht im Rahmen des Wohnbesitzes (vgl im einzelnen PICK NJW 1976, 1049 ff). Der Anwendungsbereich des § 556 umfaßt nicht die Überlassung von Wohnraum 3 aufgrund dinglicher Wohnrechte (§ 1093 BGB; §§ 31 ff WEG) oder öffentlichrechtlicher Vorschriften wie bei dec Obdachloseneinweisung. Insoweit kommt eine entsprechende Anwendung der von der Rspr zu § 556 entwickelten Grundsätze über den Inhalt der Rückgabepflicht in Betracht (SCHMIDT-FUTTERER B 1 2 0 ) . Aus der Anknüpfung an das Mietverhältnis folgt, daß Gläubiger des Rückgabean- 4 spruchs der Vermieter ist, auch wenn er nicht Eigentümer der Mietsache ist (LG Kassel WuM 1957, 117). § 556 Abs 1 gilt also auch im Verhältnis zwischen Hauptund Untermieter (SCHMIDT-FUTTERER B 121). Schuldner des Rückgabeanspruchs ist der Mieter, auch wenn er nicht unmittelbarer Besitzer der Mietsache ist. b) Die Beendigung des Mietverhältnisses muß eingetreten sein. Der Zeitpunkt, in 5 dem das Mietverhältnis endet, ergibt sich aus § 564. Dies ist bei Mietverhältnissen auf bestimmte Zeit der Zeitpunkt, zu dem die vertraglich vereinbarte Mietzeit abläuft. Ist die Mietzeit nicht bestimmt, endet das Mietverhältnis mit dem Zeitpunkt, zu dem der Mieter oder Vermieter wirksam gekündigt hat. Dieser Zeitpunkt bestimmt sich danach, ob es sich um eine ordentliche oder außerordentliche befristete bzw fristlose Kündigung handelt ( R O Q U E T T E § 5 5 6 Rz 2). Bei einem Aufhebungsvertrag endet das Mietverhältnis zu dem vereinbarten Zeitpunkt (§ 3 0 5 ; SCHMIDTFUTTERER MDR 1 9 6 0 , 1 3 ) . Bei einem Wohnungstausch werden die bestehenden Mietverhältnisse nicht ohne weiteres beendet, so daß ein mit dem Vormieter (893)

Jürgen Sonnenschein

§556 6-11

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

abgeschlossenes Untermietverhältnis unverändert auf den Tauschmieter übergehen kann (AG Düsseldorf ZMR 1960, 173). 6 2. Rechtsfolgen a) Art und Weise der Rückgabe Der Anspruch auf Rückgabe richtet sich grundsätzlich auf Einräumung des unmittelbaren Besitzes. Dies gilt auch für den Fall, daß der Mieter die gemietete Sache von vornherein einem Dritten überlassen hat, selbst also nie unmittelbarer Besitzer war (BGHZ 56, 308, 310 f = NJW 1971, 2065). Der Anspruch setzt nicht voraus, daß der Mieter noch unmittelbarer oder mittelbarer Besitzer der Mietsache ist. Der Mieter kann den Anspruch deshalb nicht dadurch zum Erlöschen bringen, daß er den Besitz an der Sache aufgibt. Der Vermieter braucht sich vom Mieter nicht darauf verweisen zu lassen, er könne selbst den besitzenden Dritten unmittelbar auf Herausgabe in Anspruch nehmen (BGHZ 56, 308, 311 = NJW 1971, 2065; vgl zur S c h a d e n s e r s a t z p r o b l e m a t i k A n m JAKOBS N J W 1972, 6 2 4 ) .

7 Da der Vermieter bei der Rückübertragung des Besitzes mitwirken muß, genügt die bloße Besitzaufgabe durch den Mieter im allgemeinen nicht, selbst wenn der Vermieter sich ohne weiteres den Besitz an der verlassenen Mietsache verschaffen kann (AG Heilbronn WuM 1966, 132; SCHMIDT-FUTTERER B 125; vgl aber GUBELT, Anm zu LG Wuppertal MDR 1972,694). Anders ist es jedoch, wenn der Vermieter sich unberechtigt weigert, an der Rückübertragung mitzuwirken und damit in Gläubigerverzug gerät (§ 303; LG Mannheim WuM 1974, 202; SCHMIDT-FUTTERER B 126). 8 Der Mieter erfüllt seine Rückgabepflicht nicht dadurch, daß er als mittelbarer Besitzer seine Herausgabeansprüche gegen den unmittelbaren Besitzer an den Vermieter abtritt (BGHZ 56, 3 0 8 , 3 1 1 = NJW 1971, 2 0 6 5 , 2 0 6 6 ) oder erklärt, ein Recht auf Besitz und Nutzung nicht mehr zu haben (OLG Bremen OLGZ 1972, 417). Auch wenn dem Vermieter ein eigener Anspruch gegen den unmittelbaren Besitzer zusteht, muß der Mieter dafür sorgen, daß das Besitzmittlungsverhältnis aufgelöst und der unmittelbare Besitz auf den Vermieter übertragen wird (ROQUETTE § 5 5 6 Rz 6; SCHMIDT-FUTTERER B 128). Den Mieter trifft jedoch keine Rückgabepflicht für den Teil der Wohnung, der infolge einer Einweisungsverfügung des Wohnungsamtes von Dritten als Untermietern bewohnt wird (OLG Celle MDR 1960, 7 5 9 ) .

9 Ist dem Mieter Mitbesitz neben dem Vermieter eingeräumt worden, so genügt es, daß der Mieter die tatsächliche Gewalt über die Sache aufgibt (§ 856 Abs 1), wenn dadurch der Vermieter Alleinbesitzer wird. Anderenfalls ist Rückübertragung erforderlich wie etwa bei Aushändigung eines zweiten Schlüssels. 10 Wenn dem Mieter kein Besitz an der gemieteten Sache übertragen worden ist, erfüllt er seine Rückgabepflicht dadurch, daß er Gebrauch und Nutzung einstellt und dem Vermieter dadurch eine anderweitige Verwendung ermöglicht (ROQUETTE § 556 Rz 5). 11 Mehrere gemeinschaftliche Mieter haften für die Rückgabe als Gesamtschuldner (§§ 427, 431). Der Anspruch kann daher gegen alle Mitmieter gemeinsam oder gegen jeden Schuldner besonders geltend gemacht werden (RGZ 89, 203, 207). Einer von mehreren Mitmietern kann selbst dann noch auf Rückgabe in Anspruch genommen werden, wenn er etwa die gemeinsame Wohnung verlassen hat und es ihm nicht gelungen ist, die anderen Mitmieter zum Auszug zu bewegen (LG Jürgen Sonnenschein

(894)

§556 3. Titel. Miete. Pacht

12-14

Mannheim DWW 1973, 19; A G Köln ZMR 1966, 302; ROQUETTE § 556 Rz 7; SCHMIDT-FUTTERER B 127; aM LG Koblenz ZMR 1976, 48 [Nr 28], das die Rückgabepflicht des anläßlich eines Scheidungsverfahrens ausgezogenen Ehemannes wegen nachträglichen Unvermögens gern § 275 entfallen läßt). Wenn die Rückgabepflicht zweier Mieter vertragsgemäß nur durch Mitwirkung des einen Mieters erfüllt werden kann (zB einziger Führerscheininhaber bei PKW-Miete), so haftet dieser als Gesamtschuldner auch für die schuldhafte Verletzung der Rückgabepflicht durch den anderen (BGHZ 65, 226 = NJW 1976, 287). Die Mietsache ist an den Vermieter oder an eine von diesem zum Empfang ermäch- 12 tigte Person zurückzugeben. Dies gilt auch dann, wenn der Vermieter nicht Eigentümer ist und die Sache unbefugt vermietet hat ( R O Q U E T T E § 556 Rz 8 ; vgl zur Schadensersatzproblematik LG Wiesbaden ZMR 1960, 205). Der Mieter kann nicht aus § 541 das Recht ableiten, die Rückgabe an den Vermieter zu verweigern, weil ein Dritter Eigentümer der Mietsache ist (RG JW 1925, 472 m Anm R A A P E ; SOERGEL-MEZGER § 5 5 6 R z 9 ) .

Mit der gemieteten Sache ist auch das Zubehör zurückzugeben. Der Mieter hat 13 deshalb sämtliche Haus- und Wohnungsschlüssel abzuliefern, die er erhalten hat (LG Augsburg AIZ 1970, 89; KOENIG W U M 1970, 73). Wenn er sich auf eigene Kosten weitere Schlüssel beschafft hat, erstreckt sich die Herausgabepflicht auch hierauf ( W E I M A R W U M 1966, 94; ders ZMR 1968,2; ZEITLMANN AIZ 1975, 59), da der Vermieter sonst nicht ungestört über die Räume verfügen kann. Will der Vermieter die Aufwendungen nicht ersetzen, die dem Mieter durch die Anschaffung zusätzlicher Schlüssel entstanden sind (vgl GAISBAUER DWW 1970, 43; ders DWW 1971, 87), so kann sich der Mieter durch Vernichtung der Schlüssel von der Herausgabepflicht befreien (SCHMIDT-FUTTERER B 129; S O E R G E L - M E Z G E R § 556 Rz 6). Gibt der Mieter nicht sämtliche Schlüssel zurück, so hängt die Erfüllung der Rückgabepflicht davon ab, ob der Vermieter in einer anderweitigen Verwendung der Räume beeinträchtigt ist (vgl aber AG Bamberg WuM 1975, 190). Eine derartige Beeinträchtigung ist nicht gegeben, wenn sämtliche Wohnungsschlüssel zurückgegeben sind und nur einer von mehreren Haustürschlüsseln noch zurückbehalten wird (vgl SCHMIDT-FUTTERER B 129; anders AG Oberhausen WuM 1973, 136; vgl zur Verhinderung der Schlüsselrückgabe durch ein Verhalten des Vermieters LG Mannheim WuM 1974, 202). Nach Räumung der Mietsache hat der Vermieter trotz fehlender Aushändigung der Schlüssel keinen Mietzinsanspruch (LG Mannheim WuM 1976, 13 f). Für fehlende Schlüssel ist der Mieter grundsätzlich ersatzpflichtig (STERNEL Rz III 163; vgl aber LG Mannheim WuM 1977,121 zur Auswechslung der ganzen Schließanlage). Uber den Zustand, in dem die Mietsache zurückzugeben ist, enthält § 556 keine 14 Regelung. Grundsätzlich braucht der Mieter die Sache nur in dem Zustand zurückzugeben, in dem sie sich zur Zeit der Beendigung des Mietverhältnisses befindet ( L A R E N Z I I § 4 8 I I b; MITTELSTEIN 5 0 7 f). Gleichwohl ist der Zustand bei Beginn des Mietverhältnisses zu beachten. Dies bedeutet zunächst, daß der Mieter sämtliche Sachen, die er bei der Miete von Räumen eingebracht hat, entfernen muß, soweit der Vermieter nicht ihre Zurücklassung aufgrund eines Vermieterpfandrechts beansprucht (SCHMIDT-FUTTERER B 131; vgl zur Obhutspflicht des Vermieters hinsichtlich zurückgelassener Sachen des Mieters BGH WM 1971, 943). Da den Mieter während der Vertragszeit eine Obhutspflicht trifft, hat er die Sache auch in einem dementsprechend ordnungsgemäßen Zustand zurückzugeben. Räume sind also besenrein zurückzugeben. Da Rückgabe in einem ordnungsgemäßen Zustand geschuldet wird, kann der Vermieter die Rücknahme verweigern, ohne sich den Folgen des Gläubigerverzugs auszusetzen, (895)

Jürgen Sonnenschein

§556 15-18

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

falls der Mieter ihm die Sache in einem nicht ordnungsgemäßen Zustand anbietet (vgl § 2 9 4 ; a M MITTELSTEIN 5 0 9 ; ROQUETTE § 5 5 6 R z 9 ) .

15 Der Mieter hat Veränderungen oder Verschlechterungen der Mietsache, die durch den vertragsmäßigen Gebrauch eingetreten sind, nach § 548 nicht zu vertreten. Solche Veränderungen oder Verschlechterungen braucht er deshalb vor der Rückgabe nicht zu beseitigen. Soweit § 548 nicht eingreift, hat der Mieter dagegen einen ordnungsgemäßen Zustand wiederherzustellen. Das gleiche gilt, wenn sich der Mieter zur Übernahme der Schönheitsreparaturen verpflichtet hat (hierzu im einzelnen §§ 535, 536 Rz 142). 16 Einrichtungen, mit denen der Mieter die gemietete Sache versehen hat, müssen grundsätzlich entfernt werden. Zu den Einrichtungen gehören Sachen, die mit der Mietsache verbunden und dazu bestimmt sind, dem wirtschaftlichen Zweck der Mietsache zu dienen (BGH WM 1 9 6 9 , 1 1 1 4 , 1 1 1 5 ) , zB Maschinen, Lichtanlagen, Wandschränke, Sträucher im Garten (PALANDT-PUTZO § 547 a Anm 1 b). Dem entspricht das Wegnahmerecht nach § 547 a. Eine Ausnahme ist zu machen, wenn der Vermieter zugestimmt hat, daß die Einrichtung mit der Mietsache verbunden wurde, und wenn sich daraus ergibt, daß der Vermieter auf die Entfernung nach Beendigung des Mietverhältnisses verzichtet hat (LG Mannheim WuM 1975, 50; SCHMIDT-FUTTERER B 1 3 6 ; s auch HURST ZMR 1 9 6 8 , 6 6 ) . Eine Ausnahme kann auch für Ladengeschäfte eingreifen, wenn die Räume für den Betrieb eines bestimmten Geschäfts vermietet waren und die vom Mieter angebrachten Einrichtungen in einem derartigen Geschäft üblich sind (LG Bochum NJW 1967, 2015; LG Mannheim Z M R 1969, 282; PALANDT-PUTZO § 556 Anm 1 a).

17 Der Mieter ist grundsätzlich verpflichtet, Namens-, Firmen- und Reklameschilder zu entfernen (SCHMIDT-FUTTERER B 1 3 1 ; SOERGEL-MEZGER § 5 5 6 Rz 5). Angehörigen der freien Berufe wird aber das Recht zugestanden, vorübergehend ein Schild mit dem Hinweis auf die neue Adresse anzubringen (RGZ 161, 330, 338; LG Göttingen AnwBl 1966, 103). Das gleiche Recht ist auch gewerblichen Unternehmen und Privatpersonen zuzugestehen, da ihr Interesse an Information des jeweiligen Adressatenkreises ebenso berechtigt ist. 18 Bauliche Veränderungen der Mietsache durch den Mieter sind ohne Rücksicht auf die dadurch entstehenden Kosten grundsätzlich zu beseitigen. Dies gilt auch bei der Errichtung von Gebäuden durch den Mieter (BGH NJW 1966, 1409; BGH ZMR 1966, 238; B G H LM Nr 28 zu § 951 BGB = WM 1971, 389,390; PALANDT-PUTZO

§ 556 Anm 1 a). Ein fest verklebter Fußbodenbelag muß vom Mieter beim Auszug auf seine Kosten beseitigt werden (LG Mannheim DWW 1974, 238). Stimmt der Vermieter der baulichen Veränderung zu, so kann darin wegen der idR auf Dauer angelegten Maßnahme ein Verzicht auf das Recht zur Beseitigung gesehen werden (AG Mannheim WuM 1977, 167; SCHMIDT-FUTTERER B 137; vgl aber BGH 1959, 2163; STERNEL RZ III 162). Ist nach einer unberechtigten baulichen Veränderung ein neuer Mietvertrag abgeschlossen worden, ohne daß der Vermieter deren Beseitigung ausbedungen hat, so ist ein dahin gehendes Recht entfallen, weil die Mieträume in der geänderten Gestalt Gegenstand des Mietvertrags geworden sind (KG JW 1934, 847). Eine ohne Zustimmung vorgenommene bauliche Veränderung ist auch dann nicht zu beseitigen, wenn der Vermieter nach Treu und Glauben hätte zustimmen müssen (BGH ZMR 1975, 188, 189; SCHMIDT-FUTTERER B 137). Der ursprüngliche Zustand braucht auch dann nicht wiederhergestellt zu werden, wenn die Räume durch die baulichen Veränderungen erst in den Zustand versetzt worden sind, in dem sie Gegenstand des Mietvertrags sein sollten (vgl LG Bochum NJW 1967, 2015; L G Mannheim Z M R 1969, 282; ROQUETTE § 556 Rz 10; SCHMIDT-FUTTERER B 1 3 8 ) .

Jürgen Sonnenschein

(896)

3. Titel. Miete. Pacht

§556 19-23

Teilleistungen des Mieters sind bei Erfüllung der Rückgabepflicht grundsätzlich 19 unzulässig (§ 266). Eine unzulässige Teilräumung ist zB gegeben, wenn der Mieter nur einen Teil der gemieteten Räume zurückgibt (vgl LG Mannheim MDR 1965, 140), einen Teil der Möbel nicht mitnimmt oder den Keller nicht leerräumt. Eine teilweise Rückgabe darf der Vermieter aber nach § 242 nicht ablehnen, wenn die Teilleistung bei verständiger Würdigung des Falles und unter Berücksichtigung der beiderseitigen Interessen zumutbar ist (vgl BGH VersR 1954, 297, 298; BGBR G R K - A L F F § 2 6 6 Rz 1 ) . Hiervon kann idR ausgegangen werden, wenn etwa Wohn- und Geschäftsräume oder Wohnung und Garage in Zukunft getrennt vermietet werden sollen und erst eines der Mietobjekte geräumt ist (vgl SCHMIDTFUTTERER B

139).

Sachen, die der Mieter zurückgelassen hat, dürfen vom Vermieter nicht ohne 20 weiteres anderweitig untergebracht werden (RG Recht 1923, 7). Soweit ihm ein dahin gehendes Recht nach Treu und Glauben zuzuerkennen ist, obliegt ihm die verkehrsübliche Sorgfalt, um vermeidbare Schäden von den Sachen des Mieters abzuwenden (RG J W 1 9 3 2 , 4 2 ; S O E R G E L - M E Z G E R § 5 5 6 Rz 1 1 ) . b) Zeitpunkt der Rückgabe

21

Die Rückgabepflicht entsteht sofort nach dem Zeitpunkt oder Tag der Beendigung des Mietverhältnisses. Dabei ist es gleich, ob das Mietverhältnis durch Zeitablauf, einvernehmliche Aufhebung oder Kündigung endet. Da das Mietverhältnis zunächst beendet sein muß und eine nach bestimmten Zeitabschnitten bemessene Frist erst mit dem Ablauf des letzten Tages der Frist endet (§ 188), braucht der Mieter die Sache nicht schon am letzten Tag der Mietzeit-etwa am letzten Tag der Kündigungsfrist oder am Tag des Zugangs einer fristlosen Kündigung - zurückzugeben. Die Rückgabepflicht entsteht erst am nächstfolgenden Tag und ist sogleich fällig, so daß auch ohne Mahnung Schuldnerverzug eintreten kann (§ 284 Abs 2). Fällt dieser Tag auf einen Sonnabend, Sonntag oder auf einen am Leistungsort (Rz 25 f) staatlich anerkannten allgemeinen Feiertag, so tritt an die Stelle eines solchen Tages der nächste Werktag (§ 193). Im übrigen enthält das Gesetz keine besonderen Bestimmungen darüber, ob und 22 welche Nachfristen dem Mieter zur Rückgabe der Mietsache einzuräumen sind. Nach § 242 kann es allerdings geboten sein, daß der Vermieter bei unverschuldeter Verzögerung der Rückgabe nicht gleich zwangsweise gegen den Mieter vorgeht. Dies gilt etwa bei schwerer Erkrankung des Mieters oder eines seiner Angehörigen. Der Mieter hat in einem solchen Fall für die Dauer der Vorenthaltung als Entschädigung den vereinbarten Mietzins weiter zu entrichten (§ 557). Ein unverschuldetes Hindernis auf Seiten des Mieters ist idR nicht darin zu sehen, daß eine neue Wohnung nicht rechtzeitig frei oder bezugsfertig wird. Der Zeitpunkt der Rückgabe kann durch eine Vereinbarung der Parteien (§ 305), 23 durch gerichtliche Festsetzung einer Räumungsfrist (§§ 721,794 a ZPO) oder durch Verwaltungsakt der Obdachlosenbehörde (vgl LG Wiesbaden ZMR 1956, 11) abweichend vom regulären Fälligkeitszeitpunkt bestimmt werden (SCHMIDT-FUTTERER B 123). Das Mietverhältnis bleibt damit grundsätzlich beendet. Der Eintritt des Verzugs wird durch Gewährung einer gerichtlichen Räumungsfrist nicht ausgeschlossen (BGH LM Nr 1 zu § 27 MietSchG = NJW 1953,1586; OLG Celle MDR 1967, 1013; M Ü L L E R MDR 1971, 253, 254; wohl auch S O E R G E L - M E Z G E R § 556 Rz 1 ; PERGANDE § 5 5 6 A n m 1 ; a M P A L A N D T - P U T Z O § 5 5 6 A n m 1 b ; SCHMIDT-FUTTERER

B 123). Die Verzugsfolgen werden allerdings durch § 557 Abs 3 modifiziert ( M Ü L L E R aaO). In der vertraglichen Vereinbarung einer Räumungsfrist kann im Einzelfall eine befristete Verlängerung des Mietverhältnisses gesehen werden (vgl (897)

Jürgen Sonnenschein

§556 24-27

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

LG Mönchengladbach WuM 1964, 10). Mit Ablauf der Räumungsfrist tritt auf jeden Fall Verzug ein (OLG Celle MDR 1967, 1013). 24 Der Mieter ist grundsätzlich auch schon vor Beendigung des Mietverhältnisses zur Rückgabe der Sache berechtigt. Dies gilt aber nur im Zweifel und kann dann ausgeschlossen sein, wenn dem Vermieter etwa Unterbringungsmöglichkeiten für die vorzeitig zurückgegebene Mietsache fehlen (vgl § 271 Abs 2). Der Mieter ist trotz vorzeitiger Rückgabe verpflichtet, den Mietzins bis zum Ende der Mietzeit zu entrichten. Er ist nur insoweit von der Zahlungspflicht befreit, als der Vermieter die Sache vorzeitig anderweitig weitervermietet oder ihm obliegende Instandsetzungsarbeiten vornimmt, so daß auch eine weitere Gebrauchsüberlassung an den bisherigen Mieter ausscheidet (§§ 325 Abs 1 S 3, 323 Abs 1, 552; AG Hannover MDR 1969, 845; SCHMIDT-FUTTERER B 124). Eine einvernehmliche vorzeitige Rückgabe kann als Mietaufhebungsvertrag gedeutet werden (vgl aber AG Heidelberg WuM 1975, 67; s auch AG Köln WuM 1975, 143). Entspricht die vorzeitige Rückgabe etwa wegen eines geplanten Umbaus oder Abbruchs des Hauses dem objektiven Interesse des Vermieters, so kann es treuwidrig sein, wenn dieser noch Mietzins über den Zeitpunkt der Räumung hinaus verlangt (AG Münster WuM 1974, 69; SCHMIDTFUTTERER B 124). Verhindert der Vermieter durch sein Verhalten die vom Mieter angebotene Rückgabe der Wohnungsschlüssel anläßlich der Räumung, so gilt die Mietsache trotz der verspäteten Schlüsselübergabe als rechtzeitig zurückgegeben (LG Mannheim WuM 1974, 202).

25 c) Ort der Rückgabe Unbewegliche Sachen, insbesondere Räume, können nur an dem Ort zurückgegeben werden, an dem sie sich befinden. Der Erfüllungsort ist für den Gerichtsstand maßgebend (§ 29 Abs 1 ZPO). Dies gilt auch für Schadensersatzansprüche wegen nicht gehöriger Erfüllung. Bei Mietverträgen über Wohnraum ist für den Gerichtsstand § 29 a ZPO maßgebend. 26 Bewegliche Sachen sind grundsätzlich am Wohnsitz des Vermieters zurückzugeben. Es handelt sich also um eine Bringschuld ( P A L A N D T - P U T Z O § 556 Anm 1 b; SCHMIDTFUTTERER B 130). Dies ist in der Regel nicht erst aus der Natur der Rückgabepflicht (§ 269 Abs 1) als einem vertraglichen Rückgewährschuldverhältnis zu schließen (so SCHMIDT-FUTTERER aaO), sondern kann schon den zumindest konkludenten vertraglichen Vereinbarungen entnommen werden. 27 d) Prozessuale Durchsetzung des Rückgabeanspruchs Wenn der Mieter die Rückgabe der Mietsache unberechtigt verweigert, kann er vom Vermieter auf Herausgabe verklagt werden. Eine eigenmächtige Besitzergreifung gegen den Willen des Besitzers ist dem Vermieter nicht erlaubt (BGH WM 1971, 943; K Ü R Z E L AIZ 1967, 48). Für Klagen auf Räumung von Wohnräumen oder anderen Räumen ist das Amtsgericht ohne Rücksicht auf den Wert des Streitgegenstandes sachlich zuständig (§ 23 Nr 2 a GVG). Die örtliche Zuständigkeit richtet sich nach § 29 a ZPO. Wenn die Geltendmachung des Anspruchs auf Räumung eines Grundstücks oder eines Raumes, der anderen als Wohnzwecken dient, an den Eintritt eines Kalendertages geknüpft ist, kann der Vermieter nach § 257 ZPO Klage auf zukünftige Räumung erheben. Ein besonderes Interesse des Vermieters an einer vorzeitigen Klage und eine Veranlassung durch den Mieter sind nicht erforderlich. Die Vorschrift bezieht sich nicht auf bewegliche Sachen und seit der Neufassung durch Art II Nr 2 MietRÄndG II auch nicht mehr auf Wohnraum. In allen Fällen Jürgen Sonnenschein

(898)

§556 3. Titel. Miete. Pacht

28-31

kann der Vermieter nach § 259 ZPO Klage auf künftige Leistung erheben, wenn den Umständen nach die Besorgnis gerechtfertigt ist, daß sich der Mieter der rechtzeitigen Leistung entziehen werde. Insoweit ist die Zulässigkeit der Klage auf künftige Räumung von Wohnraum unberührt geblieben (LG Darmstadt MDR 1 9 6 5 , 5 7 9 ; BURKHARDT NJW 1 9 6 5 , 8 0 3 ; s auch KALLFELZ NJW 1 9 6 4 , 2 2 8 8 u NJW 1 9 6 5 , 8 0 4 ; T H O M A S - P U T Z O , Z P O [ 9 . Aufl. 1 9 7 7 ] Vorbem § 2 5 7 ) . Auch wenn der Mieter nur mittelbarer Besitzer der Mietsache ist, hat der Vermieter 28 ein Rechtsschutzbedürfnis an einem Herausgabeurteil gegen den Mieter, weil dieser vom unmittelbaren Besitzer wieder unmittelbaren Besitz erlangen kann und dann doch noch eine Klage gegen ihn zu erheben wäre ( R O Q U E T T E § 556 Rz 6). Auch § 283 ist hierfür entscheidend, wonach dem Vermieter bei Nichterfüllung des titulierten Anspruchs die Möglichkeit eröffnet wird, auf vereinfachtem Wege zu Schadensersatz zu kommen (vgl BGHZ 56, 308, 312 = NJW 1971, 2065, 2066; BGHZ 53, 29 = NJW 1970, 241). Die Zwangsvollstreckung zur Erwirkung der Herausgabe richtet sich nach den §§ 883, 885, 886 ZPO. e) Konkurrenzen

29

Der Anspruch auf Herausgabe der Mietsache nach § 556 Abs 1 beruht auf dem Mietvertrag. Ist der Vermieter Eigentümer der Sache oder steht ihm hieran ein dingliches Recht zu (vgl § 1065 BGB; § 34 WEG; § 11 ErbbRVO), so hat er auch einen dinglichen Herausgabeanspruch aus § 985. Dieser dingliche Anspruch wird durch den schuldrechtlichen Herausgabeanspruch nicht ausgeschlossen. Vielmehr bestehen beide Herausgabeansprüche nebeneinander. Dies ergibt sich aus § 986, der dem aus § 985 in Anspruch genommenen Besitzer dieselbe Rechtsstellung wie bei vertraglicher Inanspruchnahme auf Herausgabe gewährt (BGHZ 34,122,123 f; R O Q U E T T E § 556 Rz 11 f; S O E R G E L - M E Z G E R § 556 Rz 2). Die gegenteilige, insbesondere von RAISER (FS M Wolff [1952] 123 ff; E N N E C C E R U S - W O L F F - R A I S E R [10. Bearb 1957] § 84 I 2; JZ 1958, 681, 683; JZ 1961, 529 ff) vertretene Auffassung hat zur Folge, daß dem Mieter eines Grundstücks nicht das Zurückbehaltungsrecht aus § 1000 zusteht, weil er nur aus § 556 in Anspruch genommen wird und insoweit der Ausschluß des Zurückbehaltungsrechts nach § 556 Abs 2 eintritt. Ist der Mietvertrag von vornherein nichtig oder wird er später wirksam angefochten, 30 ist der Tatbestand des § 556 Abs 1 nicht erfüllt, da das Mietverhältnis nicht beendet ist, sondern niemals bestanden hat (vgl § 142 Abs 1). In diesen Fällen ist der Eigentümer oder dinglich Berechtigte auf Herausgabeansprüche aus § 985 und §812 angewiesen. Ist der Vermieter weder Eigentümer noch dinglich Berechtigter, so bleibt ihm bei Nichtigkeit des Mietvertrags nur ein Bereicherungsanspruch aus §812. Zur Frage, ob der Herausgabeanspruch des Eigentümers mit dem Herausgabeanspruch eines dinglich Berechtigten kollidieren kann, inwieweit diese Ansprüche sich decken, einander ausschließen oder nebeneinander bestehen, s HENSELER ZMR 1964, 36. III. Ausschluß des Zurückbehaltungsrechts (Abs 2) 1. Zurückbehaltungsrecht im allgemeinen Hat der Mieter bei Beendigung des Mietverhältnisses noch Ansprüche gegen den Vermieter, die auf dem Mietverhältnis beruhen, so kann er gegenüber dem Herausgabeanspruch aus § 556 Abs 1 grundsätzlich ein Zurückbehaltungsrecht nach § 273 geltend machen. Hierfür kommen vor allem Schadensersatz- und Verwendungser(899)

Jürgen Sonnenschein

31

§556 32-34

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

satzansprüche in Betracht. Bei Ansprüchen auf Ersatz von Verwendungen kann außerdem ein Zurückbehaltungsrecht nach § 1000 eingreifen, sofern der dingliche Herausgabeanspruch aus § 985 mit der hM (vgl Rz 29) nicht als subsidiär gegenüber dem vertraglichen Anspruch aus § 556 Abs 1 behandelt wird. Diese Zurückbehaltüngsrechte gelten uneingeschränkt bei der Miete beweglicher Sachen. 32 2. Ausschluß bei Miete eines Grundstücks Dem Mieter eines Grundstücks steht dagegen nach § 556 Abs 2 wegen seiner Ansprüche gegen den Vermieter ein Zurückbehaltungsrecht nicht zu. Dieser Ausschluß erstreckt sich auch auf die Miete von Wohnräumen und anderen Räumen (§ 580), Werkdienstwohnungen im Sinne des § 565 e (anders Voraufl Rz 25; BGB-RGRK-GELHAAR § 556 Rz 14) wegen der entsprechenden Anwendbarkeit der Vorschriften über die Miete und auf die Pacht (§581 Abs 2), wird insoweit aber durch das Pächterpfandrecht des § 590 an Inventarstücken in gewisser Weise eingeschränkt. 33 Der Ausschluß des Zurückbehaltungsrechts ist erst durch die 2. Kommission in den Entwurf eines BGB aufgenommen worden. Maßgebend war die Überlegung, daß das Zurückbehaltungsrecht des § 273 anders als die Einrede des nichterfüllten Vertrags nicht notwendig aus der Natur des gegenseitigen Vertrags folge, sondern auf Zweckmäßigkeitsgründen beruhe. Wo daher im Einzelfall überwiegende Gründe für den Ausschluß des Zurückbehaltungsrechts bestünden, sei es erforderlich, eine Ausnahme von der allgemeinen Regel zu machen. Solche besonderen Gründe lägen bei Miete und Pacht von Grundstücken vor. Die in der Zurückbehaltung liegende Sicherheit stehe idR in keinem Verhältnis zu den Ansprüchen des Mieters oder Pächters. Das Zurückbehaltungsrecht könne leicht mißbraucht werden, den Vermieter oder Verpächter zur Befriedigung ungerechtfertigter Ansprüche zu nötigen. Bei der Pacht bestehe zudem die Gefahr, daß die rechtzeitige Bestellung des verpachteten Grundstücks unmöglich gemacht werde (Prot II 189). 34 Daraus folgt, daß der Ausschluß des Zurückbehaltungsrechts gegenüber einem auf den Mietvertrag gestützten Anspruch auf Herausgabe eines Grundstücks eine eng auszulegende Sondervorschrift ist, die grundsätzlich keiner ausdehnenden Auslegung zugänglich ist. Dies gilt sicher im Verhältnis zu Ansprüchen auf Herausgabe beweglicher Sachen. Streitig ist, ob § 556 Abs 2 entsprechend anzuwenden ist, wenn der Herausgabeanspruch auf Eigentum gestützt wird. Nach hM (RG JW 1907, 100, 101; BGH LM Nr 1 zu § 556 BGB = MDR 1960, 482; BGHZ 41, 341, 347 = N J W 1964, 1791, 1 7 9 3 ; BGB-RGRK-GELHAAR § 5 5 6 R z 13; ROQUETTE § 5 5 6 R z 15; PALANDT-PUTZO § 5 5 6 A n m 2; SOERGEL-MEZGER § 5 5 6 R z 12; WEIMAR

WuM 1965, 93) darf der Mieter in diesem Fall wegen des Ausnahmecharakters der mietrechtlichen Bestimmung ein Zurückbehaltungsrecht ausüben, also auch dann, wenn ein Mietvertrag infolge Anfechtung von Anfang an nichtig ist (RGZ 85, 133, 137). Das gleiche ist für einen auf ungerechtfertigte Bereicherung gestützten Herausgabeanspruch anzunehmen (ERMAN-SCHOPP § 556 Rz 4). Die gegenteilige Ansicht (LG Ravensburg MDR 1960, 141; SCHMIDT-FUTTERER B 141) will § 5 5 6 Abs 2 in diesen Fällen entsprechend anwenden, weil der vertragslose Besitzer nicht besser gestellt werden dürfe als der ursprünglich zum Besitz berechtigte Mieter. Demgegenüber ist jedoch zu bedenken, daß dieser Einwand zur Konsequenz hat, die Geltendmachung eines Zurückbehaltungsrechts gegenüber dem Anspruch auf Herausgabe eines Grundstücks generell auszuschließen, da es keine Rolle spielen kann, worauf der vertragslose Besitz zurückzuführen ist. So weit wollte der Gesetzgeber aber eindeutig nicht gehen, wie die Stellung der Vorschrift im Mietrecht und die Entstehungsgeschichte erweisen. Jürgen Sonnenschein

(900)

3. Titel. Miete. Pacht

§556 35-37

Der Ausschluß des Zurückbehaltungsrechts gilt für alle vertraglichen Ansprüche des 35 Mieters wie Verwendungsersatz, Rückzahlung nicht abgewohnter Mieterdarlehen und Baukostenzuschüsse (LG Köln MDR 1955, 170), Entschädigung für vorzeitige Kündigung (RGZ 108, 137), Rückzahlung einer Kaution sowie bei deliktischen Ansprüchen auf Schadensersatz (SCHMIDT-FUTTERER B 142). Auf die Höhe der Ansprüche des Mieters kommt es nicht an, auch wenn diese Frage bei der Beratung des Entwurfs in der 2. Kommission (Prot II 189) eine Rolle gespielt hat. Die Berufung des Vermieters auf einen Ausschluß des Zurückbehaltungsrechts gegenüber einem Schadensersatzanspruch des Mieters aus vorsätzlicher unerlaubter Handlung kann aber eine nach § 242 unzulässige Rechtsausübung sein (RGZ 160, 88, 91 f). Nach SCHMIDT-FUTTERER (B 142) soll dieser Rechtsgedanke erweiternd bei grob fahrlässigem Handeln des Vermieters anzuwenden sein, wenn dieses gleichzeitig eine Verletzung mietvertraglicher Pflichten darstelle und erhebliche Schadensfolgen nach sich ziehe. Eine solche Ausweitung ist jedoch bedenklich, weil damit der Ausschluß des Zurückbehaltungsrechts praktisch weitgehend über eine unzulässige Rechtsausübung ausgehöhlt werden könnte und es sich im Grunde um ein rechtspolitisches Anliegen handelt. Der Ausschluß des Zurückbehaltungsrechts nach § 556 Abs 2 ist nicht zwingend (RGZ 139, 17). Die Parteien können deshalb eine abweichende Regelung vereinbaren (vgl RG DWohnA 1932, 214).

IV. Herausgabeanspruch gegen einen Dritten (Abs 3) 1. Allgemeines

36

Nach § 556 Abs 3 steht dem Vermieter nach der Beendigung des Mietverhältnisses ein unmittelbarer Herausgabeanspruch gegen einen Dritten zu, dem der Mieter den Gebrauch der Sache überlassen hat. Dies gilt für bewegliche und unbewegliche Sachen in gleicher Weise. Auch dem Verpächter steht über § 581 der Anspruch gegen den Unterpächter nach Aufhebung des Hauptpachtverhältnisses zu (LG Mannheim ZMR 1966, 48). Dieser unmittelbare Herausgabeanspruch wurde aus praktischen Gründen geschaffen. Ohne eine besondere Vorschrift hätte der Vermieter einen derartigen Anspruch nur dann, wenn er aufgrund seines Eigentums oder eines anderen dinglichen Rechts von jedem Besitzer die Herausgabe der Sache verlangen könnte. Anderenfalls wäre er darauf angewiesen, sich etwaige Ansprüche des Mieters abtreten oder im Wege der Zwangsvollstreckung überweisen zu lassen. Dieses Mittel würde aber versagen, wenn der Mieter wie etwa bei fortbestehender Untervermietung noch nicht befugt wäre, seinerseits die Rückgabe der Sache zu verlangen (Prot II 190). Mit der Beendigung des Hauptmietverhältnisses ist nicht notwendig gleichzeitig das Untermietverhältnis beendet (LG Frankfurt ZMR 1961, 269; LG Kassel WuM 1953,12; R O Q U E T T E § 5 5 6 R z 2 2 ; SCHMIDT-FUTTERER B

149).

Die rechtliche Konstruktion dieses unmittelbaren Anspruchs sollte der Entschei- 37 dung durch die Wissenschaft überlassen bleiben (Prot II 190). In der Voraufl (Rz 32 mwN) wurde hierin eine Art Besitzanspruch gesehen, da der Untermieter dem Hauptvermieter gewissermaßen durch verbotene Eigenmacht widerrechtlich den Besitz entziehe. Demgegenüber ist jedoch zu berücksichtigen, daß die Verpflichtung des besitzenden Dritten nicht auf dem Besitz oder einer sonstigen dinglichen Grundlage beruht. Die Anknüpfung an den Hauptmietvertrag und dessen Beendigung ist eindeutig. Es handelt sich, wie schon die Prot (II 190) zum Ausdruck bringen, um eine gesetzliche Erweiterung der Rechte des Vermieters. Diese Erwei(9oi)

Jürgen Sonnenschein

§556 38-40

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

terung findet ihre Grundlage in dem Hauptmietvertrag. Am nächsten liegt es deshalb, darin einen gesetzlichen Schuldbeitritt des Dritten zu der vertraglichen Rückgabeverpflichtung des Hauptmieters zu sehen (RGZ 136, 33; REICHEL, Schuldmitübernahme [1909], 112 f; ROQUETTE § 5 5 6 Rz 2 0 ; SOERGEL-MEZGER § 5 5 6 Rz 16). Deshalb bleibt auch die Frage, ob es sich um eine vertragliche Rückgabeverpflichtung (ERMAN-SCHOPP § 556 Rz 5) oder um einen gesetzlichen Rückgabeanspruch (SCHMIDT-FUTTERER B 150) handelt, im Grunde terminologischer Natur und kann unterschiedlich beantwortet werden, je nachdem, ob das Schwergewicht auf die vertragliche Grundlage zwischen Hauptvermieter und Hauptmieter oder auf die gesetzliche Erweiterung der Herausgabepflicht gelegt wird. Eindeutig ist allerdings, daß durch diese Vorschrift zwischen Hauptvermieter und Untermieter kein Vertragsverhältnis begründet wird (RGZ 1 1 0 , 1 2 4 , 1 2 6 ; 1 5 6 , 1 5 0 , 1 5 3 ; PALANDT-PUTZO § 5 5 6 Anm 3 ; SCHMIDT-FUTTERER B 1 4 9 ) . Gleichwohl läßt die vertragliche Grundlage des Anspruchs zu, daß der besitzende Dritte alle Einwendungen geltend macht, die sich aus dem Vertrag zwischen Hauptvermieter und Hauptmieter ergeben (ERMAN-SCHOPP § 5 5 6 Rz 5 ; SOERGEL-MEZGER § 5 5 6 Rz 16). Er kann sich aber nicht darauf berufen, daß er dem Hauptmieter gegenüber zum Besitz berechtigt sei ( R G H R R 1 9 4 1 , 2 6 3 ; SOERGEL-MEZGER § 5 5 6 R z 16; LARENZ II § 4 8 V I I a). E i n

Recht zum Besitz aus anderem Grund, etwa ein öffentliches Recht, bleibt dagegen unberührt (LG Hamburg MDR 1957, 482; ERMAN-SCHOPP § 556 Rz 8). Ausgeschlossen ist eine Berufung des Untermieters auf die ihm gegen den Hauptmieter zustehenden vertraglichen oder gesetzlichen Schutzrechte (HOFFMANN WUM 1967, 3 3 ; SCHMIDT-FUTTERER B 160).

38 Der Herausgabeanspruch aus § 556 Abs 3 steht dem Hauptvermieter zu, auch wenn er nicht Eigentümer der Mietsache ist. Schuldner ist der Dritte, dem der Hauptmieter den Gebrauch der Sache überlassen hat. Hauptmieter und besitzender Dritter sind hinsichtlich der Rückgabepflicht Gesamtschuldner (§ 431), wie sich aus dem Wort „auch" in § 556 Abs 3 ergibt (ENNECCERUS-LEHMANN § 129 III 1; ERMAN-SCHOPP § 5 5 6 R z 11; LARENZ II § 4 8 V I I a; MITTELSTEIN 6 3 1 ; PERGANDE § 5 5 6 A n m 4 ; ROQUETTE § 5 5 6 R z 2 0 ) .

39 2. Voraussetzungen a) Es muß ein Hauptmietverhältnis bestanden haben (vgl Rz 2). Da die Pflicht des Dritten zur Herausgabe ebenso wie die des Untermieters ihre Grundlage in dem Hauptmietvertrag findet, muß dieser Vertrag wirksam gewesen sein. Der Herausgabeanspruch aus § 556 Abs 3 besteht deshalb nicht, wenn der Hauptmietvertrag von Anfang an nichtig war, wenn er wirksam angefochten ist (§ 142 Abs 1; vgl RGZ 85, 133) oder wenn er rückwirkend aus sonstigen Gründen wie etwa bei einem Rücktritt ( R G Z 136, 3 3 ; SOERGEL-MEZGER § 5 5 6 R z 2 0 ; a M AUSSEM-PRAHL N J W 1 9 6 6 , 1 9 0 4 , 1 9 0 5 ; vgl aber zum Streit um die rückwirkende Kraft des Rücktritts ERMANH P WESTERMANN § 3 4 6 Rz 3) aufgehoben worden ist (ROQUETTE § 5 5 6 Rz 2 1 ; PALANDT-PUTZO § 5 5 6 Anm 3 ; SCHMIDT-FUTTERER B 1 5 6 ) . In diesen Fällen kommen

nur dingliche Ansprüche des Hauptvermieters gegen den besitzenden Dritten in Betracht.

40 b) Der Mieter muß den Gebrauch der Mietsache einem Dritten Uberlassen haben. Der Dritte muß die Sache also mit Wissen und mindestens mit Duldung des Mieters in Gebrauch genommen haben. Eine eigenmächtige Besitzergreifung reicht nicht aus; in diesem Fall kommen für den Vermieter allenfalls Ansprüche aus den §§ 985, 812, 823 in Betracht (ERMAN-SCHOPP § 556 Rz 6). Es genügt, daß einer von mehreren Mietern dem Dritten den Gebrauch der Sache überlassen hat (AG Stuttgart ZMR 1975, 305). Jürgen Sonnenschein

(902)

3. Titel. Miete. Pacht

§556 41-45

Die Mietsache muß dem Dritten zum selbständigen Gebrauch überlassen sein. Ein 41 unselbständiges Mitgebrauchsrecht wie bei Aufnahme eines nahen Angehörigen ist ähnlich wie im Fall der Untermiete (§ 549; vgl LG Mannheim NJW 1975, 1663) unzureichend (LG Düsseldorf ZMR 1957, 196). Dies gilt auch für den Ehegatten, der nicht Partner des Mietvertrags ist und nach einer Trennung allein in der Wohnung zurückbleibt. Die Räumung der Wohnung durch solche Personen gehört zur Rückgabepflicht des Mieters nach § 556 Abs 1 (SCHMIDT-FUTTERER B 151). Der typische Fall einer selbständigen Gebrauchsüberlassung ist die Untermiete. Der Herausgabeanspruch ist jedoch nicht hierauf beschränkt, sondern kann entsprechend auf andere Fälle der Gebrauchsüberlassung ausgedehnt werden, soweit hierfür ein praktisches Bedürfnis besteht, weil es anders als bei der Leihe (§ 604 Abs 3) an einer entsprechenden Sonderregelung fehlt ( E R M A N - S C H O P P § 556 Rz 13; S O E R G E L - M E Z G E R § 556 Rz 25). Unerheblich ist es, ob zwischen dem Mieter und dem besitzenden Dritten ein wirksames Rechtsverhältnis besteht (SCHMIDT-FUTTERER B 151). Es kommt auch nicht darauf an, ob der Mieter zur Untervermietung berechtigt war ( R O Q U E T T E § 556 Rz 17; P A L A N D T - P U T Z O § 556 Anm 3). Der Dritte muß Besitzer der Sache sein. Im Hinblick auf die Zwangsvollstreckung 42 durch Überweisung eines Herausgabeanspruchs nach den §§ 883, 886 ZPO reicht hierfür wie bei § 985 (PALANDT-BASSENGE § 985 Anm 2 b aa) mittelbarer Besitz aus. Nach Sinn und Zweck des § 556 Abs 3, dem Vermieter einen unmittelbaren Anspruch gegen einen besitzenden Dritten zu verschaffen, ist ein solcher direkter Anspruch auch anzuerkennen, wenn mehrere Untermietverhältnisse hintereinandergeschaltet sind. Dies gilt in gleicher Weise für den Hauptvermieter wie auch für einen Untervermieter, der mittelbarer Besitzer zweiten Grades ist. c) Die Beendigung des Hauptmietverhältnisses muß eingetreten sein (vgl Rz 5). 43 Entsprechendes gilt bei mehrfacher Untermiete für das obere Untermietverhältnis. Das Hauptmietverhältnis ist auch dann beendet, wenn der Hauptmieter stirbt und niemand an seiner Stelle nach § 569 a in den Mietvertrag eintritt (AG Ansbach MDR

1 9 6 5 , 4 8 8 ; SCHMIDT-FUTTERER B 1 5 2 ; S O E R G E L - M E Z G E R § 5 5 6 R z

17).

Entscheidend ist nur, wann das Mietverhältnis mit dem Hauptmieter rechtlich endet. Auf den Zeitpunkt, zu dem der Hauptmieter die tatsächlichen Beziehungen zu der Mietsache aufgibt, kommt es nicht an (RGZ 1 5 6 , 1 5 0 , 1 5 3 ) . Auf die Entstehung des Herausgabeanspruchs ist es deshalb ohne Einfluß, ob der Hauptmieter den Besitz vorzeitig aufgibt oder über die Beendigung des Hauptmietverhältnisses hinaus beibehält (LG Mönchengladbach WuM 1 9 6 4 , 3 9 ; ROQUETTE § 5 5 6 Rz 1 9 ; SCHMIDTFUTTERER B 1 5 2 ; S O E R G E L - M E Z G E R § 5 5 6 R z

17).

Die Beendigung des Hauptmietverhältnisses darf nicht als Scheingeschäft nach 44 § 117 Abs 1 oder wegen Sittenwidrigkeit nach § 138 Abs 1 nichtig sein. Dies ist möglich, wenn das Hauptmietverhältnis ganz oder teilweise beendet wird, nur um dem Untermieter den Besitz zu entziehen (LG Nürnberg-Fürth ZMR 1960, 173; AG Frankfurt WuM 1962, 53; vgl auch AG Essen-Steele WuM 1963, 57). Die Geltendmachung des Herausgabeanspruchs kann in solchen Fällen auch eine nach § 242 unzulässige Rechtsausübung sein, wenn Hauptvermieter oder Hauptmieter kein berechtigtes Interesse im Sinne des § 564 b daran haben, den Besitz der untervermieteten Räume zurückzuerlangen ( E R M A N - S C H O P P § 556 Rz 9; SCHMIDTFUTTERER B 154, jeweils mwN; S O E R G E L - M E Z G E R § 556 Rz 19; LG Rottweil WuM 1962, 185). Bei Eintritt eines neuen Hauptmieters in ein bereits bestehendes Mietverhältnis tritt 45 keine Beendigung ein, so daß auch kein Herausgabeanspruch gegen den Untermieter ausgelöst wird (SCHMIDT-FUTTERER B 156; vgl auch Rz 5). (903)

Jürgen Sonnenschein

§556 46-51

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

46 Der Räumungsanspruch gegen denntermieter erlischt bei Abschluß eines neuen Hauptmietverhältnisses über die gesamte Wohnung (LG München WuM 1964,118). 47 d) Aus dem unterschiedlichen Wortlaut in § 556 Abs 1 und Abs 3 wird im allgemeinen geschlossen, weitere Voraussetzung für die Entstehung des Herausgabeanspruchs sei dessen Geltendmachung gegenüber dem Dritten (RGZ 156, 150, 1 5 3 f; B G B - R G R K - G E L H A A R

§ 556

Rz

1 7 ; ENNECCERUS-LEHMANN

§ 129 III

1;

E R M A N - S C H O P P § 5 5 6 R z 6 ; P A L A N D T - P U T Z O § 5 5 6 A n m 3 ; PERGANDE § 5 5 6 A n m 4 ; ROQUETTE § 556 Rz 19; SCHMIDT-FUTTERER B 157). Dies sei auch deshalb gerechtfertigt, weil der Dritte nicht in vertraglicher Beziehung zum Hauptmieter stehe und keinen Anlaß habe, sich um die Rechtsbeziehungen zwischen den Parteien des Hauptvertrags zu kümmern, und in der Regel auch keine Möglichkeit habe, sich hierüber Klarheit zu verschaffen (RG aaO). Für die Geltendmachung sei eine einseitige, empfangsbedürftige Erklärung des Hauptvermieters gegen den Untermieter erforderlich, die auch in der Erhebung der Räumungsklage gesehen werden könne (SCHMIDT-FUTTERER aaO).

48 Diese Auffassung ist insofern bedenklich, als der Anlaß für den Untermieter, sich um die Rechtsbeziehungen zwischen den Parteien des Hauptmietvertrags zu kümmern, gerade aus § 556 Abs 3 erwachsen kann. Darüber hinaus ist es ungewöhnlich und wird auch nicht für § 985 verlangt, daß für die Entstehung eines Herausgabeanspruchs noch eine besondere Geltendmachtung vorliegen muß. Im Grunde liegt das Problem bei der Frage, in welchem Zeitpunkt der Untermieter in Verzug gerät und damit wegen verzögerter Rückgabe schadensersatzpflichtig werden kann. Deshalb ist bei § 284 Abs 2 anzusetzen und der Eintritt des Verzugs ohne Mahnung für eine Leistung abzulehnen, deren Fälligkeit der Untermieter gar nicht kennen kann (§ 242). Die Aufforderung, die von der hM als Tatbestandsmerkmal für die Entstehung des Herausgabeanspruchs vorausgesetzt wird, ist auf dieser Grundlage als Mahnung für den Eintritt des Verzugs erforderlich (§ 284 Abs 1). 49 3. Rechtsfolgen a) Inhalt der Herausgabepflicht Inhaltlich entspricht die Herausgabepflicht des Dritten, der die Mietsache besitzt, im wesentlichen der Rückgabepflicht des Hauptmieters (vgl Rz 6-26). 50 Aus Vereinbarungen zwischen Hauptmieter und Untermieter kann der Hauptvermieter keine eigenen Rechte herleiten, so etwa bei Übernahme der Schönheitsreparaturen durch den Untermieter. Möglich ist aber die Abtretung der Ansprüche des Hauptmieters (SCHMIDT-FUTTERER B 162). 51 Der Rückgabeanspruch des Hauptvermieters gegen den Untermieter soll nach SCHMIDT-FUTTERER (B 163) nicht das Recht umfassen, die Beseitigung von Einrichtungen und baulichen Veränderungen zu verlangen, die der Untermieter mit Zustimmung des Hauptmieters vorgenommen habe. Ein dahin gehender Anspruch aus § 556 Abs 1 richte sich nur gegen den Hauptmieter. Die Besitzübertragung an den Hauptmieter beschränke aber auch die aus der Eigentümerstellung fließenden Befugnisse des Haupt Vermieters. Diese Auffassung ist abzulehnen, weil die Besitzübertragung selbst in Verbindung mit einer Zustimmung des Hauptmieters zum Einbau von Einrichtungen oder zu baulichen Veränderungen keine Rechtsgrundlage abgibt, um Eigentümerrechte des Hauptvermieters zu beschränken. Zumindest müßte SCHMIDT-FUTTERER weiter danach differenzieren, ob die Untervermietung berechtigt oder unberechtigt ist. Aber selbst das reicht nicht aus, weil der Untermieter jedenfalls bei Kenntnis der Sachlage davon ausgehen muß, daß nur der HauptJürgen Sonnenschein

(904)

§§ 556, 556 a 52-54

3. Titel. Miete. Pacht

Vermieter befugt ist, dem Einbau von Einrichtungen und baulichen Veränderungen zuzustimmen. Nur in diesem Fall ist deshalb das Recht ausgeschlossen, im Rahmen des § 556 Abs 3 die Beseitigung zu verlangen. Im übrigen ist es möglich, daß sich der Inhalt der Rückgabeverpflichtung nach § 556 52 Abs 1 von der Herausgabepflicht nach Abs 3 unterscheidet. Dies gilt auch hinsichtlich des Leistungsortes, weil der Anspruch aus Abs 1 bei beweglichen Sachen eine Bringschuld ist (vgl Rz 26), bei Abs 3 es sich aber um eine Holschuld handelt ( S C H M I D T - F U T T E R E R B 1 5 0 ) . Diese Divergenzen werden aber im Ergebnis weitgehend beseitigt, weil beide Ansprüche nebeneinander bestehen. Der Ausschluß des Zurückbehaltungsrechts bei der Miete von Grundstücken nach § 556 Abs 2 gilt in gleicher Weise ( E N N E C C E R U S - L E H M A N N § 129 III 1; P A L A N D T - P U T Z O § 5 5 6 Anm 3 ; SCHMIDT-FUTTERER B 1 6 1 ) . Zur Abtretung und Pfändung des Anspruchs aus § 5 5 6 A b s 3 vgl ERMAN-SCHOPP § 5 5 6 R z 7.

b) Prozessuale Durchsetzung des Herausgabeanspruchs

53

Für die Durchsetzung des Herausgabeanspruchs nach § 556 Abs 3 gilt im wesentlichen das gleiche wie bei dem Anspruch nach Abs 1 (vgl Rz 27 f). Hauptmieter und Untermieter können wegen ihrer gesamtschuldnerischen Haftung auch gleichzeitig verklagt werden (LG Hamburg MDR 1958, 431; MDR 1956, 299; LG Köln WuM 1961, 191,192; ENNECCERUS-LEHMANN § 129 III 1; MITTELSTEIN 631; P A L A N D T - P U T ZO § 5 5 6 A n m 4 ; R O Q U E T T E § 5 5 6 R z 2 0 ; SCHMIDT-FUTTERER B 1 6 5 ; SCHUMACHER

B1GBW 1961, 298; aM LG Berlin B1GBW 1960, 111; LEWALD MDR 1957, 483). Dies ist für den Hauptvermieter vor allem deshalb von Bedeutung, weil ein gegen den Hauptmieter erstrittenes Urteil nicht ohne weiteres gegen den Untermieter vollstreckbar ist. Dahin gehende Anträge wurden in der 2. Kommission abgelehnt (Prot II 190 ff). Der Hauptvermieter kann sich auch einen etwaigen Räumungsanspruch des Hauptmieters gegen den Untermieter überweisen lassen (§ 886 ZPO), bleibt aber immer noch auf eine weitere Klage angewiesen, falls der Untermieter die Räumung verweigert. Ein rechtskräftiges Urteil gegen den Hauptmieter wirkt nur dann gegen den Untermieter, wenn dieser erst nach Eintritt der Rechtshängigkeit Besitz an der streitbefangenen Sache erlangt hat (LG Karlsruhe NJW 1953, 30 m abl Anm

BERG;

ENNECCERUS-LEHMANN

§129

III

1;

ERMAN-SCHOPP

PALANDT-PUTZO § 5 5 6 A n m 4 ; SOERGEL-MEZGER § 5 5 6 R z

§ 556

Rz

10;

21).

c) Zur Konkurrenz des Anspruchs aus § 556 Abs 3 mit anderen Ansprüchen gilt das 54 gleiche wie bei Abs 1 (vgl Rz 29 f).

§ 556 a Der Mieter kann der Kündigung eines Mietverhältnisses über Wohnraum widersprechen und vom Vermieter die Fortsetzung des Mietverhältnisses verlangen, wenn die vertragsmäßige Beendigung des Mietverhältnisses für den Mieter oder seine Familie eine Härte bedeuten würde, die auch unter Würdigung der berechtigten Interessen des Vermieters nicht zu rechtfertigen ist. Eine Härte liegt auch vor, wenn angemessener Ersatzwohnraum zu zumutbaren Bedingungen nicht beschafft werden kann. Bei der Würdigung der berechtigten Interessen des Vermieters werden nur die in dem Kündigungsschreiben nach § 564 a Abs. 1 Satz 2 angegebenen Gründe berücksichtigt, soweit nicht die Gründe nachträglich entstanden sind. Im Falle des Absatzes 1 kann der Mieter verlangen, daß das Mietverhältnis so lange fortgesetzt wird, wie dies unter Berücksichtigung aller Umstände angemessen ist. Ist dem Vermieter nicht zuzumuten, das Mietverhältnis nach den bisher geltenden (905)

Jürgen Sonnenschein

§ 556 a 2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

Vertragsbedingungen fortzusetzen, so kann der Mieter nur verlangen, daß es unter einer angemessenen Änderung der Bedingungen fortgesetzt wird. Kommt keine Eingungzusande, so wird über eine Fortsetzung des Mietverhältnisses und über deren Dauer sowie über die Bedingungen, nach denen es fortgesetzt wird, durch Urteil Bestimmung getroffen. Ist ungewiß, wann voraussichtlich die Umstände wegfallen, auf Grund deren die Beendigung des Mietverhältnisses für den Mieter oder seine Familie eine Härte bedeutet, so kann bestimmt werden, daß das Mietverhältnis auf unbestimmte Zeit fortgesetzt wird. Der Mieter kann eine Fortsetzung des Mietverhältnisses nicht verlangen, 1. wenn er das Mietverhältnis gekündigt hat; 2. wenn ein Grund vorliegt, aus dem der Vermieter zur Kündigung ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist berechtigt ist. Die Erklärung des Mieters, mit der er der Kündigung widerspricht und die Fortsetzung des Mietverhältnisses verlangt, bedarf der schriftlichen Form. Auf Verlangen des Vermieters soll der Mieter über die Gründe des Widerspruchs unverzüglich Auskunft erteilen. Der Vermieter kann die Fortsetzung des Mietverhältnisses ablehnen, wenn der Mieter den Widerspruch nicht spätestens zwei Monate vor der Beendigung des Mietverhältnisses dem Vermieter gegenüber erklärt hat. Hat der Vermieter nicht rechtzeitig vor Ablauf der Widerspruchsfrist den in § 564 a Abs. 2 bezeichneten Hinweis erteilt, so kann der Mieter den Widerspruch noch im ersten Termin des Räumungsrechtsstreits erklären. Eine entgegenstehende Vereinbarung ist unwirksam. Diese Vorschriften gelten nicht für Wohnraum, der zu nur vorübergehendem Gebrauch vermietet ist, und für Mietverhältnisse der in § 565 Abs. 3 genannten Art.

Art VI Nr 1 AbbauG vom 23. 6. 1960 (BGBl I 389); Ausschußbericht BT-Drucks III/1850, zu Drucks 1850, 9. Art I Nr 3 MietRÄndG I vom 29. 7. 1963 (BGBl I 505); Begr zum RegE BT-Drucks IV/806, 10 (zu Art I Nr 12); Ausschußbericht BT-Drucks IV/1323, zu Drucks 1323, 3. Art I Nr 14 MietRÄndG II vom 14. 7. 1964 (BGBl I 457); Ausschußbericht BT-Drucks IV/ 2195, zu Drucks 2195, 4. Art I Nr 1 - 3 MietRÄndG III vom 21. 12. 1967 (BGBl 1 1248); Begr zum Entw des BR und Stellungnahme der BReg BT-Drucks V/1743, 3 und 4; Ausschußbericht BT-Drucks V/2317, zu Drucks V/2317, 2. Art 1 Nr 1 MRVerbG vom 4. 11. 1971 (BGBl I 1745); Begr zum RegE BT-Drucks VI/1549, 6; Ausschußbericht BT-Drucks VI/2421, 2.

Schrifttum BODIÉ, Ausschluß des Widerspruchsrechts, ZMR 1964, 293; ders, Die Formalien der Widerspruchserklärung, WuM 1964, 99; ders, Die Widerspruchsfrist, WuM 1964, 116; BRÜHL, Mietverhältnisse über Wohnraum ab 1. 11. 1963, FamRZ 1964, 67; ders, Neuestes Wohnraum-Mietrecht, FamRZ 1964, 541; BUCHER, Die Sozialklausel des § 556 a BGB, DRiZ 1966, 137; BURKHARDT, Das 3. Gesetz zur Änderung mietrechtlicher Vorschriften, WuM 1968, 21; ders, Das neue Wohnraummietrecht, BB 1963, 907; ders, Sozialklausel und Räumungsfrist, WuM 1968, 175 und JurBüro 1968, 596; CLASEN, Ist ein telegrafisch übermittelter Kündigungswiderspruch des Mieters nach § 556 Abs. 5 Satz 1 BGB unwirksam? B1GBW 1975, 126; CÖPPICUS, Widerspruchsgründe nach § 556 a BGB, ZMR 1965, 164; DREWS, Die Rechte des Mieters nach Erlaß des Ersten Gesetzes zur Änderung mietrechtlicher Vorschriften vom 29. 7. 1963, WuM 1964, Beil H 2, 2;

Jürgen Sonnenschein

(906)

§ 556 a 3. Titel. Miete. Pacht Z U § 556 a BGB und zu § 565 BGB, ZMR 1960, 225; G I E S E , Einige Fragen zur Anwendung des neuen sozialen Mietrechts unter Berücksichtigung der neuen Rechtsprechung, B1GBW 1969, 6; VON GIZYCKI, Rechtsprechungsübersicht zu § 556 a BGB, BBauBl 1970, 571; G L A S E R , Das neue Wohnungsmietrecht, MDR 1968, 280; GÖCKMANN, Das neue Wohnmietrecht in den weißen Kreisen, NJW 1963, 2109; G R A B A , Mieterdarlehen und ordentliche Kündigung, WuM 1970, 129; H Ä R I N G , Grundsätze zur Sozialklausel des § 556 a BGB und die Notwendigkeit ihrer Reform, WuM 1966, 89; HANS, Die Rechtsprechung zur Sozialklausel, DWW 1964, 373 u DWW 1966, 218; ders, Zum Dritten Mietrechtsänderungsgesetz, DWW 1968, 10 u 55; H Ä U S L E R , Soziales Mietrecht trotz vierjähriger Bewährung geändert. Inhalt und Bedeutung des Dritten Mietrechtsänderungsgesetzes, DWW 1968, 4; H E R M E S , Erdachte Anwendungsfälle zum § 556 a BGB, WuM 1964, 101; ders, Zur Anwendung des § 556 a BGB bei hohem Lebensalter beider Mietvertragsparteien, ZMR 1967, 33; H I E N D L , Rechtsnatur der Frist für den Widerspruch gegen die Kündigung des Vermieters (§ 556 a BGB), NJW 1965, 2190; HOFFMANN, Die neuen Bestimmungen des 3. Mietrechtsänderungsgesetzes, DWW 1968, 44; ders, Der Kündigungswiderspruch im Rechtsstreit, WuM 1964, 49; ders, Aktuelle Probleme des Mietprozesses in den weißen Kreisen, ZMR 1964, 97; ders, Neue Rechtsfragen beim Räumungsprozeß in den weißen Kreisen, MDR 1965, 170; ders, Rechtsnatur der Kündigungswiderspruchsfrist des § 556 a Abs. 6 BGB, NJW 1966, 486; ders, Das Risiko des Vermieters bei der Räumungsklage, DWW 1965,122; ders, Überlegungen zur künftigen Praxis des Kündigungswiderspruchs (§ 556 a BGB), WuM 1963,161; H O L T G R Ä V E , Die Beendigung der Mietverhältnisse über Wohnraum nach neuem Recht, Betrieb 1964, 1097; K O R F F , Rechtsprechung zum sozialen Mietrecht, ZMR 1965, 289; KUNKEL, Die Sozialklausel - ungelöste Probleme nach dem Inkrafttreten des 2. Mietrechtsänderungsgesetzes v. 14. 7. 64, B1GBW 1965, 21; ders, Wohnraumkündigung und Sozialklausel im neuen Mietrecht, NJW 1965, 799; LÖWE, Zweifelsfragen aus dem neuen Mietrecht. Einleitung und Mietrechtsverbesserungsgesetz, NJW 1972, 1913; M O H N E N , Der Inhalt des Sozialbegriffs im neuen Mietrecht, FS für Nipperdey (1965) I, 605; N I E D N E R , Zur Kritik an der Sozialklausel des § 556 a BGB, WuM 1965, 142; ders, Kündigungsschutz und Mietzinssteigerungen, WuM 1970, 141; PERGANDE, Bedeutung und Probleme der Sozialklausel im Mietrecht, NJW 1966, 1481; ders, Die Bewährungsprobe für das neue soziale Mietrecht, B1GBW 1966, 1; ders, Die Kündigung von Wohnraum und die Sozialklausel im neuen Mietrecht, NJW 1964, 1925; ders, Die jüngste Rechtsprechung zur Sozialklausel, FWW 1970, 503; R O E S C H , Zur Zweckbestimmung des § 556 a Abs. 1 BGB, WuM 1971,17; SCHERER, Zur Änderung der Sozialklausel des § 556 a BGB, WuM 1966, 161; ders, Zur Einführung des Bestandschutzes in das neue Wohnmietrecht, WuM 1967, 69; ders, Zur Frage zivilrechtlicher Unwirksamkeit der Kündigung eines Wohnraummietverhältnisses, WuM 1965, 1; ders, Die Räumungsklage in den weißen Kreisen, WuM 1963, 129; SCHMIDT-FUTTERER, Die Änderungen der §§ 556 a, 564 a BGB, WuM 1972, 37; ders, Die rechtliche Behandlung der Mischmietverhältnisse im Räumungsverfahren, NJW 1966, 583; ders, Kündigungsschutz für Mieter im hohen Alter, NJW 1971,731; ders, Der Kündigungswiderspruch wegen fehlender Ersatzwohnung, NJW 1965, 1461; ders, Die Pflicht des Mieters zur Beschaffung von Ersatzraum, NJW 1971, 1829; ders, Sozialklausel § 556 a BGB: Gerichte sind an allem schuld! WuM 1965, 109; ders, Die neue Sozialklausel näher betrachtet, WuM 1969, 65; ders, Probleme der Wohnungskündigung wegen Eigenbedarfs, MDR 1972, 560; ders, Die Voraussetzungen des Rechtsentscheids über den Kündigungswiderspruch, MDR 1969, 96; ders, Welche rechtlichen Vorteile bringt das Dritte Mietrechtsänderungsgesetz für den Mieter? WuM 1968, 37; SCHOPP, Bemerkungen zu § 556 a BGB, ZMR 1961, 153 u ZMR 1967, 97; ders, §§ 556 a bis 556 c in der Fassung des Dritten Mietrechtsänderungsgesetzes, ZMR 1968, 225; ders, Das Zweite Gesetz zur Änderung mietrechtlicher Vorschriften, ZMR 1964, 321; VOELSKOW, Änderungen des sozialen Mietrechts durch das 3. Mietrechtsänderungsgesetz, Betrieb 1968, 115 u 160; V O G E L , Das Zweite Wohnraumkündigungsschutzgesetz, JZ 1975, 73; W E I M A R , Bedarf die auf Widerspruch des Mieters erfolgte Einigung über die Verlängerung des Mietverhältnisses der Schriftform? WuM 1965,146; ders, Ist eine Bedingung bei der Kündigung und beim Kündigungswiderspruch zulässig? WuM 1965, 200; ders, § 556 a BGB unter besonderer Berücksichtigung der (neuesten) Rechtsprechung, AnwBl 1965, 282 u WuM 1965, 110; ders, Welches Gericht hat über die Fortsetzung des Mietverhältnisses im Falle des § 556 a Abs. 3 BGB zu entscheiden? WuM 1963, FISCHER,

(907)

Jürgen Sonnenschein

§ 556 a 2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse 183; ders, Kündigung von Wohnraum und Widerspruch des Mieters durch Bevollmächtigte, WuM 1964, 52; ders, Unangemessen hohe Miete oder fehlende Ersatzwohnung als Härtegrund im Sinne des § 556 a BGB, WuM 1970, 89; ders, Rechtsfolgen der Angabe unrichtiger Gründe bei Widerspruch und Kündigung, ZMR 1968, 65; ders, Kritik an der Sozialklausel des § 556 a BGB, WuM 1965, 73; ders, Bietet die Sozialklausel des § 556 a BGB einen genügenden Heimschutz für den Wohnungsmieter? WuM 1966, 109; ders, Die Sozialklausel des § 556 a BGB bei gleichzeitiger Vermietung von Wohn- und Geschäftsräumen, NJW 1965, 622; ders, Der Tatbestand der Zumutbarkeit bei Raummietverträgen, B1GBW 1977, 195; ders, Der Widerspruch des Mieters gegen Kündigung auf Grund der Sozialklausel, WM 1968, 426; ders, Zweifelsfragen zur Sozialklausel des § 556 a BGB, NJW 1963, 2111; WESSEL, Nach dem Abbau der Wohnungszwangswirtschaft: Freies Kündigungsrecht der Vermieter und Schutz der Mieter, BBauBl 1963, 594.

lie Übersicht a) Allgemeines 45 b) Einzelfälle 48 5. Abwägung der Interessen 54

I. Allgemeine Kennzeichnung 1. Überblick 1 2. Entstehung der Vorschrift 2 3. Zweck der Vorschrift 3 II. Voraussetzungen 1. Mietverhältnis über Wohnraum 5 2. Vertragsmäßige Beendigung durch Kündigung 11 3. Ungerechtfertigte Härte für den Mieter oder seine Familie 20 a) Allgemeines 20 b) Einzelfälle 26 aa) Umstände im Zusammenhang mit der Beschaffung einer neuen Wohnung 27 bb) Umstände im Zusammenhang mit der bisherigen Wohnung 32 cc) Persönliche Umstände 38 4. Berechtigte Interessen des Vermieters 45

III. Rechtsfolgen 1. Allgemeines 57 2. Recht zum Widerspruch im allgemeinen 61 a) Besondere Voraussetzungen des Widerspruchs 61 b) Wirkung des Widerspruchs 68 3. Anspruch auf Fortsetzung des Mietverhältnisses im besonderen 71 a) Einigung der Parteien 72 b) Fortsetzungsurteil 75 c) Dauer und sonstiger Inhalt des fortgesetzten Mietverhältnisses 78 IV. Ausnahmetatbestände (Abs 8) 88 V. Unabdingbarkeit (Abs 7) 97

Alphabetische Übersicht Altersheim 93 Anfechtung des Mietvertrages 18 Ausnahmetatbestände 88 ff - Wohnraum, möblierter 95 f - Wohnraum zu nur vorübergehendem Gebrauch 88 ff Behörden als Mieter 7, 24 Berechtigtes Interesse des Vermieters, s Vermieterinteresse Beweislast 77 Dauer des fortgesetzten Mietverhältnisses 78 ff Eigenbedarf des Vermieters 50 Eigentumserwerb 51 Entstehung der Vorschrift 2 Ersatzwohnraum 27 ff, 38 Fortsetzungsanspruch 57 ff, 71 ff - Beweislast 77

- Einigung der Parteien 72 - Formbedürftigkeit der Einigung 73 - Fortsetzungsklage 75 - Fortsetzungsurteil 75 - Gestaltungsurteil 76 - Prozeßvergleich 74 Fortsetzung des Mietverhältnisses 78 ff - Abänderung der Vertragsbedingungen 83 f - Abänderung vertraglicher Nebenpflichten 87 - Angemessenheit der Abänderung 86 - auf bestimmte Zeit 80 - auf Lebenszeit 82 - auf unbestimmte Zeit 81 - durch Einigung 78 - durch Gerichtsurteil 79 - Mietzinsanpassung 84 Gastarbeiterwohnraum 93 Gestaltungsurteil 76

Jürgen Sonnenschein

(9os)

§556 a 3. Titel. Miete. Pacht Härte, ungerechtfertigte 20 ff - Einzelfälle 26 ff - für Bedienstete von Behörden oder Unternehmen 24 - für Familie des Mieters 23 - für einen von mehreren Mietern 22 - für Untermieter 25 - persönliche Umstände 38 ff - Umstände im Zusammenhang mit der Beschaffung einer neuen Wohnung 27 ff - Umstände im Zusammenhang mit der bisherigen Wohnung 32 ff Hinweispflicht des Vermieters 65 Hotelzimmer 91 Interessenabwägung 54 ff Inhalt des fortgesetzten Mietverhältnisses 78 ff Inhalt des Widerspruchs 67 Kündigung 11 ff, 45 - außerordentliche befristete 15 ff - durch den Mieter 13 - fristlose 14 - ordentliche 13 Mietverhältnis - über Geschäftsräume 6 - über Grundstücke 6 - über Wohnraum 5 ff Mischraum 9 Notunterkunft 92

- Einkommen 42 - Kinderreichtum 41 - Krankheit und Gebrechen 38, 39 - Not, finanzielle 38 - Pflegebedürftigkeit 38 - Schwangerschaft 40 - Verwurzelung in der Umgebung 38 Umstände im Zusammenhang mit der Beschaffung einer neuen Wohnung 27 ff - Bemühen um Ersatzwohnung 29 - Umzugskosten 30 - Zwischenumzug 31 Umstände im Zusammenhang mit der bisherigen Wohnung 32 ff - Flüchtlingswohnung 35 - Miethöhe 34 - Sozialwohnung 35 - Wohndauer 33 - Verlust finanzieller Aufwendungen 32 - Verlust finanzieller Vorteile 37 Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen 51 Umzugskosten 30 Verlangen auf Fortsetzung des Mietverhältnisses 57 ff, 71 ff Vermieterinteresse, berechtigtes 45 ff - Eigenbedarf 50 - Einzelfälle 48 - Pflichtverletzungen des Mieters 48 - Spannungen zwischen den Mietparteien 49 - Verwertung, angemessene wirtschaftliche 52

Pflegeheim 93 Privatunterkunft 91

Wartefrist des Erwerbers eines Mietshauses 51 Werkmietwohnung 7, 50,64 Widerklage 75 Räumungsfrist, gerichtliche 36,66 Widerspruchsrecht des Mieters 56, 57 ff Räumungsrechtsstreit 65, 67, 75 - Form 61f Rücktritt durch den Vermieter 19 - Frist 63 ff - Härtegründe nach Fristablauf 66 Sanierung, städtebauliche 53 - Inhalt des Widerspruchs 67 - im Räumungsrechtsstreit 65 Schülerheim 94 - Vertretung 62 Studentenwohnheim 92 ff - Voraussetzungen 61 ff - Wirkung des Widerspruchs 75 Unabdingbarkeit 97 f Wohnheim 94 Unternehmen als Mieter 7, 24 Wohnraum Untermiete 25, 37 Umstände, persönliche härtebegründende 38 ff - zu nur vorübergehendem Gebrauch 88 ff - möblierter 95 - Alter 38 - Nutzung für den Beruf 8 f, 37 - Ausbildung 44 - Nutzung für gewerbliche Heimarbeit 8 f, 37 - Berufsausübung 44

(909)

Jürgen Sonnenschein

§ 556 a 1-4

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

I. Allgemeine Kennzeichnung 1 1. Überblick Die Regelung des § 556 a gehört als sog Sozialklausel zum Kern des sozialen Mietrechts im BGB (Ausschußbericht, zu BT-Drucks III/1850, 9). Hiernach hat der Mieter von Wohnraum in Härtefällen das Recht, einer Kündigung des Vermieters innerhalb einer bestimmten Frist zu widersprechen und zu verlangen, daß das Mietverhältnis fortgesetzt wird. Können sich die Parteien nicht einigen, so ist eine gerichtliche Entscheidung zulässig. Bei der Fortsetzung des Mietverhältnisses ist eine angemessene Änderung der Vertragsbedingungen möglich. 2 2. Entstehung der Vorschrift § 556 a ist durch Art VI Nr 1 des AbbauG vom 23. 6. 1960 in das BGB eingefügt worden. Zunächst ist Abs 8 durch Art I Nr 3 MietRÄndG I vom 29. 7. 1963 geändert worden. Durch Art I Nr 14 MietRÄndG II vom 14. 7. 1964 sind in Abs 4 die Nr 3 gestrichen und Abs 7 neu gefaßt worden. Art I Nr 1 - 3 MietRÄndG III vom 21. 12. 1967 änderte die Abs 1-3, fügte in Abs 5 den S 2 an und faßte Abs 6 neu. Durch das MRVerbG vom 4. 11. 1971 sind schließlich an Abs 1 die S 2 und 3 angefügt und ein Teil des Abs 6 S 2 gestrichen worden. 3 3. Zweck der Vorschrift Mit dem schrittweisen Abbau der Wohnungszwangswirtschaft und der Umwandlung des im BGB geregelten Mietrechts in ein soziales Miet- und Wohnrecht (vgl Vorbem 12 ff zu §§ 535, 536) wurde es notwendig, bei einem im Prinzip freien Kündigungsrecht des Vermieters auf besondere soziale Härten Rücksicht zu nehmen, die bei Mietverhältnissen über Wohnraum auf Seiten des Mieters eintreten können. Nach Wiederherstellung eines normalen Wohnungsmarktes sollte dem Vermieter zwar im Grundsatz nicht das Recht abgesprochen werden, das Mietverhältnis entsprechend den vertraglichen Vereinbarungen und den gesetzlichen Vorschriften, insbesondere über die Kündigungsfristen, zu beenden. Es wurde von ihm jedoch eine verstärkte Rücksichtnahme erwartet, wenn die Kündigung aufgrund besonderer Umstände eine soziale Härte für den Mieter sei, so daß sie sich auch bei voller Würdigung der Belange des Vermieters nicht rechtfertigen lasse. Entgegen der Regierungsvorlage (Art III § 4 des RegE eines AbbauG, BT-Drucks III/1234, 9 nebst Begr S 66) sollte dem Mieter aber nicht das Recht zugestanden werden, die Kündigung des Vermieters für unwirksam zu erklären. Es wurde für ausreichend gehalten, daß der Vermieter durch den Widerspruch des Mieters verpflichtet wird, das Mietverhältnis ggf auch unter Änderung der Vertragsbedingungen fortzusetzen, solange es den Umständen nach angemessen ist. Dem Mieter wurde eine gesetzliche Frist für die schriftliche Erklärung des Widerspruchs gesetzt, damit dem Vermieter in angemessener Zeit vor Ablauf des Mietverhältnisses Klarheit darüber verschafft wird, ob der Mieter räumen wird oder nicht (Ausschußbericht, zu BT-Drucks III/1850, 9). 4 Als sich später herausstellte, daß § 556 a in der Praxis eine Verlängerung des Mietverhältnisses nur in einer begrenzten Zahl von Fällen zuließ und auch die Brücksichtigung einer noch angespannten Wohnungslage nicht als möglich erschien, ist die Vorschrift durch das MietRÄndG III mit dem Ziel geändert worden, ihre Breitenwirkung zu vergrößern und ihren Charakter als Ausnahmevorschrift zu mildern (Begr zum Entw des BR BT-Drucks V/1743, 3). Ferner sollte klargestellt werden, daß bei der Abwägung der Interessen keiner der Parteien von vornherein ein Vorrang einzuräumen sei (vgl Ausschußbericht, zu BT-Drucks V/2317, 2). Jürgen Sonnenschein

(910)

3. Titel. Miete. Pacht

§556 a 5-10

II. Voraussetzungen 1. Mietverhältnis über Wohnraum

5

Es muß sich um ein Mietverhältnis handeln (Vorbem 20 ff zu §§ 535, 536). Das Mietverhältnis kann unbefristet, befristet mit Verlängerungsklausel (§ 565 a Abs 1; PALANDT-PUTZO § 5 5 6 a A n m 2 a; ROQUETTE § 5 5 6 a R z 8; SCHMIDT-FUTTERER B 1 7 2 ; a M ERMAN-SCHOPP § 5 5 6 b R z 2 ; PERGANDE § 5 5 6 a A n m 4 ; § 5 5 6 b A n m 7 ;

vgl § 556 b Rz 7; zum Optionsrecht § 556 b Rz 9) oder auflösend bedingt (§ 565 a Abs 2; vgl § 556 b Rz 6) sein. Auf unbestimmte Zeit abgeschlossen ist ein Mietverhältnis auch dann, wenn ein Endtermin nicht festgelegt ist, aber die Kündigung für eine bestimmte Zeit ausgeschlossen ist (ERMAN-SCHOPP § 564 Rz 4; aM Voraufl § 564 Rz 5). Entscheidend für die Anwendbarkeit des § 556 a ist in diesem Fall, daß das Mietverhältnis nur durch Kündigung beendet werden kann. Bei Mietverhältnissen auf bestimmte Zeit gilt § 556 b (vgl auch Art 2 WKSchG II). Soweit nicht § 556 a Abs 8 eingreift, kommt auch ein Untermietverhältnis in Betracht. Der Geltungsbereich der Vorschrift beschränkt sich dann aber auf das Verhältnis von Hauptmieter und Untermieter, erstreckt sich also nicht auf den Herausgabeanspruch des Hauptvermieters nach § 5 5 6 Abs 3 (PALANDT-PUTZO § 5 5 6 Anm 2 a). Die Sozialklausel gilt nur bei Mietverhältnissen über Wohnraum (Vorbem 24-28 zu 6 §§ 535, 536). Die Miete von Grundstücken und Geschäftsräumen wird damit grundsätzlich nicht erfaßt. Die Sozialklausel greift auch dann ein, wenn Behörden oder Unternehmen Wohnräu- 7 me mieten, um sie ihren Arbeitnehmern zu überlassen. Der im Mietvertrag vereinbarte Wohnzweck wird zwar nicht in der Person des Mieters selbst, sondern durch dessen Arbeitnehmer erfüllt. Dies reicht nach dem Schutzgedanken des Gesetzes aber als Vermietung zu Wohnzwecken aus (LG München ZMR 1 9 7 4 , 4 9 ; SCHMIDTFUTTERER B 9). Bei Werkmietwohnungen gelten aber die Besonderheiten des § 565 d. Die Eigenschaft als Wohnraum wird nicht ohne weiteres dadurch beeinträchtigt, daß 8 der Vermieter dem Mieter gestattet, in der Wohnung einen Beruf oder gewerbliche Heimarbeit auszuüben. Auch ohne entsprechende Vereinbarung im Mietvertrag darf der Mieter die Wohnung zu derartigen Zwecken nutzen, soweit dies nicht zu einem vertragswidrigen Gebrauch führt (SCHMIDT-FUTTERER B 7; vgl zu den Voraussetzungen einer Nutzung zur Heimarbeit LG Berlin WuM 1 9 7 4 , 2 5 8 ; GLASER NJW 1956, 1 2 6 5 ) .

Bei einer ausdrücklichen Gestattung des Vermieters, in der Wohnung einen Beruf 9 oder gewerbliche Heimarbeit auszuüben, ist allerdings zu beachten, daß die Schutzvorschriften des BGB über Wohnraum auf derartige Mischräume nur anzuwenden sind, wenn eine Gesamtbeurteilung die vermieteten Räume nicht als Geschäftsräume erscheinen läßt. Um Mischräume handelt es sich, wenn sie nach der vertraglichen Zweckbestimmung teils zum Wohnen, teils zur Ausübung eines Berufs oder Gewerbes vermietet sind (SCHMIDT-FUTTERER B 14). Wohn- und Geschäftsbereich können sich dabei überschneiden oder räumlich getrennt sein (Vorbem 26 zu §§ 535, 536). Ein Wohnraummietverhältnis wird nicht dadurch begründet, daß zu gewerblichen Zwecken vermietete Räume zu Wohnzwecken untervermietet (BGH WuM 1970, 77) oder selbst genutzt (LG Frankfurt ZMR 1971, 225) werden. Die Beschränkung der Sozialklausel auf Mietverhältnisse über Wohnraum wird in 10 § 556 a Abs 8 noch weiter modifiziert (Rz 88 ff). (911)

Jürgen Sonnenschein

§556 a 11-15

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

11 2. Vertragsmäßige Beendigung durch Kündigung Weitere Voraussetzung des § 556 a ist die vertragsmäßige Beendigung des Mietverhältnisses durch Kündigung. Für die Beendigung durch Zeitablauf gilt § 556 b. 12 a) Die Kündigung muß wirksam sein, insbesondere müssen Form und Frist eingehalten sein (§§ 564 a Abs 1 S 1, 565) und ein Kündigungsgrund vorliegen (§ 564 b). Die Kündigung darf nicht aus anderen Gründen unwirksam sein, da es sonst keines Widerspruchs und keiner Verlängerung des Mietverhältnisses bedarf. 13 b) Es handelt sich um eine vertragsmäßige Beendigung durch Kündigung, wenn der Vermieter von seinem im Mietvertrag vereinbarten ordentlichen Kündigungsrecht Gebrauch macht. Eine Kündigung durch den Mieter scheidet naturgemäß aus, da ein Widerspruch gegen die eigene Kündigung sinnlos ist (ROQUETTE § 556 a Rz 7) und die Sozialklausel kein „Reurecht" gegenüber einer voreiligen eigenen Kündigung begründen will. Dies wird durch § 556 a Abs 4 Nr 1 klargestellt. Unerheblich ist es aber, wenn der Mieter früher bereits einmal gekündigt hatte und das Mietverhältnis danach kraft Gesetzes oder einvernehmlich fortgesetzt worden ist (LG Mannheim ZMR 1974, 337). Enthält der Mietvertrag keine Vereinbarungen, ist das Mietverhältnis vertragsmäßig beendet, wenn der Vermieter nach § 565 Abs 2 oder bei Werkmietwohnungen nach den §§ 565 b ff kündigt, weil deren Regelung dann Vertragsbestandteil ist (PERGANDE § 556 a Anm 4).

14 Ein Mietverhältnis wird dagegen nicht vertragsmäßig beendet, wenn der Vermieter wegen vertragswidrigen Gebrauchs (§ 553), wegen Zahlungsverzugs (§ 554) oder wegen Unzumutbarkeit einer Fortsetzung des Mietverhältnisses (§ 554 a) fristlos kündigt. Dies wird durch § 556 a Abs 4 Nr 2 bestätigt, wonach der Mieter eine Fortsetzung des Mietverhältnisses nicht verlangen kann, wenn ein Grund zur fristlosen Kündigung durch den Vermieter vorliegt. Selbst wenn der Vermieter in diesen Fällen aus Entgegenkommen den Weg der ordentlichen Kündigung wählt, bleibt das Recht des Mieters, die Fortsetzung zu verlangen, wegen Vorliegens des Grundes zur fristlosen Kündigung nach § 556 a Abs 4 Nr 2 ausgeschlossen. Der rücksichtsvolle Vermieter soll dadurch keinen Nachteil erleiden (BGB-RGRK-GELHAAR § 556 a Rz 5 ; HOFFMANN WuM 1963, 1 6 1 ; HOLTGRÄVE, Neues Miet- und Wohnrecht S 2 9 9 R z 2 4 ; PERGANDE § 5 5 6 a A n m 4 ; ROQUETTE § 5 5 6 a R z 4 6 ; SOERGEL-MEZGER § 5 5 6 a Rz 9 ; STERNEL RZ III 5 6 ; AG Burgsteinfurt WuM 1975, 3 7 ; aM WEIMAR NJW 1 9 6 3 , 2 1 1 1 , 2 1 1 2 ) . Entgegen der vorgenannten hM (vgl vor allem ROQUETTE aaO; STERNEL aaO) kann es allerdings nicht darauf ankommen, daß zwischen der

ordentlichen Kündigung und dem Grund zur fristlosen Kündigung ein ursächlicher Zusammenhang besteht. Aus dem Gesetz ist eine solche Einschränkung nicht zu entnehmen. Nach § 556 a Abs 4 Nr 2 kommt es allein auf das Vorliegen des Grundes zur fristlosen Kündigung in dem Zeitpunkt an, in dem sich für den Mieter die Frage stellt, ob er die Fortsetzung des Mietverhältnisses verlangen kann (ebenso im Ergebnis SCHMIDT-FUTTERER B 1 7 9 ) . Der Vermieter braucht sich nicht auf eine erneute, nunmehr fristlose Kündigung verweisen zu lassen (so aber STERNEL aaO). Das Recht auf Fortsetzung soll nur dem Vertragstreuen Mieter zustehen. Das Mietverhältnis wird in solchen Fällen durch die ordentliche Kündigung zwar vertragsmäßig beendet, das Recht des Mieters bleibt aber wegen § 556 a Abs 4 Nr 2 ausgeschlossen. 15 Hiervon zu unterscheiden ist die ebenfalls umstrittene Frage, ob ein Mietverhältnis dann vertragsmäßig beendet wird, wenn der Vermieter eine außerordentliche befristete Kündigung ausgesprochen hat. In einer Reihe gesetzlicher Bestimmungen ist vorgesehen, daß ein Mietverhältnis „unter Einhaltung der gesetzlichen Frist" gekündigt werden kann. Für ein Kündigungsrecht des Vermieters kommen die §§ 567 S 1, 569 S 1, 569 a Abs 5, 1056 Abs 2, 2135, § 57 a ZVG, § 37 Abs 3 S 2 WEG, § 30 Jürgen Sonnenschein

(912)

§556 a 3. Titel. Miete. Pacht

16-18

Abs 2 u 3 ErbbRVO, § 51 Abs 2 VerglO und § 19 KO in Betracht. Ein solches Recht zur vorzeitigen Kündigung ist vor allem bei Mietverhältnissen auf bestimmte Zeit von Bedeutung, kommt aber auch bei einem unbefristeten Mietverhältnis in Betracht, wenn vertraglich eine längere als die gesetzliche Kündigungsfrist vereinbart ist. Charakteristisch ist es für die Zulässigkeit einer außerordentlichen befristeten Kündigung, daß ihre Gründe außerhalb von Leistungsstörungen liegen, die ein Vertragspartner zu vertreten hat (SCHMIDT-FUTTERER B 57). Rspr (OLG Oldenburg RE N J W 1973, 1841) und Schrifttum ( B G B - R G R K - G E L HAAR § 556 a Rz 6; HOLTGRÄVE, Neues Miet- und Wohnrecht S 296 Rz 7; ders, Betrieb 1964, 1097, 1103; PALANDT-PUTZO § 556 a Anm 2 c; PERGANDE § 556 a Anm 4; ROQUETTE § 556 a Rz 10) schließen die Anwendbarkeit der Sozialklausel bei einer außerordentlichen befristeten Kündigung im Hinblick auf das Erfordernis einer „vertragsmäßigen Beendigung" aus, weil eine vorzeitige Kündigung gerade entgegen den vertraglichen Vereinbarungen ausgesprochen werde (OLG Oldenburg aaO, 1842; HOLTGRÄVE Betrieb aaO). Sonst hätte es nicht in § 569 a Abs 5 S 2 der ausdrücklichen Verweisung auf § 556 a bedurft, die in anderen Vorschriften über ein vorzeitiges Kündigungsrecht fehle (OLG Oldenburg aaO). Zudem lasse der schwerwiegende Grund für eine vorzeitige Kündigung eine Fortsetzung des Mietverhältnisses nicht angezeigt erscheinen (PERGANDE aaO). Gegen das Risiko einer vorzeitigen Kündigung sei ein sozialer Schutz weder erforderlich noch zweckmäßig

16

(ROQUETTE a a O ) .

Demgegenüber wird nach verbreiteter Auffassung (ERMAN-SCHOPP § 556 a Rz 9; 17 H A N S § 564 Anm 9; HOFFMANN W U M 1963,161; LARENZ II § 48 VI e; SCHOPP ZMR 1963, 225, 226; SCHMIDT-FUTTERER B 177; vgl auch STERNEL Rz III 57, aber unter Hinweis auf die Bindungswirkung des Rechtsentscheids des OLG Oldenburg aaO nach Art III MietRÄndG III) die Sozialklausel bei außerordentlicher befristeter Kündigung zu Recht für anwendbar gehalten. Aus dem Ausnahmechrakter der Verweisung in § 569 a Abs 5 S 2 ist kein zwingender Schluß herzuleiten. Die ordentliche Kündigung setzt nach § 564 b ein berechtigtes Interesse des Vermieters voraus, das mindestens ebenso schwerwiegend ist wie die Gründe für eine außerordentliche befristete Kündigung (STERNEL aaO). Es besteht deshalb nach Sinn und Zweck der Sozialklausel insoweit kein Anlaß, den Schutz des Mieters einzuschränken, dem kein vertragswidriges Verhalten vorzuwerfen ist. Vertragsmäßig ist eine Beendigung des Mietverhältnisses mangels ausdrücklicher Vereinbarungen der Parteien immer dann, wenn sie auf einer ordentlichen oder außerordentlichen befristeten Kündigung beruht, weil diese gesetzlichen Kündigungsrechte den lückenhaften Vertrag in gleicher Weise ergänzen (vgl ERMAN-SCHOPP § 556 a Rz 9; SCHMIDT-FUTTERER B

177).

Das Mietverhältnis wird nicht vertragsmäßig beendet, wenn es im Wege der Anfech- 18 tung durch den Vermieter vernichtet wird (vgl zum Streit um Zulässigkeit und Wirkung der Anfechtung von Mietverträgen SCHMIDT-FUTTERER B 88; unten § 564 Rz 54 f). Die Frage der Anfechtung gehört nicht zum Inhalt des Vertrags. Es handelt sich auch nicht um eine Kündigung, wie es § 556 a voraussetzt. Einer Gleichstellung stehen rechtssystematische Bedenken entgegen, weil die Sozialklausel die Beendigung eines Mietverhältnisses verhindern soll, nach ihrer ganzen Konzeption aber nicht dazu geeignet ist, unwirksame Mietverhältnisse wiederherzustellen ( H A N S § 556 b Anm 2 a; SCHMIDT-FUTTERER B 180). De lege ferenda ist es allerdings erwägenswert, auch gegenüber einer Anfechtung einen ähnlichen Schutz zu schaffen, da das Ergebnis jedenfalls in den Fällen des § 119 in gleicher Weise auf eine ungerechtfertigte Härte für den Mieter hinauslaufen kann. Die Anfechtung durch den Vermieter nach § 123 wäre dagegen dem Ausschlußtatbestand des § 556 a Abs 4 Nr 2 vergleichbar. (913)

Jürgen Sonnenschein

§ 556 a 19-23

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

19 Ein Rücktritt durch den Vermieter aufgrund eines vereinbarten Kündigungsrechts kann nur nach Überlassung des Wohnraums zu einer Härte für den Mieter führen, weil erst dann die Wohnung den Mittelpunkt der Lebensführung bildet. In diesem Fall ist der Rücktritt nach § 570 a wie eine Kündigung zu behandeln, so daß es sich auch um eine vertragsmäßige Beendigung im Sinne des § 556 a handelt.

20 3. Ungerechtfertigte Härte für den Mieter oder seine Familie a) Allgemeines Die Beendigung des Mietverhältnisses muß für den Mieter oder für seine Familie eine ungerechtfertigte Härte bedeuten. Bei Mietverhältnissen über Wohnraum können anders als bei sonstigen Schuldverhältnissen Härten besonderer Art auftreten. Ziel der Sozialklausel ist es, etwaige durch eine Beendigung des Mietverhältnisses auftretende soziale Notstände von dem Mieter und seiner Familie möglichst abzuwenden (Ausschußbericht, zu BT-Drucks III/1850, 9). Die Härte braucht nach der Neufassung des § 556 a Abs 1 durch das MietRÄndG III nicht mehr „wegen besonderer Umstände des Einzelfalls einen Eingriff in die Lebensverhältnisse" zu bewirken, wie es ursprünglich vorausgesetzt war. Diese Einschränkung wurde aufgegeben, so daß nunmehr grundsätzlich jede Härte genügt (vgl LG Coburg WuM 1969, 26). Aus dem Ziel, soziale Notstände abzuwenden, ist aber weiterhin zu schließen, daß mit ungerechtfertigter Härte nicht die üblichen mit einem Umzug verbundenen Beschwernisse wie Wohnungssuche, Umzugskosten, Arbeitsaufwand und dgl gemeint sind ( B G B - R G R K - G E L H A A R § 556 a Rz 9; E R M A N - S C H O P P § 556 a Rz 10; SCHMIDT-FUTTERER B 181; LG Kassel DWW 1964, 363; AG Düren WuM 1964, 138; A G Hamburg-Blankenese ZMR 1970,211; AG Osnabrück WuM 1965, 45). Die Beendigung des Mietverhältnisses muß vielmehr Nachteile für den Mieter oder seine Familie mit sich bringen, die diese üblichen Beeinträchtigungen übersteigen und unter Berücksichtigung der gesamten Umstände im Hinblick auf den sozialen Schutzzweck nicht zumutbar sind (SCHMIDT-FUTTERER aaO). 21 Die eine Härte begründenden Umständen können vorübergehender oder dauernder Natur sein. Vor allem im letzteren Fall ist der Mieter besonders schutzbedürftig, so daß eine dahin gehende Einschränkung (so H A N S § 556 a Anm 2 f bb) dem Zweck der Sozialklausel zuwiderlaufen würde (OLG Stuttgart RE NJW 1969, 1070; SCHMIDT-FUTTERER B

183).

22 Haben mehrere Personen, die nicht miteinander verwandt sind, den Mietvertrag abgeschlossen, so genügt eine Härte in der Person eines einzelnen Mieters, um den Anspruch auf Fortsetzung des Mietverhältnisses mit allen Mietern zu begründen. Hierzu reicht der Widerspruch des betroffenen Mieters aus (insoweit anders SCHMIDT-FUTTERER B 198). Dies ergibt sich aus der Natur des Mietverhältnisses über eine unteilbare Leistung, bei dem der betroffene Mieter nur Fortsetzung mit allen Mietern verlangen kann (§§ 425, 432). 23 Ausreichend ist eine Härte für die Familie des Mieters. Das Gesetz begrenzt diesen Kreis nicht weiter, so daß hierzu alle Familienangehörigen gezählt werden können, die in derselben Wohnung wie der Mieter wohnen ( B G B - R G R K - G E L H A A R § 556 a Rz 8). Ein bestimmter Grad der Verwandtschaft oder Schwägerschaft ist nicht erforderlich ( P A L A N D T - P U T Z O § 556 a Anm 6 a; SCHMIDT-FUTTERER B 199; anders ROQUETTE § 556 a Rz 13 - nur Ehefrau und Kinder des Mieters). Auch solche Familienangehörige können betroffen sein, die in der Wohnung des Mieters einen eigenen Haushalt führen ( R O Q U E T T E aaO). Hausstandsangehörige werden nicht berücksichtigt (LG Köln WuM 1971, 44). Jürgen Sonnenschein

(914)

3. Titel. Miete. Pacht

§556 a 24-28

Handelt es sich bei dem Mieter um Behörden oder Unternehmen, die die Wohnung 24 an Bedienstete überlassen haben, so kann nach Sinn und Zweck der Sozialklausel eine Härte in der Person eines Bewohners den Mieter zum Widerspruch berechtigen, weil die Vorschrift nicht primär auf die formelle Stellung als Mieter, sondern auf die Härte für den Bewohner abstellt (SCHMIDT-FUTTERER B 2 0 0 ; vgl Rz 7 ) . Im allgemeinen kann sich der Hauptmieter gegenüber einer Kündigung des Haupt- 25 Vermieters nicht auf eine Härte in der Person des Untermieters berufen (SCHMIDTFUTTERER aaO). Dies kann aber nicht gelten, wenn der Untermieter zur Familie des Hauptmieters gehört, weil dessen Rechte durch den Abschluß eines Untermietvertrags nicht verkürzt werden können. Dem Untermieter selbst stehen im Verhältnis zum Hauptvermieter keine Rechte aus § 556 a zu. Anwendbar ist die Vorschrift dagegen im Rahmen des Untermietverhältnisses (vgl AG Darmstadt WuM 1971, 12).

b) Einzelfälle

26

Zum Tatbestand der ungerechtfertigten Härte hat sich eine umfangreiche Kasuistik entwickelt. Bei dem Versuch einer Einordnung in bestimmte Fallgruppen ist zu beachten, daß die eine Härte kennzeichnenden Merkmale unter dem Vorbehalt einer Abwägung mit den Interessen des Vermieters stehen, was von Fall zu Fall ein anderes Ergebnis zur Folge haben kann (vgl im einzelnen ERMAN-SCHOPP § 556 a R Z 1 0 ; H A N S § 5 5 6 a A n m 3 ; PALANDT-PUTZO § 5 5 6 a A n m 6 a a a ; PERGANDE § 5 5 6 a

Anm 8 II; ders FWW 1970, 503; B 184 ff).

ROQUETTE

§ 556 a Rz 20 ff;

SCHMIDT-FUTTERER

Die in Betracht kommenden Umstände lassen sich im wesentlichen in drei Gruppen einteilen, nämlich Umstände, die mit der Beschaffung einer neuen Wohnung in Zusammenhang stehen, sodann Umstände, die die bisherige Wohnung betreffen und schließlich gewisse persönliche Umstände, durch die ein Härtefall begründet sein kann. Die Härte kann sich auch erst aus einem Zusammenwirken mehrerer Umstände ergeben. aa) Umstände im Zusammenhang mit der Beschaffung einer neuen Wohnung 27 Die Schwierigkeiten bei der Beschaffung von Ersatzwohnraum wurden nach früher hM nicht als Härte anerkannt (vgl die Nachw bei H A N S § 556 a Anm 3 e; ROQUETTE § 556 a Rz 27). Im Entw des MietRÄndG III war deshalb vorgesehen, die Berücksichtigung dieser Schwierigkeiten ausdrücklich vorzuschreiben (BT-Drucks V/1743, 2). Der Rechtsausschuß war dagegen der Ansicht, daß eine solche Berücksichtigung auch ohne ausdrückliche Vorschrift möglich sei (zu BT-Drucks V/2317, 2). Dennoch blieb die Rspr weiterhin kontrovers. Erst durch das MRVerbG hat der Gesetzgeber mit Aufnahme des § 556 a Abs 1 S 2 ausdrücklich klargestellt, daß eine Härte vorliegt, wenn angemessener Ersatzwohnraum zu zumutbaren Bedingungen nicht beschafft werden kann. Damit sollte diesen Schwierigkeiten die im Einzelfall immer gebotene Beachtung geschenkt werden. Zugleich sollte dieser häufig vorkommende Härtefall stärker in das allgemeine Bewußtsein gerückt werden (Begr zum RegE BT-Drucks VI/1549, 6). Das Fehlen angemessenen Ersatzwohnraums bildet damit immer eine Härte, macht 28 also in jedem Fall eine Abwägung mit den Interessen des Vermieters erforderlich (Begr zum RegE aaO). Eine Ersatzwohnung ist angemessen, wenn sie im Vergleich zu der bisherigen Wohnung den Bedürfnissen des Mieters entspricht und vom Preis her für ihn tragbar ist. Die Angemessenheit einer Ersatzwohnung setzt nicht voraus, daß sie der bisherigen Wohnung vollkommen entspricht. Gewisse Verbesserungen oder Verschlechterungen, verbunden mit einer Änderung der Miethöhe, sind hinzu(915)

Jürgen Sonnenschein

§ 556 a 29-32

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

nehmen (HANS § 5 5 6 a Anm 3 e; SCHMIDT-FUTTERER B 184). So kann es ausreichen, wenn dem Mieter vom Vermieter von der bisherigen Wohnung ein zu Dauerwohnzwecken geeigneter, ausreichender und abgeschlossener Teil belassen wird (LG Mannheim NJW 1965, 2 2 0 3 ; vgl aber AG Tübingen WuM 1970, 100). Der Mieter braucht sich nicht auf eine Obdachlosenunterkunft (AG Burgsteinfurt WuM 1965, 28) oder die Unterbringung in einem Alters- oder Pflegeheim verweisen zu lassen (OLG Karlsruhe RE NJW 1970, 1746; LG Mannheim WuM 1971, 58; LG Wuppertal WuM 1964, 155; AG Köln WuM 1973, 252). 29 Eine Härte liegt nur vor, wenn der Ersatzwohnraum „nicht beschafft werden kann". Aus diesem Gesetzeswortlaut ist zu schließen, daß der Mieter sich um eine Ersatzwohnung zu bemühen hat. Es handelt sich um eine Obliegenheit, die den Mieter nach einer wirksamen Kündigung trifft. Er genügt dieser Obliegenheit nur, wenn er alle ihm persönlich und wirtschaftlich zumutbaren, also auch mit finanziellen Opfern verbundenen Schritte unternommen hat, sich eine angemessene Ersatzwohnung zu beschaffen (PALANDT-PUTZO § 5 5 6 a Anm 6 a aa; PERGANDE § 5 5 6 a Anm 8 II f; SCHMIDT-FUTTERER B 185, 315 ff). Hierzu ist es notfalls erforderlich, mehrere Zeitungsinserate aufzugeben oder jeweils nach den finanziellen Verhältnissen auch Makler einzuschalten (HANS § 556 a Anm 3 e). Fragwürdig ist es allerdings, wenn allein aus einem niedrigen Einkommen geschlossen wird, daß eine angemessene Ersatzwohnung zu zumutbaren Bedingungen nicht zur Verfügung steht (so aber AG Köln WuM 1972, 144). 30 Die normalen Umzugskosten sind vom Mieter hinzunehmen. Auch sonstige finanzielle Opfer wie Maklergebühren, Renovierungskosten und dgl können grundsätzlich nicht zugunsten des Mieters berücksichtigt werden (ERMAN-SCHOPP § 556 a Rz 10; HANS DWW 1968, 10, 12; PERGANDE § 5 5 6 a Anm 8 II p; VOELSKOW Betrieb 1968, 115, 117; aM GLASER MDR 1968, 2 8 0 , 2 8 2 ) . Wird der Mieter von diesen Umständen aber erheblich betroffen, weil er in ungünstigen wirtschaftlichen Verhältnissen lebt, so kann sich aus dem Zusammenwirken dieser Momente eine Härte ergeben (vgl ERMAN-SCHOPP a a O ; PERGANDE a a O ) .

31 Ein Zwischenumzug kann für den Mieter eine Härte bedeuten, wenn er wegen einer bevorstehenden Wohnsitzveränderung (LG Freiburg MDR 1966, 419; LG Kassel WuM 1966, 76; LG Würzburg WuM 1965, 63; AG Göppingen WuM 1965, 184; AG Hannover WuM 1 9 7 0 , 4 1 ; AG Köln WuM 1 9 7 2 , 1 3 0 m zust Anm WEIMAR; AG Hannover MDR 1968, 51; AG Kassel ZMR 1 9 6 5 , 1 8 ; AG Oberhausen ZMR 1965, 245), der Fertigstellung eines Wohnungsneubaus (OLG Karlsruhe RE NJW 1970, 1 7 4 6 m abl Anm RITTER MDR 1971, 5 0 ; LG Mannheim NJW 1964, 2 3 0 7 m zust Anm BURKHARDT NJW 1965, 3 0 3 ; AG Bochum WuM 1965, 64) oder einer Renovierung der vorgesehenen Wohnung in absehbarer Zeit ohnehin ausgezogen wäre. Dabei kann von etwa ein bis zwei Jahren ausgegangen werden (AG Dortmund-Hörde DWW 1966, 2 7 9 ; PERGANDE § 5 5 6 a Anm 8 I I t; SCHMIDT-FUTTERER B 187). Dem Mieter kann ein Zwischenumzug aber zugemutet werden, wenn der Zeitpunkt der Fertigstellung eines Hauses noch nicht absehbar ist (LG Köln ZMR 1976, 148; aM AG Celle NdsRpfl 1968, 230) oder er sich über den zunächst angenommenen Termin hinaus verzögert (LG Kaiserslautern WuM 1970, 202; AG Flensburg WuM 1971, 154 m abl Anm TONDORF).

32 bb) Umstände im Zusammenhang mit der bisherigen Wohnung Der Verlust besonderer finanzieller Aufwendungen, die der Mieter in Erwartung einer längeren Mietdauer auf die Wohnung gemacht hat, kann eine Härte bedeuten, wenn die bisherige Mietzeit in keinem angemessenen Verhältnis zur Höhe der Aufwendungen steht (OLG Karlsruhe RE NJW 1971, 1182; OLG Frankfurt RE Jürgen Sonnenschein

(916)

3. Titel. Miete. Pacht

§556 a 33-36

WuM 1971, 168; LG Aachen B1GBW 1973, 58; LG Essen ZMR 1966, 214; LG Köln WuM 1 9 7 2 , 1 4 4 ; LG Mainz WuM 1970, 101; LG Münster NJW 1964, 2 3 0 6 ; AG Herford WuM 1965, 170; AG Köln WuM 1970, 25; AG Münster ZMR 1973, 331; AG Wiesbaden WuM 1968, 179; AG Wuppertal MDR 1971, 397). Hierbei kann es sich um Instandsetzungsarbeiten, bauliche Veränderungen, Baukostenzuschüsse und dgl handeln. Unerheblich ist es, ob die Aufwendungen notwendig, nützlich oder überflüssig waren (OLG Frankfurt aaO). Vorauszusetzen ist aber, daß sie im ausdrücklichen oder stillschweigenden Einverständnis des Vermieters erbracht worden sind (OLG Karlsruhe aaO), da der Mieter sonst die Wohnung durch hohe Investitionen unkündbar machen könnte (HANS § 556 a Anm 3 c). Die Härte ist ausgeschlossen, wenn der Vermieter die Aufwendungen angemessen erstattet oder wenn sie als abgewohnt zu gelten haben (vgl dazu SCHMIDT-FUTTERER B 193). Die bisherige Wohndauer genügt für sich allein nicht, um eine Härte zu begründen. 33 Dies gilt sowohl bei einer Kündigung nach langer Mietzeit (OLG Karlsruhe RE NJW 1970,1746; AG Hamburg-Altona ZMR 1971, 31; AG München DWW 1966, 296) als auch bei einer nur kurzen Mietzeit (PERGANDE § 556 a Anm 8 II 1; aM AG Kassel ZMR 1964, 310; AG Köln WuM 1971, 98). Der Mietdauer selbst hat der Gesetzgeber schon durch die unterschiedliche Länge der Kündigungsfristen Rechnung getragen (vgl § 565 Abs 2). Es müssen deshalb schon andere Umstände wie etwa besondere finanzielle Aufwendungen mit Rücksicht auf die ursprünglich vorgesehene Mietdauer oder Verwurzelung alter Leute in der bisherigen Umgebung hinzutreten (PERGANDE aaO; vgl Rz 32). Nicht ausreichend ist allein der Umstand, daß der Vermieter eines nach § 566 S 2 als für unbestimmte Zeit geschlossenen Mietverhältnisses dem Mieter bei der Überlassung des Wohnraums eine lange, sichere Mietdauer versprochen hat, dann aber seine Willensrichtung ohne erhebliche Anlässe seitens des Mieters ändert und kündigt (OLG Karlsruhe RE OLGZ 1971, 414 = ZMR 1971, 376). Bei einem Streit um die Miethöhe für die bisherige Wohnung kommt eine Kündi- 34 gung nicht in Betracht (§ 1 S 1 MHG). Hierfür gilt vielmehr ein besonderes Verfahren (§§ 2-7 MHG). Damit stellt sich im Rahmen des § 556 a auch nicht die Frage, ob in einer vom Vermieter begehrten Mieterhöhung eine Härte liegt. Von Bedeutung kann dagegen mit Rücksicht auf die wirtschaftlichen Verhältnisse des Mieters die Miethöhe für eine Ersatzwohnung sein (vgl Rz 28). Auch bei Sozialwohnungen, Flüchtlingswohnungen und Wohnungen für Geschädigte 35 iS des LAG besteht ein ähnlicher Zusammenhang zwischen der Miethöhe der bisherigen Wohnung und der Frage der Ersatzwohnraumbeschaffung. Findet der Mieter einer mit öffentlichen Mitteln geförderten Wohnung keinen entsprechenden Ersatz, so kann in der Kündigung eine Härte liegen (LG Münster WuM 1967, 150 - Flüchtlingswohnung). Vorauszusetzen ist allerdings, daß das Einkommen des Mieters noch innerhalb der maßgebenden Grenzen liegt (vgl § 5 WoBindG iVm § 2 5 WoBauG II; OLG Karlsruhe NJW 1970, 1746, 1747 f; PERGANDE § 5 5 6 a Anm 8 II g und o; SCHMIDT-FUTTERER B 191) und daß die Sozialwohnung tatsächlich billiger ist als Wohnraum auf dem freien Wohnungsmarkt. Die Möglichkeit, dem Mieter eine gerichtliche Räumungsfrist nach § 721 ZPO zu 36 gewähren, ist unerheblich für die Frage, ob durch die Kündigung eine Härte eintritt (OLG Oldenburg RE ZMR 1970, 329; OLG Stuttgart RE NJW 1969, 240; LG Darmstadt, WuM 1972, 31 m Anm TONDORF; LG Essen WuM 1968, 199; LG Freiburg MDR 1966, 4 1 9 ; AG Geilenkirchen WuM 1972, 13 m Anm WEIMAR; BGB-RGRK-GELHAAR § 5 5 6 a R z 2 2 ; PALANDT-PUTZO § 5 5 6 a A n m 6 a b b ; SCHMIDT-FUTTERER B 186; aM LG Mannheim WuM 1967, 6 3 ) . Ziel der Sozialklau-

sel ist die Verlängerung des Mietverhältnisses, der ein Räumungsaufschub nicht (917)

Jürgen Sonnenschein

§ 556 a 37,38

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

gleichzustellen ist. Eine Ausnahme ist auch dann nicht angebracht, wenn ein Umzug in eine Ersatzwohnung in absehbarer Zeit bevorsteht (aM SCHMIDT-FUTTERER aaO). Dadurch würden die Parteien auf den Prozeßweg gedrängt, während die Sozialklausel im Prinzip von einer gütlichen Einigung ausgeht (vgl § 556 a Abs 3 S 1). 37 Wenn der Mieter mit der bisherigen Wohnung besondere finanzielle Vorteile verliert, weil er dort Gelegenheit zur Untervermietung oder zu sonstigem Nebenerwerb hatte, so Hegt darin idR keine Härte (BayObLG RE NJW 1970, 1748; LG Wiesbaden ZMR 1966, 302; AG Köln MDR 1973, 139; P E R G A N D E § 556 a Anm 8 II q; SCHMIDT-FUTTERER B 192). Es entspricht nicht dem Sinn der Sozialklausel, etwa Einzelpersonen schlechthin Wohnungen zu erhalten, die zu ihrem angemessenen Wohnbedarf in keinem tragbaren Verhältnis stehen. Es kommt vielmehr darauf an, dem Mieter den seinen Wohnbedürfnissen angepaßten Raum zu erhalten. Führt die Kündigung jedoch zu einem Eingriff in die beruflichen Verhältnisse des Mieters, weil er etwa zulässigerweise in der Wohnung ein Gewerbe ausübt und seinen Kundenstamm zu verlieren droht, so kann darin eine Härte liegen (OLG Köln NJW 1 9 6 8 , 1 8 3 4 m A n m R Ö D D I N G N J W 1 9 6 8 , 2 3 3 9 ; SCHMIDT-FUTTERER M D R 1 9 6 9 , 9 6 ,

97). Das gleiche ist anzunehmen, wenn Nebeneinnahmen zum Lebensunterhalt des Mieters erforderlich sind und nicht nur dazu dienen, den Mietzins für die an sich zu große Wohnung aufzubringen. 38 cc) Persönliche Umstände Hohes Alter des Mieters führt für sich allein nicht zu einer Härte (LG Düsseldorf DWW 1968, 381; LG Hagen WuM 1965, 184; AG Amberg WuM 1964, 156; AG Dortmund ZMR 1966, 303; AG Hagen ZMR 1965, 18; H A N S § 556 a Anm 3 a; P A L A N D T - P U T Z O § 556 a Anm 6 a aa; SCHMIDT-FUTTERER B 188; vgl aber AG Velbert WuM 1970, 62; P E R G A N D E § 556 a Anm 8 II a). In aller Regel stellt sich das Problem auch nicht in dieser isolierten Form. Es kommen vielmehr noch andere Umstände wie Krankheit, Gebrechen, Pflegebedürftigkeit, finanzielle Not, Verwurzelung in der Umgebung aufgrund langer Mietdauer, erschwerte Ersatzraumbeschaffung und dgl hinzu, die bei einem Mieter hohen Alters dann eher zu einer ungerechtfertigten Härte führen können als bei jüngeren Mietern (OLG Karlsruhe R E NJW 1970, 1746 m krit Anm R I T T E R MDR 1971, 50; SCHMIDT-FUTTERER NJW 1971, 731; vgl ferner LG Augsburg WuM 1969, 92 - Alter, geringes Einkommen, Beteiligung am Hausbau; LG Braunschweig B1GBW 1967, 74 - Alter, Krankheit, geplante Ubersiedlung u noch zu errichtendes Rentnerwohnhaus; LG Coburg WuM 1969, 26 - Alter, Nichterfüllung eines vom Vermieter gegebenen Versprechens zur Ersatzwohnraumbeschaffung; LG Coburg WuM 1977, 183 - hohes Alter, schwere Krankheit; LG Darmstadt ZMR 1968, 47 - hohes Alter (92 Jahre) eines Familienangehörigen; LG Essen ZMR 1970, 178 - Alter, Krankheit, Verwurzelung; LG Itzehoe WuM 1976, 257 - hohes Alter, Umstellung; LG Kassel MDR 1965, 831 - Alter, Krankheit; LG Kleve WuM 1969, 74 - Alter, Mietdauer; LG Köln WuM 1975, 210 - Alter, Krankheit; LG Landshut NJW 1966, 2018 - Alter, besondere Schwierigkeiten beim Wohnungswechsel, Wohndauer, Verwurzelung; LG Mannheim ZMR 1971, 222 - Alter, Krankheit, Gebrechen, geringes Einkommen; LG Münster WuM 1969, 9 - Alter, Mietdauer, geringes Einkommen; LG Münster WuM 1969, 206 - Alter, Krankheit, Mietdauer; LG Nürnberg-Fürth WuM 1968, 129 - Alter, Gebrechlichkeit, Krankheit; LG Wuppertal WuM 1970, 133 - Alter, Verwurzelung; abl LG Düsseldorf ZMR 1970, 211 bei Alter u Mietdauer; LG Frankfurt WuM 1970,134 bei Alter, schwacher Gesundheit, geringem Einkommen; LG Hildesheim MDR 1966, 331 bei Alter, Eingewöhnung; weitere Nachw zur Rspr der AG bei H A N S § 556 a Anm 3 a). Der Mieter braucht sich nicht auf eine Jürgen Sonnenschein

(918)

3. Titel. Miete. Pacht

§556 a 39-42

Unterbringung in einem Alters- oder Pflegeheim verweisen zu lassen (OLG Karlsruhe RE NJW 1970, 1746; vgl auch Rz 28). Krankheit und Gebrechen können auch unabhängig vom Alter des Mieters einen 39 Härtegrund darstellen (LG Kassel MDR 1965, 831; AG Bochum MDR 1970, 932; HANS § 556 a Anm 3 g; PERGANDE § 556 a Anm 8 II i; ders FWW 1970, 503 m Nachw zur Rspr; SCHMIDT-FUTTERER B 189; vgl aber AG Bad Essen WuM 1965, 27 - Invalidität allein reicht nicht). Eine Härte ist nicht nur dann anzuerkennen, wenn sich die Krankheit erschwerend auf die Beschaffung eines Ersatzwohnraums auswirkt (so aber HANS aaO). Dies ist in der Weise möglich, daß die Krankheit den Mieter an der Wohnungssuche hindert (vgl LG Mannheim WuM 1970,61) oder daß sie potentielle Vermieter vom Abschluß eines Vertrags abhält. Eine Härte kann auch dann gegeben sein, wenn dem Mieter ein Umzug objektiv unzumutbar ist, weil dies nachteilige Auswirkungen auf Krankheitsverlauf und Genesung haben würde (SCHMIDT-FUTTERER aaO; aM HANS aaO). Die Auswirkungen müssen jedoch nicht so erheblich sein, daß schwere seelische Schäden oder gar der Tod drohen (AG Köln WuM 1977, 29; vgl aber LG Karlsruhe ZMR 1964, 363 - lebensgefährliche Lage). Die Verlängerung des Mietverhältnisses auf bestimmte Zeit ist in diesen Fällen angemessener, als vom Mieter zu erwarten, daß er mit dem Umzug andere Personen beauftragt. Spielt aber die Krankheit eines Familienangehörigen für den Umzug praktisch keine Rolle, so entfällt auch ein Härtegrund (AG Hochheim MDR 1965, 489 - krankes Kleinkind). Schwangerschaft der Mieterin oder einer Familienangehörigen ist im Hinblick auf 40 die erschwerte Beschaffung von Ersatzraum und wegen der mit einem Umzug verbundenen körperlichen und psychischen Strapazen ein Härtegrund, dem durch eine angemessene Verlängerung des Mietverhältnisses über den Zeitpunkt der Entbindung hinaus Rechnung zu tragen ist (LG Dortmund WuM 1966, 40; AG Aachen MDR 1966, 55; AG Herford MDR 1964, 1007; AG Oberhausen ZMR 1 9 6 5 , 1 1 3 ; AG Velbert WuM 1 9 7 0 , 7 9 ; PERGANDE § 5 5 6 a Anm 8 II n; SCHMIDTFUTTERER B 1 9 4 ) .

Kinderreichtum kann ein Härtegrund sein (LG Dortmund NJW 1 9 6 5 , 2 2 0 4 - 2 Kin- 41 der u Schwangerschaft; LG Essen WuM 1968, 198 - 5 Kinder; LG Flensburg SchlHAnz 1966, 42 - 8 Kinder; LG Wuppertal WuM 1968, 109 - 2 Kinder; AG Aachen ZMR 1965, 75 - Landesdarlehen an Vermieter; AG Bamberg WuM 1968, 143 - 5 Kinder; AG Wuppertal WuM 1969, 5 8 - 2 Kinder u Schwangerschaft; aM LG Braunschweig NJW 1964, 1028 - 3 Kinder; LG Hagen ZMR 1965, 140 - 4 Kinder; AG Preetz SchlHA 1 9 6 6 , 4 2 - 4 Kinder). Aus den Begründungen ergibt sich allerdings, daß die Härte weniger dem Kinderreichtum als solchem entnommen wird als vielmehr den Schwierigkeiten bei der Beschaffung von Ersatzraum (vgl HANS § 5 5 6 a A n m 3 f ; PERGANDE § 5 5 6 a A n m 8 II h ; SCHMIDT-FUTTERER B 1 9 5 ) .

Damit läßt sich der Härtegrund unmittelbar auf § 556 a Abs 1 S 2 stützen und setzt folglich voraus, daß der Mieter seiner Pflicht zur Ersatzraumbeschaffung nachgekommen ist. Geringes Einkommen und schlechte wirtschaftliche Verhältnisse können zu einem 42 Härtegrund führen (LG Aachen B1GBW 1973, 58; LG Düsseldorf WuM 1971, 98; LG Mannheim ZMR 1974, 337; LG Wuppertal ZMR 1965, 17; WuM 1970, 186; AG Aachen MDR 1969, 845; vgl aber LG Köln WuM 1975, 192 - Studentenehepaar; AG Dortmund WuM 1970, 117; abw LG Braunschweig NJW 1964, 1028, 1031; LG Karlsruhe WuM 1964, 155; DWW 1972, 201; AG Bad Essen WuM 1965, 27). Da § 556 a nicht nur die Belange wirtschaftlich schwacher Mieter schützt, schließt ein höheres Einkommen seine Anwendung grundsätzlich nicht aus (LG Essen ZMR 1966, 330; LG Kassel WuM 1966, 76; aM AG Augsburg DWW 1966, 297; vgl AG Köln MDR 1972, 520). Auch hier ergibt sich die Härte nicht aus dem (919)

Jürgen Sonnenschein

§ 556 a 43-45

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

Einkommen und den wirtschaftlichen Verhältnissen als solchen (so aber HANS § 556 a Anm 3 b). Entscheidend ist vielmehr ein Zusammenwirken mit anderen Umständen wie Alter, Krankheit und vor allem Schwierigkeiten bei der Ersatzraumbeschaffung (vgl SCHMIDT-FUTTERER B 190; s ferner BURKHARDT WUM 1968, 21; HANS D W W 1968, 10, 12; PERGANDE § 556 a Anm 8 II b; VOELSKOW Betrieb 1968, 115, 117). Im letzteren Fall kommt es also darauf an, daß der Mieter seiner Pflicht nachgekommen ist, sich um die Beschaffung von Ersatzraum zu bemühen. 43 Fraglich ist, ob bei der Feststellung der finanziellen Belastbarkeit des Mieters Einkommen und Vermögen aller im Haushalt lebender Familienangehörigen zu berücksichtigen sind, wie es von SCHMIDT-FUTTERER (B 190) angenommen wird. Dieser Ansicht kann nur insoweit zugestimmt werden, als die bisherige Wohnung und die als angemessen vorausgesetzte Ersatzwohnung auf die Wohnbedürfnisse der gesamten Familie zugeschnitten sind. Reichen das eigene Einkommen und Vermögen des Mieters aber nicht einmal aus, um die Miete für eine nur den persönlichen Bedarf deckende Ersatzwohnung zu bezahlen, so ist eine Berücksichtigung fremden Einkommens und Vermögens ungerechtfertigt, weil dies unter Umständen zur Anrechnung einer gesetzlich nicht bestehenden Unterhaltspflicht führen würde. 44 Eine Erschwerung der Berufsausübung oder der Ausbildung des Mieters oder seiner Familienangehörigen kann eine Härte bedeuten. Dies gilt etwa für die Wohnung eines Arztes in der Nähe eines Krankenhauses oder eines Musikers in einem E i n f a m i l i e n h a u s (HOFFMANN D W W 1968, 44, 4 5 ; PALANDT-PUTZO § 5 5 6 a A n m 6 a

aa; PERGANDE § 5 5 6 a Anm 8 II e). Entscheidend ist aber die Frage der Ersatzraumbeschaffung. Zu beachten ist, daß die Sozialklausel nur dazu dient, dem Mieter die Wohnung zu erhalten, nicht aber die Verfolgung wirtschaftlicher Interessen begünstigen soll (AG Köln MDR 1973, 139 - Unterhaltung einer Tierzucht). Eine Erschwerung der Ausbildung kommt in Betracht, wenn durch Wohnungssuche oder Wohnungswechsel ein bevorstehendes Examen gefährdet oder eine bis zur Entlassung nur noch kurzfristige Umschulung erforderlich wird (LG Mainz WuM 1970, 101; LG Wuppertal MDR 1970, 332; AG Wuppertal WuM 1971, 25; ERMANSCHOPP § 5 5 6 a R z 10; GÖCKMANN N J W 1963, 2 1 0 9 ; HANS § 5 5 6 a A n m 3 k; PALANDT-PUTZO § 5 5 6 a A n m 6 a aa; PERGANDE § 5 5 6 a A n m 8 II d ; WEIMAR N J W 1963, 2 1 1 1 ) . Längere Schulwege müssen in Kauf genommen werden (AG Bensberg M D R 1966, 5 0 8 m A n m WEIMAR; PERGANDE F W W 1970, 5 0 3 , 5 0 6 ; SCHMIDT-FUTTERER B 196), was allerdings bei körperlicher oder geistiger Behinderung des Kindes

einzuschränken ist (ERMAN-SCHOPP § 556 a Rz 10). Grundsätzlich ist die vertragsmäßige Beendigung des Mietverhältnisses keine ungerechtfertigte Härte, wenn der Mieter in der Wohnung mit Einverständnis des Vermieters ein Hobby ungestört ausüben kann, das er in den meisten anderen Wohnungen nicht betreiben könnte (OLG Karlsruhe RE OLGZ 1971, 414 = ZMR 1971, 376 - Brieftaubenzucht).

45 4. Berechtigte Interessen des Vermieters a) Allgemeines Gegenüber den Härtegründen für den Mieter sind auf Seiten des Vermieters dessen berechtigte Interessen an einer Beendigung des Mietverhältnisses durch Kündigung zu berücksichtigen. Dies sind bei der Kündigung eines Mietverhältnisses über Wohnraum grundsätzlich die gleichen Interessen, die nach § 564 b Abs 1 u 2 schon für die Wirksamkeit der Kündigung erforderlich sind (§ 564 b Rz 22 ff). Mangelt es bereits daran, kommt es auf die Sozialklausel nicht mehr an. Im übrigen dürfen bei der Würdigung der Jürgen Sonnenschein

(920)

§556 a 3. Titel. Miete. Pacht

46-49

berechtigten Interessen des Vermieters nur solche Gründe berücksichtigt werden, die in dem Kündigungsschreiben nach § 564 a Abs 1 S 2 angegeben sind (vgl § 564 b Abs 3). Darüber hinaus kommen nur noch solche Gründe in Betracht, die nachträglich, dh nach Abgabe der Kündigungserklärung entstanden sind (§ 556 a Abs 1 S 3). Handelt es sich um ein Mietverhältnis über eine Wohnung in einem vom Vermieter 46 selbst bewohnten Wohngebäude mit nicht mehr als zwei Wohnungen, ist die Kündigung des Vermieters nach § 564 b Abs 4 auch dann wirksam, wenn ihm bei der Kündigung keine berechtigten Interessen zur Seite stehen. Es kommt auch nicht darauf an, daß der Vermieter die der Kündigung zugrunde liegenden Umstände in dem Kündigungsschreiben angibt. Durch diese Sonderregelung einer erleichterten Kündigung, die durch die besondere Wohnsituation gerechtfertigt ist, sollen indessen die sonstigen Schutzvorschriften nicht berührt werden (§ 564 b Abs 5; SCHMIDTFUTTERER B 530, 531). Um im Rahmen des § 556 a ein Widerspruchsrecht des Mieters auszuschließen, kommt es deshalb auch in diesen Fällen darauf an, daß sich der Vermieter auf berechtigte Interessen berufen kann. Damit die Sonderregelung des § 564 b Abs 4 nicht völlig leerläuft, sind dabei allerdings auch solche Interessen zu berücksichtigen, die im Rahmen des § 564 b Abs 1 u 2 keinen Kündigungsgrund darstellen würden (vgl SCHMIDT-FUTTERER B 201). Das berechtigte Interesse im Sinne des § 556 a ist deshalb im Hinblick auf Sinn und Zweck der erleichterten Kündigung nach § 564 b Abs 4 zu interpretieren (vgl § 564 b Rz 154). Festzuhalten ist in jedem Fall an dem Erfordernis des § 556 a Abs 1 S 3, daß auch diese Gründe im Kündigungsschreiben angegeben sein müssen, soweit sie nicht erst nachträglich entstanden sind. Die Interessen des Vermieters an einer Beendigung des Mietverhältnisses müssen 47 sich aus konkreten Umständen ergeben (AG Remscheid-Lennep MDR 1968, 500). Unzureichend ist es, wenn der Vermieter sich nur auf seine Eigentumsrechte beruft. Diese Rechte stehen unter der Einschränkung der Sozialpflichtigkeit des Eigentums (Art 14 Abs 2 GG), was in der Sozialklausel des § 556 a seinen Ausdruck gefunden hat (PERGANDE § 5 5 6 a Anm 8 III). Berechtigt sind die Interessen des Vermieters, wenn sie mit der Rechts- und Sozialordnung in Einklang stehen, also vom Gerechtigkeitsgedanken her vertretbar sind (PERGANDE aaO; vgl auch HÄUSLER DWW 1 9 6 8 , 4 , 8 ; SCHMIDT-FUTTERER B

201).

b) Einzelfälle 48 Als berechtigtes Interesse des Vermieters kommen in erster Linie die in § 564 b Abs 2 ausdrücklich aufgeführten Gründe in Betracht. Hierzu zählen zunächst erhebliche, schuldhafte Pflichtverletzungen des Mieters (§ 564 b Abs 2 Nr 1). In Betracht kommen etwa Zahlungsverzug (§ 564 b Rz 37 ff; PALANDT-PUTZO § 556 a Anm 6 a bb; SCHMIDT-FUTTERER B 473), vertragswidriger Gebrauch (§ 564 b Rz 41 ff; SCHMIDT-FUTTERER B 474), insbesondere unbefugte Untervermietung (§ 549 Rz 60, § 564 b Rz 43; SCHMIDT-FUTTERER B 476) oder Belästigungen des Vermieters (§ 564 Rz 44; SCHMIDT-FUTTERER B 475). Zu beachten ist allerdings, daß diese Gründe nicht ein Gewicht erreichen dürfen, das eine fristlose Kündigung duch den Vermieter rechtfertigen würde, weil dann eine Fortsetzung des Mietverhältnisses schon nach § 556 a Abs 4 Nr 2 ausscheidet und es einer Interessenabwägung nicht mehr bedarf. Starke Spannungen zwischen den Mietparteien können auch dann zugunsten des 49 Vermieters berücksichtigt werden, wenn nicht mehr festzustellen ist, auf wessen Veranlassung die Störung des Mietverhältnisses zurückzuführen ist. Entscheidend kommt es darauf an, ob es mit Rücksicht auf den zu wahrenden Hausfrieden für den (921)

Jürgen Sonnenschein

§556 a 50-52

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

Vermieter unzumutbar ist, das Mietverhältnis fortzusetzen. Dies kann vor allem bei einem vom Vermieter selbst bewohnten Zweifamilienhaus, also in den Fällen des § 564 b Abs 4 bedeutsam sein. Hat der Vermieter die Spannungen ganz oder überwiegend selbst verursacht, scheidet eine Berücksichtigung zu seinen Gunsten wegen widersprüchlichen Verhaltens aus (PERGANDE § 556 a Anm 8 III; SCHMIDTFUTTERER B 204; VOELSKOW Betrieb 1968, 115, 118; vgl aber AG Essen WuM 1972, 76). 50 Eigenbedarf des Vermieters kann ein berechtigtes Interesse an einer Beendigung des Mietverhältnisses begründen (vgl § 564 b Abs 2 Nr 2; dort Rz 47 ff; AG Aachen ZMR 1964, 308; AG Hagen ZMR 1964, 308; SCHMIDT-FUTTERER B 478 ff). Dabei sind nicht nur die eigenen Interessen des Vermieters zu berücksichtigen, der etwa wegen seiner Hilfsbedürftigkeit darauf angewiesen ist, eine Pflegeperson in seine Wohnung aufzunehmen. Es kommt auch auf den Wohnungsbedarf für die zum Hausstand des Vermieters gehörenden Personen oder für seine Familienangehörig e n a n ( v g l § 5 6 4 b A b s 2 N r 2 ; PALANDT-PUTZO § 5 5 6 a A n m 6 a b b ; PERGANDE

§ 556 a Anm 8 III; WEIMAR WM 1968, 426, 427; zum Begriff der Hausstands- und Familienangehörigen SCHMIDT-FUTTERER B 487; § 564 b Rz 56 ff; vgl auch AG Hamburg MDR 1971, 762 - Hauswart; AG München WuM 1970, 23 - selbstverschuldeter Eigenbedarf für Hauswart). Das Eigenbedarfsinteresse des Vermieters tritt jedoch bei Abwägung der beiderseitigen Interessen zurück, wenn er eine während des Laufs der Kündigungsfrist freiwerdende andere Wohnung im Hause an einen anderen Interessenten vermietet hat (LG Wuppertal WuM 1970, 133). 51 Zweifelhaft ist es, welche Bedeutung dem Verhältnis zwischen dem Zeitpunkt des Eigentumserwerbs des Vermieters und der Dauer des Mietverhältnisses zukommt. Im Rahmen des § 564 b ist eine generelle Wartezeit des Erwerbers eines Mietshauses entgegen der von der Rspr früher zu § 4 MietSchG aus Billigkeitsgründen vertretenen Ansicht nicht mehr anzuerkennen, da der Gesetzgeber dem Zeitmoment durch eine Staffelung der Kündigungsfristen Rechnung getragen hat. Die Sonderregelung des § 564 b Abs 2 Nr 2 S 2, die bei der Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen eingreift, ist wegen ihrer Zielsetzung, eine solche Umwandlung zu verhindern, keiner ausdehnenden Auslegung zugänglich (SCHMIDT-FUTTERER B 4 9 9 ; ders ZMR 1 9 7 4 , 3 7 ; § 5 6 4 b Rz 82; aM V O G E L JZ 1 9 7 5 , 7 3 , 7 5 ) . Dies steht aber nicht einer Berücksichtigung des Zeitmoments im Rahmen des § 556 a entgegen (SCHMIDT-FUTTERER aaO). Zu weit geht es allerdings, dem Grundstückserwerber eine Berufung auf Eigenbedarf idR erst dann zu gestatten, wenn eine gewisse Zeit verstrichen ist, zB drei Jahre nach dem Eigentumserwerb (so PERGANDE § 5 5 6 a Anm 8 III). Eigenbedarf bildet grundsätzlich ohne diese Einschränkung ein berechtigtes Interesse, das nur in einer am Einzelfall orientierten Interessenabwägung hinter dem Schutzbedürfnis des Mieters zurückzutreten hat. Dabei kommt es vor allem auf die Dringlichkeit des Eigenbedarfs an. Eine generelle Wartezeit für den Erwerber einer vermieteten Wohnung kann deshalb auch im Rahmen des § 556 a nicht anerkannt werden. 52 Ein berechtigtes Interesse des Vermieters liegt weiter vor, wenn er durch die Fortsetzung des Mietverhältnisses an einer angemessenen wirtschaftlichen Verwertung des Grundstücks gehindert und dadurch erhebliche Nachteile erleiden würde (vgl § 564 b Abs 2 Nr 3; dort Rz 83 ff; SCHMIDT-FUTTERER B 501 ff). Eine anderweitige wirtschaftliche Verwertung ist gegeben, wenn der Vermieter das Grundstück verkaufen, zu Geschäftszwecken vermieten oder verpachten, ein großes soziales Bauvorhaben durchführen (LG Köln WuM 1976, 163 m zust Anm W E I M A R ) oder ein dingliches Recht, zB ein Erbbaurecht, bestellen will (SCHMIDT-FUTTERER B 502). So kann das Interesse des Vermieters an einer Beendigung des Mietverhältnisses Jürgen Sonnenschein

(922)

3. Titel. Miete. Pacht

§556 a 53-56

berechtigt sein, wenn Verkaufsverhandlungen daran scheitern oder dadurch beeinträchtigt werden, daß die Wohnung noch vermietet ist (OLG Karlsruhe RE NJW 1971, 1182). Auch hierbei bedarf es jedoch noch einer Abwägung. Es wäre bedenklich, den Verkaufsabsichten des Vermieters generell den Vorrang vor Härtegründen in der Person des Mieters einzuräumen (vgl aber LG Saarbrücken NJW 1970, 1554 bei Verkauf eines Einfamilienhauses), da den Verkaufsabsichten kein größeres Gewicht beizumessen ist als einem Eigenbedarf des Vermieters. Die Möglichkeit, eine höhere Miete durch anderweitige Vermietung als Wohnraum zu erzielen, bildet ebensowenig ein berechtigtes Interesse des Vermieters (§ 564 b Abs 2 Nr 3 S 2) wie ein rechtlich nicht bindendes Versprechen des Vermieters gegenüber einem anderen Mieter, diesem demnächst die Wohnung des gekündigten Mieters zur Verfügung zu stellen (OLG Karlsruhe RE NJW 1970, 1746, 1748; LG Mannheim WuM 1971, 58). Bei einer städtebaulichen Sanierung kommen auch öffentliche Interessen in Be- 53 tracht, wenn der Wohnraum beseitigt werden soll und angemessener Ersatzwohnraum zur Verfügung steht (§ 26 StädtebaufördG; P A L A N D T - P U T Z O § 556 a Anm 6 a bb). Das gleiche gilt für ähnliche öffentliche Interessen (vgl § 564 b Rz 112 ff). Vgl zu sonstigen berechtigten Interessen § 564 b Rz 104 ff; AG Münster WuM 1970, 187 - zur Inanspruchnahme der Wohnung durch einen Bauverein für seine Mitglieder.

5. Interessenabwägung

54

Die Härte, die für den Mieter oder seine Familie in der vertragsmäßigen Beendigung des Mietverhältnisses liegt, darf auch unter Würdigung der berechtigten Interessen des Vermieters nicht zu rechtfertigen sein (§ 556 a Abs 1 S 1). Damit sind die im konkreten Einzelfall bestehenden Härtegründe gegen die berechtigten Interessen des Vermieters an einer Beendigung des Mietverhältnisses abzuwägen. Der Gesetzgeber hat mit der Neufassung der Vorschrift durch das MietRÄndG III 55 gegenüber dem früheren Gesetzeswortlaut, in dem von „voller Würdigung der Belange des Vermieters" die Rede war, klargestellt, daß dessen Interessen nicht von vornherein ein größeres Gewicht zugemessen werden darf als denjenigen des Mieters (Begr zum Entw des BR BT-Drucks V/1743, 3). Berechtigte Interessen des Vermieters an einer Beendigung des Mietverhältnisses sind deshalb nicht ohne weiteres ausschlaggebend für den Eintritt dieser Rechtsfolge. Voraussetzung für einen erfolgreichen Widerspruch des Mieters ist es, daß bei der 56 erforderlichen Abwägung die Härtegründe auf seiner Seite die Interessen des Vermieters überwiegen. Das Widerspruchsrecht entfällt, wenn den Interessen des Vermieters das Übergewicht zukommt. Stehen sich dessen Interessen und die Härtegründe auf Seiten des Mieters gleichgewichtig gegenüber, so ist das Widerspruchsrecht ebenfalls ausgeschlossen ( E R M A N - S C H O P P § 556 Rz 12; G L A S E R MDR 1968, 280, 282; SCHMIDT-FUTTERER B 206). Die Sozialklausel soll das freie Kündigungsrecht des Vermieters nur einschränken, wenn die Härte für den Mieter nicht zu rechtfertigen ist. Der darin für den Vermieter liegende Eingriff ist aber nur gerechtfertigt, wenn den Interessen der Gegenseite ein Übergewicht gegenüber dem primären Recht des Vermieters auf freie Verfügungsbefugnis über sein Eigentum zukommt. IdR wird sich eine derartige Zuspitzung des Problems durch eine von vornherein klare Entscheidung für die eine oder die andere Seite vermeiden lassen ( v g l SCHMIDT-FUTTERER B (923)

206).

Jürgen Sonnenschein

§ 556 a 57-61

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

III. Rechtsfolgen 57 1. Allgemeines Als Rechtsfolge ist bestimmt, daß der Mieter der Kündigung widersprechen und die Fortsetzung des Mietverhältnisses verlangen kann (§ 556 a Abs 1 S 1). 58 Nach verbreiteter Auffassung soll es sich hierbei um eine einheitliche und einseitig empfangsbedürftige Willenserklärung handeln, deren Bestandteile nicht getrennt voneinander bestehen könnten (HOFFMANN NJW 1 9 6 6 , 4 8 6 , 4 8 7 ; P A L A N D T - P U T Z O § 5 5 6 a Anm 5 ; ROQUETTE § 5 5 6 a Rz 3 0 ; SCHMIDT-FUTTERER B 2 0 7 ) . Die Geltendmachung des Widerspruchs und des Verlängerungsanspruchs sei ein wesentlicher Bestandteil der Erklärung ( R O Q U E T T E aaO). Nur der Kündigung zu widersprechen, ohne die Fortsetzung des Mietverhältnisses zu verlangen, sei ebenso sinnlos, wie umgekehrt nur die Fortsetzung zu verlangen, aber nicht die Kündigung anzugreifen (SCHMIDT-FUTTERER 59

aaO).

Der Gesetzeswortlaut läßt insoweit keine eindeutigen Schlüsse zu (anders H O F F aaO; SCHMIDT-FUTTERER aaO). Wenn zT nebeneinander von Widerspruch und Verlangen auf Fortsetzung die Rede ist (Abs 1 S 1), zT nur von einem Fortsetzungsverlangen (Abs 2 S 1, Abs 4) oder auch nur von dem Widerspruch (Abs 6 S 1), so läßt dies nicht nur den von der oa Meinung gezogenen Schluß zu, daß es sich um eine einheitliche Erklärung handeln müsse, sondern auch, daß der Mieter seine Rechte in zwei getrennten Erklärungen geltend machen kann, wobei der Widerspruch wiederum Voraussetzung für das Verlangen auf Fortsetzung des Mietverhältnisses ist (vgl ERMANN-SCHOPP § 556 a Rz 17, wonach der Widerspruch, nicht die Verlängerungserklärung, fristgebunden ist). Deutlicher ist § 556 a Abs 5 S 1, wo es heißt, „die Erklärung des Mieters, mit der er der Kündigung widerspricht und die Fortsetzung des Mietverhältnisses verlangt, bedarf der schriftlichen Form". Diese Formulierung legt es nahe, von einer einheitlichen Willenserklärung auszugehen. Damit ist aber noch nicht der Schluß gerechtfertigt, daß die Erklärung unwirksam sei, wenn aus ihr nicht der Widerspruch und das Fortsetzungsbegehren nebeneinander hervorgehe (so aber R O Q U E T T E § 556 a Rz 30). MANN

60 Die Schwierigkeiten bei der dogmatischen Einordnung dieser beiden Bestandteile resultieren aus der Entstehungsgeschichte der Vorschrift. Nach Art III § 4 des RegE eines AbbauG (BT-Drucks III/1234, 9) war ein Recht des Mieters zum Widerspruch gegen die Kündigung vorgesehen. Der Widerspruch sollte die Kündigung unwirksam machen. In den Ausschußberatungen wurde ein solches Recht des Mieters, die Kündigung des Vermieters für unwirksam zu erklären, nicht für notwendig gehalten. Es genüge vielmehr, „wenn der Vermieter durch den Widerspruch des Mieters verpflichtet wird, das Mietverhältnis fortzusetzen, solange es den Umständen nach angemessen ist" (Ausschußbericht, zu BT-Drucks III/1850, 9). Daraus ergibt sich, daß Widerspruch und Verlangen auf Fortsetzung des Mietverhältnisses nicht nur zwei Bestandteile einer Willenserklärung, sondern daß sie rechtlich ein und dasselbe sind. Beiden kommt dieselbe Funktion zu. In jedem Widerspruch kann deshalb auch ohne weitere Auslegung das Verlangen auf Fortsetzung des Mietverhältnisses gesehen werden. Das gleiche gilt für den umgekehrten Fall. 61 2. Recht zum Widerspruch im allgemeinen a) Besondere Voraussetzungen des Widerspruchs Schriftliche Form ist für die Erklärung des Mieters erforderlich, mit der er der Kündigung widerspricht und die Fortsetzung des Mietverhältnisses verlangt Jürgen Sonnenschein

(924)

3. Titel. Miete. Pacht

§556 a 62-65

a Abs 5 S 1, 1 2 6 Abs 1 u 3 ; vgl aber § 5 5 6 c Rz 2 8 ; PERGANDE § 5 5 6 a Anm 6). Das Formerfordernis dient der Rechtsklarheit und soll spätere Streitigkeiten über die Frage ausschließen, ob tatsächlich ein Widerspruch erhoben worden ist ( P E R G A N D E aaO). Die Form ist bei eigenhändiger Unterzeichnung, notariell beglaubigtem Handzeichen oder notarieller Beurkundung gewahrt. Dies gilt auch, wenn der Mieter eine auf Fortsetzung des Mietverhältnisses gerichtete Klage oder Widerklage erhebt. Ein gerichtliches Protokoll ersetzt die Form aber nur im Rahmen eines Vergleichs (§ 1 2 7 a; anders noch PERGANDE § 5 5 6 a Anm 6 unter Geltung des § 1 2 6 Abs 3 aF; s auch LG Braunschweig NJW 1964, 1028, 1031 - prozessual wirksame Anträge; P A L A N D T - P U T Z O § 5 5 6 a Anm 5 d bb). Ein telegrafisch übermittelter Widerspruch ist unwirksam (OLG Karlsruhe RE NJW 1 9 7 3 , 1 0 0 1 ; aM CLASEN B1GBW 1975, 126, 127 für den durch unterschriebenes Telegrammformular aufgegebenen Widerspruch). (§§ 556

Vertretung ist bei der Abgabe der Widerspruchserklärung zulässig ( P A L A N D T - P U T Z O 62 § 556 a Anm 5 b; SCHMIDT-FUTTERER B 208). Dabei ist aber zu beachten, daß der Vermieter den Widerspruch nach § 174 zurückweisen kann, wenn keine Vollmachtsurkunde vorgelegt wird. Eine Frist für die Erklärung des Widerspruchs ist in § 556 a Abs 6 bestimmt. Hierbei 63 handelt es sich nicht um eine Ausschlußfrist, sondern um eine der Verjährungsregelung vergleichbare Frist, deren Versäumung nur beachtet wird, wenn sie vom Vermieter als Einrede geltend gemacht wird (AG Recklinghausen WuM 1964, 53 m Anm

SCHERER; B G B - R G R K - G E L H A A R

§ 5 5 6 a R z 1 7 ; BURKHARDT B B

1963,

9 0 7 , 9 1 1 ; E R M A N - S C H O P P § 5 5 6 a R Z 1 7 ; H A N S § 5 5 6 a A n m 4 b ; HOFFMANN N J W 1 9 6 6 , 4 8 6 , 4 8 7 ; KUNKEL N J W 1 9 6 5 , 7 9 9 , 8 0 1 ; P A L A N D T - P U T Z O § 5 5 6 a A n m 5 d ; PERGANDE § 5 5 6 a A n m 7 ; ROQUETTE § 5 5 6 a R z 3 7 ; SCHMIDT-FUTTERER B 2 1 0 ; a M

NJW 1965, 2190). Zweck der Frist ist es, dem Vermieter angemessene Zeit vor Ablauf des Mietverhältnisses Klarheit darüber zu verschaffen, ob der Mieter räumen wird oder nicht (Ausschußbericht, zu BT-Drucks III/1850, 9). HIENDL

Nach § 556 a Abs 6 S 1 kann der Vermieter die Fortsetzung des Mietverhältnisses 64 ablehnen, wenn der Mieter den Widerspruch nicht spätestens zwei Monate vor der Beendigung des Mietverhältnisses dem Vermieter gegenüber erklärt hat. Diese Frist gilt einheitlich bei allen Kündigungsfristen des § 565. Die ursprünglich unterschiedliche Fristbestimmung entsprechend der Staffelung der Kündigungsfristen ist durch das MietRÄndG III beseitigt worden. Eine abweichende Regelung gilt aber bei Werkmietwohnungen (§ 565 d Abs 2). Karenzzeiten sind nicht vorgesehen. Für die Fristberechnung gelten die §§186 ff. Maßgebend für die Einhaltung der Frist ist der Zugang des Widerspruchs (SCHMIDT-FUTTERER B 210). Nach § 556 a Abs 6 S 2 kann der Mieter den Widerspruch auch noch im ersten 65 Termin des Räumungsrechtsstreits erklären, wenn der Vermieter ihn nicht rechtzeitig vor Ablauf der Widerspruchsfrist auf die Möglichkeit des Widerspruchs und dessen Form und Frist hingewiesen hat (vgl § 564 a Abs 2). Diese Regelung ist durch das MietRÄndG III aufgenommen worden, weil sich in der Praxis gezeigt hatte, daß vor allem Mieter aus den Bevölkerungskreisen, denen die Sozialklausel helfen soll, von ihrem Widerspruchsrecht aus Rechtsunkenntnis nur selten fristgerecht Gebrauch machten (Begr zum Entw des BR BT-Drucks V/1743, 3). Rechtzeitig ist der Hinweis nur, wenn er dem Mieter angemessene Zeit vor Ablauf der Widerspruchsfrist zugeht, so daß ihm noch genügend Zeit zur Einholung von Rechtsrat, Überlegung, Abfassung des Widerspruchs und dessen Übermittlung an den Vermieter verbleibt. Die Hinweispflicht des Vermieters ist unverzichtbar und kann nicht im voraus erfüllt werden (SCHMIDT-FUTTERER B 212; W E I M A R W U M 1969, 177). Für das Gericht kann sich im ersten Termin des Räumungsrechtsstreits (vgl hierzu im (925)

Jürgen Sonnenschein

§ 556 a 66-68

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

einzelnen PERGANDE § 5 5 6 a Anm 7 ; VOELSKOW Betrieb 1 9 6 8 , 1 1 5 , 1 2 1 ) nach § 1 3 9 ZPO eine Pflicht zur Aufklärung des Mieters über seine Rechte ergeben (PERGANDE aaO; SCHMIDT-FUTTERER B 2 1 2 ; ders WuM 1 9 6 8 , 3 7 , 4 0 ; VOELSKOW aaO). Das Erfordernis der Schriftform nach Abs 5 S 1 gilt auch für den im ersten Termin des Räumungsrechtsstreits erklärten Widerspruch. Auf der Grundlage der Prozeßvollmacht wird die Zustellung von Anwalt zu Anwalt der Form gerecht (vgl LG Braunschweig NJW 1 9 6 4 , 1 0 2 8 , 1 0 3 1 ) . Ein gerichtliches Protokoll ersetzt die Form nur bei einem Prozeßvergleich (§§ 126 Abs 3, 127 a). 66 Die Einhaltung der Widerspruchsfrist durch den Mieter ist auch dann versäumt, wenn sich die Härtegründe &rst nach Fristablauf eingestellt haben (HOFFMANN W U M 1 9 6 3 , 1 6 1 , 1 6 3 ; PERGANDE § 5 5 6 a Anm 7 ) . Dem Mieter ist nur noch durch Gewährung einer gerichtlichen Räumungsfrist nach § 721 ZPO zu helfen. 67 Für den Inhalt des Widerspruchs genügt der erkennbare Wille des Mieters, die Beendigung des Mietverhältnisses nicht gegen sich gelten zu lassen. Die Begriffe „Widerspruch" oder „Fortsetzung des Mietverhältnisses" brauchen nicht ausdrücklich verwendet zu werden (LG Flensburg SchlHA 1966, 42). Eine Begründung des Widerspruchs ist nicht erforderlich. Auf Verlangen des Vermieters soll der Mieter nach § 556 a Abs 5 S 2 allerdings unverzüglich Auskunft über die Gründe des Widerspruchs erteilen. Außer Kostennachteilen im Räumungsprozeß (vgl § 93 b Abs 2 ZPO) sind an die Verletzung dieser Sollvorschrift durch den Mieter keine Sanktionen geknüpft. Der Mieter braucht in der Erklärung, mit der er der Kündigung widerspricht und Fortsetzung des Mietverhältnisses verlangt, auch nicht anzugeben, für welche Zeit das Mietverhältnis fortgesetzt werden soll (AG Fürth WuM 1 9 6 6 , 4 1 ; HOFFMANN W U M 1 9 6 3 , 1 6 1 , 1 6 3 ; PERGANDE § 5 5 6 a A n m 6 ; a M BURKHARDT BB 1 9 6 3 , 9 0 7 , 9 1 0 ; KUNKEL NJW 1 9 6 5 , 7 9 9 , 8 0 1 ) . Dies ist aus § 3 0 8 a

Abs 1 S 1 ZPO zu schließen, wonach das Gericht im Räumungsprozeß auch ohne Antrag im Urteil auszusprechen hat, für welche Dauer und unter welchen Änderungen der Vertragsbedingungen das Mietverhältnis fortgesetzt wird. Von einer Bedingung darf der Mieter den Widerspruch grundsätzlich nicht abhängig machen, wenn es damit für die Frage der Fortsetzung des Mietverhältnisses auf ein ungewisses, zukünftiges Ereignis ankommt, dessen Eintritt der Vermieter nicht beeinflussen kann (PERGANDE § 5 5 6 a Anm 6 ; SCHMIDT-FUTTERER B 2 0 9 ; WEIMAR WuM 1 9 6 5 , 200).

68 b) Wirkung des Widerspruchs Der Widerspruch des Mieters hat keine rechtsgestaltende Wirkung, die automatisch zur Unwirksamkeit der Kündigung führen würde (ERMAN-SCHOPP § 5 5 6 a Rz 4 ; FISCHER Z M R 1 9 6 0 , 2 2 5 ; HANS § 5 5 6 a A n m 5 a ; HÄUSLER D W W 1 9 6 8 , 4 , 6 ; HOFFMANN N J W 1 9 6 6 , 4 8 6 , 4 8 7 ; PERGANDE § 5 5 6 a A n m 5 ; ROQUETTE § 5 5 6 a R Z 3 1 ; SCHMIDT-FUTTERER B 2 1 4 ; SOERGEL-MEZGER § 5 5 6 a R z 2 0 ; WEIMAR W U M

1965, 200). Die dahin zielende ursprüngliche Fassung des Gesetzentwurfs ist in den Ausschußberatungen ausdrücklich aufgegeben worden (Ausschußbericht, zu BT-Drucks I I I / 1 8 5 0 , 9 ) . Es ist deshalb nicht angebracht, in dem Widerspruch ein Gestaltungsrecht zu sehen, das zur schwebenden Unwirksamkeit der Kündigung führt (so aber LG Braunschweig WuM 1972, 127, 128; LG Wiesbaden WuM 1972, 162; A G Kassel W u M 1972, 96; BGB-RGRK-GELHAAR § 556 a Rz 21; HIENDL

NJW 1 9 6 5 , 2 1 9 0 ; PALANDT-PUTZO § 5 5 6 a Anm 5 e). Ein wirksamer Widerspruch begründet nur einen Anspruch auf Fortsetzung des Mietverhältnisses. Dieser Anspruch wird im Wege der Einigung zwischen den Parteien oder durch Gerichtsurteil erfüllt (§ 556 a Abs 3 S 1). Durch den Widerspruch wird zwar ein Schwebezustand ausgelöst. Dabei handelt es sich jedoch nicht um eine schwebende Unwirksamkeit, sondern um den zwischen jeder Begründung und Erfüllung eines Anspruchs besteJürgen Sonnenschein

(926)

§556 a 3. Titel. Miete. Pacht

69-74

henden Zustand. Die Ungewißheit resultiert allein aus dem nicht mit Sicherheit vorauszusehenden Prozeßausgang (vgl SCHMIDT-FUTTERER B 217). Die dogmatischen Schwierigkeiten sind darin begründet, daß der nach dem ursprünglichen Gesetzentwurf zur Unwirksamkeit führende Widerspruch in der endgültigen Gesetzesfassung bestehengeblieben ist, aber die Funktion der Geltendmachung eines Anspruchs auf Fortsetzung des Mietverhältnisses gewonnen hat (Rz 60). Diese Beurteilung des Widerspruchs hat zur Folge, daß die Kündigung das Mietver- 69 hältnis zum maßgebenden Termin beendet, wenn die Parteien sich nicht vorher über eine Fortsetzung einigen oder ein dahin gehendes Urteil ergeht. Erst durch diese rechtsgestaltenden Akte, nicht schon durch den Widerspruch, wird der Kündigung die Wirksamkeit entzogen. Können sich die Parteien erst nach Ablauf der Kündigungsfrist einigen oder ergeht 70 erst dann ein Urteil, wird das Mietverhältnis zwischenzeitlich beendet, so daß sich die Rechte und Pflichten der Parteien zunächst nach den §§ 556, 557 richten, die Beendigung und damit auch die Anwendbarkeit der §§ 556, 557 dann aber rückwirkend durch die Fortsetzung des Mietverhältnisses beseitigt werden. Es handelt sich auch in diesem Fall nicht um einen Neuabschluß (vgl ROQUETTE § 5 5 6 a Rz 33; SCHMIDT-FUTTERER B 2 1 5 , 2 1 6 ,

221).

3. Anspruch auf Fortsetzung des Mietverhältnisses im besonderen

71

Der Anspruch des Mieters auf Fortsetzung des Mietverhältnisses kann durch außergerichtliche oder gerichtliche Einigung der Parteien, also durch Vertrag oder Prozeßvergleich, erfüllt werden. Kommt keine Einigung zustande, so wird durch Gerichtsurteil entschieden (§ 556 a Abs 3 S 1).

a) Einigung der Parteien

72

Das Gesetz geht davon aus, daß sich die Parteien über die Fortsetzung des Mietverhältnisses meist gütlich einigen werden (Ausschußbericht, zu BT-Drucks III/1850, 9). Der Anspruch des Mieters ist auf Abgabe einer Willenserklärung durch den Vermieter gerichtet. Das Fortsetzungsverlangen bildet somit ein Vertragsangebot, zu dessen Annahme der Vermieter verpflichtet ist. Die Einigung ist ein Vertrag, der den bisherigen Mietvertrag ändert (§ 305). Fraglich ist, ob eine solche Änderung nach § 566 formbedürftig ist, wenn der 73 Vertrag für längere Zeit als ein Jahr fortbestehen soll. Die Formbedürftigkeit wird verbreitet mit der Begründung abgelehnt, die Sozialklausel sei als Spezialvorschrift vorrangig gegenüber § 566 (SCHMIDT-FUTTERER B 218). Zudem werde durch das Erfordernis der Schriftform die tendenziell vom Gesetz begünstigte Einigung erschwert, die ohnehin als besonderer Tatbestand nicht ohne weiteres in das übliche Schema des gewöhnlichen Änderungsvertrags passe ( P E R G A N D E § 556 a Anm 9). Diese Argumente können nicht überzeugen, da ein Vorrang der Sozialklausel gegenüber § 566 nicht erkennbar ist und von einer Erschwerung der Einigung durch Einhaltung der Schriftform wohl kaum die Rede sein kann. Der Mieter wird durch das Formerfordernis auch nicht sonderlich benachteiligt, weil bei einem Formmangel § 566 S 2 eingreift und bei einer späteren Kündigung die Sozialklausel erneut ihre Schutzwirkungen entfalten kann (§ 556 c; vgl W E I M A R WuM 1965, 146). Bei einer Einigung im Wege des Prozeßvergleichs ist die Form auf jeden Fall 74 gewahrt (§§ 126 Abs 3, 127 a). (927)

Jürgen Sonnenschein

§ 556 a 75-81

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

75 b) Fortsetzungsurteil Können sich die Parteien nicht einigen, so ergeht im Rahmen eines Räumungsprozesses oder aufgrund einer vom Mieter erhobenen Fortsetzungsklage ein gerichtliches Urteil über die Fortsetzung des Mietverhältnisses (§ 556 a Abs 3 S 1; § 308 a ZPO). Gegenüber der Räumungsklage besteht für eine auf § 556 a gestützte Widerklage des Mieters wegen § 308 a ZPO kein Rechtsschutzbedürfnis. Umgekehrt kann der Vermieter jedoch gegenüber der selbständig zulässigen Fortsetzungsklage (ERMAN-SCHOPP § 5 5 6 a R z 5 ; H A N S § 5 5 6 a A n m 9 b ; PALANDT-PUTZO § 5 5 6 a A n m

7 a;

PERGANDE

NJW 1964, 1925, 1934) Widerklage auf Räumung erheben

a a O ; SCHMIDT-FUTTERER B

(HANS

220).

76 Da die Sozialklausel dem Mieter einen Anspruch auf Fortsetzung des Mietverhältnisses einräumt und in der Geltendmachung des Anspruchs ein Antrag auf Vertragsfortsetzung zu sehen ist, liegt es nahe, die gerichtliche Entscheidung als Leistungsurteil auf Abgabe einer Willenserklärung zu qualifizieren, das nach § 894 ZPO vollstreckt wird (so SCHMIDT-FUTTERER B 220). Dann wäre die ausdrückliche Erwähnung der Möglichkeit einer Entscheidung durch Urteil in § 556 a Abs 3 S 1 aber als Selbstverständlichkeit überflüssig (PERGANDE § 308 a Z P O Anm 4). Ein Feststellungsurteil ist für das Klageziel des Mieters unzureichend, weil damit sein Anspruch auf Fortsetzung des Mietverhältnisses noch nicht erfüllt ist. Von der überwiegenden Meinung wird deshalb zu Recht ein Gestaltungsurteil angenommen (ERMAN-SCHOPP § 5 5 6 a R z 5 ; HOFFMANN Z M R

1 9 6 4 , 9 7 , 9 8 ; MOHNEN R d A

1960,

324, 325; PALANDT-PUTZO § 556 a Anm 7 a; PERGANDE § 308 a Z P O Anm 4; ders NJW 1964, 1925, 1934; THOMAS NJW 1964, 1945; offengelassen von H A N S § 556 a Anm 9 b unter Hinweis auf die mangelnde praktische Bedeutung der Streitfrage). 77 Den Mieter trifft die Beweislast für die Härtegründe, den Vermieter für seine berechtigten Interessen und für Gründe, die eine fristlose Kündigung rechtfertigen und damit den Anspruch des Mieters auf Fortsetzung des Mietverhältnisses ausschließen. 78 c) Dauer und sonstiger Inhalt des fortgesetzten Mietverhältnisses aa) Soweit die Parteien eine Einigung erzielen, können sie im Rahmen der Vertragsfreiheit auch die Dauer und die sonstige inhaltliche Ausgestaltung des fortgesetzten Mietverhältnisses regeln. Sie können das Mietverhältnis auf bestimmte oder auf unbestimmte Zeit fortsetzen, den Mietzins, Nebenleistungspflichten und dgl ändern. 79 bb) Können sich die Parteien nicht einigen, wird durch Gerichtsurteil über die Dauer sowie über die Bedingungen entschieden, nach denen das Mietverhältnis fortgesetzt wird. 80 Hinsichtlich der Dauer kommt grundsätzlich eine Fortsetzung auf bestimmte Zeit in Betracht, wenn abzusehen ist, bis zu welchem Zeitpunkt die Härtegründe in der Person des Mieters oder seiner Familie weggefallen sein werden oder den Interessen des Mieters ein Übergewicht zukommen wird. Eine Fortsetzung ist nur für die Zeit zulässig, die unter Berücksichtigung aller Umstände angemessen ist (§ 556 a Abs 2 S 1). 81 Aufgrund der ursprünglichen Fassung der Sozialklausel wurde in Rspr und Schrifttum (vgl B R Ü H L FamRZ 1964, 67, 70) überwiegend die Auffassung vertreten, daß durch Urteil nur eine Fortsetzung des Mietverhältnisses auf bestimmte Zeit zulässig sei (vgl aber AG Hann. Münden WuM 1966, 78; AG Wiesbaden WuM 1967, 9). Mit der Einfügung des § 556 a Abs 3 S 2 durch das MietRÄndG III wurde die Möglichkeit geschaffen, das Mietverhältnis durch Urteil auch auf unbestimmte Zeit Jürgen Sonnenschein

(928)

§556 a 3. Titel. Miete. Pacht

82-85

fortzusetzen, wenn nicht zu ermitteln ist, wann die Härtegründe für den Mieter oder seine Familie voraussichtlich wegfallen werden. Im Regelfall soll es aber dabei bleiben, daß das Gericht die Fortsetzung nur auf bestimmte Zeit anordnet (Ausschußbericht, zu BT-Drucks V/2317, 2). Umstände, die eine Fortsetzung auf unbestimmte Zeit rechtfertigen, sind vor allem hohes Alter, Gebrechlichkeit und unabsehbare Dauer einer Erkrankung (vgl LG Düsseldorf MDR 1970, 55; LG Düsseldorf WuM 1969, 91; AG Bremerhaven WuM 1970, 24; AG Essen WuM 1969, 76; AG Frankfurt WuM 1971, 13; AG Lübeck WuM 1969, 93; AG Zweibrücken WuM 1971, 119; PERGANDE § 556 a Anm 11; SCHMIDT-FUTTERER B 224), Umstände also, die nicht nur vorübergehender Natur sind (OLG Stuttgart RE NJW 1969, 1070). Die Schwierigkeiten der Ersatzraumbeschaffung rechtfertigen dagegen nicht ohne weiteres eine Fortsetzung auf unbestimmte Zeit. Auch wenn der Mieter selbst den Umzug in eine noch nicht vorhandene andere Wohnung anstrebt, ist das Mietverhältnis nur auf bestimmte Zeit fortzusetzen (OLG Karlsruhe RE NJW 1970, 1746). Wenn die Voraussetzungen für eine Fortsetzung auf unbestimmte Zeit an sich gegeben sind, so ist das Gericht doch an einen Antrag des Mieters gebunden, das Mietverhältnis auf bestimmte Zeit fortzusetzen (vgl § 308 Abs 1 ZPO; PERGANDE § 556 a Anm 11). Der Mieter kann es aber auch dem Gericht überlassen, ob es die Fortsetzung auf bestimmte oder auf unbestimmte Zeit anordnet (vgl § 308 a ZPO; PERGANDE aaO). Eine Fortsetzung auf Lebenszeit ist von der Rspr vereinzelt als zulässig angenommen 82 worden (LG Essen WuM 1971, 24; LG Wiesbaden WuM 1968, 200; AG Wiesbaden WuM 1967, 8). Nach dem MietRÄndG III ist in den §§ 556 a, 556 c ausdrücklich nur eine Fortsetzung auf bestimmte oder auf unbestimmte Zeit vorgesehen. Eine Fortsetzung des Mietverhältnisses auf Lebenszeit kann nicht mit einer Fortsetzung auf unbestimmte Zeit gleichgesetzt werden und ist deshalb jedenfalls durch Urteil außerhalb einer Einigung der Parteien unzulässig (OLG Stuttgart RE NJW 1 9 6 9 , 1 0 7 0 ; H A N S § 5 5 6 a A n m 5 b ; P A L A N D T - P U T Z O § 5 5 6 a A n m 6 b ; PERGANDE § 5 5 6 a A n m 1 1 ; SCHMIDT-FUTTERER B 2 2 5 ; a M E R M A N - S C H O P P § 5 5 6 a R z 1 3 ) . U m

einen derart schwerwiegenden, dauerhaften Eingriff in die Rechte des Vermieters zu rechtfertigen, hätte es einer ausdrücklichen Zulassung durch den Gesetzgeber bedurft. Dem Interesse des Mieters kann im Rahmen eines wiederholten Widerspruchs nach § 556 c Abs 2 ausreichend Rechnung getragen werden. Eine Änderung der Vertragsbedingungen durch das Gericht ist möglich, wenn die 83 Parteien sich insoweit nicht einigen können und dem Vermieter nicht zuzumuten ist, das Mietverhältnis unter den bisher geltenden Bedingungen fortzusetzen (§ 556 a Abs 2 S 2). Ein dahin gehender Sachantrag des Vermieters im Prozeß ist nicht erforderlich. Das Gericht kann von Amts wegen entscheiden (§ 308 a ZPO) oder nach § 139 ZPO dahin wirken, daß sachdienliche Anträge gestellt werden ( P E R G A N DE § 556 a Anm 12). Unter den Vertragsbedingungen ist der gesamte Inhalt des Mietvertrags zu verstehen 84 ( H A N S § 5 5 6 a Anm 5 c; SCHMIDT-FUTTERER B 2 2 8 ) , nicht nur der Mietzins (so grundsätzlich ROQUETTE § 5 5 6 a Rz 40, 41). Nicht nur die Gebrauchsrechte des Mieters, sondern auch Nebenpflichten des Vermieters können seit Vertragsabschluß zu einer Belastung geworden sein, deren Korrektur der Vermieter an sich durch Kündigung und Neuabschluß des Vertrags anzustreben berechtigt ist. Ob eine Fortsetzung unter den bisher geltenden Vertragsbedingungen für den 85 Vermieter unzumutbar ist, richtet sich im Einzelfall nach einer Abwägung der beiderseitigen Interessen. Als unzumutbar ist die Fortsetzung allgemein zu beurteilen, wenn unter Berücksichtigung aller Umstände wie vor allem der Entwicklung der örtlichen Vergleichsmieten, der vertraglichen Pflichten der Parteien, ihres bisherigen (929)

Jürgen Sonnenschein

§ 556 a 86-89

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

Verhaltens usw das vertragliche Gleichgewicht erheblich gestört und der Vermieter dadurch übermäßig belastet wird, so daß auch bei objektiver Betrachtung ein Neuabschluß zu den bisherigen Vertragsbedingungen nicht in Betracht kommt. 86 Daraus ergibt sich zugleich der Maßstab für die Angemessenheit einer Änderung der vertraglichen Bedingungen. Ziel muß es dabei sein, das Gleichgewicht der vertraglichen Rechte und Pflichten wiederherzustellen, wobei aber die besonderen Interessen beider Parteien an einer Beendigung bzw Aufrechterhaltung des Mietverhältnisses zu berücksichtigen sind. 87 Dies gilt in erster Linie für eine Anpassung des Mietzinses an die ortsübliche Vergleichsmiete (LG Mannheim ZMR 1977, 30; B R Ü H L FamRZ 1964, 67, 71; PALANDT-PUTZO § 5 5 6 a A n m 6 c ; PERGANDE § 5 5 6 a A n m 1 2 ; SCHMIDT-FUTTERER

230, 231; vgl LG Mannheim NJW 1964, 2307 m Anm BURKHARDT NJW 1965, 303; HOFFMANN DWW 1968, 44, 45; VOELSKOW Betrieb 1968, 115, 118). Die Anpassung des Mietzinses ist nicht davon abhängig, daß die formellen und materiellen Voraussetzungen des MHRG (Art 3 WKSchG II) eingehalten werden (LG Mannheim MDR 1975, 933). Die Regelung der Sozialklausel ist demgegenüber vorrangig (LG Mannheim ZMR 1977, 30; B G B - R G R K - G E L H A A R § 556 a Rz 19; SCHMIDT-FUTTERER B 231). Auch vertragliche Nebenpflichten des Mieters wie die Übernahme von Schönheits- und sonstigen Reparaturen, Gehwegreinigung und dgl können in angemessenem Umfang angepaßt werden. Dabei ist aber die Einschränkung zu machen, daß neue Pflichten dem Mieter nur dann auferlegt werden dürfen, wenn sie sich im Rahmen allgemein üblicher vertraglicher Nebenpflichten halten. Unzulässig ist eine einseitige Änderung der Vertragsbedingungen, wenn den Mieter außergewöhnliche Pflichten wie Pflege des kranken Vermieters, Reinigung der Vermieterwohnung oder die Übernahme einer Hauswarttätigkeit (so aber PERGANDE § 556 a Anm 12; SCHMIDT-FUTTERER B 230 - widersprüchlich zwischen zulässiger Hauswarttätigkeit und unzulässiger Gartenpflege) treffen würden. Die Änderung des Vertragsinhalts kann sich auch auf einzelne Räume erstrecken, so vor allem bei Eigenbedarf des Vermieters ( P A L A N D T - P U T Z O § 556 a Anm 6 c; PERGANDE § 556 a B

A n m 1 2 ; SCHMIDT-FUTTERER B 2 3 0 ; a M ROQUETTE § 5 5 6 a R z 4 1 ) .

88 IV. Ausnahmetatbestände (Abs 8) Zwei Gruppen von Mietverhältnissen über Wohnraum werden vom Anwendungsbereich der Sozialklausel ausgenommen. 1. Dies ist zum einen Wohnraum, der zu nur vorübergehendem Gebrauch vermietet ist. Der Begriff des Wohnraums zu vorübergehendem Gebrauch ist aus § 25 MietSchG in das BGB übernommen worden und wird auch in den §§ 564 a Abs 3, 565 Abs 2 S 2 (vgl auch Abs 3), 565 a Abs 3, in Art 2 Abs 3 WKSchG II und in § 10 Abs 2 Nr 2 u 3 MHG verwendet. 89 Da das Gesetz keine näheren Angaben enthält, was unter Wohnraum zu vorübergehendem Gebrauch zu verstehen ist, kommt es für die Interpretation des Begriffs entscheidend auf den Zweck der Sozialklausel im Verhältnis zu der davon gemachten Ausnahme an. Isoliert betrachtet, ist der Begriff unergiebig, weil der dem Mieter überlassene Gebrauch in jedem Fall nur vorübergehender Natur ist ( R O Q U E T T E § 556 a Rz 5). Die Sozialklausel soll den Mieter vor einem ungerechtfertigten Verlust des Wohnraums schützen. Von einer Härte, die eine Beendigung des Mietverhältnisses mit sich bringt, kann nur die Rede sein, wenn der Mieter den Wohnraum auf eine gewisse Dauer zum Mittelpunkt seines Lebens gemacht hat. Wird durch das Mietverhältnis nur ein kurzfristiges Wohnbedürfnis befriedigt, ist die Beendigung von vornherein in absehbarer Zeit beabsichtigt und führt deshalb nicht Jürgen Sonnenschein

(930)

3. Titel. Miete. Pacht

§556 a 90-93

zu dem in der Sozialklausel vorausgesetzten Eingriff. Unter dem Begriff des vorübergehenden Gebrauchs ist deshalb ein nur kurzfristiger Gebrauch zu verstehen (ROQUETTE aaO; SCHMIDT-FUTTERER C 4 5 2 ) .

Ob Wohnraum zu nur vorübergehendem Gebrauch vermietet ist, richtet sich in 90 erster Linie nach dem vereinbarten Vertragszweck. Die Miete zu einem kurzfristigen Gebrauch muß deshalb Vertragsinhalt geworden sein. Dabei sind alle Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen. Es läßt sich nicht generell eine bestimmte zeitliche Grenze festlegen, bei deren Uberschreiten kein vorübergehender Gebrauch mehr anzunehmen wäre. Vielmehr ist auf den Anlaß abzustellen, der dem Abschluß des Mietvertrags zugrunde liegt. Hieraus ist der Maßstab zu entwickeln, nach dem die Kurzfristigkeit des Gebrauchs zu beurteilen ist (ROQUETTE § 556 a Rz 5). Die zeitliche Beschränkung kann sich aus dem besonderen Zweck des Gebrauchs ergeben, wobei das Ende des Mietverhältnisses zeitlich genau bestimmt ist oder von einem Ereignis abhängt, dessen Eintritt in absehbarer Zeit zu erwarten ist (LG Hannover MDR 1971, 762). Als typisches Beispiel einer kurzfristigen Gebrauchsüberlassung ist die Vermietung 91 von Hotelzimmern, Privatunterkünften oder Ferienwohnungen an Durchreisende, Feriengäste oder Besucher zu nennen. Anlaß kann die Notwendigkeit einer einmaligen Übernachtung oder eines längeren Aufenthaltes für die Dauer eines Urlaubs, eines Kuraufenthaltes, einer Messe oder eines Jahrmarkts sein. Auch der Aufenthalt eines auswärtigen Monteurs oder andere geschäftliche Gründe zählen hierzu. Längere Zeiträume kommen in Betracht, wenn eine Notunterkunft wegen eines 92 Brandes, einer Überschwemmung oder anderer Naturkatastrophen gewährt wird, wenn wegen einer beruflichen Versetzung am neuen Wohnort vor Anmietung einer endgültigen Wohnung zwischenzeitlich eine Unterkunft genommen wird oder wenn eine vorübergehende Unterkunft vor Fertigstellung eines Neubaus erforderlich wird. Auch die Miete eines Studentenzimmers für ein Semester oder der Aufenthalt eines auswärtigen Wissenschaftlers bis zur Erledigung eines bestimmten Forschungsprojekts gehören hierher. Derartige längere Zeiträume können wegen ihres besonderen Anlasses, der von vornherein einen begrenzten Aufenthalt erwarten läßt, als vorübergehend zu beurteilen sein (vgl LG Hannover MDR 1971, 762; ROQUETTE § 556 a Rz 5; SCHMIDT-FUTTERER C 455). Eine Vermietung zu vorübergehendem Gebrauch liegt deshalb auch vor, wenn einem Miterben bei der Auseinandersetzung die entgeltliche Weiterbenutzung eines zur Erbmasse gehörigen Einfamilienhauses für die Dauer eines Jahres gestattet wird, während in der folgenden Zeit die anderen Erben das Grundstück nutzen wollen (LG Mannheim MDR 1977, 317). Nicht vorübergehend in diesem Sinne ist dagegen die Vermietung von Wohnraum an 93 eine Gastarbeiterfamilie (LG Hannover aaO; aM AG Frankfurt ZMR 1973, 149), an einen Studenten für die Dauer des Studiums oder an einen Mieter bis zur Fertigstellung eines erst geplanten Neubaus. Das gleiche gilt für die Aufnahme in ein Alters- oder Pflegeheim und dgl (LG Berlin WuM 1974, 265; SCHMIDT-FUTTERER C 459). In solchen Fällen dient der Wohnraum dazu, den allgemeinen Wohnbedarf des Mieters zu befriedigen. Die Dauer ist idR zeitlich nicht genau fixiert, selbst wenn bei Gastarbeitern eine beschränkte, aber verlängerungsfähige Aufenthaltserlaubnis vorliegt. Ein Mietvertrag auf unbestimmte Zeit kann dabei ein Anhaltspunkt für einen nicht nur vorübergehenden Gebrauch sein. Andererseits ist ein Mietvertrag auf bestimmte Zeit nicht ohne weiteres ein Indiz für vorübergehende Überlassung, insbesondere dann nicht, wenn die Wohnung zum Mittelpunkt der Lebensführung des Mieters werden soll und damit der Schutz der Sozialklausel geboten ist (SCHMIDT-FUTTERER C 455). Ein demgegenüber vom Vermieter durchgesetzter Vermerk im Mietvertrag, daß es sich nur um eine „vorübergehende Benutzung" (931)

Jürgen Sonnenschein

§ 556 a 94-98

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

handele, kann unter diesen Umständen unwirksam sein (§ 556 a Abs 7; C 457; vgl LG Hannover aaO).

SCHMIDT-

FUTTERER

94 Ob Wohnheimplätze nur zum vorübergehenden Gebrauch vermietet sind, kann nicht generell entschieden werden. Der Stand des Mieters als Arbeiter, Angestellter, Lehrling oder Student läßt für sich noch nicht den Schluß auf eine Vermietung zum vorübergehenden Gebrauch zu. Andererseits kann die vorübergehende Natur der Ausbildung auch den Charakter des Mietverhältnisses prägen. Gleichwohl kann die Vermietung von Wohnraum in einem Studenten-, Lehrlings- oder Schülerheim nicht schon regelmäßig als Überlassung zu vorübergehendem Gebrauch beurteilt werden (LG Marburg NJW 1 9 7 7 , 1 5 4 ; aM STERNEL R Z I I I 1 5 0 ; vgl auch LÖWE NJW 1 9 7 5 , 9, 11). Vor allem wenn die Ausbildungszeit im einzelnen noch nicht feststeht, auf jeden Fall aber mehrere Jahre betragen wird und der Heimplatz den Mittelpunkt der Lebensführung des Bewohners bildet, besteht auch im Hinblick auf ein Rotationssystem bei der Vergabe der Plätze kein Grund, ohne ausdrückliche Anordnung des Gesetzgebers derartige Mietverträge von der Sozialklausel auszunehmen (vgl aber SCHMIDT-FUTTERER C 4 6 0 ) .

95 2. Als zweite Gruppe sind Mietverhältnisse über möblierten Wohnraum nach § 556 a Abs 8 von der Geltung der Sozialklausel ausgenommen, wenn der Raum ganz oder überwiegend vom Vermieter mit Einrichtungsgegenständen auszustatten ist, Teil der vom Vermieter selbst bewohnten Wohnung ist und nicht zum dauernden Gebrauch für eine Familie überlassen ist. Dies ist mit Mietverhältnissen der in § 565 Abs 3 genannten Art gemeint (im einzelnen § 565 Rz 44 ff). 96 Der Ausnahmetatbestand ist durch das MietRÄndG I eingefügt worden. Die Sozialklausel soll bei derartigen Mietverhältnissen nur gelten, wenn der Wohnraum zum dauernden Gebrauch für eine Familie überlassen ist (Begr zum RegE BT-Drucks IV/806,10 zu Art I Nr 12). Der Gesetzgeber scheint davon ausgegangen zu sein, daß für Einzelpersonen der Wohnraum, der nicht oder nur geringfügig mit eigenen Einrichtungsgegenständen auszustatten ist, nicht den Mittelpunkt der Lebensführung bildet und deshalb auch keines besonderen Schutzes bedarf ( R O Q U E T T E § 556 a Rz 6). Eine derart generelle Annahme läßt sich allerdings kaum rechtfertigen, vor allem wenn es sich um ein auf Dauer gerichtetes Mietverhältnis handelt. Gerade in diesem Fall ist die Schlechterstellung einer Einzelperson gegenüber einer Familie, der die Sozialklausel auch bei möbliertem Wohnraum zugute kommt, rechtspolitisch und verfassungsrechtlich im Hinblick auf Art 3 Abs 1 GG nicht unbedenklich. Zu rechtfertigen ist die Regelung wohl nur mit der größeren Mobilität und den besseren Chancen einer Einzelperson, eine neue Wohnung zu finden. 97 V. Unabdingbarkeit (Abs 7) Die Sozialklausel ist kraft ausdrücklicher gesetzlicher Anordnung in § 556 a Abs 7 zwingenden Rechts. Aus dem Zweck der Vorschrift, den Mieter zu schützen, ist aber der Schluß gerechtfertigt, daß abweichende Vereinbarungen der Parteien zulässig sind, soweit sie sich zugunsten des Mieters auswirken ( H A N S § 556 a Anm 8; ROQUETTE § 5 5 6 a R z 4 7 ; PALANDT-PUTZO § 5 5 6 a A n m

1 e ; PERGANDE § 5 5 6 a

Anm 16; SCHMIDT-FUTTERER B 257; vgl aber ERMAN-SCHOPP § 556 a Rz 19). Dies ist etwa im Bereich des Abs 2 hinsichtlich einer Änderung der Vertragsbedingungen möglich. Das gleiche gilt hinsichtlich der Ausschlußgründe nach Abs 4 ( R O Q U E T T E § 556 a Rz 48) oder der Widerspruchsfrist nach Abs 6 (vgl auch LG Stade WuM 1968, 168). 98 Ein Verstoß führt auf jeden Fall zur Unwirksamkeit der jeweiligen Vertragsbestimmung. Ob der Mietvertrag im übrigen wirksam bleibt, müßte sich im Prinzip nach Jürgen Sonnenschein

(932)

§ 556 b 3. Titel. Miete. Pacht

§ 139 richten. Dieses Problem ist bei den Beratungen über mietrechtliche Änderungsgesetze im Zusammenhang mit den sogenannten mißbilligten Klauseln mehrfach angesprochen worden (Begr zum RegE eines MietRÄndG I BT-Drucks IV/806, 7 unter II Nr 2, 8 unter III zu Art I Nr 1 aE; Ausschußbericht BT-Drucks IV/1323, zu Drucks IV/1323, 2; Ausschußbericht zum Entw eines MietRÄndG II BT-Drucks IV/2195, zu Drucks IV/2195, 2). Durch die Fassung, der Vermieter solle sich auf abweichende Vereinbarungen „nicht berufen" können, sollte zum Ausdruck gebracht werden, daß die Unwirksamkeit einer solchen Vereinbarung nicht die Unwirksamkeit des ganzen Vertrags zur Folge habe. Es wurde jedoch die zum Gesetz gewordene Fassung des Abs 6 gewählt, weil sie im Einklang mit dem sonstigen Sprachgebrauch des BGB steht. Schon aus der Natur der das soziale Mietrecht ausmachenden Schutzbestimmungen ergebe sich, daß die Unwirksamkeit auf die jeweilige Klausel zu beschränken sei (Ausschußberichte aaO; SCHMIDT-FUTTERER B 257 unter Berufung auf BGH NJW 1964, 1023 zu § 49 MietSchG). Auf den Wortsinn des Gesetzes läßt sich eine solche Auslegung nicht stützen. Sie ergibt sich allerdings aus der dargestellten Regelungsabsicht des Gesetzgebers als einem maßgeblichen Kriterium. Wenn die Parteien jedoch entsprechend der Grundregel des § 139 im Mietvertrag zum Ausdruck bringen, daß die Unwirksamkeit einer Klausel den ganzen Vertrag unwirksam machen soll, so ist diese rechtsgeschäftliche Regelung zu respektieren. Ihre Gültigkeit kann ähnlich wie ein Mietaufhebungsvertrag (vgl § 564 b Rz 159) nicht ihrerseits aufgrund des Abs 7 in Frage gestellt werden. Eine Grenze wird allerdings durch § 242 gezogen, wenn der Vermieter etwa eine solche Klausel in Kenntnis eines Verstoßes gegen § 556 a Abs 7 in den Vertrag aufnimmt. Dann muß er sich an dem an sich unwirksamen Mietvertrag festhalten lassen (venire contra factum proprium). § 556 b Ist ein Mietverhältnis über Wohnraum auf bestimmte Zeit eingegangen, so kann der Mieter die Fortsetzung des Mietverhältnisses verlangen, wenn sie auf Grund des § 556 a im Falle einer Kündigung verlangt werden könnte. Im übrigen gilt § 556 a sinngemäß. Hat der Mieter die Umstände, welche das Interesse des Vermieters an der fristgemäßen Rückgabe des Wohnraums begründen, bei Abschluß des Mietvertrages gekannt, so sind zugunsten des Mieters nur Umstände zu berücksichtigen, die nachträglich eingetreten sind. Art I Nr 4 MietRÄndG I vom 29. 7. 1963 (BGBl I 505); Begr zum RegE BT-Drucks IV/806, 10 (zu Art I Nr 12); Ausschußbericht BT-Drucks IV/1323, zu Drucks 1323, 3.

Schrifttum Vgl zu § 556 a.

Systematische Übersicht I. Allgemeine Kennzeichnung 1. Überblick 1 2. Entstehung der Vorschrift 2 3. Zweck der Vorschrift 3

2. Weitere sachliche Voraussetzungen 13 3. Abwägung der Interessen 15

i n . Rechtsfolgen 1. Allgemeines 24 2. Anspruch auf Fortsetzung des MietverhältII. Voraussetzungen nisses 26 1. Mietverhältnis über Wohnraum auf bestimmte Zeit 4 IV. Unabdingbarkeit 30 (933)

Jürgen Sonnenschein

§ 556 b 1-3

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

Alphabetische Übersicht Kündigung - außerordentliche befristete 10,22 - außerordentliche fristlose 11 - durch den Mieter 9,11

Ausnahmetat bestände 12 Eigenbedarf des Vermieters 19 Fortsetzungsverlangen des Mieters 24 ff - Ausschluß 11,26 - Erfüllung 28 f - Frist u Form 26 - Inhalt des Schreibens 27 - Widerspruch 25 Härtegriinde - für den Mieter 13, 16 f, 20 - mehrere unterschiedliche 21 - nachträglich entstandene 17, 21 Interessen des Vermieters 14, 19, 21 Interessenabwägung 15 ff

Mietvertrag - mit auflösender Bedingung 6 - inhaltliche Gestaltung des fortgesetzten Mietvertrags 29 - mit Optionsrecht 9 - mit Verlängerungsklausel 7 - über Wohnraum 4 - auf bestimmte Zeit 5 Räumungsrechtsstreit 27 Widerspruch des Mieters 25 Wohnraum - Mietverhältnis 4 - möblierter 12

I. Allgemeine Kennzeichnung 1 1. Überblick Ein Mietverhältnis über Wohnraum auf bestimmte Zeit endet normalerweise nicht durch Kündigung, sondern durch Zeitablauf zum vertraglich vorgesehenen Termin. § 556 a ist deshalb nicht unmittelbar anwendbar. In diesen Fällen räumt § 556 b dem Mieter einen Anspruch auf Fortsetzung des Mietverhältnisses ein. Dabei gilt § 556 a sinngemäß. Die Umstände, auf die sich der Mieter zur Begründung einer Härte berufen kann, werden jedoch durch § 556 b Abs 2 in bestimmter Weise eingeschränkt.

2 2. Entstehung der Vorschrift Schon unter der Geltung der 1960 geschaffenen Sozialklausel des § 556 a wurde zT die Auffassung vertreten, daß diese Vorschrift auch auf befristete Mietverhältnisse anzuwenden sei (ROQUETTE, Mieterschutz und soziales Mietrecht [1960] 82; SCHOPP ZMR 1961, 153; aM S O E R G E L - E R D S I E K - M Ü H L [9. Aufl 1962] § 556 a Rz 5). Dagegen sprach jedoch der Wortlaut, der auf eine Kündigung abstellt. Die zweifelhafte Rechtslage wurde durch Art I Nr 4 MietRÄndG I mit der Einfügung des § 556 b in das BGB geklärt. Die Vorschrift ist seitdem unverändert geblieben.

3 3. Zweck der Vorschrift § 556 b bezweckt, auch für befristete Mietverhältnisse die Anknüpfung an die Sozialklausel des § 556 a zu ermöglichen. Dem Mieter wird in gleicher Weise wie im Falle einer Kündigung ein Anspruch auf Fortsetzung eines befristeten Mietverhältnisses eingeräumt (Ausschußbericht, zu BT-Drucks IV/1323, 3). Jürgen Sonnenschein

(934)

3. Titel. Míete. Pacht

§ 556 b 4-9

II. Voraussetzungen 1. Mietverhältnis über Wohnraum auf bestimmte Zeit

4

a) Es muß sich um ein Mietverhältnis über Wohnraum handeln (vgl Vorbem 20 ff zu §§ 535, 536, insbesondere 2 4 - 2 8 ; § 556 a Rz 5 ff). b) Das Mietverhältnis muß auf bestimmte Zeit eingegangen sein. Die Mietzeit ist 5 bestimmt, wenn der Tag der Beendigung des Mietverhältnisses von vornherein kalendermäßig bestimmt oder bestimmbar ist. Letzteres ist der Fall, wenn die Mietzeit nach Zeiteinheiten bemessen ist und von einem Anfangstermin an berechnet wird ( R O Q U E T T E § 556 b Rz 4). Die Dauer des Mietverhältnisses ist auch dann bestimmbar, wenn es für eine Saison, Messe oder dgl abgeschlossen wird (SCHMIDTFUTTERER B 21). In derartigen Fällen wird aber regelmäßig der Ausnahmetatbestand des § 556 a Abs 8 für Wohnraum zu vorübergehendem Gebrauch eingreifen. Befristete Mietverhältnisse enden mit dem kalendermäßig festgelegten Zeitpunkt. Mietverträge mit auflösender Bedingung, deren Dauer durch ein ungewisses, aber 6 zeitlich bestimmbares Ereignis begrenzt wird, sind an sich befristet. Da das Mietverhältnis aber aufgrund des § 565 a Abs 2 nach Eintritt der Bedingung als auf unbestimmte Zeit verlängert gilt und damit durch Kündigung zu beenden ist, greift § 556 a unmittelbar ein. Mietverträge mit Verlängerungsklausel, die auf bestimmte Zeit eingegangen sind, 7 sich aber mangels Kündigung ohne weiteres verlängern (§ 565 a Abs 1), unterliegen nach hM unmittelbar § 556 a, so daß die Einschränkungen des § 556 b Abs 2 hinsichtlich der Berücksichtigung bestimmter Härtegründe nicht gelten (BGB-RGRKGELHAAR § 5 5 6 b R z 2 ; HANS § 5 5 6 b A n m 2 d ; PALANDT-PUTZO § 5 5 6 b A n m 1 c ; R O Q U E T T E § 5 5 6 b R z 5 ; SCHMIDT-FUTTERER B 2 3 f f , B 2 3 3 ; a M

b Rz

ERMAN-SCHOPP

b Anm 7 ; vgl auch AG Stuttgart ZMR 1 9 7 3 , 2 5 0 ; P A L A N D T - P U T Z O § 5 5 6 b Anm 1 ) . Entscheidend ist, daß trotz der Befristung der Zeitpunkt für das Ende des Mietverhältnisses nicht von Anfang an feststeht (RO§ 556

2 ; PERGANDE § 5 5 6

QUETTE a a O ) .

Von der Verlängerungsklausel im Sinne des § 565 a Abs 1 ist der Fall zu unterschei- 8 den, daß die Parteien vereinbaren, ein Mietverhältnis solle zu einem bestimmten Zeitpunkt enden, falls sie nicht durch übereinstimmende Erklärungen eine Fortsetzung vereinbaren. Hier kann der Mieter zunächst nur mit einer Beendigung des Mietverhältnisses zu einem bestimmten Zeitpunkt rechnen, so daß § 556 b eingreift (SCHMIDT-FUTTERER B

233).

Bei einem Optionsrecht des Vermieters, den auf bestimmte Zeit eingegangenen 9 Mietvertrag durch einseitige Erklärung zu verlängern, ist § 556 b anwendbar, falls der Vermieter dieses Recht nicht ausübt und damit das Mietverhältnis zum vorgesehenen Termin endet. Mit einer solchen termingerechten Beendigung durch Zeitablauf muß der Mieter von Anfang an rechnen ( B G B - R G R K - G E L H A A R § 556 b Rz 2 ; H A N S § 556 b Anm 2 d; SCHMIDT-FUTTERER B 2 3 3 ) . Bei einem einseitigen Optionsrecht zugunsten des Mieters kann der Mieter schon unabhängig von der Sozialklausel eine Fortsetzung des Mietverhältnisses herbeiführen. Macht der Mieter von seinem Optionsrecht keinen Gebrauch, ist die Anwendbarkeit der Sozialklausel allerdings nicht ohne weiteres wegen § 556 a Abs 4 Nr 1 ausgeschlossen (so aber SCHMIDT-FUTTERER B 2 3 3 ) . Der Mieter braucht sich nicht so behandeln zu lassen, als hätte er das Mietverhältnis selbst gekündigt, wenn er mit seinem Verlangen auf Fortsetzung auch eine Änderung der Vertragsbedingungen begehrt. Dies könnte er ohne dahin gehende Vereinbarung im Rahmen eines Optionsrechts nicht durchsetzen. Der zutreffende Ansatzpunkt für einen Ausschluß der Sozialklausel bildet in diesen Fällen ein widersprüchliches Verhalten des Mieters (§ 242). Soweit dies (935)

Jürgen Sonnenschein

§ 556 b 10-16

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

nicht vorliegt, greift bei einem Optionsrecht des Mieters § 556 b ein, da der Mieter an sich von Anfang an mit einem bestimmten Zeitpunkt für eine Beendigung des Mietverhältnisses rechnen darf. 10 Wenn ein auf bestimmte Zeit eingegangenes Mietverhältnis nicht durch Zeitablauf, sondern durch außerordentliche befristete Kündigung endet, gilt nach verbreiteter, aber umstrittener Ansicht § 556 a unmittelbar (vgl § 556 a Rz 15 ff). 11 Da nach § 556 b Abs 1 S 2 die Regelung des § 556 a sinngemäß gilt, greift auch dessen Abs 4 ein. Ein Ausschluß des Anspruchs auf Fortsetzung wegen einer Kündigung duch den Mieter (Nr 1) wird bei einem durch Zeitablauf beendeten Mietverhältnis auf bestimmte Zeit allerdings nicht praktisch. Wird ein solches Mietverhältnis durch fristlose Kündigung beendet, greift § 556 a Abs 4 Nr 2 sinngemäß ein (PERGANDE § 556 b Anm 6). Das gleiche gilt, wenn das Mietverhältnis zwar durch Zeitablauf endet, der Vermieter aber auch zur fristlosen Kündigung berechtigt gewesen wäre (HANS § 556 b Anm 3 d; aM ROQUETTE § 556 b Rz 15). Dies folgt nicht nur daraus, daß dem Vermieter die Fortsetzung eines derart gestörten Mietverhältnisses unzumutbar ist, sondern auch aus der hier vertretenen Ansicht, daß es nicht auf eine Kausalität zwischen dem wichtigen Grund zur Kündigung und der Beendigung des Mietverhältnisses ankommt (streitig, vgl § 556 a Rz 14). 12 c) Die Ausnahmetatbestände des § 556 a Abs 8 sind wegen der sinngemäßen Anwendung der gesamten Vorschrift auch für befristete Mietverhältnisse maßgebend. § 556 b gilt deshalb nicht für Wohnraum, der zu nur vorübergehendem Gebrauch vermietet ist, sowie für Mietverhältnisse über möblierten Wohnraum im Sinne des § 565 Abs 3 (HANS § 556 b Anm 3 e; PERGANDE § 556 b Anm 2). 13 2. Weitere sachliche Voraussetzungen Die Beendigung des Mietverhältnisses durch Zeitablauf muß zu einer ungerechtfertigten Härte für den Mieter oder seine Familie führen. Insoweit gelten grundsätzlich die gleichen Gründe wie bei Mietverhältnissen auf unbestimmte Zeit (vgl § 556 a Rz 20 ff; s aber unten Rz 16 ff). 14 Demgegenüber sind die berechtigten Interessen des Vermieters an einer termingemäßen Beendigung des Mietverhältnisses zu berücksichtigen. Insoweit kommen die gleichen Erwägungen wie bei unbefristeten Mietverhältnissen in Betracht (vgl § 556 a Rz 45 ff). Zu beachten ist allerdings, daß es nicht auf eine Kündigung und deren Wirksamkeit aufgrund berechtigter Interessen im Sinne des § 565 Abs 2 ankommt.

15 3. Abwägung der Interessen Auch bei befristeten Mietverhältnissen sind die im konkreten Einzelfall für den Mieter oder seine Familie bestehenden Härtegründe gegen die berechtigten Interessen des Vermieters an einer Beendigung des Mietverhältnisses abzuwägen. Der Tatbestand ist nur erfüllt, wenn den Härtegründen auf Seiten des Mieters ein Übergewicht beizumessen ist (vgl § 556 a Rz 56). 16 Eine Besonderheit gilt bei der Interessenabwägung nach § 556 b Abs 2. Hat der Mieter schon bei Vertragsabschluß die Umstände gekannt, die den Vermieter bewogen haben, ein befristetes Mietverhältnis einzugehen, so sind zugunsten des Mieters nur solche Härtegründe zu berücksichtigen, die nachträglich entstanden sind. Das Interesse des Vermieters an einer fristgemäßen Rückgabe verdrängt kraft Gesetzes das schon zur Zeit des Vertragsabschlusses begründete Interesse des Jürgen Sonnenschein

(936)

§ 556 b 3. Titel. Miete. Pacht

17-21

Mieters an einer etwaigen Fortsetzung des befristeten Mietverhältnisses. Der Mieter, der unter diesen Umständen einen Mietvertrag auf bestimmte Zeit abschließt, ist nicht schutzbedürftig. 17 Diese Einschränkung der Rechte des Mieters beruht auf der Erwägung, daß er in solchen Fällen „das gewissermaßen zur Geschäftsgrundlage gewordene Interesse des Vermieters" an der fristgemäßen Rückgabe der Räume grundsätzlich gegen sich gelten lassen muß. Möglich bleibt es allerdings, daß nachträglich entstandene Härtegründe auf Seiten des Mieters oder seiner Familie die Anwendung der Sozialklausel rechtfertigen (Ausschußbericht, zu BT-Drucks IV/1323, 3). 18 Die besonderen Umstände, die den Vermieter zum Abschluß eines befristeten Mietvertrags bewogen haben, brauchen nicht Vertragsinhalt geworden zu sein. Die Befristung des Mietverhältnisses reicht allein jedoch nicht aus, um die Anwendung des § 556 b Abs 2 zu rechtfertigen ( P E R G A N D E § 556 b Anm 3; ROQUETTE § 556 b Rz 12). Ebensowenig genügt es, daß dem Mieter die Gründe des Vermieters erkennbar waren. Entscheidend ist seine positive Kenntnis. Die Kenntnis von Familienangehörigen kann im Rahmen der Vertretung nach § 166 eine Rolle spielen. Es reicht aus, wenn der Mieter die Kenntnis durch eine formlose Mitteilung des Vermieters oder dritter Personen außerhalb des eigentlichen Vertrags erhält (vgl SCHMIDT-FUTTERER B 236). Entscheidend ist der Zeitpunkt des Vertragsabschlusses. Bei nachträglicher Befristung eines zunächst auf unbestimmte Zeit abgeschlossenen Mietverhältnisses ist die Vertragsänderung maßgebend (vgl P A L A N D T - P U T Z O § 556 b Anm 2 b). Auch wenn der Mieter dadurch seine Rechtsstellung gegenüber § 556 a selbst beeinträchtigt, liegt darin kein Verstoß gegenüber § 556 a Abs 7, da die Parteien den Vertrag nicht anders als bei einem Neuabschluß anderen Rechtsvorschriften unterstellen, die in gleicher Weise Bestandteil des sozialen Mietrechts sind. 19 Als besondere Umstände auf Seiten des Vermieters kommen zB Eigenbedarf wegen des Endes eines längeren Auslandsaufenthalts (Ausschußbericht aaO) oder einer Berufsausbildung des Vermieters oder seiner Familienangehörigen, wegen einer Vergrößerung der Familie, Aufnahme von älteren Familienangehörigen und dgl in Betracht. Auch sonstige Zwecke wie Verkauf des Grundstücks oder Abbruch des Gebäudes können eine Rolle spielen (vgl H A N S § 5 5 6 b Anm 3 b; SCHMIDT-FUTTERER B 235). Ist es bei Vertragsabschluß noch ungewiß, ob diese Gründe zum vorgesehenen Zeitpunkt vorliegen werden, so greifen sie gegenüber dem Mieter nur durch, wenn sie bei Ablauf des Mietverhältnisses tatsächlich eingetreten sind (SCHMIDT-FUTTERER B 2 3 6 ) oder ihr Eintritt unmittelbar bevorsteht, so daß auch eine kurzfristige Verlängerung des Mietverhältnisses praktisch auszuscheiden hat. 20 Härtegründe auf Seiten des Mieters, die schon im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses vorliegen und damit uU nach § 556 b Abs 2 nicht berücksichtigt werden dürfen, sind etwa dauernde Erkrankung oder Gebrechlichkeit, Kinderreichtum und fehlender angemessener Ersatzraum in zumutbarer Lage ( P E R G A N D E § 5 5 6 b Anm 3 ; aM hinsichtlich des Ersatzraums SCHMIDT-FUTTERER B 2 3 5 ) . Letzteres ist damit zu begründen, daß dem Vermieter sonst bei örtlich bestehender Wohnungsknappheit praktisch von vornherein eine zeitlich befristete Vermietung als zu riskant verwehrt wäre. Ein schon bei Vertragsabschluß bestehendes hohes Alter kommt in aller Regel isoliert ohnehin nicht als Härtegrund in Betracht. Zu berücksichtigen sind aber etwa schwere Erkrankung, Kinderreichtum, Wohnungsknappheit und dgl, die erst nach Abschluß des Mietvertrags eingetreten sind. 21 Dem Vermieter steht es frei, sein Interesse an einer fristgemäßen Rückgabe der Mieträume auch auf Gründe zu stützen, die dem Mieter bei Vertragsabschluß nicht bekannt waren oder die erst nachträglich eingetreten sind. Demgegenüber wird der Mieter nicht durch § 556 b Abs 2 beschränkt, Härtegründe geltend zu machen, die (937)

Jürgen Sonnenschein

§ 556 b 22-26

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

von Anfang an bestanden haben (SCHMIDT-FUTTERER B 2 3 6 ) . Problematisch ist es aber, wenn auf Seiten des Vermieters bzw des Mieters mehrere Gründe geltend gemacht werden, die im Hinblick auf § 556 b Abs 2 jeweils unterschiedlich zu beurteilen sind. In diesen Fällen kommt es zunächst darauf an, ob sich die in ihrer Gesamtheit berücksichtigungsfähigen Interessen des Vermieters gegenüber den Härtegründen für den Mieter auch ohne Rücksicht auf einen etwaigen Ausschluß einzelner Gründe durchsetzen. Ist dies nicht der Fall, so sind die einzelnen Gründe jeweils gegeneinander abzuwägen, soweit nicht im Einzelfall eine Berücksichtigung ausgeschlossen ist. Erst daraus ist dann ein Gesamtergebnis abzuleiten. 22 Wenn auf die außerordentliche befristete Kündigung eines auf bestimmte Zeit eingegangenen Mietverhältnisse § 556 a unmittelbar angewendet wird (vgl § 556 a Rz 17), kann sich die Frage einer entsprechenden Anwendung des § 556 b Abs 2 nicht stellen, weil es wegen der besonderen Situation der in Betracht kommenden Fälle praktisch ausgeschlossen ist, daß sich bei der Interessenabwägung Gründe und Gegengründe aus der Zeit des Vertragsabschlusses gegenüberstehen (vgl auch PERGANDE § 5 5 6 b A n m

6).

23 Wenn die Interessenabwägung ergibt, daß die Härtegründe auf Seiten des Mieters oder seiner Familienangehörigen überwiegen, so hätte der Mieter im Falle einer Kündigung Widerspruch erheben und die Fortsetzung des Mietverhältnisses verlangen können (§ 556 a). Damit sind auch die Voraussetzungen des § 556 b erfüllt. III. Rechtsfolgen 24 1. Allgemeines Als Rechtsfolge ist bestimmt, daß der Mieter die Fortsetzung des Mietverhältnisses verlangen kann (§ 556 b Abs 1 S 1). 25 Das Schrifttum geht zT (ERMAN-SCHOPP § 556 b Rz 3; H A N S § 556 b Rz 3; PALANDTPUTZO § 556 b Anm 2 a) davon aus, daß auch beim Zeitablauf befristeter Mietverhältnisse ein Widerspruch erhoben werden muß. Dies steht mit dem Wortlaut des § 556 b Abs 1 S 1 nicht in Einklang und kann auch nicht aus S 2 gefolgert werden, wonach im übrigen § 556 a sinngemäß gilt. Unabhängig von der Frage, ob Widerspruch und Fortsetzungsverlangen nicht ohnehin identisch sind (vgl § 556 a Rz 58 ff), läßt es das überwiegende Schrifttum deshalb zu Recht genügen, daß der Mieter die Fortsetzung des durch Zeitablauf beendeten Mietverhältnisses verlangt (PERGANDE § 5 5 6 b A n m 2 ; ROQUETTE § 5 5 6 b R z 1 3 ; SCHMIDT-FUTTERER B SOERGEL-MEZGER

3).

237;

§ 556 b Rz 2; s auch Ausschußbericht, zu BT-Drucks IV/1323,

26 2. Anspruch auf Fortsetzung des Mietverhältnisses Wegen der nach § 556 b Abs 1 S 2 sinngemäßen Anwendung des § 556 a ist die Geltendmachung des Anspruchs auf Fortsetzung des Mietverhältnisses daran gebunden, daß Frist und Form eingehalten werden. Der Mieter muß seinen Anspruch spätestens zwei Monate vor der Beendigung schriftlich (§ 126) geltend machen (§ 556 a Abs 6 S 1, Abs 5 S 1; vgl im einzelnen § 556 a Rz 61 ff). Der Schutzzweck des § 556 a Abs 6 S 2, die Rechte des Mieters nicht durch dessen Rechtsunkenntnis zu verkürzen, gebietet auch eine entsprechende Anwendung dieser Vorschrift. Der Mieter kann deshalb seinen Anspruch auf Fortsetzung bei Wahrung der Schriftform noch im ersten Termin des Räumungsrechtsstreits geltend machen, wenn ihn der Vermieter nicht rechtzeitig vor Ablauf der Zweimonatsfrist auf die Möglichkeit Jürgen Sonnenschein

(938)

3. Titel. Miete. Pacht

sowie Form und Frist des Fortsetzungsverlangens hingewiesen hat

§§ 556 b, 556 c 27-30 (ERMAN-SCHOPP

§ 5 5 6 b R z 4 ; H A N S § 5 5 6 b A n m 3 c ; PERGANDE § 5 5 6 b A n m 4 ; SCHMIDT-FUTTERER B 2 3 7 ; a M ROQUETTE § 5 5 6 b R Z

14).

Für den Inhalt des Schreibens, mit dem der Mieter die Fortsetzung des Mietverhält- 27 nisses verlangt, gilt das gleiche wie im Falle des § 556 a (vgl dort Rz 67). Eine Begründung ist nicht erforderlich. Entsprechend § 556 a Abs 5 S 2 soll der Mieter auf Verlangen des Vermieters jedoch unverzüglich Auskunft über die Gründe für die Geltendmachung seines Anspruchs erteilen. Anderenfalls können ihn nach § 93 b Z P O Kostennachteile im Räumungsrechtsstreit treffen ( P E R G A N D E § 556 b Anm 4). Die Erfüllung des Anspruchs auf Fortsetzung des Mietverhältnisses geschieht durch 28 Einigung der Parteien oder durch Gerichtsurteil (vgl § 556 a Rz 71 ff), ggf mit rückwirkender Kraft (vgl § 556 a Rz 70). Der Geltendmachung des Anspruchs kommt noch keine rechtsgestaltende Wirkung zu (SCHMIDT-FUTTERER B 238). Für die inhaltliche Gestaltung des fortgesetzten Mietverhältnisses gilt im wesentli- 29 chen das gleiche wie im Falle des § 556 a (vgl dort Rz 79 ff). Dabei verdient der Grundsatz besondere Beachtung, daß das Gericht die Fortsetzung des Mietverhältnisses im Regelfall nur auf bestimmte Zeit anordnen soll (vgl § 556 a Rz 80 f), wenn der Vermieter schon von vornherein durch einen entsprechenden Vertragsabschluß seinen dahin gehenden Willen zum Ausdruck gebracht hat. Diesem Willen sollte auch bei gerichtlicher Entscheidung möglichst Rechnung getragen werden. IV. Unabdingbarkeit

30

§ 556 b ist in dem gleichen Umfang unabdingbar wie § 556 a (§ 556 b Abs 1 S 2 iVm § 556 a Abs 7; vgl dort Rz 97 f). Da abweichende Vereinbarungen zugunsten des Mieters zulässig sind, können die Parteien entgegen § 556 b Abs 2 vereinbaren, daß die unter diese Vorschrift fallenden Umstände doch auf Seiten des Mieters berücksichtigt werden. § 556 c Ist auf Grund der §§ 556 a, 556 b durch Einigung oder Urteil bestimmt worden, daß das Mietverhältnis auf bestimmte Zeit fortgesetzt wird, so kann der Mieter dessen weitere Fortsetzung nach diesen Vorschriften nur verlangen, wenn dies durch eine wesentliche Änderung der Umstände gerechtfertigt ist oder wenn Umstände nicht eingetreten sind, deren vorgesehener Eintritt für die Zeitdauer der Fortsetzung bestimmend gewesen war. Kündigt der Vermieter ein Mietverhältnis, dessen Fortsetzung auf unbestimmte Zeit durch Urteil bestimmt worden ist, so kann der Mieter der Kündigung widersprechen und vom Vermieter verlangen, das Mietverhältnis auf unbestimmte Zeit fortzusetzen. Haben sich Umstände, die für die Fortsetzung bestimmend gewesen waren, verändert, so kann der Mieter eine Fortsetzung des Mietverhältnisses nur nach § 556 a verlangen; unerhebliche Veränderungen bleiben außer Betracht. Art I Nr 15 MietRÄndG II vom 14. 7. 1964 (BGBl I 457); Verhandl des Dt BT, Stenogr Ber, Bd 55, 6042 (C), und Umdruck 452, 6058 (D). Art I Nr 4 MietRÄndG III vom 21. 12. 1967 (BGBl I 1248); Stellungnahme der BReg zum Entw des BR BT-Drucks V/1743, 4; Ausschußbericht BT-Drucks V/2317, zu Drucks V/2317, 3.

Schrifttum Vgl zu § 556 a. (939)

Jürgen Sonnenschein

§ 556 c 1,2

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

Systematische Übersicht I. Allgemeine Kennzeichnung 1. Überblick 1 2. Entstehung der Vorschrift 3 3. Zweck der Vorschrift 5 II. Wiederholte Verlängerung des auf bestimmte Zeit fortgesetzten Mietverhältnisses (Abs 1) 1. Voraussetzungen 6 a) Allgemeines 6 b) Wesentliche Änderung der Umstände 7 c) Nichteintritt erwarteter Umstände 12 d) Ausschluß der Berufung auf die Änderung oder den Nichteintritt von Umständen 15 2. Rechtsfolgen 16 a) Allgemeines 16 b) Anspruch auf Fortsetzung des Mietverhältnisses 18

ID. Wiederholte Verlängerung des auf unbestimmte Zeit fortgesetzten Mietverhältnisses 1. Fortgesetztes Mietverhältnis aufgrund einer Einigung 21 a) Voraussetzungen 21 b) Rechtsfolgen 25 2. Fortgesetztes Mietverhältnis aufgrund eines Urteils (Abs 2) 26 a) Voraussetzungen 26 aa) Allgemeines 26 bb) Unveränderte Umstände (Abs 2 S 1) 27 cc) Veränderte Umstände (Abs 2 S 2) 29 dd) Ausschluß der Berufung auf unveränderte oder veränderte Umstände 32 b) Rechtsfolgen 33 IV. Unabdingbarkeit 35

Alphabetische Übersicht Beweislast 27, 30

Räumungsrechtsstreit 18,28

Eigenbedarf des Vermieters 10 Entstehung der Vorschrift 3 Erkrankung des Mieters 9,13

Umstände, veränderte 29 ff Unabdingbarkeit 35

Fortsetzungsverlangen 18 ff, 27, 33 f - Erfüllung 19, 25 - Frist u Form 18,28,34 - Inhalt 19,25 Hinweis des Vermieters auf Möglichkeit des Fortsetzungsverlangens 18, 28

Verlängerung - durch Fortsetzung des Gebrauchs 23 - des auf bestimmte Zeit fortgesetzten Mietverhältnisses 6 ff - des auf unbestimmte Zeit fortgesetzten Mietverhältnisses 21 ff - mehrfache 20

Mietverhältnis 6 - inhaltliche Gestaltung 19, 25

Widerspruch des Mieters 17, 27

Prozeßvergleich 22

Zweck der Vorschrift 5

I. Allgemeine Kennzeichnung 1 1. Überblick Die Vorschrift betrifft die wiederholte Verlängerung eines bereits aufgrund der §§ 556 a, 556 b fortgesetzten Mietverhältnisses. Sie unterscheidet danach, ob das Mietverhältnis durch Einigung oder Urteil auf bestimmte Zeit fortgesetzt worden ist (Abs 1) oder ob die Fortsetzung auf unbestimmte Zeit durch Urteil bestimmt worden ist (Abs 2). Nicht ausdrücklich geregelt ist der Fall, daß die Parteien das Mietverhältnis einverständlich auf unbestimmte Zeit fortgesetzt haben (vgl Rz 21). 2 Bei der wiederholten Verlängerung des zunächst auf bestimmte Zeit fortgesetzten Mietverhältnisses kommt es darauf an, ob dies durch eine wesentliche Änderung der Jürgen Sonnenschein

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3. Titel. Miete. Pacht

§ 556 c 3-5

Umstände gerechtfertigt ist oder ob erwartete Umstände, die für die Befristung maßgebend waren, nicht eingetreten sind. Ist das Mietverhältnis durch Urteil auf unbestimmte Zeit verlängert worden, kann der Mieter einer Kündigung widersprechen und die erneute Fortsetzung verlangen, ohne daß weitere Voraussetzungen erfüllt sein müssen. Haben sich die Umstände, die für die unbefristete Fortsetzung maßgebend waren, jedoch inzwischen erheblich geändert, so kommt eine wiederholte Verlängerung nur unter den Voraussetzungen des § 556 a in Betracht. 2. Entstehung der Vorschrift

3

Nach der ursprünglichen Fassung der Sozialklausel des § 556 a Abs 4 Nr 3 war ein Anspruch des Mieters auf Fortsetzung ausgeschlossen, wenn das Mietverhältnis auf Widerspruch des Mieters bereits einmal durch Einigung oder Urteil fortgesetzt worden war. Einer Anregung des BR folgend, wurde im Gesetzgebungsverfahren des MietRÄndG II beschlossen, diese einschränkende Regelung aufzuheben und in einer neuen Vorschrift die wiederholte Fortsetzung des Mietverhältnisses auf Verlangen des Mieters zuzulassen (Verhandl des Dt BT, Stenogr Ber, Bd 55, 6042 C, Umdruck 452, 6058 D). Durch Art I Nr 15 MietRÄndG II wurde § 556 c in das BGB eingefügt. Der Mieter konnte hiernach eine weitere Fortsetzung des Mietverhältnisses nur verlangen, wenn dies durch eine wesentliche Änderung der nach § 556 a oder 556 b für die frühere Fortsetzung maßgebenden Umstände gerechtfertigt war. Durch Art I Nr 4 MietRÄndG III erhielt § 556 c seine heutige Fassung. Sie 4 unterscheidet zwischen den zunächst auf bestimmte oder auf unbestimmte Zeit fortgesetzten Mietverhältnissen. Die Änderungen, die in dem vom BR vorgelegten Entw eines MietRÄndG III nicht vorgesehen waren, gehen auf Vorschläge der BReg (Stellungnahme zum Entw des BR BT-Drucks V/1743,4) und des Rechtsausschusses des Dt BT (Ausschußbericht, zu BT-Drucks V/2317, 3) zurück. 3. Zweck der Vorschrift

5

§ 556 c soll die wiederholte Verlängerung eines bereits früher aufgrund der Sozialklausel fortgesetzten Mietverhältnisses ermöglichen. Die nach der ursprünglichen Fassung generellen Einschränkungen erwiesen sich jedoch als zu eng und minderten die praktische Bedeutung der Vorschrift. Deshalb soll dem Mieter ein Anspruch auf weitere Fortsetzung auch dann eingeräumt werden, wenn Umstände nicht eingetreten sind, von deren Eintritt bei Bemessung einer bestimmten Zeitdauer für die frühere Fortsetzung des Mietverhältnisses ausgegangen worden war (Stellungnahme der BReg aaO; Ausschußbericht aaO). Darüber hinaus soll zum Schutz des Mieters sichergestellt werden, daß ein durch Urteil auf unbestimmte Zeit fortgesetztes Mietverhältnis nicht eher endet, als bis sich die maßgebenden Umstände nicht unerheblich geändert haben. Anderenfalls soll der Mieter einer Kündigung unter erleichterten Voraussetzungen erneut widersprechen und die weitere Fortsetzung des Mietverhältnisses verlangen können (Ausschußbericht aaO).

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Jürgen Sonnenschein

§ 556 c 6-9

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

II. Wiederholte Verlängerung des auf bestimmte Zeit fortgesetzten Mietverhältnisses (Abs 1) 6 1. Voraussetzungen a) Allgemeines § 556 c ermöglicht die wiederholte Verlängerung eines Mietverhältnisses über Wohnraum (vgl Vorbem 20 ff zu §§ 535, 536, insb 24-28; § 556 a Rz 5 ff) auf Verlangen des Mieters. Die Vorschrift ist anzuwenden, wenn das Mietverhältnis aufgrund der §§ 556 a oder 556 b bereits früher fortgesetzt worden ist, gilt also in gleicher Weise für Mietverhältnisse, die ursprünglich auf unbestimmte oder auf bestimmte Zeit abgeschlossen waren. Ist das Mietverhältnis daraufhin auf bestimmte Zeit verlängert worden, greift § 556 c Abs 1 ein. Dabei ist es zunächst generell erforderlich, daß die nunmehr fristgemäße Beendigung des Mietverhältnisses für den Mieter oder seine Familie wiederum eine Härte bedeutet (vgl § 556 a Rz 20 ff), die auch unter Würdigung der berechtigten Interessen des Vermieters (vgl § 556 a Rz 45 ff) nicht zu rechtfertigen ist. Bei der erforderlichen Interessenabwägung (vgl § 556 a Rz 54 ff) kommt es grundsätzlich auf die Umstände an, die im Zeitpunkt der Einigung oder der gerichtlichen Entscheidung über eine erneute Fortsetzung vorliegen (SCHMIDT-FUTTERER B 242). Der Anspruch auf Fortsetzung des Mietverhältnisses wird gegenüber den §§ 556 a, 556 b jedoch dadurch eingeschränkt, daß eine der beiden folgenden weiteren Voraussetzungen erfüllt sein muß. 7 b) Wesentliche Änderung der Umstände Die weitere Fortsetzung des Mietverhältnisses kann „durch eine wesentliche Änderung der Umstände gerechtfertigt" sein (§ 556 c Abs 1 1. Alt). Mit dieser Einschränkung, die schon in der ursprünglichen Fassung der Vorschrift enthalten war, soll sichergestellt werden, daß ein befristet verlängertes Mietverhältnis nicht aufgrund derselben Umstände, die schon für die erste Verlängerung maßgebend waren, noch weiter fortgesetzt wird. 8 Diese Regelung wird im allgemeinen dahin gehend ausgelegt, daß sie den Kreis der bei der Interessenabwägung zugunsten des Mieters zu berücksichtigenden Umstände beschränkt. Eine Verlängerung wird ausgeschlossen, wenn kein Anlaß für eine neue Interessenabwägung zugunsten des Mieters besteht, weil dieser sich nur auf die schon für die erste befristete Verlängerung maßgebenden Gründe berufen kann (SCHMIDT-FUTTERER B

243).

9 Eine Änderung der Umstände liegt zum einen vor, wenn der Mieter sich auf neue Tatsachen berufen kann, die nach der vorausgegangenen Verlängerung eingetreten sind ( P E R G A N D E § 5 5 6 c Anm 2 ) . Diese neuen Tatsachen müssen die Beendigung des auf bestimmte Zeit fortgesetzten Mietverhältnisses als ungerechtfertigte Härte für den Mieter oder seine Familie erscheinen lassen. Ist das Mietverhältnis zB beim ersten Mal aufgrund einer Erkrankung des Mieters auf bestimmte Zeit verlängert worden, so kann der Mieter eine erneute Fortsetzung verlangen, wenn im Zeitpunkt der Beendigung seine Ehefrau erkrankt ist. Einer Änderung der Umstände ist es zum anderen gleichzusetzen, wenn die Gründe, auf die der Mieter seinen Anspruch auf erneute Fortsetzung des Mietverhältnisses stützt, zwar schon zur Zeit der früheren Fortsetzung vorlagen, aber nicht geltend gemacht oder bei der Entscheidung nicht berücksichtigt worden sind ( P A L A N D T - P U T Z O § 5 5 6 c Anm 2 a cc; SCHMIDT-FUTTERER B 2 4 3 ; unklar H A N S § 5 5 6 C Anm 3 ) . Der Mieter kann die erneute Fortsetzung also auch dann verlangen, wenn zB seine Ehefrau schon zur Zeit der ersten Fortsetzung des Mietverhältnisses erkrankt war, für diese EntscheiJürgen Sonnenschein

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3. Titel. Miete. Pacht

§ 556 c 10-13

dung aber allein die Krankheit des Mieters maßgebend war. Die spätere Berücksichtigung des früher schon vorliegenden Umstandes ist dadurch gerechtfertigt, daß er nicht in die Entscheidung über die Verlängerung eingegangen ist und deshalb bei der Bemessung der früheren Frist keine Rolle gespielt hat. Der Gesetzestext kann nach Sinn und Zweck der Vorschrift in der Weise interpretiert werden, daß eine Änderung der für die frühere Verlängerung maßgebenden Umstände entscheidend ist. Fraglich ist es allerdings, ob es bei der Änderung von Umständen nur auf solche 10 Tatsachen ankommt, die für den Mieter oder seine Familie einen Härtegrund bilden. Die Frage der weiteren Fortsetzung eines auf bestimmte Zeit verlängerten Mietverhältnisses kann sich auch insoweit stellen, als die Härtegründe für den Mieter unverändert sind, die Interessenlage sich aber auf seiten des Vermieters gewandelt hat. Ist das Mietverhältnis etwa im Hinblick auf einen erst später besonders dringlichen Eigenbedarf des Vermieters um eine ganz bestimmte Zeit verlängert worden, ist der Grund für den Eigenbedarf zu diesem Zeitpunkt aber bereits wieder weggefallen, so erscheint es als angebracht, dem Mieter wegen der fortbestehenden Härtegründe einen erneuten Anspruch auf Fortsetzung zuzubilligen. Eine derartige Interpretation des Gesetzes, bei der die „Änderung der Umstände" nicht nur auf die Härtegründe für den Mieter, sondern auch auf die berechtigten Interessen für den Vermieter bezogen wird, ist mit dem Wortlaut der Vorschrift vereinbar. Auch im Rahmen des § 556 b Abs 2 wird das Wort „Umstände" im Hinblick auf die Interessen des Vermieters gebraucht. Das gleiche gilt im Rahmen des § 556 c Abs 2 (vgl Rz 29). Ein Anlwß für eine neue Interessenabwägung zugunsten des Mieters kann also auch dann bestehen, wenn er sich auf keine anderen als die für die erste Verlängerung bestimmenden Umstände berufen kann (vgl aber SCHMIDT-FUTTERER B 243). Hätte die veränderte Situation auf seiten des Vermieters schon zu dem früheren Zeitpunkt bestanden, so wäre möglicherweise die Kündigung unwirksam gewesen, oder die Entscheidung über die Dauer der früheren Fortsetzung des Mietverhältnisses wäre anders ausgefallen. Der Zweck der Sozialklausel, den Mieter vor einem ungerechtfertigten Verlust seiner Wohnung zu schützen, läßt die gegenüber dem übrigen Schrifttum weiter gehende Interpretation zu. Die Änderung der Umstände muß im Verhältnis zu den bei der früheren Fortset- 11 zung maßgebenden Gründen wesentlich sein. Dies ist anzunehmen, wenn den neuen oder den noch nicht berücksichtigten Tatsachen ein selbständiges Gewicht beizumessen ist, so daß sie eine neue Interessenabwägung rechtfertigen (SCHMIDT-FUTTERER B 244). c) Nichteiiitritt erwarteter Umstände

12

Die weitere Fortsetzung des Mietverhältnisses kann außerdem gerechtfertigt sein, „wenn Umstände nicht eingetreten sind, deren vorgesehener Eintritt für die Zeitdauer der Fortsetzung bestimmend gewesen war" (§ 556 c Abs 1 2. Alt). Diese Klausel, die durch das MietRÄndG III eingefügt worden ist, sollte den Anwendungsbereich des § 556 c vergrößern und eine weitere Fortsetzung des Mietverhältnisses auch dann ermöglichen, wenn die Umstände sich nicht wesentlich geändert haben. Dies ist etwa der Fall, wenn das Mietverhältnis wegen einer Erkrankung des Mieters 13 auf bestimmte Zeit verlängert worden ist, wider Erwarten nach Ablauf der entsprechend bemessenen Zeit die Gesundheit aber noch nicht wiederhergestellt ist. Die Fertigstellung einer in Aussicht genommenen Ersatzwohnung kann sich verzögern. Ein ohnehin vorgesehener Wohnungswechsel oder die Bemühungen um eine Ersatzwohnung können scheitern (vgl Ausschußbericht, zu BT-Drucks V / 2 3 1 7 , 3 ; KUNKEL B1GBW 1 9 6 5 , 2 1 , 2 3 ; PERGANDE § 5 5 6 c Anm 2 ; S C H M I D T - F U T T E R E R B 2 4 5 ) . Dabei (943)

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§ 556 c 2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

14-18

handelt es sich um Umstände, deren erwarteter Eintritt die Härtegründe auf Seiten des Mieters oder seiner Familie und damit ein Erfordernis der Sozialklausel entfallen läßt (LG Mannheim WuM 1975, 213; SCHMIDT-FUTTERER aaO). Auch hier kann aber das gleiche wie bei § 556 c Abs 1 1. Alt gelten (vgl Rz 10), daß nämlich der Nichteintritt erwarteter Umstände auf seiten des Vermieters zu berücksichtigen ist, wenn die Dauer der früheren Fortsetzung des Mietverhältnisses von dem vorgesehenen Eintritt der Umstände bestimmt worden ist. 14 Die Beispiele, die für den Fall des § 556 c Abs 1 2. Alt angeführt werden, zeigen, daß damit die Einschränkungen der 1. Alt praktisch beseitigt sind. Wenn das Mietverhältnis früher auf bestimmte Zeit fortgesetzt worden ist, sich die dafür maßgebenden Gründe aber nicht wesentlich geändert haben, bleibt immer noch die Möglichkeit, auf den Nichteintritt erwarteter Umstände, dh den nicht eingetretenen, aber vorgesehenen Fortfall der ursprünglichen Umstände abzustellen. Denn diese Umstände sind immer für die Bemessung der Zeitdauer der Fortsetzung bestimmend, weil sonst nur die Alternative einer Fortsetzung auf unbestimmte Zeit in Betracht gekommen wäre. 15 d) Ausschluß der Berufung auf die Änderung oder den Nichteintritt von Umständen Die Parteien des Mietvertrags können sich entsprechend den in § 162 zum Ausdruck gebrachten Grundsätzen nicht auf Umstände berufen, deren Eintritt oder Nichteintritt einer von ihnen wider Treu und Glauben herbeigeführt oder verhindert hat (Ausschußbericht, zu BT-Drucks V / 2 3 1 7 , 4 ; HÄUSLER DWW 1 9 6 8 , 5 0 ; HOFFMANN D W W

1 9 6 8 , 4 4 , 4 6 ; PERGANDE § 5 5 6 c A n m 2 ; SCHMIDT-FUTTERER B 2 4 6 ; VOELS-

KOW Betrieb 1968, 115, 120). 16 2. Rechtsfolgen a) Allgemeines Als Rechtsfolge ist bestimmt, daß der Mieter die weitere Fortsetzung des Mietverhältnisses nach den Vorschriften der §§ 556 a, 556 b verlangen kann (§ 556 c Abs 1). 17 Das Schrifttum nimmt zT ( E R M A N - S C H O P P § 556 c Rz 3; H A N S § 556 c Anm 3; P A L A N D T - P U T Z O § 556 c Anm 2 a bb) an, der Mieter müsse der Beendigung des Mietverhältnisses widersprechen und dessen Fortsetzung verlangen. Im Fall des § 556 c Abs 1 geht es jedoch nur um die Fortsetzung eines auf bestimmte Zeit verlängerten Mietverhältnisses. Dies entspricht der Situation, die § 556 b zugrunde liegt. Unabhängig von der Frage, ob Widerspruch und Fortsetzungsverlangen nicht ohnehin identisch sind (vgl § 556 a Rz 58 ff), genügt es deshalb auch hier, daß der Mieter die weitere Fortsetzung des auf bestimmte Zeit verlängerten und nunmehr durch Zeitablauf beendeten Mietverhältnisses verlangt ( P E R G A N D E § 556 c Anm 2; ROQUETTE § 5 5 6 c R z 7 , § 5 5 6 b R z 1 3 ; SCHMIDT-FUTTERER B 2 4 7 ; v g l § 5 5 6 b R z

25). 18 b) Anspruch auf Fortsetzung des Mietverhältnisses Da der Mieter die Fortsetzung des Mietverhältnisses nur nach den Vorschriften der §§ 556 a, 556 b verlangen kann (§ 556 c Abs 1), ist die Geltendmachung des Anspruchs daran gebunden, daß Rist und Form eingehalten werden. Der Mieter muß seinen Anspruch spätestens zwei Monate vor der erneuten Beendigung des fortgesetzten Mietverhältnisses schriftlich (§ 126) geltend machen (§ 556 a Abs Jürgen Sonnenschein

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3. Titel. Miete. Pacht

§ 556 c 19-21

6 S 1, A b s 5 S 1 ; H A N S § 5 5 6 c A n m 3 , 6 a ; PERGANDE § 5 5 6 c A n m 2 ; ROQUETTE

§ 556 c Rz 7; SCHMIDT-FUTTERER B 247; vgl Ausschußbericht, zu BT-Drucks V/2317, 3 unter b; aM HOFFMANN DWW 1968, 46). Dies entspricht Sinn und Zweck der formellen Voraussetzungen, die einen Streit über die tatsächliche Geltendmachung des weiteren Fortsetzungsverlangens verhindern und dem Vermieter Klarheit verschaffen sollen, ob der Mieter die Wohnung demnächst räumen wird. Auch § 556 a Abs 6 S 2 ist entsprechend anzuwenden. Der Mieter kann deshalb seinen Anspruch auf erneute Fortsetzung bei Wahrung der Schriftform noch im ersten Termin des Räumungsrechtsstreits geltend machen, wenn ihn der Vermieter nicht rechtzeitig vor Ablauf der Zweimonatsfrist auf die Möglichkeit sowie Form und Frist eines erneuten Fortsetzungsverlangens hingewiesen hat ( H A N S § 556 C Anm 3, 6 a; PERGANDE § 556 c Anm 2; SCHMIDT-FUTTERER B 247). Dieser Hinweis wird nicht dadurch überflüssig, daß es sich um eine wiederholte Fortsetzung handelt und der Vermieter den Hinweis möglicherweise schon früher einmal erteilt hat. Zum einen kann von einem früheren Hinweis nicht in jedem Fall ausgegangen werden. Zum anderen verlangt es das Schutzbedürfnis des rechtlich unbewanderten Mieters, auch auf die Möglichkeit einer wiederholten Fortsetzung hingewiesen zu werden. Für den Inhalt des Fortsetzungsverlangens, die Erfüllung des Anspruchs und die 19 inhaltliche Gestaltung des erneut fortgesetzten Mietverhältnisses gilt das gleiche wie im Fall des § 556 a (vgl dort Rz 71 ff). IdR wird eine erneute Fortsetzung auf bestimmte Zeit in Betracht kommen. Möglich ist auch eine Fortsetzung auf unbestimmte Zeit (OLG Stuttgart RE NJW 1969, 1070, 1071; LG Mannheim WuM 1975, 213; SCHMIDT-FUTTERER B 248). Die sonstigen Vertragsbedingungen können ebenfalls erneut geändert werden. Aufgrund des ursprünglichen Wortlauts des § 556 c war es streitig, ob das „bereits 20 einmal" fortgesetzte Mietverhältnis mehrfach verlängert werden kann (vgl die Nachw bei ROQUETTE § 556 c Rz 3 mit Fn 5). Diese Worte sind durch die Neufassung aufgrund des Art I Nr 4 MietRÄndG III entfallen, so daß nach heute nahezu einhelliger Auffassung ein Mietverhältnis nach § 556 c auch mehrfach fortgesetzt werden kann (LG Mannheim WuM 1975, 213, 214; BURKHARDT WuM 1968, 21, 2 2 ; ERMAN-SCHOPP § 5 5 6 C R Z 6 ; HÄUSLER D W W 1 9 6 8 , 5 0 ; PALANDT-PUTZO § 5 5 6 c Anm

l c ; PERGANDE § 5 5 6 c A n m 2 ; SCHMIDT-FUTTERER B 2 4 8 ; a M GLASER

1968, 280, 282; wohl auch 4 zu § 556 c Abs 2).

HANS

MDR

§ 556 c Anm 2 unter Abs 1 aE, s dort aber Anm

III. Wiederholte Verlängerung des auf unbestimmte Zeit fortgesetzten Mietverhältnisses 1. Fortgesetztes Mietverhältnis aufgrund einer Einigung a) Voraussetzungen Im Gesetz fehlt eine ausdrückliche Regelung der Frage, nach welcher Rechtsgrundlage ein Mietverhältnis über Wohnraum erneut verlängert werden kann, das aufgrund einer Einigung der Parteien nach den §§ 556 a oder 556 b auf unbestimmte Zeit fortgesetzt worden ist, durch eine spätere Kündigung des Vermieters aber wiederum beendet wird. Im Schrifttum wird zT (ERMAN-SCHOPP § 5 5 6 c Rz 4 ; H A N S § 556 c Anm 5) die Meinung vertreten, auch in diesem Fall richte sich die weitere Verlängerung nach § 556 c Abs 1, hänge also von einer wesentlichen Änderung der Umstände oder dem Nichteintritt erwarteter Umstände ab. Diese Vorschrift gilt jedoch nach ihrem eindeutigen Wortlaut nur für ein auf bestimmte Zeit fortgesetztes Mietverhältnis. Die damit verbundenen Einschränkungen einer erneuten Fortset(945)

Jürgen Sonnenschein

21

§ 556 c 22-25

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

zung passen im Grunde auch lediglich für das auf bestimmte Zeit fortgesetzte Mietverhältnis, weil nur insoweit die jeweiligen Umstände für eine befristete Verlängerung bestimmend sein können. § 556 c Abs 2 gilt dagegen ausdrücklich nur für ein durch Urteil auf unbestimmte Zeit fortgesetztes Mietverhältnis. Es bleibt deshalb nur die Lösung, bei der wiederholten Verlängerung des zunächst durch Einigung auf unbestimmte Zeit fortgesetzten Mietverhältnisses auf § 556 a abzustellen (ebenso BGB-RGRK-GELHAAR

§ 5 5 6 c R z 4 ; P A L A N D T - P U T Z O § 5 5 6 c A n m 3 ; SCHMIDT-

B 2 4 9 ) . Dies entspricht der Situation, von der die Regelung des § 556 a allgemein ausgeht, daß nämlich ein unbefristetes Mietverhältnis durch Kündigung endet. Dem Mieter bleibt auf der Grundlage dieser Auffassung allerdings die Möglichkeit verschlossen, der Kündigung unter den erleichterten Voraussetzungen des § 556 c Abs 2 zu widersprechen (vgl Rz 5, 27 f). Diese Erleichterung ist aber gerade durch die Besonderheit eines durch Urteil auf unbestimmte Zeit verlängerten Mietverhältnisses gerechtfertigt, in dessen Bestand der Vermieter nicht ohne weiteres wieder durch Kündigung eingreifen soll. FUTTERER

22 Ein Mietverhältnis ist auch dann durch Einigung auf unbestimmte Zeit verlängert, wenn die Parteien dies im Wege eines Prozeßvergleichs vereinbart haben. Für eine erneute Fortsetzung gilt deshalb § 556 a. Kommt im Rahmen eines Prozesses ein Urteil auf unbefristete Fortsetzung in Betracht, so hat das Gericht einen rechtsunkundigen Mieter vor Abschluß eines Prozeßvergleichs nach § 139 ZPO darauf hinzuweisen, daß dadurch seine Rechtsstellung gegenüber § 556 c Abs 2 beeinträchtigt werden kann (SCHMIDT-FUTTERER B 249). 23 Wenn ein Mietverhältnis nach dem Ablauf der Mietzeit durch Fortsetzung des Gebrauchs nach § 568 kraft Gesetzes als auf unbestimmte Zeit verlängert gilt und der Vermieter nunmehr kündigt, so ist auf jeden Fall § 556 a anzuwenden. Dabei ist es unerheblich, ob sich der Mieter gegenüber der früheren Beendigung schon einmal auf die Sozialklausel berufen hatte. Das Mietverhältnis ist im Fall des § 568 nicht durch Einigung der Parteien, sondern kraft gesetzlicher Fiktion auf unbestimmte Zeit fortgesetzt worden. Bei der späteren Kündigung stellt sich deshalb nicht die Frage einer erneuten, sondern die einer erstmaligen Fortsetzung aufgrund der Sozialklausel ( E R M A N - S C H O P P § 5 5 6 c Rz 2 ; P A L A N D T - P U T Z O § 5 6 8 Anm 1 e; P E R GANDE

§ 556 a

WEIMAR W u M

Anm

10;

ROQUETTE

§ 5 5 6 C RZ

1 9 6 3 , 1 8 3 ; a M HANS § 5 5 6 c A n m

2 ; SCHMIDT-FUTTERER

B

240;

2).

24 Im übrigen gelten für die wiederholte Verlängerung des schon früher durch Einigung der Parteien auf unbestimmte Zeit fortgesetzten Mietverhältnisses die Voraussetzungen des § 556 a (vgl dort Rz 20 ff, 71 ff). 25 b) Rechtsfolgen Als Rechtsfolge ergibt sich aus der Anwendung des § 556 a, daß der Mieter der Kündigung eines Mietverhältnisses, das schon früher aufgrund der Sozialklausel durch Einigung der Parteien auf unbestimmte Zeit fortgesetzt worden ist, widersprechen und vom Vermieter eine erneute Fortsetzung verlangen kann. Für den Inhalt des Fortsetzungsverlangens, die Erfüllung des Anspruchs und die inhaltliche Gestaltung des erneut fortgesetzten Mietverhältnisses gelten die Ausführungen zu § 556 a (vgl dort Rz 78 ff).

Jürgen Sonnenschein

(946)

3. Titel. Miete. Pacht

§ 556 c 26-29

2. Fortgesetztes Mietverhältnis aufgrund eines Urteils (Abs 2)

26

a) Voraussetzungen aa) Allgemeines Wenn der Vermieter ein Mietverhältnis über Wohnraum kündigt, dessen Fortsetzung auf unbestimmte Zeit nach § 556 a Abs 3 S 1 durch Urteil bestimmt worden ist, so greift § 556 c Abs 2 ein. Der Vermieter kann ein solches Mietverhältnis jederzeit unter Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfrist kündigen und dadurch die Anordnung des Gerichts, mit der dem Mieter die Wohnung für eine längere, nicht von vornherein begrenzte Dauer erhalten werden soll, unterlaufen. Zum Schutz des Mieters soll durch § 556 c Abs 2 sichergestellt werden, daß ein durch Urteil auf unbestimmte Zeit fortgesetztes Mietverhältnis nicht eher endet, als bis sich die bei der gerichtlichen Entscheidung zugrunde gelegten Verhältnisse nicht unerheblich geändert haben (Ausschußbericht, zu BT-Drucks V/2317, 3 unter b). bb) Unveränderte Umstände (Abs 2 S 1)

27

Haben sich die Umstände, die für eine unbefristete Fortsetzung des Mietverhältnisses durch Urteil bestimmend waren, nicht geändert, so kann der Mieter nach § 556 c Abs 2 S 1 der Kündigung ohne weiteres widersprechen und vom Vermieter verlangen, das Mietverhältnis weiterhin auf unbestimmte Zeit fortzusetzen. Eine unerhebliche Änderung ist dem gleichzustellen (§ 556 c Abs 2 S 2 Halbs 2). Es kommt auf die Umstände an, die der gerichtlichen Entscheidung als maßgeblich zugrunde gelegen haben. Der Mieter braucht nicht darzulegen und zu beweisen, daß die erneute Beendigung des Mietverhältnisses für ihn oder seine Familie eine ungerechtfertigte Härte bedeutet (Ausschußbericht, zu BT-Drucks V/2317, 3 unter b). In § 556 c Abs 2 S 1 wird nicht auf die Voraussetzungen des § 556 a verwiesen. 28 Daraus ist zu schließen, daß der Widerspruch des Mieters an keine Form und Frist gebunden ist (Ausschußbericht aaO; H A N S § 556 C Anm 4 a; P A L A N D T - P U T Z O § 556 c Anm 3; PERGANDE § 556 c Anm 3; SCHMIDT-FUTTERER B 252). Auf einen Hinweis des Vermieters, der den Mieter über seine Rechte aufklärt, kommt es deshalb nicht an. Der Widerspruch kann noch bis zur letzten mündlichen Verhandlung eines Räumungsrechtsstreits erklärt werden, kann aber regelmäßig schon dem Antrag auf Klageabweisung entnommen werden. cc) Veränderte Umstände (Abs 2 S 2)

29

Wenn sich die Umstände, die für eine unbefristete Fortsetzung des Mietverhältnisses durch Urteil bestimmend waren, erheblich geändert haben, so kann der Mieter eine erneute Fortsetzung des Mietverhältnisses nur nach § 556 a verlangen. Dabei ist nicht nur auf die Umstände abzustellen, die der früheren Entscheidung zugrunde gelegen haben. Es kommt auch nicht nur darauf an, ob sich die Härtegründe auf seiten des Mieters oder seiner Familie geändert haben. Entscheidend ist vielmehr ein Vergleich der gesamten Sachlage zur Zeit der früheren und der nunmehr anstehenden Entscheidung. Dies bedeutet, daß der Wegfall oder die Milderung früherer Härtegründe ebenso zu berücksichtigen ist wie der Hinzutritt neuer Härtegründe für den Mieter oder seine Familie. In gleicher Weise ist es von Bedeutung, ob sich die berechtigten Interessen des Vermieters an einer Beendigung des Mietverhältnisses geändert haben ( E R M A N - S C H O P P § 5 5 6 c Rz 5 ; H A N S § 5 5 6 c Anm 4 ; PERGANDE § 5 5 6 c A n m 3 ; SCHMIDT-FUTTERER B (947)

254).

Jürgen Sonnenschein

§ 556 c 30-35

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

30 Zunächst muß der Vermieter darlegen und ggf beweisen, daß sich die maßgebenden Umstände erheblich zuungunsten des Mieters geändert haben. Dies gilt auch für die Härtegründe auf Seiten des Mieters (OLG Stuttgart R E NJW 1969, 1070, 1071; Ausschußbericht, zu BT-Drucks V/2317, 3 unter b; B G B - R G R K - G E L H A A R § 556 C R z 4 ; HANS D W W

1 9 6 8 , 5 5 , 5 7 ; HÄUSLER D W W 1 9 6 8 , 5 0 ; PERGANDE § 5 5 6 c A n m

3; SCHMIDT-FUTTERER B 254). Demgegenüber hat dann der Mieter darzulegen und zu beweisen, daß es für ihn oder seine Familie gleichwohl eine ungerechtfertigte Härte bedeutet, wenn das Mietverhältnis auch unter den geänderten Umständen beendet wird (Ausschußbericht aaO). 31 Die Änderung der Umstände muß erheblich sein. Dies wird sich idR erst bei der erforderlichen Interessenabwägung zeigen. Die maßgebenden Umstände müssen sich in einer Weise geändert haben, daß die Interessenabwägung nunmehr ein anderes Ergebnis rechtfertigt. Eine Beendigung des Mietverhältnisses kann der Mieter dann nur noch verhindern, wenn er sich auf neue Härtegründe beruft, die das Ergebnis wiederum zu seinen Gunsten beeinflussen. 32 dd) Ausschluß der Berufung auf unveränderte oder veränderte Umstände Auch für die Beurteilung im Rahmen des § 556 c Abs 2 ist der in § 162 zum Ausdruck gekommene Grundsatz zu beachten, daß die Mietparteien sich nicht auf Umstände berufen können, deren Eintritt oder Nichteintritt einer von ihnen wider Treu und Glauben herbeigeführt oder verhindert hat (Ausschußbericht, zu BT-Drucks V / 2 3 1 7 , 4 unter c; SCHMIDT-FUTTERER B 2 5 5 ; vgl Rz 1 5 ) . 33 b) Rechtsfolgen Die Rechtsfolgen des § 556 c Abs 2 bei der Kündigung eines Mietverhältnisses, dessen Fortsetzung auf unbestimmte Zeit durch Urteil bestimmt worden ist, sind unterschiedlich. aa) Haben sich die maßgebenden Umstände nicht oder nur unerheblich geändert, so kann der Mieter einer Kündigung widersprechen und die Fortsetzung des Mietverhältnisses auf unbestimmte Zeit verlangen (§ 556 c Abs 2 S 1). Er ist dabei nicht an die Einhaltung einer bestimmten Form und Frist gebunden (vgl Rz 28). Eine Änderung der Vertragsbedingungen ist mangels einer Verweisung auf § 556 a nicht möglich, soweit sich die Parteien nicht dahin gehend verständigen. 34 bb) Haben sich die maßgebenden Umstände erheblich geändert, so kommt eine weitere Fortsetzung des Mietverhältnisses nur nach § 556 a in Betracht. Sind die Voraussetzungen dieser Vorschrift erfüllt, kann der Mieter der Kündigung widersprechen und vom Vermieter verlangen, das Mietverhältnis auf bestimmte oder ggf unbestimmte Zeit fortzusetzen (OLG Stuttgart RE NJW 1969, 1070, 1071). Dabei hat er Form und Frist zu wahren. Im übrigen gelten die Ausführungen zu § 556 a (vgl dort Rz 71 ff, 78 ff).

35 IV. Unabdingbarkeit § 556 c ist in dem gleichen Umfang, also zuungunsten des Mieters, unabdingbar wie § 556 a (vgl dort Rz 97; H A N S § 556 c Anm 7; SCHMIDT-FUTTERER B 257). Dies ergibt sich allerdings nicht generell aus einer Verweisung auf § 556 a, da eine solche Verweisung in § 556 c Abs 2 S 1 fehlt. Die Anwendbarkeit des § 556 a Abs 7 folgt aber auch für diesen Fall aus der rechtssystematischen Einheit aller Regelungen, die mit der Sozialklausel im Zusammenhang stehen. Jürgen Sonnenschein

(948)

§557 3. Titel. Miete. Pacht

§557 Gibt der Mieter die gemietete Sache nach der Beendigung des Mietverhältnisses nicht zurück, so kann der Vermieter für die Dauer der Vorenthaltung als Entschädigung den vereinbarten Mietzins verlangen; bei einem Mietverhältnis über Räume kann er anstelle dessen als Entschädigung den Mietzins verlangen, der für vergleichbare Räume ortsüblich ist. Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen. Der Vermieter von Wohnraum kann jedoch einen weiteren Schaden nur geltend machen, wenn die Rückgabe infolge von Umständen unterblieben ist, die der Mieter zu vertreten hat; der Schaden ist nur insoweit zu ersetzen, als den Umständen nach die Billigkeit eine Schadloshaltung erfordert. Dies gilt nicht, wenn der Mieter gekündigt hat. Wird dem Mieter von Wohnraum nach § 721 oder § 794 a der Zivilprozeßordnung eine Räumungsfrist gewährt, so ist er für die Zeit von der Beendigung des Mietverhältnisses bis zum Ablauf der Räumungsfrist zum Ersatz eines weiteren Schadens nicht verpflichtet. Eine Vereinbarung, die zum Nachteil des Mieters von den Absätzen 2 oder 3 abweicht, ist unwirksam. E I § 525; II § 499; III § 550; Mot II 415; Prot II 218. Art I Nr 16 MietRÄndG II vom 14. 7. 1964 (BGBl I 457); Begr zum RegE BT-Drucks IV/806, 11 (zu Art I Nr 13); Ausschußbericht BT-Drucks IV/2195, zu Drucks 2195, 5. Art I Nr 5 MietRändG III vom 21. 12. 1967 (BGBl I 1248); Ausschußbericht BT-Drucks V/2317, zu Drucks 2317, 4.

Schrifttum Die Zweite Mietrechtsnovelle, BB 1964, 771; BUSCH, Die Rechtslage bei Weiternutzung des Mietraumes nach Beendigung des Mietverhältnisses, MDR 1960, 359; G Ö H R E , Durch unzeitgemäßen Auszug bedingtes Leerstehen der Wohnräume und Haftung des Mieters für dadurch entstehende Mietausfälle, FWW 1964, 197; H Ä R I N G , Entschädigungsanspruch des Vermieters bei Vorenthaltung der Mietsache durch den Mieter, B1GBW 1968, 81; ders, Die ortsübliche Miete bei einer Verzögerung der Räumung von Mieträumen durch den Mieter, B1GBW 1970, 221; H E G E L , Wer schuldet dem Hauseigentümer bei einer Obdachloseneinweisung das Nutzungsentgelt? ZMR 1964, 7; HENSELER, Die Ersatzpflicht des Mieters bei Vorenthaltung der Wohnung, ZMR 1964, 195; HOFFMANN, Der Entschädigungsanspruch des Vermieters bei nicht rechtzeitiger Räumung (§ 557 BGB), DWW 1965, 377; HOFFMANN, Zur Haftung der Ehefrau im Rahmen von § 557 BGB, NJW 1968, 2327; K A N E S , Ist Schwangerschaft ein zu vertretender Umstand? ZMR 1964, 329; KIEFERSAUER, Die Vorenthaltungsentschädigung des § 557 BGB, WuM 1955,1; K O E N I G , Haftet der die Räumung des Grundstücks verzögernde Mieter für den Mietausfall infolge verspäteten Baubeginns? WuM 1965, 7; ders, Zur Schadensersatzpflicht des Mieters wegen verspäteter Zurückgabe der Mietsache (unter besonderer Berücksichtigung der Haftung des Mieters beim Wohnenbleiben von Untermietern), WuM 1964, 186; KÜNKEL, Über den Entschädigungsanspruch nach § 557 Abs. 1 BGB, insbesondere bei Untervermietung, MDR 1962, 92; ders, Schadensersatzansprüche des Vermieters bei verzögerter Räumung einer Wohnung, NJW 1964, 2287; K Ü R Z E L , Rückgabe der Wohnung bei Auszug des Hauptmieters? Betrieb 1957, 450; LAMBACH, Hat der Vermieter bei Wiedereinweisung des obdachlosen Mieters Anspruch auf Mietzins? ZMR 1964, 167; LEWALD, Kann der Vermieter, der das Vermieterpfandrecht ausübt, auch den Anspruch aus § 557 S. 1 BGB geltend machen? MDR 1960, 631; M Ü L L E R , Das Benutzungsverhältnis zwischen Vermieter und Mieter nach Gewährung einer Räumungsfrist gemäß § 721 ZPO, MDR 1971, 253; RITTER, Die Schadensersatzpflicht des Mieters wegen verspäteter Rückgabe von Geschäftsräumen, B1GBW 1964, 28; ROESCH, Zur Frage der Nutzungsentschädigung nach § 557 BGB, WuM 1970, 53; ders, Die Nutzungsentschädigung gemäß § 557 BGB, WuM 1969, 197; ROSSEBURG, Ansprüche des Vermieters gegen den Wohnungsmieter nach dessen Auszug unter Zurücklassung von Untermietern (§ 557 BGB), MDR 1956, 451; ROTH, Das nachträgliche Unvermögen des Schuldners, JuS 1968, 101; R Ü B E R , Konkurrenz von § 557 mit §§ 987 ff und 812 BGB, NJW 1968, 1611;

BURKHARDT,

(949)

Jürgen Sonnenschein

§557 2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse RUMPENHORST, Das Verhältnis von § 557 Abs. 3 BGB zu Ansprüchen aus positiver Vertragsverletzung, DWW 1966, 83; SCHLÄGER, Zur Räumungsklage gegen den ausgezogenen Mieter, ZMR 1 9 7 6 , 3 4 ; SCHMIDT-FUTTERER, Der Mietzinsausfall nach Rückgabe der Mietsache, ZMR 1 9 6 8 , 1 6 1 ; ders, Die Schadensersatzpflicht des Mieters wegen verspäteter Zurückgabe der Mietsache, NJW 1 9 6 2 , 4 7 1 ; S C H M I D T - M A R L O H , Nutzungsentschädigung bei vorzeitiger Räumung des Mieters, ZMR 1 9 6 6 , 2 5 7 ; SCHOPP, Einiges zu den Ersatzansprüchen bei verspäteter Herausgabe von Mietsachen oder Pachtgegenständen, ZMR 1955, 68; ders, § 557 Abs 1 BGB in der Mobiliarmiete, ZMR 1977, 353; W E I M A R , Zur Entschädigungspflicht des Hauptmieters bei nicht räumendem Untermieter, ZMR 1968, 2; ders, Die Ersatzpflicht des Mieters bei Vorenthaltung der Wohnung im Notstand, ZMR 1963, 65; ders, Nochmals: Die Ersatzpflicht des Mieters bei Vorenthaltung der Wohnung im Notstand, ZMR 1965, 3; ders, Zum Begriff des ortsüblichen Mietzinses gemäß § 557 Abs. 1 BGB, MDR 1970, 18; ders, Die Rechtsbeziehungen zwischen den Vertragsparteien während einer Räumungsfrist, WuM 1970, 111; ders, Ist der räumungspflichtige Wohnungsmieter zum Ersatz der durch Fremdvermietung erzielbaren Miete verpflichtet? WuM 1966, 73.

Systematische Übersicht I. Allgemeine Kennzeichnung 1. Überblick 1 2. Entstehung der Vorschrift 4 3. Zweck der Vorschrift 5

b) Vereinbarter Mietzins 30 c) Ortsübliche Vergleichsmiete 37 d) Sonstige Rechtsfolgen 44

II. Nutzungsentschädigung (Abs 1 S 1 ) 1. Voraussetzungen 8 a) Allgemeines 8 b) Mietverhältnis 9 c) Beendigung des Mietverhältnisses 10 d) Vorenthaltung der Mietsache 12 aa) Vorenthaltung der tatsächlichen Gewalt 13 bb) Möglichkeit der Rückgabe 19 cc) Rücknahmewille des Vermieters 25 dd) Dauer der Vorenthaltung 28 2. Rechtsfolgen 29 a) Allgemeines 29

III. Weitergehender Schadensersatz (Abs 1 S 2, Abs 2 u 3) 1. Allgemeines 47 2. Besonderheiten bei der Vermietung von Wohnraum 54 a) Verschulden des Mieters 55 b) Billigkeitserwägungen 57 c) Räumungsfrist durch Vollstreckungsschutz 60 3. Unabdingbarkeit (Abs 4) 63 IV. Konkurrenzen 66

Alphabetische Übersicht Anwendungsbereich 1 ff Aufrechnungsverbot 30 Beendigung des Mietverhältnisses 10 Beweislast 38 Billigkeitserwägungen 57 ff Entstehung der Vorschrift 4 Forderungsverletzung, positive 48 Konkurrenzen 66 ff Kündigung des Mieters 59, 62

-

Fälligkeit 32 Minderung 30, 34 Mietzins, vereinbarter 30 ff Nebenkosten 31 Sicherung 35 Vergleichsmiete, ortsübliche 37 ff Verjährung 36 Voraussetzungen 8 ff

Obdachloseneinweisung 18, 56 Pflichten des Mieters 46 - des Vermieters 45

Mietverhältnis 9 Mietzins, vereinbarter 30 - ortsüblicher 37 ff Mindestentschädigung 30 Mit verschulden des Vermieters 52

Räumungsfrist durch Vollstreckungsschutz 26, 60 ff Rückgabemöglichkeit 19 ff Rücknahmewille des Vermieters 27-29

Nutzungsentschädigung 8 ff - Erhöhung 33

Schadensersatz, weitergehender 7,47 ff - wegen positiver Forderungsverletzung 48

Jürgen Sonnenschein

(950)

3. Titel. Miete. Pacht - entgangener Gewinn 51 - Mit verschulden des Vermieters 52 - wegen Schuldnerverzugs 48 - anderweitige Vermögenseinbuße 51 - Verschulden des Mieters 49, 55 f Schuldnerverzug 48 Sozialwohnung 39,43 Teilleistungen 16

§557 1-4

Verschulden des Mieters 49,55 f - des Vermieters 52 Vollstreckungsschutz, s Räumungsfrist Vorenthaltung der Mietsache 12 ff - Dauer 28 - Rückgabemöglichkeit 19 ff - Rücknahmewille des Vermieters 25 ff - Teilleistungen 16

Unabdingbarkeit 63 ff Unmöglichkeit der Rückgabe 19 ff - objektive 19 - subjektive 20 ff Untermieter 9, 20 ff

Wohnraum, Besonderheiten 54 ff - Billigkeitserwägungen 57 ff - Kündigung des Mieters 59, 62 - Räumungsfrist durch Vollstreckungsschutz 60 ff - Unabdingbarkeit 63 ff - Verschulden des Mieters 55 f - Verschulden des Vermieters 52

Vergleichsmiete 37 ff Verjährung 36, 70 Vermieterpfandrecht 27, 35

Zurückbehaltungsrecht 15 Zweck der Vorschrift 5 ff

I. Allgemeine Kennzeichnung 1

1. Überblick Sobald das Mietverhältnis beendet ist, hat der Mieter die gemietete Sache nach § 556 zurückzugeben. In § 557 sind Ansprüche des Vermieters für den Fall geregelt, daß der Mieter die Mietsache nach der Beendigung des Mietverhältnisses nicht oder nicht rechtzeitig zurückgibt. Hierbei handelt es sich zum einen um den Anspruch auf Nutzungsentschädigung für die Dauer der Vorenthaltung der Mietsache (Abs 1 S 1). Zum anderen betrifft die Vorschrift die Geltendmachung eines weiteren Schadens (Abs 1 S 2, Abs 2-4).

Der Anspruch auf Nutzungsentschädigung ist grundsätzlich unabhängig von der Art 2 der gemieteten Sache. Das Gesetz differenziert nur bei der Höhe des Anspruchs, da der Vermieter bei Mietverhältnissen über Räume als Entschädigung statt des vereinbarten Mietzinses auch die ortsübliche Vergleichsmiete verlangen kann (Abs 1 S 1 HS 2). Der Anspruch auf Ersatz eines darüber hinausgehenden Schadens richtet sich im 3 wesentlichen nach den Vorschriften über den Verzug des Schuldners (Abs 1 S 2, §§ 284 ff). Bei Mietverhältnissen über Wohnraum greifen jedoch die Einschränkungen der Abs 2 u 3 ein. Dies bedeutet, daß bei Mietverhältnissen über Wohnraum Abs 1 S 1 gilt, S 2 jedoch nur mit den sich aus den Abs 2 u 3 ergebenden Einschränkungen. Bei sonstigen Räumen wie Garagen und Geschäftsräumen gilt Abs 1 in vollem Umfang. Auf Mietverhältnisse über Grundstücke und bewegliche Sachen ist nur Abs 1 S 1 HS 1 und S 2 anwendbar (PALANDT-PUTZO § 557 Anm 2 d). 2. Entstehung der Vorschrift

4

Die ursprüngliche Fassung der Vorschrift bestand aus dem jetzigen Abs 1 S 1 HS 1 und S 2. Die Regelung der Abs 2-4 ist durch das MietRÄndG II im Jahre 1964 eingefügt worden. Das MietRÄndG III hat 1967 Abs 1 S 1 um den HS 2 ergänzt. (95i)

Jürgen Sonnenschein

§557 5-9

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

5 3. Zweck der Vorschrift Die Vorschrift bezweckt mit ihrem seit Inkrafttreten des BGB bestehenden Teil, die Nutzungsentschädigung des Vermieters auf einen Mindestbetrag festzusetzen, soweit ihm der Mieter die Mietsache nach Beendigung des Mietverhältnisses vorenthält und die Voraussetzungen für eine stillschweigende Verlängerung nach § 568 nicht erfüllt sind. Eine solche Regelung wurde für praktisch zweckmäßig gehalten, um Streitigkeiten über die Höhe eines etwaigen Schadensersatz- oder Bereicherungsanspruchs in einfacher und angemessener Weise abzuschneiden (Mot II 415). Da die Mindestentschädigung auf den für das beendete Mietverhältnis vereinbarten Mietzins festgesetzt wird, braucht der Vermieter seinen Schaden und den Wert der vom Mieter gezogenen Nutzungen sowie die sonstigen Voraussetzungen der allgemeinen Vorschriften (§§ 284 ff, 812 ff, 987 ff) nicht darzulegen und zu beweisen (SCHMIDT-FUTTERER B 3 6 8 ) .

6 Das Wahlrecht zwischen dem ursprünglich vereinbarten und dem ortsüblichen Mietzins bei Räumen ist durch das MietRÄndG III ganz allgemein, insbesondere aber im Hinblick auf längere gerichtliche Räumungsfristen eingeführt worden. Der Vermieter sollte davor bewahrt werden, sich bei einem Anstieg des Mietpreisniveaus für einen langen Zeitraum mit einer nicht mehr angemessenen, niedrigen Nutzungsentschädigung begnügen zu müssen (Ausschußbericht, zu BT-Drucks V/2317, 4). 7 Die Ansprüche auf Ersatz eines weitergehenden Schadens sind bei der Vermietung von Wohnraum durch die Abs 2-4 aus sozialen Gründen eingeschränkt worden. Es sollte sichergestellt werden, daß der Mieter sich nicht durch die Sorge vor Schadensersatzansprüchen des Vermieters davon abhalten lasse, unter Berufung auf die §§ 556a, 556 b eine Fortsetzung des Mietverhältnisses zu verlangen oder eine Räumungsfrist zu begehren. Die Frage, ob ein Mietverhältnis nach den genannten Vorschriften fortzusetzen ist, kann vielfach erst nach einer schwierigen Abwägung der Interessen von Vermieter und Mieter durch das Gericht geklärt werden. Schadensersatzansprüche sollten deshalb nicht nur einer Billigkeitsregelung unterworfen werden, sondern auch von vornherein nur unter der Voraussetzung entstehen, daß die Rückgabe der Wohnräume infolge von Umständen unterblieben sei, die der Mieter zu vertreten habe. Es sei auch nicht gerechtfertigt, den zur Räumung verpflichteten Mieter zum Ersatz von Verzugsschäden für die Zeit heranzuziehen, für die ihm das Gericht nach den §§ 721, 794 a ZPO eine Räumungsfrist gewährt habe (Begr zum RegE BT-Drucks IV/806, 11; Ausschußbericht, zu BT-Drucks IV/2195, 5). n. Nutzungsentschädigung (Abs 1 S 1) 8 1. Voraussetzungen a) Allgemeines Der Anspruch des Vermieters auf Nutzungsentschädigung für die Dauer der Vorenthaltung der Mietsache ist ein Schadensersatzanspruch, dessen Voraussetzungen in Abs 1 S 1 besonders geregelt sind. Der Anspruch entsteht, wenn der Mieter die gemietete Sache nach der Beendigung des Mietverhältnisses nicht zurückgibt. 9 b) Mietverhältnis Zwischen den Parteien muß ein Mietverhältnis bestanden haben (vgl Vorbem 20 ff zu §§ 535, 536, § 556 Rz 2 ff). Die Vorschrift gilt deshalb nicht im Verhältnis zwischen Hauptvermieter und Untermieter (AG Stuttgart WuM 1973, 78). UberJürgen Sonnenschein

(952)

3. Titel. Miete. Pacht

§557 10-15

läßt der Vermieter dem Mieter den Mietgegenstand, ohne daß wegen fehlender Einigung der Parteien über die Miethöhe ein Mietvertrag zustande gekommen ist, so ist der Mieter zum Ersatz nach den §§812 Abs 1 S 1, 818 Abs 1 verpflichtet (AG Burgsteinfurt WuM 1974, 223). Es kann sich um die Miete beweglicher oder unbeweglicher Sachen handeln. Hinsichtlich der Rechtsfolgen ergibt sich allerdings ein Unterschied, wenn Räume vermietet sind (Abs 1 S 1 HS 2; Rz 37 ff). Ob es sich um Wohnräume, Geschäftsräume oder sonstige Räume wie Garagen und dgl handelt, ist insoweit unerheblich. c) Beendigung des Mietverhältnisses 10 Das Mietverhältnis muß beendet sein. Wann das Mietverhältnis beendet ist, ergibt sich aus § 564. Ein Mietverhältnis auf bestimmte Zeit endet mit Ablauf der vereinbarten Mietdauer. Bei Mietverhältnissen auf unbestimmte Zeit ist der Zeitpunkt maßgebend, zu dem der Mieter oder Vermieter wirksam gekündigt hat. Wird das Mietverhältnis einverständlich aufgehoben, ist der von den Parteien vereinbarte Zeitpunkt entscheidend. Das Mietverhältnis muß beendet bleiben. § 557 ist deshalb nicht anwendbar, wenn 11 das Mietverhältnis von den Parteien verlängert wird. Dies kann durch ausdrückliche Parteivereinbarung oder stillschweigend nach § 568 geschehen. Auch eine Fortsetzung des Mietverhältnisses nach den §§ 556 a-556 c schließt die Anwendbarkeit des § 557 aus. d) Vorenthaltung der Mietsache 12 Der Tatbestand der Vorschrift ist insofern nicht präzise gefaßt, als zum einen vorausgesetzt wird, daß der Mieter die gemietete Sache nicht zurückgibt, zum anderen von der Vorenthaltung die Rede ist, für deren Dauer die Nutzungsentschädigung zu entrichten ist. Sicher ist, daß die Vorenthaltung nicht einfach gleichzusetzen ist mit der Nichtrückgabe, sondern eine darüber hinausgehende Bedeutung enthält. Eine Vorenthaltung liegt nur dann vor, wenn der Mieter die Sache nicht zurückgibt, obwohl ihm das möglich wäre, und wenn dieses Verhalten des Mieters dem Willen des Vermieters widerspricht (BGH NJW 1960, 909). Im einzelnen läßt sich der Begriff der Vorenthaltung mit 375 ff) auf folgende Merkmale zurückführen:

SCHMIDT-FUTTERER

(B

aa) Vorenthaltung der tatsächlichen Gewalt 13 Der Rückgabeanspruch aus § 556 ist grundsätzlich darauf gerichtet, daß der Mieter dem Vermieter den unmittelbaren Besitz an der Mietsache verschafft (§ 556 Rz 6 ff). Eine Vorenthaltung setzt deshalb zunächst voraus, daß der Mieter dem Vermieter die tatsächliche Gewalt über die Sache nicht einräumt (vgl § 854 Abs 1), der Rückgabeanspruch also nicht erfüllt wird. Dies ist vor allem der Fall, wenn der Mieter die Sache in Besitz behält und weiterhin 14 gebraucht. Eine solche Fortsetzung des Gebrauchs ist allerdings grundsätzlich nicht notwendig, um den Anspruch auf Nutzungsentschädigung zu begründen (RGZ 99, 2 3 0 , 2 3 1 f ; E R M A N - S C H O P P § 5 5 6 R z 2 ; R O Q U E T T E § 5 5 7 R z 5 ; SCHMIDT-FUTTERER

B 374). Entscheidend ist, daß der Vermieter die Mietsache nicht selbst oder durch Weitervermietung nutzen kann, wie es bei Räumung einer Wohnung durch den Mieter ohne Rückgabe der Schlüssel der Fall ist (LG Mannheim WuM 1968, 163 u WuM 1976, 13; AG Oberhausen WuM 1973, 136; SCHMIDT-FUTTERER B 376). Macht der Mieter einer beweglichen Sache ein Zurückbehaltungsrecht geltend (vgl 15 zur Grundstücksmiete § 556 Abs 2), so entsteht für die Dauer der Ausübung dieses (953)

Jürgen Sonnenschein

§557 2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

16-18

Rechts kein Anspruch auf Nutzungsentschädigung, soweit sich der Mieter auf die bloße Zurückbehaltung beschränkt. Gebraucht er die Sache jedoch weiterhin, so überschreitet er sein Zurückbehaltungsrecht und genießt die Gebrauchsvorteile, die dann doch durch § 557 abgegolten werden sollen (BGHZ 65, 56, 59 = NJW 1975, 1773 m Anm H A A S E JR1976,22; B G B - R G R K - G E L H A A R § 557 Rz4; P A L A N D T - P U T zo § 557 Anm 3 a). Der Vermieter kann auch dann nicht die tatsächliche Gewalt über die Mietsache ausüben, wenn der Mieter die Wohnung zwar verläßt, aber alle oder einen wesentlichen Teil der Möbel zurückläßt; denn der Vermieter darf zurückgelassene Sachen nicht ohne weiteres anderweitig unterbringen (RG Recht 1923 Nr 7; vgl § 556 Rz 20). 16 Teilleistungen des Mieters sind bei Erfüllung der Rückgabepflicht grundsätzlich unzulässig (§ 266; vgl § 556 Rz 19). Eine Teilleistung hat idR zur Folge, daß die gesamte Mietsache dem Vermieter vorenthalten wird, so etwa, wenn der Mieter nur einen Teil der gemieteten Räume zurückgibt und der Vermieter nicht gesondert über die zurückgegebenen Räume verfügen kann (LG Köln ZMR 1967, 201; LG Mannheim MDR 1965, 140; PERGANDE § 557 Anm 2; SCHMIDT-FUTTERER B 378). Etwas anderes gilt aber, wenn die Teilleistung für den Vermieter zumutbar ist (§ 556 Rz 19). Können und sollen die einzelnen Mietobjekte in Zukunft getrennt vermietet werden, so beschränkt sich die Vorenthaltung auf die zurückbehaltenen Objekte, so daß auch nur eine anteilige Nutzungsentschädigung zu entrichten ist. Dies gilt bei der Vermietung beweglicher und unbeweglicher Sachen in gleicher Weise. 17 Eine Vorenthaltung ist dagegen nicht gegeben, wenn der Mieter die Mietsache zwar zurückgibt, aber seine weiteren Pflichten nicht erfüllt, die im Rahmen der Rückgabepflicht bestehen. Dies gilt etwa für unterbliebene Schönheitsreparaturen, Wegnahme von Einrichtungen und Beseitigung von Schäden (RG JW 1910, 939 Nr 15; LG Köln MDR 1 9 6 6 , 2 3 9 ; H Ä R I N G B1GBW 1 9 6 8 , 8 1 ; ders B1GBW 1 9 7 0 , 2 2 1 , 2 2 2 ; R O Q U E T T E § 5 5 7 Rz 5 ; SCHMIDT-FUTTERER B 3 7 7 ) . Wird der Vermieter dadurch an einer weiteren Nutzung gehindert, so kommen jedoch Schadensersatzansprüche aus Schuldnerverzug (§ 286 Abs 1) oder positiver Forderungsverletzung in Betracht (§ 557 Abs 1 S 2). Die Einschränkungen nach § 557 Abs 2 u 3 greifen insoweit nicht ein, da die Rückgabe stattgefunden hat. Erhält der Vermieter die Wohnung zum vereinbarten Zeitpunkt zurück, so kann er keinen Mietausfall für die Zeit nachfolgender Renovierungsarbeiten geltend machen, wenn er dem Mieter durch sein eigenes Verhalten unmöglich gemacht hat, diese Leistungen zu erbringen (LG Mannheim WuM 1975, 144). 18 Eine Vorenthaltung scheidet ferner aus, wenn der Mieter durch die Obdachlosenbehörde wieder in die Wohnung eingewiesen wird. Der Fall ist nicht anders zu beurteilen als bei der erstmaligen Einweisung eines Obdachlosen in eine bisher nicht von ihm gemietete Wohnung. Es handelt sich allein um ein öffentlich-rechtliches Verhältnis zwischen Obdachlosenbehörde und Vermieter, das die Anwendbarkeit des § 557 zwischen Mieter und Vermieter ausschließt (LG Essen ZMR 1956, 8; A D L E R NJW 1963, 717 mit der Begründung, die Rückgabe sei unmöglich; B G B R G R K - G E L H A A R § 5 5 7 R z 8 ; ERMAN-SCHOPP § 5 5 7 R z 1 1 ; H E G E L Z M R LAMBACH

ZMR 1964, 167;

SOERGEL-MEZGER

§ 557 Rz 5; aM

LG

1964, 7;

Mannheim NJW

1 9 6 3 , 7 1 7 m A n m ADLER U W u M 1 9 6 2 , 1 2 0 , 1 2 2 m A n m HEGEL Z M R 1 9 6 6 ,

174;

NJW 1962, 471, 474 f). Wird der Mieter nur in einen Teil seiner bisherigen Wohnung wieder eingewiesen, scheidet für die Differenz zwischen voller und entsprechend verringerter Miete auch ein Schadensersatzanspruch gegen den Mieter über § 556 Abs 1 S 2 aus (LG Mannheim WuM 1962, 120). SCHMIDT-FUTTERER

Jürgen Sonnenschein

(954)

§557 20-23

3. Titel. Miete. Pacht

bb) Möglichkeit der Rückgabe

19

Die Mietsache wird dem Vermieter nur vorenthalten, wenn und solange ihre Rückgabe nicht objektiv unmöglich ist. Geht die Mietsache während der Dauer des Mietverhältnisses infolge eines Umstandes unter, den der Mieter nicht zu vertreten hat, so erlischt der Anspruch des Vermieters auf den Mietzins (§§ 323, 325). Ist die Mietsache im Zeitpunkt der Beendigung des Mietverhältnisses untergegangen oder geschieht dies später, so endet mit dem Zeitpunkt, in dem die Rückgabe objektiv unmöglich wird, auch die Vorenthaltung. Der Anspruch auf Nutzungsentschädigung entsteht nicht oder endet in dem späteren Zeitpunkt (RGZ 99, 230, 232; OLG Hamm ZMR 1 9 7 7 , 3 7 2 , s hierzu SCHOPP ZMR 1 9 7 7 , 3 5 3 ; LG Hamburg MDR 1 9 5 9 , 2 1 4 , 2 1 5 ; LG Köln MDR 1 9 5 9 , 7 6 2 , 7 6 3 ; ERMAN-SCHOPP § 5 5 7 Rz 2 ; HÄRING B1GBW 1 9 6 8 , 8 1 ; PALANDT-PUTZO § 5 5 7 Anm 3 a; ROQUETTE § 5 5 7 Rz 4 ; SCHMIDT-FUTTERER B 3 8 0 ) . Hat der Mieter den Untergang oder Verlust der Mietsache zu vertreten, so schuldet er insoweit nach den allgemeinen Grundsätzen Schadensersatz (RGZ aaO). Streitig ist, ob die Mietsache dem Vermieter auch dann vorenthalten wird, wenn ihre 20 Rückgabe dem Mieter subjektiv unmöglich ist. Dieses Problem stellt sich vor allem, wenn der Mieter aus der Wohnung auszieht, aber ein Mitmieter (LG Kassel WuM 1 9 7 7 , 2 5 5 ; B G B - R G R K - G E L H A A R § 5 5 7 Rz 10) oder Untermieter zurückbleibt. Der Mieter erfüllt durch eine solche Teilleistung nicht seine Rückgabepflicht. Auch die Abtretung des Herausgabeanspruchs gegen den Untermieter an den Hauptvermieter ist hierfür unzureichend (§ 556 Rz 8). Nach der in Rspr und Schrifttum vorherrschenden Auffassung soll in diesen Fällen 21 § 557 generell eingreifen. Der Mieter bleibe weiterhin mittelbarer Besitzer, da ihm der Untermieter den Besitz vermittle. Damit werde dem Hauptvermieter die Mietsache vorenthalten. Er müsse sich aber nach § 254 ein etwaiges Mitverschulden anrechnen lassen, wenn er nicht selbst rechtzeitig nach § 556 Abs 3 gegen den Untermieter vorgehe (OLG Hamburg ZMR 1953, 112; LG Göttingen MDR 1959, 928; LG Hamburg M D R 1959, 214 u Z M R 1966, 217; ERMAN-SCHOPP § 557 Rz 2; GÖHRE FWW 1 9 6 4 , 1 9 7 ; HANS § 5 5 7 Anm 2 ; ROQUETTE § 5 5 7 1 9 5 4 , 4 1 9 ; ROSSEBURG M D R 1 9 5 6 , 4 5 1 ; STERNEL RZ I I I 1 7 5 ) .

Rz

4;

ders MDR

Nach anderer Auffassung soll § 557 ausgeschlossen sein, weil das subjektive Unver- 22 mögen der objektiven Unmöglichkeit gleichzustellen sei. Für Ansprüche auf Schadensersatz seien die §§ 280, 275 maßgebend. Insoweit sei dann § 254 anwendbar, da der Hauptvermieter nach § 556 Abs 3 gegen den Untermieter vorgehen könne ( L G Düsseldorf MDR 1 9 5 4 , 4 1 9 u ZMR 1 9 5 8 , 2 9 8 ; L G Hamburg MDR 1 9 5 6 , 6 1 3 ; 1 9 5 9 , 4 8 9 ; ZMR 1 9 6 0 , 4 4 ; L G Köln MDR 1 9 5 9 , 7 6 2 ; PALANDT-PUTZO § 5 5 7 Anm 3 a; WEIMAR ZMR 1 9 6 8 , 2 ; vgl auch O L G Celle MDR 1 9 6 0 , 7 5 9 ) . Einen differenzierenden Standpunkt vertritt SCHMIDT-FUTTERER (B 3 8 1 ff). Er folgt zwar im Prinzip der hM, weist aber zu Recht darauf hin, daß es für die Begründung des Anspruchs auf Nutzungsentschädigung nicht darauf ankommen kann, ob der Mieter mittelbaren Besitz an der Mietsache behält (offengelassen von RGZ 9 9 , 2 3 0 , 232). Der Mieter schuldet die Rückgabe. Erfüllt er diesen Anspruch nicht, obwohl es ihm möglich ist, so hat er für die Dauer der Vorenthaltung eine Entschädigung zu entrichten. Dem Gesetz ist nicht zu entnehmen, daß der Mieter weiterhin im Besitz der Sache bleiben muß. Deshalb kommt es nicht darauf an, ob er die Mietsache weiterhin nutzt. Die Vorschrift setzt auch keine Widerrechtlichkeit, kein Verschulden und keinen Schaden voraus (RGZ 99, 230, 231; RG WarnR 1921, 125; KG OLGE 3 6 , 5 6 , 5 7 ; ERMAN-SCHOPP § 5 5 7 Rz 3 ) . SCHMIDT-FUTTERER (B 3 8 3 ) differenziert deshalb danach, auf wessen Veranlassung es zurückgeht, daß der Mieter die Sache am Ende der Mietzeit nicht zurückgeben kann. Führe er selbst durch (955)

Jürgen Sonnenschein

23

§557 24-26

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

Untervermietung herbei, daß er die Sache am Ende seiner eigenen Mietzeit nicht zurückgeben könne, so sei eine Vorenthaltung gegeben. Verliere er den Besitz dagegen ohne sein Zutun, etwa durch Diebstahl oder Obdachloseneinweisung des an sich räumungswilligen Untermieters, so scheide eine Vorenthaltung aus. 24 Entscheidend für die Lösung des Problems ist es, welcher Inhalt dem Begriff des Unvermögens beigemessen wird. Der Mieter schuldet nur dann eine Nutzungsentschädigung, wenn und solange ihm die Rückgabe der Mietsache objektiv und subjektiv möglich ist (vgl LG Hamburg ZMR 1960, 44). Allein durch den Verlust der unmittelbaren Verfügungsgewalt über die Mietsache wird dem Mieter die Rückgabe aber nicht subjektiv unmöglich, wenn er sich die Sache von dem besitzenden Dritten wiederbeschaffen kann. Dies ist bei der Untermiete aufgrund des Rückgabeanspruchs nach § 556 Abs 1 der Fall. Für Mitmieter können sich aus dem Innenverhältnis entsprechende Ansprüche ergeben (LG Kassel WuM 1977, 255 - Auszug eines Ehegatten). Bei widerrechtlicher Entziehung durch Dritte greifen Besitzschutzansprüche des Mieters ein. Hat er die gemietete Sache aber freiwillig weggegeben, ohne daß ein Rückgabeanspruch besteht, so muß er wegen seiner eigenen Rückgabeverpflichtung versuchen, sich die Sache wiederzubeschaffen. Ist dies zumutbar, so tritt ein Unvermögen des Mieters erst ein, wenn der Dritte sich ernsthaft und endgültig weigert, die Sache zur Verfügung zu stellen (vgl LG Braunschweig NJW 1963, 1984; R O T H J U S 1968, 101, 108). Das gleiche gilt, wenn die Sache unauffindbar abhanden kommt (vgl OLG Hamm ZMR 1977, 372; P A L A N D T - H E I N R I C H S § 275 Anm lc). Dabei ist ein zeitweiliges Unvermögen nicht ohne weiteres der dauernden Unmöglichkeit gleichzustellen (vgl P A L A N D T - H E I N RICHS § 275 Anm 4). Für den Anspruch auf Nutzungsentschädigung nach § 557 kommt es deshalb nicht darauf an, ob der Mieter weiterhin die Sache besitzt oder ob er sie aufgrund eigener Veranlassung nicht zurückgeben kann. Entscheidend ist allein, ob dem Mieter die Rückgabe möglich ist, auch wenn er sie sich zunächst selbst wiederbeschaffen muß. Nur wenn er gegen diese Verpflichtung verstößt, kann von einer Vorenthaltung die Rede sein. Dies ist etwa bei der Untervermietung regelmäßig der Fall, nicht aber bei einer Wiedereinweisung des Untermieters durch die Obdachlosenbehörde. 25 cc) Rücknahmewille des Vermieters Ein weiteres entscheidendes Merkmal für den Tatbestand der Vorenthaltung ist die Willensrichtung des Vermieters. Hierdurch erfährt auch das Erfordernis, daß die Rückgabe dem Mieter möglich sein muß, eine gewisse Einschränkung. Gibt der Mieter nach der Beendigung des Mietverhältnisses die gemietete Sache nicht zurück, so enthält er sie dem Vermieter nicht vor, solange dieser dem Mieter zu erkennen gibt, daß er das Mietverhältnis etwa wegen angeblicher Unwirksamkeit der Kündigung nicht als beendet ansieht (BGH NJW 1960, 909; WM 1973, 383, 386; B G B - R G R K - G E L H A A R § 5 5 7 R z 5 ; ERMAN-SCHOPP § 5 5 7 R z 2 ; HANS § 5 5 7 A n m 1 ; PALANDT-PUTZO

§ 557

Anm

3 a;

ROQUETTE

§ 557

Rz

2;

SCHMIDT-FUTTERER

B 385 f). Für diesen Zeitraum kommt es deshalb nicht darauf an, ob der Mieter zur Rückgabe in der Lage ist (BGH NJW 1960, 909, 910; anders RG WarnR 1934, 1 7 6 ; PERGANDE § 5 5 7 A n m 2 a E ) .

26 Ausreichend ist der grundsätzliche Rücknahmewille des Vermieters. Eine Vorenthaltung ist deshalb zu bejahen, wenn dem Mieter gerichtlich eine Räumungsfrist (§§ 721, 794 a ZPO) oder Vollstreckungsschutz (§ 765 a ZPO) eingeräumt worden ist (OLG Celle ZMR 1967, 270; LG Dortmund ZMR 1967,79; LG Hamburg ZMR 1960, 44; LG Itzehoe SchlHA 1960, 289; LG München ZMR 1963, 80 - Vollstrekkungsschutz nach WBewG; LG Münster ZMR 1972, 279; P A L A N D T - P U T Z O § 557 Jürgen Sonnenschein

(956)

§557 3. Titel. Miete. Pacht

27-29

Anm 3 a; SCHMIDT-FUTTERER B 385). Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Vermieter hiergegen rechtlich vorgegangen ist. Auch wenn vertraglich eine Räumungsfrist eingeräumt wird, sei es außerhalb oder innerhalb eines gerichtlichen Räumungsvergleichs, wird die Mietsache vorenthalten, weil der grundsätzliche Rücknahmewille des Vermieters dadurch nicht beeinträchtigt wird, solange er nicht zu einer Verlängerung des Mietverhältnisses bereit ist (LG Wuppertal WuM 1967, 10; AG Kempten ZMR 1966, 80; AG Münster WuM 1967, 207; SCHMIDT-FUTTERER aaO; im Ergebnis ebenso PERGANDE § 557 Anm 2). Eine Vorenthaltung der Mietsache ist nicht gegeben, wenn der Vermieter zwar von 27 der Beendigung des Mietverhältnisses ausgeht, die Mietsache aber deshalb nicht zurücknehmen will, weil er mit dem Mieter einen neuen Mietvertrag abschließen will (KG ZMR 1971, 321 ; SCHMIDT-FUTTERER B 386). Deshalb liegt eine Vorenthaltung auch nicht vor bei stillschweigender Verlängerung eines Mietverhältnisses (LG Köln WuM 1973, 247). Ferner ist eine Vorenthaltung dann nicht gegeben, wenn der Vermieter die Rücknahme einer Mietsache ablehnt, weil der Mieter deren Zustand verändert hat (OLG Hamburg WuM 1977, 73). Das gleiche gilt, wenn der Mieter ein Grundstück oder eine Wohnung nur deshalb nicht vollständig räumen kann, weil der Vermieter unter Berufung auf das Vermieterpfandrecht nach den §§ 559, 561 einen Teil der eingebrachten Sachen zurückbehält (OLG Hamburg HansGZ 1912, Beibl 252; ERMAN-SCHOPP § 557 Rz 2; PALANDT-PUTZO § 557 Anm 3 a; PERGANDE § 5 5 7 A n m 2 ; ROQUETTE § 5 5 7 R z 4 ; SCHMIDT-FUTTERER B 3 7 6 ; S O E R G E L - M E Z G E R

§ 557 Rz 10; aM LG Berlin JW 1935, 2658 Nr 61; G Ö H R E FWW 1964, 197; MDR 1960, 631; Voraufl Rz 1). Dies wird zT damit begründet, daß der Mieter in diesen Fällen geräumt habe und sich nicht mehr im Besitz der Mietsache befinde. Da es jedoch auf einen weiteren Besitz des Mieters nicht ankommt (vgl Rz 24), ist auf die Willensrichtung des Vermieters abzustellen. LEWALD

dd) Dauer der Vorenthaltung

28

Die Vorenthaltung beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Mietvertrag beendet ist. Sie endet, sobald der Mieter seine Rückgabepflicht erfüllt, auch wenn dies vor Ablauf einer Räumungsfrist geschieht ( R O E S C H W U M 1969, 197; SCHMIDT-FUTTERER B 388; aM LG Wiesbaden WuM 1968, 164 m abl Anm SCHMIDT). An Stelle der Nutzungsentschädigung stellt sich dann die Frage eines Schadensersatzanspruchs wegen entgangenen Gewinns (vgl Rz 51). Das gleiche gilt, wenn der Mieter wenige Tage nach der Beendigung des Mietverhältnisses auszieht. Die Vorenthaltung dauert nur bis zum Auszug. Für den weiteren Verlauf der bereits angebrochenen Abrechnungsperiode steht dem Vermieter deshalb keine Nutzungsentschädigung nach Abs 1 S 1 zu (so aber LG Mannheim WuM 1976, 49; B G B - R G R K - G E L H A A R § 557 Rz 13), sondern ggf ein Schadensersatzanspruch wegen entgangenen Gewinns. Die Vorenthaltung endet auch dann, wenn dem Mieter die Rückgabe unmöglich wird, ohne daß aber bei der subjektiven Unmöglichkeit auf eine Veranlassung durch den Mieter abzustellen wäre (insoweit anders SCHMIDT-FUTTERER aaO). In diesem Fall geht es nicht mehr um Nutzungsentschädigung, sondern um Schadensersatz wegen Unmöglichkeit.

2. Rechtsfolgen

29

a) Allgemeines Für die Dauer der Vorenthaltung der Mietsache nach Beendigung des Mietverhältnisses entsteht zwischen den früheren Vertragsparteien ein gesetzliches Schuldver(957)

Jürgen Sonnenschein

§557 30, 31

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

hältnis (LG Wiesbaden WuM 1 9 6 8 , 1 6 4 ; PERGANDE § 5 5 7 Anm 1 1 ; SCHMIDT-FUTTERER B 3 8 9 ; s auch BUSCH MDR 1 9 6 0 , 3 5 9 u ROQUETTE § 5 5 7 Rz 2 6 , die von einem vertragslosen Zustand ausgehen). Aus diesem gesetzlichen Schuldverhältnis ergibt sich in erster Linie der Anspruch des Vermieters auf Nutzungsentschädigung (Rz 30 ff). Hierbei handelt es sich um einen reinen Schadensersatzanspruch (BGH NJW 1 9 6 1 , 9 1 6 ; LG Bonn ZMR 1 9 6 8 , 1 1 4 ; PALANDT-PUTZO § 5 5 7 Anm 3 ; SCHMIDT-FUTTERER B 3 9 0 ; s auch LG Göttingen MDR 1 9 5 9 , 9 2 8 u ROQUETTE § 5 5 7 Rz 6: Unterart der Schadensersatzansprüche), nicht aber um einen vertraglichen Abwicklungsanspruch (so ERMAN-SCHOPP § 5 5 7 Rz 3) oder um einen vertraglichen Anspruch eigener Art (so HANS § 5 5 7 Anm 2). Die Höhe dieses Schadensersatzanspruchs ist nicht davon abhängig, ob und inwieweit der Vermieter aus der Vorenthaltung der Mietsache einen Schaden erlitten hat oder ob der Mieter die vorenthaltene Mietsache noch tatsächlich genutzt hat (BGH aaO). Der Vermieter kann als Mindestschaden immer den vereinbarten Mietzins, bei der Raummiete statt dessen die ortsübliche Vergleichsmiete verlangen. Aus dem gesetzlichen Schuldverhältnis ergeben sich daneben weitere Rechte und Pflichten für die Parteien, die insbesondere dann relevant werden, wenn der Mieter die Sache weiterhin nutzt (Rz 44 ff). 30 b) Vereinbarter Mietzins Der Vermieter kann als Mindestentschädigung den vereinbarten Mietzins verlangen (Abs 1 S 1 Hs 1). Dies ist grundsätzlich der Betrag, der vertraglich zur Zeit der Beendigung des Mietvertrags zu entrichten war (SCHMIDT-FUTTERER B 3 9 1 ; ROQUETTE § 557 Rz 7). Der Betrag braucht nicht mit dem bei Vertragsabschluß vereinbarten Mietzins übereinzustimmen, sondern kann etwa bei Maßgeblichkeit der Kostenmiete im sozialen Wohnungsbau höher liegen oder auch durch Mängel gemindert sein, die während der Mietzeit aufgetreten sind und bei Beendigung des Mietverhältnisses noch vorliegen. Unter den Voraussetzungen des § 537 mindert sich die Miete kraft Gesetzes (vgl § 537 Rz 48), so daß der damit maßgebende Betrag der im Zeitpunkt der Beendigung des Mietverhältnisses vereinbarte Mietzins ist (BGH NJW 1961, 9 1 6 ; ERMAN-SCHOPP § 5 5 7 R z 3; HANS § 5 5 7 A n m 2; PALANDT-PUTZO § 5 5 7 A n m 3 b ; PERGANDE § 5 5 7 A n m 1 1 ; ROQUETTE § 5 5 7 R z 7 ; SCHMIDT-FUTTERER B 3 9 8 ) .

Eine Minderung ist dagegen ausgeschlossen, wenn die Mietsache sich erst nach Beendigung des Mietverhältnisses erstmalig oder weiter verschlechtert. Die während der Dauer des Mietverhältnisses kraft Gesetzes eintretende Änderung des Mietzinses kommt nach der Beendigung nicht mehr in Betracht, weil sie nur aus der bei einem Vertragsverhältnis bestehenden Verpflichtung des Vermieters folgt, dem Mieter den vertragsmäßigen Gebrauch der Sache zu gewähren. Abgesehen von Ausnahmefällen, die nach § 242 zu beurteilen sind, kann der Vermieter daher trotz einer weiteren Verschlechterung der ihm vorenthaltenen Sache den letzten Mietzins als Mindestentschädigung verlangen (BGH aaO). Ein im Zeitpunkt der Vertragsbeendigung geminderter Mietzins bleibt aber dann nicht maßgebend, wenn die Mängel während der Vorenthaltung der Mietsache beseitigt werden. Dann kommt es wieder auf die ursprünglich vereinbarte Höhe des Mietzinses an. Haben die Parteien ein Minderungs- oder Aufrechnungsverbot vereinbart, so gilt dies auch für die Nutzungsentschädigung (KG JW 1932, 3008 Nr 7; OLG Stuttgart NJW 1956, 9 1 4 ; PALANDT-PUTZO § 5 5 7 A n m 3 c; PERGANDE § 5 5 7 A n m 11).

31 Die Nutzungsentschädigung umfaßt die Nebenkosten für Leistungen, die der Mieter weiterhin in Anspruch nimmt. Hat er sich an diesen Kosten nach dem ursprünglichen Mietvertrag zu beteiligen, so gehören sie zum vereinbarten Mietzins. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Kosten pauschal oder nach dem tatsächlichen Verbrauch abgerechnet werden. Für ein Umlageverfahren sind die ursprünglichen Jürgen Sonnenschein

(958)

§557 32-37

3. Titel. Miete. Pacht

Vereinbarungen maßgebend (LG Mannheim WuM 1962, 120, 121;

MÜLLER M D R

1 9 7 1 , 2 5 3 , 2 5 5 ; SCHMIDT-FUTTERER B 4 0 0 ) .

Auch die Fälligkeit der Nutzungsentschädigung bestimmt sich grundsätzlich nach 32 der Regelung, die nach dem Mietvertrag für die Fälligkeit des Mietzinses galt. Hierfür sind die Ähnlichkeit beider Ansprüche und das Bestreben maßgebend, weder den Vermieter noch den Mieter zu benachteiligen (BGH NJW 1974, 556; PALANDT-PUTZO § 557 Anm 1 f; SCHMIDT-FUTTERER B 402; aM LG Bonn ZMR 1968, 114). Fehlt eine ausdrückliche Fälligkeitsvereinbarung, kann deshalb auch § 551 gelten ( B G B - R G R K - G E L H A A R § 557 Rz 11; SCHMIDT-FUTTERER B 402). Eine Erhöhung der Nutzungsentschädigung aufgrund gesetzlicher Vorschriften über 33 den im Zeitpunkt der Beendigung des Mietverhältnisses vereinbarten Mietzins hinaus, wie es das OLG Celle (NJW 1964,1027; ebenso ERMAN-SCHOPP § 557 Rz 3) für § 18 BMietG I angenommen hat und was vor allem für den sozialen Wohnungsbau von Bedeutung ist (§§ 8, 10 WoBindG), ist ausgeschlossen (s aber Rz 39, 41). Die Begründung der abweichenden Auffassung, der Mieter dürfe bei der Vorenthaltung der Mietsache nicht besser stehen als ein rechtmäßig besitzender Mieter, ist nicht stichhaltig. Kann der Vermieter wegen der Beendigung des Mietverhältnisses gesetzliche Ansprüche auf Mieterhöhung nicht mehr durchsetzen, so bleibt ihm die Möglichkeit, die ortsübliche Miete zu verlangen (Abs 1 S 1 HS 2) oder einen weitergehenden Schaden geltend zu machen (Abs 1 S 2; OLG Celle ZMR 1967, 270; LG Frankenthal/Pfalz ZMR 1965, 273; LG Kiel NJW 1961, 319; vgl aber AG Ratingen MDR 1967, 131). Wertsicherungsklauseln müssen bei der Nutzungsentschädigung unberücksichtigt bleiben, da sie mit dem Vertragsende ihre Wirksamkeit verlieren (BGH MDR 1973, 492; PALANDT-PUTZO § 557 Anm 3 b; s hierzu aber § 1 0 Abs 1 MHG; SCHMIDT-FUTTERER C 412). Auch insoweit bleibt nur die Möglichkeit eines weitergehenden Schadensersatzanspruchs. Eine Verminderung der Nutzungsentschädigung gegenüber dem vereinbarten Miet- 34 zins ist geboten, wenn dem Mieter nach Beendigung des Mietverhältnisses Nebenräume, Gemeinschaftseinrichtungen und dgl nicht mehr zur Verfügung stehen, auf die ein entsprechender Teil des Mietzinses entfiel ( M Ü L L E R MDR 1971, 253, 254 Fn 12; SCHMIDT-FUTTERER B 399). Das gleiche gilt, wenn die teilweise Rückgabe der Mietsache entgegen § 266 ausnahmsweise als zulässige Teilleistung anzuerkennen ist (LG Mannheim ZMR 1965, 211; ERMAN-SCHOPP § 557 Rz 3). Der Anspruch auf Nutzungsentschädigung ist eine Entschädigungsforderung iS des 35 § 559 S 2, für die der Vermieter ein Pfandrecht an den eingebrachten Sachen des Mieters geltend machen kann, wenn sie nicht nur dem Grunde nach besteht, sondern wenn der auszugleichende Schaden bereits entstanden ist (RGZ 54, 301; 142, 201, 2 0 5 ; B G H N J W 1 9 7 2 , 7 2 1 , 7 2 2 ; SCHMIDT-FUTTERER B

403).

Die Verjährung des Anspruchs auf Nutzungsentschädigung richtet sich nach § 197, 36 beträgt also vier Jahre ( B G H Z 6 8 , 3 0 7 = NJW 1 9 7 7 , 1 3 3 5 ; O L G Königsberg H R R 1 9 3 6 , 8 6 9 ; B G B - R G R K - G E L H A A R § 5 5 7 R z 2 7 ; PALANDT-PUTZO § 5 5 7 A n m 1 e ; ROQUETTE § 5 5 7 R z 2 9 ; SCHMIDT-FUTTERER B 4 0 4 ; a M NIENDORFF 2 5 1 ; MITTELSTEIN

529, die auf § 195 abstellen), soweit nicht § 196 Abs 1 Nr 6 eingreift. Dies folgt aus der Ähnlichkeit mit dem Mietzinsanspruch. c) Ortsübliche Vergleichsmiete Anstelle des vereinbarten Mietzinses kann der Vermieter bei der Raummiete jeder Art als Nutzungsentschädigung die ortsübliche Vergleichsmiete verlangen (Abs 1 S 1 HS 2). Er hat damit als Gläubiger eine Ersetzungsbefugnis, die es ihm erlaubt, die für ihn günstigere Entschädigung zu wählen. (959)

Jürgen Sonnenschein

37

§557 38-41

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

38 Das sich hieraus ergebende Gestaltungsrecht muß der Vermieter durch eine einseitige, empfangsbedürftige Willenserklärung ausüben. Über Inhalt und Form dieser Erklärung enthält das Gesetz keine besonderen Vorschriften. Zum Teil werden hierfür die gleichen Voraussetzungen aufgestellt, die für das Verlangen auf Erhöhung der Grundmiete nach § 2 Abs 2 MHRG gelten, nämlich schriftliche Geltendmachung und Begründung, wobei auf Übersichten oder Gutachten über die ortsübliche Vergleichsmiete Bezug genommen werden kann (AG Hildesheim ZMR 1973, 15; B G B - R G R K - G E L H A A R § 5 5 7 Rz 14; STERNEL Rz III 1 7 6 ) . Für eine entsprechende Anwendung fehlt es jedoch am gleichen Normzweck, da die Mieterhöhung nach § 2 MHG grundsätzlich eine Zustimmung des Mieters voraussetzt, die von ihm nur bei Darlegung aller den Anspruch des Vermieters begründenden Tatsachen erwartet werden kann. Im Rahmen des § 557 genügt jedoch die einseitige Erklärung. Diese Erklärung bedarf deshalb keiner Form (SCHMIDT-FUTTERER B 393) und auch nicht einer Angabe der die höhere ortsübliche Miete begründenden Tatsachen (anders SCHMIDT-FUTTERER aaO). Es genügt, wenn für den Mieter ersichtlich ist, daß der Vermieter nunmehr eine höhere als die vereinbarte Miete verlangt. Der notwendige Schutz des Mieters ist sichergestellt, weil der Vermieter die Beweislast dafür trägt, daß er eine höhere Nutzungsentschädigung geltend gemacht hat und daß diese der ortsüblichen Vergleichsmiete entspricht. 39 Dies gilt auch bei Sozialwohnungen, die zwar unabhängig von dem Bestehen eines Mietvertrags den Preisbindungsvorschriften des WoBindG unterliegen, bei denen jedoch die verfahrensrechtlichen Vorschriften über eine Mieterhöhung ein bestehendes Mietverhältnis voraussetzen (§10 WobindG; anders LG Mannheim NJW 1970, 1881, das über eine formell unzureichende Erklärung zu entscheiden hatte, die noch vor Beendigung des Mietvertrags abgegeben worden war; BGB-RGRKGELHAAR § 5 5 7 Rz 14). Eine Bindung besteht deshalb objektbezogen nur hinsichtlich des Umfangs der möglichen Nutzungsentschädigung (vgl Rz 43). 40 Der Anspruch auf Entschädigung nach der ortsüblichen Vergleichsmiete wird wirksam mit dem Zugang der Erklärung bei dem früheren Mieter (§ 130). Aus der Gestaltungswirkung der Erklärung folgt, daß die Entschädigung nach der ortsüblichen Vergleichsmiete nicht rückwirkend für die Vergangenheit verlangt werden kann (LG Düsseldorf MDR 1970, 144; LG München WuM 1974, 7; AG Kamen W u M 1 9 7 2 , 162, 1 6 4 ; ERMAN-SCHOPP § 5 5 7 R z 4 ; SCHMIDT-FUTTERER B 3 9 4 ) . Ist

die Entschädigung für die Vergangenheit schon nach der früher vereinbarten Miete gezahlt, so läßt sich der Ausschluß der Rückwirkung auch mit der Erfüllung der Verbindlichkeit begründen. Insoweit wirkt die Erfüllung durch einen bereits im voraus gezahlten Betrag in die Zukunft. Im übrigen wird die Entschädigung nach der ortsüblichen Vergleichsmiete ohne Rücksicht auf die im früheren Mietvertrag vereinbarten Fälligkeitstermine sofort vom Tag des Zugangs der Erklärung an geschuldet (SCHMIDT-FUTTERER B 395).

41 Der Umfang der Nutzungsentschädigung nach der ortsüblichen Vergleichsmiete richtet sich nicht nach einer aus allen Mieten innerhalb der betreffenden Gemeinde gebildeten Durchschnittsmiete. Entscheidend ist der konkrete Vergleich mit dem Mietzins, der in der Gemeinde für Räume vergleichbarer Art, Größe, Ausstattung, Beschaffenheit und Lage üblicherweise gezahlt wird (vgl § 2 Abs 1 Nr 2 MHRG). Aus dem Merkmal der Üblichkeit ist zu folgern, daß eine Mehrzahl von Räumen in verschiedenen Häusern als Vergleichsobjekte zur Verfügung stehen muß (WEIMAR MDR 1 9 7 0 , 1 8 , 1 9 ) . Ein einziges Vergleichsobjekt ist unzureichend. Das gleiche gilt für andere Räume, die demselben Vermieter gehören, weil sich eine ortsübliche Vergleichsmiete nur aus mehreren Mietverhältnissen entwickeln läßt, bei denen jeweils verschiedene Vertragspartner Mieter und Vermieter sind (SCHMIDT-FUTTEJürgen Sonnenschein

(960)

3. Titel. Miete. Pacht

§557 42-44

RER C 70; STERNEL W U M 1972, 185, 186; ders MDR 1973, 265, 269 mwN). In der Regel wird es entsprechend § 2 Abs 2 S 3 MHRG genügen, wenn drei - ausnahmsweise etwa in sehr kleinen Gemeinden auch zwei - Vergleichsobjekte vorhanden sind (vgl SCHMIDT-FUTTERER C 101; AG Dortmund WuM 1972, 60, das mindestens drei Vergleichsobjekte verlangt; AG Backnang WuM 1973, 7 9 - 3 bis 5 Vergleichsobjekte; AG Kamen WuM 1972, 162 - 3 Vergleichsobjekte).

Die Vergleichsobjekte müssen in demselben Ort liegen. Hierunter ist zunächst die 42 politische Gemeinde zu verstehen, ohne daß der Begriff jedoch in jedem Fall darauf zu beschränken ist. Daraus folgt, daß Mietobjekte in verschiedenen Vororten einer Gemeinde miteinander verglichen werden können, sofern sie nur eine vergleichbare Wohnlage aufweisen. Die abweichende, nicht näher begründete Auffassung des AG Dortmund (WuM 1972, 60; s auch WEIMAR MDR 1970, 18, 19; HÄRING B1GBW 1970, 221, 223) findet im Gesetz keine Stütze. Darüber hinaus können auch Mietobjekte verschiedener Gemeinden zum Vergleich herangezogen werden. Dabei ist aber erforderlich, daß sie in einem einheitlichen Siedlungsbereich liegen ( E R M A N SCHOPP § 557 Rz 4; SCHMIDT-FUTTERER B 397). Nur so ist dem Zweck des § 557 Abs 1 S 1 gerecht zu werden, dem Vermieter die an sich in dem betreffenden Siedlungsgebiet erzielbare Miete als Mindestentschädigung zu gewähren. Erst aus den Mieten der konkreten Vergleichsobjekte ist dann als Durchschnitt die 43 ortsübliche Vergleichsmiete zu ermitteln. Soweit für den jeweiligen Ort Mietwerttabellen (s § 2 Abs 2 S 2 MHRG) aufgestellt worden sind, kann hierauf zurückgegriffen werden. Jedoch ist die Berufung auf Sachverständigengutachten anstelle der Benennung von Vergleichsobjekten unzureichend (AG Dortmund WuM 1972, 59; AG Kamen WuM 1972, 162). Für Wohnungen, die objektgebunden dem WoBindG unterliegen, bildet die preisrechtlich zulässige Kostenmiete auf jeden Fall eine Obergrenze (OLG Celle ZMR 1963, 312; LG Mannheim WuM 1970, 203; H A N S § 5 5 7 A n m 3 ; PALANDT-PUTZO § 5 5 7 A n m 3 b ; SCHMIDT-FUTTERER B 3 9 6 ; STERNEL

Rz III 176). Da es sich nicht um eine Mieterhöhung, sondern um eine Mindestentschädigung auf der Grundlage der ortsüblichen Vergleichsmiete handelt, brauchen im übrigen die Voraussetzungen des § 10 WoBindG nicht erfüllt zu sein (aM LG Mannheim aaO). Dies zeigt sich auch daran, daß der Vermieter im Rahmen des § 557 Abs 1 S 1 höchstens die ortsübliche Vergleichsmiete verlangen kann, auch wenn die Kostenmiete höher sein sollte. d) Sonstige Rechtsfolgen 44 Mit der Beendigung des Mietverhältnisses erlöschen alle vertraglichen Rechte und Pflichten. Auf der Grundlage der Vorenthaltung der zurückzugebenden Mietsache entsteht zwischen den Parteien ein gesetzliches Schuldverhältnis. Neben der Nutzungsentschädigung nach § 557 Abs 1 ergeben sich hieraus weitere Rechte und Pflichten, die vor allem dann bedeutsam werden, wenn der frühere Mieter die Mietsache weiterhin nutzt. Dieser Tatsache muß die Ausgestaltung der Rechtsbeziehungen im einzelnen Rechnung tragen. Dabei ist zu berücksichtigen, daß es sich um eine nur vorübergehende Nutzung im ausschließlich eigenen Interesse des früheren Mieters handelt und daß dem Vermieter trotz der Vertragsbeendigung nicht das Recht zusteht, durch eigenmächtige Maßnahmen dem Mieter den Besitz zu entziehen oder ihn darin zu beeinträchtigen. An diesem Ziel haben sich die gegenseitigen Rechte und Pflichten auszurichten (vgl SCHMIDT-FUTTERER B 405). Entscheidend sollte dabei aber nicht auf die Ähnlichkeit zwischen dem tatsächlichen Nutzungsverhältnis und dem beendeten Mietverhältnis abgestellt werden, um auch das erstere schon im Grundsatz den bisherigen mietrechtlichen und mietvertraglichen Regeln zu untersellen (so SCHMIDT-FUTTERER aaO). Es kommt vielmehr auf die vorübergehende Natur des Nutzungsverhältnisses und seinen auf Abwicklung angelegten Charak(961)

Jürgen Sonnenschein

§557 45-48

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

ter an (vgl MÜLLER MDR 1 9 7 1 , 2 5 3 , 2 5 4 ) . Die weitere Anwendbarkeit mietrechtlicher Regeln ist deshalb allein unter dem Gesichtspunkt geboten, dem Vermieter jeglichen mittelbaren Zwang zu verwehren, durch den er auf den Besitz des Mieters einwirken könnte. Hieraus ergeben sich beträchtliche Einschränkungen gegenüber den früheren mietvertraglichen Rechtsbeziehungen (vgl im einzelnen MÜLLER MDR 1 9 7 1 , 2 5 3 f f ; PERGANDE § 5 5 7 A n m 1 1 ; ROQUETTE § 5 5 7 R z 2 6 , 2 7 ; SCHMIDT-FUTTERER B 4 0 6 f f ) .

45 Der Vermieter ist verpflichtet, dem Mieter einen gefahrlosen Zugang zu Wohnräumen zu ermöglichen und alle Gefahren zu beseitigen, die vom Besitz der Mietsache ausgehen können. Zu weitergehenden Instandhaltungsarbeiten ist er jedoch nicht verpflichtet (zT abw MÜLLER 2 5 5 ) . Versorgungsleistungen und Gemeinschaftseinrichtungen sind insoweit zur Verfügung zu stellen, als sie erforderlich sind, um ein angemessenes Wohnen zu ermöglichen und nicht einen mittelbaren Druck zwecks Räumung auf den Mieter entstehen zu lassen (vgl im einzelnen MÜLLER 2 5 4 ff; SCHMIDT-FUTTERER B 4 0 6 f f ) .

46 Der Mieter ist zur Obhut über die dem Vermieter vorenthaltene Mietsache verpflichtet. Er hat den Hausfrieden zu wahren und Rücksicht auf etwaige Mitmieter zu nehmen, weil das zwischen den Parteien bestehende gesetzliche Schuldverhältnis durch die gesamten Umstände, unter denen es entsteht, inhaltlich ausgestaltet wird. Es handelt sich jedoch nicht um irgendwelche Nachwirkungen des Mietvertrags. Grundlage ist allein das durch die Vorenthaltung der Mietsache entstehende gesetzliche Schuldverhältnis. Deshalb wirkt eine ursprünglich vertraglich übernommene Pflicht, Schönheits- und andere Reparaturen durchzuführen, nicht fort. Das gleiche gilt für sonstige besondere vertragliche Pflichten, die nicht typischerweise zum Mindestinhalt eines Mietverhältnisses gehören und nach Sinn und Zweck des nunmehr bestehenden gesetzlichen Schuldverhältnisses auch dessen Inhalt prägen. Die im Schrifttum zT vertretene Auffassung, die von einem weitgehenden Fortbestand besonderer vertraglich übernommener Pflichten des Mieters ausgeht ( M Ü L L E R MDR 1971, 253, 256; SCHMIDT-FUTTERER B 422 ff), läßt außer acht, daß das Mietverhältnis beendet ist und daß es sich bei der Nutzungsentschädigung des Vermieters um den pauschalen Ersatzanspruch für einen Mindestschaden handelt. Es kommt deshalb nicht darauf an, ein angemessenes Verhältnis von Leistung und Gegenleistung herzustellen. Die weitergehende Auffassung führt im Ergebnis dazu, neben der stillschweigenden Verlängerung eines Mietverhältnisses nach § 568 ein Ersatzinstitut über § 557 zu konstruieren. ED. Weitergehender Schadensersatz (Abs 1 S 2, Abs 2 u 3) 47 1. Allgemeines Nach Abs 1 S 2 ist es dem Vermieter nicht verwehrt, neben der Nutzungsentschädigung einen weiteren Schaden geltend zu machen. Hierbei handelt es sich nicht um eine selbständige Anspruchsgrundlage. Die Vorschrift stellt nur klar, daß neben der Mindestentschädigung weitere Schadensersatzansprüche unberührt bleiben, die sich aus den allgemeinen Vorschriften ergeben (PERGANDE § 557 Anm 4; ROQUETTE § 557 Rz 12). 48 Hierzu gehören in erster Linie Ansprüche wegen Schuldnerverzugs nach den §§284 ff (OLG Stuttgart BB 1962, 466; LG Augsburg WuM 1967, 27; LG Mannheim WuM 1962, 120; LG Münster WuM 1963, 58; PALANDT-PUTZO § 557 A n m 4 ; PERGANDE § 5 5 7 A n m 4 ; ROQUETTE § 5 5 7 R z 1 2 ; SCHMIDT-FUTTERER N J W

1962, 471, 472; ders B 429; vgl auch OLG Celle NJW 1964, 1027). Der Mieter Jürgen Sonnenschein

(962)

3. Titel. Miete. Pacht

§557 49-52

kommt nach § 284 Abs 2 ohne Mahnung in Verzug, wenn er die Mietsache nach der Beendigung des Mietverhältnisses nicht zurückgibt, weil es sich hierbei in jedem Fall um einen kalendermäßig feststehenden Zeitpunkt handelt (BGH WuM 1965, 205, 2 0 6 ; PERGANDE § 5 5 7 Anm 4 ; ROQUETTE § 5 5 7 Rz 12). Weitere Schadensersatzansprüche des Vermieters können sich aus positiver Forderungsverletzung ergeben (LG Augsburg aaO; LG Mannheim WuM 1962, 120; PALANDT-PUTZO § 557 Anm 4 ; ROQUETTE § 5 5 7 Rz 13; SCHMIDT-FUTTERER B 4 2 9 ) . Vgl zu weiteren Konkurrenzfragen Rz 66 ff. Schadensersatzansprüche wegen Schuldnerverzugs und positiver Forderungsverlet- 49 zung setzen voraus, daß der Mieter dem Vermieter die Mietsache schuldhaft vorenthält. Hierin liegt der wesentliche Unterschied zum Anspruch auf Nutzungsentschädigung nach Abs 1 S 1, der unabhängig von einem Verschulden des Mieters eingreift. Ein weiterer Unterschied zur Mindestentschädigung nach Abs 1 S 1 HS liegt darin, 50 daß der Vermieter einen weiteren Schaden darlegen und im Streitfall beweisen muß (vgl zur Beweiswürdigung BGH WM 1964, 684). Der systematische Zusammenhang der Regelung ergibt, daß nur der durch die Vorenthaltung der Mietsache entstandene Schaden gemeint ist (vgl SCHMIDT-FUTTERER B 430). Der Umfang des zu ersetzenden Schadens richtet sich nach den §§ 249 ff. Damit 51 wird in erster Linie der entgangene Gewinn erfaßt (§ 252). Es handelt sich vor allem um die Nutzungen, die der Vermieter bei rechtzeitiger Rückgabe der Mietsache hätte erzielen können, soweit sie höher gewesen wären als der frühere Mietzins (ROQUETTE § 5 5 7 Rz 14; vgl BGH WM 1 9 6 4 , 6 8 4 ) . Bei der Vermietung von Räumen wird ein dahin gehender besonderer Schadensersatzanspruch wegen der Möglichkeit einer Nutzungsentschädigung in Höhe der ortsüblichen Vergleichsmiete allerdings nur relevant, wenn es dem Vermieter möglich gewesen wäre, die Räume zu einem noch höheren Mietzins zu vermieten. Ferner ist ein entgangener Gewinn zu ersetzen, wenn der Vermieter die Möglichkeit eines gewinnbringenden Verkaufs der Mietsache verloren hat. Einschränkungen unter dem Gesichtspunkt der Kausalität können eingreifen, wenn der Vermieter von Wohnraum einen entgangenen Gewinn aus der Weitervermietung zu gewerblichen Zwecken geltend macht (LG Hamburg MDR 1967, 676). Als weiterer Schaden kommt auch eine anderweitige Vermögenseinbuße in Betracht. So können dem Vermieter besondere Vergünstigungen entgehen, wenn er einen Mietinteressenten verliert, der ihm etwa als Pflegeperson zur Verfügung gestanden hätte oder an seiner Stelle die Renovierung der Mieträume übernommen hätte. Nachteilig können sich auch gestiegene Reparaturkosten auswirken, wenn der Vermieter die Reparaturkosten nach der verspäteten Rückgabe der Mietsache selbst tragen muß (SCHMIDT-FUTTERER B 430). Wenn der Mieter die Räumung verzögert und den Vermieter in Ungewißheit darüber läßt, wann er ausziehen wird, hat er dafür einzustehen, daß sich wegen dieser Ungewißheit etwaige bauliche Veränderungen durch den Vermieter verzögern (BGH WM 1964, 684). Zu ersetzen sind ferner Veränderungen und Verschlechterungen, die sich im Rahmen des § 548 halten. Diese Schäden werden nicht durch die Nutzungsentschädigung nach Abs 1 S 1 abgegolten (so aber SCHMIDT-FUTTERER aaO), da dieser Anspruch keinen Entgeltscharakter trägt (vgl auch MÜLLER MDR 1 9 7 1 , 2 5 3 , 2 5 7 ) . Es kommt nur darauf an, ob dem Vermieter der Nachweis gelingt, daß ihm diese Schäden bei rechtzeitiger Rückgabe der Mietsache nicht entstanden wären. Der Mieter kann gegenüber den Schadensersatzansprüchen des Vermieters nach 52 § 254 den Einwand mitwirkenden Verschuldens geltend machen (vgl LG Göttingen MDR 1 9 5 9 , 9 2 8 ; ROQUETTE MDR 1 9 5 4 , 4 1 9 ; ders § 5 5 7 Rz 15). (963)

Jürgen Sonnenschein

§557 53-57

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

53 Die vorstehend skizzierten Grundsätze gelten uneingeschränkt nur bei der Vermietung von beweglichen Sachen, Grundstücken und sonstigen Räumen, nicht aber bei Wohnräumen.

54 2. Besonderheiten bei der Vermietung von Wohnraum Für die Vermietung von Wohnraum enthält das Gesetz in § 557 Abs 2 und 3 aus sozialen Gründen eine Reihe von Einschränkungen der Schadensersatzpflicht des Mieters (vgl Rz 7). 55 a) Verschulden des Mieters Der Vermieter kann einen weiteren Schaden nur geltend machen, wenn die Rückgabe der Wohnräume infolge von Umständen unterblieben ist, die der Mieter zu vertreten hat (Abs 2 S 1 HS 1). Dieser Regelung kommt im wesentlichen nur eine klarstellende Funktion zu, da auch die allgemeinen Schadensersatzansprüche grundsätzlich ein Verschulden voraussetzen (vgl Ausschußbericht, zu BT-Drucks IV/2195, 5; s aber Rz 7). Eine materiell-rechtliche Bedeutung ergibt sich wegen der Unabdingbarkeit (Abs 4) nur insoweit, als die Parteien die Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruchs bei verspäteter Rückgabe abweichend von den allgemeinen Vorschriften vereinbart haben. Die Vorschrift ist auch verfahrensrechtlich nicht von Bedeutung, da dem Mieter von Wohnraum in gleicher Weise wie bei anderen Mietverhältnissen die Beweislast dafür obliegt, daß ihn kein Verschulden an der verspäteten Rückgabe trifft ( H Ä R I N G B1GBW 1968, 81, 82; H A N S § 557 Anm 7; SCHMIDT-FUTTERER B 433). Möglich ist es, daß ein Verschulden nur während eines Teils der Zeit vorliegt, für die die Mietsache vorenthalten wird (PALANDT-PUTZO § 557 Anm 4 b). 56 Ein Verschulden entfällt zB, wenn die Rückgabe der Mietsache unterbleibt, weil der Mieter angemessenen Ersatzwohnraum nicht zu zumutbaren Bedingungen erlangen kann oder ein Zwischenumzug unzumutbar ist (AG Hagen WuM 1966, 116 u LG Münster ZMR 1972, 279 - Unzumutbarkeit eines Zwischenumzugs bis zur Fertigstellung des eigenen Hauses). Das gleiche gilt, wenn die Rückgabe wegen Krankheit oder fortgeschrittener Schwangerschaft des Mieters oder seiner Familienmitglieder unterbleibt ( B G B - R G R K - G E L H A A R § 557 Rz 21; PALANDT-PUTZO § 557 Anm 4 b; SCHMIDT-FUTTERER B 434 ff; vgl auch O L G Braunschweig NJW 1963, 1108, 1110; L G Köln MDR 1963, 847; PERGANDE § 557 Anm 5). Um ein Verschulden auszuschließen, ist es nicht erforderlich, daß der Mieter zunächst eine Fortsetzung des Mietverhältnisses nach den §§ 556 a-556 c betreibt ( P A L A N D T - P U T Z O aaO). Im Einzelfall kann aufgrund der jeweiligen Umstände ein Verschulden auch dann entfallen, wenn dem Mieter Vollstreckungsschutz nach § 765 a ZPO gewährt worden ist und deshalb nicht schon § 557 Abs 3 eingreift (Ausschußbericht, zu BT-Drucks IV/2195, 5; H A N S § 557 Anm 5 a; PALANDT-PUTZO § 557 Anm 4 c; SCHMIDT-FUTTERER B 438; vgl auch L G Koblenz ZMR 1966, 174 - zu § 30 WBewG). Bei der Wiedereinweisung des Mieters durch die Obdachlosenbehörde stellt sich die Frage eines Verschuldens nicht, da § 557 in diesem Fall generell unanwendbar ist (vgl A D L E R NJW 1963, 717; H A N S § 557 Anm 5 a; s aber L G Mannheim NJW 1963, 717; BURKHARDT BB 1964, 771, 774; s Rz 18). 57 b) Billigkeitserwägungen Nach § 557 Abs 2 S 1 HS 2 ist der Mieter von Wohnraum nur insoweit zum Schadensersatz verpflichtet, als den Umständen nach die Billigkeit eine Schadloshaltung des Vermieters erfordert. Die Vorschrift wird von dem Ziel beherrscht, aus Jürgen Sonnenschein

(964)

§557 3. Titel. Miete. Pacht

58-61

sozialen Gründen das Risiko des Mieters einzuschränken, das sich aus etwaigen Schadensersatzansprüchen des Vermieters bei Vorenthaltung der Mietsache ergibt. Insbesondere soll der Mieter nicht davon abgehalten werden, sich auf die Sozialklausel des § 556 a zu berufen (s Rz 7). Etwaige Schadensersatzansprüche des Vermieters können deshalb ganz oder teilweise ausgeschlossen sein, wenn nicht der Mieter selbst gekündigt hat (Abs 2 S 2; s Rz 59). Dabei sind die Umstände, die den Schadensersatzanspruch des Vermieters aus Billigkeitsgründen einschränken oder ausschließen können, vom Mieter darzulegen ( H A N S § 5 5 7 Anm 5 b). Solche Umstände können etwa darin liegen, daß ein nach Lage der Dinge erfolgver- 58 sprechendes Verlangen nach Fortsetzung des Mietverhältnisses sich erst im Prozeß als unbegründet erweist (SCHMIDT-FUTTERER B 440). Unbillig kann es ferner sein, wenn der Vermieter einen entgangenen Gewinn verlangt, den er nur aufgrund solcher Maßnahmen erzielt hätte, die er ohne Stellungnahme des Mieters zu der ausgesprochenen Kündigung bereits in die Wege geleitet hatte. Das gleiche gilt, wenn der Vermieter einen hohen Gewinn ersetzt haben will, der ihm aus einem gescheiterten Verkauf des Mietobjekts entgangen ist ( H A N S § 557 Anm 5 b; SCHMIDT-FUTTERER aaO). Doch kommt es immer auf die Umstände des Einzelfalls an wie die Höhe des Schadens, die Zumutbarkeit der Belastung beider Parteien, ihre Vermögensverhältnisse und den Grad des Verschuldens des Mieters (SCHMIDT-FUTTERER aaO). Aufgrund einer Abwägung aller dieser Umstände ist der Umfang des zu ersetzenden Schadens zu bestimmen. Ist das Mietverhältnis durch eine Kündigung des Mieters beendet worden, so können 59 Schadensersatzansprüche des Vermieters nicht aufgrund von Billigkeitserwägungen eingeschränkt oder ausgeschlossen werden (Abs 2 S 2). Durch die eigene Kündigung übernimmt der Mieter grundsätzlich das Risiko, die Mietsache rechtzeitig zurückgeben zu können. Für Billigkeitserwägungen ist deshalb kein Raum mehr. Das bedeutet allerdings nicht, daß der Mieter nunmehr jeden Umstand zu vertreten hätte, aufgrund dessen die Rückgabe der Mietsache unterbleibt (so aber BURKHARDT BB 1964, 771, 774). Die Regelung des Abs 2 S 2 bezieht sich nur auf die Billigkeitsklausel, läßt also die Voraussetzung des Verschuldens und deren Prüfung für einen Schadensersatzanspruch des Vermieters unberührt (AG Kassel WuM 1 9 7 1 , 1 3 ; H A N S § 5 5 7 A n m 5 e ; ROQUETTE § 5 5 7 R z 2 3 ; SCHMIDT-FUTTERER B 4 4 2 ) .

c) Räumungsfrist durch Vollstreckungsschutz

60

Über die Nutzungsentschädigung hinausgehende Schadensersatzansprüche des Vermieters sind ausgeschlossen, wenn dem Mieter nach § 721 oder § 794 a ZPO eine gerichtliche Räumungsfrist gewährt worden ist (Abs 3). Dieser gesetzliche Ausschluß gilt für die Zeit von der Beendigung des Mietverhältnisses über den Beginn bis zum Ablauf der - auch verlängerten - Räumungsfrist. Anschließend kann § 557 wieder in vollem Umfang eingreifen. Der Ausschluß weitergehender Schadensersatzansprüche gilt nach dem eindeutigen 61 Wortlaut der Vorschrift nur, wenn gerichtliche Räumungsfristen nach § 721 oder § 794 a ZPO gewährt worden sind, nicht dagegen bei Vollstreckungsschutz nach § 765 a ZPO oder bei vertraglicher, insbesondere vergleichsweise vereinbarter Räumungsfrist. Einer analogen Anwendung des § 557 Abs 3 bedarf es in diesen Fällen nicht, weil der Mieter im ersteren Fall ggf dadurch geschützt werden kann, daß die zum Vollstreckungsschutz führenden Umstände auch ein Verschulden ausschließen (s Rz 56), während bei Gewährung einer vertraglichen Räumungsfrist der Verzug generell ausgeschlossen wird ( H A N S § 557 Anm 5 d; PALANDT-PUTZO § 5 5 7 A n m 4 c ; SCHMIDT-FUTTERER B

(965)

444).

Jürgen Sonnenschein

§557 62-67

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

62 Wie sich aus der Stellung des Abs 2 S 2 ergibt, greift der Ausschluß weitergehender Schadensersatzansprüche des Vermieters bei gerichtlich gewährten Räumungsfristen auch dann ein, wenn der Mieter gekündigt hat. Der Gesetzgeber hielt es für ungerechtfertigt, den Mieter für solche Verzugsschäden haften zu lassen, die während einer gerichtlich gewährten Räumungsfrist eintreten (vgl Rz 7). Daraus wird deutlich, daß nur der Ersatz solcher Schäden ausgeschlossen wird, die durch die Vorenthaltung der Mietsache entstanden sind. Weitergehende Schadensersatzansprüche wegen Beschädigung oder Verschlechterung der Mietsache während der Dauer der Vorenthaltung bleiben dagegen unberührt ( M Ü L L E R MDR 1 9 7 1 , 2 5 3 , 2 5 7 ; SCHMIDT-FUTTERER B

443).

63 3. Unabdingbarkeit (Abs 4) Nach § 557 Abs 4 können keine Vereinbarungen getroffen werden, die bei der Vermietung von Wohnraum zum Nachteil des Mieters von den Einschränkungen weitergehenden Schadensersatzes nach den Abs 2 oder 3 abweichen. Diese Einschränkungen sind zwingender Natur. So ist eine Vereinbarung unzulässig, durch die eine vom Verschulden des Mieters unabhängige Schadensersatzpflicht wegen Vorenthaltung der Mietsache begründet werden soll (LG Mannheim ZMR 1967, 310). Das gleiche gilt für einen Verzicht des Mieters auf die Berücksichtigung von Billigkeitserwägungen oder auf den Ausschluß der Schadensersatzpflicht bei Gewährung gerichtlicher Räumungsfristen. 64 Unzulässig sind auch Vereinbarungen, durch die abweichend von Abs 1 die Höhe der Nutzungsentschädigung zuungunsten des Mieters festgelegt wird (aM SCHMIDTFUTTERER B 4 5 0 ) . Abs 4 nimmt zwar nicht ausdrücklich auf die Nutzungsentschädigung Bezug. Da jede Vereinbarung, die über die pauschale Regelung der Nutzungsentschädigung nach Abs 1 hinausgeht, der Sache nach jedoch zur Geltendmachung eines weiteren Schadens des Vermieters in pauschalierter Form führt, ist auch hierin ein Verstoß gegen die Unabdingbarkeit der Einschränkung weitergehender Schadensersatzansprüche zu sehen (vgl auch H A N S § 5 5 7 Anm 6 ; PERGANDE § 5 5 7 Anm 10).

65 Aus der Bezugnahme auf die Abs 2 und 3 ergibt sich allerdings eindeutig, daß die Unabdingbarkeit nur bei Mietverhältnissen über Wohnraum gilt, nicht dagegen bei Geschäfts- oder sonstigen Räumen. Abweichende Vereinbarungen zugunsten des Mieters sind in jedem Fall zulässig. 66 IV. Konkurrenzen Umstritten ist das Verhältnis, in dem die Regelung des § 557 zu den verschuldensunabhängigen Ansprüchen aus ungerechtfertigter Bereicherung (§§ 812 ff) und aus dem Eigentümer-Besitzer-Verhältnis (§§ 987 ff) steht, soweit diese Ansprüche aus einer Vorenthaltung der Mietsache entstehen könnten. Anderweitige Schadensersatzansprüche wegen Beschädigung, Untergang und dgl werden durch § 557 ohnehin nicht betroffen. 67 Nach hM bleiben die Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung und der vom Mieter als nichtberechtigtem Besitzer gezogenen Nutzungen uneingeschränkt neben § 557 anwendbar (zu § 812: BGHZ44, 241 = NJW 1966, 248; BGHZ 68, 307 = NJW 1977, 1335; BGH NJW 1968, 197; OLG Braunschweig NJW 1963, 1108 m Anm W E N N E R NJW 1963, 1407; anders noch MDR

1 9 6 0 , 5 2 ; ERMAN-SCHOPP § 5 5 7 R z 5 ; PALANDT-PUTZO § 5 5 7 A n m 5 a ; z u

§§ 292 Abs 2, 987 bzw §§ 987, 990: BGH WM 1974, 260, 261 - jedenfalls ab Jürgen Sonnenschein

(966)

3. Titel. Miete. Pacht

§§ 557, 557 a 68-70

Rechtshängigkeit, im übrigen offengelassen; BGH ZMR 1954, 236; OLG Köln NJW 1961, 30; LG Kaiserslautern ZMR 1971, 30; LG Kiel NJW 1961, 319; LG Saarbrücken N J W 1 9 6 5 , 1 9 6 6 , 1 9 6 7 m zust Anm KNAPPMANN N J W 1 9 6 6 , 2 5 2 u abl A n m ROQUETTE W U M 1 9 6 5 , 2 0 3 u N J W 1 9 6 5 , 1 9 6 6 ; B G B - R G R K - G E L H A A R § 5 5 7 R z 1 7 ; ERMAN-SCHOPP § 5 5 7 R z 5 ; SCHOPP Z M R 1 9 5 5 , 6 8 ; STAUDINGER-BERG [11. Aufl] Vorbem 6 zu §§ 9 8 7 - 1 0 0 3 ) . Bereicherungsansprüche werden bei der Abwick-

lung eines Vertragsverhältnisses nach der Rspr nicht durch die §§ 987 ff ausgeschlossen ( B G H N J W 1 9 6 8 , 1 9 7 ; s aber RÜBER N J W 1 9 6 8 , 1 6 1 1 ) .

Die Gegenmeinung beruft sich darauf, daß § 557 als Sonderregelung hinsichtlich 68 Nutzungsentschädigung und Schadensersatz wegen Vorenthaltung der Mietsache die Vorschriften der §§ 8 1 2 ff und 9 8 7 ff ausschließe (LG Düsseldorf WuM 1 9 6 7 , 1 3 4 ; LG Mannheim NJW 1970, 1881; AG Kamen WuM 1972, 162; HANS § 557 Anm 5 c - für Wohnraummietverhältnisse; HOFFMANN DWW 1 9 6 5 , 3 7 7 , 3 7 8 ; PALANDTPUTZO § 5 5 7 Anm 5 b zu § 9 8 7 ; PERGANDE § 5 5 7 Anm 11 für Wohnraummietverhältnisse, der im übrigen aber der hM folgt; ROQUETTE § 5 5 7 Rz 16 ff; SCHMIDT-FUTTERER B 4 5 1 ; vgl auch RAISER JZ 1 9 6 1 , 5 2 9 , 5 3 1 ) . Mit der hM ist davon auszugehen, daß es keine überzeugenden Anhaltspunkte für 69 die Auffassung gibt, § 557 wolle als Sonderregelung Ansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung oder Ansprüche auf Ersatz der vom Mieter nach Beendigung des Mietverhältnisses gezogenen Nutzungen ausschließen. Die Einschränkung nach § 557 Abs 2 u 3 betrifft ausdrücklich nur weitergehende Schadensersatzansprüche. Der von der Gegenmeinung geforderte Ausschluß von Bereicherungs- und Nutzungsersatzansprüchen wird auch nicht durch den sozialen Zweck des § 557 Abs 2 u 3 geboten, denn die Vorteile aus einem weiteren Gebrauch der Mietsache fließen unmittelbar dem früheren Mieter zu, so daß ihre Herausgabe ohne weiteres gerechtfertigt ist. Bei Schadensersatzansprüchen korrespondiert ein Schaden des Vermieters aber nicht notwendig mit einem Vorteil des Mieters. Im übrigen ist zu berücksichtigen, daß die Streitfrage jedenfalls bei der Raummiete durch das Recht des Vermieters, nach § 557 Abs 1 S 1 HS 2 eine Nutzungsentschädigung in Höhe der ortsüblichen Vergleichsmiete zu verlangen, weitgehend an praktischer Bedeutung verloren hat. Die Ansprüche auf Schadensersatz wegen Verzugs oder aus ungerechtfertigter 70 Bereicherung, die mit dem Entschädigungsanspruch aus § 557 Abs 1 S 1 konkurrieren, verjähren wie dieser Anspruch in entsprechender Anwendung des § 197 in vier Jahren (Rz 36), da der Zweck der kurzen Verjährungsfrist beeinträchtigt würde, wenn der Vermieter nach Ablauf der Frist des § 197 gleichartige Ansprüche in anderer rechtlicher Konstruktion durchsetzen könnte (BGHZ 68, 307, 311 = NJW 1 9 7 7 , 1 3 3 5 , 1 3 3 6 ; vgl aber HECKELMANN JUS 1 9 7 7 , 7 9 9 ) . Werden für die Zeit nach Beendigung eines Mietverhältnisses Ansprüche auf Nutzungsentschädigung aus ungerechtfertigter Bereicherung geltend gemacht, ohne daß die Voraussetzungen des § 557 erfüllt sind, so unterliegen diese Ansprüche nach § 195 der regelmäßigen Verjährung von dreißig Jahren (KG NJW 1971, 432).

§ 557 a Ist der Mietzins für eine Zeit nach der Beendigung des Mietverhältnisses im voraus entrichtet, so hat ihn der Vermieter nach Maßgabe des § 347 oder, wenn die Beendigung wegen eines Umstandes erfolgt, den er nicht zu vertreten hat, nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung zurückzuerstatten. (967)

Jürgen Sonnenschein

§ 557 a 2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

Bei einem Mietverhältnis über Wohnraum ist eine zum Nachteil des Mieters abweichende Vereinbarung unwirksam. Art I Nr 17 MietRÄndG II vom 14. 7. 1964 (BGBl I 457); Begr zum RegE BT-Drucks IV/806,11 (zu Art I Nr 14); Ausschußbericht BT-Drucks IV/2195, zu Drucks 2195, 5.

Schrifttum BACHMANN, Die rechtliche Behandlung der Baukostenzuschüsse unter besonderer Berücksichtigung der Rechtsprechung, ZMR 1961, 33; FROTZ, Zur Rückzahlung verlorener Baukostenzuschüsse nach Bereicherungsrecht, AcP 164 (1964) 309; GLASER, Das mietrechtliche Schlußgesetz, MDR 1964, 800, 802; HÄUSLER, Zweites Gesetz zur Änderung mietrechtlicher Vorschriften, DWW 1964, 214, 218; HOFFMANN, Das 2. Gesetz zur Änderung mietrechtlicher Vorschriften, WuM 1964, 129, 132; LUTZ, Das Zweite Gesetz zur Änderung mietrechtlicher Vorschriften, B1GBW 1964, 213, 215; PERGANDE, Erschwerung der Wohnungsbaufinanzierung durch die jüngste Rechtsprechung des BGH zur Mietvorauszahlung, NJW 1970, 1171; SCHOPP, Die Haftung aus § 557 a BGB, ZMR 1969, 161; ders, Das Zweite Gesetz zur Änderung mietrechtlicher Vorschriften, ZMR 1964, 321, 323; STRUTZ, Baukostenzuschüsse und Abstandszahlungen bei einverständlich aufgelösten Geschäftsraummiet- und Pachtverträgen, NJW 1968, 1955; TRAPP, Mietvorauszahlung, Kündigung und Zwangsversteigerung bei der Anmietung von Geschäftsräumen, B1GBW 1966, 143; WUNNER, Baukostenzuschuß und Bereicherungsrecht, NJW 1966, 2285.

Systematische Übersicht I. Allgemeine Kennzeichnung 1. Überblick 1 2. Enstehung der Vorschrift 2 3. Zweck der Vorschrift 3 II. Voraussetzungen 1. Allgemeines 4 2. Mietvorauszahlungen 5 3. Beendigung des Mietverhältnisses 8 4. Verschulden und NichtVerschulden des Vermieters 9

in. Rechtsfolgen 1. Allgemeines 13 2. Haftung des Vermieters nach Rücktrittsrecht 17 3. Haftung des Vermieters nach Bereicherungsrecht 19 4. Wechsel des Vermieters oder des Mieters 25 IV. Unabdingbarkeit 27

he Übersicht Baukostenzuschuß 7, 20 f, 26 Beendigung des Mietverhältnisses 8,11 Bereicherungshaftung 19 ff Entreicherung - bei Haftung nach Bereicherungsrecht 19 - bei Haftung nach Rücktrittsrecht 17,23 Haftung des Vermieters nach Bereicherungsrecht 19 f Haftung des Vermieters nach Rücktrittsrecht 17 f Kündigung 8,10 Mietaufhebungsvertrag 8,11 Mieterdarlehen 7,27 Mieterwechsel 26

Mietverhältnis 4, 27, 30 - über Mischräume 30 - Beendigung 8,11 Mietvorauszahlung 5 ff, 16 Nebenkosten 7 Nichtgewährung des Gebrauchs der Mietsache 2,10

Nichtverschulden des Vermieters 9,11 f Rechtsfolgen 13 Rechtsfolgeverweisung 13,19 Rückerstattungsanspruch 13 ff - Fälligkeit 14 - Verjährung 15 Rückzahlung in Raten 27 Störung des Hausfriedens 12

Jürgen Sonnenschein

(968)

3. Titel. Miete. Pacht Unabdingbarkeit 27 ff Untervermietung 11 Umlagen 7 Verjährung 15 Vermieterwechsel 25 Verschulden des Vermieters 9 f Verwendungsersatzanspruch 7 Verzinsung des RückZahlungsanspruchs 18, 24

§ 557 a 1-3

Wechsel des - Mieters 26 - Vermieters 25 Werkmietwohnung 12 Zahlungsverzug 12,14,24 Zinsen, s Verzinsung Zuschüsse, verlorene 7 Zwangsversteigerung, Erwerb durch 8,12,28

I. Allgemeine Kennzeichnung 1. Überblick

1

Die Vorschrift regelt den Umfang der Rückzahlungspflicht des Vermieters für den im voraus enthaltenen Mietzins, wenn das Mietverhältnis beendet wird und die Mietvorauszahlung noch nicht abgewohnt ist. Sie differenziert danach, ob der Vermieter die Beendigung zu vertreten hat oder nicht (Abs 1). Im ersteren Fall unterliegt der Vermieter der weitgehenden Haftung nach § 347, so daß er auf jeden Fall zur Rückzahlung und vom Empfang der Mietvorauszahlung an zur Verzinsung verpflichtet ist. Hat der Vermieter die Beendigung des Mietverhältnisses nicht zu vertreten, so haftet er nur nach Bereicherungsrecht (§§ 812 ff). Bei Mietverhältnissen über Wohnraum sind abweichende Vereinbarungen zum Nachteil des Mieters unwirksam (Abs 2). 2. Entstehung der Vorschrift

2

§ 557 a ist als Teil des sozialen Mietrechts (BGHZ 53, 35, 39 = NJW 1970, 93, 94; 56, 285, 287 = NJW 1971, 1658, 1659) durch das MietRÄndG II im Jahre 1964 in das BGB eingefügt worden und ersetzt die gleichzeitig aufgehobenen §§ 543 Abs 2 und 555. Auch diese Vorschriften regelten die Rückzahlung nicht abgewohnter Mietvorauszahlungen, allerdings in einer nicht befriedigenden Weise. § 543 Abs 2 aF betraf die vorzeitige Beendigung des Mietverhältnisses durch fristlose Kündigung des Mieters nach § 542 wegen Nichtgewährung des Gebrauchs der Mietsache. § 555 aF erfaßte die Fälle einer fristlosen Kündigung durch den Vermieter wegen vertragswidrigen Gebrauchs (§ 553) oder Zahlungsverzugs (§ 554) des Mieters. Bei fristloser Kündigung durch den Mieter haftete der Vermieter nur dann nach § 347, wenn er die Nichtgewährung des Gebrauchs zu vertreten hatte; im übrigen galt das mildere Bereicherungsrecht. Bei fristloser Kündigung durch den Vermieter wegen der erwähnten Vertragsverletzungen durch den Mieter griff dagegen nach § 555 aF immer die schärfere Haftung des Vermieters nach § 347 ein. Für andere Fälle einer vorzeitigen Beendigung des Mietverhältnisses war die Rückzahlung im voraus entrichteten Mietzinses gesetzlich nicht ausdrücklich geregelt. Die Rspr versuchte, diese Lücken durch eine entsprechende Anwendung der §§ 543 Abs 2, 555 zu schließen, ohne damit aber zu vollauf befriedigenden Ergebnissen zu gelangen (vgl BGHZ 29, 289, 295 = NJW 1959, 1424, 1427 f; BGH NJW 1963, 709; s auch LORENZ J Z 1959, 4 6 7 , 4 6 8 ; MITTELSTEIN M D R 1955, 5 8 4 , 5 8 5 ; PERGANDE § 5 5 7 a

Anm 1). 3. Zweck der Vorschrift

3

§ 557 a soll eine allgemeine Regelung für die Frage treffen, nach welchen Grundsätzen der Vermieter bei einer Beendigung des Mietverhältnisses verpflichtet ist, den (969)

Jürgen Sonnenschein

§ 557 a 4-6

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

für eine spätere Zeit im voraus gezahlten Mietzins zurückzuerstatten. Dadurch wurde es möglich, die aus der früheren Rechtslage, insbesondere aus der verunglückten Fassung des § 555 aF folgenden, ungereimten Ergebnisse zu vermeiden. Die RückZahlungsverpflichtung richtet sich grundsätzlich nach den Vorschriften über den Rücktritt vom Vertrag (§ 347). Wenn das Mietverhältnis jedoch wegen eines vom Vermieter nicht zu vertretenden Umstandes beendet wird, greift nur die weniger strenge Bereicherungshaftung ein. Durch die Unzulässigkeit abweichender, den Mieter von Wohnraum benachteiligender Vereinbarungen sollte den in der Praxis verbreiteten Vertragsbestimmungen entgegengewirkt werden, die mit den Grundgedanken des sozialen Mietrechts nicht zu vereinbaren seien (vgl Begr zum RegE BT-Drucks IV/806, 7 f, 11; Ausschußbericht, zu BT-Drucks IV/2195, 5).

II. Voraussetzungen 4 1. Allgemeines Die Vorschrift betrifft Mietverhältnisse aller Art und differenziert nur hinsichtlich der Unabdingbarkeit bei Mietverhältnissen über Wohnraum (Abs 2). Sie geht über die frühere gesetzliche Regelung erheblich hinaus, da sie nicht nur die Beendigung des Mietverhältnisses durch fristlose Kündigung einer der Parteien betrifft, sondern generell die Rückerstattung von Mietvorauszahlungen bei Beendigung des Mietverhältnisses regelt (ROQUETTE § 557 a Rz 2).

5 2. Mietvorauszahlungen Voraussetzung für einen Rückerstattungsanspruch ist zunächst, daß der Mietzins für eine Zeit nach der Beendigung des Mietverhältnisses im voraus entrichtet worden ist. Es reicht aus, wenn der Mietzins schon aufgrund eines Vorvertrags gezahlt worden ist (PERGANDE § 557 a Anm 3; s auch BGH NJW 1964, 37, 38). Das Gesetz geht davon aus, daß der Mietzins grundsätzlich am Ende der Mietzeit oder bei abschnittsweiser Bemessung nach Ablauf der einzelnen Zeitabschnitte zu entrichten ist (§ 551 Abs 1). Hiervon wird in der Praxis jedenfalls bei der Bemessung nach Zeitabschnitten in aller Regel abgewichen. Der Mietzins ist nach den Parteivereinbarungen für den jeweiligen Zeitabschnitt im voraus zu entrichten. Dabei ist es gleichgültig, ob der Mietzins für Tage, Wochen, Monate oder Jahre vorauszuentrichten ist, so daß die einzelnen Mietzinsraten im voraus oder spätestens jeweils bei Fälligkeit getilgt sind. Eine Mietvorauszahlung liegt weiter vor, wenn mit dem im voraus entrichteten Betrag jeweils nur ein Teil der zukünftig fällig werdenden Mietzinsraten getilgt werden soll und ein Restbetrag nach Zeitabschnitten hinzuzuzahlen ist (ROQUETTE § 557 a Rz 5). 6 Eine Mietvorauszahlung ist auch dann gegeben, wenn der Mietzins für die gesamte Mietzeit in einer einmaligen Geldleistung vereinbart ist, die abweichend von § 551 Abs 1 S 1 im voraus zu entrichten ist. Zwar ist hier schon die Fälligkeit des Mietzinses anderweitig geregelt, der Betrag wird also nicht vor seiner Fälligkeit entrichtet. Auf die Zahlung vor Fälligkeit kommt es jedoch nicht an. Entscheidend ist, daß der Mietzins im voraus für eine Zeit entrichtet wird, in der das Mietverhältnis wegen vorzeitiger Beendigung nicht mehr besteht. Dieser Fall kann auch eintreten, wenn der Mietzins in einem einmaligen Betrag für die gesamte, vertraglich vorgesehene Mietzeit gezahlt wird (vgl auch ROQUETTE § 557 Rz 6). Jürgen Sonnenschein

(970)

3. Titel. Miete. Pacht

§557 a 7,8

Die Vorschrift erfaßt nicht nur den reinen Mietzins, sondern das gesamte Entgelt, 7 das der Mieter als Gegenleistung für den Gebrauch der Mietsache zahlt. Hierzu gehören Umlagen und sonstige Nebenkosten für die Inanspruchnahme besonderer Einrichtungen oder Leistungen des Vermieters ( H A N S § 557 Anm 1). Generell zählt jeder Betrag zu den Mietvorauszahlungen, der nach den Parteivereinbarungen in Beziehung zum Mietzins steht und mit ihm innerlich verbunden ist (ERMAN-SCHOPP § 5 5 7 a Rz 5). Dies gilt etwa für einen Verwendungsersatzanspruch des Mieters aufgrund von Einbauten, wenn die Parteien die Unverzinslichkeit und Unkündbarkeit während der Dauer des Mietverhältnisses sowie die Verrechnung mit den monatlichen Mietzinsraten vereinbaren (BGHZ 54, 347 = NJW 1970, 2289 m Anm BRAXMAIER LM § 547 BGB Nr 12). Da es keinen Unterschied macht, ob der Mieter oder der Vermieter die Einbauten vornimmt, sofern sie nur vom Mieter finanziert werden, können auch Mieterdarlehen, Baukostenzuschüsse und ähnliche Baufinanzierungsbeiträge des Mieters als Mietvorauszahlungen beurteilt werden, sofern nur durch eine Verrechnungsabrede die Abwohnbarkeit und damit die Beziehung zum Mietzins hergestellt werden (vgl BGHZ 6, 202, 206 f = NJW 1952, 867, 868; 15, 296, 303 f = NJW 1955, 301, 302; 16, 31, 36 = NJW 1955, 302, 303; 37, 346, 349 ff = NJW 1962, 1860, 1861; 56, 285 = NJW 1971,1658; BGH NJW 1953, 1182 = LM § 57 b ZVG Nr 1; NJW 1966, 1703, 1704 = LM § 535 BGB Nr 33; NJW 1967, 555, 556 = LM § 574 BGB Nr 2; OLG Hamm WuM 1970, 188; LG Mannheim MDR 1968, 417; ERMAN-SCHOPP § 557 a Rz 12; F R O T Z AcP 164 [1964] 309; PERGANDE § 557 a Anm 2; ROQUETTE § 557 Rz 7; STRUTZ NJW 1968, 1955; WUNNER NJW 1966, 2285; s auch § 573 Rz 10). Rechtlich und wirtschaftlich handelt es sich in solchen Fällen immer um Mietvorauszahlungen. Zur Rückerstattung verlorener Zuschüsse s Art VI des G zur Änd des WoBauG II, anderer wohnungsbaurechtlicher Vorschriften und über die Rückerstattung von Baukostenzuschüssen vom 21. 7. 1961 (BGBl I 1041), zuletzt geändert durch G vom 24. 8. 1965 (BGBl I 969), ROQUETTE NJW 1962, 129; ders Anh nach § 557 a; s oben Vorbem 128 f zu §§ 535, 536). Hierbei handelt es sich nicht um Mietvorauszahlungen iS des § 557 a, da keine Anrechnung auf den später zu entrichtenden Mietzins vereinbart ist. Das gleiche gilt für Mieterdarlehen, die nicht durch eine konkludente Vereinbarung der Parteien in einen Zusammenhang mit der Entrichtung des Mietzinses gebracht werden können. Die Rückzahlung richtet sich dann nach Darlehensrecht.

3. Beendigung des Mietverhältnisses Das Mietverhältnis muß beendet sein. Der Zeitpunkt der Beendigung ergibt sich aus § 564. Dies ist bei Mietverhältnissen auf bestimmte Zeit der Zeitpunkt, zu dem die vereinbarte Mietzeit abläuft. Ein Mietverhältnis auf unbestimmte Zeit endet mit dem Zeitpunkt, zu dem eine der Parteien wirksam gekündigt hat. Dieser Zeitpunkt bestimmt sich danach, ob es sich um eine ordentliche oder außerordentliche befristete bzw fristlose Kündigung handelt. Das gleiche gilt für eine Kündigung des Konkursverwalters nach § 19 KO und des Erstehers in der Zwangsversteigerung nach § 57 a ZVG (PALANDT-PUTZO § 557 a Anm 2 a). Ist das Mitverhältnis unter einer auflösenden Bedingung eingegangen, so endet es grundsätzlich mit dem Eintritt der Bedingung (vgl aber § 565 a Abs 2). Bei der Aufhebung des Mietverhältnisses durch Vertrag tritt das Ende zum vereinbarten Zeitpunkt ein. § 557 a gilt für alle diese Fälle der Beendigung eines Mietverhältnisses, da anders als in den §§ 543 Abs 2, 555 aF nicht hinsichtlich bestimmter Arten der Beendigung unterschieden wird (ERMAN-SCHOPP § 557 a Rz 2; PALANDT-PUTZO § 557 a Anm 2 a; ROQUETTE § 557 a Rz 2, 3; aM für die vertragliche Aufhebung STRUTZ NJW (971)

Jürgen Sonnenschein

8

§ 557 a 9-11

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

1968, 1955, 1956). Die gesetzliche Regelung ist also nicht mehr auf die Fälle einer außerordentlichen fristlosen Kündigung beschränkt.

9 4. Verschulden und Nichtverschulden des Vennieters § 557 a Abs 1 unterscheidet hinsichtlich der Rechtsfolgen danach, ob der Vermieter den Umstand, der zur Beendigung des Mietverhältnisses führt, zu vertreten hat oder nicht (§ 276). Grundsätzlich haftet der Vermieter hinsichtlich des im voraus entrichteten Mietzinses nach Rücktrittsrecht. Hat der Vermieter den Beendigungsgrund aber nicht zu vertreten, so haftet er nur nach Bereicherungsrecht. 10 a) Zu vertreten hat der Vermieter den Beendigungsgrund, wenn der Mieter nach § 542 wegen Nichtgewährung des Gebrauchs der Mietsache oder nach § 544 wegen Gesundheitsgefährdung durch die Wohnung oder einen anderen Raum kündigt, wobei aber der Vermieter wegen der über die §§ 542, 544 hinausgehenden Tatbestandsvoraussetzungen des § 557 a die Nichtgewährung des Gebrauchs oder die Gesundheitsgefährdung zu vertreten haben muß (PERGANDE § 557 a Anm 3 b; s auch BGHZ 29, 289, 291 = NJW 1959,1424,1426,1429 m Anm W Ö R B E L A U E R ) . Entsprechendes gilt, wenn der Mieter nach § 554 a wegen Unzumutbarkeit des Mietverhältnisses, insbesondere wegen nachhaltiger Störung des Hausfriedens, kündigt. Insoweit setzt allerdings schon der Tatbestand des § 554 a voraus, daß der Vermieter den Kündigungsgrund schuldhaft gesetzt hat. In den Fällen der §§ 542, 544 und 554 a kommt es für die Rückerstattung einer Mietvorauszahlung nicht darauf an, ob der Mieter tatsächlich von seinem Recht zur fristlosen Kündigung Gebrauch macht oder durch den betreffenden Grund zu einer ordentlichen Kündigung veranlaßt wird ( H A N S § 557 a Anm 2 a). Entscheidend ist nur, daß der Vermieter den Kündigungsgrund zu vertreten hat. Es braucht also keineswegs ein wichtiger Grund vorzuliegen, der den Mieter zu einer fristlosen Kündigung berechtigen würde. Auch andere Fälle einer ordentlichen Kündigung des Mieters können durch Umstände veranlaßt sein, die der Vermieter zu vertreten hat (PERGANDE § 557 a Anm 3 d; ROQUETTE § 557 a Rz 11; vgl LG Dortmund DWW 1963, 58, 59 für den Fall, daß der Vermieter den Mietzins zu erhöhen sucht und der Mieter deshalb kündigt). Dabei ist aber zu beachten, daß der Vermieter nicht jeden Umstand für die Beendigung des Mietverhältnisses, den er veranlaßt hat, auch vertreten muß. Die ordentliche Kündigung durch den Vermieter führt nicht schon deshalb, weil sie die Beendigung des Mietverhältnisses verursacht, dazu, daß der Vermieter die Beendigung zu vertreten hat (aM PERGANDE § 557 Anm 3 c). Diese Frage ist vielmehr vom Leistungsinhalt des Mietverhältnisses her zu entscheiden (ERMAN-SCHOPP § 5 5 7 a R z 7 ) .

11 b) Nicht zu vertreten hat der Vermieter den Beendigungsgrund, wenn der Grund vom Mieter selbst gesetzt worden ist oder wenn der Mieter von vornherein damit rechnen mußte, weil sich dies schon aus dem Mietvertrag ergibt (ERMAN-SCHOPP § 557 a Rz 7). Hiernach hat der Vermieter es nicht zu vertreten, wenn das Mietverhältnis durch Zeitablauf, Nichtausüben einer den Parteien zustehenden Option oder Eintritt einer auflösenden Bedingung endet (ERMAN-SCHOPP § 557 a Rz 7, vgl aber § 565 a Abs 2). Bei einer ordentlichen Kündigung ist es unerheblich, ob der Mieter oder der Vermieter gekündigt hat. Es kommt deshalb nicht darauf an, ob der Vermieter selbst durch eine ordentliche Kündigung das Ende des Mietverhältnisses herbeigeführt hat (so aber PERGANDE § 557 a Anm 3 c). Entscheidend ist allein, daß der Vermieter den Umstand, der zu seiner eigenen Kündigung oder der des Mieters geführt hat, nicht zu vertreten hat ( H A N S § 557 a Anm 3 a aa). In gleicher Weise ist bei der einverständlichen Aufhebung des Mietvertrags durch die Parteien zu diffeJürgen Sonnenschein

(972)

§557 a 12,13

3. Titel. Miete. Pacht

renzieren, so daß eine generelle Aussage, der Vermieter habe die Beendigung des Mietverhältnisses bei einverständlicher Aufhebung zu vertreten (so PERGANDE § 557 a Anm 3 i) oder nicht zu vertreten (so E R M A N - S C H O P P § 557 a Rz 7), nicht möglich ist. Der Vermieter hat es ferner grundsätzlich nicht zu vertreten, wenn das Mietverhältnis durch eine außerordentliche befristete Kündigung beendet wird. Hierzu zählt zunächst die Kündigung des Mieters wegen berechtigter Verweigerung der Erlaubnis zur Untervermietung (§ 549 Abs 1). Hatte der Mieter von Wohnraum aber einen Anspruch auf die Erlaubnis und wählt er die Kündigung, anstatt die Erlaubnis gerichtlich durchzusetzen, so hat der Vermieter die Kündigung zu vertreten (vgl ohne Differenzierung einerseits H A N S § 557 a Anm 3 a bb, andererseits ROQUETTE § 5 5 7 a R z l l , der nur auf die Verursachung abstellt). Nicht zu vertreten hat der Vermieter ferner die außerordentliche Kündigung des 12 Mieters bei einem für eine längere Zeit als 30 Jahre abgeschlossenen Mietvertrag (§ 567; H A N S § 557 a Anm 3 a cc; ROQUETTE § 557 a Rz 12), die außerordentliche Kündigung des Mieters im Falle der Versetzung (§ 570; H A N S § 557 a Anm 3 a ee; ROQUETTE aaO), die außerordentliche Kündigung der Erben des Mieters (§ 569; H A N S § 557 a Anm 3 a dd; ROQUETTE aaO), die außerordentliche Kündigung beim Konkurs (§ 19 KO; BGH NJW 1958, 1582; NJW 1959, 872; H A N S § 557 a Anm 3 a gg; PERGANDE § 557 a Anm 3 f) oder Vergleich des Mieters ( § 5 1 Abs 2 VerglO; H A N S § 557 a Anm 3 a hh) sowie die außerordentliche Kündigung als Erwerber in der Zwangsversteigerung (§ 57 a ZVG; § 37 Abs 3 S 2 WEG; H A N S § 557 a Anm 3 a ii, kk). Nicht so eindeutig sind die Fälle der Beendigung eines Nießbrauchs (§ 1056) und des Erlöschens eines Erbbaurechts (§ 30 Abs 2 ErbbVO) zu beurteilen, in denen der Eigentümer von seinem außerordentlichen befristeten Kündigungsrecht gegenüber dem Mieter Gebrauch macht. Die vorzeitige Beendigung des Mietverhältnisses ist darauf zurückzuführen, daß der Vermieter den Vertrag über die Dauer seines dinglichen Rechts hinaus abgeschlossen hat. Gleichwohl hat der Vermieter die Beendigung auch in diesen Fällen nicht zu vertreten, weil der Mieter schon aufgrund des Mietvertrags und des Grundbuchinhalts mit einem vorzeitigen Ende des Mietverhältnisses rechnen mußte (im Ergebnis ebenso H A N S § 557 a Anm 3 a ff, jj). Bei der außerordentlichen Kündigung des Vermieters wegen Auflösung des mit einer Werkmiet- oder Werkdienstwohnung verbundenen Arbeitsverhältnisses (§§ 565 c, 565 e) hat der Vermieter die Beendigung des Mietverhältnisse dann nicht zu vertreten, wenn er auch die Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht zu vertreten hat. Auf keinen Fall hat der Vermieter die Beendigung des Mietverhältnisses zu vertreten, wenn er von seinem Recht zur außerordentlichen fristlosen Kündigung wegen vertragswidrigen Gebrauchs der Mietsache (§ 553), Zahlungsverzugs (§ 554) oder nachhaltiger Störung des Hausfriedens durch den Mieter (§ 554 a) Gebrauch macht ( E R M A N - S C H O P P § 557 a Rz 7; H A N S § 557 a Anm 3 a 11-nn; PERGANDE § 5 5 7 a A n m 3 a ; R O Q U E T T E § 5 5 7 a R z

12).

III. Rechtsfolgen 1. Allgemeines

13

Die Rechtsfolge des § 557 a besteht darin, daß der Vermieter den bei Beendigung des Mietverhältnisses noch nicht abgewohnten Teil des im voraus empfangenen Mietzinses nach Maßgabe des § 347, also nach Rücktrittsrecht, zurückerstatten muß, sofern er den Umstand, der zur Beendigung des Mietverhältnisses geführt hat, zu vertreten hat. Anderenfalls haftet er nur nach den weniger strengen Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung. (973)

Jürgen Sonnenschein

§ 557 a 14-17

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

Der Rückerstattungsanspruch aus § 557 a ist stets vertraglicher Natur, da er sich unmittelbar aus dem Mietverhältnis ergibt. Gleichgültig, ob der Vermieter nach Rücktrittsrecht (hierzu BGHZ 16, 31, 36 = NJW 1955, 302, 303; H A N S § 557 a Anm 2 b) oder nach Bereicherungsrecht (hierzu BGHZ 54, 347, 351 = NJW 1970, 2289, 2290; W U N N E R N J W 1966, 2285) haftet, in beiden Fällen handelt es sich um eine vertragliche Abwicklungspflicht ( R O Q U E T T E § 557 a Rz 9). Die Verweisung auf Rücktritts- oder Bereicherungsrecht betrifft deshalb nicht den Rechtsgrund der Haftung, sondern stellt nur eine Rechtsfolgeverweisung dar, die den Umfang der Haftung des Vermieters bestimmt (BGHZ 54, 347, 351 = NJW 1970, 2289,2290; B G B - R G R K - G E L H A A R § 557 a Rz 7; F R O T Z A C P 164 [1964] 309, 323 zu § 343 Abs 2 aF; W U N N E R aaO, jeweils zum Bereicherungsrecht; E R M A N - S C H O P P § 557 a Rz 3; ROQUETTE § 5 5 7 a R z

10).

14 Der Rückerstattungsanspruch entsteht mit der Beendigung des Mietverhältnisses und wird, wenn abweichende Vereinbarungen fehlen, sofort fällig. Der Vermieter gerät nach § 284 Abs 2 ohne Mahnung in Schuldnerverzug, da die Beendigung des Mietverhältnisses stets kalendermäßig festliegt und damit auch die Rückerstattungspflicht des Vermieters in gleicher Weise bestimmt ist ( R O Q U E T T E § 557 a Rz 9). 15 Die Verjährung richtet sich nach den allgemeinen Vorschriften (§§ 195, 198) und beträgt 30 Jahre. § 558 mit der sechsmonatigen Verjährungsfrist ist nicht anwendbar (BGHZ 54, 347, 350 = NJW 1970, 2289). 16 Der Vermieter muß den vom Mieter im voraus entrichteten Mietzins zurückerstatten. Bestand der Mietzins nicht in der Leistung von Geld (s zu dieser Möglichkeit E R M A N - S C H O P P § 5 3 5 Rz 3 7 ; oben §§ 5 3 5 , 5 3 6 Rz 1 0 3 mwN), so braucht der Vermieter den Mietzins nicht in jedem Fall in Geldwert zurückzuerstatten (so aber H A N S § 5 5 7 a Anm 1 ) , sondern nur dann, wenn eine Rückerstattung der empfangenen Leistung nicht mehr möglich ist. Denn die Rückerstattungspflicht erstreckt sich primär auf die als Mietzins tatsächlich empfangene Leistung. 17 2. Haftung des Vermieters nach Rücktrittsrecht § 557 a geht hinsichtlich der Rechtsfolgen von dem Regelfall aus, daß der Vermieter nach Maßgabe des § 347, also nach Rücktrittsrecht, haftet. Da diese Form der Haftung aber nur in den Fällen eingreift, in denen das Mietverhältnis infolge eines vom Vermieter zu vertretenden Umstandes beendet wird (Rz 9 f), ist sie praktisch von geringerer Bedeutung als die in allen anderen Fällen maßgebende Bereicherungshaftung ( R O Q U E T T E § 557 a Rz 11). § 347 S 1 verweist auf die Vorschriften, die für das Verhältnis zwischen dem Eigentümer und dem Besitzer von dem Eintritt der Rechtshängigkeit des Eigentumsanspruchs an gelten. Diese Verweisung hat in erster Linie praktische Bedeutung für die wenigen Fälle, in denen der Mietzins nicht in einer Geldleistung, sondern in einer oder mehreren nunmehr zurückzugebenden Sachen bestanden hat (Rz 16). Bei Geldschulden ist die Verweisung insofern von Bedeutung, als der Vermieter bei Beendigung des Mietverhältnisses den gesamten, noch nicht abgewohnten Teil der Mietvorauszahlung sofort in einem Betrag zurückzahlen muß ( P E R G A N D E § 557 a Anm 5; vgl LG Dortmund DWW 1963, 58, 59; AG Rheine WuM 1974, 150). Dies ist entscheidend für die Fälle, in denen zwischen den Parteien ein Mieterdarlehen mit ratenweiser, über den Zeitpunkt der Beendigung des Mietverhältnisses hinausgehender Tilgung vereinbart ist, wegen der Verknüpfung mit dem Mietzins durch eine Verrechnungsabrede in Wirklichkeit aber eine Mietvorauszahlung anzunehmen ist (vgl BGHZ 53, 35 = NJW 1970, 93; 56, 285 = NJW 1971, 1658). Es handelt sich um die zur Vertragspflicht ausgestaltete Jürgen Sonnenschein

(974)

3. Titel. Miete. Pacht

§557 a 18-20

Rückgewähr einer Zahlung, deren Gegenleistung weggefallen ist (BGHZ 16, 31, 36 = NJW 1950, 302, 303). Für diese Rückgewähr haftet der Vermieter verschärft, wie sich aus der Gegenüberstellung mit dem Bereicherungsanspruch in § 557 a ergibt. Bei der Haftung nach Rücktrittsrecht kann der Vermieter deshalb keine Entreicherung geltend machen. Die Verweisung des § 557 a auf § 347 S 3 hat zur Folge, daß der Vermieter den für 18 eine spätere Zeit im voraus erhaltenen Mietzins bereits von der Zeit des Empfangs an zu verzinsen hat. Die verschärfte Haftung beginnt also nicht erst, wenn der Vermieter Kenntnis von der Beendigung des Mietverhältnisses oder von dem Eintritt der dazu erforderlichen Voraussetzungen erhält (BGH NJW 1963, 709). 3. Haltung des Vermieters nach Bereicherungsrecht

19

Die Haftung des Vermieters nach Bereicherungsrecht hat zur Folge, daß er grundsätzlich verpflichtet ist, das Erlangte als ungerechtfertigte Bereicherung an den Mieter herauszugeben (§ 818 Abs 1 S 1). Diese Verpflichtung entfällt, wenn der Vermieter nicht mehr bereichert ist (§ 818 Abs 3). Da § 557 a eine Rechtsfolgeund nicht eine Rechtsgrundverweisung darstellt (Rz 13), kommt es nicht darauf an, ob der Vermieter im Wege einer Leistung des Mieters oder durch einen eigenen Eingriff auf dessen Kosten rechtsgrundlos bereichert worden ist. Entscheidend ist allein, ob der Vermieter im Zeitpunkt der Beendigung des Mietverhältnisses noch bereichert ist. Dies hängt nur davon ab, ob die empfangene Mietvorauszahlung wirtschaftlich gesehen noch im Vermögen des Vermieters vorhanden ist (BGHZ 54, 347, 351 f = NJW 1970, 2289, 2290 = WuM 1971, 201 m zust Anm W E I M A R unter Hinweis auf W U N N E R NJW 1966, 2285, 2289). Umstritten ist, worin nach der Beendigung des Mietverhältnisses die Bereicherung 20 des Vermieters besteht, der eine noch nicht abgewohnte Mietvorauszahlung erhalten hat. Es liegt nahe, die Bereicherung in dem gesamten, noch nicht abgewohnten Teil der Mietvorauszahlung zu sehen. Der BGH (NJW 1959, 872, 874; BGHZ 29, 289, 297 f = NJW 1959, 1424, 1428) hat indessen im Hinblick auf die als Mietvorauszahlung zu beurteilenden Baukostenzuschüsse die Auffassung entwickelt, daß die Bereicherung in dem Vorteil bestehe, den der Vermieter daraus ziehen könne, daß er in der Lage sei, die Mieträume durch anderweitige Vermietung günstiger auszunutzen. Nur in Ausnahmefällen bestehe die Bereicherung in der vollen Höhe des Baukostenzuschusses und sei auch nicht ohne weiteres mit dem um die bereits verrechneten Tilgungsraten verminderten Betrag gleichzusetzen, weil der Baukostenzuschuß seine bestimmungsgemäße Verwendung gefunden habe. Da das Mietverhältnis nur für die Zukunft beendet werde, ergebe sich die Bereicherung des Vermieters daraus, was der Mieter im Zeitpunkt der Beendigung des Mietverhältnisses zugunsten des Vermieters aufgebe. Dem auf Seiten des Mieters eintretenden vorzeitigen Entzug der Nutzungsmöglichkeit entspreche die vorzeitige Nutzungsmöglichkeit des Vermieters, so daß die Bereicherung des Vermieters auch nur in diesem Vermögensvorteil bestehe. Gelinge es dem Vermieter, die Mietsache in Zukunft zu einem Mietzins zu vermieten, der dem vom bisherigen Mieter bar gezahlten zuzüglich des jeweiligen Verrechnungsbetrags entspreche, so sei der Bereicherungsanspruch des bisherigen Mieters auf eine laufende Zahlung in Höhe und nach Fälligkeit der bisher vereinbarten Verrechnungsposten gerichtet. Bei Abweichungen in der Höhe des neuen Mietzinses sei die Bereicherung entsprechend niedriger oder höher. Die sofortige Zahlung des nicht getilgten restlichen Teils eines anrechenbaren Baukostenzuschusses könne der bisherige Mieter nur dann verlangen, wenn es dem Vermieter gelinge, die Mietsache sofort wieder unter Erhalt eines neuen entsprechenden Zuschusses zu vermieten (s hierzu BGHZ 29, 289, 299 (975)

Jürgen Sonnenschein

§ 557 a 21-24

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

= NJW 1959, 1424, 1428; NJW 1959, 872; LM § 812 BGB Nr 41; NJW 1964,37; FWW 1966, 500; OLG Hamburg MDR 1964, 509; OLG München DWW 1965, 174; OLG Hamm MDR 1971, 51; PERGANDE § 557 a Anm 6). 21

Diese Auffassung der Rspr ist im Schrifttum auf Widerspruch gestoßen ZMR

(BACHMANN

1 9 6 1 , 3 3 , 3 7 ; F R O T Z A C P 1 6 4 [ 1 9 6 4 ] 3 0 9 , 3 2 7 f f ; WUNNER N J W 1 9 6 6 , 2 2 8 5 ,

Bereicherungsgegenstand könne nur der noch nicht abgewohnte Baukostenzuschuß sein. In Höhe der dadurch herbeigeführten und noch vorhandenen Bereicherung habe der Mieter einen Anspruch auf sofortige Zahlung. Die gegenteilige Auffassung der Rspr hinsichtlich einer ratenweisen Rückgewähr nach Maßgabe der vereinbarten Abwohnquoten entbehre einer gesetzlichen Grundlage und führe außerdem zu einer ungerechtfertigten Begünstigung des Vermieters, weil der Finanzierungsbeitrag mit der Auflösung des Mietvertrags seine Rechtsgrundlage verliere (vgl im einzelnen WUNNER aaO). 2288).

22 Die Lösung des Problems hat davon auszugehen, daß § 557 a keine Rechtsgrundverweisung, sondern eine Rechtsfolgeverweisung enthält (Rz 13, 19). Es kommt deshalb nicht darauf an, ob eine Bereicherung des Vermieters durch Leistung oder in sonstiger Weise eingetreten ist und ob hierfür ein Rechtsgrund bestand oder ob er weggefallen ist. Es braucht deshalb für diese Fälle auch keine besondere Kondiktionsart herausgearbeitet zu werden. Wie sich aus dem Zusammenhang der §§ 557 a und 812 ff ergibt, bedeutet die Rechtsfolgeverweisung, daß der Vermieter verpflichtet ist, das Erlangte, nämlich den noch nicht abgewohnten Teil der Mietvorauszahlung, herauszugeben, wenn und soweit er um diesen Betrag noch bereichert ist. Der Bereicherungsgegenstand wird schon durch den Wortlaut des § 557 a auf den Mietzins festgelegt, denn „ihn" hat der Vermieter nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung zurückzuerstatten. Bei dieser Fassung des Gesetzes kann es entgegen der in der Rspr vertretenen Auffassung (Rz 20) nicht darauf ankommen, ob der Vermieter nach Beendigung des Mietverhältnisses in der Lage ist, die Mieträume durch anderweitige Vermietung günstiger auszunutzen (vgl OLG Frankfurt ZMR 1970, 181, 183; B G B - R G R K - G E L H A A R § 557 a Rz 7; BRAXMAIER Anm zu BGH LM § 547 BGB Nr 12). Der Bereicherungsgegenstand liegt mit dem noch nicht abgewohnten Teil des Mietzinses fest, allenfalls modifiziert durch einen Anspruch auf Wertersatz nach § 818 Abs 2. 23 Deshalb ist nur noch erheblich, ob die Verpflichtung des Vermieters nach § 818 Abs 3 ausgeschlossen ist, weil seine Bereicherung weggefallen ist. Hierfür gelten allgemein die zu dieser Vorschrift entwickelten Grundsätze. Die Vermögenslage des Vermieters zur Zeit des Empfangs der Mietvorauszahlung ist mit der Vermögenslage zur Zeit der Herausgabeverpflichtung zu vergleichen. Es ist deshalb unerheblich, ob der Vermieter die Mietvorauszahlung für den Bau oder zu anderen Zwecken verwendet hat, sofern er dadurch andere Aufwendungen erspart hat ( W U N N E R N J W 1966, 2285, 2289; vgl BACHMANN ZMR 1961, 33, 37; H A N S § 557 a Anm 3 b; ROQUETTE § 5 5 7 a R z

12).

24 Eine Verzinsung des RückZahlungsanspruchs kommt nicht schon aus dem Grunde in Betracht, weil der Mietzins idR in Geld zu entrichten ist und deshalb ein Fall der Kapitalnutzung iS des § 818 Abs 1 vorliegt (so wohl H A N S § 557 a Anm 3 b). Diese Vorschrift setzt voraus, daß der Bereicherungsschuldner tatsächlich Nutzungen gezogen hat (RGZ 72, 152, 153; BGHZ 35, 356, 360 = NJW 1961, 2205, 2206; E R M A N - H P WESTERMANN § 818 Rz 9). Der RückZahlungsanspruch kann jedoch nach § 288 zu verzinsen sein, da der Vermieter mit der Beendigung des Mietverhältnisses nach § 286 Abs 2 regelmäßig in Schuldnerverzug gerät ( R O Q U E T T E § 557 a Rz 12; oben Rz 14). Darüber hinaus kann der Zinsanspruch grundsätzlich auf die §§ 818 Abs 4, 819, 292 Abs 2, 987 Abs 2 gestützt werden, wenn der Vermieter im Jürgen Sonnenschein

(976)

3. Titel. Miete. Pacht

§ 557 a 25, 26

Zeitpunkt der Beendigung des Mietverhältnisses Kenntnis von seiner Rückzahlungsverpflichtung hat oder wenn Rechtshängigkeit eingetreten ist. Er haftet dann auch für schuldhaft nicht gezogene Nutzungen. Im Unterschied zur Haftung nach Rücktrittsrecht, die eine Pflicht zur Verzinsung nach § 347 S 3 schon vom Empfang der Mietvorauszahlung an auslöst (Rz 18), ist der RückZahlungsanspruch bereicherungsrechtlich auf jeden Fall erst mit der Beendigung des Mietverhältnisses zu verzinsen.

4. Wechsel des Vermieters oder des Mieters

25

a) Für einen Wechsel des Vermieters durch Einzel- oder Gesamtrechtsnachfolge in den Mietvertrag gelten keine Besonderheiten. Bei einer Beendigung des Mietverhältnisses treffen die Pflichten aus § 557 a den neuen Vermieter. Anders ist es dagegen, wenn ein Erwerber aufgrund unmittelbarer oder entsprechender Anwendung des § 5 7 1 (§571 Rz 3, 4) an Stelle des bisherigen Vermieters in die sich aus dem Mietverhältnis ergebenden Rechte und Pflichten eintritt. Dies gilt auch für die Pflichten aus § 557 a (BGHZ 16, 31, 36 = NJW 1955, 302, 303 u OLG Frankfurt ZMR 1970, 181, 183 zu § 57 ZVG). Hierbei handelt es sich nicht um eine Rechtsnachfolge, sondern um einen Eintritt kraft Gesetzes als Folge des Eigentumserwerbs, so daß in der Person des Erwerbers ein neues Mietverhältnis mit dem gleichen Inhalt wie bisher entsteht (§571 Rz 6). Für diese Fälle ist in den §§ 573, 574 geregelt, ob und inwieweit einseitige Verfügungen des Vermieters und Rechtsgeschäfte zwischen Mieter und Vermieter hinsichtlich der Mietzinsforderung dem Erwerber gegenüber wirksam sind. Eine Vorauszahlung des Mietzinses ist dem Erwerber gegenüber nur in den durch § 574 gesteckten engen Schranken wirksam (im einzelnen § 574 Rz 8 ff). Nur soweit die Mietvorauszahlung dem Erwerber gegenüber wirksam ist, kann er bei einer Beendigung des Mietverhältnisses vom Mieter nach § 557 a in Anspruch genommen werden. Im übrigen muß sich der Mieter an den früheren Vermieter halten (BGH NJW 1966,1703,1704; R O Q U E T T E § 557 a Rz 14). Die Wirksamkeit einer Mietvorauszahlung wird allerdings nicht nach § 573 S 2 durch die Kenntnis des Erwerbers im Zeitpunkt des Eigentumsübergangs über den Rahmen des § 574 hinaus ausgedehnt (so aber R O Q U E T T E § 557 a Rz 15), weil § 574 insoweit für Rechtsgeschäfte zwischen Mieter und Vermieter eine Sonderregelung darstellt (§ 573 Rz 2 mwN zu dieser umstrittenen Frage). b) Im Hinblick auf Mietvorauszahlungen, insbesondere abwohnbare Baukostenzu- 26 schüsse, wird für den Fall eines Mieterwechsels häufig eine Nachfolgeklausel vereinbart. Hierdurch wird es dem bisherigen Mieter möglich, sich Ersatz für den noch nicht abgewohnten Teil der Mietvorauszahlung bei seinem Nachfolger zu verschaffen. Der Vermieter braucht sich hingegen nicht um eine neue Mietvorauszahlung zu bemühen und kann den empfangenen Betrag grundsätzlich behalten. Er ist selbst dann keinen Bereicherungsansprüchen des bisherigen Mieters ausgesetzt, wenn er von dem neuen Mieter einen höheren Mietzins erhält. Denn insoweit fehlt es an einer Bereicherung auf Kosten des bisherigen Mieters (BGH NJW 1964, 37, 38). Durch derartige Nachfolgeklauseln kann der Rückerstattungsanspruch aus § 557 a gegen den Vermieter grundsätzlich ganz oder teilweise ausgeschlossen werden (vgl BGH aaO; PERGANDE § 557 a Anm 8 aE). Dies gilt uneingeschränkt aber nur bei Mietverhältnissen über Geschäfts- und sonstige Räume sowie über bewegliche Sachen. Bei einem Mietverhältnis über Wohnraum ist nach § 557 a Abs 2 eine zum Nachteil des Mieters von den vorangehenden Vorschriften abweichende Vereinbarung unwirksam (Rz 27). In diesem Fall kann eine Nachfolgeklausel den Vermieter nur insoweit von Ansprüchen des Mieters aus § 557 a befreien, als der Mieter von seinem Nachfolger tatsächlich das erhält, was ihm nach § 557 a gegen den Vermieter (977)

Jürgen Sonnenschein

§ 557 a 27,28

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

zustehen würde. Dabei kommt es nicht auf den Anspruch als solchen an, der gegen den Nachfolger besteht, sondern auf dessen Erfüllung, damit der bisherige Mieter nicht Gefahr läuft, entgegen § 5 5 7 a Abs 2 leer auszugehen ( E R M A N - S C H O P P § 5 5 7 a Rz 11). Der neue Mieter tritt hinsichtlich der Mietvorauszahlung an die Stelle des bisherigen Mieters, den er abgefunden hat. Dabei macht es rechtlich keinen Unterschied, ob der neue Mieter in den Mietvertrag seines Vorgängers eintritt oder ob er einen neuen Mietvertrag abschließt. Rechtlich und wirtschaftlich bedeutet die Abfindung des bisherigen Mieters eine Mietvorauszahlung des Nachfolgers an den Vermieter. Endet auch dieses Mietverhältnis vorzeitig, so kann nunmehr der Nachfolger die Ansprüche aus § 557 a gegen den Vermieter geltend machen (BGH NJW 1966, 1 7 0 5 , 1 7 0 7 ; P A L A N D T - P U T Z O § 5 5 7 a A n m 3 d ; PERGANDE § 5 5 7 a A n m

8).

27 IV. Unabdingbarkeit Nach § 557 a Abs 2 ist bei einem Mietverhältnis über Wohnraum eine zum Nachteil des Mieters von der Regelung des Abs 1 abweichende Vereinbarung unwirksam. Die Rückerstattung einer Mietvorauszahlung nach § 557 a Abs 1, also nach Rücktritts- oder nach Bereicherungsrecht, ist zwingend ausgestaltet, soweit eine abweichende Vereinbarung den Mieter benachteiligen würde. Damit ist eine Vereinbarung unwirksam, durch die der Rückerstattungsanspruch des Mieters von Wohnraum ganz ausgeschlossen oder nachteilig gegenüber der gesetzlichen Regelung modifiziert wird. Dies gilt für eine Vereinbarung, daß der Vermieter stets nur nach Bereicherungsrecht haften soll, auch wenn er den Umstand, der zur Beendigung des Mietverhältnisses geführt hat, zu vertreten hat ( P E R G A N D E § 557 a Anm 7). Unwirksam ist es, wenn die grundsätzliche Verpflichtung des Vermieters, den nicht abgewohnten Teil der Mietvorauszahlung nach Beendigung des Mietverhältnisses in einer Summe zurückzuerstatten, in der Weise durch den Mietvertrag abbedungen wird, daß der Betrag nur mit den bisherigen Raten getilgt werden soll (BGHZ 56, 285, 288 = NJW 1971,1658,1659; LG Kassel WuM 1975,172). Auch wenn in der Rspr zT (aaO) die Unverzinslichkeit eines als Mietvorauszahlung zu beurteilenden Mieterdarlehens hervorgehoben wird, gilt dies jedenfalls für niedrig verzinsliche Darlehen in gleicher Weise (vgl OLG Frankfurt ZMR 1970, 181,183). Sind höhere, dem Kapitalmarktzins entsprechende Zinsen vereinbart, so hängt es im Einzelfall von der Vertragsgestaltung ab, ob das Darlehen als Mietvorauszahlung beurteilt werden kann und damit unter § 557 a fällt. Der Schutz des Mieters kann aber nicht dadurch beeinträchtigt werden, daß durch voneinander abweichende Laufzeiten des Darlehens und des Mietvertrags der Charakter einer Mietvorauszahlung vermieden werden soll. Eine solche Vereinbarung ist als Umgehung des § 557 a nach § 134 insoweit nichtig, als sie den Erstattungsanspruch des Mieters vereitelt (BGHZ 56, 285, 289 = NJW 1971, 1658, 1659; kritisch PERGANDE NJW 1970, 1171; B G B - R G R K - G E L H A A R § 557 a Rz 6). Zulässig ist es dagegen, wenn Mieter und Vermieter nach der Beendigung des Mietverhältnisses abweichende Vereinbarungen, etwa eine längerfristige Stundung des gesamten Erstattungsbetrags oder eine Rückzahlung in Raten, vereinbaren. Nach der Entstehung des Anspruchs kann der Mieter auch zu seinen Ungunsten frei über die ihm zustehende Rechtsposition verfügen. 28 Unwirksam ist ferner eine abweichende Vereinbarung zugunsten des späteren Erwerbers der vermieteten Wohnräume, der nach § 571 an die Stelle des bisherigen Vermieters tritt. Dies gilt etwa für den Erwerber des Grundstücks im Wege der Zwangsversteigerung (§ 57 ZVG), der durch eine Vereinbarung der ursprünglichen Jürgen Sonnenschein

(978)

3. Titel. Miete. Pacht

§§ 557 a, 558 29,30

Parteien des Mietvertrags von Erstattungsansprüchen des Mieters freigestellt werden soll (BGHZ 53, 35, 39 = NJW 1970, 93, 94; OLG Frankfurt ZMR 1970,181; PALANDT-PUTZO § 557 a Anm 1 b). § 557 a erlangt als Teil des sozialen Mietrechts gerade dann seine besondere Bedeutung, wenn der Vermieter in Vermögensverfall gerät und das Grundstück deshalb zwangsversteigert wird (BGHZ 53, 39 f = NJW 1970, 94). Wenn die Parteien eine nach § 557 a Abs 2 unwirksame Vereinbarung getroffen 29 haben, so hat dies idR nicht die Unwirksamkeit des gesamten Mietvertrags zur Folge. Dies ist aus dem Schutzzweck der Klauseln über die Unabdingbarkeit bestimmter mietrechtlicher Vorschriften zu schließen (PERGANDE § 5 5 7 a Anm 7 ; vgl HANS § 5 5 7 a A n m 4 ) .

Zulässig sind dagegen abweichende Vereinbarungen, wenn die Rechtsstellung des 30 Mieters von Wohnraum gegenüber § 557 a Abs 1 verbessert wird (ERMAN-SCHOPP § 557 a Rz 9; ROQUETTE § 557 a Rz 17). Dies gilt etwa für eine Vereinbarung, daß der Vermieter stets nach Rücktrittsrecht haften oder den Erstattungsbetrag mit einem über 4 vH liegenden Zinssatz verzinsen soll. Generell zulässig sind abweichende Vereinbarungen auch zum Nachteil des Mieters bei allen anderen Mietverhältnissen, so über bewegliche Sachen, Geschäfts- und sonstige Räume, für die § 557 a Abs 1 in gleicher Weise gilt (ROQUETTE § 557 a Rz 17). Unabdingbar ist die Vorschrift nur bei Mietverhältnissen über Wohnraum. Bei Mietverhältnissen über Mischräume (Vorbem 26 zu §§ 535, 536) kommt es zunächst darauf an, ob eine Gesamtbeurteilung die vermieteten Räume als Wohnräume erscheinen läßt. Dann sind abweichende Vereinbarungen generell ausgeschlossen. Ist aber eine eindeutige räumliche Trennung in Wohn- und Geschäftsbereich möglich und läßt sich dementsprechend auch die Mietvorauszahlung aufteilen, so sind abweichende Vereinbarungen hinsichtlich des auf die Geschäfts- oder sonstigen Räume entfallenden Teils zulässig, weil der Schutzzweck des § 557 a Abs 2 insoweit nicht durchgreift. Im Zweifel ist aber zugunsten des Mieters zu entscheiden. Dabei ist die Gefahr von Umgehungen zu beachten, wenn etwa eine Mietvorauszahlung bei der Miete von Mischräumen nach dem Vertrag in vollem oder größerem Umfang dem geschäftlichen Teil der Räume zugeordnet wird, als es den tatsächlichen Wertverhältnissen entspricht. Dies kann im Einzelfall zur Unzulässigkeit einer von § 557 a Abs 1 abweichenden Vereinbarung führen. §558 Die Ersatzansprüche des Vermieters wegen Veränderungen oder Verschlechterungen der vermieteten Sache sowie die Ansprüche des Mieters auf Ersatz von Verwendungen oder auf Gestattung der Wegnahme einer Einrichtung verjähren in sechs Monaten. Die Verjährung der Ersatzansprüche des Vermieters beginnt mit dem Zeitpunkt, in welchem er die Sache zurückerhält, die Verjährung der Ansprüche des Mieters beginnt mit der Beendigung des Mietverhältnisses. Mit der Verjährung des Anspruchs des Vermieters auf Rückgabe der Sache verjähren auch die Ersatzansprüche des Vermieters. E II § 500; E III § 551; Mot II 378; Prot II 177 f, 194.

Schrifttum BERG, Anm NJW 1967, 1320; BREETZKE, Der Bau auf dem Mietgrundstück als Verwendung, NJW 1954, 171; DIETZ, Anspruchskonkurrenz bei Vertragsverletzung (1934); ders, Deutsche Landesre-

(979)

Jürgen Sonnenschein • Volker Emmerich

§558 1

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhaltnisse

ferate zum VI. Internationalen Kongreß für Rechtsvergleichung (1962) 190, 202 f; EMMERICH, Beschränkte Vertragshaftung und konkurrierende Ansprüche im Frachtrecht, JuS 1967, 345, 347 ff; ders, Schuldrecht BT (2. Aufl 1976) §§ 7 VI 4, 21 III; ESSER-WEYERS II 1 § 20 I 2; HERMINGHAUSEN, Zur Verjährungsfrist bei Gebrauchsüberlassungen, Betrieb 1970, 1723; KRÄMER, Anm NJW 1962, 2301; LARENZ II § 4 8 VII b; MITTELSTEIN, Die Miete nach dem Rechte des deutschen Reiches (4. Aufl 1932) 524 ff; NIENDORFF, Mietrecht nach dem BGB (10. Aufl 1914) 2 6 8 f; OSKE Z M R 1 9 7 5 , 1 9 3 ; SAMBERGER, A n m N J W 1 9 7 3 , 1 7 0 3 ; SCHLECHTRIEM, V e r t r a g s o r d n u n g

und außervertragliche Haftung (1972) 391 ff; SCHMIDT-FUTTERER, Mietrecht (7. Aufl 1976), s v Verjährung; ders, Miete und Pacht (2. Aufl 1974) 175 ff; SIEBENHAAR, Die Schranken des § 558 BGB, JR 1963, 46; WEIMAR, Die Verjährung bei der Wohn- und Geschäftsraummiete, Betrieb 1976, 2291; WUNDERLICH, Verwendungen und Einrichtungen des Mieters, DWA 1936, 5, 21 ff.

ie Ubersicht I. Allgemeines 1

1. Grundsatz 16 2. Ausnahmen 17

II. Die Ersatzansprüche des Vermieters wegen Veränderungen oder Verschlechterungen der vermieteten Sache 1. Grundsatz 2 2. Einzelfragen 5 3. Nicht hierher gehörende Ansprüche des Vermieters 13 III. Die Ansprüche des Mieters auf Verwendungsersatz oder auf Gestattung der Wegnahme von Einrichtungen

IV. Der Beginn der Verjährung 1. der Ansprüche des Vermieters 19 2. der Ansprüche des Mieters 24 3. Abweichende Vereinbarungen 27 V. Hinderungsgründe 1. Die Unterbrechung der Verjährung 28 2. Die Hemmung der Verjährung 29 VI. Verwirkung 30

ie Übersicht Rückgabe der Mietsache 20

Abweichende Vereinbarungen 27 Ansprüche des Mieters 16,27 Anwendbarkeit 13-15,17 f Beendigung des Mietverhältnisses 24

Sachgesamtheiten 23 Sachschäden 6 Systematik 4, 10 f

cic9

Teile der Mietsache 23

Erfüllungsansprüche des Vermieters 14 Ersatzansprüche des Vermieters 2 , 7 Ersatzansprüche des Vermieters gegen Dritte 12 gesetzliche Ansprüche 4 Hemmung der Verjährung 29

Unterbrechung der Verjährung 27 Untermieter 22 Veräußerung des Mietobjekts 25 Verjährung 19, 21 Verjährungsfrist 1,13 f, 18, 24, 26 vertragliche Ansprüche 3 Verwirkung 30

Mietvorauszahlungen 18 Personenschäden 6 positive Vertragsverletzung 8 Probefahrt 9

Wegnahmerecht 26 Wiederherstellungsanspruch 5 Zerstörung der Mietsache 13

1 I. Allgemeines Auch im Mietrecht beträgt die Verjährungsfrist für die Ansprüche beider Parteien grundsätzlich dreißig Jahre (§ 1 9 5 ; s im einzelnen MITTELSTEIN U SCHMIDT-FUTTERER Volker Emmerich

(980)

3. Titel. Miete. Pacht

§558 2-4

aaO). Jedoch gibt es von diesem Grundsatz zahlreiche Ausnahmen. So beträgt die Verjährungsfrist für die Mietzinsansprüche des Vermieters vier Jahre und bei gewerbsmäßiger Vermietung sogar nur zwei Jahre (§§ 196 Abs 1 Nr 6,197; §§ 535, 536 Rz 124). Gleich stehen die Entschädigungsansprüche des Vermieters aufgrund des § 557. Hingegen wollte noch der erste Entwurf für die jetzt in § 558 geregelten Ansprüche der Mietvertragsparteien an dem Grundsatz des § 195 festhalten, weil für eine Verkürzung der Verjährungsfrist kein Bedürfnis bestehe (Mot I 378). Erst der 2. Entwurf hat dann im Anschluß an das preußische ALR (I 5 §§ 343, 345) die Verjährungsfristen für die genannten Ansprüche verkürzt, um die Parteien zu einer raschen Auseinandersetzung ihres Verhältnisses zu veranlassen (Prot II 177 f, 194). Entsprechend diesem Zweck wird § 558 allgemein sehr weit ausgelegt. Das zeigt sich vor allem an der ständigen Ausdehnung seines Anwendungsbereiches. II. Die Ersatzansprüche des Vermieters wegen Veränderungen oder Verschlechterungen der vermieteten Sache 1. Grundsatz

2

Wenn der Mieter die ihm vermietete Sache unter Überschreitung des ihm zustehenden vertragsmäßigen Gebrauchs verändert oder verschlechtert, hat der Vermieter, wenn er zugleich Eigentümer ist, sowohl vertragliche als auch deliktische Ersatzansprüche (§§ 535, 536 Rz 135, § 548 Rz 4 ff). Weitergehende Ansprüche des Vermieters können sich darüber hinaus aus besonderen Abreden, zB über die Durchführung der Schönheitsreparaturen oder sonstiger Reparaturen durch den Mieter ergeben (s §§ 535, 536 Rz 142 ff, 150 f). Alle diese Ansprüche des Vermieters werden heute ohne Rücksicht auf ihren Rechtsgrund einheitlich der kurzen Verjährungsfrist des § 558 unterworfen, weil nur so der genannte Zweck des Gesetzes, eine rasche Auseinandersetzung der Parteien herbeizuführen, verwirklicht werden kann. Die kurze Verjährungsfrist des § 558 Abs 1 gilt deshalb zunächst für sämtliche 3 vertraglichen Ansprüche des Vermieters auf Schadensersatz wegen Veränderungen oder Verschlechterungen der Sache, mögen sie ihre Grundlage in der gesetzlichen Regelung des Mietvertrags (§§ 535, 536, 548, 556, 280, 276) oder in besonderen Abreden der Parteien haben. Immer handelt es sich um vertragliche Ersatzansprüche des Vermieters, die nach § 558 in sechs Monaten nach Rückgabe der Sache verjähren. Mit solchen vertraglichen Ersatzansprüchen des Vermieters konkurrieren außerdem 4 sehr häufig gesetzliche Ersatzansprüche des Vermieters, namentlich aufgrund des § 823. Der erwähnte Zweck des § 558 läßt sich deshalb nur verwirklichen, wenn § 558 - trotz seiner Stellung im Mietrecht - auch auf diese konkurrierenden gesetzlichen Ersatzansprüche des Vermieters angewandt wird. Hiervon ist schon der Gesetzgeber ausgegangen (Prot II 177 f, 194); und die Gerichte sind ihm hierin seit Jahrzehnten gefolgt.* * R G Z 62, 329, 331; 66, 363, 364; 75, 116, 117; 95, 302, 303; 142, 258,262; BGHZ 9,301, 304; 47, 53, 55; 49, 278 ( = JuS 1968, 336 Nr 4); 54, 34, 38; 55, 392, 397 ( = JuS 1971, 541 f Nr 4); 56, 317, 321; 61, 227; 65, 86 ( = JuS 1974, 187 Nr 5; 1976, 51 Nr 3); 66, 315, 320; BGH NJW 1977, 1335, 1336; BGH LM Nr 1, 5 ( = JuS 1964,247 Nr 4), 7 u 13 zu § 558 BGB; Nr 21 u36 zu § 852 BGB; OLG Karlsruhe BB 1970,147 ( = JuS 1970,199 Nr 6); LG Darmstadt DWW 1976, 259 f; AG Oberhausen WuM 1976, 98; EMMERICH, ESSER, L A R E N Z , SCHLECHTRIEM aaO; aM zB D I E T Z , Anspruchskonkurrenz 147 ff; ders, Referate aaO; MITTELSTEIN u SIEBENHAAR aaO; Voraufl § 558 Rz 4 u 7. (981)

Volker Emmerich

§558 5-9

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

5 2. Einzelfragen a) Zunächst spielt es keine Rolle, ob der Vermieter den Zahlungs- oder den Wiederherstellungsampruch geltend macht (KG JW 1932, 3008 8 ). Selbst wenn der Wiederherstellungsanspruch darauf gestützt wird, daß der Mieter vertraglich sämtliche (Schönheits-)Reparaturen übernommen hat, greift § 558 ein, so daß der Vermieteranspruch sechs Monate nach Auszug des Mieters verjährt (BGH LM Nr 7 u 13 zu § 558 BGB). Dies gilt selbst dann, wenn der Vermieter damit einverstanden war, daß der Mieter die ihm obliegenden Schönheitsreparaturen durch den Mietnachfolger durchführen läßt und dieser sodann seinen Ersatzanspruch gegen den ersten Mieter an den Vermieter abtritt (OLG Düsseldorf NJW 1973, 1330 m A n m SAMBERGER a a O ) .

6 b) Ebensowenig spielt es eine Rolle, ob der Schaden an der vermieteten Sache, an mitvermieteten Sachteilen, zB an Treppen oder Fluren, oder an solchen Sachen entstanden ist, die im alleinigen Besitz des Vermieters stehen: Immer handelt es sich um einen einheitlichen Ersatzanspruch des Vermieters, der einheitlich nach § 558 verjährt (RGZ 75, 116, 118 f; BGHZ 61, 227 = JuS 1974, 187 Nr 5 m Anm BRAXMEIER LM Nr 17-19 zu § 558 BGB). Anders verhält es sich natürlich bei Personenschäden: Auf Verletzungen des Vermieters und seiner Angehörigen durch den Mieter ist § 558 in keinem Fall anwendbar (SCHLECHTRIEM aaO, bes 392, 395). 7 Ebenso unerheblich ist, ob die Ersatzansprüche des Vermieters während des Mietverhältnisses oder erst nach dessen Beendigung entstanden sind: Vertragliche Ansprüche auf Wiederherstellung des früheren Zustandes nach Wegnahme einer Einrichtung (§§ 547 a, 258) oder auf Schadensersatz wegen vertragswidriger Wegnahme einer Einrichtung verjähren folglich ebenfalls nach § 558 (BGHZ 54, 34 m Anm BRAXMAIER LM Nr 14 zu § 558 BGB gegen die früher hM). 8 c) Zu den von § 558 erfaßten vertraglichen Ersatzansprüchen des Vermieters gehören auch Ansprüche aus positiver Vertragsverletzung, zB wegen eines Brandschadens, wenn der Mieter vertragswidrig den Abschluß einer Feuerversicherung unterlassen hatte (BGH LM Nr 5 zu § 558 BGB = JuS 1964, 247 Nr 4 m Nachw), ebenso Ansprüche wegen der Unterlassung der Anzeige von Mängeln nach § 545 Abs 2 (LG Berlin I GrundE 1933, 122) oder Ansprüche aus gemischten Verträgen mit mietvertraglichen Elementen (OLG Düsseldorf DRiZ 1935 Nr 570), deshalb zB auch Ansprüche des Filmverleihers wegen einer Beschädigung der dem Entleiher überlassenen Kopien (OLG Celle NJW 1965, 1667). Dasselbe gilt, wenn der Mieter abredewidrig die von ihm mit Erlaubnis des Vermieters umgebaute Sache bei Vertragsbeendigung nicht wieder in den früheren Zustand zurückversetzt (OLG Hamburg HRR 1929 Nr 1641). Erfaßt werden außerdem Ansprüche auf Beseitigung von Gebäuderesten (OLG Kiel OLGE 43, 55) oder Ansprüche aus positiver Vertragsverletzung wegen Beeinträchtigung des Goodwills eines verpachteten Unternehmens (OLG Karlsruhe BB 1970, 147 = JuS 1970, 199 Nr 6); ebenso Ansprüche des Vermieters wegen des vertragswidrigen Nichtbetriebs eines Geschäftes (RG GrundE 1933, 684). Verlangt der Vermieter Ersatz der Reparaturkosten und des Mietausfalls, weil der Mieter entgegen dem Vertrag jede Instandhaltung der Sache unterlassen und diese statt dessen in völlig verwahrlostem Zustande zurückgegeben hat, so greift ebenfalls § 558 ein (BGH LM Nr 7 zu § 558 BGB = NJW 1965, 151; AG Oberhausen WuM 1976, 98). Ebenso schließlich bei Ansprüchen des Vermieters auf Ersatz der Kosten für die Feststellung der Höhe der in § 558 geregelten Ansprüche (OLG Köln MDR 1970, 593, LG Darmstadt DWW 1976, 259 f; ZMR 1977, 157). 9 d) § 558 wird außerdem auf Ersatzansprüche des Vermieters aus cic angewandt. Analog gilt er darüber hinaus sogar für Ersatzansprüche aus ähnlichen RechtsverVolker Emmerich

(982)

3. Titel. Miete. Pacht

§558 10-14

hältnissen, wie sie insbes durch die Überlassung eines Kraftfahrzeuges zu einer Probefahrt an einen Kaufinteressenten begründet werden. Das gilt selbst dann, wenn das Kraftfahrzeug nicht dem Verkäufer, sondern einem Dritten gehört und der Verkäufer nur aus abgetretenem Recht klagt (BGHZ 47, 53; 54, 264; 66, 315, 320; BGH LM Nr 21 und 36 zu § 852 BGB = NJW 1964, 1225; 1968, 1472). e) Es ist daher nur folgerichtig, wenn es auch keine Rolle spielt, ob der Mietvertrag 10 wirksam oder etwa wegen der Minderjährigkeit des Mieters unwirksam ist (§ 107). Der Minderjährigenschutz geht auch hier der uneingeschränkten Anwendung der §§ 823 u 852 vor (BGHZ 47, 53; ArbG Bochum Betrieb 1969,1092; SCHLECHTRIEM 400 ff m Nachw). f) Hat der Vermieter einen Platz zur Abstellung von Kraftfahrzeugen vermietet, so 11 geht bei Beschädigung des Mietobjekts durch die abgestellten Fahrzeuge § 558 nicht nur dem § 823 BGB, sondern auch dem § 14 StVG vor. Auch hier verjähren also sämtliche Ersatzansprüche des Vermieters einheitlich in sechs Monaten nach Rückgabe (BGHZ 61, 227 = JuS 1974, 187 Nr 5 m Nachw). g) Darf der Mieter nach dem Inhalt des Mietvertrages bei der Ausübung des 12 vertragsmäßigen Gebrauchs Dritte hinzuziehen oder den Gebrauch sogar ganz durch Dritte, insbes durch seine Angehörigen oder Arbeitnehmer ausüben lassen, so werden diese Dritte von der neueren Praxis in dem Sinne in den Schutzbereich des Mietvertrages einbezogen, daß auch die deliktischen Ersatzansprüche des Vermieters gegen die genannten Dritten einheitlich in der kurzen Frist des § 558 verjähren. Damit soll vor allem verhindert werden, daß der Mieter über Regreßansprüche der Dritten letztlich doch die Rechtswohltat des § 558 verliert. Unerheblich ist dabei, ob der Dritte ein Arbeitnehmer des Mieters oder ein selbständiger Unternehmer ist, vorausgesetzt nur, daß der Mieter ihm nach dem Vertrag den Gebrauch der Sache überlassen durfte.* 3. Nicht hierher gehörende Ansprüche des Vermieters

13

a) § 558 setzt voraus, daß es sich um Ersatzansprüche des Vermieters wegen Veränderungen oder Verschlechterungen des Mietobjekts handelt. Alle anderen Vermieteransprüche verjähren daher - von den Mietzinsansprüchen abgesehen - in der Regelverjährungsfrist des § 195. Das gilt zunächst für sämtliche Ersatzansprüche des Vermieters wegen einer völligen Zerstörung der Mietsache, weil dann von einer Verschlechterung der Mietsache keine Rede mehr sein kann und auch eine Rückgabe der Sache ausscheidet (RGZ 96, 300, 301; BGHZ 49, 278 = JuS 1968, 336 Nr 4 m Nachw; BGH LM Nr 5 zu § 558 BGB B1 2). Abgrenzungskriterien zu der bloßen Verschlechterung, die unter § 558 fällt, ist dementsprechend, ob der Mieter überhaupt noch etwas zurückgeben kann (BGH aaO). Ist dies der Fall, mag die Sache auch noch so schwer beschädigt sein, so bleibt es bei der Anwendung des § 558. Brennt also das auf einem vermieteten Grundstück stehende Gebäude bis auf die Grundmauern ab, so verjähren die Ersatzansprüche des Vermieters nach § 558 in sechs Monaten nach Rückgabe. b) § 558 gilt auch nicht für die Erfiillungsanspriiche des Vermieters, insbes also 14 nicht für den Rückgabeanspruch aus § 556, wie auch § 558 Abs 3 zeigt. Dementsprechend verjähren auch die Ansprüche des Vermieters auf Rückgabe der vom Mieter zurückbehaltenen Zubehörstücke nicht nach § 558, sondern nach § 195 in * BGHZ 49, 278; 61, 227 = JuS 1968, 336 Nr 4; 1974, 187 Nr 5 m Nachw; BGH BB 1976,1001 ; SCHLECHTRIEM 3 9 6 ff; EMMERICH, in: G r u n d l a g e n d e s V e r t r a g s - u n d Schuldrechts ( 1 9 7 4 ) 3 1 5 f; GRUNSKY, daselbst 6 3 1 ; HOFFMANN B e t r i e b 1969, 3 3 7 ; a M BOECK N J W 1969, 1 4 6 9 ; SCHMIDT-

SALZER BB 1969, 297, alle m Nachw. (983)

Volker Emmerich

§558 15-18

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

dreißig Jahren (BGHZ 65, 86 = JuS 1976, 51 Nr 3; OLG Zweibrücken NJW 1974, 1711; aM RG Recht 1920 Nr 1859 und die bisher hM). Sind Instandsetzungsarbeiten die einzige Gegenleistung des Mieters, so fallen Ersatzansprüche des Vermieters wegen deren Unterlassung ebenfalls nicht unter § 558 (OLG Königsberg HRR 1937 Nr 6, offen gelassen in BGH LM Nr 7 zu § 558 B G B B1 2). Dasselbe gilt für die Entschädigungsansprüche des Vermieters aus § 557; sie verjähren ebenso wie die Mietzinsansprüche nach § 197 in vier Jahren (OLG Königsberg HRR 1936 Nr 869; KG DWA 1934, 92). 15 c) Keine Anwendung findet § 558 schließlich auf folgende Ansprüche: Ansprüche auf Rückgabe der Pachtsicherheit (RGZ 142, 258, 264), Ansprüche auf Vorlegung eines Bestandsverzeichnisses, das der Vorbereitung eines Rückgabeanspruches dienen soll (BGH LM Nr 1 zu § 2028 BGB), sowie insbes Ansprüche des Vermieters für Veränderungen der Sache durch Rechte Dritter, zB wegen der Belastung der Sache mit einem Schiffspfandrecht (OLG Hamburg OLGE 14, 25). § 558 erfaßt nach seinem Sinn und Zweck nur sachliche Veränderungen und Verschlechterungen, nicht auch Veränderungen im Recht an der vermieteten Sache.

III. Die Ansprüche des Mieters auf Verwendungsersatz oder auf Gestattung der Wegnahme von Einrichtungen 16 1. Grundsatz § 558 wird auch hinsichtlich der Gegenansprüche des Mieters auf Verwendungsersatz oder auf Gestattung der Wegnahme von Einrichtungen - entsprechend seinem Zweck - sehr weit ausgelegt. Ebenso wie bei den Ansprüchen des Vermieters spielt es deshalb auch hier keine Rolle, ob die Ansprüche des Mieters auf Gesetz oder Vertrag gestützt werden. Gleichbehandelt werden konkurrierende Ansprüche des Mieters insbes aus Geschäftsführung ohne Auftrag oder Bereicherung (§ 547 Rz 17; RGZ 95, 302, 303 f; RG JW 1937, 2971; HRR 1938 Nr 582; BGH LM Nr 2 u 8 zu § 558 BGB = NJW 1959, 1629; 1965, 1225; LM Nr 22 zu § 538 BGB m Nachw), sowie ein etwaiger Schadensersatzanspruch des Mieters, weil der Vermieter die Gestattung der Wegnahme einer Einrichtung zu Unrecht verweigert hat. Zu den Verwendungsersatzansprüchen des Mieters in diesem Sinne gehören schließlich auch noch auf § 538 Abs 2 gestützte Ansprüche auf Aufwendungsersatz (§ 538 Rz 40, BGH LM Nr 22 zu § 538 BGB = NJW 1974, 743 gegen die bisher hM). 17 2. Ausnahmen a) § 558 gilt nicht, wenn die Ersatzansprüche des Mieters auf ein anderes Rechtsverhältnis gestützt werden, das in keinem Zusammenhang mit dem Mietverhältnis steht, so insbes wenn ein Miteigentümer, der zugleich Mieter ist, von den anderen Teilhabern nur nach den §§ 744 Abs 2 und 748 Ersatz seiner Aufwendungen fordert (BGH LM Nr 22 zu § 538 BGB); anders jedoch wohl, wenn der Miteigentümer zugleich nach Mietvertragsrecht vorgeht (OLG Celle ZMR 1969, 283; OLG Köln NJW 1973, 148). Selbstverständlich ist hingegen, daß § 558 keine Anwendung auf einen neben dem Mietvertrag einherlaufenden Werkvertrag zwischen den Parteien findet (BGH aaO). 18 b) Die Ansprüche des Mieters aus § 557 a verjähren in dreißig Jahren. Gleiches gilt für Verwendungsersatzansprüche des Mieters, sofern die Parteien eindeutig vereinbart haben, daß die Verwendungen wie Mietvorauszahlungen behandelt werden sollen (BGHZ 54, 347; BGH MDR 1971, 126; OLG Hamm WM 1971,1318) oder Volker Emmerich

(984)

3. Titel. Miete. Pacht

§558 19-23

für Bereicherungsansprüche, die darauf gestützt werden, daß der Vermieter vorzeitig in den Genuß der Aufwendungen des Mieters gelangt ist (§ 547 Rz 27; BGH LM Nr 11 zu § 558 BGB = NJW 1968, 888; OLG Hamm WM 1970,1359; anders wohl KG JW 1937, 2971; LG Bonn JMB1 NRW 1959, 281). Schließlich kann § 558 auch keine Anwendung finden, wenn der Pächter vertraglich sein Inventar bei Vertragsende dem Vermieter übereignen muß, weil es sich dann insoweit um einen Kaufvertrag handelt (RGZ 152, 100, 103). IV. Der Beginn der Verjährung 1. der Ansprüche des Vermieters 19 a) Die Verjährung der Ersatzansprüche des Vermieters (s o Rz 2 ff) beginnt nach § 558 Abs 2 in dem Augenblick, in dem der Vermieter die Sache zurückerhält, weil der Vermieter (erst) von diesem Augenblick ab in der Lage ist, die Sache auf einen Schaden zu untersuchen, so daß er auch erst jetzt in der Lage ist, sich über etwaige Rechtsbehelfe schlüssig zu werden. Die Verjährung endet jedoch spätestens nach § 558 Abs 3 mit der Verjährung des Rückgabeanspruchs des Vermieters, dh also spätestens dreißig Jahre nach Vertragsende (§ 195), ein Fall, der wohl nie praktisch werden dürfte. Aus dem Zweck der Regelung folgt, daß der Vermieter die Sache iS des § 558 Abs 2 20 zurückerhalten hat, wenn er die unmittelbare Herrschaft über das Mietobjekt in einer Weise erlangt hat, die ihm die Möglichkeit verschafft, Mängel der Sache, und sei es auch nur durch einen Bevollmächtigten, festzustellen; entscheidend ist maW der Zeitpunkt, in dem der Vermieter sichere Kenntnis von etwaigen Mängeln der Sache zu erlangen vermag. Dazu wird zwar in aller Regel die körperliche Rückgabe der Sache an den Vermieter erforderlich sein; unbedingt notwendig ist dies jedoch nicht (RGZ 128, 191, 194; 142, 258, 262; BGH LM Nr 1 u 13 zu § 558 BGB = NJW 1957, 1436; 1968, 2241; OLG Dresden OLGE 41, 117). Deshalb beginnt die Verjährungsfrist des § 558 auch nicht zu laufen, solange der Vermieter oder sein Bevollmächtigter trotz Rückgabe der Sache aus nicht in ihrer Person liegenden Gründen außerstande sind, die Mietsache auf Mängel zu untersuchen (RG HRR 1928 Nr 1586; BGH LM Nr 13 zu § 558 BGB). b) Nach dem Wortlaut des § 558 Abs 2 spielt es keine Rolle, ob die Rückgabe der 21 Sache vor, bei oder erst nach Vertragsbeendigung erfolgt. Immer beginnt die Verjährungsfrist ohne Rücksicht auf das rechtliche Vertragsende in dem Augenblick zu laufen, in dem der Vermieter die Sache tatsächlich in dem genannten Sinne zurückerhält (KG OLGE 39, 154, 155; OLG Dresden OLGE 41, 117; OLG Celle ZMR 1969, 283; LG Hamburg ZMR 1968, 82). c) Grundsätzlich ist es somit erforderlich, daß der Vermieter freien Zutritt zu den 22 Mieträumen hat und auch weiß, daß der Mieter den Besitz nicht fortsetzt (RG SeuffA 89 [1936] Nr 80). Schließt aber der Vermieter sofort nach Auszug des Mieters einen neuen Vertrag mit dem Untermieter ab, so daß dieser wohnen bleibt, so hat er die Sache iS des § 558 Abs 2 zurückerhalten, sobald der erste Mietvertrag endet (BGH LM Nr 13 zu § 558 BGB = NJW 1968, 2241). Dies gilt alles auch bei der Fahrnismiete (BGH MDR 1968, 748). d) Bei der Vermietung von Sachgesamtheiten beginnt die Verjährungsfrist mit der 23 Rückgabe der letzten Sache zu laufen (OLG Düsseldorf MDR 1972, 694); ebenso steht es bei der Rückgabe von Teilen der Mietsache, sofern nicht die zurückgegebenen Teile gegenüber den anderen völlig selbständig sind (SOERGEL-MEZGER § 558 R z 4 ; ERMAN-SCHOPP § 5 5 8 R z 5). (985)

Volker Emmerich

§558 24-28

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

Die Hebung eines gesunkenen Schiffes allein bedeutet noch nicht die Rückgabe an den Vermieter (RG Gruchot 69 [1928] 373). 24 2. der Ansprüche des Mieters a) Nach § 558 Abs 2 beginnt die Verjährung der Ansprüche des Mieters iS des § 558 Abs 1 mit der Beendigung des Mietverhältnisses. Beendigung ist hier die rechtliche, nicht die tatsächliche Beendigung des Verhältnisses der Parteien. Der Besitz des Mieters spielt also keine Rolle. Daraus folgt, daß die Verjährungsfrist zB nicht zu laufen beginnt, wenn der Mietvertrag trotz wirksamer Kündigung von den Parteien stillschweigend verlängert wird (vgl § 568) oder wenn die Parteien die Fortsetzung des Vertrages bis zu einem bestimmten Termin vereinbaren (BGH LM Nr 2 zu § 558 BGB = NJW 1959, 1629). 25 b) Im Falle der Veräußerung des Mietobjekts endet das Mietverhältnis mit dem Veräußerer mit der Veräußerung der Sache, so daß in diesem Augenblick die Verjährungsfrist für die Verwendungsersatzansprüche des Mieters zu laufen beginnt. (BGH LM Nr 8 zu § 558 BGB = NJW 1965,1225). Im Interesse des Mieters wird man hier jedoch zusätzlich Kenntnis des Mieters von der Veräußerung verlangen müssen (§ 547 Rz 17; § 571 Rz 71; ebenso LG Koblenz WuM 1977, 257 f). 26 Ebenso behandelt die Praxis das Wegnahmerecht des Mieters. Dabei ist jedoch übersehen, daß der Anspruch auf Duldung der Wegnahme erst mit Rückgabe der Sache an den Vermieter fällig wird, so daß er auch im Falle der Veräußerung der Sache nicht vorher verjähren kann (§ 547 a Rz 17, § 571 Rz 72). 27 c) Die Verwendungsersatzansprüche des Mieters entstehen mit Vornahme der Verwendung und verjähren während des Laufs des Mietverhältnisses in der Verjährungsfrist von dreißig Jahren (§§ 195, 547), so daß es an sich bei sehr langfristigen Verträgen vorkommen könnte, daß die Ersatzansprüche des Mieters schon vor Vertragsende verjährt sind (so in der Tat OLG Celle NJW 1962, 1918). Dieses Ergebnis ist jedoch wenig interessengerecht, so daß man annehmen muß, daß § 558 dem § 195 vorgeht mit der Folge, daß die Verjährung der Verwendungsersatzansprüche in jedem Fall erst mit Vertragsende zu laufen beginnt ( K R Ä M E R aaO). 27 3. Abweichende Vereinbarungen § 558 Abs 2 ist nicht zwingend, so daß die Parteien vereinbaren können, daß die Ansprüche des Mieters oder des Vermieters erst zu einem späteren Zeitpunkt entstehen oder fällig werden; entsprechend wird dann auch der Beginn der Verjährungsfrist hinausgeschoben (BGH LM Nr 3/4 zu § 558 BGB; aM LG Karlsruhe NJW 1976, 1945 f). Hingegen ist eine vertragliche Verlängerung der Verjährungsfrist nicht möglich (§ 225 S 1; OLG Frankfurt NJW 1971, 1754), während eine vertragliche Verkürzung der Verjährungsfrist erlaubt ist. Dies gilt jedoch nur für Individualverträge. Abweichungen von § 558 zum Nachteil des Mieters durch AGB und Formularverträge können nicht hingenommen werden (§ 9 Abs 2 Nr 1 AGBG; L Ö W E - G R A F VON W E S T P H A L E N - T R I N K N E R , AGBG § 9 Rz 68, 113; vgl BGHZ 64, 238, 244).

V. Hinderungsgründe 28 1. Die Unterbrechung der Verjährung Die Verjährung wird iS der §§ 208 ff nicht unterbrochen, wenn der Vermieter nur allgemein von dem Mieter verlangt, den früheren Zustand des Hauses wiederherzuVolker Emmerich

(986)

3. Titel. Miete. Pacht

§§ 558, 559 29, 30

stellen; vielmehr ist erforderlich, daß der Vermieter wegen eines bestimmten Schadens Forderungen geltend macht (BGH Urt v 11. 7. 1958 - VIII ZR 108/57; SOERGEL-MEZGER § 558 Rz 12). Hingegen genügt zur Unterbrechung der Verjährung des Ersatzanspruches wegen Nichtbenutzung der gemieteten Sache der Antrag auf Feststellung der Benutzungspflicht (RG GrundE 1933, 684).

2. Die Hemmung der Verjährung

29

Die Geltendmachung des Vermieterpfandrechts hemmt die Verjährung des Wegnahmeanspruchs des Mieters nicht (KG JW 1932, 663; SOERGEL-MEZGER § Rz 13). Bei der Vermietung von Kraftfahrzeugen finden die §§ 14 Abs 2 StVG und 6 Abs 2 SHG, nach denen beim Schweben von Verhandlungen die Verjährung gehemmt ist, keine Anwendung (SOERGEL-MEZGER aaO).

VI. Verwirkung

30

Die Geltendmachung der in § 558 geregelten Ansprüche kann trotz der kurzen Verjährungsfrist von sechs Monaten verwirkt werden, namentlich wenn der Berechtigte eine ungebührlich lange Zeit verstreichen läßt, ehe er mit seinem Anspruch hervortritt ( B G H L M N r 2 zu § 558 B G B = N J W 1959, 1629).

§559 Der Vermieter eines Grundstücks hat für seine Forderungen aus dem Mietverhältnis ein Pfandrecht an den eingebrachten Sachen des Mieters. Für künftige Entschädigungsforderungen und für den Mietzins für eine spätere Zeit als das laufende und das folgende Mietjahr kann das Pfandrecht nicht geltend gemacht werden. Es erstreckt sich nicht auf die der Pfändung nicht unterworfenen Sachen. E I § 521; E II § 501; E III § 552; Mot II 402 ff; Prot II 194 ff.

Schrifttum BRONSCH, Das Vermieterpfandrecht am Kraftfahrzeug, ZMR 1970, 1; BRÜCKNER, Die Miete von Wohnungen und anderen Räumen nach dem BGB (2. Aufl 1902); HUGO EMMERICH, Pfandrechtsk o n k u r r e n z e n ( 1 9 0 9 ) ; ENNECCERUS-LEHMANN ( 1 5 . B e a r b 1 9 5 8 ) § 1 3 1 ; ESSER-WEYERS II 1 § 2 0 I V

2; FRANCKE, Zum Pfandrecht des Vermieters, Gruchot 51 (1907) 556; GÖTTE, Pfändungs- und Vermieterpfandrecht, D J Z 1903, 472; HAASE, Die der Pfändung nicht unterworfenen Sachen iS des § 559 Satz 3 BGB, JR 1971, 323; JANBERG, Das Vermieterpfandrecht an unpfändbaren Gegenständen, NJW 1951, 511; LARENZ II § 48 V; MEIKEL, Zum Begriff der eingebrachten Sachen iS der §§ 559 ff BGB, SeuffBl 69 (1904) 413; MITTELSTEIN, Die Miete nach dem Rechte des deutschen Reiches (4. Aufl 1932) 530 ff; ders, Vereinbartes Zurückbehaltungsrecht des Vermieters und § 289 StGB, DJZ 1905, 58; NIENDORFF, Mietrecht nach dem BGB (10. Aufl 1914) 387 ff; OHSE, Pfändung in ein Stahlfach, JW 1931, 2079; PROST, Besitzen die Banken ein gesetzliches Pfandrecht an den im Safe ihrer Kunden befindlichen Gegenständen? JW 1934, 965; SCHMIDT-FUTTERER, Mietrecht (7. Aufl 1976), s v Pfandrecht des Vermieters; ders, Miete und Pacht (2. Aufl 1974) 115 ff; SIBER, Das gesetzliche Pfandrecht des Vermieters, des Verpächters und des Gastwirts (1900); VOGEL, Das Vermieterpfandrecht an unpfändbaren Gegenständen, NJW 1951, 752; WEIMAR, Das Vermieterpfandrecht in Konkurrenz mit anderen Pfandrechten, ZMR 1962, 65; ders, Wann kann den Vermieter bei Geltendmachung des Vermieterpfandrechts eine Schadensersatzpflicht treffen? ZMR 1960, 259; ders, Die Befriedigung aufgrund des Vermieterpfandrechts, D G V Z 1975, 129. (987)

Volker Emmerich

§559 2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

Systematische Ubersicht I. Allgemeines 1 II. Das Vennieterpfandrecht als gesetzliches Pfandrecht 2

e) Die Veräußerung eingebrachter Sachen durch den Mieter 32 f) Die unpfändbaren Sachen (§ 599 S 3) 35 4. Nur für Forderungen aus dem Mietverhältnis 40

III. Die Befugnisse des Vermieters 5 IV. Die Voraussetzungen des Pfandrechts 1. Nur bei der Grundstücksmiete 7 2. Nur durch Einbringung von Sachen 9 3. Nur an pfändbaren Sachen des Mieters 16 a) Die Sachen 17 b) Die Rechtslage bei bedingtem Eigentumserwerb des Mieters 23 c) Miteigentum und Gesamthandseigentum 26 d) Sachen Dritter 29

V. Die ausgeschlossenen Forderungen (§ 559 S 2) 49 1. Die künftigen Entschädigungsforderungen 50 2. Die zukünftigen Mietzinsforderungen 54 3. Rechtsfolge 60 VI. Einzelfragen 61 VII. Beweislast 70

Alphabetische Übersicht Abtretung 62 Abweichende Vereinbarung 37,69 Ansprüche 20 Anwartschaftsrecht 24 Auflösend bedingter Eigentumserwerb 23 Aufschiebend bedingter Eigentumserwerb 24 Ausgeschlossene Forderungen 49 Baukonten 19 Bedingter Eigentumserwerb 23 Befriedigung 6 Befugnisse des Vermieters 5 Beispiele 53 Besitz des Vermieters 5 Besitzloses Pfandrecht 2 Betrug 31 Beweislast 70 Bürge 48 Eigentümer 8 Einbringung von Sachen 8,11,14,31 Erfüllungsübernahme 47 Erlös 22 Ersatzansprüche 41 Ersatzpflicht des Vermieters 65 Fahrnismiete 7 Forderung aus Mietverhältnis 40,44 Gemischte Verträge 44 Gesamthandseigentum 27 Geschäftsfähigkeit 10 Gesetzliches Pfandrecht 2 Grundstücksmiete 7 Gutgläubiger Erwerb 4, 29, 32 Inhaberpapiere 19 Mietjahr 56

Mietzinsforderung 41 Mietzinsrückstände 54 Miteigentum 26 Nebenkosten 42 Offenbarung 67 Pacht 39, 59 Pfändbare Sachen 16 Pfändung 55, 60 Pfändungspfandrecht 63 Rang 3 Sachen 17, 20 Sachen Dritter 29 Schaden 19 Schuldübernahme 46 Sicherungsübereignung 33 Unpfändbare Sachen 35 Veräußerung durch Mieter 32 Veräußerung des Grundstücks 61 Verbindung 21 Verlängerungsklausel 58 Voraussetzungen 7 Vorerbe 25 Warenlager 12 Wechsel 19 Wertpapiere 18 Zeitliche Entstehung 14 Zukünftige Entschädigungsforderungen 50-52 Zukünftige Mietzinsforderungen 54 Zurückbehaltungsrecht 38 Zuschüsse 42 Zwangsversteigerung 64

Volker Emmerich

(988)

§559 3. Titel. Miete. Pacht

1-6

I. Allgemeines

1

Schon die verschiedenen deutschen Partikularrechte hatten dem Vermieter im Anschluß an das römische Recht überwiegend ein Pfand- oder Retentionsrecht an den sog eingebrachten Sachen des Mieters eingeräumt (s zB ALR I 21 § 395; SächsBGB § 1228; Cc Art 2102 Nr 1; ähnlich auch die Praxis in Bayern). Trotz heftigen Widerspruchs von zahlreichen Seiten hat das BGB hieran schließlich zum Schutze des Vermieters festgehalten, zugleich aber aus sozialpolitischen Erwägungen heraus das Recht des Vermieters in verschiedener Hinsicht erheblich eingeschränkt (s Mot II 402 ff und Prot II 194 ff; MITTELSTEIN 530 f; N I E N D O R F F 387).

II. Das Vennieterpfandrecht als gesetzliches Pfandrecht

2

Das vom BGB eingeführte Vermieterpfandrecht ist ein gesetzliches Pfandrecht iS des § 1257. Folglich finden auf es sämtliche Vorschriften über das durch Rechtsgeschäft bestellte Pfandrecht entsprechende Anwendung (§§ 1204 ff). Ausgeschlossen sind jedoch die Vorschriften über die rechtsgeschäftliche Bestellung des Pfandrechts (§§ 1204-1208), sowie sämtliche Vorschriften, die unmittelbaren Besitz des Pfandgläubigers voraussetzen, da es sich hier um ein sog besitzloses Pfandrecht handelt. Anwendbar sind hiernach namentlich die §§ 1222, 1227-1250 (mit Ausnahme des § 1232 S 1), sowie schließlich die §§ 1252, 1255 und 1256. Der Rang des Vermieterpfandrechts richtet sich gemäß dem ebenfalls anwendbaren 3 § 1209 nach dem Zeitpunkt seiner Entstehung, so daß das Vermieterpfandrecht allen später begründeten Rechten vorgeht (BGH LM Nr 1 zu § 559 BGB = ZMR 1957, 153 für das Verhältnis zwischen einem Vermieterpfandrecht und einem Grundpfandrecht; OLG Frankfurt DGVZ 1975, 23 für das Zusammentreffen des Vermieterpfandrechts mit einem Pfändungspfandrecht; KG JW 1931, 2378; OLGE 4, 42). Aus der Unanwendbarkeit der §§ 1204-1208 folgt vor allem, daß ein gutgläubiger 4 Erwerb des Vermieterpfandrechts an nicht dem Mieter gehörenden Sachen nicht möglich ist (su Rz 29 ff; ebenso schon die Mot II 404 f; auch BGHZ 34, 153, 154; heute wohl unstr; zu der früheren Diskussion über diese Frage siehe die Vorauf 1 Rz 31 m Nachw). Die Einordnung des Vermieterpfandrechts als gesetzliches Pfandrecht ist vor allem für die dem Vermieter zustehenden Befugnisse bedeutsam.

III. Die Befugnisse des Vermieters

5

Der Vermieter hat an den eingebrachten Sachen des Mieters, obwohl ihm ein Pfandrecht zusteht, grundsätzlich keinen Besitz. Daraus erklären sich die besonderen Rechte, die die §§ 560 und 561 dem Vermieter zum Schutze seines Rechts einräumen. Die Befriedigung des Vermieters aus den ihm haftenden Sachen des Mieters richtet 6 sich nach den §§ 1228 ff; sie erfolgt also (nach Pfandreife) durch privatrechtlichen Verkauf (LG Mannheim ZMR 1973, 48). Ein besonderer Titel ist dafür nicht erforderlich, wohl aber Besitz des Vermieters. Folglich muß der Vermieter, wenn der Mieter ihm die Sache nicht freiwillig herausgibt, von dem Mieter Herausgabe der Sachen zum Zwecke des Verkaufs verlangen können (§ 1231; MITTELSTEIN 421; W E I M A R ZMR 1962, 65). Die Vollstreckung des Herausgabeurteils richtet sich dann nach den §§ 883 und 886 ZPO. (989)

Volker Emmerich

§559 7-12

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

IV. Die Voraussetzungen des Pfandrechts 7 1. Nur bei der Grundstücksmiete Nach § 559 S 1 erwirbt nur der Vermieter eines Grundstücks, dem nach § 580 der Vermieter von Räumen gleichsteht, für seine Forderungen aus dem Mietverhältnis ein gesetzliches Pfandrecht an den eingebrachten Sachen des Mieters. Bei der Fahrnismiete kennt also das Gesetz keine Sicherung des Vermieters durch ein Pfandrecht an (anderen) Sachen des Mieters (wegen der Abgrenzung vgl die Erläuterungen zu § 580). 8 Es spielt keine Rolle, ob der Vermieter Eigentümer des Grundstücks ist. Folglich erwirbt auch der Untervermieter ein gesetzliches Pfandrecht an den eingebrachten Sachen des Untermieters (MITTELSTEIN 5 3 2 ) . Das Pfandrecht besteht nur an den eingebrachten pfändbaren Sachen gerade des Mieters. Gesichert werden durch das Pfandrecht auch nur ganz bestimmte Forderungen des Grundstücksvermieters aus dem Mietverhältnis:

9 2. Nur durch Einbringung von Sachen Dem Vermieterpfandrecht sind nur die eingebrachten pfändbaren Sachen des Grundstücksmieters unterworfen (§ 559 S 1). Erste Voraussetzung der Entstehung des gesetzlichen Vermieterpfandrechts ist also, daß die betreffende Sache vom Mieter eingebracht worden ist. a) Unter Einbringung versteht man das willentliche Hineinschaffen der Sachen durch den Mieter in den durch das Mietverhältnis vermittelten Machtbereich des Vermieters. Das Hineinschaffen darf nicht nur zu einem vorübergehenden Zweck erfolgen und muß auf dem Willen des Mieters beruhen (RGZ 132, 116, 118; MITTELSTEIN 534 ff; NIENDORFF 390 ff; R O Q U E T T E § 559 Rz 29 ff). Dagegen ist nicht erforderlich, daß der Wille des Mieters gerade auf die Entstehung eines Pfandrechtes gerichtet ist, da das Vermieterpfandrecht als gesetzliches ohne Rücksicht auf den Willen des Mieters schon durch die bloße Tatsache der Einbringung der Sachen begründet wird. 10 b) Umstritten ist, ob die Einbringung Geschäftsfähigkeit des Mieters voraussetzt (dagegen zB L A R E N Z aaO m Nachw). Man wird zu differenzieren haben: Während Geschäftsunfähige nur mit Einwilligung ihrer gesetzlichen Vertreter wirksam Sachen einbringen können, wird man beschränkt geschäftsfähigen Mietern die Fähigkeit zur Einbringung nicht absprechen können (MITTELSTEIN 535; ROQUETTE aaO Rz 29). 11 c) Die Einbringung muß von der bloßen Einstellung bestimmter Sachen durch den Mieter unterschieden werden. Denn durch die bloße, vorübergehende Verbringung einzelner Sachen auf das gemietete Grundstück ohne Zusammenhang mit dem Mietverhältnis aus anderem Anlaß wird kein Pfandrecht des Vermieters begründet (MITTELSTEIN 537 f). Werden aber Sachen wie zB Fahrräder oder Kinderwagen im Zusammenhang mit dem vertragsmäßigen Gebrauch auf dem Grundstück abgestellt, so gelten sie als eingebracht, so daß der Vermieter an ihnen ein Pfandrecht erwerben kann. 12 d) Als eingebracht gelten auch solche Sachen, die bestimmungsgemäß aufgrund des Mietvertrages von vornherein nur zu vorübergehenden Zwecken in den Räumen verbleiben sollen, so daß insbes auch das Warenlager eines Kaufmannes dem Volker Emmerich

(990)

3. Titel. Miete. Pacht

§559 13-19

Vermieter haftet. Dementsprechend spielt es auch keine Rolle, ob die Sache erst in den Mieträumen hergestellt worden ist: Immer besteht an ihr ein Pfandrecht des Vermieters (RGZ 132, 116, 118 f). e) Selbstverständlich ist, daß die Entstehung des Pfandrechts keinen Besitzerwerb 13 seitens des Vermieters voraussetzt. Werden aber mehrere Räume in einem Haus gesondert vermietet, so sichert das Pfandrecht immer nur die Forderungen des Vermieters wegen der Vermietung derjenigen Räume, in die die betreffenden Sachen eingebracht worden sind (RG JW 1906, 224 f Nr 7; OLG Hamburg OLGE 3 8 , 9 2 ; MITTELSTEIN 5 3 6 f ) .

f) Grundsätzlich ist die Einbringung nur während des Laufs eines gültigen Mietver- 14 träges möglich. Wenn aber dem Mieter aufgrund des Vertrages gestattet ist, schon vorzeitig einzuziehen, so sind auch die aufgrund dieser Befugnis in die Räume verbrachten Sachen eingebracht iS des § 559. Anders jedoch, wenn der Mieter nur einstweilen einzelne Sachen in den Räumen abstellen darf. Während des Mietverhältnisses können Sachen des Mieters jederzeit eingebracht werden. Erwirbt der Mieter erst während des Vertrags das Eigentum an ihnen, so entsteht das Pfandrecht des Vermieters ebenfalls erst in diesem Augenblick. Nach Beendigung des Mietverhältnisses kann das Pfandrecht nicht mehr entstehen, 15 auch wenn zB während des Rechtsstreits über die Herausgabe der vom Vermieter zurückbehaltenen Sachen die Voraussetzungen des Pfandrechts (etwa durch Eigentumserwerb des Mieters oder durch Wegfall der Unpfändbarkeit) eintreten (OLG München MDR 1953, 551).

3. Nur an pfändbaren Sachen des Mieters

16

Das Vermieterpfandrecht besteht nach § 559 nur an den pfändbaren Sachen gerade des Mieters. Folglich sind dem Pfandrecht nicht unterworfen die Rechte des Mieters, die unpfändbaren Sachen des Mieters und sämtliche Sachen Dritter, selbst wenn es sich dabei um Angehörige des Mieters handelt. a) Die Sachen

17

Dem Vermieterpfandrecht unterliegen nur einzelne körperliche Sachen des Mieters, so daß stets hinsichtlich jeder einzelnen Sache gesondert festgestellt werden muß, ob bei ihr die Voraussetzungen für die Entstehung des Pfandrechts erfüllt sind. Das ist eine Folge des sog sachenrechtlichen Spezialitätsprinzips. Umstr ist die Rechtslage bei sämtlichen Wertpapieren und ähnlichen Urkunden. Aus 18 praktischen Gründen wird man hier darauf abzustellen haben, ob die betreffende Urkunde einen selbständigen Vermögenswert besitzt, weil sie nur dann selbständig verwertbar ist. Deshalb kann kein Pfandrecht des Vermieters an sämtlichen auf den Namen lautenden Schuldurkunden anerkannt werden (vgl § 952); dazu gehören insbes auch die sog Legitimationspapiere, soweit in ihnen ein bestimmter Gläubiger genannt ist, namentlich also die Sparbücher (§ 808; R G Z 10, 40; 20, 133, 135; 29, 2 9 7 , 3 0 1 ; MITTELSTEIN 5 4 0 ; N I E N D O R F F 3 9 3 f ; SIBER 1 4 ) .

Hingegen werden Inhaberpapiere wie bewegliche Sachen behandelt und unterliegen 19 mithin dem Vermieterpfandrecht (§ 1293; vgl auch § 1084). Gleichzubehandeln sind die indossablen Papiere, vor allem also Wechsel und Schecks (vgl § 1293; MITTELSTEIN aaO; N I E N D O R F F 394). Dasselbe gilt für Geld einschließlich aller Banknoten (RG SeuffBl 68 [1903] 244). Aus sozialen Gründen sind im letzteren (991)

Volker Emmerich

§559 20-25

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

Fall jedoch die Nummern 3 und 8 des § 811 ZPO entsprechend anzuwenden (analog § 559 S 3). 20 Sachen, die keinen Vermögens-, sondern nur einen Affektions- oder Beweiswert für den Mieter besitzen wie zB Briefe, Andenken und Familienfotos, sind nicht Gegenstand des Vermieterpfandrechts. Ebensowenig Versicherungsansprüche, die an die Stelle vernichteter, eingebrachter Sachen getreten sind (RG GrundE 1934, 730). 21 Die Verbindung der Sachen mit dem Grundstück hindert die Entstehung des Pfandrechts nicht, solange der Mieter Eigentümer bleibt (§ 95 Abs 2; alles str). Dies gilt auch für die Einrichtungen des Mieters. Sein Wegnahmerecht (§ 547 a Abs 1) steht nicht entgegen; das Wegnahmerecht kann maW stets nur ausgeübt werden, wenn der Vermieter sein Pfandrecht nicht geltend macht (ebenfalls str). 22 Veräußert der Mieter eigenmächtig vom Grundstück entfernte, dem Vermieterpfandrecht unterliegende Sachen (§ 560 S 1), so besteht an dem Erlös kein Pfandrecht mehr. Der Mieter haftet jedoch dem Vermieter sowohl nach § 816 Abs 1 S 1 auf Herausgabe des Erlöses als auch nach § 823 Abs 1 auf Schadensersatz (RGZ 119, 265, 266 f; s im einzelnen § 561 Rz 1). 23 b) Die Rechtslage bei bedingtem Eigentumserwerb des Mieters Wenn der Mieter nur auflösend bedingtes Eigentum hat, entsteht zunächst das Pfandrecht des Vermieters. Str ist jedoch die Rechtslage nach Bedingungseintritt. § 161 Abs 2 ist nämlich nicht unmittelbar anwendbar, weil hier das Pfandrecht des Vermieters nicht auf einer Verfügung des Mieters beruht; mit Rücksicht auf die weitgehende Identität der Interessenlage bestehen jedoch keine Bedenken gegen eine entsprechende Anwendung der Vorschrift (ebenso Voraufl § 5 6 0 Rz 2 4 ; H U G O EMMERICH 5 3 ; NIENDORFF 3 9 7 ; dagegen insbes MITTELSTEIN 5 4 3 m Nachw z Streitstand). 24 Hat der Mieter nur aufschiebend bedingtes Eigentum, so ist er noch nicht Eigentümer, so daß jedenfalls an der für ihn im Augenblick noch fremden Sache kein Pfandrecht des Vermieters entstehen kann. Besonders wichtig ist das für unter Eigentumsvorbehalt erworbene oder schon vor Einbringung an Dritte zur Sicherheit übereignete Sachen (vorausgesetzt, daß die Sicherungsübereignung ausnahmsweise auflösend bedingt ist). Die Praxis billigt hier jedoch dem Vermieter wenigstens ein Pfandrecht an dem sog Anwartschaftsrecht des Mieters zu. Freilich erschöpft sich dessen praktische Bedeutung darin, daß der Vermieter (namentlich bei Erwerb des Mieters unter Eigentumsvorbehalt) durch Zahlung des Restpreises auch gegen den Widerspruch des Mieters (§ 267 Abs 2) den Bedingungseintritt herbeiführen kann, wodurch er dann ein Pfandrecht an der Sache erwirbt, und zwar mit Vorrang vor in der Zwischenzeit begründeten Pfändungspfandrechten Dritter (sehr str). Das Gesagte gilt auch, wenn der Mieter das Anwartschaftsrecht nach den §§ 929 ff auf einen Dritten übertragen hat, so daß auch diese Dritten bei Bedingungseintritt nur ein mit dem Pfandrecht des Vermieters belastetes Eigentum erwerben können (BGHZ 35, 85; insbes BGH LM Nr 3 zu § 559 BGB = NJW 1965, 1475 = JuS 1965,409 Nr 2 mzahlr Nachw = WM 1965,701). Sobald jedoch bei dem Vorbehaltskauf der Verkäufer von dem Kaufvertrag zurücktritt (§ 455; § 5 AbzG), geht die Anwartschaft des Mieters unter, so daß auch für ein Pfandrecht des Vermieters kein Raum mehr ist (EMMERICH, SchuldR BT [2. Aufl 1976] § 7 IV). 25 Ist der Mieter nur Vorerbe, so ist er zunächst voller Eigentümer. Folglich haften die von dem Vorerben eingebrachten Nachlaßgegenstände dem Vermieter (RGZ 80, 30, 33; OLG Frankfurt OLGE 33, 151). Volker Emmerich

(992)

3. Titel. Miete. Pacht

§559 26-32

c) Miteigentum und Gesamthandseigentum

26

Wenn der Mieter nur Miteigentümer ist, soll das Pfandrecht entsprechend § 1258 an dem Miteigentumsanteil des Mieters entstehen; jedoch können die in § 1258 Abs 1 bezeichneten Befugnisse dem Vermieter erst zustehen, wenn er zum Besitz der Sache berechtigt ist (RGZ 146, 334; aM zB MITTELSTEIN 544 f). Besonders umstr ist die Rechtslage, wenn eine Gesamthandsgemeinschaft Mieterin 27 ist: Handelt es sich um eine BGB-Gesellschaft, so sind alle Gesellschafter Mieter. Folglich haften sie alle nach § 427 für den Mietzins persönlich, so daß auch alle eingebrachten Sachen der Gesellschafter dem Pfandrecht des Vermieters unterliegen. Die Rechtslage ist also ganz ebenso, wie wenn mehrere Personen gemeinschaftlich gemietet haben, ohne eine BGB-Gesellschaft zu bilden (OLG Hamburg OLGE 21, 201). Anders jedoch bei einer OHG oder einer KG als Mieterin: Wegen ihrer weitgehen- 28 den Verselbständigung (§ 124 HGB) kann hier nur die Gesellschaft als Mieterin angesehen werden, so daß dem Vermieter auch nur die zum Gesellschaftsvermögen gehörenden, von der Gesellschaft eingebrachten Sachen haften, nicht jedoch die Sachen der persönlich haftenden Gesellschafter (sehr str; aM zB OLG Dresden SächsArch 28, 22). d) Sachen Dritter

29

Nur die im Eigentum gerade des Mieters stehenden Sachen sind dem Vermieterpfandrecht unterworfen worden. Sachen Dritter haften dem Vermieter also in keinem Fall (so ausdrücklich Mot II 404 f; Prot II 205). Ein gutgläubiger Erwerb des Vermieterpfandrechts ist nicht möglich (§§ 1257, 1207). Deshalb erwirbt der Vermieter insbes kein Pfandrecht an den Sachen der Angehörigen des Mieters oder des Untermieters (so schon die Mot aaO); wohl aber hat der Untervermieter ein Pfandrecht an den eingebrachten Sachen des Untermieters. Anders ist es natürlich, wenn die Ehefrau Mitmieterin ist. Anders aber auch, wenn zwischen den Ehegatten Gütergemeinschaft vereinbart ist und der verwaltende Ehegatte oder beide zusammen den Mietvertrag abgeschlossen haben (§§ 1437 f; Prot aaO). In allen anderen Fällen ist schließlich noch § 1362 zu beachten. Auch die Aufstellung einer Vermutung, daß die eingebrachten Sachen als solche des 30 Mieters zu gelten haben, ist bei den Beratungen des Gesetzes ausdrücklich abgelehnt worden (Prot II 205 f). - Zur Beweislast siehe im einzelnen unten Rz 70. Selbst wenn zur Umgehung des Vermieterpfandrechts eine vermögenslose Person 31 als Mieter vorgeschoben wird, entsteht grundsätzlich kein Pfandrecht an den Sachen des eigentlichen dritten Nutznießers der Wohnung (OLG Hamburg DR 1939,1381; S O E R G E L - M E Z G E R § 559 Rz 12). Jedoch kommt in derartigen Fällen durchaus eine Haftung des Dritten aus § 826 in Betracht (vgl LG Berlin HRR 1934 Nr 483). Auch der Mieter selbst kann sich des Betruges schuldig machen, wenn er dem Vermieter nicht anzeigt, daß ihm von der gesamten, eingebrachten, wertvollen Einrichtung nichts gehört und er außerdem weiß, daß der Vermieter nur mit Rücksicht hierauf oder im Vertrauen auf die Versicherung des Mieters, Eigentümer zu sein, den Mietvertrag mit ihm abgeschlossen hat. Grundsätzlich besteht jedoch keine Pflicht des Mieters zur Einbringung irgendwelcher Sachen; denn er kann die Wohnung auch leerstehen lassen (§ 552). e) Die Veräußerung eingebrachter Sachen durch den Mieter An mit dem Vermieterpfandrecht belasteten Sachen ist ein gutgläubig lastenfreier Erwerb Dritter nur unter den Voraussetzungen des § 936 möglich. Der Erwerber (993)

Volker Emmerich

32

§559 33-40

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

handelt jedoch grob fahrlässig, wenn er sich die Sachen auf dem gemieteten Grundstück in Kenntnis des Bestehens eines Mietvertrages übergeben läßt, ohne sich bei dem Vermieter nach dessen Pfandrecht zu erkundigen (RG JW 1907, 672 Nr 5; 1934, 1484 Nr 4; 1937, 613 Nr 3; BGH WM 1965, 701, 704 = JuS 1965, 409 f Nr 2). 33 Das Gesagte hat besondere Bedeutung für den Fall der Sicherungsübereignung: Nur an Sachen, die der Mieter schon vor ihrer Einbringung Dritten zur Sicherheit übereignet hat, kann der Vermieter folglich kein Pfandrecht erwerben. Hingegen ändert eine nachträgliche Sicherungsübereignung nichts mehr an dem schon entstandenen Pfandrecht des Vermieters (OLG Düsseldorf DWA 1933, 286). Ein gutgläubig lastenfreier Erwerb des Sicherungsnehmers wird auch bei Übergabe der Sachen durch den Mieter (§§ 930, 936 Abs 1 S 2) aus den genannten Gründen idR nicht in Betracht kommen (Rz 32). 34 Wer hiernach eine mit einem Vermieterpfandrecht belastete Sache erworben hat, darf einer Pfändung der Sache durch den Vermieter wegen Mietzinsrückständen nicht nach § 771 ZPO widersprechen, weil er die Verwertung der Sache durch den Vermieter nach materiellem Recht dulden muß (RG JW 1934, 1484 Nr 4). 35 f) Die unpfändbaren Sachen (§ 559 S 3) Aus sozialen Gründen (Mot II 405) sind die unpfändbaren Sachen des Mieters aus dem Haftungsverband herausgenommen worden (§ 559 S 3). Welche Sachen unpfändbar sind, ergibt sich dabei in erster Linie aus § 811 ZPO. Ob auch der in § 812 ZPO genannte Hausrat dazu gehört, ist str, nach dem Zweck des § 559 S 3 jedoch wohl zu bejahen (ebenso LG Köln ZMR 1964, 364). 36 Eine Art Austauschpfändung analog § 811 a ZPO kommt hier nicht in Betracht, weil das hierfür in § 811 a ZPO zum Schutze des Schuldners vorgesehene gerichtliche Verfahren nicht auf das Vermieterpfandrecht übertragbar ist (LG Aurich NJW 1954, 1606 f m zust Anm JANBERG; anders für die frühere Rechtslage JANBERG und V O G E L aaO). Hingegen spielt § 865 ZPO hier keine Rolle. Das Zubehör unterliegt uneingeschränkt dem Vermieterpfandrecht. 37 § 559 S 3 ist entsprechend seinem Zweck zwingend. Abweichende Vereinbarungen in einem Mietvertrag sind nicht möglich. Hingegen steht es dem Mieter frei, dem Vermieter einzelne an sich unpfändbare Sachen rechtsgeschäftlich zu verpfänden (§ 1205), wozu jedoch grundsätzlich Ubergabe der Sache an den Vermieter erforderlich ist ( s u R z 69). 38 Deshalb ist in der Praxis früher vielfach versucht worden, die Verpfändung durch die Begründung eines sog rechtsgeschäftlichen Zurückbehaltungsrechts zu ersetzen. Trotz Billigung durch die Rechtsprechung (insbes RGSt 35,150; 37,118,123 ff) ist dieser Versuch zur Umgehung des zwingenden § 559 S 3 jedoch von vornherein zum Scheitern verurteilt, weil der Vermieter durch eine solche Abrede weder den Besitz der Sache noch ein Recht zur Verwertung der Sache erlangen kann, so daß die Abrede ohne Sinn ist (ebenso schon eingehend die Voraufl Rz 40-45; BGBRGRK-GELHAAR § 559 Rz

14).

39 Bei der Pacht eines landwirtschaftlichen Grundstücks ergibt sich eine Erweiterung des Kreises der haftenden Sachen aus § 585 S 2. 40 4. Nur für Forderungen aus dem Mietverhältnis a) Aus kredit- und sozialpolitischen Erwägungen ist der Kreis der gesicherten Forderungen auf die Forderungen des Vermieters gerade aus dem Mietverhältnis Volker Emmerich

(994)

3. Titel. Miete. Pacht

§559 41-48

beschränkt worden. Mit Rücksicht auf diesen Zweck der Regelung darf der Kreis der gesicherten Forderungen grundsätzlich nicht erweiternd, sondern muß restriktiv ausgelegt werden, schon um eine übermäßige Beschränkung der wirtschaftlichen Bewegungsfreiheit des Mieters und eine übermäßige Benachteiligung der übrigen Gläubiger zu verhindern (RGZ 38, 66; grdleg BGHZ 60, 22, 24 f m Anm B R A X MAIER L M N r 5 z u § 5 5 9 B G B ; B G H L M N r 5 1 z u § 5 3 5 B G B =

N J W 1972, 721;

OLG Königsberg SeuffA 61 [1906] Nr 103; MITTELSTEIN 549 ff; N I E N D O R F S 400 ff). Forderungen aus dem Mietverhältnis sind nur solche, die sich aus dem Wesen des 41 Mietverhältnisses als einer entgeltlichen Gebrauchsüberlassung ergeben (BGH aaO), insbes also die Mietzinsforderung sowie sämtliche Ersatzansprüche des Vermieters wegen einer Beschädigung der Mietsache oder einer Verletzung der Anzeige- oder Rückgabepflicht durch den Mieter (§§ 545 Abs 2, 558, 556; BGH aaO). Gesichert sind außerdem nach § 1210 etwaige Ansprüche des Vermieters auf Zinsen und Vertragsstrafe, sowie die sog Nebenkosten des Vermieters als Pfandgläubiger (nach § 1210 Abs 2 die Kosten für Verwendungen, der Kündigung, der Rechtsverfolgung und des Pfandverkaufs, SIBER 1 0 ) . b) Dem Mietzinsanspruch stehen gleich die Ansprüche des Vermieters auf Bezah- 42 lung der sog Nebenkosten für Heizung, Müllabfuhr usw (s §§ 535, 536 Rz 106 ff), weil es sich dabei der Sache nach um einen Teil des Mietzinses handelt (BGHZ 60, 22, 25; KG OLGE 27, 155), weiter Ansprüche des Vermieters auf Leistung von Baukostenzuschüssen und sonstigen Zuschüssen zum Umbau oder Ausbau der gemieteten Räume (BGHZ 60, 22, 25 f; OLG Königsberg aaO), nicht jedoch ein Anspruch des Vermieters auf Rückzahlung eines dem Mieter nur im Zusammenhang mit dem Mietvertrag gegebenen Darlehens (BGH aaO). c) Zu den gesicherten Entschädigungsforderungen gehören auch die Ansprüche des 43 Vermieters aus § 557 sowie eine etwaige Mietausfallforderung namentlich im Falle vorzeitiger Kündigung oder Vertragsaufhebung (RG Recht 1909 Nr 1985; BGH LM Nr 51 zu § 535 BGB; KG DWA 1937, 226). d) Bei Vertragsverbindungen werden nur die Forderungen aus dem Mietvertrag 44 gesichert (BGHZ 60, 22, 26 ff). Bei gemischten Verträgen kommt es darauf an, ob das mietvertragliche Element eindeutig im Vordergrund steht. Das ist etwa anzunehmen, wenn der Zimmervermieter zusätzlich die Reinigung oder die teilweise Verpflegung des Mieters übernimmt und für alle diese Leistungen ein einheitlicher Mietzins vereinbart worden ist (BGHZ 60, 22, 25). Anders jedoch, sobald diese Leistungen eigenständig neben die Raumüberlassung 45 treten; dann besteht das Pfandrecht des Vermieters nur noch für den dem Mietzins entsprechenden Teil der Vergütung (OLG Kiel SchlHA 1923, 6; MITTELSTEIN 550). Ebenso wenn der Mieter verpflichtet ist, sein Bier bei dem Vermieter zu beziehen; die daraus entstehende Kaufpreisforderung des Vermieters ist durch das Vermieterpfandrecht ebenfalls nicht gesichert (RG JW 1905, 19 Nr 16; Recht 1909 Nr 3332). e) Wenn der Mieter die Mietzinsschuld seines Vorgängers als eigene übernimmt, 46 unterliegen die eingebrachten Sachen des Mieters dem Vermieterpfandrecht auch wegen der übernommenen Schuld (BGH LM Nr 3 zu § 559 BGB B1 4 R = JuS 1965, 409 f Nr 2 m Nachw). Anders jedoch im Falle einer bloßen Erfüllungsübernahme nach § 329 (BGH aaO). 47 Auch die Ansprüche des Vermieters gegen einen etwaigen Bürgen für den Mieter 48 werden durch das Pfandrecht nicht gesichert; ebensowenig Ansprüche wegen der Kosten der Verfolgung eines durch den Mieter zusätzlich bestellten rechtsgeschäftli(995)

Volker Emmerich

§559 49-53

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

chen Pfandrechts oder wegen der Kosten eines gegen einen Gläubiger des Mieters geführten Widerspruchsprozesses.

49 V. Die ausgeschlossenen Forderangen (§ 559 S 2) Um eine übermäßige Sicherung des Gläubigers zu verhindern, bestimmt Satz 2 des § 559, daß für zwei Forderungsgruppen das Vermieterpfandrecht nicht „geltend gemacht" werden kann. Es sind dies einmal die künftigen Entschädigungsforderungen, zum anderen die Mietzinsforderungen für eine spätere Zeit als das laufende und das folgende Mietjahr.

50 1. Die künftigen Entschädigungsforderangen Zukünftige Entschädigungsforderungen sind alle Ersatzansprüche des Vermieters, namentlich wegen einer Beschädigung der Mietsache, die jetzt, dh im Augenblick ihrer Geltendmachung, noch nicht liquide sind, so daß sie auch noch nicht mit Erfolg eingeklagt werden können. Es genügt also nicht, daß schon der Anspruchsgrund, zB durch eine Beschädigung der Mietsache, erfüllt ist, wenn im Augenblick noch nicht feststeht, ob oder welchen Schaden daraus der Vermieter erleiden wird (RGZ 54, 301, 302; 142, 201; RG JW 1909, 434; 1934, 403, 404; BGH LM Nr 51 zu § 535 BGB B1 2 R m Nachw; MITTELSTEIN 552 f; N I E N D O R F F 401 f). Hingegen ist der Streit, ob die Entschädigungsforderung auch fällig sein muß, gegenstandslos, da alle Schadensersatzansprüche grundsätzlich in dem Augenblick fällig werden, in dem ihr Entstehungstatbestand voll erfüllt ist. 51 Zu den Entschädigungsforderungen gehören - trotz ihrer Verwandtschaft mit den Mietzinsforderungen - auch die Ansprüche des Vermieters wegen einer Vorenthaltung der Sache (§ 557), sowie alle Mietzinsausfallforderungen wegen einer vorzeitigen Auflösung des Vertrages (BGH aaO). 52 Maßgeblicher Zeitpunkt für die Frage, ob es sich um eine gegenwärtige oder um eine zukünftige Entschädigungsforderung handelt, ist der ihrer Geltendmachung. Dazu ist keine gerichtliche Geltendmachung nötig; vielmehr genügt jeder Vorgang, durch den der Vermieter sein gesetzliches Pfandrecht zur Geltung bringt. Beispiele sind die Verhinderung der Entfernung, die Inbesitznahme, sowie die Erhebung der Klage auf Herausgabe der Sache oder auf vorzugsweise Befriedigung aufgrund des § 805 ZPO (RGZ 54, 301, 303; RG JW 1934, 403,404; BGH aaO; OLG Hamburg OLGE 20, 110). Durch eine derartige Geltendmachung wird aber der Vermieter natürlich nicht gehindert, für später entstandene Entschädigungsforderungen sein Pfandrecht erneut geltend zu machen (BGH aaO), nur daß dann zwischenzeitlich begründete Pfändungspfandrechte Dritter ggf den Vorrang haben (str). 53 Zukünftige Entschädigungsforderungen sind hiernach zB: Forderungen für Schäden, die sich erst nach Beendigung des Vertragsverhältnisses ergeben, so wenn jetzt noch nicht feststeht, ob und zu welchen Bedingungen die Sache anderweitig vermietet werden kann (RGZ 142, 201); Forderungen wegen einer mangelhaften Instandhaltung der Sache, die erst geltend gemacht werden können, wenn der Mieter auch bei Ablauf der Mietzeit seine Instandhaltungspflicht nicht erfüllt hat (RG JW 1909, 657, 658); Forderungen wegen einer Kündigung durch den Konkursverwalter (RG JW 1909, 424, 425); Forderungen auf Ersatz eines etwaigen Pachtzinsausfalles nach einverständlicher Aufhebung des Vertrages (RG Recht 1909 Nr 1985; BGH LM Nr 51 zu § 535 BGB); schließlich alle betagten und befristeten Ersatzansprüche. Volker Emmerich

(996)

§559 3. Titel. Miete. Pacht

54-62

2. Die zukünftigen Mietzinsforderungen

54

Das Pfandrecht kann außerdem nicht für Mietzinsforderungen für eine spätere Zeit als das laufende und das folgende Mietjahr geltend gemacht werden. Folglich haften die Sachen des Mieters zunächst uneingeschränkt für sämtliche Mietzinsrückstände. Hier ergeben sich Einschränkungen nur gegenüber Pfändungsgläubigern aus § 563 sowie im Konkurs aus § 49 Abs 1 Nr 2 Hs 2 KO (dazu insbes BGH LM Nr 1 zu § 49 KO = NJW 1959, 2251). Maßgebender Zeitpunkt für die Abgrenzung zwischen den Rückständen und den 55 zukünftigen Mietzinsforderungen ist auch hier der der Geltendmachung der Mietzinsforderung (s deshalb im einzelnen oben Rz 52). Das gilt auch im Falle einer Pfändung der Mietsache durch andere Gläubiger des Mieters. Für die Berechnung des Zeitraumes, auf den sich hiernach das Vermieterpfandrecht erstreckt, ist mithin in einem solchen Falle nicht die Pfändung, sondern die Geltendmachung des Pfandrechts durch den Vermieter maßgebend. Dieser Zeitpunkt kann jedenfalls nicht früher als der Zeitpunkt liegen, in dem der Vermieter erstmals von der Pfändung des dritten Gläubigers Kenntnis erlangt hat (RGZ 54, 301, 303; KG OLGE 11, 143; alles sehr str). Da das Gesetz ausdrücklich auf das Mietjahr abstellt, kommt es hierbei auf das 56 laufende Kalenderjahr nicht an (ebenfalls str). Das erste Mietjahr beginnt mit dem Tag des Beginnes des Mietverhältnisses, jedes spätere mit den diesem Tage entsprechenden Tagen der folgenden Jahre (NIENDORFF 4 0 0 f). Umstr ist die Rechtslage insoweit nur bei auf unbestimmte Zeit geschlossenen 57 Verträgen. Hier wird die Geltendmachung des Pfandrechts häufig auf den Zeitraum bis zur nächsten zulässigen Kündigung beschränkt (MITTELSTEIN 5 5 4 ; NIENDORFF aaO). Indessen zwingt der Wortlaut des Gesetzes nicht zu einer solchen Einschränkung der Vermieterrechte (OLG Hamburg OLGE 3, 236; 20, 110). Für Mietverträge mit Verlängerungsklauseln (s Vorbem 121 zu § 535, 536) folgt 58 hieraus, daß das Vermieterpfandrecht auch die Forderungen des Vermieters auf den Mietzins für den Verlängerungszeitraum nach Unterlassung der Kündigung sichert. Bei der Verpachtung landwirtschaftlicher Grundstücke findet hingegen die Ein- 59 schränkung des § 559 S 2 hinsichtlich zukünftiger Mietzinsforderungen keine Anwendung (§ 585 S 1). 3. Rechtsfolge

60

Das Gesetz sagt nur, daß für die ausgeschlossenen Forderungen das Pfandrecht nicht „geltend gemacht" werden kann. Das kann aber sinnvollerweise nur bedeuten, daß insoweit gar kein Pfandrecht entsteht (ebenfalls sehr str). VI. Einzelfragen

61

a) Im Falle der Veräußerung des Grundstücks geht nach § 571 auch das Vermieterpfandrecht auf den Erwerber über. Soweit aber die Sache dem Veräußerer noch für schon entstandene und noch nicht befriedigte Ansprüche aus dem Mietverhältnis haftet, bleibt auch dessen Pfandrecht bestehen. Beide Vermieterpfandrechte haben dann denselben Rang (§ 571 Rz 58 m Nachw). b) Im Falle einer Abtretung der Vermieteransprüche gelten die §§401,1250 Abs 62 1 S 1 und 1257, so daß mit der abgetretenen Forderung auch das dafür bestehende Vermieterpfandrecht auf den Zessionar übergeht ( W E I M A R ZMR 1964, 228; str). (997)

Volker Emmerich

§559 63-70

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

Erwirbt auf diese Weise ein Gläubiger des Mieters, dem der Mieter zuvor mit dem Vermieterpfandrecht belastete Gegenstände zur Sicherung übereignet hatte, durch Abtretung die Mietzinsforderung und das Vermieterpfandrecht, so geht das Pfandrecht durch seine Vereinigung mit dem Eigentum unter (BGHZ 27, 227). 63 c) Das Vermieterpfandrecht kann durchaus auch mit einem Pfändungspfandrecht des Gläubigers zusammentreffen. Das Pfändungspfandrecht richtet sich dann jedoch ausschließlich nach der ZPO, so daß sich der Vermieter hier auch alle Einwendungen des Mieters gefallen lassen muß, die dem Schuldner gegen die Zwangs vollstrekkung zustehen (KG OLGE 22, 250; OLG Hamburg OLGE 22, 251; OLG München BayZ 1914, 155, 156; aM KG OLGE 11, 311, 312). Die Pfändung kann daher auch nicht als Geltendmachung des Vermieterpfandrechts oder als Widerspruch gegen die Entfernung der eingebrachten Sachen aufgefaßt werden ( M I T T E L S T E I N 391 ff m Nachw zu dieser früher sehr str Frage). 64 d) Nach Anordnung der Zwangsverwaltung über das vermietete Grundstück muß der Verwalter das Vermieterpfandrecht geltend machen. Folglich muß er auch die daraus entspringenden Pflichten des Pfandgläubigers, insbes dessen Verwahrungspflicht, übernehmen (RG DJZ 1924, 908). 65 e) Übt der Vermieter schuldhaft ein unbegründetes Pfandrecht aus, so macht er sich ersatzpflichtig (OLG Marienwerder OLGE 27, 157, 158). Der Vermieter handelt jedoch noch nicht ohne weiteres schuldhaft, wenn er unpfändbare Sachen oder Sachen Dritter ohne genauere Prüfung aufgrund seines vermeintlichen Pfandrechtes zurückhält ( W E I M A R ZMR 1960, 259; § 561 Rz 6) 66 Auch ohne Rücksicht auf Verschulden besteht jedoch ein Anspruch des Mieters auf Herausgabe der Nutzungen, wenn der Vermieter unbefugt die in Pfandbesitz genommenen Sachen des Mieters vermietet (§ 816 Abs 1 S 1 analog). 67 f) Der Mieter ist dem Vermieter auf Befragen zur Offenbarung darüber verpflichtet, daß ein Gläubiger eingebrachte Sachen gepfändet hat. Unterläßt er die Offenbarung, so haftet er dem Vermieter für den daraus entstehenden Schaden (LG Berlin HuW 1952, 190). 68 g) Werden Sachen, die dem Pfandrecht des Vermieters unterliegen, auf Betreiben eines Pfändungsgläubigers versteigert, so muß der Pfändungsgläubiger dem Vermieter die Bereicherung herausgeben (§ 812 Abs 1S 1 oder § 816 Abs 1 S 1 ; OLG Stettin OLGE 3,357). Entsprechend ist die Rechtslage, wenn der Konkursverwalter die mit dem Pfandrecht des Vermieters belasteten Sachen veräußert (OLG Celle OLGE 9, 296, 297; auch RG Recht 1909 Nr 2648). 69 h) § 559 ist nicht zwingend, so daß durch den Mietvertrag die Entstehung des Vermieterpfandrechts ausgeschlossen oder von zusätzlichen Bedingungen abhängig gemacht werden kann (RGZ 141, 99, 102). Für den nachträglichen Verzicht des Vermieters auf das schon entstandene Pfandrecht gilt hingegen § 1255. Erweiterungen des § 559 durch AGB oder Formularverträge, zB durch die Verpflichtung zur Sicherungsübereignung unpfändbarer Sachen oder zur Stellung von Bürgen, dürften, soweit überhaupt möglich (o Rz 37 f), an § 9 AGBG scheitern ( L Ö W E - G R A F VON WESTPHALEN-TRINKNER, AGBG § 9 Rz 66, 108). 70 VII. Beweislast Die Beweislast für die Entstehung des Pfandrechts trifft den Vermieter. Folglich muß der Vermieter auch beweisen, daß die Sachen dem Mieter gehören. Bestreitet jedoch der Mieter sein Eigentum an solchen Sachen, die er bisher ständig wie eigene benutzt hat, so muß er im einzelnen darlegen, aus welchen Gründen er gleichwohl Volker Emmerich

(998)

3. Titel. Miete. Pacht

§§ 559, 560 71

kein Eigentum an diesen Sachen hat; ein unsubstantiiertes Bestreiten des Mieters genügt gerade hier nicht (MITTELSTEIN 545 f; SIBER 65; weitergehend RGZ 146, 334; KG GrundE 1935, 461). Hingegen obliegt dem Mieter die Beweislast für die Unpfändbarkeit einzelner vom Vermieter aufgrund seines Pfandrechts in Anspruch genommener Sachen. Auch die Vermutung des § 1006 kommt dem Vermieter nicht zugute, weil er nicht 71 Besitzer ist (MITTELSTEIN aaO). Sobald aber der Vermieter die Sache aufgrund seines Sperrechts (§ 561) in Besitz genommen hat, ist es nunmehr Sache eines Dritten, der aufgrund seines angeblichen Eigentums Herausgabe der Sache vom Vermieter verlangt, sein Eigentum zu beweisen (MITTELSTEIN aaO Fn 4 8 ; N I E N D O R F F 3 9 4 ) . §560

Das Pfandrecht des Vermieters erlischt mit der Entfernung der Sachen von dem Grundstück, es sei denn, daß die Entfernung ohne Wissen oder unter Widerspruch des Vermieters erfolgt. Der Vermieter kann der Entfernung nicht widersprechen, wenn sie im regelmäßigen Betriebe des Geschäfts des Mieters oder den gewöhnlichen Lebensverhältnissen entsprechend erfolgt oder wenn die zurückbleibenden Sachen zur Sicherung des Vermieters offenbar ausreichen. E I § 521; E II § 502; E III § 553; Mot II 407 f; Prot II 207 f.

Schrifttum Siehe schon bei § 559, außerdem insbes BRONSCH, Das Vermieterpfandrecht am Kraftfahrzeug, ZMR 1970, 1 ; ders, Anm. NJW 1968,1936; FRANCKE, Zum Pfandrecht des Vermieters, Gruchot 51 (1907) 556; HOLZINGER, Muß sich der Vermieter, der einem Pfändungspfandgläubiger gegenüber sein Vorzugsrecht nach § 805 ZPO geltend macht, von diesem den Einwand gefallen lassen, er hätte sich an andere, einem Dritten nach § 930 zur Sicherung übereignete Sachen des Schuldners halten können, die sich zur Zeit der Pfändung noch in den Mieträumen befanden? BayZ 1929, 89; RIEFE, Finden die §§ 560, 561 BGB auch auf den Fall einer Wegnahme durch den Gerichtsvollzieher im Wege der Pfändung für einen dritten Gläubiger Anwendung? DJZ 1903, 175; KOHL, Zum Erlöschen des Vermieterpfandrechts an Kraftfahrzeugen, NJW 1971, 1733; ders - ULLMANN, Anm ZMR 1971, 350; LIPPMANN, Das Pfandrecht des Vermieters gegenüber einer Zwangsvollstreckung in die Illaten des Mieters, SeuffBl 72 (1907) 761; METZGES, Das Vermieterpfandrecht gegenüber der Zwangsvollstreckung, Gruchot 49 (1905) 495; MITTELSTEIN, Die Miete nach dem Rechte des deutschen Reiches (4. Aufl 1932) 565 ff; NIEDNER, Bedingte Eigentumsübertragung und Vermieterpfandrecht, DJZ 1907, 569; NIENDORFF, Mietrecht nach dem BGB (10. Aufl 1914) 403 ff; RAAPE, Resolutivbedingung und gesetzliches Pfandrecht, DJZ 1908, 133; REINICKE, Gesetzliche Pfandrechte und Hypotheken am Anwartschaftsrecht aus bedingter Übereignung (1941); SCHOPP, Anm NJW 1971, 1141; TRENCK-HINTERBERGER, Der Begriff der „Entfernung" iS des § 560 BGB, ZMR 1971, 329; WEIMAR, Das Erlöschen des Vermieterpfandrechts bei genügender Sicherheit des Vermieters, ZMR 1972,4; ders, Erlischt das Vermieterpfandrecht bei vorübergehender Entfernung eingebrachter Kraftfahrzeuge? ZMR 1972, 295; WERNER, Das Erlöschen des Vermieterpfandrechts, JR 1972, 235.

Systematische Übersicht Vorbemerkung 1

1. Allgemeines 8 2. Die Entfernung kraft Hoheitsrechts 11

I. Die verschiedenen Erlöschensgründe 2 1. Die allgemeinen Erlöschensgründe 2 2. Der Sonderfall des S 560 7

IIL

Ausnahmen 14 Entfernung ohne Wissen des Vermieters 15 II. Die Entfernung der Sachen vom Grundstück 2. Die Entfernung unter Widerspruch des Ver8 mieters 16

(999)

1



Dle

Volker Emmerich

§560 1-3

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

IV. Der Ausschluß des Widerspruchsrechts 22 b) Die Entfernung entsprechend den gewöhnli1. Allgemeines 22 chen Lebensverhältnissen 31 2. Die einzelnen Fälle 29 c) Die Sicherung des Vermieters durch die zua) Die Entfernung im regelmäßigen Betrieb des rückbleibenden Sachen 32 Geschäfts des Mieters 29 V. Beweislast 34

ne Übersicht lastenfreier Erwerb 5

Abweichende Vereinbarungen 24 Allgemeine Erlöschungsgründe 2 Annahmeverzug des Vermieters 25 Ausschluß des Widerspruchrechts 22

Pfändungspfandrecht 28 Prioritätsgrundsatz 12

Beweislast 34 Eigentum 4 Entfernung der Sachen 7 f, 10,14 Entfernung ohne Wissen des Vermieters 15 Entfernung unter Widerspruch des Vermieters 16 Erlöschungsgründe 2

Raummiete 9 regelmäßiger Betrieb des Geschäfts des Mieters 29 f Sperrecht 16, 22 Tilgung 3 Verwahrung 6 Verweigerungseinrede 12 Verweisungsrecht 33 Verzicht 15

Gerichtsvollzieher 11 gewöhnliche Lebensverhältnisse 31 hoheitliche Anordnung 25 Hoheitsrecht 11

Widerspruch 16-21

Konkursverwalter 27

Zurückbleibende Sachen 32

1 Vorbemerkung Im gemeinen Recht hatte die Entfernung der Mietersachen von dem vermieteten Grundstück grundsätzlich keinen Einfluß auf den Fortbestand des Vermieterpfandrechts. Hingegen war in den Partikularrechten diese Frage sehr unterschiedlich geregelt. Im Gebiet des preußischen ALR wurde idR darauf abgestellt, ob die Entfernung der Sachen heimlich oder gegen den Widerspruch des Vermieters erfolgt war (s im einzelnen Mot II 407 f). Das BGB ist auch hierin dem Vorbild des preußischen Rechts gefolgt; die 2. Kommission hat lediglich an die Stelle der heimlichen Entfernung diejenige ohne Wissen des Vermieters gesetzt (Prot II 207 f). I. Die verschiedenen Erlöschensgründe 2 1. Die allgemeinen Erlöschensgründe a) Für das Vermieterpfandrecht als (besitzloses) gesetzliches Pfandrecht gelten nach § 1257 grundsätzlich dieselben Erlöschensgründe wie für das durch Rechtsgeschäft bestellte Faustpfandrecht. Hervorzuheben sind hier nur die Fälle des § 1242 Abs 2 S 1 sowie der §§ 1250 Abs 2, 1252, 1255 und 1256. 3 Der wichtigste Fall, in dem hiernach das Vermieterpfandrecht erlischt, ist der des § 1252: Mit Tilgung der gesicherten Forderung des Vermieters erlischt das Pfandrecht des Vermieters. Dafür genügt jedoch nicht die pünktliche Zahlung der jeweils Volker Emmerich

(1000)

3. Titel. Miete. Pacht

§560 4-8

fälligen Forderungen des Vermieters; vielmehr muß darüber hinaus feststehen, daß für den Vermieter aus dem Mietverhältnis überhaupt keine Forderungen mehr entstehen können, weil das Vermieterpfandrecht die gesamten auch zukünftigen Forderungen des Vermieters aus dem Mietverhältnis (in den Grenzen des § 559 S 2) sichert (ROQUETTE § 560 Rz 3). Das Pfandrecht des Vermieters erlischt mithin, wenn anstelle des Mieters ein neuer Mieter in den Mietvertrag eintritt und der Vermieter keine Forderungen gegen den ersten Mieter mehr hat, selbst wenn dessen Sachen in der Wohnung bleiben (OLG Hamburg OLGE 7,462). Hingegen wird das Vermieterpfandrecht nicht dadurch berührt, daß der Vermieter seine Eigenschaft als Vermieter einbüßt (KG GrundE 1932, 832). Das ist besonders wichtig für den Fall der Veräußerung des Grundstücks (s § 571). Das Vermieterpfandrecht erlischt nach § 1256 weiterhin, sobald es mit dem Eigen- 4 tum an der Sache zusammentrifft. So zB, wenn der Mieter dem Vermieter die betreffenden Sachen zur Sicherheit übereignet oder wenn der Vermieter die gesicherten Forderungen an einen Sicherungsnehmer des Mieters abtritt (BGHZ 27, 227, 233). Weitere Erlöschensgründe ergeben sich aus § 936. Jedoch ist ein gutgläubig lasten- 5 freier Erwerb von Sachen des Mieters, die mit dem Vermieterpfandrecht belastet sind, jedenfalls vor deren Entfernung von dem gemieteten Grundstück nur in Ausnahmefällen möglich (s § 559 Rz 32 f). b) Sobald das Vermieterpfandrecht erloschen ist, kann der Vermieter (selbstver- 6 ständlich) von dem Mieter nicht mehr Herausgabe der Sachen zum Zwecke deren Verwertung verlangen. Hat er vorher schon aufgrund seines Pfandrechts Sachen des Mieters in Besitz genommen (s § 561), so muß er sie jetzt dem Mieter zurückgeben (§ 985); außerdem muß er Schadensersatz wegen Veränderungen oder Verschlechterungen der Sache durch deren mangelhafte Verwahrung leisten (§ 1215; OLG Zweibrücken OLGE 5, 27, 28).

2. Der Sonderfall des § 560

7

Einen weiteren besonderen Erlöschensgrund für das Vermieterpfandrecht regelt § 560: Im Anschluß namentlich an das preußische Recht ist hier bestimmt, daß das Vermieterpfandrecht erlischt, sobald die dem Pfandrecht unterliegenden Sachen des Mieters von dem vermieteten Grundstück entfernt sind. Davon gibt es jedoch zwei Ausnahmen: Das Pfandrecht erlischt nicht, wenn die Entfernung ohne Wissen des Vermieters (nicht notwendig heimlich) erfolgt oder wenn der Vermieter der Entfernung widerspricht (sog Sperrecht des Vermieters). Zur Durchsetzung dieses Rechts räumt § 561 dem Vermieter außerdem ein Selbsthilferecht ein. Auf der anderen Seite hat das Gesetz jedoch auch, um eine übermäßige Beschränkung des Mieters zu verhindern, in Satz 2 des § 560 diesem Recht des Vermieters sehr enge Grenzen gesetzt (BGH LM Nr 2 zu § 560 BGB = NJW 1963, 147), so daß heute die praktische Bedeutung des Vermieterpfandrechts nur noch gering ist (so OLG Karlsruhe NJW 1971, 624, 625).

II. Die Entfernung der Sachen vom Grundstück Nach § 560 S 1 erlischt das Vermieterpfandrecht grundsätzlich mit der Entfernung der Sachen des Mieters von dem Grundstück. (looi)

Volker Emmerich

8

§560 9-12

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

1. Allgemeines Die Entfernung ist das Gegenstück zu der Einbringung der Sachen, durch die nach § 559 S 1 das Pfandrecht des Vermieters begründet wird. Wie diese bildet sie daher eine reine Tathandlung, bei der es allein auf den Erfolg, nicht hingegen auf den Willen und die Person der Beteiligten ankommt. Es genügt maW jede willentliche Wegschaffung der eingebrachten Sachen durch den Mieter oder einen Dritten, selbst durch einen Dieb. Geschäftsfähigkeit des Mieters ist nicht erforderlich (s im einzelnen M I T T E L S T E I N 5 6 8 ff; N I E N D O R F F 4 0 3 ff). 9 a) Bei der Raummiete ist umstr, ob schon eine Entfernung der Sachen aus den gemieteten Räumen für das Erlöschen des Pfandrechtes genügt (so nur R O Q U E T T E § 560 Rz 5 f) oder ob die Sachen darüberhinaus auch von dem ganzen Vermietergrundstück entfernt worden sein müssen (so die hM im Anschluß an die Prot II 207 f; zB RGSt 10, 321; RG SeuffA 73 (1918) Nr 157; vermittelnd M I T T E L S T E I N 567 f). Aus § 580 folgt, daß bei der Raummiete die gemieteten Räume an die Stelle des Grundstücks in allen Vorschriften über die Grundstücksmiete treten, so daß auch in § 560 S 1 grundsätzlich schon die bloße Entfernung der Sachen aus den gemieteten Räumen das Erlöschen des Vermieterpfandrechts bewirkt. Den gemieteten Räumen müssen dabei jedoch die mitvermieteten Grundstücksteile wie Treppen, Flure und Zugänge gleichgestellt werden. 10 b) Schon aus praktischen Gründen kann hier nicht danach unterschieden werden, ob die Entfernung endgültig oder nur zu vorübergehenden Zwecken erfolgt (anders die früher hM). Daher erlischt das Vermieterpfandrecht auch, wenn der Mieter zB sein Auto aus der gemieteten Garage herausfährt; mit jeder Rückkehr in die Garage wird dann das Vermieterpfandrecht erneut begründet.* 11 2. Die Entfernung kraft Hoheitsrechts a) Auch eine Entfernung von Sachen des Mieters kraft Hoheitsrechts, insbes durch den Gerichtsvollzieher, ist eine Entfernung iS des § 560 S 1, so daß damit das Vermieterpfandrecht erlischt (sehr str). § 805 ZPO steht nicht entgegen, sondern bestätigt im Gegenteil dieses Ergebnis. Ohnehin könnte sich der Vermieter gegen eine Pfändung von Sachen des Mieters und deren Entfernung durch den Gerichtsvollzieher nicht mit der Erinnerung nach § 766 ZPO wehren, weil er keinen Besitz hat. Unerheblich ist auch, daß dem Vermieter hier durch das öffentliche Recht sein Widerspruchsrecht aufgrund des § 560 S 1 genommen ist. Das Gesetz hat mit Bedacht dem Vermieterpfandrecht zum Schutze des Mieters enge Grenzen gezogen. Das muß sich auch und gerade in den hier problematischen Fällen auswirken. Der Vermieter ist durch § 805 ZPO ausreichend geschützt.** 12 b) Da sich ein Pfändungsgläubiger gegenüber der Klage des Vermieters aus § 805 ZPO auf § 560 S 2 berufen kann (s u Rz 33), ergeben sich außerordentlich schwierige Fragen, wenn von mehreren Gläubigern des Mieters verschiedene Mie* OLG Karlsruhe NJW 1971, 624 f; LG Koblenz JW 1929,959;

BRONSCH, K O H L , T R E N C K - H I N T E R -

BERGER a a O ; P A L A N D T - P U T Z O § 5 6 0 A n m 2 ; R O Q U E T T E § 5 6 0 R z 1 4 ; MITTELSTEIN 5 6 8 f ; a M

zB

E R M A N - S C H O P P § 5 6 0 R z 4 ; SCHOPP a a O ; S O E R G E L - M E Z G E R § 5 6 0 R z 1 ; W E I M A R Z M R 1 9 7 2 , 2 9 5 , 2 9 6 ; B G B - R G R K - G E L H A A R § 5 6 0 R z 7.

** R G Z 71, 418, 419; KG OLGE 27, 175, 176; OLG Kiel OLGE 7, 463; LIPPMANN a a O ; PALANDT-PUTZO § 5 6 0 A n m 2 ; SOERGEL-MEZGER § 5 6 0 R z 2 ; B G B - R G R K - G E L H A A R § 5 6 0

Rz

4, § 563 Rz 1; ebenso im Ergebnis BGHZ 27, 227, 231; aM Voraufl Rz 15 ff; OLG Breslau Recht 1906 Nr 922; OLG Nürnberg BayZ 1906, 230; OLG Dresden SeuffA 63 (1908) Nr 154; OLG Hamburg SeuffBl 75 (1910) 654, 655; K I E F E und M E T Z G E S aaO; H U G O EMMERICH, Pfandrechtskonkurrenzen 463; MITTELSTEIN 566 f, bes 599 f m Nachw; SIBER, Pfandrecht des Vermieters (1900) 81.

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(1002)

3. Titel. Miete. Pacht

§560 13-17

tersachen gepfändet werden und sich der Vermieter entscheiden muß, gegenüber welchem Gläubiger er seinen Anspruch auf vorzugsweise Befriedigung geltend machen soll (§ 805 ZPO). Der Prioritätsgrundsatz (§ 804 Abs 3 ZPO) wird hier dazu führen müssen, daß jener Pfändungsgläubiger die Verweisungseinrede des § 560 S 2 hat, der nachweisen kann, daß im Augenblick seiner Pfändung die verbleibenden Sachen zur Sicherung des Vermieters offenbar ausgereicht haben (MITTELSTEIN 6 0 6 ; NIENDORFF 4 2 5 ; SOERGEL-MEZGER § 5 6 0 R z 7 ; o f f e n g e l a s s e n in

BGHZ 27, 227, 234 m Nachw). Der Vermieter kann jedoch dem Pfändungsgläubiger in einem solchen Fall die 13 Verweisungseinrede des § 560 S 2 Fall 3 immer noch dadurch aus der Hand schlagen, daß er hinsichtlich der zurückgebliebenen Sachen auf sein Pfandrecht verzichtet (§ 1255 Abs 1; BGHZ 27, 227, 234 f). Gleich steht der Fall, daß der Vermieter inzwischen das Eigentum an den verbliebenen Sachen erworben hat ( § 1 2 5 6 Abs 1; BGH aaO).

III. Ausnahmen

14

Die Entfernung bewirkt nach § 560 S 1 nicht generell das Erlöschen des Vermieterpfandrechts. Das Pfandrecht bleibt vielmehr bestehen, wenn die Entfernung entweder ohne Wissen des Vermieters oder unter dessen Widerspruch erfolgt. 1. Die Entfernung ohne Wissen des Vermieters

15

Wenn die Mietersachen unter den Augen des Vermieters aus den gemieteten Räumen oder von dem vermieteten Grundstück entfernt werden, ohne daß der Vermieter irgend etwas dagegen unternimmt, kann man davon ausgehen, daß er auf sein Pfandrecht verzichtet. Darauf beruht letztlich der Grundsatz des § 560 S 1, daß mit Entfernung der Sachen von dem Grundstück das Pfandrecht erlischt. Dementsprechend bleibt das Pfandrecht bestehen, wenn die Entfernung ohne Wissen des Vermieters oder seines Vertreters (§ 166 Abs 1) erfolgt (s Mot II 407 f). Heimlichkeit der Entfernung ist dafür nicht erforderlich (Pro II 207 f gegen E I § 521), sofern nur der Vermieter selbst von der Entfernung nichts erfährt (WERNER JR 1972,235). Grobfahrlässige Unkenntnis steht hier der Kenntnis (dem Wissen) des Vermieters nicht gleich. Auch ein beschränkt geschäftsfähiger Vermieter kann diese Kenntnis erlangen, nicht jedoch ein geschäftsunfähiger Vermieter.

2. Die Entfernung unter Widerspruch des Vermieters

16

Erlangt der Vermieter von der Entfernung der Sachen des Mieters Kenntnis, so kann er sein Pfandrecht sich nur dadurch erhalten, daß er der Entfernung (sofort) widerspricht (sog Sperrecht). Zur Durchsetzung dieses Rechts hat ihm das Gesetz außerdem in § 561 ein besonderes Selbsthilferecht eingeräumt. a) Für den Widerspruch ist keine bestimmte Form vorgeschrieben. Er kann sich also auch aus den Umständen ergeben, muß sich aber immer auf einen bestimmten Entfernungsfall beziehen und deshalb grundsätzlich unmittelbar vor oder während der Entfernung erklärt werden. Ein allgemein im voraus, zB im Mietvertrag erklärter Widerspruch ist wirkungslos. Ebenso ein Widerspruch nach Entfernung der Sachen vom Grundstück (s § 561; ROQUETTE § 560 Rz 11). Nach hM braucht der Widerspruch nicht gegenüber dem Mieter zu erfolgen (NIEN- 17 DORFF 404; ROQUETTE a a O Rz 10). Dies ist jedoch mit dem rechtswahrenden (1003)

Volker Emmerich

§560 18-25

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

Charakter des Widerspruchs gerade im Verhältnis zwischen Mieter und Vermieter unvereinbar. Lediglich wenn die Entfernung durch Dritte erfolgt, wird der Vermieter auch ihnen gegenüber widersprechen können. 18 Der Widerspruch ist keine Willenserklärung, wohl aber eine Rechtshandlung und setzt deshalb wenigstens beschränkte Geschäftsfähigkeit des Vermieters voraus. 19 b) Der Vermieter hat das Widerspruchsrecht auch bei solchen Sachen, an denen dem Mieter lediglich ein Anwartschaftsrecht zusteht (BGHZ 35, 85, 94; REINICKE 44). 20 In Ausnahmefällen kann auch in der vorherigen Pfändung der Sachen ein Widerspruch des Vermieters gegen deren nachfolgende Entfernung zu sehen sein (OLG Hamburg OLGE 22, 251; LG Berlin JW 1928, 760). 21 c) Macht der Vermieter von seinem Widerspruchsrecht keinen Gebrauch, so erlischt sein Pfandrecht endgültig durch die Entfernung der Sachen. Ebenso, wenn er zwar widersprochen hat, ihm aber tatsächlich nach § 560 S 2 kein Widerspruchsrecht zusteht (RGZ 74, 247, 248).

IV. Der Ausschluß des Widerspruchsrechts 22 1. Allgemeines Um den Mieter in seinen Lebens- und Geschäftsverhältnissen nicht übermäßig zu behindern, hat das Gesetz dem Sperrecht des Vermieters durch § 560 S 2 enge Grenzen gezogen (BGH LM Nr 2 zu § 560 BGB; MITTELSTEIN 571 ff; NIENDORFF 404 f). Der Vermieter darf deshalb der Entfernung in drei Fällen nicht widersprechen, nämlich 1. wenn die Entfernung im regelmäßigen Betrieb des Geschäfts des Mieters erfolgt, 2. wenn sie den gewöhnlichen Lebensverhältnissen des Mieters entspricht, sowie 3. wenn die zurückbleibenden Sachen zur Sicherung des Vermieters offenbar ausreichen. In diesen Fällen ist ein gleichwohl erklärter Widerspruch unbeachtlich und hindert nicht das Erlöschen des Pfandrechts mit der Entfernung der Sachen von dem vermieteten Grundstück. 23 b) Der maßgebende Zeitpunkt, in dem die Voraussetzungen des Satzes 2 vorliegen müssen, wenn dem Vermieter kein Widerspruchsrecht zustehen soll, ist der der Entfernung der Sachen. Sind jedoch Sachen des Mieters weggeschafft worden, ohne daß das Vermieterpfandrecht erloschen ist, so hat eine spätere Verminderung der Vermieterforderung nicht zur Folge, daß der Vermieter den jetzt zu seiner Deckung nicht mehr erforderlichen Teil der Mietersachen freigeben muß (KG OLGE 20, 189, 190). Umgekehrt kann der Vermieter aber auch sein Widerspruchsrecht nicht damit begründen, daß er ein besonderes Interesse daran hat, gerade aus den weggeschafften Sachen befriedigt zu werden, sofern zB die verbliebenen Sachen zu seiner Sicherung vollauf ausreichen (KG OLGE 27, 175, 176). 24 c) Der Satz 2 des § 560 ist eine im öffentlichen Interesse erlassene Schutzvorschrift zugunsten des Mieters; er kann deshalb nicht durch Vereinbarung der Mietvertragsparteien im voraus abbedungen werden. Hingegen hindert den Mieter nichts, nachträglich den Widerspruch des Vermieters dadurch als berechtigt anzuerkennen, daß er die Sachen auf das vermietete Grundstück zurückbringt. Das Pfandrecht erlischt aber unbedingt, wenn der Mieter trotz Hinnahme des Widerspruchs die Sachen entfernt. 25 d) Der Vermieter hat außer in den in § 560 S 2 genannten Fällen kein Recht zum Widerspruch, wenn er sich in Annahmeverzug befindet (MITTELSTEIN 571) oder Volker Emmerich

(1004)

3. Titel. Miete. Pacht

§560 26-31

wenn die Entfernung aufgrund hoheitlicher Anordnung, insbes durch den Gerichtsvollzieher, erfolgt (s o Rz 11). Aus praktischen Gründen ist hier jedoch eine Ausnahme für den Fall des § 883 26 ZPO anzuerkennen. Denn hat der Mieter eine dem Vermieterpfandrecht unterliegende Sache veräußert, so kann der Vermieter immer noch der Herausgabe der Sache an den Erwerber widersprechen und dadurch den Untergang seines Pfandrechtes verhindern, sofern nicht der Erwerber ausnahmsweise nach § 936 gutgläubig lastenfreies Eigentum erworben haben sollte. Diese günstige Rechtsposition des Vermieters kann nicht dadurch beeinträchtigt werden, daß sich der Mieter zur Herausgabe an den dritten Erwerber verurteilen läßt und der Erwerber sodann das Urteil nach § 8 8 3 ZPO vollstreckt ( K I E F E aaO; str). e) Auch die vom Konkursverwalter des Mieters verfügte Entfernung von Sachen 27 des Mieters fällt nicht unter die §§ 560 und 561, so daß der Vermieter hier nicht widersprechen kann (OLG Hamm OLGE 17, 3, 4; OLG Hamburg OLGE 21, 203 f; FRANCKE 563; MITTELSTEIN 569). Der Vermieter ist hier auf die abgesonderte Befriedigung im Konkurs des Mieters beschränkt. f) Schließlich sind die §§ 560 und 561 auch nicht anwendbar, wenn der Vermieter 28 die Sachen des Mieters pfänden läßt; vielmehr bestehen dann Vermieterpfandrecht und Pfändungspfandrecht selbständig nebeneinander (s § 559 Rz 63).

2. Die einzelnen Fälle

29

a) Die Entfernung im regelmäßigen Betrieb des Geschäfts des Mieters Der Vermieter darf zunächst nicht der Entfernung widersprechen, wenn sie im regelmäßigen Betrieb des Geschäfts des Mieters erfolgt. Der Gesetzgeber ist hier davon ausgegangen, daß solche Sachen in aller Regel alsbald vom Mieter wieder ersetzt werden (BGH LM Nr 2 zu § 560 BGB). Auszugehen ist hier von dem konkreten Geschäftsbetrieb des Mieters. Alle Vorgän- 30 ge, die normalerweise zu diesem Geschäftsbetrieb gehören, führen zum Erlöschen des Vermieterpfandrechts, wenn sie mit einer Entfernung der Sachen des Mieters von dem vermieteten Grundstück verbunden sind. Dazu gehören insbes die Veräußerung von Waren, die Ablieferung auf dem Grundstück hergestellter Produkte, sowie die Ausfahrt mit Geschäftsfahrzeugen. Auch ein üblicher Saisonausverkauf fällt unter die Ausnahme, nicht jedoch ein Totalausverkauf. Ebensowenig eine Entfernung aller verwertbaren Sachen durch die Gläubiger des Mieters mit der Folge, daß das Geschäft des Mieters zum Erliegen kommt (BGH LM Nr 2 zu § 560 BGB), oder ein Umzug des Mieters. Eine Entfernung im regelmäßigen Geschäftsbetrieb des Mieters liegt schließlich auch nicht vor, wenn eingebrachte Sachen des Mieters gepfändet worden sind und im Anschluß hieran dem Mieter lediglich aufgrund eines Vergleiches gestattet wird, die Sachen unter Aufrechterhaltung der Pfändung mitzunehmen (OLG Köln JW 1932, 126; LG Frankfurt GrundE 1935, 1009). b) Die Entfernung entsprechend den gewöhnlichen Lebensverhältnissen 31 Auch wenn die Entfernung den gewöhnlichen Lebensverhältnissen des Mieters entspricht, darf der Vermieter nicht widersprechen. Beispiele für eine solche Entfernung sind die Mitnahme von Reiseutensilien bei Antritt einer Reise oder die Verbringung reparaturbedürftiger Sachen in eine Werkstätte (Mot II 408). Weiter gehören hierher insbes die Benutzung von Fahrzeugen (LG Koblenz JW 1929, 959; (1005)

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§§ 560, 561 32-34

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

OLG Karlsruhe NJW 1971, 624 = ZMR 1971, 349), sowie die Veräußerung entbehrlich gewordener Sachen, nicht jedoch die Versteigerung des gesamten Hausrates oder das Fortschaffen der wertvollsten Möbel durch den Mieter morgens um fünf Uhr (RG Recht 1909, Nr 1672). 32 c) Die Sicherung des Vermieters durch die zurückbleibenden Sachen Der Vermieter kann schließlich dann nicht widersprechen, wenn die zurückbleibenden Sachen zu seiner Sicherung offenbar ausreichen (s dazu insbes Prot II 207 f; W E I M A R ZMR 1972, 4). Dieser Fall ist nur gegeben, wenn die verbleibenden Sachen einen solchen Wert besitzen, daß auch ohne genauere Prüfung oder Schätzung klar ist, daß der Vermieter durch sie noch ausreichend gesichert ist.* Hieran fehlt es schon, wenn auch nur das Eigentum des Mieters an den zurückgebliebenen Sachen zweifelhaft ist (RG HRR 1928 Nr 827; OLG Breslau JW 1930, 3244; HOLZINGER aaO). 33 Dieses sog. Verweisungsrecht auf die zurückgebliebenen Sachen steht (entgegen der früher hM) nicht nur dem Mieter persönlich, sondern auch dessen Gläubigern und sonstigen dritten Personen zu. Ein Dritter, der ihm vom Mieter übereignete Sachen entfernen will, kann daher den Vermieter ebenso auf die zurückgebliebenen Sachen verweisen wie ein Gläubiger des Mieters, der dessen Sachen gepfändet hat (RGZ 71, 418, 419; BGHZ 27, 227, 230 f m Nachw; MITTELSTEIN 605 f m Nachw; NIENDORFF 424 f). 34 V. Beweislast Das Erlöschen des Vermieterpfandrechts durch die Entfernung der Sachen ist der Regeltatbestand, von dem das Gesetz ausgeht. Deshalb trifft den Mieter die Beweislast für die Entfernung der Sachen, den Vermieter hingegen für das Vorliegen eines der Ausnahmetatbestände des § 560 S 1 (Entfernung ohne sein Wissen oder unter seinem Widerspruch; so schon ausdrücklich Mot II 407 f). Gelingt dem Vermieter dieser Beweis, so ist es wiederum Sache des Mieters oder eines Dritten, darzulegen und ggf zu beweisen, daß einer der Fälle des § 560 S 2 vorliegt (MITTELSTEIN 573). Beruft sich ein Pfändungsgläubiger darauf, daß der Mieter nicht Eigentümer der gepfändeten Sachen sei, so daß auch dem Vermieter kein Pfandrecht an diesen zustehe, so obliegt nach hM die Beweislast für das fehlende Eigentum des Mieters dem Pfändungsgläubiger, nicht dem Vermieter (str). §561 Der Vermieter darf die Entfernung der seinem Pfandrecht unterliegenden Sachen, soweit er ihr zu widersprechen berechtigt ist, auch ohne Anrufen des Gerichts verhindern und, wenn der Mieter auszieht, die Sachen in seinen Besitz nehmen. Sind die Sachen ohne Wissen oder unter Widerspruch des Vermieters entfernt worden, so kann er die Herausgabe zum Zwecke der Zuriickschaffung in das Grundstück und, wenn der Mieter ausgezogen ist, die Überlassung des Besitzes verlangen. Das Pfandrecht erlischt mit dem Ablauf eines Monats, nachdem der Vermieter von der Entfernung der Sachen Kenntnis erlangt hat, wenn nicht der Vermieter diesen Anspruch vorher gerichtlich geltend gemacht hat. E I § 521; E II § 503; E III § 554; Mot II 409 f; Prot II 208 f. * R G Z 71, 418, 420; RG JW 1909, 657; RG WarnR 1913 Nr 359; RG HRR 1928 Nr 827; RG SeuffA 69 (1914) Nr 5; KG OLGE 16, 431, 432.

Volker Emmerich

(1006)

§561 3. Titel. Miete. Pacht

Schrifttum BRANDIS, Das Pfandrecht des Vermieters bei Zwangsvollstreckung in die Illaten, DJZ 1906, 858; BRÜCKNER, Das gesetzliche Pfandrecht des Vermieters im Streit mit den nachstehenden Ansprüchen eines Pfändungsgläubigers, Recht 1905, 180; HELLWIG, Zurückbehaltungsrecht an unpfändbaren Sachen, Recht 1903, 169; KARSTEN, Anwendungsgebiet des § 561 Abs 2 S 2 BGB, Recht 1904, 440; KIEFE, Finden die §§ 560, 561 BGB auch auf den Fall einer Wegnahme durch den Gerichtsvollzieher im Wege der Pfändung für einen dritten Gläubiger Anwendung? DJZ 1903,175; KRAUS, Verhältnis des gesetzlichen Pfandrechts des Vermieters zu dem Pfändungspfandrecht eines dritten Gläubigers, BayZ 1905, 172; ders, Verwirklichung des Vermieterpfandrechts während der Dauer des Mietverhältnisses, BayZ 1905, 489; LASSEN, Rechtliche Natur und Inhalt des im § 561 Abs 2 BGB dem Vermieter gegebenen Anspruches auf Herausgabe zum Zwecke der Zurückschaffung, ArchBürgR 30 (1907) 263; LIEPMANN, Gilt die Frist des § 561 BGB für die Widerspruchsklage des Vermieters aus § 805 ZPO? DJZ 1905, 299; LIPPMANN, Das Pfandrecht des Vermieters gegenüber einer Zwangsvollstreckung in die Illaten des Mieters, SeuffBl 72 (1907) 761; METZGES, Das Vermieterpfandrecht gegenüber der Zwangsvollstreckung, Gruchot 49 (1905) 495; MITTELSTEIN, Die Miete nach dem Rechte des deutschen Reiches (4. Aufl 1932) 573 ff; ders, Streitfragen aus dem Mietrecht, Recht 1910, 266; NIENDORFF, Mietrecht nach dem BGB (10. Aufl 1914) 408 ff; PIGNOL, Zum Pfandrechte des Vermieters, DJZ 1901, 504; REINHARD, Vermieterpfandrecht und Zwangsvollstreckung, JW 1906, 74; REINICKE, Gesetzliche Pfandrechte und Hypotheken am Anwartschaftsrecht aus bedingter Übereignung (1941); SCHULZE, Die gerichtliche Geltendmachung des Rückschaffungsanspruch des Vermieters, Recht 1911,765; WEIMAR, Wann kann den Vermieter bei Geltendmachung des Vermieterpfandrechts eine Schadensersatzpflicht treffen? ZMR 1960, 259; ders, Das Vermieterpfandrecht in Konkurrenz mit anderen Pfandrechten, ZMR 1962, 65; ders, Der Übergang des gesetzlichen Vermieterpfandrechts auf Dritte, ZMR 1964, 228.

Systematische Ubersicht I. Allgemeines 1. Die Rechtsbehelfe des Vermieters zum Schutze seines Pfandrechts 1 2. Die Grenzen des Selbsthilferechts des Vermieters aus § 5615 3. Kein Widerstandsrecht des Mieters 7 4. Abweichende Vereinbarungen 8 II. Die Befugnisse des Vermieters aufgrund des § 561 Abs 1 9 1. Bei bloßer Entfernung einzelner seinem Pfandrecht unterliegender Sachen 10 2. Bei Auszug des Mieters 18

III. Die Ansprüche des Vermieters nach Entfernung der Sachen 23 1. Die Rechtsnatur des Herausgabeanspruchs 24

2. 3. 4. 5. 6.

Die Voraussetzungen des Anspruchs 26 Der Inhalt des Anspruchs 31 Die Klagefrist 38 Die Befriedigung des Vermieters 46 Ausnahmen 47

IV. Die Beweislast 50

Alphabetische Übersicht Abnahme einzelner Sachen 16 Abweichende Vereinbarungen f Ausnahmen 47

Entfernung einzelner Sachen 10,15 Erforderlichkeit 5,14 Ersatzpflicht 17

Ausschlußfrist 3 9 , 4 1 , 4 8

Auszug des Mieters 18 f

Fristversäumung 45

Befriedigung 21,48 Bereicherungsansprüche 45 Beweislast 50 f

gerichtliche Geltendmachung 42 Gewaltanwendung Herausgabeanspruch 24, 26 f, 29, 35 f

dingliche Berechtigung 1, 5, 25 Klagefrist 3 8 , 4 0

einstweilige Verfügung 2,43 (1007)

Konkursverwalter 49

Volker Emmerich

§561 1-3

2. Buch. 7.

litt. Einzelne Schuldverhältnisse

Nachteile

Sperrecht 5

Pfändung 4 4 , 4 7 Prozessuales 30,42

Umfang 9 Versteigerung 46

Rechtsbehelfe des Vermieters 1 Rechtsstellung 20 Rückgabe 21 Schadensersatzansprüche 45 Selbsthilfe 2 f, 6 , 1 1 f, 14, 23

Widerstandsrecht des Mieters 7 Zurückschaffung 32, 34 Zuständigkeit 30 Zwangsvollstreckung 33 f

I. Allgemeines 1 1. Die Rechtsbehelfe des Vermieters zum Schutze seines Pfandrechts Der Vermieter ist als Pfandgläubiger schon durch die jedem dinglich Berechtigten zustehenden Rechtsbehelfe umfassend gegen jede Beeinträchtigung seines Pfandrechts geschützt (s MITTELSTEIN 590 f; ROQUETTE § 561 Rz 39 f). Nach § 1227 stehen ihm zunächst die Ansprüche aus den §§ 985 und 1004 zu; er kann also zB von Dritten, die seinem Pfandrecht unterliegende Sachen in Besitz haben, deren Herausgabe an den Mieter und nach Auszug des Mieters auch an sich selbst verlangen (u Rz 24). Außerdem wird er durch § 823 geschützt, weil sein Pfandrecht ein sonstiges Recht iS des § 823 Abs 1 ist und weil überdies § 289 StGB, der die sog Pfandkehr verbietet, ein Schutzgesetz iS des § 823 Abs 2 darstellt (s § 559 Rz 22). Folglich kann der Vermieter von dem Mieter und von jedem sonstigen Dritten, die rechtswidrig in sein Pfandrecht, insbes durch die Entfernung der Sachen, eingegriffen haben, Wiederherstellung des früheren Zustandes durch Zurückschaffung der Sachen verlangen. Entgegen der allgemeinen Meinung setzt dieser Anspruch auch kein Verschulden des Täters voraus, weil es sich bei ihm um den allgemeinen Beseitigungsanspruch handelt (EMMERICH, Schuldrecht BT (2. Aufl 1976) § 21 IV 2). Im Falle einer Veräußerung der seinem Pfandrecht unterliegenden Sachen stehen dem Vermieter weiterhin Ansprüche auf den Erlös aus §816 Abs 1 zu. Schließlich begeht der Mieter auch noch eine Vertragsverletzung, wenn er unberechtigt dem Vermieterpfandrecht unterliegende Sachen entfernt, so daß der Vermieter auch aus diesem Grund dann von dem Mieter Unterlassung (§ 550) und darüber hinaus ggf Schadensersatz durch Zurückschaffung der Sachen fordern kann (§ 249 Sl). 2 Alle genannten Ansprüche können - selbstverständlich - auch im Klagewege durchgesetzt und, was hier besonders wichtig ist, auch durch einstweilige Verfügung gesichert werden (LG Berlin GrundE 1934, 295; LG Bonn ZMR 1959, 263). Besteht trotzdem ausnahmsweise die Gefahr, daß der gerichtliche Rechtsschutz zu spät käme, so hat der Vermieter obendrein noch die Befugnis zur Selbsthilfe aufgrund der §§ 229-231. 3 Trotz dieses umfassenden Schutzes des Vermieters hat der Gesetzgeber gemeint, im Anschluß an das Gemeine und das Preußische Recht dem Vermieter noch ein besonderes, von den engen Voraussetzungen des allgemeinen Selbsthilferechts unabhängiges Selbsthilferecht gewähren zu müssen, um der Gefahr des sog „Rückens" des Mieters begegnen zu können (Mot II 409 f und Prot II 208 f). Deshalb wurden dem Vermieter die besonderen und nahezu einmaligen Befugnisse des § 561 gegenüber dem Mieter eingeräumt. Volker Emmerich

(1008)

§561 3. Titel. Miete. Pacht

4-8

In der heutigen Praxis spielt die Vorschrift offenkundig keine Rolle mehr. Über- 4 haupt ist zweifelhaft, ob für ein derartiges besonderes Selbsthilferecht des Vermieters heutzutage noch irgendein Bedürfnis besteht. Die Vorschrift sollte vielmehr ersatzlos gestrichen werden. Zum Schutze des Vermieterpfandrechts reichen die erwähnten allgemeinen Rechtsbehelfe offenkundig voll aus.

2. Die Grenzen des Selbsthilferechts des Vermieters aus § 561

5

a) Das dem Vermieter durch § 561 verliehene, besondere Selbsthilferecht (auch Sperrecht genannt), ist ein Ausfluß seiner dinglichen Berechtigung, dh seines Pfandrechts, und deshalb grundsätzlich unabhängig von den allgemeinen Voraussetzungen des Selbsthilferechts aufgrund der §§ 229 und 230. Aber auch hier gilt, daß die Selbsthilfe niemals weitergehen darf, als zur Abwendung der Gefahr erforderlich ist (§ 230 Abs 1), so daß der Vermieter namentlich nicht mehr Sachen des Mieters in Anspruch nehmen darf, als zu seiner Sicherung erforderlich sind (vgl § 560 S 2). Auch muß der Vermieter stets das schonendste Mittel anwenden. Die Anwendung von Gewalt gegen Personen wird ihm deshalb grundsätzlich verboten sein (str; wegen der Ausnahmen s u Rz 16). b) Das Selbsthilferecht des Vermieters besteht nur hinsichtlich solcher Sachen, die 6 seinem Pfandrecht unterliegen und deren Entfernung er widersprechen darf ( § 5 6 1 Abs 1). Das Gesetz verweist damit im einzelnen auf die §§ 559 und 560 S 2. Folglich hat der Vermieter kein Selbsthilferecht bei der Entfernung von Sachen Dritter, bei der Entfernung unpfändbarer Sachen, sowie bei einer Entfernung von Mietersachen im regelmäßigen Betrieb des Geschäfts des Mieters oder entsprechend den gewöhnlichen Lebensverhältnissen. Auch darf das Selbsthilferecht nicht ausgeübt werden für zukünftige Entschädigungsforderungen, für Mietzinsforderungen für eine spätere Zeit als das laufende und das folgende Mietjahr, sowie wenn die zurückbleibenden Sachen zur Sicherung des Vermieters offenbar ausreichen. Die Darlegung und der Beweis dieser Ausnahmen ist aber Sache des Mieters (s im einzelnen u Rz 50 f), so daß der Vermieter grundsätzlich zunächst davon ausgehen darf, daß die entfernten Sachen seinem Pfandrecht unterliegen, solange nicht das Gegenteil offenkundig i s t (MITTELSTEIN 5 7 5 f ) .

3. Kein Widerstandsrecht des Mieters

7

Soweit sich der Vermieter mit seinen Maßnahmen gegen den Mieter oder gegen Dritte im Rahmen des § 561 Abs 1 hält, handelt er rechtmäßig, so daß die Betroffenen keinen Widerstand dagegen leisten dürfen. Ein gleichwohl von ihnen geleisteter Widerstand ist verbotene Eigenmacht und kann strafbar sein (zB als Nötigung, Erpressung oder Körperverletzung); daneben bleibt stets § 289 StGB zu beachten (MITTELSTEIN 577).

4. Abweichende Vereinbarungen § 5 6 1 ist zwingend; eine vertragliche Erweiterung des Selbsthilferechts des Vermieters ist nicht möglich. Eine Abrede, durch die der Mieter dem Vermieter ein weitergehendes Selbsthilferecht, zB auch hinsichtlich unpfändbarer Sachen, einräumte, hätte sofern man sie überhaupt zulassen will, ohnehin nur obligatorische Bedeutung, so daß bei ihrer Verletzung der Vermieter nur Erfüllung verlangen könnte, niemals aber zur Selbsthilfe berechtigt wäre (MITTELSTEIN 580 f). (1009)

Volker Emmerich

8

§561 9-17

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

9 II. Die Befugnisse des Vermieters aufgrund des § 561 Abs 1 Der Umfang des Selbsthilferechts des Vermieters ist unterschiedlich je nachdem, ob sich der Mieter darauf beschränkt, nur einzelne dem Pfandrecht unterliegende Sachen zu entfernen, oder ob er ganz auszieht. Im ersteren Fall darf der Vermieter nur die Entfernung verhindern, während er im zweiten Fall darüber hinaus berechtigt ist, die Sachen des Mieters in Besitz zu nehmen.

10 1. Bei bloßer Entfernung einzelner seinem Pfandrecht unterliegender Sachen Wenn der Mieter, ohne insgesamt auszuziehen, einzelne dem Pfandrecht unterliegende Sachen entfernt, indem er sie willentlich aus dem gemieteten Grundstück oder den gemieteten Räumen hinausschafft, darf der Vermieter dies auch ohne Anrufung des Gerichts verhindern (§561 Abs 1 Fall 1). 11 a) Ziel der Maßnahmen des Vermieters darf nur sein, daß die betreffenden Sachen auf dem vermieteten Grundstück oder in den vermieteten Räumen verbleiben. Ein Recht, die Sachen selbst in Besitz zu nehmen, hat der Vermieter hier nicht. 12 b) Das Selbsthilferecht besteht auch nur solange, wie die Entfernung andauert. Es kann also nur ausgeübt werden, solange sich die Sachen noch im Machtbereich des Vermieters, dh auf dem vermieteten Grundstück befinden. Sobald aber die Sachen die Grundstücksgrenzen überschritten haben, erlischt das Selbsthilferecht aus § 561 Abs 1 (u Rz 23 ff). 13 Ein Recht zur Nacheile kann sich deshalb für den Vermieter nur unter ganz engen Voraussetzungen aus dem allgemeinen § 229 ergeben. Davon abgesehen hat der Vermieter jetzt nur noch die Befugnisse des § 5 6 1 Abs 2 (MITTELSTEIN 5 7 7 ; ROQUETTE § 5 6 1 R z 1 5 f f ; WEIMAR Z M R

1960, 259,

260).

14 c) Welche Mittel der Vermieter zur Verhinderung der Entfernung im einzelnen anwenden darf, sagt das Gesetz nicht. Auszugehen ist von dem Grundsatz des § 230 Abs 1, wonach das Selbsthilferecht nicht weitergehen darf, als zur Abwendung der Gefahr erforderlich ist (s o Rz 5). Der Vermieter muß also grundsätzlich das schonendste Mittel wählen, um den Mieter an der Entfernung zu hindern. 15 Der Vermieter wird sich deshalb zunächst darauf beschränken müssen, der Entfernung zu widersprechen. Bestreitet dann der Mieter das Pfandrecht des Vermieters, so wird der Vermieter außerdem dem Widerspruch nachzugehen haben. Bestehen danach keine begründeten Zweifel an dem Pfandrecht, so darf der Vermieter, wenn der Mieter oder ein Dritter gleichwohl mit der Entfernung fortfahren, diese Personen an der Entfernung zB durch das Verschließen von Türen oder durch ähnliche Maßnahmen hindern. 16 Hilft auch dies nichts, so darf er den Betroffenen die Sachen auch abnehmen, wogegen diese sich nicht wehren dürfen (s o Rz 7). Wehren sie sich aber trotzdem, so ist der Vermieter nunmehr, freilich nur in engsten Grenzen, auch seinerseits zur Gewaltanwendung befugt (vgl RG DJZ 1905, 555; JW 1908, 581 Nr 48; M I T T E L STEIN 576 f; N I E N D O R F F 410; R O Q U E T T E § 561 Rz 9). Selbstverständlich ist, daß der Vermieter gegen unbeteiligte Dritte niemals Gewalt anwenden darf (RG Recht 1915 Nr 1534). 17 d) Handelt der Vermieter hiernach rechtswidrig, so ist er nur bei Verschulden aus Vertrag und Delikt ersatzpflichtig. § 231 ist hier nicht anwendbar. Volker Emmerich

(1010)

3. Titel. Miete. Pacht

§561 18-25

2. Bei Auszug des Mieters

18

Beschränkt sich der Mieter nicht darauf, nur einzelne Sachen von dem Grundstück oder aus den Räumen zu entfernen, sondern zieht er insgesamt aus, so hat eine bloße Verhinderung der Entfernung der Sachen keinen Sinn mehr. Deshalb gibt das Gesetz dem Vermieter für diesen Fall weitergehend die Befugnis, die Sachen in seinen Besitz zu nehmen (§ 561 Abs 1 Fall 2). a) Unter Auszug des Mieters ist die endgültige Aufgabe des Besitzes an dem 19 gemieteten Grundstück oder den gemieteten Räumen durch den Mieter zu verstehen. Der Mieter muß, damit das Selbsthilferecht des Vermieters eingreifen kann, mit dieser Besitzaufgabe tatsächlich begonnen haben (LG Hamburg MDR 1977, 933 Nr 46 = WuM 1977, 256 f = ZMR 1978, 20, 21). Gibt der Mieter wegen des Widerstandes des Vermieters jedoch seinen Plan wieder auf, so erlischt das Selbsthilferecht des Vermieters. b) Nimmt der Vermieter die Sachen des Mieters in Besitz, so erlangt er dieselbe 20 Rechtsstellung wie der Inhaber eines rechtsgeschäftlich bestellten Faustpfandrechts. Er ist also zur Verwahrung der Sache verpflichtet (§ 1215; RG JW 1932, 42) und kann nach den Vorschriften über die Geschäftsführung ohne Auftrag Verwendungsersatz verlangen (§ 1216). Jedoch kann er, wenn er die Sachen in seinen Räumen verwahrt, grundsätzlich kein Lagergeld fordern. Sobald ihn der Mieter befriedigt hat, muß er ihm die Sachen zurückgeben (§ 1223 21 Abs 2). Rechtsschutz gegen Dritte genießt der Vermieter jetzt aufgrund der §§ 985 und 1004 (§ 1227). Für die Befriedigung aus dem Pfandrecht gelten die §§ 1228 ff (MITTELSTEIN 5 7 9 f; NIENDORFF 4 1 2 f ) .

Verwahrt der Vermieter die Sachen des Mieters in den Mieträumen, so kann er sich 22 nicht darauf berufen, daß der Mieter ihm die Räume vorenthalte, so daß ihm auch kein Entschädigungsanspruch aus § 557 zusteht (SOERGEL-MEZGER § 561 Rz 3).

HI. Die Ansprüche des Vennieters nach Entfernung der Sachen

23

Das Selbsthilferecht des Vermieters endet, sobald die Sachen die Grenzen seines Grundstücks überschritten haben (s o Rz 12). Von diesem Zeitpunkt ab kann er gemäß § 561 Abs 2 nur noch während eines Zeitraumes von einem Monat nach Erlangung der Kenntnis von der Entfernung Herausgabe der Sachen verlangen.

1. Die Rechtsnatur des Herausgabeanspruchs

24

Auch das Vermieterpfandrecht genießt den Schutz der §§ 1227, 985 und 1004 (§ 1257). § 561 Abs 2 modifiziert den hiernach dem Vermieter bei einer Entfernung der seinem Pfandrecht unterliegenden Sachen zustehenden Herausgabeanspruch in bestimmten Richtungen: Der Vermieter kann zwar Herausgabe der Sachen verlangen (vgl § 985), solange der Mieter nicht ausgezogen ist indessen nur zu dem Zweck, die Sachen auf das vermietete Grundstück oder in die vermieteten Räume zurückzuschaffen, damit der frühere Zustand wiederhergestellt wird. Denn solange der Mieter nicht ausgezogen ist, hat der Vermieter kein Besitzrecht. Ein solches erlangt er erst nach Auszug des Mieters. Von diesem Augenblick an gewährt ihm deshalb § 561 Abs 2 S 2 auch einen Anspruch auf endgültige Herausgabe der Sachen an ihn selbst. Der Herausgabeanspruch des Vermieters aus § 561 Abs 2 beruht also auf dem 25 Pfandrecht. Er bildet daher einen dinglichen Anspruch zum Schutze des Pfandrechts (1011)

Volker Emmerich

§561 26-33

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

entsprechend den §§ 1 2 2 7 und 9 8 5 ( H E L L W I G Recht ArchBürgR 3 0 , 2 6 3 , 2 6 6 ; MITTELSTEIN 5 8 3 ; NIENDORFF, 1 8 ; a M WEIMAR Z M R

1964, 228,

1903,

169,

170;

LASSEN

4 1 3 ; ROQUETTE § 5 6 1

Rz

229.

26 2. Die Voraussetzungen des Anspruchs a) Der Herausgabeanspruch des Vermieters setzt voraus, daß die Sachen ohne Wissen oder unter Widerspruch des Vermieters entfernt worden sind. Gemeint sind damit Sachen iS des § 561 Abs 1, also nur die dem Vermieterpfandrecht unterliegenden Sachen des Mieters, deren Entfernung der Vermieter widersprechen durfte. Die Entfernung muß außerdem ohne Wissen oder unter Widerspruch des Vermieters erfolgt sein, weil andernfalls das Pfandrecht mit der Entfernung erloschen ist (§ 560 S 1). 27 b) Anspruchs berechtigt ist der Vermieter. Bei einer Veräußerung des Grundstücks ist das nach § 571 der Erwerber, auf den also der schon für den Veräußerer entstandene Herausgabeanspruch übergeht ( N I E N D O R F F 4 1 4 ) . 28 Anspruchsgegwer ist, da es sich um einen dinglichen Herausgabeanspruch handelt, jeder unmittelbare oder mittelbare Besitzer der Sache, dh nicht nur der Mieter, sondern auch jeder sonstige Dritte, immer vorausgesetzt, daß sie (bei Klageerhebung) Besitzer der Sachen sind (OLG Hamburg OLGE 22, 251). Zur Vorbereitung hat der Vermieter außerdem einen Auskunftsanspruch (LG Mannheim DWW 1977, 43). 29 Unerheblich ist, ob der Besitzer zugleich derjenige ist, der die Sachen von dem Grundstück entfernt hat (MITTELSTEIN 583 f). Nur Besitzverlust nach Klageerhebung ändert an der Passivlegitimation des beklagten Besitzers grundsätzlich nichts mehr (§§ 265, 325 ZPO; ROQUETTE § 561 Rz 29). 30 c) Zuständig für die Herausgabeklage sind ohne Rücksicht auf den Wert des Streitgegenstandes die Amtsgerichte, wenn sich die Klage gegen den Mieter richtet (§ 23 Nr 2 lit a GVG). Für Herausgabeklagen gegen dritte Besitzer gelten hingegen die allgemeinen Regeln (LG München I BayZ 1902, 24, 25).

31 3. Der Inhalt des Anspruchs Der Anspruch geht in jedem Fall auf Herausgabe der Sache. Der Zweck der Herausgabe ist aber verschieden, je nachdem ob der Mieter ausgezogen ist oder nicht. 32 a) Wenn der Mieter nicht ausgezogen ist, kann der Vermieter nur Herausgabe der Sache zum Zwecke der Zurückschaffung in das Grundstück bzw in die Mieträume verlangen. Der Besitzer ist dann zur Herausgabe zum Zwecke der Zurückschaffung in das Grundstück zu verurteilen. Die Zurückschaffung ist dabei Sache des Vermieters. 33 Das Herausgabeurteil wird nach § 883 ZPO dadurch vollstreckt, daß der Gerichtsvollzieher die Sachen dem Besitzer wegnimmt und im Auftrage des Vermieters auf das Grundstück zurückschafft. Sind die Sachen von dem Grundstück weit entfernt, so kann dies folglich zur Undurchführbarkeit der Zwangsvollstreckung führen. In diesem Falle bleibt dem Vermieter nichts anderes übrig, als Pfandreife abzuwarten und sich dann gleich aus den Sachen zu befriedigen (MITTELSTEIN 584 f; NIENDORFF 4 1 9 f ; ROQUETTE § 5 6 1 R z 2 1 f f ) .

Volker Emmerich

(1012)

§561 3. Titel. Miete. Pacht

34-42

Sobald der Mieter freiwillig oder im Wege der Zwangvollstreckung dem Vermieter 34 die Sachen herausgegeben hat, kann er als deren Eigentümer von dem Vermieter Zurückschaffung der Sachen auf das Grundstück oder in die Mieträume verlangen; der Vermieter handelt rechtswidrig, wenn er die Sachen behält ( R O Q U E T T E § 561 Rz 26). b) Sobald der Mieter ausgezogen ist, hat es keinen Sinn mehr, die Sachen auf das 35 Grundstück oder in die Mieträume zurückzuschaffen, um den früheren Zustand wiederherzustellen. Deshalb kann der Vermieter jetzt Herausgabe an sich verlangen. Der Vermieter erlangt dadurch dieselbe Rechtsstellung wie der Inhaber eines rechtsgeschäftlich bestellten Faustpfandrechts, so daß er insbes auch zur Verwahrung der Mietersachen verpflichtet ist (§ 1215). c) Wenn der Mieter erst nach Erlaß des auf Herausgabe zum Zwecke der Zurück- 36 Schaffung lautenden Urteils auszieht, bestehen keine Bedenken, daß der Vermieter dann die Sachen nach Herausgabe selbst in Besitz nimmt, weil ihre Zurückschaffung jetzt keinen Sinn mehr hat (MITTELSTEIN 585; ROQUETTE § 561 R Z 2 4 ) . Eine neue Klage zu fordern (so NIENDORFF 4 2 0 ) , ist ein überflüssiger Formalismus. d) Gegenüber dem Herausgabeanspruch kann sich der Besitzer insbes auf einen 37 gutgläubig lastenfreien Erwerb des Eigentums (§ 936) oder auf den gutgläubigen Erwerb eines vorrangigen Nießbrauchs oder Faustpfandrechts berufen (§§ 1032, 936, 1208). Hingegen hat ein gesetzliches Pfandrecht eines Dritten, zB das Pfandrecht des neuen Vermieters, analog § 1209 keinen Vorrang gegenüber dem Pfandrecht des ersten Vermieters. Anders nur in den Fällen des § 366 Abs 3 HGB (MITTELSTEIN 5 8 9 ; a M n u r NIENDORFF 4 1 4 f f ) .

4. Die Klagefrist

38

Im Interesse der Rechtssicherheit und zum Schutze späterer Vermieter (Prot II 209) ist in § 561 Abs 2 S 2 bestimmt, daß das Pfandrecht erlischt, wenn der Vermieter den Herausgabeanspruch nicht binnen eines Monats, nachdem er von der Entfernung der Sachen Kenntnis erlangt hat, gerichtlich geltend macht. a) Die Monatsfrist für die gerichtliche Geltendmachung ist eine Ausschlußfrist, 39 deren Ablauf das Pfandrecht zum Erlöschen bringt. Die Vorschriften über die Verjährung finden keine Anwendung. Auch eine vertragliche Verlängerung der Frist ist nicht möglich (MITTELSTEIN 585 f; ders Recht 1910, 271; ROQUETTE § 561 Rz 30). b) Die Frist beginnt nicht mit der Entfernung der Sachen, sondern an dem Tag, an 40 dem der Vermieter von der Entfernung bestimmter Sachen Kenntnis erlangt. Nur wenn der Mieter auszieht, genügt es, daß der Vermieter von diesem Tatbestand allgemein Kenntnis erlangt. Grobfahrlässige Unkenntnis steht der Kenntnis hier nicht gleich. Der Fristbeginn ist unabhängig davon, ob der Vermieter weiß, wo sich die Sachen 41 jetzt befinden und wer jetzt an ihnen Besitz hat. Selbst wenn ihm diese Umstände unbekannt sind, so daß er keine Klage auf Herausgabe erheben kann, läuft die Ausschlußfrist von einem Monat (OLG Hamburg OLGE 22, 251; NIENDORFF 416). c) Zur Wahrung des Pfandrechts ist gerichtliche Geltendmachung des Herausgabe- 42 anspruchs innerhalb der Ausschlußfrist erforderlich (§561 Abs 2 S 2). Wenn der Vermieter Klage erhebt, genügt Einreichung der Klage am letzten Tag der Frist, sofern die Zustellung alsbald erfolgt (§§ 261 b Abs 3, 469 Abs 3 ZPO). (1013)

Volker Emmerich

§561 43-47

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

43 Nach hM ist der Vermieter nicht darauf beschränkt, den Herausgabeanspruch gerade klageweise geltend zu machen; vielmehr soll auch ein Antrag auf Erlaß einer Einstweiligen Verfügung auf Zurückschaffung der Sachen genügen, jedenfalls sofern daraufhin eine einstweilige Verfügung erlassen wird (KG OLGE 20, 189, 190; MITTELSTEIN 5 8 7 ; NIENDORFF 4 1 7 f; aM ROQUETTE § 5 6 1 Rz 3 5 f); ebenso der Antrag auf Hinterlegung des Pfanderlöses bei dem Vollstreckungsgericht (OLG Stettin OLGE 3, 357, 358), sowie der Widerspruch gegen eine einstweilige Verfügung (vgl K G OLGE 2 7 , 1 5 6 ; SCHULZE Recht 1911, 7 6 5 ; SOERGEL-MEZGER § 5 6 1 R z 5 ; B G B - R G R K - G E L H A A R § 5 6 1 R z 3).

44 Hingegen genügt nicht die Pfändung der Sachen des Mieters wegen einer Mietzinsforderung, weil Vermieterpfandrecht und Pfändungspfandrecht nebeneinander bestehen können (§ 559 Rz 63; KG O L G E 11, 311; OLG Hamburg O L G E 22, 251;

OLG Düsseldorf OLGE 17, 5; OLG Frankfurt Recht 1910 Nr 3746; HUGO

EMMERICH, Pfandrechtskonkurrenzen 462).

45 d) Nach hM führt zwar die Versäumung der Monatsfrist zum Erlöschen des Pfandrechts gegenüber jedermann, so daß der Vermieter jetzt auch keine Herausgabe der Sachen aufgrund des § 561 Abs 2 mehr verlangen kann; davon unberührt bleiben sollen jedoch die allgemeinen, deliktischen und vertraglichen Schadenersatzansprüche sowie etwaige Bereicherungsansprüche des Vermieters gegen den Mieter oder gegen einen Dritten wegen einer rechtswidrigen und ggf schuldhaften Verletzung des (früheren) Pfandrechts (s o Rz 1 ff); in der Versäumung der Ausschlußfrist soll allenfalls ein mitwirkendes Verschulden des Vermieters zu erblicken sein (§ 254 Abs 2; RGZ 98, 345, 347; 119, 265; BGH ZMR 1965, 375, 3 7 9 ; MITTELSTEIN 5 9 0 f; ROQUETTE § 5 6 1 R z 3 9 ; B G B - R G R K - G E L H A A R § 5 6 1 R z

4). Das ist nicht unbedenklich, weil bei dieser Auslegung die Ausschlußfrist praktisch jede Bedeutung verliert. Denn Ansprüche der genannten Art werden wohl immer mit dem Herausgabeanspruch des Vermieters aus § 561 Abs 2 konkurrieren (anders deshalb auch NIENDORFF 416). 46 5. Die Befriedigung des Vennieters Auch im Falle des § 561 Abs 2 richtet sich die Befriedigung des Vermieters aus den Sachen des Mieters nach den allgemeinen Vorschriften (§§ 1228 ff; KRAUS BayZ 1905, 489, 490). Sind die Sachen auf das Grundstück bzw in die Räume zurückgeschafft worden, so kann der Vermieter folglich nach Pfandreife ihre Herausgabe zum Zwecke des Verkaufs verlangen (§ 1231 S 1). Hat der Vermieter hingegen schon den Besitz an den Sachen erlangt, so kann er nach Pfandreife ohne weiteres zu ihrer Verwertung durch Verkauf im Wege der öffentlichen Versteigerung schreiten (§§ 1228, 1233 Abs 1, 1235, 383 Abs 3). Hierzu wird der Vermieter auch als befugt anzusehen sein, wenn er zwar nur ein Urteil auf Herausgabe zum Zwecke der Zurückschaffung erwirkt hat, inzwischen jedoch Pfandreife eingetreten ist. 47 6. Ausnahmen a) Nach § 560 erlischt das Pfandrecht auch durch Pfändung und Entfernung der Sachen des Mieters durch einen Gerichtsvollzieher (§ 560 Rz 11 f). Der Vermieter kann der Pfändung außerdem nicht widersprechen, sondern ist auf die Klage auf vorzugsweise Befriedigung aus § 805 ZPO verwiesen. Daraus folgt, daß auf die Pfändung und Verwertung der Mietersachen durch andere Gläubiger auch § 561 nicht anwendbar ist: Da der Vermieter der Pfändung und Entfernung der Sachen Volker Emmerich

(1014)

3. Titel. Miete. Pacht

§§ 561, 562 48-51

durch den Gerichtsvollzieher nicht widersprechen darf, darf er sie auch nicht verhindern (§ 561 Abs 1). 48 Daraus folgt dann aber auch, daß die Klage auf vorzugsweise Befriedigung (§ 805 ZPO) nicht an die Monatsfrist des § 561 Abs 2 S 2 gebunden sein kann. Maßgebend für die Klage auf vorzugsweise Befriedigung sind vielmehr allein die Vorschriften der ZPO, die keine Ausschlußfrist für diese Klage kennt.* Vielmehr ist die Klage auf vorzugsweise Befriedigung bis zur Beendigung der Zwangsvollstreckung durch Auskehrung des Erlöses an den Pfangläubiger zulässig.** Danach stehen dem Vermieter nur noch Ersatzansprüche aus Delikt und ggf Bereicherungsansprüche gegen den pfändenden Gläubiger zu ( S O E R G E L - M E Z G E R § 561 Rz 6; s u § 562 Rz 1 ff). 49 b) Ganz entsprechend ist § 561 auch auf die Wegnahme durch den Konkursverwalter nicht anwendbar (OLG Celle OLGE 19, 3; RG LZ 1914, 1045 f). Der Konkursverwalter muß vielmehr das Absonderungsrecht des Vermieters von Amts wegen berücksichtigen (§ 5 6 0 Rz 2 7 ; NIENDORFF 4 3 1 f; ROQUETTE § 5 6 3 Rz 1 2 ff).

50 IV. Beweislast 1. Besteht Streit über den Bestand und den Umfang des Selbsthilferechts des Vermieters aus § 561 Abs 1, so obliegt dem Vermieter die volle Beweislast für sämtliche Voraussetzungen des von ihm in Anspruch genommenen Rechts. Das gilt auch für den Bestand seines Pfandrechts (s § 559 Rz 70; wegen der aus praktischen Gründen notwendigen Einschränkungen s o Rz 6). 51 2. Macht der Vermieter den Herausgabeanspruch aus § 561 Abs 2 geltend, so muß er beweisen, daß ihm ein Pfandrecht an den fraglichen Sachen zusteht und daß sich der Beklagte bei Klageerhebung in deren Besitz befunden hat (MITTELSTEIN 588 f; NIENDORFF 418 f). Steht aber fest, daß die Sachen mit Wissen des Vermieters entfernt worden sind, so muß dieser seinen Widerspruch beweisen. Demgegenüber kann der Beklagte dann immer noch einwenden, daß der Vermieter kein Recht zum Widerspruch hatte (§ 560 S 2). Außerdem kann der Beklagte einwenden, daß der Vermieter schon länger als einen Monat vor Klageerhebung Kenntnis von der Entfernung erlangt hatte; dann ist es wieder Sache des Vermieters, die rechtzeitige Klageerhebung nachzuweisen (s auch noch § 559 Rz 71).

§562 Der Mieter kann die Geltendmachung des Pfandrechts des Vermieters durch Sicherheitsleistung abwenden; er kann jede einzelne Sache dadurch von dem Pfandrechte befreien, daß er in Höhe ihres Wertes Sicherheit leistet. E I § 521 Abs 4; E II § 504; E III § 555; Mot II 407; Prot II 209 f. * O L G H a m b u r g O L G E 9, 2 9 8 ; BRÜCKNER, KIEFE, KRAUSE, LIPPMANN a a O ; METZGES G r u c h o t 4 9 , 4 9 5 , 5 0 5 ; MITTELSTEIN 6 0 2 ff; REINICKE a a O ; SIBER, P f a n d r e c h t des V e r m i e t e r s ( 1 9 0 0 ) 8 2 f; SOERGEL-MEZGER § 5 6 1 R z 6; BGB-RGRK-GELHAAR § 5 6 1 R z 3; a M K G O L G E 5, 3 7 0 ; BRANDIS D J Z 1906, 8 5 8 , 8 6 0 ; KARSTEN R e c h t 1 9 0 4 , 4 4 0 .

** RGZ 12, 370, 372; OLG Celle SeuffA 38 (1883) nr 194; OLG Kiel SeuffA 40 (1885) Nr 186; BRÜCKNER Recht 1905, 180, 181. (1015)

Volker Emmerich

§562 1-7

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

Schrifttum HUGO EMMERICH, Pfandrechtskonkurrenzen (1909) bes 174 ff; MITTELSTEIN, Die Miete nach dem Rechte des deutschen Reiches (4. Aufl 1932) 562 ff; NIENDORFF, Mietrecht nach dem BGB (10. Aufl 1914) 406 f; SIBER, Das gesetzliche Pfandrecht des Vermieters, Verpächters und des Gastwirts ( 1 9 0 0 ) 8 4 ff.

1 1. Allgemeines a) Hat der Vermieter, wie es die Regel sein dürfte, ein Pfandrecht an mehreren Sachen des Mieters, so haftet an sich nach den §§ 1257 und 1222 jede einzelne Sache des Mieters für die ganze Forderung des Vermieters (im Rahmen des § 559 S 2). Anders aber als bei dem rechtsgeschäftlich bestellten Faustpfandrecht kann der Mieter hier durch Sicherheitsleistung auf zwei verschiedenen Wegen seine Sachen frei bekommen: Er kann nämlich einmal, wenn der Vermieter sein Pfandrecht geltend macht, die Geltendmachung durch Sicherheitsleistung abwenden; er kann zum andern aber auch unabhängig davon jede einzelne Sache dadurch von dem Vermieterpfandrecht befreien, daß er in Höhe ihres Wertes Sicherheit leistet (§ 562). 2 b) Von diesen beiden Befugnissen kann der Mieter jederzeit während des Mietverhältnisses Gebrauch machen (SIBER aaO). Wenn überhaupt, so hat jedoch das Abwendungsrecht des Mieters praktische Bedeutung lediglich bei dem Auszug des Mieters, zB wenn zwischen den Vertragsparteien Streit über die Berechtigung einzelner vom Vermieter jetzt noch erhobener Forderung besteht. 3 c) § 562 ist zwingend. Eine vertragliche Abbedingung zum Nachteil des Mieters ist nicht möglich.

4 2. Die Sicherheitsleistung zur Abwendung der Geltendmachung des Pfandrechts Nach § 562 HS 1 kann der Mieter jederzeit die Geltendmachung des Vermieterpfandrechts durch Sicherheitsleistung iS der §§ 232 ff abwenden: a) Das Abwendungsrecht steht über den Wortlaut des § 562 hinaus nicht nur dem Mieter, sondern zB auch einem dritten Eigentümer der eingebrachten Sachen zu (BGH WM 1971, 1086, 1088), vorausgesetzt, daß dem Eigentümer das Vermieterpfandrecht vorgeht. Aus denselben Erwägungen heraus kann das Abwendungsrecht außerdem auch von nachstehenden Pfändungsgläubigern ausgeübt werden (aM HUGO EMMERICH a a O ; w i e h i e r B G B - R G R K - G E L H A A R § 5 6 2 R z 4 ) .

5 Die Ausübung des Abwendungsrechtes durch die genannten Personen setzt voraus, daß ihnen bekannt ist, wegen welcher Forderungen und in welche Höhe der Vermieter sein Pfandrecht ausüben will. Deshalb ist der Vermieter ihnen zur Mitteilung der genannten Umstände verpflichtet (BGH aaO). Unterläßt er jedoch trotz Aufforderung hierzu diese Mitteilung, so kann er sich später nicht mehr auf sein Pfandrecht berufen (§ 249; BGH aaO). 6 Soweit die Rechte Dritter dem Vermieterpfandrecht vorgehen, bedürfen sie keines Abwendungsrechts, da ihnen ein Herausgabeanspruch gegen den Vermieter zusteht. 7 b) Das Vermieterpfandrecht wird geltend gemacht durch Widerspruch gegen die Entfernung der Sachen (§ 560 S 1), durch die Ausübung des Selbsthilferechts aufgrund des § 561 Abs 2 und insbes durch das Verlangen auf Herausgabe der Sachen zwecks ihrer Verwertung (§§ 1 2 2 8 , 1 2 3 1 S 1 , 1 2 5 7 ; ROQUETTE § 562 Rz 7).

Volker Emmerich

(1016)

§562 8-14

3. Titel. Miete. Pacht

Der Mieter kann seinerseits der Geltendmachung des Pfandrechts durch das Ange- 8 bot einer Sicherheitsleistung zuvorkommen. Wenn der Vermieter hierauf nicht eingeht, steht ihm fortan weder das Widerspruchsrecht des § 560 S 1 noch das Selbsthilferecht des § 561 Abs 1 zu, weil er sein Pfandrecht jetzt nicht mehr geltend machen darf (MITTELSTEIN 564 f). c) Die Höhe, in der Sicherheit zu leisten ist, richtet sich grundsätzlich nach der Höhe 9 der Forderung, deretwegen der Vermieter sein Pfandrecht ausübt. Umstritten ist die Rechtslage, wenn der Wert der vom Mieter eingebrachten Sachen hinter der Höhe der Forderung des Vermieters zurückbleibt. Während nach einer Meinung der Mieter dann trotzdem in Höhe der Forderung des Vermieters Sicherheit leisten muß, genügt nach anderen eine Sicherheitsleistung in Höhe lediglich des Wertes der Sachen.* Die Streitfrage hat indessen keine praktische Bedeutung: Auch wenn man dem Mieter das Recht zubilligt, die Geltendmachung des Pfandrechts durch Sicherheitsleistung lediglich in Höhe des Wertes seiner Sachen abzuwenden, ist der Vermieter doch nicht gehindert, wenn der Mieter später weitere Sachen einbringt, dann hinsichtlich dieser Sachen wegen derselben Forderung sein Pfandrecht erneut geltend zu machen (aM jedoch MITTELSTEIN und ROQUETTE aaO). 3. Die Befreiung einzelner Sachen durch Sicherheitsleistung in Höhe ihres Wertes 10 Der Mieter kann unabhängig von dem Abwendungsrecht durch Sicherheitsleistung bei Geltendmachung des Vermieterpfandrechts auch jederzeit jede einzelne Sache und damit auch alle Sachen zusammen dadurch von dem Vermieterpfandrecht befreien, daß er in Höhe ihres Wertes Sicherheit leistet. Der Beweis des Wertes der Sachen obliegt dann dem Mieter. Wenn der Mieter später erneut Sachen einbringt, entsteht an diesen Sachen erneut 11 das Vermieterpfandrecht. Die neueingebrachten Sachen können also nur durch neue Sicherheitsleistung in Höhe ihres Wertes von dem Pfandrecht befreit werden. 4. Die Sicherheitsleistung

12

a) Die Sicherheitsleistung richtet sich im einzelnen nach den §§ 232-240. Folglich kann die Sicherheit auch durch Stellung eines Bürgen geleistet werden (§§232 Abs 2, 239; so schon ausdrücklich Prot II 209 f). Wird die geleistete Sicherheit ohne Verschulden des Vermieters unzureichend, so 13 muß sie ergänzt werden, oder es muß eine anderweitige Sicherheit geleistet werden (§ 240). Unterläßt jedoch der Mieter die Ergänzung oder die anderweitige Sicherheitsleistung, so hat das nicht etwa zur Folge, daß das Pfandrecht des Vermieters an den befreiten Sachen (analog § 161 Abs 2) wiederauflebt (MITTELSTEIN 564; aM Voraufl Rz 4; SIBER aaO). b) Hervorzuheben ist nur, daß der Vermieter die Verpfändung von Wertpapieren 14 nicht als Sicherheitsleistung anzunehmen braucht, sondern nach § 232 Abs 1 Fall 1 deren Hinterlegung fordern kann (OLG Dresden OLGE 36, 61). Die Sicherheit kann aber auch von einem Dritten geleistet werden (KG GrundE 1928, 986). Selbstverständlich ist, daß der Mieter mit hinterlegten Beträgen nicht gegen die Mietzinsforderung des Vermieters aufrechnen kann (KG GrundE 1929, 1051). * im ersteren Sinne insbes

MITTELSTEIN

NIENDORFF 4 0 6 ; ROQUETTE § 5 6 2 § 562 Rz

(1017)

Rz

6;

563;

BGB-RGRK-GELHAAR

§ 562

hingegen im zweiten Sinne Voraufl Rz

1; PALANDT-PUTZO § 5 6 2 A n m

1.

Volker Emmerich

Rz

2;

wohl auch

1; ERMAN-SCHOPP

§§ 562, 563 15,16; 1, 2

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

15 5. Die Wirkungen der Sicherheitsleistung Die Sicherheitsleistung hat zur Folge, daß der Vermieter sein Pfandrecht nicht mehr geltend machen kann. Ihm stehen fortan vor allem weder das Widerspruchsrecht des § 560 S 1 noch das Selbsthilferecht des § 561 Abs 1 zu. 16 Umstritten ist, ob das Vermieterpfandrecht schon durch die Sicherheitsleistung oder erst durch eine nachträgliche Entfernung der Sachen erlischt. Sobald aber der Vermieter sein Pfandrecht nicht mehr geltend machen kann, hat es keinen Sinn, von dem Fortbestand des Rechts auszugehen. Andere Pfandrechte an den eingebrachten Sachen werden dadurch selbstverständlich nicht berührt, auch nicht ein Pfändungspfandrecht des Vermieters (HUGO EMMERICH 4 6 6 ) . §563 Wird eine dem Pfandrechte des Vermieters unterliegende Sache für einen anderen Gläubiger gepfändet, so kann diesem gegenüber das Pfandrecht nicht wegen des Mietzinses für eine frühere Zeit als das letzte Jahr vor der Pfändung geltend gemacht werden. E I § 521 Abs 5; E II § 505; E III § 557; Mot II 407; Prot II 195, 200.

Schrifttum BLACH, Das Vorrecht der Hypothekengläubiger und Vermieter bei der Pfändung von Leihvertragsg e g e n s t ä n d e n , J W 1 9 1 3 , 8 0 ; GÖTTE, P f ä n d u n g s - u n d V e r m i e t e r p f a n d r e c h t , D J Z 1 9 0 3 , 4 7 2 ; KUHNT,

Nochmals zur Konkurrenz der Hypothekengläubiger und Vermieter bei der Pfändung von Leihmöblen, JW 1913, 191; MITTELSTEIN, Die Miete nach dem Rechte des deutschen Reiches (4. Aufl 1932) 600 ff; NIENDORFF, Mietrecht nach dem BGB (10. Aufl 1914) 422 ff; OERTMANN, Die Frage der Bereicherungshaftung des Vollstreckungsgläubigers bei Pfändung fremder Sachen, AcP 96 (1905) 1; REICHEL, Die Zwangsüberweisung gepfändeter Fahrnis an den Gläubiger (§ 825 ZPO), J h e r J b 5 3 ( 1 9 0 8 ) 1 0 8 ; SERICK, E i g e n t u m s v o r b e h a l t u n d S i c h e r u n g s ü b e r t r a g u n g 1 ( 1 9 6 3 ) .

1 Vorbemerkung § 563 regelt aus der Fülle möglicher Konkurrenzen zwischen dem Vermieterpfandrecht und anderen Pfandrechten lediglich den Fall, daß mit dem Vermieterpfandrecht ein nachträglich begründetes Pfändungspfandrecht zusammentrifft. Für diesen Fall bestimmt § 563, daß das Vermieterpfandrecht wegen Mietzinsrückständen nur in beschränktem Umfang geltend gemacht werden kann. Eine entsprechende Vorschrift findet sich für den Konkurs des Mieters in § 49 Abs 1 Nr 2 KO. Die übrigen Konkurrenzfälle müssen nach dem auch hier geltenden Prioritätsprinzip gelöst werden (§§ 1257, 1209). I. Die Pfändung der dem Vermieterpfandrecht unterliegenden Sachen durch andere Gläubiger 2 1. Allgemeines Gegen eine Pfändung der Mietersachen durch andere Gläubiger des Mieters kann sich der Vermieter nicht wehren. Er hat weder das Widerspruchsrecht des § 560 S 1 noch das Selbsthilferecht des § 561 Abs 1; er muß vielmehr die Entfernung der gepfändeten Sachen durch den Gerichtsvollzieher dulden mit der Folge, daß sein Pfandrecht erlischt (sehr str). An die Stelle des Pfandrechts tritt jedoch dann das Volker Emmerich

(1018)

3. Titel. Miete. Pacht

§563 3-8

Recht des Vermieters auf vorzugsweise Befriedigung aus dem Erlös der Sachen (§ 805 ZPO; s im einzelnen § 560 Rz 11, § 561 Rz 47 f). Das Recht auf vorzugsweise Befriedigung kann nur durch Klage des Vermieters 3 gegen den Pfändungsgläubiger geltend gemacht werden (OLG Stettin OLGE 3, 357, 358). Dem Pfändungsgläubiger steht jedoch gegenüber der Klage des Vermieters die Verweisungsrede des § 560 S 2 zu, sofern die zurückgebliebenen Sachen zur Befriedigung des Vermieters offenbar ausreichen. Haben mehrere Gläubiger gepfändet, so ist auf ihr Verhältnis zum Vermieter das Prioritätsprinzip des § 804 Abs 3 ZPO entsprechend anzuwenden (s § 560 Rz 12 f, 33). Die Klage auf vorzugsweise Befriedigung nach § 805 ZPO ist nur solange zulässig, 4 wie die Zwangsvollstreckung andauert. Die Klage kann also nicht mehr erhoben werden, sobald der Erlös an den Gläubiger ausgekehrt ist (§ 561 Rz 48). Jedoch kann der Vermieter dann immer noch aufgrund seines vorrangigen Rechts von dem Pfändungsgläubiger Herausgabe des Erlöses nach den §§812 oder 816 verlangen* 2. Die Beschränkung der Pfandforderungen des Vermieters

5

a) Zum Schutze der anderen Gläubiger des Mieters steht dem Vermieter das Recht auf vorzugsweise Befriedigung aus dem Erlös der Sachen (§ 805 Abs 1 ZPO) nicht wegen sämtlicher Forderungen aus dem Mietverhältnis zu, die an sich durch das Vermieterpfandrecht gesichert werden; vielmehr bringt § 563 eine wesentliche Einschränkung (nur) für Mietzinsrückstände: Für diese kann das Pfandrecht gegenüber dem Pfändungsgläubiger nur für das letzte Jahr vor der Pfändung geltend gemacht werden. Maßgebender Zeitpunkt ist der der Pfändung. Auf die Kenntnis des Vermieters von 6 der Pfändung kommt es hier nicht an. Der Anspruch auf vorzugsweise Befriedigung aus dem Erlös der Sachen besteht mithin nur für die Mietzinsrückstände für die letzten 365 (bzw 366) Tage vor der Pfändung, nicht hingegen für ältere Rückstände. Keine Rolle spielt jedoch, ob die Rückstände schon fällig sind (§ 805 Abs 1 S 2 Z P O ; MITTELSTEIN 6 0 0 f ; NIENDORFF 4 2 3 ) .

b) Weitergehende Beschränkungen der Vermieterrechte bestehen nicht. Daraus 7 folgt, daß das Recht auf vorzugsweise Befriedigung auch wegen aller gegenwärtigen Entschädigungsansprüche sowie für den Mietzins für das laufende und für das folgende Mietjahr geltend gemacht werden kann (§ 559 S 2). Maßgebender Zeitpunkt ist insoweit nicht der der Pfändung, sondern der der Geltendmachung des P f a n d r e c h t s ( K G O L G E 11, 1 4 3 , 1 4 4 ; MITTELSTEIN u n d NIENDORFF a a O ; ROQUETTE

§ 563 Rz 11). Das gilt auch bei auf unbestimmte Zeit abgeschlossenen Mietverträgen (OLG Hamburg SeuffA 57 (1902) Nr 33; str). c) Verbleibt aus dem Erlös nach Befriedigung der vorgehenden Ansprüche des 8 Vermieters und der Ansprüche des Pfändungsgläubigers ein Rest, so hat der Vermieter hierauf wegen seiner weiter zurückliegenden Mietzinsforderungen einen Anspruch, weil dann jeder Grund für eine weitere Beschränkung der Vermieterrechte entfallen ist. * § 561 Rz 48, so zB R G Z 119, 265,269; OLG Stettin OLGE 3,357,358; OLG Frankfurt O L G E 19, 153, 154; früher sehr str. Die Einzelheiten des § 805 ZPO gehören in die Darstellungen des Zwangsvollstreckungsrechts; vgl deshalb insbes BAUMANN, Zwangsvollstreckungsrecht (1975) § 1 3 I I I 6 ( 2 2 9 f f ) ; BLOMEYER, Z i v i l p r o z e ß r e c h t - V o l l s t r e c k u n g s v e r f a h r e n ( 1 9 7 5 ) § 6 8 I I I ( 3 1 8 f ) ;

SCHÖNKE-BAUR, Zwangsvollstreckungs-, Konkurs- und Vergleichsrecht (9. Aufl 1974) § 44 B ( 2 0 7 ) ; a u ß e r d e m i n s b e s MITTELSTEIN 5 9 6 ff M N a c h w ; NIENDORFF 4 2 2 f f ; ROQUETTE § 5 6 3 R z

2 ff. (1019)

Volker Emmerich

§563 9-15

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

9 d) Bei der Pacht landwirtschaftlicher Grundstücke gilt nach § 585 S 1 die Beschränkung des § 563 nicht (vgl auch § 49 Abs 1 Nr 2 HS 2 KO). 10 n . Das Zusammentreffen des Vermieterpfandrechts mit anderen Pfandrechten 1. Der Rang des Vermieterpfandrechtes richtet sich gemäß § 1208 (i V m § 1257) nach dem Zeitpunkt seiner Entstehung, so daß es zwar den Nachrang gegenüber allen älteren Pfandrechten hat, jedoch allen später begründeten Rechten vorgeht (§ 559 Rz 3). Daraus folgt zB, daß ein Pfändungspfandrecht den Vorrang vor dem Vermieterpfandrecht hat, wenn eingebrachte Sachen gepfändet worden sind und der Mieter danach die bisherigen Räume aufgrund eines neuen Vertrages gegen andere Räume ausgetauscht hat (KG JW 1931, 2378). Hingegen haben Vermieterpfandrecht und vertragliches Pfandrecht denselben Rang, wenn Einbringung und Mitverschluß in einem Akt zusammenfallen (RG JW 1906, 224, 225). Besteht das Vermieterpfandrecht an von dem Grundstück entfernten Sachen fort (§ 560), so geht es jetzt neubegründeten Pfandrechten außer bei gutgläubigem Erwerb des Vorrangs vor (s im einzelnen § 561 Rz 37). 11 2. Besondere Probleme entstehen hier, wenn der Mieter, zB im Falle des Erwerbs unter Eigentumsvorbehalt, zunächst lediglich eine Anwartschaft hatte. Nach heute hM soll dann das Vermieterpfandrecht bereits an dem sog Anwartschaftsrecht entstehen (§ 559 Rz 24). Hieraus wird heute überwiegend gefolgert, daß das Vermieterpfandrecht den Vorrang vor nachträglich begründeten Pfändungspfandrechten Dritter hat, mögen sich auch sämtliche Pfandrechte erst bei Bedingunseintritt in Pfandrechte an der Sache verwandeln.* 12 III. Das Vermieterpfandrecht im Konkurs des Mieters Im Konkurs verwandelt sich das Vermieterpfandrecht in ein Recht auf abgesonderte Befriedigung (§§ 48, 49 Abs 1 Nr 2, 127 KO; vgl § 560 Rz 27, § 561 Rz 49; insbes N I E N D O R F F 431 f; R O Q U E T T E § 563 Rz 12 ff). Der Vermieter muß jedoch sein Recht im Konkurs anmelden (RGZ 14, 1, 4). 13 Im Konkurs ist ebensowenig in der Einzelvollstreckung Raum für eine Anwendung der §§ 560 und 561. Vielmehr kann und muß der Konkursverwalter die Sachen des Mieters verwerten. Der Vermieter ist dann auf seinen Anspruch auf vorzugsweise Befriedigung aus dem Erlös beschränkt. Für dessen Geltendmachung gilt aber § 561 Abs 2 ebenfalls nicht (OLG Hamburg OLGE 21, 203, 204; B G B - R G R K - G E L H A A R § 563 Rz 4). 14 Der Anspruch auf vorzugsweise Befriedigung unterliegt außerdem den Beschränkungen des § 49 Abs 1 Nr 2 KO, die im wesentlichen denen des § 563 entsprechen. § 49 Abs 1 Nr 2 KO betrifft jedoch nur den Fall, daß die abgesonderte Befriedigung des Vermieters zu einer Verkürzung der Masse führt. Er ist daher nicht auf einen Streit zwischen mehreren Absonderungsberechtigten anwendbar, wenn dadurch die Masse nicht berührt werden kann (BGH LM Nr 1 zu § 49 KO = NJW 1959, 2251 f; ERMAN-SCHOPP § 5 6 3 R z 2 ; KUHN M D R SOERGEL-MEZGER § 5 6 3 R z

1 9 6 0 , 2 2 0 ; PALANDT-PUTZO § 5 6 3 A n m

3;

3).

15 Setzt der Konkursverwalter den Mietvertrag fort (§ 19 KO; §§ 535,536 Rz 123), so sind jetzt fällig werdende Mietzinsforderungen Masseschulden (§ 59 Abs 1 Nr 2KO) und folglich aus der Masse vorweg zu berichtigen (§ 57 KO). * REINICKE, G e s e t z l i c h e P f a n d r e c h t e u n d H y p o t h e k e n a m A n w a r t s c h a f t s r e c h t ( 1 9 4 1 ) 4 8 ; SERICK § 12 III 4 b ; B G B - R G R K - G E L H A A R § 5 6 3 R z 5 ; SOERGEL-MEZGER § 5 6 3 R z 6 m w e i t e r e n

Nachw; aM insbes RGZ 60, 70, 73; sehr str.

Volker Emmerich

(1020)

§564 3. Titel. Miete. Pacht

§564 Das Mietverhältnis endigt mit dem Ablaufe der Zeit, für die es eingegangen ist. Ist die Mietzeit nicht bestimmt, so kann jeder Teil das Mietverhältnis nach den Vorschriften des § 565 kündigen. E I § 522 Abs 1, 2; II § 506 Abs 1, 2; III § 557; Mot II 410; Prot II 214 f.

Schrifttum CRANZ, Baukostenzuschuß und Kündigungsbefugnis, JR 1960, 452; GIESE, Befristete außerordentliche Kündigungen von Mietverhältnissen über Wohnraum, WuM 1973, 197; GLASER, Teilkündigung von Mietverträgen hinsichtlich der überlassenen Einrichtungsgegenstände, NJW 1951, 301; GUNDLACH, Zum befristeten Mietvertrag mit Verlängerungsklausel, ZMR 1977, 134; HÄRING, Die fristlose Kündigung von Wohnungsmietverhältnissen, WuM 1968, 85; HÄUSLER, Die Kündigungsbeschränkung bei LAG-Mietwohnungen, DWW 1966, 3; HEROLD, Kann die Kündigung eines Mietoder Pachtvertrages zurückgenommen werden? B1GBW 1972, 126; HURST, Zur Frage der Kündbarkeit von LAG-Wohnungen, WuM 1965, 181; KANIA, Vormietrecht - Optionsrecht, ZMR 1976, 1; KOENIG, Kann der Mieter bei gesonderten Mietverträgen über Wohnung und Garage eine Teilkündigung des Garagenmietvertrages rechtswirksam aussprechen? WuM 1966, 186; KÜRZEL, Zur Gewährung von Aufbaudarlehen aus Lastenausgleichsmitteln, ZMR 1966, 353; MOLITOR, Die Kündigung unter besonderer Berücksichtigung der Kündigung des Arbeitsvertrages (2. Aufl 1951); MÜLLER, Zustimmung der Ausgleichsbehörden zur Kündigung von Mietverhältnissen, ZMR 1967, 257; PEROANDE, Die Kündigung von Wohnraum und die Sozialklausel im neuen Mietrecht, NJW 1964, 1925; ROQUETTE, Das freie Kündigungsrecht des Vermieters, JW 1936, 2289; ders, Verlängerungsklausel und Vermieterkündigung im Rahmen des Mieterschutzes, JW 1938, 2876; SCHERER, Abwohnklausel und Vermieterkündigung, WuM 1956, 66; SCHMIDT-FUTTERER, Die vorzeitige Beendigung befristeter Mietverhältnisse, WuM 1970, 69; ders, Die Kündigung des Mieters wegen Mieterhöhung, WuM 1976, 65; ders, Der Mietaufhebungsvertrag, MDR 1971, 13; ders, Der Mietzinsanspruch bei vorzeitiger Räumung des Mieters, NJW 1970, 917; ders, Streitfragen bei der Kündigung von Werkwohnungen wegen Betriebsbedarfs, Betrieb 1974, 579; WEIMAR, Ist eine Bedingung bei der Kündigung und beim Kündigungswiderspruch zulässig? WuM 1965, 200; ders, Kinderlosigkeit als Vertragsbedingung, WuM 1961, 101; ders, Kann eine Kündigung nach kurzer Mietdauer rechtsmißbräuchlich sein? WuM 1966, 17; ders, Kann eine unbegründete, außerordentliche Kündigung von Wohnraum in eine ordentliche Kündigung umgedeutet werden? ZMR 1967, 6 = WuM 1966, 129; ders, Sind Rücknahme der Kündigung und des Widerspruchs bei der Wohnungsmiete zulässig? ZMR 1966, 258; ders, Der schuldhaft verhinderte Zugang einer Kündigung, WuM 1968, 6; ders, Zur Zulässigkeit der Teilkündigung bei Wohn- und Geschäftsräumen, B1GBW 1976, 172; VON WELCK, Kündigung des Mietverhältnisses einer mit einem Aufbaudarlehen nach dem Lastenausgleichsgesetz finanzierten Wohnung - Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, B1GBW 1973, 147.

Systematische Übersicht I. Allgemeine Kennzeichnung 1. Überblick 1 2. Entstehung und Zweck der Vorschrift 2 II. Beendigung durch Zeitablauf 1. Mietverhältnis auf bestimmte Zeit 3 2. Mietvertrag mit Optionsrecht 5 3. Mietvertrag mit Verlängerungsklausel 6 III. Beendigung durch Kündigung 1. Allgemeines 7 2. Rechtsnatur der Kündigung 8 3. Inhalt der Kündigung 15 (1021)

a) Erklärungsinhalt im allgemeinen 15 b) Bedingte Kündigung 19 c) Mehrheit von Beteiligten 22 d) Teilkündigung 24 4. Form der Kündigung 28 5. Arten der Kündigung 30 a) Ordentliche Kündigung 30 b) Außerordentliche Kündigung 31 aa) Außerordentliche befristete Kündigung 32 bb) Außerordentliche fristlose Kündigung 34 6. Wirkung der Kündigung 37 7. Widerruf oder Rücknahme der Kündigung 42

Jürgen Sonnenschein

§564 2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse IV. Beendigung aufgrund sonstiger Umstände 1. Allgemeines 44 2. Aufhebungsvertrag 45 3. Auflösende Bedingung 50 4. Rücktritt 51 a) Vertragliches Rücktrittsrecht 51 b) Gesetzliches Rücktrittsrecht 52 5. Anfechtung 54 6. Unmöglichkeit der Gewährung des vertragsmäßigen Gebrauchs 56

7. Wegfall der Geschäftsgrundlage 57 8. Erwerb des Eigentums oder Nießbrauchs durch den Mieter 58 9. Erlöschen eines Dauerwohn- oder Dauernutzungsrechts 59 10. Eintritt des Erwerbers eines Grundstücks in ein Mietverhältnis 60 11. Erlöschen des Jagdpachtvertrags 61 12. Beendigung durch Untergang einer juristischen Person 62

lie Übersicht - Ausschluß durch Finanzierungsbeitrag des Mieters 12 - Ausschluß, vertraglicher 11 f - außerordentliche 16, 31 ff - bedingte 19 ff - Einwendungen 9 - Einwilligung durch Dritte 13 - Form 28f - Grund 16 - durch konkludentes Handeln 15, 28 f - Inhalt 15 ff - Mehrheit von Beteiligten 22 f - u Mieterhöhung 17 - durch Nichtberechtigte 10 Beendigung des Mietverhältnisses - Nichtigkeit 38 - durch Kündigung 7 ff - ordentliche 16,30 - durch sonstige Umstände 44 ff - Rechtsnatur 8 - durch Zeitablauf 3 ff - Rücknahme 42 f Befristung 4 - für Teile eines Mietverhältnisses 24 ff - Umdeutung39 ff Bedingung - Wechsel der Parteien 14 - auflösende 4,50 - Widerruf 42 f - bzgl Fortbestand eines Mietverhältnisses 4, 50 - Zugang 8 - bzgl Kündigung 17,19 ff Kündigungserklärung 8 ff - Form 28 f - im Mietaufhebungsvertrag 48 - Inhalt 15 ff Dauernutzungsrecht 59 - Umdeutung 39 ff Dauerwohnrecht 59 - Vertretung 23 - Zugang 8 Eintritt des Erwerbers eines Grundstücks in ein Kündigungstermin 18 Mietverhältnis 60 Einwilligung eines Dritten in Kündigung 13 Mieterhöhungskündigung 17 Erlöschen eines Dauerwohn- oder DauernutMietverhältnis zungsrechts 59 - auf bestimmte Zeit 3 ff Erlöschen des Jagdpachtvertrages 61 - auf unbestimmte Zeit 7 ff Ersatzmieter 45,48 Mietvertrag Erwerb des Eigentums oder Nießbrauchs durch - mit Optionsrecht 5 den Mieter 58 - mit Verlängerungsklausel 6,18 Finanzierungsbeitrag des Mieters 12 Optionsrecht im Mietvertrag 5 ' Form der Kündigung 28 f Abänderungsvertrag 17 Anfechtung des Mietvertrages 54 f Angabe des Kündigungsgrundes 16 Arten der Kündigung 30 ff Aufbaudarlehen (LAG) 13 Aufhebungsvertrag 45 ff - unter Bedingungen 48 - Darlegungs- und Beweislast für Zustandekommen 49 - Form 47 - über Kündigungswirkung 43 - über Teile der Mietsache 27 - Zustandekommen 46

Kündigung - Arten 30 ff

Potestativbedingung bei der Kündigung 19 f Rücktritt vom Mietvertrag 51 ff

Jürgen Sonnenschein

(1022)

§564 3. Titel. Miete. Pacht -

gesetzliches Rücktrittsrecht 52 Vertragliches Rücktrittsrecht 51 nach Überlassung der Mietsache 53 vor Überlassung der Mietsache 52

Schriftform - für Kündigungserklärung 28 f - für Mietaufhebungsvertrag 47

1,2

Unmöglichkeit der Gewährung des vertragsmäßigen Gebrauchs 56 Verlängerungsklausel im Mietvertrag 6 Vertretung bei der Kündigung 23 Verwirkung des Kündigungsrechtes 36

Teilkündigung 24 ff

Wegfall der Geschäftsgrundlage 57 Werkwohnungen 13 Widerspruch und Fortsetzungsverlangen des Mieters 9 , 1 6 , 3 9

Umdeutung 39 ff

Zugang der Kündigungserklärung 8

I. Allgemeine Kennzeichnung 1

1. Überblick Die Vorschrift ist seit dem Inkrafttreten des BGB nicht verändert worden. Sie bestimmt in Abs 1, daß ein Mietverhältnis mit dem Ablauf der Zeit endet, für die es eingegangen ist. Nach Abs 2 kann ein auf unbestimmte Zeit eingegangenes Mietverhältnis von jedem Teil nach den Vorschriften des § 565 gekündigt werden. Die Regelung des § 564 gilt für Mietverhältnisse aller Art. Sie ist jedoch in mehrfacher Hinsicht unvollständig. Zum einen ist nur die Beendigung eines Mietverhältnisses durch Zeitablauf oder - wie sich aus der Verweisung auf § 565 ergibt - durch ordentliche Kündigung angesprochen. Neben der außerordentlichen befristeten oder unbefristeten Kündigung (Rz 31 ff) gibt es jedoch mit Anfechtung, Rücktritt, Aufhebungsvertrag, Unmöglichkeit der Gewährung des vertragsmäßigen Gebrauchs, Eigentums- oder Nießbrauchserwerb des Mieters, Erlöschen eines Dauerwohn- oder Dauernutzungsrechts und auflösender Bedingung weitere Gründe, die das Mietverhältnis beenden können. Zum anderen sind bei der Kündigung eines Mietverhältnisses über Wohnraum neben dem ausdrücklich genannten § 565 die Vorschriften der später eingefügten §§ 564 a, 564 b zu beachten. 2. Entstehung und Zweck der Vorschrift Die Vorschriften über die Beendigung des Mietverhältnisses durch Zeitablauf oder ordentliche Kündigung waren im ursprünglichen Gesetzentwurf (E I § 522) mit den später in § 565 übernommenen Kündigungsfristen verbunden. An sich entsprach es nicht der Redaktionsweise des BGB, im Gesetz allgemeine Erlöschensgründe bei den einzelnen Rechtsverhältnissen ausdrücklich hervorzuheben. Nach dem Vorbild der meisten Kodifikationen des 18. und 19. Jahrhunderts wurde die Beendigung durch Zeitablauf jedoch aufgenommen, um keinen Zweifel darüber zu lassen, daß bei einem Mietverhältnis auf bestimmte Zeit insoweit keine Kündigung notwendig sei (Mot II 410 mwN; Prot II 215). Entsprechend dem ebenfalls in den neueren Kodifikationen anerkannten Grundsatz sollte ein auf unbestimmte Zeit abgeschlossenes Mietverhältnis dagegen erst nach einer beiden Vertragsparteien zustehenden Kündigung und einer damit verbundenen Kündigungsfrist beendet werden (Mot aaO). Der in anderen Gesetzen oft zu findende Hinweis, daß sich die Dauer der Mietzeit aus dem Gebrauchszweck ergebe, wurde als entbehrlich angesehen (Mot aaO). (1023)

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§564

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2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

II. Beendigung durch Zeitablauf 3 1. Mietverhältnis auf bestimmte Zeit Ein Mietverhältnis endet durch Zeitablauf, wenn es auf eine bestimmte Zeit eingegangen ist. Die Dauer der Mietzeit muß im Vertrag genau bestimmt oder aufgrund des Vertragsinhalts hinreichend bestimmbar sein, so daß es keiner Kündigung oder sonstiger Erklärungen der Parteien bedarf, um das Mietverhältnis zu beenden. Die Mietzeit kann dadurch fest bestimmt werden, daß im Mietvertrag ein kalendermäßig festgelegtes Datum vereinbart wird. Dies ist möglich durch Angabe eines bestimmten Kalendertags oder auch eines variablen Festtags für ein bestimmtes Jahr (HANS § 5 6 4 Anm 2 a; vgl aber AG Hamburg-Blankenese WuM 1973, 7). Die Mietzeit ist ferner bestimmt, wenn eine feste Frist vereinbart wird, die nach Zeiteinheiten wie Tagen, Monaten oder Jahren bemessen ist und sich nach dem Beginn des Mietverhältnisses richtet (vgl aber AG Hamburg-Blankenese aaO). Ausreichend ist eine Fristbestimmung auch in der Form, daß der Gegenstand des Mietverhältnisses für die Dauer einer bestimmten Saison, einer Messe oder eines sonstigen, nach der Verkehrssitte bestimmbaren Zeitraums an den Mieter überlassen wird (BGB-RGRK-GELHAAR § 5 6 4 Rz 3; HANS § 5 6 4 Anm 2 b; SCHMIDT-FUTTERER B 2 1 ) . Die Mietzeit ist auch dann bestimmt, wenn ein ursprünglich auf unbestimmte Zeit eingegangenes Mietverhältnis nach § 556 a oder § 556 c durch Einigung der Parteien oder gerichtliche Entscheidung bis zu einem bestimmten Termin verlängert wird (PERGANDE § 564 Anm 3). Schließlich endet das Mietverhältnis durch Zeitablauf, wenn es zwar nicht für eine kalendermäßig bestimmte Zeit eingegangen ist, die Mietzeit sich aber nach einem von vornherein zeitlich begrenzten Gebrauchszweck des Mieters richtet. Ist dies in dem Vertrag vereinbart, sind keine weiteren Erklärungen der Parteien notwendig, um den Vertrag zu beenden (vgl V o r a u f l R z 2; PALANDT-PUTZO § 5 6 4 A n m 2).

4 Eine bestimmte Mietzeit ist auch dann vereinbart, wenn sie bis zum Eintritt eines bestimmten Ereignisses dauern soll. Es handelt sich um eine Zeitbestimmung im Sinne des § 163, selbst wenn der genaue Zeitpunkt noch nicht feststeht (vgl BGB-RGRK-GELHAAR § 5 6 4 Rz 3 zur Miete auf Lebenszeit). Ist dagegen ungewiß, ob das zukünftige Ereignis überhaupt eintreten wird, so liegt eine auflösende Bedingung vor (PALANDT-PUTZO § 564 Anm 2). Zwischen Bedingung und Befristung wird im Schrifttum nicht immer scharf unterschieden (vgl HANS § 5 6 4 Anm 2 c; PERGANDE § 5 6 4 Anm 6 ) . Eine Befristung nach § 163 führt immer dazu, daß das Mietverhältnis auf bestimmte Zeit eingegangen ist. Eine auflösende Bedingung kann dagegen mit einem auf unbestimmte oder auf bestimmte Zeit eingegangenen Mietverhältnis verbunden werden. Im letzteren Fall endet der Vertrag vorzeitig, wenn die auflösende Bedingung vor Ablauf der fest vereinbarten Mietzeit eintritt. In beiden Fällen einer auflösenden Bedingung handelt es sich aber nicht um eine Beendigung durch Zeitablauf im Sinne des § 564 Abs 1, sondern um eine Beendigung aufgrund sonstiger Umstände (Rz 44 ff, 50).

5 2. Mietvertrag mit Optionsrecht Ein Mietvertrag mit Optionsrecht ist ein auf bestimmte Zeit abgeschlossener Mietvertrag, der die Vereinbarung enthält, daß eine Partei berechtigt ist, den Vertrag durch einseitige Erklärung zu verlängern (s im einzelnen Vorbem 120 zu §§ 535, 536). Ein solcher Vertrag endet nach § 564 Abs 1 durch Zeitablauf, wenn die Partei nicht rechtzeitig von ihrem Optionsrecht Gebrauch macht (HANS § 564 Anm 4; Jürgen Sonnenschein

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3. Titel. Miete. Pacht

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SCHMIDT-FUTTERER B 2 9 ) . Dies muß auf jeden Fall vor Beendigung der Mietzeit durch ausdrückliche Erklärung geschehen (BGH WM 1967, 935; BGB-RGRKGELHAAR § 5 6 4 R z 9).

3. Mietvertrag mit Verlängerungsklausel

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Ein Mietvertrag mit Verlängerungsklausel ist ein auf bestimmte Zeit abgeschlossener Vertrag, der sich auf bestimmte oder auf unbestimmte Zeit verlängert, wenn nicht ein Vertragsteil innerhalb einer bestimmten Frist vor Ablauf des Mietverhältnisses die weitere Fortsetzung ablehnt (s im einzelnen Vorbem 121 zu §§535,536). In Mietverträgen ist insoweit häufig von Kündigung die Rede. Doch handelt es sich hierbei um eine untechnische Formulierung, mit der eine Willenserklärung des Inhalts gemeint ist, eine Fortsetzung des Mietverhältnisses werde abgelehnt (RGZ 86, 60, 62; B G H N J W 1975, 40; L G Wuppertal N J W 1 9 7 6 , 2 2 1 5 ; PALANDT-PUTZO § 5 6 4 Anm 2 a; vgl aber BGB-RGRK-GELHAAR § 5 6 4 Rz 6; ROQUETTE § 5 6 4 Rz

34; SCHMIDT-FUTTERER B 27; zur Anwendbarkeit der Sozialklausel s § 556 a Rz 5, § 556 b Rz 7). Wird eine dahin gehende Willenserklärung rechtzeitig abgegeben, endet das Mietverhältnis nach § 5 6 4 Abs 1 durch Zeitablauf (vgl ERMAN-SCHOPP § 5 6 4 R z 5; HANS § 5 6 4 A n m 3; PERGANDE § 5 6 4 A n m 4 ; SCHMIDT-FUTTERER

B 23 ff; s aber § 565 a Abs 1 zu Mietverhältnissen über Wohnraum, dort Rz 6 ff). III. Beendigung durch Kündigung 1. Allgemeines

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Nach § 564 Abs 2 kann jeder Teil das Mietverhältnis nach den Vorschriften des § 565 kündigen, wenn die Mietzeit nicht bestimmt ist. Ein auf unbestimmte Zeit eingegangenes Mietverhältnis kann demnach durch ordentliche Kündigung beendet werden. Diese Aussage des Gesetzes ist indessen unvollständig, weil das auf unbestimmte Zeit eingegangene Mietverhältnis auch durch außerordentliche fristlose Kündigung beendet werden kann. Darüber hinaus spielt die außerordentliche Kündigung bei den auf bestimmte Zeit abgeschlossenen Mietverhältnissen eine Rolle. 2. Rechtsnatur der Kündigung

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Die Kündigung ist eine einseitige, empfangsbedürftige Willenserklärung. Jeder Vertragsteil ist grundsätzlich zur Kündigung berechtigt. Die Erklärung wird wirksam, wenn sie dem anderen Vertragsteil zugeht (§§ 1 3 0 - 1 3 2 ; s SCHMIDT-FUTTERER B 43). Der Erklärende muß die Kündigung gegenüber dem Adressaten abgeben, so daß Erklärungen gegenüber unbeteiligten Dritten, aus denen sich eine Kündigungsabsicht ergibt, unerheblich sind. Dritte Personen können nur als Vertreter oder Boten eingeschaltet werden (ROQUETTE § 564 Rz 12). Versucht der Empfänger, den Zugang der Kündigung zu verhindern, so kann der Erklärende dem durch Ersatzzustellung oder öffentliche Zustellung nach § 132 entgegentreten. Die Verhinderung des Zugangs durch den Adressaten kann auch dazu führen, daß er sich auf einen etwa verspäteten Zugang nicht berufen kann (LG Berlin WuM 1 9 7 3 , 161; WEIMAR WUM 1968, 6; vgl PALANDT-HEINRICHS § 130 Anm 2 b mwN). Allein aus dem

Mietverhältnis als einer besonderen Verbindung zwischen Erklärendem und Empfänger entsteht allerdings noch nicht die Pflicht, sich jederzeit für den Empfang einer Kündigung bereitzuhalten (WEIMAR aaO 7; aM LEHMANN-HÜBNER, A T des BGB

[15. Aufl 1966] § 32 II 9). Dies würde die Pflichten, die sich aus einem Mietverhältnis ergeben, zu sehr ausdehnen. Etwas anderes kann aber gelten, wenn der Adressat (1025)

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2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

aufgrund konkreter Umstände, etwa einer Androhung der Kündigung, mit ihrem alsbaldigen Eingang rechnen muß. 9 Da die Kündigung eine einseitige Willenserklärung ist, braucht der Empfänger keine Gegenerklärung abzugeben. Aus seinem Schweigen können deshalb keine nachteiligen Schlüsse gezogen werden. Reagiert der Empfänger nicht sofort, heißt dies nicht, er sei mit der Kündigung einverstanden und mache keine Einwendungen geltend (ROQUETTE § 564 Rz 13). Für einen Widerspruch zum Zwecke der Verlängerung des Mietverhältnisses braucht der Mieter nur die Frist des § 556 a Abs 6 zu wahren (§ 556 a Rz 63 ff). 10 Für die Kündigung gelten alle Vorschriften des BGB über einseitige Rechtsgeschäfte, zB die §§ 111, 174, 180, 182 Abs 3. Die Kündigung ist eine rechtsgeschäftliche Verfügung im Sinne des § 185 Abs 1, weil damit über Rechte aus dem Mietverhältnis verfügt wird (RG Recht 1924, 1319; LG Stuttgart MDR 1970, 682). Mit Einwilligung der berechtigten Mietpartei kann deshalb ein Nichtberechtigter kündigen. Nicht anwendbar ist § 185 Abs 2, wenn der Nichtberechtigte ohne Einwilligung kündigt. Die Wirksamkeit der Kündigung kann aus Gründen der Rechtssicherheit nicht in der Schwebe bleiben, bis die Genehmigung mit der Folge der Rückwirkung erteilt wird (RG aaO; LG Stuttgart aaO; vgl RGZ 146, 314, 316; BGHZ 32, 375, 3 8 2 f = N J W 1 9 6 0 , 1 8 0 5 , 1 8 0 7 ; PALANDT-HEINRICHS § 1 8 5 A n m 1 a).

11 Die Kündigung kann vertraglich ausgeschlossen oder an die Zustimmung eines Dritten gebunden werden, soweit nicht zwingende gesetzliche Vorschriften oder die besondere Natur des Kündigungsrechts (vgl BGH NJW 1951, 836) entgegenstehen. Ein vertraglicher Ausschluß ist allerdings nur auf bestimmte Zeit möglich. Ein Ausschluß auf Dauer stünde im Widerspruch zu § 564 Abs 2 und wäre vor allem mit dem Wesen des Mietvertrags unvereinbar, der nur ein vorübergehendes Gebrauchsrecht einräumen soll (SCHMIDT-FUTTERER B 51; vgl aber § 567 S 2). Bei einem auf unbestimmte Zeit abgeschlossenen Mietverhältnis kann aus der Vereinbarung, daß der Mietzins für einen bestimmten Zeitraum „verbindlich bleiben" soll, in aller Regel nicht geschlossen werden, daß das Mietverhältnis während dieser Zeit unkündbar ist (BGH ZMR 1976, 203). Aus einer Verpflichtung des Vermieters, die Mietsache dem Mieter bis zur Fertigstellung eines von diesem beabsichtigten Neubaus zu belassen, ergibt sich jedoch, daß der Vermieter - nach Aufgabe der Baupläne durch den Mieter - diesem erst zu dem Zeitpunkt kündigen kann, in dem der beabsichtigte Neubau nach der Vorstellung der Parteien und den Verhältnissen im Baugewerbe frühestens fertig geworden wäre (LG Mannheim WuM 1961, 26). 12 In Rspr und Schrifttum wird verbreitet die Auffassung vertreten, daß das Recht zur ordentlichen Kündigung bei einem unbefristeten Mietverhältnis vertraglich ausgeschlossen ist, wenn der Mieter einen abwohnbaren Finanzierungsbeitrag an den Vermieter geleistet hat. Dies wird nach § 157 im Wege der Auslegung aus der Verrechnungsabrede geschlossen (OLG München DWW 1964,158; OLG Stuttgart ZMR 1959, 325; LG Bochum MDR 1970, 512; LG Dortmund WuM 1965, 151; LG Frankfurt WuM 1965, 97; LG Hagen WuM 1967, 171 u ZMR 1968, 86; LG Hannover MDR 1969, 845; LG Mannheim WuM 1970, 168; LG München WuM 1964, 56; AG Essen ZMR 1966, 332; AG Karlsruhe WuM 1967, 38; AG Münster WuM 1963, 159; LG Oldenburg ZMR 1957, 154; PALANDT-PUTZO, Einf v § 535 Anm I I b bb; PERGANDE § 564 Anm 8 a; SCHMIDT-FUTTERER B 49; vgl auch HANS § 564 Anm 5 k; aM OLG Celle NJW 1956, 1281; LG Braunschweig ZMR 1967, 202; LG Stuttgart ZMR 1967, 112; BURKHARDT BB 1964, 771, 775). Die vorherrschende Auffassung wird idR den Interessen beider Parteien gerecht, da sie durch den zeitweisen Ausschluß des Kündigungsrechts auf die von den Parteien in aussieht genommene längere Vertragsverbindung Rücksicht nimmt. Eine vorzeitige KündiJürgen Sonnenschein

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gung würde demgegenüber als ein Verstoß gegen eigenes vorangeggenes Verhalten erscheinen. Ein solches Verhalten zu unterlassen, kann aber schon als Inhalt des Mietvertrags erscheinen und damit als vertraglicher Aus chluß des Rechts zur ordentlichen Kündigung gedeutet werden. Dies setzt allerdings voraus, daß im Mietvertrag nicht ausdrücklich eine anderweitige Regelung getroffen ist (PERGANDE aaO; vgl auch LG Mannheim WuM 1968, 44). Das gleiche kann bei hohem Renovierungsaufwand des Mieters gelten (AG Köln MDR 1971, 762; BGBRGRK-GELHAAR § 5 6 4 R z 18).

Wird die Kündigung vertraglich durch das Erfordernis der Einwilligung eines 13 Dritten erschwert, so ist die Kündigung bei fehlender Einwilligung unwirksam und kann aus Gründen der Rechtssicherheit nicht durch Genehmigung nach den §§185 Abs 2, 184 Abs 1 geheilt werden (LG Duisburg WuM 1966, 82; LG Kassel WuM 1966, 201; HANS § 564 A n m 8 b b b ; SCHMIDT-FUTTERER B 50). Ein solches

Zustimmungserfordernis wird häufig in Verträgen zur Förderung von Werkwohnungen zwischen Arbeitgeber und Vermieter vereinbart (vgl LG Hamburg ZMR 1966, 217; AG Dortmund DWW 1961, 170). Es entfällt mit dem Ende des Besetzungsrechts (BGH WM 1 9 6 9 , 1 4 5 4 ) . Auch bei LAG-Aufbaudarlehen werden üblicherweise derartige Klauseln in den Darlehensvertrag zwischen Ausgleichsamt und Vermieter aufgenommen (LG Duisburg aaO; LG Kassel aaO; LG Essen WuM 1 9 6 5 , 1 3 3 ; HANS § 5 6 4 Anm 8 b; PERGANDE § 5 6 4 Anm 8 b), fehlen sie aber, so gibt es keinen Rechtssatz, daß die Kündigung von Mietverhältnissen über Wohnungen, für deren Errichtung Lastenausgleichsmittel bewilligt sind, der Zustimmung des Lastenausgleichsamts bedürfe (AG Köln WuM 1970, 59). Die notwendige Zustimmung des Ausgleichsamts wird durch eine vorzeitige Rückzahlung des Darlehens vor Ablauf der zehnjährigen Zweckbindungsfrist nicht überflüssig (LG Karlsruhe WuM 1967, 167). Nach Ablauf dieser Frist kann jedoch weder aus der abgelaufenen Zweckbindung noch aus dem nach § 362 erfüllten Darlehensvertrag das Erfordernis einer Zustimmung abgeleitet werden (LG Frankfurt WuM 1973, 81; BVerwG B1GBW 1973, 149 - jedenfalls dann nicht mehr, wenn der ursprüngliche Darlehensnehmer [Mieter] die Wohnung noch nutzt; HANS § 564 Anm 8 b cc; PERGANDE § 564 Anm 8 b; aM LG Mannheim WuM 1973, 96). Derartige Zustimmungsklauseln werden vielfach als Vertrag zugunsten Dritter nach § 328 angesehen (BGH NJW 1967, 2260; LG Essen WuM 1965, 133 u MDR 1969, 147). Nach HANS (§ 564 Anm 8 b aa) und SCHMIDT-FUTTERER (B 50) kann es wegen des wirtschaftlich gleichen Ergebnisses offenbleiben, ob es sich um einen echten Vertrag zugunsten Dritter oder um einen Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte handelt. Nach Ansicht des LG Bremen (DWW 1966, 295) und des AG Hattingen (WuM 1965, 135) werden derartige Klauseln erst wirksam, wenn sie Gegenstand mietvertraglicher Vereinbarungen zwischen Mieter und Vermieter geworden sind. Zuzugeben ist dieser Auffassung, daß die rechtliche Konstruktion eines Vertrags zugunsten Dritter nicht klar zutage liegt, wenn die Kündigung an die Zustimmung eines Dritten gebunden wird, geht es doch insoweit nicht unmittelbar um ein Recht der begünstigten Partei des Mietvertrags auf Leistung. Wenn der Vermieter sich gegenüber einem Dritten verpflichtet, den Mietvertrag nicht ohne dessen Zustimmung zu kündigen, so liegt darin das Versprechen, dem Mieter so lange auch den Gebrauch der Mietsache zu überlassen. Auf diese Fortsetzung der Leistung hat der Mieter einen Anspruch aus dem Vertrag zu seinen Gunsten. Das Recht auf Kündigung ist ein unselbständiges Gestaltungsrecht, das der Umge- 14 staltung des gesamten Schuldverhältnisses dient, ohne höchstpersönlichen Charakter zu tragen. Deshalb steht an sich nichts entgegen, ein Kündigungsrecht bei einem Wechsel der Parteien des Mietvertrags auf den Rechtsnachfolger übergehen zu lassen. Gleichwohl wird bei dieser vor allem im Rahmen des § 571 relevanten Frage (1027)

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danach differenziert, ob die Kündigung bereits vor dem Wechsel der Parteien ausgesprochen worden ist (SCHMIDT-FUTTERER B 52, 53) oder ob die Voraussetzungen des Kündigungsrechts wenigstens teilweise in der Person des Rechtsnachfolgers entstanden sind (§ 571 Rz 57 mwN; s auch § 564 b Rz 50).

15 3. Inhalt der Kündigung a) Erklärungsinhalt im allgemeinen In der Kündigungserklärung muß eindeutig zum Ausdruck kommen, daß der Erklärende das Mietverhältnis beenden will. Die Benutzung des Wortes Kündigung ist weder notwendig noch in jedem Falle ausreichend (LG Frankfurt ZMR 1968, 85). Seine Erklärung muß einen unmißverständlichen Hinweis enthalten, aus dem auf den Kündigungswillen geschlossen werden kann (BGH LM § 564 BGB Nr 1; LG Frankfurt ZMR 1968, 85; AG München ZMR 1967, 135). Dies ist auch bei einer Klage auf Herausgabe der Mietsache möglich (BGH aaO; LG Mönchengladbach WuM 1961, 166; AG Bremervörde WuM 1973, 99; LG Bückeburg WuM 1976, 123 - Kündigungserklärung in der Berufung gegen klageabweisendes Urteil; HANS § 5 6 4 A n m

5 c ; ROQUETTE § 5 6 4 R z 1 4 ; SCHMIDT-FUTTERER B 3 5 ; a M

AG

Köln WuM 1974, 105). Für den Beklagten muß jedoch eindeutig erkennbar sein, daß neben der Klageerhebung als Prozeßhandlung eine Kündigung als materiellrechtliche Willenserklärung abgegeben werden soll (LG Hamburg MDR 1974, 584; P A L A N D T - P U T Z O § 564 a Anm 2). Prozeßhandlung und materiell-rechtliche Erklärung fallen nicht notwendig zusammen (aM SCHMIDT-FUTTERER aaO). So kann sich etwa aus den Schriftsätzen ergeben, daß der Kläger bei seiner vorgerichtlichen Kündigungserklärung stehengeblieben ist und von deren Wirksamkeit ausgeht, was insbesondere für die Wahrung der in § 564 a vorgesehenen Schriftform wichtig ist (vgl LG Hamburg aaO). Die Kündigung kann in einer konkludenten Handlung liegen, soweit nicht durch Parteivereinbarung oder Gesetz eine besondere Form vorgeschrieben ist (§ 564 a Abs 1 S 1; vgl unten Rz 28 f). In der Einziehung des alten Mietvertrages und der Zusendung eines neuen liegt nicht ohne weiteres eine Kündigung. Vielmehr handelt es sich um einen Antrag, den bisherigen Vertrag zu ändern (AG Münster WuM 1972, 123). Auch die Ankündigung des vorzeitigen Auszugs im Anschluß an einen Räumungsvergleich (AG Köln WuM 1975, 143; vgl aber LG Mönchengladbach WuM 1964, 10) oder der Auszug eines Mitmieters (LG Köln WuM 1976, 145) stellen idR keine Kündigung dar. 16 Ein bestimmter Kiindigungsgrund muß in der Erklärung grundsätzlich nicht angegeben werden. Dies gilt für die ordentliche und die außerordentliche Kündigung in gleicher Weise ( B G H WM 1959, 538, 542; B G B - R G R K - G E L H A A R § 542 Rz 8; ERMAN-SCHOPP § 5 6 4 R z 1 2 ; H A N S § 5 6 4 A n m 5 d ; MITTELSTEIN 4 5 9 ; PALANDT-PUT-

§ 564 Anm 3 b; S O E R G E L - M E Z G E R § 564 Rz 9). Die hiervon hinsichtlich der außerordentlichen Kündigung abweichende Ansicht (LG Mannheim WuM 1975, 226, 227; Justiz 1976, 469; PERGANDE § 564 a Anm 4; ROQUETTE § 564 Rz 20; SCHMIDT-FUTTERER B 64; W E I M A R ZMR 1967, 6; vgl L G Hamburg WuM 1977,184 zu § 564 b Abs 3; s auch § 553 Rz 34) findet im Gesetz keine Stütze. Allenfalls nach § 242 kann der Kündigende gehalten sein, seine Gründe auf Befragen mitzuteilen, damit der Gegner seine Rechtsverteidigung darauf einstellen kann (BGB-RGRKG E L H A A R § 564 Rz 15; E R M A N - S C H O P P aaO). Das aber ist keine Frage des notwendigen Inhalts und damit der Wirksamkeit der Kündigungserklärung, sondern einer etwaigen Schadensersatzverpflichtung (MITTELSTEIN 460). Unschädlich ist es deshalb, wenn ein unzutreffender Grund angegeben wird (RG HRR 1934, 318; H A N S § 564 Anm 5 d). Entscheidend ist allein, daß im Zeitpunkt der KündigungserkläZO

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rung tatsächlich ein Grund vorliegt, der die außerordentliche Kündigung rechtfertigt. Wird die Kündigung von dem angegebenen Grund nicht gestützt, so können grundsätzlich auch nicht bekanntgegebene Gründe nachträglich mit der Wirkung nachgeschoben werden, daß sie die Kündigung bereits für den Zeitpunkt ihres Ausspruchs rechtfertigen, sofern sie in diesem Zeitpunkt bereits existierten (BGH WM 1959, 538, 542; BGHZ 27, 220 = NJW 1958, 1136 zum Handelsvertreter). Zu beachten ist aber § 564 b Abs 3. Hiernach werden als berechtigte Interessen des Vermieters an der Kündigung eines Mietverhältnisses über Wohnraum nur die Gründe berücksichtigt, die in dem Kündigungsschreiben angegeben sind, soweit sie nicht nachträglich entstanden sind. Letzteres setzt aber eine von Anfang an wirksame Kündigung voraus (§ 564 b Rz 125, 130). Die Angabe eines Grundes ist immer erforderlich, wenn die Parteien vereinbart haben, daß die Kündigung nur aus bestimmten Gründen zulässig sein soll (PALANDT-PUTZO § 5 6 4 Anm 3 b; ROQUETTE § 564 Rz 17). Ist der Kündigungsgrund in einem solchen Fall nicht angegeben, so liegt ein Mangel hinsichtlich des als notwendig vereinbarten Inhalts der Erklärung vor, der die Unwirksamkeit der Kündigung zur Folge hat. Für die Kündigung eines Mietverhältnisses über Wohnraum sieht § 564 a Abs 1 S 2 als Sollvorschrift die Angabe der Kündigungsgründe vor. Es handelt sich aber nicht um eine Voraussetzung für die Wirksamkeit der Kündigung. Nach § 556 a Abs 1 S 3 können bei einem Widerspruch des Mieters gegen die Kündigung grundsätzlich nur die in dem Kündigungsschreiben angegebenen Gründe zur Würdigung der Interessen des Vermieters herangezogen werden. Bei Mietverhältnissen auf unbestimmte Zeit war früher die Kündigung zwecks 17 Mieterhöhung recht verbreitet. Sie ist nunmehr bei Mietverhältnissen über Wohnraum durch § 1 S 1 MHG ausdrücklich ausgeschlossen (vgl zum früheren MietSchG Vorauf 1 Rz 27). Insoweit kann der Vermieter eine Mieterhöhung nur nach Maßgabe der §§ 2-7 MHG durchsetzen. Für sonstige Mietverhältnisse hat sich die Rechtslage nicht verändert. Eine Kündigung zwecks Mieterhöhung ist nichts anderes als eine ordentliche Kündigung, die das Mietverhältnis nach § 564 Abs 2 beendet. Die Besonderheit besteht nur darin, daß sie in bestimmter Weise motiviert ist und mit einem Vertragsangebot des Vermieters verbunden ist, ein neues Mietverhältnis mit einem höheren Mietzins abzuschließen (MITTELSTEIN 3 9 5 , 4 5 9 ; PERGANDE § 5 6 4 Anm 9 b; ROQUETTE § 5 6 4 Rz 18). Davon zu unterscheiden ist die Kündigung unter der auflösenden Bedingung, daß der dem Mieter gleichzeitig gemachte Antrag, die Miete durch einen Abänderungsvertrag zu erhöhen, angenommen wird (Rz 19 ff). Nach verbreiteter Auffassung soll die Kündigungserklärung die Angabe eines Kün- 18 digungstermins enthalten, da sie bezwecke, den Endpunkt des Mietverhältnisses festzulegen (MITTELSTEIN 4 5 4 ; ROQUETTE § 5 6 4 Rz 16; SCHMIDT-FUTTERER B 3 2 ) . Das Gesetz enthält für ein solches Erfordernis auch in Form einer Sollvorschrift keinen Anhaltspunkt. Fehlt die Angabe eines bestimmten Kündigungstermins, so macht dies nach einhelliger Meinung die Kündigung nicht unwirksam, da es sich nicht um einen wesentlichen Bestandteil der Erklärung handelt (RG JW 1908, 270 Nr 4). Die Kündigung wird dann zum nächsten zulässigen Termin wirksam (LG Braunschweig B 1 G B W 1 9 6 9 , 137; B G B - R G R K - G E L H A A R § 5 6 4 Rz 12; MITTELSTEIN aaO; ROQUETTE aaO; SCHMITT-FUTTERER aaO). Das gleiche gilt, wenn die Kündigungserklärung für einen etwa angegebenen Termin wegen der nach § 565 einzuhaltenden Fristen verspätet ist (OLG Hamburg OLGE 36, 64; AG München Z M R 1 9 6 7 , 1 3 5 ; B G B - R G R K - G E L H A A R a a O ; ERMAN-SCHOPP § 5 6 4 R z 11; SOER-

GEL-MEZGER § 564 Rz 7). Die Wirkung der verspäteten Kündigung zum nächsten zulässigen Termin tritt aber nur ein, wenn der Kündigende das Mietverhältnis auf jeden Fall beenden will und dieser Wille dem anderen Vertragsteil genügend erkennbar ist (OLG Hamburg aaO; AG München aaO - bestimmtes Verlangen auf (1029)

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§564 19, 20

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

Rückgabe; ERMAN-SCHOPP aaO). Die Kündigung kann auch für einen späteren als den nächsten zulässigen Termin erklärt werden (MITTELSTEIN 466). Bei einem befristeten Mietvertrag mit Verlängerungsklausel ist jede Partei berechtigt, die Erklärung, die eine Verlängerung des Mietverhältnisses verhindern soll, bereits vor Ablauf der vereinbarten Mietzeit auszusprechen, um den Vertrag zum frühest möglichen Zeitpunkt zu beenden (LG Mannheim ZMR 1970, 240). Eine solche verfrühte Kündigung darf allerdings nicht zum Nachteil des anderen Vertragsteils von den nach den §§ 565 a Abs 1, 565 einzuhaltenden Kündigungsfristen abweichen, was bei Verträgen mit Verlängerungsklausel praktisch möglich wäre (vgl AG Köln WuM 1970, 22). Ist die Kündigung für einen späteren als den nächsten zulässigen Termin ausgesprochen worden, steht es jeder Vertragspartei grundsätzlich frei, bereits zu einem früheren Zeitpunkt zu kündigen, wenn die dafür maßgebende Kündigungsfrist noch einzuhalten ist. Dies kann allerdings eine Verpflichtung zum Schadensersatz auslösen, wenn sich der andere Vertragsteil bereits auf den späteren Termin eingestellt hat (MITTELSTEIN 467). Eine Kündigung ist auch sogleich mit dem rechtlichen Beginn des Mietverhältnisses möglich, soweit dabei die Kündigungsfristen des § 565 gewahrt werden. 19 b) Bedingte Kündigung Die Frage, ob die Kündigung unter einer Bedingung erklärt werden kann, ist seit langem umstritten. Nach verbreiteter Auffassung soll eine bedingte Kündigung generell unwirksam sein und zwar auch dann, wenn der Eintritt der Bedingung nur vom Willen des Kündigungsempfängers abhängig ist ( H A N S § 564 Anm 5 f; ROQUETTE § 5 6 4 Rz 15; SCHMIDT-FUTTERER B 31). Eine bedingte Kündigung widerspreche dem für Gestaltungsrechte geltenden Bestimmtheitsgrundsatz, der es nicht dulde, daß hinsichtlich der Rechtswirkung ein Schwebezustand eintrete. Nach MITTELSTEIN (458) soll eine Potestativbedingung nur dann zulässig sein, wenn der Kündigungsempfänger damit einverstanden ist. Auch nach hM ist eine bedingte Kündigung grundsätzlich ausgeschlossen. Allerdings wird die Kündigung nicht schlechthin als bedingungsfeindlich angesehen. Es komme vielmehr darauf an, ob sie genügend bestimmt und klar sei, so daß der Kündigungsempfänger nicht in eine ungewisse Lage versetzt werde. Hänge der Eintritt des zukünftigen ungewissen Ereignisses wie bei der Potestativbedingung allein vom Willen des Empfängers ab, so sei eine derart bedingte Kündigung zulässig (BGH WM 1973, 694, 695; BAG NJW 1968, 2078; OLG Braunschweig SeuffA 57, 60; OLG Dresden SeuffA 62, 248; OLG Hamburg SeuffA 74, 4; AG Köln WuM 1973, 253; B G B - R G R K - G E L H A A R § 542 Rz 10; ERMAN-SCHOPP § 564 Rz 11; LARENZ AT [4. Aufl 1977] § 25 II; PALANDT-PUTZO § 5 6 4 A n m 3 e ; PERGANDE § 5 6 4 A n m 9 a ; S O E R G E L - M E Z G E R § 5 6 4 R z 1 0 ; WEIMAR

WuM 1965, 200). 20 Das Gesetz hat die Unzulässigkeit einer Bedingung bei einseitigen gestaltenden Rechtsgeschäften ausdrücklich nur für die Aufrechnung in § 388 S 2 ausgesprochen (Mot II 413 zum Mietrecht). Im übrigen werden die Grenzen für die Zulässigkeit einer Bedingung durch die erforderliche Rücksichtnahme auf den Geschäftsgegner gezogen. Ist die Rücksichtnahme aber entscheidendes Kriterium für die Bedingungsfeindlichkeit der Kündigung, so ist mit der hM eine bedingte Kündigung als zulässig anzusehen, wenn der Geschäftsgegner keiner Rücksichtnahme bedarf, dh wenn er es von Anfang an allein in der Hand hat, die Bedingung eintreten zu lassen oder nicht. Dem steht auch nicht die Entscheidung des RG (RG WarnR 1915,103) entgegen, in der eine bedingte Kündigung „in vollem Umfang" für unwirksam erklärt worden ist. Hierbei war die Kündigung von dem ungewissen Ausgang eines Räumungsrechtsstreits abhängig gemacht, nicht aber von einer Potestativbedingung. Insoweit enthält die Entscheidung also keine entgegenstehende Aussage (vgl auch LG Frankfurt Jürgen Sonnenschein

(1030)

3. Titel. Miete. Pacht

§564 21, 22

WuM 1955, 185). In § 643 läßt das Gesetz die Kündigung unter einer Potestativbedingung sogar selbst zu. Da die Bedingungsfeindlichkeit einer Kündigung mangels ausdrücklicher gesetzli- 21 eher Regelung allein von der gebotenen Rücksichtnahme auf den Geschäftsgegner abhängt, ist im übrigen eine bedingte Kündigung auch dann zulässig, wenn der andere Vertragsteil sich damit einverstanden erklärt (RGZ 91, 3 0 7 , 3 0 9 ; ERMANSCHOPP § 5 6 4 Rz 11; PERGANDE § 5 6 4 Anm 9 a; WEIMAR WuM 1 9 6 5 , 2 0 0 ) . Dabei macht es keinen Unterschied, ob dies vorher oder nachträglich erklärt wird, da die Wirksamkeit der Kündigung in jedem Fall vom Willen des Empfängers abhängt. Das Einverständnis muß jedoch ausdrücklich erklärt werden oder zumindest dadurch bewußt zum Ausdruck gebracht werden, daß der Empfänger die Kündigung im Rechtsverkehr als gültig behandelt (vgl PERGANDE U WEIMAR aaO). Keinesfalls reicht es aus, daß der Empfänger die bedingte Kündigung nur in Unkenntnis der grundsätzlichen Rechtslage als wirksam behandelt oder auch nur nicht sofort zurückweist (aM Voraufl Rz 18). Da der Empfänger auf die einseitige, empfangsbedürftige Kündigungserklärung nicht zu antworten braucht, können aus seinem Schweigen keine Schlüsse auf einen rechtsgeschäftlichen Willen gezogen werden. Schließlich kann auch die Entstehung des Kündigungsrechts vereinbarungsgemäß vom Eintritt eines ungewissen zukünftigen Ereignisses abhängig gemacht werden (SOERGEL-MEZGER § 5 6 4 R z 10).

c) Mehrheit von Beteiligten

22

Die Frage, wie und gegenüber wem bei einer Mehrheit von Beteiligten auf der Mieter- oder Vermieterseite gekündigt werden muß, ist im Gesetz nicht ausdrücklich geregelt, weil sie in gleicher Weise bei anderen Schuldverhältnissen wiederkehrt. Das Gesetz geht als selbstverständlich davon aus, daß ein einheitlicher Mietvertrag bei mehreren Mietern oder Vermietern nur von allen oder gegen alle anderen Beteiligten gekündigt werden kann (Mot II 413). Dies entspricht einhelliger Auffassung in Rspr (RGZ 90, 3 2 8 , 3 3 0 ; 1 3 8 , 1 8 3 , 1 8 6 ; 141, 3 9 1 , 3 9 2 ; BGHZ 26, 102, 1 0 3 = NJW 1 9 5 8 , 4 2 1 ; BGH WM 1 9 6 4 , 2 7 3 , 2 7 5 ; WM 1 9 7 2 , 1 3 6 , 1 3 7 ; OLG Hamburg B1GBW 1961, 334; LG Hamburg WuM 1977, 184; AG Bonn WuM 1967, 61, jeweils für mehrere Mieter; vgl aber BGHZ 65, 49 = NJW 1975, 1653 zur Kündigung nach formlosem Beitritt zu formbedürftigem Mietvertrag; AG Frankfurt ZMR 1969, 85; AG Gelsenkirchen-Buer WuM 1972, 110 für mehrere Vermieter; RGZ 97, 79, 81; AG München WuM 1 9 7 0 , 1 0 2 für mehrere Mieter und Vermieter) und Schrifttum ( B G B - R G R K - G E L H A A R § 5 6 4 Rz 14; ERMAN-SCHOPP § 5 6 4 Rz 13; HANS § 5 6 4 A n m 5 i; PALANDT-PUTZO § 5 6 4 A n m 3 f; SCHMIDT-FUTTERER B 4 4 ; SOERGEL-MEZGER § 5 6 4 Rz 12). Es wird gefolgert aus der Einheitlichkeit des

Mietverhältnisses, die vom Regelfall des § 425 abweicht (BGH WM 1964, 273, 275), sowie daraus, daß die dem Vermieter obliegende Pflicht zur Gebrauchsüberlassung und die Verpflichtung des Mieters, die Mietsache nach Beendigung des Mietverhältnisses zurückzugewähren, unteilbar sind (Mot II 413). Hat ein Ehegatte die eheliche Wohnung allein angemietet, so kann er das Mietverhältnis auch allein kündigen (LG Stuttgart FamRZ 1977, 200; aM LG Bamberg FamRZ 1957, 258 m A n m BOSCH U BRÜHL - im Hinblick auf § 138 A b s 1).

Aus der Einheitlichkeit des Mietverhältnisses ergibt sich allerdings nicht, daß ein Kiindigungsgrund, der nur in der Person eines von mehreren Mietern oder Vermietern eingetreten ist, die andere Vertragspartei berechtigt, das Mietverhältnis mit Wirkung für und gegen alle anderen, nicht betroffenen Beteiligten zu kündigen. Dies richtet sich vielmehr nach der einzelnen gesetzlichen Vorschrift, auf die das Kündigungsrecht gestützt wird, und nach der Ausgestaltung des einzelnen Vertragsverhält(1031)

Jürgen Sonnenschein

§564 23, 24

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

nisses (BGHZ 26, 102, 104 = NJW 1958, 421, 422). Insoweit ist keine allgemeingültige Aussage möglich (vgl RGZ 90, 328, 331 zu § 569; RGZ 141, 391, 393; BGHZ 26, 102, 108 = NJW 1958, 421, 423 zu § 19 KO). Ist eine OHG oder KG Mietpartei, so ist nur die Gesellschaft kündigungsberechtigt. Ihre Kündigung wirkt aber für und gegen die Gesellschafter (vgl RGZ 140, 10, 12). 23 Die Einheitlichkeit des Mietverhältnisses hat zur Folge, daß die Kündigung bei einer Mehrheit von Beteiligten durch sämtliche Personen der einen Vertragsseite gegenüber sämtlichen Personen der anderen Vertragsseite erklärt werden muß. Dabei ist auf Seiten der Erklärenden oder der Empfänger Stellvertretung zulässig. Die Erteilung der Vollmacht, eine Kündigung zu erklären oder entgegenzunehmen, ist formlos wirksam (§167 Abs 2). Der Kündigungsempfänger kann eine Kündigung jedoch nach § 174 zurückweisen, wenn der Bevollmächtigte ihm keine Vollmachtsurkunde vorlegt. Der bloße Hinweis auf das Vorhandensein einer Kündigungsvollmacht und die Möglichkeit der Einsichtnahme seitens des Gekündigten können die Beifügung der Vollmachtsurkunde dann nicht ersetzen (LG Mannheim WuM 1976, 207). Eine berechtigt zurückgewiesene Kündigung ist unwirksam und kann nur ohne Rückwirkung wiederholt werden (vgl AG Oberndorf WuM 1977, 168). Für die Erklärung im Namen des Vertretenen und die Bevollmächtigung gelten die allgemeinen Grundsätze. So kann der andere Vertragsteil bei Kündigungserklärungen von einem Ehegatten oder an einen Ehegatten nicht ohne weiteres davon ausgehen, daß insoweit ein Handeln namens und in Vollmacht des anderen Ehegatten vorliegt (LG Frankfurt WuM 1961, 37; AG Hamburg WuM 1977, 165; AG Hannover ZMR 1973, 15; AG Mannheim WuM 1976, 184; SCHMIDT-FUTTERER B 44; aM H A N S § 564 Anm 5 i). Insoweit hat ein Mangel vielmehr die Unwirksamkeit gegenüber allen Beteiligten zur Folge. Die Kündigung durch einen oder gegenüber einem Vertreter ohne Vertretungsmacht ist nur im Rahmen des § 180 mit Rückwirkung genehmigungsfähig. Die Vollmacht, eine Kündigung zu erklären oder entgegenzunehmen, kann bereits im Mietvertrag erteilt werden und ist auch bei formularmäßiger Erteilung wirksam. Hierfür ist es als nicht ausreichend angesehen worden, wenn vertraglich die in § 14 des Deutschen Einheitsmietvertrags enthaltene Klausel übernommen wurde, nach der es „für die Rechtswirksamkeit einer Erklärung des Vermieters genügt. .., wenn sie gegenüber einem der Mieter abgegeben wird" (OLG Hamburg B1GBW 1961, 334; LG Hamburg WuM 1977, 184; AG Hamburg WuM 1973, 5; AG Hamburg-Wandsbek MDR 1971, 845; AG Hannover ZMR 1973,

1 5 ; HANS § 5 3 5 A n m

5 d ; ROQUETTE § 5 3 5 R z 8 7 , 8 8 ;

SCHMIDT-FUTTERER

B 44; aM LG Berlin MDR 1970, 54). Die Vollmacht beruht auf dem Mietvertrag und kann sich mangels einer klaren Aussage der formularmäßigen Klausel nicht auf solche Willenserklärungen erstrecken, die gerade die Rechtsgrundlage der Vollmacht beseitigen sollen (OLG Hamburg aaO). Das Interesse des Vermieters, sich auf diese Klausel vor allem dann stützen zu können, wenn das Einvernehmen zwischen mehreren Mietern gestört ist (vgl LG Berlin aaO), muß demgegenüber zurücktreten. Der vom BMJ vorgelegte Mustermietvertrag 1976 sieht in § 16 Abs 2 S 3 vor, daß eine gegenseitige Bevollmächtigung mehrerer Mieter auch für die Entgegennahme von Kündigungen gilt, nicht jedoch für den Ausspruch der Kündigung und für Mietaufhebungsverträge. 24 d) Teilkündigung Die Zulässigkeit einer Teilkündigung in dem Sinne, daß nur Teile eines Mietverhältnisses gekündigt werden, ist in Rspr und Schrifttum umstritten (vgl auch § 553 Rz 14). Hierbei geht es nicht um die im Rahmen einer Mehrheit von Beteiligten auftauchenden Probleme (Rz 22 f), sondern um die Frage, ob das Mietverhältnis nur Jürgen Sonnenschein

(1032)

3. Titel. Miete. Pacht

§564 25-27

hinsichtlich einzelner Abreden des Vertrags oder einzelner Teile der Mietsache gekündigt werden kann. Eine Teilkündigung von Nebenabreden, aus denen sich besondere Rechte und Pflichten der Parteien im Rahmen des Mietverhältnisses ergeben, wird allgemein für unzulässig gehalten ( B G B - R G R K - G E L H A A R § 542 Rz 11; PALANDT-PUTZO § 564 Anm 3 d; SCHMIDT-FUTTERER B 47). Dies gilt für alle einseitig nicht abtrennbaren Bestandteile der vertraglichen Abreden wie etwa das Verbot der Aufrechnung (LG Berlin III GrdstW 1932, 55; HANS § 564 Anm 5 h), der Erlaubnis zur Untervermietung (KG GrundE 1929, 841; LG Berlin III GrundE 1929, 248 u 868; LG Essen M D R 1 9 6 6 , 4 2 0 ; SCHMIDT-FUTTERER a a O ; SOERGEL-MEZGER § 5 6 4 R z 14), zur

Anbringung von Reklameschildern (LG Hamburg JW 1928, 2576 Nr 8), zur Aufstellung eines Wagens im Hofraum (LG Berlin I GrundE 1929, 285; LG Hamburg GrdstW 1929, 203), der Erlaubnis, Wäsche in der Wohnung zu waschen (LG Berlin GrundE 1930, 1928), eine Waschmaschine aufzustellen, Tiere zuhalten (HANS § 564 Anm 5 h) und dgl. Dabei kommt es entscheidend darauf an, daß solche Nebenabreden idR unmittelbar mit der Ausübung des vertraglichen Nutzungszwecks der Mietsache zusammenhängen. Hinsichtlich einzelner Teile der Mietsache hielt das RG eine Teilkündigung für 25 zulässig, wenn etwa Geschäftsräume zusammen mit Wohnräumen verpachtet waren und die Kündigung auf die gewerblichen Räume beschränkt wurde (RGZ 114, 243, 245 f). Das gleiche wurde für die Kündigung der Pacht bestimmter Ländereien angenommen, die zusammen mit einem Gutshof gepachtet waren (RGZ 150, 321). Das RG stützte die Zulässigkeit der Teilkündigung auf § 543 Abs 1 iVm § 469. Hieraus sei der Rechtsgedanke zu entnehmen, daß die Kündigung auf einzelne Teile der als einheitlich vermieteten oder verpachteten Sache beschränkt werden könne. Die andere Vertragspartei könne dann aber verlangen, daß die Kündigung auf die gesamte Mietsache erstreckt werde, wenn die von der Kündigung betroffenen Teile nicht ohne Nachteil für sie von den übrigen zu trennen seien (RGZ 114, 243, 246; vgl ferner BGH MDR 1968, 406 - Stromlieferungsvertrag; AG Pforzheim DWW 1951, 123 - Teilkündigung einer Badezimmereinrichtung; ERMAN-SCHOPP § 5 6 4 Rz 11).

Demgegenüber herrscht heute die Ansicht vor, daß eine Teilkündigung grundsätz- 26 lieh unzulässig sei (LG Köln ZMR 1967, 269; LG Mannheim MDR 1976, 581; BETTERMANN M D R 1 9 4 9 , 4 8 5 ; GLASER N J W 1951, 3 0 1 ; HANS § 5 6 4 A n m 5 h ; MITTELSTEIN 4 5 5 ; MOLITOR 4 5 ; PERGANDE § 5 6 5 A n m 6; ROQUETTE § 5 6 4 R z 30, 3 1 ; SCHMIDT-FUTTERER B 4 7 ; SOERGEL-MEZGER § 5 6 4 Rz 13; vgl auch BGH NJW

1953, 1391; H-d GrundE 1975, 70). Hiernach ist eine Teilkündigung ausgeschlossen bei der Miete von Wohn- und Geschäftsräumen (LG Mannheim aaO; SCHMIDTFUTTERER aaO), Wohnung und Garage (AG Solingen WuM 1 9 7 6 , 1 6 1 ; AG Waiblingen ZMR 1977, 2 3 7 ; HANS aaO; SCHMIDT-FUTTERER aaO) und bei möbliertem Wohnraum hinsichtlich der Möbel (LG Dortmund MDR 1948, 181; LG Hamburg MDR 1 9 4 9 , 1 7 1 ; LG Wuppertal MDR 1 9 4 9 , 6 1 7 ) . Diese Ansicht stützt sich auf den Grundsatz, daß das Mietverhältnis rechtlich eine Einheit ist und daß die von dem Mietverhältnis erfaßten Sachen demzufolge ebenfalls eine rechtliche und idR auch wirtschaftliche Einheit bilden. Eine Kündigung könne deshalb nur das Mietverhältnis in seiner Gesamtheit erfassen (ROQUETTE aaO; SCHMIDT-FUTTERER aaO). Bei der Lösung des Problems ist davon auszugehen, daß das Gesetz eine für alle 27 Fälle eingreifende Teilkündigung nicht vorgesehen hat. Die Regelung der §§ 543, 469 betrifft den Sonderfall einer Nichtgewährung des vertragsmäßigen Gebrauchs und gibt dem Mieter das Recht, bei der Vermietung mehrerer Sachen die Kündigung auf die Sache zu beschränken, deren vertragsmäßiger Gebrauch ihm vorenthalten (1033)

Jürgen Sonnenschein

§564 28,29

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

wird. Aus dieser Sonderregelung kann kein für alle Mietverhältnisse gültiger Rechtsgedanke abgeleitet werden, wie es das RG (RGZ 114, 243, 246) versucht hat. Zu beachten ist vielmehr auch § 470, auf den § 543 in gleicher Weise Bezug nimmt. Wird der vertragsmäßige Gebrauch der Hauptsache vorenthalten, so erstreckt sich hiernach die fristlose Kündigung auf die Nebensache. Wird nur die Nebensache vorenthalten, kann lediglich insoweit gekündigt werden. Das Mietverhältnis behält nur dann Bestand, wenn der vertragsmäßige Gebrauch unwesentlich beeinträchtigt wird. Über diese Sonderregelung hinaus ist eine Teilkündigung mangels anderweitiger gesetzlicher Vorschriften nur anzuerkennen, wenn die Parteien ihre Zulässigkeit vereinbart haben (PALANDT-PUTZO § 564 Anm 3 d) oder wenn die Zusammenfassung mehrerer Mietobjekte in einem Vertrag im Grunde nur zufällig ist, die einzelnen Mietsachen also nicht als rechtlich zusammengehörend vermietet sind (LG Mannheim ZMR 1977, 27; HANS § 564 Anm 5 h; vgl auch LG Mannheim WuM 1975, 70). Hierfür bedarf es aber eindeutiger Anhaltspunkte, die das Mietverhältnis nur noch rein äußerlich als eine Einheit erscheinen lassen. Keinesfalls genügt es, daß der betreffende Teil der Mietsache für den Kündigungsempfänger seinen unverminderten Wert behält oder erlangt, da dies von zufälligen Entwicklungen auf dem jeweiligen Markt abhängt (aM PALANDT-PUTZO § 564 Anm 3 d). Im übrigen steht den Parteien für eine teilweise Aufhebung des Mietverhältnisses nur der einverständlich abgeschlossene Mietaufhebungsvertrag zur Verfügung (§ 305). Insoweit kann sich im Einzelfall nach § 242 die Verpflichtung einer Mietpartei ergeben, einen entsprechenden Antrag des anderen Vertragsteils anzunehmen. Eine solche Verpflichtung besteht allerdings nicht schon dann, wenn sich etwa eine gemietete Wohnung später als zu groß erweist oder eine Garage überflüssig geworden ist.

28 4. Form der Kündigung Einen Formzwang sieht das Gesetz nur in § 564 a Abs 1 S 1 für die Kündigung eines Mietverhältnisses über Wohnraum vor. Eine solche Kündigung bedarf der Schriftform (§ 564 a Rz 7 ff). Bei anderen Mietverhältnissen über bewegliche oder unbewegliche Sachen wie Grundstücke, Geschäftsräume, Garagen usw ist die Kündigung formfrei wirksam und kann deshalb mündlich erklärt werden. Damit ist auch eine Kündigung durch konkludentes Verhalten möglich, etwa durch Räumung und jedenfalls durch Rückgabe der Schlüssel (vgl aber AG Köln WuM 1976, 28 m zust Anm WEIMAR). Das gleiche gilt für eine Räumungs- und Herausgabeklage, die als Kündigung beurteilt werden kann (vgl RG JW 1908, 270, 271; BGH NJW 1953, 1391; LG Mönchengladbach WuM 1961, 166), sowie für Erklärungen des Mieters, zu einem bestimmten Zeitpunkt auszuziehen (LG Mönchengladbach WuM 1964, 10; vgl aber AG Köln WuM 1975, 143) oder von einem ihm eingeräumten Recht auf käufliche Übernahme der Mietsache Gebrauch machen zu wollen (RG BayZ 1920, 28). Aus dem Verhalten muß unmißverständlich auf einen Kündigungswillen der Partei geschlossen werden können (Rz 15). Eine Kündigung durch konkludentes Verhalten ist dagegen ausgeschlossen, wenn gesetzlich (§ 564 a Abs 1 S 1) oder vertraglich eine bestimmte Form vorgeschrieben ist, soweit das konkludente Verhalten wie etwa eine Räumungsklage nicht selbst die Form wahrt. 29 Von den Parteien kann vertraglich ein Formzwang für die Kündigung vereinbart werden. Ist schriftliche Form vereinbart, muß das Kündigungsschreiben von dem Kündigenden eigenhändig durch Namensunterschrift oder mittels notariell beglaubigten Handzeichens unterzeichnet werden. Beides kann durch notarielle Beurkundung ersetzt werden (§§ 127, 126). Fehlt die vorgeschriebene Unterschrift, so ist die Kündigung nach § 125 S 2 nichtig, auch wenn sich der Kündigungswille unmißverständlich aus dem Schreiben ergibt (aM Vorauf 1 Rz 17). Eine wegen Formmangels Jürgen Sonnenschein

(1034)

3. Titel. Miete. Pacht

§564 30-32

nichtige Kündigung kann von dem Kündigenden nur durch Neuvornahme und deshalb nicht mit Rückwirkung bestätigt werden (§141 Abs 1). Einverständlich können die Parteien den gewillkürten Formzwang jedoch für die Zukunft und für die Vergangenheit aufheben, so daß eine an sich nichtige Kündigung doch noch wirksam werden kann (vgl BGH NJW 1968, 32, 33; LG Berlin GrundE 1934, 135; SCHMIDT-SALZER NJW 1968, 1257; aM EISNER NJW 1969, 118, 121). Ein dahin gehender Wille der Parteien muß aber unmißverständlich zum Ausdruck gekommen sein und kann unter dieser Voraussetzung auch konkludent erklärt werden (vgl P A L A N D T - H E I N R I C H S § 125 Anm 2 mwN). Haben die Parteien eine Kündigung mittels eingeschriebenen Briefs vereinbart, so ist eine Kündigung nicht unwirksam, wenn sie nur als einfacher Brief zugeht, weil durch die Vereinbarung einer bestimmten Übersendungsform im Zweifel nicht eine besondere Wirksamkeitsvoraussetzung aufgestellt, sondern nur eine Beweiserleichterung geschaffen werden soll (RGZ 77, 70; RG WarnR 1916, 46; H A N S § 564 Anm 5 c; P A L A N D T - P U T Z O § 564 Anm 3 c; aM LG Berlin III JW 1923, 778 Nr 5).

5. Arten der Kündigung

30

Ein Mietverhältnis kann durch ordentliche oder durch außerordentliche Kündigung beendet werden. Bei der außerordentlichen Kündigung ist zu unterscheiden, ob sie das Mietverhältnis vorzeitig unter Einhaltung einer gesetzlichen Frist oder fristlos beendet. a) Ordentliche Kündigung Durch die ordentliche Kündigung des § 565 wird ein auf unbestimmte Zeit eingegangenes Mietverhältnis beendet (§ 564 Abs 2). Die Wirksamkeit der ordentlichen Kündigung ist davon abhängig, daß bestimmte Kündigungsfristen eingehalten werden (s im einzelnen § 565). Um eine ordentliche Kündigung handelt es sich auch dann, wenn das Mietverhältnis auf bestimmte Zeit abgeschlossen ist, die Parteien sich aber das Recht eingeräumt haben, vorzeitig unter Einhaltung einer Frist zu kündigen. b) Außerordentliche Kündigung

31

Das Gesetz gestattet den Parteien eines Mietvertrags, sich unter bestimmten Voraussetzungen vorzeitig von dem Vertrag zu lösen. Dies ist nach den einzelnen Vorschriften entweder nur unter Einhaltung einer gesetzlichen Frist oder auch fristlos möglich (ebenso in der Terminologie SCHMIDT-FUTTERER B 55; abweichend H A N S § 564 Anm 5 b, der zwischen ordentlicher, vorzeitiger und fristloser Kündigung unterscheidet). aa) Außerordentliche befristete Kündigung Die außerordentliche befristete Kündigung wird gerechtfertigt durch eine wesentliche Veränderung der tatsächlichen Verhältnisse gegenüber der Zeit des Vertragsabschlusses. Es handelt sich um eine Reihe von gesetzlich abschließend geregelten Fällen, in denen einer oder beiden Parteien das Recht eingeräumt wird, sich trotz eines an sich noch länger andauernden, auf bestimmte Zeit abgeschlossenen Mietverhältnisses oder trotz eines vertraglichen Kündigungsausschlusses bzw einer vertraglich oder gesetzlich (§ 565 Abs 2 S 2) nur mit einer längeren als der Dreimonatsfrist möglichen ordentlichen Kündigung vorzeitig von dem Mietverhältnis zu lösen. Bei Mietverhältnissen über Wohnraum ist zu beachten, daß neben dem besonderen gesetzlichen Kündigungsgrund die Voraussetzungen des § 564 b erfüllt sein müssen (1035)

Jürgen Sonnenschein

32

§564 33-36

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

(SCHMIDT-FUTTERER B 58, 459). Im Interesse des anderen Vertragsteils ist die Kündigung in jedem Fall davon abhängig, daß die für Mietverhältnisse der betreffenden Art an sich maßgebliche gesetzliche Kündigungsfrist eingehalten wird. Diese Kündigungsfristen werden allerdings durch § 565 Abs 5 in bestimmter Weise modifziert (vgl § 565 Rz 74 ff). 33 Hierzu zählen folgende Fälle: § 549 Abs 1 S 2 - Kündigungsrecht des Mieters bei Verweigerung der Erlaubnis zur Untervermietung; § 567 S 1 - Kündigungsrecht beider Vertragsteile bei Mietvertrag über mehr als dreißig Jahre; § 569 - Kündigungsrecht der Erben und des Vermieters bei Tod des Mieters; § 569 a Abs 5 - Kündigungsrecht des Vermieters bei Eintritt von Familienangehörigen in das MietVerhältnis; § 569 a Abs 6 - Kündigungsrecht der Erben und des Vermieters bei Eintritt der Erben in das Mietverhältnis; § 569 b - Kündigungsrecht des überlebenden Ehegatten bei gemeinschaftlicher Miete; § 570 - Kündigungsrecht des Mieters bei Versetzung; § 1056 - Kündigungsrecht des Eigentümers bei Vermietung durch Nießbraucher über die Dauer des Nießbrauchs hinaus; § 2135 - Kündigungsrecht des Nacherben bei Vermietung durch Vorerben über die Dauer der Vorerbschaft hinaus; § 30 Abs 2 ErbbRVO - Kündigungsrecht des Grundstückseigentümers bei Erlöschen des Erbbaurechts; § 57 a ZVG - Kündigungsrecht des Erstehers in der Zwangsversteigerung; § 37 Abs 3 S 2 WEG - Kündigungsrecht des Erwerbers eines Dauerwohnrechts in der Zwangsvollstreckung; § 19 KO - Kündigungsrecht des Vermieters und des Konkursverwalters bei Konkurs des Mieters; § 21 Abs 4 S I KO, § 57 a ZVG - Kündigungsrecht des Erwerbers eines vom Gemeinschuldner vermieteten oder verpachteten Grundstücks oder eingetragenen Schiffs; § 51 Abs 2 VerglO - Kündigungsrecht des vom Vergleichsverfahren betroffenen Mieters; Art 42 des G Nr 59 der US-Militärregierung Deutschland (ABl der US-Militärregierung, Ausgabe G, vom 10. 11. 1947), Art 34 des G Nr 59 der Britischen Militärregierung Deutschland (VOB1 für die Britische Zone 1949, 152) - Kündigungsrecht des Rückerstattungsberechtigten. 34 bb) Außerordentliche fristlose Kündigung Die außerordentliche fristlose Kündigung wird gerechtfertigt durch Leistungsstörungen, die in der Person des einen bzw des anderen Vertragsteils begründet sind oder in der Unzumutbarkeit, das Vertragsverhältnis noch weiter fortzusetzen (ROQUETTE § 5 6 4 Rz 2 2 ; SCHMIDT-FUTTERER B 6 2 ; s auch HÄRING W U M 1 9 6 8 , 85). Es ist möglich, fristlos oder wie im Arbeitsrecht mit einer beliebigen Auslauffrist zu kündigen (vgl § 565 Rz 78). 35 Hierzu zählen folgende Fälle, die gesetzlich geregelt sind: § 542 - fristlose Kündigung wegen Nichtgewährung des Gebrauchs der Mietsache; § 544 - fristlose Kündigung wegen Gesundheitsgefährdung; § 553 - fristlose Kündigung bei vertragswidrigem Gebrauch durch den Mieter; § 554 - fristlose Kündigung bei Zahlungsverzug des Mieters; § 554 a - fristlose Kündigung bei schuldhaft herbeigeführter Unzumutbarkeit einer Fortsetzung des Mietverhältnisses durch Verletzung von Vertragspflichten, insbesondere durch Störung des Hausfriedens. Über diese gesetzlich geregelten Fälle hinaus wird in ständiger Rspr eine fristlose Kündigung aus wichtigem Grund zugelassen, wenn in der Person einer Vertragspartei Umstände eingetreten sind, die es für den anderen Teil unzumutbar erscheinen lassen, das Mietverhältnis fortzusetzen (s im einzelnen § 553 Rz 4 ff). 36 Die außerordentliche fristlose Kündigung ist bei Mietverhältnissen auf bestimmte und auf unbestimmte Zeit möglich. Das Kündigungsrecht kann nach § 242 verwirkt Jürgen Sonnenschein

(1036)

3. Titel. Miete. Pacht

§564 37-40

werden, wenn der Berechtigte den anderen Vertragsteil unverhältnismäßig lange darüber im Zweifel läßt, ob er wirklich kündigen werde oder nicht (RGZ 82, 50, 5 5 f ; 82, 3 6 3 , 3 7 3 ; SCHMIDT-FUTTERER B 6 7 ) .

6. Wirkung der Kündigung 37 Sind die jeweils maßgebenden tatbestandlichen Voraussetzungen erfüllt, so wird das Mietverhältnis durch die Kündigung beendet. Dies geschieht entweder fristlos oder nach Ablauf der betreffenden Kündigungsfrist. Ob die tatbestandlichen Voraussetzungen erfüllt sind, ist grundsätzlich für den Zeitpunkt zu beurteilen, in dem die Kündigungserklärung durch Zugang wirksam wird. Ändern sich die Kündigungsgründe später oder fallen sie weg, so ist das grundsätzlich unerheblich. Dies gilt auch, wenn die Änderung der Sachlage noch vor Ablauf der Kündigungsfrist eintritt. Wenn die Kündigung jedoch nur auf ein berechtigtes Interesse des Vermieters gestützt ist, vermieteten Wohnraum aus bestimmten persönlichen oder wirtschaftlichen Gründen zurückzuerlangen (§ 564 b Abs 2 Nr 2 u 3), dann kann eine Änderung der Sachlage die Berufung auf eine bereits ausgesprochene Kündigung als unzulässige Rechtsausübung erscheinen lassen. Der Mietvertrag ist rechtlich als nicht beendet zu behandeln (SCHMIDT-FUTTERER B 3 8 ) . Die Kündigung ist nach § 138 Abs 1 nichtig, wenn sie aus Verärgerung als Vergel- 38 tungsmaßnahme für ein gesetzlich oder vertraglich berechtigtes Verhalten des anderen Vertragsteils ausgesprochen wird (LG Hamburg WuM 1971, 115; LG Mannheim NJW 1968,1833; AG Augsburg WuM 1965, 65; AG Kassel ZMR 1967, 8 0 ; AG Oberhausen ZMR 1 9 6 5 , 2 3 8 ; AG Siegen MDR 1 9 7 0 , 2 3 9 ; SCHMIDT-FUTTERER B 3 7 ; einschränkend HANS § 5 6 4 Anm 5 1; vgl auch ERMAN-SCHOPP § 5 6 4 Rz 12).

Ist der Tatbestand für eine außerordentliche fristlose Kündigung nicht erfüllt, stellt 39 sich die Frage einer Umdeutung der Erklärung in eine ordentliche Kündigung. Die Zulässigkeit einer solchen Umdeutung wird jedenfalls bei Mietverhältnissen über Wohnraum zT mit der Begründung verneint, dadurch werde der Mieter hinsichtlich eines Kündigungswiderspruchs nach § 556 a Abs 6 S 1 in seinen Rechten beeinträchtigt, da ein Widerspruch bei nachträglicher Umdeutung der Kündigungserklärung meist verspätet sei (LG Braunschweig B1GBW 1968, 33; LG Gießen ZMR 1975, 114; vgl auch KIEFERSAUER-GLASER, Grundstücksmiete § 553 Rz 6; LG Braunschweig B1GBW 1969, 137 - ebenfalls keine Umdeutung einer ordentlichen Kündigung in eine fristlose Kündigung nach § 554 a, s hierzu § 564 b Rz 132 f, § 565 Rz 78 f). Die hM läßt die Umdeutung dagegen nach § 140 zu. Dabei wird verbreitet darauf abgestellt, ob die fristlose Kündigung den inneren und äußeren Erfordernissen einer ordentlichen Kündigung entspricht und erkennbar vom Willen des Kündigenden mit umfaßt ist (LG Hannover ZMR 1971, 377; LG Mannheim N J W 1 9 7 0 , 3 2 8 ; PALANDT-PUTZO § 5 6 4 A n m 3 g; SCHMIDT-FUTTERER B 4 0 , 4 1 ; WEIMAR W U M 1 9 6 6 , 1 2 9 ; vgl auch LG Essen ZMR 1 9 6 9 , 3 0 9 ) . HANS ( § 5 6 4 Anm

5 j) meint demgegenüber, wer fristlos kündige, wolle in jedem Fall eine Beendigung des Mietverhältnisses, so daß grundsätzlich in einer unwirksamen fristlosen Kündigung zugleich eine ordentliche Kündigung liege (vgl auch LG Aachen NJW 1964, 1 4 7 6 m A n m HENSELER).

Der weitgehenden Auffassung von HANS (aaO) kann nicht gefolgt werden, da sie auf einer nicht generell zutreffenden Prämisse beruht. Ein Vermieter, der eine fristlose Kündigung ausspricht, wird diese Entscheidung meist nicht ohne Rücksicht auf einen Nachfolgemieter fällen, der möglicherweise schon bereitsteht. Wenn die (1037)

Jürgen Sonnenschein

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§564 41-43

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

Kündigung dagegen erst nach Ablauf einer längeren Kündigungsfrist wirksam wird (vgl § 565 Abs 2), kann es unsicher sein, ob sich ein Nachfolgemieter finden wird. Es kommt deshalb im jeweiligen Einzelfall auf den Willen des Kündigenden an. Im übrigen ist der hM im Prinzip zuzustimmen, auch wenn die Anwendbarkeit des § 140 als Rechtsgrundlage einer Umdeutung problematisch ist. Die Umdeutung ist nur bei Nichtigkeit eines Rechtsgeschäfts möglich. Damit stellt sich die Frage, ob § 140 auch dann anwendbar ist, wenn eine fristlose Kündigung unwirksam ist, weil ein Mangel im Tatbestand vorliegt, zB weil der gesetzliche Kündigungsgrund nicht erfüllt ist. Da die Terminologie des Gesetzes nicht einheitlich ist, kann Nichtigkeit im Sinne des § 140 jedenfalls dann angenommen werden, wenn ein Rechtsgeschäft nicht mehr wirksam werden kann (vgl FLUME AT II [2. Aufl 1 9 7 5 ] § 3 0 , 2 ; weitergehend ERMAN-H WESTERMANN § 1 4 0 Rz 4). Dies ist auch der Fall, wenn ein Mangel im Tatbestand vorliegt, der vom Gesetz nicht ausdrücklich als Nichtigkeitsoder Unwirksamkeitsgrund erwähnt ist. Nur so ist dem Zweck des § 140 gerecht zu werden, nämlich dem Willen der Partei, einen bestimmten wirtschaftlichen Erfolg zu erreichen, auf andere Weise zum Durchbruch zu verhelfen (vgl BGHZ 4 0 , 2 1 8 , 2 2 2 = NJW 1964, 347, 348). Aus der Anwendbarkeit des § 140 folgt, daß es nicht darauf ankommt, ob der Kündigende bereits im Zeitpunkt der fristlosen Kündigung tatsächlich den Willen hatte, notfalls auch die Rechtsfolgen einer ordentlichen Kündigung herbeizuführen. Entscheidend ist vielmehr, ob er zumindest hypothetisch diesen Willen gehabt hätte, wenn er die Unwirksamkeit der fristlosen Kündigung gekannt hätte (vgl BGHZ 19, 2 6 9 , 2 7 3 = NJW 1 9 5 6 , 2 9 7 ) . FLUME (§ 32, 9) will diese Fälle nicht dem § 140 zuordnen, sondern auf allgemeine Rechtsgrundsätze abstellen, wobei es auf den hypothetischen Willen des Kündigenden nicht ankommen soll. Angesichts der ausdrücklichen Regelung des § 140 verbietet es sich jedoch, auf solche Rechtsgrundsätze auszuweichen, deren Existenz ohnehin nicht eindeutig ist. 41 Eine unwirksame fristlose Kündigung kann auch in ein Angebot zur einvernehmlichen Vertragsaufhebung umgedeutet werden (PALANDT-PUTZO § 564 Anm 3 g; s unten Rz 46). 42 7. Widerruf oder Rücknahme der Kündigung Der Widerruf einer Kündigung ist nach § 130 Abs 1 S 2 nur möglich, wenn er vorher oder gleichzeitig mit der Kündigungserklärung zugeht. Im übrigen können die Rechtsfolgen einer durch Zugang wirksam gewordenen Kündigung nicht einseitig von dem Kündigenden durch Widerruf oder Rücknahme der Erklärung beseitigt werden (ERMAN-SCHOPP § 564 Rz 15; HANS § 564 Anm 5 e; HEROLD B1GBW 1972, 1 2 6 ; MITTELSTEIN 4 6 1 ; PALANDT-PUTZO § 5 6 4 A n m 3 a; PERGANDE § 5 6 4 A n m 10; ROQUETTE § 5 6 4 R z 2 9 ; SCHMIDT-FUTTERER B 4 8 ) .

43 Die Parteien können den Eintritt der Rechtsfolgen einer bereits wirksam gewordenen Kündigung einverständlich beseitigen. Das Angebot zum Abschluß eines dahin gehenden Vertrags kann auch in dem Widerruf einer Kündigung gesehen werden. Im übrigen ist zu unterscheiden, ob das Mietverhältnis durch die Kündigung bereits beendet worden ist oder nicht: Heben die Parteien eine Kündigung vor Ablauf der Kündigungsfrist einverständlich auf, so wird nicht ein neuer Mietvertrag abgeschlossen, sondern der bisherige Vertrag bleibt in Kraft (BGB-RGRK-GELHAAR § 564 Rz 13). Daraus folgt, daß die Schriftform nach § 566 nicht gewahrt zu werden braucht (ROQUETTE § 564 Rz 29 mwN) und daß eine von der Landeszentralbank genehmigte Wertsicherungsklausel nicht erneut genehmigt werden muß (BGH NJW 1974, 1081). Wird anläßlich der Jürgen Sonnenschein

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3. Titel. Miete. Pacht

§564 44-46

einverständlichen Aufhebung der Kündigungswirkungen jedoch der bisherige Inhalt des Mietvertrages geändert, so kann die Wirksamkeit der Vereinbarung davon abhängen, daß nach § 566 die Schriftform gewahrt wird (OLG München NJW 1963, 1 6 1 9 ; B G B - R G R K - G E L H A A R § 5 6 6 R z 7 ; SCHMIDT-FUTTERER B 4 8 ) .

Ist das Mietverhältnis durch die Kündigung bereits beendet worden, so kann es durch einverständliche Aufhebung der Kündigungswirkungen nur - wenn auch mit Rückwirkung - neu begründet werden. Im Anschluß an eine Entscheidung des KG (HRR 1934, 1014) wird verbreitet die Auffassung vertreten, daß auch in diesem Fall ein etwaiges Schriftformerfordernis nicht erfüllt zu werden brauche, da es trotz der Beendigung des Mietverhältnisses ein unnötiger Formalismus sei, bei Bestehen einer Vertragsurkunde die Errichtung einer neuen Urkunde zu verlangen (BGB-RGRKGELHAAR § 5 6 6 Rz 7 ; HEROLD B1GBW 1972, 1 2 6 ; MITTELSTEIN 4 6 1 ; ROQUETTE § 564 Rz 29; Voraufl § 566 Rz 30). Dabei wird aber zT (BGB-RGRK-GELHAAR, MITTELSTEIN, ROQUETTE, Voraufl, jeweils aaO) nicht unterschieden zwischen beendetem und noch nicht beendetem Mietverhältnis. Ein beendetes Mietverhältnis kann nur durch Neuabschluß wiederhergestellt werden. Dabei müssen sämtliche gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt werden. Die Notwendigkeit eines dabei zu wahrenden „Formalismus" ergibt sich aus dem Gesetz.

VI. Beendigung aufgrund sonstiger Umstände 1. Allgemeines 44 In § 564 werden mit Zeitablauf und Kündigung nur zwei Gründe genannt, durch die ein Mietverhältnis beendet werden kann. Diese Unvollständigkeit entspricht der Konzeption des BGB, nicht bei jedem Schuldverhältnis sämtliche Gründe für eine Beendigung aufzuzählen. Dies würde zu überflüssigen Wiederholungen führen, da sich viele Beendigungsgründe bei den einzelnen Schuldverhältnissen entsprechen. 2. Aufhebungsvertrag

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Die Parteien können ein auf bestimmte oder auf unbestimmte Zeit eingegangenes Mietverhältnis durch einen Aufhebungsvertrag beenden (ERMAN-SCHOPP § 564 Rz 14; HANS § 5 6 4 Anm 7 c; SCHMIDT-FUTTERER B 8 9 ; ders MDR 1 9 7 1 , 13). Dieser Vertrag ist im Gesetz nicht geregelt. Er ist jedoch wie bei anderen Schuldverhältnissen aufgrund der Vertragsfreiheit zulässig (§ 305). Einschränkungen können sich allenfalls für Mietverhältnisse über Wohnraum ergeben, wenn durch den Vertrag die zwingende Regelung des § 564 b umgangen werden soll (SCHMIDT-FUTTERER B 564). Eine Verpflichtung des Vermieters zum Abschluß eines Aufhebungsvertrags besteht mangels vertraglicher Vereinbarung (vgl BGH MDR 1 9 7 7 , 4 6 ) idR auch dann nicht, wenn der Mieter ihm einen Ersatzmieter benennt (vgl LG Darmstadt DWW 1977, 118; LG Mannheim DWW 1977, 186; s auch AG Regensburg DWW 1977, 282). Ausnahmen können sich aber bei langfristigen Mietverträgen aus § 242 ergeben (vgl LG Darmstadt B1GBW 1977, 137; LG Flensburg B1GBW 1977, 78; LG Hamburg ZMR 1975, 245; LG Hannover WuM 1975, 242). Die Parteien müssen sich in dem Aufhebungsvertrag über alle regelungsbedürftigen 46 Fragen einigen. Unverbindliche Vorverhandlungen sind unerheblich (LG Mannheim ZMR 1968, 302). Für das Zustandekommen des Vertrags gelten die allgemeinen Vorschriften. Der Aufhebungsvertrag kann deshalb auch durch schlüssiges Verhalten abgeschlossen werden, wenn sich hieraus eindeutig der Wille der Parteien ergibt, das Mietverhältnis zu beenden (OLG Köln WuM 1962, 137; LG Mannheim (1039)

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§564 47-50

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

WuM 1975, 188 u 226). So kann aufgrund einer unwirksamen Kündigung (LG Offenburg WuM 1962, 122) oder des Verlangens auf Zahlung der Miete bis zur Rückgabe der Wohnungsschlüssel (AG Aachen WuM 1975, 209) ein Aufhebungsvertrag zustande kommen, wenn der andere Vertragsteil mit der Beendigung des Mietverhältnisses einverstanden ist. Hierzu reicht das bloße Schweigen des Empfängers einer unwirksamen Kündigung aber nicht aus, da er zu einer Antwort nicht verpflichtet ist (LG Stuttgart ZMR 1967, 9; LG Wuppertal MDR 1 9 7 2 , 6 9 4 m Anm GUBELT; SCHMIDT-FUTTERER B 91). Deshalb ist vor allem bei der Anwendung des § 151 darauf zu achten, daß der Annahmewille eindeutig zum Ausdruck gebracht ist (vgl aber AG Köln WuM 1974, 69). Der Abschluß eines Aufhebungsvertrags kommt nicht in Betracht, wenn der Vermieter seine Kündigung mit der Bitte verbindet, den Auszugstermin mitzuteilen, und der Mieter daraufhin seinerseits kündigt, da hierin keine auf einen Aufhebungsvertrag gerichteten Erklärungen liegen (LG Mannheim WuM 1974, 175). Auch eine Räumung ist nicht ohne weiteres als Einverständnis mit einer unzulässigen Kündigung zu werten, wenn der Mieter nur unter dem vermeintlichen Druck der Kündigung räumt (BGH ZMR 1963, 2 7 4 ; AG Heidelberg WuM 1975, 6 7 ; BGB-RGRK-GELHAAR § 5 6 4 Rz 21). 47 Der Aufhebungsvertrag bedarf nicht der Schriftform, auch wenn der Mietvertrag selbst nach § 566 formbedürftig war. Diese Vorschrift betrifft ausdrücklich nur den Abschluß eines Mietvertrags für längere Zeit als ein Jahr. Haben die Parteien für die Aufhebung des Mietvertrags die Schriftform vereinbart, können sie gleichwohl einverständlich hiervon abweichen, weil sie ein rechtsgeschäftlich aufgestelltes Formerfordernis jederzeit wieder beseitigen können (vgl RGZ 95, 175; BGH NJW 1962, 1908; 1965, 293; SCHMIDT-FUTTERER B 94; ders MDR 1971, 13). 48 Der Aufhebungsvertrag kann unter der Bedingung abgeschlossen werden, daß der Vermieter einen neuen Mietvertrag mit einem Ersatzmieter abschließt (vgl LG Mannheim DWW 1977, 42). Die Bedingung kann aufschiebend oder auflösend formuliert werden. Ob und inwieweit der Vermieter selbst verpflichtet ist, einen Ersatzmieter zu beschaffen, hängt von der Vertragsgestaltung ab. Verhindert der Vermieter treuwidrig den Eintritt der Bedingung, wird der Aufhebungsvertrag nach § 162 Abs 1 voll wirksam (LG Köln MDR 1967, 768; LG Mannheim WuM 1967, 163; 1970, 58; vgl auch LG Mannheim DWW 1977, 186 - fristlose Kündigung durch Mieter). 49 Die Darlegungs- und Beweislast für das Zustandekommen eines Aufhebungsvertrages trägt derjenige, der hieraus Vorteile für sich herleiten will (LG Mannheim WuM 1973, 2 2 ; HANS § 5 6 4 Anm 7 c; SCHMIDT-FUTTERER B 9 3 ; abweichend L G Mannheim ZMR 1968, 302).

50 3. Auflösende Bedingung Der Fortbestand eines Mietverhältnisses kann vertraglich von einer auflösenden Bedingung abhängig gemacht werden. Mit dem Eintritt des zukünftigen ungewissen Ereignisses endet das Mietverhältnis nach § 158 Abs 2. Dieser Grundatz wird allerdings durch § 565 a Abs 2 für Mietverhältnisse über Wohnraum eingeschränkt. Derartige Mietverhältnisse gelten nach Eintritt der Bedingung als auf unbestimmte Zeit verlängert und können sodann unter Einhaltung der Fristen des § 565 gekündigt werden (s hierzu HANS § 564 Anm 6). Für alle anderen Mietverhältnisse bleibt es bei der Regelung des § 158 Abs 2. Jürgen Sonnenschein

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3. Titel. Miete. Pacht

§564 51-53

4. Rücktritt

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a) Vertragliches Rücktrittsrecht Die Vorschriften der §§ 346 ff sind bei einem vertraglich vereinbarten Rücktrittsrecht uneingeschränkt anwendbar, solange die Mietsache noch nicht an den Mieter überlassen worden ist. Nach der Überlassung der Mietsache wird ein vereinbartes Rücktrittsrecht bei Mietverhältnissen über Wohnraum nach § 570 a den Vorschriften über die Kündigung und ihre Folgen unterstellt. Der Rücktritt ist daher wie eine Kündigung zu behandeln (§ 570 a Rz 5). Bei allen anderen Mietverhältnissen gelten die §§ 3 4 6 ff auch nach Überlassung der Mietsache weiter (vgl HANS § 5 6 4 Anm 7 b aa). b) Gesetzliches Rücktrittsrecht 52 Ein gesetzliches Rücktrittsrecht kann sich für die Parteien eines Mietvertrags aus den §§ 325, 326 ergeben (s hierzu Vorbem 8 ff zu § 537). aa) Vor der Überlassung der Mietsache gelten diese Vorschriften uneingeschränkt (SCHMIDT-FUTTERER B 86; Vorbem 19 zu § 537). Ein Rücktrittsrecht des Mieters kann sich aus § 325 ergeben, wenn dem Vermieter die Gebrauchsüberlassung schuldhaft unmöglich geworden ist, oder aus § 326, wenn der Vermieter mit der Gebrauchsüberlassung in Verzug ist. Der Vermieter ist unter den Voraussetzungen des § 326 zum Rücktritt berechtigt, wenn der Mieter mit seiner Leistungspflicht in Verzug ist. In dem Stadium vor Gebrauchsüberlassung ist wegen § 320 allerdings erforderlich, daß der Vermieter zu seiner eigenen Leistung imstande und bereit ist (vgl RGZ 76, 409,413). Insoweit wird das Rücktrittsrecht nicht durch das Recht zur fristlosen Kündigung wegen Zahlungsverzugs nach § 554 eingeschränkt, sofern diese Vorschrift vor Überlassung der Mietsache wegen besonderer Vertragsgestaltung überhaupt relevant wird. Die Einschränkung der Rücktrittsmöglichkeit wird im wesentlichen mit den erheblichen Durchführungsschwierigkeiten gerechtfertigt, die bei in Vollzug gesetzten Dauerschuldverhältnissen für eine Rückabwicklung nach den §§ 346 ff bestehen (vgl BGHZ 50, 312, 315 = NJW 1969, 37). Dieses Problem taucht vor Überlassung der Mietsache nicht auf. Im übrigen decken sich die Tatbestände der §§ 326 und 554 nicht (BGH NJW 1956, 57- Baukostenzuschuß; § 554 Rz 2). Ein Rücktrittsrecht des Vermieters aus § 325 kommt nur in Betracht, wenn der Mieter zu einer Leistung verpflichtet ist, die anders als eine Geldschuld unmöglich werden kann. bb) Nach der Überlassung der Mietsache wird ein Rücktrittsrecht der Parteien aus 53 den §§ 325, 326 generell durch ein Recht zur außerordentlichen fristlosen Kündigung oder durch einen Schadensersatzanspruch aus § 538 (Vorbem 12, 23 zu § 537) verdrängt. Für den Mieter kann sich ein solches Kündigungsrecht aus § 542 ergeben, für den Vermieter aus den §§ 553, 554, für beide Parteien schließlich aus § 554 a oder aus dem allgemeinen Recht zur fristlosen Kündigung aus wichtigem Grund (Rz 35). Die Rspr des RG (RGZ 105, 167, 168 f; 149, 88, 92) und zunächst auch des BGH (BGH NJW 1957, 57) hatte die §§ 553, 554 nach Überlassung der Mietsache nur hinsichtlich ihres engeren tatbestandsmäßigen Anwendungsbereichs als Sonderregelung gegenüber § 326 behandelt. Hiervon ist der BGH jedoch abgerückt, indem er das Rücktrittsrecht nach Überlassung der Mietsache ausgeschlossen hat, wenn der Vermieter die Möglichkeit hat, aus wichtigem Grund zu kündigen (BGHZ 50, 312, 315 = NJW 1969, 37). Für andere fristlose Kündigungsrechte gilt das gleiche, weil auch in diesen Fällen die entsprechenden Schwierigkeiten einer Rückabwicklung vollzogener Dauerschuldverhältnisse nach den §§ 346 ff bestehen. Offengelassen hat der BGH (aaO) allerdings die Frage, ob aus der Anerkennung des allgemeinen (1041)

Jürgen Sonnenschein

§564 54-56

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

Kündigungsrechts aus wichtigem Grund die Folgerung zu ziehen sei, daß ein Rücktritt nach Übergabe der Mietsache schlechthin ausgeschlossen sei. Diese Frage ist zu bejahen, da in den Fällen des Verzugs und sonstiger Vertragsverletzungen regelmäßig das Recht zur fristlosen Kündigung aus wichtigem Grund besteht (LARENZ I § 2 6 d ; vgl § 5 5 3 R z 10).

54 5. Anfechtung Ein Mietverhältnis erlischt nach § 142 Abs 1, wenn es angefochten wird und ein Anfechtungsgrund besteht. Die Frage, ob und wie lange ein Mietvertrag angefochten werden kann, ist umstritten und wird bei den einzelnen Anfechtungsgründen unterschiedlich beurteilt. So wird zT vertreten, eine Anfechtung nach § 123 sei immer zulässig, während die Irrtumsanfechtung nach der Überlassung der Mietsache ausgeschlossen sein soll (BROX-ELSING JuS 1976, 1, 5; HANS § 5 6 4 Anm 7 a). Nach aM ist die Anfechtung nicht mehr möglich, sobald der Mietvertrag durch Überlassung der Mietsache vollzogen worden ist. Hierbei wird vor allem auf die Schwierigkeiten einer Rückabwicklung abgestellt, so daß die Parteien auf eine Kündigung aus wichtigem Grund angewiesen sind (LG Mannheim ZMR 1 9 6 5 , 1 8 5 ; 1 9 6 9 , 1 6 8 , 1 6 9 ; MONZEL DWA 1939, 49, 5 5 ; ROQUETTE Vorbem 15 ff zu §§ 5 3 7 bis 5 4 2 ) . Andere kommen zu dem gleichen Ergebnis, indem sie die Anfechtung vollzogener Mietverhältnisse entgegen der Regelung des § 142 Abs 1 nur mit Wirkung für die Zukunft zulassen (LG Nürnberg-Fürth MDR 1966, 1 0 0 4 m abl Anm WEIMAR; SCHMIDTFUTTERER B 88). Überwiegend wird dagegen die Auffassung vertreten, ein Mietvertrag sei auch dann noch mit Rückwirkung anfechtbar, wenn er bereits vollzogen worden sei (RGZ 102, 225, 226; 157, 173, 174; RG LZ 1914, 1620; KG MDR 1967, 404; ERMAN-SCHOPP Vorbem 3 zu § 536; KIEFERSAUER-GLASER, Grund-

stücksmiete, MietSchG Einl Rz 4 6 ; MITTELSTEIN 2 0 2 ; PALANDT-PUTZO § 5 3 7 Anm 1 c b b ; SOERGEL-MEZGER § 5 3 7 R z 4).

55 Soweit ersichtlich, ist eine Entscheidung des BGH zu dieser Streitfrage noch nicht ergangen. Es liegt allerdings nahe, daß die Frage der Anfechtbarkeit nicht anders als das gesetzliche Rücktrittsrecht bei einem Mietvertrag zu entscheiden ist. Abweichend von der früheren Rspr hat der BGH die Einschränkung der Rücktrittsmöglichkeit und ihren Ersatz durch die gesetzlich geregelte oder die allgemeine fristlose Kündigung darauf gestützt, daß bei den in Vollzug gesetzten Dauerschuldverhältnissen eine Rückabwicklung nach den §§ 346 ff idR nicht den Interessen der Parteien entspricht und vor allem bei längerer Vertragsdauer erhebliche praktische Schwierigkeiten bereitet (BGHZ 50,312,315 = NJW 1969, 37). Da für eine Rückabwicklung nach Bereicherungsrecht nichts anderes gilt, ist davon auszugehen, daß das Anfechtungsrecht bei den in Vollzug gesetzten Mietverhältnissen durch das allgemeine Recht zur außerordentlichen fristlosen Kündigung aus wichtigem Grund ersetzt wird, wobei der Anfechtungsgrund den wichtigen Grund zur Kündigung darstellt (vgl aber Vorbem 35 zu § 537).

56 6. Unmöglichkeit der Gewährung des vertragsmäßigen Gebrauchs Ein Mietverhältnis findet nach den §§ 275 Abs 1, 323 Abs 1 sein Ende, wenn es dem Vermieter ohne Verschulden einer der Parteien unmöglich wird, dem Mieter den vertragsmäßigen Gebrauch zu gestatten (RGZ 146, 60, 64; OGH HEZ 2, 245, 248; BGB-RGRK-GELHAAR

§ 5 6 4 R z 2 4 ; KIEFERSAUER-GLASER,

Grundstücksmiete,

MietSchG Einl Rz 46; ROQUETTE Vorbem 9 zu §§ 537 bis 542; vgl im übrigen oben Rz 52, Vorbem 4 ff zu § 537). Hat eine der Parteien die Unmöglichkeit zu vertreten, Jürgen Sonnenschein

(1042)

§564 3. Titel. Miete. Pacht

57-61

so erlischt zwar die Erfüllungspflicht des Vermieters, im übrigen besteht das Mietverhältnis aber mit verändertem Inhalt fort und kann Schadensersatzansprüche oder ein Rücktrittsrecht auslösen (BGH NJW 1974, 1551 = WM 1974, 908; NJW 1976, 1506 = WM 1976, 640; s im einzelnen Vorbem 4 ff zu § 537). Das gleiche gilt, wenn die Unmöglichkeit nicht auf einer Zerstörung der Mietsache, sondern auf Sach- oder Rechtsmängeln beruht, für die der Vermieter nach den §§ 537, 538, 541 einzustehen hat ( R O Q U E T T E aaO Vorbem 12). 7. Wegfall der Geschäftsgrundlage Bei einem Wegfall der Geschäftsgrundlage tritt für Mietverhältnisse an die Stelle des sonst maßgebenden Rücktrittsrechts ein Recht zur Kündigung aus wichtigem Grund, soweit eine Aufrechterhaltung des Vertrags unter Anpassung der Vereinbarung wegen Unzumutbarkeit ausscheidet (BGH ZMR 1973, 378, 379; BGB-RGRKG E L H A A R § 564 Rz 25, der allerdings die Einhaltung der gesetzlichen Frist verlangt; vgl im übrigen Vorbem 27 zu § 537). 8. Erwerb des Eigentums oder Nießbrauchs durch den Mieter Ein Mietvertrag setzt voraus, daß ein Mietzins vereinbart ist, den der Mieter an den Vermieter zu zahlen hat. Mangels besonderer Vereinbarungen hat aber der Eigentümer oder Nießbraucher für das ihm kraft Gesetzes zustehende Gebrauchsrecht an niemanden etwas zu zahlen. Damit erlischt ein Mietvertrag, wenn der Mieter Eigentum oder Nießbrauch an der Mietsache erwirbt (RGZ 49, 285, 286; BGBRGRK-GELHAAR § 564 Rz

22).

9. Erlöschen eines Dauerwohn- oder Dauemutzungsrechts Wenn ein Dauerwohnberechtigter oder Dauernutzungsberechtigter die seinem Recht unterliegenden Gebäude- oder Grundstücksteile vermietet oder verpachtet, so erlischt das Miet- oder Pachtverhältnis zugleich mit dem Dauerwohnrecht oder Dauernutzungsrecht (§§ 37 Abs 1 , 3 1 Abs 3 WEG). Bei Veräußerung oder Heimfall des Rechts gilt § 571. 10. Eintritt des Erwerbers eines Grundstücks in ein Mietverhältnis Da der Erwerber eines vermieteten Grundstücks nach § 571 kraft Gesetzes aufgrund selbständigen Rechts und nicht als Rechtsnachfolger des Vermieters in ein bestehendes Mietverhältnis eintritt (BGH NJW 1962, 1388, 1390), erlischt grundsätzlich das Mietverhältnis mit dem bisherigen Vermieter. Rechte und Pflichten, die nicht übergehen, bleiben jedoch zwischen den bisherigen Vertragsparteien bestehen ( § 5 7 1 Rz 49). Für gewisse Ansprüche des Mieters haftet der frühere Vermieter weiterhin (vgl P A L A N D T - P U T Z O § 571 Anm 5). 11. Erlöschen des Jagdpachtvertrags Ein Jagdpachtvertrag erlischt nach § 13 BJagdG, wenn dem Pächter der Jagdschein unanfechtbar entzogen worden ist. Das gleiche gilt, wenn nach Ablauf der Gültigkeitsdauer die Erteilung eines neuen Jagdscheins unanfechtbar abgelehnt worden ist oder wenn der Pächter die Voraussetzungen für die Erteilung eines neuen Jagdscheins nicht fristgemäß erfüllt ( B G B - R G R K - G E L H A A R § 564 Rz 26). (1043)

Jürgen Sonnenschein

§§ 564, 564 a 62 62

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

1 2 . Beendigung durch U n t e r g a n g einer juristischen P e r s o n E i n M i e t v e r t r a g wird nicht o h n e weiteres durch d e n T o d e i n e r natürlichen P e r s o n b e e n d e t , s o n d e r n mit dem E r b e n o d e r a n d e r e n E i n t r i t t s b e r e c h t i g t e n fortgesetzt (vgl § § 5 6 9 - 5 6 9 b ) . M i t d e m E n d e e i n e r juristischen P e r s o n ist j e d o c h auch der M i e t v e r trag b e e n d e t , soweit k e i n e G e s a m t r e c h t s n a c h f o l g e durch U m w a n d l u n g o d e r V e r schmelzung stattfindet ( R G H R R 1 9 4 2 , 2 5 7 ) .

§ 564 a D i e Kündigung eines Mietverhältnisses ü b e r W o h n r a u m bedarf d e r schriftlichen F o r m . In d e m Kündigungsschreiben sollen die G r ü n d e d e r Kündigung angegeben werden. D e r V e r m i e t e r v o n W o h n r a u m soll den M i e t e r auf die Möglichkeit des W i d e r spruchs nach § 5 5 6 a sowie auf die F o r m und die Frist des Widerspruchs rechtzeitig hinweisen. Diese Vorschriften gelten nicht für W o h n r a u m , d e r zu nur v o r ü b e r g e h e n d e m G e b r a u c h vermietet ist, und für Mietverhältnisse d e r in § 5 6 5 A b s . 3 genannten A r t . Art I Nr 5 MietRÄndG I vom 29. 7. 1963 (BGBl I 505); Ausschußbericht BT-Drucks IV/1323, zu Drucks 1323, 3. Art I Nr 6 MietRÄndG III vom 21. 12. 1967 (BGBl I 1248); Begr zum Entw des B R und Stellungnahme der BReg BT-Drucks V/1743, 3 und 4; Ausschußbericht BT-Drucks V/2317, zu Drucks V/2317, 4 f. Art 1 Nr 2 MRVerbG vom 4. 11. 1971 (BGBl I 1745); Begr zum RegE BT-Drucks VI/1549, 6 f; Ausschußbericht BT-Drucks VI/2421, 2.

Schrifttum BURKHARDT, Das 3. Gesetz zur Änderung mietrechtlicher Vorschriften, WuM 1968, 21; LÖWE, Zweifelsfragen aus dem neuen Mietrecht, NJW 1972, 1913; OTTO, Mündlicher Kündigungswiderspruch beachtlich? DWW 1966, 50; PERGANDE, Die Kündigung von Wohnraum und die Sozialklausel im neuen Mietrecht, NJW 1964,1925; SCHMIDT-FUTTERER, Die Änderungen der §§ 556 a, 564 a B G B , WuM 1972, 37; VOELSKOW, Änderungen des sozialen Mietrechts durch das 3. Mietänderungsgesetz, Betrieb 1968, 115; WEIMAR, Genügt eine Räumungsklage den Erfordernissen der schriftlichen Kündigung iS des § 564 a B G B ? WuM 1969, 199; ders, Schriftform und Bevollmächtigung bei Wohnraumkündigung, WuM 1967, 58; ders, Zur Zulässigkeit der Teilkündigung bei Wohn- und Geschäftsräumen, B1GBW 1976, 172; ders, Zweifelsfragen zur Belehrungspflicht bei Vermieterkündigung, WuM 1969, 177.

Systematische Ubersicht I. Allgemeine Kennzeichnung 1. Uberblick 1 2. Entstehung der Vorschrift 3 3. Zweck der Vorschrift 4

2. Angabe der Kündigungsgründe (Abs 1 S 2) 16 a) Voraussetzungen 16 b) Rechtsfolgen 23

II. Schriftliche Kündigung (Abs 1) 1. Schriftform der Kündigungserklärung (Abs I S 1)7 a) Voraussetzungen 7 aa) Mietverhältnis über Wohnraum 8 bb) Kündigung 9 cc) Schriftform 11 b) Rechtsfolgen 14

III. Belehrung über den Widerspruch nach § 556 a (Abs 2) 1. Voraussetzungen 24 2. Rechtsfolgen 30 IV. Ausnahmetatbestände (Abs 3) 31 V. Abdingbarkeit 32

Jürgen Sonnenschein

(1044)

3. Titel. Miete. Pacht

§564 a 1-3

Alphabetische Ubersicht Abdingbarkeit 32 Anfechtung des Mietvertrages 10 f Angabe der Kündigungsgründe 6,16 ff - bei der außerordentlichen fristlosen Kündigung 21 - bei der ordentlichen und der außerordentlichen befristeten Kündigung 22 Ausnahmetatbestände 31

Mietaufhebungsvertrag 10, 15 Mietverhältnis über Wohnraum 8 - über Geschäftsräume 2, 8 - über Grundstücke 8 - über bewegliche Sachen 2, 8 Mietverträge mit Verlängerungsklausel 10 Mischmietverhältnis 2

Nachschieben von Kündigungsgründen 20 Beendigung durch Zeitablauf 26, 27 Räumungsrechtsstreit 5,18 Begriindungszwang 4,16 Belehrung über die Widerspruchsmöglichkeit 5, Rücktritt vom Mietvertrag 10 f 18,24 ff Schriftform der Kündigungserklärung 7 ff, 11 - Voraussetzungen 24 ff - Voraussetzungen 7 ff - Rechtsfolgen 30 ff - Rechtsfolgen 14 f Entstehung der Vorschrift 3 Kündigung 9 - durch konkludentes Verhalten 12 - durch Vertreter 13 - durch den Mieter 17, 22

Untermiete 2 Widerspruchsfrist 5, 24 Wohnraum, möblierter 2 Zweck der Vorschrift 4 , 1 7 , 1 8

I. Allgemeine Kennzeichnung 1. Überblick

1

Die Vorschrift regelt Einzelfragen der Kündigung eines Mietverhältnisses über Wohnraum. Für die ordentliche und die außerordentliche Kündigung wird schriftliche Form vorgeschrieben. Die Gründe der Kündigung sollen in dem Kündigungsschreiben angegeben werden (Abs 1). Darüber hinaus soll der Vermieter den Mieter über den nach § 556 a möglichen Widerspruch gegen die Kündigung belehren (Abs 2). Dies betrifft allerdings nur die ordentliche und die außerordentliche befristete Kündigung des Vermieters, weil in den übrigen Fällen ein Widerspruchsrecht des Mieters nicht besteht (vgl § 556 a Abs 4). Der Anwendungsbereich des § 564 a beschränkt sich auf Mietverhältnisse über 2 Wohnraum. Hierzu gehören auch Untermietverhältnisse (PALANDT-PUTZO § 564 a Anm 1 d). Bei Mischmietverhältnissen kommt es darauf an, ob eine Gesamtbeurteilung der vermieteten Räume ergibt, daß das Schwergewicht des Mietverhältnisses nicht auf den Geschäftsräumen, sondern auf den Wohnräumen liegt (vgl Vorbem 26 zu §§535, 536). Ausgenommen vom Anwendungsbereich des § 564 a sind nach Abs 3 Mietverhältnisse über Wohnraum zum vorübergehenden Gebrauch sowie über möblierten Wohnraum als Teil der vom Vermieter selbst bewohnten Wohnung, wenn der möblierte Wohnraum nicht zum dauernden Gebrauch für eine Familie überlassen ist (vgl Rz 31; § 565 Abs 3). Auch für Mietverhältnisse über Geschäftsräume, bewegliche Sachen usw gilt § 564 a nicht. 2. Entstehung der Vorschrift

3

Die Vorschrift ist durch Art I Nr 5 MietRÄndG I vom 29. 7. 1963 (BGBl I 505) in das BGB aufgenommen worden und geht zurück auf einen Vorschlag des Rechts(1045)

Jürgen Sonnenschein

§ 564 a 4-6

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

ausschusses des Deutschen Bundestages (BT-Drucks IV/1323, 4). Sie umfaßte zunächst nur das Erfordernis der Schriftform für die Kündigung eines Mietverhältnisses über Wohnraum und stellte zugleich die heute in Abs 3 enthaltenen Ausnahmetatbestände auf. Art I Nr 6 des MietRÄndG III vom 21. 12. 1967 (BGBl 11248) fügte als Abs 2 und 3 die Vorschriften ein, daß der Vermieter den Mieter über den Widerspruch des § 556 a belehren und ihm auf Verlangen über die Gründe der Kündigung unverzüglich Auskunft erteilen sollte. Die bereits vorher aufgestellten Ausnahmetatbestände wurden als Abs 4 angefügt und betrafen damit auch die neuen Vorschriften. Art 1 Nr 2 des MRVerbG vom 4. 11. 1971 (BGBl I 1745) übernahm die in dem bisherigen Abs 3 enthaltene Regelung der Auskunft über die Kündigungsgründe in den heutigen Abs 1 S 2, indem die Auskunftserteilung als Sollvorschrift unabhängig von einem dahin gehenden Verlangen des Mieters festgelegt wurde. Die Ausnahmetatbestände wurden vom bisherigen Abs 4 zu Abs 3. 4 3. Zweck der Vorschrift Das Erfordernis der Schriftform für die Kündigung eines Mietverhältnisses über Wohnraum ist im Zusammenhang mit der Verbesserung des sozialen Mietrechts aufgestellt worden. Abgesehen von den in die Ausnahmetatbestände aufgenommenen, sozialpolitisch weniger schutzbedürftigen Mietverhältnissen, sollte vor allem mündlichen Kündigungen, die nur aus einer augenblicklichen Gefühlsreaktion heraus erklärt werden, die Wirksamkeit versagt bleiben (Ausschußbericht, zu BT-Drucks IV/1323, 3). Von einer Verpflichtung, die Kündigung zu begründen, wurde abgesehen, da das bürgerliche Recht im allgemeinen für derartige rechtsgestaltende Erklärungen keinen Begründungszwang vorsieht. Mitentscheidend war die Befürchtung, daß unter Umständen gerade die vom Vermieter für die Kündigung gegebene Begründung Auseinandersetzungen veranlassen könnte und überdies die schwierige Frage des Nachschiebens von Gründen auftreten würde. Vor allem sollte vermieden werden, daß die Wirksamkeit einer Kündigung nur deshalb in Frage gestellt werde, weil Zweifel auftreten könnten, ob einem Begründungszwang genügt sei (Ausschußbericht aaO 3 f). 5 Die Regelung des Abs 2 hinsichtlich der Belehrung über die Widerspruchsmöglichkeit ist zusammen mit § 556 a Abs 6 getroffen worden. In der Praxis hatte sich gezeigt, daß Mieter vielfach aus Rechtsunkenntnis keinen Gebrauch von ihrem Widerspruchsrecht gegenüber einer Kündigung machten. Deshalb soll der Mieter den Widerspruch noch im ersten Termin des Räumungsrechtsstreits erklären können, wenn er nicht rechtzeitig vor Ablauf der Widerspruchsfrist auf die Möglichkeit sowie Form und Frist des Widerspruchs hingewiesen worden ist (Begr zum Entw des BR BT-Drucks V/1743, 3). Dabei wurde bewußt davon abgesehen, einen Hinweis nur dann als ausreichend anzusehen, wenn er schon bei der Kündigung (so Begr zum Entw des BR aaO) oder spätestens einen Monat vor Ablauf der Widerspruchsfrist (so Stellungnahme der BReg zum Entw des BR aaO 4) erklärt wurde. Um Schwierigkeiten bei der Berechnung der Frist zu vermeiden, sollte es genügen, wenn der Hinweis rechtzeitig vor Ablauf der Widerspruchsfrist erteilt wird (Ausschußbericht, zu BT-Drucks V/2317, 4 f). 6 Als Abs 3 wurde durch das MietRÄndG III die Vorschrift aufgenommen, daß der Vermieter auf Verlangen des Mieters die Kündigungsgründe mitteilen sollte. Dies bezweckte, den Mieter bei der Abschätzung des Prozeßrisikos zu unterstützen (Ausschußbericht aaO 5). Durch das MRVerbG wurde die Regelung in den heutigen Abs 1 S 2 übernommen und verbessert, indem die Kündigungsgründe auch ohne Verlangen des Mieters bereits im Kündigungsschreiben angegeben werden sollen. Jürgen Sonnenschein

(1046)

3. Titel. Miete. Pacht

§564 a 7-10

Damit wird sichergestellt, daß der Mieter zum frühestmöglichen Zeitpunkt Klarheit über seine Rechtsstellung gewinnt. Der Vermieter soll dagegen durch die Angabe der Kündigungsgründe im Kündigungsschreiben zur genaueren Prüfung veranlaßt werden, damit unmotivierte und willkürliche Kündigungen nach Möglichkeit ausgeschlossen werden (Begr zum RegE BT-Drucks VI/1549, 6 f; Ausschußbericht BT-Drucks VI/2421, 2). Durch die Fassung als Sollvorschrift wurde die Angabe der Kündigungsgründe bewußt nicht zur Wirksamkeitsvoraussetzung der Kündigung gemacht (Begr zum RegE aaO 7). Insgesamt kann § 564 a als Teil des sozialen Mietrechts gekennzeichnet werden.

II. Schriftliche Kündigung (Abs 1) 1. Schriftform der Kündigungserklärung (Abs 1 S 1)

7

а) Voraussetzungen Nach Abs 1 S 1 bedarf die Kündigung eines Mietverhältnisses über Wohnraum der schriftlichen Form. Dies gilt für Mieter und Vermieter in gleicher Weise (vgl AG Dortmund WuM 1972, 80; AG Münster WuM 1970, 165). aa) Es muß sich um ein Mietverhältnis über Wohnraum handeln (s im einzelnen 8 Vorbem 24 ff zu §§ 535, 536, § 556 a Rz 5 ff). Damit ist die Miete von Grundstükken, Geschäftsräumen und beweglichen Sachen vom Anwendungsbereich des § 564 a ausgenommen (vgl auch LG Mannheim MDR 1973, 764 Nr 56 zur späteren Miete einer Garage neben einem Wohnungsmietvertrag). Weitere Ausnahmen enthält Abs 3 für Mietverhältnisse über Wohnraum zu vorübergehendem Gebrauch und für gewisse Mietverhältnisse über möblierten Wohnraum (Rz 31). Unerheblich ist es, ob das Mietverhältnis auf bestimmte oder auf unbestimmte Zeit eingegangen ist, da es in beiden Fällen grundsätzlich durch Kündigung beendet werden kann. bb) Die Vorschrift gilt nur für die Kündigung eines Mietverhältnisses. Damit 9 werden die ordentliche, die außerordentliche befristete und die außerordentliche fristlose Kündigung in gleicher Weise erfaßt (vgl § 564 Rz 30 ff). Will eine Partei den Kündigungstermin vorverlegen, der sich aus einer bereits ausgesprochenen Kündigung ergibt, so ist eine erneute Kündigung erforderlich, die ebenfalls der Schriftform bedarf (LG Frankfurt ZMR 1971, 88). Angesichts des eindeutigen Gesetzeswortlauts ist es ausgeschlossen, andere Formen 10 der Beendigung eines Mietverhältnisses der Kündigung gleichzustellen und auch insoweit die Einhaltung der Schriftform zu verlangen. Dies gilt allerdings nicht für Mietverträge mit Verlängerungsklausel, bei denen die Verlängerung durch eine innerhalb einer bestimmten Frist vor Ablauf des Mietverhältnisses abzugebende Erklärung abgelehnt werden muß. Wenn in der Praxis insoweit häufig von Kündigung gesprochen wird, handelt es sich um eine untechnische Formulierung (§ 564 Rz б). Da ein solches Mietverhältnis gern § 565 a Abs 1 nach den Vorschriften des § 565 „gekündigt" werden muß, ergibt sich hieraus unabhängig von der rechtlichen Qualifizierung der Erklärung, daß § 564 a unmittelbar anwendbar ist ( E R M A N SCHOPP § 565 a Rz 4; SCHMIDT-FUTTERER B 615). Der Formzwang des Abs 1 S 1 erstreckt sich dagegen nicht auf andere Arten der Beendigung eines Mietverhältnisses durch rechtsgeschäftliche Erklärungen wie bei Rücktritt (§ 564 Rz 51 ff), Anfechtung (§ 564 Rz 54 f) und einem Mietaufhebungsvertrag (§ 564 Rz 45 ff; BGBR G R K - G E L H A A R § 564 a Rz 3). Nicht zu verkennen ist allerdings, daß der Zweck der Vorschrift, die Parteien vor einer unbedachten Beendigung des Mietverhältnis(1047)

Jürgen Sonnenschein

§ 564 a 11-13

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

ses zu schützen (Rz 4), auch insoweit eingreifen kann. Der eindeutige Gesetzeswortlaut bildet jedoch eine Grenze für eine dahin gehende Auslegung. 11 cc) Die Schriftform ist nach § 126 Abs 1 gewahrt, wenn die Kündigungserklärung in einer Urkunde enthalten ist und diese Urkunde von dem Kündigenden eigenhändig durch Namensunterschrift oder mittels notariell beglaubigten Handzeichens unterzeichnet ist. Eine mechanische oder faksimilierte Unterschrift reicht nicht aus (AG Dortmund ZMR 1967, 15). Das gleiche gilt für eine Kündigung durch Telegramm ( B G B - R G R K - G E L H A A R § 564 a Rz 3; vgl BGHZ 24,297 = NJW 1957,1275). Die schriftliche Form wird nach § 126 Abs 3 durch die notarielle Beurkundung ersetzt. Das Wort „Kündigung" braucht in der schriftlichen Erklärung nicht verwendet zu werden. Es genügt, wenn darin eindeutig zum Ausdruck kommt, daß der Erklärende das Mietverhältnis beenden will (s zum Inhalt der Kündigungserklärung im einzelnen § 564 Rz 15 ff). Damit stellt sich allerdings ein Qualifikationsproblem, wenn die Erklärung als formfreie Anfechtungs- oder Rücktrittserklärung oder als formbedürftige Kündigungserklärung beurteilt werden kann (Rz 10). Wenn Anfechtung oder Rücktritt durchgreifen und sich aus dem Willen des Erklärenden keine eindeutigen Anhaltspunkte dafür ergeben, daß er nur den Weg der Kündigung wählt, ist für einen Formzwang kein Raum. Das gleiche Ergebnis läßt sich in derartigen Fällen über eine Umdeutung nach § 140 erzielen. 12 Durch das Erfordernis der Schriftform sind einer Kündigung durch konkludentes Verhalten bei Mietverhältnissen über Wohnraum gewisse Grenzen gezogen. Eine solche Kündigung ist nur möglich, wenn das konkludente Verhalten dem Formerfordernis genügt (vgl § 564 Rz 15, 28 f). Dies ist vor allem bei schriftlicher Klageerhebung, Anmeldung im Konkurs und ähnlichen Rechtsakten möglich, soweit die Erklärung durch Zugang beim Kündigungsempfänger wirksam wird (LG Hamburg MDR

1974,

ROQUETTE

584;

PALANDT-PUTZO

§ 564 a A n m

2 ; PERGANDE § 5 6 4 a A n m

3;

§ 564 a Rz 7; W E I M A R WuM 1969,199; vgl auch RG JW 1908, 270, 271;

B G H N J W 1 9 5 3 , 1 3 9 1 ; 1 9 5 4 , 4 2 5 ; B G H L M § 5 6 4 B G B N r 1 ; ENNECCERUS-LEH-

§ 24 II 3 Fn 5). Der Beklagte muß jedoch eindeutig erkennen können, daß neben der Klageerhebung als Prozeßhandlung eine Kündigung als materiell-rechtliche Willenserklärung abgegeben werden soll. Beide Erklärungen fallen nicht notwendig zusammen (LG Hamburg aaO; P A L A N D T - P U T Z O aaO; aM SCHMIDT-FUTTERER B 35; vgl auch B G B - R G R K - G E L H A A R § 564 a Rz 3). Unabhängig von der Klageerhebung kann auch ein weiteres Vorbringen in dem Rechtsstreit eine Kündigung darstellen, wenn die andere Partei hieraus unmißverständlich auf einen Kündigungswillen schließen kann (BGH ZMR 1957, 264). Um den Formzwang zu erfüllen, ist aber die Zustellung eines Schriftsatzes erforderlich. Beglaubigte Kopien reichen nicht aus (LG Hamburg WuM 1977, 184). Auch eine Aufnahme in das gerichtliche Protokoll genügt grundsätzlich nicht. Die schriftliche Form wird zwar nach § 126 Abs 3 durch die notarielle Beurkundung ersetzt. Die notarielle Beurkundung kann nach § 127 a aber nur bei einem gerichtlichen Vergleich durch Aufnahme der Erklärungen in ein Gerichtsprotokoll ersetzt werden (aM P E R G A N D E § 564 a Anm 3, allerdings unter der Geltung des § 126 Abs 3 aF). Wird über eine außergerichtliche Verhandlung der Parteien von dem Kündigungsempfänger ein Protokoll aufgesetzt, das die Kündigungserklärung des anderen Teils wiedergibt und von diesem unterzeichnet wird, so ist die Schriftform gewahrt, weil damit auch der Kündigende Aussteller der Urkunde ist (vgl R G Z 76, 191, 193 f). MANN

13 Das Erfordernis der Schriftform muß auch bei der Kündigung durch einen Vertreter erfüllt sein. Die Erteilung einer dahin gehenden Vollmacht ist nach § 167 Abs 2 grundsätzlich nicht formbedürftig (LG Wiesbaden WuM 1967,184; E R M A N - S C H O P P § 5 6 4 a R z 2 ; PALANDT-PUTZO § 5 6 4 a A n m 2 ; PERGANDE § 5 6 4 a A n m 3 ; a M

Jürgen Sonnenschein

A G (1048)

§564 a 3. Titel. Miete. Pacht

14-15

Frankfurt ZMR 1969, 86). Eine unwiderrufliche Vollmacht zur Kündigung unterliegt dagegen dem Formzwang des § 564 a Abs 1 S 1, da sie ähnlich wie beim Kauf und Verkauf eines Grundstücks (§313) zu einer endgültigen Bindung des Vollmachtgebers führt (vgl PALANDT-HEINRICHS § 167 Anm 1 b). PERGANDE (§ 564 a Anm 3) will demgegenüber die unwiderrufliche Vollmacht formfrei zulassen, weil die Schriftform nicht nur vor übereilten Kündigungen schützen solle, sondern auch der Beweissicherung diene. Diese Argumentation kann nicht überzeugen, da der letztere Zweck nicht die Formfreiheit begründen kann, wenn der erstere Zweck nur durch den Formzwang zu erreichen ist. Für weitere Einschränkungen der Formfreiheit einer Vollmacht besteht dagegen kein Anlaß (abweichend AG Frankfurt aaO). Neben der bestehenden Vertretungsmacht ist es Voraussetzung der Wirksamkeit einer Kündigung für und gegen den Vertretenen, daß der Vertreter in fremdem Namen gehandelt hat. Dabei macht es keinen Unterschied, ob der Vertreter ausdrücklich im Namen des Vertretenen handelt oder ob sich dies nur aus den Umständen ergibt (§ 164 Abs 1). Ist dieses Erfordernis erfüllt, kann der Vertreter die Kündigung mit dem eigenen Namen unterschreiben (LG Wiesbaden WuM 1967, 184; PERGANDE § 564 a Anm 3). Er kann die Unterschrift auch mit dem Namen des Vertretenen leisten (vgl RGZ 79, 69; PALANDT-HEINRICHS § 126 Anm 41; aM HOLZHAUER, Die eigenhändige Unterschrift [1973] 135 ff, 205). In beiden Fällen ist das Erfordernis der Schriftform erfüllt. Der Schutz des Kündigungsempfängers wird dadurch gewährleistet, daß die Kündigung durch einen Bevollmächtigten nach § 174 S 1 unwirksam ist, wenn der Bevollmächtigte keine Vollmachtsurkunde vorlegt und der Empfänger die Kündigung aus diesem Grunde unverzüglich zurückweist (vgl LG Wiesbaden ZMR 1972, 81 für die Kündigung durch einen Bevollmächtigten mittels Klageschrift; s aber § 174 S 2). In diesem Fall läßt auch die nachfolgende Aufforderung zur Einsichtnahme in die bei dem Bevollmächtigten vorliegende Vollmachtsurkunde die Kündigung nicht wirksam werden (LG Mannheim WuM 1976, 207). Die Vertretungsbefugnis selbst braucht nicht unmittelbar aus der schriftlichen Kündigung ersichtlich zu sein, da sich aus dem Gesetz kein derartiges Erfordernis ergibt ( a M ROQUETTE § 5 6 4 a R z 9 ) .

b) Rechtsfolgen

14

Das Erfordernis der schriftlichen Form ist Wirksamkeitsvoraussetzung für die Kündigung eines Mietverhältnisses über Wohnraum. Ein Verstoß gegen den Formzwang macht die Kündigung nach § 125 S 1 nichtig. Diese Nichtigkeit ist unheilbar. Die Kündigung muß ggf unter Einhaltung etwaiger Kündigungsfristen wiederholt werden. Ein Formmangel kann unter den allgemeinen Voraussetzungen nach Treu und Glauben (§ 242) ausnahmsweise unbeachtlich sein (vgl PALANDT-PUTZO § 564 a Anm 2; PALANDT-HEINRICHS § 125 Anm 6; PERGANDE § 564 a Anm 3 ) . Dies gilt etwa, wenn der Kündigungsempfänger in Kenntnis der Rechtslage den Kündigenden arglistig davon abgehalten hat, die schriftliche Form zu wahren. Ist der Kündigungsempfänger trotz eines Formmangels der Kündigung mit der 15 Beendigung des Mietverhältnisses einverstanden, so kann dadurch ein Mietaufhebungsvertrag zustande kommen, der formlos wirksam ist ( H A N S § 564 a Anm 2 a; PERGANDE § 564 a Anm 3 ) . Dies setzt allerdings voraus, daß der Kündigungsempfänger bei seinem Einverständnis das Bewußtsein hat, eine rechtsgeschäftliche Erklärung abzugeben. Beugt er sich lediglich der wegen Formmangels nichtigen Kündigung in der irrigen Annahme, diese sei wirksam, so wird er in aller Regel keine Vertragserklärung abgeben wollen. An der Möglichkeit, auf eine formunwirksame Kündigung durch Einverständnis formlos einen Aufhebungsvertrag zustande zu bringen, zeigen sich wiederum die Grenzen einer Verwirklichung des mit § 564 a (1049)

Jürgen Sonnenschein

§ 564 a 16-18

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

Abs 1 verfolgten Ziels, die Parteien vor einer unbedachten Beendigung des Mietverhältnisses zu schützen (Rz 4, 10; s auch § 564 Rz 46 f). 16 2. Angabe der Kündigungsgriinde (Abs 1 S 2) a) Voraussetzungen Nach Abs 1 S 2 sollen in dem Kündigungsschreiben die Gründe der Kündigung angegeben werden. Es handelt sich um eine Sollvorschrift, durch die kein allgemeiner Begründungszwang für die Kündigung eines Mietverhältnisses über Wohnraum eingeführt worden ist. Es bleibt damit bei dem Prinzip, daß die Angabe eines bestimmten Kündigungsgrundes nicht Wirksamkeitsvoraussetzung für die Erklärung ist. Dies gilt nach umstrittener Ansicht für alle Kündigungsarten in gleicher Weise (§ 564 Rz 16). Werden die Kündigungsgründe nicht angegeben, ist die Kündigung zwar grundsätzlich wirksam, als Folge können sich jedoch gewisse Rechtsnachteile für den Kündigenden ergeben (Rz 23). 17 Bereits das Kündigungsschreiben soll die Gründe der Kündigung enthalten, damit der Mieter zum frühestmöglichen Zeitpunkt Klarheit über seine Rechtsstellung gewinnt und der Vermieter zu einer genaueren Prüfung veranlaßt wird, bevor er eine unmotivierte und willkürliche Kündigung ausspricht (Rz 6). Damit geht die Vorschrift nach dem ihr zugrunde liegenden Zweck, den Mieter zu schützen, von einer Kündigung durch den Vermieter aus. Sie gilt ihrem Wortlaut nach jedoch auch für den umgekehrten Fall einer Kündigung durch den Mieter. Insoweit bleibt ein Verstoß jedoch ohne Rechtsfolgen, so daß die Vorschrift insoweit jeder Berechtigung entbehrt. 18 Wie ausführlich die Kündigungsgründe anzugeben sind, läßt das Gesetz offen. Dies ist von dem in erster Linie maßgebenden Zweck der Vorschrift her zu bestimmen, dem Mieter Klarheit über seine Rechtsstellung und die Erfolgsaussicht von Verteidigungsmöglichkeiten zu verschaffen. Liegen mehrere Kündigungsgründe vor, sind sie sämtlich anzugeben. Der einzelne Kündigungsgrund ist dabei so genau zu bezeichnen, daß der Mieter seine Rechtsverteidigung darauf einstellen kann. Nach verbreiteter Auffassung soll es genügen, wenn das Kündigungsschreiben die maßgebenden Gründe in ausreichend spezifizierter Weise - auch schlagwortartig - erkennen lasse, während die damit zusammenhängenden Tatsachen zur Ausfüllung, Erläuterung oder Ergänzung des Kündigungsgrundes nachgeschoben werden könnten ( H A N S § 5 6 4 a A n m 2 b ; PALANDT-PUTZO § 5 6 4 a A n m 3 ; SCHMIDT-FUTTERER W U M

1972,

37). Dies steht nicht im Einklang mit dem Zweck und der Entstehungsgeschichte der Vorschrift. Der Mieter kann die Erfolgsaussicht eines Widerspruchs gegen die Kündigung und damit eines Rechtsstreits erst dann einigermaßen beurteilen, wenn er nicht nur die Interessen des Vermieters - den Kündigungsgrund - kennt, sondern auch beurteilen kann, ob diese Interessen berechtigt sind (vgl § 556 a Abs 1). Dies ist ihm aber nur möglich, wenn er auch die zugrunde liegenden Tatsachen kennt. Der Mieter soll nicht gezwungen sein, vorsorglich Widerspruch einzulegen und sich auf einen riskanten Prozeß einzulassen (vgl Ausschußbericht, zu BT-Drucks V/2317, 5). Diesem Zweck diente auch die durch Art I Nr 3 MietRÄndG III (BGBl I 1967, 1248) geschaffene Fassung des § 556 a Abs 6. Hiernach konnte der Mieter den Widerspruch noch im ersten Termin des Räumungsrechtsstreits erklären, wenn der Vermieter nicht rechtzeitig die verlangte Auskunft über die Kündigungsgründe erteilt hatte. Dies zeigt den unmittelbaren Zusammenhang zwischen der Mitteilung der Kündigungsgründe und einer darauf aufbauenden Rechtsverteidigung. Daß die dahin gehende Regelung des § 556 a Abs 6 durch Art 1 Nr 1 MRVerbG (BGBl I 1971, 1745) aufgehoben worden ist und es insoweit nur noch auf die Belehrung Jürgen Sonnenschein

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3. Titel. Miete. Pacht

§564 a 19-22

über den Widerspruch nach § 564 a Abs 2 ankommt, hängt damit zusammen, daß die Kündigungsgründe nach dem durch Art 1 Nr 2 MRVerbG geschaffenen § 564 a Abs 1 S 2 nicht erst auf Verlangen des Mieters, sondern ohne weiteres angegeben werden sollen (vgl Begr zum RegE BT-Drucks VI/1549, 7). Der Zweck, aus dem die Gründe mitgeteilt werden sollen, hat sich dadurch nicht geändert. Ist es dem Mieter aber nur bei ausreichender Tatsachenkenntnis möglich, die Erfolgsaussichten einer Rechtsverteidigung gegen die Kündigung zu beurteilen, so ist der Kündigungsgrund nicht nur schlagwortartig anzugeben, sondern dem Zweck entsprechend ausreichend durch tatsächliche Angaben zu untermauern (vgl LG Osnabrück WuM 1974, 29; AG Mannheim WuM 1975, 210). Anderenfalls ist die Vorschrift des § 564 a Abs 1 S 2 nicht erfüllt. Diese Erwägungen gelten uneingeschränkt für die ordentliche und die außerordent- 19 liehe befristete Kündigung durch den Vermieter, weil nur in diesen Fällen ein Widerspruchsrecht des Mieters relevant werden kann (§ 556 a Rz 13 ff), nicht dagegen für die außerordentliche fristlose Kündigung (vgl § 556 a Abs 4 Nr 2). Gleichwohl kann § 564 a Abs 1 S 2 nach Wortlaut und Zweck auch auf den letzteren Fall erstreckt werden, da der Empfänger einer fristlosen Kündigung ebenfalls ein berechtigtes Interesse daran hat, die Kündigungsgründe nebst den sie ausfüllenden Tatsachen zu erfahren, damit er seine Rechtsverteidigung darauf einstellen kann. Insoweit bleibt ein Verstoß allerdings ohne Rechtsfolgen (vgl aber § 564 Rz 16 zu der abgelehnten Auffassung, nach der die Angabe der Gründe bei der fristlosen Kündigung Wirksamkeitsvoraussetzung sein soll). Die vorgeschriebene Angabe der Kündigungsgründe wirkt sich auf die Frage aus, ob 20 einer bereits ausgesprochenen Kündigung weitere Gründe mit der Wirkung nachgeschoben werden können, daß sie die Kündigung bereits für den Zeitpunkt ihres Ausspruchs rechtfertigen (§ 564 Rz 16). Das Problem des Nachschiebens von Kündigungsgründen tritt bei der ordentlichen und bei der außerordentlichen Kündigung eines Mietverhältnisses über Wohnraum in gleicher Weise auf. Die außerordentliche fristlose Kündigung ist nur wirksam, wenn sie auf einen im Zeitpunkt ihres Ausspruchs tatsächlich vorliegenden Kündigungsgrund gestützt werden kann. Die ordentliche und die außerordentliche befristete Kündigung durch den Vermieter setzen nach § 564 b Abs 1 - 3 ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses voraus. Hierfür werden nur die Gründe berücksichtigt, die in dem Kündigungsschreiben angegeben sind, soweit sie nicht nachträglich entstanden sind (§§ 556 a Abs 1 S 3, 564 b Abs 3). Wegen der unterschiedlichen Rechtsfolgen ist zwischen den einzelnen Kündigungsarten zu unterscheiden: Bei der außerordentlichen fristlosen Kündigung kommt es allein darauf an, daß ein 21 Kündigungsgrund im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigungserklärung tatsächlich erfüllt ist (§ 564 Rz 37). Erweist sich ein in dem Kündigungsschreiben angegebener Grund als nicht gegeben, so können grundsätzlich andere, mit der Kündigungserklärung noch nicht bekanntgegebene Gründe nachgeschoben werden, sofern sie zur Zeit des Ausspruchs bereits vorhanden waren (BGHZ 27, 220 = NJW 1958, 1136 zum Handelsvertreter; BGH WM 1959, 538, 542). Treu und Glauben können allerdings eine Beschränkung auf den zunächst angegebenen Kündigungsgrund erfordern (BGHZ aaO 225 = NJW 1958, 1136, 1137). Das Nachschieben von Kündigungsgründen verstößt zwar gegen die Sollvorschrift des § 564 a Abs 1 S 2. Dieser Verstoß bleibt aber ohne Rehtsfolgen, da § 564 b Abs 3 für die außerordentliche fristlose Kündigung nicht gilt und auch das Widerspruchsrecht nach § 556 a Abs 4 Nr 2 entfällt. Bei der ordentlichen und der außerordentlichen befristeten Kündigung eines Miet- 22 Verhältnisses über Wohnraum ist das Nachschieben von Gründen wegen der Vor(1051)

Jürgen Sonnenschein

§ 564 a 23

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

schrift des § 564 a Abs 1 S 2 grundsätzlich ausgeschlossen. Dies beschränkt sich aber auf eine Kündigung durch den Vermieter. Nach der ursprünglichen Regelung sollte der Vermieter nur auf Verlangen des Mieters Auskunft über die Gründe der Kündigung erteilen (vgl Rz 3). Bewußt offengeblieben war die Frage, welche Rechtsfolgen bei einer Angabe unrichtiger Gründe und bei einem Nachschieben von Gründen eintreten sollten (Ausschußbericht, zu BT-Drucks V/2317, 5). Da die Gründe nunmehr schon im Kündigungsschreiben anzugeben sind, führt ein Nachschieben von Gründen zur Verletzung des § 564 a Abs 1 S 2 mit der Folge, daß diese Gründe für eine Berücksichtigung der Interessen des Vermieters ausfallen (§§ 556 a Abs 1 S 3, 564 b Abs 3; vgl AG Geislingen WuM 1973, 161; AG Hamburg WuM 1975, 149). Ein Nachschieben von Gründen wird nach diesen Vorschriften nur noch anerkannt, wenn die Gründe nachträglich, dh nach Ausspruch einer ansonsten wirksamen Kündigung (AG Mannheim WuM 1976, 184), entstanden sind (vgl § 564 b Rz 125 ff). Der Vermieter sollte nicht gehindert werden, einen solchen Grund auch später noch geltend zu machen (Begr zum RegE BT-Drucks VI/1549, 7; Ausschußbericht BT-Drucks VI/2421, 2). Anderenfalls soll der Vermieter darauf angewiesen sein, unter Einhaltung der maßgeblichen Frist eine neue Kündigung auszusprechen (Begr zum RegE aaO; LG Hamburg WuM 1975, 124; AG Mannheim WuM 1975, 210). Diese kann in der Berufung gegen ein amtsgerichtliches Urteil zu sehen sein, das eine Räumungsklage abweist, weil zum Zeitpunkt des Prozesses kein Kündigungsgrund vorlag; entstand zwischenzeitlich ein Kündigungsgrund, so ist der Berufungsklage stattzugeben (LG Bückeburg WuM 1976, 123). Wenn der Vermieter den Weg der ordentlichen Kündigung wählt, obwohl ihm ein Grund zur fristlosen Kündigung zur Seite steht, entfällt zwar nach § 556 a Abs 4 Nr 2 das Widerspruchsrecht des Mieters ( § 5 5 6 a R z l 4 ) . Anwendbar bleibt aber § 564 b Abs 3, so daß der Kündigungsgrund unberücksichtigt bleiben muß, wenn er nicht schon in dem Kündigungsschreiben angegeben worden ist. Wenn demzufolge das Nachschieben des Kündigungsgrundes ausgeschlossen ist, so kann dies doch nur für die ordentliche Kündigung gelten. Erweist sich die ordentliche Kündigung als unberechtigt und damit als unwirksam, ist sie unter den Voraussetzungen des § 140 in eine außerordentliche fristlose Kündigung umzudeuten (§ 564 b Rz 132 f; zum umgekehrten Fall § 564 Rz 39 f), so daß ein Nachschieben des Kündigungsgrundes insoweit möglich wird. § 564 a Abs 1 S 2 gilt seinem Wortlaut nach auch für die ordentliche und die außerordentliche befristete Kündigung durch den Mieter. Da in diesem Fall ein Verstoß gegen die Begründungspflicht ohne Rechtsfolgen bleibt, wird auch das Nachschieben von Kündigungsgründen nicht ausgeschlossen. Praktisch wird diese Frage aber nur, wenn die Beendigung des Mietverhältnisses durch eine außerordentliche befristete Kündigung herbeigeführt werden soll, da dem Mieter nur hierbei ein Kündigungsgrund zur Seite stehen muß. 23 b) Rechtsfolgen § 564 a Abs 1 S 2 ist eine Norm, die keine selbständige Rechtsfolge für einen Verstoß gegen das Erfordernis einer Angabe der Kündigungsgründe vorsieht. In einer Sollvorschrift wird dem Kündigenden vielmehr eine Obliegenheit auferlegt, an deren Verletzung das Gesetz erst an anderer Stelle Rechtsnachteile knüpft. Diese Rechtsfolgen bestehen zum einen darin, daß im Rahmen eines Widerspruchs des Mieters gegen eine Kündigung bei der Würdigung der berechtigten Interessen des kündigenden Vermieters nur die in dem Kündigungsschreiben angegebenen Gründe berücksichtigt werden, soweit nicht die Gründe nachträglich entstanden sind (§ 556 a Abs 1 S 3). Ein Verstoß gegen § 564 a Abs 1 S 2 kann also dazu führen, daß der Mieter mit seinem Widerspruch durchdringt und eine Verlängerung des Jürgen Sonnenschein

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3. Titel. Miete. Pacht

§564 a 24-26

Mietverhältnisses erreicht. Zum anderen bestimmt § 564 b Abs 3, daß als berechtigte Interessen des Vermieters an einer Beendigung des Mietverhältnisses nur die in dem Kündigungsschreiben angegebenen Gründe berücksichtigt werden, soweit sie nicht nachträglich entstanden sind. Hieraus kann sich die Rechtsfolge ergeben, daß eine Kündigung in vollem Umfang unberechtigt und damit unwirksam ist (vgl AG Darmstadt WuM 1974, 30). Die Rechtsfolge des § 556 a Abs 1 S 3 wird also nur relevant, wenn die Kündigung wirksam ist und nicht schon an § 564 b Abs 3 scheitert. Dieser Fall kann nur eintreten, wenn der Vermieter seiner Obliegenheit aus § 564 a Abs 1 S 2 zumindest teilweise nachgekommen ist. Nachteilige Rechtsfolgen aus einem Verstoß gegen diese Vorschrift treffen also nur den Vermieter. III. Belehrung über den Widerspruch nach § 556 a (Abs 2) 1. Voraussetzungen

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Nach § 564 a Abs 2 soll der Vermieter von Wohnraum den Mieter auf die Möglichkeit, der Kündigung nach § 556 a zu widersprechen, und auf Form und Frist des Widerspruchs rechtzeitig hinweisen. Die rechtspolitische Berechtigung einer solchen Regelung ist von H A N S (§ 564 a Anm 1; vgl zur Kritik auch -B- GrundE 1968, 99) damit angezweifelt worden, daß der Gesetzgeber zu Unrecht unterstelle, der Vermieter sei im allgemeinen rechtskundiger als der Mieter. Es sei zudem bedenklich, daß dem Vermieter eine Belehrungspflicht auferlegt werde, die seinen eigenen Interessen entgegenstünde. Entsprechende Bedenken waren schon im Gesetzgebungsverfahren aufgetaucht und sind zu Recht zurückgewiesen worden, weil es nicht darum geht, den Vermieter zu einem Verhalten zu verpflichten, das seinen eigenen Interessen zuwiderläuft, und ihm bei einem Verstoß entscheidende Rechtsnachteile aufzuerlegen. Die Kündigung bleibt vielmehr auch dann wirksam, wenn die Belehrung unterblieben ist (AG Stolberg MDR 1969, 846). Lediglich die Widerspruchsfrist wird verlängert, was der Gesetzgeber auch unabhängig von der Belehrungspflicht generell hätte festlegen können (vgl Ausschußbericht, zu BT-Drucks V/2317, 4f).

In dem ursprünglichen Entwurf der Vorschrift war vorgesehen, daß der Mieter in 25 dem Kündigungsschreiben auf die Widerspruchsfrist des § 556 a Abs 6 hingewiesen werden sollte (Entw des BR BT-Drucks V/1743, 2). Die zum Gesetz gewordene Fassung weicht hiervon insoweit ab, als der Mieter nicht nur auf die Frist, sondern auch auf die Möglichkeit und auf die Form des Widerspruchs hingewiesen werden soll. Der Hinweis braucht nicht schon in dem Kündigungsschreiben enthalten zu sein, sondern muß nur rechtzeitig erfolgen. Entgegen dem Vorschlag der BReg (BT-Drucks V/1743, 5) wurde davon abgesehen, den Hinweis an eine bestimmte Frist zu binden. Nach der Entstehungsgeschichte betrifft die Vorschrift nur die Belehrung über den 26 Widerspruch im Anschluß an eine Kündigung des Mietverhältnisses. Damit sind die ordentliche und die außerordentliche befristete Kündigung gemeint, da sich nur insoweit ein Widerspruchsrecht ergeben kann. Die Vorschrift gilt nicht für die außerordentliche fristlose Kündigung, bei der ein Widerspruchsrecht ausgeschlossen ist (§ 556 a Abs 4 Nr 2). Da dieser Ausschluß auch eingreift, wenn der Vermieter statt dessen den Weg der ordentlichen Kündigung wählt (§ 556 a Rz 14), kann in diesem Fall von der Belehrungspflicht abgesehen werden. Nach der zum Gesetz gewordenen Fassung und nach dem Zweck der Vorschrift ist es ferner möglich und geboten, die Belehrungspflicht bei einer Beendigung des Mietverhältnisses durch Zeitablauf eintreten zu lassen (im Ergebnis ebenso H A N S § 564 a Anm 3 ; W E I M A R WuM 1969, 177; aM L U T Z , Das neue Mietrecht des BGB § 564 a Anm 4,104). Der (1053)

Jürgen Sonnenschein

§564 a 27-30

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

Mieter ist in diesem Fall in gleicher Weise schutzbedürftig, sein Widerspruchsrecht nach § 556 b nicht infolge Rechtsunkenntnis zu verlieren (vgl Begr zum Entw des BR BT-Drucks V/1743, 3). Angesichts des Gesetzeszwecks steht dieser Auffassung der systematische Zusammenhang der Vorschrift mit der Kündigung nicht entgegen. 27 Eine Belehrung über die Möglichkeit des Widerspruchs ist gegeben, wenn der Vermieter den Mieter darauf hinweist, daß er der Kündigung oder der Beendigung des Mietverhältnisses durch Zeitablauf widersprechen und eine Fortsetzung verlangen kann. Dabei brauchen nicht die Worte des Gesetzes verwendet zu werden. Es genügt, daß der Mieter über seine Rechte aus den §§ 556 a, 556 b aufgeklärt worden ist ( H A N S § 564 a Anm 3). Über die einzelnen Voraussetzungen für eine Fortsetzung des Mietverhältnisses braucht der Mieter dagegen nicht unterrichtet zu werden. Bleibt ihm etwas unklar, so ist es seine Sache, sich deshalb nicht von der Erhebung des Widerspruchs abhalten zu lassen, sondern Rechtsrat einzuholen. Die weitergehende Auffassung von H A N S (§ 564 a Anm 3 d) findet im Gesetz keine Stütze. Die Belehrung darf allerdings nicht unvollständig oder falsch sein. 28 Eine Belehrung über Form und Frist des Widerspruchs ist erteilt, wenn der Mieter erfahren hat, daß hierbei die schriftliche Form einzuhalten ist (§ 556 a Abs 5 S 1) und daß die Erklärung spätestens zwei Monate vor der Beendigung des Mietverhältnisses dem Vermieter gegenüber zu erklären ist (§ 556 a Abs 6 S 1). 29 Die Belehrung soll so rechtzeitig erteilt werden, daß der Mieter für einen etwaigen Widerspruch die Frist aus § 556 a Abs 6 S 1 wahren kann. Die Belehrung braucht also nicht schon im Kündigungsschreiben enthalten zu sein und unterliegt deshalb nicht dem Schriftformerfordernis des § 564 a Abs 1 S 1. Ein mündlicher Hinweis genügt, hat allerdings ein gewisses Beweisrisiko für den Vermieter zur Folge. Über die Rechtzeitigkeit des Hinweises finden sich im Gesetz und in den Materialien keine näheren Erläuterungen. Damit stellt sich die Frage, ob der Hinweis noch rechtzeitig ist, wenn er etwa am letzten Tag der Widerspruchsfrist erteilt wird, oder ob dem Mieter eine angemessene Bedenkzeit bleiben muß. Wenn § 556 a Abs 6 S 2 den Widerspruch noch im ersten Termin des Räumungsrechtsstreits für zulässig erklärt, offenbar im Hinblick auf eine richterliche Aufklärung, so zeigt dies die Erwartung des Gesetzgebers, daß sich der Mieter uU auch ohne weitere Bedenkzeit zur Erhebung des Widerspruchs entschließen soll. Dabei ist aber zu berücksichtigen, daß der Mieter sich vor Gericht - sei es auch durch den Richter - über die Erfolgsaussichten eines Widerspruchs beraten lassen kann. Wenn der Mieter auch durch die außerprozessuale Erhebung eines Widerspruchs noch kein unmittelbares Prozeßrisiko eingeht, so muß ihm doch die Möglichkeit bleiben, sich vorher vor allem wegen der schwierigen Interessenabwägung im Rahmen des § 556 a beraten zu lassen (vgl auch SCHMIDT-FUTTERER B 212). Sofern dies nicht gewährleistet ist, weil die Belehrung erst kurz vor Ablauf der Widerspruchsfrist erteilt wird, ist sie nicht rechtzeitig. Die Belehrung kann auch nicht im voraus erteilt werden, etwa schon im Mietvertrag (SCHMIDT-FUTTERER aaO) oder vor Ausspruch der Kündigung (AG Hamburg-Altona MDR 1971, 138). Dies würde der Schutzfunktion des § 564 a Abs 2, den Mieter noch besonders auf seine Rechte hinzuweisen, nicht gerecht.

30 2. Rechtsfolgen § 564 a Abs 2 enthält keine Rechtsfolge für den Fall, daß der Vermieter die Belehrung nicht oder nicht rechtzeitig erteilt. Wie bei Abs 1 S 2 handelt es sich um eine Sollvorschrift, deren Verletzung keine Schadensersatzansprüche auslöst. Die Rechtsfolge besteht nach § 556 a Abs 6 S 2 vielmehr darin, daß der Mieter für die Jürgen Sonnenschein

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3. Titel. Miete. Pacht

§§ 564 a, 564 b 31-33

Erhebung des Widerspruchs nicht an die Frist von zwei Monaten vor Beendigung des Mietverhältnisses gebunden ist, sondern den Widerspruch noch im ersten Termin des Räumungsrechtsstreits erklären kann. Dies dient dem Schutz des rechtsunkundigen Mieters. IV. Ausnahmetatbestände (Abs 3) 31 Die Vorschriften des § 564 a über die Schriftform der Kündigungserklärung, die Angabe der Kündigungsgründe und die Belehrung über den Widerspruch gelten nach Abs 3 nicht für Wohnraum, der zu nur vorübergehendem Gebrauch vermietet ist (s im einzelnen § 556 a Rz 88 ff), und für Mietverhältnisse der in § 565 Abs 3 genannten Art, nämlich für möblierten Wohnraum als Teil der vom Vermieter selbst bewohnten Wohnung, wenn der möblierte Wohnraum nicht zum dauernden Gebrauch für eine Familie überlassen ist (§ 556 a Rz 95 f, § 565 Rz 44 ff). Diese Ausnahmen von den besonderen Schutzvorschriften für Wohnraum werden durch die Annahme gerechtfertigt, daß derartiger Wohnraum für den Mieter nicht den Mittelpunkt seiner Lebensführung bildet (vgl zu den Bedenken hiergegen § 556 a Rz 96). V. Abdingbarkeit 32 Im Gegensatz zu anderen Schutzvorschriften über Wohnraummietverhältnisse enthält § 564 a keinen ausdrücklichen Hinweis auf die zwingende Natur seiner Regelung. Gleichwohl wird allgemein angenommen, daß die Parteien grundsätzlich keine abweichenden Vereinbarungen treffen können (HANS § 5 6 4 a Anm 5; PALANDTPUTZO § 5 6 4 a A n m 1 e; ROQUETTE § 5 6 4 a R z 10; SCHMIDT-FUTTERER B 2 1 2 ; WEIMAR W U M 1969, 177, 178). Dies ergibt sich für das Erfordernis der Schriftform

(Abs 1 S 1) daraus, daß gesetzliche Formvorschriften zwingend sind. Die schriftliche Angabe der Kündigungsgründe (Abs 1 S 2) ist mittelbar aufgrund der §§ 556 a Abs 7, 564 b Abs 6 zwingend, weil eine abweichende Vereinbarung sich auf die in den §§ 556 a Abs 1 S 3,564 b Abs 3 vorgesehenen Rechtsfolgen auswirken würde, diese Folgen aber nicht abbedungen werden können. Das gleiche gilt für die Belehrungspflicht (Abs 2) nach § 5 5 6 a Abs 6 S 2, Abs 7 (PALANDT-PUTZO § 5 6 4 a Anm 1 e).

Zwingend ausgeschlossen sind aber nur abweichende Vereinbarungen zum Nachteil 33 des Mieters (vgl § 564 b Abs 6; § 556 a Rz 97). Abweichungen zugunsten des Mieters sind möglich. So können auch Mietverhältnisse über Wohnraum, die unter den Ausnahmetatbestand des § 564 a Abs 3 fallen, durch Parteivereinbarung der Regelung der Abs 1 und 2 unterstellt werden. Darüber hinaus kann das Erfordernis der Schriftform für eine Kündigung bei sämtlichen anderen Mietverhältnissen vereinbart werden (HANS § 564 a Anm 5). Ein Verstoß gegen die rechtsgeschäftlich vereinbarte Form hat nach § 125 S 2 im Zweifel die Nichtigkeit der Kündigung zur Folge. § 564 b Ein Mietverhältnis über Wohnraum kann der Vermieter vorbehaltlich der Regelung in Absatz 4 nur kündigen, wenn er ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses hat. Als ein berechtigtes Interesse des Vermieters an der Beendigung des Mietverhältnisses ist es insbesondere anzusehen, wenn 1. der Mieter seine vertraglichen Verpflichtungen schuldhaft nicht unerheblich verletzt hat; (1055)

Jürgen Sonnenschein

§ 564 b 2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

2. der Vermieter die Räume als Wohnung für sich, die zu seinem Hausstand gehörenden Personen oder seine Familienangehörigen benötigt. Ist an den vermieteten Wohnräumen nach der Überlassung an den Mieter Wohnungseigentum begründet und das Wohnungseigentum veräußert worden, so kann sich der Erwerber auf berechtigte Interessen im Sinne des Satzes 1 nicht vor Ablauf von drei Jahren seit der Veräußerung an ihn berufen; 3. der Vermieter durch die Fortsetzung des Mietverhältnisses an einer angemessenen wirtschaftlichen Verwertung des Grundstücks gehindert und dadurch erhebliche NachteUe erleiden würde. Die Möglichkeit, im Falle einer anderweitigen Vermietung als Wohnraum eine höhere Miete zu erzielen, bleibt dabei außer Betracht. Der Vermieter kann sich auch nicht darauf berufen, daß er die Mieträume im Zusammenhang mit einer beabsichtigten oder nach Überlassung an den Mieter erfolgten Begründung von Wohnungseigentum veräußern will. Als berechtigte Interessen des Vermieters werden nur die Gründe berücksichtigt, die in dem Kündigungsschreiben angegeben sind, soweit sie nicht nachträglich entstanden sind. Bei einem Mietverhältnis über eine Wohnung in einem vom Vermieter selbst bewohnten Wohngebäude mit nicht mehr als zwei Wohnungen kann der Vermieter das Mietverhältnis kündigen, auch wenn die Voraussetzungen des Absatzes 1 nicht vorliegen. Die Kündigungsfrist verlängert sich in diesem Fall um drei Monate. Dies güt entsprechend für Mietverhältnisse über Wohnraum innerhalb der vom Vermieter selbst bewohnten Wohnung, sofern der Wohnraum nicht nach Absatz 7 von der Anwendung dieser Vorschriften ausgenommen ist. In dem Kündigungsschreiben ist anzugeben, daß die Kündigung nicht auf die Voraussetzungen des Absatzes 1 gestützt wird. Weitergehende Schutzrechte des Mieters bleiben unberührt. Eine zum Nachteil des Mieters abweichende Vereinbarung ist unwirksam. Diese Vorschriften gelten nicht für Wohnraum, der zu nur vorübergehendem Gebrauch vermietet ist, und für Mietverhältnisse über Wohnraum, der Teil der vom Vermieter selbst bewohnten Wohnung ist und den der Vermieter ganz oder überwiegend mit Einrichtungsgegenständen auszustatten hat, sofern der Wohnraum nicht zum dauernden Gebrauch für eine Familie überlassen ist. Art 1 Nr 1 WKSchG II vom 18. 12. 1974 (BGBl I 3603); Begr zum RegE BT-Drucks 7/2011, 8; Stellungnahme des BR BT-Drucks 7/2011, 15; Ausschußbericht BT-Drucks 7/2629 u 7/2638, 2. Vgl Art 1 § 1 WKSchG I vom 25. 11. 1971 (BGBl 1 1839); Begr zum RegE BT-Drucks VI/1549, 8; Ausschußbericht BT-Drucks VI/2421, 3.

Schrifttum I. Zu § 564 b BARTHELMESS, Z w e i t e s W o h n r a u m k ü n d i g u n g s s c h u t z g e s e t z ,

M i e t h ö h e g e s e t z ( 1 9 7 6 ) ; BURKHARDT,

Das zweite Wohnraumkündigungsschutzgesetz, JurBüro 1975, 281; DEHM, Verlängerung des Kündigungsschutzes für Wohnraum, DStR 1975, 53; DERLEDER, Vertragsfreiheit, Ertragsgewährleistungen und ihre Absicherung für den Wohnraumvermieter, NJW 1975, 1677; FREUND-BARTHELMESS, Rechtsprobleme zum Zweiten Wohnraumkündigungsschutzgesetz, ZMR 1975, 33; FRIAUF, Wohnhausbesitz im Spannungsfeld zwischen Eigentumsfreiheit und sozialer Bindung, DWW 1977, 124; FRICKHÖFFER, Zweites Wohnraum-Kündigungsschutzgesetz - ein scheinsozialer Volksbetrug, DWW 1975, 172; GLASER, Kündigungsschutz für Mietwohnungen, JR 1975, 358; GUNDLACH, Zum befristeten Mietvertrag mit Verlängerungsklausel, ZMR 1977, 134; KORFF, Einschränkungen von Mieterhöhungen, Modernisierungen, Kündigungen wegen Zahlungsverzugs? NJW 1975, 2281; LÖWE, Wichtige Neuregelungen im Zweiten Wohnraumkündigungsschutzgesetz, Jürgen Sonnenschein

(ios6)

§ 564 b 3. Titel. Miete. Pacht NJW 1975, 9; ders, Kein Schadensersatz wegen Vorspiegelung des Eigenbedarfs? ZMR 1975,289; LUTZ, Das neue Wohnraumkündigungsschutzgesetz, DWW 1974, 272; ders, Nochmals: Das neue Wohnraumkündigungsschutzgesetz, DWW 1975, 6; PAUL, Der Entwurf des Zweiten WohnraumKündigungsschutzgesetzes, DWW 1974, 56; ROESCH, Mißbräuchliche Geltendmachung von Eigenbedarf bei der Kündigung von Wohnungsmietverträgen, WuM 1978, 1; SCHICKEDANZ, Schadensersatz wegen Vorspiegelung des Eigenbedarfs? ZMR 1975, 196; SCHMIDT, Der Wohnraumkündigungsschutz ist Bestandteil unserer sozialen Rechtsordnung, WuM 1975, 109; ders, Zweifelsfragen zum Zweiten Wohnraumkündigungsschutzgesetz, ZMR 1976, 41; SCHMIDT-FUTTERER, Kündigungsschutz für Wohnraum und Beschränkung der Mieterhöhung als Dauerrecht, MDR 1975, 89; ders, Das Sonderkündigungsrecht des Vermieters für Wohnraum in Ein- und Zweifamilienhäusern, ZMR 1976, 97; SCHOPP, Ersatzansprüche des Mieters bei Vortäuschen von Eigenbedarf, ZMR 1975, 353; ders, Schadensersatzansprüche des Mieters bei fahrlässig unberechtigter Kündigung des Vermieters wegen Eigenbedarfs aus § 564 b Abs 2 Ziff 2 BGB, MDR 1977, 198; ders, Das Zweite Wohnraumkündigungsschutzgesetz, ZMR 1975, 97; ders, Das Zweite Wohnraumkündigungsschutzgesetz - 2. WKSchG - , Rpfleger 1975, 280; SCHUBERT, Die „Einliegerwohnungen" im 2. Wohnraumkündigungsschutzgesetz, WuM 1975, 1; STERNEL, Schadensersatz bei unberechtigter Kündigung von Mietverhältnissen, MDR 1976, 265; VOGEL, Das Zweite Wohnraumkündigungsschutzgesetz, JZ 1975, 73; WEIMAR, Der Kündigungsschutz für Mietverhältnisse über Wohnraum als Dauerrecht, FWW 1974, 428; ders, Der Mietaufhebungsvertrag im Blickfeld des § 564 b BGB, B1GBW 1975, 69; ders, Vermieterkündigung und Mietpreisbildung nach neuem Recht, Betrieb 1974, 2460. II. Zu Art 1 § 1 WKSchG I BARTHELMESS, Zur Frage des Kündigungsschutzes bei befristeten Mietverhältnissen, NJW 1974, 1230; BERDECKI, Ungleicher Kündigungsschutz bei Wohnungen und Arbeitsplätzen, BB 1973,806; BURKHARDT, Die neuen Mietgesetze, JurBüro 1972, 89; FRANTZIOCH, Die neuen Bestimmungen des Wohnungsmietrechts, AIZ 1973, 2; ders, Wohnraumkündigungsschutzgesetz - Anwendung nicht immer ganz einfach, AIZ 1974, 90; GLASER, Das neue Miet- und Wohnungsrecht, MDR 1972,104; HÄUSLER, Neues Miet- und Mietpreisnotrecht. Inhalt und Rechtsprobleme insbesondere des Gesetzes über den Kündigungsschutz für Mietverhältnisse über Wohnraum, DWW 1971, 376; KURTENBACH, Die Neuregelung des Bestands- und Kündigungsschutzes für Wohnraummietverhältnisse, Betrieb 1971, 2453; LEHMANN, Zur Frage des Kündigungsschutzes bei „alten" befristeten Mietverhältnissen mit Verlängerungsklausel, NJW 1974, 2117; LÖWE, Zweifelsfragen aus dem neuen Mietrecht, NJW 1972, 1913 u 2017; LUTZ, Gesetz über den Kündigungsschutz für Mietverhältnisse über Wohnraum mit Erläuterungen, DWW 1971, 383; ROQUETTE, Mieterschutz und Mieterhöhung bei befristeten Mietverhältnissen, ZMR 1972, 133; SCHLICH, Soziale Sicherheit des Wohnens, WuM 1974, 230; SCHMIDT, Der verbesserte Kündigungsschutz des Mieters und das neue Mieterhöhungsrecht des Vermieters, WuM 1971, 193 u 1972,1; ders, Ein Jahr Wohnungskündigungsschutzgesetz. Eine Zusammenfassung der Rechtsprechung, WuM 1972,169; SCHMIDT-FUTTERER, Die Kündigung von Werkswohnungen nach neuem Recht, BB 1972, 1058 u 1410; ders, Der Kündigungsschutz für Wohnräume nach neuem Recht, NJW 1972, 5; ders, Probleme der Wohnungskündigung wegen Eigenbedarfs, MDR 1972, 560; ders, Kein Schutz für Mietverhältnisse über möblierten Wohnraum? MDR 1974, 191; ders, Das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum, WuM 1971, 196; ders, Wartefristen bei der Wohnungskündigung wegen Eigenbedarfs? ZMR 1974,37; SCHOPP, Die Änderung des Wohnraummietrechts vom November 1971, ZMR 1972, 1; SCHUBART, Auslegungsfragen zum Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum, NJW 1972, 1348; TONDORF, Kündigung des Vermieters bei Aufnahme einer nicht verheirateten Person in die Mietwohnung, WuM 1974, 229; VOGEL, Wohnraumkündigungsschutzgesetz als Dauerrecht, WuM 1973, 149; WEIMAR, Gilt der Kündigungsschutz auch, wenn der Mieter auf dem Mietgrundstück das Wohngebäude errichtet hat? Betrieb 1974, 1515; ders, Die Vermieterkündigung wegen schuldhaft nicht unerheblicher Vertragsverletzung durch den Wohnraummieter, Betrieb 1972, 2452; ZÖLL, Das Wohnungskündigungsschutzgesetz, seine Auslegung und seine Auswirkung, B1GBW 1973, 101 u 163.

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Jürgen Sonnenschein

§ 564 b 2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

Systematische Übersicht bb) Tatbestandsmerkmale im einzelnen (Abs 2 Nr 3 S 1) 84 cc) Einzelfälle 98 dd) Ausgeschlossene Gründe (Abs 2 Nr 3 S 2 u 3) 99 II. Voraussetzungen e) Sonstige Gründe 104 1. Mietverhältnis über Wohnraum (Abs 1) 9 aa) Allgemeines 104 bb) Einzelfälle 106 2. Kündigung des Vermieters (Abs 1) 11 3. Berechtigtes Interesse des Vermieters an der 4. Angabe der Kündigungsgründe in dem Kündigungsschreiben (Abs 3) 121 Beendigung des Mietverhältnisses (Abs 1 u 2) 22 III. Rechtsfolgen 131 a) Allgemeines 22 . b) Erhebliche, schuldhafte Verletzung vertragIV. Schadensersatz wegen unberechtiger Künlicher Verpflichtungen durch den Mieter digung 134 (Abs 2 Nr 1)31 aa) Allgemeines 31 V. Ausnahmetatbestände bb) Tatbestandsmerkmale im einzelnen 32 1. Vermietung von Einliegerwohnraum (Abs 4) cc) Einzelfälle 37 141 c) Eigenbedarf des Vermieters (Abs 2 Nr 2) 47 a) Allgemeines 141 aa) Allgemeines 47 b) Tatbestandsmerkmale im einzelnen 143 bb) Tatbestandsmerkmale im einzelnen (Abs c) Rechtsfolgen 149 2 Nr 2 S 1) 52 2. Vermietung zum vorübergehenden Gebrauch cc) Einzelfälle 72 (Abs 7) 155 dd) Wartezeit nach der Begründung von Wohnungseigentum (Abs 2 Nr 2 S 2) 73 VI. Weitergehende Schutzrechte des Mieters d) Verhinderung wirtschaftlicher Verwertung (Abs 5) 156 des Grundstücks (Abs 2 Nr 3) 83 aa) Allgemeines 83 VII. Unabdingbarkeit (Abs 6) 157 I. Allgemeine Kennzeichnung 1. Uberblick 1 2. Entstehung der Vorschrift 2 3. Zweck der Vorschrift 5

Alphabetische Übersicht Abmahnung zu vertragsgemäßem Verhalten 26, 37,41 Alten- und Altenpflegeheim 9 Anfechtung des Mietvertrags 20 Arbeiterheim 9, 110 Ausnahmetatbestände 141 ff - Kündigung von Einliegerwohnraum, s dort - Kündigung von Wohnraum zu nur vorübergehendem Gebrauch, s dort Betriebsbedarf 104,106 ff - Genossenschaftswohnung 111 - Werkwohnung 107 ff - Wohnheimplatz 110 Bundesbedienstetenwohnungen 9, 15 Dauerwohn-, Dauernutzungsrecht 21 Eigenbedarf des Vermieters 22,47 ff - Allgemeines 47 ff - Benötigen der Wohnung 65 ff - Beweislast 51,139 - Einzelfälle 72 - Familienangehörige 56, 60 ff - Hausgehilfen 57,59

-

Hausstandsangehörige 56 ff juristische Person als Vermieter 55, 106 ff konkretes Erlangungsinteresse 47 Mehrheit von Vermietern 54 Pflegepersonen 57, 59 selbstverschuldeter Eigenbedarf 70 f Tatbestandsmerkmale 52 ff Vermieter 52 vorgetäuschter Eigenbedarf 134 Wartezeit nach der Begründung von Wohnungseigentum 73 ff Einliegerwohnraum 9, 141 ff - Allgemeines 141 f - Kündigung zum Zwecke der Mieterhöhung 153 - Kündigungsfrist 150 - Kündigungsschreiben 151 - Rechtsfolgen 149 ff - Tatbestandsmerkmale 143 ff - vom Vermieter selbst bewohnt 146 f - Wohngebäude 144 - Wohnung 143 - Wohnungen, nicht mehr als zwei 145 - Wohnraum innerhalb der vom Vermieter selbst bewohnten Wohnung 148

Jürgen Sonnenschein

(1058)

§ 564 b 3. Titel. Miete. Pacht Entstehung der Vorschrift 2 ff Erlöschen eines Dauerwohn-, Dauernutzungsrechts 21 Gebot gegenseitiger Rücksichtnahme der Parteien 26 Gebrauch, Vermietung zu nur vorübergehendem 155 Interesse, berechtigtes 22 ff - Erheblichkeit 25 - des Mieters 27 - des Vermieters 22 ff Interesse, öffentliches 112 ff - Erfüllung öffentlich-rechtlicher Pflichten des Vermieters 118 - LAG-Wohnung 116 - Sanierungsmaßnahmen nach dem StädtebaufördG 117 - anfänglich fehlbelegte Sozialwohnung 113 - nachträglich fehlbelegte Sozialwohnung 114 - mit Wohnungsfürsorgemitteln geförderte Wohnung 115

Mietverhältnis - auf bestimmte Zeit 10,11 - auf unbestimmte Zeit 12 - über bewegliche Sachen 10 - über Geschäftsraum 10 - über Grundstücke 10 - über Wohnraum 9 f Mietvertrag mit - auflösender Bedingung 16 - Optionsrecht 15 - Verlängerungsklausel 14 Mischräume 9,64, 84 Nachschieben von Kündigungsgründen 125 ff Pacht 10 Räumungsfrist 156 Rechtsfolgen 131 ff Resozialisierungsheim 9 Rücktrittsrecht 17

Schadensersatz wegen unberechtigter Kündigung 134 ff Juristische Person u Kündigung wegen Eigenbe- - Beweislast 139 - Mitverschulden des Mieters 138 darfs 55,106 ff - positive Forderungsverletzung 135 - Schaden 137 Kündigung - unerlaubte Handlung 136 - Abmahnung, vorherige 26, 37, 41 - Verjährung 140 - außerordentliche befristete 13 Schutzrechte des Mieters, weitergehende 156 - außerordentliche fristlose 18 Seniorenheim 9 - wegen Eigenbedarfs des Vermieters, s dort Sonderkündigungsrechte des Vermieters 141 ff - von Einliegerwohnraum, s dort Sozialwohnung 113 f - ordentliche 12 - anfänglich fehlbelegte 113 - Umdeutung 132 - nachträglich fehlbelegte 114 - wegen Verhinderung wirtschaftlicher VerStudentenheim 9 wertung des Grundstücks, s dort - des Vermieters 11 ff - wegen Vertragspflichtverletzungen des Mie- Umdeutung von Kündigungen 132 f Unabdingbarkeit 157 ff ters, s dort Untermietverhältnis 9,148 - von Wohnraum zu nur vorübergehendem Unzumutbarkeit einer längeren Fortsetzung des Gebrauch, s dort Mietverhältnisses 119 Kündigung aus sonstigen Gründen - Allgemeines 104 f Verhinderung wirtschaftlicher Verwertung des - Betriebsbedarf, s dort Grundstücks 83 ff - Einzelfälle 106 ff - öffentliches Interesse an der Beendigung des - Allgemeines 83 - anderseitige Vermietung zu höherem MietMietverhältnisses, s dort zins 99 f - Unzumutbarkeit einer längeren Fortsetzung - Angemessenheit 88 ff des Mietverhältnisses 119 - ausgeschlossene Gründe 99 ff Kündigungsgrund - beabsichtigte Veräußerung im Zusammen- Angabe im Kündigungsschreiben 121 ff hang mit der Begründung von Wohnungs- Nachschieben 125 ff eigentum 101 ff - nachträglich entstandener 126 ff - Beweislast 83 LAG-Wohnung 116 - Einzelfälle 98 - erhebliche Nachteile für den Vermieter 94 ff Mehrheit von Vermietern 54 - Kausalität 92 f, 97 Mietaufhebungsvertrag 19,159 - Tatbestandsmerkmale 84 ff (1059)

Jürgen Sonnenschein

§ 564 b 1-3

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

Vertragspflicht Verletzungen des Mieters 31 ff - Allgemeines 31 - Beweislast 36 - Einzelfälle 37 - Erheblichkeit 33 - Tatbestandsmerkmale 32 - Verletzungshandlung 32 - Verschulden 34 f Wartezeit nach der Begründung von Wohnungseigentum 73 ff Wegfall der Geschäftsgrundlage 21 Werkdienstwohnung 9, 107

Werkmietwohnung 9, 107 Wohnheim 9 Wohnraum - durch Darlehen an den Vermieter geförderter Bau von 9 - möblierter 7, 9 - zu nur vorübergehendem Gebrauch 155 - mit Wohnungsfürsorgemitteln geförderte Wohnung 115 Zahlungsverzug des Mieters 37 ff Zweck der Vorschrift 5 ff Zweckentfremdung von Wohnraum 84, 90

I. Allgemeine Kennzeichnung 1 1. Überblick Die Vorschrift regelt den Kündigungsschutz von Mietverhältnissen über Wohnraum. Dieser Schutz besteht darin, daß der Vermieter ein solches Mietverhältnis durch ordentliche oder außerordentliche befristete Kündigung nur auflösen kann, wenn er ein berechtigtes Interesse an der Beendigung hat (Abs 1). Damit sind Kündigungsgründe gemeint, die in Abs 2 beispielhaft aufgezählt sind. Hierzu gehören schuldhafte Vertragsverletzungen durch den Mieter, Eigenbedarf des Vermieters und Verhinderung wirtschaftlicher Verwertung des Grundstücks. Darüber hinaus kommen sonstige, im Gesetz nicht ausdrücklich genannte Gründe in Betracht. Als berechtigte Interessen werden grundsätzlich nur die Gründe berücksichtigt, die in dem Kündigungsschreiben angegeben sind (Abs 3). Ausnahmen gelten für die Vermietung von Einliegerwohnraum (Abs 4) und bei Mietverhältnissen zu nur vorübergehendem Gebrauch (Abs 7). Die Regelung des § 564 b kann nicht zum Nachteil des Mieters abbedungen werden (Abs 6) und läßt weitergehende Schutzrechte unberührt (Abs 5). 2 2. Entstehung der Vorschrift Die Regelung ist mit einigen Abweichungen im Jahre 1971 zunächst als Art 1 § 1 WKSchG I erlassen worden. Dieses Gesetz ist mit Ablauf des 31. 12. 1974 außer Kraft getreten (Art 3 § 2 Abs 3 WKSchG I). Bei der Neuregelung hat der Gesetzgeber davon abgesehen, die Vorschrift in das WKSchG II zu übernehmen. Der Kündigungsschutz wurde mit Wirkung vom 1. 1. 1975 auf Dauer als § 564 b in das BGB integriert (Art 1 Nr 1 WKSchG II). § 564 b Abs 2 Nr 2 gilt aber im Land Berlin für Mietverhältnisse über Wohnraum, auf die das WKSchG II am 31. 12. 1975 nicht anzuwenden war, bis zum 31. 12. 1980 in veränderter Fassung (Art 2 des G zur Änd mietrechtlicher und mietpreisrechtlicher Vorschriften im Land Berlin vom 17. 11. 1975, BGBl I 2867; s Rz 73). 3 § 564 b weicht in den Abs 1 und 2 Nr 3 nur unwesentlich von der früheren Regelung ab. In Abs 1 ist der Vorbehalt hinsichtlich des neuen Abs 4 aufgenommen worden. Abs 2 Nr 3 S 3 ist sprachlich kürzer gefaßt worden. In Abs 3 fehlt nunmehr der Hinweis auf § 564 a Abs 1 S 2. Der frühere Abs 4, der die Kündigung zum Zwecke der Mieterhöhung ausschloß, ist wegen des engeren Sachzusammenhangs wörtlich als § 1 S 1 in das MHG übernommen worden (Art 3 WKSchG II). An seine Stelle ist als § 564 b Abs 4 der Ausnahmetatbestand der Vermietung von Einliegerwohnraum Jürgen Sonnenschein

(1060)

3. Titel. Miete. Pacht

§ 564 b 4-7

getreten. In Abs 5 ist die Verweisung auf die §§ 556 a bis 556 c entfallen, ohne daß die Vorschrift über weitergehende Rechte des Mieters dadurch sachlich geändert worden wäre. Die Regelung der Unabdingbarkeit ist aus Art 1 § 4 Abs 1 WKSchG I übernommen und sprachlich angepaßt als Abs 6 in § 564 b eingefügt worden. Das gleiche gilt für Abs 7, der unter Anpassung an den durch Art 1 Nr 2 WKSchG II geänderten § 565 Abs 3 dem früheren Art 1 § 4 Abs 2 WKSchG I nachgebildet ist. Soweit § 564 b keine sachlichen Änderungen gegenüber der früheren Regelung 4 aufweist, kann auf Rspr und Schrifttum zurückgegriffen werden, die schon zum WKSchG I ergangen sind. Entsprechendes gilt für den der Vorschrift zugrunde liegenden Gesetzeszweck, der sich weitgehend aus den Materialien zum WKSchG I ergibt.

3. Zweck der Vorschrift

5

Die Aufnahme besonderer Vorschriften zum Schutz gegen die Kündigung eines Wohnraummietverhältnisses in das WKSchG I geht auf die im Jahre 1971 vorherrschende Auffassung zurück, daß angesichts der seinerzeit bestehenden Lage auf dem Wohnungsmarkt Maßnahmen zugunsten der Mieter erforderlich seien, durch die ein Ausgleich für die unterschiedliche Marktstellung zwischen Vermieter und Mieter geschaffen werden solle (Ausschußbericht BT-Drucks VI/2421, 1). Die Sozialklausel des § 556 a wurde vor allem für Gebiete mit erheblichem Fehlbestand an Mietwohnraum als unzureichend angesehen, weil die bei ausgeglichenen Marktverhältnissen vorhandene Angebotskonkurrenz als Regulativ ausscheide (Begr zum RegE BT-Drucks VI/1549, 7). Der Mieter, der sich zwar nicht auf eine individuelle Härte iS des § 556 a berufen könne, den aber regelmäßig ein Wohnungswechsel mit den damit verbundenen Umständen und Aufwendungen nachhaltig treffe, könne seine Interessen gegenüber den Anforderungen des Vermieters nicht wirksam wahrnehmen. Denn bei einem stärkeren Nachfrageüberhang gehe der Vermieter mit der Kündigung regelmäßig kein Risiko ein. Deshalb sei ein verstärkter Kündigungsschutz für den Mieter geboten (Begr zum RegE aaO). Der Vermieter soll ein Mietverhältnis über Wohnraum deshalb nur noch kündigen 6 dürfen, wenn er ein berechtigtes Interesse an der Beendigung hat. Anders als nach der früher im BGB bestehenden Regelung wird damit schon die Kündigungsberechtigung des Vermieters von einer besonderen Voraussetzung abhängig gemacht. Entsprechend der in § 556 a Abs 1 S 3 enthaltenen Regelung sollen als berechtigte Interessen des Vermieters grundsätzlich nur die Gründe berücksichtigt werden, die im Kündigungsschreiben angegeben sind. Der Vorschrift des Abs 5, nach der die Regelung des besonderen Kündigungsschutzes nicht an die Stelle, sondern neben anderweitige Schutzrechte des Mieters tritt, kommt eine klarstellende Funktion zu. Der zwingende Charakter des Kündigungsschutzes zugunsten des Mieters wurde mit den besonderen Marktverhältnissen gerechtfertigt, auf die die gesamte Regelung zugeschnitten sei. In ähnlicher Weise wurde bei dem Ausnahmetatbestand der Vermietung zu nur vorübergehendem Gebrauch auf die andersartigen Marktbedingungen abgestellt (Begr zum RegE aaO 8). Die Rechtfertigung eines derartigen Kündigungsschutzes wurde somit weitgehend 7 aus den Marktverhältnissen für Gebiete mit besonderem Wohnungsbedarf hergeleitet. Die Regelung sollte ursprünglich auf solche, durch RechtsVO zu bezeichnenden Gebiete beschränkt bleiben (vgl Art 2 § 1 Abs 1, § 2 RegE eines MRVerbG BT-Drucks VI/1549, 2). Schon im Gesetzgebungsverfahren wurde jedoch von dieser Einschränkung des örtlichen Anwendungsbereichs abgesehen. Vielmehr sollte das freie und unbeschränkte Kündigungsrecht des Vermieters - zunächst (1061)

Jürgen Sonnenschein

§ 564 b 8,9

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

allerdings zeitlich befristet - für das gesamte Bundesgebiet ausgeschlossen werden (Ausschußbericht BT-Drucks VI/2421, 3). Auch bei der späteren Übernahme der Regelung in das BGB wurde betont, daß der Kündigungsschutz unabhängig davon erforderlich sei, ob die Lage auf dem Wohnungsmarkt ausgeglichen sei. Eine Belastung des Vertragstreuen Mieters mit den Kosten und Unzuträglichkeiten, die ein Umzug regelmäßig mit sich bringe, sei bei der Bedeutung der Wohnung in einem sozialen Rechtsstaat nur gerechtfertigt, wenn der Vermieter ein berechtigtes Interesse an der Kündigung habe (Begr zum RegE eines WKSchG II, BT-Drucks 7/2011, 7). Auch die Notwendigkeit, die Regelung gesetzlich zwingend vorzusehen, wurde nicht mehr mit den Marktverhältnissen begründet. Vielmehr wurde darauf abgestellt, daß der Kündigungsschutz nur durch eine zwingende Regelung verwirklicht werden könne (Begr zum RegE eines WKSchG II aaO 8). In gleicher Weise wurde bei den Ausnahmetatbeständen nicht mehr auf die andersartigen Marktverhältnisse abgestellt. Eine Ausnahme vom Kündigungsschutz sollte gerechtfertigt sein, wenn der Wohnraum in den Wohn- und Lebensbereich des Vermieters einbezogen sei. Der Kündigungsschutz wurde deshalb abweichend von der früheren Regelung des Art 1 § 4 Abs 2 WKSchG I auf möblierten Wohnraum außerhalb der vom Vermieter selbst bewohnten Wohnung ausgedehnt (vgl § 564 b Abs 7; Begr zum RegE eines WKSchG II aaO 7), für die Vermietung von Einliegerwohnraum dagegen eingeschränkt (§ 564 b Abs 4; Ausschußbericht BT-Drucks 7/2629, 4; BT-Drucks 7/2638, 2). 8 Die Entwicklung der Vorschrift zeigt, wie sich eine zunächst auf besondere Marktverhältnisse zugeschnittene und daraus gerechtfertigte Regelung vollständig von ihrem ursprünglichen Ansatzpunkt löst und unter rein sozialen Aspekten zu einem Dauerrecht erstarkt, das die Rechtsstellung des Mieters gegenüber dem Vermieter grundlegend verändert. Dieser Bedeutungswandel ist für die Auslegung der gesamten Norm entscheidend, da die Verhältnisse auf dem Wohnungsmarkt keine beherrschende Rolle spielen, sondern zugunsten des sozialen Anliegens eines besonderen Mieterschutzes zurückgedrängt sind. Die damit verbundene Einschränkung der Vermieterrechte ist letztlich nur durch die Sozialpflichtigkeit des Eigentums aus Art 14 Abs 2 GG zu rechtfertigen. Sie findet daran aber zugleich ihre Grenzen. Eine durch die soziale Funktion nicht gebotene Begrenzung privatrechtlicher Befugnisse kann nicht auf Art 14 Abs 2 GG gestützt werden. Dies hat nicht nur der Gesetzgeber zu beachten. Es gilt in gleicher Weise für die praktische Rechtsanwendung und damit für die Handhabung des § 564 b (vgl BVerfGE 37,132,140 f zum Ausschluß der Änderungskündigung und zur Begrenzung der Mietpreise nach Art 1 § 1 Abs 4und§ 3 Abs 1 WKSchGI; vgl auch BVerfGE 38,348,370 f;FRiAUFDWW1977,124).

II. Voraussetzungen 9 1. Mietverhältnis über Wohnraum (Abs 1) Der Bestandsschutz des § 564 b gilt nur für Mietverhältnisse über Wohnraum (s im einzelnen Vorbem 24 ff zu §§ 535, 536; § 556 a Rz 5 ff). Im übrigen ist die Ausgestaltung des Mietverhältnisses unerheblich, soweit nicht die Ausnahmetatbestände für die Vermietung von Einliegerwohnraum (Abs 4) und von möbliertem Wohnraum innerhalb der Wohnung des Vermieters (Abs 7) eingreifen. Mit dieser Einschränkung erfaßt die Vorschrift auch Mietverhältnisse über möblierte Wohnungen oder Zimmer und Untermietverhältnisse, wirkt allerdings mangels vertraglicher Beziehungen nicht zugunsten des Untermieters gegenüber dem Räumungsanspruch des Hauptvermieters aus § 556 Abs 3 (AG Stuttgart WuM Jürgen Sonnenschein

(1062)

§ 564 b 3. Titel. Miete. Pacht

10

1974, 180). Ferner gilt die Vorschrift für Werkmietwohnungen, da die schon früher geschaffenen Sondervorschriften der §§ 565 b-d hiermit in Einklang zu bringen sind (LG Mannheim WuM 1973, 22; LG Ravensburg WuM 1977, 259; A G Gelsenkirchen-Buer ZMR 1974, 52; A G Oberhausen WuM 1973, 164; AG S t u t t g a r t W u M 1 9 7 4 , 1 8 0 ; BARTHELMESS § 5 6 4 b R Z 2 0 , 1 0 5 ; B G B - R G R K - G E L HAAR § 5 6 4 b R z 5 ; HANS § 5 6 4 b A n m 2 a ; PALANDT-PUTZO § 5 6 4 b A n m 2 c ;

SCHMIDT-FUTTERER B 455; ders B B 1972, 1058; ders Betrieb 1974, 579; vgl Ausschußbericht BT-Drucks 7/2638, 2). Werkdienstwohnungen, bei denen der Arbeitsvertrag die Grundlage für die Überlassung des Wohnraums bildet, unterliegen nur unter den Voraussetzungen des § 565 e dem Kündigungsschutz aus § 564 b (SCHMIDT-FUTTERER B 457; ders Betrieb 1974, 579, 580; vgl auch PALANDT-PUTZO § 564 b Anm 2 c). Bestandsschutz genießen ferner Mietverhältnisse über Wohnraum, wenn ein privater oder öffentlicher Arbeitgeber den Bau durch Darlehen an den Vermieter gefördert und sich dabei das Recht vorbehalten hat, die Mieter zu benennen (SCHMIDT-FUTTERER B 455; vgl auch AG Karlsruhe ZMR 1974, 336 zu Bundesbedienstetenwohnungen). Ein Mietverhältnis über Wohnraum liegt auch dann vor, wenn eine juristische Person oder eine OHG bzw KG die zu Wohnzwekken angemieteten Räume nicht selbst als Wohnung nutzt, sondern zu diesem Zweck an Dritte, etwa ihre Arbeitnehmer, überläßt (vgl LG München I ZMR 1974, 49, 51). Geschützt sind ferner MietVerhältnisse in Wohnheimen, insbesondere in Altenoder Seniorenheimen (LG Berlin WuM 1974,265), in Arbeiter- oder Studentenheimen (LG Marburg NJW 1977, 154; vgl Ausschußbericht BT-Drucks 7/2638, 3), sofern die Raumnutzung gegenüber den sonstigen Leistungen des Heims überwiegt (PALANDT-PUTZO § 564 b Anm 2 c). Deshalb fallen etwa Altenpflegeheime und Heime zur Resozialisierung nicht unter § 564 b, weil in diesen Fällen die Wohnraumüberlassung dem Vertrag nicht das entscheidende Gepräge gibt (Ausschußbericht B T - D r u c k s 7 / 2 6 3 8 , 3 ; HANS § 5 6 4 b A n m 2 a ; PALANDT-PUTZO § 5 6 4 b A n m

2 b). Für die Anwendbarkeit der Vorschrift auf Mischmietverhältnisse kommt es darauf an, ob der Wohnraumanteil überwiegt (LG Mannheim MDR 1976, 581; AG K ö l n W u M 1 9 7 3 , 1 8 9 ; B G B - R G R K - G E L H A A R § 5 6 4 b RZ 5 ; HANS § 5 6 4 b A n m 2 b ; PALANDT-PUTZO § 5 6 4 b A n m 2 c ; SCHMIDT-FUTTERER B 4 5 6 ; vgl a u c h A G

Wanne-Eickel WuM 1974,107). Dabei kommt es auf die Wertverhältnisse nach den Mietzinsanteilen und auf die Größenverhältnisse des Wohnraum- und des Geschäftsraumanteils an (AG Köln aaO).

Über die bereits erwähnten Fälle hinaus (Rz 9) ist § 564 b nicht anwendbar auf die 10 Pacht und ähnliche Nutzungsverhältnisse (PALANDT-PUTZO § 564 b Anm 2 b; SCHOPP ZMR 1975, 97, 98). Wegen der in § 581 Abs 2 vorgesehenen entsprechenden Anwendung mietrechtlicher Vorschriften gilt dies für die Pächterwohnung nach den für Mischmietverhältnisse geltenden Grundsätzen aber nur dann, wenn der übrige Anteil überwiegt (aM SCHOPP aaO). Auch die Miete von Grundstücken, Geschäftsräumen und beweglichen Sachen ist vom Anwendungsbereich des § 564 b ausgenommen. Nur um Grundstücksmiete handelt es sich, wenn der Mieter nach Abschluß des Mietvertrags auf dem Grundstück ein Wohngebäude errichtet (LG Köln WuM 1977, 10; vgl AG Wuppertal MDR 1971, 667). Dagegen kann § 564 b anwendbar sein, wenn jemand auf einem fremden Grundstück ein Wohngebäude errichtet und anschließend das Grundstück mietet, wobei es auf die Eigentumsverhältnisse an dem Gebäude nicht ankommt, sofern nur der Wohnraum vertraglich zum Gebrauch überlassen ist (WEIMAR Betrieb 1974, 1515 unter Hinweis auf Urt des LG Köln vom 28. 2. 1974 - 1 S 285/73). Die Vorschrift ist ferner nicht anwendbar auf Mietverhältnisse über Wohnraum, die bis zum 28. 11. 1971 abgeschlossen und auf bestimmte Zeit eingegangen worden sind (vgl Art 2 WKSchG II; PALANDT-PUTZO § 5 6 4 b A n m 2 b ) . (1063)

Jürgen Sonnenschein

§ 564 b 11-14

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

11 2. Kündigung des Vermieters (Abs 1) Die Regelung des § 564 b gilt grundsätzlich nur für die Kündigung eines Mietverhältnisses durch den Vermieter. Durch eine entsprechende Anwendbarkeit der Vorschrift wird der Bestandsschutz nach Art 2 WKSchG II auf Mietverhältnisse über Wohnraum ausgedehnt, die nicht durch Kündigung, sondern durch Zeitablauf enden. Vorausgesetzt wird dabei ein Mietverhältnis über Wohnraum, das nach dem 28. 11. 1971 auf bestimmte Zeit eingegangen ist (s im einzelnen SCHMIDT-FUTTERER B 719 ff; vgl zur Frage der Anwendbarkeit des WKSchG I auf befristete Mietverhältnisse LG Detmold NJW 1974, 242 m Anm LUTZ NJW 1974, 651; LG Wuppertal NJW 1976, 2215; AG Hamburg-Altona WuM 1974, 14; AG Hamburg-Wandsbek WuM 1974, 154; BARTHELMESS NJW 1 9 7 4 r l 2 3 0 ) .

12 a) Damit fallen zunächst Mietverhältnisse, die auf unbestimmte Zeit eingegangen sind und durch ordentliche Kündigung beendet werden sollen, unter den Anwendungsbereich des § 564 b. 13 b) In gleicher Weise ist diese Vorschrift auf die außerordentliche befristete Kündigung eines Mietverhältnisses anwendbar, das auf bestimmte Zeit abgeschlossen ist oder bei dem die ordentliche Kündigung vertraglich für eine gewisse Zeit ausgeschlossen bzw nach dem Vertrag oder gesetzlich (§ 565 Abs 2 S 2) nur mit einer längeren als der Dreimonatsfrist möglich ist (s zu den einzelnen gesetzlichen Fällen § 564 Rz 32). Das Gesetz unterscheidet nicht zwischen den einzelnen Kündigungsarten. Die gesetzlichen Vorschriften über eine außerordentliche befristete Kündigung eröffnen erst die Möglichkeit zu einer vorzeitigen Beendigung des Mietverhältnisses. Ob dieses Kündigungsrecht im Einzelfall besteht, entscheidet sich dagegen nach § 564 b. Anderenfalls käme dem Vertragstreuen Mieter nur ein lückenhafter Kündigungsschutz zugute (Begr zum RegE BT-Drucks 7 / 2 0 1 1 , 8; Ausschußbericht B T - D r u c k s 7 / 2 6 3 8 , 2 ; BARTHELMESS § 5 6 4 b R z 2 0 ; B G B - R G R K - G E L H A A R § 5 6 4 b R z 6 ; HANS § 5 6 4 b A n m 2 a; PALANDT-PUTZO § 5 6 4 b A n m 2 a; SCHMIDTFUTTERER B 4 5 9 ; SCHOPP Z M R 1975, 9 7 , 9 8 ; STERNEL RZ I I I 1 0 4 ; zu § 1 0 5 6 A b s 2:

LG Nürnberg-Fürth WuM 1973, 212; AG Stuttgart WuM 1973, 100; zu § 2135: AG Speyer ZMR 1974, 304; zu § 57 a ZVG: LG Essen WuM 1976, 264; LG Hamburg MDR 1975, 582; WuM 1976, 78; WuM 1976, 234; AG Hamburg WuM 1 9 7 5 , 2 4 9 ; ZMR 1 9 7 6 , 2 8 6 ) .

14 c) Ein Mietvertrag mit Verlängerungsklausel (Vorbem 121 zu §§ 535, 536) endet durch Zeitablauf, wenn ein Vertragsteil innerhalb der vorgesehenen Frist die weitere Fortsetzung des Mißverhältnisses ablehnt. Bei dieser Ablehnung handelt es sich grundsätzlich nicht um eine Kündigung (§ 564 Rz 6), so daß § 564 b an sich nicht anwendbar wäre (vgl aber Art 2 Abs 1 S 2 WKSchG II). Entscheidend ist jedoch, daß in diesen Fällen ein Mietverhältnis über Wohnraum gern § 565 a Abs 1 nach den Vorschriften des § 565 gekündigt werden muß, wenn es sich nicht aufgrund der vertraglichen Klausel verlängern soll. Auf dieser Grundlage ist § 564 b unmittelbar anwendbar (Begr zum RegE BT-Drucks 7 / 2 0 1 1 , 8 ; Ausschußbericht BT-Drucks 7 / 2 6 3 8 , 2; LG Gießen NJW 1 9 7 6 , 1 4 5 5 ; LG Itzehoe WuM 1 9 7 5 , 1 6 9 ; AG Köln W u M 1 9 7 4 , 7 6 ; W u M 1 9 7 5 , 3 9 ; BARTHELMESS § 5 6 4 b RZ 2 0 ; GUNDLACH Z M R 1 9 7 7 , 1 3 4 ; HANS § 5 6 4 b A n m 2 b ; LEHMANN N J W 1 9 7 4 , 2 1 1 7 ; LÖWE N J W 1 9 7 2 , 2 1 0 9 , 2 1 1 2 ; LUTZ D W W 1 9 7 1 , 3 8 3 , 3 8 6 ; PALANDT-PUTZO § 5 6 4 b A n m 2 b ;

SCHMIDT-FUTTERER B 27, 454; aM LG Kaiserslautern NJW 1975, 1325; A G

Stuttgart ZMR 1 9 7 3 , 2 5 0 ; s auch PERGANDE § 5 5 6 b Anm 7 ) . Dies gilt auch dann, wenn das Mietverhältnis mit Verlängerungsklausel vor den gesetzlichen Stichtagen des WKSchG I (31. 10. 1970) oder des WKSchG II (28. 11. 1971) abgeschlossen worden ist (LG Detmold NJW 1974, 242 m Anm LUTZ NJW 1974, 651; AG Heidelberg WuM 1975, 67; AG Köln WuM 1974, 76; aM LG Wuppertal NJW Jürgen Sonnenschein

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§ 564 b 15-20

3. Titel. Miete. Pacht

1976, 2215; BARTHELMESS NJW 1974, 1230), weil es nicht auf die Einordnung als Mietverhältnis auf bestimmte oder auf unbestimmte Zeit ankommt, sondern auf die Beendigung durch Kündigung nach den §§ 565, 565 a Abs 1. d) Ein Mietvertrag mit Optionsrecht (Vorbem 120 zu §§ 535, 536) ist ein auf 15 bestimmte Zeit abgeschlossener Vertrag, der durch Zeitablauf endet, wenn die berechtigte Partei nicht rechtzeitig von ihrem Optionsrecht Gebrauch macht. Relevant wird ein Bestandsschutz nur, wenn das Optionsrecht lediglich dem Vermieter zusteht und nicht ausgeübt wird (vgl § 564 Rz 5). In diesem Fall greift Art 2 WKSchG II ein. Bei entsprechender Vertragsgestaltung kann die Ausübung eines Optionsrechts zur Folge haben, daß hinfort ein MietVerhältnis auf unbestimmte Zeit vorliegt. Auf die dann zur Vertragsbeendigung erforderliche Kündigung ist § 564 b unmittelbar anwendbar (LG Mannheim WuM 1974, 260). e) Ein Mietvertrag über Wohnraum, der unter einer auflösenden Bedingung abge- 16 schlössen ist, gilt nach Eintritt der Bedingung als auf unbestimmte Zeit verlängert und kann nur nach den Vorschriften des § 565 gekündigt werden (§ 565 a Abs 2). Für diese Kündigung gilt § 564 b (SCHMIDT-FUTTERER B 454). f) Das vertragliche Rücktrittsrecht (§ 564 Rz 51) ist bei einem Mietverhältnis über 17 Wohnraum nach § 570 a den Vorschriften über die Kündigung unterworfen, sobald der Wohnraum überlassen ist. Der Rücktritt ist daher wie eine Kündigung zu behandeln und unterliegt der Regelung des § 564 b. Wird das Rücktrittsrecht vor Überlassung des Wohnraums ausgeübt, besteht kein Bedürfnis für einen Bestandsschutz. Das gesetzliche Rücktrittsrecht (§ 564 Rz 52) wird nur vor Überlassung des Wohnraums relevant. Eine Anwendung des § 564 b kommt nicht in Betracht, da ein Bestandsschutz nicht erforderlich ist. Nach der Überlassung wird das Rücktrittsrecht durch das Recht zur außerordentlichen fristlosen Kündigung oder durch einen Schadensersatzanspruch aus § 538 verdrängt, so daß insoweit auch § 564 b ausscheidet (vgl Rz 18). g) Die außerordentliche fristlose Kündigung fällt nicht unter § 564 b (Begr zum 18 RegE BT-Drucks 7/2011, 8; Ausschußbericht BT-Drucks 7/2638, 2; H A N S § 564 b Anm

2 a;

PALANDT-PUTZO

§ 564 b

Anm

2 a ; SCHMIDT-FUTTERER

B

458).

Der

Bestandsschutz soll nicht solchen Mietern zugute kommen, die in schwerwiegender Weise gegen ihre vertraglichen Pflichten verstoßen. Geschützt wird nur der Vertragstreue Mieter ( H A N S aaO; SCHMIDT-FUTTERER aaO). Dies ergibt sich mittelbar aus § 564 b Abs 2 Nr 1. h) Der Mietaufhebungsvertrag (s im einzelnen § 564 Rz 45 ff) wird von § 564 b 19 grundsätzlich nicht erfaßt ( E R M A N - S C H O P P § 5 6 4 b Rz 4 ) , da das Mietverhältnis nicht durch Kündigung beendet wird. Dies steht jedoch unter dem Vorbehalt des § 564 b Abs 6, wonach eine zum Nachteil des Mieters von den Kündigungsschutzvorschriften abweichende Vereinbarung unwirksam ist (Rz 158). Ein Aufhebungsvertrag kann zwar aufgrund einer unwirksamen Kündigung des Vermieters zustande kommen, wenn der Mieter damit einverstanden ist (§ 564 Rz 46). Durch einen Aufhebungsvertrag darf dem Vermieter aber nicht von vornherein das uneingeschränkte Recht eingeräumt werden, den Mietvertrag jederzeit einseitig unter Umgehung der Kündigungsschutzvorschriften zu beenden. Dies wäre zB der Fall, wenn der Mieter zugleich mit dem Abschluß des Mietvertrags das unbefristete Angebot zum Abschluß eines Aufhebungsvertrags abgeben würde, das der Vermieter dann zu gegebener Zeit nach Belieben annehmen könnte. i) Die Anfechtung eines Mietvertrags wird bei den in Vollzug gesetzten Mietver- 20 hältnissen nach der hier vertretenen Auffassung (§ 564 Rz 54 f) durch das allgemei(1065)

Jürgen Sonnenschein

§ 564 b 21-23

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

ne Recht zur außerordentlichen fristlosen Kündigung aus wichtigem Grund ersetzt. Damit ist § 564 b nicht anwendbar (Rz 18). Unverkennbar ist allerdings, daß der Mieter jedenfalls bei einer auf § 119 gestützten Anfechtung des Vermieters in gleicher Weise schutzbedürftig sein kann wie bei einer ordentlichen Kündigung. Einer Gleichstellung stehen jedoch rechtssystematische Bedenken entgegen. De lege ferenda ist es deshalb erwägenswert, den Mieter zumindest über § 556 a zu schützen (§ 556 a Rz 18). 21 j) Die Beendigung eines Mietverhältnisses wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage (§ 564 Rz 57) oder wegen Erlöschens eines Dauerwohn- oder Dauernutzungsrechts (§ 564 Rz 59) fällt mangels einer ordentlichen Kündigung ebenfalls nicht unter § 564 b.

22 3. Berechtigtes Interesse des Vermieters an der Beendigung des Mietverhältnisses (Abs 1 u 2) a) Allgemeines Der Vermieter kann ein Mietverhältnis über Wohnraum vorbehaltlich der Ausnahmeregelungen in Abs 4 u 7 nur kündigen, wenn er ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses hat (Abs 1). Der Begriff des berechtigten Interesses wird im Gesetz nicht näher erläutert. Er ist aus § 556 a Abs 1 zunächst in Art 1 § 1 WKSchG I und von dort in § 564 b übernommen worden. Aber auch § 556 a enthält keine Begriffsbestimmung. Ursprünglich war in dieser Vorschrift von den „Belangen" des Vermieters die Rede (Art VI Nr 1 AbbauG vom 23. 6. 1960 [BGBl I 389]), während in der gleichzeitig entstandenen Neufassung des § 4 Abs 1 MietSchG das „dringende Interesse" des Vermieters an der Aufhebung des Mietverhältnisses vorausgesetzt wurde (Art III AbbauG aaO). Nach § 4 Abs 1 MietSchG waren bei der Abwägung der Interessen zugunsten des Vermieters Eigenbedarf und die Behinderung einer gerechtfertigten wirtschaftlichen Verwertung des Grundstücks besonders zu berücksichtigen, eine ähnliche Regelung also, wie sie sich heute in § 564 b Abs 2 findet. Später wurde in § 556 a der Begriff der Belange des Vermieters durch den Begriff der berechtigten Interessen ersetzt (Art I Nr 1 MietRÄndG III [BGBl 11967,1248]; vgl Stellungnahme der BRegzum Entw des BR BT-Drucks V/1743, 4; Ausschußbericht, zu BT-Drucks V/2317, 2). 23 aa) Die Entstehungsgeschichte und der sachliche Zusammenhang des Begriffs der berechtigten Interessen des Vermieters in § 564 b mit der Regelung des § 556 a und des früheren § 4 Abs 1 MietSchG zeigen, daß mit den Interessen die Gründe gemeint sind, die auf seiten des Vermieters für eine Beendigung des Mietverhältnisses vorliegen. Die ordentliche Kündigung bietet den Parteien im Normalfall die Möglichkeit, sich von einem Mietvertrag als Dauerschuldverhältnis zu lösen, ohne daß hierfür ein bestimmter Grund maßgebend sein muß. § 564 b macht demgegenüber die Kündigung des Vermieters davon abhängig, daß auf seiner Seite Gründe für die Beendigung des Mietverhältnisses bestehen. Im Schrifttum wird hierzu die Auffassung vertreten, es müsse sich um ganz bestimmte Gründe handeln. Es genüge nicht, daß der Vermieter mit seiner Absicht, das MietVerhältnis zu beenden, allgemeine, nicht konkretisierbare Zwecke verfolge. Dies sei etwa der Fall, wenn er sich nur auf sein Eigentum und die daraus herzuleitende freie Verfügungsbefugnis berufe oder wenn er es aus nicht faßbarer Abneigung oder Verärgerung ablehne, an dem Mietvertrag festzuhalten (SCHMIDTFUTTERER B 4 6 5 ; vgl auch HANS § 5 6 4 Anm 3 a). Dem ist in dieser Allgemeinheit nicht zu folgen. Wenn das Gesetz von Interessen spricht und damit bestimmte Jürgen Sonnenschein

(1066)

3. Titel. Miete. Pacht

§ 564 b 24-26

Begehrensvorstellungen oder Gründe des Vermieters für eine Beendigung des Mietverhältnisses meint, so reicht hierfür jede Motivation aus, die den Vermieter zum Ausspruch der Kündigung veranlaßt, also auch die Berufung auf das Eigentum und der Wunsch nach freier Verfügungsbefugnis oder auch schlicht die Abneigung gegen einen bestimmten Mieter. Vorauszusetzen ist für die praktische Rechtsanwendung nur, daß die Motive des Vermieters nachprüfbar und in diesem Sinne konkret sind. bb) Der somit an sich weite Kreis möglicher Gründe wird jedoch dadurch einge- 24 schränkt, daß es sich um berechtigte Interessen des Vermieters an einer Beendigung des Mietverhältnisses handeln muß. Die Prüfung verlagert sich entscheidend auf die Berechtigung der Gründe, die den Vermieter zu der Kündigung bewogen haben. Damit stellt sich die Frage, welches der rechtliche Maßstab ist, an dem die Berechtigung der Kündigungsgründe zu messen ist. Dies läßt sich nur aus dem Zweck der Vorschrift beantworten, die rechtliche Stellung des Mieters durch einen Ausschluß des freien und unbeschränkten Kündigungsrechts des Vermieters zu stärken (Rz 5 ff). Da diese Einschränkung der Rechte des Vermieters letztlich nur durch die Sozialpflichtigkeit des Eigentums nach Art 14 Abs 2 GG zu rechtfertigen ist (Rz 8), liegt darin zugleich der rechtliche Bezugspunkt, nach dem zu entscheiden ist, ob sich die Kündigungsgründe des Vermieters gegenüber der Sozialpflichtigkeit des Eigentums durchsetzen und damit berechtigt sind. Da eine vermietete Wohnung in einem sozialen Bezug und einer sozialen Funktion steht, unterliegt sie dem Postulat einer am Gemeinwohl orientierten Nutzung (Art 14 Abs 2 S 2 GG). Dieses Postulat umfaßt das Gebot, Rücksicht auf die Belange des Mieters zu nehmen, der auf die Nutzung der Wohnung angewiesen ist. Auf der anderen Seite steht die verfassungsrechtlich garantierte Eigentumsfreiheit, der in gleicher Weise wie dem Gebot einer sozialgerechten Eigentumsordnung Rechnung zu tragen ist. Damit kann die Eigentumsgarantie eine Nutzung nicht schützen, bei der die soziale Funktion der Wohnung mißachtet wird. Ebensowenig rechtfertigt die Sozialpflichtigkeit des Eigentums aber eine Begrenzung privatrechtlicher Befugnisse, die durch die soziale Funktion der Wohnung nicht geboten ist (BVerfGE 37, 132, 140 f). Bei der Beurteilung der Interessen des Vermieters ist deshalb die geltende Rechts- und Sozialordnung zu beachten, die durch die Sozialpflichtigkeit des Eigentums ihr besonderes Gepräge erhält. Unter diesem Gesichtspunkt muß die Kündigung vom Gerechtigkeitsgedanken her als vertretbar erscheinen (vgl SCHMIDT-FUTTERER B 466). Daraus folgt zum einen, daß die Interessen des Vermieters erheblich sein müssen, 25 um die Kündigung rechtfertigen zu können ( H A N S § 5 6 4 b Anm 3 a; vgl auch SCHMIDT-FUTTERER aaO). Dieses Erfordernis kommt zwar auch in § 5 6 4 b Abs 2 Nr 1 zum Ausdruck, läßt sich aber schon generell aus der Sozialpflichtigkeit herleiten. Nur ein Kündigungsgrund von einigem Gewicht kann sich gegenüber der sozialen Bindung des Eigentümers durchsetzen. Jedes Schuldverhältnis steht in mehr oder weniger intensiver Form unter dem Gebot 26 der gegenseitigen Rücksichtnahme der Parteien. Dies gilt wegen der Sozialpflichtigkeit in besonderer Weise für ein Mietverhältnis über Wohnraum. Daraus folgt, daß ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses grundsätzlich nur anzuerkennen ist, wenn die Kündigung das angemessene Mittel ist, um die Ziele des Vermieters zu realisieren (SCHMIDT-FUTTERER B 467). So kann es etwa geboten sein, vor einer Kündigung wegen Vertragsverletzung den Mieter zunächst durch eine Abmahnung zu vertragsgerechtem Verhalten zu bewegen (LG Hamburg WuM 1977, 30). Eine Einschränkung des Kündigungsrechts unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit der Mittel steht jedoch unter dem Vorbehalt, daß dem Vermieter die Wahl des gegenüber einer Kündigung weniger einschneidenden Mittels aufgrund (1067)

Jürgen Sonnenschein

§ 564 b 27-30

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

der konkreten Umstände noch zumutbar ist (LG Hamburg aaO; einschränkend auch H A N S § 5 6 4 b A n m 3 a a E ; a M SCHOPP Z M R

1975, 97, 99).

27 § 564 b stellt auf die Berechtigung der Interessen des Vermieters an der Beendigung des Mietverhältnisses ab, ohne daß die entgegengesetzten Interessen des Mieters erwähnt werden. Hieraus wird gefolgert (zB H A N S § 564 b Anm 3 a), daß für die Berechtigung der Kündigung nach § 564 b zugunsten des Vermieters seine Sicht der Dinge bestimmend sei, nicht aber die Interessenlage auf seiten des Mieters. Auf die Interessen des Mieters komme es erst bei der nach § 556 a zu treffenden Entscheidung an, ob die gerechtfertigte Kündigung das Mietverhältnis beende oder ob ein Fortsetzungsverlangen des Mieters zur Verlängerung des Mietverhältnisses führe (vgl Begr zum RegE eines MRVerbG BT-Drucks VI/1549, 8). 28 Diese Unterscheidung wird insoweit zu Recht getroffen, als es um die Abgrenzung der Anwendungsbereiche des § 556 a und des § 564 b geht. Die Sozialklausel des § 556 a gewinnt erst dann Bedeutung, wenn die Kündigung nach § 564 b wirksam ist, wenn also ein berechtigtes Interesse des Vermieters an der Beendigung des Mietverhältnisses zu bejahen ist (vgl Begr zum RegE aaO). Die Unterscheidung verdeckt aber, daß es bei der Frage, ob die Interessen des Vermieters berechtigt sind, nicht allein um den Bezug zur Sozialpflichtigkeit des Eigentums geht. Die Sozialpflichtigkeit findet ihren Bezugspunkt wiederum in den sozialen Belangen des Mieters, der auf die Nutzung der Wohnung angewiesen ist. Dies bedeutet für die Interpretation des § 564 b, daß nicht isoliert auf die Interessen des Vermieters abgestellt werden darf, sondern daß deren Berechtigung am Maßstab der Sozialpflichtigkeit im Hinblick auf die entgegenstehenden Interessen des Mieters zu messen ist. Dabei kommt es aber nicht auf die individuellen Interessen des jeweiligen Mieters an, die erst im Rahmen des § 556 a zu berücksichtigen sind. Entscheidend ist vielmehr ein generalisiertes Mieterinteresse, gegen grundlose und willkürliche Kündigungen und die dadurch ausgelösten Folgen einschließlich der damit verbundenen Kosten geschützt zu sein (vgl Rz 49). 29 Auf dieser Grundlage läßt sich der Begriff des berechtigten Interesses inhaltlich in gewisser Weise generalisieren. SCHMIDT-FUTTERER (B 466) macht die Zulässigkeit der Kündigung davon abhängig, „ob ein vernünftig denkender und seiner Sozialpflichtigkeit bewußter Vermieter die verfolgten Interessen als so erheblich ansehen kann, daß er zur Wahrung dieser Interessen die Vertragsbeendigung herbeiführen würde". Bei dieser Formulierung bleibt das generalisierte Mieterinteresse unberücksichtigt, durch das die Sozialpflichtigkeit des Eigentums erst inhaltlich bestimmt wird. Berechtigt sind die Interessen deshalb nur, wenn das Interesse des Vermieters an der Beendigung des Mietverhältnisses bei objektiver Beurteilung gegenüber dem generellen Interesse des Mieters an Beibehaltung der Wohnung so erheblich ist, daß ihm ein Übergewicht zukommt. Damit wird keineswegs die im Rahmen des § 556 a anzustellende Abwägung individueller Interessen in den Bereich des § 564 b verlagert. Hier geht es nur um eine Vorentscheidung, die in gleicher Weise aufgrund einer Interessenabwägung zu treffen ist. Die Frage der Berechtigung von Interessen kann nicht ohne Berücksichtigung der wenigstens generalisierten Interessen der Gegenseite getroffen werden. 30 cc) § 564 b Abs 2 besagt, daß als berechtigte Interessen des Vermieters an der Beendigung des Mietverhältnisses „insbesondere" die schuldhafte Verletzung vertraglicher Verpflichtungen durch den Mieter (Nr 1), Eigenbedarf des Vermieters (Nr 2) und die Verhinderung wirtschaftlicher Verwertung des Grundstücks (Nr 3) anzusehen sind. Damit enthält das Gesetz eine nur beispielhafte Aufzählung gesetzlicher Kündigungsgründe (Begr zum RegE eines MRVerbG BT-Drucks VI/1549, 8; Begr zum RegE eines WKSchG II BT-Drucks 7/2011, 8; Ausschußbericht Jürgen Sonnenschein

(1068)

§ 564 b 3. Titel. Miete. Pacht

31-33

BT-Drucks 7/2638, 2; H A N S § 564 b Anm 3 b; PALANDT-PUTZO § 564 b Anm 5 e; SCHMIDT-FUTTERER B 468). Es kommen auch sonstige Gründe auf seiten des Vermieters in Betracht (Rz 104 ff). b) Erhebliche, schuldhafte Verletzung vertraglicher Verpflichtungen durch den 31 Mieter (Abs 2 Nr 1) aa) Allgemeines Der Vermieter hat ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses, wenn der Mieter seine vertraglichen Verpflichtungen schuldhaft nicht unerheblich verletzt hat. Dies ist der Fall, wenn Gründe vorliegen, die den Vermieter berechtigen, nach den §§ 553 bis 554 a fristlos zu kündigen. Wählt der Vermieter statt dessen den Weg der ordentlichen Kündigung, so hat er nach § 564 b Abs 2 Nr 1 ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses. Das gleiche gilt bei schuldhaften Vertragsverletzungen von geringerer Bedeutung, die kein Recht zur außerordentlichen fristlosen Kündigung begründen, aber dennoch nicht unerheblich sind (Begr zum RegE eines MRVerbG BT-Drucks V I / 1 5 4 9 , 8 ; SCHMIDT-FUTTERER B 4 6 9 ) . Insoweit verbleibt ein Bereich, in dem sich das Recht zur ordentlichen Kündigung nicht mit dem Recht zur außerordentlichen fristlosen Kündigung deckt. bb) Tatbestandsmerkmale im einzelnen

32

(1) Der Mieter muß eine Verletzungshandlung durch Tun oder Unterlassen begangen haben, die einen Verstoß gegen seine vertraglichen Pflichten bedeutet. Gleichzustellen ist eine Verletzungshandlung durch Personen, für deren Verhalten der Mieter nach § 278 und § 549 Abs 3 einzustehen hat (vgl Rz 34). Ein Unterlassen ist nur dann erheblich, wenn eine Rechtspflicht besteht, tätig zu werden. Es kann sich um Haupt- oder Nebenpflichten handeln. Einschränkungen können sich vor allem im letzteren Fall aus dem Erfordernis der Erheblichkeit der Pflichtverletzung ergeben (Rz 33). Unerheblich ist es, ob sich die vertragliche Pflicht aus dem Gesetz oder als besondere Vereinbarung aus dem Mietvertrag ergibt (vgl A G Lübeck WuM 1972, 193, 194 - Schneefegen, Gartenarbeiten). Bei zusammengesetzten oder gemischten Verträgen (vgl PALANDT-HEINRICHS § 305 Anm 6), die einem Mietverhältnis über Wohnraum zugrunde liegen, kommt auch die Verletzung anderer als typisch mietvertraglicher Pflichten in Betracht (vgl § 565 e; B A G NJW 1969,1192). Vorauszusetzen ist allerdings, daß die mietrechtlichen Kündigungsvorschriften bei dem jeweiligen Vertragstyp für die Auflösung des Gesamtvertrags maßgebend sind (vgl PALANDT-HEINRICHS § 305 Anm 6 c). Wortlaut und Zweck des § 564 b Abs 2 Nr 1 lassen eine solche Auslegung zu. Nur der Vertragstreue Mieter soll Bestandsschutz für seine Wohnung genießen. Unterlassungspflichten werden verletzt, wenn der Mieter in gesetzes- oder vertragswidriger Weise tätig wird, zB die Wohnung ganz oder teilweise ohne Erlaubnis des Vermieters untervermietet (§ 549) oder entgegen den vertraglichen Vereinbarungen Haustiere hält ( H A N S § 564 b Anm 3 b aa; vgl aber A G Dortmund WuM 1974, 103). (2) Die Pflichtverletzung muß erheblich sein. Die Erheblichkeit bezieht sich nicht 33 auf das Verschulden, wie sich aus der Formulierung in § 564 b Abs 2 Nr 1 ergibt (PALANDT-PUTZO § 564 b Anm 6 a cc; SCHMIDT-FUTTERER B 472). Die Pflichtverletzung muß von einigem Gewicht sein, braucht aber nicht wie im Fall des § 554 a so weit zu gehen, daß dem Vermieter eine Fortsetzung des Mietverhältnisses nicht zugemutet werden kann (SCHMIDT-FUTTERER B 471). Auf die Zumutbarkeit kommt es nach dem Wortlaut des § 564 b grundsätzlich nicht an ( P A L A N D T - P U T Z O § 564 b (1069)

Jürgen Sonnenschein

§ 564 b 34-36

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

Anm 6 a cc; SCHOPP ZMR 1972, 1, 2 u 1975, 97, 99; s aber Rz 35, 119). Andererseits ist zu berücksichtigen, daß die Vertragsverletzung die Beendigung des Mietverhältnisses rechtfertigen soll. Einmalige Verstöße ohne Wiederholungsgefahr kommen deshalb nur in Betracht, wenn dadurch das Vertrauensverhältnis der Parteien nachhaltig gestört worden ist (SCHMIDT-FUTTERER B 471). Einzelne geringfügige Verstöße können durch ständige Wiederholung einen erheblichen Umfang gewinnen (HANS § 564 b Anm 3 b aa ccc), sind im übrigen aber ohne Bedeutung. Verschiedenartige Pflichtverletzungen können für die Beurteilung der Erheblichkeit zusammengefaßt werden, da das Gesetz nicht auf eine einzelne, bestimmte Art der Vertragsverletzung abstellt. 34 (3) Die Pflichtverletzung muß schuldhaft begangen worden sein. Eine bestimmte Form des Verschuldens wird nicht vorausgesetzt. Der Mieter hat deshalb nach § 276 Vorsatz und jede Fahrlässigkeit zu vertreten. Verschulden und Erheblichkeit der Pflichtverletzung sind zwei verschiedene Tatbestandsmerkmale des § 564 b Abs 2 Nr 1. Der Grad des Verschuldens und damit die Vorwerfbarkeit eines Verhaltens spielen deshalb für die Erheblichkeit der Pflichtverletzung grundsätzlich keine Rolle, wenn auch eine rein tatsächlich bedingte Wechselwirkung zwischen beiden Merkmalen unverkennbar ist (abweichend HANS § 564 b Anm 3 b aa ccc). Für das Verschulden seiner gesetzlichen Vertreter oder Erfüllungsgehilfen hat der Mieter nach § 278 in gleichem Umfang einzustehen wie für eigenes Verschulden. Wird die Verpflichtung zur Zahlung des Mietzinses verletzt, so kommt neben der Haftung für gesetzliche Vertreter eine Haftung für Erfüllungsgehilfen nur bei solchen Personen in Betracht, die der Mieter mit der Zahlung beauftragt hat oder die neben ihm den Mietzins schulden oder dafür haften (PALANDT-PUTZO § 564 b Anm 6 a aa). Hinsichtlich des vertragsgemäßen Gebrauchs und der Pflicht zur Erhaltung der Mietsache sind Erfüllungsgehilfen die zum Hausstand des Mieters gehörenden Personen wie Familienangehörige und Hauspersonal. Auch Personen, die als Gäste vorübergehend in die Wohnung aufgenommen werden oder die als Handwerker mit Verrichtungen in der Wohnung betraut werden, zählen hierzu (LARENZ I § 20 VIII), nicht aber kurzfristige Besucher, Lieferanten, Hausierer und dgl, weil der Mieter solche Personen nicht bewußt und gewollt in seinem Pflichtenkreis tätig werden läßt (vgl LARENZ aaO; aM HANS § 5 6 4 b Anm 3 b aa ddd). Im übrigen muß der volle Tatbestand des § 278 erfüllt sein. Überläßt der Mieter den Gebrauch der Wohnung ganz oder teilweise einem Dritten, etwa einem Untermieter, so hat er auch ein dem Dritten anzulastendes Verschulden nach § 549 Abs 3 zu vertreten (LG Bamberg WuM 1974, 197, 199). 35 Das Erfordernis des Verschuldens entfällt nach dem Tatbestand des Abs 2 Nr 1 nicht bei Schuldunfähigkeit des Mieters oder seines Erfüllungsgehilfen. Doch kann im letzteren Fall ein eigenes Verschulden des Mieters darin liegen, daß er einen schuldunfähigen Erfüllungsgehilfen ausgewählt oder nicht genügend beaufsichtigt hat. Ist der Mieter selbst schuldunfähig, kann der Tatbestand auch bei schwersten Pflichtverletzungen des Mieters nicht erfüllt werden, wenn der gesetzliche Vertreter seine Aufsichtspflicht erfüllt und dennoch das Verhalten des Mieters nicht verhindern kann. In derartigen Fällen ist das berechtigte Interesse des Vermieters an der Beendigung des Mietverhältnisses nicht aus Abs 2 Nr 1 herzuleiten, sondern kann auf Unzumutbarkeit als sonstigem Grund (Rz 119) gestützt werden (LG Mannheim N J W 1976, 1 4 0 7 ; HANS § 5 6 4 b A n m 3 b aa b b b ; SCHMIDT-FUTTERER B 5 2 8 ; SCHOPP

ZMR 1975, 97, 99). Allerdings darf dieser Ausweg nicht dazu führen, schuldlose Pflichtverletzungen generell als Kündigungsgrund anzuerkennen.

36 Die Beweislast trifft den Vermieter hinsichtlich der Verletzungshandlung und ihrer Erheblichkeit. Für das Verschulden richtet sie sich nach dem jeweiligen Gefahrenkreis (PALANDT-PUTZO § 5 6 4 b Anm 6 c; SCHMIDT-FUTTERER B 4 7 7 ) . Jürgen Sonnenschein

(1070)

3. Titel. Miete. Pacht

§ 564 b 37, 38

cc) Einzelfälle

37

(1) Bei Zahlungsverzug des Mieters mit der Entrichtung des Mietzinses hat der Vermieter ein berechtigtes Interesse an einer ordentlichen Kündigung, wenn zugleich die Voraussetzungen des § 554 für eine fristlose Kündigung erfüllt sind. Eine Pflichtverletzung ist auch dann zu bejahen, wenn der Zahlungsverzug den in § 554 Abs 1 S 1 und Abs 2 Nr 1 vorausgesetzten Umfang nicht erreicht. Entscheidend ist dann, ob die Pflichtverletzung im Sinne des § 564 b Abs 2 Nr 1 erheblich ist. Während nach P A L A N D T - P U T Z O (§ 564 b Anm 6 b aa) der Rückstand mindestens eine halbe Monatsmiete umfassen muß und nicht kürzer als einen halben Monat ausstehen darf, verlangt SCHMIDT-FUTTERER (B 473) den Rückstand einer Monatsmiete über mehr als einen Monat. Nach B G B - R G R K - G E L H A A R (§ 564 b Rz 11) soll es auf die Höhe der Miete im Einzelfall ankommen. Aus § 554 Abs 2 Nr 1 ist zu entnehmen, daß hinsichtlich des Umfangs ein Rückstand nur dann als erheblich anzusehen ist, wenn er den Mietzins für einen Monat übersteigt (vgl auch LG Mannheim WuM 1976, 232). Im Rahmen des § 564 b kann für die Erheblichkeit der Pflichtverletzung nichts anderes gelten. Für die Dauer des Zahlungsverzugs enthält das Gesetz dagegen keinen unmittelbaren Anhaltspunkt. Jede Zeitangabe ist deshalb mehr oder weniger willkürlich, da insoweit Abweichungen gegenüber § 554 möglich sind. Für die Pflichtverletzung reicht jeder, auch der kürzeste Zahlungsverzug aus. Für die Erheblichkeit kommt es aber darauf an, ob es sich um eine einmalige Pflichtverletzung handelt, die der Vermieter zunächst durch eine Mahnung abzustellen suchen muß, oder ob sich die Pflichtverletzung ständig wiederholt (Rz 26, 33). Da ein Rückstand nur erheblich ist, wenn er den Mietzins für einen Monat übersteigt, ergibt sich bei der üblichen monatlichen Zahlungsweise ohnehin, daß auch die Dauer des Zahlungsverzugs einen Monat überschreiten muß. Anders kann es etwa bei vierteljährlicher Zahlungsweise sein. Im übrigen können verspätete Zahlungen, die jeweils für sich nicht den vorauszusetzenden erheblichen Umfang erreichen, eine ordentliche Kündigung nur dann rechtfertigen, wenn sie wiederholt und aus Absicht oder Nachlässigkeit vorkommen und deshalb eine erhebliche, schuldhafte Pflichtverletzung darstellen ( P A L A N D T - P U T Z O § 564 b Anm 6 b bb; SCHMIDT-FUTTERER B 473; vgl zur unpünktlichen Zahlung LG Rottweil WuM 1973, 207). Nach SCHMIDT-FUTTERER (B 473) muß der Gegenstand des Zahlungsverzugs den Mietzins oder solche Nebenkosten betreffen, die als Entgelt für die Raumüberlassung oder zusätzliche Vermieterleistungen wie Betriebskosten, Nebenkosten, Untermietzuschlag und dgl zu erbringen sind (vgl auch P A L A N D T - P U T Z O § 564 b Anm 6 b aa). Die Nichterfüllung anderer Verpflichtungen wie Kaution, Mietvorauszahlung, Mieterdarlehen, Baukostenzuschuß oder Schadensersatz berühre das für den Mietvertrag wesentliche Verhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung nicht so erheblich, daß dem Vermieter neben einer Zahlungsklage das weitergehende Kündigungsrecht zuerkannt werden könne. Diese Auffassung findet im Gesetz keine Grundlage. Die Berufung SCHMIDT-FUTTERERS (aaO) auf eine Entscheidung des LG Hamburg (WuM 1974, 54) zu § 554 geht fehl, weil in dieser Vorschrift ausdrücklich ein Verzug mit der Entrichtung des Mietzinses vorausgesetzt wird, während in § 564 b Abs 2 Nr 1 nur von der Verletzung vertraglicher Verpflichtungen die Rede ist. Auch Sinn und Zweck des § 564 b gebieten es nicht, einem Mieter, der hinsichtlich solcher Nebenverpflichtungen vertragsuntreu ist, Bestandsschutz einzuräumen. Der Vermieter braucht sich nicht auf eine Zahlungsklage mit einer möglicherweise zweifelhaften Durchsetzung des Anspruchs im Wege der Zwangsvollstreckung verweisen zu lassen. Es genügt deshalb jeder Zahlungsverzug im Rahmen des Mietvertrags. (1071)

Jürgen Sonnenschein

38

§ 564 b 39-41

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

39 Da Abs 2 Nr 1 Verschulden voraussetzt (Rz 34 f), muß auch der Zahlungsverzug durch Vorsatz oder Fahrlässigkeit eingetreten sein. Ein schuldloser Geldmangel, der nach den §§ 279, 285 zur Begründung des Verzugs genügt, ist im Rahmen des § 564 b unzureichend ( B G B - R G R K - G E L H A A R § 564 b Rz 12; P A L A N D T - P U T Z O § 564 b Anm 6 b aa; SCHMIDT-FUTTERER B 473). Das gleiche gilt, wenn der Verzug aufgrund eines entschuldbaren Rechts- oder Tatsachenirrtums eingetreten ist, etwa bei einer Minderung des Mietzinses, die sich später nach einer gerichtlichen Beweisaufnahme als unberechtigt erweist (LG Köln WuM 1976,145,146; AG Köln WuM 1974, 126; vgl SCHMIDT-FUTTERER B 473). Zu beachten ist aber, daß auch der Irrtum auf Fahrlässigkeit beruhen kann. 40 Eine Heilung des Zahlungsverzugs kann mit Wirkung für die Zukunft eintreten, wenn der Mieter später leistet oder die Leistung anbietet (vgl PALANDT-HEINRICHS § 284 Anm 6 mwN). Aus der Wirkung ex nunc ergibt sich, daß damit die Pflichtverletzung des Mieters nicht beseitigt wird. Die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Wirksamkeit einer Kündigung müssen in dem Zeitpunkt erfüllt sein, in dem die Kündigungserklärung durch Zugang wirksam wird (§ 564 Rz 37). Dies gilt auch für das Kündigungsrecht aus Abs 2 Nr 1. Die Heilung des Verzugs ist deshalb auf den Eintritt der Rechtsfolgen einer bereits wirksam gewordenen Kündigungserklärung ohne Einfluß, auch wenn der rückständige Betrag noch vor Ablauf der Kündigungsfrist gezahlt wird. Die von SCHMIDT-FUTTERER (B 473) vorgeschlagene entsprechende Anwendung des § 554 Abs 2 Nr 2 ist abzulehnen. Dieses Nachholungsrecht des Mieters, das dem früheren § 3 Abs 3 MietSchG nachgebildet ist (Begr zum RegE eines MietrÄndG I BT-Drucks IV/806,10), ist gerechtfertigt, weil der Zahlungsverzug nach den §§ 279, 285 auch ohne Verschulden des Mieters eintreten kann. Im Rahmen des § 564 b Abs 2 Nr 1, der tatbestandlich Verschulden voraussetzt, ist ein solches Nachholungsrecht überflüssig ( P A L A N D T - P U T Z O § 564 b Anm 6 b aa). Der Einwand SCHMIDT-FUTTERERS (aaO), der Vermieter habe nach einer Begleichung des Zahlungsrückstands kein Kündigungsinteresse mehr, ist nicht stichhaltig. Nach Abs 2 Nr 1 kommt es auf die Pflichtverletzung an. Daraus ergibt sich das Kündigungsinteresse, das auch bei anderen einmaligen Verstößen wie vertragswidrigem Gebrauch (Rz 41) u dgl fortwirken kann. Für eine im Interesse des Mieters gebotene Einschränkung ist der richtige Ansatzpunkt in dem Tatbestandsmerkmal der Erheblichkeit der Pflichtverletzung (Rz 33) und dem des Verschuldens (Rz 34 f) zu finden. Aus den gleichen Gründen kann trotz der Heilung des Verzugs eine spätere Kündigung noch gerechtfertigt sein, wenn der Mieter schon öfter in Zahlungsrückstand geraten ist. 41 (2) Ein vertragswidriger Gebrauch begründet für den Vermieter ein berechtigtes Interesse, wenn zugleich die Voraussetzungen für eine außerordentliche fristlose Kündigung nach § 553 erfüllt sind (s im einzelnen § 553 Rz 16 ff). Für § 564 b Abs 2 Nr 1 reichen auch geringere Verstöße aus, sofern sie erheblich iS dieser Bestimmung sind. Da es nur auf die Erheblichkeit der Pflichtverletzung ankommt, brauchen anders als in § 553 die Auswirkungen auf die Rechte des Vermieters - etwa eine Beschädigung des Eigentums - nicht den gleichen Schweregrad zu erreichen ( P A L A N D T - P U T Z O § 564 b Anm 6 b cc). An Stelle der Kündigung kann der Vermieter eine Unterlassungsklage nach § 550 erheben. Bei unerheblichen Verstößen beschränken sich die Rechte des Vermieters auf diese Klage. Im Regelfall ist von dem Vermieter eine Abmahnung zu verlangen, bevor er von dem bei der Wohnraummiete besonders einschneidenden Recht zur Kündigung Gebrauch macht (SCHMIDT-FUTTERER B 4 7 4 ; a M B G B - R G R K - G E L H A A R

§ 5 6 4 b R z 13). E i n

Ver-

zicht auf die vorherige Abmahnung ist nicht schon generell bei Wiederholungsgefahr, Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit angebracht (vgl aber P A L A N D T - P U T Z O § 564 b Anm 6 b cc). Entscheidend ist vielmehr, ob dem Vermieter angesichts der Jürgen Sonnenschein

(1072)

3. Titel. Miete. Pacht

§ 564 b 42-44

Schwere des Vertragsverstoßes durch den Mieter die Wahl des weniger einschneidenden Mittels noch zumutbar ist (Rz 26). Der Mieter verletzt den Vertrag, wenn er seine Gebrauchsrechte überschreitet oder 42 die Wohnung bzw die sonstigen Grundstücks- und Gebäudeteile entgegen seiner Obhuts- und Erhaltungspflicht vernachlässigt (PALANDT-PUTZO § 564 b Anm 6 b ee; SCHMIDT-FUTTERER B 4 7 4 ) . Bei der Miete möblierten Wohnraums gilt dies auch für die Einrichtungsgegenstände (PALANDT-PUTZO aaO; SCHOPP ZMR 1 9 7 5 , 97, 9 9 ) . Wenn der Mieter die Mietsache eigenmächtig verändert oder unerlaubt Anlagen anbringt, kommt es auf die Schwere des Eingriffs an (vgl AG Wegberg WuM 1972, 108). Eine im Mietvertrag nicht vorgesehene Tierhaltung begründet nicht ohne weiteres ein Kündigungsrecht, wenn der Vermieter dies stillschweigend geduldet hat (LG Mannheim WuM 1974, 74) oder wenn es sich nur um eine unerhebliche Vertragsverletzung handelt (LG Gießen ZMR 1976, 147; AG Dortmund WuM 1 9 7 4 , 103; vgl auch LG Mannheim WuM 1 9 7 3 , 5; WEIMAR ZMR 1 9 7 6 , 1 3 1 ; OTTO ZMR 1 9 7 6 , 1 3 2 ) . (3) Eine besondere Form des vertragswidrigen Gebrauchs ist die unerlaubte Über- 43 lassung der Wohnung an Dritte, insbesondere durch Untervermietung (§ 549). Hieraus kann sich ein Recht zur fristlosen (§ 553 Rz 29) und zur ordentlichen Kündigung ergeben. Der Mieter darf grundsätzlich uneingeschränkt Besucher empfangen. Auch häufige Übernachtungen von Besuchern, etwa von Verwandten oder Verlobten, rechtfertigen nicht ohne weiteres eine Kündigung (LG Aachen ZMR 1973, 330, 331; vgl AG Siegen ZMR 1971, 239), da es sich nicht um eine Überlassung zum selbständigen Gebrauch handelt. Das gleiche gilt für die dauernde Aufnahme des Ehegatten (HUMMEL ZMR 1975, 291, 294) sowie von Verwandten oder Bekannten in die Wohnung (AG Bremervörde MDR 1974, 142; AG Köln W u M 1975, 1 9 1 ; SCHMIDT-FUTTERER B 4 7 5 ; TONDORF W u M 1 9 7 4 , 2 2 9 ; a M L G

Köln WuM 1974, 242 im Falle des Konkubinats), vor allem dann, wenn der Vermieter weiß und duldet, daß der Mieter Familienangehörige in die Wohnung aufgenommen hat (AG Ahaus WuM 1973, 248). Eine Grenze ist jedoch dort zu ziehen, wo die Wohnung durch die Aufnahme weiterer Personen überbelegt wird (vgl HUMMEL aaO 2 9 2 ; PALANDT-PUTZO § 5 5 0 Anm 2 a) oder wo dem Mieter die Aufnahme vertraglich zu Recht untersagt ist (SCHMIDT-FUTTERER B 476). (4) Belästigungen des Vermieters und seiner Haushaltsangehörigen oder anderer 44 Mieter können eine ordentliche Kündigung rechtfertigen, auch wenn die strengeren Voraussetzungen für eine fristlose Kündigung nach § 554 a nicht erfüllt sind (PALANDT-PUTZO § 564 b Anm 6 b ff; SCHMIDT-FUTTERER B 475). Hierzu gehören

Beleidigungen und andere Straftaten gegen den Vermieter, gegen andere Mieter, deren Angehörige oder Gäste. Das gleiche gilt für Störungen des Hausfriedens und Verstöße gegen die Hausordnung sowie für Beeinträchtigungen durch Lärm, Geruch oder Schmutz (PALANDT-PUTZO aaO; SCHMIDT-FUTTERER aaO), vorausgesetzt, es handelt sich um eine erhebliche, schuldhafte Vertragsverletzung. So kann in fortgesetztem störendem Verhalten des Mieters oder eines in seinem Haushalt lebenden Familienangehörigen durch lautes Radiospielen in der Mittagszeit und geräuschvolle Auseinandersetzungen am späten Abend eine die Kündigung rechtfertigende Vertragsverletzung liegen (LG Bamberg WuM 1974, 197). Das gleiche gilt für ständige, ruhestörende Feiern bis spät in die Nacht. Dabei hat der Mieter es zu vertreten, wenn der Lärm von seinen Besuchern ausgeht (AG Köln WuM 1974, 150). Bei Streitigkeiten unter den Mietern kann der Vermieter der Mietpartei kündigen, von deren Auszug er sich am ehesten die Wiederherstellung des Hausfriedens verspricht (LG Duisburg WuM 1975, 209; BGB-RGRK-GELHAAR § 564 b RZ 14). Belästigungen können durch Verletzung der Aufsichtspflicht verursacht werden. Im übrigen ist eine Verursachung durch Schuldunfähige wie Kinder oder Geisteskranke (1073)

Jürgen Sonnenschein

§ 564 b 45,46

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

nicht nur hinsichtlich des § 554 a zu würdigen (so PALANDT-PUTZO § 564 b Anm 6 b ff), sondern kommt als sonstiger Grund auch im Rahmen des § 564 b in Betracht (Rz 119; vgl LG Mannheim NJW 1976, 1407). Normaler Kinderlärm ist aber hinzunehmen (AG Aachen WuM 1975, 38). Gelegentliches Duschen am späten Abend begründet kein berechtigtes Interesse an einer Kündigung (AG Osnabrück WuM 1972, 107; einschränkend HANS § 564 b Anm 3 b aa eee). Das gleiche gilt für das Aufhängen von Wäsche im Vorgarten (LG Hamburg WuM 1974, 15). Vereinzelte Behinderungen von Mitmietern bei der Benutzung ihrer Garage können ebenfalls keine Kündigung rechtfertigen (LG Mannheim WuM 1974, 74, 76). Die Tierhaltung durch einen Mieter kann zu erheblichen Belästigungen führen, wenn die damit normalerweise verbundenen und von vornherein zu bedenkenden Nachteile beträchtlich überstiegen werden (vgl LG Mannheim aaO). Dies ist bei Hunden (LG Gießen ZMR 1976, 147; LG Mannheim aaO; AG Dortmund WuM 1974,103) und Vögeln (LG Köln WuM 1974, 103) idR nicht der Fall. 45 (5) Bloße Unstimmigkeiten zwischen Mieter und Vermieter können regelmäßig kein Kündigungsrecht begründen, da ein Mietverhältnis nicht so enge persönliche Beziehungen voraussetzt wie familienrechtliche Verhältnisse. Sind vertragliche Pflichten nicht verletzt, so kann ein gestörtes Verhältnis zwischen Eltern und Kindern als Parteien des Mietvertrags eine Kündigung nicht rechtfertigen (LG Bielefeld WuM 1972, 178; AG Bochum WuM 1972, 107). Das gleiche gilt für Unstimmigkeiten über die Abrechnung von Nebenkosten (AG Aachen WuM 1975, 38; AG Osnabrück WuM 1972, 107). Der Mietvertrag wird nicht verletzt, wenn der Mieter den Vermieter aus irgendwelchen Unstimmigkeiten nicht grüßt (AG Geislingen WuM 1973, 161). Weigert er sich, während seiner Urlaubsabwesenheit dem Vermieter die Wohnungsschlüssel auszuhändigen, so handelt es sich idR nur um eine unerhebliche Vertragsverletzung (AG Geislingen aaO). Soweit im Mietvertrag nicht anders vereinbart, ist der Mieter nicht verpflichtet, die Wohnungsschlüssel gerade dem Vermieter auszuhändigen, mit dem er in Unfrieden lebt. Dann muß der Zugang zur Wohnung für den Notfall aber in anderer Weise sichergestellt sein (HANS § 564 b Anm 3 b aa eee). 46 (6) Sonstige Vertragsverletzungen können vor allem bei einem Verstoß gegen vertraglich übernommene Nebenpflichten vorkommen, etwa den Schnee zu fegen oder den Garten zu bearbeiten (vgl AG Lübeck WuM 1972,193,194 - im Ergebnis abgelehnt). Ähnliches gilt für die Übernahme von Schönheitsreparaturen (vgl LG Mannheim WuM 1973, 5 - im Ergebnis abgelehnt). Bei solchen Nebenpflichten ist besonders auf das Erfordernis der Erheblichkeit der Vertragsverletzung zu achten. Eine mit Wissen und Wollen des Mieters von Wohnraum vorgenommene Hausbesetzung durch dritte Personen kann als erhebliche Verletzung einer vertraglichen Nebenpflicht beurteilt werden. Den Mieter treffen gewisse Schutzpflichten, weil der Vermieter ihm sein Eigentum anvertraut und damit Einwirkungsmöglichkeiten eröffnet. Der Mieter ist deshalb zu einem loyalen Verhalten verpflichtet und darf nicht an eigenmächtigen Eingriffen Dritter teilnehmen (vgl AG Frankfurt ZMR 1973, 149, das allerdings nicht auf eine Vertragsverletzung, sondern auf sonstige Gründe abstellt). Der Aufruf eines Mieters an die Mitmieter, ihn im Kampf gegen die angebliche Willkür des Vermieters zu unterstützen, stellt zwar eine erhebliche Vertragsverletzung dar. Doch kann dieser Grund nicht mehr geltend gemacht werden, wenn der Vermieter bis zum Ausspruch der Kündigung einen langen Zeitraum verstreichen läßt (LG Koblenz WuM 1976, 98, 99). Da der Mieter idR nicht verpflichtet ist, wegen des Einbaus einer Sammelheizung einer Mieterhöhung zuzustimmen, liegt in seiner Weigerung keine Vertragsverletzung (LG Köln WuM 1974, 9; vgl SCHMIDT-FUTTERER C 180).

Jürgen Sonnenschein

(1074)

3. Titel. Miete. Pacht

§ 564 b 47-49

c) Eigenbedarf des Vermieters (Abs 2 Nr 2)

47

aa) Allgemeines Ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses ist anzuerkennen, wenn der Vermieter die Räume als Wohnung für sich, die zu seinem Hausstand gehörenden Personen oder seine Familienangehörigen benötigt. Der Kündigungsgrund des Eigenbedarfs ist aus § 4 Abs 1 a) MietSchG zunächst in Art 1 § 1 WKSchG I und von dort in § 564 b übernommen worden. Der Eigenbedarf ist hiernach grundsätzlich nur unter den Voraussetzungen des Abs 2 Nr 2 als ein berechtigtes Interesse anzuerkennen (vgl aber Rz 106 ff). Der Verwendungszweck wird dadurch beschränkt, daß der Vermieter die vermieteten Räume als Wohnung für sich oder den gesetzlich bestimmten Personenkreis benötigt. Dabei braucht es sich anders als in dem früheren § 4 MietSchG nicht um ein dringendes Interesse an der Rückgabe der Räume zu handeln. Das Interesse muß auch nicht sofort zu befriedigen sein. So reicht es aus, wenn der geltend gemachte Eigenbedarf erst mehrere Jahre nach dem Ausspruch der Kündigung eintritt und der Mietvertrag zu diesem späteren Zeitpunkt gekündigt wird (LG Stuttgart WuM 1976, 56). In jedem Fall muß ein schon im Zeitpunkt der Kündigung konkretes Interesse des Vermieters an der künftigen Rückgabe der Räume bestehen (OLG Karlsruhe WuM 1976, 99; AG Frankfurt WuM 1977, 122; AG Mannheim WuM 1977, 166). Dieses Interesse kann auf rein objektiven Gründen beruhen, wenn ein Wohnungsbe- 48 darf durch bestimmte äußere Ereignisse wie Kündigung einer anderen Wohnung, Vergrößerung der Familie oder Krankheit entstanden ist. Das Interesse kann sich auch aus subjektiven Gründen ergeben, wenn der Wohnungsbedarf auf Willensentschlüsse des Vermieters oder seiner Angehörigen wie etwa beabsichtigte Heirat (vgl AG Frankfurt WuM 1977, 122) oder Wohnungswechsel zurückzuführen ist. Dann sind allerdings besondere Anforderungen an die Konkretisierung der Bedarfsgründe zu stellen (OLG Karlsruhe WuM 1976, 99, 100; SCHMIDT-FUTTERER MDR 1972, 560, 561). Der bloße Wunsch des Vermieters, die Räume selbst zu nutzen oder an Angehörige zu überlassen, ist unzureichend (AG Mannheim WuM 1976, 184; SCHMIDT-FUTTERER B 482). Eine Kündigung wegen Eigenbedarfs ist ausgeschlossen, wenn der Vermieter oder die vorgesehenen Personen die Wohnung wegen fehlender Wohnberechtigung nach dem WoBindG nicht nutzen dürfen (AG Bonn WuM 1975, 125). Liegt ein konkreter Eigenbedarf zwar im Zeitpunkt der Kündigung vor, entfällt er aber vor der Beendigung des Mietverhältnisses wieder, so kann es eine unzulässige Rechtsausübung sein, wenn der Vermieter an der Kündigung festhält. Abs 2 Nr 2 setzt ein fortbestehendes Erlangungsinteresse des Vermieters voraus. Anderenfalls kann die zunächst wirksame Kündigung nach § 242 als wirkungslos zu beurteilen sein (SCHMIDT-FUTTERER B 38) und bei Räumung durch den Mieter eine Schadensersatzpflicht des Vermieters zur Folge haben (LG Düsseldorf WuM 1976, 70; s auch Rz 134 ff). Darüber hinaus ist ein Eigenbedarf nur berechtigt, wenn er von einiger Dauer sein wird und nicht nur als Ubergangslösung geltend gemacht wird. Die konkreten Bedarfsgründe müssen im Kündigungsschreiben angegeben sein (Abs 3; s hierzu Rz 123). In Rspr (LG München I ZMR 1974, 49, 50) und Schrifttum ( B G B - R G R K - G E L HAAR § 564 b Rz 15; H A N S § 564 b Anm 3 b bb ccc; SCHMIDT-FUTTERER B 480) wird zT die Auffassung vertreten, daß für die Beurteilung des Eigenbedarfs allein das Interesse des Vermieters entscheidend sei und deshalb keine Interessenabwägung stattzufinden habe. Gleichwohl wird ein „billigenswertes Erlangungsinteresse" (SCHMIDT-FUTTERER aaO; vgl auch OLG Karlsruhe WuM 1976, 99) vorausgesetzt, wobei nicht deutlich wird, aufgrund welcher Kriterien die rechtliche Billigung (1075)

Jürgen Sonnenschein

49

§ 564 b 50-52

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

stattfinden soll. Auf der anderen Seite finden sich Entscheidungen der Rspr, in denen die Berechtigung des Eigenbedarfs aufgrund einer Abwägung mit entgegenstehenden Interessen des Mieters beurteilt wird. So wurden etwa übermäßige wirtschaftliche Belastungen durch einen Umzug nach kurzer Mietdauer (AG Hagen WuM 1973, 23), das Interesse einer älteren, kranken Mieterin an Beibehaltung der Wohnung (AG Lübeck WuM 1973, 23), die Schwierigkeiten des weichenden Mieters, eine geeignete Wohnung zu finden (AG Bochum WuM 1972, 107, 108) und der ohnehin bevorstehende Auszug des Mieters (LG Mannheim WuM 1974, 30, 31) berücksichtigt. Auch das Interesse eines langjährigen Mieters, die Wohnung beizubehalten, setzte sich gegenüber dem selbst herbeigeführten Eigenbedarf des Vermieters durch (AG Frankfurt WuM 1974, 31, 32). Es ist zwar richtig, daß § 564 b anders als der frühere § 4 Abs 1 MietSchG eine Interessenabwägung nicht ausdrücklich vorsieht und daß auch die im Rahmen des § 556 a zu treffende Entscheidung über die Fortsetzung eines gekündigten Mietverhältnisses nicht mit der Frage der Wirksamkeit der Kündigung nach § 564 b vermengt werden darf (so aber AG Oberhausen ZMR 1973,52 zu Art 1 § 1 WKSchG I). Doch ist andererseits zu bedenken, daß es für den Eigenbedarf um die Anerkennung berechtigter Interessen geht, die Berechtigung aber nur in bezug auf die Sozialpflichtigkeit des Eigentums zu beurteilen ist. Dies richtet sich wiederum nach den sozialen Belangen des Mieters. Schon die Frage der Berechtigung des Eigenbedarfs nach § 564 b ist deshalb im Hinblick auf ein generalisiertes Mieterinteresse an der Beibehaltung der Wohnung zu entscheiden (vgl Rz 27 f). 50 Grundsätzlich kann nur der Vermieter eine Kündigung wegen Eigenbedarfs aussprechen, sich dabei allerdings nach § 164 vertreten lassen. Der Erwerber eines Grundstücks kann sich wegen § 571 erst mit der Eintragung in das Grundbuch auf Eigenbedarf berufen (vgl LG Kiel WuM 1977, 228). Eine vorher etwa mit Ermächtigung des Veräußerers ausgesprochene Kündigung des Erwerbers setzt deshalb Eigenbedarf des Veräußerers voraus, solange dieser noch Partei des Mietverhältnisses ist. Besteht insoweit kein Eigenbedarf, ist die Kündigung unwirksam (AG Heidelberg WuM 1 9 7 6 , 1 5 ; vgl aber PALANDT-PUTZO § 5 6 4 b Anm 7 a cc). War Eigebedarf des früheren Vermieters zu bejahen, verliert die Kündigung ihre Wirkungen, wenn das Grundstück vor der Beendigung des Mietverhältnisses veräußert wird und damit das Erlangungsinteresse des Veräußerers fortfällt (vgl Rz 48). Dabei macht es keinen Unterschied, ob die Kündigung noch vom Veräußerer oder mit dessen Ermächtigung vom Erwerber erklärt worden ist. Will sich der Erwerber nunmehr selbst auf Eigenbedarf berufen, muß er eine neue, eigene Kündigung aussprechen. Er tritt zwar nach § 571 voll und ganz an die Stelle des Vermieters in die sich aus dem Mietverhältnis ergebenden Rechte und Pflichten ein. Eine Auswechslung des Kündigungsgrundes für eine bereits ausgesprochene Kündigung kommt jedoch nicht in Betracht, da das Kündigungsrecht wegen Eigenbedarfs an die Person des Kündigenden gebunden ist und als insoweit selbständiges Recht nicht auf den Erwerber übergehen kann (vgl auch SCHMIDT-FUTTERER B 5 3 ) . 51 Die Beweislast für den geltend gemachten Eigenbedarf trägt der Vermieter (LG Koblenz WuM 1976, 98; PALANDT-PUTZO § 564 b Anm 7 c; SCHMIDT-FUTTERER B 508).

52 bb) Tatbestandsmerkmale im einzelnen (Abs 2 Nr 2 S 1) (1) Zu dem Personenkreis, für den ein Wohnungsbedarf bestehen muß, gehört der Vermieter. Er muß die Absicht haben, die vom Mieter herausverlangte Wohnung selbst zu beziehen ( H A N S § 564 b Anm 3 b bb ddd). Beruht der zusätzliche WohnbeJürgen Sonnenschein

(1076)

3. Titel. Miete. Pacht

§ 564 b 53-55

darf des Vermieters darauf, daß er aus Alters- oder Krankheitsgründen eine Pflegeperson aufnehmen will, so handelt es sich um einen Bedarf für Hausstandsoder Familienangehörige (Rz 59). Möglich ist insoweit auch ein berechtigtes Interesse aus sonstigen Gründen (Rz 119), wenn § 564 b Abs 2 Nr 2 tatbestandlich nicht erfüllt ist. Der Vermieter benötigt die Wohnung auch dann nicht für sich, wenn er auf dem Umweg über eine Vermietung seine Pflicht als Hauseigentümer, Schnee zu räumen, erfüllen lassen will (AG Lübeck WuM 1972,193,194) oder wenn er wegen seines eigenen Alters die Wohnung einem Mieter überlassen will, der Haus und Garten instand setzt (AG Osnabrück WuM 1975, 55). Das gleiche gilt, wenn der Vermieter die Wohnung nur kündigt, um sie im Austausch gegen geschäftlich benötigte Räume Dritten zur Verfügung stellen zu können (LG Mannheim WuM 1974, 74). Hat der Grundstückseigentümer den Mietvertrag nicht selbst abgeschlossen, son- 53 dem ein Verwalter im eigenen Namen, so ist nur der letztere Vermieter. Ein Eigenbedarf des Grundstückseigentümers kann deshalb nach Abs 2 Nr 2 im Rahmen einer Kündigung durch den Verwalter nicht berücksichtigt werden. Ein Eigenbedarf des Verwalters scheidet aber praktisch aus. Der Wohnbedarf des Grundstückseigentümers kommt nur als berechtigtes Interesse des kündigenden Verwalters aus sonstigen Gründen in Betracht (Rz 120). Eine extensive Auslegung oder gar entsprechende Anwendung des Abs 2 Nr 2 ist nicht erforderlich, da die Aufzählung der Kündigungsgründe nicht abschließend ist. Zu beachten ist aber, daß dies nicht zu einer Umgehung der dreijährigen Wartezeit nach Abs 2 Nr 2 S 2 führen darf, wenn der Verwalter im Interesse des Erwerbers einer Eigentumswohnung kündigt. Wird der Mietvertrag durch den Verwalter nach § 164 im Namen des Grundstückseigentümers abgeschlossen, so ist der letztere Vermieter und kann seinen Eigenbedarf selbst durch Kündigung geltend machen. Ebenso ist der umgekehrte Fall zu beurteilen, daß der Vermieter nicht Eigentümer ist und selbst einen Eigenbedarf vorbringen kann, wie es etwa im Rahmen eines Untermietverhältnisses möglich ist. Das Kündigungsrecht wegen Eigenbedarfs hängt nicht vom Grundstückseigentum ab, sondern von der Vermieterstellung gegenüber dem zu kündigenden Wohnungsmieter. Es gilt deshalb auch nicht für den Hauptvermieter gegenüber einem Untermieter. Der Hauptvermieter kann Eigenbedarf nur gegenüber seinem eigenen Mieter geltend machen und gegen den Untermieter den Rückgabeanspruch aus § 556 Abs 3 erheben. Handelt es sich um eine Mehrheit von Vermietern wie bei Eheleuten oder sonstigen 54 Grundstückseigentümern in Bruchteils- oder Gesamthandsgemeinschaft (Erbengemeinschaft, Personengesellschaft), so reicht es ohne Rücksicht auf die Höhe der einzelnen Beteiligung aus, wenn der Eigenbedarf nur für einen der Vermieter besteht ( H A N S § 564 b Anm 3 b bb ddd; PALANDT-PUTZO § 564 b Anm 7 a aa; SCHMIDT-FUTTERER B 4 9 3 ) . Kündigen muß allerdings die Gesamtheit der Vermieter (§ 564 Rz 22). Zweifelhaft ist, ob sich eine juristische Person des privaten oder des öffentlichen 55 Rechts bei einer Kündigung auf Eigenbedarf iS des Abs 2 Nr 2 berufen kann. Dies wird von PALANDT-PUTZO (§ 564 b Anm 7 a aa; s auch B G B - R G R K - G E L H A A R § 564 b Rz 17) für juristische Personen des öffentlichen Rechts ohne Begründung bejaht. Der Wortlaut der Vorschrift steht dem jedoch entgegen, da der Vermieter die Räume „als Wohnung für sich" benötigen muß. Einen eigenen Wohnbedarf in diesem Sinne können juristische Personen nicht haben (AG Frankfurt WuM 1977, 99; H A N S § 564 b Anm 3 b bb ddd). Das Problem stellt sich vor allem für Unternehmen und Behörden, die als Vermieter Bedarf an Wohnungen für Arbeitnehmer und Bedienstete haben. Ein solcher betriebsbedingter Wohnungsbedarf scheidet für (1077)

Jürgen Sonnenschein

§ 564 b 56-59

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

Abs 2 Nr 2 angesichts des auf den Vermieter und seine Hausstands- und Familienangehörigen beschränkten Personenkreises aus. Ein berechtigtes Interesse an der Kündigung wegen betriebsbedingten Wohnungsbedarfs kommt aber aus sonstigen Gründen in Betracht (Rz 106 ff). Das gleiche gilt für einen betriebsbedingten Wohnungsbedarf, der von natürlichen Personen oder Personengesellschaften für ihre Arbeitnehmer geltend gemacht wird. 56 (2) Der Wohnungsbedarf für Hausstands- und Familienangehörige des Vermieters kann die Kündigung eines Mieters rechtfertigen. Abs 2 Nr 2 enthält keine Begriffsbestimmung dieses Personenkreises. Bedeutsam ist jedoch die gesetzliche Formulierung, daß der Vermieter die Räume als Wohnung für diese Personen „benötigen" muß. Damit wird eine Beziehung zu der Person des Vermieters hergestellt, die den Wohnungsbedarf der Hausstands- und Familienangehörigen zum Bedarf des Vermieters werden läßt und damit dessen eigenes Interesse an der Rückgabe der Räume voraussetzt. 57 Hausstandsangehörige sind alle Personen, die schon seit längerer Zeit und auf Dauer in den Haushalt des Vermieters aufgenommen sind und in enger Hausgemeinschaft mit ihm leben (PALANDT-PUTZO § 564 b Anm 7 a bb; SCHMIDT-FUTTERER B 486; SCHOPP ZMR 1975, 97, 100). Hierzu gehören die Ehefrau, Kinder, sonstige Familienangehörige und Hausgehilfinnen, Pflegepersonen und dgl. Das gleiche gilt für Freunde, Auszubildende oder Gesellen in Handwerksbetrieben, Arbeitnehmer in der Landwirtschaft usw, sofern sie auf längere Sicht im Haushalt des Vermieters leben. 58 Der Wohnbedarf kann darin zum Ausdruck kommen, daß der Vermieter für sich und die zu seinem Hausstand gehörenden Personen zusammen eine größere Wohnung benötigt. Ein durch Hausstandsangehörige in der Person des Vermieters begründeter Wohnbedarf besteht auch dann, wenn der Vermieter die bisherige, zu klein gewordene Wohnung beibehalten will und einzelne Hausstandsangehörige in die zu kündigende neue Wohnung umziehen sollen. Dabei macht es keinen Unterschied, ob die Hausgemeinschaft nach dem Umzug bestehen bleibt oder aufgehoben wird. Entscheidend ist grundsätzlich die Zugehörigkeit zum Hausstand im Zeitpunkt der Kündigung. Der Vermieter benötigt die zusätzliche Wohnung zwar nicht für sich selbst, hat aber auch bei Aufhebung der Hausgemeinschaft ein eigenes Interesse an dem Auszug des Hausstandsangehörigen, um seinen persönlichen Wohnbedarf in der bisherigen Wohnung angemessen befriedigen zu können. Für Familienangehörige taucht das Problem nicht auf, da sie unabhängig von ihrer Zugehörigkeit zum Hausstand des Vermieters unter den berechtigten Personenkreis fallen (Rz 60 ff). 59 Zweifelhaft ist die Frage, wie ein zusätzlicher Wohnbedarf zu berücksichtigen ist, der wegen der Aufnahme einer bisher nicht im Haushalt des Vermieters lebenden Person herbeigeführt wird. Dieses Problem stellt sich bei der Aufnahme von Hausgehilfinnen, Pflegepersonen für den Vermieter und dgl, nicht aber bei Familienangehörigen, die derartige Dienste übernehmen sollen, weil sie unabhängig von ihrer Hausstandszugehörigkeit zu dem berechtigten Personenkreis gehören. In der Rspr ist vereinzelt anerkannt worden, Eigenbedarf könne auch durch die Nutzung von Wohnraum durch nicht verwandte Personen begründet werden, wenn der Vermieter diese Personen in Zukunft zu seiner Pflege und ähnlichen dringenden Zwecken brauche (vgl LG Bielefeld WuM 1972, 178; LG Osnabrück WuM 1976, 1 2 4 ; AG Völklingen DWW 1 9 7 3 , 1 2 3 ; AG Gummersbach WuM 1 9 7 7 , 1 2 3 ) . In den Entscheidungen wird allerdings nicht hinreichend deutlich, ob jeweils auf die Eigenschaft als Vermieter, Hausstandsangehöriger oder Familienangehöriger abgestellt wird. SCHMIDT-FUTTERER (B 4 8 6 ) meint, der erst durch die Aufnahme eines Hausstandsangehörigen entstehende zusätzliche Wohnbedarf falle nicht unter Abs 2 Jürgen Sonnenschein

(1078)

§ 564 b 3. Titel. Miete. Pacht

60, 61

Nr 2, könne aber bei entsprechendem Bedürfnis für eine solche Hilfsperson als sonstiges berechtigtes Interesse (Rz 119) anerkannt werden. Für diese enge Auslegung besteht jedoch kein Grund. Entscheidend kommt es auf einen Wohnbedarf für die zum Hausstand des Vermieters gehörenden Personen an. Da als Grundlage für den Eigenbedarf nicht nur gegenwärtige, sondern auch mit einiger Sicherheit eintretende zukünftige Umstände in Betracht kommen (vgl SCHOPP ZMR 1975, 97, 100), kann schon unmittelbar nach dieser Vorschrift ein gegenwärtiger oder zukünftiger Wohnbedarf berücksichtigt werden, der erst durch die Aufnahme eines neuen Hausstandsangehörigen entsteht (vgl auch ROQUETTE MietSchG [1956] § 4 Rz 9). Vorauszusetzen ist allerdings die konkrete Aussicht, daß eine bestimmte Person in die zu räumende Wohnung aufgenommen werden soll (LG Bielefeld aaO) und daß die Hilfe für den Mieter nicht ohne Bereitstellung einer Wohnung beschafft werden kann (LG Osnabrück aaO). Haben Familienangehörige des Vermieters Wohnbedarf, so ist dies als berechtigtes 60 Interesse an einer Kündigung anzuerkennen. Auf die Haushaltszugehörigkeit kommt es nicht an. Es spielt deshalb keine Rolle, ob der Vermieter selbst eine größere Wohnung benötigt, weil er Familienangehörige zu sich aufnehmen will, oder ob die zu räumende Wohnung nur für Familienangehörige vorgesehen ist. Ebenso unerheblich ist es, ob die Familienangehörigen bisher in der Wohnung des Vermieters oder in einer fremden Wohnung lebten. Der Wohnungsbedarf von Familienangehörigen begründet wegen der engen persönlichen Verbundenheit ein eigenes, berechtigtes Interesse des Vermieters. Welcher Personenkreis im einzelnen unter den Begriff der Familienangehörigen 61 fällt, ergibt sich nicht unmittelbar aus § 564 b. Im Schrifttum wird ohne Begründung zT auf die in § 8 Abs 2 WoBauG II aufgeführten Personen abgestellt ( E R M A N SCHOPP § 5 6 4 b R z 1 0 ; P A L A N D T - P U T Z O § 5 6 4 b A n m 7 a b b ; L U T Z D W W

1971,

383, 384). Hierzu zählen der Ehegatte, Verwandte und Verschwägerte in gerader Linie sowie zweiten und dritten Grades in der Seitenlinie, durch Annahme an Kindes Statt oder durch Ehelichkeitserklärung verbundene Personen, nichteheliche Kinder und Pflegekinder. Diese formale Abgrenzung wird jedoch mit Recht als zu weitgehend abgelehnt, zumal das WoBauG II mit der Förderung des sozialen Wohnungsbaus einen anderen Zweck verfolgt als § 564 b (LG Osnabrück WuM 1976, 55, 56; STERNEL Rz III 22). Deshalb wird zT die Familie im engeren Sinne, also Eltern und Kinder, für maßgeblich erklärt (AG Michelstadt WuM 1974, 104 - Neffe und Patenkind abgelehnt) oder es wird die gesetzliche Unterhaltsberechtigung gegenüber dem Vermieter als entscheidend angesehen (AG Köln WuM 1975, 150; AG Osnabrück WuM 1975, 192 - jeweils Geschwister abgelehnt). Aber auch dies führt letztlich zu einer formalen Abgrenzung, die den Bedürfnissen des Vermieters und seinem Verhältnis gegenüber entfernteren Angehörigen nicht immer gerecht wird. Überwiegend wird deshalb zu Recht keine feste Abgrenzung des Personenkreises vorgenommen. So wird etwa ein weitergehendes Verhältnis zugrunde gelegt, begrenzt aber durch Erfordernisse wie die Pflege familiärer Beziehungen (STERNEL aaO) oder ein enges Familienverhältnis (SCHMIDT WuM 1971, 193, 194). Verbreitet wird im Anschluß an SCHMIDT-FUTTERER (NJW 1972, 5; MDR 1972, 560, 562; B 487) darauf abgestellt, ob der Vermieter rechtlich oder wie bei Geschwistern wenigstens moralisch verpflichtet ist, Unterhalt und sonstige Fürsorge zu gewähren (LG Braunschweig WuM 1972, 127, 129 - Neffe abgelehnt; LG Osnabrück WuM 1976, 55, 56 - Bruder grundsätzlich anerkannt, nur im Ergebnis abgelehnt; AG Oberndorf WuM 1977, 168 - betriebsangehöriger Verkaufsfahrer abgelehnt). Ein solches Verhältnis kann auch zwischen Verschwägerten bestehen, zB zwischen Schwiegereltern und der Ehefrau des verstorbenen Sohnes. IdR muß jedoch eine engere als die normale verwandtschaftliche Beziehung bestehen (LG Osnabrück aaO), um ein eigenes Interesse des Vermieters zu begründen. (1079)

Jürgen Sonnenschein

§ 564 b 62-64

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

62 Will der Vermieter den Mietvertrag mit einem Familienangehörigen kündigen, damit ein anderer Angehöriger die Wohnung beziehen kann, ist die Entscheidung nur unter Berücksichtigung der Interessen des weichenden Mieters sachgerecht zu treffen. Primär ist zwar auf den Verwandtschaftsgrad abzustellen, weil typischerweise mit der Nähe der Verwandtschaft auch das eigene Interesse des Vermieters an einer Unterbringung des Wohnungssuchenden Angehörigen wächst. Doch können engere familiäre Beziehungen auch zu einem entfernteren Angehörigen bestehen. Zu beachten ist, daß mit der Kündigung wiederum ein Wohnungsbedarf für einen Angehörigen hervorgerufen wird. Bei Verwandten gleichen Grades wird idR der bisherige Mieter das bessere Recht haben (vgl AG Bochum WuM 1972, 107 - Konkurrenz von Bruder und Schwester). Neben dem Verwandtschaftsgrad ist die Dringlichkeit des beiderseitigen Wohnungsbedarfs zu vergleichen. Deshalb ist Familienangehörigen bei einer Konkurrenz zu Hausstandsangehörigen ohne familiäre Beziehungen nicht in jedem Fall der Vorrang einzuräumen. Das Interesse des Vermieters kann gegenüber diesen beiden Personenkreisen durchaus von unterschiedlichem Gewicht sein. 63 Unerheblich ist es in jedem Fall, ob der Vermieter die zu räumende Wohnung dem berechtigten Familienangehörigen entgeltlich oder unentgeltlich zur Nutzung überlassen will (PALANDT-PUTZO § 5 6 4 b Anm 7 a cc; SCHMIDT-FUTTERER B 4 8 8 ) . 64 (3) Der Vermieter muß die Räume als Wohnung für sich oder den berechtigten Personenkreis (Rz 56 ff) benötigen. Die Wohnräume müssen zu Wohnzwecken in Anspruch genommen werden (vgl HANS § 5 6 4 b Anm 3 b bb bbb, der den an sich treffenderen Ausdruck „Eigenwohnbedarf" vorschlägt). Ein berechtigter Eigenbedarf liegt deshalb nicht vor, wenn die zu kündigende Wohnung zu Erholungszwekken (AG Wegberg WuM 1 9 7 2 , 1 0 8 ) oder nicht mehr als Wohnraum, sondern wegen einer Erweiterung des Geschäfts durch den Vermieter zu gewerblichen Zwecken genutzt werden soll (LG Köln WuM 1 9 7 4 , 1 0 3 ; anders AG Köln MDR 1 9 7 3 , 1 3 9 in der Vorinstanz; s Rz 84 zu Abs 2 Nr 3). Es genügt nicht, daß der Vermieter in der zu räumenden Wohnung ein zweites Büro einrichten will, um geschäftliche Angelegenheiten von zu Hause aus verrichten zu können (AG Dortmund WuM 1972, 178). Dies gilt auch in dem Fall, daß das Zweitbüro bisher in der Wohnung des Vermieters lag, wegen eines erhöhten Wohnbedarfs aber verlegt werden soll. Wenn die zu kündigenden Räume wegen des gestiegenen Wohnbedarfs dagegen insgesamt als neue Wohnung in Anspruch genommen werden sollen, liegt eine Verwendung zu Wohnzwecken des Vermieters vor, auch wenn untergeordnete Teile der Wohnung geschäftlichen Zwecken dienen sollen. Entscheidend ist, daß der Kündigung im wesentlichen ein erhöhter Wohnbedarf zugrunde liegt und nicht gestiegener geschäftlicher Raumbedarf den Ausschlag gibt. Eine Verwendung zu eigenen Wohnzwecken liegt vor, wenn der Vermieter seine bisherige Wohnung zu gewerblich genutzten Räumen umgestalten will und deshalb für sich eine neue Wohnung benötigt (HANS § 564 b Anm 3 b bb bbb). Davon zu unterscheiden ist der Fall, daß der Vermieter zur Erweiterung seines Geschäfts bisher als Wohnung genutzte Räume mieten will, diese Räume aber nur erhält, wenn er im Austausch die zu kündigende Wohnung in seinem eigenen Haus zur Verfügung stellt. Ein solcher mittelbarer Eigenbedarf reicht nicht aus. Zwar soll die Wohnung im eigenen Haus weiterhin Wohnzwecken dienen, aber nicht für den Vermieter oder den berechtigten Personenkreis, sondern für Dritte (LG Mannheim WuM 1974, 7 4 ; SCHMIDT-FUTTERER B 482). Scheidet Eigenbedarf iS des Abs 2 Nr 2 aus, weil die Räume in Zukunft nicht mehr als Wohnung verwendet werden sollen, kommt noch Abs 2 Nr 3 als Kündigungsgrund in Betracht (Rz 84; vgl HANS § 564 b Anm 3 b bb bbb - sonstiger Grund). Jürgen Sonnenschein

(1080)

3. Titel. Miete. Pacht

§ 564 b 65-67

(4) Der Vermieter muß die Räume als Wohnung für sich oder den berechtigten 65 Personenkreis benötigen. Anders als in dem früheren § 4 Abs 1 MietSchG wird kein dringendes Interesse vorausgesetzt (OLG Karlsruhe WuM 1976, 99, 100). Es muß also kein Notfall auf Seiten des Vermieters oder der anderen berechtigten Personen vorliegen ( H A N S § 564 b Anm 3 b bb ccc; P A L A N D T - P U T Z O § 564 b Anm 7 a cc; V O G E L JZ 1975, 73,74). Ein Kündigungsgrund ist nicht erst dann gegeben, wenn für den Vermieter eine Obdachlosigkeit droht oder wenn er sich auf dem Wohnungsmarkt keine geeignete Wohnung beschaffen kann (Ausschußbericht BT-Drucks 7/2638, 2). Es reichen vielmehr vernünftige Gründe aus ( P A L A N D T - P U T Z O aaO; V O G E L aaO), die es trotz der Sozialpflichtigkeit des Eigentums als geboten erscheinen lassen, dem Vermieter die freie Verfügungsbefugnis über sein Eigentum einzuräumen (vgl BVerfGE 37, 132, 140 f). Es ist ein konkretes und billigenswertes Räumungsinteresse des Vermieters erforderlich (OLG Karlsruhe WuM 1976, 99). Die Gründe müssen von einigem Gewicht sein, um sich gegenüber dem generalisierten Mieterinteresse an Beibehaltung der Wohnung durchzusetzen (vgl AG Köln WuM 1974, 151). Durch die gesetzliche Formulierung, der Vermieter müsse die Räume als Wohnung 66 für sich oder den berechtigten Personenkreis benötigen, wird ein eindeutiger Bezug des Wohnungsbedarfs zur Person des Vermieters hergestellt. Die Kündigung soll nur dann zugelassen werden, wenn der Wohnungsbedarf letztlich in der Person des Vermieters selbst und seinen eigenen Interessen begründet ist (LG Osnabrück WuM 1976, 55, 56). Daraus folgt für die Auslegung der Vorschrift, daß bestimmten Umständen nicht in jedem Fall das gleiche Gewicht beizumessen ist, wenn sie in der Person des Vermieters oder aber in der Person eines Hausstands- oder Familienangehörigen vorliegen. Umstände auf Seiten dieses Personenkreises können eine Kündigung nur dann rechtfertigen, wenn sie wenigstens mittelbar ein eigenes Interesse des Vermieters begründen. Der Vermieter selbst braucht sich deshalb grundsätzlich nicht darauf verweisen zu lassen, sein Wohnungsbedarf sei auch anderweitig als durch Kündigung der beanspruchten Wohnung zu befriedigen (s aber Rz 67). Ein berechtigter Eigenbedarf ist dagegen nicht anzuerkennen, wenn der Vermieter die Wohnung nur für Familienangehörige in Anspruch nehmen will und insoweit die Möglichkeit einer angemessenen anderweitigen Unterbringung besteht (vgl AG Dortmund WuM 1974, 178; AG Frankfurt WuM 1977, 122; AG Gelsenkirchen-Buer WuM 1975, 248; AG Köln ZMR 1977, 239). Ebenso kann es eine Kündigung rechtfertigen, wenn die zu räumende Wohnung für den Vermieter wesentlich günstiger zum Arbeitsplatz liegt (vgl AG Köln WuM 1974, 9,10) und der längere Weg dem Vermieter nicht zuzumuten ist (vgl LG Hamburg WuM 1975,124, 125). Eigenbedarf liegt dagegen nicht vor, wenn durch die zu kündigende Wohnung nur für einen Familienangehörigen der Weg zur Arbeitsstelle verkürzt werden soll (vgl AG Köln WuM 1974, 203). Darin liegt kein Widerspruch. Entscheidend ist vielmehr die unterschiedliche Interessenlage für den Vermieter. Allgemein läßt sich Eigenbedarf iS des Abs 2 Nr 2 dahin gehend kennzeichnen, daß 67 durch den beanspruchten Wohnraum einem bestehenden Mangel des Vermieters an eigengenutzten oder eigennutzbaren Wohnräumen für sich oder den berechtigten Personenkreis abgeholfen werden kann. Um den dabei anzuerkennenden Raumbedarf zu bemessen, kommt es auf die Größe und die Lebensstellung des betroffenen Personenkreises an (LG München I ZMR 1974, 49, 50 f). Eigenbedarf liegt deshalb nicht vor, wenn der Vermieter sich wohnlich nur verbessern will, obwohl er bereits über genügend Wohnraum verfügt und dabei angemessen untergebracht ist (LG Köln WuM 1974, 103; AG Krefeld WuM 1972, 93). Der bloße Wunsch des Vermieters, im eigenen Haus zu wohnen oder dort seine Angehörigen unterzubringen, ist deshalb unzureichend (LG Essen WuM 1973, 163; LG Hamburg WuM (1081)

Jürgen Sonnenschein

§ 564 b

68

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

1977, 30; LG Mannheim WuM 1974, 260; SCHMIDT-FUTTERER B 482). Säuglinge und in gewissen Grenzen noch Kleinkinder können idR im Zimmer der Eltern schlafen, aber nicht mehr zB ein zwölfjähriges Kind (LG Köln WuM 1 9 7 5 , 1 9 2 ) . Ist der Raumbedarf des Vermieters angemessen gedeckt, kommt es nicht darauf an, ob die beanspruchte Wohnung ganz allgemein geeigneter für ihn ist, sofern nicht besondere Gründe wie etwa eine wesentlich größere Nähe zum Arbeitsplatz und dgl hinzukommen (vgl aber LG München I ZMR 1974, 49, 51). So kann der in hohem Lebensalter stehende Vermieter, der in einer lauten Straße wohnt, aus gesundheitlichen Gründen zu Recht die ruhig gelegene Wohnung in seinem Haus beanspruchen (LG Karlsruhe WuM 1974, 261). Ist der Weg zum Arbeitsplatz gleich und besteht ansonsten kein konkreter Raumbedarf, so ist die Kündigung unberechtigt (LG Mannheim aaO). Eigenbedarf an einer bestimmten Wohnung besteht auch dann nicht, wenn er durch andere, freistehende Wohnungen des Vermieters befriedigt werden kann (AG München WuM 1973, 6). Dabei ist es für den Vermieter zumutbar, kurze Zeit auf eine erst fertigzustellende oder frei werdende Wohnung zu warten (LG Mannheim WuM 1974, 30, 31; SCHMIDT-FUTTERER MDR 1972, 560, 561; ders B 483). Vermietet er die frei gewordene Wohnung trotz seines Eigenbedarfs anderweitig, hat er sein Kündigungsrecht verwirkt (LG Mannheim ZMR 1977, 2 3 8 Nr 3 2 ; AG München aaO; aM B G B - R G R K - G E L H A A R § 5 6 4 b RZ 18; vgl auch LG Köln WuM 1974, 9 zum arglistigen Nachschieben von Eigenbedarf). Eigenbedarf ist nicht anzuerkennen, wenn die zugrunde liegenden Umstände im wesentlichen schon bei Abschluß des Mietvertrags vorhersehbar waren (AG Rendsburg WuM 1975, 122), soweit nicht später hinzutretende Gründe das Interesse des Vermieters wesentlich verstärken (SCHMIDT-FUTTERER B 492). Das gleiche gilt, wenn der Vermieter die Wohnräume nur als kurzfristige Übergangslösung für wenige Monate während des Umbaus seiner eigenen Wohnung beansprucht (AG Ahaus WuM 1973, 248). Der Vermieter benötigt die in Anspruch genommene Wohnung auch dann nicht, wenn er sie nur zu Erholungszwecken nutzen will (AG Wegberg WuM 1972, 108). 68 Eigenbedarf ist anzuerkennen, wenn ein weiteres Verbleiben des Mieters in der bisherigen Wohnung für den Vermieter, seine Hausstands- oder Familienangehörigen mit erheblichen Nachteilen verbunden ist (vgl LG Essen WuM 1976, 233; kritisch B G B - R G R K - G E L H A A R § 5 6 4 b Rz 17). Diese Nachteile können zum einen gesundheitlicher Art sein, wenn etwa der in hohem Lebensalter stehende Vermieter in einer lauten Straße wohnt (LG Karlsruhe WuM 1974, 261) oder wenn hilfsbedürftige Angehörige versorgt werden müssen. Eigenbedarf besteht aber nicht, wenn die Hilfeleistungen auch ohne Bereitstellung einer Wohnung erbracht werden können (LG Mannheim WuM 1974, 30; LG Osnabrück WuM 1976,124). Eheliche Schwierigkeiten können Eigenbedarf begründen, wenn der Vermieter die Ehewohnung verläßt, weil ein weiteres Zusammenleben mit dem Ehegatten unzumutbar ist (LG Köln WuM 1975, 210; anders AG Köln WuM 1977, 29 in der Vorinstanz). Dabei ist es unerheblich, wer die Trennung verursacht hat. Die bestehende Zwangslage ist nicht mit einem freiwillig herbeigeführten Eigenbedarf vergleichbar (LG Köln aaO 211 ; Rz 70 f). Auch finanzielle Nachteile für den Vermieter können unter bestimmten Voraussetzungen eine Kündigung wegen Eigenbedarfs rechtfertigen. Dies gilt etwa, wenn er für seine eigene Wohnung eine unzumutbar hohe Miete bezahlen muß und deshalb in die zu kündigende Wohnung umziehen will (SCHMIDTFUTTERER B 4 8 2 ) . Vorauszusetzen ist allerdings eine erhebliche Differenz zwischen der vom Vermieter zu zahlenden und der aus der vermieteten Wohnung erzielten Miete (AG Hamburg WuM 1973, 5; LG Hamburg WuM 1975, 124, das nicht auf Eigenbedarf, sondern auf ein allgemeines Erlangungsinteresse abstellt; vgl Rz 119). Dabei kann es darauf ankommen, ob dem Vermieter seine bisherige Mietwohnung wegen des Auszugs von Familienangehörigen zu groß geworden ist und er deshalb Jürgen Sonnenschein

(1082)

3. Titel. Miete. Pacht

§ 564 b 69, 70

eine kleinere Wohnung in seinem eigenen Haus beziehen möchte (HANS § 564 b Anm 3 b bb ccc). Die Absicht des Vermieters, seine bisherige Wohnung gewinnbringend zu vermieten, kann dagegen keinen Eigenbedarf begründen (AG Krefeld WuM 1972, 93). Nach verbreiteter Auffassung (BARTHELMESS § 5 6 4 b Rz 7 4 ; BGB-RGRK-GELHAAR 6 9 § 5 6 4 b Rz 18; SCHMIDT-FUTTERER B 4 8 3 ; SCHOPP ZMR 1975, 9 7 , 1 0 0 ) steht es dem Vermieter frei, welchem von mehreren Mietern er wegen Eigenbedarfs kündigt. Soziale Härtegründe auf Seiten des Mieters könnten nur im Rahmen eines Kündigungswiderspruchs nach § 556 a berücksichtigt werden. Auch wenn auf der Grundlage der hier vertretenen Meinung (Rz 28, 49) ein Teil der Interessenabwägung in den Bereich des § 564 b verlagert wird, führt die Berücksichtigung eines generalisierten Mieterinteresses hier nicht weiter, da insoweit für alle Mieter das gleiche Interesse besteht, ihre Wohnung behalten zu dürfen. Eine Differenzierung würde zudem unerfreuliche Auswirkungen auf Rechtsstreitigkeiten haben, wenn die Belange unbeteiligter dritter Mieter in einen Prozeß eingeführt werden könnten, indem der betroffene Mieter die Kündigung anderer als sozial eher berechtigt darstellt. Gleichwohl geht die im Schrifttum vertretene Auffassung zu weit. Der Vermieter kann zwischen mehreren Mietern für die Kündigung nur dann frei auswählen, wenn er jede dieser Wohnungen in gleicher Weise benötigt. Dieses Tatbestandsmerkmal bildet einen Anknüpfungspunkt, um die freie Auswahl des Vermieters zu begrenzen. Deshalb ist stets zu fragen, ob er gerade die in Anspruch genommene Wohnung benötigt. Ist sein Wohnbedarf bei mehreren, unterschiedlich großen Wohnungen auch mit der kleineren Wohnung angemessen zu befriedigen, so kann er nur diese in Anspruch nehmen. Hierbei werden die verschiedenen Wohnungen nur objektiv und von der Person des Vermieters her miteinander verglichen, so daß jedenfalls die subjektiven Belange Dritter nicht in einen etwaigen Rechtsstreit einfließen. Fraglich ist, ob der Vermieter die in Anspruch genommene Wohnung auch dann 70 benötigt, wenn er die Umstände, die den Eigenbedarf begründen, selbst herbeigeführt hat. Wie schon zu § 4 MietSchG (KIEFERSAUER-GLASER Rz 10 mwN) wird auch für § 564 b die Auffassung vertreten, ein vom Vermieter selbst verschuldeter Eigenbedarfsgrund reiche nicht aus (BARTHELMESS § 564 b Rz 77; HANS § 564 b

Anm 3 b bb ccc). Dies soll auch dann gelten, wenn der Vermieter ein vollständig vermietetes Mehrfamilienhaus gekauft hat, um dort eine Wohnung zu beziehen. Er habe dann bewußt eine Lage des Eigenbedarfs herbeigeführt (AG Frankfurt WuM 1974, 31). Der Grundsatz vom selbstverschuldeten Eigenbedarf ist jedoch in mehrfacher Hinsicht einzuschränken, da er in dieser allgemeinen Formulierung zu Fehlschlüssen verführt. Entscheidend kommt es nicht auf Verursachung oder Verschulden des Vermieters hinsichtlich des Eigenbedarfs an, sondern auf das Merkmal der Treuwidrigkeit im Verhältnis zu dem betroffenen Mieter, das in der Geltendmachung eines selbst herbeigeführten Eigenbedarfs liegen kann. So ist es nicht treuwidrig, wenn der Vermieter den Eigenbedarf durch Heirat, Kinder oder sonstige Aufnahme von Familienangehörigen verursacht. Das gleiche gilt, wenn der Vermieter seine Wohnung wegen ehelicher Streitigkeiten verläßt (vgl LG Köln WuM 1975, 210, 211). Hat jemand Wohnungsbedarf und kauft er deshalb ein Haus, so kann er sich nunmehr ohne Treuwidrigkeit auf Eigenbedarf berufen, auch wenn er das Haus in Kenntnis der vollständigen Vermietung erworben hat (HANS § 564 b Anm 3 b bb ccc; aM AG Frankfurt aaO). Die Einschränkung des Abs 2 Nr 2 S 2 ist nicht anwendbar, da es über diese Sonderregelung hinaus keine allgemeine Wartefrist gibt (PALANDT-PUTZO § 5 6 4 b A n m 7 b ; SCHMIDT-FUTTERER B 4 9 9 ; a M VOGEL J Z 1 9 7 5 ,

73, 75). Auch der freiwillige Wechsel des Arbeitsplatzes und ein dadurch verursachter Eigenbedarf des Vermieters an der günstiger gelegenen Wohnung kann nicht dazu führen, eine Kündigung im Verhältnis zum Mieter als treuwidrig zu beurteilen. (1083)

Jürgen Sonnenschein

§ 564 b 71-73

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

Selbst wenn der Vermieter durch sein Verhalten eine ordentliche oder außerordentliche fristlose Kündigung seines bisherigen Mietverhältnisses durch seinen eigenen Vermieter veranlaßt hat, kann er sich auf Eigenbedarf berufen, weil das Verhalten gegenüber seinem Vermieter in keiner Beziehung zu seinem eigenen Mieter steht (SCHMIDT-FUTTERER B 4 9 1 ) . Er braucht es grundsätzlich auch nicht auf einen Kündigungswiderspruch gegenüber seinem Vermieter ankommen zu lassen, da ihm das Risiko von Prozeßkosten nicht zugemutet werden kann (HANS aaO). Zumutbar ist es allerdings, sich gegenüber offensichtlich unberechtigten Kündigungen zu wehren oder bei offenbarer Erfolgsaussicht eines Kündigungswiderspruchs diesen Weg zu beschreiten, um das Risiko nicht allzu bereitwillig auf den eigenen Mieter zu überwälzen. Insoweit macht es keinen Unterschied, ob dem Vermieter anderweitig eine freie Wohnung zur Verfügung steht (Rz 67) oder ob er sich die bisherige Wohnung ohne weiteres erhalten kann. In beiden Fällen benötigt er die in Anspruch genommene Wohnung nicht. Damit wird auch der von HANS (aaO) befürchteten Gefahr vorgebeugt, daß der Vermieter mit seinem eigenen Vermieter „gemeinsame Sache macht", um den Tatbestand des Eigenbedarfs zu begründen. Im übrigen erfüllt ein solches Zusammenwirken das Merkmal der Treuwidrigkeit gegenüber dem Mieter. 71 Darüber hinaus beschränkt sich das Problem des selbstverschuldeten Eigenbedarfs auf die Fälle, in denen der Vermieter seine eigene Mietwohnung grundlos kündigt. Hier ist es dem Vermieter versagt, sich auf Eigenbedarf zu berufen (PALANDT-PUTZO § 564 b Anm 7 a cc; SCHMIDT-FUTTERER B 482). Der Grund liegt in dem treuwidrigen Verhalten gegenüber dem eigenen Mieter, da der Vermieter seine Wohnung nur im Hinblick darauf aufgibt, nunmehr die Wohnung seines Mieters in Anspruch zu nehmen. Zweifelhaft ist, ob dies auch gilt, wenn der Vermieter das Haus, in dem er wohnt, veräußert und wegen seiner Räumungspflicht Eigenbedarf herbeiführt. Insoweit kommt es auf den Grund der Veräußerung an. Handelt es sich um eine angemessene wirtschaftliche Verwertung des Grundstücks, die als Kündigungsgrund iS des § 564 b Abs 2 Nr 3 anzuerkennen wäre, so kann im Hinblick auf die darin liegende gesetzliche Wertung auch ein durch die Veräußerung verursachter Eigenbedarf nicht unberechtigt sein. 72 cc) Einzelfälle In folgenden weiteren Fällen wurde Eigenbedarf von der Rspr nicht als Kündigungsgrund anerkannt: Bedarf für Büroangestellte (AG Gelsenkirchen-Buer WuM 1972, 2 7 m Anm SCHMIDT; PALANDT-PUTZO § 5 4 6 b Anm 7 a cc; ZÖLL B1GBW 1 9 7 3 , 1 6 3 ) und Arbeiter eines Gewerbebetriebs (AG München WuM 1972, 142); Vorhersehbarkeit der Pflegebedürftigkeit von Verwandten im Zeitpunkt anderweitiger Vermietung (AG Hagen WuM 1973, 23); Mangel konkreter Angaben über die Heiratsabsicht der Tochter (AG Hameln WuM 1974, 151); Heiratsabsicht und Möglichkeit anderweitiger Wohnraumbeschaffung (AG Lübeck WuM 1973, 23). 73 dd) Wartezeit nach der Begründung von Wohnungseigentum (Abs 2 Nr 2 S 2) Wenn der Vermieter die Wohnräume dem Mieter überlassen und sodann Wohnungseigentum daran begründet hat, kann sich im Falle einer Veräußerung der Erwerber, der nach § 571 in den Mietvertrag eintritt, nicht vor Ablauf von drei Jahren seit der Veräußerung auf Eigenbedarf berufen. Im Land Berlin ist in diesen Fällen bei Mietverhältnissen über Wohnraum, auf die das WKSchG II am 31. 12. 1975 nicht anzuwenden war, die Kündigung wegen Eigenbedarfs ganz ausgeschlossen (Art 2 des G zur Änd mietrechtlicher und mietpreisrechtlicher Vorschriften im Land Berlin vom 17. 11. 1975, BGBl I 2867). In Anlehnung an § 4 a MietSchG ist früher der Grundsatz entwickelt worden, daß dem Erwerber eines Grundstücks angesichts der allgemeinen Wohnungsnot eine angemessene Jürgen Sonnenschein

(1084)

§ 564 b 3. Titel. Miete. Pacht

74,75

Wartezeit von zwei bis drei Jahren zuzumuten sei, bevor er sich auf Eigenbedarf berufen könne. Aber schon nach Änderung des § 4 Abs 1 MietSchG durch das AbbauG von 1961 (BGBl I 389) wurde es zweifelhaft, ob dieser Grundsatz weiterhin Geltung beanspruchen könne ( K I E F E R S A U E R - G L A S E R , MietSchG § 4 Rz 6 mwN). Gleichwohl griff der Gesetzgeber bei Erlaß des WKSchG I hierauf zurück, um für die sich häufenden Fälle der Umwandlung von Mietwohnungen in Eigentumswohnungen eine besondere gesetzliche Regelung zu treffen. Diese Sonderregelung wurde auch deshalb für erforderlich gehalten, weil solche Eigentumswohnungen regelmäßig erworben würden, um eigenen Wohnungsbedarf zu befriedigen. Der erstrebte Bestandsschutz für den Mieter erscheine hier also besonders gefährdet (Ausschußbericht BT-Drucks VI/2421, 3). Ein Umwandlungsfall setzt zunächst voraus, daß nach der Überlassung der Woh- 74 nung an den Mieter Wohnungseigentum begründet worden ist. Die Wohnung ist dem Mieter überlassen, wenn er in die Lage versetzt ist, sie vertragsgemäß in Gebrauch zu nehmen. Dies wird idR mit der Besitzverschaffung zusammenfallen (§§ 535, 536 Rz 18 ff). Es kommt aber nicht darauf an, ob der Mieter die Wohnung tatsächlich schon bezogen hat. Schon der Besitz begründet die Schutzbedürftigkeit des Mieters (vgl § 565 Rz 33 ff). Das Wohnungseigentum kann durch die vertragliche Einräumung von Sondereigentum (§ 3 WEG) oder durch Teilung (§ 8 WEG) begründet werden (§ 2 WEG). Abs 2 Nr 2 S 2 setzt angesichts der neutral gehaltenen Satzfassung nicht voraus, daß der Vermieter das Wohnungseigentum begründet. Erfaßt werden auch die Fälle, in denen Eigentümer und Vermieter nicht identisch sind. Im Schrifttum wird zT die Auffassung vertreten, auf die Bestellung eines Dauerwohnrechts nach den §§ 31 ff WEG sei die Vorschrift entsprechend anwendbar (BARTHELMESS § 564 b Rz 84; V O G E L JZ 1975, 73, 75 - argumentum a maiore ad minus). Unverkennbar ist, daß für eine entsprechende Anwendung ein gewisses Bedürfnis besteht, weil der Erwerber eines Dauerwohnrechts nach den §§ 577, 571 in die Rechtsstellung des Veräußerers eintritt, wenn die Räume schon vom Eigentümer vermietet worden sind ( B Ä R M A N N - M Ä H R L E - P I C K , WEG [3. Aufl 1975] § 37 Rz 6; E R M A N - S C H O P P § 577 Rz 1). Damit wird der Mieter der Gefahr einer Kündigung durch den Dauerwohnberechtigten ausgesetzt. Gleichwohl ist § 564 b Abs 2 Nr 2 S 2 auf diesen Fall nicht anwendbar (SCHMIDT-FUTTERER B 495; ders ZMR 1974, 37). Nach dem eindeutigen Wortlaut wird nur die Begründung von Wohnungseigentum betroffen. Nur insoweit bestand bei Erlaß des Gesetzes ein praktisches Bedürfnis für einen verstärkten Mieterschutz. Einer ausdehnenden Auslegung oder entsprechenden Anwendung der Vorschrift steht aber grundsätzlich ihr Charakter als Sonderregelung entgegen. Zudem ist zu bedenken, daß die Vorschrift ohnehin nicht durch Begründung einer allgemeinen Wartefrist einen lückenlosen Bestandsschutz in Veräußerungsfällen gewährleistet (Rz 82). Auch die Bestellung eines Wohnungsrechts als beschränkter persönlicher Dienstbarkeit nach § 1093 wird nicht erfaßt (BARTHELMESS § 564 b Rz 84; SCHMIDT-FUTTERER B 495; ders ZMR 1974, 37). Das Gesetz geht für die Annahme eines Umwandlungsfalls von einer ganz bestimm- 75 ten zeitlichen Reihenfolge der einzelnen Vorgänge aus. Zunächst muß die Wohnung an den Mieter überlassen worden sein. Danach muß Wohnungseigentum begründet und veräußert worden sein. Die Begründung von Wohnungseigentum ohne anschließende Veräußerung setzt also für den bisherigen Vermieter keine Wartefrist in Lauf (BARTHELMESS § 5 6 4 b R z 8 4 ; P A L A N D T - P U T Z O § 5 6 4 b A n m 7 b a a ; SCHMIDT-FUT-

B 4 9 5 ) . Die Vorschrift greift auch nicht ein, wenn jemand eine leerstehende Eigentumswohnung erwirbt, dann vermietet und anschließend weiterveräußert, wenn also die Begründung des Wohnungseigentums zeitlich vor der Überlassung an den Mieter liegt. Das Wohnungseigentum wird im Falle der Einräumung von TERER

(1085)

Jürgen Sonnenschein

§ 564 b 76-78

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

Sondereigentum ( § 3 WEG) durch Einigung der Beteiligten und Eintragung der Rechtsänderung in das Grundbuch begründet (§ 4 Abs 1 WEG; vgl B Ä R M A N N - M E R LE-PICK § 4 Rz 7). Im Falle der Teilung sind die Teilungserklärung des Grundstückseigentümers gegenüber dem GBA und die Anlegung der Wohnungsgrundbücher, also die Eintragung, erforderlich (§ 8 WEG; vgl B Ä R M A N N - M E R L E - P I C K § 8 Rz 2 4 , 29).

76 Hieraus ergibt sich die Streitfrage, ob Abs 2 Nr 2 S 2 eingreift, wenn das Verfahren zur Begründung des Wohnungseigentums bereits vor Überlassung der Wohnung an den Mieter eingeleitet war, aber erst später durch die Grundbucheintragung abgeschlossen worden ist. In Rspr (AG Weinheim DWW 1975, 189) und Schrifttum ( B G B - R G R K - G E L H A A R § 564 b Rz 26; P A L A N D T - P U T Z O § 564 b Anm 7b aa) wird die Auffassung vertreten, daß dieser Fall im Wege der teleologischen Reduktion vom Anwendungsbereich der Vorschrift auszuklammern sei, wobei dies nach PALANDT-PUTZO (aaO) generell für den Ersterwerb des Wohnungseigentums vom Bauträger gelten soll. Dieser Auffassung steht jedoch nicht nur der klare Wortlaut des Gesetzes entgegen (LG Mannheim WuM 1975, 212 in 2. Instanz zu AG Weinheim aaO; SCHMIDT-FUTTERER B 495 - mißverständlich hinsichtlich des Ersterwerbs). Der Mieter einer Wohnung in einem Mehrfamilienhaus braucht für den Fall der Veräußerung des Grundstücks nicht ohne weiteres mit einem Eigenbedarf des Vermieters zu rechnen. Anders ist es bei der Veräußerung eines vermieteten Eigenheims oder einer vermieteten Eigentumswohnung (vgl V O G E L JZ 1975, 73, 75). Solange die Eigenschaft als Eigentumswohnung noch nicht begründet ist, bedarf der Mieter deshalb eines besonderen Schutzes, so daß die Anwendung der Vorschrift auch nach ihrem Zweck gerechtfertigt ist. Fraglich ist nur, ob Abs 2 Nr 2 S 2 dann nicht anzuwenden ist, wenn der Mieter Kenntnis von der vorgesehenen oder bereits eingeleiteten Begründung von Wohnungseigentum hat und dennoch den Mietvertrag abschließt. Die Vorschrift enthält jedoch keinen Anhaltspunkt, um diese Umstände zu berücksichtigen. Es ist deshalb nicht angebracht, daß dem Mieter nach § 242 versagt wird, sich auf die Vorschrift zu berufen. Der Interessenkonflikt ist vielmehr in angemessener Weise über eine Gewährleistung des Verkäufers für Rechtsmängel nach § 434 zu lösen. 77 Die Wartefrist des Abs 2 Nr 2 S 2 greift nicht ein, wenn das Grundstück als Ganzes an eine Miteigentümergemeinschaft veräußert wird, die dann erst nach § 3 WEG Sondereigentum an den einzelnen Wohnungen begründet (AG Heidelberg WuM 1976, 15). Hier liegt die Veräußerung zeitlich vor der Begründung des Wohnungseigentums und betrifft auch nicht dieses, sondern das Grundstück als solches. Der Fall ist deshalb nicht anders zu beurteilen als die Veräußerung des ganzen Grundstücks an einen einzelnen Erwerber, der anschließend eine der Wohnungen in Anspruch nimmt (vgl Rz 70). Allerdings braucht die Veräußerung zeitlich der Begründung des Wohnungseigentums nicht unbedingt in vollem Umfang nachzufolgen. So reicht es aus, wenn sich Veräußerer und Erwerber nach den §§ 873, 925 schon vor der Begründung des Wohnungseigentums einigen. Die Veräußerung kann durch Eintragung ohnehin erst vollendet werden, nachdem das Wohnungseigentum durch Eintragung begründet worden ist (s auch Rz 79). 78 Das Wohnungseigentum muß veräußert worden sein. Die Veräußerung richtet sich nach den §§ 8 7 3 , 9 2 5 ( B Ä R M A N N - M E R L E - P I C K WEG § 1 Rz 4 4 ) . Die im Schrifttum gebräuchliche Formulierung, das Wohnungseigentum müsse „vom bisherigen Eigentümer (Vermieter)" an einen Dritten veräußert worden sein (BARTHELMESS § 5 6 4 b Rz 8 4 ; P A L A N D T - P U T Z O § 5 6 4 b Anm 7 b aa; vgl auch SCHMIDT-FUTTERER B 495, der nur vom Eigentümer spricht), ist in mehrfacher Hinsicht mißverständlich. Wie sich aus der neutral gehaltenen Satzfassung der Vorschrift ergibt, kommt es ebenso wie bei der Begründung des Wohnungseigentums (Rz 74) nicht darauf an, Jürgen Sonnenschein

(1086)

3. Titel. Miete. Pacht

§ 564 b 79-81

daß Veräußerer und Vermieter identisch sind. Es ist ferner nicht entscheidend, daß der Eigentümer die Verfügung trifft. Vielmehr reicht es aus, daß ein Nichtberechtigter das Wohnungseigentum veräußert, wenn die Verfügung nach § 185 oder wegen gutgläubigen Erwerbs nach § 892 wirksam ist (vgl zum gutgläubigen Erwerb des Wohnungseigentums WEITNAUER-WIRTHS, WEG [5. Aufl 1 9 7 4 ] § 3 Rz 6 d - 6 f ) . Dabei macht es keinen Unterschied, ob es sich um die Verfügung eines im Grundbuch eingetragenen Nichteigentümers über ein bereits existierendes Wohnungseigentum handelt oder ob der Eigentümer bzw ein Scheineigentümer über ein wegen eines Mangels des Begründungsakts in Wirklichkeit nicht entstandenes, aber eingetragenes Wohnungseigentum verfügt. Im letzteren Fall treffen die Begründung des Wohnungseigentums und die Veräußerung unmittelbar zusammen. Da es nicht auf die Person des Veräußerers ankommt, fällt auch eine Veräußerung durch den Testamentsvollstrecker oder den Konkursverwalter unter Abs 2 Nr 2 S 2. Der Veräußerer braucht nicht mit der Person identisch zu sein, die das Wohnungseigentum begründet hat, so etwa bei Erbfolge (vgl Rz 79). Die Vorschrift erfaßt ferner Verfügungen über das Wohnungseigentum, die im Wege der Zwangsversteigerung getroffen werden, weil eine rechtsgeschäftliche Natur der Veräußerung nicht vorausgesetzt wird. Der Mieter ist in allen Fällen schutzbedürftig. Die dreijährige Wartezeit beginnt, wenn die Veräußerung des Wohnungseigentums 79 nach den §§ 873, 925 wirksam geworden ist, wenn also Einigung und Eintragung vollzogen sind. Auf die zeitliche Reihenfolge dieser beiden Merkmale kommt es nicht an, sofern sie nur inhaltlich übereinstimmen und zeitlich zusammentreffen (ERMAN-H WESTERMANN § 8 7 3 Rz 2 1 mwN). Fraglich ist, ob bei einer mehrfachen Veräußerung der letzte Erwerber selbst die dreijährige Wartezeit erfüllt haben muß, bevor er kündigen kann, oder ob die Zeit seit der ersten Veräußerung nach der Begründung des Wohnungseigentums zu berechnen ist. Nach dem Wortlaut der Vorschrift scheinen sich der Begriff der Veräußerung und damit der Beginn der Wartezeit auf den Erwerbsakt des Erwerbers zu beziehen, der kündigen will. Der Wortlaut ist allerdings nicht eindeutig und deshalb nicht zwingend. Sinn und Zweck der Vorschrift lassen es vielmehr zu, dem Erwerber, der kündigen will, die in der Person seiner Rechtsvorgänger abgelaufene Wartezeit anzurechnen. Der Mieter soll eine dreijährige Schonfrist haben, nachdem eine Eigentumswohnung veräußert worden ist. Darauf kann er sich bereits nach der ersten Veräußerung einstellen. Es besteht deshalb kein Bedürfnis, bei jeder folgenden Veräußerung die Frist aufs neue beginnen zu lassen. Das Ende der Frist ist nach § 188 Abs 2 zu bestimmen. Da ein Kündigungsgrund im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigungserklärung 80 vorliegen muß (§ 564 Rz 37), hierfür aber ein konkreter, zukünftiger Eigenbedarf in dem Zeitpunkt ausreicht, zu dem das Mietverhältnis beendet werden soll (vgl LG Stuttgart WuM 1976, 56; Rz 47), müßte an sich eine Kündigung genügen, die schon während der dreijährigen Frist unter Beachtung des § 565 ausgesprochen wird und das Mietverhältnis mit Ablauf der Wartezeit beenden soll (so PALANDT-PUTZO § 564 b Anm 7 b cc). Dem stehen jedoch Wortlaut und Zweck des § 564 b Abs 2 Nr 2 S 2 entgegen. Wenn sich der Vermieter nicht vor Ablauf der Wartezeit auf Eigenbedarf „berufen" kann, so ist erst nach diesem Zeitpunkt eine Kündigungserklärung möglich, die auf Eigenbedarf gestützt wird (BARTHELMESS § 5 6 4 b Rz 8 7 ; B G B - R G R K - G E L H A A R § 5 6 4 b Rz 2 6 ; SCHMIDT-FUTTERER B 4 9 7 ) . Dabei kommt es nicht auf die Abgabe der Erklärung nach Ablauf der Wartezeit an (so BARTHELMESS aaO), sondern auf den Zugang. Rechtlich beruft sich der Kündigende auf Eigenbedarf erst mit einer wirksam gewordenen Erklärung Abgeben kann er die Erklärung schon vorher. Die Wartezeit erfaßt jede Kündigung wegen Eigenbedarfs. Es spielt deshalb keine 81 Rolle, ob der Eigenbedarf auf objektiven oder auf subjektiven Gründen beruht. (1087)

Jürgen Sonnenschein

§ 564 b 82-84

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

Auch bei persönlichen Härtegründen wie schwerer Krankheit (AG Wuppertal MDR 1972, 425) oder fortgeschrittenem Alter (AG Wuppertal WuM 1972, 93) kann sich der Mieter vor Ablauf der Wartefrist nicht auf Eigenbedarf berufen (BARTHELMESS § 564 b Rz 87; SCHMIDT-FUTTERER B 498). Solche Umstände, die letztlich eine Inanspruchnahme der Wohnung durch den Vermieter, seine Hausstands- oder Familienangehörigen begründen sollen, können deshalb auch nicht als sonstige Gründe für ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Metverhältnisses (Rz 104 ff) anerkannt werden. 82 Von der Wartezeit werden nur Kündigungen wegen Eigenbedarfs in den gesetzlich bestimmten Umwandlungsfällen erfaßt. Dies ergibt sich eindeutig aus Wortlaut und Stellung der Vorschrift. Daraus folgt zum einen, daß trotz der Umwandlung einer Mietwohnung in eine Eigentumswohnung die Kündigung des Erwerbers auf andere Gründe wie etwa schuldhafte Vertragsverletzung (Abs 2 Nr 1) oder Verhinderung wirtschaftlicher Verwertung (Abs 2 Nr 3) gestützt werden kann ( B A R T H E L MESS § 564 b Rz 85; SCHMIDT-FUTTERER ZMR 1974, 37, 38; vgl aber Abs 2 Nr 3 S 3 zum Ausschluß der Kündigung durch den Veräußerer, Rz 101 f). Zum anderen hat die auf Umwandlungsfälle beschränkte gesetzliche Regelung zur Folge, daß daneben eine allgemeine, gesetzlich nicht geregelte Wartezeit für sämtliche anderen Fälle der Veräußerung von Wohnraum, seien es Ein- oder Zweifamilienhäuser, Mietwohnhäuser oder schon vor Überlassung an den Mieter geschaffene Eigentumswohnungen, nicht mehr anerkannt werden kann (BARTHELMESS § 564 b Rz 76; H A N S § 564 A n m l 3 b bb; P A L A N D T - P U T Z O § 564 b Anm 7 b aa; SCHMIDT-FUTTERER B 499; WEIMAR F W W 1 9 7 4 , 4 2 8 , 4 2 9 ; a M DERLEDER J A 1 9 7 7 , 5 3 8 , 5 4 1 ; VOGEL J Z 1 9 7 5 ,

73, 75; vgl Rz 70, 73). 83 d) Verhinderung wirtschaftlicher Verwertung des Grundstücks (Abs 2 Nr 3) aa) Allgemeines Ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses ist anzuerkennen, wenn der Vermieter durch die Fortsetzung des Mietverhältnisses an einer angemessenen wirtschaftlichen Verwertung des Grundstücks gehindert und dadurch erhebliche Nachteile erleiden würde. Eine entsprechende Regelung enthielt früher § 4 Abs 1 b) MietSchG, wo allerdings nicht von einer angemessenen, sondern von einer gerechtfertigten wirtschaftlichen Verwertung die Rede war. Als Kündigungsgrund ist die Regelung zunächst in Art 1 § 1 WKSchG I und von dort in § 564 b übernommen worden. Die Wirtschaftlichkeit des Haus- und Grundbesitzes soll durch die Kündigungsmöglichkeit gesichert werden, damit ein Mietverhältnis der Verwertung des Grundstücks nicht entgegensteht (vgl BARTHELMESS § 564 b Rz 89; SCHMIDT-FUTTERER B 501). Dieses Interesse des Vermieters wird aber nur unter den erwähnten einschränkenden Voraussetzungen als berechtigt anerkannt. Ob diese Voraussetzungen erfüllt sind, ist vom Vermieter darzulegen und zu beweisen (PALANDT-PUTZO § 5 6 4 b A n m 8 c ; SCHMIDT-FUTTERER B

508).

84 bb) Tatbestandsmerkmale im einzelnen (Abs 2 Nr 3 S 1) (1) Die wirtschaftliche Verwertung des Grundstücks muß durch ein bestehendes Mietverhältnis über Wohnraum betroffen sein. Zur wirtschaftlichen Verwertung gehören der Verkauf und die Nutzung durch entgeltliche Gebrauchsüberlassung, insbesondere durch Vermietung oder Verpachtung. Die weitere Vermietung als Wohnraum mit dem Zweck, höhere Mieteinnahmen zu erzielen, scheidet nach Abs 2 Nr 3 S 2 (Rz 99 f) jedoch aus. Möglich ist eine Weitervermietung oder Verpachtung zu gewerblichen oder freiberuflichen Zwecken oder an eine Behörde Jürgen Sonnenschein

(1088)

3. Titel. Miete. Pacht

§ 564 b 85-87

( B A R T H E L M E S S § 564 b Rz 92; S C H M I D T - F U T T E R E R B 506). Dabei darf der Vermieter aber nicht gegen das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum nach Art 6 MRVerbG (BGBl I 1971, 1745) verstoßen. Die Kündigung ist nur berechtigt, wenn die Zweckentfremdungsgenehmigung im Zeitpunkt der Kündigung bereits erteilt ist (Rz 90). Soll in Zukunft ein Mischmietverhältnis begründet werden, kommt es darauf an, daß der geschäftliche Anteil gegenüber dem Wohnanteil überwiegt. Dies richtet sich nach der Größe und dem Wert der einzelnen Raumanteile. Eine wirtschaftliche Verwertung kann auch darin liegen, daß der Vermieter die Räume in Zukunft für den Betrieb seines eigenen Unternehmens verwenden will (AG Völklingen MDR 1973, 677; S C H M I D T - F U T T E R E R B 506). Aus dem Begriff der wirtschaftlichen Verwertung ergibt sich, daß die zukünftige Verwendung zumindest von der Planung her finanzielle Vorteile für den Vermieter mit sich bringen soll. Eine unentgeltliche Übertragung oder Gebrauchsüberlassung wird deshalb grundsätzlich ebensowenig erfaßt (aM B A R T H E L M E S S § 564 b Rz 90) wie eine Verwendung zu sozialen Zwecken (vgl zum letzteren LG Köln WuM 1976, 163 m Anm W E I M A R , wobei dahingestellt sein mag, ob mit dem geplanten Bau von 100 Sozialwohnungen wirklich nur soziale Zwecke verfolgt wurden). Eine wirtschaftliche Verwertung kann auch in der Bestellung dinglicher Rechte wie etwa Nießbrauch, Dauerwohnrecht oder Erbbaurecht liegen. Ausgeschlossen ist nach Abs 2 Nr 3 S 3 die Begründung von Wohnungseigentum zum Zwecke der Veräußerung (Rz 101 f). Abbruch und Wiederaufbau oder der bloße Umbau eines Gebäudes können als wirtschaftliche Verwertung zu beurteilen sein (AG Gelsenkirchen DWW 1974, 286; B A R T H E L M E S S § 564 b Rz 91; S C H M I D T - F U T T E R E R B 502), auch wenn das Gebäude anschließend wieder zu Wohnzwecken mit höheren Mieteinnahmen verwendet werden soll.

Das Merkmal der wirtschaftlichen Verwertung bezieht sich auf ein zukünftiges 85 Verhalten des Vermieters, an dem er durch das bestehende Mietverhältnis gehindert wird. Ähnlich wie im Falle des Eigenbedarfs (Rz 47) muß schon im Zeitpunkt der Kündigung ein konkretes Interesse des Vermieters an der künftigen Rückgabe der Wohnräume bestehen. Dies setzt voraus, daß auch die geplante wirtschaftliche Verwertung bereits konkretisiert ist. Die in Aussicht genommene Verwertungsform muß im wesentlichen feststehen. Die Ausführung im einzelnen kann dagegen noch offen sein. Es kommt auf die wirtschaftliche Verwertung des Grundstücks an, dessen Bestand- 86 teil die vermietete Wohnung ist. Die Frage, ob ein anderes Mietobjekt durch Auszug des Vermieters besser genutzt werden kann, ist deshalb für die Kündigung einer anderen Wohnung, in die der Vermieter einziehen will, unerheblich (AG Krefeld WuM 1972, 93; B A R T H E L M E S S § 5 6 4 b Rz 90; S C H M I D T W U M 1975, 109, 111). Andererseits kommt es nicht darauf an, ob nur das vermietete Grundstück anderweitig verwertet werden soll. So reicht es aus, wenn es Teil einer Gesamtmaßnahme ist, die sich auf mehrere Grundstücke bezieht, und sich die Angemessenheit sowie die Gefahr erheblicher Nachteile für den Vermieter erst anhand dieser Gesamtmaßnahme beurteilen lassen. Unter den Begriff des Grundstücks iS dieser Vorschrift fällt auch die einzelne Eigentumswohnung, die der Vermieter anderweitig verwerten will. Ähnliche Probleme wie im Falle des Eigenbedarfs (Rz 53) ergeben sich, wenn 87 Grundstückseigentümer und Vermieter nicht identisch sind. Nach dem Wortlaut der Vorschrift kommt es auf die wirtschaftliche Verwertung durch den Vermieter an. Ob er Grundstückseigentümer ist, spielt keine Rolle. Der Grundstückseigentümer, der nicht Partei des Mietvertrags ist, kann nicht kündigen. Wird er durch die Vermietung seitens eines Dritten an einer anderweitigen wirtschaftlichen Verwertung gehindert, so erwächst dem Vermieter hieraus kein Kündigungsrecht. Dies gilt etwa für den geplanten Verkauf des Grundstücks durch den Eigentümer. Hier kommt für den (1089)

Jürgen Sonnenschein

§ 564 b 88-90

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

personenverschiedenen Vermieter allenfalls ein Kündigungsrecht aus sonstigen Gründen in Betracht (Rz 120). Möglich ist es jedoch, daß der Eigentümer und der Vermieter in gleicher Weise an einer wirtschaftlichen Verwertung gehindert werden, wenn also der in der Person des Eigentümers angelegte Grund für den Vermieter zum Kündigungsgrund erstarkt. Dies ist der Fall, wenn der Eigentümer das Grundstück von einem Verwalter in dessen Namen zu Wohnzwecken vermieten läßt, in Zukunft aber einer gewerblichen Vermietung durch denselben Verwalter zuführen will. Entscheidend ist demnach, daß die Beziehung des vom Eigentümer personenverschiedenen Vermieters zu dem Grundstück auch nach der anderweitigen wirtschaftlichen Verwertung bestehenbleibt. 88 (2) Die wirtschaftliche Verwertung muß angemessen sein. Der Begriff der Angemessenheit ist im Gesetz nicht näher erläutert. Er ist schon in Art 1 § 1 WKSchG I offenbar aus sprachlichen Gründen an die Stelle der „gerechtfertigten" wirtschaftlichen Verwertung getreten, wie es in § 4 Abs 1 b) MietSchG hieß. Dadurch wurde die doppelte Verwendung ein und desselben Begriffs vermieden, weil die Verhinderung einer angemessenen wirtschaftlichen Verwertung schon einleitend in § 564 b Abs 2 als „berechtigtes" Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses anerkannt wird. In der Sache hat sich dadurch nichts geändert. Die wirtschaftliche Verwertung ist deshalb angemessen, wenn sie den Grundsätzen entspricht, die allgemein für die Anerkennung als berechtigtes Interesse gelten (im einzelnen Rz 24 ff). Unter Beachtung der sozialen Funktion der Wohnung müssen die Interessen des Vermieters mit der geltenden Rechts- und Sozialordnung in Einklang stehen. Ihre Durchsetzung muß vom Gerechtigkeitsgedanken her als vertretbar erscheinen. 89 Bei der Beurteilung der Angemessenheit sind die wirtschaftlichen und persönlichen Verhältnisse des Vermieters zu berücksichtigen ( P A L A N D T - P U T Z O § 564 b Anm 8 a aa; SCHMIDT-FUTTERER B 503). Es kommt aber nicht nur darauf an, ob die geplante Verwertungsart für den Vermieter wirtschaftlich sinnvoll ist (vgl BARTHELMESS § 564 b Rz 92). Sie muß vielmehr mit der Sozialpflichtigkeit des Eigentums zu vereinbaren sein. Eine besonders günstige Verkaufsgelegenheit reicht deshalb nicht aus, wenn das Grundstück nur in Geld umgesetzt werden soll. Bei der Beurteilung, ob diese Verwertungsform angemessen ist, spielt der Verwendungszweck des Erlöses eine entscheidende Rolle. So kann ein Verkauf gerechtfertigt sein, um eine Erbteilung zu vollziehen, ein Unternehmen des Vermieters zu sanieren oder zu erweitern, dringende Schulden zu tilgen oder eine krankheitsbedingte Existenzgefährdung abzuwenden, weil hohe finanzielle Belastungen nicht allein aus dem laufenden Einkommen getragen werden können (AG Hamburg AIZ 1972, 400; BARTHELMESS § 564 b Rz 92; SCHMIDT-FUTTERER B 503). Demgegenüber tritt der Verwendungszweck des Erlöses zurück, wenn das Grundstück vom Vermieter lediglich anderweitig genutzt werden soll. So kann etwa die Nutzung für das eigene Unternehmen oder die Vermietung für gewerbliche oder freiberufliche Zwecke oder an eine Behörde angemessen sein, wenn das Grundstück nach Lage und Beschaffenheit hierzu prädestiniert ist (BARTHELMESS aaO; SCHMIDT-FUTTERER aaO). Dies steht im Einklang mit einer auch im öffentlichen Interesse gebotenen bestmöglichen Nutzung der wirtschaftlichen Ressourcen, gilt jedoch wegen der sozialen Funktion der Wohnung nicht schrankenlos. 90 Eine solche Zweckentfremdung ist grundsätzlich nur angemessen, wenn örtlich ein ausreichendes Wohnungsangebot besteht (AG Völklingen MDR 1973, 677). Demgegenüber kann ein bestimmter dringender Verwendungszweck des höheren Mietertrags wieder zugunsten des Vermieters ins Gewicht fallen. Die Zweckentfremdung von Wohnraum darf nicht gegen das Verbot des Art 6 MRVerbG (BGBl I 1971, 1745) verstoßen. Die Kündigung steht deshalb nicht im Einklang mit der RechtsordJürgen Sonnenschein

(1090)

3. Titel. Miete. Pacht

§ 564 b 91,92

nung, wenn die Zweckentfremdungsgenehmigung im Zeitpunkt der Kündigung noch nicht erteilt ist (VG Münster WuM 1976, 107; AG Göttingen WuM 1975, 126 m A n m TIBBE; BARTHELMESS § 5 6 4 b R z 9 3 ; B G B - R G R K - G E L H A A R § 5 6 4 b R z 2 7 ; KURTENBACH B e t r i e b 1 9 7 1 , 2 4 5 3 , 2 4 5 4 f; SCHMIDT-FUTTERER B 5 0 6 ) . A u f d i e Bestandskraft der Genehmigung kommt es nicht an (aM wohl SCHMIDT-FUTTERER

aaO), da sie so lange als rechtmäßig zu behandeln ist, wie sie nicht aufgehoben wird. Tritt dieser Fall aufgrund eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens später ein, so erweist sich die Kündigung nachträglich als rechtswidrig. Damit setzt sich der Vermieter den Folgen einer unberechtigten Kündigung aus (vgl Rz 134 ff). Ersatzansprüche gegen den Vermieter werden aber idR wegen mangelnden Verschuldens entfallen. Da die Wirksamkeitsvoraussetzungen im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigungserklärung vorliegen müssen (§ 564 Rz 37), wird eine wegen fehlender Zweckentfremdungsgenehmigung unwirksame Kündigung nicht durch deren spätere Erteilung rückwirkend geheilt (aM LÖWE NJW 1 9 7 2 , 1 9 1 3 , 1 9 1 7 ; STERNEL RZ I I I 30). Die damit eintretende Unsicherheit der Rechtslage würde mit dem Schutzbedürfnis des Mieters nicht in Einklang stehen. Die Kündigung muß vielmehr unter Einhaltung einer neuen Frist wiederholt werden (SCHMIDT-FUTTERER aaO). Die gleichen Erwägungen gelten für den Abbruch von Wohnhäusern, wenn die 91 Maßnahme der Sanierung nach dem StädtebaufördG dient oder wenn allgemein baufällige Häuser durch modernen Ansprüchen genügende Bauten ersetzt werden sollen. Die Abbruchgenehmigung allein begründet jedoch noch kein berechtigtes Interesse an der Kündigung (LG Münster WuM 1974, 128; aM BGB-RGRK-GELHAAR § 564 b Rz 27). Es müssen vielmehr anerkennenswerte wirtschaftliche Gründe hinzukommen. So liegen Sanierungsmaßnahmen und die Modernisierung eines veralteten Gebäudes durch Umbau auch im öffentlichen Interesse (AG Gelsenkirchen DWW 1974, 286). Der Abbruch eines Gebäudes und sein Ersatz durch einen Neubau kann wirtschaftlich gerechtfertigt sein, wenn dadurch eine größere Rentabilität des Grundstücks zu erzielen ist. Der wegen eines notwendigen Reparaturaufwandes von zB 1.500 DM geplante Abbruch rechtfertigt jedoch selbst bei einer monatlichen Miete von 35 DM nicht ohne weiteres eine Kündigung (LG Stade WuM 1976, 124). Besondere Aufwendungen, die in Spekulationsabsicht erbracht werden, sind bei der Rentabilitätsberechnung nicht zu berücksichtigen (LG Münster WuM 1974, 128). Darüber hinaus sind Spekulationszwecke im Hinblick auf die soziale Funktion der Wohnung generell nicht als angemessene wirtschaftliche Verwertung anzuerkennen. Dies gilt etwa, wenn der Vermieter ein Wohnhaus abreißen will, um auf dem Grundstück Eigentumswohnungen zu errichten und zu verkaufen (AG Wiesbaden W u M 1972, 194 u 1973, 7; BARTHELMESS § 564 b RZ 93; PALANDT-PUTzo § 564 b A n m 8 a aa; SCHMIDT-FUTTERER B 503; kritisch BGB-RGRK-GELHAAR

§ 5 6 4 b Rz 2 9 ; DERLEDER JA 1 9 7 7 , 5 3 8 , 5 4 0 ) . Allerdings ist die Abgrenzung zwischen Spekulation und sinnvoller wirtschaftlicher Verwertung eines Grundstücks schwierig. So können etwa das Bedürfnis, das bestehende Gebäude als Baudenkmal zu erhalten, oder auch der Verwendungszweck des Erlöses Anhaltspunkte für eine Beurteilung in der einen oder der anderen Richtung bieten.

(3) Die Fortsetzung des Mietverhältnisses muß ein Hindernis für die angemessene 92 wirtschaftliche Verwertung des Grundstücks darstellen. Dies bedeutet, daß das zu kündigende Mietverhältnis der geplanten wirtschaftlichen Verwertung in entscheidender Weise entgegensteht. Es muß Kausalität iS der Adäquanztheorie vorliegen. Ein Hindernis liegt deshalb nicht vor, wenn der Vermieter die Maßnahmen in der vorgesehenen Weise auch ohne Kündigung des Mietverhältnisses treffen kann. Dies gilt etwa, wenn die Unrentabilität durch zulässige Modernisierungsmaßnahmen (vgl § 541 a; LG Mannheim MDR 1977, 231) oder Mieterhöhungen (§§ 2 ff MHG) beseitigt werden kann oder wenn das Haus trotz bestehender Mietverhältnisse (1091)

Jürgen Sonnenschein

§ 564 b 93,94

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

verkauft werden kann, ohne daß die Geltendmachung von Rechtsmängeln nach § 434 zu befürchten ist (BARTHELMESS § 564 b Rz 96; SCHMIDT-FUTTERER B 508). Macht ein bestehendes Mietverhältnis das Haus jedoch unverkäuflich (AG Rendsburg WuM 1977, 228; AG Solingen WuM 1974, 128) oder läßt sich das Haus deshalb nicht so günstig verkaufen (AG Hamburg AIZ 1972, 400; BGB-RGRKG E L H A A R § 564 b R Z 30; aM AG Lübeck MDR 1977, 141 m abl Anm HINZMANN DWW 1977, 21), so liegt ein Hindernis vor. Letzteres ist allerdings dahin gehend einzuschränken, daß auch ein bei bestehendem Mietverhältnis ungünstiger Verkauf noch eine angemessene wirtschaftliche Verwertung darstellen kann. 93 Nach verbreiteter Auffassung liegt kein Hindernis für eine angemessene wirtschaftliche Verwertung vor, wenn der Vermieter seinen finanziellen Bedarf durch den Verkauf anderer entbehrlicher Vermögensobjekte befriedigen kann (BARTHELMESS § 5 6 4 b Rz 9 6 ; SCHMIDT-FUTTERER B 5 0 5 ) . Dies hat jedoch einen zu weit gehenden Eingriff in die Dispositionsfreiheit des Eigentümers zur Folge. Es geht nicht an, dem Richter die Entscheidung zu übertragen, welches von mehreren Vermögensobjekten für den Eigentümer eher entbehrlich ist. Den Interessen des Mieters kann im Rahmen eines Kündigungswiderspruchs nach § 556 a ausreichend Rechnung getragen werden. Zudem kommt es für die Kausalität nur auf die Verwertung des Grundstücks an, nicht auf die Verwertung anderer Vermögensobjekte. Ist die Angemessenheit der Verwertung bejaht, kann es jedenfalls insoweit nicht mehr an der Kausalität fehlen. Der ursächliche Zusammenhang scheitert ferner nicht daran, daß erst mehrere Mietwohnungen zusammen das entscheidende Hindernis bilden und daß deshalb sämtliche Mietverhältnisse gekündigt werden müssen ( B A R T H E L MESS § 5 6 4 b

Rz

96;

PALANDT-PUTZO

§ 564 b

Anm

8 a cc;

SCHMIDT-FUTTERER

B 505). Das gleiche gilt, wenn der Vermieter nur eine von mehreren Wohnungen anderweitig wirtschaftlich verwerten will. Er hat zwar primär die Wohnung auszuwählen, die seinen Zwecken am besten entspricht. Die Auswahl zwischen mehreren in Betracht kommenden Wohnungen steht ihm jedoch grundsätzlich frei (vgl aber Rz 69), so daß sich der betroffene Mieter nicht unter Hinweis auf die anderen Wohnungen auf fehlende Kausalität berufen kann (BARTHELMESS aaO; SCHMIDTFUTTERER aaO). Treten neben der Vermietung andere Gründe als Hindernis einer angemessenen wirtschaftlichen Verwertung auf, so ist es nach den Grundsätzen der Gesamtkausalität (vgl PALANDT-HEINRICHS Vorbem § 2 4 9 Anm 5 e cc) unerheblich, wenn erst sämtliche Umstände zusammen das entscheidende Hindernis bilden, sofern nur jeweils für den einzelnen Umstand ein adäquater Kausalzusammenhang zu bejahen ist. 94 (4) Der Vermieter müßte erhebliche Nachteile erleiden, wenn er durch die Fortsetzung des Mietverhältnisses an der geplanten wirtschaftlichen Verwertung des Grundstücks gehindert würde. Die Nachteile können sich zum einen aus wirtschaftlichen Einbußen im Zusammenhang mit dem Grundstück selbst ergeben. Hierzu zählt der Mangel jeglicher oder zumindest rentabler Nutzungen, der durch fehlende bzw wegen der objektiven Nutzungsmöglichkeit oder wegen des eingesetzten Kapitals zu geringe Einnahmen oder durch zu hohe Aufwendungen hervorgerufen wird und damit zu einer Vermögenseinbuße führt (BARTHELMESS § 564 b Rz 97; PALANDTP U T Z O § 564 b Anm 8 a bb; SCHMIDT-FUTTERER B 505; vgl LG Stade WuM 1976, 124). Spekulative Aufwendungen und Investitionen bleiben außer Betracht (LG Münster WuM 1974, 128). Auch der bei fortbestehendem Mietverhältnis geringere und dabei unangemessene Verkaufserlös des Grundstücks führt zu einer Vermögenseinbuße. Zu berücksichtigen sind zum anderen wirtschaftliche Einbußen, die nicht das Grundstück, sondern andere Tätigkeitsbereiche des Vermieters betreffen. So kann es etwa nachteilig sein, wenn durch das bestehende Mietverhältnis eine räumliche Ausweitung des in demselben Haus betriebenen Unternehmens des Jürgen Sonnenschein

(1092)

3. Titel. Miete. Pacht

§ 564 b 95-99

Vermieters verhindert wird. Das gleiche gilt, wenn wegen eines gescheiterten Grundstücksverkaufs Investitionen im Unternehmensbereich oder andere gewinnbringende Geschäfte unterbleiben müssen oder nur durch teurere Kredite finanziert werden können (SCHMIDT-FUTTERER B 505). Fraglich ist, ob es sich um wirtschaftliche Nachteile handeln muß oder ob persön- 95 liehe Nachteile ausreichen (unklar SCHMIDT-FUTTERER aaO, dessen Hinweis auf „schlechtere Lage oder Ausstattung des Ersatzobjekts" auch als wirtschaftlicher Nachteil zu verstehen sein kann; vgl auch BARTHELMESS § 564 b Rz 98). Der Zusammenhang zwischen der wirtschaftlichen Verwertung des Grundstücks und dem Eintritt erheblicher Nachteile legt es nahe, daß auch die Nachteile wirtschaftlicher Art sein müssen. Der Wortlaut der Vorschrift ist insoweit jedoch offen. Es kommt deshalb darauf an, ob aus der Verhinderung einer wirtschaftlichen Verwertung des Grundstücks rein persönliche Nachteile für den Vermieter erwachsen können. Dies ist etwa der Fall, wenn der Vermieter das Grundstück verkaufen will, um für den Erlös aus gesundheitlichen Gründen an einem anderen Ort ein Eigenheim zu kaufen. Sicher ist, daß es sich um Nachteile für den Vermieter handeln muß. Nachteile für andere Personen reichen nicht aus. Doch können wirtschaftliche Nachteile Dritter zugleich persönliche Nachteile des Vermieters sein. Dies ist zB anzunehmen, wenn Eltern ihrem Kind keine Ausstattung gewähren können, weil der dazu erforderliche Verkauf eines Grundstücks wegen bestehender Mietverhältnisse nicht möglich ist. Das gleiche gilt, wenn der Umzug an einen anderen Ort aus gesundheitlichen Gründen für eine zum Haushalt des Vermieters gehörende Person geboten ist. Die Nachteile müssen für den Vermieter erheblich sein. Dies ist der Fall, wenn sie 96 von einem solchen Gewicht sind, daß die mit dem Bestandsschutz verbundene Einschränkung der Eigentümerbefugnisse auch im Hinblick auf die Sozialpflichtigkeit des Eigentums als unerträglich erscheint. Das läßt sich nur im Einzelfall unter Berücksichtigung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Vermieters beurteilen (SCHMIDT-FUTTERER B 5 0 5 ) . Die Nachteile müssen darauf beruhen, daß der Fortbestand des Mietverhältnisses 97 eine angemessene wirtschaftliche Verwertung verhindert. Dies setzt Kausalität iS der Adäquanztheorie voraus. Die Nachteile brauchen jedoch noch nicht tatsächlich eingetreten zu sein. Sie müssen nur in einer Zukunftsprognose zu befürchten sein. Eine solche Prognose läßt naturgemäß einen weiten Raum. Es ist deshalb nicht erforderlich, daß der Eintritt der Nachteile mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist. Andererseits genügen nicht rein subjektive Befürchtungen des Vermieters. Aufgrund konkreter Umstände muß vielmehr die Wahrscheinlichkeit bestehen, daß der Vermieter bei normalem Geschehensablauf erhebliche Nachteile erleiden wird (vgl SCHMIDT-FUTTERER aaO). cc) Einzelfälle 98 Auf folgende Einzelfälle ist hinzuweisen: Abbruchgenehmigung allein unzureichend (LG Münster WuM 1974, 128); Reparaturkosten und Abbruch eines Gebäudes (LG Stade WuM 1976, 124); Modernisierung eines Mietwohnhauses (AG Gelsenkirchen DWW 1974, 286; LG Mannheim MDR 1977, 231); Verkauf eines Einoder Zweifamilienhauses (AG Hamburg AIZ 1972, 400; AG Lübeck MDR 1977, 141); Planung baulicher Veränderungen allein unzureichend (AG Hamburg-Blankenese WuM 1973, 7). dd) Ausgeschlossene Gründe (Abs 2 Nr 3 S 2 u 3) (1) Nach Abs 2 Nr 3 S 2 kann es nicht als angemessene wirtschaftliche Verwertung anerkannt werden, wenn die zu kündigende Wohnung anderweitig als Wohnraum (1093)

Jürgen Sonnenschein

99

§ 564 b 100-102

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

vermietet werden soll, um dadurch eine höhere Miete zu erzielen. Nach § 1 MHG ist die Kündigung eines Mietverhältnisses über Wohnraum zum Zwecke der Mieterhöhung ausgeschlossen. Der Vermieter kann im Rahmen eines bestehenden Mietverhältnisses die Erhöhung des Mietzinses nur in einem durch die § § 2 ff MHG besonders geregelten Verfahren erreichen und zwar nur bis zur Höhe der ortsüblichen Vergleichsmiete. Er soll diese Regelung nicht durch Kündigung des bisherigen Mietverhältnisses und Neuabschluß mit einem anderen Mieter umgehen können. Dabei ist es unerheblich, ob der Vermieter einen Mietzins anstrebt, der noch hinter der ortsüblichen Vergleichsmiete zurückbleibt oder der diese Grenze übersteigt (SCHMIDT-FUTTERER B 5 0 6 ) .

100 Betroffen wird nur die Weitervermietung der zu kündigenden Wohnung an Dritte als Wohnraum (LG Osnabrück WuM 1973, 63; AG Hamburg WuM 1973, 213; vgl auch AG Lübeck WuM 1973, 23). Dies ist der Fall, wenn ein neuer Mieter dieselben Räume als Wohnung zu einem höheren Mietzins erhalten soll. Die Vorschrift greift auch dann ein, wenn der Vermieter ein Mietwohnhaus in Zukunft als Wohnheim für Arbeiter oder Studenten nutzen will, indem die Wohnungen zimmerweise an einzelne Personen vermietet werden (BARTHELMESS § 564 b Rz 99). Im Interesse eines größeren Wohnungsangebots für Studenten ist dies zu bedauern, Wortlaut sowie Sinn und Zweck der Vorschrift lassen jedoch keine andere Entscheidung zu. Nicht erfaßt wird dagegen eine Weitervermietung, nachdem der Vermieter eine große Wohnung in mehrere kleine Wohnungen oder Appartements umgebaut hat (SCHMIDT-FUTTERER B 503; aM BARTHELMESS aaO), weil dann nicht die bisherige Wohnung weitervermietet wird. Anzuerkennen ist auch eine Weitervermietung zu gewerblichen oder sonstigen Zwecken, wobei es auf Umbauten nicht ankommt. Dabei ist aber ein etwaiges Zweckentfremdungsverbot zu beachten (Rz 90). 101 (2) Nach Abs 2 Nr 3 S 3 kann es nicht als angemessene wirtschaftliche Verwertung anerkannt werden, daß der Vermieter die Mieträume im Zusammenhang mit einer beabsichtigten oder nach Überlassung an den Mieter erfolgten Begründung von Wohnungseigentum veräußern will. Während nach Abs 2 Nr 2 S 2 dem Erwerber einer solchen Eigentumswohnung für die Kündigung wegen Eigenbedarfs eine dreijährige Wartezeit auferlegt wird (s im einzelnen Rz 73 ff), schließt die Regelung in Nr 3 S 3 eine Kündigung des Veräußerers aus. Damit soll verhindert werden, daß die erstere Kündigungsbeschränkung schon vom Veräußerer zugunsten des Erwerbers umgangen wird (BARTHELMESS § 5 6 4 b Rz 1 0 0 ; PALANDT-PUTZO § 5 6 4 b Anm 8 b b b ; SCHMIDT-FUTTERER B 5 0 7 ) .

102 Erfaßt werden die Fälle, in denen der Vermieter beabsichtigt, Wohnungseigentum an der vermieteten Wohnung zu begründen und den Mietvertrag wegen der geplanten Veräußerung als Eigentumswohnung zu kündigen. Das gleiche gilt, wenn das Wohnungseigentum erst nach Überlassung der Wohnung an den Mieter begründet worden ist und der Vermieter nunmehr eine Veräußerung plant (Rz 74 ff). Ist der Vermieter nicht mit dem Eigentümer identisch und wird im Hinblick auf eine geplante Veräußerung ein Kündigungsrecht aus sonstigen Gründen zugelassen (vgl Rz 87, 120), so greift bei einer Veräußerung als Eigentumswohnung die Beschränkung nach Abs 2 Nr 3 S 3 entsprechend ein. Auf andere Fälle der Veräußerung des Grundstücks nebst einem Einfamilienhaus oder einem Mietwohnhaus ist die Vorschrift dagegen nicht anwendbar. Das gleiche gilt für die Veräußerung einer schon früher geschaffenen und dann vermieteten Eigentumswohnung (BARTHELMESS § 564 b Rz 101). Aus der Vorschrift ist also keine allgemeine Beschränkung der Kündigung im Hinblick auf eine wirtschaftliche Verwertung des Grundstücks durch Verkauf abzuleiten (vgl Rz 82). Jürgen Sonnenschein

(1094)

3. Titel. Miete. Pacht

§ 564 b 103-106

Problematisch ist es für die praktische Rechtsanwendung, daß das Gesetz auf die 103 Absicht des Vermieters abstellt, Wohnungseigentum zu begründen. Die Kündigung wegen einer geplanten Veräußerung des ganzen Grundstücks ist möglich (Rz 84 ff). Anders ist es nur, wenn der Vermieter schon im Zeitpunkt der Kündigung die Absicht hat, Wohnungseigentum zu begründen und dann zu verkaufen. Dieses rein subjektive Moment wird praktisch kaum nachweisbar sein, wenn der Vermieter sich bei der Kündigung darauf beruft, das ganze Grundstück veräußern zu wollen, und dann später erst angeblich seine Pläne ändert. Eine solche Umgehung ist nur dadurch zu vermeiden, daß an die Kündigungsberechtigung nach Abs 2 Nr 3 S 1 strenge Maßstäbe angelegt werden und eine ganz konkrete beabsichtigte Veräußerung des gesamten Grundstücks nachgewiesen werden muß. Andernfalls entsteht hier eine ähnliche Lücke wie bei der Beschränkung der Kündigung wegen Eigenbedarfs, wenn erst die Erwerber das Wohnungseigentum begründen (vgl AG Heidelberg WuM 1976, 15; Rz 77). e) Sonstige Gründe

104

aa) Allgemeines Abs 2 enthält keine abschließende Aufzählung der als berechtigte Interessen anzuerkennenden Kündigungsgründe (Begr zum RegE eines MRVerbG BT-Drucks VI/1549, 8; Ausschußbericht BT-Drucks VI/2421, 3; Ausschußbericht zum RegE eines WKSchG II BT-Drucks 7/2638, 2). Dies ergibt sich aus der gesetzlichen Fassung. Andere Gründe müssen jedoch ein ähnliches Gewicht haben wie die in Abs 2 ausdrücklich aufgeführten Fälle (Begr zum RegE aaO), da sonst der Schutzzweck des Gesetzes vereitelt wird. Zu weit geht es allerdings, wenn BARTHELMESS (§ 564 b Rz 102) in den gesetzlichen Beispielsfällen eine abschließende Regelung des jeweiligen Sachbereichs hinsichtlich der Voraussetzungen und Ausschlußgründe sieht und schuldlose Vertragsverletzungen oder einen Eigenbedarf für nicht in Abs 2 Nr 2 genannte Personen als sonstigen Kündigungsgrund ablehnt. Schon mit der Anerkennung des Betriebsbedarfs als Kündigungsgrund setzt sich BARTHELMESS (§ 564 b Rz 103 ff) in Widerspruch zu seiner eigenen Auffassung, da es sich hierbei um nichts anderes als eine besondere Form des „Eigenbedarfs" für andere Personen handelt. Die Funktion der gesetzlich geregelten Fälle besteht vielmehr darin, typische Beispiele für ein berechtigtes Kündigungsinteresse des Vermieters aufzuzeigen und damit als Leitbild für sonstige Kündigungsgründe zu dienen. Eine vollständige Systematisierung der in Betracht kommenden sonstigen Gründe 105 ist angesichts des generalklauselartigen Charakters, der dem Tatbestandsmerkmal des berechtigten Interesses zukommt, nicht möglich. Es handelt sich um einen ausfüllungsbedürftigen Wertungsmaßstab, der durch allgemein akzeptierte Beispiele verdeutlicht werden kann und inhaltlich durch das allgemeine Rechtsbewußtsein auszufüllen ist (vgl LARENZ, Methodenlehre der Rechtswissenschaft [ 3 . Aufl 1 9 7 5 ] 203).

bb) Einzelfälle

106

(1) Ein berechtigtes Interesse wegen Betriebsbedarfs im weitesten Sinne ist dadurch zu kennzeichnen, daß die zu kündigende Wohnung an Betriebsangehörige vermietet werden soll. Dabei ist nicht nur an gewerbliche Unternehmen zu denken. Einen Betriebsbedarf im hier verstandenen Sinne kann jede Organisation haben, die eine anderweitig vermietete Wohnung einem ihrer Mitglieder zur Verfügung stellen will. Dies gilt für natürliche und juristische Personen in gleicher Weise. (1095)

Jürgen Sonnenschein

§ 564 b 107,108

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

107 Hauptanwendungsfall ist die Inanspruchnahme einer Werkwohnung. Für Wohnungen, die mit Rücksicht auf ein bestehendes Dienstverhältnis vermietet sind, gelten nach § 565 b die besonderen Vorschriften der §§ 565 c und 565 d. Diese Werkmietwohnungen, für die neben dem Dienstvertrag ein selbständiger Mietvertrag mit dem Dienstberechtigten oder einem Dritten abgeschlossen wird, unterliegen hinsichtlich der Kündigungsberechtigung der Regelung des § 564 b (Rz 9). Das gleiche gilt unter den engen Voraussetzungen des § 565 e für Werkdienstwohnungen, bei denen die Raumüberlassung Bestandteil des Dienstvertrags ist. In diesen Fällen besteht ein berechtigtes Interesse an der Kündigung, wenn das Dienstverhältnis beendet wird und der Vermieter den Wohnraum für andere Bedienstete benötigt. Dabei macht es keinen Unterschied, ob der Dienstberechtigte selbst Vermieter ist oder ob ihm ein Belegungsrecht an werkfremden Werkwohnungen zusteht. Auch im letzteren Fall sind die Verpflichtungen des Vermieters gegenüber dem Dienstberechtigten als berechtigte Interessen zu berücksichtigen (AG Oberhausen WuM 1973, 164; BARTHELMESS § 564 b Rz 108; SCHMIDT-FUTTERER B 516, vgl aber B 522). Entscheidend ist stets, ob der Dienstberechtigte den beanspruchten Wohnraum tatsächlich für andere Bedienstete benötigt (Stellungnahme des BR zum RegE eines WKSchG II BT-Drucks 7/2011, 15; Ausschußbericht BT-Drucks 7/2638, 2; BARTHELMESS § 564 b

Rz

1 0 6 ; PALANDT-PUTZO § 5 6 4 b A n m

5 e ; SCHMIDT-FUTTERER B 5 1 1 ) .

Dabei braucht das Dienstverhältnis mit dem Wohnungsinhaber im Zeitpunkt der Kündigung noch nicht beendet zu sein. Es reicht aus, wenn dies mit Sicherheit bevorsteht, also ein unmittelbarer zeitlicher und sachlicher Zusammenhang mit der Kündigung des Mietverhältnisses feststellbar ist. Die Beendigung des Dienstverhältnisses allein genügt jedoch noch nicht. Vielmehr müssen weitere konkrete Gründe für die Inanspruchnahme der Wohnung bestehen (LG Mannheim WuM 1973, 22; AG Lübeck MDR 1974, 493; AG Stuttgart WuM 1974, 126; SCHMIDT-FUTTERER aaO). Dies ist der Fall, wenn ein anderer Arbeitnehmer die zu kündigende Wohnung beziehen soll, sich Arbeitnehmer um eine frei werdende Wohnung des Betriebs beworben haben und zumindest einer bereit ist, in die zu kündigende Wohnung einzuziehen (LG Karlsruhe WuM 1974, 243). Das gleiche gilt, wenn der Vermieter in seinem Betrieb einen neuen Arbeitnehmer einstellen will, der den Abschluß des Arbeitsvertrags von der Bereitstellung einer Werkwohnung abhängig macht (BARTHELMESS § 564 b Rz 107; SCHMIDT-FUTTERER B 511; aM A G Gelsenkirchen-Buer WuM 1973, 138, 139). Der Charakter als Werkwohnung rechtfertigt es, den neuen Arbeitnehmer gegenüber dem ausgeschiedenen zu bevorzugen (SCHMIDT-FUTTERER aaO). Unzureichend ist es, wenn die Wohnung einem Mieter zur Verfügung gestellt werden soll, der nicht Betriebsangehöriger ist (BARTHELMESS § 564 b Rz 109; SCHMIDT-FUTTERER aaO). Einem betriebsfremden Mieter kann der Vermieter nur kündigen, wenn er ein konkret nachweisbares und billigenswertes Interesse hat, daß gerade diese Werkwohnung einem Arbeitnehmer zur Verfügung gestellt wird (LG Hannover NJW 1974, 1094). Das gleiche ist anzunehmen, wenn die Eigenschaft als Werkwohnung erst nach der Kündigung begründet werden soll (AG Bonn DWW 1 9 7 5 , 1 6 6 ; BARTHELMESS § 5 6 4 b R z 1 1 3 ; P A L A N D T - P U T Z O § 5 6 4 b A n m 5 e ) . I m

Gegensatz zur Werkwohnung kann die Kündigung nicht darauf gestützt werden, daß der Vermieter die Wohnung dem Pächter oder Käufer seines Unternehmens zur Verfügung stellen will (AG Düsseldorf WuM 1974, 179). 108 Die Kündigung einer Werkmietwohnung ist nach § 87 Abs 1 Nr 9 BetrVerfG an die Zustimmung des Betriebsrats gebunden. Es handelt sich um eine Wirksamkeitsvoraussetzung, die im Zeitpunkt der Kündigung vorliegen muß. Ist die Zustimmung erteilt, wird sie aber nicht schriftlich vorgelegt, so kann der Mieter die Kündigung unverzüglich zurückweisen, sofern der Betriebsrat ihn nicht von der Zustimmung unterrichtet hat (§§ 182 Abs 3, 111 S 2 u 3). Die zurückgewiesene Kündigung wird Jürgen Sonnenschein

(1096)

3. Titel. Miete. Pacht

§ 564 b 109-113

unwirksam und muß wiederholt werden (BARTHELMESS § 5 6 4 b Rz 1 1 2 ; SCHMIDTB 6 8 2 ) . Dieses Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats besteht nach hM allerdings nur so lange, wie das Arbeitsverhältnis noch nicht beendet ist (DIETZ-RICHARDI, BetrVerfG [5. Aufl 1973] § 87 Rz 273; GALPERIN-LÖWISCH, BetrVerfG [5. Aufl 1976] § 87 Rz 209 b; WIESE, Gemeinschaftskommentar BetrVerfG § 87 Rz 1 3 2 ; aM SCHMIDT-FUTTERER B 6 8 3 ) . Nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses ist für eine solche Mitwirkung des Betriebsrats kein Bedürfnis mehr gegeben. Bei Werkdienstwohnungen besteht dagegen kein besonderes Mitbestimmungsrecht des FUTTERER

Betriebsrats ( B A G BB 1975, 1159; hierzu SCHMIDT-FUTTERER - BLANK BB 1976, 1033).

Bei der Kündigung einer Werkwohnung ist § 3 Abs 2 ArbPlSchG zu beachten. Nach 109 dieser Vorschrift darf die durch den Grundwehrdienst oder eine Wehrübung veranlaßte Abwesenheit des Arbeitnehmers nicht zu seinem Nachteil berücksichtigt werden. Ene Kündigung des Mietverhältnisses ist in diesen Fällen nicht generell ausgeschlossen. Sie kann aber nicht damit begründet werden, die Wohnung werde wegen der Abwesenheit des Arbeitnehmers für einen anderen Bediensteten benötigt (SCHMIDT-FUTTERER B 5 1 2 ) .

Ein weiterer Fall des Betriebsbedarfs im weitesten Sinne ist die Inanspruchnahme 110 von Wohnheimplätzen. Dies gilt etwa für Arbeiter- und Lehrlingsheime, Studentenheime, Altersheime und dgl. Soweit Mietverträge über solche Wohnheimplätze dem Bestandsschutz des § 564 b unterliegen (Rz 9), ist ein Kündigungsinterssse als berechtigt anzuerkennen, wenn das Arbeits-, Ausbildungs- oder Betreuungsverhältnis beendet ist und der Wohnheimplatz für einen anderen Bewerber benötigt wird (Ausschußbericht zum RegE eines WKSCHG II BT-Drucks 7 / 2 6 3 8 , 2 ; BARTHELMESS § 5 6 4 b R z 1 1 4 ; PALANDT-PUTZO § 5 6 4 b A n m 5 e ; SCHMIDT-FUTTERER B 5 2 6 ) .

Auch ohne Beendigung des besonderen Verhältnisses kann die Kündigung gerechtfertigt sein, wenn der Mieter wie etwa in Studentenheimen aufgrund eines Rotationssystems von vornherein nur mit einer zeitlich begrenzten Überlassung des Wohnheimplatzes rechnen konnte (Ausschußbericht aaO 3; LÖWE NJW 1975, 9, 11). Pflegebedürftigkeit oder unabsehbare Erkrankung im Altersheim rechtfertigt als solche jedoch keine Kündigung, da sonst die beabsichtigte Gleichstellung mit anderen Mietverhältnissen (vgl Ausschußbericht aaO 3) nicht erreicht würde (aM SCHMIDT-FUTTERER a a O ) .

Betriebsbedarf im weitesten Sinne ist ferner grundsätzlich für eine Genossenschafts- 111 wohnung anzuerkennen, wenn der Wohnungsinhaber aus der Genossenschaft ausscheidet und die Wohnung für einen anderen Genossen benötigt wird (Ausschußbericht zum RegE eines WKSchG II BT-Drucks 7 / 2 6 3 8 , 2 ; PALANDT-PUTZO § 5 6 4 b Anm 5 e; SCHMIDT-FUTTERER B 522). Die fehlende Mitgliedschaft allein rechtfertigt die Kündigung nicht, wenn kein konkreter Bedarf für andere Genossen besteht. Insoweit kann nichts anderes als bei Werkwohnungen gelten (Rz 107). Ist das Mietverhältnis nach dem Tod eines Genossen aufgrund des § 569 a mit dessen Erben fortgesetzt worden, so ist eine auf die fehlende Mitgliedschaft gestützte Kündigung nicht berechtigt, wenn der Erbe in diesem Zeitpunkt schon den Beitritt zu der Genossenschaft erklärt hat (LG Bremen WuM 1975, 149). Vgl zur Berücksichtigung dieser Art von Betriebsbedarf im Rahmen des § 556 a AG Münster WuM 1 9 7 0 , 187.

(2) Eine weitere Fallgruppe wird durch ein öffentliches Interesse an der Beendigung 112 des Mietverhältnisses gekennzeichnet. Das öffentliche Interesse kann neben dem privaten Interesse des Vermieters bestehen oder dieses erst maßgeblich bestimmen. Hierzu zählt zunächst die von Anfang an fehlbelegte Sozialwohnung. Der Vermieter 113 darf eine öffentlich geförderte Wohnung (§ 1 WoBindG) nur einem Mieter überlas(1097)

Jürgen Sonnenschein

§ 564 b 114,115

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

sen, der zum Kreis der Wohnberechtigten gehört (§§ 4 ff WoBindG). Für die Wohnberechtigung sind bestimmte Einkommensgrenzen maßgebend (§ 5 WoBindG, § 25 Abs 1 WoBauG II). Hat der Vermieter die Wohnung einem Mieter überlassen, der schon zur Zeit des Abschlusses des Mietvertrags nicht wohnberechtigt war, so soll ihm nach einer in Rspr und Schrifttum vertretenen Auffassung kein Kündigungsrecht zustehen, auch wenn ihm wirtschaftliche Nachteile in Form von Strafzinsen oder eines vorzeitigen Entzugs der öffentlichen Darlehensmittel nach § 25 WoBindG drohen (LG Duisburg WuM 1973, 140, das auf die Kenntnis des Vermieters hinsichtlich der fehlenden Wohnberechtigung des Mietes abstellt; LG Köln MDR 1976, 143; AG Aachen WuM 1972, 192; WEIMAR W U M 1973, 141). Demgegenüber wird dem Vermieter von der überwiegenden Meinung zu Recht ein Kündigungsgrund zuerkannt (Stellungnahme des BR zum RegE eines WKSchG II BT-Drucks 7/2011, 15; Ausschußbericht BT-Drucks 7/2638, 2; LG Aachen WuM 1973, 140 - in 2. Instanz zu AG Aachen aaO - m abl Anm W E I M A R ; AG Aachen W u M 1 9 7 5 , 1 7 0 ; BARTHELMESS § 5 6 4 b R z 1 1 7 ; B G B - R G R K - G E L H A A R § 5 6 4 b R Z 3 2 ; PALANDT-PUTZO § 5 6 4 b A n m 5 e ; SCHMIDT-FUTTERER B 5 1 8 f f ; V O G E L J Z 1 9 7 5 ,

73, 75). Die fehlende Wohnberechtigung allein kann die Kündigung allerdings nicht rechtfertigen (vgl AG Velbert WuM 1974, 244). Es müssen vielmehr besondere Umstände hinzukommen. Dies gilt etwa für einen konkreten Bedarf hinsichtlich der zu kündigenden Sozialwohnung, der dadurch manifestiert wird, daß die zuständige Stelle nach § 4 Abs 8 WoBindG von dem Vermieter verlangt, das Mietverhältnis zu kündigen und die Wohnung einem Wohnungssuchenden zu überlassen, der wohnberechtigt ist (vgl Stellungnahme des BR aaO). Hier bestimmt das öffentliche Interesse an einer zweckentsprechenden Verwendung maßgeblich das private Interesse des Vermieters an der Kündigung. Auch die Gefahr wirtschaftlicher Nachteile für den Vermieter durch Strafzinsen oder Entzug der öffentlichen Darlehensmittel reicht aus. Diese Sanktionen dienen dem Zweck, die Mittel wieder dem öffentlich geförderten Wohnungsbau zuzuführen (vgl § 25 Abs 4 WoBindG). Das wirkungsvollste Mittel ist es aber, die bereits erstellte Sozialwohnung dem Kreis der Wohnberechtigten zu erhalten (aM LG Köln MDR 1976, 143). Hier steht das öffentliche Interesse neben dem privaten wirtschaftlichen Interesse des Vermieters (vgl SCHMIDT-FUTTERER B 518). Auf die Kenntnis des Mieters hinsichtlich der Wohnungsbindung kommt es für die Kündigungsberechtigung des Vermieters nicht an. Dahin gehende subjektive Momente auf Seiten der Parteien sind bei der Geltendmachung eines Kündigungswiderspruchs nach § 556 a oder eines Schadensersatzanspruchs zu berücksichtigen (BARTHELMESS § 564 b Rz 117; SCHMIDT-FUTTERER B 519; V O G E L JZ 1975, 73, 75). 114 Fällt die Wohnberechtigung des Mieters erst nach Abschluß des Mietvertrags weg, weil sich sein Einkommen erhöht oder die Zahl der zu berücksichtigenden Personen verringert hat, bietet das WoBindG keine rechtliche Handhabe. Der Gesetzgeber hat das Problem der nachträglich fehlbelegten Sozialwohnung noch nicht gelöst (vgl SCHMIDT-FUTTERER, Miete und Pacht 186). Dieses Problem ist nicht durch § 564 b zu lösen, wenn daran festgehalten wird, daß die fehlende Wohnberechtigung allein noch kein Kündigungsrecht abgibt. Da gegen den Vermieter keine rechtlichen Sankionen verhängt werden können, liegt die Räumung allein im öffentlichen Interesse, ohne daß private Interessen des Vermieters berührt werden. Dem Vermieter steht kein Kündigungsrecht zu, weil es nicht seine Aufgabe ist, öffentliche Interessen zu verfolgen (s aber Rz 118). 115 öffentliche Interessen sind ferner erheblich, wenn eine Wohnung mit Wohnungsfiirsorgemitteln der öffentlichen Hand gefördert worden ist. Hierbei handelt es sich nach § 6 Abs 2 c) WobauG II nicht um „öffentliche Mittel" iS dieses Gesetzes, so daß das WoBindG mit seinen Beschränkungen nicht eingreift. Im Darlehensvertrag Jürgen Sonnenschein

(1098)

3. Titel. Miete. Pacht

§ 564 b 116-118

werden jedoch ähnliche Regelungen, vor allem ein Wohnungsbesetzungsrecht der Behörde für ihre Bediensteten, vereinbart (vgl SCHMIDT-FUTTERER, Miete und Pacht 200). Scheidet ein Bediensteter aus dem öffentlichen Dienst aus, so kann die Behörde vom Vermieter verlangen, das Mietverhältnis zu kündigen, um die Wohnung einem anderen Bediensteten zur Verfügung zu stellen. Unter diesen Voraussetzungen ist ein berechtigtes Interesse des Vermieters an der Kündigung anzuerkennen (Stellungnahme des BR zum RegE eines WKSchG II BT-Drucks 7 / 2 0 1 1 , 15; Ausschußbericht BT-Drucks 7/2638, 2; BARTHELMESS § 564 b RZ 118; SCHMIDT-

B 5 2 2 ) . Neben dem Interesse des Vermieters, den Entzug der Mittel zu vermeiden, steht das öffentliche Interesse an deren zweckentsprechender Verwendung. FUTTERER

Das gleiche gilt, wenn eine zweckgebundene LAG-Wohnung, die mit einem Auf- 116 baudarlehen nach § 254 Abs 3 LAG gefördert worden ist, fehlbelegt ist (BARTHELMESS § 5 6 4 b R z 1 1 8 ; SCHMIDT-FUTTERER B 5 2 4 ) .

Nach Auffassung SCHMIDT-FUTTERERS ( B 5 2 5 ; s auch BARHTELMESS § 5 6 4 b Rz 1 1 9 ) kann dem Vermieter ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses zuerkannt werden, wenn bei Sanierungsmaßnahmen nach dem StädtebaufördG ein Gebäude ganz oder teilweise beseitigt werden muß und die alsbaldige Beseitigung beabsichtigt ist. Nach § 26 StädtebaufördG ist bei Anwendung der §§ 556 a bis 556 c das öffentliche Interesse an der alsbaldigen Durchführung der Sanierung zu berücksichtigen. § 27 StädtebaufördG läßt es unter bestimmten Voraussetzungen zu, ein Mietverhältnis hoheitlich aufzuheben. Diese Vorschriften zeigen, wie öffentliche Interessen auf ein privates Rechtsverhältnis einwirken können. Die Kündigung setzt nach § 564 b allerdings ein privates Interesse des Vermieters an der Beendigung des Mietverhältnisses voraus. Sanierungsmaßnahmen dienen jedoch dem Wohl der Allgemeinheit (§ 1 Abs 4 StädtebaufördG). Die Kündigungsberechtigung wegen geplanter Sanierungsmaßnahmen läßt sich deshalb nur darauf stützen, daß das öffentliche Interesse an der Sanierung ein privates Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses auslöst. Diese Annahme ist auf der Grundlage des § 1 Abs 7 StädtebaufördG haltbar. Denn hiernach sollen Grundstückseigentümer und sonstige Nutzungsberechtigte im Rahmen ihrer Möglichkeiten dazu beitragen, daß die städtebaulichen Maßnahmen unter gerechtem Ausgleich der öffentlichen und privaten Belange verwirklicht werden können (vgl aber DERLEDER JA 1 9 7 7 , 538, 541 unter Hinweis auf § 30 StädtebaufördG wobei jedoch § 85 Abs 2 Nr 4 StädtebaufördG unberücksichtigt bleibt).

117

Öffentliche Interessen als solche begründen hiernach grundsätzlich noch kein be- 118 rechtigtes Interesse des Vermieters an der Beendigung des Mietverhältnisses. Es bedarf vielmehr eines Umschlags auf die privatrechtliche Ebene. Dies ist der Fall, wenn die Kündigung zur Erfüllung öffentlich-rechtlicher Pflichten des Vermieters erforderlich ist. Am deutlichsten wird dies bei einer Identität von Vermieter und öffentlich-rechtlicher Körperschaft. Wenn eine Gemeinde die Wohnung vermietet hat, kann eine Kündigung berechtigt sein, wenn die Wohnung benötigt wird, um öffentlich-rechtliche Pflichten der Versorgung Obdachloser mit Wohnraum zu erfüllen, und wenn für den zu kündigenden Mieter Ersatzraum zur Verfügung steht (vgl BayObLG NJW 1 9 7 2 , 6 8 5 ; SCHMIDT-FUTTERER B 5 2 3 ) . Nur bei einer Identität zwischen Vermieter und öffentlichem Gemeinwesen kann auch die Kündigung einer unterbelegten oder nachträglich fehlbelegten Sozialwohnung (Rz 114) gerechtfertigt sein, soweit konkreter Bedarf hinsichtlich der in Anspruch genommenen Wohnung besteht (vgl BARTHELMESS § 5 6 4 b Rz 1 1 9 ; VOGEL JZ 1 9 7 5 , 7 3 , 7 5 mit Fn 17). Dies gilt allgemein für die Verfolgung sozialer Belange durch ein öffentliches Gemeinwesen. Aber auch ein privater Vermieter kann zwecks Erfüllung öffentlich-rechtlicher Verpflichtungen ein berechtigtes Kündigungsinteresse haben. Dies gilt etwa, wenn (1099)

Jürgen Sonnenschein

§ 564 b 119, 1 2 0

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

die Ordnungsbehörde eine Verfügung gegen den Vermieter erläßt, nach der das Wohnhaus wegen Einsturzgefahr abzureißen ist (BARTHELMESS § 564 b Rz 119). Verfolgt eine Privatperson dagegen ohne besondere Verpflichtung öffentliche Interessen, etwa soziale Belange, so kann dies allein eine Kündigung nicht rechtfertigen. Dies gilt etwa für die Beendigung eines Mietverhältnisses, um auf dem Grundstück ein Gebäude mit 100 Wohnungen für sozial schwache Mieter zu errichten (vgl aber LG Köln WuM 1976, 163 m Anm W E I M A R , das allerdings im Sachverhalt keinen Aufschluß über die Vermietereigenschaft gibt). Es ist in gleicher Weise ein soziales Anliegen, die Wohnung dem bisherigen Mieter zu belassen. Insoweit eine quantitative Gewichtung zu treffen, sollte einer Privatperson versagt bleiben. Der angemessene Lösungsansatz ist in diesen Fällen die Verhinderung wirtschaftlicher Verwertung nach § 564 b Abs 2 Nr 3. 119 (3) Eine weitere Fallgruppe läßt sich durch Unzumutbarkeit einer längeren Fortsetzung des Mietverhältnisses kennzeichnen. Für den Vermieter kann es aufgrund von Vertragsverletzungen durch den Mieter unzumutbar sein, das Mietverhältnis fortzusetzen. Die Fälle schuldhafter, erheblicher Vertragsverletzungen werden durch Abs 2 Nr 1 erfaßt. Insoweit braucht für ein berechtigtes Interesse an einer ordentlichen Kündigung nicht auf sonstige Gründe abgestellt zu werden, wenn die Voraussetzungen einer fristlosen Kündigung erfüllt sind (vgl aber BARTHELMESS § 5 6 4 b Rz 1 2 0 ; PALANDT-PUTZO § 5 6 4 b Anm 5 e). Andererseits darf Unzumutbarkeit nicht bei jedem schuldlosen Vertragsverstoß angenommen werden, weil sonst Abs 2 Nr 1 gegenstandslos wäre. Aus der Funktion dieser Regelung als Leitbild ergibt sich, daß dem schuldlosen Vertragsverstoß ein ähnliches Gewicht zukommen muß. Dies ist etwa bei wiederholter, krankheitsbedingter Störung der Mitmieter in ihrer Nachtruhe (LG Mannheim NJW 1976, 1407; PALANDT-PUTZO § 564 b Anm 5 e; SCHMIDT-FUTTERER B 528) oder bei wiederholtem, durch schuldlosen Geldmangel verursachtem Zahlungsverzug ( P A L A N D T - P U T Z O aaO) anzunehmen. Unter dem Gesichtspunkt der Unzumutbarkeit kann auch der Fall beurteilt werden, daß der Vermieter in die zu kündigende Wohnung einziehen will, um die selbst zu zahlende Miete einzusparen. Soweit nicht schon Eigenbedarf anerkannt wird (Rz 68), weil die bisherige Wohnung des Vermieters unangemessen ist, kommt ein berechtigtes Interesse aber nur bei erheblicher Mietdifferenz in Betracht (vgl LG Hamburg WuM 1975, 124). Darüber hinaus ist erforderlich, daß der Vermieter vor einer Kündigung das weniger einschneidende Mittel einer Erhöhung des Mietzinses der vermieteten Wohnung ergreifen muß, um die Differenz zu verringern. Wird die Aufnahme einer Pflegeperson in den Haushalt des Vermieters erforderlich, so kann dies ein sonstiges Kündigungsinteresse an der benötigten größeren Wohnung rechtfertigen (SCHMIDTFUTTERER B 486), soweit nicht schon Eigenbedarf angenommen wird (Rz 59). Die Aufnahme einer dem Vermieter nahestehenden Person, die unzureichend untergebracht ist, aber nicht unter den Personenkreis des Abs 2 Nr 2 fällt, kann idR kein sonstiges Kündigungsinteresse begründen (aM BARTHELMESS § 564 b Rz 119; V O GEL JZ 1975, 73, 75 mit Fn 15). Liegen nicht ganz außergewöhnliche Umstände vor, zB Pflegeeltern, denen der Vermieter in besonderer Weise zu Dank und Fürsorge verpflichtet ist, so entspricht die Inanspruchnahme einer Wohnung für den kaum abgrenzbaren Kreis nahestehender Personen nicht dem Leitbild des in Abs 2 Nr 2 geregelten Eigenbedarfs. Schließlich kann die Teilnahme des Mieters an einer Hausbesetzung eine weitere Fortsetzung des Mietverhältnisses als unzumutbar erscheinen lassen (vgl AG Frankfurt ZMR 1973, 149), soweit nicht schon eine schuldhafte, erhebliche Vertragsverletzung iS des Abs 2 Nr 1 zu bejahen ist (Rz 46). 120 (4) Neben diesen Fallgruppen des Betriebsbedarfs im weitesten Sinne (Rz 106 ff), des öffentlichen Interesses (Rz 112 ff) und der Unzumutbarkeit (Rz 119) kann ein berechtigtes Kündigungsinteresse aus anderen Gründen vorliegen. Immer muß Jürgen Sonnenschein

(1100)

3. Titel. Miete. Pacht

§ 564 b 121,122

ihnen aber ein ähnliches Gewicht beizumessen sein wie den gesetzlich geregelten Beispielen. Dies gilt etwa für die Kündigung durch einen Verwalter, der die Wohnung im eigenen Namen vermietet hat. Kraft des Verwaltervertrags muß er die Interessen des Grundstückseigentümers verfolgen. Tritt ein berechtigtes Interesse wie Eigenbedarf oder Verhinderung der wirtschaftlichen Verwertung nur in der Person des Eigentümers ein, so hat der Verwalter als Vermieter keinen Kündigungsgrund nach Abs 2 Nr 2 oder 3. Auf der Grundlage des Verwaltervertrags wird das Interesse des Eigentümers jedoch zu einem eigenen Interesse des Verwalters, so daß ihm ein Kündigungsrecht aus sonstigen Gründen zuzuerkennen ist. Zu beachten ist allerdings, daß dadurch nicht die Einschränkungen nach Abs 2 Nr 2 S 2 (Rz 53) und Nr 3 S 3 (Rz 102) umgangen werden. 4. Angabe der Kündigungsgründe in dem Kündigungsschreiben (Abs 3) 121 Als berechtigte Interessen des Vermieters an der Beendigung des Mietverhältnisses werden nur die Kündigungsgründe berücksichtigt, die in dem Kündigungsschreiben angegeben sind. Eine Ausnahme gilt für solche Gründe, die nachträglich entstanden sind. Die allgemeinen Wirksamkeitsvoraussetzungen der Kündigung eines Mietverhältnisses über Wohnraum (vgl § 564 Rz 7 ff), insbesondere das Erfordernis der Schriftform für die Kündigungserklärung (§ 564 a Rz 7 ff), bleiben durch § 564 b Abs 3 unberührt (SCHMIDT-FUTTERER B 545).

a) Die Angabe der Kündigungsgründe im Kündigungsschreiben ist schon aufgrund 122 der Sollvorschrift des § 564 a Abs 1 S 2 erforderlich (s dort Rz 16 ff). Nur diese Gründe können nach § 556 a Abs 1 S 3 (s dort Rz 45) bei der Interessenabwägung im Rahmen eines Kündigungswiderspruchs berücksichtigt werden. Nach § 564 b Abs 3 muß der Vermieter aber die Gründe im Kündigungsschreiben angeben, da hiervon die Wirksamkeit der Kündigung abhängt (BARTHELMESS § 564 b Rz 130; LÖWE N J W 1972, 2 0 1 7 , 2 0 2 0 ; SCHMIDT-FUTTERER B 5 4 6 ; vgl A G D a r m s t a d t W u M

1974, 30; AG Dortmund WuM 1974, 152; AG Hamburg WuM 1973, 213; AG Oberhausen WuM 1973, 98). Im Gesetz ist nicht geregelt, wie ausführlich die Kündigungsgründe anzugeben sind. Insoweit gilt das gleiche wie zu § 564 a (s dort Rz 18). Beide Vorschriften dienen wegen ihres inneren Zusammenhangs (vgl Begr zum RegE eines MRVerbG BT-Drucks VI/1549, 8) in gleicher Weise dem Zweck, dem Mieter Klarheit über seine Rechtsstellung und die Erfolgsaussicht von Verteidigungsmöglichkeiten zu verschaffen. Daraus folgt, daß sämtliche Kündigungsgründe anzugeben sind und der einzelne Grund so genau zu bezeichnen ist, daß der Mieter seine Rechtsverteidigung darauf einstellen kann (BGB-RGRK-GELHAAR § 564 b Rz 35). Schlagwortartige Bezeichnungen reichen ebensowenig wie bei § 564 a Abs 1 S 2 aus (vgl LG Osnabrück WuM 1974, 29; AG Gelsenkirchen-Buer WuM 1973, 1 6 3 ; SCHMIDT-FUTTERER B 5 4 7 ) . Entsprechend dem Schutzzweck sind vielmehr strenge Anforderungen an den Inhalt des Kündigungsschreibens zu stellen. Die Interessen des Vermieters sind so eingehend darzulegen, daß es möglich wird zu beurteilen, ob die Kündigung berechtigt ist. Dies setzt voraus, daß der einzelne Kündigungsgrund hinsichtlich aller Tatbestandsmerkmale ausreichend durch tatsächliche Angaben untermauert wird. Auch wenn der Vermieter dem Mieter die Gründe schon vorher mündlich (LG Hamburg WuM 1975, 124) oder anderweitig schriftlich mitgeteilt hat, ist eine spezifizierte Angabe im Kündigungsschreiben nicht entbehrlich (AG Wuppertal WuM 1973, 214; BARTHELMESS § 564 b Rz 130). Entgegen der Auffassung des LG Mannheim (MDR 1976, 757) reicht eine Bezugnahme im Kündigungsschreiben auf mündlich mitgeteilte Gründe nicht aus, da der Regelung des Abs 3 auch eine Beweisfunktion im Interesse des Mieters beizumessen ist und Abweichungen nicht einmal ausnahmsweise zugelassen werden sollten. (1101)

Jürgen Sonnenschein

§ 564 b 123-126

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

123 Wenn der Vermieter wegen schuldhafter, erheblicher Vertragsverletzungen nach Abs 2 Nr 1 kündigt, hat er Zahl, Dauer und Zeitpunkt konkreter Pflichtverletzungen im Kündigungsschreiben darzulegen. Auch das Merkmal der Erheblichkeit ist durch einen Tatsachenvortrag auszufüllen. Dies wird nicht durch den Hinweis auf eine wiederholte Verletzung verschiedener Pflichten ersetzt (LG Mannheim WuM 1973, 5 ; BARTHELMESS § 5 6 4 b Rz 1 3 3 ) . Bei der Kündigung wegen Eigenbedarfs nach Abs 2 Nr 2 ist die konkrete Bedarfssituation klar und in nachprüfbarer Weise darzulegen (LG Essen WuM 1973, 163; LG Mannheim WuM 1976, 77). Dabei sind konkrete Angaben über die bisherigen Wohnverhältnisse, die betroffenen Personen und die Gründe für den erhöhten Wohnbedarf zu machen (LG Dortmund WuM 1 9 7 5 , 1 4 8 ; LG Mannheim WuM 1974, 30, 31; WuM 1976, 77; AG Gelsenkirchen-Buer WuM 1 9 7 3 , 163, 1 6 4 ; vgl aber FEHL in Anm zu LG Kiel NJW 1 9 7 5 , 1 9 7 3 , 1 9 7 4 ) . Mit Namen braucht die Person nicht genannt zu werden. Es genügt, daß die Zugehörigkeit zu dem berechtigten Personenkreis erkennbar ist. Die pauschale Angabe, die Wohnung für den Sohn zu benötigen, ist unzureichend (AG Mannheim WuM 1975, 210). Bei einer Kündigung wegen der Verhinderung angemessener wirtschaftlicher Verwertung nach Abs 3 Nr 3 sind die vorgesehene Verwertung, ggf einschließlich der Verwendung des Erlöses, mögliche Vertragspartner und die Gründe für die drohende Behinderung darzulegen. Ähnliches gilt für die sonstigen Kündigungsgründe. 124 Damit wird dem Vermieter eine weitgehende Offenlegung seiner persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse gegenüber dem Mieter zugemutet und abverlangt. Schon unter prozeßökonomischen Grundsätzen ist es zu sehen, wenn die Auffassung vertreten wird, der Vermieter brauche den geltend gemachten Kündigungsgrund nicht in allen Einzelheiten wiederzugeben. Es müsse dem Mieter aber möglich sein, auf der Grundlage dieser Angaben eine sachliche Nachprüfung anzustellen und seine Rechte hinreichend zu wahren (SCHMIDT-FUTTERER B 547 mwN). Weitere Einschränkungen können zur Wahrung von Geschäftsgeheimnissen und vor allem aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes zB in Krankheitsfällen geboten sein. Wo der verfassungsrechtlich gewährleistete Schutz der Persönlichkeit beeinträchtigt werden könnte, sind die Anforderungen an die Konkretisierung der Kündigungsgründe herabzusetzen. 125 b) Die vorgeschriebene Angabe der Kündigungsgründe im Kündigungsschreiben wirkt sich auf das Problem des Nachschiebens von Kündigungsgründen aus (vgl § 564 Rz 16; § 564 a Rz 20). Grundsätzlich muß ein Kündigungsgrund vorliegen, wenn die Erklärung durch Zugang wirksam wird (§ 564 Rz 37). Das Erfordernis der Angabe im Kündigungsschreiben bezieht den Zeitpunkt der Abgabe der Erklärung mit ein (vgl AG Lübeck WuM 1 9 7 3 , 7 ; PALANDT-PUTZO § 5 6 4 b Anm 5 c). Deshalb ist es ausgeschlossen, eine unwirksame Kündigung durch das Nachschieben von Gründen zu heilen (LG Hamburg MDR 1975, 143; WuM 1975, 124; LG Köln WuM 1974, 9; LG Mannheim WuM 1976, 77; AG Düsseldorf WuM 1974, 179; AG Geislingen WuM 1 9 7 3 , 1 6 1 ; AG Hamburg WuM 1 9 7 5 , 1 4 9 ; BARTHELMESS § 5 6 4 b Rz 1 4 5 ; SCHMIDT-FUTTERER B 5 5 3 ) . Dies gilt auch für nachträglich entstandene Gründe, da deren an sich zulässige Berücksichtigung nur für den Fall einer zunächst aus anderen Gründen wirksamen Kündigung bedeutsam ist (LG Hamburg M D R 1 9 7 5 , 1 4 3 ; KURTENBACH B e t r i e b 1 9 7 1 , 2 4 5 3 , 2 4 5 5 ; LÖWE N J W 1 9 7 2 , 2 0 1 7 , 2 0 1 9 ; SCHMIDT-FUTTERER aaO; SCHROERS NJW 1 9 7 3 , 1 2 6 , 1 2 7 ; Rz 1 3 0 ) . Im übrigen

macht es keinen Unterschied, ob die Kündigung mangels tatsächlicher Angaben über den Kündigungsgrund unwirksam ist oder ob die angegebenen Gründe die Kündigung rechtlich nicht tragen. Die Kündigung muß unter Einhaltung der nach § 565 maßgebenden Frist wiederholt werden. 126 c) Ausnahmsweise sind nach Abs 3 HS 2 nicht im Kündigungsschreiben angegebene Gründe zu berücksichtigen, soweit sie nachträglich entstanden sind. Grundsätzlich Jürgen Sonnenschein

(1102)

3. Titel. Miete. Pacht

§ 564 b 127, 128

soll der Vermieter bei neuen Kündigungsgründen zu einer erneuten Kündigung gezwungen sein. Im Einklang mit der Regelung des § 556 a Abs 1 S 3 darf sich der Vermieter jedoch auf solche Gründe berufen, deren Angabe im Kündigungsschreiben ihm objektiv unmöglich war. Es erschien unbillig, den Vermieter mit der späteren Geltendmachung eines nachträglich entstandenen Grundes auszuschließen (Begr zum RegE eines MRVerbG BT-Drucks VI/1549, 7 u 8). Nur unter dieser Voraussetzung ist es zulässig, Kündigungsgründe nachzuschieben. Ein nachträglicher Kündigungsgrund liegt vor, wenn er nach der Abgabe der 127 Kündigungserklärung entstanden ist. Auf den Zeitpunkt des Zugangs kommt es insoweit nicht an, da schon zwischenzeitlich entstandene Gründe nicht mehr im Kündigungsschreiben angegeben werden können (BARTHELMESS § 564 b Rz 138). Im übrigen ist es unerheblich, ob der Grund vor oder nach Ablauf der Kündigungsfrist oder erst während eines Räumungsrechtsstreits entstanden ist (BARTHELMESS § 564 b Rz 143). Ein Kündigungsgrund ist spätestens dann entstanden, wenn der Vorgang abgeschlossen ist, aus dem der Vermieter sein Kündigungsrecht herleitet. Bei Vertragsverletzungen durch den Mieter kommt es auf das Ende der Verletzungshandlung an. Problematisch ist es, wenn Teile des Vorgangs, der den Kündigungsgrund bildet, vor dem maßgebenden Zeitpunkt liegen, andere Teile erst später entstanden sind. Bei einer fortgesetzten Pflichtverletzung durch den Mieter können die vor der Abgabe der Kündigungserklärung liegenden Handlungen schon einen selbständigen Kündigungsgrund abgeben. Wird er nicht im Kündigungsschreiben angegeben, können spätere Handlungen nachgeschoben, aber nur für sich beurteilt werden. Erfüllen die vor dem maßgebenden Zeitpunkt liegenden Teile einer Pflichtverletzung den Tatbestand noch nicht, weil sie etwa noch nicht erheblich sind, so brauchen sie nicht angegeben zu werden und können zusammen mit späteren Handlungen berücksichtigt werden, durch die der Tatbestand vollendet wird. Dabei können auch verschiedenartige Pflichtverletzungen zusammengefaßt werden, da Abs 2 Nr 1 nicht auf eine bestimmte Art der Vertragsverletzung abstellt. Der Eigenbedarf wird durch objektive und subjektive Momente geprägt. Lag die objektive Bedarfssituation schon vor dem maßgebenden Zeitpunkt vor, faßt der Vermieter aber erst später den Entschluß einer entsprechenden Nutzung, etwa bei Familienangehörigen die Bedarfssituation zu einer eigenen zu machen, so kann daraus nicht die nachträgliche Entstehung eines Kündigungsgrundes hergeleitet werden. Entscheidend ist die objektive Bedarfslage, da sich der Vermieter sonst regelmäßig auf die Ausnahmeregelung des Abs 3 HS 2 berufen könnte (vgl aber BARTHELMESS § 564 b Rz 139). Konnte der Vermieter dies schon früher als Eigenbedarf geltend machen, so ist die nachträgliche Berücksichtigung ausgeschlossen (vgl LG Essen WuM 1973, 163). Anders kann zu entscheiden sein, wenn die Bedarfslage sich nachträglich weiter zuungunsten des Vermieters ändert. Der Kündigungsgrund wegen Verhinderung angemessener wirtschaftlicher Verwertung ist nicht erst dann entstanden, wenn der Vermieter tatsächlich an einer solchen Verwertung gehindert worden ist. Nach der konjunktivischen Gesetzesfassung reicht schon die Möglichkeit aus. Hierzu sind allerdings konkrete Umstände erforderlich. Abstrakte anderweitige Verwertungsmöglichkeiten sind unzureichend. Deshalb ist für den Zeitpunkt dieses Kündigungsgrundes erforderlich, daß eine konkrete Verwertungsmöglichkeit durch einen - nicht notwendig endgültigen Entschluß des Vermieters - geplant ist. Die Konkretisierung kann durch Aufnahme von Vorbereitungsmaßnahmen eintreten. Die Berücksichtigung eines nachträglich entstandenen Kündigungsgrundes hängt 128 nicht davon ab, ob er mit einem schon früher vorliegenden Grund gleichartig ist oder sich davon unterscheidet. So ist es zB möglich, bei einer auf bestimmte Vertragsverletzungen gestützten Kündigung nachträglich andere Pflichtverletzungen oder auch Eigenbedarf zu berücksichtigen (BARTHELMESS § 5 6 4 b Rz 1 4 2 ; SCHMIDT-FUTTERER (1103)

Jürgen Sonnenschein

§ 564 b 129,130

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

Die von PALANDT-PUTZO (§ 5 6 4 b Anm 5 d) vertretene Auffassung, die nachträgliche Geltendmachung sei auf Kündigungsgründe der gleichen Art zu beschränken, findet im Gesetz keine Stütze und steht mit Sinn und Zweck der Regelung nicht im Einklang. Entscheidend ist immer, daß der spätere Kündigungsgrund aus einem neuen, nachträglich entstandenen Sachverhalt hergeleitet wird. Die Ausnahmeregelung beruht darauf, daß es dem Vermieter objektiv unmöglich ist, nachträglich entstandene Gründe schon im Kündigungsschreiben anzugeben (Rz 126). Auf subjektive Unmöglichkeit kann es deshalb nicht ankommen. Ist der Grund vor Abgabe der Kündigungserklärung entstanden, so kann er selbst bei schuldloser Unkenntnis des Vermieters nachträglich nicht mehr geltend gemacht werden (SCHMIDT-FUTTERER B 5 4 8 ; aM BARTHELMESS § 5 6 4 b Rz 1 3 9 ) . Nur diese Auffassung wird dem Interesse des Mieters gerecht. Er muß sich grundsätzlich auf die Angaben im Kündigungsschreiben verlassen können. Dies gilt besonders, wenn ein Grund nicht angegeben ist, der dem Mieter bekannt ist und mit dessen Geltendmachung er dann nicht mehr zu rechnen braucht. B 548).

129 Fraglich ist allerdings, welche Bedeutung der Ausnahmeregelung des Abs 3 HS 2 zukommt. Ein Kündigungswiderspruch nach § 556 a ist nur erforderlich, wenn die Kündigung wirksam ist. Bei der Interessenabwägung können die nachträglich entstandenen Gründe zusätzlich zugunsten des Vermieters berücksichtigt werden. Dies ergibt sich schon aus § 556 a Abs 1 S 3. Insoweit hat § 564 b Abs 3 HS 2 keine selbständige Bedeutung. Die nachträglich entstandenen Gründe brauchen nicht in einem besonderen Kündigungsschreiben festgehalten zu werden, sondern können auch formlos geltend gemacht werden. Mit der Möglichkeit, Kündigungsgründe nachzuschieben, wird die Rechtsposition des Vermieters derjenigen des Mieters angeglichen, zu dessen Gunsten auch spätere Umstände bei der Abwägung der Interessenlage im Rahmen des § 556 a zu berücksichtigen sind (BARTHELMESS § 5 6 4 b Rz 1 4 4 ; SCHMIDT-FUTTERER B 5 4 9 ) . Für die Entscheidung einer gerichtlichen Räumungsfrist nach § 721 ZPO kommt es dagegen nicht darauf an, ob die nachträglich entstandenen Gründe kündigungsrechtlich in zulässiger Weise nachgeschoben worden sind (AG Achern DWW 1 9 7 4 , 2 3 7 ; mißverständlich BARTHELMESS aaO). 130 Abs 3 HS 2 hat nicht zur Folge, daß eine von Anfang an unwirksame Kündigung nachträglich mit Rückwirkung geheilt wird (Rz 125; s aber Rz 132 f zur Umdeutung). Dies wirkt sich jedoch nicht dahin aus, daß der Regelung neben § 556 a Abs 1 S 3 praktisch jede selbständige Bedeutung fehlt (so aber KURTENBACH Betrieb 1 9 7 1 , 2 4 5 3 , 2 4 5 5 ) . Für die Wirksamkeit einer Kündigung ist das Nachschieben eines später entstandenen Grundes dann bedeutsam, wenn der im Kündigungsschreiben angegebene, tragende Grund nachträglich fortgefallen ist (BGB-RGRKGELHAAR § 5 6 4 b Rz 3 6 ; SCHMIDT-FUTTERER B 5 5 0 ) . Eigenbedarf und Verhinderung wirtschaftlicher Verwertung setzen ein fortbestehendes Erlangungsinteresse des Vermieters voraus. Ist der Kündigungsgrund bei Ablauf der Kündigungsfrist (vgl BARTHELMESS § 5 6 4 b Rz 127) wieder entfallen, so ist die Kündigung nicht mehr gerechtfertigt und kann nach § 242 als unwirksam beurteilt werden (vgl Rz 48). Dieses Ergebnis kann der Vermieter vermeiden, indem er nach Abs 3 HS 2 einen nachträglich entstandenen Kündigungsgrund nachschiebt. Ist die Kündigung zunächst wirksam, muß sich der Mieter auf die Beendigung des Mietverhältnisses einstellen. Es kommt deshalb nicht darauf an, ob die nachträglich entstandenen Gründe mit den die Kündigung ursprünglich tragenden Gründen gleichartig (aM insoweit SCHMIDT-FUTTERER aaO).

Jürgen Sonnenschein

(1104)

3. Titel. Miete. Pacht

§ 564 b 131-133

III. Rechtsfolgen

131

1. Die ordentliche oder außerordentliche befristete Kündigung eines Mietverhältnisses über Wohnraum ist unwirksam, wenn ihr nicht nach § 564 b Abs 1 - 3 ein berechtigtes Interesse zugrunde liegt. Das Mietverhältnis wird durch eine solche Kündigung nicht beendet. Nach verbreiteter Auffassung soll sich diese Rechtsfolge aus § 134 ergeben, da § 564 b Abs 1 ein gesetzliches Verbot darstelle (AG Lübeck WuM 1973, 7; AG Mannheim WuM 1975, 210; BARTHELMESS § 564 b R Z 123; P A L A N D T - P U T Z O § 564 b Anm 9 a; SCHMIDT-FUTTERER B 544, 546). Anders als im Normalfall einer ordentlichen oder außerordentlichen befristeten Kündigung ist hier schon die Kündigungsberechtigung des Vermieters an eine besondere Voraussetzung geknüpft (Begr zum RegE eines MRVerbG BT-Drucks VI/1549, 8). Das berechtigte Interesse ist ein gesetzliches Tatbestandsmerkmal für den Eintritt der Rechtswirkungen einer Kündigung. Fehlt das berechtigte Interesse, so liegt ein Mangel im Tatbestand der Kündigung vor. Der Rückgriff auf § 134 ist deshalb überflüssig. Das gleiche gilt für die Einschränkungen, die in Abs 2 Nr 2 S 2, Nr 3 S 2 u 3 sowie Abs 3 getroffen werden. Das Gesetz schließt es aus, das Tatbestandsmerkmal des berechtigten Interesses mit bestimmten, an sich geeigneten Sachverhaltsmerkmalen auszufüllen. Die Folge ist auch hier, daß der gesetzliche Tatbestand nicht erfüllt ist und die Kündigung deshalb nicht die angestrebte Rechtswirkung entfaltet. 2. Ist eine ordentliche Kündigung hiernach unwirksam, stellt sich die Frage einer 132 Umdeutung in eine außerordentliche fristlose Kündigung (abl LG Braunschweig B1GBW 1969, 137; s § 565 Rz 78 f zur Umdeutung einer verspäteten ordentlichen Kündigung; § 564 Rz 39 zum umgekehrten Fall). § 140 ist als Rechtsgrundlage auch dann anwendbar, wenn die Unwirksamkeit auf einem Mangel im Tatbestand beruht (§ 564 Rz 40). Sieht man in § 564 b ein gesetzliches Verbot (Rz 131), ergibt sich die Nichtigkeit aus § 134. Aus der Anwendbarkeit des § 140 folgt, daß es nicht darauf ankommt, ob der Vermieter bereits im Zeitpunkt der ordentlichen Kündigung tatsächlich den Willen hatte, das Mietverhältnis notfalls durch eine außerordentliche fristlose Kündigung zu beenden. Entscheidend ist, ob er zumindest hypothetisch diesen Willen gehabt hätte, wenn er die Unwirksamkeit der ordentlichen Kündigung gekannt hätte (vgl BGHZ 19, 269, 273 = NJW 1956, 297). Unerheblich ist es für die Umdeutung, ob der im Kündigungsschreiben angegebene Grund die ordentliche Kündigung nicht trägt oder ob diese mangels jeglicher Angabe von Kündigungsgründen unwirksam ist. In beiden Fällen ist die Umdeutung allerdings nur auf der Grundlage der hier vertretenen Auffassung möglich, daß die Angabe eines bestimmten Grundes in der Kündigungserklärung nicht Wirksamkeitsvoraussetzung für die außerordentliche fristlose Kündigung ist (§ 564 Rz 16). Praktisch wird eine Umdeutung zB, wenn eine auf Vertragsverletzungen (Abs 2 Nr 1) gestützte ordentliche Kündigung im Kündigungsschreiben nicht genügend substantiiert ist, der Grund zugleich aber zur außerordentlichen fristlosen Kündigung berechtigt. Ähnliches gilt, wenn Eigenbedarf (Abs 2 Nr 2) oder Verhinderung wirtschaftlicher Verwertung (Abs 2 Nr 3) unberechtigt geltend gemacht wird und daneben ein Grund zur außerordentlichen fristlosen Kündigung besteht. Allerdings darf das Rechtsgeschäft, in das umgedeutet wird, keine weitergehenden 133 Rechtswirkungen erzeugen als das urprünglich beabsichtigte Geschäft (BGHZ 19, 269, 275 = NJW 1956, 297, 298; 20, 363, 370 f = NJW 1956, 1198, 1200). Die außerordentliche Kündigung kann das Mietverhältnis deshalb nicht zu einem früheren Zeitpunkt beenden, als es bei Wirksamkeit der ordentlichen Kündigung der Fall gewesen wäre. Dieses Ergebnis wird erreicht, wenn bei der Umdeutung eine der gesetzlichen Kündigungsfrist entsprechende Auslauffrist berücksichtigt wird (s im (1105)

Jürgen Sonnenschein

§ 564 b 134-136

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

einzelnen § 565 Rz 78 f). Fraglich bleibt dann allein, ob der Umdeutung ein Vertrauensschutz des Mieters entgegensteht. Wer aber einen wichtigen Grund zur Kündigung gesetzt hat, ist insoweit grundsätzlich nicht schutzbedürftig (vgl aber die Nachw § 565 Rz 79). Dabei ist es unerheblich, ob der ordentlichen und der außerordentlichen Kündigung der gleiche Sachverhalt zugrunde liegt. Eine Ausnahme ist nur zu machen, wenn der Vermieter ausdrücklich erklärt hat, er werde den Grund nicht zum Anlaß für eine außerordentliche Kündigung nehmen. Diese Erklärung liegt aber nicht schon in der ordentlichen Kündigung als solcher, da der Vermieter davon ausgeht, daß schon hierdurch das Mietverhältnis beendet wird. Die Umdeutung führt auch hinsichtlich des § 556 a nicht zu weitergehenden Rechtsfolgen, da dem Mieter nach Abs 4 Nr 2 dieser Vorschrift selbst bei einer ordentlichen Kündigung kein Widerspruchsrecht zugestanden hätte (§ 556 a Rz 14).

134 IV. Schadensersatz wegen unberechtigter Kündigung 1. Ist die Kündigung nach § 564 b unberechtigt und damit unwirksam, so können sich für den Mieter, der aufgrund dieser Kündigung einen Schaden erlitten hat, Ersatzansprüche gegen den Vermieter ergeben (eingehend STERNEL MDR 1976, 265). Die Kündigung kann zum einen unwirksam sein, weil der Vermieter irrtümlich angenommen hat, ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses zu haben. Der Irrtum kann sich auf die angenommenen Tatsachen oder auf die Rechtslage beziehen. Besonders gravierend sind allerdings die Fälle, in denen der Vermieter ein berechtigtes Interesse nur vorspiegelt, um einen bestimmten Mieter zur Räumung der Wohnung zu veranlassen. Dies kommt vor allem bei vorgetäuschtem Eigenbedarf in Betracht (vgl LÖWE Z M R 1975, 289; SCHICKEDANZ Z M R 1975,

196), gilt aber für die anderen Kündigungsgründe in gleicher Weise.

135 2. Eine unwirksame Kündigung kann einen Anspruch des Mieters aus positiver Forderungsverletzung auslösen. Der Vermieter ist zur Rücksichtnahme verpflichtet und hat alles zu unterlassen, was den Mieter schädigen kann. Er darf deshalb nicht bewußt wahrheitswidrig einen Kündigungsgrund, so vor allem Eigenbedarf, vorschieben, um den Mieter zur Räumung der Wohnung zu veranlassen. Anderenfalls macht sich der Vermieter schadensersatzpflichtig (AG Essen WuM 1974, 197; AG Heidelberg WuM 1973, 185 u 1975, 6 7 ; BARTHELMESS § 5 6 4 b RZ 7 3 ; B G B RGRK-GELHAAR § 5 6 4 b RZ 4 0 ; HANS § 5 6 4 b A n m 3 b b b a a a ; LÖWE Z M R 1975, 2 8 9 ; SCHMIDT-FUTTERER B 4 7 9 ; STERNEL M D R 1976, 2 6 5 , 2 6 7 ; a M SCHICKEDANZ ZMR 1975, 196; SCHOPP ZMR 1975, 97, 1 0 4 ; vgl OLG Hamm ZMR 1976, 149).

Das gleiche gilt, wenn der Vermieter die unberechtigte Kündigung nur fahrlässig ausgesprochen hat (LG Kiel NJW 1975, 1973 m abl Anm FEHL; AG Waldshut-

Tiengen W u M 1977, 115 u 230; BGB-RGRK-GELHAAR § 564 b Rz 41; STERNEL

aaO 2 6 8 ; aM WEIMAR MDR 1977, 198). Allerdings stellt eine unberechtigte Kündigung nur dann eine fahrlässige Vertragsverletzung dar, wenn der Vermieter hinsichtlich der angenommenen Tatsachen oder der Rechtslage keine Erkundigungen eingezogen hat oder wenn ihm insoweit irreführende Angaben Dritter zugerechnet werden können. Fällt der Kündigungsgrund später weg, so muß der Vermieter den Mieter darauf hinweisen (LG Düsseldorf WuM 1976, 70; AG Düsseldorf WuM 1976, 14 in der Vorinstanz; BGB-RGRK-GELHAAR § 564 b RZ 41).

136 3. Eine unwirksame Kündigung kann zu Schadensersatzansprüchen aus unerlaubter Handlung führen. Wird der Kündigungsgrund bewußt wahrheitswidrig vorgespiegelt, so kann darin eine sittenwidrige vorsätzliche Schädigung iS des § 826 liegen ( O L G K a r l s r u h e W u M 1 9 7 6 , 9 9 , 1 0 1 ; BARTHELMESS § 5 6 4 b RZ 7 3 ; SCHMIDT-FUTTERER B 4 7 9 ; SCHOPP Z M R 1 9 7 5 , 9 7 , 1 0 5 ; STERNEL M D R 1976, 2 6 5 , 2 6 7 ) . A u ß e r d e m

Jürgen Sonnenschein

(1106)

§ 564 b 137

3. Titel. Miete. Pacht

kommt ein Schadensersatzanspruch aus § 823 Abs 2 iVm § 263 StGB in Betracht, wenn in der unberechtigten Kündigung und ihrer Durchsetzung ein Betrug liegt (BARTHELMESS a a O ; H A N S § 5 6 4 b A n m 3 b b b a a a ; SCHMIDT-FUTTERER a a O ; SCHOPP

aaO; ders ZMR 1975, 353, 356; STERNEL aaO; zweifelnd L Ö W E ZMR 1975, 289, 290; aM SCHICKEDANZ ZMR 1975, 196, 197). Die von SCHICKEDANZ (aaO) bezweifelte Stoffgleichheit zwischen Vermögensschaden und Vermögensvorteil beim Betrugstatbestand liegt in dem Besitz an der Wohnung (SCHMIDT-FUTTERER aaO; STERNEL aaO 265 f). Dies genügt für den haftungsbegründenden Tatbestand, während alle weiteren Schäden durch den haftungsausfüllenden Tatbestand erfaßt werden. Für den subjektiven Tatbestand müssen Vorsatz und Bereicherungsabsicht gegeben sein. Diese weitgehenden Anforderungen entfallen, wenn § 564 b als Schutzgesetz iS des § 823 Abs 2 anerkannt wird. Die gleiche Frage ist in der Rspr schon zu Art 1 § 1 WKSchG I bejaht worden (OLG Karlsruhe WuM 1976,99,101; LG Düsseldorf ZMR 1976, 281; AG Bonn WuM 1975, 125; AG Esslingen WuM 1976, 126; AG Heidelberg WuM 1975, 67; AG Mannheim WuM 1977, 166; AG Waldshut-Tiengen WuM 1977, 230) und wird für § 564 b von einem Teil der Rspr (AG Waldshut-Tiengen WuM 1977,115) und des Schrifttums nicht anders entschied e n (BARTHELMESS § 5 6 4 b R Z 7 3 ; B G B - R G R K - G E L H A A R

§ 5 6 4 b RZ 40;

LÖWE

ZMR 1975, 289, 290; einschränkend SCHOPP ZMR 1975, 353, 355; offengelassen von OLG Hamm ZMR 1976, 149; SCHMIDT-FUTTERER B 479). Demgegenüber wird vereinzelt eingewandt, § 564 b bezwecke zwar den Bestandsschutz des Wohnraummietverhältnisses gerade auch zugunsten des einzelnen Mieters. Andererseits solle die Vorschrift nicht Schutz gegenüber Rechtsverletzungen bewirken, sondern den Machtkreis des Vermieters einschränken. Eine derartige Schranke der Dispositionsfreiheit sei kein Schutzgesetz (STERNEL MDR 1976, 265, 266; SCHICKEDANZ ZMR 1975, 196, 197; s auch OLG Karlsruhe Justiz 1976, 126). Eine Einschränkung der Dispositionsfreiheit des Vermieters, die nur im Interesse des Mieters getroffen wird, läßt sich jedoch nicht in dieser Weise von dem dadurch bewirkten Schutz isolieren. Der Bestandsschutz des Wohnraummietverhältnisses und der Schutz gegen Rechtsverletzungen durch unberechtigte Kündigungen sind identisch. Der Mieter soll gerade auch dann vor den mit einem Wohnungswechsel verbundenen Umständen und Aufwendungen bewahrt werden, wenn er sich nicht auf eine individuelle Härte iS des § 556 a berufen kann (Begr zum RegE eines MRVerbG BT-Drucks VI/1549, 7). Das aber ist nichts anderes als der Schaden, der durch eine unberechtigte Kündigung eintritt und vor dem der Mieter geschützt werden soll. § 564 b ist deshalb als Schutzgesetz iS des § 823 Abs 2 anzuerkennen. Damit ist der Mieter durch § 564 b auch gegen die Folgen solcher Kündigungen geschützt, die der Vermieter irrtümlich für berechtigt hält (vgl AG Heidelberg WuM 1973, 137 zu Art 1 § 1 WKSchG I). Obwohl § 564 b kein Verschulden voraussetzt, tritt die Ersatzpflicht nach § 823 Abs 2 S 2 nur ein, wenn der Vermieter die Kündigung zumindest fahrlässig für berechtigt hält (vgl Rz 135). 4. Der vom Vermieter zu ersetzende Schaden umfaßt die gesamte Vermögensein- 137 büße, die dem Mieter infolge der unberechtigten Kündigung adäquat kausal entstanden ist. Hierzu gehören neben den reinen Umzugskosten für die Beförderung des Umzugsguts (vgl die Rspr Rz 135, 136; BARTHELMESS § 564 b Rz 73; SCHMIDT-FUTTERER B 479) Makler- oder Inseratskosten für die Suche einer neuen Wohnung (AG Heidelberg WuM 1975, 67; BARTHELMESS § 564 b Rz 73), ggf die Differenz zur höheren neuen Miete (BARTHELMESS aaO; SCHMIDT-FUTTERER aaO; STERNEL MDR 1976, 265, 269) oder der noch neben der alten Miete zu zahlende neue Mietzins (AG Essen WuM 1974, 197), ferner Kosten für Renovierung der neuen oder alten Wohnung, Gardinen, Telefonummeldung, Inanspruchnahme von Urlaub für die Renovierung der neuen Wohnung (AG Essen aaO), der Verlust noch nicht abge(1107)

Jürgen Sonnenschein

§ 564 b 138-140

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

wohnter Investitionen (OLG Karlsruhe WuM 1976, 99, 101; AG Heidelberg WuM 1973, 185), Aufwendungen für die gerichtliche und außergerichtliche Inanspruchnahme eines Rechtsanwalts (AG Heidelberg WuM 1975, 67; AG Kenzingen AnwBl 1976, 405). Es besteht kein Grund, für den Umfang des zu ersetzenden Schadens zwischen den einzelnen Anspruchsgrundlagen Unterschiede zu machen (stark einschränkend SCHOPP ZMR 1975, 353 ff). Dies gilt auch für § 823 Abs 2, der voraussetzt, daß der zu ersetzende Schaden vom Schutzzweck der Norm umfaßt wird (vgl BGHZ 46, 17, 23 mwN = NJW 1966, 2014, 2016). Aus der Gesetzesbegründung ergibt sich, daß der Mieter durch den mit Art 1 § 1 WKSchG I und § 564 b geschaffenen Bestandsschutz vor den mit einem Wohnungswechsel verbundenen Umständen und Aufwendungen bewahrt werden soll, wenn die Voraussetzungen für einen Kündigungswiderspruch nach § 556 a nicht erfüllt sind (Begr zum RegE eines MRVerbG BT-Drucks VI/1549, 7). Daraus ergibt sich, daß § 564 b den Mieter auch vor den finanziellen Folgen einer unberechtigten Kündigung schützen soll, nicht nur vor dem Verlust der Wohnung als solcher (vgl LG Düsseldorf WuM 1976, 70, 71; aM OLG Karlsruhe Justiz 1976, 126). In gleicher Weise umfaßt § 263 StGB als Schutzgesetz iS des § 823 Abs 2 die weiteren Folgen einer durch Betrug herbeigeführten Räumung der Wohnung. Bei keiner der in Frage kommenden Anspruchsgrundlagen ist die Schadensersatzpflicht des Vermieters allerdings davon abhängig, daß der Mieter durch die Kündigung tatsächlich zur Räumung veranlaßt wird (vgl im einzelnen STERNEL MDR 1976, 265). Zu ersetzen sind deshalb auch Aufwendungen, die zur Abwehr der unberechtigten Kündigung oder für die später abgebrochene Suche einer neuen Wohnung gemacht worden sind (STERNEL MDR 1976, 265, 269). 138 Der Umfang des zu ersetzenden Schadens kann nach § 254 einzuschränken sein. Bevor der Mieter die Wohnung widerspruchslos räumt, muß er prüfen, ob die Kündigung berechtigt ist und ob ein Widerspruch nach § 556 a erfolgversprechend ist (LG Hamburg MDR 1976, 844; B G B - R G R K - G E L H A A R § 564 b R Z 41). Es ist ihm zumutbar, hierzu sachverständigen Rechtsrat einzuholen (OLG Karlsruhe Justiz 1976, 126, 127). Auf einen Rechtsstreit braucht er es allerdings nicht ankommen zu lassen (STERNEL aaO). Wenn sich der Mieter einer rechtswidrigen Kündigung beugt, weil er vor einem Rechtsstreit zurückschreckt oder weil er die vom Vermieter angegebenen Gründe für berechtigt hält, so liegt darin nicht ohne weiteres ein Mietaufhebungsvertrag (vgl § 564 Rz 46), der Schadensersatzansprüche gegen den Vermieter etwa aufgrund einer Einwilligung in dessen Verhalten oder durch Beseitigung der Ursächlichkeit der Kündigung ausschließen würde (STERNEL aaO 267; aM OLG Karlsruhe aaO; SCHOPP ZMR 1975, 353; vgl auch BARTHELMESS § 564 b Rz 73). Hat der Vermieter den Kündigungsgrund arglistig vorgespiegelt, so kann ein etwaiges Mitverschulden des Mieters idR unberücksichtigt bleiben (STERNEL aaO 269). 139 5. Die Beweislast für die Erfüllung der Anspruchsvoraussetzungen trifft den Mieter (LG Aachen WuM 1976, 201; BARTHELMESS § 564 b R Z 73; B G B - R G R K - G E L H A A R § 564 b Rz 40; STERNEL aaO; aM AG Essen WuM 1974, 197). Zugunsten des Mieters können gewisse Beweiserleichterungen bis hin zu einer Beweislastumkehr eingreifen ( S T E R N E L aaO). 140 6. Die Verjährung der Schadensersatzansprüche des Mieters richtet sich nach den für die einzelnen Anspruchsgrundlagen maßgebenden Vorschriften. Die kurze Verjährungsfrist des § 558 Abs 1 greift für derartige Ansprüche nicht ein (AG Heidelberg WuM 1975, 67, 69; B G B - R G R K - G E L H A A R § 564 b R Z 41). Jürgen Sonnenschein

(1108)

3. Titel. Miete. Pacht

§ 564 b 141-144

V. Ausnahmetatbestände 1. Vermietung von Einliegerwohnraum (Abs 4)

141

a) Allgemeines Nach Abs 4 kann der Vermieter bei einem Mietverhältnis über eine Wohnung in einem von ihm selbst bewohnten Wohngebäude mit nicht mehr als zwei Wohnungen auch dann kündigen, wenn die Voraussetzungen des Abs 1 nicht vorliegen. Die Kündigung ist ohne ein berechtigtes Interesse möglich. Die nach § 565 oder nach der vertraglichen Vereinbarung maßgebende Kündigungsfrist verlängert sich in diesem Fall um drei Monate. In dem Kündigungsschreiben ist darauf hinzuweisen, daß die Kündigung nicht auf Abs 1 gestützt wird. Das gleiche gilt für Wohnraum innerhalb der Vermieterwohnung, soweit die Anwendbarkeit des § 564 b nach Abs 7 nicht ausgeschlossen ist. Diese Regelung ist erst auf Vorschlag des Rechtsausschusses des Deutschen Bundes- 142 tages in den Entw eines WKSchG II aufgenommen worden (Ausschußbericht BT-Drucks 7/2638, 2). Maßgebend hierfür war die besondere Situation bei derartigen Mietverhältnissen. Wegen des engen Zusammenlebens der Parteien sei es erforderlich, dem Vermieter die Kündigung zu erleichtern. Persönliche, vom Verschulden oft unabhängige Unwägbarkeiten könnten das Verhältnis zwischen den Parteien leichter zerstören als in einem größeren Mietwohnhaus. Bei einem zerrütteten Mietverhältnis müsse wegen der ausschlaggebenden Bedeutung eines harmonischen und störungsfreien Zusammenwohnens eine Trennung auch ohne besonderen Grund möglich sein (Verhandl des Dt BT, Stenogr Ber, Bd 89, 8310 B; 8314 A, B; 8315 C , D; 8323 D; BARTHELMESS § 564 b R Z 148 ff; SCHMIDT-FUTTERER B 529 f; SCHUBERT WuM 1975, 1). Es handelt sich um eine Ausnahmevorschrift zugunsten des Vermieters, die eng auszulegen ist und die die sonstigen Voraussetzungen der Kündigung unberührt läßt (BARTHELMESS § 564 b Rz 152; SCHMIDT-FUTTERER B 531). Die Darlegungs- und Beweislast obliegt dem Vermieter (SCHMIDT-FUTTERER B 540). b) Tatbestandsmerkmale im einzelnen

143

aa) Es muß sich um ein Mietverhältnis über eine Wohnung handeln. Der Begriff der Wohnung ist nicht mit dem vom Gesetz sonst verwendeten Begriff des Wohnraums identisch (vgl Vorbem 24 ff zu §§ 535, 536; § 556 a Rz 5 ff), sondern geht darüber hinaus. Die Wohnung ist eine selbständige, räumlich und wirtschaftlich gesonderte Wohneinheit, die eine selbständige Haushaltsführung ermöglicht (KG JW 1925, 1 1 2 7 N r 4 ; BARTHELMESS § 5 6 4 b R z 1 5 5 ; ROQUETTE § 5 3 5 R z 1 4 1 ; SCHMIDT-FUTTE-

RER B 536). Dazu sind grundsätzlich eigene Küche oder Kochgelegenheit, Wasserversorgung und Abort erforderlich (LG Essen WuM 1977, 206). Die übliche und in keiner Weise eingeschränkte Mitbenutzung anderer Räume ist jedoch unschädlich. Ein separater Eingang ist nicht erforderlich, da Abs 4 nicht auf die Abgeschlossenheit der Wohnung abstellt (LG Essen aaO; BARTHELMESS aaO; SCHMIDT-FUTTERER aaO; SCHUBERT W U M 1975, 1, 2). Unerheblich ist auch, aus wieviel Räumen die Wohnung besteht und ob Nebenräume vorhanden sind. bb) Die Wohnung muß in einem Wohngebäude liegen. Ein Geschäftshaus kommt 144 nicht in Betracht. Dient ein Gebäude zum Teil Wohnzwecken, zum Teil geschäftlichen Zwecken, so ist entscheidend, ob der Wohnraumanteil überwiegt. Dies hängt vom Nutzungswert der Räume ab. Ist hiernach ein Wohngebäude anzunehmen, so ist die Gefahr einer gegenseitigen Beeinträchtigung der Parteien durch enges Zusammenwohnen in gleicher Weise wie bei einem reinen Wohnhaus gegeben (BARTHELMESS § 5 6 4 b R z (1109)

156).

Jürgen Sonnenschein

§ 564 b 145-147

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

145 cc) Das Wohngebäude darf nicht mehr als zwei Wohnungen aufweisen. Ob bei Mischgebäuden ein untergeordneter geschäftlicher Raumanteil vorliegt, etwa ein Geschäft im Erdgeschoß, ist unerheblich. Das gleiche gilt, wenn neben den zwei Wohnungen noch weitere Wohnräume vorhanden sind, etwa Mansardenzimmer, die nicht als selbständige Wohnung beurteilt werden können. Das Gesetz stellt nicht darauf ab, daß das Gebäude nur zwei Wohnungen aufweist (BARTHELMESS § 564 b Rz

157;

PALANDT-PUTZO

§ 564 b

Anm

3 a;

SCHMIDT W u M

1975,

109,

112;

B 537). Nicht entscheidend ist es, ob es sich um gleichartige Wohnungen handelt. Eine Vielzahl von Pensionszimmern für Feriengäste kann den Charakter des Wohngebäudes aber entscheidend verändern und die Anwendung des Abs 4 ausschließen (LG Mannheim WuM 1978, 91 - 5 Pensionszimmer). Auf Wohngebäude mit zwei normalen Wohnungen und einer weiteren Dachgeschoßoder Souterrainwohnung ist die Vorschrift deshalb unanwendbar. Ein Gebäude mit drei Wohnungen wird auch nicht dadurch zu einem Zweifamilienhaus, daß eine Wohnung leersteht. Entscheidend ist grundsätzlich die objektive bauliche Gestaltung (BARTHELMESS § 564 b Rz 157), wobei es auf die Dauerhaftigkeit nicht ankommt (SCHMIDT-FUTTERER B 536). Wenn eine größere Wohnung aufgeteilt an mehrere Mieter überlassen ist und jeder Teil als selbständige Wohnung zu beurteilen ist, kann die bauliche Gestaltung jedoch zurücktreten. Nach der Fassung des Gesetzes kommt es nicht darauf an, ob die einzelnen Wohnungen einen separaten Haus- oder Wohnungseingang haben oder ob das Haus bei getrennten Hauseingängen wenigstens freistehend ist (BARTHELMESS § 564 b Rz 159; SCHMIDT-FUTTERER B 537; aM P A L A N D T - P U T Z O § 564 b Anm 3 a). Die Gefahr gegenseitiger Beeinträchtigungen der Parteien ist nicht von einem gemeinsamen Eingang abhängig. Auch die Einliegerwohnung iS des § 11 WobauG II fällt unter § 564 b Abs 4, ohne daß die wohnungsbaurechtlichen Kriterien für die Kündigungsvorschriften eine Rolle spielen. SCHMIDT-FUTTERER

146 dd) Das Wohngebäude muß vom Vermieter selbst bewohnt sein. Auf die Besitzverhältnisse oder den Wohnsitz im rechtlichen Sinne kommt es nicht an. Nach Sinn und Zweck der Regelung muß der Vermieter einen so intensiven Wohngebrauch ausüben, daß die Gefahr gegenseitiger Beeinträchtigungen besteht. Der Vermieter muß deshalb das Gebäude nicht nur vorübergehend zu Wohnzwecken nutzen und dort ein häusliches Leben entfalten (vgl BARTHELMESS § 564 b Rz 160; SCHMIDT-FUTTERER B 538). Ob es sich um seine Erst- oder um eine Zweitwohnung handelt und ob neben den Wohnräumen andere Räume zu geschäftlichen Zwecken genutzt werden, spielt dann keine Rolle. Der Vermieter braucht sich nicht ständig in dem Gebäude aufzuhalten (BARTHELMESS § 564 b Rz 161; SCHMIDT-FUTTERER B 538; vgl aber SCHUBERT WuM 1 9 7 5 , 1 , 2 ) , sofern nur die Gefahr gegenseitiger Beeinträchtigungen bestehenbleibt. 147 Der Vermieter muß selbst in dem Gebäude wohnen, ob allein oder zusammen mit anderen Personen, ist unerheblich. Unzureichend ist es aber, wenn nur Angehörige dort wohnen (BARTHELMESS § 5 6 4 b Rz 1 6 6 ) . Vermieter ist derjenige, der als Vertragspartei den Mietvertrag abgeschlossen hat. Dies braucht nicht der Eigentümer zu sein. Auch dem Mieter eines Zweifamilienhauses kann bei Untervermietung der anderen Wohnung das Kündigungsrecht aus Abs 4 zustehen (BARTHELMESS § 5 6 4 b Rz 1 6 4 ; L Ö W E NJW 1 9 7 5 , 9 , 1 1 ; P A L A N D T - P U T Z O § 5 6 4 b Anm 3 a). Wohnt der Eigentümer in dem Haus, ist Vermieter aber eine andere Person, etwa ein Verwalter, so ist die Vorschrift nach Sinn und Zweck ausnahmsweise entsprechend anzuwenden. Unmittelbar anwendbar ist sie dagegen, wenn mehrere Vermieter den Vertrag abgeschlossen haben, von denen nur einer in dem Gebäude wohnt. Dies gilt für eine Miteigentümergemeinschaft in gleicher Weise wie für eine Gesamthandsgemeinschaft, weil auch für nur einen der Vermieter die Gefahr von BeeinträchtigunJürgen Sonnenschein

(1110)

3. Titel. Miete. Pacht

§ 564 b 148

gen durch den Mieter besteht (vgl BARTHELMESS § 5 6 4 b Rz 1 6 5 ; SCHMIDT-FUTTERER B 5 3 8 ; aM STERNEL R Z I I I 1 5 7 ) . Wird der Mietvertrag unmittelbar von einer OHG oder KG abgeschlossen (§§ 124, 161 Abs 2 HGB), ist gleichwohl den einzelnen Gesellschaftern die Vermietereigenschaft beizumessen, da sie mangels eigener Rechtsfähigkeit der Gesellschaft Träger der Rechte und Pflichten sind (aM wohl SCHMIDT-FUTTERER aaO). § 5 6 4 b Abs 4 ist jedoch unanwendbar bei einer juristischen Person als Vermieterin, da diese das Gebäude nicht selbst bewohnen kann. Wegen der strikten Trennung zwischen rechtsfähiger Gesellschaft und Gesellschafter verbietet sich in diesen Fällen auch eine Parallele zu dem Gesellschafter einer Personengesellschaft, der das von der Gesellschaft vermietete Haus bewohnt. Eine entsprechende Anwendung kommt allenfalls dann in Betracht, wenn der Gesellschafter einer Einmanngesellschaft in dem Haus wohnt, weil Vermieter und wirtschaftlicher Eigentümer in diesem Fall identisch sind. Nach dem Wortlaut des Gesetzes kommt es nur darauf an, daß das Wohngebäude von dem Vermieter bewohnt wird. Es muß nicht unbedingt eine der beiden Wohnungen sein (so aber SCHMIDT-FUTTERER B 5 3 8 ) . Es genügt ein einzelner Wohnraum, wenn der Vermieter für seine eigenen Wohnbedürfnisse andere Räume des Hauses mit benutzen kann (BARTHELMESS § 5 6 4 b R z

162).

ee) Nach Abs 4 S 3 gilt die erleichterte Kündigungsmöglichkeit entsprechend für 148 Mietverhältnisse über Wohnraum innerhalb der vom Vermieter selbst bewohnten Wohnung, sofern der Wohnraum nicht nach Abs 7 ganz vom Anwendungsbereich des § 564 b ausgeschlossen ist. Damit werden Mietverhältnisse über Wohnraum erfaßt, der nicht die Merkmale einer selbständigen Wohnung (Rz 143) aufweist. Hierzu gehören Leerzimmer und nicht überwiegend vom Vermieter mit Möbeln auszustattende Zimmer, die nicht nur auf vorübergehende Zeit an Einzelpersonen oder Familien überlassen sind. Ferner zählen hierzu möblierte Wohnräume, die einer Familie zum dauernden Gebrauch überlassen sind (Ausschußbericht zum RegE eines WKSchG II BT-Drucks 7/2638, 2; s auch Rz 155). Der Wohnraum liegt innerhalb der vom Vermieter selbst bewohnten Wohnung, wenn ein enger Zusammenhang zwischen den beiden Wohnbereichen besteht, so daß der vermietete Wohnraum objektiv als Teil der Vermieterwohnung erscheint und ein besonders enges räumliches Zusammenleben der Parteien zur Folge hat. Dies setzt voraus, daß der Vermieter die Wohnung persönlich nutzt (Rz 146). Es reicht nicht aus, wenn der Vermieter selbst nur einen Einzelraum bewohnt und bestimmte Räume der Wohnung wie Bad oder Toilette mit benutzt. Sein Wohnraum ist dann Teil der Mieterwohnung. Unzureichend ist es, wenn der Mieter einen Einzelraum im Dachgeschoß oder Souterrain bewohnt oder wenn das Zimmer vom Treppenhaus aus separat zugänglich ist, selbst wenn im übrigen eine nicht benutzte Verbindungstür zur Vermieterwohnung besteht. Handelt es sich baulich um ein Einfamilienhaus, sind solche Einzelräume jedoch immer Teil der Vermieterwohnung (BARTHELMESS § 564 b Rz 172; H A N S § 565 Anm 2 c; P A L A N D T - P U T Z O § 564 b Anm 3 b; SCHOPP ZMR 1975, 97, 98). Das gleiche gilt, wenn Wohnraum wie Mansarden, Souterrainräume oder sonstige vom Treppenhaus separat zugängliche Räume außerhalb der abgeschlossenen Wohnung des Vermieters liegen, wegen der gemeinschaftlichen Benutzung von Küche, Bad oder Toilette aber mit dem Wohnbereich des Vermieters einen räumlichen Zusammenhang aufweisen (BARTHELMESS § 564 b Rz 41 f). Die Regelung des Abs 4 S 3 beschränkt sich nicht auf Ein- oder Zweifamilienhäuser, sondern gilt ihrem Zweck entsprechend auch für Wohnraum innerhalb der Vermieterwohnung, die in einem Mehrfamilienhaus (BARTHELMESS § 564 b R Z 170; L U T Z DWW 1975, 6; P A L A N D T - P U T Z O § 564 b Anm 3 b) oder etwa als Einzelwohnung in einem ansonsten geschäftlich genutzten Gebäude liegt. Angesichts des Gesetzeszwecks ist die in Abs 4 S 3 vorgeschriebene (im)

Jürgen Sonnenschein

§ 564 b 149-151

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

entsprechende Anwendung der S 1 und 2 nicht als Tatbestandsverweisung mit einer daraus folgenden Beschränkung auf Ein- oder Zweifamilienhäuser zu interpretieren, sondern als Rechtsfolgeverweisung (aM SCHMIDT-FUTTERER B 539). Die Gefahr gegenseitiger Beeinträchtigungen innerhalb der Vermieterwohnung ist anders als bei separaten Wohnungen unabhängig von der baulichen Gestaltung oder Nutzung des Gebäudes möglich. Nach Abs 4 S 3 kommt es nicht auf die Eigentumsverhältnisse an. Damit werden auch Untermietverhältnisse innerhalb der vom Vermieter selbst gemieteten Wohnung erfaßt ( L U T Z DWW 1975, 6 f; aM SCHMIDT-FUTTERER aaO). Zwar sollen auch Untermietverhältnisse grundsätzlich den Kündigungsschutz des § 564 b genießen. Dies gilt aber nur mit den vom Gesetz selbst getroffenen Einschränkungen. Auch sachlich besteht kein Grund, einen Unterschied zwischen Haupt- und Untermietverhältnissen innerhalb der Vermieterwohnung zu machen. 149 c) Rechtsfolgen Unter den Voraussetzungen des Abs 4 S I oder 3 wird das Kündigungsrecht des Vermieters erleichtert. Die Kündigung ist wirksam, auch wenn der Vermieter kein berechtigtes Interesse iS der Abs 1 u 2 an der Beendigung des Mietverhältnisses hat. Die Wirksamkeit der Kündigung hängt deshalb nicht von der Angabe der Kündigungsgriinde nach Abs 3 ab. Die Regelung des Abs 4 basiert zwar auf der Möglichkeit, daß das Mietverhältnis durch das enge Zusammenwohnen der Parteien leicht zerrüttet wird, setzt aber tatsächlich eine solche Zerrüttung nicht voraus. Dies bedeutet, daß der Vermieter ohne einen bestimmten Grund kündigen kann. 150 Nach Abs 4 S 2 verlängert sich die Kündigungsfrist in diesem Fall um drei Monate. Maßgebend ist die Frist, die sich aus § 565 oder bei einer Abweichung zugunsten des Mieters (§ 565 Rz 59) aus dem Vertrag für das betreffende Mietverhältnis ergibt ( P A L A N D T - P U T Z O § 564 b Anm 10 b). Diese Regelung bezweckt, einem Mißbrauch des erleichterten Kündigungsrechts durch den Vermieter vorzubeugen und Härten für den Mieter zu vermeiden (BARTHELMESS § 564 b R Z 184 mwN). 151 Nach Abs 4 S 4 ist in dem Kündigungsschreiben anzugeben, daß die Kündigung nicht auf die Voraussetzungen des Abs 1 gestützt wird, also ohne Vorliegen eines berechtigten Interesses ausgesprochen wird. Damit soll für die Beteiligten klargestellt werden, wann das Mietverhältnis endet (Ausschußbericht zum RegE eines WKSchG II BT-Drucks 7 / 2 6 3 8 , 2 ) . Eine solche Klarstellung hängt nicht davon ab, daß der Vermieter den Gesetzeswortlaut des S 4 verwendet. Er muß nur hinreichend zum Ausdruck bringen, daß er von seinem Sonderkündigungsrecht Gebrauch macht. Dies ist der Fall, wenn er in irgendeiner Weise auf den in Abs 4 vorausgesetzten Sachverhalt Bezug nimmt oder sich auf die entsprechenden Rechtsfolgen beruft. Im Hinblick auf den Gesetzeszweck kann dies auch durch Angabe der richtig berechneten verlängerten Kündigungsfrist geschehen (BARTHELMESS § 5 6 4 b Rz 1 7 6 ; P A LANDT-PUTZO § 5 6 4 b Anm 1 0 c; SCHUBERT W U M 1 9 7 5 , 1, 3 ) . Sind keine Kündigungsgründe angegeben, so kann daraus mangels anderer Anhaltspunkte nicht auf eine Kündigung nach Abs 4 geschlossen werden, da es sich ebensogut um eine nach Abs 3 unwirksame normale Kündigung handeln kann (BARTHELMESS § 5 6 4 b Rz 1 7 7 ; aM LÖWE NJW 1 9 7 5 , 9 , 1 1 ) . Erfüllt das Kündigungsschreiben nicht die Voraussetzungen des Abs 4 S 4, so ist die Erklärung jedenfalls als Sonderkündigung iS des Abs 4 unwirksam. Sie kann ggf als eine normale Kündigung iS des Abs 1 aufrechterhalten werden. Dies setzt allerdings voraus, daß ausreichende Kündigungsgründe angegeben sind ( P A L A N D T - P U T Z O § 5 6 4 b Anm 1 0 c; SCHMIDT-FUTTERER B 5 3 3 ; aM STERNEL R Z III 1 5 9 ) . Einer Umdeutung nach § 1 4 0 bedarf es nicht (so aber BARTHELMESS § 5 6 4 b Rz 1 7 8 ) , wenn schon die Einordnung unter Abs 4 nicht möglich ist. Der Schutz des Mieters wird nicht beeinträchtigt, da er sich bei Jürgen Sonnenschein

(1112)

3. Titel. Miete. Pacht

§ 564 b 152-154

einer solchen Erklärung ohnehin nicht darauf verlassen darf, daß die verlängerte Kündigungsfrist maßgebend ist. Hat der Vermieter tatsächlich ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des 152 Mietverhältnisses, so steht ihm ein Wahlrecht zu, ob er unter den Voraussetzungen der Abs 1 - 3 mit normaler Kündigungsfrist oder unter den erleichterten Voraussetzungen des Abs 4 mit verlängerter Frist kündigen will (Ausschußbericht zum RegE eines WKSchG II BT-Drucks 7 / 2 6 3 8 , 2 ; BARTHELMESS § 5 6 4 b Rz 1 8 0 ; PALANDTPUTZO § 5 6 4 b A n m

1 0 a ; SCHMIDT-FUTTERER B 5 3 3 ; SCHUBERT W U M 1 9 7 5 , 1 , 3 ) .

Nach verbreiteter Auffassung ist die einmal getroffene Wahl grundsätzlich unwiderruflich. Ausnahmen werden nur für den Fall zugelassen, daß die erste Kündigung unwirksam ist (SCHMIDT-FUTTERER aaO) oder daß nach einer Sonderkündigung für den Vermieter Umstände eintreten, die ihn zu einer normalen Kündigung nach Abs 1 berechtigen (BARTHELMESS aaO; SCHUBERT aaO). Für eine Unwiderruflichkeit der Wahl bietet das Gesetz jedoch keine Anhaltspunkte. Sie ist auch nicht zum Schutz des Mieters geboten. Ebenso wie im Normalfall einer Kündigung, bei der zu einem späteren als dem nächstmöglichen Termin gekündigt wird, kann sich der Mieter auch hier nicht darauf verlassen, daß der Vermieter doch noch zu dem früheren Zeitpunkt kündigt. Durch einen solchen Wechsel von einer Kündigung nach Abs 4 zu einer Kündigung nach Abs 1 können allenfalls Schadensersatzansprüche ausgelöst werden, wenn der Vermieter ein besonderes Vertrauen erweckt hat, daß es bei dem späteren Termin bleiben werde. Ein Wechsel der Kündigung von Abs 1 zu Abs 4 ist dagegen nur von Bedeutung, wenn die Wirkungen der ersten Kündigung von den Parteien einverständlich beseitigt werden, weil sonst das Mietverhältnis zu dem früheren Zeitpunkt endet. Nur deshalb ist die erste Kündigung im Ergebnis einseitig nicht zu widerrufen. Zulässig ist auch eine Kündigung in der Weise, daß sich der Vermieter entweder primär auf die normale Kündigung nach Abs 1 und hilfsweise auf sein Sonderkündigungsrecht aus Abs 4 stützt (BARTHELMESS § 5 6 4 b Rz 1 7 9 ; P A L A N D T - P U T Z O § 5 6 4 b Anm 1 0 a) oder daß er die umgekehrte Reihenfolge der Kündigungsarten wählt (BARTHELMESS aaO; allgemein aM SCHMIDT-FUTTERER B 5 3 3 ; SCHUBERT WuM 1 9 7 5 , 1 , 3 ) . Der gebotene Schutz des Mieters wird hierdurch nicht beeinträchtigt, da er immer mit einer Kündigung zum nächstmöglichen Termin rechnen muß, soweit dem Vermieter ein berechtigtes Interesse zur Seite steht. Eine Grenze findet das Sonderkündigungsrecht an § 1 S 1 MHG. Der Ausschluß der 153 Kündigung eines Mietverhältnisses über Wohnraum zum Zwecke der Mieterhöhung gilt auch hier (BARTHELMESS § 5 6 4 b Rz 1 8 1 ; P A L A N D T - P U T Z O § 5 6 4 b Anm 1 0 a; SCHMIDT-FUTTERER B 5 4 3 ) . Dies wirkt sich aber nur dann als Schutz für den Mieter aus, wenn ihm ein dahin gehender Nachweis gelingt (vgl L Ö W E NJW 1 9 7 5 , 9 , 1 1 f). Auch die allgemeine Mißbrauchsgrenze ist zu beachten (SCHMIDT-FUTTERER aaO). Das Sonderkündigungsrecht des Vermieters läßt die Schutzrechte des Mieters 154 unberührt (Abs 5; Rz 156). Der Mieter kann deshalb der Kündigung widersprechen und eine Fortsetzung des Mietverhältnisses verlangen oder nach den §§ 721, 794 a ZPO eine gerichtliche Räumungsfrist beantragen (BARTHELMESS § 564 b Rz 186 ff; SCHMIDT-FUTTERER B 541). Die Anwendbarkeit der §§ 556 a Abs 1 S 3 und 564 a Abs 1 S 2 hat zur Folge, daß der Vermieter gehalten ist, bestimmte Kündigungsgründe anzugeben. Dies ist zwar nicht für die Wirksamkeit der Sonderkündigung von Bedeutung, wohl aber für die im Rahmen des § 556 a anzustellende Interessenabwägung. Insoweit sind dann auch Interessen des Vermieters zu berücksichtigen, die als solche noch keinen Kündigungsgrund iS des § 564 b Abs 1 abgeben, wohl aber im Einklang mit der Rechtsordnung stehen und zugunsten des Vermieters ins Gewicht fallen. (1113)

Jürgen Sonnenschein

§ 564 b 155-157

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

155 2. Vermietung zum vorübergehenden Gebrauch (Abs 7) Nach § 564 b Abs 7 werden bestimmte Mietverhältnisse über Wohnraum vom Kündigungsschutz ausgenommen. Sie sind durch eine Vermietung zum vorübergehenden Gebrauch im weitesten Sinne gekennzeichnet. Hierzu zählen zum einen Mietverhältnisse auf vorübergehende Zeit (s im einzelnen § 5 5 6 a R z 8 8 f f ) sowie Mietverhältnisse über ganz oder teilweise möblierten Wohnraum, der Teil der vom Vermieter selbst bewohnten Wohnung ist, sofern der Wohnraum nicht zum dauernden Gebrauch für eine Familie überlassen ist (s im einzelnen § 565 Rz 44 ff). Maßgebend für diese Ausnahmen ist es, daß für solche besonderen Mietverhältnisse andersartige Marktbedingungen bestehen (Begr zum RegE eines MRVerbG BT-Drucks VI/1549, 8). Entsprechende Regelungen finden sich in den §§ 556 a Abs 8, 564 a Abs 3, 565 Abs 2 S 3 u Abs 3, 565 a Abs 3, Art 2 Abs 3 WKSchG II und in § 10 Abs 2 Nr 2 u 3 MHG. Entgegen der Regelung des früheren § 4 Abs 2 WKSchG I wurde der Ausschlußtatbestand für möblierten Wohnraum bei Übernahme in das BGB eingeschränkt, um auch diese Mietverhältnisse in größerem Umfang dem Kündigungsschutz zu unterstellen (Begr zum RegE eines WKSchG II BT-Drucks 7/2011, 8 u 9; Ausschußbericht BT-Drucks 7/2638, 3).

156 VI. Weitergehende Schutzrechte des Mieters (Abs 5) Nach Abs 5 bleiben weitergehende Schutzrechte des Mieters unberührt. Diese Vorschrift stellt klar, daß die in § 564 b getroffene Regelung nicht an die Stelle, sondern neben anderweitige Schutzrechte des Mieters tritt (Begr zum RegE eines MRVerbG BT-Drucks VI/1549, 8; vgl auch Ausschußbericht zum RegE eines WKSchG II BT-Drucks 7/2638, 3). Der Vermieter muß hiernach die zum Schutz des Mieters zwingend vorgeschriebenen Kündigungsfristen des § 565 Abs 2 einhalten (BARTHELMESS § 564 b Rz 48; SCHMIDT-FUTTERER B 559). Ist die Kündigung nach § 564 b wirksam, so bleibt dem Mieter das Recht, der Kündigung nach § 556 a oder § 556 c zu widersprechen und die Fortsetzung des Mietverhältnisses zu verlangen (BARTHELMESS § 564 b Rz 48 ff; SCHMIDT-FUTTERER B 560). Im Rahmen der Sozialklausel des § 556 a sind die als berechtigt anzuerkennenden Interessen des Vermieters gegen die individuellen Interessen des Mieters abzuwägen. Aus dem Verhältnis zwischen § 564 b und § 556 a ergibt sich, daß eine nach der ersteren Vorschrift berechtigte Kündigung nicht auf jeden Fall das Mietverhältnis beendet. Dies entscheidet sich erst nach der umfassenden Interessenabwägung aufgrund des § 556 a. Greift die Kündigung durch, kann das Gericht dem Mieter von Amts wegen bzw auf Antrag eine angemessene Räumungsfrist bewilligen (§§ 721, 794 a ZPO). Bei der dahin gehenden Entscheidung können zugunsten des Vermieters auch solche Interessen berücksichtigt werden, deren Geltendmachung hinsichtlich der Kündigung nach den §§ 556 a Abs 1 S 3, 564 a Abs 1 S 2 und 564 b Abs 3 ausgeschlossen war, weil das Zwangsvollstreckungsrecht keine entsprechende Beschränkung aufweist (SCHMIDTFUTTERER B 561). Auch ein vertraglicher Kündigungsausschluß zugunsten des Mieters bleibt von § 564 b unberührt (SCHMIDT-FUTTERER B 562). 157 VII. Unabdingbarkeit (Abs 6) Nach Abs 6 ist eine zum Nachteil des Mieters von den Vorschriften des § 564 b abweichende Vereinbarung unwirksam. Der Kündigungsschutz ist nur durch eine zwingende Regelung zu verwirklichen (Begr zum RegE eines MRVerbG BT-Drucks VI/1549, 8; Begr zum RegE eines WKSchG II BT-Drucks 7/2011, 8). Jürgen Sonnenschein

(1114)

§ § 5 6 4 b, 5 6 5 3. Titel. Miete. Pacht

158,159

Unzulässig ist es deshalb, die in § 564 b aufgestellten Kündigungsvoraussetzungen zugunsten des Vermieters auszuschließen oder abzuändern. Die Parteien können vertraglich nicht bestimmen, daß der Vermieter generell auch ohne ein berechtigtes Interesse kündigen darf oder daß zB schuldlose Vertragsverletzungen durch den Mieter ausreichen. Der Kreis der für einen Eigenbedarf zu berücksichtigenden Personen kann vertraglich nicht erweitert werden. Ebensowenig kann von vornherein jede wirtschaftliche Verwertung des Grundstücks vom Mieter als Kündigungsgrund akzeptiert werden. Auch die Vereinbarung sonstiger Kündigungsgründe, die dem gesetzlichen Leitbild nicht entsprechen, ist unzulässig. Das gleiche gilt von Vereinbarungen, in denen die Angabe von Gründen im Kündigungsschreiben entgegen Abs 3 für überflüssig erklärt wird oder durch die das Sonderkündigungsrecht des Abs 4 auf gesetzlich nicht vorgesehene Fälle ausgedehnt wird. Die Kündigungsfrist des Abs 4 S 2 kann nicht verkürzt werden. Die Kennzeichnung als Sonderkündigung nach S 4 ist unverzichtbar (vgl BARTHELMESS § 564 b Rz 196; SCHMIDT-FUTTERER B 563). Die Unabdingbarkeit gilt auch für Vereinbarungen, die vor Inkrafttreten des § 564 b und des WKSchG I getroffen worden sind ( P A L A N D T P U T Z O § 564 b Anm 1 c). Ein Verstoß führt auf jeden Fall zur Unwirksamkeit der jeweiligen Vertragsbestimmung. Ob der Mietvertrag im übrigen wirksam bleibt, müßte sich im Prinzip nach § 139 richten. Aus der Natur der das soziale Mietrecht ausmachenden Schutzbestimmungen wird jedoch zu Recht hergeleitet, daß sich die Unwirksamkeit auf die jeweilige Klausel beschränkt (BARTHELMESS § 564 b Rz 199), soweit die Parteien im Mietvertrag nicht ausdrücklich die uneingeschränkte Geltung des § 139 vereinbaren (s im einzelnen § 556 a Rz 98). Zulässig sind Vereinbarungen, die zugunsten des Mieters von den Vorschriften des 158 § 564 b abweichen. So ist es möglich, die Voraussetzungen der Kündigungsgründe zu erschweren, etwa nur vorsätzliche Vertragsverletzungen oder Eigenbedarf lediglich für den Vermieter persönlich als ausreichend anzuerkennen. Das Kündigungsrecht kann auch für bestimmte Kündigungsgründe ausgeschlossen werden (LG Mannheim WuM 1 9 7 5 , 7 2 u 1 9 7 7 , 2 5 8 für Eigenbedarf; BARTHELMESS § 5 6 4 b Rz 1 9 7 ; SCHMIDT-FUTTERER B 5 6 3 ) . Ebenso ist die Geltendmachung des Sonderkündigungsrechts für den Vermieter verzichtbar. Er kann auch eine über Abs 4 S 2 hinausgehende Kündigungsfrist zugestehen. Möglich ist es, die Kündigung für eine gewisse Zeit ganz auszuschließen (vgl § 564 Rz l l f ) oder an die Zustimmung Dritter zu binden (vgl § 564 Rz 13). Der Abschluß eines Mietaufhebungsvertrags wird durch die Unabdingbarkeit des 159 Kündigungsschutzes grundsätzlich nicht ausgeschlossen (BARTHELMESS § 564 b Rz 1 9 5 ; P A L A N D T - P U T Z O § 5 6 4 b A n m 1 c ; SCHMIDT-FUTTERER B 5 6 4 ; W E I M A R B 1 G B W

1975, 69). Es steht dem Mieter frei, von sich aus auf den gesetzlichen Kündigungsschutz zu verzichten (s aber Rz 19). So kann das Mietverhältnis im Prinzip auch aufgrund einer unwirksamen Kündigung einverständlich beendet werden (§ 564 Rz 46). Handelt der Mieter aber unter Druck oder Irreführung seitens des Vermieters, so kann der Mietaufhebungsvertrag nach den allgemeinen Vorschriften nichtig oder anfechtbar sein (BARTHELMESS aaO; teilweise abweichend SCHMIDT-FUTTERER aaO). §565 Bei einem Mietverhältnis über Grundstücke, Räume oder im Schiffsregister eingetragene Schiffe ist die Kündigung zulässig, 1. wenn der Mietzins nach Tagen bemessen ist, an jedem Tag für den Ablauf des folgenden Tages; 2. wenn der Mietzins nach Wochen bemessen ist, spätestens am ersten Werktag einer Woche für den Ablauf des folgenden Sonnabends; (1115)

Jürgen Sonnenschein

§565 2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

3. wenn der Mietzins nach Monaten oder längeren Zeitabschnitten bemessen ist, spätestens am dritten Werktag eines Kalendermonats für den Ablauf des Ubernächsten Monats, bei einem Mietverhältnis über Geschäftsräume, gewerblich genutzte unbebaute Grundstücke oder im Schiffsregister eingetragene Schiffe jedoch nur für den Ablauf eines Kalendervierteljahres. Bei einem Mietverhältnis über Wohnraum ist die Kündigung spätestens am dritten Werktag eines Kalendermonats für den Ablauf des übernächsten Monats zulässig. Nach fünf, acht und zehn Jahren seit der Überlassung des Wohnraums verlängert sich die Kündigungsfrist um jeweils drei Monate. Eine Vereinbarung, nach welcher der Vermieter zur Kündigung unter Einhaltung einer kürzeren Frist berechtigt sein soll, ist nur wirksam, wenn der Wohnraum zu nur vorübergehendem Gebrauch vermietet ist. Eine Vereinbarung, nach der die Kündigung nur für den Schluß bestimmter Kalendermonate zulässig sein soll, ist unwirksam. Ist Wohnraum, den der Vermieter ganz oder überwiegend mit Einrichtungsgegenständen auszustatten hat, Teil der vom Vermieter selbst bewohnten Wohnung, jedoch nicht zum dauernden Gebrauch für eine Familie überlassen, so ist die Kündigung zulässig, 1. wenn der Mietzins nach Tagen bemessen ist, an jedem Tag für den Ablauf des folgenden Tages; 2. wenn der Mietzins nach Wochen bemessen ist, spätestens am ersten Werktag einer Woche für den Ablauf des folgenden Sonnabends; 3. wenn der Mietzins nach Monaten oder längeren Zeitabschnitten bemessen ist, spätestens am Fünfzehnten eines Monats für den Ablauf dieses Monats. Bei einem Mietverhältnis über bewegliche Sachen ist die Kündigung zulässig, 1. wenn der Mietzins nach Tagen bemessen ist, an jedem Tag für den Ablauf des folgenden Tages; 2. wenn der Mietzins nach längeren Zeitabschnitten bemessen ist, spätestens am dritten Tag vor dem Tag, mit dessen Ablauf das Mietverhältnis endigen soll. Absatz 1 Nr. 3, Absatz 2 Satz 1, Absatz 3 Nr. 3, Absatz 4 Nr. 2 sind auch anzuwenden, wenn ein Mietverhältnis unter Einhaltung der gesetzlichen Frist vorzeitig gekündigt werden kann. E I § 522; II § 506; III § 558; Mot II 410 ff; Prot II 214 ff. Art VI Nr 2 AbbauG vom 23. 6. 1960 (BGBl I 389); Begr zum RegE BT-Drucks III/1234, 73 (zu Nr 13); Ausschußbericht BT-Drucks III/1850, zu Drucks 1850, 10. Art I Nr 18 MietRÄndG II vom 14. 7. 1964 (BGBl I 457); Ausschußbericht BT-Drucks IV/2195, 2 u 5. Art 1 Nr 2 WKSchG II vom 18. 12. 1974 (BGBl I 3603); Begr zum RegE BT-Drucks 7/2011, 9; Stellungnahme des BR BT-Drucks 7/2011, 15; Ausschußbericht BT-Drucks 7/2629 u 7/2638, 3.

Schrifttum Beginn, Dauer und Ende des Mietverhältnisses, WuM 1965, 37; ders, Kündigungsfrist bei Wohnungswechsel innerhalb eines Hauses, WuM 1969, 137; ders, Die Kündigungsfristen gemäß § 565 BGB n. F. bei Wohnungswechsel innerhalb eines Hauses, ZMR 1966, 294; B Ü C H E L , Die neuen Kündigungsfristen bei Mischmietverhältnissen, DWW 1963, 136; GÖCKMANN, Das neue Wohnmietrecht in den weißen Kreisen, NJW 1963, 2109; H E R M E S , Ende des Mieterschutzes und Kündigung, ZMR 1965, 323; H O L T G R Ä V E , Die Beendigung der Mietverhältnisse über Wohnraum nach neuem Recht, Betrieb 1964, 1097; H Ü B B E , Ende des Mieterschutzes und Kündigung, ZMR 1964, 257 u 1965, 98; K A R S T , Der Kündigungszeitpunkt, ZMR 1962, 326; KAUFMANN, Zur Überlassung von Wohnraum, ZMR 1964, 293; K O R F F , Kündigungsfristen des Wohnraummieters in „weißen Kreisen", MDR 1965, 89; K U N K E L , Wohnraumkündigung und Sozialklausel im neuen Mietrecht, NJW 1965, 799; LUTZ, Die Kündigungsfristen für Wohnungsmietverhältnisse in den BODIS,

Jürgen Sonnenschein

(1116)

§565 3. Titel. Miete. Pacht weißen Kreisen, B1GBW 1967, 116; MICHAELIS, Die Kündigungsfristen gemäß § 565 n. F. bei Wohnungswechsel innerhalb eines Hauses, ZMR 1966,198; N I E D N E R , Die Kündigung zum „Kalender"-Vierteljahr, WuM 1970, 56; PERGANDE, Die Kündigung von Wohnraum und die Sozialklausel im neuen Mietrecht, NJW 1964, 1925; ders, Das neue soziale Miet- und Wohnrecht, BBauBl 1963, 14; R O Q U E T T E , Die Kündigung mit gesetzlicher Frist, B1GBW 1962, 81; SCHOPP, Bemerkungen zu §§ 565 n. F. und 556 a BGB, ZMR 1963, 225; ders, Das Zweite Wohnraumkündigungsschutzgesetz, ZMR 1975, 97; W E I M A R , Der Kündigungsschutz für Mietverhältnisse über Wohnraum als Dauerrecht, FWW 1974, 428; ders, Die Kündigungsfristen bei Mischräumen, Betrieb 1972, 80; ders, Die Kündigungsfristen bei Wohnungswechsel im selben Haus, WuM 1969, 36.

he Übersicht I. Allgemeine Kennzeichnung 1. Überblick 1 2. Entstehung der Vorschrift 2 3. Zweck der Vorschrift 3

2. Mietverhältnis über möblierten Wohnraum in der Wohnung des Vermieters (Abs 3) 44 3. Abweichende Vereinbarungen (Abs 2 S 3 u 4) 57

II. Geltungsbereich der Vorschrift 6

VI. Kündigungsfristen bei Mietverhältnissen über bewegliche Sachen (Abs 4) 63

III. Fristberechnung 9

VII. Kündigungsfristen bei Mischverträgen und Sonderformen IV. Kündigungsfristen bei Mietverhältnissen 1. Allgemeines 64 über Grundstücke, Räume oder eingetragene 2. Einzelne Mischverträge 66 Schiffe (Abs 1) 15 3. Sonderformen 70

V. Kündigungsfristen bei Mietverhältnissen über Wohnraum (Abs 2 u 3) 1. Regelfall des Mietverhältnisses über Wohnraum (Abs 2) 30

VIII. Außerordentliche befristete Kündigung (Abs 5) 74 IX. Wirkung der Kündigung 77

Alphabetische Übersicht Abdingbarkeit von Kündigungsfristen - Beherbergungsvertrag 66 - Kündigung, außerordentliche befristete 76 - Kündigung durch den Mieter 59 - Kündigung nur für den Schluß bestimmter Kalendermonate 61 - Kündigung durch den Vermieter 58 - bei Mietverhältnissen über Grundstücke, Räume oder eingetragene Schiffe 29 - bei Mietverhältnissen über bewegliche Sachen 63 - bei Mietverhältnissen über Wohnraum 5, 57 ff - bei Mietverhältnissen über möblierten Wohnraum iS des § 565 Abs 3 54,57 Aufhebungsvertrag 57 Automatenaufstellvertrag 72 f

Beweislast 44 Enstehung der Vorschrift 2 Fahrzeugüberlassung 68 Familie 52 ff Filmverleihvertrag 68 Gastwirtschaft mit Bierlieferungsvertrag 69 Gebrauch, dauernder/nur vorübergehender 55, 57 f Geltungsbereich der Vorschrift 6 Heimpflegevertrag 67

Juristische Person als Mieter 40 Krankenhausaufnahmevertrag 67 Beherbergungsvertrag 66 Kündigung Behörde als Mieter 40 - außerordentliche befristete 6, 74 ff Belegarztvertrag 67 - ordentliche 6 Belegungsvertrag der Sozialversicherungsträger - Umdeutung 78 f 67 - Wirkung 77

(1117)

Jürgen Sonnenschein

§565 2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse Kündigungserklärung 9,13 - Auslegung 78 Kündigungsfrist - Abdingbarkeit, s dort - Berechnung 9 ff, 24 ff, 31 ff - Definition 14 Kündigungsfristen bei Mietverhältnissen über Grundstücke, Räume oder eingetragene Schiffe 15 ff - Abdingbarkeit 29 - Garage, private 21,28 - Gartenland 15 - Geschäftshaus 15 - Geschäftsraum 21 f, 28 - Grundstück 15 ff - Kündigungsfrist 24 ff - Mischmietverhältnis 22 - Raum 18 ff - Schiffe 23, 28 - Wohnhaus 15 - Wohnraum 15, 20, 22 Kündigungsfristen bei Mietverhältnissen über bewegliche Sachen 63 Kündigungsfristen bei Mietverhältnissen über Wohnraum 30 ff - Abdingbarkeit 5, 58 f - Abschluß, Änderung, Aufhebung des Mietvertrags 35 - Berechnung des Überlassungszeitraums 43 - Kündigungsfrist 31 ff - MietVerhältnis über Wohnraum 30 - Mischmietverhältnis 22, 30 - Rechtsnachfolge im Mietverhältnis 36 - Überlassung von Wohnraum 33 ff - Unterbrechung der Besitzzeit 37 - Untermietverhältnis, Anrechnung der Besitzzeit 38 - Verlängerung der Kündigungsfrist 32 f - Wechsel der Mietparteien 36 - Wohnungswechsel des Mieters innerhalb des Hauses 41 f Kündigungsfristen bei Mietverhältnissen über möblierten Wohnraum iS des § 565 Abs 3 54, 57 - Abdingbarkeit 54,57 - Beweislast 44 - Familie 52 ff - Gebrauch, dauernder 55 - Kündigungsfrist 56 - Mietverhältnis über Wohnraum 45 - Teil der vom Vermieter selbst bewohnten Wohnung 49 - Überlassung für eine Familie zu nicht dauerndem Gebrauch 51 ff

- Verpflichtung, Wohnraum mit Einrichtungsgegenständen auszustatten 46 ff Kündigungsfristen bei Mischverträgen und Sonderformen 64 ff - Allgemeines 64 f - Mischverträge, einzelne 66 ff - Sonderformen 70 Kündigungstag 9 Kündigungstermin 12 ff Leasing-Vertrag 70 Mietkauf 68 Mietverhältnis - auf bestimmte Zeit 6, 24 - auf unbestimmte Zeit 5 f - auflösend bedingtes 6, 74 - über Wohnraum 30,45 - über Grundstücke, Räume oder eingetragene Schiffe 15 ff - über bewegliche Sachen 63 - mit Verlängerungsklausel 6,10, 61 Mietzins, Bemessung 24 ff Mischmietverhältnis 22, 30 Mischverträge 64 ff Obdachloseneinweisung 34 Pacht 7 Raum 18 ff Reklameflächenüberlassung 16, 68 Schiffe 23,28, 63 Tankstellenvertrag 71 Überlassung von Wohnraum 33 ff Umdeutung einer ordentlichen Kündigung in eine außerordentliche fristlose 78 f Untermietverhältnis 32, 38 ff Unternehmen als Mieter 40 Werkdienst-, Werkmietwohnung 6 Werktag 11 Wohnheimvertrag 67 Wohnraum, möblierter 30, 39, 44 ff, 57, 61,66, s auch Kündigungsfristen Zimmer mit Frühstück 66 Zweck der Vorschrift 3

Jürgen Sonnenschein

(1118)

3. Titel. Miete. Pacht

§565 1-4

I. Allgemeine Kennzeichnung 1. Überblick

1

Die Vorschrift betrifft die ordentliche und die außerordentliche befristete Kündigung von Mietverhältnissen. In Abs 1 wird die gesetzliche Kündigungsfrist für die Miete von Grundstücken, Räumen und im Schiffsregister eingetragenen Schiffen festgelegt. Dabei unterscheidet das Gesetz drei Kündigungsfristen, deren Auswahl sich danach richtet, für welchen Zeitraum der Mietzins nach den Parteivereinbarungen zu entrichten ist. Für die Kündigung von Mietverhältnissen über Wohnraum ist grundsätzlich Abs 2 maßgebend. Insoweit ist die Kündigungsfrist unabhängig davon, für welchen Zeitraum der Mietzins bemessen ist. Das Gesetz differenziert aber nach der Dauer des Mietverhältnisses. Für bestimmte Mietverhältnisse über möblierten Wohnraum wird in Abs 3 hingegen wieder auf den für den Mietzins maßgebenden Bemessungszeitraum abgestellt. Das gleiche gilt nach Abs 4 für die Kündigung eines Mietverhältnisses über bewegliche Sachen. Für die außerordentliche befristete Kündigung ist nach Abs 5 nur ein Teil der vorhergehenden Vorschriften anwendbar. 2. Entstehung der Vorschrift

2

Die Vorschrift ist vom Inkrafttreten des BGB bis zum AbbauG vom 23. 6. 1960 (BGBl I 389) unverändert geblieben. Die frühere Fassung unterschied nur zwischen der Miete von Grundstücken einschließlich von Räumen (§ 580) und der Miete von beweglichen Sachen. Art VI Nr 2 AbbauG hat die Vorschrift vollkommen verändert und ihr die im wesentlichen noch heute maßgebende Fassung gegeben. Die in Abs 3 S 3 u 4 geregelte Unabdingbarkeit der Kündigungsvorschriften für Mietverhältnisse über Wohnraum ist durch Art I Nr 18 MietRÄndG II vom 14. 7. 1964 redaktionell dem Sprachgebrauch des BGB angepaßt worden. Art 1 Nr 2 WKSchG II vom 18. 12. 1974 (BGBl I 3603) hat im Zuge der Erweiterung des Kündigungsschutzes für möblierten Wohnraum (vgl § 564 b Abs 7) die Eingangsworte des Abs 3 neu gefaßt. Dadurch ist der möblierte Wohnraum, der außerhalb der vom Vermieter selbst bewohnten Wohnung liegt, der allgemein für Mietverhältnisse über Wohnraum geltenden Regelung des Abs 2 unterstellt worden. 3. Zweck der Vorschrift

3

Der Zweck gesetzlicher Kündigungsfristen läßt sich allgemein dahin gehend bestimmen, den Parteien zwischen dem Zugang der Kündigungserklärung und dem Ende des Mietverhältnisses eine angemessene Vorbereitungszeit einzuräumen (SCHMIDTFUTTERER B 585). Der Mieter muß die Mietsache nach der Beendigung des Mietverhältnisses zurückgeben (§ 556) und sich ggf rechtzeitig Ersatz beschaffen. Dem Vermieter muß genügend Zeit bleiben, sich einen neuen Mieter zu suchen. Die regelmäßige Kündigungsfrist bei der Miete von Grundstücken einschließlich von 4 Räumen betrug ursprünglich knapp drei Monate zum Schluß eines Kalendervierteljahrs. Dies sollte im Einklang mit der seinerzeit herrschenden Verkehrssitte stehen und die Regelung des § 571 unterstreichen. Von einer Differenzierung der Kündigungsfristen nach der Miethöhe oder nach der Dauer des Mietverhältnisses wurde ausdrücklich abgesehen (Mot II 411). Verkürzte Kündigungsfristen galten dagegen, wenn der Mietzins nach Monaten, Wochen oder Tagen bemessen war, weil in diesen Fällen die Grundregel nicht paßte (Mot II 412). Die Kündigungsfrist bei der Miete von beweglichen Sachen betrug „mit Rücksicht auf die regelmäßig in Betracht kommenden Verhältnisse" drei Tage und verkürzte sich auf einen Tag, wenn der Mietzins nach Tagen bemessen war (Mot aaO). (1119)

Jürgen Sonnenschein

§565 5-8

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

5 Aufgrund der Änderungen durch das AbbauG sind die Kündigungsfristen weiter abgestuft worden. Maßgebend ist der Zeitraum, nach dem der Mietzins bemessen ist. Für die Kündigung eines Mietverhältnisses über Wohnraum ist jedoch eine Frist von grundsätzlich knapp einem Vierteljahr eingeführt worden. Die Vereinbarung einer kürzeren Kündigungsfrist ist regelmäßig ausgeschlossen, um die Abwicklung von Mietverhältnissen über Wohnraum, die auf unbestimmte Zeit eingegangen sind, zu erleichtern. Insbesondere soll dem Mieter eine angemessene Frist gewährt werden, in der er sich auf die Beendigung des Mietverhältnisses einstellen kann (Begr zum RegE BT-Drucks III/1234, 73 zu Nr 13). Abweichend von der ursprünglichen Konzeption, ist die Kündigungsfrist jeweils bei bestimmter Mietdauer verlängert worden, um den Mieter, der durch ein langes Mietverhältnis mit seiner Wohnung besonders verwachsen ist, einen kurzfristigen Wechsel zu ersparen und um ihm Gelegenheit zu geben, sich in Ruhe um eine andere Wohnung zu bemühen (Ausschußbericht, zu BT-Drucks III/1850, 10). 6 II. Geltungsbereich der Vorschrift Die Vorschrift regelt die gesetzlichen Kündigungsfristen bei Mietverhältnissen und bezieht sich in Abs 2 S 3 u 4 hinsichtlich der Mietverhältnisse über Wohnraum auch auf vertraglich vereinbarte Kündigungsfristen. Zwischen den Parteien muß ein Mietverhältnis bestehen (Vorbem 20 zu §§ 535, 536; s zu Mischverträgen unten Rz 64 ff). Die Vorschrift gilt nur für die ordentliche und nach Maßgabe des Abs 5 für die außerordentliche befristete Kündigung (Rz 74 ff). Damit werden primär Mietverhältnisse erfaßt, die auf unbestimmte Zeit eingegangen sind. Mietverhältnisse auf bestimmte Zeit fallen nur dann unter die Vorschrift, wenn es sich um eine außerordentliche befristete Kündigung handelt oder wenn der Vertrag Wohnraum betrifft und eine Verlängerungsklausel enthält (§ 565 a Abs 1). Das gleiche gilt für auflösend bedingte Mietverhältnisse über Wohnraum nach Eintritt der Bedingung (§ 565 a Abs 2). Auf Werkmietwohnungen des § 565 b und Werkdienstwohnungen iS des § 565 e ist die Vorschrift neben der Sonderregelung des § 565 c anwendbar (SCHMIDT-FUTTERER B 5 8 2 ) .

7 Nach § 581 Abs 2 ist § 565 auf die Pacht entsprechend anzuwenden, soweit nicht § 595 als Sonderregelung vorgeht (vgl ferner Kleingarten- und Kleinpachtlandordnung vom 31. 7. 1919 [RGBl 1371]; VO über Kündigungsschutz und andere kleingartenrechtliche Vorschriften idF vom 15. 12. 1944 [RGBl I 347]; G über das landwirtschaftliche Pachtwesen vom 25. 6. 1952 [BGBl 1343]; G zur Änderung und Ergänzung kleingartenrechtlicher Vorschriften vom 28. 7. 1969 [BGBl I 1013]). 8 Die Regelung des § 565 gilt für Mieter und Vermieter in gleicher Weise (LG Hannover Z M R 1968, 204; LG Itzehoe B1GBW 1967, 116; K O R F F M D R 1965, 89, 90; KUNKEL NJW 1965, 799; LUTZ B1GBW 1967, 116, 117; SCHMIDT-FUTTERER B 585). Dies entspricht an sich dem Zweck der Vorschrift, beiden Parteien vor einer Beendigung des Mietverhältnisses eine angemessene Vorbereitungszeit einzuräumen (Rz 3). Die je nach Mietdauer verlängerten Kündigungsfristen des Abs 2 S 2 sind allerdings wohl nur zum Zweck eines besseren Mieterschutzes eingeführt worden (vgl Rz 5), können sich aber zuungunsten des Mieters auswirken, wenn er mangels abweichender Vereinbarungen an die bis zu einem Jahr reichenden Kündigungsfristen gebunden ist. Diese rechtspolitisch bedenkliche Entscheidung des Gesetzgebers ist wegen des eindeutigen Wortlauts der Vorschrift nicht durch einschränkende Auslegung zu korrigieren (vgl ROQUETTE § 565 Rz 27; SCHMIDT-FUTTERER aaO). In der Praxis ist es aber nicht ungewöhnlich, daß Vermieter ihren Mietern trotz langer Mietdauer abweichend von Abs 2 S 2 die normale Kündigungsfrist einräumen. Jürgen Sonnenschein

(1120)

3. Titel. Miete. Pacht

§565 9-11

m . Fristberechnung

9

Die einzelnen Kündigungsfristen sind nach den Auslegungsvorschriften der §§ 187 ff zu berechnen (§ 186). In § 565 wird jeweils festgelegt, an welchem Tag gekündigt werden muß. Dies ist der Kündigungstag, an dem die Kündigungserklärung durch Zugang beim Empfänger wirksam werden muß. Hinsichtlich des Kündigungstages ist zT schlechthin von einem „Tag" (Abs 1 Nr 1; Abs 3 Nr 1; Abs 4 Nr 1; Abs 4 Nr 2) oder vom „Fünfzehnten eines Monats" (Abs 3 Nr 3) die Rede. In anderen Bestimmungen wird auf einen bestimmten „Werktag" abgestellt (Abs 1 Nr 2 u 3; Abs 2 S 1; Abs 3 Nr 2). Problematisch ist der Einfluß des § 193 auf diese Daten. Diese Vorschrift schließt es grundsätzlich nicht aus, daß der Kündigende seine Erklärung an einem Sonn- oder Feiertag abgibt, da der Erklärende nur begünstigt werden soll (Voraufl § 193 Rz 2). § 193 hat auch nicht zur Folge, daß eine Kündigungserklärung, die dem Empfänger an einem solchen Tag tatsächlich zugeht, rechtlich noch nicht zugegangen ist, sondern daß an die Stelle dieses Tags der nächste Werktag tritt (Voraufl aaO). Die Kündigungserklärung kann deshalb an jedem beliebigen Wochentag wirksam werden. Nur soweit es nach dem Gesetz darauf ankommt, daß die Kündigung spätestens an einem bestimmten „Werktag" wirksam geworden ist, muß der etwaige Zugang an einem Sonnabend, einem Sonnoder Feiertag vor diesem Werktag liegen. Weiter stellt sich die Frage, ob die Kündigungserklärung trotz § 193 ggf nicht sogar 10 an einem Sonnabend, Sonn- oder Feiertag abgegeben werden muß. Aus § 193 ergibt sich, daß ein Termin, an dem eine Willenserklärung abzugeben ist, auf den nächsten Werktag verlegt wird. Fällt der letzte Tag, an dem noch zu einem bestimmten Termin gekündigt werden kann, auf einen Sonnabend, einen Sonn- oder Feiertag, so hätte die früher nach verbreiteter Auffassung (Voraufl § 193 Rz 1 a) befürwortete entsprechende Anwendung des § 193 zur Folge, daß die Kündigung auch noch am nächsten Werktag wirksam werden kann. Dieser Auffassung ist jedoch nach der neueren Rspr nicht mehr zu folgen. Im Interesse der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit ist an dem Grundsatz festzuhalten, daß eine Kündigungsfrist dem Gekündigten als Mindestfrist ungeschmälert erhalten bleiben muß und daß § 193 deshalb im Prinzip unanwendbar ist (BAG NJW 1970,1470 zum Arbeitsvertrag; BGHZ 59, 265, 267 f = NJW 1972, 2083 zum Handelsvertretervertrag; P A L A N D T - P U T Z O § 565 Anm 1 f; SCHMIDT-FUTTERER B 586, 587, 597, 601; für Anwendbarkeit des § 193 BGH NJW 1975, 40 = BB 1975, 63 zum Mietvertrag mit Verlängerungsklausel, da die Ablehnung der Vertragsverlängerung eine Kündigung im untechnischen Sinne ist). Bei der Kündigung am „Fünfzehnten eines Monats" (Abs 3 Nr 3) spielt es keine 11 Rolle, um welchen Wochentag es sich handelt. Der Kündigungstag wird in diesem Fall nicht nach § 193 auf einen späteren Tag verlegt, weil dies zu einer in § 565 nicht vorgesehenen Verkürzung der Kündigungsfrist führen würde (aM BARTHELMESS § 565 Abs 3 Rz 4). Ist aber die Kündigung nach den einzelnen Bestimmungen des § 565 spätestens an einem bestimmten Werktag vorgeschrieben, so verkürzt das Gesetz selbst die jeweils maßgebende Frist. Fällt etwa der Monatsanfang auf einen Sonntag, so ist im Hinblick auf Abs 2 S 1 der dritte Werktag erst der 4. Tag des Monats (vgl SCHMIDT-FUTTERER B 5 8 7 ) . Zu den Werktagen gehört weder der Sonntag noch ein am Erklärungsort staatlich anerkannter allgemeiner Feiertag (vgl die Zusammenstellung bei PALANDT-HEINRICHS § 1 9 3 Anm 4 ) . Das gleiche gilt für den Sonnabend ( B G B - R G R K - G E L H A A R § 5 6 5 Rz 3 ; P A L A N D T - P U T Z O § 5 6 5 A n m 2 a c c ; PERGANDE § 5 6 5 A n m 9 ; SCHMIDT-FUTTERER B 5 8 7 ; S O E R G E L - M E Z G E R § 5 6 5 Rz 1 4 ; aM E R M A N - S C H O P P § 5 6 5 Rz 5 ) . Der Sonnabend ist demnach kein Werktag, an dem die Kündigung spätestens wirksam werden müßte. Darüber hinaus zählt er auch für die Zwischenzeit nicht mit, wenn es für die Kündigung spätestens (1121)

Jürgen Sonnenschein

§565 12-15

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

auf den „dritten Werktag" ankommt (aM PALANDT-PUTZO aaO). Dies ergibt sich zwar nicht unmittelbar aus § 193, läßt sich aber auf Sinn und Zweck der Regelung stützen, die auf den Sonnabend ausgedehnte Ruhe der Bevölkerung sicherzustellen. Wenn einzelne Bestimmungen des § 565 auf den „dritten Werktag" abstellen, dann sind damit drei Arbeitstage gemeint. Dem Empfänger soll die Kündigung spätestens an einem bestimmten Arbeitstag zugehen. Aber auch dem Kündigenden sollen drei Arbeitstage innerhalb des jeweiligen Monats für die Kündigung zur Verfügung stehen. 12 Der Kündigungstermin ist der Tag, zu dem die Kündigung das Mietverhältnis beendet. Die Kündigungstermine ergeben sich aus den einzelnen Bestimmungen des § 565. Das Mietverhältnis endet mit Ablauf des Kündigungstermins. Unerheblich ist es, ob dieser Tag auf einen Sonnabend, einen Sonn- oder Feiertag fällt. Das Mietverhältnis verlängert sich nicht nach § 193, da diese Vorschrift allein auf den Ablauf einer Frist nicht anwendbar ist (vgl PALANDT-DANCKELMANN § 1 9 3 Anm 2 ; aM ERMAN-SCHOPP § 5 6 5 Rz 5 , 1 8 ) . § 1 9 3 ist nur für etwaige Leistungspflichten der Parteien von Bedeutung, die sich aus der Beendigung des Mietverhältnisses ergeben, so zB die Rückgabepflicht des Mieters (§ 556 Rz 21). 13 Die Kündigungserklärung braucht nicht die Angabe eines bestimmten Kündigungstermins zu enthalten. Sie wird in diesem Fall zum nächsten zulässigen Termin wirksam. Das gleiche gilt, wenn die für den angegebenen Termin einzuhaltende Kündigungsfrist versäumt ist, der Kündigende das Mietverhältnis aber auf jeden Fall beenden will und dieser Wille dem anderen Vertragsteil genügend erkennbar ist (§ 564 Rz 18). 14 Zwischen dem Kündigungstag und dem Kündigungstermin liegt die Kündigungsfrist. Sie ist in § 565 abweichend von den sonstigen Vorschriften des BGB über Fristen nicht nach bestimmten Zeitabschnitten bemessen, sondern ergibt sich nur mittelbar aus dem zeitlichen Abstand zwischen Kündigungstag und Kündigungstermin (vgl ROQUETTE § 5 6 5 R z 6 ) .

15 IV. Kündigungsfristen bei Mietverhältnissen über Grundstücke, Räume und eingetragene Schiffe (Abs 1) 1. Die Kündigungsfristen bei Mietverhältnissen über Grundstücke, Räume außer Wohnraum sowie über im Schiffsregister eingetragene Schiffe richtet sich danach, für welche Zeitabschnitte der Mietzins nach dem Vertrag bemessen ist. Die Regelung gilt nur für Mietverträge, die eine der genannten Mietsachen zum Gegenstand haben. a) Ein Grundstück iS des BGB ist ein abgegrenzter Teil der Erdoberfläche, der im Grundbuch als „Grundstück" geführt wird. Es handelt sich um einen juristisch-technischen Begriff, der durch den Inhalt des Grundbuchs bestimmt wird ( B A U R , Lehrbuch des Sachenrechts [9. Aufl 1977] § 3 I 2 a). Nach § 580 gelten die Vorschriften über die Miete von Grundstücken auch für die Miete von Wohnräumen und anderen Räumen, soweit nicht ein anderes bestimmt ist. § 565 Abs 2 u 3 trifft eine solche Sonderregelung für Mietverhältnisse über Wohnraum. Wird ein ganzes Wohnhaus vermietet, greift deshalb nicht Abs 1, sondern Abs 2 ein. Die aus § 94 folgende Eigenschaft eines Gebäudes als wesentlicher Bestandteil des Grundstücks ist insoweit unerheblich ( S O E R G E L - M E Z G E R § 565 Rz 4; aM PERGANDE § 565 Anm 5). Dabei macht es für die Annahme eines Mietverhältnisses über Wohnraum keinen Unterschied, ob es sich um ein Einfamilien- oder um ein Mehrfamilienwohnhaus handelt (vgl SCHMIDT-FUTTERER B 9). In Abs 1 wird neben den Grundstücken die Miete von Räumen unterschieden. Daraus ergibt sich, daß unter den GrundJürgen Sonnenschein

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§565 3. Titel. Miete. Pacht

16-20

stücksbegriff auch nicht andere bebaute Grundstücke fallen, deren Gebäude das Merkmal von Räumen (Rz 18) aufweisen. Die Vermietung eines ganzen Geschäftshauses fällt damit zwar unter Abs 1, wird aber von dem Tatbestandsmerkmal des Mietverhältnisses über Räume erfaßt. Für den Grundstücksbegriff verbleiben damit im wesentlichen nur unbebaute Grundstücke und solche mit einem Gebäude, bei dem das Merkmal des Raumes nicht erfüllt ist (vgl AG Gelsenkirchen-Buer ZMR 1971, 324 - Vermietung von Gartenland). Dieser Auslegung steht nicht entgegen, daß in Abs 1 Nr 3 ausdrücklich von gewerblich genutzten unbebauten Grundstücken die Rede ist, da diese Formulierung aus § 1 GRMG übernommen worden ist. Unter Abs 1 fällt auch die Vermietung von Teilen eines Grundstücks. Dies gilt zum 16 einen, wenn die vermietete Grundstücksfläche hinter der grundbuch- und katastermäßig ausgewiesenen Größe des Grundstücks zurückbleibt. Hierzu rechnen etwa die Vermietung des Grund und Bodens sowie die Vermietung eines Verkaufs- oder Ausstellungsstandes auf einem Platz oder in einer Halle. Zum anderen liegt Grundstücksmiete vor, wenn Teile eines Gebäudes wie Schaufenster oder Ausstellungskästen sowie Wandflächen für Reklamezwecke oder zur Anbringung von Automaten vermietet werden und diese Teile nicht unter den Begriff des Raumes fallen ( P E R G A N D E § 565 Anm 6; oben Vorbem 28 zu §§ 535, 536). Maßgebend für die Frage, ob Gegenstand des Mietvertrags ein Grundstück ist, sind 17 die vertraglichen Vereinbarungen. Handelt es sich hiernach um Grundstücksmiete, so sind die Kündigungsvorschriften über Wohnraum auch dann nicht anwendbar, wenn der Mieter auf dem Grundstück ein Wohngebäude errichtet hat (LG Mannheim MDR 1971, 223 - vorübergehender Zweck; AG Wuppertal MDR 1971, 667 - Wohnbaracke; Vorbem 28 zu §§535, 536). Eine Sonderregelung gilt bei der Grundstücksmiete nach Abs 1 Nr 3 für gewerblich genutzte unbebaute Grundstükke, soweit der Mietzins nach Monaten oder längeren Zeitabschnitten bemessen ist (Rz 24 ff). Die Kündigungsfristen nach Abs 1 Nr 1 u 2 gelten dagegen ohne Unterschied für jeden Fall der Grundstücksmiete. b) Ein Raum ist ein allseits umschlossener Teil eines festen Gebäudes, der so groß 18 ist, daß sich ein Mensch darin aufhalten kann. Unter den Begriff des Gebäudes fallen alle unbeweglichen, mit dem Erdboden fest verbundenen Bauwerke, die zum Aufenthalt von Menschen bestimmt und geeignet sind (Vorbem 24 zu §§ 535,536). Die Vermietung von Räumen in beweglichen Sachen wie Wohnwagen, Eisenbahnwagen oder Schiffen, ausgenommen die eingetragenen Schiffe, fällt deshalb unter Abs 4. Für die Vermietung von Wohnraum als Sonderfall der Raummiete gelten die Abs 2 u 3. Ein Mietverhältnis über Räume iS des Abs 1 liegt vor, wenn ein ganzes Gebäude 19 oder Innenräume von Gebäuden zu anderen als Wohnzwecken vermietet sind. Hierzu gehören in erster Linie Räume, die geschäftlichen Zwecken dienen wie etwa Fabrikgebäude, Häuser mit Läden und Büros, Gaststätten, Lagerräume und dgl. Auch Räume, die zu sonstigen Zwecken vermietet werden wie Garagen (LG Mannheim WuM 1974, 73; AG Gronau WuM 1974,178), Sporthallen, Vortragssäle usw fallen unter diese Vorschrift (vgl P A L A N D T - P U T Z O Einf v § 535 Anm 7 a). Keine Räume sind dagegen Plätze oder Stände in Räumen (Rz 18), sonstige Gebäudeteile ohne Raumcharakter wie eine Veranda, Dachterrasse oder ein Balkon ( P E R G A N D E § 565 Anm 6) sowie bewegliche Sachen und deren Innenräume (Rz 18, 6 3 ; PALANDT-PUTZO

aaO).

Für die Abgrenzung von der Wohnraummiete sind in erster Linie die Parteiverein- 20 barungen maßgebend, aus denen sich die Zweckbestimmung der Räume ergibt. Handelt es sich hiernach um ein Mietverhältnis über Räume iS des Abs 1, so ändert sich sein Charakter nicht dadurch, daß der Mieter einzelne oder alle Räume (1123)

Jürgen Sonnenschein

§565 21-23

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

entgegen der vertraglichen Abrede zu Wohnzwecken verwendet (Vorbem 25 zu §§ 535, 536). Haben die Parteien keine ausdrückliche Abrede über den Verwendungszweck der Räume getroffen und ergeben sich aus der Höhe des Mietzinses oder aus sonstigen Umständen keine Anhaltspunkte, so ist die objektive Zweckbestimmung der Räume maßgebend, die sich aus ihrer baulichen Anlage und Zweckbestimmung ergibt (Vorbem aaO). 21 In Abs 1 ist einleitend von einem Mietverhältnis über „Räume", in Nr 3 sodann von einem Mietverhältnis über „Geschäftsräume" die Rede. Daraus könnte der Schluß gezogen werden, daß es hinsichtlich der maßgebenden Kündigungsfrist nicht nur auf den Bemessungszeitraum des Mietzinses ankommt, sondern daß weiter zwischen der Miete von Geschäftsräumen und der Miete sonstiger Räume zu unterscheiden ist (so HANS § 5 6 5 Anm 2 d). Abs 1 Nr 3 HS 2 wäre dann auf ein Mietverhältnis über sonstige Räume nicht anwendbar. Für eine solche Auslegung spricht der Wortlaut der in Abs 1 getroffenen Regelungen. Demgegenüber ergibt sich aus der Entstehungsgeschichte der Vorschrift, daß der Begriff des Geschäftsraums den Gegensatz zum Wohnraum bildet und daß als Geschäftsräume alle Räume gelten, die nicht Wohnzwecken dienen (ERMAN-SCHOPP § 5 6 5 Rz 8; PERGANDE § 5 6 5 Anm 6; RoQUETTE § 5 6 5 Rz 11; SCHMIDT-FUTTERER B 11). Dies entspricht der Legaldefinition des früheren § 2 Abs 1 GRMG. Die für Geschäftsraummietverhältnisse maßgebende Kündigungsregelung des § 6 GRMG ist im wesentlichen in § 565 Abs 1 Nr 3 übernommen worden (vgl Begr zum RegE eines AbbauG BT-Drucks III/1234,73). Auch die Kündigung von Mietverhältnissen über sonstige Räume wie etwa private Garagen und dgl, die nicht geschäftlichen Zwecken dienen, richtet sich deshalb nach A b s 1 N r 3 H S 2 ( a M HANS a a O ) .

22 Für die Kündigung eines Mischmietverhältnisses, bei dem Wohnräume und Geschäftsräume zusammen vermietet werden, kommt es zunächst darauf an, ob die Verträge nur äußerlich verbunden sind. Lassen sie sich ohne weiteres trennen, sind für jeden Vertrag die für ihn geltenden Vorschriften maßgebend, für den Vertrag über Geschäftsräume also Abs 1 (vgl LG Mannheim ZMR 1977, 27; Vorbem 26 zu §§ 535, 536; § 564 Rz 27). Handelt es sich aber um einen einheitlichen Vertrag, so kommt es darauf an, welcher Vertragsteil nach dem Parteiwillen im Vordergrund steht. Hierfür sind Mietwert und Größe der Räume entscheidend. Überwiegt der geschäftliche Raumanteil, so liegt ein einheitlicher Mietvertrag über Geschäftsräume vor. Die Kündigungsfristen richten sich nach Abs 1 (LG Mannheim MDR 1966, 419; LG Wiesbaden WuM 1964, 169; AG Hamburg-Altona MDR 1972, 242 m A n m WEIMAR; PERGANDE § 5 6 5 A n m 6 c; ROQUETTE § 5 6 5 R z 16; WEIMAR

Betrieb 1972, 80). Liegt das Schwergewicht dagegen auf den Wohnräumen, so greifen einheitlich die Kündigungsvorschriften des Abs 2 ein (aM LUTZ, Lexikon des Miet- und Wohnungsrechts [1966] 3 0 9 , der Mischmietverhältnisse grundsätzlich den Vorschriften über Geschäftsraummiete unterstellt). Dies gilt nach umstrittener Ansicht (Vorbem 27 zu §§ 535, 536) wegen des sozialen Schutzzwecks auch bei Gleichwertigkeit von Wohn- und Geschäftsraumanteil (ERMAN-SCHOPP § 565 Rz 4). 23 c) Der Kündigungsregelung des Abs 1 unterliegen im Schiffsregister eingetragene Schiffe. Aufgrund des SchiffsRG vom 15. 11. 1940 (RGBl I 1499) werden die im Seeschiffsregister oder im Binnenschiffsregister eingetragenen Schiffe wie Grundstücke behandelt. Die Eintragungspflicht richtet sich nach § 3 SchiffsRegO idF vom 26. 5. 1951 (BGBl 1359). Die Kündigung von Mietverhältnissen über solche Schiffe ist durch § 565 Abs 1 ihrer den Grundstücken entsprechenden rechtlichen Behandlung angepaßt (vgl aber § 580 a Rz 2 zum Chartervertrag). Die Kündigung von nicht eingetragenen Schiffen richtet sich nach der für bewegliche Sachen maßgebenden Regelung des Abs 4. Jürgen Sonnenschein

(1124)

3. Titel. Miete. Pacht

§565 24-27

2. Im einzelnen hängen die Kündigungsfristen des Abs 1 davon ab, für welche 24 Zeitabschnitte der Mietzins nach den vertraglichen Vereinbarungen der Parteien bemessen ist. In der Bemessung des Mietzinses bringen die Parteien zum Ausdruck, für welchen Zeitraum der vereinbarte Betrag das Entgelt für die Überlassung des Gebrauchs der Mietsache darstellen soll. Im Mietvertrag müssen die Parteien bestimmen, ob der angegebene Betrag als Tages-, Wochen- oder Monatsmiete gelten soll oder ob noch längere Zeitabschnitte wie Quartale oder Jahre zugrunde gelegt werden (vgl ROQUETTE § 5 6 5 Rz 9 ) . Die Bemessung des Mietzinses ist nicht mit der Zahlungsweise identisch (vgl § 551 Abs 2). Ein nach Tagen bemessener Mietzins kann etwa wöchentlich oder ein nach Jahren bemessener Mietzins kann in monatlichen Teilbeträgen zu entrichten sein. Für die Kündigungsfrist ist nicht die vereinbarte Zahlungsweise, sondern nur die Bemessung des Mietzinses entscheidend ( R G Z 6 4 , 2 7 0 ; ERMAN-SCHOPP § 5 6 5 R z 5 ; PERGANDE § 5 6 5 A n m 4 ; ROQUETTE

aaO; SCHMIDT-FUTTERER B 5 9 8 ) . Mangels abweichender Vereinbarungen entspricht die Zahlungsweise idR der Bemessung. Ist der Mietzins für die gesamte Dauer des Mietverhältnisses in einem einmaligen Betrag bemessen, handelt es sich um ein Mietverhältnis auf bestimmte Zeit. Insoweit stellt sich die Frage einer Kündigungsfrist nur bei außerordentlicher befristeter Kündigung (§ 564 Rz 32 f). Hierfür gelten unabhängig von der Dauer des Mietverhältnisses und dem damit übereinstimmenden Bemessungszeitraum nach § 565 Abs 5 immer die Kündigungsfristen des Abs 1 Nr 3 (Rz 7 4 f). a) Im einzelnen ergibt sich aus Abs 1, daß bei der Bemessung des Mietzinses nach 25 Tagen an jedem Tag für den Ablauf des folgenden Tages gekündigt werden kann (Nr 1). Die Kündigungsfrist beträgt also mindestens 24 Stunden. § 193 ist für die Fristberechnung unerheblich, so daß die Kündigung an jedem beliebigen Tag der Woche wirksam werden kann (Rz 9 ff). b) Ist der Mietzins nach Wochen bemessen, so kann spätestens am ersten Werktag 26 einer Woche für den Ablauf des folgenden Sonnabends gekündigt werden (Nr 2). Die Kündigung muß also spätestens am Montag wirksam werden. Damit beträgt die Kündigungsfrist in der Regel 5 Tage. Fällt der Montag auf einen am Erklärungsort staatlich anerkannten allgemeinen Feiertag, ist erst der Dienstag der erste Werktag der Woche. Das Gesetz selbst verkürzt die Kündigungsfrist, indem es den „ersten Werktag" für maßgeblich erklärt. Die Kündigungsfrist verlängert sich nicht dadurch, daß ihr letzter Tag ein Sonnabend ist. § 193 ist insoweit unanwendbar, zumal das Gesetz selbst diesen Wochentag als Kündigungstermin bestimmt (vgl ROQUETTE § 565 Rz 15 m Fn 3; oben Rz 9 ff). Diese Vorschrift spielt nur für die Leistungspflichten der Parteien eine Rolle, die sich aus der Beendigung des Mietverhältnisses mit Ablauf des Sonnabends ergeben. c) Ist der Mietzins nach Monaten oder längeren Zeitabschnitten bemessen, muß die 27 Kündigung spätestens am dritten Werktag eines Kalendermonats für den Ablauf des übernächsten Monats wirksam werden (Nr 3 HS 1). Die Kündigungsfrist beträgt damit idR drei Monate, abzüglich der Karenzzeit von drei Werktagen. Für diese Karenzzeit werden Sonnabend, Sonntag und ein am Erklärungsort staatlich anerkannter allgemeiner Feiertag nicht mitgezählt. Da das Gesetz ausdrücklich auf den dritten Werktag abstellt, verkürzt es selbst die Kündigungsfrist. Unerheblich ist es dagegen für die Beendigung des Mietverhältnisses, wenn der letzte Tag der Kündigungsfrist auf einen der genannten Tage fällt (Rz 9 ff). Der Anwendungsbereich der Kündigungsregelung des Abs 1 Nr 3 HS 1 beschränkt sich wegen der in HS 2 getroffenen Sonderregelung auf unbebaute Grundstücke, die nicht gewerblich genutzt werden (PERGANDE § 5 6 5 Anm 5 ; ROQUETTE § 5 6 5 Rz 1 7 f; SCHMIDT-FUTTERER B 6 0 0 ; oben Rz 21; aM H A N S § 5 6 5 Anm 2 d). Zu den unbebauten Grundstük(1125)

Jürgen Sonnenschein

§565 2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

28-30

ken zählen auch solche, auf denen ein Bauwerk errichtet ist, das nicht die Merkmale eines Raumes (Rz 18 ff) aufweist. 28 Für Mietverhältnisse über Geschäftsräume, gewerblich genutzte unbebaute Grundstücke oder im Schiffsregister eingetragene Schiffe (Rz 23) muß bei Bemessung des Mietzinses nach Monaten oder längeren Zeitabschnitten auch spätestens am dritten Werktag eines Kalendermonats gekündigt werden (Rz 27), die Kündigung kann nach Abs 1 Nr 3 HS 2 aber nur für den Ablauf eines Kalendervierteljahres erklärt werden. Der Begriff des Geschäftsraums wird fast allgemein als Gegensatz zum Wohnraum verstanden (Rz 21). In Anlehnung an den früheren § 2 Abs 1 GRMG zählen hierzu alle Räume (Rz 18 ff), die nach ihrer baulichen Anlage und Ausstattung auf die Dauer anderen als Wohnzwecken, insbesondere gewerblichen oder beruflichen Zwecken zu dienen bestimmt sind oder solchen Zwecken dienen. Hält man auch nach dem Außerkrafttreten des GRMG an dieser Begriffsbestimmung fest, so unterliegt bei Bemessung des Mietzinses nach Monaten oder längeren Zeitabschnitten jede Art der Raummiete außer der Wohnraummiete der Kündigung zum Ende eines Kalendervierteljahres (vgl PERGANDE § 565 Anm 6; ROQUETTE § 565 Rz 11, 14; SCHMIDT-FUTTERER B 599; aM H A N S § 565 Anm 2 d). Dies entspricht der Regelung des früheren § 6 GRMG. Damit ist Abs 1 Nr 3 HS 2 auch für die Kündigung eines Mietverhältnisses über privat genutzte Räume wie Garagen und dgl maßgebend. Die Vorschriften über die Geschäftsraummiete werden nicht dadurch unanwendbar, daß der Mieter die Räume abredewidrig zu Wohnzwecken nutzt (Rz 20). Gewerblich genutzte unbebaute Grundstücke werden den Geschäftsräumen hinsichtlich der Kündigung zum Quartalsende rechtlich gleichgestellt. Dies steht im Einklang mit der Regelung der früheren §§ 5, 6 GRMG. Die gewerbliche Nutzung beschränkt sich nicht auf ein Gewerbe iS der GewO, des Handelsrechts oder des Gewerbesteuerrechts, sondern umfaßt auch freiberufliche, landwirtschaftliche und gärtnerische Tätigkeiten (vgl zur Pacht aber § 595), also jede Tätigkeit, die auf Erwerb gerichtet ist ( R O Q U E T T E § 565 Rz 12), ohne daß die Absicht der Gewinnerzielung entscheidend wäre. Unbebaut iS dieser Regelung ist ein Grundstück auch dann, wenn auf ihm ein Bauwerk errichtet ist, das nicht die Merkmale eines Raumes (Rz 18 ff) aufweist. 29 d) Die Kündigungsvorschriften des Abs 1 sind abdingbar. Die Parteien können längere oder kürzere Kündigungsfristen vereinbaren. Dabei können sie andere Kündigungstage und -termine bestimmen, vor allem im Hinblick auf Nr 3 HS 2 abweichend vom Quartalsende. Möglich ist es auch, eine nur nach gewissen Zeitabschnitten bemessene Kündigungsfrist festzulegen, ohne daß der Kündigungstermin wie in Nr 2 und 3 von vornherein durch den Ablauf eines bestimmten Wochentags oder durch das Monatsende bzw Ende eines Kalendervierteljahres fixiert ist (vgl zur dreitätigen Karenzzeit bei vereinbarter Kündigungsfrist LG Düsseldorf ZMR 1965, 248;

BGB-RGRK-GELHAAR

§ 565

Rz

9;

PALANDT-PUTZO

§ 565

Anm

1 f;

Voraufl Rz 17).

V. Kündigungsfristen bei Mietverhältnissen Uber Wohnraum (Abs 2 u 3) 30 1. Regelfall des Mietverhältnisses über Wohnraum (Abs 2) a) Bei einem Mietverhältnis über Wohnraum (s im einzelnen Vorbem 24 ff zu §§ 535, 536; § 556 a Rz 5 ff) ist die Kündigung nach Abs 2 S 1 spätestens am dritten Werktag eines Kalendermonats für den Ablauf des übernächsten Monats zulässig. Dieser Vorschrift unterliegen auch Mischmietverhältnisse, sofern der Wohnraumanteil überwiegt oder dem Anteil der Geschäftsräume zumindest gleichwertig ist (Rz Jürgen Sonnenschein

(1126)

3. Titel. Miete. Pacht

§565 31-33

22). Ein Wohnraummietverhältnis wird nicht dadurch dem Anwendungsbereich des Abs 2 entzogen, daß der Mieter die Räume abredewidrig zu anderen Zwecken nutzt (PERGANDE § 565 Anm 6; vgl Vorbem 25 zu §§ 535, 536). Auch Mietverhältnisse über möblierten Wohnraum fallen unter Abs 2, soweit nicht die Sonderregelung des Abs 3 eingreift (Rz 44 ff). Die Kündigungsfrist beträgt nach Abs 2 S 1 idR drei Monate, abzüglich der Karenz- 31 zeit von drei Werktagen. Sonnabend, Sonntag und ein am Erklärungsort staatlich anerkannter allgemeiner Feiertag werden für die Karenzzeit nicht mitgezählt. Dadurch kann sich die gesetzlich vorgesehene Kündigungsfrist weiter verkürzen. Unerheblich ist es dagegen, wenn der letzte Tag der Kündigungsfrist auf einen der genannten Tage fällt. Dies spielt nur für die aus der Beendigung des Mietverhältnisses resultierenden Leistungspflichten der Parteien eine Rolle (Rz 12). b) Eine Verlängerung der Kündigungsfrist um jeweils drei Monate tritt nach Abs 2 32 S 2 ein, wenn bestimmte Zeiten seit der Überlassung des Wohnraums verstrichen sind. Nach fünfjähriger Dauer verlängert sich die Kündigungsfrist von drei auf sechs Monate, nach achtjähriger Dauer auf neun Monate und nach zehnjähriger Dauer auf maximal zwölf Monate. Hiervon ist jeweils die Karenzzeit von drei Werktagen abzuziehen. Dem durch ein langes Mietverhältnis mit seiner Wohnung besonders verwachsenen Mieter sollen ein kurzfristiger Wechsel und eine übereilte Wohnungssuche erspart werden (Rz 5). Soweit nicht die Sonderregelung des Abs 3 eingreift, gilt dies auch für ein Untermietverhältnis. Die Verlängerung der Kündigungsfrist, die mangels abweichender Vereinbarungen für beide Parteien in gleicher Weise gilt, kann sich allerdings zuungunsten eines Mieters auswirken, der an einem rascheren Wohnungswechsel interessiert ist (Rz 8). Die Kündigungsfrist verlängert sich nach Maßgabe des Zeitraums, der seit der 33 Überlassung des Wohnraums verstrichen ist. Die Wohnung ist dem Mieter überlassen, wenn er in die Lage versetzt ist, sie vertragsgemäß in Gebrauch zu nehmen. Dies fällt idR mit der Besitzverschaffung zusammen (§§ 535, 536 Rz 18 ff). Wird zunächst der Mietvertrag abgeschlossen und erlangt der Mieter dabei die tatsächliche Gewalt über die Wohnung (§ 854), so ist sie ihm überlassen, ohne daß es darauf ankommt, wann der Mieter die Wohnung bezieht (vgl § 564 b Rz 74; § 571 Rz 38). Der Begriff der Überlassung der Mietsache wird im Bereich des Mietrechts vom Gesetz einheitlich verwendet. Die Mietsache ist überlassen, wenn der Vermieter seine Uberlassungspflicht aus § 536 erfüllt hat. Hierfür ist im Regelfall Besitzverschaffung erforderlich (BGHZ 65, 137 = NJW 1976, 105 zu § 571). Da die Überlassung idR eine tatsächliche Handlung darstellt, kann es nicht entscheidend auf den Abschluß des Mietvertrags ankommen. Ist der Wohnraum schon vor Abschluß des Mietvertrags überlassen worden, so ist dieser frühere Zeitpunkt für die Berechnung der Kündigungsfrist maßgebend. Dabei ist es unerheblich, auf welchem Rechtsgrund die Besitzübertragung zunächst beruhte (LG Bielefeld ZMR 1965, 274; AG Kaiserslautern ZMR 1967, 301 - ursprünglich Wohnrecht iS des § 1093; AG Kassel MDR 1965, 8 3 1 ; HANS § 5 6 5 Anm 3; KAUFMANN ZMR 1964, 2 9 3 ; PALANDT-PUTZO § 5 6 5 A n m 2 b aa; PERGANDE § 5 6 5 A n m 9; ROQUETTE § 5 6 5 R z 2 3 ; SCHMIDT-FUTTERER B 5 8 9 ; WEIMAR W u M 1969, 36, 3 7 ) . D i e G e g e n a n s i c h t , die

auf den Zeitpunkt des Abschlusses des Mietvertrags (AG Dortmund MDR 1964, WuM 1965, 3 7 ; vgl auch GÖCKMANN NJW 1963, 2 1 0 9 ) oder zumindest auf eine „mietweise" Überlassung (ERMAN-SCHOPP § 565 Rz 7) abstellt, steht nicht im Einklang mit dem Zweck der Vorschrift, den mit seiner Wohnung besonders verwachsenen Mieter zu privilegieren. Zu beachten ist aber, daß von einer Überlassung nur die Rede sein kann, wenn es sich um eine Besitzübertragung handelt. War der spätere Mieter schon vor Abschluß des Mietvertrags ohne Zutun des Vermieters 9 2 3 ; BoDifi

(1127)

Jürgen Sonnenschein

§565 34-36

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

in der Lage, die tatsächliche Gewalt über die Wohnung auszuüben, so ist für den Besitzerwerb nach § 854 Abs 2 eine Einigung der Parteien ausreichend. In diesen Fällen werden die Überlassung und der Abschluß des Mietvertrags idR zusammenfallen. 34 Der Besitz muß freiwillig übertragen werden, so daß eine eigenmächtige Besitzergreifung durch den späteren Mieter unzureichend ist. Nicht anzurechnen ist ferner eine Besitzzeit, die wie bei der Einweisung Obdachloser durch eine Behörde auf öffentlich-rechtlichen Vorschriften beruht (SCHMIDT-FUTTERER B 591). Nur bei freiwilliger Besitzübertragung ist es gerechtfertigt, den Vermieter mit den längeren Kündigungsfristen zu belasten, weil er dann von vornherein mit dieser Rechtsfolge rechnen kann. In gleicher Weise muß der Vermieter mit längeren Kündigungsfristen rechnen, wenn der Abschluß des Mietvertrags der Besitzübertragung erst nachfolgt. 35 Da es für den Zeitpunkt der Überlassung des Wohnraums nicht auf den Abschluß des Mietvertrags ankommt, ist es für die Berechnung des Überlassungszeitraums unerheblich, wenn die Parteien nach Ablauf bestimmter Zeitabschnitte unter Aufhebung des bisherigen Vertrags einen neuen Mietvertrag abschließen (LG Düsseldorf WuM 1973, 1 8 9 ; AG Oberhausen WuM 1 9 6 5 , 1 8 6 ; SCHMIDT-FUTTERER B 5 9 0 ; WEIMAR WuM 1969, 36, 3 7 ) . Dabei spielt es keine Rolle, ob der Mietvertrag auf weitere Räume erstreckt wird (SCHMIDT-FUTTERER aaO; WEIMAR aaO), ob einzelne Räume herausgenommen werden (SCHMIDT-FUTTERER aaO), ob sonstige Vereinbarungen geändert werden oder ob ein zunächst auf bestimmte Zeit abgeschlossenes Mietverhältnis nunmehr für unbestimmte Zeit gelten soll (PERGANDE § 565 Anm 9; WEIMAR aaO). Der umgekehrte Fall ist insoweit irrelevant, da Abs 2 S 2 auf die dann in Betracht kommende außerordentliche befristete Kündigung nicht anwendbar ist (Abs 5). Unmaßgeblich ist es für die Bemessung des Überlassungszeitraums auch, wenn der ursprüngliche Mietvertrag nicht aufgehoben, sondern nur inhaltlich geändert wird. Das gleiche gilt, wenn sich das Mietverhältnis nach § 568 durch Fortsetzung des Gebrauchs (§ 568 Rz 28), aufgrund einer vertraglichen Verlängerungsklausel (Vorbem 121 zu §§ 535, 536) oder nach Eintritt einer auflösenden Bedingung verlängert (§ 565 a). 36 Auf dieser Grundlage kann einem neuen Mieter bei Eintritt in einen bestehenden Mietvertrag die Besitzzeit seines Vorgängers angerechnet werden, wenn die Identität des Mietverhältnisses gewahrt bleibt, also Rechtsnachfolge auf Seiten des Mieters vorliegt (BGB-RGRK-GELHAAR § 5 6 5 R z 8; PERGANDE § 5 6 5 A n m 9; ROQUETTE § 5 6 5 R z 2 4 ; SCHMIDT-FUTTERER B 5 9 0 ; SOERGEL-MEZGER § 5 6 5 R z 15; STERNELRZ III 4 0 ) . Dieser Fall kann sich etwa bei normaler Vertragsübernahme (vgl PALANDTHEINRICHS § 3 9 8 Anm 4 ) durch den Mieter, ggf mit einem Wohnungstausch zwi-

schen den Mietern, oder durch Eintritt von Familienangehörigen in das Mietverhältnis nach § 569 a ergeben. Im Rahmen des § 569 b kommt dem überlebenden Ehegatten als Vertragspartei seine eigene Besitzzeit zugute. War die Besitzzeit des verstorbenen Ehegatten aber länger, so muß sie dem Überlebenden angerechnet werden, da er im Rahmen des § 569 b nicht schlechter stehen darf als bei Sonderrechtsnachfolge nach § 569 a. Auch der Erbe des Mieters tritt nach § 1922 voll und ganz in dessen Rechtsstellung ein (vgl § 569 a Abs 6). In gleicher Weise wird die Dauer der Überlassung des Wohnraums nicht durch einen Wechsel auf der Vermieterseite beeinträchtigt. Dies gilt nicht nur bei Erbfolge nach § 1922 oder bei Vertragsübernahme, sondern auch unabhängig von einer Rechtsnachfolge in das Mietverhältnis, da der Erwerber des Grundstücks nach § 571 auf jeden Fall in die sich aus dem Mietverhältnis ergebenden Rechte und Pflichten eintritt (AG Oberhausen WuM 1965, 186; HANS § 5 6 5 Anm 3 ; PERGANDE § 5 6 5 Anm 9 ; ROQUETTE § 5 6 5 Rz 2 4 ; SCHMIDT-FUTTERER B 5 9 0 ; SOERGEL-MEZGER § 5 6 5 Rz 15). Ebenso ist Jürgen Sonnenschein

(1128)

3. Titel. Miete. Pacht

§565 37-39

es ohne Einfluß auf den Überlassungszeitraum, wenn ein Eigentümerwechsel vor Begründung des Mietverhältnisses stattfindet und der Mieter den Wohnraum vorher aufgrund eines anderen Rechts besessen hat. Auch in diesem Fall kann der Vermieter von Anfang an mit längeren Kündigungsfristen rechnen. Eine Unterbrechung der Besitzzeit ist unschädlich, wenn es sich nur um eine 37 vorübergehende Besitzaufgabe handelt, das Mietverhältnis aber im übrigen fortbesteht. Dies gilt etwa, wenn ein Student den Wohnraum während der Semesterferien vollständig räumt und ihn dem Vermieter für diese Zeit zu anderweitiger Nutzung überläßt. Wird der Besitz aber endgültig aufgegeben und erst später erneut begründet, so beginnt ein neuer Überlassungszeitraum ( E R M A N - S C H O P P § 565 Rz 7 aE; vgl aber ROQUETTE § 565 Rz 25). Nach hM wird einem Mieter nicht die Besitzzeit angerechnet, die er vor Begründung 38 eines Hauptmietverhältnisses zunächst als Untermieter in der Wohnung verbracht hat (LG Bielefeld ZMR 1965, 274; LG Düsseldorf MDR 1969,763; AG Hannover Z M R 1 9 6 7 , 1 8 ; B G B - R G R K - G E L H A A R § 5 6 5 R z 8 ; H A N S § 5 6 5 A n m 3 ; PALANDTPUTZO § 5 6 5 A n m

2 b a a ; SCHMIDT-FUTTERER B 5 9 1 ; S O E R G E L - M E Z G E R § 5 6 5

Rz

15; STERNEL R Z III 39). Zur Begründung wird darauf verwiesen, daß nicht der Hauptvermieter, sondern der Hauptmieter dem Untermieter den Wohnraum überlasse. Das sei unzureichend (LG Düsseldorf aaO; AG Hannover aaO; SCHMIDT-FUTTERER aaO). Auch in der Erlaubnis zur Untervermietung sei keine Überlassung iS des § 565 Abs 2 S 2 zu sehen, zumal der Hauptmieter bei berechtigtem Interesse nach § 549 Abs 2 S 1 einen Anspruch auf die Erlaubnis habe, so daß ein bei der Berechnung der Kündigungsfrist zu berücksichtigendes Mietverhältnis gegen den Willen des Vermieters begründet werden könne (SCHMIDT-FUTTERER aaO). Es sei dem Gesetz nicht zu entnehmen, daß die Kündigungsfrist von Umständen abhängig sein solle, die außerhalb der Vertragsbeziehungen zwischen Vermieter und dem zu kündigenden Mieter gelegen hätten (LG Bielefeld aaO). Hinter dieser Argumentation steht das Ziel, den Anwendungsbereich des Abs 39 2 S 2 einzuschränken (vgl LG Bielefeld aaO 19). Die angeführten Gründe stehen jedoch nicht im Einklang mit dem auch von Vertretern der hM gebilligten Ansatz, daß es nicht auf den Abschluß des Mietvertrags ankomme, sondern auf die tatsächliche Überlassung des Wohnraums (Rz 33 ff). Hinzu kommt, daß ein Wechsel auf Seiten des Eigentümers bzw Vermieters nach allgemeiner Auffassung unschädlich ist (Rz 36). Es kommt also nicht darauf an, daß gerade der kündigende Vermieter früher dem Mieter den Besitz übertragen hat oder daß von Anfang an zwischen den Parteien mietvertragliche Beziehungen bestanden haben. Für die Realisierung des Zwecks der Vorschrift, dem durch langen Aufenthalt mit seiner Wohnung besonders verwachsenen Mieter einen kurzfristigen Wechsel zu ersparen (Rz 5), macht es keinen Unterschied, ob der Bestiz von einem früheren Eigentümer oder Vermieter als Rechtsvorgänger des jetzigen Vermieters oder im Rahmen eines Untermietverhältnisses vom Hauptmieter übertragen worden ist. Nur eine Gleichbehandlung dieser Fälle steht im Einklang mit der Ausweitung des Kündigungsschutzes auf Mietverhältnisse über möblierten Wohnraum, bei denen es sich vielfach um Untermietverhältnisse handelt (vgl Rz 2; Begr zum RegE eines WKSchG II BT-Drucks 7/2011, 9). Auch der Wortlaut des Abs 2 S 2 bietet keinen Anhaltspunkt für die von der hM vertretene Einschränkung. Schließlich wird durch die Berücksichtigung eines Untermietverhältnisses die Kündigungsfrist nicht durch Umstände verlängert, die gegen den Willen des Vermieters begründet worden sind (so aber SCHMIDT-FUTTERER aaO). Denn der entscheidende Umstand liegt darin, daß der Vermieter mit dem früheren Untermieter den nunmehr zu kündigenden Mietvertrag abgeschlossen hat und deshalb schon in diesem Zeitpunkt mit einer Verlängerung der Kündigungsfrist (1129)

Jürgen Sonnenschein

§565 40, 41

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

rechnen kann. Aus diesen Gründen ist mit der Mindermeinung die Besitzzeit als Untermieter auf den Überlassungszeitraum anzurechnen, soweit eine Identität des Wohnraums gewahrt ist (AG Hagen WuM 1969, 167; BODIÉWUM 1965, 37, 38; KAUFMANN Z M R 1 9 6 4 , 2 9 3 ; PERGANDE § 5 6 5 A n m 9 ; WEIMAR W U M 1 9 6 9 , 3 6 ) .

Davon ist nur auszugehen, wenn die zunächst im Wege der Untermiete überlassenen Räume in ihrer Bedeutung nicht völlig zurücktreten gegenüber dem später überlassenen Wohnraum. 40 Ähnliche Probleme ergeben sich, wenn eine Behörde oder ein Unternehmen Wohnraum anmietet, um ihn an Arbeitnehmer weiterzuvermieten. Im Schrifttum wird zT die Auffassung vertreten, daß sich die Kündigungsfrist ausschließlich nach der Wohndauer des jeweiligen Benutzers, also des Untermieters, richte (BODIÉ WUM 1 9 6 5 , 3 7 , 3 8 ; KAUFMANN Z M R 1 9 6 4 , 2 9 3 ; SCHMIDT-FUTTERER B 5 9 2 , d e r i n s o w e i t

eine Ausnahme von seiner ansonsten zu Untermietverhältnissen vertretenen Auffassung macht [vgl oben Rz 38]; aM LG Düsseldorf MDR 1969, 763). Nach HANS (§ 565 Anm 3 aE) soll es auf die Dauer des mittelbaren Besitzes des Arbeitgebers ankommen, wenn der Vermieter das Hauptmietverhältnis kündigen will. Darin kommt zutreffend zum Ausdruck, daß es entscheidend auf die Besitzdauer desjenigen ankommt, dem der Vermieter kündigen will. Die Verlängerung der Kündigungsfrist ist auch gegenüber einer Behörde, einem Unternehmen und generell gegenüber einer juristischen Person angebracht, die den Wohnraum an Arbeitnehmer weitervermieten. Hier fehlt es zwar an dem primär für die Regelung maßgebenden Grund der persönlichen Verbundenheit des Hauptmieters mit der Wohnung. Zur gesetzlichen Voraussetzung ist dieses Merkmal jedoch nicht gemacht worden. Eine einschränkende Auslegung ist nicht geboten, weil auch juristische Personen im Hinblick auf die Weitervermietung zu Wohnzwecken ein anerkennenswertes Interesse daran haben, nicht kurzfristig ein neues Mietobjekt suchen zu müssen. Die Frage einer Kündigung des Untermieters stellt sich für den Hauptvermieter in diesen Fällen nicht. Eine Anrechnung der Untermietzeit wird nur dann erheblich, wenn die Zwischenschaltung der juristischen Person beendet ist und der frühere Untermieter nunmehr aufgrund unmittelbarer mietvertraglicher Beziehungen zum früheren Hauptvermieter seine Wohnung beibehält. Dann aber ist es wie im Normalfall eines Untermietverhältnisses (Rz 38 f) geboten, die frühere Besitzzeit für die Bemessung der Kündigungsfrist anzurechnen. 41 Bei einem Wohnungswechsel des Mieters innerhalb des Hauses ist streitig, ob sich die Dauer der Überlassung nach der Besitzzeit der letzten, zu kündigenden Wohnung richtet (LG Aachen WuM 1971, 60; LG Düsseldorf MDR 1969, 397; AG Dortmund MDR 1964, 923; AG Düsseldorf MDR 1968, 846; AG Hamburg-Harb u r g M D R 1 9 7 0 , 2 4 0 ; A I Z 1 9 7 0 , 8 2 ; B G B - R G R K - G E L H A A R § 5 6 5 R z 8 ; LUTZ B 1 G B W 1 9 6 7 , 1 1 6 ; MICHAELIS Z M R 1 9 6 6 , 1 9 8 ; PALANDT-PUTZO § 5 6 5 A n m 2 b a a ; PERGANDE § 5 6 5 A n m 9 ; ROQUETTE § 5 6 5 R z 2 5 ; STERNEL RZ I I I 3 8 ; WEIMAR W U M

1969, 36, 37) oder ob die gesamte Mietzeit in dem Haus unabhängig von der jeweiligen Wohnung maßgebend ist (LG Kaiserslautern WuM 1970, 135; LG Mannheim WuM 1976, 207; AG Bremen WuM 1965, 203; AG Oberhausen WuM 1 9 6 5 , 1 8 6 ; BODIÉ Z M R

1966, 294 u W u M

1 9 6 9 , 1 3 7 ; HANS § 5 6 5 A n m

3;

SCHMIDT-FUTTERER B 596). Teilweise wird in Rspr und Schrifttum zugelassen, die gesamte Wohnzeit in einem Hause dann zu berücksichtigen, wenn der Mieter seine Wohnung auf Wunsch und im Interesse des Vermieters gewechselt habe (LG Aachen WuM 1971, 60; AG Kassel WuM 1965, 152; AG Köln WuM 1970, 119; ROQUETTE § 5 6 5 R z 2 5 ; SOERGEL-MEZGER § 5 6 5 R z 1 5 ; WEIMAR W u M 1 9 6 9 , 3 6 ,

37). Zur Begründung wird auf ein treu widriges Verhalten des Vermieters abgestellt, der das Entgegenkommen seines Mieters dazu benutze, sich auf die kürzere Kündigungsfrist zu berufen. Jürgen Sonnenschein

(1130)

§565

3. Titel. Miete. Pacht

42-44

Das Gesetz enthält für einen solchen Wohnungswechsel innerhalb des Hauses keine 42 ausdrückliche Regelung. Es ist zuzugeben, daß der Zweck des Abs 2 S 2, den mit seiner Wohnung und damit der engeren Umgebung besonders verwachsenen Mieter zu privilegieren, für eine Anwendung dieser Vorschrift sprechen mag. Nach dem Wortlaut der Vorschrift kommt es jedoch auf die Überlassung „des" Wohnraums an. Damit kann nur der zu kündigende Wohnraum gemeint sein. Anders wäre zu entscheiden, wenn das Gesetz auf die Überlassung „von" Wohnraum abstellen würde. Entscheidend ist allein die tatsächliche Überlassung des Wohnraums, nicht aber der Abschluß des Mietvertrags oder die Dauer vertraglicher Beziehungen zwischen den jetzigen Parteien (Rz 33 ff). Das Gesetz gibt deshalb auch keinen Anhaltspunkt, um die Vertragstreue des Mieters zu belohnen oder persönliche Bindungen zwischen den Parteien für maßgeblich zu erklären (so aber AG Oberhausen WuM 1965, 186; BoDifi ZMR 1966, 294, 295). Auf dieser Grundlage wäre es gerechtfertigt, frühere Wohnzeiten bei einem Wechsel in das Nachbarhaus oder gar in ein weiter entfernt liegendes Haus desselben Vermieters anzuerkennen (so B O D I S WuM 1965, 37, 39 u ZMR 1966, 294, 295). Damit ist aber die Grenze zulässiger Gesetzesinterpretation überschritten. Für eine extensive Auslegung der Vorschrift gibt es keine befriedigenden Abgrenzungskriterien, da schon die Beschränkung auf einen Wohnungswechsel in demselben Haus recht willkürlich ist. Um in gewissen Fällen das rechtspolitisch erwünschte Ergebnis einer Anrechnung früherer Wohnzeiten zu erzielen, liegt es deshalb näher, auf eine ergänzende Vertragsauslegung abzustellen. Jeder Wohnungswechsel des Mieters ist mit einer Änderung oder einem Neuabschluß des Mietvertrags verbunden. Bei Identität des Vermieters ist es deshalb angebracht, die Anrechnung früherer Wohnzeiten vertraglich zu vereinbaren. Versäumen die Parteien dies, kann im Wege der ergänzenden Auslegung darauf abgestellt werden, was sie bei vernünftiger Interessenabwägung nach Treu und Glauben insoweit vereinbart hätten, wenn sie die Kündigung der neuen Wohnung bedacht hätten. Hierdurch wird man idR bei einem Wohnungswechsel in demselben Haus oder in der unmittelbaren Nachbarschaft zu einer Anrechnung früherer Wohnzeiten kommen können, da sich der Vermieter bei objektiver Betrachtungsweise auf eine solche Vereinbarung redlicherweise eingelassen hätte. Für die Berechnung des Überlassungszeitraums ist die Zeit zwischen dem Beginn 43 der Überlassung des Wohnraums (Rz 33 ff) und dem Zugang der Kündigungserklärung maßgebend, nicht aber der Kündigungstermin, zu dem das Mietverhältnis beendet werden soll ( L G Koblenz GLASER ES 1 Nr 539; AG Hamburg-Harburg MDR

1 9 7 0 , 2 4 0 ; B G B - R G R K - G E L H A A R § 5 6 5 R z 8 ; PALANDT-PUTZO § 5 6 5

Anm

2 b a a ; PERGANDE N J W 1 9 6 4 , 1 9 2 5 , 1 9 2 6 ; R O Q U E T T E § 5 6 5 R z 2 6 ; S O E R G E L - M E Z -

GER § 565 Rz 15). Dies ergibt sich aus der Formulierung des Gesetzes, daß sich die Kündigungsfrist erst dann verlängert, wenn „seit" der Überlassung ein bestimmter Zeitraum verstrichen ist. Es ist deshalb unerheblich, wenn der Zeitpunkt, in dem der Zeitraum von fünf, acht oder zehn Jahren vollendet wird, noch vor dem Kündigungstermin liegt. Eine bereits laufende Kündigungsfrist wird dadurch nicht verlängert, weil sich die Rechtsfolgen einer Kündigungserklärung grundsätzlich danach richten, welche Vorschriften im Zeitpunkt ihres Wirksamwerdens maßgebend sind. Damit beginnt eine einheitliche, von vornherein zeitlich bestimmte Kündigungsfrist.

2. Mietverhältnis über möblierten Wohnraum in der Wohnung des Vermieters (Abs 3) a) Handelt es sich bei dem Gegenstand des Mietverhältnisses um Wohnraum, den der Vermieter ganz oder überwiegend mit Einrichtungsgegenständen auszustatten hat und der Teil der vom Vermieter selbst bewohnten Wohnung ist, jedoch nicht (1131)

Jürgen Sonnenschein

44

§565 45-47

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

zum dauernden Gebrauch für eine Familie überlassen ist, so gelten abweichend von der Grundregel des Abs 2 kürzere Kündigungsfristen. Derartige Mietverhältnisse bedürfen nach der Vorstellung des Gesetzgebers nicht des besonderen sozialen Schutzes (vgl aber § 556 a Rz 96). Ob die Voraussetzungen dieser Sonderregelung erfüllt sind, hat derjenige Vertragsteil darzulegen und im Streitfall zu beweisen, der sich auf die kürzere Kündigungsfrist beruft. Das kann im Einzelfall nicht nur der Kündigende, sondern auch der Gekündigte sein. 45 aa) Zwischen den Parteien muß ein Mietverhältnis über Wohnraum bestehen (s im einzelnen Vorbem 24 ff zu §§ 535, 536; § 556 a Rz 5 ff). 46 bb) Für den Vermieter muß die Verpflichtung bestehen, den Wohnraum ganz oder überwiegend mit Einrichtungsgegenständen auszustatten. Die Sonderregelung erfaßt damit nur Mietverhältnisse über möblierten Wohnraum und wegen der weiteren Voraussetzungen (Rz 49 ff) auch hiervon lediglich einen Teil. Die Verpflichtung des Vermieters, den Wohnraum zu möblieren, muß sich aus dem Mietvertrag ergeben. Sie ist im Falle des § 566 oder einer entsprechenden Abrede formbedürftig. Die bloße Vereinbarung, daß der Vermieter einstweilen bestimmte Gegenstände in den Räumen zurücklassen darf, begründet keine Verpflichtung zur Möblierung (BARTHELMESS § 5 6 4 b Rz 3 7 ; SCHMIDT-FUTTERER C 4 6 5 ) . Die Verpflichtung des Vermieters kann von Anfang an bestehen. Sie kann durch Vertragsänderung auch erst später begründet oder aufgehoben werden. Stellt sich für den Mieter unmöblierten Wohnraums heraus, daß er sich etwa mangels finanzieller Mittel nicht die erforderlichen Möbel beschaffen kann, und vereinbart er deshalb mit dem Vermieter eine entsprechende Möblierung, so richtet sich die Kündigung mit der Änderung des Vertrags nicht mehr nach Abs 2, sondern nach Abs 3. Entscheidend ist, daß für die spätere Möblierung eine Rechtspflicht begründet wird, der Vermieter also nicht nur aus reiner Gefälligkeit einige Möbel zur Verfügung stellt. Die Änderung des Mietzinses kann dafür einen Anhaltspunkt bieten. Umgekehrt kann die Ausstattungsverpflichtung von den Parteien später im Wege der Vertragsänderung aufgehoben werden, so daß nunmehr die Kündigungsvorschriften des Abs 2 eingreifen (BARTHELMESS § 5 6 4 b Rz 3 7 ; anders SCHMIDT-FUTTERER C 4 6 5 aE). 47 Behält sich der Vermieter insgeheim vor, die Möblierung nicht zu wollen, so ist dies nach § 116 S 1 unbeachtlich. Kennt der Mieter den Vorbehalt, so ist der Vertrag nach § 116 S 2 insoweit nichtig (vgl BARTHELMESS § 5 6 4 b Rz 3 7 ) . Vereinbaren die Parteien die Möblierung nur zum Schein, greift insoweit Nichtigkeit nach § 117 Abs 1 ein (PALANDT-PUTZO § 5 6 4 b Anm 3 d aa; SCHMIDT-FUTTERER C 4 6 5 ; vgl aber BARTHELMESS aaO). In jedem Fall beschränkt sich die Nichtigkeit auf die Möblierungspflicht und ergreift nicht den ganzen Vertrag. Denn ohne die Möblierung fällt der Vertrag unter die zwingende Regelung des Abs 2, so daß dieser Teil wegen der Natur der das soziale Mietrecht ausmachenden Schutzbestimmungen entgegen § 139 aufrechtzuerhalten ist (vgl § 556 a Rz 98). Bei einem Scheingeschäft läßt sich dieses Ergebnis außerdem auf § 117 Abs 2 stützen. Im Einzelfall kann allerdings § 242 der Anerkennung des gesamten Vertrags entgegenstehen, wenn etwa der Vermieter nur möbliert vermieten wollte und erst auf Drängen des Mieters die Möblierung herausnimmt und ein Scheingeschäft über möblierten Wohnraum abschließt. Veranlaßt umgekehrt der Vermieter ein solches Scheingeschäft, bleibt der Mieter, der sich meist notgedrungen darauf einlassen wird, schutzbedürftig, so daß der Vertrag als Mietverhältnis über unmöblierten Wohnraum aufrechtzuerhalten ist. Nach § 565 Abs 3 kommt es nur auf die Verpflichtung an, den Wohnraum zu möblieren. Unerheblich ist es deshalb, ob der Vermieter seine Verpflichtung bereits erfüllt h a t (BARTHELMESS § 5 6 4 b R z 3 7 ; PALANDT-PUTZO § 5 6 4 b A n m 3 d a a ;

Jürgen Sonnenschein

(1132)

3. Titel. Miete. Pacht

§565 48-50

abweichend SCHMIDT-FUTTERER C 4 6 5 ) . Das gleiche gilt, wenn eine der Parteien eigenmächtig einzelne oder alle Einrichtungsgegenstände entfernt (BARTHELMESS a a O ; PERGANDE § 5 6 5 A n m

11).

Der Wohnraum muß ganz oder überwiegend mit Einrichtungsgegenständen auszu- 48 statten sein. Maßgebend für den Umfang der Möblierung ist die vertragliche Vereinbarung der Parteien. Ganz auszustatten ist der Wohnraum, wenn sämtliche Einrichtungsgegenstände, die der Mieter für eine normale Lebensführung benötigt, vom Vermieter zu stellen sind (BARTHELMESS § 5 6 4 b Rz 3 8 ; SCHMIDT-FUTTERER C 467). Dies richtet sich nach der Zahl der Personen, die den Wohnraum nutzen sollen (SCHMIDT-FUTTERER aaO). Unerheblich ist es deshalb, wenn der Mieter später einseitig weitere Personen in die Wohnung aufnimmt. Wird insoweit jedoch der Mietvertrag geändert, kann dies auch den Umfang der Ausstattungsverpflichtung des Vermieters beeinflussen. Überwiegend auszustatten ist der Wohnraum, wenn der Vermieter nach Zahl und wirtschaftlicher Bedeutung mehr als die Hälfte der bei voller Möblierung benötigten Einrichtungsgegenstände zu stellen hat. Das Schwergewicht liegt dabei auf der wirtschaftlichen Bedeutung (vgl AG Köln WuM 1971, 1 5 6 ; BARTHELMESS § 5 6 4 b R z 3 9 ; P A L A N D T - P U T Z O § 5 6 4 b A n m 3 d a a ; SCHMIDTC 4 6 8 ; SCHOPP ZMR 1 9 7 5 , 9 7 ) . Zu den Einrichtungsgegenständen gehören die für eine normale Ausstattung erforderlichen Möbel sowie Herd, Spüle, Beleuchtungskörper, Teppiche, Bettzeug, Bilder und dgl. Auch fest eingebaute Gegenstände wie sanitäre Einrichtungen und Einbaumöbel sind zu berücksichtigen FUTTERER

(BARTHELMESS § 5 6 4 b R z 3 8 ; ROQUETTE § 5 6 5 R z 2 9 ; SCHMIDT-FUTTERER C 4 6 9 ) .

Da es nur auf die Verpflichtung des Vermieters ankommt, die Räume auszustatten, ist es unerheblich, ob die tatsächlich zur Verfügung gestellten Gegenstände mangelhaft sind (BARTHELMESS § 5 6 4 b Rz 3 9 ; aM SCHMIDT-FUTTERER aaO; vgl oben Rz 47). Die ordnungsgemäße Erfüllung ist nicht für die Kündigungsvorschriften, sondern für Erfüllungs- und Gewährleistungsansprüche des Mieters bedeutsam. Wenn im Vertrag nur von der Vermietung eines „möblierten Wohnraums" die Rede ist, kommt es für die Anwendbarkeit des Abs 3 darauf an, ob der Vermieter zumindest den überwiegenden Teil der Einrichtungsgegenstände zur Verfügung zu stellen hat. Hiervon kann bei einer solchen Formulierung nach der Verkehrsauffassung idR ausgegangen werden, da die Vermietung möblierten Wohnraums von den beteiligten Kreisen normalerweise so verstanden wird, daß der Mieter für seine Lebensführung keine nennenswerten weiteren Einrichtungsgegenstände benötigen wird. cc) Der Wohnraum muß Teil der vom Vennieter selbst bewohnten Wohnung sein. 49 Dies entspricht der Formulierung in § 564 b Abs 7, Art 2 Abs 3 WKSchG II und § 10 Abs 2 Nr 3 MHG. Wenn das Gesetz in § 564 b Abs 4 S 3 von Wohnraum innerhalb der vom Vermieter selbst bewohnten „Wohnung" spricht, so ist inhaltlich damit das gleiche gemeint (BARTHELMESS § 5 6 4 b Rz 173). Diesen Vorschriften liegt das Prinzip zugrunde, daß die Rechtsstellung des Vermieters nicht so weit wie im Normalfall eingeschränkt werden soll, wenn der vermietete Wohnraum innerhalb des Wohn- und Lebensbereichs des Vermieters liegt. Damit besteht eher die Gefahr, daß die Parteien sich gegenseitig stören und daß ihr Verhältnis zueinander beeinträchtigt wird (vgl Begr zum RegE eines WKSchG II BT-Drucks 7/2011, 7 u 9). Die Kündigungsfristen werden für Mietverhältnisse über Wohnraum abgekürzt, 50 wenn die Merkmale einer selbständigen Wohnung fehlen (s im einzelnen § 564 b Rz 143, 148). Der möblierte Wohnraum muß in engem räumlichen Zusammenhang mit der Wohnung des Vermieters stehen. Dies ist der Fall, wenn dem Mieter ein einzelner Raum innerhalb der abgeschlossenen Wohnung des Vermieters überlassen wird. Dabei macht es keinen Unterschied, ob es sich um eine Etagenwohnung oder um ein Einfamilienhaus handelt. Erfaßt wird auch Wohnraum wie Mansarden, Souterrainräume oder sonstige vom Treppenhaus separat zugängliche Räume, die (1133)

Jürgen Sonnenschein

§565 51-53

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

außerhalb der abgeschlossenen Wohnung des Vermieters liegen, aber mit dessen Wohnbereich etwa wegen der gemeinschaftlichen Benutzung von Küche, Bad oder Toilette noch einen räumlichen Zusammenhang aufweisen (Begr zum RegE eines WKSchG II BT-Drucks 7 / 2 0 1 1 , 9 ; BARTHELMESS § 5 6 4 b RZ 4 1 f; HANS § 5 6 5 Anm 2 c; SCHMIDT-FUTTERER C 4 6 3 ; WEIMAR F W W 1974, 4 2 8 , 4 3 0 ) . BARTHELMESS ( a a O

Rz 42) spricht insoweit zutreffend von einer Interpretation des Tatbestandsmerkmals „Teil" in wirtschaftlich-funktionaler, nicht nur in räumlicher Hinsicht. Selbständige Wohnungen (vgl § 564 b Rz 143) können nicht Teil der Vermieterwohnung sein (SCHMIDT-FUTTERER C 463). Der Vermieter muß die Hauptwohnung selbst bewohnen (s im einzelnen § 564 b Rz 146 f), da es sonst nicht gerechtfertigt ist, die Kündigungsfristen gegenüber dem normalen Mietverhältnis über Wohnraum abzukürzen. Unerheblich ist es, ob der Vermieter Eigentümer oder selbst nur Mieter seiner Wohnung ist.

51 dd) Der Wohnraum darf nicht zum dauernden Gebrauch für eine Familie überlassen sein. Nur derartiger Wohnraum soll dem sozialen Mietrecht durch Abkürzung der Kündigungsfristen entzogen sein. Dies ist Ausdruck einer Rücksichtnahme auf den von Art 6 Abs 1 GG geforderten besonderen Schutz der Familie durch den Staat (vgl Begr zum RegE eines WKSchG II BT-Drucks 7 / 2 0 1 1 , 9 ; die Begr zum RegE eines AbbauG, auf dem diese Regelung beruht, nimmt hierzu keine Stellung [vgl BT-Drucks I I I / 1 2 3 4 , 73]), unterliegt aber wegen der Schlechterstellung alleinstehender Mieter gewissen Bedenken im Hinblick auf Art 3 Abs 1 GG (vgl § 556 a Rz 96).

52 Das BGB enthält keine Begriffsbestimmung der Familie. Im allgemeinen wird darunter die Gesamtheit der durch Ehe und Verwandtschaft verbundenen Personen verstanden (BARTHELMESS § 5 6 4 b Rz 4 5 ; PALANDT-DIEDERICHSEN Einl v § 1 2 9 7 A n m 1; PERGANDE § 5 6 5 A n m 11; ROQUETTE § 5 6 5 R z 3 0 ; SCHMIDT-FUTTERER

C 471). Im Verfassungsrecht wird unter dem in Art 6 Abs 1 GG verwendeten Begriff der Familie von einer verbreiteten Auffassung die „umfassende Gemeinschaft von Eltern und Kindern" verstanden (BVerfGE 10, 59, 66; 33, 236, 238; LEIBHOLZ-RINCK GG [5. Aufl 1975] Art 6 Rz 1; MAUNZ-DÜRIG-HERZOG, GG Art 6 Rz 16). Teilweise wird auch über diese Kleinfamilie hinausgegangen und auf die durch Verwandtschaft oder Schwägerschaft verbundene Hausgemeinschaft (KRÜGER-BREETZKE-NOWAK, Gleichberechtigungsgesetz [ 1 9 5 8 ] Einl Rz 2 1 1 ) oder auf die durch persönliche Bindung und die daraus abgeleitete gegenseitige Verantwortlichkeit innerhalb eines durch Verwandtschaft einander zugeordneten Personenkreises abgestellt (PIRSON in Bonner Kommentar Art 6 Rz 20). 53 Die verfassungsrechtliche Interpretation des Begriffs der Familie kann allerdings nicht mehr als einen gewissen Anhaltspunkt für das bürgerlich-rechtliche Verständnis abgeben. Sicher ist es zu eng, ein kinderloses Ehepaar nicht als Familie iS des § 565 Abs 3 zu behandeln (so aber AG Frankfurt ZMR 1973, 149; wie hier BARTHELMESS § 5 6 4 b R z 4 5 ; B G B - R G R K - G E L H A A R § 5 6 5 R z 10; ERMAN-SCHOPP § 5 6 5 R z 10; HANS § 5 6 5 A n m 2 c; PALANDT-PUTZO § 5 6 4 b A n m 3 d b b ; ROQUETTE § 5 6 5 Rz 3 0 mwN; SCHMIDT-FUTTERER C 4 7 1 ) . Dies ergibt sich schon daraus, daß

Art 6 Abs 1 Ehe und Familie nicht als Gegensatzpaare behandelt und ein kinderloses Ehepaar deshalb nicht schlechter gestellt werden darf. Entscheidend für die bürgerlich-rechtliche Interpretation des Begriffs der Familie, der auch in § 556 a Abs 1 verwendet wird, oder der Familienangehörigen, wie es in den §§ 564 b Abs 2 Nr 2, 569 a heißt, ist der Zweck dieser Vorschriften, Wohnraum als Mittelpunkt der Lebensführung für einen bestimmten Personenkreis zu erhalten und zu sichern, der dem Mieter oder dem Vermieter in besonderer Weise verbunden ist (vgl § 556 a Rz 23; § 564 b Rz 61; §§ 565 b - 565 e Rz 56; § 569 a Rz 19). Dabei kann es nicht Jürgen Sonnenschein

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3. Titel. Miete. Pacht

§565 54-56

auf den Grad der Verwandtschaft oder Schwägerschaft ankommen. Maßgebend ist vielmehr die darauf beruhende enge Beziehung der Personen, die darin zum Ausdruck kommt, daß der Wohnraum den Mittelpunkt der gemeinsamen Lebensführung bildet. Ein solches Verhältnis kann zB zwischen einer alleinstehenden Mutter und ihrem Kind, Geschwistern, Großvater und Enkel (offengelassen vom BVerfGE 3 9 , 3 1 6 , 3 2 6 zu Art 6 GG), Tante und Nichte bestehen (BARTHELMESS § 5 6 4 b Rz 4 5 ; SCHMIDT-FUTTERER C 4 7 1 ) , aber auch zwischen Verschwägerten, so etwa für einen Elternteil und die Schwiegertochter. In diesen oder ähnlichen Fällen ist es angebracht, das Wohnraummietverhältnis den längeren Kündigungsfristen des Abs 2 zu unterstellen. Personen, die weder verheiratet noch verwandt oder verschwägert sind, bilden dagegen keine Familie iS des Abs 3, auch wenn sie zusammenleben und etwa auf Unterhalt angewiesen sind (vgl LG Mönchengladbach WuM 1963, 27 - Schlafstelleninhaber). Für den Begriff der Familie ist es unerheblich, ob die Personen bereits vor der 54 Begründung des zu kündigenden Mietverhältnisses zusammen gewohnt haben. Es kommt auch nicht darauf an, ob alle oder nur einer von ihnen Partei des Mietvertrags wird (BARTHELMESS § 5 6 4 b Rz 4 5 ) . SCHMIDT-FUTTERER ( C 4 7 1 ) hält es für einen unbeachtlichen Rechtsfolgeirrtum, wenn der Vermieter nicht erkennt, daß er den Wohnraum einer Familie überläßt. Dieser Auffassung ist nicht zuzustimmen, da der Wohnraum nach dem Wortlaut des Gesetzes zum dauernden Gebrauch „für", nicht „an" eine Familie überlassen sein muß. Darin liegt ein subjektives Moment, das ein entsprechendes Bewußtsein auf Seiten des Überlassenden voraussetzt und in die vertragliche Vereinbarung eingeht. Insoweit gilt das gleiche wie bei dem Merkmal „zum dauernden Gebrauch" (Rz 55). Dies folgt schon aus der unmittelbaren Verknüpfung beider Voraussetzungen. Allein die objektive Überlassung an eine Familie genügt deshalb nicht. Nimmt der alleinstehende Mieter mit Zustimmung des Vermieters später eine weitere Person, zB nach einer Heirat die Ehefrau oder einen Verwandten, in die Wohnung auf, so ist der Wohnraum nunmehr an eine Familie überlassen. Eine solche Überlassung setzt jedoch voraus, daß der Vermieter im Wege der Vertragsänderung zustimmt und damit der Familie den Besitz einräumt (vgl BARTHELMESS § 5 6 4 b Rz 4 5 u PERGANDE § 5 6 5 Anm 1 1 , die eine Zustimmung des Vermieters ausreichen lassen; SCHMIDT-FUTTERER C 4 7 1 , der auf die Zulässigkeit der Aufnahme abstellt). Hat der Vermieter den Wohnraum an Personen überlassen, die nicht miteinander verwandt sind, und heiraten diese Personen später, so ist der Wohnraum erst dann zum dauernden Gebrauch für eine Familie überlassen, wenn die Parteien den Mietvertrag entsprechend ändern. Wird der Vermieter darüber getäuscht, daß die Personen, denen er die Wohnung überlassen soll, eine Familie bilden, so ist es wegen des auf seiten des Vermieters fehlenden subjektiven Moments nicht erforderlich, auf Anfechtung oder Rechtsmißbrauch abzustellen (so aber BARTHELMESS aaO; SCHMIDT-FUTTERER aaO). Der Wohnraum ist nach dem Willen des Vermieters von vornherein nicht zum dauernden Gebrauch für eine Familie überlassen. Ein geheimer Vorbehalt ist allerdings nach § 116 S 1 unbeachtlich. Die Parteien können auch nicht entgegen der objektiven Lage vereinbaren, daß der Wohnraum nicht für eine Familie überlassen sein soll, weil darin ein Verstoß gegen § 565 Abs 2 S 3 liegt. In gleicher Weise muß die Miete des Wohnraums zum dauernden Gebrauch Inhalt 55 des Vertrags geworden sein. Dauernder Gebrauch steht im Gegensatz zum vorübergehenden Gebrauch (SCHMIDT-FUTTERER C 4 7 3 ) . Die Abgrenzung richtet sich in erster Linie nach dem vereinbarten Vertragszweck (s im einzelnen § 5 5 6 a R z 8 8 f f , insbesondere Rz 93 f). b) Die Kündigungsfristen des Abs 3 richten sich im einzelnen nach der Bemessung 56 des Mietzinses. Ist der Mietzins nach Tagen bemessen, so ist die Kündigung an (1135)

Jürgen Sonnenschein

§565 57-59

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

jedem Tag für den Ablauf des folgenden Tages zulässig (Nr 1). Ist der Mietzins nach Wochen bemessen, so kann spätestens am ersten Werktag einer Woche für den Ablauf des folgenden Sonnabends gekündigt werden (Nr 2). Beide Fälle entsprechen der Regelung in Abs 1 Nr 1 u 2. Ist der Mietzins nach Monaten oder längeren Zeitabschnitten bemessen, so ist die Kündigung spätestens am Fünfzehnten eines Monats für den Ablauf dieses Monats zulässig (Nr 3). § 193 ist weder für den Kündigungstag noch für den Kündigungstermin von Bedeutung (Rz 10 ff). Damit richtet sich die Kündigungsfrist jeweils nach der Zahl der Tage des betreffenden Monats.

57 3. Abweichende Vereinbarungen (Abs 2 S 3 u 4) a) Bei Mietverhältnissen über Wohnraum ist die Vertragsfreiheit der Parteien im Interesse eines Schutzes für den Mieter stark eingeschränkt. Nach Abs 2 S 3 ist eine Vereinbarung, die den Vermieter zur Kündigung unter Einhaltung einer kürzeren Frist berechtigen soll, nur wirksam, wenn der Wohnraum zu nur vorübergehendem Gebrauch vermietet ist. Dies richtet sich in erster Linie nach dem vereinbarten Vertragszweck (s im einzelnen § 556 a Rz 88 ff) und kann durch entsprechende Vertragsklauseln klargestellt werden. Wird durch das Mietverhältnis aber der auf Dauer angelegte allgemeine Wohnbedarf des Mieters befriedigt, so können solche Klauseln nicht entgegen dem objektiv gegebenen Vertragszweck eine abweichende Beurteilung rechtfertigen (LG Hannover MDR 1971, 762; vgl aber LG Dortmund WuM 1966, 189). Eine Vermietung zu nur vorübergehendem Gebrauch setzt nicht voraus, daß der Vertrag von vornherein kalendermäßig befristet ist. Es genügt, daß der Vertrag vereinbarungsgemäß nur für eine kürzere, aus den gesamten Umständen annähernd bestimmbare Zeitspanne gelten soll (LG Dortmund aaO). Darüber hinaus können die Parteien die gesetzlichen Kündigungsfristen für Mietverhältnisse über möblierten Wohnraum iS des § 565 Abs 3 abkürzen oder beliebig anderweitig regeln, da diese Vorschrift kein Verbot abweichender Vereinbarungen enthält (s aber Rz 54). Unberührt bleibt in allen Fällen das Recht der Parteien, das Mietverhältnis durch einen Aufhebungsvertrag zu beenden (SCHMIDT-FUTTERER B 609; vgl § 5 6 4 Rz 4 5 ff; § 5 6 4 b Rz 159). 58 b) Aus Abs 2 S 3 ergibt sich, daß die gesetzlichen Kündigungsfristen bei allen Mietverhältnissen über Wohnraum, der zum dauernden Gebrauch überlassen ist, nicht durch Parteivereinbarung für eine Kündigung durch den Vermieter abgekürzt werden dürfen. Dabei macht es keinen Unterschied, ob es sich um möblierten oder unmöblierten Wohnraum handelt und ob der Wohnraum für eine Familie oder für Alleinstehende überlassen ist. Alle Mietverhältnisse, die unter Abs 2 und nicht unter Abs 3 fallen, unterliegen dieser Beschränkung. Die Unabdingbarkeit gilt sowohl für die regelmäßige Kündigungsfrist des Abs 2 S 1 als auch für die nach der Dauer der Überlassung verlängerten Fristen des S 2. Ein Verstoß führt zur Unwirksamkeit der entsprechenden Vereinbarung, läßt im übrigen aber den Bestand des Mietvertrags wegen der Natur der das soziale Mietrecht ausmachenden Schutzbestimmungen unberührt (§ 556 a Rz 98; HANS § 565 A n m 5; PERGANDE § 565 A n m 9).

59 Da die Unabdingbarkeit der gesetzlichen Fristen nur für eine Kündigung durch den Vermieter vorgeschrieben ist, können die Parteien für eine Kündigung durch den Mieter kürzere Fristen vereinbaren (HANS § 5 6 5 Anm 5; K O R F F M D R 1965, 8 9 , 9 0 ; PALANDT-PUTZO § 5 6 5 A n m 1 d ; ROQUETTE § 5 6 5 R z 3 9 ; SCHMIDT-FUTTERER B 6 0 5 ; WEIMAR WuM 1969, 3 6 ) . Den Interessen des Mieters kommt es vor allem entgegen,

wenn von den nach der Dauer der Überlassung verlängerten Fristen des Abs 2 S 2 abgewichen wird. Dies ist in der Praxis nicht ungewöhnlich (vgl § 5 Abs 1 des Jürgen Sonnenschein

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§565 3. Titel. Miete. Pacht

60, 61

vom BMJ vorgelegten Mustermietvertrags 1 9 7 6 ) . Die Vereinbarung kürzerer Kündigungsfristen für beide Parteien ist nur insoweit unwirksam, als sie den Vermieter gegenüber der gesetzlichen Regelung begünstigt. Für die Kündigung durch den Mieter kann die Vereinbarung dagegen grundsätzlich aufrechterhalten werden (AG Köln WuM 1 9 7 0 , 8 2 ; PALANDT-PUTZO § 5 6 5 Anm 1 d; SCHMIDT-FUTTERER B 6 0 7 ; a M KORFF M D R 1965, 89, 90; vgl L G Kassel W u M 1966, 201 u SCHMIDT-FUTTERER

B 607 zu Mietverträgen aus der Zeit vor Inkrafttreten dieser Neuregelung). Dies kann aber anders als die Aufrechterhaltung des ganzen Mietvertrags (Rz 58) nicht allein mit der Funktion der mietrechtlichen Schutzbestimmungen begründet werden (so AG Köln aaO), sondern hängt hinsichtlich der einzelnen Klausel entscheidend v o n § 1 3 9 a b (vgl ERMAN-SCHOPP § 5 6 5 R z 14; SOERGEL-MEZGER § 5 6 5 R z 17). Ist

hiernach die Vereinbarung kürzerer Kündigungsfristen für beide Parteien als unwirksam zu beurteilen, wird der Mieter anders als bei der Unwirksamkeit des ganzen Vertrags nicht schutzlos gestellt. Durch die Unabdingbarkeit sollen Mindestfristen für die Kündigung durch den 60 Vermieter festgelegt werden. Zulässig ist deshalb eine Vereinbarung, mit der die Kündigungsfrist für den Mieter, den Vermieter oder für beide Parteien gegenüber der gesetzlichen Regelung verlängert wird (OLG Nürnberg WuM 1967, 202; LG Düsseldorf WuM 1973, 189; LG Mannheim DWW 1975, 42; HANS § 565 Anm 5; KORFF M D R 1 9 6 5 , 8 9 , 9 0 ; PALANDT-PUTZO § 5 6 5 A n m 1 d ; SCHMIDT-FUTTERER

B 606). Die Parteien können auch einen anderen Kündigungstag als den dritten Werktag eines Kalendermonats vereinbaren, also etwa eine Kündigung spätestens am Ersten oder Fünfzehnten eines Monats, sofern dabei die gesetzlichen Mindestfristen eingehalten werden (PERGANDE NJW 1 9 6 4 , 1 9 2 5 , 1 9 2 6 ; SCHMIDT-FUTTERER B 606). Ferner ist es zulässig, unter Einhaltung der Mindestfrist eine nach festen Zeitabschnitten bemessene Kündigungsfrist zu vereinbaren, für die der Tag der Kündigung nicht von vornherein durch einen bestimmten Tag der Woche oder des Monats festgelegt wird (vgl zur dreitägigen Karenzzeit bei vereinbarter Kündigungsfrist Voraufl Rz 17; LG Düsseldorf ZMR 1 9 6 5 , 2 4 8 ; PALANDT-PUTZO § 5 6 5 Anm 1 f). Da sich die Verlängerung der Kündigungsfrist nach Abs 2 S 2 bei einem Wohnungswechsel des Mieters innerhalb desselben Hauses nach umstrittener Auffassung nicht bereits aus dem Gesetz ergibt (Rz 41 f), können die Parteien eine Anrechnung früherer Wohnzeiten ausdrücklich ausschließen, um einer abweichenden ergänzenden Vertragsauslegung zu begegnen. c) Nach Abs 2 S 4 ist eine Vereinbarung, nach der die Kündigung nur für den 61 Schluß bestimmter Kalendermonate zulässig sein soll, unwirksam. Diese Regelung betrifft sämtliche Mietverhältnisse über Wohnraum iS des Abs 2 S 1 und macht auch bei einer Überlassung zu nur vorübergehendem Gebrauch (Abs 2 S 3) keine Ausnahme. Mietverhältnisse über möblierten Wohnraum iS des Abs 3 werden dagegen nicht erfaßt. Für die Unwirksamkeit einer Vereinbarung ist es unerheblich, ob die Kündigung durch den Mieter oder durch den Vermieter auf den Schluß bestimmter Kalendermonate festgelegt werden soll (SCHMIDT-FUTTERER B 611; vgl NIEDNER WuM 1 9 7 0 , 5 6 ) . Andere Termine werden vom Gesetzeswortlaut nicht ausgeschlossen. Die Vorschrift betrifft nicht Mietverträge mit Verlängerungsklausel iS des § 565 a Abs 1, in denen vereinbart ist, daß sich das Mietverhältnis mangels Kündigung auf bestimmte Zeit verlängert und deshalb später jeweils nur zum Ablauf dieser bestimmten Zeit gekündigt werden kann (AG Köln WuM 1 9 7 0 , 2 2 ; SCHMIDTFUTTERER B 6 2 5 ) . In diesen Fällen wird nicht die Kündigung auf den Schluß bestimmter Kalendermonate beschränkt, sondern das Mietverhältnis selbst bleibt befristet. Die Kündigung beendet das Mietverhältnis nicht selbst, sondern verhindert seine Verlängerung kraft der Vertragsklausel. (1137)

Jürgen Sonnenschein

§565 62-64

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

62 Die Regelung des Abs 2 S 4 geht auf das G über die Auflockerung der Kündigungstermine bei Mietverhältnissen über Wohnräume vom 24. 3. 1938 (RGBl I 306) zurück, das durch Art X Abs 1 Nr 4 AbbauG vom 23. 6. 1960 (BGBl I 389) aufgehoben worden ist (vgl Begr zum RegE eines AbbauG BT-Drucks III/1234, 73). Maßgebend für die frühere Regelung war die seinerzeit verbreitete Praxis, Kündigungen auch bei monatlicher Bemessung des Mietzinses vereinbarungsgemäß nur für den Schluß eines Kalendervierteljahres oder nur zum 1. April oder 1. Oktober zuzulassen. Dies führte auf dem Wohnungsmarkt zu einer Zusammenballung von Angebot und Nachfrage auf wenige Termine und barg in Zeiten der Wohnungsknappheit die Gefahr längerer Obdachlosigkeit für Wohnungssuchende Mieter in sich. Darüber hinaus sollten die vor allem für das Speditionsgewerbe beobachteten ungünstigen Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt beseitigt werden, die sich aus der außerordentlichen Häufung von Umzügen zu bestimmten Terminen ergaben (Begr des G vom 24. 3. 1938 DJ 1938, 534 = JW 1938, 1084; vgl zur Übernahme in das BGB PERGANDE NJW 1964, 1925, 1926). Es ist zumindest hinsichtlich der Auswirkungen auf den Wohnungsmarkt zweifelhaft, ob eine solche Reglementierung heute noch angebracht ist (kritisch auch SCHMIDT-FUTTERER B 613). 63 VI. Kündigungsfristen bei Mietverhältnissen über bewegliche Sachen (Abs 4) Bei einem Mietverhältnis über bewegliche Sachen ist für die Kündigungsfrist die Bemessung des Mietzinses maßgebend. Zu den beweglichen Sachen gehören auch deren Innenräume und die nicht im Schiffsregister eingetragenen Schiffe (vgl ansonsten Abs 1). Ist der Mietzins nach Tagen bemessen, so kann an jedem Tag für den Ablauf des folgenden Tages gekündigt werden (Nr 1). Die Kündigungsfrist beträgt in diesem Fall mindestens 24 Stunden. Bei der Bemessung des Mietzinses nach längeren Zeitabschnitten muß die Kündigung spätestens am dritten Tag vor dem Tag wirksam werden, mit dessen Ablauf das Mietverhältnis endigen soll (Nr 2). Die Kündigungsfrist beträgt damit mindestens 3 Tage. In beiden Fällen ist § 193 für die Fristberechnung unerheblich ( P A L A N D T - P U T Z O § 565 Anm 2 c; aM E R M A N - S C H O P P § 565 Rz 15). Der Kündigungstag braucht nach dem Gesetz nicht auf einen Werktag zu fallen. Die Kündigung kann mithin an jedem beliebigen Tag der Woche wirksam werden und das Mietverhältnis entsprechend der vorgeschriebenen Frist zu jedem beliebigen Tag beenden. § 193 ist nur insoweit erheblich, als mit der Beendigung des Mietverhältnisses Leistungspflichten der Parteien entstehen (Rz 10 ff). Die Kündigungsvorschriften für ein Mietverhältnis über bewegliche Sachen sind ohne Einschränkungen abdingbar.

VII. Kündigungsfristen bei Mischverträgen und Sonderformen 64 1. Allgemeines Da die Miete die Grundform der entgeltlichen Überlassung einer Sache zum Gebrauch bildet, enthalten viele Verträge mietrechtliche Elemente und können deshalb als Mischverträge und Sonderformen der Miete gekennzeichnet werden (s im einzelnen Vorbem 44 ff zu §§ 535, 536). Haben die Parteien keine Vereinbarungen über die Fristen für eine ordentliche Kündigung getroffen, stellt sich die Frage, ob die Kündigungsfristen des § 565 maßgebend sind. Darüber hinaus ist es fraglich, ob etwaige Vereinbarungen der Parteien den zwingenden Vorschriften des § 565 Abs 2 unterliegen. Generell entscheidend ist dabei, wie die einzelnen Formen typengemischter Verträge rechtlich zu qualifizieren sind, ob das mietvertragliche oder ein anderes Element überwiegt und ob sich die einzelnen Teile der VereinbaJürgen Sonnenschein

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3. Titel. Miete. Pacht

§565 65, 66

rangen rechtlich trennen lassen. Handelt es sich von vornherein um mehrere selbständige Verträge, die nur gleichzeitig abgeschlossen werden, aber jeweils für sich eine wirtschaftlich sinnvolle Regelung darstellen, so folgt jeder Einzelvertrag ohne weiteres den für ihn maßgebenden Vorschriften. Die Abgrenzung und Terminologie typengemischter Verträge ist nicht einheitlich 65 (vgl LARENZ I I § 6 2 ; PALANDT-HEINRICHS § 3 0 5 A n m 6). K e n n z e i c h n e n d ist f ü r d e n

gemischten Vertrag, daß Bestandteile unterschiedlicher Vertragstypen nach dem von den Parteien verfolgten Zweck in einer Weise miteinander verbunden sind, daß sie erst in ihrer Gesamtheit diesen Zweck erfüllen können. Bestimmte Theorien zur rechtlichen Behandlung dieser Verträge (vgl ENNECCERUS-LEHMANN § 1 0 0 B) können angesichts der in der Praxis anzutreffenden Vielgestaltigkeit nicht zu allseits befriedigenden Ergebnissen führen, da die Parteien dem Vertrag jeweils nach den konkret verfolgten Zwecken eine besondere Gestalt und eine unterschiedliche Gewichtung der einzelnen Vertragselemente geben. Es ist deshalb angebracht, vom ausdrücklichen oder mutmaßlichen Parteiwillen auszugehen. Hierfür können sich aus dem Vertragszweck, der Interessenlage und der Verkehrssitte gewisse Anhaltspunkte ergeben (PALANDT-HEINRICHS § 305 Anm 6). Ist es im Einzelfall nicht möglich, jede Leistung gesondert dem Recht des jeweiligen Vertragstyps zu unterstellen, was für die Kündigung idR auch die Beendigung der sonstigen Vertragsbeziehungen nach § 139 zur Folge hat, so sind insgesamt diejenigen Vorschriften maßgebend, die für den rechtlichen oder wirtschaftlichen Schwerpunkt des Vertrags gelten (vgl BGHZ 2, 3 3 1 , 3 3 3 = NJW 1 9 5 1 , 7 0 5 ; PALANDT-HEINRICHS aaO). Vor allem wenn das mietrechtliche Element die Grundlage für die Ausübung aller weiteren Rechte aus dem Vertrag bildet, ist es angemessen, die Kündigungsvorschriften des Mietrechts einheitlich auf den ganzen Vertrag anzuwenden. Andererseits kann es bei Gleichwertigkeit mehrerer Vertragselemente auch geboten sein, im Wege der Rechtsanalogie aus verschiedenen Vorschriften eine einheitliche Regelung zu entwickeln (PALANDT-HEINRICHS aaO unter Hinweis auf RAISCH BB 1 9 6 8 , 526, 530 zum Automatenaufstellvertrag). 2. Einzelne Mischverträge

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a) Wird ein Zimmer mit Frühstück vermietet, so liegt das Schwergewicht auf dem mietvertraglichen Element. Es handelt sich um ein Mietverhältnis über Wohnraum, dessen Kündigungsfrist sich jeweils nach der Art des Wohnraums und dem Zweck der Überlassung insgesamt nach Abs 2 oder 3 richtet. Der Beherbergungsvertrag zur Aufnahme in einer Pension oder einem Hotel ist in seinem wesentlichen Kern ein Mietvertrag über möblierten Wohnraum (s im einzelnen Vorbem 58 zu §§ 535, 536). Regelmäßig wird er auf bestimmte Zeit abgeschlossen. Ist dies nicht der Fall, kann die Kündigungsregelung des Abs 3 nur eingreifen, wenn der Wohnraum - wie meist nur in einer Privatpension - Teil der vom Vermieter selbst bewohnten Wohnung ist. Nach dieser gesetzlichen Begrenzung unterliegen alle anderen Beherbergungsverträge der Regelung des Abs 2 (anders noch PERGANDE § 5 6 5 Anm 12 zu Abs 3 idF vor dem WKSchG II). Dies führt allerdings wegen der langen Kündigungsfristen zu unangemessenen Ergebnissen. Im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung, gestützt vor allem auf die Verkehrssitte, wird idR die Vereinbarung kürzerer Kündigungsfristen anzunehmen sein, wie sie Abs 3 enthält. Dies ist nicht nur zugunsten des Mieters möglich, sondern wegen der Vermietung zu nur vorübergehendem Gebrauch auch für die Kündigung durch den Vermieter (Abs 2 S 3). Maßgebend ist dann die Bemessung des Mietzinses. Dabei macht es keinen Unterschied, ob neben der im Vordergrund stehenden Überlassung des Wohnraums noch Frühstück, Halb- oder Vollpension gewährt wird. Unbenommen bleibt den Parteien jederzeit die einverständliche Aufhebung des Vertrags. (1139)

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§565 67, 68

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

67 b) Wohnheimverträge mit einem Alters-, Arbeiter- oder Studentenheim sind Mietverhältnisse über Wohnraum, deren Kündigung sich nach Abs 2 richtet, auch wenn andersartige Nebenleistungen erbracht werden (vgl aber LG Köln MDR 1977, 313 m Anm WESTHELLE MDR 1 9 7 7 , 8 4 1 zum Internatsvertrag). Insoweit stellt sich nur die Frage, ob es sich um Mietverträge auf vorübergehende Zeit handelt (Rz 57; § 556 a Rz 94). Heimpflegeverträge mit körperlich oder geistig Behinderten, pflegebedürftigen alten Menschen oder zu Resozialisierenden sind eine Verbindung aus Mietvertrag und Dienstvertrag. Da die Leistungen des Heimträgers außerhalb der eigentlichen Raumüberlassung idR überwiegen, handelt es sich nicht um Mietverhältnisse über Wohnraum, für die der Schutz des sozialen Mietrechts eingreift (SCHMIDT-FUTTERER C 4 5 8 ) . Insoweit ist eine einheitliche Kündigungsfrist für beide Seiten geboten (PALANDT-PUTZO Einf v § 5 3 5 Anm 3 a). Überwiegt der Dienstvertragscharakter, sind die Fristen des § 621 maßgebend. Eine Ausnahme ist aber für die Fälle zu machen, in denen der Platz in dem Pflegeheim auf Dauer den Mittelpunkt der Lebensführung des Pflegebedürftigen darstellt und keine Wohnung außerhalb des Heims für ihn zur Verfügung steht. Die kurzen Kündigungsfristen des § 621, die selbst bei einer Bemessung der Vergütung nach Monaten nur vom Fünfzehnten bis zum Monatsende reichen (§ 621 Nr 3), sind unangemessen, wenn der Heimplatz auf Dauer den Wohnraum ersetzt. Insoweit ist deshalb jedenfalls zum Schutz des Betroffenen gegen einen kurzfristigen Wohnungsverlust eine entsprechende Anwendung des § 565 Abs 2 für Kündigungen durch den Heimträger geboten (vgl aber OLG Hamburg MDR 1973, 758 zur außerordentlichen fristlosen Kündigung nach § 626). Bei Krankenhausaufnahmeverträgen steht das dienstvertragliche Element ganz im Vordergrund (s Vorbem 62 zu §§ 535, 536). Da durch die Beendigung eines solchen Vertrags kein Wohnbedarf des Patienten ausgelöst wird, besteht für eine entsprechende Anwendung mietrechtlicher Kündigungsvorschriften kein Bedürfnis. Belegungsverträge der Sozialversicherungsträger mit privaten Kurheimen, Gasthöfen oder Sanatorien sind Mietverträge iS des § 565 Abs 2 (vgl Vorbem 60 zu §§ 535, 536). Belegarztverträge sind atypische Dauerrechtsverhältnisse mit Elementen der Miete oder Leihe (Vorbem 6 1 zu § § 5 3 5 , 5 3 6 ) , ohne aber einem der im BGB enthaltenen Vertragstypen voll zu entsprechen. Zur Beendigung ist eine angemessene Kündigungsfrist einzuhalten, die von der Rspr auf ein halbes Jahr bemessen wird (BGH NJW 1 9 7 2 , 1 1 2 8 , 1 1 2 9 m Anm HEPP NJW 1 9 7 2 , 1 5 1 4 ) . 68 c) Werden Maschinen oder Fahrzeuge mit Bedienungspersonal überlassen, so kann es sich um eine Verbindung von Miete und Dienstverschaffungsvertrag handeln, wenn dem Mieter der selbständige Gebrauch der Sache überlassen wird, er also die Obhut übernimmt und das Recht erhält, im Rahmen der vertraglichen Benutzung auf die Sache einzuwirken (vgl RGZ 6 9 , 127, 1 2 9 ; KG NJW 1 9 6 5 , 9 7 6 ; PALANDTPUTZO Einf v § 5 3 5 Anm 3 a). Liegt das Schwergewicht des Vertrags auf der mietweisen Überlassung der Sache, die zugleich die Grundlage der zu leistenden Dienste bildet, so richtet sich die Kündigungsfrist nach § 565 Abs 4. Wird die Sache nicht zum selbständigen Gebrauch überlassen, liegt ein reiner Dienst- oder Werkvertrag vor (vgl O L G Hamburg M D R 1965, 491; PALANDT-PUTZO aaO). Der

Mietkauf ist ein Mietvertrag, in dem der Vermieter dem Mieter das Recht einräumt, die Mietsache unter voller oder teilweiser Anrechnung des Mietzinses zu kaufen (PALANDT-PUTZO aaO). Für die Kündigungsfristen ist § 5 6 5 maßgebend. Sie hängen vom Gegenstand des Mietvertrags ab. Bei der entgeltlichen Überlassung von Reklameflächen an Fahrzeugen überwiegt das mietvertragliche gegenüber dem dienstoder werkvertraglichen Element (Vorbem 89 zu §§ 535, 536). Für die Kündigungsfrist ist § 565 Abs 4 maßgebend. Handelt es sich um Wand- oder Dachflächen von Gebäuden, liegt Grundstücksmiete vor, deren Kündigung sich nach Abs 1 richtet (Rz 16). Der Filmverleihvertrag zwischen Filmverleih und Kino ist trotz gewisser Jürgen Sonnenschein

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3. Titel. Miete. Pacht

§565 69-72

urheberrechtlicher Elemente in erster Linie Mietvertrag über eine bewegliche Sache (Vorbem 78 zu §§ 535, 536, s auch Vorbem 79). Die Kündigungsfrist ergibt sich aus § 565 Abs 4. d) Die Vermietung einer Gastwirtschaft mit Bierlieferungsvertrag ist eine Verbindung 69 von Miet- oder Pachtvertrag mit einem Sukzessivlieferungsvertrag ( P A L A N D T - P U T Z O Einf v § 535 Anm 3 a). Handelt es sich nicht um Pacht, sondern um Miete, liegt das Schwergewicht idR auf dem mietrechtlichen gegenüber dem kaufrechtlichen Element, da die Miete der Gastwirtschaft die rechtliche und wirtschaftliche Grundlage für die Bierbezugsverpflichtung abgibt. Die Kündigungsfrist richtet sich einheitlich nach § 565 Abs 1. Grundstücksmiete iS dieser Kündigungsregelung ist gegeben, wenn auf einem Campingplatz eine Stellfläche vermietet wird und zusätzliche Dienstleistungen erbracht werden (vgl Vorbem 83 zu §§ 535,536). Konzessionsverträge über die Verlegung von Schienen und Leitungen in öffentlichen Straßen sind gemischte Verträge mit vorwiegend mietvertraglichen Elementen (Vorbem 87 zu §§ 535, 536), deren Kündigung sich nach § 565 Abs 1 richtet. Tresor- oder Schrankfachverträge mit Banken sind Mietverträge mit Verwahrungselementen (Vorbem 82 zu §§ 535, 536). Soweit die Stahlschränke fest mit dem Grundstück verbunden sind, handelt es sich um die Miete von Grundstücksteilen, für die § 565 Abs 1 als Kündigungsregelung gilt. In der Praxis werden die Verträge idR sofort durch Aufhebungsvertrag beendet. Der Vertrag über eine Hausmeisterwohnung ist Arbeits- oder Dienstvertrag iVm einer Werkmiet- oder Werkdienstwohnung. Für die Kündigung der Wohnräume gilt die Regelung der §§ 565 b - 565 e. 3. Sonderformen

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a) Leasing- Verträge finden sich in der Praxis in den unterschiedlichsten Formen. Sie können nach der jeweiligen Ausgestaltung reiner Kauf, reine Miete oder auch ein Mischvertrag mit miet- und kaufrechtlichen Elementen sein (s im einzelnen Vorbem 45 ff zu §§ 535, 536). Sind sie als reine Miete zu beurteilen wie etwa das OperatingLeasing (Vorbem 47 aaO) oder überwiegen wie vielfach beim Finanzierungs-Leasing die mietrechtlichen Elemente (Vorbem 46,48 aaO), so greifen die Kündigungsvorschriften des § 565 ein, die sich im einzelnen nach dem Gegenstand des LeasingVertrags und der Bemessung der Vergütung richten. b) Tankstellenverträge stellen reine Grundstücksmiete iS des § 565 Abs 1 dar, wenn 71 der Eigentümer sein Grundstück einer Mineralölgesellschaft vermietet, damit das Unternehmen darauf eine Tankstelle errichten und betreiben kann (Vorbem 57 zu §§ 535, 536). Überläßt die Mineralölgesellschaft eine von ihr auf eigenem oder fremdem Grundstück errichtete Tankstelle einem Dritten oder auch dem Grundstückseigentümer zum Betrieb, so weist der Stationärsvertrag miet- und dienstvertragliche Elemente auf, wobei die letzteren überwiegen. Deshalb und wegen der Investition erheblichen Kapitals durch die Mineralölgesellschaften sind nicht nur die verhältnismäßig kurzen Kündigungsvorschriften des § 565 Abs 1 unanwendbar, sondern auch die sechsmonatige Kündigungsfrist des § 624 (vgl BGHZ 52, 171, 175 f = NJW 1969, 1662, 1663; Vorbem aaO). c) Automatenaufstellverträge werden als Sammelbegriff für die unterschiedlichsten 72 Vertragsformen verwendet (s im einzelnen Vorbem 51 ff zu §§535, 536). Ein Mietvertrag über eine bewegliche Sache iS des Abs 4 liegt vor, wenn ein Automatenaufsteller einem Unternehmer Automaten überläßt, damit dieser Waren verkaufen oder sonstige Leistungen anbieten kann (Vorbem 52 aaO). Unerheblich ist es, ob dem Mieter zugleich ein Kaufrecht eingeräumt ist (vgl Rz 68). Wird einem Automatenaufsteller eine Wand- oder Bodenfläche an einem allgemein zugänglichen Ort (1141)

Jürgen Sonnenschein

§565 73-75

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

vermietet, damit er selbst Waren oder Leistungen anbieten kann, so handelt es sich um Grundstücksmiete iS des Abs 1 (vgl von OLSHAUSEN-SCHMIDT, Automatenrecht [1972] B 45 f). Raummiete iS dieser Vorschrift ist gegeben, wenn einem Automatenaufsteller ein ganzer Raum vermietet wird, in dem er eine Automatenspielhalle einrichten will (BGHZ 47, 202, 206 = NJW 1967, 1414, 1416). 73 Umstritten ist die Rechtsnatur der Automatenaufstellverträge, für die es charakteristisch ist, daß die aufgestellten Geräte in den Gewerbebetrieb eines anderen, der am Umsatz beteiligt ist, eingegliedert werden (s im einzelnen Vorbem 53 zu §§535, 536). Mit dem mietvertraglichen Element der Gebrauchsüberlassung einer bestimmten Aufstellfläche werden diese Verträge rechtlich nicht hinreichend erfaßt (BGHZ 47, 202, 203 f = NJW 1967, 1414, 1415). Da aber auch Elemente anderer Vertragstypen wie etwa der Gesellschaft nicht entscheidend im Vordergrund stehen (aM LG Nürnberg-Fürth NJW 1971, 52 m abl Anm M Ü L L E R NJW 1971, 625), ist keine eindeutige Zuordnung zu einem Vertragstyp möglich. Gegenüber einer sofortigen Kündigung nach § 723 Abs 1 S 1 (LG Nürnberg-Fürth aaO) wird zT eine Kündigung spätestens am Fünfzehnten zum Ablauf des Monats verlangt (OLG Düsseldorf BB 1965, 267 - § 565 Abs 1 S 2 aF) oder es wird nach § 242 eine einmonatige Frist aufgestellt (LG Stuttgart NJW 1963, 1927). Nach BGB-RGRKG E L H A A R (Vor § 535 Rz 246) soll es auf den Einzelfall ankommen. Die heute hM läßt die Kündigung ohne Rücksicht auf die im Einzelfall praktizierten Abrechnungszeiträume der Parteien in Anlehnung an § 565 Abs 1 Nr 3 nur bis zum dritten Werktag eines Monats für den Ablauf des übernächsten Monats zu (LG Köln NJW 1972, 2127; von OLSHAUSEN-SCHMIDT aaO B 92; P A L A N D T - P U T Z O Einf v § 535 Anm 2 e; RAISCH BB 1968, 526, 531; vgl OLG Celle BB 1968, 524; M Ü L L E R NJW 1971, 625, 626). Eine solche, nicht zu kurze Kündigungsfrist wird der Interessenlage gerecht.

74 VIII. Außerordentliche befristete Kündigung (Abs 5) Während die Abs 1 - 4 die Fristen für die ordentliche Kündigung regeln, betrifft Abs 5 die vorzeitige Kündigung eines Mietverhältnisses unter Einhaltung der gesetzlichen Frist. Es handelt sich um eine Reihe von gesetzlich abschließend geregelten Fällen. Eine oder beide Parteien erhalten das Recht, sich trotz eines an sich noch länger andauernden, auf bestimmte Zeit abgeschlossenen Mietverhältnisses oder trotz eines vertraglichen Kündigungsausschlusses bzw einer vertraglich oder gesetzlich (Abs 2 S 2) nur mit einer längeren als der Dreimonatsfrist möglichen ordentlichen Kündigung eines unbefristeten Mietverhältnisses vom Vertrag zu lösen (s im einzelnen § 564 Rz 32 f). Hierzu zählen auch auflösend bedingte Mietverhältnisse vor oder nach Eintritt der Bedingung (vgl § 565 a Abs 2). 75 Diese Vorschriften gestatten eine Kündigung unter Einhaltung der gesetzlichen Frist (vgl die Zusammenstellung § 564 Rz 33). Mit der gesetzlichen Frist sind nicht sämtliche Fristen der Abs 1 - 4 gemeint. In Abs 5 wird der Begriff der gesetzlichen Frist unabhängig von der Bemessung des Mietzinses auf die jeweils längste Frist der vorangehenden Kündigungsregelungen beschränkt. Eine Ausnahme bildet nur das normale Mietverhältnis über Wohnraum, für das die kürzere Grundregel maßgebend ist. Hiernach ist die außerordentliche befristete Kündigung bei einem Mietverhältnis über Grundstücke, Räume oder im Schiffsregister eingetragene Schiffe spätestens am dritten Werktag eines Kalendermonats für den Ablauf des übernächsten Monats zulässig, bei einem Mietverhältnis über Geschäftsräume, gewerblich genutzte unbebaute Grundstücke oder im Schiffsregister eingetragene Schiffe jedoch nur für den Ablauf eines Kalendervierteljahres (Abs 1 Nr 3; s im einzelnen Rz Jürgen Sonnenschein

(1142)

3. Titel. Miete. Pacht

§565 76-78

15 ff). Für das normale Mietverhältnis über Wohnraum muß die außerordentliche befristete Kündigung spätestens am dritten Werktag eines Kalendermonats für den Ablauf des übernächsten Monats wirksam werden (Abs 2 S 1; s im einzelnen Rz 30 f). Dies gilt unabhängig davon, wie lange der Wohnraum überlassen ist, da Abs 5 nicht auf Abs 2 S 2 verweist (LG Köln WuM 1973, 255). Die außerordentliche befristete Kündigung eines Mietverhältnisses über möblierten Wohnraum iS des Abs 3 ist spätestens am Fünfzehnten eines Monats für den Ablauf dieses Monats zulässig (Abs 3 Nr 3; s im einzelnen Rz 44 ff). Die Kündigung eines Mietverhältnisses über bewegliche Sachen ist spätestens am dritten Tag vor dem Tag möglich, mit dessen Ablauf das Mietverhältnis endigen soll (Abs 4 Nr 2; s im einzelnen Rz 63). Soweit Misch Verträge den Kündigungsvorschriften des § 565 unterliegen (s im einzelnen Rz 64 ff), richtet sich auch die außerordentliche befristete Kündigung nach der für den jeweiligen Mietgegenstand maßgebenden Bestimmung. Abweichende Vereinbarungen über die bei einer außerordentlichen befristeten 76 Kündigung einzuhaltenden Fristen können bedeutsam sein, wenn die Identität der Parteien bestehengeblieben oder wenn Rechtsnachfolge eingetreten ist, die auch diese Vereinbarung umfaßt. Da die Regelung der Abs 1 Nr 3, 3 Nr 3 und 4 Nr 2 nicht zwingend ist (Rz 29, 57, 63), können die Parteien die Fristen auch für den Fall der vorzeitigen Kündigung anderweitig festlegen. Voraussetzung ist aber, daß sich die Einhaltung der gesetzlichen Fristen nicht aus der zwingenden Natur der Vorschrift ergibt, auf die sich das außerordentliche Kündigungsrecht gründet (vgl § 570 Rz 3, zB bei Raummiete iS des § 565 Abs 1). Dabei kommt es ferner darauf an, ob abweichende Vereinbarungen schlechthin oder nur bei nachteiliger Auswirkung auf eine bestimmte Partei ausgeschlossen sind. Mit dieser Maßgabe können abweichende Vereinbarungen für die außerordentliche befristete Kündigung eines Mietverhältnisses über Wohnraum iS des Abs 2 zugelassen werden. Abs 5 verweist zwar nicht ausdrücklich auf die Unabdingbarkeitsregeln des Abs 2 S 3 u 4. Jedoch ist insoweit eine entsprechende Anwendung geboten, da die Parteien bei der außerordentlichen befristeten Kündigung nach dem Schutzzweck der Normen nicht schlechter gestellt werden dürfen als bei einer ordentlichen Kündigung. Zu beachten ist allerdings, daß von der gesetzlichen Frist des Abs 2 S 1 nicht abgewichen werden darf, soweit sich die Unabdingbarkeit aus der Norm ergibt, die das außerordentliche Kündigungsrecht einräumt (vgl zB § 569 a Abs 7 - zwingend für beide Parteien).

IX. Wirkung der Kündigung

77

Die Kündigung beendet das Mietverhältnis zum Kündigungstermin, wenn ihre tatbestandlichen Voraussetzungen erfüllt sind. Hierzu gehört es, daß die Kündigungsfristen des § 565 eingehalten sind. Ist die Kündigung für den vom Erklärenden vorgesehenen oder ausdrücklich angegebenen Termin verspätet, so wirkt sie auf den nächsten zulässigen Termin, sofern der Kündigende das Mietverhältnis auf jeden Fall beenden will und dieser Wille dem anderen Vertragsteil genügend erkennbar ist (§ 564 Rz 18). Hat der Kündigende ein Recht zur außerordentlichen fristlosen Kündigung, kann er statt dessen das Mietverhältnis durch ordentliche Kündigung beenden. Erweist sich die ordentliche Kündigung für den vorgesehenen Termin als verspätet, 78 stellt sich die Frage der Umdeutung in eine außerordentliche fristlose Kündigung, falls ein wichtiger Grund zur Kündigung gegeben ist (vgl zum umgekehrten Fall § 564 Rz 39). Davon zu unterscheiden ist die Auslegung einer inhaltlich nicht eindeutigen Kündigungserklärung in der einen oder anderen Richtung (vgl BGH WM 1973, 782, 785). Die problematische Anwendbarkeit des § 140 als Rechts(1143)

Jürgen Sonnenschein

§565 79

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

grundlage einer solchen Umdeutung kann damit gerechtfertigt werden, daß die verspätete ordentliche Kündigung jedenfalls für den vorgesehenen Termin wegen eines Mangels im Tatbestand unwirksam ist (vgl § 564 Rz 40). Allerdings darf das Rechtsgeschäft, in das umgedeutet wird, keine weitergehenden Rechtswirkungen erzeugen als das ursprünglich beabsichtigte Geschäft (BGHZ 19, 269, 275 = NJW 1956, 2 9 7 , 2 9 8 ; 20, 3 6 3 , 3 7 0 f = NJW 1956, 1198, 1 2 0 0 ) . Die Umdeutung einer unwirksamen ordentlichen Kündigung in eine außerordentliche fristlose Kündigung ist deshalb insoweit ausgeschlossen, als das Mietverhältnis dadurch bereits mit dem Zugang der Kündigungserklärung beendet würde (vgl PALANDT-HEINRICHS § 140 Anm 2; zum Arbeitsrecht LAG Baden-Württemberg BB 1952, 290; 1960, 742; Betrieb 1965, 1672; LAG Düsseldorf BB 1968, 753; LAG Frankfurt BB 1974, 839; LAG Kiel RdA 1954, 80). Deshalb ist zu fragen, ob das Mietverhältnis aufgrund einer Umdeutung der Kündigung wenigstens zum ursprünglich vorgesehenen (ordentlichen) Kündigungstermin beendet werden kann. Im Arbeitsrecht ist es hM, daß eine außerordentliche Kündigung nicht nur fristlos, sondern auch unter einer Auslauffrist erklärt werden kann, sofern der Kündigende zum Ausdruck bringt, daß es sich um eine außerordentliche Kündigung aus wichtigem Grund handelt (BAG AP Nr 1 zu § 626 BGB mwN; HUECK-NIPPERDEY, Lehrbuch des Arbeitsrechts 1. Bd [7. Aufl 1963] § 59 V 1; SCHAUB, Arbeitsrechts-Handbuch [3. Aufl 1977] § 125 II 1). Diese Frist steht im Belieben des Kündigenden und kann daher der gesetzlichen Kündigungsfrist entsprechen (HUECK-NIPPERDEY aaO). Wird die Umdeutung der verspäteten ordentlichen Kündigung in eine außerordentliche Kündigung mit der Maßgabe zugelassen, daß sie das Mietverhältnis zu dem an sich vorgesehenen gesetzlichen Kündigungstermin beendet (aM BAG Betrieb 1975, 214 im Hinblick auf besondere arbeitsrechtliche Vorschriften; SCHAUB aaO § 1 2 3 IX 4 zum Arbeitsrecht), so hat dies keine weitergehenden Rechtsfolgen als das ursprünglich beabsichtigte Geschäft. Auf die unterbliebene Kenntlichmachung als außerordentliche Kündigung kann es im Rahmen des § 140 nicht ankommen. Die Umdeutung einer verspäteten ordentlichen Kündigung in eine außerordentliche „fristlose" Kündigung kann deshalb das Mietverhältnis bei Anerkennung einer Auslauffrist zum ursprünglich vorgesehenen Termin beenden. 79 Eine ordentliche Kündigung, die wegen eines vertraglichen Ausschlusses des Kündigungsrechts (§ 564 Rz 11 f) unwirksam ist, kann unter den Voraussetzungen des § 140 und bei Berücksichtigung einer der gesetzlichen Frist entsprechenden Auslauffrist in eine außerordentliche Kündigung umgedeutet werden. Besteht ein wichtiger Grund zur Kündigung, so darf der Kündigungsempfänger vor allem bei voller Kenntnis der Sachlage nicht wegen der Bezeichnung als ordentliche Kündigung darauf vertrauen, der Erklärende werde keinen Gebrauch von seinem Recht zur außerordentlichen Kündigung machen (so aber zum Arbeitsrecht HUECK-NIPPERDEY aaO § 56 IX 4 c; SCHAUB aaO § 123 IX 4). Wer einen wichtigen Grund zur Kündigung gesetzt hat, ist insoweit nicht schutzbedürftig. Eine Ausnahme ist nur zu machen, wenn der Kündigende ausdrücklich erklärt hat, er werde den Grund nicht zum Anlaß für eine außerordentliche Kündigung nehmen (§ 242). Da die Angabe von Gründen bei der außerordentlichen fristlosen Kündigung nach der hier vertretenen Auffassung nicht vorauszusetzen ist (§ 564 Rz 16), steht insoweit einer Umdeutung nichts entgegen (vgl ERMAN-SCHOPP § 564 Rz 11, der die Umdeutung als Auslegungsfrage bezeichnet; aM LG Braunschweig B1GBW 1969, 137 zur Wohnraummiete). Bei der Kündigung eines Mietverhältnisses über Wohnraum durch den Vermieter wird der Mieter bei einer Umdeutung auch im Hinblick auf § 556 a nicht schlechter gestellt, weil ihm nach Abs 4 Nr 2 dieser Vorschrift selbst bei einer ordentlichen Kündigung kein Widerspruchsrecht zugestanden hätte (§ 556 a Rz 14; vgl auch § 564 b Rz 132 f). Jürgen Sonnenschein

(1144)

§565 a 3. Titel. Miete. Pacht

§565 a Ist ein Mietverhältnis über Wohnraum auf bestimmte Zeit eingegangen und ist vereinbart, daß es sich mangels Kündigung verlängert, so tritt die Verlängerung ein, wenn es nicht nach den Vorschriften des § 565 gekündigt wird. Ist ein Mietverhältnis über Wohnraum unter einer auflösenden Bedingung geschlossen, so gilt es nach Eintritt der Bedingung als auf unbestimmte Zeit verlängert. Kündigt der Vermieter nach Eintritt der Bedingung und verlangt der Mieter auf Grund des § 556 a die Fortsetzung des Mietverhältnisses, so sind zu seinen Gunsten nur Umstände zu berücksichtigen, die nach Abschluß des Mietvertrages eingetreten sind. Eine zum Nachteil des Mieters abweichende Vereinbarung ist nur wirksam, wenn der Wohnraum zu nur vorübergehendem Gebrauch vermietet ist oder es sich um ein Mietverhältnis der in § 565 Abs. 3 genannten Art handelt. Art I Nr 6 MietRÄndG I vom 29. 7. 1963 (BGBl I 505); Begrzum RegE BT-Drucks IV/806, 11 (zu Art I Nr 15); Ausschußbericht BT-Drucks IV/1323, zu Drucks 1323, 4. Art I Nr 19 MietRÄndG II vom 14. 7. 1964 (BGBl I 457); Ausschußbericht BT-Drucks IV/2195, zu Drucks 2195, 2 u 5.

Schrifttum Mietverhältnisse über Wohnraum ab 1. 11. 1963, FamRZ 1964, 67, 71; B U R K H A R D T , Das neue Wohnraummietrecht, BB 1963, 907, 908; D R E W S , Die Rechte des Mieters nach Erlaß des Ersten Gesetzes zur Änderung mietrechtlicher Vorschriften vom 29. 7. 1963, WuM 1964, Beil H 2, 2, 8; G U N D L A C H , Zum befristeten Mietvertrag mit Verlängerungsklausel, ZMR 1977, 134; H O F F MANN, Neue Rechtsfragen beim Räumungsprozeß in den weißen Kreisen, MDR 1965, 170, 173; H O L T G R Ä V E , Die Beendigung der Mietverhältnisse über Wohnraum nach neuem Recht, Betrieb 1964, 1097, 1098 f; LEHMANN, Rechtsgutachten über die entscheidende Vorschrift des sozialen Mietrechts, DWW 1960, 98; P E R G A N D E , Die Kündigung von Wohnraum und die Sozialklausel im neuen Mietrecht, NJW 1964, 1925, 1926,1930; R O E S C H , Zum Rechtscharakter mit Verlängerungsklausel abgeschlossener befristeter Mietverträge, WuM 1977, 177; WESTERMANN, Leitsätze zu dem Rechtsgutachten über die vorgesehene Änderung des BGB durch Einfügung eines § 565 a, DWW 1960, 100. BRÜHL,

Systematische Übersicht I. Allgemeine Kennzeichnung 1. Überblick 1 2. Entstehung der Vorschrift 2 3. Zweck der Vorschrift 3

IV. Mietverhältnis über Wohnraum unter auflösender Bedingung (Abs 2) 1. Voraussetzungen 14 2. Rechtsfolgen 15

II. Geltungsbereich der Vorschrift im allgemeinen 4

V. Unabdingbarkeit (Abs 3) 23

III. Befristetes Mietverhältnis Uber Wohnraum mit Verlängerungsklausel (Abs 1) 1. Voraussetzungen 6 2. Rechtsfolgen 8

Alphabetische Ubersicht Auflösend bedingtes Mietverhältnis über Wohnraum 14 ff - auf unbestimmte Zeit 15 - auflösende Bedingung 14 - Kündigung 16 ff (1145)

- Kündigungsfrist 19 - Rechtsfolgen 15 ff - Sozialklausel, eingeschränkter Anwendungsbereich 20 ff - Verlängerung auf unbestimmte Zeit 15

Jürgen Sonnenschein

§ 565 a 1,2

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

- Voraussetzungen 14 Ausstattung, unentgeltliche 5

Mietverhältnis - auf bestimmte Zeit 6,15, 20 - auf unbestimmte Zeit 15,20 Bedingung, auflösende 14 - auflösend bedingtes, s dort Befristetes Mietverhältnis über Wohnraum mit - der in § 565 Abs 3 genannten Art 4,10, 23 Verlängerungsklausel - mit Optionsrecht 7 - Kündigung 9 ff - über Wohnraum 4 - Rechtsfolgen 8 ff - Verlängerung auf (un-)bestimmte Zeit 8,12, - Verlängerung auf (un-)bestimmte Zeit 8,12 f 15 - Verlängerung durch Fortsetzung des Ge- Verlängerung durch Fortsetzung des Gebrauchs 7 brauchs 7 - Verlängerung, mehrfache 8,12 f Mischmietverhältnis 4 - Verlängerungsklausel 7 - Voraussetzungen 6 f Nutzung des Wohnraums auf anderer Rechtsgrundlage als Mietvertrag 5 Dauernutzungsvertrag mit Wohnungsbaugenossenschaft 4 Optionsrecht 7 Entstehung der Vorschrift 2

Unabdingbarkeit 23 ff - Ausnahmen 23, 25 Fortsetzungsverlangen aufgrund der SozialklauUntermietverhältnis 4 sel 13, 20 - Einschränkung bei auflösend bedingten Vermächtnis 5 Mietverhältnissen 20 ff

Kündigung 9,16 - Schriftform 10, 16 Kündigungsfrist 12,19 Kündigungsgrund 11,16 f

Werkdienst-, Werkmietwohnung 4,14 Widerspruch u Fortsetzungsverlangen aufgrund der Sozialklausel 13,20 - Einschränkung bei auflösend bedingten Mietverhältnissen 20 ff Wohnraum - möblierter 4 - zu nur vorübergehendem Gebrauch 4,10, 23 Wohnrecht, dingliches 4

Leihe 5

Zweck der Vorschrift 3

Geltungsbereich der Vorschrift 4 f Gesellschaft als Mieter 4 Juristische Person als Mieter 4

I. Allgemeine Kennzeichnung 1 1. Überblick Die Vorschrift bestimmt in Abs 1, daß bei einem befristeten Mietverhältnis über Wohnraum, das unter einer Verlängerungsklausel abgeschlossen ist, die Verlängerung eintritt, wenn es nicht mit den Fristen des § 565 gekündigt wird. Diese Mietverhältnisse werden damit unabhängig von der rechtlichen Ausgestaltung der Verlängerungsklausel den Kündigungsvorschriften des BGB unterstellt, was über die Anwendbarkeit des § 565 hinausreicht. Nach Abs 2 endet ein auflösend bedingtes Mietverhältnis über Wohnraum nicht mit Eintritt der Bedingung, sondern gilt als auf unbestimmte Zeit verlängert. Die Zulässigkeit abweichender Vereinbarungen zum Nachteil des Mieters wird in Abs 3 beschränkt. 2 2. Entstehung der Vorschrift § 565 a ist durch Art I Nr 6 MietRÄndG I vom 29. 7. 1963 (BGBl I 505) in das BGB aufgenommen worden. Die Unabdingbarkeitsklausel des Abs 3 wies zunächst eine andere Fassung auf. Sie ist durch Art I Nr 19 MietRÄndG II vom 14. 7. 1964 (BGBl I 457) dem Sprachgebrauch des Gesetzes angepaßt worden. Jürgen Sonnenschein

(1146)

§565 a 3. Titel. Miete. Pacht

3-5

3. Zweck der Vorschrift

3

§ 565 a bezweckt, dem Mieter von Wohnraum auch bei solchen Mietverhältnissen die Abwicklungsfristen des § 565 zu gewähren, die nach ihrer rechtlichen Konstruktion an sich ohne Kündigung enden würden. Damit der Kündigungsschutz des sozialen Mietrechts nicht durch eine entsprechende Vertragsgestaltung der Parteien ausgeschlossen wird, sind Mietverhältnisse über Wohnraum, die befristet sind, aber eine Verlängerungsklausel enthalten, durch Kündigung zu beenden. Das gleiche gilt für auflösend bedingte Mietverhältnisse über Wohnraum. Dadurch werden sie hinsichtlich der Schutzrechte des Mieters rechtlich wie Mietverhältnisse auf unbestimmte Zeit behandelt. Dies hat zur Folge, daß neben den Kündigungsfristen des § 565 auch die Voraussetzungen der §§ 564 a, 564 b erfüllt sein müssen und daß der Mieter nach § 556 a der Kündigung widersprechen und vom Vermieter die Fortsetzung des Mietverhältnisses verlangen kann (Begr zum RegE BT-Drucks IV/806,11 [zu Art I Nr 15]; Ausschußbericht, zu BT-Drucks IV/1323, 4; E R M A N - S C H O P P § 565 a Rz 4; SCHMIDT-FUTTERER B 615). Durch die Unabdingbarkeit wird der Kündigungsschutz zugunsten des Mieters sichergestellt. II. Geltungsbereich der Vorschrift im allgemeinen

4

Es muß sich um ein Mietverhältnis über Wohnraum handeln (s im einzelnen Vorbem 24 ff zu §§ 535, 536; § 556 a Rz 5 ff). Unerheblich ist es, ob der Wohnraum möbliert ist, ob er zu nur vorübergehendem Gebrauch vermietet ist oder ob ein Mietverhältnis der in § 565 Abs 3 genannten Art vorliegt. Diese Kriterien sind nur für die Frage entscheidend, ob die Parteien abweichende Vereinbarungen treffen können (Abs 3). Die Vorschrift gilt auch für Untermietverhältnisse ( S C H M I D T - F U T TERER B 616). Bei Mischmietverhältnissen ist es entscheidend, ob sie insgesamt als Wohnraummiete zu beurteilen sind (Vorbem 26 f zu §§ 535,536). Bei Mischverträgen (Vorbem 44 ff zu §§ 535, 536) hängt die Anwendbarkeit des § 565 a davon ab, inwieweit im Einzelfall die mietrechtlichen Kündigungsvorschriften für Wohnraum eingreifen (s im einzelnen § 565 Rz 64 ff). Auf die Person des Mieters kommt es nicht an. Auch die Miete von Wohnraum durch juristische Personen oder Handelsgesellschaften des HGB wird erfaßt, wenn die Räume Arbeitnehmern zu Wohnzwecken überlassen werden sollen (§ 556 a Rz 7). Dauernutzungsverträge mit Wohnungsbaugenossenschaften gehören zu den Mietverhältnissen über Wohnraum. Die Anwendbarkeit des Abs 2 ist insoweit von großer praktischer Bedeutung, da derartige Verträge häufig vorsehen, daß das Nutzungsrecht an der Wohnung mit dem Tag erlischt, an dem die Mitgliedschaft in der Genossenschaft endet (LG Lübeck WuM 1970, 201; AG Hattingen ZGenW 1969, 179 m Anm R O Q U E T T E ; vgl LG Itzehoe ZGenW 1970, 308 m Anm K R A F T ; SCHMIDT-FUTTERER B 617). § 565 a ist ferner auf Werkmietwohnungen iS des § 565 b (AG Gelsenkirchen-Buer WuM 1973, 138) und unter den Voraussetzungen des § 565 e auf Werkdienstwohnungen anzuwenden (SCHMIDT-FUTTERER aaO). Die Vorschrift greift nicht ein, wenn die Nutzung des Wohnraums auf anderen 5 Rechtsgrundlagen als einem Mietvertrag beruht. Hierzu gehören zB Leihe (§ 598), dingliches Wohnrecht (§ 1093), unentgeltlich Ausstattung (§ 1624), Vermächtnis (§ 2174) oder öffentlich-rechtliche Vorschriften (SCHMIDT-FUTTERER B 618). Dauerwohn- und Dauernutzungsrecht scheiden schon wegen ihrer Bedingungsfeindlichkeit aus (§ 33 Abs 1 S 2 WEG).

(1147)

Jürgen Sonnenschein

§ 565 a 6-8

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

III. Befristetes Mietverhältiiis über Wohnraum mit Verlängerungsklausel (Abs 1) 6 1. Voraussetzungen a) Das Mietverhältnis über Wohnraum (Rz 4) muß auf bestimmte Zeit eingegangen sein. Die Mietzeit ist bestimmt, wenn der Tag der Beendigung des Mietverhältnisses im Vertrag von vornherein kalendermäßig bestimmt oder aufgrund des Vertragsinhalts hinreichend bestimmbar ist (s im einzelnen § 556 b Rz 5; § 564 Rz 3 f). 7 b) Der Mietvertrag muß eine Verlängerungsklausel enthalten. Durch eine solche Klausel vereinbaren die Parteien, daß sich das befristete Mietverhältnis auf bestimmte oder auf unbestimmte Zeit verlängert, wenn nicht ein Vertragsteil innerhalb einer bestimmten Frist vor Ablauf des Mietverhältnisses die weitere Fortsetzung ablehnt (s im einzelnen Vorbem 121 zu §§ 535, 536; § 564 Rz 6). Es ist also eine besondere Erklärung erforderlich, um die Verlängerung des Mietverhältnisses zu verhindern. Hiervon zu unterscheiden ist die Vereinbarung eines Optionsrechts, das den Parteien gestattet, den Vertrag durch einseitige Erklärung zu verlängern (s im einzelnen Vorbem 120 zu §§ 535, 536; § 564 Rz 5). Wird das Optionsrecht nicht ausgeübt, endet das Mietverhältnis nach § 564 Abs 1 durch Zeitablauf. Für die Anwendung des § 565 a ist insoweit kein Raum. Das gleiche gilt für die Verlängerung eines Mietverhältnisses durch Fortsetzung des Gebrauchs, die nicht aufgrund einer vertraglichen Verlängerungsklausel, sondern kraft Gesetzes nach § 568 eintritt. Der in § 568 S 1 vorgesehene Widerspruch gegen eine solche Verlängerung ist keine Kündigung (vgl § 568 Rz 16 ff). Widerspricht keine Partei, so gilt das Mietverhältnis als auf unbestimmte Zeit verlängert. Damit unterliegt es ohne weiteres allen Kündigungsvorschriften des BGB.

8 2. Rechtsfolgen Als Rechtsfolge schreibt Abs 1 vor, daß die Verlängerung des Mietverhältnisses eintritt, wenn es nicht nach den Vorschriften des § 565 gekündigt wird. a) Für welche Dauer sich das Mietverhältnis verlängert, hängt vom Inhalt der Verlängerungsklausel ab (vgl SCHMIDT-FUTTERER B 620 ff mit Beispielen). Ein zunächst befristetes Mietverhältnis kann hiernach auf unbestimmte Zeit verlängert werden, wenn die Parteien dies ausdrücklich vereinbaren oder wenn im Vertrag eine Verlängerung ohne konkrete Zeitangabe vorgesehen ist und sich auch im Wege der Auslegung kein anderer Parteiwille ermitteln läßt. Ein solches Mietverhältnis unterliegt in Zukunft allen Kündigungsvorschriften, die für unbefristete Mietverhältnisse gelten (LG Augsburg WuM 1966,169), insbesondere den §§ 556 a, 564 Abs 2, 564 a, 564 b und 565. Sieht der Mietvertrag vor, daß sich das Mietverhältnis nach Ablauf der zunächst vorgesehenen Mietzeit einmalig um eine fest bestimmte weitere Zeit verlängert, so bleibt es befristet. Nach Ablauf dieser Frist endet das Mietverhältnis gern § 564 Abs 1 von selbst, ohne daß es einer Kündigung bedarf (LG Augsburg aaO). Unter den Voraussetzungen des § 556 b oder des Art 2 WKSchG II kann der Mieter vom Vermieter die Fortsetzung des Mietverhältnisses verlangen (vgl SCHMIDT-FUTTERER B 624). Die Parteien können die Verlängerungsklausel auch in der Weise ausgestalten, daß sich das Mietverhältnis nach Ablauf der ursprünglich vereinbarten Zeit mehrfach um eine jeweils fest bestimmte Zeit verlängert (LG Augsburg aaO; SCHMIDT-FUTTERER B 625). Dabei kann die Zahl der Verlängerungen nach dem Vertrag begrenzt oder unbegrenzt sein. Im ersteren Fall endet das Mietverhältnis spätestens mit Ablauf der letzten Verlängerungsperiode nach § 564 Abs 1. Sind die Voraussetzungen des § 556 b oder des Art 2 WKSchG II erfüllt, Jürgen Sonnenschein

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3. Titel. Miete. Pacht

§565 a 9-12

kann der Mieter vom Vermieter verlangen, das Mietverhältnis fortzusetzen. Die Anwendbarkeit dieser Vorschriften und nicht des § 556 a ergibt sich daraus, daß nach dem letzten Zeitabschnitt das Ende des Mietverhältnisses feststeht. Ist die Zahl der Verlängerungen dagegen unbegrenzt, kann das Mietverhältnis nicht durch Zeitablauf enden, sondern nur durch Kündigung iS des § 565 a Abs 1 (Rz 9). Das gleiche gilt bei begrenzter Zahl, solange noch weitere Verlängerungsperioden offenstehen. b) Die Verlängerung aufgrund einer dahin gehenden Vertragsklausel tritt aber nur 9 ein, wenn das Mietverhältnis nicht nach den Vorschriften des § 565 gekündigt wird. Streitig ist, ob es sich hierbei um eine Kündigung im Rechtssinne oder nur um eine in den Mietverträgen vorzufindende untechnische Formulierung handelt, mit der eine Willenserklärung des Inhalts gemeint ist, eine Fortsetzung des Mietverhältnisses werde abgelehnt (vgl die Nachweise § 564 Rz 6). Für ein Mietverhältnis über Wohnraum ist es jedenfalls ein unergiebiger Streit um Begriffe. Wenn das Gesetz in § 565 a Abs 1 vorschreibt, daß die Verlängerung nur zu verhindern ist, wenn das Mietverhältnis nach den Vorschriften des § 565 gekündigt wird, so folgt daraus unabhängig von der begriffsjuristischen Qualifizierung einer solchen Erklärung die unmittelbare Anwendbarkeit der einschlägigen mietrechtlichen Kündigungsvorschriften (aM LG Kaiserslautern NJW 1975, 1325; LG Wuppertal NJW 1976, 2215, jeweils zu Art 1 § 1 WKSchG I). Nur in dieser Weise ist entsprechend dem Zweck der Vorschrift der Kündigungsschutz des sozialen Mietrechts in vollem Umfang gewährleistet. aa) Die Erklärung, mit der die Verlängerung des Mietverhältnisses abgelehnt wird, 10 bedarf nach § 564 a Abs 1 S 1 der schriftlichen Form (§ 564 a Rz 10). Auch die übrigen Bestimmungen dieser Vorschrift einschließlich der Ausnahmen für Wohnraum, der zu nur vorübergehendem Gebrauch vermietet ist, und für Mietverhältnisse der in § 565 Abs 3 genannten Art greifen ein (vgl E R M A N - S C H O P P § 565 a Rz 4; SCHMIDT-FUTTERER B 6 1 5 ,

622).

bb) Der Vermieter kann die Verlängerung des Mietverhältnisses nur ablehnen, 11 wenn ihm ein Kündigungsgrund iS des § 564 b zur Seite steht (§ 564 b Rz 14; LG Gießen NJW 1976, 1455, hierzu G U N D L A C H ZMR 1977, 134; E R M A N - S C H O P P aaO; S C H M I D T - F U T T E R E R aaO). Allerdings gelten auch hier die Ausnahmevorschriften dieser Regelung, die für bestimmte Mietverhältnisse eingreifen (§ 564 b Abs 4 u 7; s dort Rz 141 ff). cc) Die Parteien müssen die Kündigungsfristen des § 565 einhalten, wenn sie 12 erklären, das Mietverhältnis nicht fortsetzen zu wollen. Maßgebend sind jeweils nach der Art des Mietverhältnisses die Fristen des § 565 Abs 2 oder 3. Auch die längeren Fristen des § 565 Abs 2 S 2 greifen ein, wenn der jeweilige Oberlassungszeitraum erreicht ist. Dabei ist es unerheblich, ob dies auf einer schon früher eingetretenen Verlängerung des Mietverhältnisses beruht (§ 565 Rz 35). Die Parteien sind berechtigt, die erforderliche Erklärung unter Wahrung der gesetzlichen Kündigungsfristen bereits vor Ablauf der vereinbarten Mietzeit abzugeben, damit der Vertrag zum frühestmöglichen Termin beendet wird (LG Mannheim WuM 1970, 11; AG Köln WuM 1970, 22). Eine solche Erklärung ist erforderlich, wenn eine Verlängerung des Mietverhältnisses nach Ablauf der vorgesehenen Zeit verhindert werden soll. Dabei macht es keinen Unterschied, ob die anstehende Verlängerung auf bestimmte oder auf unbestimmte Zeit eintreten soll (vgl Rz 8). Dies ist nur für die Folgezeit von Bedeutung. Ein auf unbestimmte Zeit verlängertes Mietverhältnis kann nunmehr in den Grenzen des § 565 Abs 2 oder 3 beliebig zu jedem der dort vorgesehenen Kündigungstermine beendet werden. Verlängert sich das Mietverhältnis aber auf bestimmte Zeit, so kann es immer nur zum Ablauf der jeweiligen (1149)

Jürgen Sonnenschein

§565 a 13,14

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

Verlängerungsperiode gekündigt werden, falls es nicht ohnehin durch Zeitablauf nach § 564 Abs 1 endet (vgl Rz 8). Die Parteien müssen also eine mehrfache Verlängerung um eine jeweils fest bestimmte Zeit vereinbart haben, wovon noch eine oder mehrere Verlängerungsperioden anstehen. Verlängert sich das Mietverhältnis zB jeweils um ein Jahr, so kann es nicht innerhalb des laufenden Jahres jederzeit dergestalt gekündigt werden, daß es zu dem sich aus § 565 ergebenden Kündigungstermin endet (vgl AG Köln WuM 1 9 7 0 , 22; SCHMIDT-FUTTERER B 625). Die möglichen Zeitpunkte für eine Beendigung des Mietverhältnisses stehen aufgrund der Vertragsklausel von vornherein fest. Hierin liegt kein Verstoß gegen § 565 Abs 2 S 4 (AG Köln aaO; § 565 Rz 61). 13 dd) Aus der Anwendbarkeit sämtlicher Kündigungsvorschriften folgt, daß der Mieter einer Erklärung des Vermieters, mit der die Verlängerung des Mietverhältnisses aufgrund der Vertragsklausel abgelehnt wird, widersprechen und die Fortsetzung des Mietverhältnisses aufgrund der gesetzlichen Sozialklausel verlangen kann. Nach hM unterliegen Mietverträge mit Verlängerungsklausel unmittelbar § 556 a, so daß die Einschränkungen des § 556 b Abs 2 hinsichtlich der Berücksichtigung bestimmter Härtegründe nicht gelten (§ 556 a Rz 5; § 556 b Rz 7; aM zu § 556 b Abs 2 B G B - R G R K - G E L H A A R § 565 a Rz 2 für die Kündigung auf den zunächst vereinbarten Endtermin; PALANDT-PUTZO § 565 a Anm 2 c). Dies gilt auch, wenn es sich um eine einmalige oder um die letzte von mehreren Verlängerungen auf bestimmte Zeit handelt, weil trotz der insoweit bestehenden Befristung der Zeitpunkt für das Ende des Mietverhältnisses nicht vom Beginn des Vertrags an feststeht. Die Umstände, die bei der Interessenabwägung zugunsten des Mieters zu berücksichtigen sind, werden auch nicht durch § 565 a Abs 2 S 2 beschränkt. Diese Regelung gilt ausdrücklich nur für auflösend bedingte Mietverhältnisse. Eine analoge Anwendung entfällt wegen der andersartigen Interessenlage. Ob das Mietverhältnis nach § 556 a auf bestimmte oder unbestimmte Zeit fortzusetzen ist, richtet sich nach den gesamten Umständen, soweit sich die Parteien nicht einigen (s im einzelnen § 5 5 6 a R z 7 8 f f ) . War die vom Vermieter abgelehnte Verlängerung einmalig oder mehrfach auf bestimmte Zeit vorgesehen, ist es angemessen, daß auch die Fortsetzung durch Gerichtsurteil nur auf bestimmte Zeit ausgesprochen wird (vgl § 556 a Rz 80 f; § 556 b Rz 29). Der Mieter wird dadurch nicht benachteiligt, da die Sozialklausel nach § 556 c wiederholt angewendet werden kann.

IV. Mietverhältni$ über Wohnraum unter auflösender Bedingung (Abs 2) 14 1. Voraussetzungen Das Mietverhältnis über Wohnraum (Rz 4) muß unter einer auflösenden Bedingung geschlossen sein. Bedingung iS dieser Vorschrift ist eine rechtsgeschäftliche Bestimmung, durch die das Ende des Mietverhältnisses vom Eintritt eines zukünftigen, ungewissen Ereignisses abhängig gemacht wird. Die Parteien können Ereignisse beliebiger Art zum Gegenstand der Bedingung machen, auch wenn es von ihrem Willen abhängt, ob und wann die Bedingung eintritt (SCHMIDT-FUTTERER B 626). Dies gilt etwa, wenn der Mietvertrag über eine Werkwohnung vom Fortbestand des Arbeitsvertrags abhängt (PERGANDE § 565 a Anm 4; SCHMIDT-FUTTERER aaO) oder wenn der Nutzungsvertrag über eine Genossenschaftswohnung an die Mitgliedschaft in der Genossenschaft gebunden ist (LG Lübeck WuM 1970, 201; AG Hattingen ZGenW 1969, 179 m Anm R O Q U E T T E ; vgl LG Itzehoe ZGenW 1970, 308 m Anm KRAFT). Stellen die Parteien auf ein zukünftiges Ereignis ab, für dessen Eintritt der Zeitpunkt an sich schon festgelegt ist, so handelt es sich um eine Bedingung, wenn die Parteien von dem vorgesehenen Zeitpunkt noch keine Kenntnis haben, anderenJürgen Sonnenschein

(1150)

3. Titel. Miete. Pacht

§565 a 15-19

falls um eine Befristung, sofern sie von dem Eintritt als sicher ausgehen (vgl SCHMIDT-FUTTERER B 6 2 6 ) . Kommt es auf ein mit Sicherheit eintretendes Ereignis an, das nur der Zeit nach ungewiß ist wie zB der Tod eines Menschen, so handelt es sich idR um eine Befristung, nicht um eine Bedingung (§ 564 Rz 4). Maßgeblich ist aber der durch Auslegung zu ermittelnde Parteiwille (PALANDT-HEINRICHS Einf v § 158 Anm 5; Voraufl § 163 Rz 1). Wollten die Parteien eindeutig eine Befristung, ist für eine Anwendung des § 565 a Abs 2 kein Raum. Auch eine extensive Auslegung der Vorschrift ist dann nicht statthaft (so aber PERGANDE § 5 6 5 a Anm 4), da dies dem Parteiwillen widerspricht und die Parteien zwischen bedingtem oder befristetem Mietverhältnis frei entscheiden können. Keine Bedingung im Rechtssinne liegt vor, wenn die Parteien das Ende des Mietvertrags von einem bereits eingetretenen und damit feststehenden Ereignis abhängig machen. Dabei ist ihre etwaige Unkenntnis nicht erheblich. Der Mietvertrag ist von Anfang an unwirksam (vgl Voraufl Vorbem 17 zu § 158). 2. Rechtsfolgen

15

a) Nach Eintritt der Bedingung gilt das Mietverhältnis als auf unbestimmte Zeit verlängert (Abs 2 S 1). Es handelt sich um eine gesetzliche Fiktion, die unabhängig vom Parteiwillen eintritt und deshalb keinen Anfechtungsgrund bei irrigen Vorstellungen der Parteien abgibt. Bedeutsam ist die Regelung primär für ein auflösend bedingtes Mietverhältnis, das auf bestimmte Zeit eingegangen ist. Sie hat zur Folge, daß das Mietverhältnis nicht mit dem Eintritt der Bedingung endet (so § 158 Abs 2), sondern in Zukunft grundsätzlich nur noch durch Kündigung beendet werden kann. Damit sind alle Kündigungsvorschriften des BGB anwendbar. Wird dagegen ein auf unbestimmte Zeit abgeschlossenes Mietverhältnis mit einer auflösenden Bedingung verbunden, so gelten die Kündigungsvorschriften von Anfang an, und es bedarf keiner gesetzlichen Fiktion, durch die das Mietverhältnis in der Terminierung verändert wird. Abs 2 ist jedoch auch insoweit von Bedeutung, als das von Anfang an auf unbestimmte Zeit abgeschlossene Mietverhältnis nicht nach § 158 Abs 2 mit dem Eintritt der Bedingung endet, sondern weiterhin als auf unbestimmte Zeit verlängert gilt. Diese Auslegung wird von Wortlaut und Zweck der Vorschrift gedeckt, weil nur so für den Mieter der Schutz des sozialen Mietrechts gewährleistet ist und ihm in jedem Fall die Abwicklungsfristen des § 565 Abs 2 zugute kommen (vgl Begr zum RegE BT-Drucks IV/806, 11 [zu Art I Nr 15]). Abs 2 greift deshalb unabhängig davon ein, ob das auflösend bedingte Mietverhältnis zunächst auf bestimmte oder auf unbestimmte Zeit eingegangen ist. b) Die Verlängerung des Mietverhältnisses nach Eintritt der Bedingung hat zur 16 Folge, daß es von den Parteien einseitig grundsätzlich nur noch durch Kündigung zu beenden ist. Es handelt sich um eine Kündigung im Rechtssinne (vgl Rz 9 zu Abs 1). aa) Die Kündigung unterliegt dem Formzwang des § 564 a Abs 1 S 1, soweit nicht 17 die Ausnahmen des Abs 3 dieser Vorschrift gegeben sind. Das gleiche gilt für die Angabe der Kündigungsgründe und die Belehrung über den Widerspruch (§ 564 a Abs 1 S 2, Abs 2). bb) Der Vermieter kann das Mietverhältnis im Wege der ordentlichen Kündigung 18 nur beenden, wenn er einen Kündigungsgrund iS des § 564 b hat und nicht die Ausnahmevorschriften der Abs 4 und 7 dieser Bestimmung (§ 564 b Rz 141 ff) eingreifen. cc) Die Parteien müssen für die ordentliche Kündigung die Kündigungsfristen des 19 § 565 Abs 2 oder 3 einhalten. Dies gilt auch für die verlängerten Fristen des § 565 Abs 2 S 2. Durch den Bedingungseintritt wird hinsichtlich des Überlassungszeit(1151)

Jürgen Sonnenschein

§ 565 a 20, 21

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

raums keine Zäsur herbeigeführt (§ 565 Rz 35). Bis zum Eintritt der Bedingung ist das Mietverhältnis keineswegs unkündbar (so aber SCHMIDT-FUTTERER B 627). Ist ein auflösend bedingtes Mietverhältnis von Anfang an auf unbestimmte Zeit abgeschlossen worden, kann es jederzeit unter Einhaltung der Fristen des § 565 gekündigt werden. Die Wirkung einer Kündigung wird in diesem Fall nicht dadurch beeinträchtigt, daß die auflösende Bedingung während des Laufs der Kündigungsfrist eintritt. Anderenfalls müßte der Kündigende eine erneute Kündigung aussprechen, wodurch das Ende des Mietverhältnisses entsprechend hinausgeschoben würde. Das aber ist nicht der Sinn des Abs 2 S 1, der insoweit nur verhindern soll, daß das Mietverhältnis allein durch den Bedingungseintritt beendet wird. Die ordentliche Kündigung ist dagegen vor Eintritt der Bedingung ausgeschlossen, wenn das Mietverhältnis auf bestimmte Zeit eingegangen ist. Insoweit gilt nichts anderes als für jedes befristete Mietverhältnis. Eine vorher ausgesprochene Kündigung ist deshalb in diesem Fall selbst dann unwirksam, wenn die Bedingung noch vor Ablauf der Kündigungsfrist eintritt (SCHMIDT-FUTTERER aaO; unklar ERMAN-SCHOPP § 565 a Rz 10). Dem Kündigungsempfänger muß die volle Kündigungsfrist von dem Zeitpunkt an erhalten bleiben, in dem die Kündigung erst zulässig wird. 20 dd) Der Mieter kann einer Kündigung des Vermieters aufgrund der Sozialklausel des § 556 a widersprechen und die Fortsetzung des Mietverhältnisses verlangen. Kündigt der Vermieter ein auf unbestimmte Zeit eingegangenes Mietverhältnis vor Eintritt der Bedingung, so gelten für die Berücksichtigung der beiderseitigen Interessen im Rahmen des § 556 a keine Einschränkungen. Kündigt der Vermieter ein auflösend bedingtes Mietverhältnis dagegen nach Eintritt der Bedingung, so sind nach § 565 a Abs 2 S 2 im Rahmen der Interessenabwägung des § 556 a zugunsten des Mieters nur solche Umstände zu berücksichtigen, die nach Abschluß des Mietvertrags eingetreten sind. Diese Einschränkung ist im Zusammenhang mit § 556 b Abs 2 (s dort Rz 16 ff) in das Gesetz aufgenommen worden (Ausschußbericht, zu BT-Drucks IV/1323, 4), geht aber darüber hinaus, weil das Widerspruchsrecht des Mieters unabhängig davon eingeschränkt wird, ob der Vermieter schon bei Abschluß des Vertrags für den Fall des Eintritts der Bedingung ein besonderes Interesse an der Rückgabe des Wohnraums gehabt hat und ob der Mieter ggf diese Umstände gekannt hat (PERGANDE § 565 a Anm 4 ) . Der Unterschied ist dadurch gerechtfertigt, daß die Vereinbarung einer Bedingung anders als die einer Befristung bereits hinreichend motiviert ist. Daraus ergibt sich zugleich, daß es für die Einschränkung des Abs 2 S 2 unerheblich ist, ob das Mietverhältnis von Anfang an auf bestimmte oder auf unbestimmte Zeit eingegangen ist. Wird ein zunächst unbedingt abgeschlossenes Mietverhältnis erst nachträglich von einer auflösenden Bedingung abhängig gemacht, kommt es für die Zäsur hinsichtlich der berücksichtigungsfähigen Umstände auf den Zeitpunkt der Vertragsänderung an, da die Bedingung, nicht eine etwaige, von Anfang an bestehende Befristung, die Grundlage des Abs 2 S 2 bildet. Auch wenn der Mieter dadurch seine Rechtsstellung gegenüber § 556 a oder § 556 b beeinträchtigt, liegt darin kein Verstoß gegen die in den §§ 556 a Abs 7, 565 a Abs 3 vorgeschriebene Unabdingbarkeit, da die Parteien den Vertrag nicht anders als bei einem Neuabschluß anderen Rechtsvorschriften unterstellen, die in gleicher Weise Bestandteil des sozialen Mietrechts sind. 21 Im Schrifttum wird die Auffassung vertreten, die Einschränkung des Abs 2 S 2 gelte nur, wenn der Vermieter unmittelbar nach Bedingungseintritt zum erstmöglichen Termin kündige (PERGANDE § 5 6 5 a Anm 4 ; SCHMIDT-FUTTERER B 6 2 8 ) . Es handele sich um eine unwiderlegbare gesetzliche Vermutung für ein nach Eintritt der Bedingung gesteigertes Interesse an der Rückgabe des Wohnraums (SCHMIDT-FUTTERER aaO). Versäume der Vermieter die alsbaldige Kündigung, bringe er damit zum Ausdruck, daß ein solches Interesse nicht bestehe (PERGANDE aaO). Das Gesetz Jürgen Sonnenschein

(1152)

3. Titel. Miete. Pacht

§565 a 22-25

stellt nur auf die Kündigung „nach Eintritt der Bedingung" ab. Ein unmittelbarer zeitlicher Zusammenhang wird nicht vorausgesetzt. Naheliegend wäre es, Abs 2 S 2 auf die Fälle zu beschränken, in denen Bedingung und Kündigungsgrund identisch sind, zwischen Bedingungseintritt und Kündigung also ein Kausalzusammenhang besteht. Aber für eine dahin gehende Auslegung bietet das Gesetz keinen Anhaltspunkt. Auch für eine einschränkende Auslegung besteht kein Raum. Wie die Parallele zu § 556 b zeigt, entspricht es dem Zweck des Gesetzes, daß der Mieter bei Vereinbarung einer auflösenden Bedingung das gewissermaßen zur Geschäftsgrundlage gewordene Interesse des Vermieters an der Rückgabe des Wohnraums grundsätzlich gegen sich gelten lassen muß (vgl Ausschußbericht, zu BT-Drucks IV/1323, 3 [zu § 556 b]). Dieses Interesse des Vermieters besteht, wenn und solange er einen Kündigungsgrund iS des § 564 b hat. Es kann auch erst später begründet sein, wenn ihm zur Zeit des Bedingungseintritts noch kein Grund für eine Beendigung des Mietverhältnisses zum nächsten Kündigungstermin zur Seite stand. Hat der Mieter durch Vereinbarung einer auflösenden Bedingung die Präferenz der Interessen des Vermieters iS des Abs 2 S 2 anerkannt, besteht kein Grund, hiervon später ohne weiteres wieder abzurücken. Für die Frage, ob ein zugunsten des Mieters berücksichtigungsfähiger Umstand nach 22 Abschluß des Mietvertrags (s Rz 20 zur Vertragsänderung) entstanden ist, kommt es darauf an, wann der Vorgang begonnen hat, aus dem der Mieter die ungerechtfertigte Härte für eine Vertragsbeendigung herleitet (vgl auch § 564 b Rz 126 ff). Dabei ist zu beachten, daß ein vor Abschluß des Mietvertrags entstandener Umstand seinen Charakter durch das spätere Hinzutreten weiterer Umstände entscheidend verändern und in einer Gesamtbeurteilung dann als nachträglicher Umstand zu beurteilen sein kann. Dies gilt etwa bei einer Erkrankung des Mieters für eine erhebliche, nicht vorhersehbare Verschlechterung des Zustands (s auch § 556 b Rz 20 f).

V. Unabdingbarkeit (Abs 3)

23

1. Eine von den Vorschriften des Abs 1 oder 2 zum Nachteil des Mieters abweichende Vereinbarung ist nur wirksam, wenn der Wohnraum zu nur vorübergehendem Gebrauch vermietet ist (s im einzelnen § 5 5 6 a R z 8 8 f f ) oder wenn es sich um ein Mietverhältnis der in § 565 Abs 3 genannten Art handelt (s im einzelnen § 565 Rz 44 ff). Diese Ausnahmen von der Unabdingbarkeit entsprechen der Regelung in den §§ 556 a Abs 8 und 565 Abs 2 S 3 iVm Abs 3 (vgl auch § 564 a Abs 3). 2. Im übrigen ist eine für den Mieter nachteilige abweichende Vereinbarung unwirk- 24 sam. Die Parteien können nicht vereinbaren, daß der Vermieter die Verlängerung des Mietverhältnisses nach Abs 1 auch in anderer Weise als durch Kündigung verhindern kann oder daß das Mietverhältnis entgegen Abs 2 mit Eintritt der auflösenden Bedingung ohne weiteres beendet wird. Dies hat wiederum zur Folge, daß der Vermieter die allgemeinen Kündigungsvorschriften der §§ 564, 564 a, 564 b und 565 einhalten muß und die Anwendbarkeit der Sozialklausel (§ 556 a) nicht ausschließen kann. Parteivereinbarungen, die hinsichtlich dieser Vorschriften von den einzelnen gesetzlichen Regelungen abweichen, unterliegen wiederum den insoweit maßgebenden Schranken (vgl § 556 a Rz 97 f; § 564 b Rz 157 ff; § 565 Rz 57 ff). 3. Zulässig sind abweichende Vereinbarungen, die für den Mieter nicht nachteilig 25 sind. So können die Parteien zB vereinbaren, daß der Mieter durch eine formlose Erklärung unabhängig von den Kündigungsfristen des § 565 die Verlängerung eines Mietverhältnisses iS des Abs 1 ablehnen kann. Haben die Parteien eine solche (1153)

Jürgen Sonnenschein

§§ 565 a - 5 6 5 e 26

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

Vereinbarung zugunsten beider Teile getroffen, wirkt sie unter den Voraussetzungen des § 139 HS 2 nur für den Mieter (vgl § 565 Rz 59). Liegt die Vereinbarung einer auflösenden Bedingung nur im Interesse des Mieters, können ihm die Rechtsfolgen des Abs 2 unerwünscht sein, wenn ihm etwa wegen des Wechsels seines Arbeitsplatzes an einer sofortigen Beendigung des Mietverhältnisses gelegen ist, ohne an die Kündigungsfristen des § 565 gebunden zu sein. Im Schrifttum wird zT die Vereinbarung einer auflösenden Bedingung für den Mieter ohne weiteres mit der Folge für möglich gehalten, daß das Mietverhältnis sofort mit Eintritt der Bedingung ohne Kündigung beendet sei ( P E R G A N D E § 565 a Anm 5; SCHMIDT-FUTTERER B 631 f), während R O Q U E T T E (§ 565 a Rz 12) die Vereinbarung einer auflösenden Bedingung für den Mieter weder als vorteilhaft noch als nachteilig ansieht, weil sie keine Abweichung vom Tatbestand des Abs 2 darstelle. Gleichwohl ist im Interesse des Mieters eine Lösung möglich, die allerdings nicht allein durch die Vereinbarung einer auflösenden Bedingung zu erreichen ist, wie PERGANDE und SCHMIDT-FUTTERER meinen. Denn eine solche Vereinbarung erfüllt erst den Tatbestand des Abs 2 und löst damit auch dessen Rechtsfolge aus. Die Parteien müssen also eine zusätzliche Vereinbarung des Inhalts treffen, daß die Rechtsfolge des Abs 2 zugunsten des Mieters nicht eingreifen soll. Erst darin liegt die zulässige abweichende Vereinbarung. Soll die Abrede für beide Teile gelten, kann sie unter den Voraussetzungen des § 139 HS 2 für den Mieter aufrechterhalten werden (vgl § 565 Rz 59). 26 Belassen die Parteien es bei der Regelung des § 565 a und damit bei der Anwendbarkeit der einzelnen Kündigungsvorschriften, sind insoweit abweichende Vereinbarungen möglich, als sie von den jeweiligen Vorschriften zugelassen werden (vgl § 556 a Rz 97 f; § 564 b Rz 157 ff; § 565 Rz 57 ff). Das aber ist keine Frage des § 565 a Abs 3. § 565 b Ist Wohnraum mit Rücksicht auf das Bestehen eines Dienstverhältnisses vermietet, so gelten die besonderen Vorschriften der §§ 565 c und 565 d. § 565 c Ist das Mietverhältnis auf unbestimmte Zeit eingegangen, so ist nach Beendigung des Dienstverhältnisses eine Kündigung des Vermieters zulässig 1. spätestens am dritten Werktag eines Kalendermonats für den Ablauf des nächsten Monats, wenn der Wohnraum weniger als zehn Jahre überlassen war und für einen anderen zur Dienstleistung Verpflichteten dringend benötigt wird; 2. spätestens am dritten Werktag eines Kalendermonats für den Ablauf dieses Monats, wenn das Dienstverhältnis seiner Art nach die Überlassung des Wohnraums, der in unmittelbarer Beziehung oder Nähe zur Stätte der Dienstleistung steht, erfordert hat und der Wohnraum aus dem gleichen Grunde für einen anderen zur Dienstleistung Verpflichteten benötigt wird. Im übrigen bleibt § 565 unberührt. § 565 d Bei Anwendung der §§ 556 a, 556 b sind auch die Belange des Dienstberechtigten zu berücksichtigen. Hat der Vermieter nach § 565 c Satz 1 Nr. 1 gekündigt, so gilt § 556 a mit der Maßgabe, daß der Vermieter die Einwilligung zur Fortsetzung des Mietverhältnisses Jürgen Sonnenschein

(1154)

§§ 565 b-565 e 3. Titel. Miete. Pacht

verweigern kann, wenn der Mieter den Widerspruch nicht spätestens einen Monat vor der Beendigung des Mietverhältnisses erklärt hat. Die §§ 556 a, 556 b gelten nicht, wenn 1. der Vermieter nach § 565 c Satz 1 Nr. 2 gekündigt hat; 2. der Mieter das Dienstverhältnis gelöst hat, ohne daß ihm von dem Dienstberechtigten gesetzlich begründeter Anlaß gegeben war, oder der Mieter durch sein Verhalten dem Dienstberechtigten gesetzlich begründeten Anlaß zur Auflösung des Dienstverhältnisses gegeben hat. § 565 e Ist Wohnraum im Rahmen eines Dienstverhältnisses überlassen, so gelten für die Beendigung des Rechtsverhältnisses hinsichtlich des Wohnraums die Vorschriften über die Miete entsprechend, wenn der zur Dienstleistung Verpflichtete den Wohnraum ganz oder überwiegend mit Einrichtungsgegenständen ausgestattet hat oder in dem Wohnraum mit seiner Familie einen eigenen Hausstand führt. Art I Nr 20 MietRÄndG II vom 14. 7. 1964 (BGBl I 457); Begr zum RegE eines MietRÄndG I BT-Drucks IV/806, 11 f (zu Art I Nr 15); Ausschußbericht BT-Drucks IV/2195, zu Drucks 2195, 5 f; Verhandl des Dt BT, Stenogr Ber, Bd 55, 6043 (C) ff, Umdruck 447,6058 (A), Umdruck 452, 6058 (D).

Schrifttum BRÜHL, Neuestes Wohnraum-Mietrecht, FamRZ 1964, 541, 543; BURKHARDT, Das Mietrecht über Werkwohnungen in den „weißen" Kreisen, WuM 1965, 89; ders, Die zweite Mietrechtsnovelle, BB 1964, 771, 775; EHRENFORTH, Kündigung von Werkwohnungen, BB 1964, 1441; FUCHS, Mietrechtliche Fragen bei der Überlassung von Werkwohnungen, B1GBW 1967, 204; GLASER, Das mietrechtliche Schlußgesetz, MDR 1964, 800, 803; HÄUSLER, Zweites Gesetz zur Änderung mietrechtlicher Vorschriften, DWW 1964, 214, 219; HOLTGRÄVE, Die Beendigung der Mietverhältnisse über Wohnraum nach neuem Recht, Betrieb 1964, 1097, 1101; KOENIG, Die Kündigung von Werkdienstwohnungen unter besonderer Berücksichtigung öffentlich geförderter Werkwohnungen? WuM 1967, 3; ders, Die Kündigungsvorschriften für Dienstwohnungen (Werkmiet- und Werkdienstwohnungen) in den weißen Kreisen, WuM 1967, 160; KÜRZEL, Kündigung von Werkwohnungen in den weißen Kreisen, DWW 1966, 292; OTTO, Rechtsfragen bei Werkswohnungen, ZMR 1972, 235; PAPENHEIM, Arbeitsrechtlicher Kündigungsschutz für Werkwohnungen in weißen Kreisen? BB 1965,246; ROQUETTE, Die Kündigung von Werkwohnungen, B1GBW 1967, 201; SCHMIDTFUTTERER, Die Kündigung von Werkswohnungen nach neuem Recht, BB 1972, 1058; ders, BLANK, Die Werkdienstwohnung nach neuem Recht, BB 1976, 1033; STEINWEDEL, Die Zuständigkeit der Gerichte für Prozesse über die Räumung von Werkswohnungen, NJW 1965, 1751; TRAUTMANN, Die Kündigung von Bundesdarlehenswohnungen in den „weißen" Kreisen, B1GBW 1964, 295; WEIMAR, Das neue Recht für Werkwohnungen, ZMR 1965, 161; ders, Ist eine Werkwohnung bei Verlust des Arbeitsplatzes kündbar? WuM 1967, 73.

Systematische Ubersicht I. Allgemeine Kennzeichnung 1. Uberblick 1 2. Entstehung der Vorschriften 3 3. Zweck der Vorschriften 4 II. Geltungsbereich der Vorschriften 1. Allgemeines 5 2. Werkmietwohnungen 6 (1155)

3. Werkdienstwohnungen 13 4. Bergarbeiterwohnungen und BergmannsWohnungen 16 5. öffentlich geförderte Werkmietwohnungen und Werkdienstwohnungen 17 6. Betriebswohnungen 19

Jürgen Sonnenschein

§§ 565 b-565 e 2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse III. Kündigung von Werkmietwohnungen (§ 565 c) 1. Allgemeines 20 2. Voraussetzungen im allgemeinen (S 1) 22 a) Mietverhältnis über eine Werkmietwohnung 22 b) Mietverhältnis auf unbestimmte Zeit 23 c) Beendigung des Dienstverhältnisses 25 3. Weitere Voraussetzungen und Rechtsfolgen 26 a) Allgemeines 26 b) Gewöhnliche Werkmietwohnungen (S 1 Nr 1)27 c) Funktionsgebundene Werkmietwohnungen (S 1 Nr 2) 33 4. Anwendbarkeit des § 565 (S 2) 37

2. Berücksichtigung der Belange des Dienstberechtigten (Abs 1) 39 3. Verkürzung der Widerspruchsfrist bei der Sonderkündigung gewöhnlicher Werkmietwohnungen (Abs 2) 42 4. Ausschluß der Sozialklausel (Abs 3) 44 a) Sonderkündigung funktionsgebundener Werkmietwohnungen (Nr 1) 44 b) Auflösung des Dienstverhältnisses auf Veranlassung des Mieters (Nr 2) 45 V. Anwendung des Mietrechts auf Werkdienstwohnungen (§ 565 e) 1. Allgemeines 53 2. Voraussetzungen 54 3. Rechtsfolgen 58

IV. Anwendung der Sozialklausel bei der Beendigung des Mietverhältnisses Uber eine Werk- VI. Abweichende Vereinbarungen 71 mietwohnung (§ 565 d) 1. Allgemeines 38 VII. Gerichtliche Zuständigkeiten 73

Alphabetische Übersicht Abweichende Vereinbarungen 71 f Anfechtung des Mietvertrags 61 Anwendbarkeit des § 565 20,28, 37 Anwendung des Mietrechts auf Werkdienstwohnungen 1,13, 53 ff - an Alleinstehende vermieteter möblierter Wohnraum 57 - Allgemeines 53 - Ausstattung mit Einrichtungsgegenständen 55 - Führung eines eigenen Hausstandes mit der Familie 56 - Rechtsfolgen 58 ff - Voraussetzungen 54 ff Anwendung der Sozialklausel 38 ff - Allgemeines 38 - Berücksichtigung der Belange des Dienstberechtigten 39 ff - Verkürzung der Widerspruchsfrist 42 f Aufhebung des Mietvertrags 11, 15, 61 Ausschluß der Sozialklausel 44 ff - Auflösung des Dienstverhältnisses auf Veranlassung des Mieters 45 ff - Rechtsfolgen 49,52 - Sonderkündigung funktionsgebundener Werkmietwohnungen 44 Bergarbeiterwohnungen und Bergmannswohnungen 16 Betriebsbedarf als Kündigungsgrund 29, 31,67 Betriebserweiterung 29,41 Betriebswohnungen 19 Dienstverhältnis 7 f, 14 - Art der zu leistenden Dienste 8

- auf bestimmte Zeit 59 f - auf unbestimmte Zeit 61 ff - Auflösung auf Veranlassung des Mieters 45 ff - Beendigung 25,45 ff - öffentlich-rechtliches 8,14 - Verknüpfung mit Mietverhältnis 10 ff Entstehung der Vorschriften 3 Geltungsbereich der Vorschriften 5 ff Genossenschaftswohnungen als Betriebs- oder Werkwohnungen 19 Gerichtliche Zuständigkeiten 73 f Kündigung von Werkdienstwohnungen 53 ff, 58, 61 ff, s auch Anwendung des Mietrechts auf Werkdienstwohnungen Kündigung von Werkmietwohnungen 20 ff - Allgemeines 9,16 ff, 20, 26 - Ausschluß des Kündigungsrechts 20 - Beendigung des Dienstverhältnisses 21,25 - durch den Mieter 21 - Sonderkündigungsrecht nach Beendigung des Dienstverhältnisses 21 f - durch den Vermieter 20 f - Voraussetzungen im allgemeinen 22 ff - weitere Voraussetzungen und Rechtsfolgen 26 ff - Zustimmung des Betriebsrats 2 Kündigungserklärung 25,64 f Kündigungsfristen 4, 25 - Werkdienstwohnung 65 - Werkmietwohnung, funktionsgebundene 36 - Werkmietwohnung, gewöhnliche 30 ff

Jürgen Sonnenschein

(1156)

3. Titel. Miete. Pacht

§§ 565 b-565 e 1-3

Sonderkündigungsrecht für Werkwohnungen 21 f, 2 7 , 3 3 , 6 5 , 7 2 Sozialklausel, s Anwendung - , Ausschluß der Sozialklausel

Kündigungsgrund 29, 31, 67 Kündigungstag 25 Kündigungstermin 25,35 Mietaufhebungsvertrag 11,15,61 Mietverhältnis - auf bestimmte Zeit 24 - auf unbestimmte Zeit 24 - Aufhebung 11,15,61 - Bedingung, auflösende 10 - Verknüpfung mit Dienstverhältnis 10 ff - Verlängerungsklausel 23 - über eine Werkmietwohnung 22 - über Wohnraum 9

Verwirkung des Sonderkündigungsrechts 32

Werkdienstwohnungen 1, 13 ff, 54, s auch Anwendung des Mietrechts auf Werkmietwohnungen 1,6 ff - funktionsgebundene 26, 33 ff - gewöhnliche 26 ff - Kündigung, s dort - MietVerhältnis über 22 öffentlich geförderte Werkmietwohnungen und - werkseigene, -fremde, -geförderte 9 Werkdienstwohungen 17 f Werkwohnung 1,5 Widerspruchsfrist 42 f Räumungsrechtsstreit 25,43, 73 f Wohnraum, möblierter 57 Rechtsfolgen bei der - Anwendung des Mietrechts auf Werkdienstwohnungen 58 ff Zuständigkeiten, gerichtliche 73 f - Auflösung des Dienstverhältnisses auf VerZustimmung des Betriebsrats zur Kündigung anlassung des Mieters 49, 52 von Werkwohnungen 2 - Kündigung von Werkmietwohnungen 26 Zweck der Vorschriften 4

I. Allgemeine Kennzeichnung 1. Überblick

1

In den §§ 565 b-565 e werden Sondervorschriften für die Kündigung von Werkwohnungen aufgestellt. Es handelt sich um Wohnungen, deren Überlassung mit einem Dienst- oder Arbeitsverhältnis verknüpft ist. § 565 b enthält eine Begriffsbestimmung der Werkmietwohnung als Unterart der Werkwohnung und erklärt hierauf die §§ 565 c und 565 d für anwendbar. § 565 c verkürzt bei einem Mietverhältnis, das auf unbestimmte Zeit eingegangen ist, die vom Vermieter einzuhaltende Kündigungsfrist, die sich aufgrund des § 565 ergeben würde. § 565 d schränkt bei der Beendigung eines befristeten oder unbefristeten Mietverhältnisses über eine Werkmietwohnung den Schutz des Mieters aus der Sozialklausel ein (§§ 556 a, 556 b). Nach § 565 e gelten die Vorschriften des Mietrechts, also auch die vorangegangenen Bestimmungen, unter bestimmten Voraussetzungen entsprechend für die Beendigung des Rechtsverhältnisses hinsichtlich einer Werkdienstwohnung. Diese Unterart der Werkwohnungen ist dadurch gekennzeichnet, daß die Raumüberlassung nicht auf einem Mietvertrag, sondern auf einem Dienst- oder Arbeitsvertrag beruht. Für die Kündigung von Werkmietwohnungen ist nach § 87 Abs 1 Nr 9 BetrVerfG 2 die Zustimmung des Betriebsrats erforderlich (§ 564 b Rz 108). Dies gilt nicht bei Werkdienstwohnungen (BAG BB 1975, 1159; hierzu SCHMIDT-FUTTERER - BLANK B B 1976, 1033).

2. Entstehung der Vorschriften Das BGB enthielt ursprünglich keine Regelung für Werkwohnungen. Die rechtliche Behandlung war vor allem im Hinblick auf Fragen des Mieterschutzes zweifelhaft. (1157)

Jürgen Sonnenschein

3

§§ 565 b-565 e «4-6

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

Durch die §§ 20 ff MietSchG vom 1. 6. 1923 (RGBl I 353) wurden die Werkwohnungen erstmals gesetzlich erfaßt und in gewissen Grenzen dem Mieterschutz unterstellt. Dabei war der Bestandsschutz gegenüber einem normalen Mietverhältnis über Wohnraum jedoch deutlich gelockert, weil das Schwergewicht der Vertragsbeziehungen auf das Dienst- oder Arbeitsverhältnis gelegt war. Aus diesen in der Praxis bewährten Vorschriften ist die Regelung der §§ 565 b-565 e entwickelt worden. Sie ist durch Art I Nr 20 MietRÄndG II vom 14. 7. 1964 (BGBl I 457) in das BGB aufgenommen worden und seitdem unverändert geblieben. 4 3. Zweck der Vorschriften Vor Einführung des sozialen Mietrechts hatte das BGB für die Kündigung von Mietverhältnissen über Wohnraum so kurze Kündigungsfristen, daß sich bei Werkwohnungen kein besonderes Problem stellte. Nach der Änderung des § 565 und der Einfügung der Sozialklausel des § 556 a durch das AbbauG vom 23. 6. 1960 (BGBl I 389) sollte dem Vermieter wegen des Zusammenhangs des Mi et Verhältnisses mit dem Dienstverhältnis gestattet werden, für den Fall der Beendigung des Dienstverhältnisses auch das Mietverhältnis schneller zu beenden, als dies nach den §§ 565, 565 a möglich ist. Entgegen dem RegE sollte dies unabhängig von einer entsprechenden Vereinbarung der Parteien gelten (Ausschußbericht BT-Drucks IV/2195, 6, zu Drucks IV/2195, 5). Die Vorschriften über Werkwohnungen dienen damit als Ausnahme von den sonstigen Regelungen des sozialen Mietrechts in erster Linie den Interessen des Vermieters. § 565 e bezweckt jedoch auch den Schutz des anderen Vertragsteils, indem Werkdienstwohnungen unter bestimmten Voraussetzungen den mietrechtlichen Vorschriften unterstellt werden. Erst dadurch wird für solche besonderen Raumnutzungsverhältnisse das soziale Mietrecht - wenn auch in der durch die §§ 565 b-565 d eingeschränkten Form - anwendbar (vgl Begr zum RegE BT-Drucks IV/806, 12). II. Geltungsbereich der Vorschriften 5 1. Allgemeines Die Regelung der §§ 565 b-565 e gilt für Werkwohnungen. Unter den Begriff der Werkwohnung im weiteren Sinne fällt jeder Wohnraum, der mit Rücksicht auf ein Dienst- oder Arbeitsverhältnis zur Nutzung überlassen ist. Nach dem Gesetz kommt es auf die Überlassung von „Wohnraum" an (§§ 565 b, 565 e). Es kann sich um einzelne Räume handeln, die Wohnzwecken dienen. Die Merkmale einer vollständigen Wohnung (vgl § 564 b Rz 143) brauchen nicht notwendig vorzuliegen. Unerheblich ist es, ob der Wohnraum vom Dienstberechtigten oder von Dritten überlassen wird, sofern nur eine besondere Verknüpfung mit dem Dienstverhältnis besteht. Es spielt ferner keine Rolle, ob der Wohnraum neben dem Dienstverpflichteten weiteren Personen wie etwa Familienangehörigen zur Nutzung überlassen wird und ob auch insoweit vertragliche Beziehungen begründet werden ( E R M A N - S C H O P P §§ 565 b-565 e Rz 5; P A L A N D T - P U T Z O Vorbem v §§ 565 b-565 e Anm 1 a, 2; ROQUETTE § 5 6 5 b R Z 8 ) .

6 2. Werkmietwohnungen Eine Unterart der Werkwohnungen sind die Werkmietwohnungen. Hierauf beschränkt sich der unmittelbare Geltungsbereich der §§ 565 b-565 d. Nach der Begriffsbestimmung des § 565 b ist damit Wohnraum gemeint, der mit Rücksicht Jürgen Sonnenschein

(1158)

§§ 565 b - 5 6 5 e 3. Titel. Miete. Pacht

7,8

auf das Bestehen eines Dienstverhältnisses vermietet ist. Kennzeichnend für die Werkmietwohnung ist es, daß neben einem Dienstvertrag ein selbständiger Mietvertrag besteht, beide Rechtsverhältnisse aber in besonderer Weise miteinander verknüpft sind. a) Im Vordergrund steht das Dienstverhältnis. Ein Dienstvertrag ist ein schuld- 7 rechtlicher gegenseitiger Vertrag, durch den sich der eine Teil zur Leistung der versprochenen Dienste, der andere Teil zur Leistung der versprochenen Vergütung verpflichtet (PALANDT-PUTZO Einf v § 6 1 1 Anm 1 a). Er begründet das Dienstverhältnis als Dauerschuldverhältnis zwischen den Parteien. Während in § 20 MietSchG von „Dienst- oder Arbeitsverhältnis" die Rede war, beschränkt sich § 565 b auf ein „Dienstverhältnis". Hierin liegt jedoch keine sachliche Änderung, sondern nur eine Anpassung an den Sprachgebrauch des BGB (SCHMIDT-FUTTERER B 635). Andererseits ist dadurch keine völlige Gleichstellung mit dem Dienstvertrag des BGB vollzogen worden. Für die §§ 611 ff ist es unerheblich, ob die Dienste von einem selbständig Tätigen oder in abhängiger Stellung in Unterordnung unter den Willen des Dienstherrn erbracht werden ( L A R E N Z II § 5 2 I). Für den Begriff des Dienstverhältnisses iS des § 565 b ist es jedoch entscheidend, daß es sich um unselbständige, weisungsgebundene Arbeitsleistungen handelt, wie sie im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses erbracht werden ( R O Q U E T T E § 5 6 5 b Rz 4 ; SCHMIDT-FUTTERER B 6 3 5 ) . Dies ergibt sich zwar nicht unmittelbar aus dem Gesetz, läßt sich aber aus dem Zusammenhang der gesamten Regelung und der Übernahme aus den §§ 20 ff MietSchG schließen. Der Begriff ist mit dem durch das MietSchG geprägten Inhalt in das BGB übernommen. Nur bei einem durch Abhängigkeit gekennzeichneten Dienstverhältnis besteht typischerweise die Verknüpfung mit dem überlassenen Wohnraum. Auf die Art der zu leistenden Dienste kommt es nicht an. Auch Dienste höherer Art 8 wie bei angestellten Ärzten oder Juristen, leitenden Angestellten und dgl werden in einem Abhängigkeitsverhältnis erbracht. Es braucht sich nicht um Dienstleistungen im Rahmen eines gewerblichen Unternehmens zu handeln. Jede abhängige Tätigkeit in einem beliebigen Berufszweig, also etwa in der Land- oder Forstwirtschaft und in einem freiberuflichen Unternehmen, wird erfaßt. Dies gilt auch für Arbeitsverhältnisse im öffentlichen Dienst, die mit Arbeitern oder Angestellten auf privatrechtlicher Grundlage abgeschlossen werden. Ob auch öffentlich-rechtliche Dienstverhältnisse von Beamten, Richtern und Soldaten Grundlage für die Überlassung einer Werkmietwohnung sein können, ist zweifelhaft (bejahend ERMAN-SCHOPP §§ 565 b-565 e Rz 11 ; aM B G B - R G R K - G E L H A A R § 565 b Rz 3; BURKHARDT W U M 1965, 89; ROQUETTE § 565 b Rz 4; wohl auch PALANDT-PUTZO Vorbem v §§ 565 b-565 e Anm 1 a; vgl BGH LM § 71 GVG Nr 9). Der Wortlaut des § 565 b unterscheidet nicht zwischen privatem und öffentlich-rechtlichem Dienstverhältnis. Gleichwohl ist es geboten, den Anwendungsbereich der Vorschriften auf privatrechtliche Dienstverhältnisse zu beschränken. Dies ergibt sich aus § 565 e, der ebenfalls den Begriff des Dienstverhältnisses verwendet und unter bestimmten Voraussetzungen das Mietrecht auf Werkdienstwohnungen für anwendbar erklärt. Eine solche Anwendbarkeit setzt aber voraus, daß auch das Dienstverhältnis auf privatrechtlicher Grundlage beruht. Auf den ständigen oder erheblichen Einsatz der Arbeitskraft des Dienstverpflichteten kommt es nicht an (so aber SCHMIDT-FUTTERER B 635). Das Gesetz verlangt nur ein Dienstverhältnis, ohne insoweit noch besondere Anforderungen zu stellen. Unter dieser Voraussetzung kann auch die Mithilfe im Haushalt des Vermieters zur Annahme einer Werkmietwohnung führen. Zu beachten ist aber, daß vor allem eine gelegentliche Mithilfe allein auf dem Mietvertrag beruhen kann und als Teil des Entgelts für die Raumüberlassung zu (1159)

Jürgen Sonnenschein

§§ 5 6 5 b - 5 6 5 e 9-12

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

beurteilen ist. Es fehlt dann an einem selbständigen Dienstverhältnis neben dem Mietvertrag. 9 b) Neben dem Dienstverhältnis muß ein Mietverhältnis über Wohnraum bestehen (s im einzelnen Vorbem 24 ff zu §§ 535, 536; § 556 a Rz 5 ff; § 564 b Rz 9 f). Dienstverpflichteter und Mieter müssen identisch sein. Weitere Personen können als akzessorische Mitmieter den Mietvertrag abschließen. Andererseits braucht zwischen Dienstberechtigtem und Vermieter keine Personengleichheit zu bestehen, wie sich aus der insoweit neutralen Fassung des § 565 b ergibt (Rz 5). Auf dieser Grundlage lassen sich werkseigene und werksfremde Werkmietwohnungen unterscheiden. Im ersteren Fall ist der Dienstberechtigte zugleich der Vermieter, dem kraft seines Eigentums oder besonderer Nutzungsrechte wie etwa eines Hauptmietvertrags die Überlassung des Wohnraums an seine Arbeitnehmer durch Mietvertrag offensteht. Bei werksfremden Werkmietwohnungen hat der Dienstberechtigte gegenüber dem personenverschiedenen Vermieter ein Wohnungsbelegungsrecht, das auf einem Werkförderungsvertrag beruht (s im einzelnen Vorbem 67 ff zu §§ 535, 536). Die §§ 565 b-565 d sind dann nur auf das Verhältnis zwischen Mieter (Dienstverpflichtetem) und Vermieter anwendbar. 10 c) Dienstverhältnis und Mietverhältnis müssen in besonderer Weise miteinander verknüpft sein. § 565 b bringt dies dadurch zum Ausdruck, daß der Wohnraum „mit Rücksicht auf das Bestehen eines Dienstverhältnisses vermietet" sein muß. Dies bedeutet nicht, daß Dienstleistung und Vermietung Teile eines einheitlichen Rechtsgeschäfts sein müssen. Die Parteien brauchen auch keine ausdrücklichen Vereinbarungen darüber zu treffen, daß beide Verträge verknüpft sein sollen. Es genügt, ist aber auch erforderlich, daß das Dienstverhältnis Geschäftsgrundlage für den Abschluß des Mietvertrags ist. Dies setzt voraus, daß der Vermieter bei Abschluß des Vertrags eine entsprechende Mitteilung macht oder es muß für den Mieter aus den gesamten Umständen erkennbar sein ( R O Q U E T T E § 565 b Rz 6; SCHMIDT-FUTTERER B 637; vgl auch AG Oberhausen WuM 1973, 98 - Übergabe als Werkwohnung). Eine solche Verknüpfung besteht auch, wenn die Parteien den Mietvertrag unter der auflösenden Bedingung der Beendigung des Dienstverhältnisses abschließen (vgl § 565 a Abs 2). 11 Der auf § 20 MietSchG zurückgehende Wortlaut des § 565 b ist insoweit mißverständlich, als das Dienstverhältnis nicht unbedingt schon bei Abschluß des Mietvertrags bestehen muß. Es genügt, wenn beide Verträge gleichzeitig abgeschlossen werden oder wenn der bevorstehende Abschluß eines Dienstvertrags als Geschäftsgrundlage in den Mietvertrag eingeht (SCHMIDT-FUTTERER B 6 3 7 ) . Wird dagegen zunächst ein normaler Mietvertrag abgeschlossen und geht der Mieter erst später und unvorhergesehen ein Dienstverhältnis zu dem Vermieter ein, so wird die Wohnung allein dadurch nicht zur Werkwohnung. Die Parteien können das Dienstverhältnis später auch nicht mehr durch eine ausdrückliche Vereinbarung zur Geschäftsgrundlage des Mietvertrags machen (so aber BURKHARDT WuM 1 9 6 5 , 8 9 ; R O Q U E T T E § 5 6 5 b Rz 5 ) , weil der Mieter dadurch nachträglich seine Rechte entgegen den zwingenden Vorschriften der §§ 565 Abs 2, 556 a verkürzen würde (vgl §§ 565 Abs 2 S 3, 556 a Abs 7). Das gleiche gilt, wenn das Dienstverhältnis schon vor Abschluß des Mietvertrags über normalen Wohnraum begründet worden ist und dem Wohnraum erst später durch besondere Vereinbarungen der Charakter einer Werkmietwohnung gegeben werden soll. Es bleibt den Parteien nur die Möglichkeit, den ursprünglichen Mietvertrag aufzuheben und durch einen neuen Vertrag über eine Werkmietwohnung zu ersetzen. 12 Der Wohnraum braucht nicht nur mit Rücksicht auf ein Dienstverhältnis vermietet zu sein. § 565 b geht insoweit über die Regelung des § 20 MietSchG hinaus. Auch Jürgen Sonnenschein

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§§ 565 b - 5 6 5 e 3. Titel. Miete. Pacht

13-15

andere Gründe können für den Abschluß des Mietvertrags maßgebend sein, sofern nur das Dienstverhältnis den letztlich entscheidenden Anlaß bildet ( R O Q U E T T E § 5 6 5 b Rz 5 ; SCHMIDT-FUTTERER B 6 3 7 ) . Es kommt darauf an, daß der Vermieter den Mietvertrag nicht ohne das Dienstverhältnis abgeschlossen hätte. Wird das Dienstverhältnis später beendet, bleibt der Charakter als Werkmietwohnung davon unberührt (SCHMIDT-FUTTERER B 6 3 7 ) . Dagegen muß diese Eigenschaft nach der Beendigung des Mietverhältnisses mit jedem weiteren Mieter aufs neue begründet werden, indem das Dienstverhältnis als Geschäftsgrundlage in den Abschluß des Mietvertrags eingeht. 3. Werkdienstwohnungen 13 Eine weitere Unterart der Werkwohnungen sind die Werkdienstwohnungen. Sie sind in § 565 e geregelt. Nach dieser Vorschrift gehört hierzu Wohnraum, der im Rahmen eines Dienstverhältnisses überlassen ist. Kennzeichnend für die Werkdienstwohnung ist es, daß nicht ein Dienst- und ein Mietvertrag nebeneinander bestehen, sondern daß die Überlassung des Wohnraums ihre Rechtsgrundlage in dem Dienstvertrag findet und Teil der Vergütung für die geleisteten Dienste ist (BAG BB 1975, 1159; PALANDT-PUTZO Vorbem v §§ 565 b-565 e Anm 2 b; ROQUETTE § 5 6 5 b R z 9 , § 5 6 5 e R z 1 ; SCHMIDT-FUTTERER B 6 6 4 ; d e r s - B L A N K

BB

1976, 1033). Es kommt nicht darauf an, ob insoweit eine offene oder verdeckte Anrechnung stattfindet (vgl SCHMIDT-FUTTERER aaO). Es handelt sich um einen gemischten Vertrag. Solange das Arbeitsverhältnis besteht, sind die §§ 535 ff auf die Rechte und Pflichten hinsichtlich der Raumnutzung entsprechend anwendbar (PALANDT-PUTZO aaO; SCHMIDT-FUTTERER aaO). Die Beendigung richtet sich jedoch grundsätzlich nach Dienstvertragsrecht, da dieser Vertragstyp eindeutig im Vordergrund steht. Mietrecht ist nach § 565 e nur unter bestimmten Voraussetzungen anwendbar (Rz 53 ff). Der Begriff des Dienstverhältnisses iS des § 565 e ist mit dem des § 565 b identisch 14 (Rz 7 f). Zwischen den Parteien muß ein privatrechtlicher Dienstvertrag über unselbständige, weisungsgebundene Arbeitsleistungen abgeschlossen werden, dessen Bestandteil die Überlassung des Wohnraums ist. Als Beispiele sind Verträge zu nennen, in deren Rahmen Wohnungen an Hausmeister (Vorbem 65 zu §§ 535, 536), landwirtschaftliche Arbeiter und an Angestellte von Ünternehmen, Krankenhäusern oder Heimen überlassen werden ( R O Q U E T T E § 5 6 5 e Rz 4 ; SCHMIDT-FUTTERER B 664). Auch Arbeitern und Angestellten im öffentlichen Dienst, die auf privatrechtlicher Grundlage beschäftigt werden, kann eine Werkdienstwohnung überlassen werden (vgl OVG Münster ZMR 1 9 6 9 , 1 3 6 ; WuM 1 9 7 5 , 1 5 4 ) . Beamten, Richtern und Soldaten können wegen des öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses Dienstwohnungen nur auf der Grundlage des öffentlichen Rechts zugewiesen werden (RGZ 1 0 5 , 4 6 , 4 8 ; ERMAN-SCHOPP § § 5 6 5 b - 5 6 5 e Rz 1 1 ) . Auf solche Rechtsverhältnisse ist § 565 e nicht anwendbar. Behält der Beamte die Wohnung nach Ausscheiden aus dem öffentlichen Dienst, so kann aufgrund schlüssigen Verhaltens beider Parteien ein Mietvertrag zustande kommen, für den die allgemeinen mietrechtlichen Vorschriften gelten (RG Gruchot 6 8 , 6 2 ; ERMAN-SCHOPP aaO). Da bei Werkdienstwohnungen iS des § 565 e die Überlassung des Wohnraums Teil 15 des Dienstvertrags ist, kommt eine solche Vertragsgestaltung nur bei Identität der Parteien in Betracht (ERMAN-SCHOPP §§ 565 b-565 e Rz 12). Dies bedeutet aber nicht, daß der Dienstberechtigte zugleich Eigentümer der Werkdienstwohnung sein muß (vgl ROQUETTE § 565 e Rz 2). Es lassen sich werkseigene und werksfremde Werkdienstwohnungen unterscheiden (Rz 9). Auf seiten des Dienstberechtigten kann eine natürliche Person, eine Personenmehrheit oder eine juristische Person (1161)

Jürgen Sonnenschein

§§ 565 b-565 e 16, 17

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

stehen. Der Dienstverpflichtete muß eine natürliche Person sein. Zulässig ist es, daß eine Werkdienstwohnung aufgrund verschiedener Dienstverträge an mehrere Personen überlassen wird, wenn diese die Wohnung wie zB ein Ehepaar gemeinsam nutzen wollen. Die Nutzungsberechtigung bleibt so lange bestehen, wie mindestens noch ein Dienstverhältnis aufrechterhalten wird. Da der Dienstvertrag die Rechtsgrundlage für die Raumüberlassung bildet, wird er idR vor oder spätestens zusammen mit der Überlassung der Wohnräume abgeschlossen. Es reicht aber aus, wenn der Abschluß des Dienstvertrags unmittelbar bevorsteht, weil dann eine vorgezogene Überlassung der Räume als Vorschuß auf die Vergütung aus dem Dienstvertrag beurteilt werden kann und in dem späteren Vertragsschluß eine Rechtsgrundlage findet. Kommt der Dienstvertrag nicht zustande, bleibt die Raumüberlassung rechtsgrundlos. Wird der Wohnraum überlassen, ohne daß die Parteien schon den Abschluß eines Dienstvertrags in Aussicht genommen haben oder ist gleichwohl für die Raumnutzung zunächst ein besonderes Entgelt zu entrichten, so handelt es sich um einen normalen Mietvertrag. Wird der Dienstvertrag später abgeschlossen und vereinbaren die Parteien dabei, der Wohnraum solle nunmehr im Rahmen des Dienstverhältnisses überlassen sein, so heben sie den Mietvertrag auf und begründen zugleich die Eigenschaft des Wohnraums als Werkdienstwohnung (vgl R O Q U E T T E § 565 e R Z 3). 16 4. Bergarbeiterwohnungen und Bergmannswohnungen Nach § 7 a des G zur Förderung des Bergarbeiterwohnungsbaues im Kohlenbergbau idF vom 4. 5. 1957 (BGBl I 418), geändert durch das 3. ÄndG vom 24. 8. 1965 (BGBl I 909), sind die §§ 565 b-565 e grundsätzlich auf Bergarbeiterwohnungen iS dieses Gesetzes anwendbar (ausführlich H A N S § 565 b Anm 5). Es handelt sich um Wohnungen, die nach dem genannten Gesetz gefördert worden sind und einer Zweckbindung zugunsten bestimmter Wohnberechtigter unterliegen (§§ 4, 5 des G; vgl BGH MDR 1971, 286; AG Oberhausen WuM 1974, 32). Sie können rechtlich als Werkmietwohnungen oder Werkdienstwohnungen zu beurteilen sein. Allerdings darf die Vermietung oder Überlassung einer Bergarbeiterwohnung nicht davon abhängig gemacht werden, daß ein Arbeitsverhältnis bei einem bestimmten Arbeitgeber im Kohlenbergbau besteht (§ 5 Abs 3 des G). Der Kündigungsschutz ist gegenüber den §§ 565 b-565 e dadurch verstärkt, daß diese Vorschriften nicht anzuwenden sind, solange die Bergarbeiterwohnung einer in § 5 Abs 1 des Gesetzes bezeichneten Person oder Familie vermietet oder überlassen ist (§ 7 a des G). Auch eine Kündigung nach § 565 Abs 2 ist nicht möglich (AG Wattenscheid WuM 1967, 84; H A N S § 565 b Anm 5 B b). Das gleiche gilt nach § 24 des Gesetzes für Bergmannswohnungen iS des § 3 Abs 1 b) des G über Bergmannssiedlungen vom 10. 3. 1930 (RGBl I 32), zuletzt geändert durch Art III des 2. ÄndG zur Förderung des Bergarbeiterwohnungsbaues vom 4. 5. 1957 (BGBl I 416).

17 5. öffentlich geförderte Werkmietwohnungen und Werkdienstwohnungen Wenn der Inhaber eines gewerblichen Betriebs zur Unterbringung von Angehörigen des Betriebs Wohnungen errichten will, die mit öffentlichen Mitteln zu fördern sind, so ist die Bewilligung der Mittel nach § 24 WobauG I und § 53 WobauG II mit der Auflage zu verbinden, daß mit den Betriebsangehörigen Mietverhältnisse zu vereinbaren sind, die nach Ablauf von fünf Jahren von dem Bestehen der Dienst- oder Arbeitsverhältnisse unabhängig werden. Das gleiche gilt für werksfremde Werkwohnungen (vgl Rz 9). Hieran knüpft Art IV § 4 Abs 1 MietRÄndG II an. Nach dieser Vorschrift sind die §§ 565 b-565 e auf diese öffentlich geförderten WerkwohnunJürgen Sonnenschein

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§§ 565 b - 5 6 5 e 3. Titel. Miete. Pacht

18-20

gen nur anzuwenden, wenn das Mietverhältnis weniger als fünf Jahre besteht. Bei längerer Mietdauer gelten die allgemeinen Vorschriften. Der Kündigungsschutz wird also zugunsten des Mieters verstärkt. Damit wird den Belangen des sozialen Wohnungsbaus der Vorrang gegenüber den Interessen des Arbeitgebers eingeräumt (PERGANDE § 565 b Anm 5). Nach dem Wortlaut der Vorschrift kommt es nur darauf an, daß die für die Bewilligung der öffentlichen Mittel zuständige Stelle die erwähnte Auflage erteilt hat. Unerheblich ist es, ob der Vermieter den Mietvertrag entsprechend der Auflage gestaltet hat (PERGANDE aaO; aM LG Kassel WuM 1966, 201; EHRENFORTH BB 1964, 1441, 1443). Da die Vorschrift ausdrücklich auf die Dauer des Mietverhältnisses abstellt, kann es auf die tatsächliche Dauer der Überlassung des Wohnraums nicht ankommen (aM PERGANDE aaO). Für Werkdienstwohnungen, denen kein Miet-, sondern ein Dienstvertrag zugrunde liegt, gilt das gleiche, wie sich aus der ausdrücklichen Erwähnung des § 565 e ergibt. • Die zeitliche Begrenzung der Zweckbindung erschien dem Gesetzgeber nicht auf die 18 Dauer gerechtfertigt (Ausschußbericht, zu BT-Drucks IV/2195, 10 [zu Art IV § 3 a]). Nach Art IV § 4 Abs 2 MietRÄndG II treten § 24 WobauG I und § 53 WoBauG II mit Ablauf des 31. 12. 1984 außer Kraft. Zugleich werden die bei der Bewilligung der öffentlichen Mittel erteilten Auflagen unwirksam. Dies wird zur Folge haben, daß die zeitliche Begrenzung der Zweckbindung als Werkwohnung entfällt und damit die §§ 565 b-565 e uneingeschränkt gelten.

6. Betriebswohnungen

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Betriebswohnungen sind ihrer Bestimmung nach nur an Angehörige eines bestimmten Betriebs zu überlassen. Diese Zweckbestimmung besteht im Gegensatz zu den Werkwohnungen unabhängig von dem Nutzungsverhältnis mit einem Betriebsangehörigen. Die frühere Regelung der Betriebswohnungen in den §§ 23, 23 b MietSchG ist nicht in das BGB übernommen worden. Insoweit bestehen also keine Sonderregelungen mehr. Betriebswohnungen, die nach dem der Nutzung zugrunde liegenden Rechtsverhältnis nicht zugleich Werkwohnungen iS der §§ 565 b-565 e sind, unterliegen deshalb den allgemeinen mietrechtlichen Vorschriften ( H A N S § 565 b Anm 2 c; ROQUETTE § 565 b Rz 10 f; vgl ERMAN-SCHOPP §§ 565 b-565 e Rz 10 und ROQUETTE aaO Rz 12 zu Genossenschaftswohnungen als Betriebs- oder Werkwohnungen).

III. Kündigung von Werkmietwohnungen (§ 565 c) 1. Allgemeines

20

§ 565 c enthält eine Sonderregelung für das auf unbestimmte Zeit eingegangene Mietverhältnis über eine Werkmietwohnung, das nach der Beendigung des Dienstverhältnisses durch den Vermieter gekündigt werden soll. Will der Vermieter den Mietvertrag vor der Beendigung des Dienstverhältnisses kündigen, gelten die allgemeinen Vorschriften der §§ 564 a, 564 b und 565. Der Vermieter muß die Kündigungsfristen des § 565 einhalten, die insoweit nicht durch die §§ 565 b, 565 c verdrängt werden (LG Kassel NJW 1971, 2031; SCHMIDT-FUTTERER B 638; W E I M A R W U M 1967, 73). Im Schrifttum wird im Anschluß an die Begr zum RegE (BT-Drucks IV/806, 11) zT angenommen, daß das ordentliche Kündigungsrecht des Vermieters bei Werkmietwohnungen bis zur Beendigung des Dienstverhältnisses stillschweigend ausgeschlossen sei, falls nicht Anhaltspunkte für einen (1163)

Jürgen Sonnenschein

§§ 565 b-565 e 21-23

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

abweichenden Parteiwillen gegeben seien (BURKHARDT BB 1964, 7 7 1 , 7 7 5 ; EHRENFORTH B B 1 9 6 4 , 1441, 1 4 4 5 ; PERGANDE § 5 6 5 b A n m 3; SCHMIDT-FUTTERER B 6 3 8 ; ders BB 1972, 1 0 5 8 ; SOERGEL-MEZGER §§ 5 6 5 b - 5 6 5 e Rz 6; vgl HOLTGRÄVE Betrieb 1 9 6 4 , 1097, 1 1 0 1 ; WEIMAR ZMR 1 9 6 5 , 161, 1 6 2 ; ders WuM 1967, 73).

Zulässig sei eine vorherige Kündigung des Mietvertrags allerdings zu dem Termin, in dem auch das Dienstverhältnis enden werde (SCHMIDT-FUTTERER aaO). Den Parteien steht es frei, die ordentliche Kündigung für eine begrenzte Zeit vertraglich auszuschließen (§ 564 Rz 11). Dies ist aber die Ausnahme und bedarf eindeutiger Anhaltspunkte, die nicht allein in dem Abschluß des Vertrags über eine Werkmietwohnung gesehen werden können. Es kann deshalb nicht umgekehrt aus dem Fehlen solcher Anhaltspunkte auf einen stillschweigenden Ausschluß des Kündigungsrechts geschlossen werden (vgl aber BGB-RGKR-GELHAAR § 5 6 5 b RZ 4 ; HOLTGRÄVE aaO). Sind die arbeitsrechtlichen Kündigungsmöglichkeiten für den Arbeitgeber eingeschränkt, besteht um so weniger Anlaß, von einem mutmaßlichen Willen des Vermieters auf Ausschluß der ordentlichen Kündigung des Mietverhältnisses auszugehen (vgl L G Kassel NJW 1971, 2 0 3 1 ; PAPENHEIM BB 1965, 2 4 6 ; KOENIG WuM 1967, 160, 161).

21 § 565 c räumt dem Vermieter nach der Beendigung des Dienstverhältnisses ein Sonderkündigungsrecht ein, bei dem die Kündigungsfristen gegenüber § 565 abgekürzt sind. Die Vorschrift betrifft dagegen nicht die Kündigung des Mietverhältnisses durch den Mieter. Für ihn gelten die allgemeinen Vorschriften vor und nach der Beendigung des Dienstverhältnisses in gleicher Weise. Der Mieter muß also in jedem Fall die Kündigungsfristen des § 565 einhalten. 22 2. Voraussetzungen im allgemeinen (S 1) a) Mietverhältnis über eine Werkmietwohnung Das Sonderkündigungsrecht des § 565 c setzt ein Mietverhältnis über eine Werkmietwohnung voraus. Es muß demnach ein Mietverhältnis über Wohnraum bestehen (Rz 9). Auf die Art des Wohnraums und die in § 565 Abs 2 und 3 getroffenen Unterscheidungen kommt es nicht an. Neben dem Mietvertrag muß ein Dienstverhältnis vorliegen (Rz 7 f). Dienstvertrag und Mietvertrag müssen nach § 565 b in der Weise miteinander verknüpft sein, daß der Wohnraum mit Rücksicht auf das Bestehen des Dienstverhältnisses vermietet ist (Rz 10 ff). 23 b) Mietverhältnis auf unbestimmte Zeit Ein Mietverhältnis ist auf unbestimmte Zeit eingegangen, wenn die Dauer der Mietzeit im Vertrag nicht genau bestimmt oder aufgrund des Vertragsinhalts nicht hinreichend bestimmbar ist, so daß es idR einer Kündigung bedarf, um das Mietverhältnis zu beenden. Hierzu zählen wegen § 565 a Abs 1 auch Mietverträge mit Verlängerungsklausel (§ 564 Rz 6; § 565 a Rz 6 ff). Dabei kommt es nicht darauf an, daß die Verlängerung aufgrund der Vertragsklausel auf unbestimmte Zeit eintritt (so aber PALANDT-PUTZO § 5 6 5 c Anm 1 a; SCHMIDT-FUTTERER B 6 4 0 ) . Auch wenn sich das Mietverhältnis einmalig oder mehrfach um eine bestimmte Zeit verlängern soll (vgl § 565 a Rz 8), ist die gesamte Mietzeit nicht von Anfang an festgelegt. Um die jeweilige Verlängerung zu verhindern, bedarf es einer Erklärung, für die nach § 565 a Abs 1 generell § 565 maßgebend ist, die auf Seiten des Vermieters aber auch unter § 565 c fällt. Auf unbestimmte Zeit eingegangen ist wegen § 565 a Abs 2 S 1 ein Mietverhältnis, das unter einer auflösenden Bedingung steht (§ 5 6 4 Rz 5 0 ; § 5 6 5 a Rz 14 ff; PALANDT-PUTZO § 5 6 5 c Anm 1 a; SCHMIDTFUTTERER B 6 4 0 ) . Das gleiche gilt für ein Mietverhältnis, bei dem kein Endtermin Jürgen Sonnenschein

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3. Titel. Miete. Pacht

§§ 565 b-565 e 24-26

vorgesehen ist, sondern bei dem die Parteien nur für eine bestimmte Zeit die ordentliche Kündigung vertraglich ausgeschlossen haben (SCHMIDT-FUTTERER B 640; aM LG Dortmund WuM 1965, 151). Ein auf bestimmte Zeit eingegangenes Mietverhältnis (§ 564 Rz 3) fällt nach dem 24 eindeutigen Wortlaut der Vorschrift nicht unter § 565 c. Insoweit besteht selbst bei einer vorzeitigen Beendigung des Dienstverhältnisses kein Bedürfnis für eine entsprechende Anwendung (so aber HANS § 5 6 5 c Anm 1), da die Parteien durch die Vereinbarung einer bestimmten Mietzeit zum Ausdruck bringen, daß der Mietvertrag unabhängig vom Arbeitsvertrag enden soll (SCHMIDT-FUTTERER B 640). Die Interessenlage ist damit anders, als sie in § 565 c vorausgesetzt wird. Wenn der Vermieter einen Mietvertrag auf bestimmte Zeit abschließt, obwohl er grundsätzlich mit einer früheren Beendigung des Dienstverhältnisses zu rechnen hat, so muß er an diese Entscheidung gebunden bleiben (PERGANDE § 5 6 5 c Anm 2 ; WEIMAR WuM 1967, 73).

c) Beendigung des Dienstverhältnisses 25 Das Dienstverhältnis muß beendet sein. Entscheidend ist die rechtlich wirksame Beendigung, nicht die tatsächliche Aufgabe der Arbeit durch den Arbeitnehmer (SCHMIDT-FUTTERER B 6 4 1 ; aM LG Essen ZMR 1 9 6 6 , 1 4 8 ) . Die Gegenansicht kann nicht auf § 565 d Abs 3 Nr 2 gestützt werden, da es in dieser Vorschrift nicht darum geht, ob das Dienstverhältnis zu Recht oder zu Unrecht gekündigt worden ist. Entscheidend ist, wer den Anlaß zur wirksamen Auflösung des Dienstverhältnisses gegeben hat. Ist die Beendigung des Dienstverhältnisses Gegenstand eines arbeitsgerichtlichen Verfahrens, so kann der Räumungsrechtsstreit nach § 148 ZPO ausgesetzt werden ( B G B - R G R K - G E L H A A R § 5 6 5 d Rz 3 ; SCHMIDT-FUTTERER aaO; aM LG Essen aaO). Entscheidend ist, daß die Kündigungserklärung nach der Beendigung des Dienstverhältnisses zugeht und damit wirksam wird. Dies ergibt sich aus der Formulierung des § 565 c S 1, die Kündigung sei spätestens an einem bestimmten Tag „zulässig". Damit ist der Kündigungstag (§ 565 Rz 9) gemeint. Die Erklärung kann also schon vor der Beendigung des Dienstverhältnisses abgegeben werden. Geht sie auch schon vorher zu, so sind die Kündigungsfristen des § 565 maßgebend. Kündigt der Vermieter in diesen Fällen unberechtigt zu einem Kündigungstermin, der sich auf der Grundlage des § 565 c ergeben würde, dann ist die Kündigung nicht unwirksam (so aber ROQUETTE § 5 6 5 c Rz 5). Es bedarf auch keiner Umdeutung in eine ordentliche Kündigung iS des § 565 Abs 2. Im Rahmen des § 565 c handelt es sich um eine ordentliche Kündigung (SCHMIDT-FUTTERER B 633; anders HANS § 565 c Anm 1), für die nur andere Fristen gelten. Deshalb wirkt die unberechtigt auf § 565 c gestützte Erklärung wie im Normalfall einer zum angegebenen Zeitpunkt verspäteten und deshalb unwirksamen Kündigung auf den nächstzulässigen Termin, wenn der Vermieter das Mietverhältnis auf jeden Fall beenden will und dieser Wille dem Mieter genügend erkennbar ist (vgl § 564 Rz 18). 3. Weitere Voraussetzungen und Rechtsfolgen a) Allgemeines § 565 c räumt dem Vermieter einer Werkmietwohnung nach Beendigung des Dienstverhältnisses ein Kündigungsrecht ein, für das kürzere Kündigungsfristen als nach § 565 gelten. Dabei unterscheidet die Vorschrift in den tatbestandlichen Voraussetzungen zwischen gewöhnlichen Werkmietwohnungen (S 1 Nr 1) und funktionsgebundenen Werkmietwohnungen, die in unmittelbarer Beziehung oder Nähe zur Stätte der Dienstleistung stehen (S 1 Nr 2). Bei den letzteren ist die (1165)

Jürgen Sonnenschein

26

§§ 5 6 5 b - 5 6 5 e 27-29

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

Kündigungsfrist wegen der besonders engen Verknüpfung von Dienst- und Mietverhältnis noch weiter verkürzt. Die Unterscheidung zwischen gewöhnlichen und funktionsgebundenen Werkmietwohnungen ist erst im Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens getroffen worden (vgl Verhandl des Dt BT, Stenogr Ber, Bd 55, 6044 [B], Umdruck 452 Nr 3, 6059 [B]). 27 b) Gewöhnliche Werkmietwohnungen (S 1 Nr 1) aa) Das auf S 1 Nr 1 gestützte Sonderkündigungsrecht setzt über die bereits erwähnten allgemeinen Tatbestandsmerkmale (Rz 22 ff) hinaus voraus, daß es sich um eine gewöhnliche Werkmietwohnung handelt. Im Gegensatz zu der besonders engen Verknüpfung, die S 1 Nr 2 verlangt, erschöpft sich die Funktion dieser Wohnung darin, daß der Dienstverpflichtete ganz allgemein mit Rücksicht auf das Arbeitsverhältnis darin wohnt ( P A L A N D T - P U T Z O § 565 c Anm 2 a). Hierzu gehören alle Werkmietwohnungen, die nicht unter S 1 Nr 2 fallen. 28 Der Wohnraum muß weniger als zehn Jahre überlassen sein. Damit ist ein aus der Rspr der Arbeitsgerichte stammender Gedanke aufgegriffen worden (vgl Verhandl des Dt BT, Stenogr Ber, Bd 55, 6044 [B]). Wenn das Mietverhältnis zehn Jahre gedauert hat, soll auf die Verkürzung der Kündigungsfrist verzichtet werden. Dann gelten die Fristen des § 565. Dadurch wird kraft Gesetzes die Verknüpfung von Dienst- und Mietverhältnis gelöst (SCHMIDT-FUTTERER B 645). Entscheidend für den Zeitpunkt der Überlassung ist nicht der Abschluß des Mietvertrags, sondern der Tag der Besitzübertragung (s im einzelnen § 565 Rz 33 ff). Das Ende des Überlassungszeitraums wird nicht durch die Abgabe der Kündigungserklärung bestimmt. Maßgebend ist der Tag des Zugangs (§ 565 Rz 43). Auch im übrigen gelten für die Überlassung die gleichen Erwägungen wie zu § 565 Abs 2 S 2 (aaO). 29 Der Wohnraum muß für einen anderen zur Dienstleistung Verpflichteten dringend benötigt werden. Eine Verwendung zu gewerblichen Zwecken, etwa für eine Betriebserweiterung, ist unzureichend ( W E I M A R WuM 1967, 73). § 564 b gilt auch für die Kündigung von Werkmietwohnungen (§ 564 b Rz 9). Das Sonderkündigungsrecht des § 565 c wird demgegenüber dadurch eingeschränkt, daß ein dringender Betriebsbedarf bestehen muß. Die abgekürzte Kündigungsfrist wird damit von einem bestimmten Kündigungsgrund abhängig gemacht. Der Kündigungsgrund des Betriebsbedarfs (s im einzelnen § 564 b Rz 107 ff) ist durch das Erfordernis der Dringlichkeit modifiziert, das in § 564 b generell nicht vorausgesetzt wird (§ 564 b Rz 22). Im Ergebnis macht dies jedoch gegenüber dem Betriebsbedarf iS des § 564 b idR keinen Unterschied. Das Merkmal des dringenden Betriebsbedarfs ist aus § 22 MietSchG übernommen worden. Es kann entsprechend dem Wortlaut der früheren Regelung bejaht werden, wenn der Vermieter den Wohnraum für einen Nachfolger des Mieters in dem Dienstverhältnis oder im Betriebsinteresse für einen anderen Betriebsangehörigen benötigt ( R O Q U E T T E § 565 c Rz 14; SCHMIDT-FUTTERER B 644). Eine ernsthafte Schädigung der betrieblichen Interessen des Dienstberechtigten braucht nicht notwendig bevorzustehen (so aber PERGANDE § 565 c Anm 3; WEIMAR W U M 1967, 73). Entgegen dem insoweit ungenauen Wortlaut des § 5 6 5 c S l N r l muß im Zeitpunkt der Kündigung des Mieters der Dienstvertrag mit dem neuen Arbeitnehmer nicht bereits abgeschlossen sein. Dringender Betriebsbedarf kann auch bei der Einstellung neuer Arbeitskräfte gegeben sein (vgl § 22 MietSchG). Erforderlich ist aber auf jeden Fall, daß Bewerbungen um eine frei werdende Werkmietwohnung vorliegen und aus dem Kreis der Bewerber zumindest einer bereit ist, die Wohnung zu übernehmen (LG Karlsruhe WuM 1974, 243). Bei den werksfremden Werkmietwohnungen (Rz 9) ist der Betriebsbedarf des Dritten als Kündigungsgrund für den Vermieter entscheidend. Jürgen Sonnenschein

(1166)

3. Titel. Miete. Pacht

§§ 565 b-565 e 30-34

bb) Die Kündigung ist spätestens am dritten Werktag eines Kalendermonats für den 30 Ablauf des nächsten Monats zulässig (S 1 Nr 1). Damit beträgt die Kündigungsfrist idR zwei Monate, abzüglich der Karenz von drei Werktagen. Sonnabend, Sonntag und ein am Erklärungsort staatlich anerkannter Feiertag werden für die Karenzzeit nicht mitgezählt. Dadurch kann sich die gesetzlich vorgesehene Kündigungsfrist weiter verkürzen (aM PALANDT-PUTZO § 565 c Anm 2 c, aber im Widerspruch zu § 565 Anm 2 a cc). Unerheblich ist es dagegen, wenn der letzte Tag der Kündigungsfrist auf einen der genannten Tage fällt. Dies spielt nur für die aus der Beendigung des Mietverhältnisses resultierenden Leistungspflichten der Parteien eine Rolle (§ 565 Rz 9 ff). Da die verkürzte Kündigungsfrist von einem dringenden Betriebsbedarf als Kündi- 31 gungsgrund abhängt, die materielle Wirksamkeit der Kündigung sich aber im übrigen nach § 564 b richtet, gilt auch Abs 3 dieser Vorschrift (s im einzelnen § 564 b Rz 121 ff). Der dringende Betriebsbedarf muß also in dem Kündigungsschreiben angegeben sein. Anderenfalls ist die Kündigung unwirksam (vgl AG Oberhausen DWW 1972, 315). Die Ausnahme des § 564 b Abs 3 HS 2 für nachträglich entstandene Kündigungsgründe ist wegen der engeren tatbestandlichen Voraussetzungen des § 565 c, die hinsichtlich des Betriebsbedarfs auf den Zeitpunkt der Kündigung abstellen, insoweit bedeutungslos. Eine Kündigung mit verkürzter Frist ist nicht nur für den ersten möglichen Termin 32 zulässig (so aber AG Oberhausen DWW 1 9 7 2 , 3 1 5 ; B G B - R G R K - G E L H A A R § 5 6 5 C Rz 2). Das Sonderkündigungsrecht braucht auch nicht in angemessener Zeit nach der Beendigung des Dienstverhältnisses ausgeübt zu werden und wird deshalb nicht verwirkt (so aber PERGANDE § 5 6 5 c Anm 3 ; SCHMIDT-FUTTERER B 6 4 6 ; WEIMAR WuM 1967, 73; vgl auch AG Oberhausen WuM 1973, 164). Diese Einschränkungen finden im Gesetz keine Stütze. § 565 c ermöglicht dem Vermieter eine ordentliche Kündigung, die erst, dann aber so lange statthaft ist, wie ein dringender betrieblicher Bedarf an der Wohnung besteht (vgl HANS § 565 c Anm 1). c) Funktionsgebundene Werkmietwohnungen (S 1 Nr 2)

33

aa) Stützt der Vermieter das Sonderkündigungsrecht auf S 1 Nr 2, ist über die allgemeinen Tatbestandsmerkmale (Rz 22 ff) hinaus erforderlich, daß es sich um eine funktionsgebundene Werkmietwohnung handelt. Dies ist der Fall, wenn das Dienstverhältnis seiner Art nach die Überlassung des Wohnraums, der in unmittelbarer Beziehung oder Nähe zur Stätte der Dienstleistung steht, erfordert. Entscheidend ist die besonders enge Verknüpfung von Dienst- und Mietverhältnis (vgl LG Osnabrück WuM 1977, 9). Hierfür sind die besondere Art der geleisteten Dienste und die Lage der Wohnung zur Stätte der Dienstleistung maßgebend. Die Unterscheidung zwischen unmittelbarer Beziehung oder Nähe zu diesem Ort ist materiell bedeutungslos, verdeutlicht aber, daß es nicht darauf ankommt, ob die Dienste in unmittelbarem Zusammenhang mit der Wohnung, also etwa innerhalb der Wohnung bzw von der Wohnung aus, geleistet werden oder ob die Wohnung in unmittelbarer Nähe zur Stätte der Dienstleistung liegt. Eine weitere Entfernung ist unzureichend, da sich das Adjektiv „unmittelbar" auch auf die Nähe zur Arbeitsstelle bezieht. Nur so ist der besondere funktionelle Zusammenhang gewahrt. Als Beispiele sind die Wohnungen für Pförtner, Hausmeister, Betriebsfeuerwehr, Klinikarzt, Krankenschwester usw zu nennen. Zu beachten ist aber, daß es sich in diesen Fällen um Werkdienstwohnungen handelt, wenn die Überlassung des Wohnraums nicht auf einem Mietvertrag beruht, sondern Bestandteil des Dienstvertrags ist (Rz 13 ff). Der Wohnraum muß aus dem gleichen Grunde für einen anderen zur Dienstleistung 34 Verpflichteten benötigt werden. Es ist erforderlich, daß die Art der Dienstleistungen (1167)

Jürgen Sonnenschein

§§ 565 b-565 e 35-38

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhaltnisse

es notwendig macht, einen anderen Arbeitnehmer in der Wohnung, also in Ortsnähe, unterzubringen. Der neue Mieter braucht nicht der Nachfolger des ausgeschiedenen Mieters am Arbeitsplatz zu sein (so aber PERGANDE § 565 c Anm 4; SCHMIDTFUTTERER B 643). Dies ist weder aus der Formulierung der Vorschrift zu schließen noch daraus, daß bei dieser Form des Betriebsbedarfs im Gegensatz zu S 1 Nr 1 das Merkmal der Dringlichkeit nicht ausdrücklich genannt ist. Die Dringlichkeit ergibt sich schon aus dem Funktionszusammenhang zwischen der Wohnung und den zu leistenden Diensten. Dieser Funktionszusammenhang ist gemeint, nicht aber die Identität der Dienstleistungen, wenn das Gesetz voraussetzt, die Wohnung müsse „aus dem gleichen Grund" benötigt werden (im Ergebnis ebenso PALANDT-PUTZO § 565 c Anm 3 b). 35 Die Dauer der Überlassung ist für die funktionsgebundenen Wohnungen unerheblich. Sind die besonderen Voraussetzungen des S 1 Nr 2 nicht erfüllt, kann die Kündigung auf den sich aus S 1 Nr 1 (PERGANDE § 565 c Anm 4 ) oder aus § 565 ergebenden Kündigungstermin wirken, wenn der Vermieter auf jeden Fall kündigen will und dies dem Mieter erkennbar ist (vgl Rz 25). Darüber hinaus ist es als zulässig zu erachten, daß der Vermieter die Kündigung einer funktionsgebundenen Werkmietwohnung von vornherein ausdrücklich auf S 1 Nr 1 stützt, da beide Tatbestände sich insoweit nicht gegenseitig ausschließen. 36 bb) Die Kündigung der funktionsgebundenen Werkmietwohnung ist spätestens am dritten Werktag eines Kalendermonats für den Ablauf dieses Monats zulässig (S 1 Nr 2). Damit wird die Kündigungsfrist auf weniger als einen Monat verkürzt (s im übrigen Rz 30 ff).

37 4. Anwendbarkeit des § 565 (S 2) Nach § 565 c S 2 bleibt im übrigen § 565 unberührt. Dies bedeutet, daß der Vermieter an Stelle einer auf § 565 c gestützten Kündigung mit den Fristen des § 565 kündigen kann. Ihm steht ein Wahlrecht zu ( H A N S § 565 c Anm 3; SCHMIDTFUTTERER B 639; aM wohl B G B - R G R K - G E L H A A R § 565 b R Z 4). Er muß deshalb im Kündigungsschreiben hinreichend klar zum Ausdruck bringen, etwa durch Angabe des Gesetzes oder der entsprechenden Termine, daß er von seinem Sonderkündigungsrecht aus § 565 c Gebrauch macht. Anderenfalls ist § 565 maßgebend. Damit müssen idR die Kündigungsfristen des § 565 Abs 2 eingehalten werden. Handelt es sich jedoch bei der „Werkmietwohnung" um Wohnraum iS des § 565 Abs 3, sind die Kündigungsfristen noch kürzer als nach § 565 c.

IV. Anwendung der Sozialklausel bei der Beendigung des Mietverhältnisses über eine Werkmietwohnung (§ 565 d) 38 1. Allgemeines § 565 d betrifft die Anwendung der Sozialklausel bei der Beendigung des Mietverhältnisses über eine Werkmietwohnung (Rz 6 ff). Abs 1 schreibt vor, daß bei der anzustellenden Interessenabwägung auch die Belange des Dienstberechtigten zu berücksichtigen sind. Abs 2 verkürzt bei einer auf § 565 c S 1 Nr 1 gestützten Kündigung des Vermieters die Widerspruchsfrist des § 556 a Abs 6, während die Anwendbarkeit der Sozialklausel in den Fällen des Abs 3 ganz ausgeschlossen wird. Die Ausschlußgründe des Abs 3 Nr 1 und 2 sind nebeneinander anwendbar (SCHMIDT-FUTTERER B

654).

Jürgen Sonnenschein

(1168)

§§ 565 b - 5 6 5 e 3. Titel. Miete. Pacht

39-42

2. Berücksichtigung der Belange des Dienstberechtigten (Abs 1)

39

Nach Abs 1 sind bei der Anwendung der §§ 556 a, 556 b auch die Belange des Dienstberechtigten zu berücksichtigen. Dies gilt in gleicher Weise bei der Beendigung des Mietverhältnisses durch ordentliche Kündigung seitens des Vermieters (§ 556 a) oder durch Zeitablauf (§ 556 b). Es kommt anders als in Abs 2 und Abs 3 Nr 1 nicht darauf an, ob der Vermieter von seinem Sonderkündigungsrecht nach § 565 c Gebrauch gemacht hat oder ob er unter Einhaltung der Fristen des § 565 gekündigt hat. Die Berücksichtigung der Belange des Dienstberechtigten bedeutet zum einen, daß 40 bei einer Identität von Vermieter und Dienstberechtigtem, also bei den werkseigenen Werkmietwohnungen (Rz 9), die Interessen des Kündigenden nicht nur in seiner Eigenschaft als Vermieter, sondern über § 556 a hinaus auch in seiner Eigenschaft als Arbeitgeber zu berücksichtigen sind. Zum anderen ist die Vorschrift vor allem für die werksfremden Werkmietwohnungen (Rz 9) bedeutsam, bei denen Vermieter und Dienstberechtigter nicht identisch sind. Dadurch wird es möglich, in die Interessenabwägung zwischen den Parteien des Mietvertrags auf seiten des Vermieters die Belange Dritter einzubeziehen (BURKHARDT BB 1964, 771, 775; H A N S § 565 d Anm 2). Dies kann sich vorteilhaft oder nachteilig für den Vermieter auswirken. Die Interessen des Dienstberechtigten bestehen idR darin, daß er die Werkwohnung 41 für einen anderen Arbeitnehmer benötigt (vgl AG Mülheim ZMR 1968, 12; AG Oberhausen WuM 1973, 164; H A N S § 565 d Anm 2; PERGANDE § 565 d Anm 2). Diesen Interessen kommt angesichts der vom Mieter akzeptierten Verknüpfung von Dienst- und Mietverhältnis besonderes Gewicht zu, wenn das Dienstverhältnis beendet ist. Persönliche Belange des Mieters werden in diesen Fällen häufig zurücktreten müssen (vgl AG Oberhausen aaO). Anders sind die Interessen dagegen zu gewichten, solange das Dienstverhältnis mit dem Mieter noch andauert. Das Interesse des Dienstberechtigten kann ferner darin liegen, einen unverträglichen Arbeitnehmer nach dem Ausscheiden aus dem Dienst auch aus dem Wohnbereich seiner früheren Kollegen zu entfernen, um dadurch eine Störung des Betriebsfriedens von außen zu verhindern ( H A N S aaO). Ein betriebliches Interesse liegt darin, daß der Wohnraum zu gewerblichen Zwecken, etwa zu einer Betriebserweiterung, verwendet werden soll (aM PERGANDE § 565 d Anm 2; SCHMIDT-FUTTERER B 656). Dies rechtfertigt zwar keine auf § 565 c gestützte Kündigung (Rz 29), kann aber insbesondere dann ein berechtigtes Interesse iS des § 556 a sein, wenn darin zugleich der Kündigungsgrund nach § 564 b Abs 2 Nr 3 liegt (§ 564 b Rz 84). Dagegen handelt es sich nicht um betriebliche Belange, wenn die Wohnung an betriebsfremde Personen vermietet werden soll (PERGANDE aaO; SCHMIDT-FUTTERER aaO).

3. Verkürzung der Widerspruchsfrist bei der Sonderkündigung gewöhnlicher Werk- 42 mietwohnungen (Abs 2) Wenn der Vermieter unter Einhaltung der Fristen des § 565 eine ordentliche Kündigung erklärt und der Mieter widerspricht, kann der Vermieter die Fortsetzung des Mietverhältnisses ablehnen, falls der Mieter den Widerspruch nicht spätestens zwei Monate vor der Beendigung des Mietverhältnisses dem Vermieter gegenüber erklärt hat (§ 556 a Abs 6 S 1; s dort Rz 63 f). Dies gilt ohne Unterschied für jede Art von Werkmietwohnung. Stützt der Vermieter die ordentliche Kündigung einer gewöhnlichen Werkmietwohnung (Rz 27) aber auf § 565 c S 1 Nr 1, so muß der Mieter den Widerspruch spätestens einen Monat vor der Beendigung des Mietverhältnisses dem Vermieter gegenüber erklären. Entscheidend ist der Zeitpunkt des (1169)

Jürgen Sonnenschein

§§ 565 b-565 e 43-46

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

Zugangs (§ 556 a Rz 64). Die Abkürzung der Widerspruchsfrist entspricht der Verkürzung der regelmäßigen Kündigungsfrist durch § 565 c S 1 Nr 1. 43 Im übrigen bleibt § 556 a unberührt. Dies bedeutet vor allem, daß der Mieter den Widerspruch noch im ersten Termin des Räumungsrechtsstreits erklären kann, wenn der Vermieter nicht rechtzeitig vor Ablauf der Widerspruchsfrist den in § 564 a Abs 2 bezeichneten Hinweis erteilt hat (§ 556 a Abs 6 S 2; s dort Rz 65; H A N S § 565 d Anm 3; SCHMIDT-FUTTERER B 650). Auch für die Berücksichtigung der Interessen des Vermieters nach § 556 a Abs 1 S 3 gelten keine Besonderheiten. Für den Widerspruch gegen die Beendigung des befristeten Mietverhältnisses über eine Werkmietwohnung durch Zeitablauf bleibt es auf jeden Fall bei der Zweimonatsfrist, da § 556 b von § 565 d Abs 2 nicht betroffen ist. Auch eine analoge Anwendung scheidet wegen der andersartigen Interessenlage bei befristeten Mietverhältnissen aus (SCHMIDT-FUTTERER B 651).

44 4. Ausschluß der Sozialklausel (Abs 3) a) Sonderkündigung funktionsgebundener Werkmietwohnungen (Nr 1) Nach Abs 3 Nr 1 gilt die Sozialklausel des § 556 a nicht, wenn der Vermieter das Mietverhältnis über eine funktionsgebundene Werkmietwohnung (Rz 33) unter Berufung auf § 565 c S 1 Nr 2 gekündigt hat. Der enge Funktionszusammenhang zwischen der Wohnung und den zu leistenden Diensten sowie der darauf beruhende Betriebsbedarf machen es erforderlich, daß die Wohnung nach der Beendigung des Dienstverhältnisses alsbald frei wird. Die Sozialklausel wird nach dem eindeutigen Wortlaut der Vorschrift aber nur bei einer Kündigung nach § 565 c S 1 Nr 2 ausgeschlossen. Kündigt der Vermieter die funktionsgebundene Werkmietwohnung unter Einhaltung der Fristen des § 565, bleibt dem Mieter das Widerspruchsrecht erhalten (SCHMIDT-FUTTERER B 647; vgl Ausschußbericht, zu BT-Drucks IV/2195, 6; mißverständlich PALANDT-PUTZO § 565 d Anm 2 a bb). Unerheblich ist es dann, ob dem Vermieter ein Sonderkündigungsrecht zustand und er nur aus Entgegenkommen die längere Kündigungsfrist des § 565 eingehalten hat. Die Sozialklausel braucht in diesen Fällen nicht wegen Treuwidrigkeit des Mieters nach § 242 ausgeschlossen zu werden (so aber SCHMIDT-FUTTERER aaO), weil der besondere betriebliche Bedarf in aller Regel dazu führt, daß der Widerspruch des Mieters nach § 556 a wegen der überwiegenden Interessen des Vermieters unbegründet ist. Endet ein auf bestimmte Zeit eingegangenes Mietverhältnis über eine funktionsgebundene Werkmietwohnung nach § 564 Abs 1 durch Zeitablauf, bleibt § 556 b anwendbar, da dieser Fall von § 565 d Abs 3 Nr 1 nicht erfaßt wird (SCHMIDT-FUTTERER B 648). 45 b) Auflösung des Dienstverhältnisses auf Veranlassung des Mieters (Nr 2) aa) Nach Abs 3 Nr 2 HS 1 gelten die §§ 556 a, 556 b nicht, wenn der Mieter das Dienstverhältnis gelöst hat, ohne daß ihm von dem Dienstberechtigten gesetzlich begründeter Anlaß gegeben war. Diese Regelung betrifft jede Art von Werkmietwohnung und wird damit gerechtfertigt, daß dem Vermieter eine längere Fortsetzung des Mietverhältnisses nicht zuzumuten ist (Ausschußbericht, zu BT-Drucks IV/2195, 6). Auf die Identität von Dienstberechtigtem und Vermieter kommt es nicht an. 46 Der Mieter muß das Dienstverhältnis gelöst haben. Dies wird verbreitet dahin interpretiert, der Mieter müsse das Dienstverhältnis gekündigt haben ( E R M A N SCHOPP §§ 565 b-565 e Rz 21; H A N S § 565 d Anm 4; ROQUETTE § 565 d Rz 5; Jürgen Sonnenschein

(1170)

§§ 565 b - 5 6 5 e 3. Titel. Miete. Pacht

47,48

PERGANDE § 565 d Anm 2). Diese Auslegung findet im Gesetz keine Stütze. Für die Auflösung des Dienstverhältnisses durch den Mieter kommen neben der ordentlichen und der außerordentlichen Kündigung insbesondere eine Anfechtung (vgl P A L A N D T - P U T Z O § 611 Anm 2 b) und ein Aufhebungsvertrag in Betracht (BAG ZMR 1958, 165, 166; P A L A N D T - P U T Z O § 565 d Anm 3 b), wobei es im letzteren Fall unerheblich ist, daß der Dienstberechtigte mitwirken muß. Dies ändert nichts an der Auflösung des Dienstverhältnisses durch den Mieter. Entscheidend ist, daß die Auflösung des Dienstverhältnisses vollendet ist, weil erst dann die Verknüpfung zwischen Dienst- und Mietvertrag nicht mehr gewahrt ist. Dies ergibt sich aus dem Wortlaut des Abs 3 Nr 2 HS 1. Endet der Mietvertrag, solange noch die Frist für eine bereits ausgesprochene Kündigung des Dienstverhältnisses läuft, bleiben die §§ 556 a, 556 b anwendbar. Die Verknüpfung beider Verträge ist noch nicht gelöst. Eine Fortsetzung des Mietverhältnisses aufgrund der Sozialklausel kommt aber nur bis zum Ende des Dienstvertrags in Betracht, da § 565 d Abs 3 Nr 2 insoweit zeitlich eine absolute Grenze setzt.

Der Dienstberechtigte darf dem Mieter hierzu keinen gesetzlich begründeten Anlaß 47 gegeben haben. Ein gesetzlich begründeter Anlaß zur Auflösung des Dienstverhältnisses liegt vor, wenn der Dienstberechtigte einen wichtigen Grund zur fristlosen Kündigung des Dienstverhältnisses durch den Dienstverpflichteten, den Mieter, gesetzt hat ( R O Q U E T T E § 565 d Rz 6; P A L A N D T - P U T Z O § 565 d Anm 3 b). Nach § 626 ist ein wichtiger Grund gegeben, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann. Unerheblich ist es dann, ob der Dienstberechtigte statt der fristlosen Kündigung den Weg der ordentlichen Kündigung wählt. Nach umstrittener Auffassung kann ein gesetzlich begründeter Anlaß zur Auflösung 48 des Dienstverhältnisses auch ohne wichtigen Grund zur fristlosen Kündigung gegeben sein. Das BAG hält einen gesetzlich begründeten Anlaß für gegeben, wenn der Mieter aufgrund schuldhaften, rechtswidrigen Verhaltens des Vermieters einen gesetzlichen oder wichtigen Kündigungsgrund hatte und dieses Verhalten ferner für die Auflösung des Arbeitsverhältnisses kausal war. Entscheidend komme es auf ein vorwerfbares Verhalten des Vermieters bzw Arbeitgebers an (BAG ZMR 1958, 165, 166 zu § 20 MietSchG; ebenso LAG Hamm ZMR 1965, 87 zu § 20 MietSchG mit Nachweisen zum Meinungsstreit; vgl auch BFH BStBl II 1977, 735 zu § 3 Nr 9 EStG; B G B - R G R K - G E L H A A R § 565 d Rz 3). Dieser Auffassung ist zuzustimmen, weil der Ausschluß der Sozialklausel auf dem Prinzip der Veranlassung durch den Mieter beruht. Der Mieter bleibt dagegen geschützt, wenn die entscheidende Ursache für die Auflösung des Dienstverhältnisses durch den Arbeitgeber gesetzt wird. Hierbei kann es sich etwa um Vertragsverletzungen minder schwerer Art handeln, die zwar keinen Kündigungsgrund iS des § 626 abgeben, weil sie eine weitere Fortsetzung des Dienstverhältnisses nicht unzumutbar machen, die den Arbeitnehmer aber gleichwohl zur ordentlichen Kündigung veranlassen. Ein gesetzlich begründeter Anlaß kann daher in jedem rechtswidrigen und schuldhaften Gesetzesverstoß gesehen werden, der dem Dienstberechtigten vorzuwerfen ist. Nur so ist dem Prinzip gerecht zu werden, daß der Mieter das Dienstverhältnis nicht unbedingt durch fristlose Kündigung aufgelöst zu haben braucht (Rz 46). Wollte sich das Gesetz auf diese Fälle beschränken, hätte es nahegelegen, den wichtigen Grund von vornherein zum Tatbestandsmerkmal des § 565 d Abs 3 Nr 2 zu machen (vgl auch Rz 51). (1171)

Jürgen Sonnenschein

§§ 565 b-565 e 49-54

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

49 Die Rechtsfolge besteht in einem Ausschluß der Sozialklausel. Wird das Mietverhältnis durch ordentliche Kündigung seitens des Vermieters beendet, ist § 556 a nicht anwendbar. Es kommt nicht darauf an, ob die Kündigung auf § 565 oder auf § 565 c gestützt wird. Endet das Mietverhältnis durch Zeitablauf, nachdem das Dienstverhältnis aufgelöst worden ist, gilt § 556 b nicht. Die Sozialklausel ist dagegen zeitlich begrenzt noch anzuwenden, solange bei der Beendigung des Mietverhältnisses die Frist für eine bereits ausgesprochene ordentliche Kündigung des Dienstvertrags läuft (Rz 46). 50 bb) Nach Abs 3 Nr 2 HS 2 gelten die §§ 556 a, 556 b nicht, wenn der Mieter durch sein Verhalten dem Dienstberechtigten gesetzlich begründeten Anlaß zur Auflösung des Dienstverhältnisses gegeben hat. Die Sozialklausel wird unabhängig von der Art der Werkmietwohnung ausgeschlossen. Dienstberechtigter und Vermieter brauchen nicht identisch zu sein. 51 Der Dienstberechtigte muß das Dienstverhältnis gelöst haben. Eine bestimmte Art der Auflösung ist nicht vorgeschrieben. Es gelten die gleichen Grundsätze wie zu HS 1 (Rz 46). Der Mieter muß hierzu durch sein Verhalten einen gesetzlich begründeten Anlaß gegeben haben. Wie bei HS 1 (Rz 47 f) ist nicht unbedingt ein wichtiger Grund zur fristlosen Kündigung iS des § 626 erforderlich. Es genügen minder schwere Gründe, die im Verhalten des Arbeitnehmers liegen und die Kündigung deshalb nicht nach § 1 Abs 2 KSchG als sozial ungerechtfertigt erscheinen lassen ( E R M A N - S C H O P P §§ 565 b-565 e Rz 21; PERGANDE § 565 d Anm 2; SCHMIDT-FUTTERER B 652; aM P A L A N D T - P U T Z O § 565 d Anm 3 c). Zu beachten ist, daß es sich um eine verhaltensbedingte Kündigung handeln muß. Dabei ist allerdings eine scharfe Trennung gegenüber den in der Person des Arbeitnehmers liegenden Gründen wegen der fließenden Grenzen nicht generell möglich. Unzureichend ist auf jeden Fall eine nur betriebsbedingte Kündigung iS des § 1 Abs 2 KSchG (SCHMIDT-FUTTERER B 653). 52 Die Rechtsfolge besteht in einem Ausschluß der Sozialklausel, wenn das Mietverhältnis durch ordentliche Kündigung des Vermieters oder durch Zeitablauf beendet wird. Im übrigen gilt das gleiche wie zu HS 1 (Rz 49). V. Anwendung des Mietrechts auf Werkdienstwohnungen (§ 565 e) 53 1. Allgemeines Werkdienstwohnungen sind dadurch gekennzeichnet, daß die Überlassung des Wohnraums ihre Rechtsgrundlage in einem Dienstvertrag findet und Teil der Vergütung für die geleisteten Dienste ist (s im einzelnen Rz 13 ff). Anders als bei Werkmietwohnungen bestehen nicht ein Dienst- und ein Mietvertrag nebeneinander. Dies hat zur Folge, daß dem Dienstberechtigten der Wohnraum nicht entzogen werden kann, solange das Dienstverhältnis besteht. Die Beendigung richtet sich grundsätzlich nach den für den Dienstvertrag maßgebenden Vorschriften (vgl SCHMIDT-FUTTERER B 665). Unter den Voraussetzungen des § 565 e wird das Rechtsverhältnis über den Wohnraum hinsichtlich der Beendigung jedoch verselbständigt und den Vorschriften über die Miete unterstellt. 54 2. Voraussetzungen a) Es muß sich um eine Werkdienstwohnung handeln. Hierzu gehört jeder Wohnraum, der im Rahmen eines Dienstverhältnisses überlassen ist (Rz 13 ff). Unerheblich ist es, ob die Merkmale einer vollständigen Wohnung gegeben sind (Rz 5). Jürgen Sonnenschein

(1172)

3. Titel. Miete. Pacht

§§ 565 b-565 e 55-57

Erfaßt wird auch Wohnraum, der entsprechend dem Dienstverhältnis zu nur vorübergehendem Gebrauch überlassen ist (vgl § 556 a Rz 88 ff). b) Der zur Dienstleistung Verpflichtete muß den Wohnraum ganz oder überwie- 55 gend mit Einrichtungsgegenständen ausgestattet haben (vgl als Alternative Rz 56). Anders als im Rahmen des § 565 Abs 3 (s dort Rz 44 ff) kommt es nicht darauf an, ob derjenige, der den Wohnraum überläßt, zur Möblierung verpflichtet ist. Entscheidend ist vielmehr, daß der Dienstverpflichtete selbst seine Wohnung ganz oder überwiegend ausgestattet hat. Zu den Einrichtungsgegenständen gehören die für eine normale Ausstattung erforderlichen Möbel sowie Herd, Spüle, Beleuchtungskörper, Teppiche, Bettzeug, Bilder und dgl. Für den Umfang kommt es allein auf die tatsächlich vorhandene Ausstattung an. Ganz ausgestattet hat der Dienstverpflichtete den Wohnraum, wenn er sämtliche Einrichtungsgegenstände, die er und die mit ihm zusammen lebenden Personen für eine normale Lebensführung benötigen, selbst gestellt hat. Die Eigentumsverhältnisse sind unerheblich, soweit die Einrichtungsgegenstände nicht vom Dienstberechtigten oder bei werksfremden Werkdienstwohnungen vom Hauseigentümer stammen. Überwiegend ausgestattet zat der Dienstverpflichtete den Wohnraum, wenn er nach Zahl und wirtschaftlicher Bedeutung mehr als die Hälfte der bei voller Möblierung benötigten Einrichtungsgegenstände gestellt hat. Das Schwergewicht liegt dabei auf der wirtschaftlichen Bedeutung. Fest eingebaute Gegenstände wie sanitäre Einrichtungen und Einbaumöbel sind auf der einen oder anderen Seite zu berücksichtigen (vgl auch § 565 Rz 48). Wie aus dem Wortlaut des § 565 e zu schließen ist, sind nicht die tatsächlichen Verhältnisse bei der Überlassung des Wohnraums maßgebend (so wohl R O Q U E T T E § 565 e Rz 15), sondern im Zeitpunkt der Beendigung des Dienstverhältnisses. c) Alternativ setzt § 565 e voraus, daß der zur Dienstleistung Verpflichtete in dem 56 Wohnraum mit seiner Familie einen eigenen Hausstand führt. In diesem Fall kommt es nicht darauf an, wer den Wohnraum mit Einrichtungsgegenständen ausgestattet hat. In der Sache entspricht die Regelung den für vermieteten Wohnraum geltenden Vorschriften, der zum dauernden Gebrauch für eine Familie überlassen ist (vgl §§ 564 b Abs 7, 565 Abs 3). Ihr liegt der gleiche Zweck zugrunde, den Wohnraum, der den Mittelpunkt der Lebensführung für eine Familie bildet, den Schutzbestimmungen des sozialen Mietrechts zu unterstellen. Der Begriff der Familie umfaßt Ehepaare, auch wenn sie kinderlos sind, Verwandte und Verschwägerte, ohne daß es auf einen bestimmten Grad der Verwandtschaft oder Schwägerschaft ankommt ( R O Q U E T T E § 565 e Rz 15; vgl oben § 565 Rz 52 f). Der Dienstverpflichtete führt in dem Wohnraum einen eigenen Hausstand, wenn dort der Mittelpunkt seiner Lebens- und Wirtschaftsführung liegt (vgl § 569 a Rz 10). d) Nach den §§ 564 b, 565 wird der an Alleinstehende vermietete möblierte 57 Wohnraum vom Schutz des sozialen Mietrechts erfaßt, sofern er nicht Teil der vom Vermieter selbst bewohnten Wohnung ist. § 565 e enthält insoweit keine Regelung. Nach E R M A N - S C H O P P (§§ 565 b-565 e Rz 23) soll die Vorschrift entgegen ihrem Wortlaut auch auf die genannten Fälle anzuwenden sein. Hiergegen spricht aber, daß der Gesetzgeber bei der allgemeinen Erweiterung des Kündigungsschutzes für möblierten Wohnraum durch das WKSchG II die Vorschrift des § 565 e nicht geändert hat. Die Interessenlage ist bei derartigen Werkdienstwohnungen wegen des besonders engen funktionellen Zusammenhangs mit dem Dienstvertrag ganz anders als bei Mietverhältnissen über möblierten Wohnraum. Wenn die Ausstattung des Wohnraums durch den Dienstverpflichteten ausdrücklich zur Voraussetzung für die Anwendbarkeit des § 565 e gemacht ist (Rz 55), muß daraus geschlossen werden, daß die Vorschrift für den an Alleinstehende vermieteten möblierten Wohnraum nicht anwendbar ist. Aus diesen Gründen scheidet auch eine entsprechende Anwendung aus. (¡173)

Jürgen Sonnenschein

§§ 565 b - 5 6 5 e 58-62

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Sehuldverhältnisse

58 3. Rechtfolgen Als Rechtsfolge ist bestimmt, daß für die Beendigung des Rechtsverhältnisses hinsichtlich des Wohnraums die Vorschriften über die Miete entsprechend gelten. Dies bedeutet, daß das Nutzungsverhältnis über den Wohnraum in gewisser Weise gegenüber dem zugrunde liegenden Dienstvertrag verselbständigt ist. Hiervon sind beide Parteien in gleicher Weise betroffen. 59 a) Wenn der Dienstvertrag auf bestimmte Zeit abgeschlossen ist, endet das Rechtsverhältnis über den Wohnraum nach § 564 Abs 1 durch Zeitablauf zusammen mit dem Dienstverhältnis. Die entsprechende Anwendbarkeit der mietrechtlichen Vorschriften hat in diesem Fall zur Folge, daß der Dienstverpflichtete nach § 556 b oder Art 2 WKSchG II die Fortsetzung des Mietverhältnisses verlangen kann (SCHMIDTFUTTERER B 667). Da das Dienstverhältnis und das Rechtsverhältnis über den Wohnraum in gleicher Weise durch Zeitablauf enden, kommt ein Ausschluß der Sozialklausel nach § 565 d Abs 3 Nr 1 nicht in Betracht. 60 Das Rechtsverhältnis hinsichtlich des Wohnraums kann sich nach § 568 aufgrund einer Fortsetzung des Gebrauchs durch den Wohnungsinhaber über das Ende des Dienstverhältnisses hinaus verlängern (vgl SCHMIDT-FUTTERER B 669). Nach § 565 e ist die entsprechende Anwendung der mietrechtlichen Vorschriften zwar nur für die „Beendigung" des Rechtsverhältnisses über den Wohnraum vorgesehen, während § 568 zu dessen Verlängerung führt. Diese Vorschrift soll jedoch klare Rechtsverhältnisse bei einer Fortsetzung des Gebrauchs schaffen (§ 568 Rz 2) und kann damit im weiteren Sinne zu den Bestimmungen gezählt werden, die Fragen der Beendigung des Mietverhältnisses regeln. Die Anwendung des § 568 ist vor allem geboten, wenn sein Zweck in einem Bestandsschutz für das Mietverhältnis gesehen wird (vgl § 568 Rz 2; LG Bochum ZMR 1971, 56, 57 m Anm SCHOPP; aM PALANDT-PUTZO § 568 Anm 1 a). Nur bei einer derart weiten Auslegung des Begriffs der „für die Beendigung des Mietverhälnisses" maßgebenden Vorschriften ist auch die Anwendung der Sozialklausel zu rechtfertigen, die der „Fortsetzung" des Mietverhältnisses dient. Beim Tod des Dienstverpflichteten kann § 569 a eingreifen (s dort Rz 4). 61 b) Bei einem Dienstvertrag auf unbestimmte Zeit endet das Rechtsverhältnis über den Wohnraum nicht automatisch mit der Beendigung des Dienstverhältnisses. Es ist erforderlich, dieses Rechtsverhältnis nach den mietrechtlichen Vorschriften gesondert zu beenden. Hierzu dient idR eine ordentliche oder ggf eine außerordentliche Kündigung (§ 564 Rz 30 ff). Daneben kommen andere Beendigungsgründe wie vor allem ein Aufhebungsvertrag in Betracht (§ 564 Rz 44 ff). Auszuschließen ist aber eine Anfechtung, die nur auf den Eintritt der Rechtswirkungen des § 565 e gestützt wird, da es sich insoweit um einen unbeachtlichen Rechtsfolgeirrtum handelt. 62 aa) Solange das Rechtsverhältnis über den Wohnraum nicht nach den mietrechtlichen Vorschriften beendet ist, besteht zwischen den Parteien ein gesetzliches Schuldverhältnis ( R O Q U E T T E § 5 6 5 e Rz 8 ; SCHMIDT-FUTTERER B 6 6 8 ) . Das Gesetz regelt nicht, wie dieses Schuldverhältnis inhaltlich im einzelnen ausgestaltet ist. Aus dem Zweck der Vorschrift ergibt sich, daß der Wohnungsinhaber über die Beendigung des Dienstverhältnisses hinaus einen Anspruch auf weitere Überlassung des Wohnraums behält. Dem entspricht eine Pflicht des Wohnungsinhabers, ein Nutzungsentgelt zu entrichten. Dieses Entgelt kann sich nicht nach bereicherungsrechtlichen Vorschriften richten, da die Nutzung eine Rechtsgrundlage hat. Auch ein Eigentümer-Besitzer-Verhältnis iS der §§ 987 ff scheidet aus, weil der Wohnungsinhaber zum Besitz berechtigt ist ( R O Q U E T T E § 5 6 5 e Rz 1 7 ) . Bei dem gesetzlichen Schuldverhältnis handelt es sich um ein Abwicklungsverhältnis, das im Anschluß an die Beendigung des Dienstvertrags entsteht. Damit liegt es nahe, das NutzungsentJürgen Sonnenschein

(1174)

§§ 565 b - 5 6 5 e 3. Titel. Miete. Pacht

63-67

gelt nach dem Teil der früheren Tätigkeitsvergütung zu bestimmen, der für die Überlassung der Werkdienstwohnung angerechnet worden ist, dem nunmehr aber keine Leistungen des ausgeschiedenen Arbeitnehmers gegenüberstehen (SCHMIDTFUTTERER B 6 7 1 ; ders - BLANK B B 1 9 7 6 , 1 0 3 3 , 1 0 3 4 ) . Insoweit handelt es sich um Nachwirkungen des Dienstvertrags. Ist in diesem Vertrag kein bestimmter Betrag ausgewiesen, der wegen der Wohnraumüberlassung auf die Tätigkeitsvergütung anzurechnen war, so ist in entsprechender Anwendung des § 557 Abs 1 S 1 HS 2 das ortsübliche Entgelt für vergleichbare Werkdienstwohnungen maßgebend (SCHMIDTFUTTERER aaO; ders - BLANK aaO; vgl § 5 5 7 Rz 4 1 ff; aM ROQUETTE § 5 6 5 e Rz 1 9 - Wohnwert, der gegenüber dem sonst erzielbaren Mietzins um die darin enthaltenen Kostenfaktoren niedriger ist). Auch für die sonstigen Rechte und Pflichten der Parteien gilt Entsprechendes wie im Fall des § 557 (vgl dort Rz 44 ff). bb) Die Beendigung des Rechtsverhältnises hinsichtlich des Wohnraums nach den 63 mietrechtlichen Vorschriften setzt idR eine Kündigung voraus (vgl Rz 61). Steht einer Partei kein Recht zur außerordentlichen Kündigung zu, ist eine ordentliche Kündigung erforderlich. Die Kündigungserklärung bedarf nach § 564 a Abs 1 S 1 der schriftlichen Form. 64 Auch die übrigen Bestimmungen des § 564 a einschließlich der Ausnahmeklausel des Abs 3 HS 1 sind anwendbar. Der Ausnahmetatbestand des HS 2 für Mietverhältnisse der in § 565 Abs 3 genannten Art kann bei Werkdienstwohnungen iS des § 565 e nicht vorkommen. Der Kündigende muß die Kündigungsfristen des § 565 Abs 2 einhalten. Für die 65 verlängerten Fristen kommt es auf die Dauer der Überlassung des Wohnraums an, die sich nicht nach dem Dienstverhältnis richtet, sondern unabhängig vom Rechtsgrund nach der tatsächlichen Besitzdauer (vgl § 565 Rz 32 ff; R O Q U E T T E § 565 e Rz 11). § 565 Abs 3 kann nicht eingreifen, da er durch die Tatbestandsmerkmale des § 565 e ausgeschlossen wird. Die auf § 565 gestützte Kündigung kann schon erklärt werden, solange das Dienstverhältnis noch besteht. Dadurch ist es möglich, beide Rechtsverhältnisse zu demselben Zeitpunkt zu beenden ( R O Q U E T T E § 565 e Rz 12; SCHMIDT-FUTTERER B 669). Handelt es sich um eine einheitliche Kündigungserklärung, muß sie eindeutig ergeben, daß sie sich neben dem Dienstverhältnis auch auf das Rechtsverhältnis hinsichtlich des Wohnraums erstreckt ( R O Q U E T T E aaO). Die Kündigungsfristen des § 565 Abs 2 sind von beiden Parteien einzuhalten. Die entsprechende Anwendbarkeit mietrechtlicher Vorschriften auf Werkdienstwohnungen bedeutet, daß auch die Bestimmungen über Werkmietwohnungen eingreifen können. Der Verfügungsberechtigte über die Werkdienstwohnung kann die Kündigung deshalb nach seiner Wahl auf § 565 c stützen, um die Kündigungsfristen abzukürzen. Diese Sonderkündigung ist allerdings erst nach der Beendigung des Dienstverhältnisses möglich (Rz 25; R O Q U E T T E § 565 e Rz 13; SCHMIDT-FUTTERER B 669). Bei Werkdienstwohnungen kommt wegen des besonders engen Funktionszusammenhangs idR das Sonderkündigungsrecht des § 565 c S 1 Nr 2 in Betracht. Bei entsprechender Gestaltung des Dienstvertrags sind auf die Beendigung des 66 Rechtsverhältnisses hinsichtlich des Wohnraums die Vorschriften des § 565 a über Verlängerungsklausel und auflösende Bedingung entsprechend anwendbar. Für die Kündigung der Werkdienstwohnung durch den Verfügungsberechtigten ist 67 ein Kündigungsgrund iS des § 564 b erforderlich, soweit nicht der Ausnahmetatbestand des Abs 7 HS 1 für Wohnraum zu nur vorübergehendem Gebrauch vorliegt. Die Ausnahme des HS 2 kann wegen der Tatbestandsmerkmale des § 565 e nicht vorkommen. Als Kündigungsgrund kommt in erster Linie Betriebsbedarf in Betracht (§ 564 b Rz 107). Doch auch die anderen Gründe des § 564 b Abs 2 und die erleichterte Kündigungsmöglichkeit nach Abs 4 können bei Werkdienstwohnungen (1175)

Jürgen Sonnenschein

§§ 565 b - 5 6 5 e 68-72

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

gegeben sein. Die Kündigungsgründe sind nach § 564 b Abs 3 grundsätzlich in dem Kündigungsschreiben anzugeben (vgl § 564 b Rz 121 ff; AG Stuttgart WuM 1974, 126). 68 Zu den entsprechend anwendbaren Vorschriften gehört die Sozialklausel des § 556 a (vgl oben Rz 59 zu § 556 b). Stützt der über die Werkdienstwohnung Verfügungsberechtigte seine Kündigung auf § 565, gilt die Sozialklausel grundsätzlich ohne Einschränkungen. Da auch § 565 d für Werkdienstwohnungen entsprechend gilt, ist die Sozialklausel nur nach Maßgabe des Abs 2 dieser Bestimmung anwendbar (Rz 42 f) oder in den Fällen des Abs 3 sogar ganz ausgeschlossen (Rz 44 ff). 69 Ist das besondere gesetzliche Schuldverhältnis hinsichtlich des Wohnraums nach den Vorschriften des Mietrechts beendet worden, so kann es sich nach § 568 aufgrund einer Fortsetzung des Gebrauchs durch den Wohnungsinhaber verlängern (Rz 60; SCHMIDT-FUTTERER B 6 6 9 ) .

70 Die Parteien können während des Bestehens oder nach dem Ende des Dienstvertrags einen Mietvertrag über die Wohnung abschließen, so daß alle mietrechtlichen Vorschriften unmittelbar anwendbar werden. Der Mietvertrag kann durch konkludentes Verhalten der Parteien zustande kommen. Allerdings genügt es nicht, daß der Verfügungsberechtigte nach Beendigung des Dienstverhältnisses längere Zeit keinen Gebrauch von seinem Kündigungsrecht macht und das Nutzungsentgelt entgegennimmt (so aber SCHMIDT-FUTTERER B 6 7 2 ) . Dies ist nichts anderes als Ausdruck des besonderen gesetzlichen Schuldverhältnisses (vgl Rz 62). Beide Parteien müssen vielmehr ein Verhalten an den Tag legen, das von dem Willen getragen wird, ihr Rechtsverhältnis in vollem Umfang den mietrechtlichen Bestimmungen zu unterstellen.

71 VI. Abweichende Vereinbarungen Die §§ 565 b-565 e enthalten keine Vorschriften über abweichende Vereinbarungen. Dies bedeutet nicht, daß die Regelung in vollem Umfang abdingbar ist. Soweit die allgemeinen mietrechtlichen Vorschriften unmittelbar oder wie nach § 565 e entsprechend anwendbar sind, gelten die insoweit jeweils maßgebenden Bestimmungen über Zulässigkeit und Grenzen abweichender Vereinbarungen (vgl § 556 a Rz 97 f; § 556 b Rz 30; § 556 c Rz 35; § 557 Rz 63 ff; § 557 a Rz 27 ff; § 564 a Rz 32 f; § 564 b Rz 157 ff; § 565 Rz 57 ff; § 565 a Rz 23 ff). Im Hinblick auf § 565 Abs 2 S 3 und 4 ergibt sich dies auch aus § 565 c S 2. Die Parteien können die Verknüpfung zwischen Dienstverhältnis und Wohnraumnutzung gegenüber den §§ 565 b-565 e zum Nachteil des Mieters nicht dadurch verstärken, daß sie die Beendigung des Dienstverhältnisses zur auflösenden Bedingung für die Wohnraumnutzung machen (§ 565 a Abs 2) oder dem Vermieter aus diesem Grund ein Recht zur fristlosen Kündigung zugestehen (§ 554 b; HANS § 565 b Anm 6; ROQUETTE § 565 c Rz 25; SCHMIDT-FUTTERER B 658). Soweit die §§ 565 c, 565 d zum Nachteil des Mieters von den allgemeinen Vorschriften abweichen, können die Parteien die Rechte des Mieters wegen der jeweils maßgebenden Unabdingbarkeitsklauseln nicht noch weiter verkürzen, weil darin zugleich ein Verstoß gegen die einzelne Klausel hegt. Insoweit wird die gesamte Regelung der §§ 565 b-565 e abweichenden Vereinbarungen entzogen, die den Mieter bzw Nutzungsberechtigten noch weiter benachteiligen würden. 72 Zulässig ist es dagegen, daß die Parteien die Anwendbarkeit der §§ 565 c, 565 d vertraglich zugunsten des Mieters bzw Nutzungsberechtigten ausschließen, so daß Jürgen Sonnenschein

(1176)

3. Titel. Miete. Pacht

§§ 565 b-565 e 73, 74

dem Vermieter kein Sonderkündigungsrecht zusteht und die Sozialklausel uneingeschränkt anwendbar bleibt (SCHMIDT-FUTTERER B 657). VII. Gerichtliche Zuständigkeiten

73

1. Für den Rechtsstreit über eine Werkmietwohnung ist nach § 23 GVG, § 29 a ZPO ausschließlich das Amtsgericht sachlich und örtlich zuständig. Diese Regelung ist zwingend. Nachdem § 29 a ZPO durch Art II Nr 1 MietRÄndG III vom 21. 12. 1967 (BGBl 1 1248) eingefügt worden ist, hat sich der frühere Streit über die Zuständigkeit der Amtsgerichte oder der Arbeitsgerichte erledigt (vgl H A N S § 565 b A n m 7 b ; SCHMIDT-FUTTERER B

674).

2. Der Rechtsstreit über eine Werkdienstwohnung soll nach zT vertretener Auffas- 74 sung in die Zuständigkeit des Arbeitsgerichts fallen, weil die Überlassung des Wohnraums nicht auf einem Mietvertrag, sondern auf dem Dienst- oder Arbeitsvertrag beruht ( K O E N I G W U M 1 9 6 7 , 1 6 0 , 1 6 1 ; PERGANDE § 5 6 5 b Anm 8 ) . Dies kann aber nur gelten, solange der Dienstvertrag noch nicht beendet ist (SCHMIDT-FUTTERER B 675) und es in dem Rechtsstreit nicht um die Beendigung des Rechtsverhältnisses hinsichtlich des Wohnraums geht. Dann nämlich gelten nach § 565 e die Vorschriften über die Miete entsprechend. Daraus folgt, daß ein Rechtsstreit, der im Zusammenhang mit der Beendigung des Rechtsverhältnisses hinsichtlich des Wohnraums steht, nach § 23 GVG, § 29 a ZPO in die ausschließliche Zuständigkeit des Amtsgerichts gehört (LG Detmold WuM 1 9 6 9 , 2 8 ; A G Garmisch ZMR 1 9 7 2 , 1 1 7 , 1 1 8 ; SCHMIDT-FUTTERER aaO). Dabei sind entgegen der Auffassung von H A N S (§ 565 b Anm 7 b bb) nicht solche Rechtsstreitigkeiten auszuscheiden, bei denen § 29 a ZPO von einem „Mietvertrag" oder „Mietverhältnis" spricht. Das gesetzliche Schuldverhältnis über die Werkdienstwohnung ist solchen Mietstreitigkeiten unter den Voraussetzungen des § 565 e in jeder Hinsicht gleichzustellen (vgl zu den Ausnahmen von der ausschließlichen Zuständigkeit § 29 a Abs 2 ZPO). Ist der Tatbestand des § 565 e nicht erfüllt, bleibt es bei der Zuständigkeit des Arbeitsgerichts, soweit es sich nicht um eine Klage auf Räumung des Wohnraums handelt. Hierfür ist nach § 29 a Abs 1 S 2 ZPO in jedem Fall das Amtsgericht unabhängig vom Rechtsgrund der Klage zuständig (Ausschußbericht zum Entw eines MietRÄndG III, zu BT-Drucks für ist nach § 29 a Abs 1 S 2 ZPO in jedem Fall das Amtsgericht unabhängig vom Rechtsgrund der Klage zuständig (Ausschußbericht zum Entw eines MietRÄndG III, zu BT-Drucks V/2317,5; B G B - R G R K - G E L H A A R § 565 e R Z 4; THOMAS-PUTZO, ZPO [9. Aufl 1977] § 29 a Anm 1 b; WIECZOREK, Z P O [ 2. Aufl 1976] § 29 a Anm B II; aM GERISCHER ZMR 1968, 193).

§566 Ein Mietvertrag über ein Grundstück, der für längere Zeit als ein Jahr geschlossen wird, bedarf der schriftlichen Form. Wird die Form nicht beobachtet, so gilt der Vertrag als für unbestimmte Zeit geschlossen; die Kündigung ist jedoch nicht für eine frühere Zeit als für den Schluß des ersten Jahres zulässig. E II § 507; E III § 559; Prot II 147 ff, 178.

Schrifttum GANSCHEZIAN-FINCK, Änderung formbedürftiger Mietverträge, ZMR 1973, 129; HELMER, Mangel

der schriftlichen Form bei einem Mietvertrag über ein Gebäude, DJZ 1904,1034; ders, Mangel bei vereinbarter Schriftform bei § 566, Recht 1905, 266; KELLER, ZU § 566, JW 1912, 104; LIPPMANN, (1177)

Jürgen Sonnenschein • Volker Emmerich

§566 2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse Die Schriftform bei Miet- und Pachtverträgen, Ein Beitrag zu § 566 BGB, Gruchot 70 (1926) 169; § 566 und die Vereinbarung längerer als die gesetzlichen Kündigungsfristen, JW 1916, 1178; ders, Die Miete nach dem Rechte des deutschen Reiches (4. Aufl 1932) 156 ff; M Ü L L E R , Zur Anwendung des § 566 BGB bei Abänderung eines Mietvertrages, JR 1970, 86; N I E N D O R F F , Mietrecht nach dem BGB (10. Aufl 1914) 68 ff; O S W A L D , Kann ein Mietvertrag mit Schriftformklausel später mündlich oder gar stillschweigend geändert werden? ZMR 1960, 198; O T T O , Mündliche Nebenabreden zum Mietvertrag, ZMR 1968, 35; P E R G A N D E , Wann sind Änderungen und Ergänzungen des Mietvertrages formgültig? FWW 1968, 475; R O Q U E T T E , Formlose Aufhebung der Schriftformklausel bei Mietverträgen, DR 1940, 961; ders, Die Schriftform von Nachtragmietverträgen, ZMR 1970, 33; SCHEUERMANN, Die Schriftform beim Abschluß und bei Abänderungen von Mietverträgen, JW 1932, 2946; S C H M I D T - F U T T E R E R , Miete und Pacht (2. Aufl 1974) 27 ff; ders, Mietrecht (7. Aufl 1976), sv Schriftform, 196 ff; R E I C H E L , Formnichtige Verpflichtungsgeschäfte, AcP 104 (1904) 1, 62 ff; T A U B E R , Wirksamkeit mündlicher Abänderungen eines schriftlichen Mietvertrages über ein Grundstück, Gruchot 49 (1905) 228; STERNEL Tz I , 89 ff; W E I M A R Bedarf der Vorvertrag zu einem langfristigen Grundstückmietvertrag der Schriftform? MDR 1961, 289 f; ders, Rechtswirksame Nachtragsvereinbarungen trotz der Schriftformklausel? ZMR 1969, 225. MITTELSTEIN,

Systematische Übersicht

II. Der Anwendungsbereich des § 556 5 1. Der Mietvertrag über ein Grundstück 6 2. Der Abschluß für längere Zeit als 1 Jahr 11

V. Insbes Änderungen und Ergänzungen des Vertrages 34 1. Grundsatz 34 2. Das Erfordernis der Einheitlichkeit der Urkunde 38 3. Ausnahmen 40

III. Die Schriftform 17 1. Allgemeines 18 2. Insbes die Einheitlichkeit der Urkunde 20 3. Einzelheiten 21

VI. Rechtsfolgen 44 1. Allgemeines 45 2. Die Kündigung 50 3. Die Treuwidrigkeit der Berufung auf den Formmangel 55

I. Entstehungsgeschichte und Zweck der Vorschrift 1

IV. Die der Schriftform unterfallenden Abreden im einzelnen 25 1. Grundsatz 25 2. Ausnahmen 27 3. Einzelheiten 31

VII. Die sog Schriftformklausel 61 1. Die vereinbarte Schriftform 61 2. Die Vereinbarung der Schriftform für Änderungen und Ergänzungen 64 VUI. Abweichende Vereinbarungen 69 IX. Beweislast 70

Alphabetische Übersicht Abreden mit Dritten 30 Abschlußzeit 11 Abweichende Vereinbarungen 68 Änderungen 33, 38,43,46 Anpassung 40 Anwendungsbereich 5,16 Aufhebung 43,65 Auslegung 23 Automatenaufstellverträge 10 Beschränkung 43 Beispiele 21, 31, 35

Bestätigung 22 Beweisbarkeit 4 Beweislast 69 Briefwechsel 18 Bezugnahme 26, 38 deklaratorische Wirkung 61,64 Einheitlichkeit der Urkunde 20,38 Einmalige Leistungen 29 Ergänzungen 3 3 , 3 8 , 4 0 , 4 3 , 4 6 Fiktion 45

Volker Emmerich

(1178)

3. Titel. Miete. Pacht Gemischte Verträge 8 Geschäftsraummietverhältnis 51 Getrennte Unterzeichnung 18 Grundstücksmietvertrag 6

Optionen 12

Hausordnung 32

Schriftform 17, 25,40 Schriftformklausel 61, 66 Selbständige Nebenabreden

Jahresfrist 53 Konstitutive Wirkung 4 9 , 6 1 , 6 3 Kündigung 50,52 Kündigungsfrist 12 Lebenszeit 14 mehrere Parteien 22 Mieterwechsel 36 Mietvorauszahlung 15 Mietzins 7 mündliche Nebenabreden 28,46,67 Nachholung der Beurkundung 24

§566 1-3

Rechtsfolgen 44, 54 Rücknahme einer Kündigung 40

Treuwidrige Berufung auf Formmangel 55-58 Urteil 19 Vereinbarte Beurkundung 59 Vergleich 19,40 Verlängerung 47 Verlängerungsklauseln 12 Vertragsinhalt 25, 34 Verzicht 40 Vormietverträge 9, 25,60 Widerspruch 23 Wohnraummietverhältnisse 50

I. Entstehungsgeschichte und Zweck der Vorschrift

1

1. Das BGB geht unausgesprochen von dem Grundsatz der Formlosigkeit obligatorischer Verträge aus (vgl § 305). Nach dem ersten Entwurf sollte dieser Grundsatz in Übereinstimmung mit dem gemeinen Recht und mit den meisten ausländischen Rechtsordnungen uneingeschränkt auch für den Mietvertrag gelten. Daraus ergaben sich jedoch erhebliche Schwierigkeiten, als die 2. Kommission zu dem Grundsatz „Kauf bricht nicht Miete" überging (vgl jetzt § 571). Obwohl der Erwerber schon nach § 444 einen Anspruch auf Auskunft über bestehende Mietverträge und auf Aushändigung der darüber errichteten Urkunden besitzt, hielt es die 2. Kommission für nötig, in Anschluß an das ALR (I 21 § 269) den Grundstückserwerber dadurch zu schützen, daß für langfristige Mietverträge Schriftform vorgeschrieben wurde (Prot II 149 ff, bes 155 f). Im Interesse des Mieters sollte jedoch ein Verstoß gegen das Erfordernis der Schriftform nicht die Nichtigkeit des Vertrages nach sich ziehen. Deshalb wurde bestimmt, daß die nicht in der erforderlichen Form abgeschlossenen Verträge als für unbestimmte Zeit geschlossen gelten sollen; außerdem wurde zum Schutze des Mieters die Kündigungsmöglichkeit in eigenartiger Weise beschränkt (Prot II 178). 2a) Aus dieser Entstehungsgeschichte der Vorschrift wird nahezu einhellig gefolgert, 2 Hauptzweck des § 566 sei es, dem Grundstückserwerber, der nach § 571 in die bestehenden Mietverträge eintreten müsse, die Möglichkeit zu verschaffen, sich über den Umfang der auf ihn übergehenden Bindungen zu unterrichten. Bei der Auslegung des § 566 ist vor allem dieser Hauptzweck der Vorschrift stets im Auge zu behalten.* Hieraus folgt zB, daß das Formerfordernis für langfristige Mietverträge streng und 3 nicht nachsichtig gehandhabt werden muß, weil andernfalls eine umfassende Infor* R G Z 86, 30, 32; 103,381, 383 f; 104,131, 132; 118,105,106; BGHZ47, 202, 205; 25,1,4; 50, 39, 43; 52, 25, 28; 55, 71, 77; BGH LM Nr 1, 2, 6, 7 , 1 5 und 19 zu § 566 BGB; Nr 1 zu § 567 BGB; Nr 29 zu § 139 BGB; WM 1970, 1480.

(ii79)

Volker Emmerich

§566 4-10

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

mation des Erwerbers über bestehende Mietverträge nicht sichergestellt werden kann (BGH LM Nr 6 u 7 zu § 566 BGB). 4 b) Der Zweck des § 566 erschöpft sich indessen nicht darin, einem Grundstückserwerber zu ermöglichen, sich über den Umfang der auf ihn übergehenden Bindungen zu unterrichten. Er soll vielmehr darüberhinaus auch die Beweisbarkeit langfristiger Abreden zwischen den Parteien sicherstellen: hingegen verfolgt die Vorschrift nicht den Zweck, den Mieter oder Vermieter vor der Eingehung langfristiger Bindungen zu schützen (RG HRR 1933 Nr 873). 5 II. Der Anwendungsbereich des § 566 § 566 gilt nur für Mietverträge über Grundstücke, die für längere Zeit als ein Jahr geschlossen werden, also nicht für Fahrnismietverträge und auch nicht für kurzfristige Grundstücksmietverträge. Die beiden letzteren können stets auch formlos abgeschlossen werden.

6 1. Der Mietvertrag über ein Grundstück a) Der Anwendungsbereich des § 566 beschränkt sich auf Miet- und Pachtverträge (§ 581 Abs 2) über Grundstücke, Teile von Grundstücken, Wohnräume ««¿sonstige Räume (§ 580). Entsprechend seinem Zweck gilt er auch, wenn der Vertrag im Ausland, jedoch über in Deutschland belegene Grundstücke und Räume geschlossen wird (MITTELSTEIN 173). 7 Keine Rolle spielt die Höhe des vereinbarten Mietzinses. Die Form des § 566 muß also auch bei Abschluß sog Gefälligkeitsmieten beobachtet werden, selbst wenn die Miete Gegenstand eines Vergleichs ist (BGH LM Nr 45 zu § 535 BGB = WM 1970, 853, 855). 8 b) Wenn jedoch die Miete Teil eines gemischten Vertrages ist, können andere Formvorschriften vorgehen. Das gilt namentlich für § 313, wenn mit dem Mietvertrag ein Kaufvertrag über ein Grundstück verbunden ist. Die Form des § 313 muß auch dann beachtet werden, wenn in dem Mietvertrag dem Mieter ein Vorkaufsoder Ankaufsrecht eingeräumt wird. In solchen Fällen führt der Verstoß gegen § 313 über § 566 S 2 hinaus in der Regel zur Nichtigkeit der gesamten Abreden der Parteien einschließlich des Mietvertrages (§ 139; RGZ 97,219,220 ff; BGH LM Nr 29 zu § 139 BGB = ZMR 1963, 206, 207; LG Stade MDR 1971, 761 Nr 65; MITTELSTEIN 171 ff). Aus der Anwendbarkeit des § 313 auf den gesamten Vertrag in diesen Fällen folgt aber auch, daß durch Auflassung und Eintragung sämtliche Abreden der Parteien einschließlich des Mietvertrags geheilt werden können (RGZ 103, 381, 382 f). 9 c) § 566 gilt entsprechend seinem Zweck nach ständiger Rechtsprechung nicht für Vormietverträge, weil an solche Verträge der Grundstückserwerber nicht gebunden ist (RGZ 86, 30, 32 f; 103, 381, 384; RG JW 1929,3226, 3227 Nr 3; 1938,1247 Nr 14; BGH LM Nrn 1, 6, 11 u 19 zu § 566 BGB; s im einzelnen Vorbem 117 zu §§ 535, 536). 10 d)Aus denselben Gründen bedarf auch die Begründung eines Vormietrechts (s Vorbem 118 zu §§ 535, 536) nicht der Form des § 566 (NIENDORF? 69; HANS § 566 Anm B 3 c). Schließlich stellen auch Automatenaufstellverträge (Vorbem 51 ff zu §§ 535, 536) idR keine Grundstücksmietverträge iS des § 566 dar (BGHZ 47, 202 ff). Volker Emmerich

(1180)

3. Titel. Miete. Pacht

§566 11-16

2. Der Abschluß für längere Zeit als ein Jahr

11

a) § 566 setzt außerdem voraus, daß der Grundstücksmietvertrag für längere Zeit als ein Jahr geschlossen wird. Es bedarf also stets der Prüfung, ob die Parteien für längere Zeit als ein Jahr gebunden sein sollen. Dies ist sicher anzunehmen, wenn der Vertrag zB für 3 oder für 5 Jahre abgeschlossen wird, liegt jedoch auch in einer ganzen Reihe weiterer Fälle vor. Die Jahresfrist rechnet dabei stets vom Beginn des Mietverhältnisses ab, nicht schon ab Vertragsschluß (PALANDT-PUTZO § 566 Anm 2). b) § 566 liegt zunächst vor, wenn die Kündigungsfrist solange bemessen ist, daß der 12 Vertrag erstmals für einen Zeitpunkt nach Ablauf des ersten Mietjahres gekündigt werden kann. Dasselbe gilt, wenn der Vermieter von vornherein oder nachträglich durch eine Änderung des Vertrages für eine längere Zeit als ein Jahr auf sein Kündigungsrecht verzichtet (BGH LM Nr 5 zu § 566 BGB; Nr 41 zu § 812 BGB = ZMR 1960, 144, 145; 1960, 141). Ebenso behandelt werden alle Verlängerungsklauseln oder Optionen, die dem Mieter die Möglichkeit eröffnen, einseitig den Vertrag über ein Jahr hinaus zu verlängern (BGH WM 1963, 172, 173 = ZMR 1963, 82, 83; KG OLGE 8, 396; aA KG DR 1942, 1370 f Nr 12). Die Anwendbarkeit des § 566 wird heute außerdem allgemein bejaht, wenn die 13 Parteien vereinbaren, daß der Vertrag automatisch weiterlaufen soll, wenn er nicht von einer Partei zum Abschluß des 1. Jahres gekündigt wird (MITTELSTEIN 158; RG H R R 1 9 3 3 Nr 8 7 3 ) . Selbst wenn die Dauer des Vertrages von einem zukünftigen ungewissen Ereignis 14 abhängig gemacht wird, muß die Form des § 566 beobachtet werden, jedenfalls wenn nach den Vorstellungen der Parteien der Vertrag danach länger als ein Jahr laufen wird; so insbes bei Abschluß eines Mietvertrages auf Lebenszeit des Mieters (BGH LM Nr 1 zu § 567 BGB = NJW 1958, 2062, 2063; OLG München HRR 1942 Nr 852; aA ROQUETTE § 566 Rz 10) oder bei Abschluß eines Mietvertrages für die Dauer des Krieges (RGZ 97, 219, 263) oder bei Vereinbarung einer auflösenden Bedingung. Hieraus folgt, daß auch Verträge, in denen sich der Mieter zur Leistung eines 15 Baukostenzuschusses oder einer Mietvorauszahlung verpflichtet, grundsätzlich der Form des § 566 bedürfen, wenn die Zeit, während derer diese Leistungen auf den Mietzins angerechnet werden, ein Jahr übersteigt, weil für dieselbe Zeit dann regelmäßig das ordentliche Kündigungsrecht des Vermieters ausgeschlossen ist. Die Praxis nimmt freilich überwiegend an, daß der Vermieter in diesen Fällen selbst bei einem mündlichen Vertragsschluß nicht vorzeitig kündigen kann (§ 242; OLG Stuttgart ZMR 1959, 325, 327; LG Kassel WuM 1960,6 = ZMR 1960,175 Nr 24; AG Dortmund ZMR 1960, 263; AG Essen ZMR 1960, 263, 264; OLG München DWW 1964, 158 = ZMR 1964, 237 Nr 7; LG Mannheim, ZMR 1967, 271; LG Stuttgart NJW 1960, 1255 f m Anm ROQUETTE; aA OLG Celle NJW 1956, 1281 f; AG Hamburg-Harburg ZMR 1960, 264 f; s im einzelnen Vorbem 126 zu § 535). § 566 ist hingegen nicht anwendbar, wenn der Vertrag erstmals nach Ablauf eines 16 Jahres kündbar ist (PERGANDE § 566 Anm 2); ebensowenig, wenn der Grundstückserwerber durch Vertrag mit dem Veräußerer auf sein Kündigungsrecht gegenüber dem Mieter für länger als ein Jahr verzichtet (RGZ 103, 281, 283 f). Auch die Ausübung eines Vormietrechts durch einseitige Erklärung des Mieters unterliegt keiner besonderen Form. Umstritten ist hingegen, ob § 566 auf den durch die Ausübung des Vormietrechts zustande kommenden Mietvertrag anzuwenden ist. Die Frage dürfte zu bejahen sein (BGHZ 55, 71, 76 f).

(1181)

Volker Emmerich

§566 17-20

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

17 III. Die Schriftform Liegen die genannten Voraussetzungen vor (o Rz 5 ff), so bedarf der Vertrag der schriftlichen Form (§ 566 S 1). Was dazu im einzelnen erforderlich ist, bestimmt § 126 Abs 2. Grundsätzlich müssen also beide Parteien dieselbe Urkunde unterzeichnen. Nur wenn mehrere gleichlautende Urkunden aufgenommen werden, genügt es, wenn jede Partei die für die andere Partei bestimmte Urkunde unterzeichnet (s im einzelnen MITTELSTEIN 158 ff; NIENDORFF 70 ff; ROQUETTE § 566 Rz 15 ff). 18 1. Allgemeines Aus der Maßgeblichkeit des § 126 folgt vor allem, daß - anders als bei der gewillkürten Schriftform nach § 127 - ein bloßer Briefwechsel im die Erfüllung der gesetzlich vorgeschriebenen Schriftform nicht genügt (RGZ 59, 245, 246; RG JW 1931, 3549, 3550 Nr 8; LZ 1930, 840, 841 Nr 7; BGH LM Nr 45 zu § 535 BGB). Anders als bei der notariellen Beurkundung (§ 128) reicht auch nicht eine nachträgliche, getrennte Unterzeichnung von Angebot und Annahme. Sendet eine Partei die von ihr unterschriebene Erklärung der anderen zu, so kommt der Vertrag nicht schon durch Unterzeichnung seitens der anderen Partei, sondern erst durch Zugang dieser zweiten Erklärung bei der antragenden Partei zustande, es sei denn, der Antragende habe ausnahmsweise gemäß § 151 auf den Zugang der Annahme verzichtet (RGZ 87, 196, 198 f; 105, 60, 62; BGH LM Nr 29 zu § 139 BGB = ZMR 1963, 206, 207; LM Nr 7 zu § 566 BGB; BGHZ 40, 255, 261). Anders ist es nur, wenn die Parteien anstelle der Schriftform notarielle Beurkundung wählen (§ 126 Abs 3). Nur dann ist Raum für die Anwendung der §§ 128 und 152, so daß der Vertrag durch getrennte Beurkundung von Antrag und Annahme zustande kommen kann. 19 Ebenso wie die notarielle Beurkundung ersetzt außerdem die Aufnahme des Vertrages in einen gerichtlichen Vergleich jede anderweitig geforderte Form, also auch die durch § 566 geforderte Schriftform (§ 127 a). Schließlich genügt auch die Verurteilung einer Partei zur Abgabe einer Willenserklärung stets den Erfordernissen des § 566, da ein Urteil ebenfalls jede andere Form ersetzt. Ein Mietvertrag kommt in diesen Fällen jedoch nur zustande, wenn auch die Erklärung des Klägers in der erforderlichen Form abgegeben wird und dem Gegner zugeht (s im einzelnen ROQUETTE § 5 6 6 R z 2 9 f f ) .

20 2. Insbes die Einheitlichkeit der Urkunde § 126 Abs 2 verlangt die Unterzeichnung derselben Urkunde durch beide Parteien. Daraus wird allgemein das Erfordernis der Einheit der unterzeichneten Urkunde hergeleitet. Mit anderen Worten: Die von den Parteien unterzeichnete Urkunde muß alle wesentliche Abreden, bei einem Mietvertrag also die Abreden über den Gegenstand, die Dauer und den Mietzins enthalten. Eine Bezugnahme auf andere Urkunden genügt nur, wenn sie als Anlagen der unterzeichneten Urkunde beigefügt und mit dieser körperlich fest verbunden werden ( E R M A N - H WESTERMANN § 126 Rz 2; PALANDT-HEINRICHS § 126 Anm 2 a). Das gilt uneingeschränkt auch für Mietverträge, so daß im Falle des § 566 die über den Mietvertrag errichtete Urkunde selbst alle wesentlichen Abreden, namentlich die Bestimmung des Gegenstandes, der Dauer und des Mietzinses enthalten und von beiden Parteien unterzeichnet sein muß. Durch die Bezugnahme auf andere Urkunden wird die gesetzlich vorgeschriebene Schriftform nur erfüllt, wenn sie der unterzeichneten Urkunde als Anlage Volker Emmerich

(1182)

3. Titel. Miete. Pacht

§566 21-24

beigefügt und mit dieser im Augenblick der Unterzeichnung entsprechend dem Willen beider Parteien körperlich fest verbunden werden, zB durch Heften, Leimen oder Zusammenbinden (RG JW 1926, 979 Nr 2; insbes BGHZ 40, 255, 262 ff; B G H L M N r 2 9 z u § 1 3 9 B G B = Z M R 1 9 6 3 , 2 0 6 , 2 0 7 ; ROQUETTE § 5 6 6 R z 1 9 ) .

Aus praktischen Gründen wird es jedoch auch als genügend angesehen, wenn die getrennten Urkunden nur wechselseitig aufeinander Bezug nehmen, jedenfalls wenn jede der Urkunden die wesentlichen Bestandteile eines Mietvertrages enthält (RG u ROQUETTE aaO). Nur bei Verlängerungs- und Änderungsverträgen werden heute, um den Rechtsverkehr nicht übermäßig zu erschweren, weitgehende Ausnahmen von diesen strengen Erfordernissen der Einheit der Urkunde anerkannt (s im einzelnen u Rz 38 f). 3. Einzelheiten

21

Das Erfordernis der Schriftform ist zB in folgenden Fällen als erfüllt angesehen worden: Bei Unterzeichnung eines Briefes mit der Mitteilung über einen zuvor mündlich abgeschlossenen Vergleich durch die beiden Prozeßbevollmächtigten der Parteien (RGZ 137,218,219); bei Austausch zweier Urkunden, von denen eine von beiden unterschrieben ist (KG JW 1935, 2442 Nr 26); bei nachträglicher Abänderung des schon unterschriebenen Textes ohne erneute Unterzeichnung oder bei Absetzung des Textes nach Blankounterschrift durch eine oder beide Parteien (RG SeuffA 64 Nr 123; BGH LM Nr 35 zu § 5 8 1 BGB); bei Verlängerung eines Mietvertrages durch einen Vermerk auf nur einem der beiden von beiden Parteien unterzeichneten Vertragsexemplare (KG OLGE 22, 271); schließlich nach einem Briefwechsel durch Unterzeichnung des Antrags des Vermieters durch den Mieter unter Voransetzung des Wortes „einverstanden" (RG DWA 1936, 218; zweifelhaft). Wenn auf einer Vertragsseite mehrere Parteien beteiligt sind, müssen zur Wahrung 22 der Schriftform alle Parteien unterschreiben. Das ist besonders wichtig im Falle des Abschlusses eines Mietvertrages durch Eheleute. Auch eine nachträgliche Bestätigung des zuvor formlos abgeschlossenen Mietvertrages bedarf selbstverständlich der Form des § 566 und kann nicht mündlich erfolgen (RG JW 1931, 3549, 3550 Nr 8). Widersprechen sich die verschiedenen von den Parteien unterzeichneten Urkunden, 23 so ist durch Auslegung zu ermitteln, welche Abreden gelten sollen; führt die Auslegung zu keinem eindeutigen Ergebnis, so gelten nur die übereinstimmend in den verschiedenen Urkunden enthaltenen Abreden (KG OLGE 27, 159). Dagegen führt ein Widerspruch zwischen dem schriftlich fixierten und dem mündlich vereinbarten Vertrag stets dazu, daß wegen der ausschließlichen Gültigkeit des mündlich Vereinbarten die Schriftform nicht mehr gewahrt ist, es sei denn, es handle sich um selbständige oder um völlig nebensächliche zusätzliche Abreden (OLG Frankfurt OLGE 8, 397). Und wenn der Vertragstext selbst Widersprüche aufweist, muß ebenfalls in erster Linie durch Auslegung ermittelt werden, welche Abrede gelten soll. Führt die Auslegung zu keinem eindeutigen Ergebnis, so liegt Dissens vor mit der Folge, daß der Vertrag nichtig ist (s EMMERICH, in: Grundlagen des Vertragsund Schuldrechts [1974] 452 f m Nachw). Eine Nachholung der zunächst unterbleibenden Beurkundung des Vertrages ist stets 24 möglich; der Vertrag gilt dann von Anfang an als in der gesetzlich vorgeschriebenen Form abgeschlossen (LG Hildesheim MDR 1958, 103 Nr 19).

(1183)

Volker Emmerich

§566 25-29

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

IV. Die der Schriftform unterfallenden Abreden im einzelnen 25 1. Grundsatz Das Erfordernis der Schriftform iS des § 126 Abs 2 gilt grundsätzlich für sämtliche Abreden, aus denen sich nach dem Willen der Parteien der Vertrag zusammensetzen soll, maW für den gesamten Vertragsinhalt einschließlich aller Nebenabreden, die einen Bestandteil des Mietvertrages bilden sollen ( R G Z 118, 105, 106; 123, 171, 1 7 3 ; R G L Z 1 9 3 0 , 8 4 0 , 8 4 1 Nr 7 ; B G H WM 1 9 6 3 , 1 7 2 , 1 7 3 ; 1 9 6 6 , 1 3 3 5 = ZMR 1 9 6 3 , 8 2 , 8 3 ; 1 9 6 7 , 1 7 8 , 1 7 9 ; B G H LM Nr 2 zu § 5 6 6 BGB; Nr 1 zu § 5 6 7 BGB; N r 6 z u § 5 6 6 B G B ; B G H Z 4 0 , 2 5 5 , 2 6 2 f f ; MITTELSTEIN 1 7 9 f f ; NIENDORFF 7 7 f f ) .

Zu den wesentlichen Abreden, die stets beurkundet sein müssen, gehören namentlich die Vereinbarungen über die Höhe des Mietzinses, selbst wenn dieser nur in einer einmaligen Leistung besteht oder wenn die Vereinbarung über den Mietzins nur subsidiär für den Fall gelten soll, daß eine andere Vereinbarung behördlich nicht genehmigt wird (BGH LM Nr 2 zu § 566 BGB; Nr 1 zu § 567 BGB). Dasselbe gilt für die Abrede, durch die ein Vorvertrag zum endgültigen Vertrag erhoben wird. Ein Vorvertrag kann also nicht durch mündliche Abrede zum endgültigen schriftlichen Mietvertrag gemacht werden (BGH LM Nr 6 u 19 zu § 566 BGB; HANS § 566 Anm B 3 b). 26 Wird wegen dieser hiernach der Schriftform bedürfenden Abreden auf andere Urkunden Bezug genommen, so gilt das oben (Rz 20) über die Bezugnahme Gesagte, dh die in Bezug genommenen Urkunden müssen grundsätzlich mit der Haupturkunde fest verbunden sein, wenn sie nicht ihrerseits unterschrieben sind und selbst schon die wesentlichen Bestandteile des Mietvertrages enthalten; dabei muß die Verbindung der Urkunden entsprechend dem Willen beider Parteien schon bei Unterzeichnung der Urkunde erfolgen (BGHZ 40, 255, 262 ff; B G H LM Nr 6 zu § 5 6 6 BGB). 27 2. Ausnahmen a) Selbständige Nebenabreden, die nach dem Willen der Parteien keinen Bestandteil des Mietvertrages bilden sollen, bedürfen hingegen nicht der Schriftform (BGH LM Nr 1 zu § 1136 BGB, B1 2 R). Wird jedoch mit dem Mietvertrag ein Ankaufs- oder Vorkaufsrecht für den Mieter kombiniert, so unterliegt der ganze Vertrag der Form des § 313 und ist nach § 139 im Zweifel insgesamt nichtig, wenn diese Form nicht beobachtet ist. Durch Auflassung und Eintragung im Grundbuch wird dann jedoch nach § 313 S 2 der Formverstoß auch für den ganzen Vertrag geheilt ( R G Z 97, 219, 220 ff; 103, 381, 382 f; LG Stade MDR 1971, 761 Nr 65). 28 Mündliche Nebenabreden sind im übrigen grundsätzlich nur zur Auslegung und Erläuterung des Textes möglich (BGH LM Nr 2 zu § 566 BGB). Wenn also die wesentlichen Bestimmungen beurkundet worden sind, ist stets eine Auslegung des Vertrags aufgrund anderer Urkunden oder mündlicher Abreden der Parteien möglich ( B G H L M N r 7 z u § 1 2 6 B G B =

Z M R 1 9 6 9 , 3 3 9 , 3 4 0 ; SOERGEL-MEZGER

§ 566 Rz 12 f; NIENDORFF 77 f). Man wird auch annehmen dürfen, daß mündliche Nebenabreden, die sich inzwischen erledigt haben oder die erfüllt sind, jedenfalls für die Zukunft die Schriftform nicht mehr beeinträchtigen (NIENDORFF 81; streitig). 29 b) Formlos möglich sind außerdem Abreden über einmalige Leistungen bei Vertragsschluß als bloße Gegenleistung für die Bereitschaft zum Vertragsschluß oder für die spätere Bereitschaft zur Verlängerung des Vertrages, es sei denn, die betreffende Leistung stelle in Wirklichkeit den Mietzins dar ( R G Z 123, 171, 173; B G H LM Nr 1 zu § 5 6 7 BGB). Volker Emmerich

(1184)

§566 3. Titel. Miete. Pacht

30-34

Schließlich sind auch Abreden mit Dritten aus Anlaß des Vertragsschlusses oder aus 30 Anlaß der Veräußerung des Grundstückes jederzeit formlos möglich, so zB die Abrede mit einem Dritten, der einen Baukostenzuschuß geleistet hat, daß der Vermieter als Gegenleistung hierfür dem Mieter für eine bestimmte Zeit nicht kündigen dürfe, oder der Verzicht des Grundstückserwerbers gegenüber dem ersten Vermieter auf sein Kündigungsrecht gegenüber dem Mieter für eine bestimmte Zeit (BGH LM Nr 3 zu Abbaugesetz = NJW 1966, 250; P A L A N D T - P U T Z O § 566 Anm 3 c). 3. Einzelheiten 31 Der Schriftform bedarf zwar die generelle Genehmigung der Untervermietung schon im Mietvertrag selbst, nicht jedoch die Genehmigung im Einzelfall (RG LZ 1930, 840, 841 Nr 7). Jederzeit formfrei möglich ist auch die Abrede nachträglicher Beurkundung des zunächst formlos geschlossenen Vertrages; aufgrund einer solchen Abrede kann jede Partei jederzeit die nachträgliche Beurkundung verlangen (RGZ 104, 131, 132 f). Ebensowenig formbedürftig ist die Minderung des Mietzinses für höchstens ein Jahr (BGH LM Nr 7 zu § 126 BGB = ZMR 1969, 339,340) oder die nachträgliche Aufhebung des gesamten Mietvertrages (BGHZ 65, 49, 55). Selbst eine schon erfolgte, wirksame Kündigung kann jedenfalls während des Laufs der Kündigungsfrist und nach hM auch noch danach formlos von den Parteien wieder rückgängig gemacht werden mit der Folge, daß der alte in der erforderlichen Form abgeschlossene Vertrag wieder voll in Geltung tritt (BGH LM Nr 22 zu § 566 BGB; sehr streitig). Wird jedoch zugleich der alte Vertrag zB hinsichtlich des Mietzinses geändert, so bedarf auch die Rücknahme der wirksamen Kündigung der durch § 566 vorgeschriebenen Schriftform (OLG München NJW 1963, 1619). Zu den stets formlos möglichen Nebenabreden gehört zB der Verweis auf die 32 Hausordnung ( H A N S § 566 Anm B 4 b) oder eine Abrede über den Verkauf des Inventars (OLG Breslau JW 1932, 1068 Nr 6), sowie ein Verzicht auf das Kündigungsrecht wegen Eigenbedarfs (LG Mannheim ZMR 1978, 54; fraglich). Besonders umstritten ist die Frage, ob und ggf unter welchen Voraussetzungen der 33 Eintritt eines neuen Mieters neben oder anstelle des bisherigen Mieters der Schriftform bedarf. Diese Frage ist im Zusammenhang mit dem allgemeinen Problem zu erörtern, wann Änderungen oder Ergänzungen des Mietvertrages dem § 566 unterliegen (s u Rz 34 ff).

V. Insbes Änderungen und Ergänzungen des Vertrages* 1. Grundsatz

34

a) Das Erfordernis der Schriftform gilt aufgrund der §§ 566 S 1 und 126 Abs 2 für sämtliche Abreden der Parteien, aus denen sich nach deren Willen der Vertrag zusammensetzen soll, also für den gesamten Vertragsinhalt (s o Rz 25 f). Daraus wird allgemein gefolgert, daß auch nachträgliche Ergänzungen oder Änderungen, namentlich eine Verlängerung der Vertragsdauer über ein Jahr hinaus der Schriftform bedürfen. Wird bei der nachträglichen Änderung oder Ergänzung des Vertrages die Schriftform nicht beobachtet, so ist die Änderung oder Ergänzung zwar ohne * S c h r i f t t u m : GANSCHEZIAN-FINCK Z M R

1 9 7 3 , 1 2 9 ; MITTELSTEIN 1 8 5 f f ; MÜLLER J R 1 9 7 0 ,

86;

NIENDORFF 8 2 f f ; PERGANDE F W W 1 9 6 8 , 4 7 5 ; ROQUETTE Z M R 1 9 7 0 , 3 3 ; d e r s § 5 6 6 R z 5 0 f f ; SOERGEL-MEZGER § 5 6 6 R z 1 4 ff. (1185)

Volker Emmerich

§566 35-37

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

weiteres wirksam; sie hat jedoch grundsätzlich zur Folge, daß dann für den Vertrag insgesamt die Schriftform nicht mehr beobachtet ist, so daß der Vertrag fortan auf unbestimmte Zeit läuft und nach Ablauf eines Jahres nach der Änderung kündbar ist (RGZ 51, 179, 181; 105, 60, 62; 108, 105, 107 f; 123, 171, 173; RG JW 1929, 3226, 3227 Nr 3; BGH WM 1964, 710, 711; 1970, 1480; 1966, 1335 = ZMR 1967, 778, 779; BGHZ 50, 39, 44; OLG Braunschweig OLGE 20, 113, 114; stark einschränkend jedoch MÜLLER aaO). Es spielt dabei grundsätzlich keine Rolle, ob die Pflichten der Parteien verschärft oder erleichtert werden (RGZ 108, 105,107 f; aM mit guten Gründen MÜLLER aaO). 35 b) Der Schriftform bedürfen deshalb namentlich die folgenden Abreden: Eine Verlängerung der Vertragsdauer um mehr als ein Jahr oder eine Erhöhung des Mietzinses (RG JW 1929, 3226, 3227 Nr 3; BGH WM 1964, 710, 711), jedenfalls wenn die Erhöhung des Mietzinses mehr als 20% beträgt (BGH WM 1963,172,173 = ZMR 1963, 82, 83); ebenso eine Erweiterung der vermieteten Räume um rd Vi oder die nachträgliche Einräumung einer Option (BGH aaO), die nachträgliche Vereinbarung eines Baukostenzuschusses (BGH WM 1966, 1335 = ZMR 1967, 178, 179), eine Verlängerung des Vertrages um 25 Jahre in Verbindung mit einem Belastungsverbot (BGHZ 50, 39, 44; BGH WM 1970, 1480), die Umstellung der Umsatzpacht auf Festpacht (OLG München NJW 1963, 1619); weiter die Anpassung des Vertrages an veränderte Verhältnisse, die nachträgliche Zusicherung von Eigenschaften, die nachträgliche generelle Erlaubnis der Untervermietung, die Änderung der Abreden über die Grenzen des vertragsmäßigen Gebrauchs (s HANS § 566 Anm B 4 c); außerdem zB bei einem Mietvertrag über mehrere Wohnungen eine nachträgliche Verselbständigung einer Wohnung und der Abschluß eines langfristigen Mietvertrages nur über diese Wohnung, wobei dann § 566 S 2 aber nur für den Vertrag über diese verselbständigte Wohnung gilt (LG Düsseldorf WuM 1 9 7 2 , 175, 176 m A n m WEIMAR).

36 c) Eine wesentliche Änderung stellt grundsätzlich auch die Auswechslung der Mietvertragsparteien dar. Daraus müßte an sich folgen, daß der Eintritt eines neuen Mieters neben dem bisherigen Mieter oder die Auswechslung der Mietpartei stets der Form des § 566 bedürfte. Tatsächlich hat die bisherige Praxis dies jedoch nur für den Fall angenommen, daß sich der Eintritt eines neuen Mieters neben dem bisherigen oder die Auswechslung der Mieter durch einen dreiseitigen Vertrag aller Beteiligten vollzieht (zu den verschiedenen Gestaltungsmöglichkeiten s § 549 Rz 9 ff m Nachw). Dasselbe wird man annehmen müssen, wenn der Vermieter mit dem neuen Mieter einen selbständigen neuen Vertrag unter gleichzeitiger (nach hM formlos möglicher) Aufhebung des Vertrages mit dem alten Mieter abschließt. Hingegen wurde auf die Beachtung der Form des § 566 verzichtet, wenn der alte Mieter mit Zustimmung des Vermieters seinen Vertrag auf einen neuen Mieter überträgt; für diesen Fall wurde aus § 182 Abs 2 gefolgert, daß die Zustimmung des Vermieters auch formlos möglich sei, während für den Vertrag zwischen dem alten und dem neuen Mieter mit Rücksicht auf den Zweck des § 566 überwiegend an dem Formerfordernis festgehalten wurde (BETTERMANN Anm MDR 1958, 90, 91; SOERGEL-MEZGER § 5 6 6 R z 16; R G J W 1 9 2 4 , 7 9 8 N r 5 ; L Z 1 9 3 0 , 840, 8 4 2 N r 7 ; O L G

Breslau JW 1930, 3244 Nr 7; R G H R R 1931 Nr 403; B G H WM 1963, 172, 173).

37 Diese Praxis vermag indessen nicht zu befriedigen, wenn man von dem Zweck des § 566 ausgeht, dem Grundstückserwerber die Möglichkeit zu eröffnen, sich umfassend über die Bindungen zu informieren, in die er eintreten muß. Es dürfte keine wichtigere Frage für den Grundstückserwerber geben als die, mit welchen Mietern er es zu tun hat. Für den Mieterwechsel wird man deshalb stets ohne Rücksicht auf die von den Parteien gewählte Konstruktion die Form des § 566 zu fordern haben Volker Emmerich

(1186)

§566 3. Titel. Miete. Pacht

38-40

(ebenso OLG Hamm, Urt v 6. 4. 1976 - 7 U 65/75, S 22 f; BGHZ 65,49, 52 f). Zu Recht ist deshalb auch schon für das Ausscheiden eines von mehreren Mietern die Beobachtung der Form des § 566 gefordert worden (LG Frankfurt NJW 1958,592, 593). Dasselbe gilt auch für den Wohnungstausch ( R O Q U E T T E Vorbem v § 571 Rz 45). 2. Das Erfordernis der Einheitlichkeit der Urkunde 38 Wie schon betont (s o Rz 20), wird aus § 126 Abs 2 überwiegend das Erfordernis der sog Einheitlichkeit der Urkunde gefolgert. Alle Abreden der Parteien müssen mit anderen Worten grundsätzlich in derselben Urkunde niedergelegt werden. Eine Bezugnahme auf andere Urkunden genügt nur, wenn sie der unterschriebenen Urkunde als Anlagen beigefügt und mit dieser körperlich fest verbunden sind. Daraus ergeben sich für Änderungs- und Ergänzungsverträge erhebliche praktische Schwierigkeiten, da eine feste körperliche Verbindung des Änderungs- oder Ergänzungsvertrages mit dem ursprünglichen Vertrag idR vergessen wird (s dazu insbes GANSCHEZIAN-FINCK U ROQUETTE aaO). Trotzdem hatte die Praxis ursprünglich an dem Erfordernis der Einheitlichkeit der Urkunden auch für Verlängerungs- und Ergänzungsverträge uneingeschränkt festgehalten und eine feste körperliche Verbindung beider Urkunden im Augenblick deren Unterzeichnung in Ubereinstimmung mit dem Willen beider Parteien für die Gültigkeit des Verlängerungs- oder Ergänzungsvertrages verlangt (so im Anschluß an BGHZ 40, 255 insbes BGHZ 50, 39, 41 f; BGH WM 1970, 1480). Später hat jedoch der BGH diese strengen Anforderungen an die Einheitlichkeit der 39 Urkunde für Verlängerungs- und Ergänzungsverträge fortschreitend gelockert, so daß heute idR die Bezugnahme des Änderungs- oder Ergänzungsvertrages auf den Hauptvertrag für die Wahrung der Schriftform genügt. Eine Bezugnahme genügt insbes., wenn der Nachtrag, zB eine Abrede über die Verlängerung des Vertrages, selbst schon alle wesentlichen Abreden der Parteien enthält oder wenn aufgrund der Bezugnahme eindeutig feststeht, daß es im übrigen, namentlich hinsichtlich des Mietobjektes und des Mietzinses, bei den ursprünglichen Abreden der Parteien verbleiben soll (BGHZ 42, 333, 338 f; 52, 25, 28 f; 55, 248,250 f; BGH LM Nr 22 zu § 566 BGB; Nr 7 zu § 126 BGB = ZMR 1969, 338, 339 = MDR 1969, 1002). Voraussetzung für die Wirksamkeit der bloßen Bezugnahme soll jedoch sein, daß auch der alte Vertrag von denselben Parteien oder von deren Rechtsvorgängern unterschrieben worden ist (BGHZ 42, 333, 338 f; 52, 25, 28 f). Sind diese Voraussetzungen nicht erfüllt, so müssen also auch heute noch Verlängerungs- oder Ergänzungsverträge mit dem Hauptvertrag körperlich fest im Augenblick der Unterzeichnung entsprechend dem Willen beider Parteien verbunden werden; eine nachträgliche Verbindung durch eine Partei ohne Zustimmung der anderen genügt für die Wahrung der Schriftform nicht (aA GANSCHEZIAN-FINCK ZMR 1973, 129, 131).

3. Ausnahmen

40

a) Ebenso wie aus praktischen Gründen für Ergänzungs- und Änderungsverträge das Erfordernis der Einheitlichkeit der Urkunde fortlaufend gelockert worden ist, werden auch von dem Erfordernis der Schriftform für Änderungen und Ergänzungen zunehmend Ausnahmen anerkannt. Schon immer hatte die Praxis die mündliche Aufhebung des ganzen Mietvertrages genügen lassen (RGZ 108,105,107 f; BGHZ 65, 49, 55; aM zB H A N S § 566 Anm B 3 h). Ebenso wurden mündliche Abreden (ii87)

Volker Emmerich

§566 41-44

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

über die Rücknahme einer an sich wirksamen Kündigung als ausreichend angesehen, jedenfalls wenn sie noch während des Laufs der Kündigungsfrist getroffen wurden (KG GrundE 1934, 434 = HRR 1934 Nr 1014; wiederum aM HANS § 566 A n m B 3 j ) ; anders jedoch, wenn im Zusammenhang mit der Rücknahme der Kündigung zugleich der alte Vertrag hinsichtlich des Mietzinses geändert wurde (OLG München NJW 1963, 1619). Formlos möglich ist außerdem ein Vergleich über Mietzinsrückstände (KG aaO) oder ein Sonderabkommen über die Zahlung einer einmaligen Vergütung für die Bereitschaft des Vermieters zur Verlängerung des Vertrags (RGZ 123, 171, 173 f). Dasselbe gilt für eine bloße Klarstellung des Vertragsinhalts gemäß § 242 durch Anpassung des völlig entwerteten Mietzinses an die zwischenzeitliche Inflation (RG JW 1936, 2912 Nr 4) oder für eine nachträgliche Verfügung des Vermieters über den Mietzins, zB für den Verzicht des Vermieters auf den Mietzins als Gegenleistung für bestimmte zusätzliche Leistungen des Mieters (RG DWA 1934, 182; BGH LM Nr 1 zu § 567 BGB = NJW 1958, 2062, 2064). 41 b) Darüberhinaus ist mit Rücksicht auf den Zweck des § 566 die Schriftform generell entbehrlich für kurzfristige Vertragsänderungen, dh für sämtliche Änderungen oder Ergänzungen, deren Laufzeit ein Jahr nicht übersteigt, zB für eine Minderung des Mietzinses für wenige Monate während notwendiger Umbauarbeiten (NIENDORFF 8 3 f). Dasselbe gilt, wenn der Vermieter durch eine Gestattung im Einzelfall die Grenzen des vertragsmäßigen Gebrauchs des Mieters erweitert, zB für die einmalige Erlaubnis der Untervermietung (NIENDORFF aaO). 42 Schließlich wird § 566 häufig auch auf sog. unwesentliche Änderungen des Mietvertrages nicht angewandt, zB bei einer geringfügigen Erweiterung der vermieteten Räume, bei einer geringfügigen Erhöhung des Mietzinses oder bei einer geringfügigen Verlängerung der Vertragsdauer (RG HRR 1931 Nr 403; BGH WM 1963,172, 173; OLG Schleswig ZMR 1971, 377). 43 c) Insoweit ist jedoch Vorsicht geboten, weil in der Praxis alle Maßstäbe für die Unterscheidung wesentlicher und unwesentlicher Änderungen fehlen. Man sollte vielmehr allein darauf abstellen, wie lange die Änderung Gültigkeit haben soll: Alle Vertragsänderungen oder -ergänzungen, deren Dauer höchstens ein Jahr beträgt, sind formfrei möglich. Alle anderen Änderungen oder Ergänzungen unterliegen hingegen entsprechend dem Zweck des § 566 dem Erfordernis der Schriftform. Umstritten ist, ob dies auch für die Aufhebung oder Beschränkung einzelner vertraglicher Pflichten gilt (verneinend MÜLLER aaO unter Hinweis darauf, daß auch die Aufhebung des Vertrages insgesamt formlos möglich ist). Geht man jedoch vom Zweck des § 566 aus, so kann kein Zweifel daran bestehen, daß zB eine Herabsetzung des Mietzinses oder eine Verkürzung der Vertragsdauer und ähnliche Abreden stets ebenfalls formbedürftig sind (ebenso die hM, zB HANS § 566 Anm B 3 g).

44 VI. Rechtsfolgen Nach § 566 S 2 hat ein Verstoß gegen das Erfordernis der Schriftform zur Folge, daß der Vertrag als für unbestimmte Zeit geschlossen gilt. Daraus folgt jedoch nicht, daß der Vertrag jederzeit unter Beachtung der Fristen des § 565 kündbar ist (§ 564 Abs 2); vielmehr bestimmt § 566 S 2 Hs 2, daß die Kündigung frühestens zum Schluß des ersten Jahres zulässig ist. Der Gesetzgeber wollte damit erreichen, daß der Mieter bei Abschluß eines langfristigen Vertrages wenigstens für ein Jahr gesichert ist (Prot II 178) In Ausnahmefällen kann darüberhinaus die Berufung namentlich des Vermieters auf die Formwidrigkeit des Vertrages auch gegen Treu und Glauben verstoßen (§ 242). Volker Emmerich

(1188)

3. Titel. Miete. Pacht

§566 45-50

1. Allgemeines 45 a) § 566 S 2 HS 1, nach dem der Vertrag als für unbestimmte Zeit geschlossen gilt, enthält nach allgemeiner Meinung eine gesetzliche Fiktion, die zwingend ist und den §§ 125 S 1 und 139 vorgeht. Ohne Rücksicht auf den Willen der Parteien wird also ein auf unbestimmte Zeit abgeschlossener Mietvertrag fingiert. Daneben ist für die Anwendung des § 139, etwa mit der Begründung, wenn die Parteien gewußt hätten, daß die Abrede über die Vertragsdauer nichtig ist, hätten sie überhaupt keinen Vertrag geschlossen, kein Raum. Selbst wenn also feststeht, daß die Parteien unter keinen Umständen bei Nichtigkeit der Abrede über die Vertragsdauer einen Vertrag auf unbestimmte Zeit abgeschlossen hätten, greift doch immer die Fiktion des § 566 S 2 ein. Da diese Rechtsfolge nicht auf dem Willen der Parteien beruht, kann sie auch nicht durch Anfechtung beseitigt werden (RGZ 86, 30, 33 f; 118, 105, 108; RG JW 1929, 318 Nr 1; 1929, 3226, 3227 Nr 3; OLG Posen OLGE 20,113; OLG Hamburg OLGE 33, 314 f; MITTELSTEIN 165 ff; N I E N D O R F F 74 ff). b) Dies gilt grundsätzlich auch, wenn der Vertrag nur nachträglich durch mündliche 46 Änderungen oder Nebenabreden die erforderliche Schriftform eingebüßt hat (RGZ 118, 105, 108; OLG Braunschweig OLGE 20, 113, 114). In Ausnahmefällen kann man hier jedoch § 139 mit der Folge anwenden, daß nur die Nebenabrede oder Änderung wegen der Nichtbeachtung der gesetzlich vorgeschriebenen Form auf unbestimmte Zeit läuft und spätestens nach einem Jahr kündbar ist, während es für den ursprünglichen Vertrag bei der vereinbarten Vertragsdauer bleibt. Statt dessen kommt bei verhältnismäßig unwichtigen Nebenabreden oder Änderungen auch die Annahme in Betracht, die Parteien hätten die Änderung oder Ergänzung nicht gewollt, wenn sie die Konsequenzen für den Hauptvertrag bedacht hätten (so mit Recht M Ü L L E R ZMR 1970, 86, 89 ff). Die neueste Praxis tendiert eindeutig in dieselbe Richtung. So führt bei einem reinen 47 Verlängerungsvertrag der Verstoß gegen § 566 nur dazu, daß lediglich die Verlängerung für unbestimmte Zeit gilt, während der ursprüngliche Vertrag auf die zunächst vereinbarte Zeit weiterläuft (BGHZ 50, 39, 43 f). Dasselbe gilt, wenn durch formlosen Vertrag neben den alten Mieter ein neuer Mieter tritt; auch dann gilt nur der Vertrag mit dem neuen Mieter als für unbestimmte Zeit geschlossen (BGHZ 65, 49, 54). Bei formlosen Änderungen oder Ergänzungen spricht deshalb sehr viel dafür, idR nur die Änderung oder Ergänzung als für unbestimmte Zeit vereinbart anzusehen. c) Die Anwendbarkeit der §§ 125 und 139 wird durch § 566 S 2 nur bei reinen 48 Mietverträgen ausgeschlossen. Ist hingegen der Mietvertrag zB mit einem Grundstückskaufvertrag kombiniert, so bleibt es bei der Anwendbarkeit der §§125 und 139, so daß ein Formverstoß durchaus zur Nichtigkeit der gesamten Abreden führen kann (BGH LM Nr 29 zu § 139 BGB = ZMR 1963, 206, 207). c) Auch sonst kann ein auf unbestimmte Zeit abgeschlossener Vertrag nur ange- 49 nommen werden, wenn überhaupt ein mündlich wirksam vereinbarter Vertrag vorliegt. Hieran fehlt es namentlich, wenn die Parteien der Beobachtung der Schriftform konstitutive Bedeutung beigemessen hatten; in einem solchen Fall führt der Verstoß gegen § 566 zur Nichtigkeit des Vertrages (§§ 125 S 2, 154 Abs 2; RG JW 1908, 105; 1908, 446; s u Rz 61 ff).

2. Die Kündigung 50 a) Aufgrund der Fiktion des § 566 S 2 gilt der Vertrag als für unbestimmte Zeit geschlossen; die Kündigung ist jedoch frühestens zum Schluß des ersten Mietjahres (1189)

Volker Emmerich

§566 51-55

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

möglich. Nichtig sind maW nur die Abreden über die Vertragsdauer. Dazu gehören auch alle Kündigungsbeschränkungen, Verlängerungsklauseln und Optionen. An die Stelle der vertraglichen Kündigungsfristen treten also stets die gesetzlichen. Maßgebend sind mit anderen Worten die Fristen des § 565, so daß vor allem zwischen Wohnraummietverhältnissen und sonstigen Grundstücksmietverhältnissen unterschieden werden muß. Bei PPo/wraH/nmietverhältnissen ist nach § 565 Abs 2 die Kündigung frühestens am 3. Werktag des drittletzten Monats vor Ablauf des 1. Mietjahres möglich. 51 Bei Mietverhältnissen über Geschäftsräume oder gewerblich genutzte unbebaute Grundstücke muß hingegen beachtet werden, daß nach § 565 Abs 1 Nr 3 die Kündigung immer nur zum Ablauf eines Kalendervierteljahres möglich ist, so daß, wenn das erste Mietjahr während eines Kalendervierteljahres endet, trotzdem die Kündigung erst zum Ablauf dieses Kalendervierteljahres möglich ist (s RGZ 59, 245, 246 f). 52 Die Kündigung liegt dabei stets in der Erhebung der Räumungsklage (BGH LM Nr 2 zu § 566 BGB; Nr 35 zu § 581 BGB). Eine fristlose Kündigung ist hingegen jederzeit möglich. 53 b) Umstritten ist, wann die Jahresfrist des § 566 S 2 HS 2 zu laufen beginnt. In Betracht kommen der Abschluß des Mietvertrages und der Beginn des Mietverhältnisses durch Überlassung der Sache. Bedenkt man, daß § 566 S 2 HS 2 den Schutz des Mieters bezweckt, so kann man nur auf die Überlassung der Sache abstellen (ebenso zB PERGANDE § 5 6 6 Anm 3 ; a M zB E R M A N - S C H O P P § 5 6 6 Rz 1 1 ) . Entsprechend muß bei formlosen Änderungsverträgen, wenn hier der Formverstoß zur Folge hat, daß der ganze Vertrag als für unbestimmte Zeit abgeschlossen gilt, auf den Abschluß des Änderungsvertrages abgestellt werden ( R O Q U E T T E § 5 6 6 Rz 5 6 ; PERGANDE § 5 6 6 A n m 5 b ) .

54 c) Aus der Tatsache, daß auch ein formloser Mietvertrag für die in § 566 genannte Zeit voll gültig ist, folgt, daß vor Überlassung der Sache jede Partei Erfüllung durch Überlassung verlangen kann ( N I E N D O R F F 75). Hingegen hat grundsätzlich keine Partei einen Anspruch auf Nachholung der Beurkundung durch schriftlichen Abschluß des Mietvertrages. Die Form kann zwar jederzeit nachgeholt werden, keine Partei ist jedoch verpflichtet, dabei mitzuwirken. Anders steht es nur, wenn die Parteien zusätzlich die Beurkundung vereinbart hatten. Eine solche Abrede kann jederzeit auch als mündliche Nebenabrede getroffen werden (RGZ 104,131,132 f; s u Rz 59, 68). 55 3. Die Treuwidrigkeit der Berufung auf den Formmangel a) In seltenen Ausnahmefällen kann es einer Partei versagt sein, sich auf den Formmangel, hier auf den Verstoß gegen § 566, zu berufen mit der Folge, daß der Vertrag trotz fehlender Einhaltung der vorgeschriebenen Schriftform für die gesamte vereinbarte Dauer gilt und nicht kündbar ist. Während das RG in der Annahme solcher Ausnahmefälle allgemein und auch bei § 566 zuletzt sehr weit gegangen war (insbes RGZ 153, 60 f), kommt nach dem BGH eine Aufrechterhaltung formloser Verträge nach § 242 nur noch in ganz seltenen Ausnahmefällen in Betracht, vor allem wenn die Nichtanerkennung des Vertrages nicht nur zu einem harten, sondern zu einem schlechthin untragbaren Ergebnis führte (BGHZ45, 179; 48, 396 = JuS 1966, 450 Nr 3; 1968, 138 f Nr 4; BGH LM Nr 37 zu § 313 BGB = JuS 1969,490 Nr 4; LM Nr 64/65 zu § 313 BGB; zuletzt BGH NJW 1977, 2072 = JuS 1978, 52 Nr 5, alle mit Nachw). Diese Grundsätze gelten uneingeschränkt auch bei § 566, so daß die Berufung auf den Formmangel grundsätzlich zulässig und nur in seltenen Ausnahmefällen treuwidrig ist. Volker Emmerich

(1190)

3. Titel. Miete. Pacht

§566 56-61

b) Dafür genügt noch nicht, daß der Mieter einen normalen Baukostenzuschuß 56 geleistet hat oder daß die Parteien den Vertrag längere Zeit als gültig behandelt haben. Eine Treuwidrigkeit kommt jedoch namentlich dann in Betracht, wenn der Vermieter den Mieter arglistig oder sonst schuldhaft von der Beobachtung der Form abgehalten hat, indem er zB ausdrücklich die Einhaltung der Schriftform für entbehrlich erklärt hatte (BGH LM Nr 1 zu § 242 [Ca] BGB = ZMR 1955, 292 ff; WM 1963, 172, 173; 1964, 710, 711; 1970, 1480; BGH LM Nr 2 zu § 566 BGB; einschränkend jetzt aber BGH NJW 1977, 2072). Der Einwand der Arglist kommt außerdem in Betracht, wenn der Zweck des § 571, 57 dh die umfassende Information des Grundstückserwerbers über bestehende Mietverträge, auf andere Weise sichergestellt ist, so zB wenn eine Gemeinde als Vermieterin es selbst übernommen hat, für eine genaue Information des Erwerbers zu s o r g e n ( B G H L M N r 15 zu § 5 6 6 B G B ; SOERGEL-MEZGER § 5 6 6 R z 2 0 ) .

Umgekehrt kann sich auch der Mieter nicht auf den Formmangel berufen, wenn der Mietzins zu seinen Gunsten gesenkt worden ist (BGHZ 65, 49, 55). Entsprechend kann der Vermieter nach Ausübung eines Vormietrechts durch den Mieter selbst bei Nichtbeachtung des § 566 dem Mieter nicht früher kündigen, als er mit dem anderen Mieter vereinbart hatte (BGHZ 55, 71, 77 f). Auch an einen formlosen Kündigungsverzicht kann der Vermieter nach Treu und Glauben gebunden sein (PERGANDE § 5 6 6 Anm 5). c) Der Einwand der Arglist wirkt aber immer nur zwischen den Vertragsparteien, 58 niemals daher gegenüber dem Grundstückserwerber, der nach § 571 in den Mietvertrag eintritt; der Erwerber kann sich deshalb stets auf den Formmangel berufen (BGHZ 40, 255, 261; BGH LM Nr 7 zu § 566, B1 3). d) Der wichtigste Anwendungsfall des § 242 ist jedoch ein anderer: Haben die 59 Parteien, wenn auch nur mündlich und auch nur zu Beweiszwecken, die Beurkundung des Vertrages vereinbart, so kann jede Partei jederzeit die Nachholung der erforderlichen Form verlangen. Eine solche Abrede äußert schon vor ihrer Erfüllung weitgehende Wirkungen zwischen den Parteien. Sie macht nämlich eine unter Berufung auf § 566 S 2 erklärte Kündigung unwirksam, da sich ihr gegenüber der Kündigungsgegner auf die Verpflichtung des Kündigenden zur Nachholung der Beurkundung und damit auf die Unwirksamkeit der Kündigung berufen kann. Voraussetzung ist nur, daß die Parteien tatsächlich die Beurkundung des Vertrags vereinbart hatten. Andernfalls besteht keine Pflicht zur Nachholung der Schriftform. Dieselben Wirkungen hat ein Vorvertrag, der nach hM auch formlos abgeschlossen 60 werden kann. Auch aus ihm ergibt sich maW ein Anspruch auf Nachholung der Form, der einer auf den formlosen Hauptvertrag gestützten Kündigung entgegengesetzt werden kann. Auf diese Weise ist es also mühelos möglich, auch formlos wirksam langfristige Mietverträge abzuschließen.* VII. Die sog Schriftformklausel

61

In Mietverträgen findet sich sehr häufig die Abrede, daß der Vertrag nur bei schriftlicher Abfassung wirksam sein soll oder daß Ergänzungen und Änderungen des Vertrages der Schriftform bedürfen (sog Schriftformklauseln). Solche Klauseln können eine sehr unterschiedliche Bedeutung haben und sind vor allem verschieden * RGZ 86, 30, 35; 97, 219, 223; 104, 131, 132 f; insbes RG JW 1938, 1247 f Nr 14; 1929, 318, 319 Nr 1; BGH LM Nr 1 zu § 242 (Ca) BGB = ZMR 1955, 292 ff; LM Nr 1-4 GRMG EinführungsG Berlin = WM 1964, 710, 711; Nr 45 zu § 535 BGB; Nr 11 zu § 566 BGB; zB P E R G A N D E FWW 1968, 475, 476; aM zB früher OLG Hamburg OLGE 20, 115 f. (1191)

Volker Emmerich

§566 62-64

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

zu beurteilen, je nachdem ob sie sich in Individualverträgen oder AGB bzw Formularverträgen finden. 1. Die vereinbarte Schriftforai a) Wie sich aus den §§ 125 S 2 und 154 Abs 2 ergibt, können die Parteien jederzeit die Beobachtung der Schriftform (über § 566 S 2 hinaus) zur Bedingung der Wirksamkeit des Vertrages insgesamt erheben. In diesem Falle muß stets geprüft werden, ob die Einhaltung der vertraglich vereinbarten Form konstitutive oder deklaratorische Bedeutung haben soll (o Rz 49). Im Zweifel wird man dabei bei Mietverträgen mit Rücksicht auf § 566 S 2 (entgegen § 154 Abs 2) das letztere anzunehmen haben (anders die hM; wie hier aber RG JW 1912, 389 Nr 8; 1929, 318, 319 Nr 1). Die Streitfrage hat nur für Individualvereinbarungen Bedeutung. Entsprechende Klauseln in AGB oder Formularverträgen sind gegenüber einem formlos zustande gekommenen Mietvertrag ohne Bedeutung (§ 4 AGBG). 62 b) Wirksamkeit des Mietvertrages trotz Vereinbarung der Schriftform ist insbes anzunehmen, wenn dem Mieter aufgrund des formlosen Vertrages die Sache überlassen worden ist. Denn dann kommt in diesem Augenblick auf jeden Fall konkludent ein neuer formloser Vertrag mit den Bedingungen des ersten Vertrages, dessen Beurkundung unterblieben ist, zustande (OLG Hamburg OLGE 8, 396 f; 33, 312; KG OLGE 33, 313 f). Anders jedoch, wenn der Vermieter bei dem Einzug des Mieters ausdrücklich einen Vorbehalt wegen der noch ausstehenden schriftlichen Abfassung macht. In einem solchen Fall entsteht ein besonderes Vertragsverhältnis, aufgrund dessen der Mieter solange wohnen bleiben darf, bis das Scheitern der Verhandlungen endgültig feststeht (KG OLGE 33, 313). 63 c) Hat die Vereinbarung der Schriftform (ausnahmsweise) konstitutive Bedeutung, so gelten die §§ 125 S 2 und 154 Abs 2, so daß der Vertrag mangels Beurkundung nichtig ist; für die Anwendung des § 566 S 2 ist also nur Raum, wenn die vereinbarte Schriftform lediglich deklaratorische Bedeutung haben soll (RG JW 1912, 389 Nr 8; BGH WM 1966, 979 = BB 1966, 1081). Nach Überlassung der Mietsache muß aber der Vermieter beweisen, daß die Beobachtung der Schriftform konstitutive Bedeutung haben sollte ( H a n s § 566 Anm B 6). d) Auch nachträglich können die Parteien jederzeit Beurkundung des Vertrages vereinbaren. Es hängt dann ebenfalls ganz von den Umständen ab, ob die Einhaltung der Schriftform konstitutive oder deklaratorische Bedeutung haben soll ( N i e n DORFF

87).

64 2. Die Vereinbarung der Schriftform für Ergänzungen und Änderungen In zahlreichen Mietverträgen findet sich die Klausel, daß Änderungen und Ergänzungen des Vertrages der Schriftform bedürfen. Soweit der Vertrag dem § 566 unterliegt, soll durch diese Klauseln sichergestellt werden, daß durch nachträgliche mündliche Änderungen oder Ergänzungen nicht der gesamte Vertrag zu einem mündlich abgeschlossenen Vertrag wird (s o Rz 34 ff). Daneben tritt der Zweck, die Beweisbarkeit von Änderungen und Ergänzungen zwischen den Parteien sicherzustellen. Bei auf unbestimmte Zeit abgeschlossenen Verträgen ist dies in aller Regel der einzige Zweck der genannten Klauseln. Bei der Beurteilung dieser Schriftformklauseln ieS muß ebenfalls genau danach unterschieden werden, ob sich die Klausel in einer Individualvereinbarung oder in AGB bzw Formularverträgen ( § 1 AGBG) findet. Volker Emmerich

(1192)

3. Titel. Miete. Pacht

§566 65-69

a) aa) Schriftformklauseln in Individualvereinbarungen sind unbedenklich, können 65 aber von den Parteien jederzeit auch mündlich wieder aufgehoben werden (aM nur OSWALD Z M R 1960, 1 9 8 ff; ROQUETTE D R 1940, 9 6 1 ; stark e i n s c h r ä n k e n d a u c h

RG DR 1943, 487). Für die Aufhebung genügt es, daß feststeht, daß die Parteien das mündliche Vereinbarte tatsächlich gewollt haben. Die Anforderungen an den Nachweis dieses Willens im einzelnen schwanken. Neuerdings betont die Praxis wieder mehr die Notwendigkeit strenger Beweisanforderungen hinsichtlich des Vorliegens einer Abrede über die Aufhebung der Schriftformklausel.* Zu beachten bleibt jedoch, daß mündliche Änderungen oder Ergänzungen zu einem langfristigen Mietvertrag stets die Gefahr eines Verstoßes gegen § 566 heraufbeschwören mit der Folge, daß dann der Vertrag als auf unbestimmte Zeit geschlossen gilt (s PERGANDE a a O ) .

bb) Selbst wenn für nachträgliche Änderungen und Ergänzungen die Schriftform 66 vereinbart ist, bleibt es doch dabei, daß der Mietvertrag stets von den Parteien auch mündlich, selbst durch konkludente Handlungen aufgehoben werden kann. Die Schriftformklausel hat keine Bedeutung für Mietaufhebungsverträge (aM zu Unrecht LG Mannheim ZMR 1971, 242). cc) In schriftlichen Mietverträgen findet sich außerdem häufig die Bestimmung, daß 67 mündliche Nebenabreden keine Gültigkeit haben. Sinn dieser Bestimmung ist es, die Vermutung der Vollständigkeit, die jede Urkunde für sich hat, zu einer unwiderleglichen zu machen. In derartigen Fällen sind also mündliche Nebenabreden generell unwirksam (LG Hamburg MDR 1967, 594). b) All dies hat aber Bedeutung nur für Schriftformklauseln in Individualvereinba- 68 rangen. Ganz anders zu behandeln sind hingegen derartige Klauseln in den gerade hier besonders verbreiteten Formularverträgen und AGB. Maßgebend ist dann allein § 4 AGBG, nach dem individuelle Vertragsabreden stets den unbedingten Vorrang vor Formularverträgen und AGB haben. Ohne Rücksicht auf eine etwaige Schriftformklausel haben deshalb alle zusätzlichen, formlosen Abreden der Parteien Gültigkeit, sofern ihr Nachweis der Partei, die sich auf sie beruft, gelingt.** Auch eine sog Vollständigkeitsklausel (o Rz 67) begründet in Formularverträgen allenfalls eine Vermutung dafür, daß keine mündlichen Nebenabreden bestehen. Der Gegenbeweis bleibt immer möglich (LG Mannheim MDR 1977, 231 f Nr 59). VIII. Abweichende Vereinbarungen § 566 ist zwingend. Die Parteien können also nicht vereinbaren, daß ein Vertrag trotz des Verstoßes gegen § 566 für längere Zeit als ein Jahr fest abgeschlossen sein soll. Nicht ausgeschlosen ist es jedoch, zusätzlich zu einem formlosen Mietvertrag ebenfalls formlos die Abrede zu treffen, daß der Vertrag noch nachträglich schriftlich abgefaßt werden soll (statt aller RGZ 104, 131, 132 f). Deshalb dürften * BGHZ 49, 364 ( = JuS 1968, 386 Nr 5); 66, 378; BGH WM 1976, 28, 30 = JuS 1976, 186 f Nr 3; BAG AP Nr 1 zu § 127 BGB = JuS 1964, 205 f Nr 2 m Nachw; BGH LM Nr 20 zu § 125 BGB = NJW 1 9 6 5 , 2 9 3 ; LM Nr 3 zu § 5 0 5 BGB, B1 5 ; Nr 5 7 zu § 2 4 2 (Ba) BGB = WM 1 9 7 0 , 1300, 1301; BGH WM 1966, 1335 = ZMR 1967, 178 f; OLG Braunschweig OLGE 20, 113, 114; MITTELSTEIN 173 ff; NIENDORFF 8 7 ; OTTO Z M R 1968, 3 5 ; PERGANDE F W W 1 9 6 8 , 4 7 5 , 4 7 6 ; WEIMAR Z M R 1969, 2 2 5 . ** EMMERICH J u S 1 9 7 2 , 3 6 1 , 3 6 6 ; HELM, in: FSSCHNORRVONCAROLSFELD(1972) 125, 142;PALANDTHEINRICHS §§ 4 , 5 A G B G A n m 2 c; LÖWE-GRAF VON WESTPHALEN-TRINKNER A G B G § 4 R z 2 9 ; TRINKER, in: F S C o h n ( 1 9 7 5 ) 1 9 1 , 1 9 4 ; d e r s B B 1 9 7 7 , 6 3 f; a M zuletzt B G H B B 1 9 7 7 , 6 1 = J u S 1977, 3 3 8 f N r 4 ; BUB D W W 1977, 76, 7 8 ; ULMER, in: ULMER-BRANDNER-HENSEN, A G B G § 4

Rz 9 ff m Nachw. (1193)

Volker Emmerich

69

§§ 566, 567 70; 1, 2

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

Abreden über die Gültigkeit des Vertrages für längere Zeit als ein Jahr trotz fehlender Beurkundung idR als Abreden über die nachträgliche schriftliche Abfassung des Vertrages zu interpretieren sein. Jede Partei hat dann gegen die andere Anspruch auf Nachholung der Schriftform. Eine vorzeitige Kündigung ist treuwidrig (s o Rz 54, 59 f). 70 IX. Beweislast Eine über ein Rechtsgeschäft aufgenommene Vertragsurkunde hat die Vermutung der Vollständigkeit und Richtigkeit für sich. Deshalb trägt derjenige die Beweislast, der behauptet, daß neben den beurkundeten Abreden noch zusätzlich mündliche Abreden getroffen worden sind. Er muß dabei nicht nur beweisen, daß diese Abreden tatsächlich von den Parteien noch gewollt sind, sondern auch darlegen, warum sie nicht beurkundet worden sind. Dies alles gilt uneingeschränkt auch für Mietverträge, die nach § 566 S 1 der Schriftform bedürfen (BGH LM Nr 24 zu § 242 [Be] BGB, B1 1 R; LG Hamburg MDR 1967, 594; E R M A N - H W E S T E R M A N N Vorbem vor § 125 Rz 9; P A L A N D T - H E I N R I C H S § 125 Anm 5). Ebenso muß derjenige, der behauptet, die Urkunde enthalte nicht die wirklichen Vereinbarungen der Parteien, bei eindeutiger Urkunde beweisen, daß der übereinstimmende Wille der Parteien ein anderer war ( P A L A N D T - H E I N R I C H S aaO.). Umgekehrt ist die Lage, wenn die Parteien unstreitig mündliche Abreden getroffen haben und eine Partei deren Gültigkeit mit der Behauptung bestreitet, die Parteien hätten Schriftform vereinbart. Dann trägt die Beweislast derjenige, der sich auf die Schriftformklausel beruft. §567 Wird ein Mietvertrag für eine längere Zeit als dreißig Jahre geschlossen, so kann nach dreißig Jahren jeder Teil das Mietverhältnis unter Einhaltung der gesetzlichen Frist kündigen. Die Kündigung ist unzulässig, wenn der Vertrag für die Lebenszeit des Vermieters oder des Mieters geschlossen ist. E I § 523; E II § 508; E III § 660; Mot II 413; Prot II 217.

Schrifttum KRÜCKMANN, Die rückwirkende Kraft des § 567 BGB, JW 1912, 621; MITTELSTEIN, Die Miete nach dem Rechte des Deutschen Reiches (4. Aufl 1932) 482 ff; NIENDORFF, Mietrecht nach dem BGB (10. Aufl 1914) 340 f; SCHMIDT-FUTTERER, Mietrecht (7. Aufl 1976) s v Lebenslange Mietverträge.

1 1. Zweck und Anwendungsbereich der Vorschrift a) Nach dem preußischen ALR konnte bei Mietverhältnissen das Kündigungsrecht auf Dauer ausgeschlossen werden. Weil die Verfasser des BGB befürchteten, daß durch solche Abreden eine Erbmiete oder ähnliche Verhältnisse eingeführt werden könnten, hielten sie aus volkswirtschaftlichen Gründen eine zeitliche Begrenzung der Miete für unerläßlich (Mot II 413). § 567 soll also die vertragliche Schaffung einer Erbmiete oder ähnlicher Verhältnisse verhindern (RGZ 73, 341, 342; 121,11, 13; 130, 143, 146; RG LZ 1917, 801 Nr 5). 2 Aus diesem auch heute noch durchaus billigenswerten Zweck folgt zugleich, daß § 567 zwingend ist (RGZ 66, 216, 217 ff; 121, 11, 13; 130, 143, 146; BGH LMNr 2 zu § 581 B G B , B 1 2 f; Nr 31 zu § 581 B G B , B 1 4 R ; aM nur zu Unrecht R O Q U E T T E § 567 Rz 1 und 6). Ein vertraglicher Ausschluß des durch § 567 zwingend angeordVolker Emmerich

(1194)

§567 3-8

3. Titel. Miete. Pacht

neten Kündigungsrechts hat jedoch nicht zur Folge, daß deshalb der Miet- oder Pachtvertrag nichtig ist, sondern bewirkt nur, daß - trotz des vertraglichen Ausschlusses - gemäß § 567 S 1 der Vertrag nach dreißig Jahren kündbar ist (BGH LM Nr 2 zu § 581 BGB, B1 2 f). § 567 hat keine rückwirkende Kraft. Nach altem Recht zulässigerweise auf unbe- 3 grenzte Dauer abgeschlossene Mietverträge blieben also wirksam und wurden nicht dreißig Jahre nach Inkrafttreten des BGB kündbar (RGZ 66, 216, 217 ff; 95, 108, 111; RG JW 1932, 2983 Nr 10; KRÜCKMANN aaO). b) § 567 gilt ohne Einschränkung für sämtliche Miet- und Pachtverträge (§ 581 Abs 4 2). Er wird außerdem mit Rücksicht auf seinen Zweck entsprechend auf sämtliche anderen miet- oder pachtähnlichen Rechtsverhältnisse angewendet (RGZ 121, 11, 13; BGH LM Nr 31 zu § 581, B1 4 R). Beispiele sind Verträge über die unentgeltliche Überlassung eines Grundstücks zur Nutzung als Schenkung oder Ausstattung (RG LZ 1917, 801 Nr 5) oder die Gestattung des Ausschanks von Getränken in einer Markthalle (BGH aaO). Entsprechend wird § 567 außerdem auch auf Vorverträge zum Abschluß von Mietverträgen angewandt (RG BayZ 1927, 290; S O E R G E L M E Z G E R § 567 Rz 3; E R M A N - S C H O P P § 567 Rz 1). Keine Anwendung findet hingegen § 567 auf das der Bestellung einer Grunddienstbarkeit zugrunde liegende Kausalgeschäft, selbst wenn es pachtähnlich ausgestaltet ist (BGH LM Nr 22 zu § 1 0 1 8 B G B , B1 2 R ; PALANDT-PUTZO § 5 6 7 A n m

1 a).

2. Der Abschluß für eine längere Zeit als dreißig Jahre

5

§ 567 S 1 ordnet zwingend ein Kündigungsrecht für alle Mietverträge an, die für eine längere Zeit als dreißig Jahre abgeschlossen worden sind. Ein solcher Vertragsschluß für mehr als dreißig Jahre liegt auch vor, wenn der Vertrag zwar nur auf dreißig Jahre abgeschlossen ist, dem Mieter jedoch eine Verlängerungsoption für weitere Jahre eingeräumt ist (RGZ 130,143,146). Entsprechend dem Zweck der Vorschrift gilt dasselbe, wenn nur das Kündigungsrecht einer Partei, zB des Vermieters, für mehr als dreißig Jahre oder sogar für immer ausgeschlossen ist; in derartigen Fällen kann jedoch unter Umständen eine sittenwidrige Knebelung (§ 138 Abs 1) vorliegen (RG LZ 1915, 518, 519 Nr 7; OLG München HRR 1942 Nr 852; RG DJZ 1931, 705). § 567 wird selbst auf solche Mietverträge angwendet, deren Beendigung an den 6 Eintritt eines zukünftigen ungewissen Ereignisses geknüpft ist, sofern es nur möglich ist, daß der Eintritt dieses Ereignisses länger als dreißig Jahre dauern wird wie zB bei der Gestattung des Ausschanks von Getränken in einer Markthalle für die Zeit des Betriebs dieser Halle (BGH LM Nr 31 zu § 581 BGB, B1 4 R ; MITTELSTEIN 484; ROQUETTE § 5 6 7 R z 2 ; NIENDORFF 3 4 0 ) .

Keine Anwendung findet hingegen § 567, wenn ein Maschinenhersteller seine 7 Produkte immer nur auf zwanzig Jahre vermietet, so daß sämtliche aufeinanderfolgenden Mietverträge rechtlich selbständig sind, mag der Mieter auch wirtschaftlich gezwungen sein, die Verträge ständig zu erneuern (RGZ 165, 1, 21 f; str). Zulässig ist auch die Vereinbarung, daß diejenige Partei, die aufgrund des § 567 8 S 1 den Vertrag nach dreißig Jahren kündigt, der anderen eine Entschädigung zu zahlen hat. Hierin liegt nicht notwendigerweise eine Umgehung des Verbots des § 567 S 1. Anders ist es nur, wenn die Kündigung vertraglich von Bedingungen oder Verpflichtungen abhängig gemacht ist, deren Erfüllung unmöglich ist oder doch eine übermäßige wirtschaftliche Erschwerung der Kündigung darstellt (RGZ 73, 341, 342 f; 130, 143, 147). (1195)

Volker Emmerich

§567 9-13

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

9 3. Rechtsfolge Ein Verstoß gegen § 567 S 1 hat nur zur Folge, daß der Vertrag nach dreißig Jahren, dh vorzeitig mit gesetzlicher Frist (§ 565) kündbar ist. Der Verstoß gegen § 567 S 1 führt also auf keinen Fall zur Nichtigkeit des gesamten Vertrages, sondern nur zu dessen vorzeitiger Kündbarkeit; im übrigen bleibt der Vertrag wirksam. Dies gilt auch dann, wenn die Parteien das Kündigungsrecht aufgrund des § 567 S 1 ausdrücklich ausgeschlossen hatten: immer bleibt der Vertrag wirksam, ist jedoch nach dreißig Jahren, dh vorzeitig, kündbar (RGZ 130, 143, 146; BGH LM Nr 2 zu § 581 BGB, B1 2 f; MITTELSTEIN 482 f). Für die Anwendung des § 139 ist also kein Raum. Dadurch wird jedoch nicht ausgeschlossen, daß der Vertrag ausnahmsweise wegen der übermäßigen Bindung einer oder beider Parteien gegen § 138 Abs 1 verstößt und deshalb nichtig ist. 10 Die Kündigung ist erstmals nach dreißig Jahren möglich. Die Frist beginnt nicht mit Vertragsschluß, sondern mit Überlassung der Sache an den Mieter ( R O Q U E T T E § 567 Rz 4). Eine Frist für die Ausübung des Kündigungsrechts ist nicht vorgeschrieben. Die Kündigung kann also zu einem beliebigen Termin, jedoch stets nur unter Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfristen des § 565 erklärt werden. Die Ausübung dieses Kündigungsrechts ist auch grundsätzlich nicht mißbräuchlich, selbst wenn der Mieter für die lange Bindung des Vermieters besondere, zusätzliche Leistungen erbracht hatte (BGH LM Nr 31 zu § 581 BGB, B1 4 R f). Anders kann es sich jedoch verhalten, wenn der Vermieter zugleich die Verpflichtung übernommen hatte, Wettbewerb von dem Mieter fernzuhalten, und er durch die vorzeitige Kündigung aufgrund des § 567 S 1 auch gegen diese Verpflichtg verstieße (BGH aaO).

11 4. Der Vertragsschluß auf Lebenszeit einer Partei Von dem Verbot einer längeren Bindung als auf dreißig Jahre macht § 567 S 2 eine Ausnahme für Verträge, die für die Lebenszeit des Vermieters oder des Mieters abgeschlossen sind (s MITTELSTEIN 483 f; NIENDORFF 341 f). § 567 S 2 ist eine eng auszulegende Ausnahmevorschrift (OLG München HRR 1942 Nr 852). Er kann deshalb zwar auch dann angewendet werden, wenn das Kündigungsrecht des Vermieters für die Lebenszeit des Mieters ausgeschlossen wird (NIENDORFF aaO), nicht mehr jedoch, wenn das Kündigungsrecht des Vermieters für immer ausgeschlossen sein soll (OLG München aaO). Hingegen wird man § 567 S 2 anwenden können, wenn die Vertragsbeendigung von dem Eintritt eines zukünftigen ungewissen Ereignisses gerade in der Person einer Partei, zB von der Versetzung eines Beamten, abhängig gemacht wird, weil ein solcher Vertrag höchstens - zulässigerweise - für die Lebenszeit dieser Partei abgeschlossen sein kann (NIENDORFF 341). 12 Verträge auf Lebenszeit einer Partei bedürfen stets der Schrift/owi nach § 566 S 1 (BGH LM Nr 1 zu § 567 BGB). Auf juristische Personen kann § 567 S 2 nicht, auch nicht entsprechend, angewendet werden, weil sie keine Lebenszeit iS des § 567 S 2 haben. Verträge mit juristischen Personen sind also stets spätestens nach dreißig Jahren kündbar. 13 Kein Fall des § 567 S 2 ist schließlich die Zuwendung eines lebenslänglichen Wohnrechts durch Vermächtnis gegen ein bestimmtes Entgelt, weil hierdurch kein Mietverhältnis, sondern ein erbrechtliches Verhältnis zwischen dem Berechtigten und den Erben begründet wird (LG Mannheim DWW 1968, 258). Volker Emmerich

(1196)

§568 3. Titel. Miete. Pacht §568

Wird nach dem Ablaufe der Mietzeit der Gebrauch der Sache von dem Mieter fortgesetzt, so gilt das Mietverhältnis als auf unbestimmte Zeit verlängert, sofern nicht der Vermieter oder der Mieter seinen entgegenstehenden Willen binnen einer Frist von zwei Wochen dem anderen Teile gegenüber erklärt. Die Frist beginnt für den Mieter mit der Fortsetzung des Gebrauchs, für den Vermieter mit dem Zeitpunkt, in welchem er von der Fortsetzung Kenntnis erlangt. E I § 524; E II § 509; E III § 561; Mot II 413 ff; Prot II 217 f.

Schrifttum ALLWEIL, Die stillschweigende Verlängerung des Mietverhältnisses nach Ablauf der Mietzeit, DWW 1967, 93; BODIE, Die Kündigung bei fortgesetztem Mietverhältnis nach § 568 BGB, NJW 1967, 1068; ders, § 568 BGB und Räumungsklage, WuM 1966, 130; ders, § 568 BGB und die „vorweggenommene" Erklärung, WuM 1968, 43; BULLERT, Die Kündigung bei fortgesetztem Mietverhältnis nach § 568 BGB, NJW 1967, 139 f; BURKHARDT WuM 1965, 25; ESSER, Wert und Bedeutung der Rechtsfiktionen (2. Aufl 1969) bes 52 ff, 74 ff; ders, Schuldrecht II 1, § 17 I 3; ENNECCERUSLEHMANN (15. B e a r b 1958) § 132 I V ; GANSCHEZIAN-FINCK, Z u r A n w e n d u n g d e s § 5 6 8 B G B , N J W

1971, 2051; GIEBNER, Ist § 568 BGB noch berechtigt? ZMR 1970, 3; HAASE, Ein Problem des Mietrechts: Die Erklärung des mangelnden Fortsetzungswillens, JR 1972, 58; HANS, Stillschweigende Verlängerung des Mietverhältnisses nach § 568 BGB, ZMR 1967, 65; MITTELSTEIN, Anm DJZ 1915, 99, 195; ders, Die Miete nach dem Rechte des Deutschen Reiches (4. Aufl 1932) 499 ff; NIENDORFF, Mietrecht nach dem BGB (10. Aufl 1914) 362 ff; SCHEUERMANN, Zum Begriff des „ V o r e n t h a l t e n s d e r M i e t s a c h e " iS d e r §§ 5 5 7 u n d 5 6 8 B G B , J W 1934, 3 2 5 9 ; SCHMIDT-FUTTERER,

Mietrecht (7. Aufl 1976) s v Stillschweigende Verlängerung des beendeten Mietverhältnisses; ders, Miete und Pacht (2. Aufl 1964) 166 f; ders, B 687 ff (S 277 ff); SCHOPP, Anm ZMR 1971, 57 f; SCHROERS, § 568 B G B - Bedeutung und Anwendung der Vorschrift, WuM 1974, 65; SPILLER, Fortsetzung des Mietverhältnisses nach Ablauf des Mietvertrages und die vor dem 31. Juli 1914 entstandene Forderung, DJZ 1915, 99; WEIMAR, Zweifelsfragen zur stillschweigenden Verlängerung eines Mietverhältnisses gemäß § 5 6 8 BGB, MDR 1966, 981; ders, Die Ersatzpflicht des Mieters bei Vorenthaltung der Wohnung im Notstand, ZMR 1963, 65 f; 1965, 3.

Systematische Übersicht I. Entstehungsgeschichte und Zweck der Vorschrift 1 II. Der Anwendungsbereich des § 568 7 ID. Die Fortsetzung des Gebrauchs durch den Mieter 15 IV. Der Widerspruch 16 1. Die Erklärung des Widerspruchs 17

2. Die Widerspruchsfrist 18 3. Einzelfragen 21 V. Die Verlängerung des Mietverhältnisses auf unbestimmte Zeit 26 1. Allgemeines 27 2. Einzelfragen 30 VI. Prozessuales 34

Alphabetische Übersicht Abweichende Vorschriften 14 Allgemeines 1 f Anwendbarkeit 7 ff Aufhebungsvertrag 11

Fiktion 3, 26 f Fortsetzung des Gebrauchs 15 Fristbeginn 21 f, 25 fristlose Kündigung 23

Beweislast 34

Geschäftsfähigkeit 5

(1197)

Volker Emmerich

§568 1-5

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

Irrtumsanfechtung 4 Kündigung 9 Präklusion 32 Prozessuales 34 f Räumungsfrist 12 Räumungsklage 20

Vergleich 11 Verlängerungsvereinbarung 13 Vermieterpfandrecht 29 Vorenthaltung der Sache 15 Werkswohnung Widerspruch 10,16 f, 21-24, 33 Widerspruchsfrist 18 f Wohnraummiete 28

1 I. Entstehungsgeschichte und Zweck der Vorschrift Die Vorschrift regelt die Frage, was geschehen soll, wenn der Mieter trotz Beendigung des Mietverhältnisses den Gebrauch der Sache fortsetzt, namentlich wohnen bleibt. Im Gemeinen Recht wurde in diesem Fall, sofern nicht der Vermieter widersprach, der Abschluß eines neuen Mietvertrages angenommen (sog relocatio tacita; WINDSCHEID-KIPP, Lehrbuch des Pandektenrechts [9. Aufl 1 9 0 6 / 1 9 6 3 ] 7 6 5 ) . Dagegen war nach dem preußischen ALR (I 21 § 326) die Verlängerung des Mietverhältnisses zusätzlich davon abhängig, daß der Mieter seinen Verlängerungswillen dem Vermieter erklärt und dieser nicht binnen einer bestimmten Frist widersprochen hatte. Im Anschluß hieran hielten die Verfasser des BGB eine Bestimmung für angebracht, daß das Mietverhältnis bei Fortsetzung des Gebrauchs durch stillschweigende Übereinkunft als verlängert anzusehen sei (Mot II 413 f). 2 Aus dieser Entstehungsgeschichte der Vorschrift wird überwiegend gefolgert, daß ihr Zweck in erster Linie in der Verhinderung eines vertragslosen Zustandes durch Sicherung der Anwendung des Mietrechts besteht. Zweck der Vorschrift ist maW im Interesse der Rechtssicherheit vor allem die eindeutige Klarstellung der Rechtsverhältnisse bei Fortsetzung des Mietgebrauchs durch den Mieter trotz Beendigung des Vertrages (s zB SCHMIDT-FUTTERER B 6 8 8 ; SCHROERS aaO). Ob § 5 6 8 daneben auch einen Schutz des Mieters in seinem Mietbesitz bezweckt, ist zweifelhaft, dürfte jedoch zu bejahen sein. 3 Um die Rechtsverhältnisse an der Mietsache bei Fortsetzung des Gebrauchs trotz Beendigung des Mietverhältnisses klarzustellen, enthält § 568 keine bloße Vermutung einer vertraglichen Verlängerung des Mietverhältnisses (so nur LEONHARD, Besonderes Schuldrecht [ 1 9 3 1 ] 165), sondern eine echte Fiktion der Verlängerung, so daß es auf den Willen der Parteien für den Eintritt dieser Rechtsfolge nicht ankommt (RGZ 140, 314, 316 f = LZ 1933, 1020, 1022; LG Hamburg WuM 1 9 7 5 , 5 7 ; ESSER, Rechtsfiktionen aaO; LARENZ II ( 1 1 . Aufl 1 9 7 7 ) § 4 8 VI d; SOERGEL-MEZGER § 5 6 8 R z 1).

4 Da es für den Eintritt der Verlängerung nicht auf den Willen der Parteien ankommt, ist auch ein Irrtum der Parteien über die durch § 568 an ihr Verhalten geknüpften Rechtsfolgen unerheblich; eine Anfechtung des Verhaltens mit der Folge, daß die Verlängerung des Mietverhältnisses nicht eintritt, ist also nicht möglich (§119 Abs 1; ESSER u n d LARENZ a a O ; ROQUETTE § 5 6 8 R z 5 ; ENNECCERUS-NIPPERDEY, § 1 5 3

IV B 2 a = 9 4 7 ff m Nachw; aM zB ENNECCERUS-LEHMANN § 132 IV 3 ; LEONHARD aaO).

5 Da jedoch der Wille der Parteien immerhin insofern beachtlich ist, als beide durch einen Widerspruch die Verlängerung des Mietverhältnisses verhindern können, wird allgemein Geschäftsfähigkeit der Parteien für die Anwendung des § 568 S 1 verlangt (unstreitig). Die Fortsetzung des Gebrauchs durch Geschäftsunfähige oder in der Geschäftsfähigkeit beschränkte Personen führt also nicht zu einer Verlängerung des Volker Emmerich

(1198)

§568 3. Titel. Miete. Pacht

6-11

Mietverhältnisses, sondern zu einem vertragslosen Verhältnis, das nach Bereicherungsrecht abzuwickeln ist. § 568 ist - selbstverständlich - nach wie vor unverändert in Kraft; die Zwischenzeit- 6 liehe Verlängerung der Kündigungsfristen durch § 565 Abs 2 hat keinen Einfluß auf die Anwendbarkeit des § 568 (aM zu Unrecht nur AG Oberhausen ZMR 1967, 81 f = D W W 1965, 18 IN abl A n m KORFF Z M R 1965, 2 8 9 , 2 9 1 ) .

n. Der Anwendungsbereich des § 568

7

1. § 568 gilt für alle Mietverhältnisse ohne Ausnahme, also nicht nur für die Grundstücks- oder Wohnraummiete, sondern auch für die Fahrnismiete. 2. § 568 wird entsprechend seinem Zweck auf jede Beendigungsart eines Mietver- 8 hältnisses angewendet. Er gilt also nicht nur, wie man aus der Formulierung des § 568 S 1 folgern könnte, für den Ablauf der vertraglich vereinbarten Mietdauer, sondern auch für eine Beendigung der Mietdauer durch Kündigung oder durch Aufhebungsvertrag (vgl zB RAGE 15, 281, 283; OLG Frankfurt OLGE 7, 18; LG Mannheim Justiz 1974, 2 3 3 f = WuM 1977, 2 2 9 ; MITTELSTEIN 5 0 0 ; NIENDORFF 3 6 3 ; GANSCHEZIAN-FINCK a a O ; WEIMAR M D R

1966, 9 8 1 ; insbes SCHMIDT-FUTTERER

B 689 ff m Nachw; LG Hamburg MDR 1965, 749 Nr 53).

a) Für die Anwendung des § 568 spielt es keine Rolle, auf welche Gründe die 9 Kündigung gestützt ist und ob es sich um eine fristlose Kündigung oder um eine Kündigung unter Einhaltung einer Kündigungsfrist handelt. Daher gilt § 568 auch, wenn die Kündigung auf das 1. Wohnraumkündigungsschutzgesetz oder jetzt auf § 564 b gestützt ist (AG Bremervörde WuM 1973, 99). Auch die fristlose Kündigung ist nicht von dem Anwendungsbereich des § 568 ausgenommen (LG Bochum ZMR 1971, 5 6 f m Anm SCHOPP; LG Hamburg WuM 1975, 57 m Nachw; SCHMIDTFUTTERER B 6 9 0 ) . Umstritten ist hier nur, ob schon in der Kündigung zugleich der Widerspruch iS des § 568 S 1 gesehen werden kann (s dazu u Rz 23). b) Für die Anwendung des § 568 ist auch Raum neben einem Widerspruch des 10 Mieters gegen eine Kündigung aufgrund der §§ 556 a und 556 b. Im einzelnen hat man hier folgende Fallgestaltungen zu unterscheiden: Einigen sich die Parteien aufgrund des Widerspruchs des Mieters über eine Verlängerung des Mietverhältnisses, so ist für die Anwendung des § 568 kein Raum. Hingegen ist § 568 anwendbar, wenn der Vermieter auf den Widerspruch des Mieters nicht reagiert oder wenn er den Widerspruch als unbegründet zurückweist, der Mieter aber wohnen bleibt. Das Mietverhältnis gilt dann als auf unbestimmte Zeit verlängert. Kündigt der Vermieter erneut, so kann der Mieter wiederum nach § 556 a widersprechen (HANS § 568 A n m B 5; WEIMAR M D R 1966, 9 8 1 ; PALANDT-PUTZO § 5 6 8 A n m 1 c).

c) § 568 ist auch anzuwenden, wenn die Parteien nachträglich das Mietverhältnis 11 durch einen Aufhebungsvertrag beenden (LG Mannheim Justiz 1974, 233 f; GANSCHEZIAN-FINCK aaO). In dem Abschluß eines derartigen Aufhebungsvertrages liegt nicht notwendigerweise zugleich die an sich mögliche vertragliche Abbedingung des § 568. Dadurch wird nicht ausgeschlossen, daß der Aufhebungsvortrag zugleich die Bedeutung haben soll, daß mit dem in ihm festgesetzten Endigungstermin das Mietverhältnis unter allen Umständen, also auch dann, wenn der Mieter vertragswidrig den Gebrauch fortsetzt, enden soll. Nur wenn der Vertrag in dieser Weise auszulegen ist, kann § 568 nicht mehr angewendet werden (BGH WM 1965, 413 = ZMR 1966, 117, 241). Daher ist grundsätzlich für die Anwendung des § 568 selbst dann Raum, wenn das Mietverhältnis durch einen gerichtlichen Vergleich beendet worden ist, der Mieter aber trotz Ablaufs des Mietverhältnisses wohnen (1199)

Volker Emmerich

§568 12-15

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

bleibt ( L G Münster WuM 1 9 6 6 , 2 7 = ZMR 1 9 6 6 , 1 0 8 Nr 14); anders jedoch, wenn durch den Vergleich das Mietverhältnis sofort beendet und dem Mieter lediglich eine Räumungsfrist eingeräumt worden ist (GANSCHEZIAN-FINCK 2 0 5 2 ) . 12 3. Denn die Anwendung des § 568 ist nicht möglich, wenn die Beendigung des Mietverhältnisses, sei es durch Urteil, sei es durch Vereinbarung der Parteien, feststeht und dem Mieter lediglich durch das Urteil oder durch den Vermieter noch eine Räumungsfrist bewilligt worden ist (LG Mannheim ZMR 1969, 220; LG H a m b u r g Z M R 1 9 6 0 , 4 6 f; GANSCHEZIAN-FINCK 2 0 5 2 f; SCHMIDT-FUTTERER B 6 9 3 ;

HANS § 568 Anm B 5 b; O L G Breslau J W 1929, 3256 f Nr 8; aM zu Unrecht nur

AG Köln WuM 1969, 11; 1969, 147 = ZMR 1969, 86 Nr 18; 1969, 284 f Nr 45 = MDR 1969, 147 Nr 6 5 ) .

13 4. Für die Anwendung der gesetzlichen Fiktion des § 568 ist kein Raum, wenn die Parteien selbst schon durch Vertrag ihre Rechtsverhältnisse geordnet haben. Eine Verlängerungsvereinbarung der Parteien geht dem § 568 stets vor. Eine solche Abrede kann auch konkludent zustande kommen, zB dadurch, daß der Vermieter trotz Beendigung des Mietverhältnisses den Mieter wohnen läßt und den Mietzins weiterhin entgegennimmt (s MITTELSTEIN 499 f). 14 § 568 ist nicht zwingend. Abweichende Vereinbarungen sind also möglich (aM nur SCHROERS 6 7 ) , so daß die Parteien zB vereinbaren können, daß das Mietverhältnis zu einem bestimmten Termin unter allen Umständen, also auch wenn der Mieter trotzdem den Gebrauch fortsetzt, enden soll. Eine solche Abrede kann auch in einem Aufhebungsvertrag liegen; notwendig ist dies jedoch nicht (BGH WM 1965, 413 = 1966, 117, 241; LG Mannheim Justiz 1974, 233, 234). Deshalb bestehen auch keine Bedenken dagegen, daß die Parteien nach einer Kündigung ein Zwischenstadium vorsehen, in dem keiner gebunden sein soll, so daß der Mieter ohne Kündigung jederzeit ausziehen kann (LG Berlin DR 1939, 1080, 1081 Nr 24 m abl Anm ROQUETTE). Hingegen wird man es nicht mehr billigen können, wenn § 568 generell durch Formularverträge, die von Vermieterverbänden aufgestellt werden, abbedungen wird. Hier muß die Inhaltskontrolle zur Unwirksamkeit derartiger Klauseln führen (§ 9 Abs 2 Nr 1 AGBG; aM BUB DWW 1977, 78)

15

III. Die Fortsetzung des Gebrauchs durch den Mieter Die Fiktion der Vertragsverlängerung setzt vor allem voraus, daß der Mieter trotz Beendigung des Mietverhältnisses den Gebrauch der Sache fortsetzt. Da es auf den Willen der Parteien nicht ankommt, spielt es keine Rolle, aus welchen Gründen der Mieter den Gebrauch fortsetzt. Die Verlängerung des Mißverhältnisses wird selbst dann fingiert, wenn der Mieter zu Unrecht annimmt, das Mietverhältnis bestehe fort. Entscheidend ist also allein die tatsächliche Fortsetzung des Gebrauchs durch den Mieter. Darunter ist grundsätzlich die Fortsetzung des bisherigen vertragsmäßigen Gebrauchs über den Zeitpunkt der Beendigung hinaus zu verstehen (BGH LM Nr 42 zu § 535 BGB B1 3 R). Die Fortsetzung muß jedoch einige Zeit dauern; die Fortsetzung des Gebrauchs für eine kurze Übergangszeit bis zu der schon für die nächsten Tage ins Auge gefaßten Räumung genügt nicht für die Anwendung des § 568 (ERMANN-SCHOPP § 568 Rz3; WEIMAR MDR 1966, 981). Ebensowenig genügt die bloße Vorenthaltung der Sache iS des § 557. Fortsetzung des Gebrauchs ist mehr als diese bloße Vorenthaltung (WEIMAR ZMR 1963, 65 f; 1965, 3 f) und erfordert zumindest ein Behalten der Sache durch den Mieter selbst, während es unerheblich ist, ob der Mieter während dieser Zeit von der Sache auch tatsächlich den vorgesehenen Gebrauch macht (§552; MITTELSTEIN 501; NIENDORFF 363; SOERGEL-MEZGER § 568 Rz 1; SCHMIDT-FUTTERER B 697). Keine Fortsetzung des Volker Emmerich

(1200)

3. Titel. Miete. Pacht

§568 16-19

Gebrauchs liegt daher vor, wenn der Mieter unter Zurücklassung seiner Sachen flüchtig ist oder wenn er nur einzelne Räume untervermietet hatte und der Untermieter trotz Auszugs des Mieters wohnen bleibt. Hatte der Mieter jedoch sämtliche Räume untervermietet, so liegt bei Wohnenbleiben des Untermieters eine Fortsetzung des Gebrauchs iS des § 568 vor (BGH LM Nr 42 zu § 535 BGB B1 3 R; MITTELSTEIN 501; aA NIENDORFS 364). Fortsetzung des Gebrauchs liegt auch vor, wenn der Mieter zwar auszieht, aber seine Möbel in der Wohnung zurückläßt, weil er sie anderswo nicht unterbringen kann (LG Köln WuM 1975, 85). Da mehrere Mieter Gesamtschuldner sind, genügt die Fortsetzung des Gebrauchs nur durch einen von ihnen nicht für die Verlängerung des Mietverhältnisses mit allen anderen (§ 425; NIENDORF 363 f). Und wenn der Mieter nur deshalb wohnen bleibt, weil der Vermieter die Wirksamkeit seiner Kündigung bestritten hat, so haftet der Mieter nicht aus § 568, sondern lediglich aus ungerechtfertigter Bereicherung (RG DWA 1934, 472).

IV. Der Widerspruch

16

Trotz Fortsetzung des Gebrauchs durch den Mieter nach Beendigung des Mißverhältnisses wird eine Verlängerung des Mietverhältnisses nicht fingiert, wenn der Vermieter oder der Mieter ihren entgegenstehenden Willen binnen einer Frist von 2 Wochen dem anderen Teil gegenüber erklären.

1. Die Erklärung des Widerspruchs

17

Der Widerspruch ist eine einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung, die dem Gegner zugehen muß und aus der sich eindeutig ergeben muß, daß der Erklärende unter keinen Umständen mit einer Fortsetzung des Mietverhältnisses zu den bisherigen Bedingungen einverstanden ist (zB AG Itzehoe WuM 1966,98; LG Köln WuM 1976, 185). Eine besondere Form ist für den Widerspruch nicht vorgeschrieben, so daß er auch konkludent erklärt werden kann (aM SCHROERS WuM 1965, 66). Deshalb liegt ein Widerspruch auch in der Forderung des Vermieters nach Heraufsetzung oder in der Forderung des Mieters nach Herabsetzung des Mietzinses (RGZ 140, 314, 317; OLG Hamburg SeuffA 73 [1918] Nr 9,15; BGH LM Nr 42 zu § 535 BGB B1 3 R f; AG Itzehoe aaO; AG Köln ZMR 1969, 284; aM PALANDT-PUTZO § 568 Anm 2 b). Ein Widerspruch liegt außerdem zB in der Forderung nach sofortiger Räumung sowie insbes in der Erhebung der Räumungsklage (SCHROERS a a O ; SCHMIDT-FUTTERER B 7 0 0 ) .

2. Die Widerspruchsfrist

18

Die Widerspruchsfrist beträgt zwei Wochen und beginnt für den Mieter mit der Fortsetzung des Gebrauchs, für den Vermieter mit dem Zeitpunkt, in dem er von der Fortsetzung Kenntnis erlangt. Binnen dieser Frist muß also der Widerspruch dem Gegner zugehen. a) Für den Mieter beginnt die Frist in dem Augenblick zu laufen, in dem das 19 Mietverhältnis endet. Es ist nicht erforderlich, daß der Mieter von der Beendigung des Mietverhältnisses Kenntnis hat (zB LARENZ II § 48 VI d, S 204 Fn 1; aM ENNECCERUS-LEHMANN § 132 IV 1; SIBER, Schuldrecht [1931] 270). Beim Vermieter

setzt der Fristbeginn hingegen positive Kenntnis von der Fortsetzung des Gebrauchs durch den Mieter voraus. Bloßes Kennenmüssen genügt nicht. Ebensowenig die Kenntnis davon, daß der Mieter die Sache noch nicht zurückgegeben hat. Dem (1201)

Volker Emmerich

§568 20-22

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

Vermieter muß vielmehr bekannt sein, daß der Mieter obendrein den vertraglich vorgesehenen Gebrauch fortsetzt. Die Berechnung der zweiwöchigen Frist richtet sich nach den §§ 187 Abs 1, 188 Abs 2 und 193. 20 b) Der Widerspruch ist nur wirksam, wenn er dem Gegner binnen der zweiwöchigen Frist auch tatsächlich zugeht (§ 130). Umstritten ist die Rechtslage, wenn der Widerspruch in der Räumungsklage liegt. Nach einer Meinung ist auch dann der Widerspruch nur rechtzeitig erhoben, wenn die Klage binnen der Frist von zwei Wochen dem Gegner zugestellt wird (LG Wiesbaden WuM 1969, 97 = ZMR 1969, 284 Nr 44; 1971, 181; AG Hagen ZMR 1965, 275; LG Hamburg WuM 1975, 57; Hamburger-GrundE 1972, 509; SCHMIDT-FUTTERER B 701; SOERGEL-MEZGER § 568 R z 5 ; SCHROERS a a O ; ALLWEIL a a O ; B O D I E W U M 1 9 6 6 , 1 3 0 ; H A N S Z M R

1967, 65,

66 f). Nach anderer Ansicht können hingegen auch auf die Zwei-Wochen-Frist des § 568 S 2 die §§ 270 Abs 3 und 495 ZPO entsprechend angewendet werden, so daß zur Fristwahrung die Einreichung der Räumungsklage genügt, sofern nur die Zustellung demnächst erfolgt (LG Duisburg WuM 1966, 190 = ZMR 1967, 20 Nr 21; LG Dortmund ZMR 1966, 108 Nr 151 AG Oberhausen DWW 1965, 18; ERMANN-SCHOPP § 5 6 8 R z 5 ; PALANDT-PUTZO § 5 6 8 A n m

2 c).

Richtiger Meinung nach ist jedoch hier für die Anwendung der §§ 270 Abs 3 und 495 ZPO kein Raum, da der Vermieter zur Fristwahrung nicht auf die Zustellung der Klage angewiesen ist, sondern den Widerspruch auch formlos jederzeit gegenüber dem Mieter erklären kann. Liegt der Widerspruch in der Räumungsklage, so ist die Frist des § 568 S 2 folglich nur gewahrt, wenn die Klage binnen der zweiwöchigen Frist dem Gegner zugestellt wird. 21 3. Einzelfragen a) Außerordentlich umstritten ist die Frage, ob der Widerspruch namentlich des Vermieters auch schon vor Fristbeginn erklärt werden kann. Die neuere Praxis tendiert eindeutig dahin, auch einen Widerspruch des Vermieters jedenfalls kurze Zeit (wenige Tage) vor Fritsbeginn genügen zu lassen, wenn damit der Vermieter eindeutig zu erkennen gegeben hat, daß er eine Fortsetzung des Gebrauchs durch den Mieter nach Vertragsbeendigung auf keinen Fall billigen werde. Der Mieter handele treuwidrig, wenn er in diesem Falle eine Wiederholung des Widerspruchs verlange, um die Fiktion der Verlängerung des Mietverhältnisses infolge der Fortsetzung des Gebrauchs auszuschließen.* Hingegen soll ein Widerspruch mehrere Monate vor Vertragsbeendigung auf keinen Fall ausreichen (LG Mannheim Justiz 1974, 233, 234 = WuM 1977, 229; AG Darmstadt WuM 1970, 189 = ZMR 1971, 58 Nr 24). 22 Eine nach wie vor verbreitete Meinung hält hingegen am Wortlaut des § 568 S 2 fest und läßt nur einen nach Fristbeginn erklärten Widerspruch insbes des Vermieters genügen, um die Fiktion der Verlängerung des Mietverhältnisses auszuschließen." * B G H W M 1 9 6 5 , 4 1 3 = Z M R 1 9 6 6 , 1 1 7 , 2 4 1 ; i n s b e s B G H L M N r 4 2 zu § 5 3 5 B G B (B1 4 f ) ; L G

Stuttgart Z M R 1967, 340, 341; LG Mannheim DWW 1976, 88, 89; LG Kassel WuM 1966, 203 = ZMR 1967, 812 Nr 15; A G Köln ZMR 1969, 284; LG Aachen WuM 1970, 202 = ZMR 1971, 181 Nr 11; SOERGEL-MEZGER § 568 Rz 3; insbes SCHMIDT-FUTTERER B 706 f; ebenso schon früher NIENDORFF 364 unter Hinweis auf ö s t O G H GLASER-UNGER 30, 23. ** LG Wiesbaden WuM 1969, 97 = ZMR 1969, 284 Nr 44; LG Hamburg M D R 1971, 1013 N r 4 6 ; L G W i e s b a d e n Z M R 1 9 7 1 , 1 8 1 ; ROQUETTE § 5 6 8 R z 9 ; BODIÉ N J W 1 9 6 7 , 1 0 6 8 , 1 0 6 9 ; d e r s W u M 1 9 6 8 , 4 3 f ; BURKHARDT a a O ; HANS Z M R 1 9 6 7 , 6 5 , 6 7 ; SCHROERS W U M 1 9 6 4 , 6 5 , 6 6 ;

vermittelnd hingegen GANSCHEZIAN-FINCK NJW 1971, 2051, 2054; HAASE JR 1972, 58, 59.

Volker Emmerich

(1202)

3. Titel. Miete. Pacht

§568 23-28

Es sind jedoch in der Tat zahlreiche Fälle denkbar, in denen nach § 242 eine Wiederholung des kurz vor Vertragsbeendigung erklärten Widerspruchs entbehrlich ist, so namentlich wenn der Vermieter gegenüber der erklärten Absicht des Mieters zur Fortsetzung des Gebrauchs nach dem bevorstehenden Vertragsende unmißverständlich seine Absicht erklärt hat, das Vertragsverhältnis auf jeden Fall zu beenden, oder wenn eine Partei der anderen kurz vor Vertragsbeendigung mitgeteilt hat, daß sie bereits durch erneute Vermietung der Räume bzw durch Anmietung einer Ersatzwohnung endgültige Tatsachen geschaffen hat. Im Einzelfall kann auch eine vertragliche Abbedingung des § 568 angenommen werden, wenn sich die Parteien darüber einig sind, daß das Vertragsverhältnis auf jeden Fall sein Ende finden soll. b) Da der Widerspruch auch im Falle der Beendigung des Mietverhältnisses durch 23 fristlose Kündigung erforderlich ist, kann der Widerspruch grundsätzlich nicht zugleich in der fristlosen Kündigung gesehen werden. Zu der fristlosen Kündigung muß vielmehr noch der Widerspruch hinzutreten, sobald insbes der kündigende Vermieter erkennt, daß der Mieter trotz fristloser Kündigung den Gebrauch unverändert fortsetzen will (LG Bochum ZMR 1971, 56 f m abl Anm SCHOPP; LG Hamburg WuM 1975, 57; SCHMIDT-FUTTERER B 700 und 705). Der Meinung, daß in solchen Fällen bereits in der Kündigung stets zugleich der Widerspruch liege (so GANSCHEZIAN-FINCK aaO; SCHOPP aaO), kann nicht zugestimmt werden, da sie § 568 weitgehend gegenstandslos machte (s u Rz 32). c) Ein Widerspruch kann auch in dem fristgerechten Verlangen nach Zahlung eines 24 höheren Mietzinses liegen. Geht jedoch der Mieter auf diese Forderung wenigstens teilweise ein, so muß der Vermieter noch binnen der Frist des § 568 S 2 widersprechen, wenn er die Fiktion einer Verlängerung des Mietverhältnisses verhindern will (so richtig AG Köln ZMR 1969, 284). d) Stehen dem Mieter mehrere Vermieter gegenüber, so setzt der Fristbeginn 25 voraus, daß alle Vermieter Kenntnis von der Fortsetzung des Gebrauchs haben, es sei denn, sie hätten einen von ihnen zur Entgegennahme aller auf das Mietverhältnis bezüglichen Willenserklärungen bevollmächtigt (§ 166; SCHMIDT-FUTTERER B 702). V. Die Verlängerung des Mietverhältnisses auf unbestimmte Zeit

26

Setzt der Mieter nach Beendigung des Mietverhältnisses den Gebrauch der Sache fort, ohne daß eine der Parteien rechtzeitig widerspricht, so gilt kraft Gesetzes das Mietverhältnis als auf unbestimmte Zeit verlängert. 1. Allgemeines 27 Die Verlängerungsfiktion tritt kraft Gesetzes ohne Rücksicht auf den Willen der Parteien ein, sobald die Voraussetzungen des § 568 vorliegen. Das Mietverhältnis wird also - unter Wahrung seiner Identität - in ein solches auf unbestimmte Dauer umgewandelt, so daß an die Stelle der vertraglichen Kündigungsfristen mangels abweichender Vereinbarung die gesetzlichen Kündigungsfristen des § 565 treten. Im übrigen bleibt jedoch der Vertrag unverändert, so daß namentlich die Abreden über die Grenzen des vertragsmäßigen Gebrauchs und den Mietzins nach wie vor gültig sind (RGZ 140, 3 1 4 , 3 1 6 f; RAGE 15, 2 8 1 , 2 8 3 f; OLG Hamburg OLGE 7 , 1 8 , 1 9 ; KG OLGE 10, 2 5 5 ; LG Stuttgart ZMR 1 9 6 7 , 3 4 0 , 3 4 1 ; MITTELSTEIN 5 0 1 ff; NIENDORFF 3 6 5 ff; BoDifi N J W 1 9 6 7 , 1 0 6 8 f; ders WuM 1 9 6 6 , 1 3 0 f; BULLERT aaO; HANS Z M R 1 9 6 7 , 6 5 , 6 6 ; SCHMIDT-FUTTERER B 7 0 9 ; WEIMAR M D R 1 9 6 6 , 9 8 1 f).

Bei der Wohnraummiete müssen deshalb bei der erneuten Kündigung die Kündi- 28 gungsfristen des § 565 Abs 2 berücksichtigt werden, wobei als Uberlassungszeit(1203)

Volker Emmerich

§568 2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

29-34

räum nicht etwa nur der Zeitraum der Verlängerung des Mietverhältnisses aufgrund des § 568, sondern der gesamte Zeitraum seit erstmaliger Überlassung der Wohnräume an den Mieter einschließlich des Verlängerungszeitraums anzusehen ist, so daß sich uU sehr lange Kündigungsfristen ergeben (kritisch deshalb AG Oberhausen ZMR

1967, 81 f =

D W W 6 5 , 1 8 ; GIEBNER a a O ) .

29 Aus der Identität des ursprünglichen und des verlängerten Mietverhältnisses folgt vor allem, daß ein schon begründetes Vermieterpfandrecht bestehen bleibt und auch die Forderungen des Vermieters aufgrund des verlängerten Vertrages sichert. Doch muß hier eine Einschränkung für Bürgen und für fremde Pfänder gemacht werden: Ihnen gegenüber ist das fortgesetzte Mietverhältnis als neues Mietverhältnis anzusehen, so daß sie für die neuen Verbindlichkeiten des Schuldners nur haften, wenn sie mit der Fortsetzung der Miete und ihrer Haftung für die dadurch begründeten Verbindlichkeiten des Mieters einverstanden sind ( N I E N D O R F 365 f; E R M A N - S C H O P P § 568 Rz 6; S O E R G E L - M E Z G E R § 568 Rz 4; aM MITTELSTEIN 503 m Nachw).

30 2. Einzelfragen a) Da das ursprüngliche und das fortgesetzte Mietverhältnis als identisch angesehen werden, behält eine Wohnung bei Fortsetzung des Gebrauchs nach § 568 auch ihren Charakter als Werkswohnung, so daß der Mietvertrag ggf unter erleichterten Umständen kündbar bleibt (LG Essen NJW 1961,1166 Nr 9 = ZMR 1961, 360 Nr 12; LG München ZMR 1963, 242 f; LG Köln MDR 1957, 166 m Anm W E I M A R ) . 31 b) Die Fiktion der Verlängerung steht nicht dem Abschluß eines neuen Mietvertrages gleich, sondern bedeutet nur eine Verlängerung des alten Mietvertrages; folglich haftet der Vermieter für im Augenblick der Fortsetzung des Gebrauchs vorhandene Mängel nur bei Verschulden; seine Garantiehaftung lebt nicht wieder auf (§538 A b s 1 ; MITTELSTEIN 5 0 3 ) .

32 c) Setzt der Mieter nach einer fristlosen Kündigung des Vermieters den Gebrauch der Sache über eine unvermeidliche Übergangszeit hinaus fort, so muß der Vermieter widersprechen, um eine Verlängerung des Mietverhältnisses auf unbestimmte Zeit zu verhindern (s o Rz 23). Eine weitergehende Wirkung als die Verlängerung des Mietverhältnisses auf unbestimmte Zeit hat die Unterlassung des Widerspruchs gegen die Fortsetzung des Gebrauchs durch den Mieter jedoch nicht. Namentlich bewirkt sie keine Präklusion des Vermieters mit seinen Kündigungsgründen, so daß er jederzeit die fristlose Kündigung wiederholen kann (so richtig SCHOPP ZMR 1971, 57 f gegen LG Bochum ZMR 1971, 56 f). Ist es hingegen der Mieter, der fristlos gekündigt hatte, so liegt in der Fortsetzung des Gebrauchs durch ihn eine von der Praxis bisher noch stets für möglich erachtete Rücknahme der Kündigung (OLG Karlsruhe OLGE 2, 480, 481). 33 d) Der wirksame Widerspruch hat zur Folge, daß das Mietverhältnis (endgültig) beendet ist, und zwar schon von dem Zeitpunkt ab, zu dem der jeweilige Beendigungsgrund wirkte. Die Fortsetzung des Gebrauchs durch den Mieter stellt dann eine Vorenthaltung iS des § 557 dar, so daß sich die Ansprüche des Vermieters nach § 557 und nicht nach § 568 richten. 34 VI. Prozessuales Wer sich auf die Verlängerung des Mietverhältnisses beruft, braucht nur die Fortsetzung des Gebrauchs durch den Mieter zu beweisen. Demgegenüber muß dann der andere Vertragsteil den Nachweis führen, daß er rechtzeitig widersprochen hat. Volker Emmerich

(1204)

3. Titel. Miete. Pacht

§§ 568, 569 35

Beruft sich dagegen der Mieter darauf, daß der Vermieter schon früher Kenntnis von der Fortsetzung des Gebrauchs erlangt hatte, so trifft dafür wieder den Mieter die Beweislast ( M I T T E L S T E I N 5 0 4 f; N I E N D O R F 3 6 4 ; S C H M I D T - F U T T E R E R B 7 0 8 ; LG Köln WuM 1975, 85 f). Erkennt im Räumungsprozeß der Mieter den Räumungsanspruch des Vermieters 35 an, so muß nach § 93 ZPO dennoch der Vermieter die Kosten tragen, wenn er tatsächlich wegen § 568 keinen Räumungsanspruch hatte (LG Köln WuM 1975, 85 f; eingehend S C H M I D T - F U T T E R E R B 712 ff). §569 Stirbt der Mieter, so ist sowohl der Erbe als der Vermieter berechtigt, das Mietverhältnis unter Einhaltung der gesetzlichen Frist zu kündigen. Die Kündigung kann nur für den ersten Termin erfolgen, für den sie zulässig ist. Die Vorschriften des Absatzes 1 gelten nicht, wenn die Voraussetzungen für eine Fortsetzung des Mietverhältnisses nach den §§ 569 a oder 569 b gegeben sind. E I § 526; II § 510; III § 562; Mot II 416; Prot II 218 ff, 251. Art I Nr 21 MietRÄndG II vom 14. 7. 1964 (BGBl I 457); Begr zum RegE eines MietRÄndG I BT-Drucks IV/806,12 (zu Art I Nr 16 u 17); Ausschußbericht BT-Drucks IV/2195, zu Drucks 2195, 6.

Schrifttum BRANDNER, Das Mietverhältnis bei Wechsel in der Inhaberschaft eines Unternehmens, NJW 1960, 127; BUSCHMANN, Das Hausrecht nach dem Tode des Mieters, B1GBW 1972, 125; ERMAN, Zur Kündigung der Miete bei Tod, Versetzung usw., DJZ 1904, 683; FRANCKE, Tod eines Mitmieters, S e u f f B l 7 7 , 1 6 1 ; GOLDMANN, Z u m K ü n d i g u n g s r e c h t d e s E r b e n , S ä c h s A r c h 1 9 1 0 , 4 5 4 ; HEROLD, T o d

des Geschäftsraummieters und Kündigungsrecht, B1GBW 1967, 151; KRESS, Ist das in § 569 BGB dem Erben eingeräumte Kündigungsrecht gegebenenfalls vom Testamentsvollstrecker auszuüben? SeuffBl 74, 229; KRETZER-MOSSNER, ZU den Rechtsfolgen beim Tod eines Mieters, GrundE 1975, 3 7 4 ; MITTELSTEIN, S t r e i t f r a g e n a u s d e m M i e t r e c h t , R e c h t 1 9 1 0 , 2 6 6 , 2 6 7 f f ; SCHOPP, D i e B e d e u t u n g

des Wechsels des Inhabers oder der Rechtsform eines Unternehmens für das mit ihm bestehende Geschäftsraummietverhältnis, ZMR 1961, 281; SIEGELMANN, Die Rechtslage nach dem Tode eines Ehegatten im neuen Wohnungsmietrecht, WuM 1965, 199.

Systematische Übersicht i n . Rechtsfolgen 1. Allgemeines 9 2. Kündigungsrecht des Erben 11 3. Kündigungsrecht des Vermieters 15 4. Kündigungsfrist 17 5. Kündigungstermin (Abs 1 S 2) 18

I. Allgemeine Kennzeichnung 1. Überblick 1 2. Entstehung der Vorschrift 2 3. Zweck der Vorschrift 3 II. Voraussetzungen (Abs 1 S 1 ) 1. Mietverhältnis 4 2. Tod des Mieters 6

IV. Ausnahmetatbestände (Abs 2) 23 V. Abweichende Vereinbarungen 24

Alphabetische Ubersicht Abweichende Vereinbarungen 7, 24 f Annahme, Ausschlagung der Erbschaft 20 Ausnahmetatbestände 23

Entstehung der Vorschrift 2 Erbe 11 f Gesellschaft als Mieter 7 f

Beendigung einer juristischen Person durch Auflösung, Umwandlung, Verschmelzung 8 (1205)

Interesse, berechtigtes 10

Volker Emmerich • Jürgen Sonnenschein

§569 1-3

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

Juristische Person als Mieter 8

Mietverhältnis 4 - befristetes, unbefristetes 9

Kündigung, außerordentliche befristete - Allgemeines 3, 9 f - Annahme der Erbschaft 20 - des Ehegatten des Mieters, der weder Erbe noch Mitmieter ist 13 - des Erben 11 ff, 20 ff - der Erbengemeinschaft 14 - Legitimation des Erben 11 f - bei Mietverhältnissen über Wohnraum 10,16 - bei Minderjährigen 19 - bei Nachlaßverwaltung 21 - Rechtsfolgen 9 ff - des Scheinerben 12 - Schriftform der Kündigungserklärung 10 - bei Testamentsvollstreckung 21 - des Vermieters 15 f, 20 - Voraussetzungen 4 ff Kündigungserklärung 14 f Kündigungsfrist 17, 24 Kündigungsgrund bei Mietverhältnissen über Wohnraum 10 Kündigungstermin 18 ff

- über Wohnraum 10,16 Nachlaßverwaltung 21 Pacht 5 Rechtsfolgen 9 ff Scheinerbe 12 Schriftform der Kündigungserklärung 10 Sozialklausel 9 Testamentsvollstreckung 21 Tod - Beendigung einer juristischen Person durch Auflösung, Umwandlung, Verschmelzung 8 - eines Gesellschafters einer OHG oder KG 7 - des Mieters 6 ff - des Mieters vor Beginn der Mietzeit 22 - eines Mitmieters 7 - des Vermieters 6 Zweck der Vorschrift 3

I. Allgemeine Kennzeichnung 1 1. Überblick Der Tod des Mieters ist kein Grund, der das Mietverhältnis ohne weiteres beendet. Der Erbe tritt im Wege der Gesamtrechtsnachfolge in die Rechte und Pflichten des Mieters ein (§§ 1922 Abs 1, 1967 Abs 1). § 569 Abs 1 S 1 räumt dem Erben und dem Vermieter jedoch ein Recht zur außerordentlichen befristeten Kündigung ein. Diese Kündigung ist nur für den nächstzulässigen Termin möglich (Abs 1 S 2). Eine Ausnahme gilt für den Fall, daß die Voraussetzungen für eine Fortsetzung des Mietverhältnisses nach den §§ 569 a oder 569 b gegeben sind (Abs 2). Diese Vorschriften enthalten unter anderem besondere Bestimmungen über ein außerordentliches Kündigungsrecht. 2 2. Entstehung der Vorschrift Die Vorschrift bestand zunächst nur aus dem jetzigen Abs 1, der seit dem Inkrafttreten des BGB unverändert geblieben ist. Art I Nr 21 MietRÄndG II vom 14. 7. 1964 (BGBl I 457) hat im Zusammenhang mit der Aufnahme der §§ 569 a, 569 b die Ausnahmeregelung des Abs 2 eingefügt. 3 3. Zweck der Vorschrift Im gemeinen Recht blieb der Tod des Mieters ohne Einfluß auf den Bestand des Mietverhältnisses, während andere Rechtsordnungen des 19. Jahrhunderts der Miete einen mehr persönlichen Charakter beilegten. § 569 trägt diesem persönlichen Element Rechnung. Der Tod des Mieters, dessen Person für den Vermieter häufig von wesentlicher Bedeutung ist, verändert die Verhältnisse idR so einschneidend, daß dadurch das Mietverhältnis nicht unbeeinflußt bleiben kann. Für den Jürgen Sonnenschein

(1206)

§569 4-7

3. Titel. Miete. Pacht

Erben des Mieters besteht oft kein Bedürfnis, das Mietverhältnis fortzusetzen, weil die Mietsache für ihn überflüssig ist. Aus diesen Gründen räumt die Vorschrift beiden Seiten ein außerordentliches Kündigungsrecht ein (vgl Mot II 416; Prot II 220). Dieses Recht begünstigt nicht nur den Erben des Mieters, sondern besteht auch im Interesse des Vermieters (OLG Hamburg OLGE 7, 464). Die Ausnahmevorschrift des Abs 2 berücksichtigt die abweichende Regelung der §§ 569 a, 569 b.

II. Voraussetzungen (Abs 1 S 1) 1. Mietverhältnis

4

Zwischen dem Erblasser als Mieter und dem Vermieter muß ein Mietverhältnis bestanden haben. Erfaßt werden Mietverhältnisse aller Art. Die Vorschrift gilt für die Miete von Grundstücken, Grundstücksteilen, Räumen, Wohnräumen (§ 580), im Schiffsregister eingetragenen Schiffen und von beweglichen Sachen. Bei der Miete von Wohnräumen ist die Sonderregelung der §§ 569 a, 569 b zu beachten. Im übrigen kommt es auf die Unterscheidung zwischen Wohnraum- und Geschäftsraummiete nicht an. Unerheblich ist es ferner, ob die Räume möbliert oder unmöbliert vermietet sind und ob die Mietsache auf Dauer oder zu nur vorübergehendem Gebrauch überlassen ist. Schließlich spielt es keine Rolle, ob das Mietverhältnis befristet oder unbefristet ist (vgl Rz 9). Die Vorschrift gilt nach § 581 Abs 2 für die Pacht entsprechend. Für den Verpäch- 5 ter ist das Recht zur außerordentlichen Kündigung allerdings ausgeschlossen (§ 596 Abs 2 S 1). Auf andere Verträge ist § 569 nicht anzuwenden. 2. Tod des Mieters

6

a) Der Mieter muß gestorben und beerbt worden sein. Gleichbedeutend mit dem natürlichen Tod ist die Todeserklärung eines Verschollenen, da sie nach § 9 Abs 1 VerschG eine Todesvermutung begründet. Die Verschollenheit des Mieters reicht allein nicht aus, da für ihn nach § 10 VerschG eine Lebensvermutung gilt, solange er nicht für tot erklärt worden ist ( B G B - R G R K - G E L H A A R § 569 Rz 4; P A L A N D T - P U T Z O § 569 A n m

1 ; PERGANDE § 5 6 9 A n m

3 ; ROQUETTE § 5 6 9 R z

4). D e r T o d

des

Vermieters begründet kein Recht zur außerordentlichen Kündigung. b) Haben mehrere Mieter den Vertrag abgeschlossen und stirbt nur einer von ihnen, 7 steht nach verbreiteter Auffassung grundsätzlich weder dem Vermieter noch dem Erben ein Kündigungsrecht zu, da das Mietverhältnis unteilbar ist und nur von allen oder gegenüber allen anderen Beteiligten gekündigt werden kann (KG JW 1932, 3362 Nr 2; ENNECCERUS-LEHMANN § 132 III 3; H A N S § 569 Anm 2; MITTELSTEIN 487 mwN; NIENDORFF 374; P A L A N D T - P U T Z O § 569 Anm 1; Voraufl Rz 9; vgl § 564 Rz 22). Wegen der Unteilbarkeit der Leistungen des Vermieters kann die Kündigung nicht nach § 425 auf das Verhältnis zwischen dem Erben des verstorbenen Mitmieters und dem Vermieter beschränkt werden (so aber FRANCKE SeuffBl 77,161). Der Wortlaut der Vorschrift läßt es auch nicht zu, mit PERGANDE (§ 569 Anm 4) danach zu differenzieren, ob dem Vermieter durch die Erbfolge neue Benutzer der Wohnung aufgezwungen werden (Kündigungsrecht) oder ob nur der überlebende Mitmieter die Wohnung beibehält (kein Kündigungsrecht). Haben die Parteien jedoch entsprechende Vereinbarungen getroffen, kann die Vorschrift auch beim Tod eines von mehreren Mitmietern anwendbar sein. Dies ist zum einen der Fall, wenn die Parteien im Mietvertrag vereinbart haben, daß der Erbe eines Mieters mit Wirkung für und gegen den überlebenden Mitmieter eine außerordentliche befristete Kündi(1207)

Jürgen Sonnenschein

§569 8-10

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

gung aussprechen kann (RGZ 90, 3 2 8 , 3 3 0 f; OLG Hamburg JW 1938, 3 0 3 8 ; BGB-RGRK-GELHAAR § 5 6 9 R z 4 ; ERMAN-SCHOPP § 5 6 9 R z 5 ; ROQUETTE § 5 6 9 Rz 11; SOERGEL-MEZGER § 5 6 9 Rz 3). Zum anderen können die Parteien ein solches

Recht auch dem Vermieter für den Fall des Todes eines der Mitmieter vertraglich zugestehen. Zu beachten ist aber, daß es sich in jedem Fall um eine vom Tatbestand des § 569 abweichende Vereinbarung handelt (Rz 24 f), die nicht allein aus den Umständen des Falles geschlossen werden darf oder auf Billigkeitserwägungen zu stützen ist. Es bedarf vielmehr eindeutiger Anhaltspunkte im Vertrag. Die gleichen Grundsätze sind anzuwenden, wenn eine OHG oder KG Mietpartei ist und ein Gesellschafter stirbt, sofern dies zur Auflösung der Gesellschaft führt (vgl § 131 Nr 4 HGB). Für Wohnraum, den Eheleute gemeinschaftlich gemietet haben, gilt beim Tode eines Ehegatten § 569 b.

8 c) Die Beendigung einer juristischen Person im Wege der Auflösung ist dem Tod einer natürlichen Person für § 569 nicht gleichzustellen. Im Schrifttum wird zT die Auffassung vertreten, die Vorschrift sei entsprechend anwendbar, wenn die juristische Person durch Verschmelzung oder Umwandlung nach dem UnwandlgG untergehe, weil in diesen Fällen eine dem § 569 vergleichbare Gesamtrechtsnachfolge stattfinde (ERMAN-SCHOPP § 569 Rz 5; SCHOPP ZMR 1961, 281, 283; differenzierend ROQUETTE § 569 Rz 6 f, der das außerordentliche Kündigungsrecht des Vermieters zusätzlich davon abhängig macht, daß seine Ansprüche gegen die untergegangene Gesellschaft aufgrund der Gläubigerschutzbestimmungen nicht befriedigt oder sichergestellt werden; vgl RG HRR 1942, 257 zur Beendigung eines eingetragenen Vereins; BGB-RGRK-GELHAAR § 569 Rz 5). Diese Auffassung ist abzulehnen, weil bei der Miete durch eine juristische Person nicht die gleiche Interessenlage besteht, wie sie § 569 voraussetzt. Hier tritt das persönliche Element in den Hintergrund, das bei der Überlassung der Mietsache an eine natürliche Person für den Vermieter unabhängig von seiner Rechtsnatur idR von nicht zu unterschätzender Bedeutung ist. Wird eine juristische Person durch eine andere ersetzt, werden die Interessen des Vermieters nicht in gleicher Weise betroffen wie beim Tod eines Mieters. Auf der anderen Seite ist es ebensowenig gerechtfertigt, dem Gesamtrechtsnachfolger einer juristischen Person als Mieter ein außerordentliches Kündigungsrecht zuzugestehen. Anders als idR der Tod eines Menschen beruhen Verschmelzung und Umwandlung auf einem Willensakt der Gesellschafter. Der Bedarf an der Mietsache fällt also nicht unfreiwillig fort. Das aber ist wie auch sonst im Mietrecht kein Grund, das Mietverhältnis vorzeitig beenden zu können. § 569 ist deshalb auf juristische Personen als Mieter generell nicht anwendbar (im Ergebnis ebenso BRANDNER NJW 1960, 127, 128 mit Fn 12; PALANDT-PUTZO § 569 Anm 1; PERGANDE § 5 6 9 A n m 3).

III. Rechtsfolgen 9 1. Allgemeines Dem Erben des Mieters und dem Vermieter wird ein Recht zur außerordentlichen befristeten Kündigung eingeräumt (vgl § 564 Rz 32 f). Dieses Kündigungsrecht ist praktisch wichtig, wenn ein befristetes Mietverhältnis noch längere Zeit über den Tod des Mieters hinaus andauert. Die gleiche Bedeutung ergibt sich, wenn bei einem unbefristeten Mietverhältnis die ordentliche Kündigung nach dem Vertrag für eine gewisse Zeit ausgeschlossen ist oder wenn vertraglich oder gesetzlich (§ 565 Abs 2 S 2) längere als die normalen gesetzlichen Kündigungsfristen bestehen. 10 Bei der außerordentlichen befristeten Kündigung eines Mietverhältnisses über Wohnraum sind die Bestimmungen des § 564 a einzuhalten (§ 564 a Rz 9). InsbeJürgen Sonnenschein

(1208)

3. Titel. Miete. Pacht

§569 11-13

sondere ist die Schriftform zu wahren. Der Vermieter kann ein solches Mietverhältnis nur kündigen, wenn ihm ein berechtigtes Interesse iS des § 564 b zur Seite steht (§ 564 b Rz 13). Nach umstrittener Ansicht kann der Erbe der außerordentlichen befristeten Kündigung durch den Vermieter unter den Voraussetzungen des § 556 a widersprechen und die Fortsetzung des Mietverhältnisses verlangen (§ 556 a Rz 15 ff). Aufgrund der Gesamtrechtsnachfolge greift der Bestandsschutz nunmehr für den Erben als Mietpartei ein. Dabei ist eine Härte iS des § 556 a nicht bereits dann auszuschließen, wenn er die Wohnung des Erblassers bisher noch nicht bewohnt hat. Dieses Recht steht ihm als Rechtsnachfolger grundsätzlich zu. Die Härte ist im Hinblick darauf zu beurteilen, ob ihm dieses Recht unter Berücksichtigung seiner bisherigen Wohnverhältnisse und der entgegenstehenden Interessen des Vermieters verwehrt werden kann.

2. Kündigungsrecht des Erben

11

a) Das Recht zur außerordentlichen befristeten Kündigung des Mietverhältnisses steht dem Erben des Mieters zu. Wer Erbe ist, richtet sich nach den §§ 1922 ff. Entscheidend ist die materielle Erbberechtigung. Das Mietrecht sieht ganz allgemein nicht vor, daß sich der Erbe bei Rechtsgeschäften mit dem Vermieter als Rechtsnachfolger des Mieters legitimieren muß. Eine solche Legitimation ist auch nicht für einseitige Rechtsgeschäfte wie die Kündigung aus § 569 vorgeschrieben (KG JW 1 9 1 8 , 5 1 7 ; B G B - R G R K - G E L H A A R § 5 6 9 R z 6 ; ERMAN-SCHOPP § 5 6 9 R z 3; MITTELSTEIN 4 8 6 f; ders Recht 1910, 2 6 6 , 2 6 7 f; PALANDT-PUTZO § 5 6 9 Anm 1). Die

abweichende Auffassung beruft sich auf die §§ 111, 174, 182, 410, 1160, 1831 und will daraus ein Recht des Vermieters herleiten, eine ohne Legitimation ausgesprochene Kündigung zurückzuweisen (KG OLGE 28, 154). Dies findet im Gesetz jedoch keine Stütze, da die genannten Vorschriften nicht Ausdruck eines das Gesetz allgemein beherrschenden Grundgedankens sind (vgl RGZ 74, 263, 267). Deshalb scheidet eine entsprechende Anwendung aus. Die Legitimation spielt nur insofern eine Rolle, als ein Scheinerbe, für den unrichti- 12 gerweise ein Erbschein ausgestellt ist, das Mietverhältnis aufgrund des § 2367 mit Wirkung für und gegen den wahren Erben kündigen kann (BARTHOLOMEYCZIKSCHLÜTER, Erbrecht [10. Aufl 1975] § 3 3 VI 1 c; ERMAN-BARTHOLOMEYCZIK-SCHLÜTER § 2 3 6 7 Rz 2 ; HOFFMANN JUS 1968, 2 2 8 ; KIPP-COING, Erbrecht [12. Bearb 1965] § 1 0 3 II 1; LANGE, E r b r e c h t [ 1 9 6 2 ] § 4 1 V I I 3 b ; PALANDT-KEIDEL § 2 3 6 7 A n m 1; WIEGAND JUS 1 9 7 6 , 2 8 3 , 2 8 4 ) . Dabei kommt es nach § 2 3 6 6 nur darauf an, daß der

Vermieter hinsichtlich der Unrichtigkeit des Erbscheins nicht bösgläubig ist. Der Erbschein muß ihm aber nicht vorgelegt worden sein. Er braucht dessen Existenz nicht einmal zu kennen.

Das Kündigungsrecht des Erben aus § 569 wird nicht dadurch ausgeschlossen, daß 13 er ein geerbtes Handelsgeschäft unter der bisherigen Firma fortführt und nach den §§ 25, 27 HGB für die Geschäftsverbindlichkeiten unbeschränkt haftet (RGZ 130, 5 2 ; B G B - R G R K - G E L H A A R § 5 6 9 Rz 5). Ist Nachlaßverwaltung oder Testamentsvollstreckung angeordnet, steht das Kündigungsrecht nicht dem Erben, sondern nur dem Nachlaßverwalter oder Testamentsvollstrecker zu. Es handelt sich nicht um ein höchstpersönliches Recht des Erben, sondern fällt in die Zuständigkeit des Verwalters und ist damit der Verfügungsbefugnis des Erben nach den §§ 1984 Abs 1 S 1, 2 2 1 1 Abs 1 entzogen (RGZ 74, 3 5 zum Testamentsvollstrecker; ERMAN-SCHOPP § 5 6 9 R z 3 ; PALANDT-PUTZO § 5 6 9 A n m 1; PERGANDE § 5 6 9 A n m 3 ; a M O L G

Augsburg OLGE 17, 14). Ist der Ehegatte des Mieters nicht Erbe und auch nicht Mitmieter (vgl Rz 7), steht ihm kein Kündigungsrecht aus § 569 zu. (1209)

Jürgen Sonnenschein

§569 14-18

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

14 b) Hat der Mieter mehrere Erben hinterlassen, kann das Recht zur außerordentlichen Kündigung nach allgemeinen Grundsätzen (§ 564 Rz 22 f) und insbesondere wegen § 2040 nur von allen Erben gemeinsam ausgeübt werden (ERMAN-SCHOPP § 5 6 9 R z 3 ; PALANDT-PUTZO § 5 6 9 A n m 1; PERGANDE § 5 6 9 A n m 3 ; ROQUETTE § 5 6 9 Rz 10; SOERGEL-MEZGER § 5 6 9 Rz 4). Dies bedeutet aber nicht, daß die

Erben gleichzeitig oder sogar in einem einheitlichen Rechtsakt kündigen müssen. Es genügt, wenn sie einen Miterben bevollmächtigen oder in dessen Kündigung einwilligen. Bei vollmachtlosem Handeln eines Miterben gilt § 180. Im übrigen ist eine rückwirkende Genehmigung nicht möglich, da die Kündigung als einseitiges Rechtsgeschäft keinen Schwebezustand verträgt.

15 3. Kündigungsrecht des Vermieters In gleicher Weise wie dem Erben steht dem Vermieter ein Recht zur außerordentlichen fristlosen Kündigung zu. Handelt es sich um mehrere Vermieter, können sie von ihrem Kündigungsrecht nur einheitlich Gebrauch machen (§ 564 Rz 22 f). Die Kündigung muß grundsätzlich gegenüber dem Erben erklärt werden (vgl Rz 21). Unter den Voraussetzungen der §§ 2 3 6 6 , 2 3 6 7 kann sie auch durch Erklärung gegenüber einem Scheinerben mit Wirkung für und gegen den wahren Erben wirksam werden (vgl Rz 12 zur Kündigung durch den Scheinerben). Handelt es sich um mehrere Erben, muß der Vermieter allen gegenüber kündigen. Dies gilt auch, wenn nur einer der Miterben die Mietsache in Gebrauch genommen hat, zB die Wohnung des Erblassers bezogen hat. Die Kündigung gegenüber sämtlichen Miterben wird nicht dadurch entbehrlich, daß diese sich im Wege der Erbauseinandersetzung geeinigt haben, ein Miterbe solle allein als Erbe aus dem Mietverhältnis berechtigt sein (so aber OLG München HRR 1940, 1 2 9 9 ; SOERGEL-MEZGER § 5 6 9 Rz 4). Darin liegt eine Vertragsübernahme, die unabhängig von ihrer rechtlichen Qualifizierung nur mit Zustimmung aller Beteiligten wirksam wird (vgl PALANDTHEINRICHS § 3 9 8 Anm 4). Solange der Vermieter nicht zustimmt oder etwa schon im Mietvertrag seine Einwilligung erklärt hat, bleiben die anderen Miterben ihm gegenüber Vertragspartei. Die allen Miterben gegenüber erforderliche Kündigung kann nur bei einer Empfangsvollmacht an den einzelnen Miterben gerichtet werden (§ 164 Abs 3). Allerdings kann eine Erbauseinandersetzung dahin gehend auszulegen sein. 16 Kündigt der Vermieter ein Mietverhältnis über Wohnraum, gelten die §§ 556 a, 564 a, 564 b (s oben Rz 10). 17 4. Kündigungsfrist Erbe und Vermieter sind berechtigt, das Mietverhältnis unter Einhaltung der gesetzlichen Frist zu kündigen. Die gesetzliche Frist ergibt sich aus § 565 Abs 5 (s dort Rz 74 ff). Sie richtet sich nach dem Mietgegenstand und gilt für beide Seiten in gleicher Weise. Bei einem Mietverhältnis über Wohnraum sind die verlängerten Fristen des § 565 Abs 2 S 2 nicht maßgebend, da Abs 5 hierauf nicht verweist (LG Köln WuM 1973, 255). Auch § 565 c ist aus diesem Grund nicht anwendbar. 18 5. Kündigungstermin (Abs 1 S 2) Die Kündigung kann nur für den ersten Termin ausgesprochen werden, für den sie zulässig ist. Dieser Termin richtet sich nach den Kündigungsfristen, die gern § 565 Abs 5 bei einem Mietverhältnis der betreffenden Art einzuhalten sind (s im Jürgen Sonnenschein

(1210)

3. Titel. Miete. Pacht

§569 19-21

einzelnen § 565 Rz 75). Ausgangspunkt für die Ermittlung des ersten zulässigen Kündigungstermins ist nicht ohne weiteres der Zeitpunkt, in dem der Mieter gestorben ist. Dem Zweck des § 569 wird es nicht gerecht, allein auf die sich nach dem Todeszeitpunkt objektiv ergebende Kündigungsmöglichkeit abzustellen. Entscheidend ist vielmehr, ob es den Parteien subjektiv möglich ist, unter Berufung auf § 569 zu kündigen. Dies setzt auf Seiten des Erben voraus, daß er vom Tod des Mieters, von seiner Erbfolge sowie Namen und Adresse des Vermieters Kenntnis erlangt hat. Entsprechendes gilt für den Vermieter (LG Köln WuM 1973, 255). Hiernach ist derjenige Kündigungstermin einzuhalten, für den dem Berechtigten bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt die Kündigung erstmalig subjektiv möglich ist (RGZ 74, 35, 38 f; LG Köln MDR 1967, 845; AG Köln WuM 1 9 6 1 , 8 9 ; B G B - R G R K - G E L H A A R § 5 6 9 R z 7; ERMAN-SCHOPP § 5 6 9 R z 4 ; PALANDT-PUTZO § 5 6 9 A n m 2 ; ROQUETTE § 5 6 9 R z 17; vgl R G Z 9 8 , 2 7 3 , 2 7 5 zu § 5 7

ZVG; 103, 271, 274). Daraus kann sich eine Erkundigungspflicht hinsichtlich der weiteren Umstände ergeben, sobald der Tod des Mieters bekannt ist. Dies erstreckt sich auf die Einholung von Rechtsrat, um die Erbberechtigung oder das Kündigungsrecht aus § 569 zu klären. Eine infolge Rechtsunkenntnis verspätete Kündigung ist deshalb unwirksam (LG Leipzig DWA 1928, 385). Wenn der Kündigungsberechtigte hiernach ohne sein Verschulden daran gehindert 19 sein muß, zum objektiv erstmöglichen Termin nach dem Tod des Mieters zu kündigen, so handelt es sich um eine Form des Verschuldens in eigenen Angelegenheiten. Für den anzulegenden Sorgfaltsmaßstab gilt § 276 entsprechend (ERMANSIRP § 254 Rz 9). Dabei ist Verschuldensfähigkeit iS der §§ 827, 828 erforderlich (LARENZ I § 3 1 1 a). Bei Minderjährigen kommt es in erster Linie auf das Verhalten des gesetzlichen Vertreters an (§ 278 entsprechend). Im übrigen ist entscheidend, ob der Minderjährige die erforderliche Einsicht hat, daß es nachteilige Folgen für ihn haben kann, wenn er im Zusammenhang mit dem Tod des Mieters keine weiteren Erkundigungen anstellt, um sein außerordentliches Kündigungsrecht wahrzunehmen. Darüber hinaus ist dem Minderjährigen eine Kündigung nur möglich, wenn er einen gesetzlichen Vertreter hat (§ 111 S 1). Das gleiche gilt für die Kündigung gegenüber einem Minderjährigen (§ 131). Hierdurch kann der Kündigungstermin weiter hinausgeschoben werden (ERMAN-SCHOPP § 569 Rz 4; s zum Einfluß des § 569 a dort Rz 46 ff, 50). Der Kündigungstermin ist nicht davon abhängig, daß der Erbe die Erbschaft 20 angenommen hat. Dies ist für die Erbberechtigung und damit für das Recht zur außerordentlichen Kündigung nicht entscheidend. Die Annahme hat nur zur Folge, daß das Recht zur Ausschlagung der Erbschaft verlorengeht und der vorläufige Erbschaftserwerb in einen endgültigen umgewandelt wird (§ 1 9 4 3 ) . Die Kündigung ist aber schon dem vorläufigen Erben möglich, ohne daß er dadurch ohne weiteres eine Annahme der Erbschaft erklären würde (vgl § 1959 Abs 2). Ebenso kann der Vermieter gegenüber dem vorläufigen Erben kündigen. Die Wirkung der Kündigung wird durch eine spätere Ausschlagung der Erbschaft nicht in jedem Fall beeinträchtigt (vgl § 1959 Abs 2 u 3; s aber zur Prozeßführung gegen den vorläufigen Erben § 1 9 5 8 ) . Ist eine Testamentsvollstreckung angeordnet und erstreckt sie sich auf das Mietver- 21 hältnis, so kann nur der Testamentsvollstrecker kündigen. Dies ist ihm erst nach der Annahme des Amtes möglich (§ 2 2 0 2 Abs 1). Auf eine vorherige Testamentseröffnung kommt es insoweit nicht an (RGZ 74, 35, 37). Der Erbe kann auch vor der Annahme des Amtes durch den Testamentsvollstrecker nicht kündigen, da seine Verfügungsbefugnis schon vom Erbfall an beschränkt ist (BGHZ 2 5 , 2 7 5 , 2 8 2 ) . Die Beschränkungen des Erben aufgrund der Nachlaßverwaltung treten dagegen erst mit deren Anordnung ein (§ 1984 Abs 1 S 1). Soweit dem Erben die Verwaltungsbefug(1211)

Jürgen Sonnenschein

§569 22-25

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

nis durch Testamentsvollstreckung oder Nachlaßverwaltung entzogen ist, kann der Vermieter gegenüber dem Verwalter kündigen (vgl ERMAN-HENSE § 2205 Rz 6; PALANDT-KEIDEL § 2 2 0 5 Anm 1 b ii; Voraufl § 2 2 0 5 Rz 17). Dies bedeutet bei Anordnung einer Testamentsvollstreckung aber nicht, daß der Vermieter frühestens erst nach Annahme des Amtes durch den Testamentsvollstrecker zu kündigen braucht. Die Empfangszuständigkeit des Erben für die Entgegennahme einer Kündigung wird durch Nachlaßverwaltung oder Testamentsvollstreckung nicht beeinträchtigt, da der Erbe hierbei keine Verfügung trifft (vgl aber zum Konkurs JAEGER, Konkursordnung [8. Aufl 1958] § 19 Anm 12). Konsequenterweise kann dann aber die Widerspruchsfrist des § 556 a Abs 6 erst zu laufen beginnen, wenn der Testamentsvollstrecker sein Amt angenommen hat (§ 207 analog). 22 Stirbt der Mieter nach Abschluß des Mietvertrags, aber noch vor Beginn der Mietzeit, so ist es nach Sinn und Zweck des § 569 geboten, die außerordentliche Kündigung sofort zuzulassen. Deshalb kann auch der erstzulässige Kündigungstermin schon vor Beginn der Mietzeit liegen ( K G OLGE 20, 1 9 1 ; B G B - R G R K - G E L HAAR § 5 6 9 R z 7 ; ERMAN-SCHOPP § 5 6 9 R z 4 ; GOLDMANN S ä c h s A r c h 1 9 1 0 , 4 5 4 ; SOERGEL-MEZGER § 5 6 9 R z 8 ; vgl § 5 7 0 R z 18; a M MITTELSTEIN 4 8 9 ; NIENDORFF

376; Voraufl Rz 14). Entscheidend ist nur, daß die vertragliche Bindung bereits besteht und deshalb eine Lösung im Wege der außerordentlichen Kündigung notwendig ist.

23 IV. Ausnahmetatbestände (Abs 2) Die Vorschriften des § 569 Abs 1 gelten nicht, wenn bei einem Mietverhältnis über Wohnraum die Voraussetzungen der §§ 569 a oder 569 b für eine Fortsetzung des Mietverhältnisses mit dem Ehegatten oder anderen Familienangehörigen des gestorbenen Mieters gegeben sind. Diese Bestimmungen regeln das Recht zur außerordentlichen Kündigung in besonderer Weise (§ 569 a Rz 38 ff, 48 f; § 569 b Rz 14 f). 24 V. Abweichende Vereinbarungen 1. Nach nahezu einhelliger Meinung ist die Regelung des Abs 1 kein zwingendes Recht (RGZ 74, 35, 37; OLG Hamburg OLGE 7, 464; 11, 314; BGB-RGRKGELHAAR § 5 6 9 R z 2 ; HANS § 5 6 9 A n m 4 ; MITTELSTEIN 4 8 9 ; PALANDT-PUTZO § 5 6 9 A n m 1; PERGANDE § 5 6 9 A n m 6; SOERGEL-MEZGER § 5 6 9 R z 2; z w e i f e l n d ROQUET-

TE § 569 Rz 19 für einen Ausschluß zu Lasten des Erben). Die Regelung steht im Interesse beider Parteien und ist deshalb abweichenden Vereinbarungen zugänglich. Dies gilt auch zu Lasten des Erben, da hierdurch keine unverzichtbaren Schutzrechte des sozialen Mietrechts betroffen werden und der Erbe in vollem Umfang in die Rechtsstellung des Erblassers eintritt. Er unterliegt damit denselben vertraglichen Bindungen. Die Parteien können das außerordentliche Kündigungsrecht ausschließen oder abweichend von Abs 1 regeln. Dabei können sie die Voraussetzungen für eine oder beide Parteien erleichtern (vgl Rz 7) oder verschärfen. Sie können auch eine andere Kündigungsfrist bestimmen, soweit hierzu im Rahmen des § 565 Raum ist (§ 565 Rz 76). Eine abweichende Vereinbarung muß sich eindeutig aus dem Mietvertrag ergeben (OLG Dresden OLGE 17, 13; OLG Stuttgart Recht 1908, 1535). 25 2. Die Ausnahmeregelung des Abs 2 ist insoweit zwingender Natur, als dies nach § 569 a Abs 7 für die dortigen Bestimmungen gilt (§ 569 a Rz 52). Hierdurch wird insbesondere eine vertragliche Erweiterung des Kündigungsrechts bei mehreren Mietern (Rz 7) im Verhältnis zu eintrittsberechtigten Ehegatten oder Familienangehörigen ausgeschlossen. § 569 b enthält eine dem § 569 entsprechende Regelung und ist insoweit selbst abdingbar (§ 569 b Rz 16). Jürgen Sonnenschein

(1212)

§ 569 a 3. Titel. Miete. Pacht

§ 569 a In ein Mietverhältnis Uber Wohnraum, in dem der Mieter mit seinem Ehegatten den gemeinsamen Hausstand führt, tritt mit dem Tode des Mieters der Ehegatte ein. Erklärt der Ehegatte binnen eines Monats, nachdem er von dem Tode des Mieters Kenntnis erlangt hat, dem Vermieter gegenüber, daß er das Mietverhältnis nicht fortsetzen will, so gilt sein Eintritt in das Mietverhältnis als nicht erfolgt; § 206 gilt entsprechend. Wird in dem Wohnraum ein gemeinsamer Hausstand mit einem oder mehreren anderen Familienangehörigen geführt, so treten diese mit dem Tode des Mieters in das Mietverhältnis ein. Das gleiche gilt, wenn der Mieter einen gemeinsamen Hausstand mit seinem Ehegatten und einem oder mehreren anderen Familienangehörigen geführt hat und der Ehegatte in das Mietverhältnis nicht eintritt. Absatz 1 Satz 2 gilt entsprechend; bei mehreren Familienangehörigen kann jeder die Erklärung für sich abgeben. Sind mehrere Familienangehörige in das Mietverhältnis eingetreten, so können sie die Rechte aus dem Mietverhältnis nur gemeinsam ausüben. Für die Verpflichtungen aus dem Mietverhältnis haften sie als Gesamtschuldner. Der Ehegatte oder die Familienangehörigen haften, wenn sie in das Mietverhältnis eingetreten sind, neben dem Erben für die bis zum Tode des Mieters entstandenen Verbindlichkeiten als Gesamtschuldner; im Verhältnis zu dem Ehegatten oder den Familienangehörigen haftet der Erbe allein. Hat der Mieter den Mietzins für einen nach seinem Tode liegenden Zeitraum im voraus entrichtet und treten sein Ehegatte oder Familienangehörige in das Mietverhältnis ein, so sind sie verpflichtet, dem Erben dasjenige herauszugeben, was sie infolge der Vorausentrichtung des Mietzinses ersparen oder erlangen. Der Vermieter kann das Mietverhältnis unter Einhaltung der gesetzlichen Frist kündigen, wenn in der Person des Ehegatten oder Familienangehörigen, der in das Mietverhältnis eingetreten ist, ein wichtiger Grund vorliegt; die Kündigung kann nur für den ersten Termin erfolgen, für den sie zulässig ist. § 556 a ist entsprechend anzuwenden. Treten in ein Mietverhältnis über Wohnraum der Ehegatte oder andere Familienangehörige nicht ein, so wird es mit dem Erben fortgesetzt. Sowohl der Erbe als der Vermieter sind berechtigt, das Mietverhältnis unter Einhaltung der gesetzlichen Frist zu kündigen; die Kündigung kann nur für den ersten Termin erfolgen, für den sie zulässig ist. Eine von den Absätzen 1, 2 oder 5 abweichende Vereinbarung ist unwirksam. Art I Nr 22 MietRÄndG II vom 14. 7. 1964 (BGBl I 457); Begr zum RegE eines MietRÄndG I BT-Drucks IV/806, 12 (zu Art I Nr 16 u 17); Ausschußbericht BT-Drucks IV/2195, zu Drucks 2195, 6; Verhandl des Dt BT, Stenogr Ber, Bd 55, 6045 (A)ff, Umdruck 445, 6056 (D), Umdruck 452, 6058 (D).

Schrifttum BRÜHL, Neuestes Wohnraum-Mietrecht, FamRZ 1964, 541, 545; BURKHARDT, Die zweite Mietrechtsnovelle, BB 1964, 771, 776; ders, Die Sonderrechtsnachfolge in ein Mietverhältnis über Wohnraum (§§ 569 a, 569 b BGB), WuM 1964, 161; GLASER, Das mietrechtliche Schlußgesetz, MDR 1964, 800, 803; ders, Tod des verlobten Mieters, B1GBW 1966, 196; HÄUSLER, Zweites Gesetz zur Änderung mietrechtlicher Vorschriften, DWW 1964, 214, 218; HOLTGRÄVE, Änderung mietrechtlicher Vorschriften, Betrieb 1964, 1051, 1054; SIEGELMANN, Die Rechtslage nach dem Tode eines Ehegatten im neuen Wohnungsmietrecht, WuM 1965, 199 u B1GBW 1965, 127. (1213)

Jürgen Sonnenschein

§569 a 2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

Systematische Übersicht 2. Rechtsfolgen 22 a) Eintritt von Familienangehörigen in das Mietverhältnis (Abs 2 S 1,4,5) 22 b) Ablehnungsrecht der Familienangehörigen (Abs 2 S 3) 23

I. Allgemeine Kennzeichnung 1. Überblick 1 2. Entstehung der Vorschrift 2 3. Zweck der Vorschrift 3

II. Eintritt des Ehegatten in das Mietverhältnis (Abs 1) IV. Haftung der eintretenden Personen für 1. Voraussetzungen (Abs 1 S 1) 4 Erblasserschulden (Abs 3) 27 a) Mietverhältnis über Wohnraum 4 b) Tod des Mieters 5 c) Führung eines gemeinsamen Hausstandes V. Ausgleich von Mietvorauszahlungen mit dem Ehegatten 9 (Abs 4) 32 2. Rechtsfolgen 11 a) Eintritt des Ehegatten in das Mietverhältnis VI. Kfindigungsrecht des Vermieters (Abs 5) (Abs 1 S 1) 11 38 b) Ablehnungsrecht des Ehegatten (Abs 1 S 2) 12 VII. Fortsetzung des Mietverhältnisses mit dem i n . Eintritt von Familienangehörigen in das Erben (Abs 6) 46 Mietverhältnis (Abs 2) 1. Voraussetzungen (Abs 2 S 1 u 2) 18 V m . Unabdingbarkeit (Abs 7) 52

Alphabetische Ubersicht Ablehnungsfrist 13 ff, 24 ff Ablehnungsrecht - des Ehegatten 12 ff - der Familienangehörigen 23 ff - Frist zur Ablehnung 13 ff, 24 ff - Kündigungsrecht 49 - Wirkung der Ablehnung 16, 26 Abweichende Vereinbarungen 1, 50, 52 Ausgleich von Mietvorauszahlungen 1, 32 ff - Haftungsbeschränkungen, erbrechtliche 37 - Herausgabe des Erlangten 36 f - Herausgabe der Ersparnis 35 - Mietvorauszahlung 33 - Verpflichtung zur Herausgabe 34 Ausschlagung der Erbschaft 12 Baukostenzuschuß 33 Ehegatte 9 Eintritt des Ehegatten in das Mietverhältnis 4 ff, 21 - Rechtsfolgen 11 ff - Voraussetzungen 4 ff Eintritt von Familienangehörigen in das Mietverhältnis 17 ff - Rechtsfolgen 22 ff - Subsidiarität 21 - Voraussetzungen 17 ff Entstehung der Vorschrift 2 Familienangehöriger 19

Fortsetzung des Mietverhältnisses mit dem Erben 46 ff - Kündigungsrecht der Mietparteien 1, 12,46, 48 ff - Rechtsfolgen 47 ff - Voraussetzung 46 Gesellschaft als Mieter 8 Haftung der eintretenden Personen für Erblasserschulden 11, 22,27 ff - gesamtschuldnerische Haftung neben dem Erben 29 - Rückgriff gegen den Erben 29 f, 37 - Verbindlichkeiten aus dem Mietverhältnis 28 Hausstand, gemeinsamer 2 , 9 f, 20 - Trennung der Ehegatten 10 Kündigung, außerordentliche befristete - Ausschluß 40 f, 50 - des Ehegatten des Erblassers 12,15 - bei Eintritt mehrerer Familienangehöriger in das Mietverhältnis 40 - bei Eintritt in ein zwischen mehreren Personen bestehendes Mietverhältnis 41 - des Erben 1 , 1 2 , 1 5 , 4 6 , 4 8 ff - aus wichtigem Grund 39,49 - der Mietparteien 1,12,46,48 ff - Sozialklausel 39,45, 51 f - des Vermieters 1, 31, 38 ff, 46,48 ff Kündigungserklärung 42

Jürgen Sonnenschein

(1214)

3. Titel. Miete. Pacht Kündigungsfrist 43,48 f Kündigungsgrund 39,42,49 Kündigungstermin 44, 50

- der Familienangehörigen 1, 22,26 Sozialklausel 39,45, 51 f

Mieterdarlehen 33 Mietverhältnis 1,4,17 - gemeinschaftliches, von Eheleuten 1 - über eine Werkwohnung 4 - über Wohnraum 4,17 Mietvorauszahlungen, Ausgleich, s dort Pacht 4 Rückgriff eines Sonderrechtsnachfolgers gegen den Erben 29 f, 37 Sonderrechtsnachfolge - des Ehegatten 1, 11,16

§569 a 1-3

Tod - des Gesellschafters einer Personengesellschaft 8 - des Mieters 5 ff, 18 - eines Mitmieters 6 f, 18 Unabdingbarkeit 1,52 Verbindlichkeiten des Mieters aus dem Mietverhältnis 28 Werkwohnung 4 Wohnraum 4 Zweck der Vorschrift 3

I. Allgemeine Kennzeichnung 1

1. Uberblick Nach den allgemeinen erbrechtlichen Bestimmungen geht ein Mietverhältnis beim Tode des Mieters im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf den Erben über (§§ 1922 Abs 1, 1967; vgl § 569). Demgegenüber tritt nach § 569 a bei einem Mietverhältnis über Wohnraum eine Sonderrechtsnachfolge des Ehegatten (Abs 1) oder der Familienangehörigen (Abs 2) ein, mit denen der Mieter einen gemeinsamen Hausstand geführt hat (Abs 1 u 2). Bei einem gemeinschaftlichen Mietvertrag von Eheleuten greift § 569 b als Sonderregelung ein. Der Ehegatte oder die Familienangehörigen können den Eintritt in das Mietverhältnis innerhalb eines Monats ablehnen (§ 569 a Abs 1 S 2, Abs 2 S 3). Andererseits steht dem Vermieter ein Recht zur außerordentlichen befristeten Kündigung zu, sofern in der Person des Eintretenden ein wichtiger Grund vorliegt (Abs 5). Tritt keiner der Berechtigten in das Mietverhältnis ein, so wird es mit dem Erben fortgesetzt. In diesem Fall steht beiden Seiten ein Recht zur außerordentlichen befristeten Kündigung zu (Abs 6). Die Haftung für die auf dem Mietverhältnis beruhenden Erblasserschulden wird in Abs 3 der Sonderrechtsnachfolge angepaßt. Abs 4 betrifft den Ausgleich von Mietvorauszahlungen zwischen dem Erben und dem in das Mietverhältnis eintretenden Ehegatten oder Familienangehörigen. Abs 7 erklärt einen Teil der Regelung des § 569 a für unabdingbar. 2. Entstehung der Vorschrift

2

Die Vorschrift geht zurück auf § 19 MietSchG. Sie ist zusammen mit § 569 b durch Art I Nr 22 MietRÄndG II vom 14. 7. 1964 (BGBl I 457) in das BGB aufgenommen worden und ist seitdem unverändert geblieben. 3. Zweck der Vorschrift

3

Die Vorschrift dient entsprechend den Zielen des sozialen Mietrechts dem Bestandsschutz von Mietverhältnissen. Dieser Bestandsschutz soll dem Ehegatten und (1215)

Jürgen Sonnenschein

§ 569 a 4-6

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

den Familienangehörigen des verstorbenen Mieters unabhängig davon zugute kommen, ob sie dessen Erben sind. Entscheidend ist nur, daß der Mieter mit ihnen einen gemeinsamen Hausstand geführt hat. Diese Personen sind in besonderer Weise schutzbedürftig, weil die gemeinsame Wohnung für sie den Mittelpunkt der Lebensführung bildet. Der dadurch bedingte Schutz wirkt sich in doppelter Weise aus. Im Verhältnis zum Vermieter wird ihnen das Recht zugestanden, das Mietverhältnis fortzusetzen und damit den Wohnraum zu behalten, auch wenn sie nicht kraft Erbrechts hierzu berufen sind. Darüber hinaus sind diese Personen wegen der engen persönlichen und wirtschaftlichen Beziehungen zu dem verstorbenen Mieter einem etwaigen Erben gegenüber bevorrechtigt, in das Mietverhältnis einzutreten (vgl SCHMIDT-FUTTERER B 77). Innerhalb des berechtigten Personenkreises hat unabhängig von einer Erbberechtigung der Ehegatte den Vorrang vor sonstigen Familienangehörigen (Abs 2 S 2).

II. Eintritt des Ehegatten in das Mietverhältnis (Abs 1) 4 1. Voraussetzungen (Abs 1 S 1) a) Mietverhältnis über Wohnraum Es muß ein Mietverhältnis über Wohnraum bestehen (s im einzelnen Vorbem 24 ff zu §§ 535, 536; § 556 a Rz 5 ff; § 564 b Rz 9 f). Es kann sich um ein Mietverhältnis auf bestimmte oder auf unbestimmte Zeit handeln. Die Vereinbarung einer Verlängerungsklausel oder einer auflösenden Bedingung spielt keine Rolle. Dies gilt wegen § 565 a Abs 2 selbst dann, wenn das Mietverhältnis auflösend bedingt durch den Tod des Mieters ist (vgl § 565 a Rz 14). Die Merkmale einer selbständigen Wohnung (vgl § 564 b Rz 43) brauchen nicht vorzuliegen. Der Wohnraum kann unmöbliert oder möbliert vermietet sein. Auch Wohnraum iS des § 565 Abs 3 wird erfaßt. Das Mietverhältnis kann auf Dauer oder zu nur vorübergehendem Gebrauch abgeschlossen sein ( P E R G A N D E § 569 a Anm 1). Die weitere Voraussetzung einer gemeinsamen Hausstandsführung ist im letzteren Fall nicht ohne weiteres ausgeschlossen. Die Vorschrift gilt für Werkwohnungen iS der §§ 565 b-565 e, also auch für Werkdienstwohnungen, soweit die Frage der Beendigung des Rechtsverhältnisses hinsichtlich des Wohnraums den Bestimmungen des Mietrechts unterliegt (vgl §§ 565 b-565 e Rz 58 ff; PERGANDE aaO). Auf Pachtverhältnisse ist § 569 a dagegen selbst dann nicht anwendbar, wenn die Pächterwohnung gegenüber dem Anteil der übrigen Pachtgegenstände überwiegt und deshalb die Anwendung mietrechtlicher Vorschriften nach den für Mischmietverhältnisse geltenden Grundsätzen an sich naheliegt (vgl § 564 b Rz 10). Für das Pachtverhältnis muß hinsichtlich aller Pachtgegenstände eine einheitliche Rechtsnachfolge eintreten, die sich nach erbrechtlichen Vorschriften richtet (vgl B G B - R G R K - G E L H A A R § 569 a R Z 2; PALANDTPUTZO § 5 6 9 a A n m

1).

5 b) Tod des Mieters Der Mieter muß gestorben sein. Gleichbedeutend mit dem natürlichen Tod ist die Todeserklärung eines Verschollenen, da sie nach § 9 Abs 1 VerschG eine Todesvermutung begründet. Die Verschollenheit allein reicht nicht aus, da nach § 10 VerschG eine Lebensvermutung gilt, solange der Mieter nicht für tot erklärt worden ist (vgl § 569 Rz 6). 6 Haben mehrere Mieter den Vertrag abgeschlossen und stirbt einer von ihnen, ist die Anwendung des § 569 a problematisch. Im Schrifttum wird zT die Auffassung Jürgen Sonnenschein

(1216)

§569 a 3. Titel. Miete. Pacht

7,8

vertreten, die Vorschrift gelte nur, wenn der verstorbene Mieter alleiniger Mieter gewesen sei ( H A N S § 569 a Anm 1; vgl auch SCHMIDT-FUTTERER B 77 aE; SOERGELM E Z G E R § 569 a Rz 3). Sei der Ehegatte zusammen mit dem Verstorbenen Mieter gewesen, so gelte § 569 b. Sei ein anderer Familienangehöriger Mitmieter des Verstorbenen, greife keine Sonderregelung ein. Das Mietverhältnis bestehe vielmehr mit dem Überlebenden unter den bisherigen Bedingungen fort ( H A N S aaO u § 569 Anm 6). Diese Auffassung differenziert nur in unzureichender Weise zwischen den verschie- 7 denen tatsächlichen und rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten. Ist nur der andere Ehegatte Mitmieter, wird das Mietverhältnis nach § 569 b ausschließlich mit ihm fortgesetzt. Daneben ergibt sich aus § 569 a Abs 2 kein Eintrittsrecht anderer Familienangehöriger. Beide Vorschriften schließen sich zwar dem Wortlaut nach nicht ausdrücklich gegenseitig aus. Der Vorrang des Ehegatten gegenüber anderen Familienangehörigen ist jedoch mittelbar aus § 569 a Abs 2 S 2 zu entnehmen. Haben Familienangehörige gegenüber dem Eintrittsrecht des Ehegatten aus § 569 a Abs 1 zurückzutreten, so gilt dies erst recht, wenn das Mietverhältnis nach § 569 b mit dem Ehegatten als früherem Mitmieter fortgesetzt wird. Ist eine beliebige andere Person Mitmieter, steht dem Ehegatten oder den Familienangehörigen des verstorbenen Mitmieters nach § 569 a Abs 1 oder 2 ein Eintrittsrecht zu (vgl zu der ähnlichen Problematik des § 19 MietSchG OLG Braunschweig NJW 1959, 152 m Anm M Ü L L E R ; BETTERMANN, Kommentar zum Mieterschutzgesetz [1950 ff] § 19 Rz 7; KIEFERSAUER-GLASER, MietSchG § 19 Rz 3; ROQUETTE, Mietrecht [5. Aufl 1961] 208). Der Schutz dieser Personen ist unabhängig davon geboten, ob der verstorbene Mieter allein oder neben anderen Personen Mietpartei war. Der Wortlaut des § 569 a Abs 1 S 1, der vom „Tode des Mieters" spricht, schließt nicht aus, daß noch weitere Mieter vorhanden sind. Unerheblich ist es, ob der überlebende Mitmieter zum Hausstand des Verstorbenen gehört hat und ob er zum Kreis der Familienangehörigen zu zählen ist. Selbst wenn dies der Fall ist, wird das Eintrittsrecht des Ehegatten des Verstorbenen oder anderer Familienangehöriger dadurch nicht ausgeschlossen, da der Mitmieter insoweit nicht privilegiert ist (aM H A N S § 569 a Anm 1). Sind der Ehegatte und andere Personen Mitmieter, steht dem Ehegatten ein Eintrittsrecht hinsichtlich des Anteils des verstorbenen Mieters zu. § 569 b greift nicht ein, da diese Vorschrift davon ausgeht, daß nur die Ehegatten Mietpartei sind. Aus den gleichen Gründen ist § 569 a anwendbar, wenn der Wohnraum von einer 8 nichtrechtsfähigen Personengesellschaft gemietet und von einem verstorbenen Gesellschafter bewohnt worden ist. Dabei macht es keinen Unterschied, ob der Mietvertrag von der Personengesellschaft selbst (§124 Abs 1 HGB für OHG und KG) oder wie bei einer Gesellschaft des bürgerlichen Rechts von der Gesamtheit der Gesellschafter abgeschlossen worden ist. In der Sache bestehen hinsichtlich der Berechtigung und Verpflichtung des einzelnen Gesellschafters keine Abweichungen, da er rechtlich auf jeden Fall Mitmieter ist. Es kommt auch nicht darauf an, ob die Personengesellschaft beim Tod des Gesellschafters aufgelöst wird oder nach dem Gesellschaftsvertrag fortbesteht (vgl § 727 Abs 1; § 131 Nr 4 HGB). Der notwendige Schutz der Familienangehörigen des verstorbenen Gesellschafters ist hiervon unabhängig. Die Vorschrift ist dagegen nicht anwendbar, wenn der Mieter eine juristische Person ist, die infolge einer Auflösung oder Gesamtrechtsnachfolge untergeht. Insoweit kommt wegen der andersartigen Interessenlage auch keine entsprechende Anwendung in Betracht, selbst wenn der Inhaber der Wohnung, zB ein Gesellschafter der juristischen Person, durch deren Untergang seine Wohnung verliert (vgl § 569 Rz 8). (1217)

Jürgen Sonnenschein

§ 569 a 9,10

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

9 c) Führung eines gemeinsamen Hausstandes mit dem Ehegatten Das Eintrittsrecht des § 569 a Abs 1 beschränkt sich auf den Ehegatten des verstorbenen Mieters. Die Vorschrift ist nur relevant, wenn der Ehegatte nicht bereits Mitmieter ist (§ 569 b). Wer Ehegatte ist, richtet sich allein nach den Vorschriften des Eherechts. Diese Eigenschaft beginnt mit der standesamtlichen Eheschließung (§§ 11 ff EheG). Sie endet, wenn die Ehe rechtskräftig für nichtig erklärt (§ 23 EheG), aufgehoben (§ 29 EheG) oder geschieden ist (§ 1564). Bis zum Zeitpunkt der Rechtskraft des Urteils bleibt § 569 a Abs 1 anwendbar und wird auch durch ein bereits schwebendes Verfahren nicht beeinträchtigt. Im Gegensatz zum Scheidungs- und zum Aufhebungsurteil (vgl § 619 ZPO) kann ein Nichtigkeitsurteil noch nach dem Tod eines Ehegatten ergehen, wenn der Staatsanwalt die Nichtigkeitsklage zu Lebzeiten beider Ehegatten erhoben hat (vgl § 24 EheG, § 636 ZPO). Da das Nichtigkeitsurteil die Ehe mit rückwirkender Kraft vernichtet, entfällt mit Rückwirkung der gesetzliche Eintritt in das Mietverhältnis nach § 569 a Abs 1. Nichts anderes ergibt sich aus § 26 EheG, der eine abweichende Regelung nach Scheidungsrecht nur für die vermögensrechtlichen Beziehungen der Ehegatten untereinander zuläßt. Der Verlobte ist einem Ehegatten nicht gleichzustellen (s auch Rz 19). 10 Der verstorbene Mieter muß mit dem Ehegatten in dem Wohnraum einen gemeinsamen Hausstand geführt haben. Dies setzt voraus, daß der Wohnraum für den Verstorbenen und den Ehegatten den Mittelpunkt der gemeinsamen Lebens- und Wirtschaftsführung gebildet hat ( E R M A N - S C H O P P § 569 a Rz 3; PERGANDE § 569 a Anm 3; ROQUETTE § 569 a Rz 6). Entsprechend den im Steuerrecht maßgebenden Grundsätzen ist unter Lebensgemeinschaft die räumliche, persönliche und geistige Gemeinschaft der Ehegatten, unter Wirtschaftsgemeinschaft die gemeinsame Erledigung der beide Ehegatten berührenden wirtschaftlichen Fragen ihres Zusammenlebens zu verstehen (BFHE 109, 363, 365 = BStBl II 1973, 640, 641). Eine gemeinsame Wirtschaftsführung ist deshalb auch gegeben, wenn nur einer der Ehegatten Einkünfte erzielt. Dabei ist es unerheblich, ob der überlebende Ehegatte von dem Verstorbenen Unterhalt bezogen hat ( P E R G A N D E § 569 a Anm 3). Eine vorübergehende Trennung etwa aus beruflichen Gründen oder infolge Verbüßung einer zeitigen Freiheitsstrafe hebt den gemeinsamen Hausstand idR nicht auf. Das gleiche gilt, wenn die Ehegatten aufgrund zwingender äußerer Umstände für eine nicht ohne weiteres absehbare Zeit räumlich getrennt leben, sofern sie die Absicht haben, die eheliche Verbindung in dem noch möglichen Rahmen aufrechtzuerhalten und nach dem Fortfall der Hindernisse die volle eheliche Gemeinschaft wiederherzustellen (vgl Abschn 174 Abs 2 EStR 1975 [BStBl I 1976 Sondernummer 2]). Deshalb kann selbst bei einer schweren Erkrankung, Verbüßung einer lebenslänglichen Freiheitsstrafe (aM PERGANDE § 569 a Anm 3; SIEGELMANN WuM 1965, 199) oder Verschollenheit eines Ehegatten noch ein gemeinsamer Hausstand anzunehmen sein. Auch in diesen Fällen ist es geboten, dem überlebenden Ehegatten die Wohnung zu erhalten. Die Ehegatten können aber selbst bei einer zunächst nur als vorübergehend beabsichtigten Trennung den gemeinsamen Hausstand dadurch aufgeben, daß sie die gemeinsame Lebens- und Wirtschaftsführung einstellen, wie es etwa bei einer „probeweisen" Trennung nach ehelichen Streitigkeiten der Fall sein kann. Entscheidendes Indiz ist, ob der ausziehende Ehegatte einen neuen, eigenen Hausstand begründet. Durch eine dauernde Trennung wird der gemeinsame Hausstand auf jeden Fall aufgegeben. Nicht erforderlich ist es, daß Scheidungsklage erhoben wird. Auch wenn die Ehegatten räumlich getrennt dieselbe Wohnung beibehalten, kann der gemeinsame Hausstand aufgehoben sein ( B G B - R G R K - G E L HAAR § 5 6 9 a R z 3 ; E R M A N - S C H O P P § 5 6 9 a R z 3 ; ROQUETTE § 5 6 9 a R z 7 ; a M H A N S

Jürgen Sonnenschein

(1218)

3. Titel. Miete. Pacht

§569 a 11-13

§ 569 a Anm 2 b). Das Gesetz gibt für einen Schutz des überlebenden Ehegatten ebenso wie im Fall der Scheidung keine Handhabe.

2. Rechtsfolgen

11

a) Eintritt des Ehegatten in das Mietverhältnis (Abs 1 S 1) Der Ehegatte tritt mit dem Tode des Mieters in das Mietverhältnis über den Wohnraum ein. Es handelt sich um eine Sonderrechtsnachfolge kraft Gesetzes (vgl BGHZ 36, 265, 268 = NJW 1962, 487, 488 zu § 19 MietSchG; s zur Haftung Rz 27 ff). Hierdurch entsteht allerdings kein gesetzliches Mietverhältnis. Der Ehegatte tritt in vollem Umfang in die Rechtsstellung des bisherigen Mieters ein. Er wird entweder Alleinmieter oder Mitmieter (vgl Rz 7). Das frühere Mietverhältnis wird im übrigen unverändert fortgesetzt. Der Ehegatte ist Schuldner der Verbindlichkeiten, die nach seinem Eintritt entstehen. Vereinbarungen über die Mietzeit bleiben bestehen. Die Dauer der Überlassung des Wohnraums, die für eine spätere Kündigung nach § 565 Abs 2 S 2 wichtig ist, wird einschließlich der Besitzzeit des Rechtsvorgängers berechnet (§ 565 Rz 36). Die Sonderrechtsnachfolge des Ehegatten tritt unabhängig von einer etwaigen Stellung als Erbe ein. Sie schließt zugleich die Gesamtrechtsnachfolge eines Erben (vgl Abs 5) und das Eintrittsrecht anderer Familienangehöriger aus (Abs 2 S 2). b) Ablehnungsrecht des Ehegatten (Abs 1 S 2)

12

aa) Das Gesetz verfolgt das Prinzip, daß niemandem eine Rechtsstellung gegen seinen Willen aufgedrängt wird. Dementsprechend kann der Ehegatte innerhalb eines Monats, nachdem er von dem Tode des Mieters Kenntnis erlangt hat, dem Vermieter gegenüber erklären, daß er das Mietverhältnis nicht fortsetzen will. In diesem Fall gilt sein Eintritt in das Mietverhältnis als nicht erfolgt. Die Ablehnung ist eine einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung, die dem Vermieter zugehen muß (§§ 130 ff). Sie ist nicht nach § 564 a Abs 1 S 1 formbedürftig. Es handelt sich nicht um eine Kündigung, da sie das Mietverhältnis nicht beendet, sondern den Weg frei macht für ein Eintrittsrecht anderer Familienangehöriger (Abs 2 S 2) oder für eine Fortsetzung mit dem Erben (Abs 6). Ist der Ehegatte zugleich Erbe, kann er sich dem Mietverhältnis letztlich nur durch außerordentliche befristete Kündigung (Abs 6 S 2) oder durch Ausschlagung der Erbschaft (§ 1945) entziehen. Dem Vermieter steht nach Abs 5 ein Recht zur außerordentlichen befristeten Kündigung zu (Rz 38 ff). bb) Die Ablehnungsfrist beträgt einen Monat. Sie beginnt frühestens in dem 13 Zeitpunkt, in dem der Ehegatte Kenntnis vom Tode des Mieters erlangt hat. Vermutungen oder Gerüchte reichen nicht aus. Eine Erkundigungspflicht besteht nicht, da das Gesetz nicht auf die Möglichkeit einer Kenntnisnahme abstellt. Auf die Kenntnis des Ablehnungsrechts kommt es nicht an. Im Falle der Todeserklärung beginnt die Frist nicht vor der Rechtskraft des entsprechenden Beschlusses, frühestens aber mit der Kenntnisnahme durch den Ehegatten, öffentliche Zustellung des Beschlusses ist hierfür kein Ersatz. Die Frist ist nach den §§ 186 ff zu berechnen. Ist der Ehegatte geschäftsunfähig oder in der Geschäftsfähigkeit beschränkt, ohne einen gesetzlichen Vertreter zu haben, gilt § 206 entsprechend (§ 569 a Abs 1 S 2 HS 2). Dadurch wird der Fristablauf gehemmt. Die Frist wird nach § 206 Abs 1 S 2 nicht vor Ablauf eines Monats vollendet, nachdem der Ehegatte unbeschränkt geschäftsfähig geworden ist oder der Mangel der Vertretung aufgehört hat (aM H A N S § 569 a Anm 2 d - sechs Monate). (1219)

Jürgen Sonnenschein

§ 569 a 14-19

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

14 Die im Gesetz vorgesehene entsprechende Anwendung des § 206 ist im Grunde überflüssig. Die Kenntnis vom Tode des Mieters setzt eine Ausschlußfrist für die Abgabe der Ablehnungserklärung in Gang. Es kann deshalb nur auf die Kenntnis desjenigen ankommen, der die Willenserklärung abzugeben hat. Das aber ist nur der Vertreter, solange der Ehegatte nicht selbst unbeschränkt geschäftsfähig ist. Insoweit hat § 166 Abs 1 entsprechend zu gelten. Die Ausschlußfrist beginnt also keineswegs immer in dem Zeitpunkt, in dem der Mangel der Vertretung aufgehört hat, selbst wenn der in der Geschäftsfähigkeit beschränkte Ehegatte den Tod des Mieters schon vorher erfahren hat. Entscheidend ist die Kenntnis des gesetzlichen Vertreters. Wird der Ehegatte unbeschränkt geschäftsfähig, so ist dieser spätere Zeitpunkt auch bei vorheriger Kenntnis entscheidend (vgl P A L A N D T - T H O M A S § 819 Anm 2 e mwN zu der im Rahmen des § 819 ähnlichen Problematik). Daß § 206 entsprechend angewendet werden soll, kann schließlich nicht dahin gehend interpretiert werden, der Schwebezustand solle nach Fortfall des Vertretungshindernisses endgültig beendet werden. Denn dieser Schwebezustand besteht generell so lange, wie die zur Ablehnung befugte Person keine Kenntnis vom Tod des Mieters hat. 15 Wird die Ablehnungsfrist versäumt, kann der Ehegatte seinen Eintritt in das Mietverhältnis auch bei Rechtsunkenntnis nicht anfechten, da ein Irrtum hinsichtlich der gesetzlichen Sonderrechtsnachfolge keinen Anfechtungsgrund iS der §§ 119 ff abgibt. Ihm steht auch kein Recht zur außerordentlichen befristeten Kündigung nach Abs 6 zu, selbst wenn er zugleich Erbe des Vermieters ist. Dieses Kündigungsrecht setzt voraus, daß nicht schon ein Eintritt als Ehegatte stattgefunden hat. Er kann sich von dem Mietverhältnis nur in der gleichen Weise lösen, wie es dem verstorbenen Mieter möglich gewesen wäre. 16 cc) Die fristgerechte Ablehnungserklärung des Ehegatten hat die Wirkung, daß sein Eintritt in das Mietverhältnis als nicht erfolgt gilt (Abs 1 S 2 HS 1). Damit wird die bereits vollzogene Sonderrechtsnachfolge rückwirkend wieder beseitigt. Die in der Person des Ehegatten aufgrund der Sonderrechtsnachfolge begründeten Rechte und Pflichten aus dem Mietverhältnis erlöschen mit Rückwirkung auf den Zeitpunkt, in dem der Mieter gestorben ist. Damit wird ein Eintrittsrecht anderer Familienangehöriger (Abs 2 S 2 ) oder eine Gesamtrechtsnachfolge etwaiger Erben möglich (Abs 6).

III. Eintritt von Familienangehörigen in das Mietverhältnis (Abs 2) 17 1. Voraussetzungen (Abs 2 S 1 u 2) a) Es muß ein Mietverhältnis über Wohnraum bestehen. Insoweit gilt das gleiche wie beim Eintrittsrecht des Ehegatten (Rz 4). 18 b) Der Tod des Mieters muß eingetreten sein (Rz 5). Auch wenn einer von mehreren Mitmietern gestorben ist, kommt ein Eintrittsrecht von Familienangehörigen in Betracht, soweit ihnen nicht der Ehegatte des verstorbenen Mieters vorgeht (Rz 7, 21). 19 c) Der verstorbene Mieter muß mit einem oder mehreren anderen Familienangehörigen in dem Wohnraum einen gemeinsamen Hausstand geführt haben. aa) Das BGB enthält keine Begriffsbestimmung der Familienangehörigen. Im allgemeinen wird der Begriff dem Zweck der Vorschrift entsprechend sehr weit interpretiert (vgl Verhandl des Dt BT, Stenogr Ber, Bd 55, 6045 [D]; E R M A N SCHOPP § 5 6 9 a R z

4 ; HANS § 5 6 9 a A n m

3 a ; PALANDT-PUTZO § 5 6 9 a A n m

Jürgen Sonnenschein

3;

(1220)

§569 a 3. Titel. Miete. Pacht

20, 21

PERGANDE § 5 6 9 a A n m 3 ; ROQUETTE § 5 6 9 a R z 15; SCHMIDT-FUTTERER B 79).

Dies ist gerechtfertigt durch den Zweck der Vorschrift, die Wohnung als Mittelpunkt der Lebens- und Wirtschaftsführung einer in besonderer Weise verbundenen Personengruppe zu erhalten (vgl § 556 a Rz 23; § 564B Rz 61; § 565 Rz 52 f; §§ 565 b-565 e Rz 56). Dementsprechend umfaßt der Begriff der anderen Familienangehörigen iS des § 569 a Verwandte und Verschwägerte, ohne daß es auf einen bestimmten Grad der Verwandtschaft oder Schwägerschaft ankommt. Darüber hinaus werden häufig auch Pflegekinder zu den Familienangehörigen gezählt (BGB-RGRK-GELHAAR § 5 6 9 a R z 4 ; ERMAN-SCHOPP a a O ; HANS a a O ; PALANDTPUTZO aaO; PERGANDE aaO; LG Hannover ZMR 1961, 2 6 7 - zu § 19 MietSchG),

nicht aber der Verlobte des verstorbenen Mieters (BGB-RGRK-GELHAAR aaO; GLASER B1GBW 1966, 1 9 6 ; HANS aaO; PALANDT-PUTZO aaO; PERGANDE aaO; ebenso zu § 19 MietSchG LG Hamburg MDR 1962, 222; LG Wiesbaden ZMR 1956, 195; aM LG Lüneburg ZMR 1954, 46). Dieses unterschiedliche Ergebnis für Personen, die mit dem Mieter in gleicher Weise weder verwandt noch verschwägert sind und deren Schutzbedürftigkeit nicht generell entscheidend voneinander abweicht, ist nicht gerechtfertigt. Eine klare Grenze ist nur dadurch zu ziehen, daß alle Personen, die mit dem Mieter nicht verwandt oder verschwägert sind, ohne Rücksicht auf etwaige moralische Verpflichtungen vom Anwendungsbereich des § 569 a ausgenommen werden. Sonst verliert das Tatbestandsmerkmal der Familienangehörigen jede eigenständige Funktion, weil der Kreis der Berechtigten nur noch durch die Hausstandszugehörigkeit begrenzt wird. bb) Das Eintrittsrecht steht den Familienangehörigen zu, mit denen der Mieter in 20 dem Wohnraum einen gemeinsamen Hausstand geführt hat. Insoweit gelten im wesentlichen die gleichen Grundsätze wie für die Hausstandszugehörigkeit des Ehegatten (Rz 10). Demnach kommt es entscheidend auf die gemeinsame Lebensund Wirtschaftsführung an. Heiratet ein Kind des Mieters und bleibt es in der Wohnung, wird dadurch nicht ohne weiteres der gemeinsame Hausstand aufgegeben. Maßgebend ist vielmehr, ob eine gemeinschaftliche Wirtschaftsführung in einem einheitlichen Haushalt beibehalten wird oder ob in Zukunft zwei getrennte Haushaltungen geführt werden (BGB-RGRK-GELHAAR § 569 a Rz 3; ERMANSCHOPP § 5 6 9 Anm 3).

a Rz 3; ROQUETTE § 5 6 9 a Rz 18; weitergehend PERGANDE § 5 6 9 a

d) Das Eintrittsrecht der anderen Familienangehörigen besteht nur, wenn nicht der 21 Ehegatte in das Mietverhältnis eintritt (Abs 2 S 2). Der Ehegatte ist gegenüber den anderen Familienangehörigen bevorrechtigt, auch wenn alle einen gemeinsamen Haushalt geführt haben. Das Eintrittsrecht des Abs 2 ist damit subsidiär gegenüber Abs 1. Ist eine beliebige dere Person Mitmieter, wird das Eintrittsrecht der Familienangehörigen nicht ausgeschlossen. Dies gilt auch, wenn ein anderer Familienangehöriger außer dem Ehegatten bereits Mitmieter ist, weil das Gesetz insoweit einzelne Familienangehörige nicht privilegiert. Sind neben dem verstorbenen Mieter noch dessen Ehegatte und andere Personen Mitmieter, greift das Vorrecht des Ehegatten durch, der ein Eintrittsrecht hinsichtlich des dem verstorbenen Mieter zustehenden Anteils hat (vgl Rz 7). Nur wenn der Ehegatte hiervon keinen Gebrauch macht, können andere Familienangehörige eintreten (Abs 2 S 2). Sind Familienangehörige bereits Mitmieter, haben sie unter dieser Voraussetzung noch ein Eintrittsrecht hinsichtlich des dem verstorbenen Mieter zustehenden Anteils an dem Mietverhältnis und verdrängen damit die Erben. Nur so ist der in Abs 6 S 1 zum Ausdruck kommenden Privilegierung der Familienangehörigen gegenüber den Erben gerecht zu werden. § 569 a kann deshalb auf dieselbe Person mehrfach anwendbar sein, wenn verschiedene Mitmieter nacheinander sterben. (1221)

Jürgen Sonnenschein

§ 569 a 22-25

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

22 2. Rechtsfolgen a) Eintritt von Familienangehörigen in das Mietverhältnis Der berechtigte Familienangehörige tritt mit dem Tode des Mieters in das Mietverhältnis über den Wohnraum ein (Abs 2 S 1). Es handelt sich um eine Sonderrechtsnachfolge kraft Gesetzes, die das Mietverhältnis im übrigen unberührt läßt (s im einzelnen Rz 11). Sie wirkt auf den Zeitpunkt des Todes zurück, auch wenn zuvor der Ehegatte eingetreten ist und erst später wirksam abgelehnt hat. Treten mehrere Familienangehörige in das Mietverhältnis ein, so werden sie zu gleichen Teilen Gesamtschuldner und Gesamthandgläubiger iS der §§421, 432 ( H A N S § 535 Anm 4 c, § 569 a Anm 3 f; ROQUETTE § 569 a Rz 20; vgl auch E R M A N - H P WESTERMANN § 432 Rz 3; oben Vorbem 101 zu §§ 535, 536). Sie können die Rechte aus dem Mietverhältnis nur gemeinsam ausüben (Abs 2 S 4). Für die Verpflichtungen aus dem Mietverhältnis, die nach ihrem Eintritt entstehen (s im übrigen Rz 27 ff), haften sie als Gesamtschuldner (Abs 2 S 5). Diese gesetzlichen Anordnungen sind notwendig, weil mehrere eintretende Familienmitglieder idR insoweit nicht durch besondere Rechtsbeziehungen miteinander verbunden sind und die Voraussetzungen für die Entstehung einer Gesamtschuld nach den §§421, 427 an sich nicht erfüllt sind (ROQUETTE a a O ) .

23 b) Ablehnungsrecht der Familienangehörigen (Abs 2 S 3) aa) Den Familienangehörigen steht wie dem Ehegatten das Recht zu, den Eintritt in das Mietverhältnis abzulehnen. Für die Ablehnung gelten Abs 1 S 2 und die dortigen Ausführungen (Rz 12) entsprechend (Abs 2 S 3 HS 1). Bei mehreren Familienangehörigen kann jeder für sich den Eintritt ablehnen (Abs 2 S 3 HS 2). Darin liegt kein Widerspruch zu der Anordnung des Abs 2 S 4, nach der die Rechte aus dem Mietverhältnis nur gemeinsam ausgeübt werden können. Durch die Ablehnungserklärung werden keine Rechte aus dem Mietverhältnis ausgeübt, sondern der Eintritt verhindert, wie sich vor allem an der Rückwirkung zeigt (vgl Rz 16). 24 bb) Die Ablehnungsfrist beträgt für Familienangehörige grundsätzlich einen Monat, nachdem sie vom Tode des Mieters Kenntnis erlangt haben. Der Fristablauf kann aufgrund der entsprechenden Anwendung des § 206 wegen eines Mangels in der Geschäftsfähigkeit gehemmt sein (Abs 2 S 3 HS 1 iVm Abs 1 S 2; vgl Rz 13 f). Da jeder einzelne Familienangehörige für sich ablehnungsberechtigt ist (Abs 2 S 3 HS 2; Rz 23), kann bei mehreren Familienangehörigen ein unterschiedlicher Fristablauf eintreten, wenn sie zu verschiedenen Zeitpunkten Kenntnis vom Tode des Mieters erlangt haben (PERGANDE § 5 6 9 a Anm 3 ; ROQUETTE § 5 6 9 a Rz 2 3 ; s im übrigen oben Rz 15). 25 Im Schrifttum wird zT die Auffassung vertreten, die Ablehnungsfrist beginne auch dann mit der Kenntnis vom Tode des Mieters zu laufen, wenn zuvor der Ehegatte eintrittsberechtigt ist. Familienangehörige müßten die Ablehnung vorsorglich innerhalb der Monatsfrist für den Fall erklären, daß der Ehegatte seinen Eintritt ablehne (BURKHARDT B B 1 9 6 4 , 7 7 1 , 7 7 6 ; PALANDT-PUTZO § 5 6 9 a A n m 5 ; v g l H A N S § 5 6 9 a

Anm 3 d). Dagegen soll nach überwiegender Auffassung die Frist erst beginnen, wenn der Familienangehörige Kenntnis vom Tode des Mieters und von der Ablehnungserklärung des Ehegatten erlangt hat ( B G B - R G R K - G E L H A A R § 569 a Rz 5; ERMAN-SCHOPP § 569 a Rz 12; HOLTGRÄVE, Das neue Mietrecht 18; PERGANDE § 5 6 9 a A n m 3 m w N ; ROQUETTE § 5 6 9 a R z 2 3 ; SCHMIDT-FUTTERER B 7 9 ) . F ü r d i e

Mindermeinung spricht der Wortlaut des Gesetzes, der hinsichtlich des Fristbeginns bei nachrangig eintrittsberechtigten Familienangehörigen nicht gegenüber der für Ehegatten maßgebenden Regelung differenziert. Auch aus der entsprechenden Jürgen Sonnenschein

(1222)

3. Titel. Miete. Pacht

§569 a 26-29

Anwendung des § 206 läßt sich kein anderes Ergebnis herleiten (so aber SCHMIDTaaO), da die nachrangigen Familienangehörigen nicht daran gehindert sind, den Eintritt vorsorglich abzulehnen. Gleichwohl ist der überwiegenden Auffassung zu folgen, weil dem BGB das Prinzip zugrunde liegt, daß ein Recht spätestens dann auszuschlagen ist, wenn das Recht in der Person des Berechtigten eingetreten ist. So beginnt etwa die Frist für die Ausschlagung der Erbschaft nach § 1944 Abs 2 mit dem Zeitpunkt, in dem der Erbe von dem Anfall und dem Grund der Berufung Kenntnis erlangt hat. Diese Vorschrift ist entsprechend anwendbar, da § 569 a Abs 2 S 2 eine Form der Rechtsnachfolge darstellt, die dem Verhältnis nachrangiger Erben vergleichbar ist. Auf dieser Grundlage ist die überwiegende Auffassung dahin gehend zu präzisieren, daß es für die Familienangehörigen nicht nur auf die Kenntnis der Ablehnungserklärung durch den Ehegatten ankommt. Die Frist beginnt vielmehr frühestens in dem Zeitpunkt, in dem die Ablehnungserklärung des Ehegatten durch Zugang beim Vermieter wirksam geworden ist und damit der Eintritt der Familienangehörigen stattgefunden hat (vgl auch E R M A N - S C H O P P § 569 a Rz 12 - Kenntnis vom „Wegfall").

FUTTERER

cc) Die fristgerechte Ablehnungserklärung des einzelnen Familienangehörigen hat 26 die Wirkung, daß sein Eintritt in das Mietverhältnis als nicht erfolgt gilt (Abs 2 S 3 iVm Abs 1 S 2). Die bereits vollzogene Sonderrechtsnachfolge wird rückwirkend beseitigt. Bei mehreren Familienangehörigen tritt diese Wirkung jeweils nur in der Person des Ablehnenden ein. Eine Fortsetzung des Mietverhältnisses mit dem Erben nach Abs 6 S 1 wird deshalb erst möglich, wenn sämtliche eintrittsberechtigten Familienangehörigen fristgerecht abgelehnt haben. IV. Haftung der eintretenden Personen für Erblasserschulden (Abs 3)

27

1. Die gesetzliche Sonderrechtsnachfolge des Ehegatten oder der Familienangehörigen hat nach den allgemeinen Vorschriften zur Folge, daß der Eintretende für die Verbindlichkeiten aus dem Mietverhältnis als Schuldner einzustehen hat, die vom Zeitpunkt der Rechtsnachfolge an entstanden sind (Rz 11, 22). Abs 3 ordnet darüber hinaus eine gesamtschuldnerische Haftung dieser Personen neben dem Erben für die bis zum Tode des Mieters entstandenen Verbindlichkeiten an. Damit ist die früher zweifelhafte Frage der Haftung für rückständige Verbindlichkeiten gesetzlich geregelt worden (Begr zum RegE eines MietRÄndG I BT-Drucks IV/806, 12; vgl P E R G A N D E § 569 a Anm 6 mwN), obwohl der BGH (BGHZ 36,265 = NJW 1962, 487) eine solche Haftung abgelehnt hatte (vgl zur rechtspolitischen Kritik R O Q U E T T E § 569 a Rz 26). Zugleich ist hierdurch klargestellt, daß der Erbe aufgrund der Sonderrechtsnachfolge nicht von den früheren Mietverbindlichkeiten befreit ist. 2. Die Haftung erstreckt sich auf die bis zum Tode des Mieters entstandenen 28 Verbindlichkeiten aus dem Mietverhältnis. Hierzu gehören nicht nur rückständige Mietzinsen, sondern auch Umlagen, Nebenkosten und Schadensersatzforderungen, die noch nicht beglichen sind. Da die Verbindlichkeit auf dem Mietverhältnis beruhen muß (vgl Begr zum RegE aaO), kommt als Gläubiger idR nur der Vermieter in Betracht. Der Eintretende haftet nicht für Schulden, die sich aus Verträgen des verstorbenen Mieters mit Dritten zB über Strom- oder Wärmelieferung, Renovierung der Wohnung und dgl ergeben. Eine Haftung Dritten gegenüber besteht nur, wenn der Vermieter seine Forderung abgetreten hat (§ 398) oder wenn der Dritte nach den Grundsätzen des Vertrags mit Schutzwirkung für Dritte selbst unmittelbar aus dem Mietvertrag berechtigt ist. 3. Die gesamtschuldnerische Haftung neben dem Erben führt dazu, daß der Vermie- 29 ter in dem Ehegatten oder den Familienangehörigen zusätzliche Schuldner gewinnt. (1223)

Jürgen Sonnenschein

§ 569 a 30, 31

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

Der Vermieter kann jeden der Schuldner nach seiner Wahl ganz oder zum Teil in Anspruch nehmen (§ 421). Nach Abs 3 HS 2 haftet allerdings im Innenverhältnis zwischen Ehegatten oder Familienangehörigen einerseits und dem Erben andererseits der letztere allein. Dies beruht auf dem Gesichtspunkt, daß es sich um eine Erblasserschuld handelt, die letztlich den Erben allein treffen soll. Wer als Sonderrechtsnachfolger den Vermieter befriedigt hat, kann deshalb Ausgleich von dem Erben verlangen (vgl § 426 Abs 2). Dies schließt nicht aus, daß auch zwischen mehreren eingetretenen Familienangehörigen ein Ausgleich staffinden kann, da sie im Verhältnis zueinander als Gesamtschuldner zu gleichen Anteilen verpflichtet sind (§ 421 Abs. 1). Ein interner Ausgleich unter mehreren Sonderrechtsnachfolgern ist vor allem bedeutsam, wenn der Ausgleichsanspruch gegen den Erben nicht durchzusetzen ist. Bei dem internen Ausgleich zwischen mehreren Sonderrechtsnachfolgern muß der einzelne ausgleichsberechtigte Gesamtschuldner sich aber die auf ihn selbst entfallende Quote anrechnen lassen. 30 Der Rückgriff eines Sonderrechtsnachfolgers gegen den Erben hat nicht zur Voraussetzung, daß er selbst kein Erbe ist (so aber ROQUETTE § 569 a Rz 28). Abs 3 stellt nur auf die Eigenschaft als Sonderrechtsnachfolger, nicht aber auf die Erbenqualität ab. Ist von mehreren Miterben nur einer nach Abs 1 oder 2 in das Mietverhältnis eingetreten und wird er von dem Vermieter in Anspruch genommen, so kann er gegen seine Miterben im Regreßwege vorgehen. Dabei ist aber seine Doppelstellung als Sonderrechtsnachfolger und als Miterbe zu berücksichtigen. Er kann deshalb nach § 426 von jedem seiner Miterben die der Erbenhaftung des einzelnen entsprechende Quote oder auch den vollen Betrag abzüglich des auf seinen eigenen Bruchteil entfallenden Betrags verlangen (vgl RGZ 150, 344, 347 f). Hierbei handelt es sich um den normalen Ausgleich unter Miterben (vgl §§ 2058 ff). Ist von mehreren eingetretenen Familienangehörigen nur einer zugleich Miterbe, so kann er von den anderen Familienangehörigen sofort voll auf Ausgleich in Anspruch genommen werden, ohne daß diese sich als ausgleichsberechtigte Gesamtschuldner die eigene Haftungsquote anzurechnen lassen brauchen (Abs 3 HS 2; vgl aber Rz 29 aE). Der in Anspruch genommene Erbe kann dann von seinen Miterben wiederum Ausgleich nach den zuvor genannten Grundsätzen verlangen. Entsprechendes gilt, wenn mehrere Miterben neben anderen Familienangehörigen in das Mietverhältnis eingetreten sind. Sind alle Sonderrechtsnachfolger zugleich Miterben, ist der interne Ausgleich, für den an sich gleiche Anteile maßgebend wären, aufgrund der rechtlichen Doppelstellung sofort nur unter Berücksichtigung der erbrechtlichen Haftungsquoten möglich. Dabei macht es keinen Unterschied, ob die Gesamtheit der Sonderrechtsnachfolger mit der Miterbengemeinschaft identisch ist oder ob weitere Miterben vorhanden sind. Der Ausgleich kann allerdings durch erbrechtliche Haftungsbeschränkungen beeinträchtigt werden. Will der nur beschränkt haftende Erbe vermeiden, als Sonderrechtsnachfolger uU voll aus § 569 a Abs 3 in Anspruch genommen zu werden, darf er nicht nach Abs 1 oder 2 eintreten, sondern nur als Erbe das Mietverhältnis nach Abs 6 fortsetzen (ROQUETTE § 569 a Rz 28). 31 4. Die Haftung aus Abs 3 ist nur davon abhängig, daß der Eintritt in das Mietverhältnis stattgefunden hat. Der Vermieter kann den Sonderrechtsnachfolger also schon vor Ablauf der Ablehnungsfrist des Abs 1 S 2 in Anspruch nehmen. Im Einzelfall kann dem Eingetretenen aber eine auf § 242 zu stützende Einrede zustehen, wenn die Ablehnung so gut wie sicher bevorsteht und der Vermieter den empfangenen Betrag alsbald nach § 812 Abs 1 zurückzahlen müßte. Auf der anderen Seite wird die Haftung nicht dadurch ausgeschlossen, daß der Vermieter von seinem Recht zur außerordentlichen befristeten Kündigung nach Abs 5 Gebrauch macht. Diese Kündigung beendet das Mietverhältnis mit dem Eingetretenen nicht Jürgen Sonnenschein

(1224)

3. Titel. Miete. Pacht

§569 a 32-34

rückwirkend. Die Inanspruchnahme kann aber im Einzelfall vor allem nach Ausspruch der Kündigung treuwidrig sein (§ 242).

V. Ausgleich von Mietvorauszahlungen (Abs 4) 32 1. Der Eintritt des Ehegatten oder der Familienangehörigen ändert nichts an der Identität des Mietverhältnisses. Hat der Mieter den Mietzins für einen nach seinem Tode liegenden Zeitpunkt im voraus entrichtet, so ist die Vorauszahlung auf die späteren Mietzinsraten des Eintretenden anzurechnen und vermindert dessen eigene Belastung. Da einerseits Erblasserschulden, die sich aus dem Mietverhältnis ergeben, primär den Eintretenden, letztlich aber den Erben treffen (Abs 3; s Rz 27 ff), ist es folgerichtig, daß frühere Mietvorauszahlungen den Eintretenden zwar im Verhältnis zum Vermieter entlasten, im Endergebnis aber dem Erben zugute kommen. Abs 4 schreibt vor, daß der Ehegatte oder die Familienangehörigen dem Erben dasjenige herauszugeben haben, was sie infolge der Vorausentrichtung des Mietzinses ersparen oder erlangen. Es muß eine Mietvorauszahlung des verstorbenen Mieters vorliegen, die im Zeit- 33 punkt seines Todes noch nicht abgewohnt ist. Der Begriff der Mietvorauszahlung entspricht dem des § 557 a (s im einzelnen dort Rz 5 ff). Es kommt insoweit nicht darauf an, ob die einzelnen Mietzinsraten nach den Parteivereinbarungen schon im voraus oder erst jeweils bei Fälligkeit getilgt sein sollen (s aber Rz 35) und ob sie ganz oder nur teilweise getilgt werden. Auch in einer einmaligen Geldleistung für die gesamte Mietzeit kann eine Mietvorauszahlung liegen (§ 557 a Rz 6). Das gleiche gilt, falls die Parteien die Zahlung laufender Mietzinsraten und die Leistung eines einmaligen Kapitalbetrags vereinbart haben (aM ROQUETTE § 5 6 9 a Rz 3 3 ) , sofern sie nur - wenn auch stillschweigend - durch eine Verrechnungsabrede die Abwohnbarkeit des Kapitalbetrags vereinbart und damit die Beziehung zum Mietzins hergestellt haben. Auf dieser Grundlage können Mieterdarlehen, Baukostenzuschüsse und dgl als Mietvorauszahlungen zu beurteilen sein (§ 557 a Rz 7). Die Vorschrift erfaßt nicht nur den reinen Mietzins, sondern das gesamte Entgelt, das der Mieter als Gegenleistung für den Gebrauch der Mietsache im voraus an den Vermieter entrichtet hat. Hierzu gehören zB Umlagen und sonstige Nebenkosten für besondere Leistungen des Vermieters (§ 557 a Rz 7). Verlorene Baukostenzuschüsse und sonstige Zahlungen des verstorbenen Mieters, die in keiner rechtlichen Beziehung zum Mietzins stehen, sind keine Mietvorauszahlungen und müssen unmittelbar zwischen dem Vermieter und dem Erben ausgeglichen werden. Das gleiche gilt für Vorauszahlungen aufgrund von Verträgen mit Dritten wie zB über Versorgungsleistungen, in die Ehegatten oder Familienangehörige nicht aufgrund des § 569 a eintreten. Für diese Personen kann insoweit eine Ausgleichspflicht nur nach den allgemeinen Bereicherungsvorschriften der §§ 812 ff entstehen (ERMANSCHOPP § 5 6 9 a R z 7).

2. Die Verpflichtung zur Herausgabe trifft denjenigen, der in das Mietverhältnis 34 eingetreten ist. Mehrere Familienangehörige haften entsprechend Abs 2 S 5 als Gesamtschuldner. Treten Familienangehörige erst nach einer Ablehnung durch den Ehegatten in das Mietverhältnis ein, haften sie gleichwohl in vollem Umfang, weil ihr Eintritt auf den Zeitpunkt des Todes des Mieters zurückbezogen wird und auch die Mietvorauszahlung von Anfang an verrechnet wird. Ist der Ehegatte vor seiner Ablehnung schon in Anspruch genommen worden, steht ihm ein Anspruch aus § 812 Abs 1 gegen den Empfänger zu. Gläubiger des Anspruchs aus § 569 a Abs 4 ist der Erbe oder eine Mehrheit von Erben. Ist der Eingetretene zugleich Erbe, besteht die Verpflichtung auch dann, wenn noch weitere Miterben vorhanden sind. (1225)

Jürgen Sonnenschein

§ 569 a 35-38

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

Allerdings kann der Eingetretene idR den auf ihn entfallenden Anteil abziehen. Die Herausgabepflicht besteht ferner im Verhältnis mehrerer Familienangehöriger zueinander, wenn nicht alle zugleich Miterben sind oder wenn die Erbquoten gegenüber den grundsätzlich gleichen Anteilen bei der Sonderrechtsnachfolge des Abs 2 unterschiedlich sind. 35 Herauszugeben ist zum einen die Ersparnis des Eingetretenen. Sie besteht darin, daß er wegen der Vorauszahlung keine oder nur geringere eigene Mietzinsraten an den jeweiligen Fälligkeitstagen zu entrichten braucht. Daraus folgt, daß die Ersparnis nicht ohne weiteres von Anfang an mit dem vollen Betrag der Mietvorauszahlung gleichzusetzen ist. Der Anspruch des Erben entsteht jeweils erst an dem einzelnen Fälligkeitstag in der Höhe, in der durch Verrechnung der Mietvorauszahlung die Ersparnis des Sonderrechtsnachfolgers eingetreten ist (ROQUETTE § 569 a Rz 3 1 ) . Nur in dieser Weise wäre die Vorauszahlung dem Erben zugute gekommen, wenn er das Mietverhältnis selbst fortgesetzt hätte. Diese Beurteilung setzt aber voraus, daß nach den Parteivereinbarungen die einzelne Mietzinsrate jeweils erst bei Fälligkeit durch Verrechnung getilgt sein soll. Wenn der Mietzins dagegen sofort in voller Höhe der Vorauszahlung für einen bestimmten Zeitraum getilgt sein soll, erspart der Eintretende als Sonderrechtsnachfolger auch hinsichtlich dieser Vereinbarung sofort den vollen Betrag der noch nicht abgewohnten Vorauszahlung. In diesem Fall hat er den gesamten Restbetrag auf einmal herauszugeben. 36 Zum anderen hat der Eingetretene das Erlangte herauszugeben. Aufgrund der Sonderrechtsnachfolge in das Mietverhältnis unter Ausschluß des Erben stehen dem Eingetretenen nach der Beendigung des Mietverhältnisses auch die Ansprüche aus § 557 a hinsichtlich des noch nicht abgewohnten Teils einer Mietvorauszahlung zu. Diese Ansprüche hat er dem Erben abzutreten oder die darauf erbrachten Leistungen des Vermieters herauszugeben (ROQUETTE § 569 a Rz 32). Da der Anspruch aus § 569 a Abs 4 kein Bereicherungsanspruch ist, auch wenn sich der Anspruch gegen den Vermieter nach den Vorschriften über die ungerechtfertigte Bereicherung richtet (§ 557 a Abs 1 HS 2), kann sich der Eingetretene gegenüber dem Erben nicht auf § 818 Abs 3 berufen. Der Anspruch entsteht wie der zugrunde liegende Anspruch aus § 557 a mit der Beendigung des Mietverhältnisses und ist sofort fällig (vgl § 557 a Rz 14). 37 Die Verpflichtung des Eingetretenen besteht selbst dann, wenn aufgrund erbrechtlicher Haltungsbeschränkungen ein Rückgriff des Eingetretenen für Erblasserschulden aus dem Mietverhältnis nach Abs 3 HS 2 nicht durchzusetzen ist. Haftung und Anspruch des Erben aus Abs 3 und 4 stehen nach dem Gesetz nicht in einem gegenseitigen Abhängigkeitsverhältnis. Da es sich um Nachlaßschulden und Nachlaßforderungen handelt, kommt allenfalls eine Aufrechnung durch den Eingetretenen gegen den Anspruch aus Abs 4 in Betracht. Dabei sind die Beschränkungen des § 55 KO zu beachten.

38 VI. Kündigungsrecht des Vermieters (Abs 5) 1. Dem Vermieter steht ein Recht zur außerordentlichen befristeten Kündigung zu, wenn in der Person des Ehegatten oder Familienangehörigen, der in das Mietverhältnis eingetreten ist, ein wichtiger Grund vorliegt (Abs 5 S 1 HS 1). Nach der ursprünglichen Fassung des Gesetzentwurfs sollte der Vermieter ein solches Kündigungsrecht haben, wenn ihm nicht zugemutet werden könne, das Mietverhältnis mit dem Eingetretenen fortzusetzen (vgl Art I Nr 17 des RegE eines MietRÄndG I BT-Drucks IV/806). Der Rechtsausschuß wollte von dieser Einschränkung ganz absehen (Ausschußbericht, zu BT-Drucks IV/2195, 6). Erst bei den abschließenden Jürgen Sonnenschein

(1226)

§569 a 3. Titel. Miete. Pacht

39,40

Beratungen wurde der wichtige Grund als Voraussetzung einer außerordentlichen befristeten Kündigung eingefügt (Verhandl des Dt BT, Stenogr Ber, Bd 55, 6045 [B])Der Begriff des wichtigen Grundes ist nicht in jedem Fall mit solchen Umständen 39 gleichzusetzen, die an sich zur fristlosen Kündigung berechtigen würden (so aber ERMAN-SCHOPP § 569 a Rz 15). Damit wäre das Recht zur außerordentlichen befristeten Kündigung für den Vermieter im Grunde überflüssig und hätte nur insofern Bedeutung, als es gegenüber einer ordentlichen Kündigung ggf die Kündigungsfristen des § 565 Abs 2 S 2 abkürzen würde. Im Schrifttum wird das Vorliegen eines wichtigen Grundes dagegen überwiegend nach den zu § 549 für den Fall der Untervermietung entwickelten Grundsätzen beurteilt ( H A N S § 569 a Anm 6 a; P A LANDT-PUTZO § 5 6 9 a A n m 6 ; PERGANDE § 5 6 9 a A n m 5 ; ROQUETTE § 5 6 9 a R z 3 4 ) .

Hiernach kommt es entscheidend darauf an, ob es dem Vermieter aufgrund der Umstände des Einzelfalls zugemutet werden kann, das Mietverhältnis mit dem Eintretenden fortzusetzen ( R O Q U E T T E aaO; SCHMIDT-FUTTERER B 8 1 ; vgl BGBR G R K - G E L H A A R § 569 a R Z 8 ; S O E R G E L - M E Z G E R §§ 569 a-569 b Rz 1 0 ) . Die Umstände müssen in der Person des Eintretenden begründet sein. Dies ist zB anzunehmen bei persönlicher Feindschaft gegenüber dem Vermieter oder anderen Mietern, bei der Gefahr einer Beeinträchtigung dieser Personen durch persönliche Eigenschaften, den Beruf oder die Lebensweise des Eintretenden, insbesondere durch einen unsittlichen Lebenswandel (vgl § 549 Rz 36, 46; SCHMIDT-FUTTERER aaO). Im Gegensatz zur Untervermietung (§ 549 Rz 36) kann im Rahmen des § 569 a Abs 5 auch die Zahlungsunfähigkeit des Eintretenden einen wichtigen Grund darstellen (SCHMIDT-FUTTERER aaO; aM ROQUETTE § 569 a Rz 34), da hier nicht ein Hauptmieter vorhanden ist, der für den Mietzins haftet. Es kann sich um Gründe handeln, die von geringerem Gewicht sind, als sie eine fristlose Kündigung voraussetzt. Damit ist allerdings nicht ausgeschlossen, daß die Kündigung des § 569 a Abs 5 auf solche Gründe gestützt wird, die an sich eine fristlose Kündigung rechtfertigen. Dies ist bedeutsam für die Anwendung der Sozialklausel (Rz 45). Treten mehrere Familienangehörige in das Mietverhältnis ein, wird dem Vermieter 40 nach verbreiteter Auffassung ein Kündigungsrecht zugebilligt, auch wenn nur bei einem von ihnen ein wichtiger Grund vorliegt (BURKHARDT W U M 1 9 6 4 , 1 6 1 , 1 6 2 ; H A N S § 5 6 9 a Anm 6 c; PERGANDE § 5 6 9 a Anm 5 ) . Zur Begründung wird auf die besondere Gemeinschaft der Eintretenden hingewiesen, die sich gegenseitig die in der Person des anderen begründeten Umstände zurechnen lassen müßten ( B U R K HARDT aaO; H A N S aaO). Während der BGH im Falle des Konkurses eines einzelnen Mitmieters ein Kündigungsrecht des Vermieters aus § 19 KO abgelehnt hat (BGHZ 26, 102 = NJW 1958, 421), bestehe der Unterschied zu § 569 a darin, daß sich der Vermieter hier die eintretenden Mieter nicht ausgesucht habe (PERGANDE aaO). Beide Argumente sind nicht zwingend, da mehrere Familienangehörige zwar Gesamtschuldner hinsichtlich der Verbindlichkeiten aus dem Mietverhältnis sind, aber keine „Haftungsgemeinschaft" hinsichtlich der in ihrer Person begründeten Umstände bilden. Darüber hinaus kann sich der Vermieter auch bei einer Erbfolge des verstorbenen Mieters seine neuen Vertragspartner nicht aussuchen. Gleichwohl ist der Auffassung des Schrifttums im Ergebnis zu folgen. Entscheidend hierfür ist aber, daß der Vermieter bei einer Fortsetzung des Mietverhältnisses mit dem Erben nach Abs 6 ein Recht zur außerordentlichen befristeten Kündigung hat, ohne daß es auf einen wichtigen Grund oder eine Mehrheit von Erben ankommt. Der Vermieter braucht sich in keinem Fall einen unliebsamen Mieter aufdrängen zu lassen. Da dieses Kündigungsrecht durch den vorrangigen Eintritt von Familienangehörigen ausgeschlossen wird (vgl Abs 6 S 1), kann der Vermieter nicht dadurch schlechter (1227)

Jürgen Sonnenschein

§ 569 a 41-45

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

gestellt werden, daß nur in der Person eines von mehreren Familienangehörigen ein wichtiger Grund vorliegt (vgl auch Rz 41). 41 Das Kündigungsrecht ist ausgeschlossen, wenn ein Ehegatte oder Familienangehöriger, in dessen Person ein wichtiger Grund gegeben ist, in ein bereits zwischen mehreren Personen bestehendes Mietverhältnis eintritt. Es ist nicht möglich, ein mit mehreren Mietern bestehendes Mietverhältnis nur mit Wirkung gegenüber einem dieser Mieter durch Kündigung zu beenden (BGHZ 26, 102, 104 = NJW 1958, 421, 422). Der frühere Mitmieter des Verstorbenen kann in seinen Rechten nicht durch die Sonderrechtsnachfolge aus § 569 a beeinträchtigt werden. Die Kündigung des gesamten Mietverhältnisses scheidet deshalb aus. 42 2. Für die Kündigung durch den Vermieter gelten die allgemeinen Vorschriften des Mietrechts. Die Kündigung ist bei mehreren Familienangehörigen jedem Beteiligten gegenüber zu erklären (vgl § 564 Rz 23). Die Kündigungserklärung hat die Voraussetzungen des § 564 a zu erfüllen. Dem Vermieter muß ein Kündigungsgrund iS des § 564 b zur Seite stehen (vgl § 564 b Rz 13). Dadurch wird das Kündigungsrecht des § 569 a Abs 5 zwar uU eingeschränkt. Dies entspricht aber dem Kündigungsschutz eines Mietverhältnisses über Wohnraum, den § 564 b unabhängig von § 569 a herbeiführen soll. 43 3. Der Vermieter kann unter Einhaltung der gesetzlichen Frist kündigen. Diese Frist ergibt sich aus § 565 Abs 5 iVm Abs 2 S 1 (s dort Rz 74 ff). Die Kündigung muß spätestens am dritten Werktag eines Kalendermonats für den Ablauf des übernächsten Monats wirksam werden. Maßgebend ist also die um drei Werktage verkürzte Dreimonatsfrist. Die Dauer der Überlassung des Wohnraums ist unerheblich, da § 565 Abs 2 S 2 nach dessen Abs 5 nicht anwendbar ist. 44 4. Die Kündigung kann nur für den ersten Termin ausgesprochen werden, für den sie zulässig ist (Abs 5 S 1 HS 2). Hierbei kommt es wie bei § 569 nicht rein objektiv auf den Zeitpunkt an, in dem der Mieter gestorben ist. Entscheidend ist vielmehr, wann es dem Vermieter erstmals subjektiv möglich war, von seinem Kündigungsrecht Gebrauch zu machen (s im einzelnen § 569 Rz 18 ff). Dies setzt voraus, daß der Vermieter den Tod des Mieters erfahren hat und die Person des Sonderrechtsnachfolgers und das Vorliegen eines wichtigen Grundes kennt. Hinsichtlich der letzteren Umstände kann allerdings eine Erkundigungspflicht bestehen (vgl § 569 aaO). Im Schrifttum wird dem Vermieter zT zugestanden, er brauche die Kündigung erst nach Ablauf der Ablehnungsfrist des Abs 1 S 2 oder Abs 2 S 3 zu erklären, weil erst dann der Sonderrechtsnachfolger feststehe (BURKHARDT WUM 1964, 161, 162; HANS

§ 5 6 9 a Anm 6 b; PERGANDE § 5 6 9 a Anm 5 ; ROQUETTE § 5 6 9 a Rz 3 5 ) . Diese Auffassung findet im Gesetz keine Stütze. Subjektiv möglich ist die Kündigung dem Vermieter bereits, wenn er vom Eintritt des Ehegatten in das Mietverhältnis Kenntnis hat. Lehnt der Ehegatte den Eintritt später ab, geht die Kündigung ins Leere. Der Vermieter hat die Kündigung zum nächstzulässigen Termin gegenüber den nunmehr eintrittsberechtigten Familienangehörigen zu wiederholen. Das ist zumutbar. Es muß dem Vermieter aber möglich sein, alle eintrittsberechtigten Familienangehörigen als Adressaten der Kündigung festzustellen. Hiernach richtet sich der erste zulässige Kündigungstermin. Versäumt der Vermieter diesen Termin, kann er nur noch eine ordentliche Kündigung aussprechen (§ 565 Abs 2 S 1 oder 2).

45 5. Auf die außerordentliche befristete Kündigung ist nach Abs 5 S 2 die Sozialklausel des § 556 a entsprechend anzuwenden. Für die Auffassung, die eine Anwendung der Sozialklausel auf die außerordentliche befristete Kündigung grundsätzlich ausschließt (§ 556 a Rz 16), liegt hierin ein gesetzlich angeordneter Ausnahmefall. Für die Gegenmeinung (§ 556 a Rz 17) kommt der Vorschrift nur klarstellende Funktion zu. Sie hat aber nicht zur Folge, daß die Sozialklausel entgegen § 556 a Abs 4 Jürgen Sonnenschein

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3. Titel. Miete. Pacht

§569 a 46-48

Nr 2 auch dann anwendbar ist, wenn ein Grund vorliegt, aus dem der Vermieter zur fristlosen Kündigung berechtigt ist (so aber ERMAN-SCHOPP § 569 a Rz 15). Wählt der Vermieter in diesem Fall aus Entgegenkommen den Weg der außerordentlichen befristeten Kündigung, bleibt die Sozialklausel ausgeschlossen (vgl § 556 a Rz 14). Die in § 569 a Abs 5 S 2 angeordnete entsprechende Anwendung des § 556 a bedeutet, daß auch dessen Abs 4 Nr 2 anzuwenden ist (vgl S O E R G E L - M E Z G E R § 569 a Rz 10). Bei der Abwägung der Interessen sind zugunsten des Vermieters alle in dem Kündigungsschreiben angegebenen Gründe zu berücksichtigen (§ 556 a Abs 1 S 3), nicht nur die Umstände, die für ihn den wichtigen Grund zur Kündigung nach § 569 a Abs 5 darstellen (so aber BURKHARDT W U M 1964, 161, 162; PERGANDE § 569 a Anm 5). Diese Einschränkung ist im Hinblick auf die Anwendbarkeit des § 564 b nicht gerechtfertigt (vgl Rz 42). VII. Fortsetzung des Mietverhältnisses mit dem Erben (Abs 6)

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1. Die Fortsetzung des Mietverhältnisses mit dem Erben nach Abs 6 hat zur Voraussetzung, daß der Ehegatte oder andere Familienangehörige nicht in das Mietverhältnis über den Wohnraum eintreten. Nach ROQUETTE (§ 569 a Rz 37 mit Fn 15) soll die Vorschrift in allen Fällen gelten, in denen der Eintritt des Ehegatten oder eines Familienangehörigen nicht in Betracht kommt. Hierzu werden nicht nur die Fälle gezählt, in denen eintrittsberechtigte Personen von ihrem Ablehnungsrecht Gebrauch gemacht haben, sondern auch diejenigen, in denen keine eintrittsberechtigten Personen vorhanden sind. Zwar erfaßt der Wortlaut auch den letzteren Fall. Insoweit ist eine Anwendung des § 569 a Abs 6 jedoch überflüssig, da der Erbe ohne weiteres im Wege der Gesamtrechtsnachfolge nach den §§ 1922 Abs 1, 1967 in das Mietverhältnis eintritt, soweit der Tatbestand des § 569 a Abs 1 oder 2 nicht erfüllt ist. Das Kündigungsrecht der Parteien richtet sich dann nach § 569 Abs 1. Die Bedeutung des § 569 a Abs 6 liegt demgegenüber darin, daß er den Eintritt der erbrechtlichen Nachfolge klärt, die durch die Sonderrechtsnachfolge nach Abs 1 oder 2 zunächst verdrängt worden ist. Der Anwendungsbereich der Vorschrift beschränkt sich daher auf die Fälle, in denen ein eintrittsberechtigter Ehegatte oder Familienangehöriger zwar vorhanden ist, den Eintritt aber abgelehnt hat ( H A N S § 569 a Anm 7; PERGANDE § 569 a Anm 4; s zur Ablehnung im einzelnen oben Rz 12 ff, 23 ff). Allerdings hätte es im Grunde nicht einer ausdrücklichen Regelung bedurft, da bei einer Ablehnung der Eintritt in das Mietverhältnis rückwirkend als nicht erfolgt gilt (Abs 1 S 2, Abs 2 S 3). Schon damit ist der Weg frei für eine rückwirkende Gesamtrechtsnachfolge des Erben und für die Anwendbarkeit des § 569 Abs 1. Die Vorschrift hat deshalb nur eine klarstellende Funktion. 2. Die Rechtsfolgen bestehen in einer Fortsetzung des Mietverhältnisses mit dem 47 Erben und in einem außerordentlichen Kündigungsrecht beider Parteien. a) Die Fortsetzung des Mietverhältnisses bedeutet, daß der Erbe oder ggf eine Miterbengemeinschaft im Wege der Gesamtrechtsnachfolge in alle Rechte und Pflichten aus dem Mietverhältnis eintritt. Die Fortsetzung beginnt mit dem Tode des Mieters, da der vorherige Eintritt von Sonderrechtsnachfolgern durch die Ablehnung rückwirkend beseitigt wird (Abs 1 S 2, Abs 2 S 3). Der Erbe haftet für alle Verbindlichkeiten aus dem Mietverhältnis. Die Haftung für die Erblasserschulden kann allerdings nach den erbrechtlichen Vorschriften beschränkt werden, da es sich nicht um eine Form der Sonderrechtsnachfolge handelt. b) Nach Abs 6 S 2 steht sowohl dem Erben als auch dem Vermieter ein Recht zur 48 außerordentlichen befristeten Kündigung zu. Hierbei ist die gesetzliche Frist einzuhalten, die sich aus § 565 Abs 5 iVm Abs 2 S 1 ergibt (s dort Rz 74 ff). Sie beträgt (1229)

Jürgen Sonnenschein

§ 569 a 49-51

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

drei Monate abzüglich der Karenzzeit von drei Werktagen. Die Kündigung kann nur für den ersten Termin ausgesprochen werden, für den sie zulässig ist. Die Vorschrift entspricht der in § 569 Abs 1 getroffenen Regelung. Die dortigen Ausführungen gelten entsprechend (s im einzelnen § 569 Rz 11 ff). Im übrigen sind die allgemeinen mietrechtlichen Vorschriften über eine Kündigung anzuwenden (vgl Rz 42). 49 Hervorzuheben ist, daß das Kündigungsrecht des Abs 6 S 2 dem Erben auch dann zusteht, wenn er zuvor als Ehegatte oder Familienangehöriger in das Mietverhältnis eingetreten ist, den Eintritt aber fristgerecht abgelehnt hat. Dies braucht nicht mit Billigkeitserwägungen begründet zu werden (so P E R G A N D E § 569 a Anm 4), sondern ergibt sich aus der Doppelstellung als Eintrittsberechtigter iS des Abs 1 oder 2 und als Erbe. Das Kündigungsrecht ist dagegen ausgeschlossen, wenn der Eintritt nach Abs 1 oder 2 endgültig vollzogen ist. Damit ist der Tatbestand des Abs 6 S 1 nicht erfüllt, der aufgrund des systematischen Zusammenhangs auch im S 2 vorausgesetzt wird. Dies gilt für Erben und Vermieter in gleicher Weise. Eine vor Ablauf der Frist des Abs 1 S 2 auf Abs 6 S 2 gestützte Kündigung des Erben, der zugleich eintrittsberechtigt ist, kann als Ablehnungserklärung und zugleich als Kündigung zum nächstzulässigen Termin gedeutet werden, wenn der Erbe den Wohnraum erkennbar noch eine beschränkte Zeit behalten will. Eine vor Ablauf der Ablehnungsfrist ausgesprochene Kündigung des Vermieters kann nur auf Abs 5 gestützt werden und bedarf eines wichtigen Grundes, solange der Eintritt aufgrund des Abs 1 oder 2 noch fortbesteht. Lehnt der Berechtigte anschließend ab und wird das Mietverhältnis daraufhin mit ihm in seiner Eigenschaft als Erbe fortgesetzt, so kann die Erklärung des Vermieters bei einem entsprechend erkennbaren Willen unabhängig vom Vorliegen eines wichtigen Grundes als Kündigung iS des Abs 6 S 2 aufrechterhalten werden. Sie wirkt zu dem gleichen Termin, da der Eintritt nach Abs 1 S 2 rückwirkend als nicht erfolgt gilt. Die Kündigungsfrist ist deshalb nicht erst vom Zeitpunkt der Ablehnung an zu berechnen. 50 Der Vermieter ist nicht gezwungen, dem Erben gegenüber schon vor der Ablehnung durch etwaige eintrittsberechtigte Personen vorsorglich zu kündigen, selbst wenn der Erbe zugleich eintrittsberechtigt ist. Grundsätzlich kommt es bei der Frage des erstzulässigen Termins darauf an, wann es dem Vermieter subjektiv frühestens möglich ist, die Kündigung auszusprechen (vgl § 569 Rz 18 ff). Das ist erst der Fall, wenn der Erbe durch Fortsetzung des Mietverhältnisses nach Abs 6 S 1 für die Kündigung empfangszuständig geworden ist und der Vermieter hiervon Kenntnis erlangt hat. Das gleiche gilt umgekehrt für den Erben. Da die Kündigung das Mietverhältnis erst zum Kündigungstermin beendet, bleibt die Haftung des Erben für die bis dahin entstandenen Mietverbindlichkeiten unberührt. Ausgeschlossen ist das außerordentliche Kündigungsrecht für beide Seiten, wenn der Erbe ein bereits mit einem früheren Mitmieter des Erblassers bestehendes Mietverhältnis fortsetzt und keine abweichenden Vereinbarungen getroffen sind (vgl Rz 41; § 569 Rz 7). 51 c) Die Anwendung der Sozialklausel auf die außerordentliche befristete Kündigung durch den Vermieter ist nach umstrittener Ansicht nicht schon wegen der besonderen Kündigungsart ausgeschlossen (vgl § 556 a Rz 16 f; aM P E R G A N D E § 569 a Anm 4; R O Q U E T T E § 569 a Rz 39). Unabhängig von dieser Streitfrage wird die Sozialklausel zT jedoch mit der Begründung ausgeschlossen, der Erbe habe mit dem verstorbenen Mieter keinen gemeinsamen Hausstand geführt ( P A L A N D T - P U T Z O § 569 a Anm 7 ; S C H M I D T - F U T T E R E R B 8 2 ) . Hierbei wird zum einen die uU bestehende Doppelstellung als Erbe und als eintrittsberechtigter Angehöriger, der abgelehnt hat, nicht beachtet. Nach der Ablehnung kann sich für den Erben aufgrund veränderter Umstände durchaus das Bedürfnis ergeben, die Wohnung beizubehalten und von einem Widerspruchsrecht aus § 556 a Gebrauch zu machen. Doch selbst dem nicht hausstandszugehörigen Erben ist das Widerspruchsrecht in seiner EigenJürgen Sonnenschein

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§§ 5 6 9 a, 5 6 9 b 3. Titel. Miete. Pacht

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schaft als Gesamtrechtsnachfolger des Mieters nicht ohne weiteres zu versagen, da der Bestandsschutz nunmehr für ihn als Mietpartei eingreift. Entscheidend ist, ob die Beendigung des Mietverhältnisses eine nicht zu rechtfertigende Härte darstellt (vgl § 569 Rz 9). VIII. Unabdingbarkeit (Abs 7)

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Die Bestimmungen des § 569 a sind nur zT unabdingbar. Dies gilt für das Eintrittsrecht des Ehegatten und der Familienangehörigen (Abs 1 u 2) sowie für das Recht des Vermieters zur außerordentlichen befristeten Kündigung gegenüber diesen Sonderrechtsnachfolgern (Abs 5). Allerdings kann eine andere Kündigungsfrist vereinbart werden, soweit hierzu im Rahmen des § 565 Raum ist (§ 565 Rz 76). Hinsichtlich der Sozialklausel sind die zwingenden Vorschriften des § 556 a einzuhalten (§ 556 a Rz 97 f). Das gleiche gilt für die §§ 564 a, 564 b. Im übrigen können die Parteien von § 569 a abweichende Vereinbarungen treffen (vgl H A N S § 569 a Anm 8; R O Q U E T T E § 569 a Rz 40 f; SCHMIDT-FUTTERER B 84; letztere auch zu Genossenschaftswohnungen). § 569 b Ein Mietverhältnis Uber Wohnraum, den Eheleute gemeinschaftlich gemietet haben und in dem sie den gemeinsamen Hausstand führen, wird beim Tode eines Ehegatten mit dem fiberlebenden Ehegatten fortgesetzt. § 569 a Abs. 3, 4 gilt entsprechend. Der überlebende Ehegatte kann das Mietverhältnis unter Einhaltung der gesetzlichen Frist kündigen; die Kündigung kann nur für den ersten Termin erfolgen, für den sie zulässig ist. A r t I Nr 22 M i e t R Ä n d G II vom 14. 7. 1964 (BGBl I 457); Begr zum R e g E eines M i e t R Ä n d G I BT-Drucks IV/806, 12 (zu Art I Nr 16 u 17); Ausschußbericht BT-Drucks IV/2195, zu Drucks 2195, 6.

Schrifttum Vgl zu § 569 a.

Systematische Übersicht I. Aligemeine Kennzeichnung 1. Überblick 1 2. Entstehung der Vorschrift 2 3. Zweck der Vorschrift 3 II. Voraussetzungen (S 1) 1. Mietverhältnis über W o h n r a u m 4 2. Gemeinschaftliches Mietverhältnis von E h e leuten 5 3. Führung eines gemeinsamen Hausstandes 8 4. T o d eines Ehegatten 9

ID. Rechtsfolgen 1. Fortsetzung des Mietverhältnisses mit dem überlebenden Ehegatten (S 1) 10 2. H a f t u n g für Mietverbindlichkeiten des verstorbenen Ehegatten (S 2) 11 3. Ausgleich von Mietvorauszahlungen (S 2) 13 4. Kündigungsrecht des überlebenden Ehegatten (S 3) 14 rV. Abweichende Vereinbarungen 16

Alphabetische Übersicht Abweichende Vereinbarungen 16 Ausgleich von Mietvorauszahlungen 1 , 1 3 (1231)

Eheleute 5 Entstehung der Vorschrift 5

Jürgen Sonnenschein

§ 569 b 1-4

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

Fortsetzung des Mietverhältnisses mit dem überlebenden Ehegatten 10 Führung eines gemeinsamen Hausstandes 1, 8 Haftung für Mietverbindlichkeiten des verstorbenen Ehegatten 1,11 f Hausstand, gemeinsamer 1, 8

Mietverhältnis - Fortsetzung mit dem überlebenden Ehegatten 10 - gemeinschaftliches von Eheleuten 5 ff - über Wohnraum 4 Mietvorauszahlungen, Ausgleich 1,13 Rechtsfolgen 10

Schriftform der Kündigung 14 Kündigung 1, 10 - außerordentliche befristete des überlebenden Sonderrechtsnachfolge des überlebenden Ehegatten 1,3,10 ff Ehegatten 1,14 - Schriftform 14 Tod eines Ehegatten 9 - des Vermieters 15 Kündigungsfrist 14 Zweck der Vorschrift 3 Kündigungstermin 14

I. Allgemeine Kennzeichnung 1 1. Überblick Nach den allgemeinen erbrechtlichen Bestimmungen geht ein Mietverhältnis beim Tode des Mieters im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf den Erben über (§§ 1922 Abs 1, 1967; vgl § 569). Dies gilt grundsätzlich auch hinsichtlich eines Anteils an einem Mietverhältnis, wenn der Verstorbene neben anderen Personen Mitmieter war. Demgegenüber ergibt sich aus § 569 b eine Sonderrechtsnachfolge des überlebenden Ehegatten in den Anteil des Verstorbenen, wenn Eheleute gemeinschaftlich Wohnraum gemietet und darin einen gemeinsamen Hausstand geführt haben. Aufgrund der entsprechenden Anwendung des § 569 a Abs 3 und 4 treten eine Haftung für Mietverbindlichkeiten des verstorbenen Ehegatten und die Verpflichtung zum Ausgleich von Mietvorauszahlungen gegenüber dem Erben ein. Der überlebende Ehegatte hat ein Recht zur außerordentlichen befristeten Kündigung des ganzen Mietverhältnisses. 2 2. Entstehung der Vorschrift Die Vorschrift geht zurück auf § 19 MietSchG. Sie ist zusammen mit § 569 a durch Art I Nr 22 MietRÄndG II vom 14. 7. 1964 (BGBl I 457) in das BGB aufgenommen worden und ist seitdem unverändert geblieben. 3 3. Zweck der Vorschrift Die Vorschrift dient entsprechend den Zielen des sozialen Mietrechts dem Bestandsschutz von Mietverhältnissen. Dem Ehegatten des verstorbenen Mitmieters soll die Wohnung allein erhalten bleiben und unabhängig davon, ob er Erbe des Verstorbenen ist. Aufgrund der Sonderrechtsnachfolge werden etwaige Erben verdrängt (vgl auch § 569 a R z 3 ) . II. Voraussetzungen (S 1) 4 1. Mietverhältnis über Wohnraum Es muß ein Mietverhältnis über Wohnraum bestehen. Insoweit gilt das gleiche wie zu § 569 a (s dort Rz 4). Jürgen Sonnenschein

(1232)

3. Titel. Miete. Pacht

§ 569 b 5-9

2. Gemeinschaftliches Mietverhältiiis von Eheleuten

5

Die Eheleute müssen den Wohnraum gemeinschaftlich gemietet haben. Ob es sich bei den Mietern um Eheleute handelt, richtet sich allein nach den Vorschriften des Eherechts. Entscheidend ist, ob die Ehe im Zeitpunkt des Todes eines der Ehegatten rechtlich noch besteht und auch nicht später rückwirkend für nichtig erklärt wird (s im einzelnen § 569 a Rz 9). Ein gemeinschaftliches Mietverhältnis der Eheleute liegt vor, wenn beide als Mit- 6 mieter desselben Wohnraums berechtigt und verpflichtet sind. Dies setzt voraus, daß beide den Mietvertrag als Partei auf der Mieterseite abgeschlossen haben. Der eine Ehegatte darf nicht nur als Dritter iS des § 328 aus dem Vertrag berechtigt sein (HANS § 569 b Anm 2). Unzureichend ist es auch, wenn ein Ehegatte nur als Bürge oder aus einem sonstigen Verpflichtungsgrund für die Mietverbindlichkeiten haftet, ohne daß ihm zugleich die Rechte aus dem Vertrag zustehen. Allein die Unterschrift unter dem Mietvertrag macht einen Ehegatten nicht ohne weiteres zur Vertragspartei, wenn am Beginn der Vertragsurkunde nur der andere Ehegatte als Mieter genannt ist (PERGANDE § 569 b Anm 3; vgl OLG Celle OLGE 33, 316). Der Ehegatte braucht den Mietvertrag nicht von Anfang an mit abgeschlossen zu haben, sondern kann auch später im Wege der Vertragsänderung eingetreten sein. Allein durch die Aufnahme in die gemieteten Räume wird der Ehegatte allerdings noch nicht Vertragspartei, selbst wenn der Vermieter nicht widerspricht. Nach den Umständen des Einzelfalls kann in dem Verhalten der Parteien ein Beitritt zu dem Mietverhältnis durch stillschweigende Vertragsänderung liegen. Der Eintritt eines Ehegatten als weiteren Mieters in einen bereits bestehenden, schriftlich auf längere Zeit als ein Jahr abgeschlossenen Mietvertrag bedarf der Schriftform. Doch kann insoweit auf der Grundlage des § 566 S 2 durch formlosen Beitritt ein gemeinschaftliches Mietverhältnis begründet werden (vgl BGHZ 65, 49 = NJW 1975,1353), da § 569 b nicht vpraussetzt, daß die Rechte und Pflichten der Eheleute aus dem Mietvertrag identisch sind. Wenn der Ehegatte nicht Partei des Mietvertrags ist, kommt ein Eintrittsrecht aus § 569 a Abs 1 in Betracht. § 569 b geht davon aus, daß nur die Eheleute Mitmieter sind. Dies ergibt sich 7 - wenn auch nicht eindeutig - aus der Formulierung des S 1, daß das Mietverhältnis „mit dem überlebenden Ehegatten fortgesetzt" wird. Hierfür spricht auch der systematische Zusammenhang zwischen § 569 a und § 569 b. Ist neben den Eheleuten noch eine weitere Person Mitmieter, steht dem überlebenden Ehegatten nach § 569 a Abs 1 ein Eintrittsrecht in den Anteil des Verstorbenen zu (§ 569 a Rz 7).

3. Führung eines gemeinsamen Hausstandes

8

Die Eheleute müssen in dem Wohnraum einen gemeinsamen Hausstand geführt haben. Hierbei handelt es sich um die gleiche Voraussetzung wie in § 569 a Abs 1 (s im einzelnen dort Rz 10).

4. Tod eines Ehegatten

9

Einer der Ehegatten muß gestorben sein. Gleichbedeutend mit dem natürlichen Tod ist die Todeserklärung eines Verschollenen, da sie nach § 9 Abs 1 VerschG eine Todesvermutung begründet. Die Verschollenheit allein reicht nicht aus, da nach § 10 VerschG eine Lebensvermutung gilt, solange der Ehegatte nicht für tot erklärt worden ist (vgl § 569 Rz 6). (1233)

Jürgen Sonnenschein

§ 569 b 10-13

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

III. Rechtsfolgen 10 1. Fortsetzung des Mietverhältnisses mit dem überlebenden Ehegatten (S 1) Das Mietverhältnis wird mit dem überlebenden Ehegatten fortgesetzt. Damit wird einerseits klargestellt, daß dieser Ehegatte in seiner Rechtsstellung als Mitmieter durch den Tod des anderen Ehegatten nicht beeinträchtigt wird. Darüber hinaus führt die Vorschrift jedoch materiell zu einer Sonderrechtsnachfolge kraft Gesetzes in den Anteil des verstorbenen Ehegatten an dem Mietverhältnis (anders PALANDTPUTZO § 569 b Anm 1). Hierdurch wird zugunsten des überlebenden Ehegatten eine Gesamtrechtsnachfolge der Erben in diesen Anteil ausgeschlossen. Der Überlebende wird alleiniger Mieter. Im übrigen wird das Mietverhältnis inhaltlich unverändert fortgesetzt. Dies schließt jedoch nicht aus, weiterhin zwischen den beiden Anteilen zu unterscheiden, wenn hinsichtlich der früheren Mitmieter unterschiedliche Rechte und Pflichten bestanden haben (vgl zum Kündigungsrecht BGHZ 65, 49 = NJW 1975, 1353). Die Dauer der Überlassung des Wohnraums, die für eine spätere Kündigung nach § 565 Abs 2 S 2 wichtig ist, wird nach der längsten Besitzzeit berechnet, so daß dem überlebenden Ehegatten in jedem Fall die Gesamtzeit zugute kommt (vgl § 565 Rz 36). Die Sonderrechtsnachfolge des Ehegatten tritt unabhängig von einer etwaigen Stellung als Erbe ein. 11 2. Haltung für Mietverbindlichkeiten des verstorbenen Ehegatten (S 2) § 569 a Abs 3 gilt entsprechend. Dies hat zur Folge, daß der überlebende Ehegatte neben dem Erben für die bis zum Tode des anderen Ehegatten entstandenen Verbindlichkeiten aus dem Mietverhältnis als Gesamtschuldner haftet (§ 569 a Abs 3 HS 1; s im einzelnen dort Rz 27 ff). Diese Regelung ist insofern von Bedeutung, als sie klarstellt, daß der Erbe aufgrund der Sonderrechtsnachfolge nicht von den früheren Mietverbindlichkeiten des Erblassers befreit ist. Im übrigen ergibt sich die gesamtschuldnerische Haftung des überlebenden Ehegatten auch für diese Verbindlichkeiten schon aus seiner Stellung als Mitmieter (§ 427). Haben die Eheleute die gesamtschuldnerische Haftung im Mietvertrag ausgeschlossen, kann sie auch über § 569 a Abs 3 nicht wieder eingreifen, da diese Vorschrift dann ebenfalls abbedungen ist. 12 Die entsprechende Geltung des § 569 a Abs 3 HS 2 hat zur Folge, daß im Innenverhältnis zwischen dem überlebenden Ehegatten und dem Erben der letztere allein haftet. Dies bedeutet aber grundsätzlich nicht, daß der Erbe die gesamten Mietverbindlichkeiten aus der Zeit vor dem Erbfall zu begleichen hat. Wegen der Verpflichtung der Gesamtschuldner zu gleichen Anteilen muß der überlebende Ehegatte den auf ihn entfallenden Teil selbst tragen. Die volle Ausgleichspflicht trifft den Erben nur, wenn der Erblasser im Innenverhältnis der Ehegatten allein für die Mietverbindlichkeiten aufkommen sollte (HANS § 5 6 9 b Anm 3; PERGANDE § 5 6 9 b Anm 6 ; ROQUETTE § 5 6 9 b Rz 6 unter Hinweis auf die §§ 1360, 1 3 6 0 a). Der Erbe haftet damit im Innenverhältnis nur für die Verbindlichkeiten, die auf den Anteil des Verstorbenen entfallen. Ein Rückgriff gegen den Erben wird nicht dadurch ausgeschlossen, daß der überlebende Ehegatte selbst Miterbe ist. Dabei ist aber seine Doppelstellung als Sonderrechtsnachfolger und als Miterbe zu berücksichtigen (s im einzelnen § 569 a Rz 30). 13 3. Ausgleich von Mietvorauszahlungen (S 2) § 569 a Abs 4 gilt entsprechend. Der überlebende Ehegatte ist verpflichtet, dem Erben dasjenige herauszugeben, was er infolge einer Mietvorauszahlung des VerJürgen Sonnenschein

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§ 569 b 3. Titel. Miete. Facht

14-16

storbenen erspart oder erlangt (s im einzelnen § 569 a Rz 32 ff). Insoweit ist ähnlich wie bei der Schuldenhaftung (Rz 12) idR davon auszugehen, daß Mietvorauszahlungen beiden Mitmietern in gleicher Weise zugute kommen sollen. Der überlebende Ehegatte ist also nur zur Herausgabe des Teils verpflichtet, der auf den Erblasser entfällt und damit in den Nachlaß gehört. Für einen Anspruch des Erben in voller Höhe kommt es dagegen nicht allein darauf an, ob die Mietvorauszahlung ausschließlich aus dem Vermögen des verstorbenen Ehegatten stammt. Damit kann zB eine Schenkung oder die Leistung von Unterhalt beabsichtigt gewesen sein. Entscheidend ist vielmehr, ob die Mietvorauszahlung nach den ausdrücklich oder stillschweigend getroffenen Abreden im Innenverhältnis nur dem verstorbenen Ehegatten zugute kommen sollte ( H A N S § 569 b Anm 4; SIEGELMANN B1GBW1965, 127, 128; vgl aber PERGANDE § 569 b Anm 7). Die Beurteilung der Mietvorauszahlung als vorweggenommene Unterhaltsleistung an den Ehegatten kann nach Wegfall des Unterhaltsanspruchs (§§ 1360 a Abs 3, 1615) allerdings zur Folge haben, daß die Mietvorauszahlung in voller Höhe in den Nachlaß fällt und damit ganz dem Erben zusteht. Ist der überlebende Ehegatte Miterbe, kann er den auf ihn entfallenden Anteil grundsätzlich abziehen. 4. Kündigungsrecht des überlebenden Ehegatten (S 3)

14

Dem überlebenden Ehegatten steht ein Recht zur außerordentlichen befristeten Kündigung zu (S 3 HS 1). Dieses Kündigungsrecht ist mit den häufig grundlegenden Umstellungen im Hausstand zu rechtfertigen, die es als notwendig erscheinen lassen können, das Mietverhältnis alsbald zu lösen ( R O Q U E T T E § 569 b Rz 8). Hierbei ist die gesetzliche Kündigungsfrist einzuhalten, die sich aus § 565 Abs 5 iVm Abs 2 S 1 ergibt (s dort Rz 74 ff). Sie beträgt drei Monate abzüglich der Karenzzeit von drei Werktagen. Die Kündigung kann nur für den ersten Termin ausgesprochen werden, für den sie zulässig ist (S 3 HS 2). Diese Bestimmungen entsprechen der in § 569 Abs 1 getroffenen Regelung. Die dortigen Ausführungen gelten entsprechend (s im einzelnen § 569 Rz 11 ff). Die Kündigung bedarf nach § 564 a Abs 1 S 1 der Schriftform. Sie beendet das gesamte Mietverhältnis, betrifft also nicht nur den im Wege der Sonderrechtsnachfolge übergegangenen Anteil. Da die Kündigung nicht auf den Zeitpunkt des Todes des anderen Ehegatten zurückwirkt, scheidet eine ersatzweise Nachfolge kraft Erbrechts aus. Das Mietverhältnis ist endgültig beendet. Dem Vermieter steht im Rahmen des § 569 b kein außerordentliches Kündigungs- 15 recht zu. Ein dahin gehender Antrag wurde in den Gesetzgebungsberatungen abgelehnt, da der Vermieter den überlebenden Ehegatten anders als im Fall des § 569 a Abs 1 schon durch Abschluß des gemeinschaftlichen Vertrags der Eheleute als Mietpartei akzeptiert hat (Ausschußbericht, zu BT-Drucks IV/2195, 7 f). Das Recht des Vermieters zur außerordentlichen Kündigung aus § 569 ist nach Abs 2 dieser Vorschrift ausgeschlossen. Ihm bleibt grundsätzlich nur der Weg einer ordentlichen Kündigung mit den sich aus § 565 Abs 2 S 1 oder 2 ergebenden Fristen, sofern es sich um ein unbefristetes Mietverhältnis handelt. IV. Abweichende Vereinbarungen § 569 b kann durch Parteivereinbarungen abgeändert oder in vollem Umfang abbedungen werden ( B G B - R G R K - G E L H A A R § 569 b Rz 3). Die Vorschrift ist nicht zwingend ausgestaltet worden, weil sowohl der Vermieter als auch der überlebende Ehegatte beim Vertragsschluß beteiligt sind. Damit kann es ihnen überlassen bleiben, für den Fall des Todes eines Ehegatten eine ihnen geeignet erscheinende Regelung zu treffen (Ausschußbericht, zu BT-Drucks IV/2195, 7). Einschränkun(1235)

Jürgen Sonnenschein

16

§570 1, 2

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

gen können sich allerdings aus anderen zwingenden Vorschriften ergeben (vgl § 565 Abs 2 S 3; § 565 a Abs 3, hierzu H A N S § 569 a Anm 7). §570 Militärpersonen, Beamte, Geistliche und Lehrer an öffentlichen Unterrichtsanstalten können im Falle der Versetzung nach einem anderen Orte das Mietverhältnis in Ansehung der Räume, welche sie für sich oder ihre Familie an dem bisherigen Garnison- oder Wohnorte gemietet haben, unter Einhaltung der gesetzlichen Frist kündigen. Die Kündigung kann nur für den ersten Termin erfolgen, für den sie zulässig ist. E I § 527; E II § 562; E III § 563; Mot II 416 f; Prot II 227 f;

Schrifttum DAVID, Was ist in § 570 BGB unter Versetzung eines Beamten zu verstehen? Recht 1903, 146; DENNLER, Zum Kündigungsrecht des Beamten, D J Z 1906, 699; ECKSTEIN, Auf wann kann der Beamte kündigen nach § 570 BGB? SeuffBl 75 (1910) 607; ENNECCERUS-LEHMANN (15. Bearb 1958) § 132 III 4; GIESE, Befristete außerordentliche Kündigung von Mietverhältnissen über W o h n r a u m , W u M 1 9 7 3 , 1 9 7 ; HAGEN B a y Z 1 9 0 7 , 3 8 0 , 4 0 3 ; KEYSSNER, D a s M i e t k ü n d i g u n g s r e c h t

des Beamten, Recht 1903, 224; VON LIPPMANN, Zum Kündigungsrecht des Beamten, SeuffBl 71 (1906) 565; MITTELSTEIN, Beiträge zum Mietrecht, SeuffBl 76 (1911) 503; ders, Die Miete nach dem Rechte des deutschen Reiches (4. Aufl 1932) 490 ff; NEUHAUS, Zum vorzeitigen Kündigungsrecht eines Beamten, D J Z 1910, 363; NIENDORFF, Mietrecht nach dem BGB (10. Aufl 1914) 377 ff; ROMBERG, U n t e r s u c h u n g e n z u r A u s l e g u n g d e s § 5 7 0 B G B , G r u c h o t 5 3 ( 1 9 0 9 ) 6 3 5 ; SALINGER,

Kann der versetzte Beamte auch ein noch nicht begonnenes Mietverhältnis aufgrund des § 570 BGB aufheben? D J Z 1904, 594; SCHMIDT-FUTTERER, Mietrecht (7. Aufl 1976), s v Beamte; WESENBURG, Der Personenkreis der nach § 570 BGB zur vorzeitigen Kündigung Berechtigten, DJ 1938, 1154; WINTER, Mitunterzeichnung eines Mietvertrages durch die Ehefrau des verstorbenen oder versetzten Mieters (§§ 569, 570 BGB), Recht 1907, 817; ders, Das Mietkündigungsrecht des versetzten Beamten und die staatliche Mietzinsvergütung, Recht 1904, 547.

1 1. Entstehungsgeschichte und Zweck der Vorschrift § 570 geht zurück auf die Vorschrift des I 21 § 376 ALR, nach der jeder Mieter kündigen konnte, wenn er durch eine unfreiwillige Veränderung der Verhältnisse seiner Person zum Umzug genötigt war. In den Beratungen des BGB wurde das „Privileg" dann unter Anpassung an § 4 1 1 auf die dort genannten Personen beschränkt (s bes Prot II 227 f). 2 Der Zweck der Regelung ist umstritten. Nach einer Meinung folgt aus der Entstehungsgeschichte, daß das den Beamten durch § 570 gewährte, außerordentliche Kündigungsrecht ein Privileg darstelle, um ihnen eine Anpassung an veränderte Verhältnisse zu ermöglichen (OLG Dresden OLGE 11, 316, 317; LG Aurich JW 1937, 3227 Nr 22). Andere sehen in § 570 nur die Normierung eines Kündigungsrechtes, von dem die Parteien bei Vermietung an einen Beamten ohnehin idR stillschweigend ausgingen ( N I E N D O R F F 378). Nach heute herrschender und zutreffender Meinung ist § 570 hingegen im öffentlichen Interesse erlassen. Sein Zweck ist es, die freie Versetzbarkeit der Beamten im Interesse des Staates zu fördern, unbehindert durch möglicherweise lange Kündigungsfristen des Beamten (KG OLGE 13, 375, 376; LG Hamburg HansRGZ 1934, B 660; LG Berlin JW 1935, 2659, 2660 Nr 62 m Anm R O Q U E T T E ) . Hinzu kommt das Interesse des Staates an einer Verringerung der Umzugskosten (KG OLGE 11, 319 f; aM KG aaO). Jürgen Sonnenschein • Volker Emmerich

(1236)

3. Titel. Miete. Pacht

§570 3-8

Die Frage hat besondere Bedeutung für das Problem, ob § 570 dispositiv ist. Mit der 3 heute ganz überwiegenden Meinung ist aus dem Zweck des § 570 zu folgern, daß er nicht durch Vertrag ausgeschlossen werden kann; der Beamte kann lediglich nachträglich auf das einmal entstandene Kündigungsrecht verzichten (so erstmals LG Berlin aaO; ebenso heute GIESE aaO; PALANDT-PUTZO § 5 7 0 Anm 1 a; PERGANDE § 5 7 0 Anm 2 ; ROQUETTE § 5 7 0 Rz 15; SCHMIDT-FUTTERER aaO; wohl auch schon OLG Dresden DJZ 1903, 131). Die abweichende früher herrschende Meinung ist überholt (KG OLGE 13, 3 7 5 , 3 7 6 f; OLG Karlsruhe JW 1935, 3 4 0 0 Nr 3 7 ; LG Aurich JW 1 9 3 7 , 3 2 2 7 Nr 2 2 ; Prot II 2 2 7 ; ERMAN-SCHOPP § 5 7 0 Rz 1; MITTELSTEIN 4 9 8 f; NIENDORFF 3 8 3 f).

Deshalb trifft es auch nicht zu, daß § 570 eine eng auszulegende Sondervorschrift 4 darstelle, die keiner analogen Anwendung zugänglich sei (so OLG Königsberg OLGE 7, 465; OLG Stettin OLGE 11, 315; KG OLGE 17, 14, 15). Soweit sein Grundgedanke paßt, ist § 570 vielmehr durchaus auch in ähnlichen Fällen entsprechend anwendbar.

2. Der begünstigte Personenkreis 5 Das besondere Kündigungsrecht des § 570 steht nur Militärpersonen, Beamten, Geistlichen und Lehrern in öffentlichen Unterrichtsanstalten zu. a) Militärpersonen sind sämtliche Soldaten iS des Soldatengesetzes vom 22. 4. 1969 6 (BGBl I 314 m späteren Änderungen). Der Rang des Soldaten spielt keine Rolle. Ob hierzu auch die Beamten der Bundeswehr gehören (so ROQUETTE § 5 7 0 Rz 3), kann offenbleiben, weil sie jedenfalls Beamte iS des § 570 sind. b) Beamte iS des § 570 sind nur die Beamten im staatsrechtlichen Sinne (KG OLGE 7 11, 319), also lediglich die Beamten iS der verschiedenen Beamtengesetze (vgl insbes BundesbeamtenG vom 17. 7. 1971, BGBl I 1181; BeamtenrechtsrahmenG v 17. 7. 1 9 7 1 , BGBl I 1 0 2 5 ) . Keine Rolle spielt, ob es sich um Bundes-, Landesoder Gemeindebeamte handelt. Auch die Beamten der sonstigen juristischen Personen des öffentlichen Rechts gehören hierher. Immer aber muß es sich um einen deutschen Beamten handeln. Keine Beamten sind zB die sog privaten Beamten großer Unternehmen oder Verbände (KG aaO), die Handelsrichter oder die Rechtsanwälte. Notare sind Beamte nur, wenn sie zur hauptberuflichen Amtsausübung auf Lebenszeit bestellt sind (§§3 Abs 1 und 11 BNotO vom 24. 2. 1961 [BGBl I 9 8 ] ; SOERGEL-MEZGER § 5 7 0 Rz 1). Beamte iS des § 5 7 0 sind natürlich außerdem alle Richter. Umstritten ist die Anwendbarkeit des § 570 auf die Angestellten des Staates. Mit Rücksicht auf den Zweck des Gesetzes dürfte hier § 570 entsprechend anwendbar sein (ebenso LG Hamburg HansRGZ 1 9 3 4 , B 6 6 0 , 6 6 1 ; SOERGEL-MEZGER aaO; aA O L G Karlsruhe JW 1935, 3400 Nr 37).

c) Zu den Geistlichen iS des § 570 wurden früher allgemein nur die Pfarrer und 8 Pastoren der staatlich anerkannten Religionsgesellschaften (vgl Art 140 GG in Verbindung mit Art 137 Abs 5 Weimarer Reichsverfassung) gezählt (vgl zB MITTELSTEIN 4 9 2 ; PERGANDE § 5 7 0 Anm 2). Unter Berufung auf die Art 3 und 4 GG überwiegt jedoch heute die Auffassung, daß Geistliche iS des § 570 darüberhinaus sämtliche Personen sind, die in einer Religionsgemeinschaft nach einer vorgeschriebenen Ausbildung aufgrund eines geregelten Berufungsverfahrens hauptberuflich ein geistliches Amt ausüben (ROQUETTE § 5 7 0 Rz 5 ; SOERGEL-MEZGER § 5 7 0 Rz 1; SCHMIDT-FUTTERER aaO). Obwohl die Abgrenzung schwierig ist, dürfte dieser Meinung zuzustimmen sein. (1237)

Volker Emmerich

§570 9-13

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

9 d) Lehrer an öffentlichen Unterrichtsanstalten sind zB Hilfslehrer, auch wenn sie nur angestellt sind. Privatdozenten dürften heute hingegen in aller Regel schon Beamte sein. 10 3. Die Versetzung nach einem anderen Orte Das außerordentliche, befristete Kündigungsrecht setzt außerdem voraus, daß die genannten Personen nach einem anderen Ort versetzt werden. a) Was unter einer Versetzung zu verstehen ist, sagt zunächst das Beamtenrecht (§ 18 BRRG; § 26 BBG). Es fällt darunter also jede Übertragung eines neuen Amtes unter endgültigem Ausscheiden aus dem bisherigen Amt, wobei keine Rolle spielt, ob die Versetzung auf einem Antrag des Beamten beruht oder nicht. Auch wenn also der Beamte auf seinen Wunsch hin versetzt wird, ist § 570 anwendbar (RGZ 21, 283, 286 f; RG Recht 1916 Nr 16; OLG Hamburg DJZ 1904, 1000 Nr 13; OLG Stettin OLGE 11, 315, 316; insbes KG OLGE 17,14; MITTELSTEIN 492 ff; NIENDORF 3 8 0 ff).

11 Entsprechend dem Zweck des § 570 beschränkt sich dessen Anwendungsbereich jedoch nicht auf Versetzungen innerhalb des Dienstbereiches desselben Dienstherrn. Auch der Wechsel eines Beamten aus dem Bereich eines Dienstherrn in den Bereich eines anderen Dienstherrn, zB aus dem Bundesdienst in den Landesdienst usw fällt unter § 570. Dies gilt auch, wenn sich der Beamte um das neue Amt beworben hat und daraufhin aufgrund einer Auswahl in das Amt berufen wird. Die Berufung eines Hochschullehrers an eine andere Universität, eines Kommunalbeamten in den Dienst einer anderen Gemeinde oder eines Pfarrers in den Dienst einer anderen Gemeinde sind daher ebenfalls Anwendungsfälle des § 570 (OLG Stettin aaO; OLG Dresden OLGE 11, 316 ff; 13, 377; LG Hamburg HansRGZ 1934, B 660,661). Selbst bei der Berufung eines deutschen Professors an eine ausländische Universität wird überwiegend § 570 angewendet (NIENDORFF 382). Dasselbe gilt, wenn einem hauptberuflichen Notar ein anderer Dienstsitz zugewiesen wird (SOERGEL-MEZGER § 570 Rz 2). Auch die Zurückberufung des Beamten in sein altes Amt fällt unter § 570 (OLG Hamburg Recht 1912 Nr 992). 12 b) In einer Reihe von Fällen ist die Anwendung des § 570 umstr. Nach hM soll § 570 keine Anwendung finden, wenn eine Person erstmals in ein öffentliches Amt berufen wird und deshalb zum Wechsel des Wohnsitzes gezwungen ist (KG OLGE 11, 3 1 9 f; 13, 3 7 5 ; MITTELSTEIN 4 9 4 ; NIENDORFF 3 8 1 ; ERMAN-SCHOPP § 5 7 0 R z 2; ROQUETTE § 5 7 0 R z 9; HANS § 5 7 0 A n m B 3 a; SCHMIDT-FUTTERER a a O ) . D i e s e r

Meinung kann indessen mit Rücksicht auf den Zweck des § 570, dem Staat jederzeit unbehindert durch lange Kündigungsfristen die Gewinnung der geeigneten Persönlichkeiten zu ermöglichen, nicht zugestimmt werden; § 570 ist deshalb auch bei erstmaliger Berufung in ein öffentliches Amt anwendbar (so richtig OLG Karlsruhe J W 1935, 3 4 0 0 N r 3 7 ; PALANDT-PUTZO § 5 7 0 A n m 3 a). Folgt m a n d e m , so v e r s t e h t

es sich von selbst, daß § 570 erst recht gilt, wenn der Mieter erst während des Laufs des Mietvertrages in ein öffentliches Amt berufen und sodann versetzt wird.* 13 c) Keine Versetzung ist hingegen die bloße Abordnung zur Aushilfe, zur Vertretung oder zur Ausbildung (§ 17 BRRG; § 27 BBG; OLG Stettin OLGE 11, 315, 316; NIENDORFF 380). Auch der Eintritt in den Ruhestand, die Entlassung oder das * ebenso KG OLGE 13, 375 ff; OLG Karlsruhe aaO; E R M A N - S C H O P P § 570 Rz 1; S O E R G E L - M E Z GER § 570 Rz 5; P A L A N D T - P U T Z O § 570 Anm 1 c; aM früher RG JW 1903, Beilage 147 f; MITTELSTEIN 4 9 6 ; NIENDORFF 3 8 0 .

Volker Emmerich

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3. Titel. Miete. Pacht

§570 14-17

freiwillige Ausscheiden aus dem Dienst fallen nicht unter § 570 (KG OLGE 17,14; OLG Hamburg OLGE 24, 356). Ebensowenig der Übertritt in den Dienst eines ausländischen Staates (wegen der Ausnahme für Hochschullehrer s o Rz 11). Die Anwendung des § 570 wurde außerdem in folgenden Sonderfällen abgelehnt:

14

Bei Abkommandierung eines Offiziers auf ein Kriegsschiff, das ins Ausland fährt, oder zu einem auf fremdem Kriegsschauplatze stehenden Generalstab (OLG Königsberg JW 1916, 977 Nr 8), bei Abberufung des Offiziers einer ausländischen Macht, der an einer deutschen Offiziersschule als Offizierslehrer tätig war (LG Berlin III Recht 1915, 618 Nr 1175), sowie bei bloßem Wechsel des Wohnorts des Beamten ohne Veränderung des Dienstsitzes (ERMAN-SCHOPP § 570 Rz 2 ) . d) Voraussetzung ist jedoch immer, daß die Versetzung nach einem anderen Orte 15 erfolgt. Ort ist hier iS der politischen Gemeinde zu verstehen. Das besondere Kündigungsrecht namentlich der Beamten greift also nur ein, wenn sich ihr Dienstsitz infolge der Übertragung eines neuen Amtes verändert (ROQUETTE § 570 Rz 10). Die Einzelheiten sind jedoch umstritten, weil sich Dienstsitz und Wohnort nicht notwendigerweise decken (vgl insbes OLG Stettin OLGE 11, 315, 316). Sicher anwendbar ist § 570, wenn die Veränderung des Dienstsitzes eine Veränderung des Wohnortes erzwingt (OLG Stettin aaO; NIENDORFF 382). Keine Anwendung kann § 570 nach seinem Grundgedanken hingegen finden, wenn sich zwar der Dienstsitz des Beamten verändert, der Beamte jedoch am bisherigen Wohnort wohnen bleibt (NIENDORFF aaO; aM MITTELSTEIN 494 f). Hingegen bestehen keine Bedenken gegen eine entsprechende Anwendung des § 570, wenn ein Beamter von dem einen Ende einer Weltstadt zu dem anderen Ende versetzt wird und deshalb umziehen muß (HANS § 5 7 0 A n m B 3 a).

4. Das Kündigungsrecht

16

a) Im Falle der Versetzung an einen anderen Ort können die in § 570 genannten Personen das Mietverhältnis in Ansehung der Räume, die sie für sich oder ihre Familie an dem bisherigen Garnison- oder Wohnorte gemietet haben, unter Einhaltung der gesetzlichen Frist kündigen; die Kündigung kann jedoch nur für den ersten zulässigen Termin erfolgen. Das Kündigungsrecht beschränkt sich nicht auf Wohnräume, sondern auf alle Räume, die eine der begünstigten Personen für sich oder ihre Familie gemietet hat. Dazu gehören also auch Garagen, Ställe oder Laboratorien eines Hochschullehrers (Prot II 228). Die Räume müssen jedoch für die betreffende Person oder ihre Familie einschließlich der Hausangestellten gemietet sein. Die Räume müssen sich außerdem am bisherigen Garnison- oder Wohnort befinden, so daß die genannten Personen Wohnungen an anderen Orten, zB eine Sommerwohnung an einem dritten Ort, nicht unter Berufung auf § 570 im Falle ihrer Versetzung kündigen können. § 570 gilt außerdem nicht für Räume, die zB ein Beamter für nahe Angehörige, die von ihm unterhalten werden, gemietet hat, sofern diese in den Räumen einen selbständigen Haushalt führen. b) Unter den in § 570 genannten Voraussetzungen steht den hier genannten Perso- 17 nen, namentlich also allen Beamten, ein außerordentliches Kiindigungsrecht mit gesetzlicher Frist zu. Die Kündigungsfrist beträgt nach § 565 Abs 5 in Verbindung mit § 565 Abs 2 S 1 grundsätzliche 3 Monate. Die Kündigung ist erst möglich, sobald die Versetzung oder Berufung des Beamten in ein anderes Amt beschlossen und dem Beamten mitgeteilt ist. Es genügt also nicht, wenn dem Beamten lediglich die Absicht mitgeteilt wird, ihn zu versetzen, oder wenn die vorgesetzte Behörde bei (1239)

Volker Emmerich

§§ 570, 570 a 18-20; 1

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

dem Beamten anfragt, ob er mit einer Versetzung einverstanden ist, und der Beamte dies bejaht; vielmehr ist erforderlich, daß der Versetzungsbeschluß dem Beamten eröffnet worden ist. Hingegen ist nicht erforderlich, daß dem Beamten auch schon die Versetzungsurkunde überreicht ist; er muß vielmehr nur amtlich von dem feststehenden Beschluß zu seiner Versetzung unterrichtet worden sein (OLG Königsberg OLGE 7,465; OLG Stettin OLGE 11, 315, 316; OLG Rostock OLGE 24, 155, 156; OLG Hamburg Recht 1912 Nr 992; OLG Kolmar Recht 1913 Nr 2058; MITTELSTEIN 4 9 6 f ) .

18 Nach § 570 S 2 kann die Kündigung jedoch nur für den ersten zulässigen Termin erfolgen. Streitig ist, wann danach das Kündigungsrecht ausgeübt werden muß. Die einzige praktikable Lösung dürfte sein, daß die Kündigung zu dem ersten möglichen Termin nach Eröffnung des Versetzungsbeschlusses ausgesprochen werden muß, wobei jedoch vorauszusetzen ist, daß dieser Termin nach dem Zeitpunkt der Versetzung liegt (ebenso wohl R O Q U E T T E § 5 7 0 Rz 1 3 ; S O E R G E L - M E Z G E R § 5 7 0 Rz 1 0 ; H A N S § 5 7 0 Anm B 3 b; SCHMIDT-FUTTERER aaO; teilweise abweichend MITTELSTEIN 4 9 7 ) . Hatte das Mietverhältnis bei Eröffnung des Versetzungsbeschlusses jedoch noch nicht begonnen, so wird man es dem Beamten entsprechend dem Zweck des § 570 außerdem gestatten müssen, schon vor Beginn der Mietzeit zu kündigen, jedoch unter Einhaltung der Kündigungsfrist des § 565 Abs 5 (streitig). 19 Das Kündigungsrecht setzt voraus, daß es gerade eine der begünstigten Personen war, die die betreffenden Räume gemietet hatte. Deshalb greift das Kündigungsrecht nicht ein, wenn zB nur die Ehefrau des versetzten Beamten die Räume gemietet hatte (MITTELSTEIN 4 9 5 ) . § 5 7 0 wird jedoch über seinen Wortlaut hinaus allgemein auch dann angewandt, wenn zusammen mit einer der begünstigten Personen dessen Ehefrau den Mietvertrag abgeschlossen hatte; in diesem Falle kann nach § 5 7 0 auch die Ehefrau kündigen ( E R M A N - S C H O P P § 5 7 0 Rz 3 ; G I E S E aaO; MITTELSTEIN 4 9 8 ; NIENDORFF 3 8 2 f ; R O Q U E T T E § 5 7 0 R z

14).

20 5. Beweislast Die Beweislast für alle Voraussetzungen des Kündigungsrechtes trägt der kündigende Mieter. § 570 a Bei einem Mietverhältnis über Wohnraum gelten, wenn der Wohnraum an den Mieter überlassen ist, für ein vereinbartes Rücktrittsrecht die Vorschriften dieses Titels über die Kündigung und ihre Folgen entsprechend. 1. Gesetz zur Änderung mietrechtlicher Vorschriften vom 29. 7. 1963 (BGBl I 505), Art I Nr 7.

1 1. Der Zweck der Vorschrift § 570 a ist 1963 in das Gesetz eingefügt worden, um zu verhindern, daß der neue Kündigungsschutz des Mieters (durch das gleichzeitig eingeführte soziale Mietrecht) durch die Vereinbarung vertraglicher Rücktrittsrechte umgangen werden kann (vgl die Begründung zum RegE des 1. MietrechtsänderungsG). Der Wortlaut des Gesetzes geht jedoch weit über seinen Zweck hinaus, da § 570 a auch zugunsten des Mieters vereinbarte Rücktrittsrechte den Kündigungsvorschriften unterwirft. Das hat die groteske Folge, daß zwar zugunsten des Mieters zusätzliche fristlose Kündigungsrechte (vgl § 554 b Rz 2), nicht jedoch ein ebenso wirkendes Rücktrittsrecht vereinbart werden können (vgl ROQUETTE § 570 a Rz 7). Volker Emmerich

(1240)

3. Titel. Miete. Pacht

§ 570 a 2-8

2. Der Anwendungsbereich der Vorschrift beschränkt sich auf Wohnraumm\Qive,r- 2 hältnisse (zur Abgrenzung vgl Vorbem 24 ff zu §§ 535, 536). Bei allen anderen MietverhsUtnissen ist also an sich die Vereinbarung vertraglicher Rücktrittsrechte unbeschränkt möglich. In aller Regel wird jedoch die Auslegung ergeben, daß die Parteien tatsächlich nur die Vereinbarung eines zusätzlichen, befristeten oder fristlosen Kündigungsrechtes gemeint haben, sofern man nicht ohnehin der Meinung folgt, daß bei der Miete nach Überlassung der Sache die Kündigung generell den Rücktritt verdrängt (so zB H A N S § 570a Anm B 2; L A R E N Z I (11. Aufl 1976) § 26 d; PERGANDE § 570 a Anm 2; R O Q U E T T E § 570 a Rz 3 f; SCHMIDT-FUTTERER, Mietrecht (7. Aufl 1976) s v Rücktritt und Anfechtung von Mietverträgen; ders B 87; ebenso weitgehend BGHZ 50, 312, 315 = JuS 1969, 35 Nr 3 m Nachw).

3. Die Umdeutung des Rücktritts in eine Kündigung 3 § 570 a besagt, daß bei Wohnraum-Mietverhältnissen nach Überlassung des Wohnraums an den Mieter der vertraglich vorbehaltene Rücktritt wie eine Kündigung zu behandeln ist (dazu insbes H A N S § 570 a Anm B 4). a) Man muß in der Entwicklung des Mietverhältnisses zwei Phasen unterscheiden. 4 Vor Überlassung des Wohnraums an den Mieter durch Übertragung des Besitzes (s im einzelnen § 535, 536 Rz 17 ff) kann von beiden Parteien ein vertraglich vorbehaltenes Rücktrittsrecht uneingeschränkt ausgeübt werden. Eine solche Vereinbarung kommt zB in Betracht, wenn der Mieter die Leistung eines Baukostenzuschusses oder eine Mietvorauszahlung binnen einer bestimmten Frist versprochen hat. Nach Ablauf der Frist kann der Vermieter dann sofort zurücktreten, ohne daß die weiteren Voraussetzungen des § 326 vorliegen müßten. b) Nach Überlassung des Wohnraums wird jedoch das vertraglich vorbehaltene 5 Rücktrittsrecht zwingend in ein Kündigungsrecht umgedeutet. Voraussetzungen und Folgen des als Kündigung zu behandelnden Rücktritts beurteilen sich daher uneingeschränkt nach den Kündigungsvorschriften des BGB. Folglich ist eine fristlose Kündigung (durch Rücktritt) aus wichtigem Grunde gemäß § 554 b nur unter den Voraussetzungen der §§ 542, 544 und 553-554 a möglich. Die ordentliche Kündigung (durch Rücktritt) bedarf nach § 564 a der Schriftform und setzt gemäß § 564 b ein berechtigtes Interesse des Vermieters voraus. Außerdem muß der Vermieter bei dieser Kündigung die Kündigungsfristen des § 565 Abs 2 einhalten. Der Mieter hat das Widerspruchsrecht des § 556 a. Steht dem Vermieter das Rücktrittsrecht bei Eintritt einer Bedingung zu, so ist § 565 a Abs 2 anzuwenden. Für die fernere Abwicklung des Mietverhältnisses gelten die § 557 und 557 a. c) § 570 a ist seinem Zweck entsprechend zwingend, so daß abweichende Vereinba- 6 rungen nicht möglich sind. d) Die Beweislast für die Voraussetzungen des als Kündigung zu behandelnden 7 Rücktritts liegen bei demjenigen, der von dem Kündigungsrecht Gebrauch macht. 4. Das gesetzliche Rücktrittsrecht 8 § 570 a bezieht sich nur auf ein vertragliches Rücktrittsrecht. Für das gesetzliche Rücktrittsrecht enthält er keine Regelung. Jedoch wird nach Überlassung des Wohnraums auch das gesetzliche Rücktrittsrecht namentlich aufgrund des § 326 weitgehend, wenn nicht völlig, von dem Kündigungsrecht aus wichtigem Grunde verdrängt (s Vorbem 23 zu § 537; § 542 Rz 4 f; bes § 553 Rz 10 m Nachw; s insbes BGHZ 50, 312, 315 = JuS 1969, 35 Nr 3 m Nachw). (1241)

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§571

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse §571 Wird das vermietete Grundstück nach der Überlassung an den Mieter von dem Vermieter an einen Dritten veräußert, so tritt der Erwerber an Stelle des Vermieters in die sich während der Dauer seines Eigentums aus dem Mietverhältnis ergebenden Rechte und Verpflichtungen ein. Erfüllt der Erwerber die Verpflichtungen nicht, so haftet der Vermieter für den von dem Erwerber zu ersetzenden Schaden wie ein Bürge, der auf die Einrede der Vorausklage verzichtet hat. Erlangt der Mieter von dem Übergange des Eigentums durch Mitteilung des Vermieters Kenntnis, so wird der Vermieter von der Haftung befreit, wenn nicht der Mieter das Mietverhältnis für den ersten Termin kündigt, für den die Kündigung zulässig ist. E I § 509; E II § 563; E III 564; Mot II 380 ff; Prot II 134 ff.

Schrifttum CROME, Die juristische Natur der Miete nach dem deutschen BGB, JherJb 37 (1897) 1; DULCKEIT, Die Verdinglichung obligatorischer Rechte, Recht und Staat 158/159 (1951) bes 20 ff; ECKSTEIN, Tritt der Nießbraucher in die Mietverträge des Nießbrauchbestellers ein? SeuffBl 77 (1912) 571; EMMERICH, Schuldrecht BT (2. Aufl 1976) § 7 V; ENNECCERUS-LEHMANN (15. Bearb 1958) § 133 (S 537 ff); ESSER II 1 § 22 (S 199 ff); FINGER, Die Sperrwirkung der Vormerkung (§ 883 Abs 2

BGB) gegenüber nachträglicher Vermietung, JR 1974, 8; GSCHNITZER, Miete vom Nichtberechtigten, AcP 123 (1925) 43; HAEGELE, Wohnungsrecht und Mietrecht in ihren Beziehungen zueinander, Rpfleger 1973, 349; HENSELER, Rückgabe und Herausgabe der Mietsache, ZMR 1964, 36; HELLWIG, Die Verträge auf Leistung an Dritte (1899) 420 ff; HESSE, Die rechtliche Natur der Miete (1902); JACOBY, Der Begriff der „Überlassung" eines Mietraumes nach Reichsrecht, SeuffBl 72 (1907) 813 ff, 1034 ff; KOBAN, Die gesetzliche Bürgschaft der §§ 571 und 1251 des Bürgerlichen Gesetzbuches für das Deutsche Reich (1905); LARENZ II (11. Aufl 1977) §48 IV; LEONHARD, Besonderes Schuldrecht des BGB (1931) 165 ff; LÖNING, Die Grundstücksmiete als dingliches Recht (1930) bes 158 ff; MEDICUS, Drittbeziehungen im Schuldverhältnis, JuS 1 9 7 4 , 6 1 2 , 6 1 5 , 6 1 7 ;

MITTELSTEIN, Wirkt das Vormietrecht eines Mieters gegen den Erwerber des Mietgrundstückes? SeuffBl 72 (1907) 144; ders, Das Gesetz zur Einschränkung der Verfügungen über Miet- und Pachtzinsen, DJZ 1915, 656; ders, Die Miete nach dem Rechte des deutschen Reiches (4. Aufl 1932) 647 ff; NIENDORFF, Mietrecht nach dem BGB (10. Aufl 1914) 299 ff, 320 ff; PERGANDE, Erschwerung der Wohnungsbaufinanzierung durch die jüngste Rechtsprechung des BGH zur Mietvorauszahlung, NJW 1970, 1171; ROQUETTE, Analoge Anwendung des § 571 BGB, MDR 1957, 712; ders, Anm NJW 1957, 1440; ders, Grundstückserwerb und Mietverhältnisse, NJW 1962, 1551; SCHMIDT-FUTTERER, Mietrecht (7. Aufl 1976) s v Verkauf des Mietgrundstückes; SÖLLNER, Mietvertragliche Sachmängelhaftung des Grundstückserwerbers gegenüber Dritten, JuS 1970, 159; ders, Anm JZ 1968, 183; ders, Anm JZ 1969, 634; WEBER, Umgehung der Pfändung oder Abtretung von Mieten durch Abschluß neuer Mietverträge, JW 1913, 1131; WEIMAR, Stellt sich die Vermietung eines Grundstücks als Verfügung dar? B1GBW 1960, 122; ders, Die Vermietung von Hauswand- und Dachflächen, MDR 1960, 195; ders, Kann das Wegnahmerecht des Mieters auch gegenüber einem Grundstückserwerber ausgeübt werden? ZMR 1965, 198; ders, Kann eine Grundbucheintragung für den Mieter Bedeutung haben? MDR 1966, 817; WINDSCHEIDKIPP, Lehrbuch des Pandektenrechts II (9. Aufl 1906/1963) 725 f, 732 ff; ZIMMERMANN, Rechtswirkungen der Veräußerung und Belastung des vermieteten Grundstücks auf das Mietverhältnis nach deutschem Recht (1901).

Systematische Übersicht I. Entstehungsgeschichte und Zweck der Vorschrift 1 II. Die Grundgedanken der gesetzlichen Regelung 3

ID. Der Anwendungsbereich des § 57112 1. Die Vermietung eines Grundstücks 13 2. Die entsprechende Anwendung des § 571 in anderen Fällen 18

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(1242)

§571 3. Titel. 3. Einzelfälle 23 4. Bewegliche Sachen 26 IV. Die Veräußerung durch den Vermieter 27 1. Allgemeines 28 2. Einzelfragen 30 V. Die Überlassung an den Mieter 36 1. Allgemeines 37 2. Einzelfragen 42

liete. Pacht VII. Der Eintritt des Erwerbers in die sich aus dem Mietverhältnis ergebenden Verpflichtungen 1. Grundsatz 64 2. Beispiele 67 3. Insbesondere der Schadensersatzanspruch des Mieters 78 VIII. Abweichende Vereinbarungen 81

VI. Der Eintritt des Erwerbers in die sich aus dem Mietverhältnis ergebenden Rechte 46 1. Grundsatz 47 2. Einzelfragen 57

IX. Die Stellung des Vermieters 84 1. Die Haftung des Vermieters 85 2. Die Befreiung des Vermieters von seiner Haftung 89 3. Abweichende Vereinbarungen 96 X. Prozessuales 97

Alphabetische Ubersicht Abweichende Vereinbarungen 8 1 , 8 2 - 8 3 , 9 6 Änderungen 52 Aneignung 21 Anfechtung 29, 51 Annahmeverzug des Mieters 39 a Anwendungsbereich 12 Auslegung 65 Außenwände 14 Automatenaufstellvertrag 15

Kenntnis 65, 89 Kündigungsrecht 57, 7 0 , 9 1 - 9 3

Baukostenzuschuß 68 Belastung des Grundstücks 18 Bewegliche Sachen 26 Beweislast 98

Pachtvertrag 69 Prozessuales 97

Dächer 14 Dienstwohnungen 17 Dingliche Wirkung, 4, 7 Eigentümerschutz 19 Eigentumsübergang 28,48, 71 Eintrittsanordnung 6 Enteignung 28, 35 Entsprechende Anwendung 4,18, 22 Erbbaurecht 20 Ergänzungen 52 Garantiehaftung 79 Gemischte Verträge 17, 33 Genossenschaft 24 Gesetzlicher Eintritt 2 , 4 6 , 4 9 Gewerbegestattung 15 Grundgeschäft 29 Grundstücksmiete 13-15 Gültiger Mietvertrag 50 Gutgläubiger Erwerb 7, 25 Haftung des Vermieters 84-87, 8 9 , 9 3 Haftungsbefreiung 89 f (1243)

Mieterschutzbestimmung 2 , 1 8 Mietzinsanspriiche 54 f Miteigentümer 31 Nachfolgeklausel 75 Nießbrauch 20

Realteilung 32 Rechtsgeschäftlicher Eintritt 11 Rechtspacht 17 Rechtszersplitterung 1 Rückerstattung 21 Rückgabeanspruch 56 Sachteile 14 Schadensersatzansprüche 63, 78-80, 84-86, 94 Selbständige Nebenabreden 6 0 , 6 4 Sicherheiten 62 Typische Mietvertragsklauseln 58 Übergabe der Sache 38 Überlassung an den Mieter 3 6 - 3 9 , 4 1 Umgehung 10 Untermietverträge 17,73 Veräußerung durch Vermieter 27 Vormietrecht 61 Vermieterpfandrecht 61 Verpflichtungen gegenüber Dritten 66, 83 Vorkaufsrecht 9, 28 Vormerkung 8 Vorverträge 74

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§571 1-3

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

Wandlung 2 9 Wegnahmerecht 72 Weiterveräußerung 88 Wohnungseigentum 20, 34 Wohnungsrecht 20

Zessionslösung 5 Zugänglichmachung 38 f Zustandsobligation 5 Zwangsversteigerung 3 5 , 8 6

1 I. Entstehungsgeschichte und Zweck der Vorschrift In der Frage, ob und in welchem Umfang der Mieter eines Grundstücks gegen eine Veräußerung des Grundstücks geschützt werden soll, herrschte in Deutschland vor Inkrafttreten des BGB eine heillose Rechtszersplitterung (vgl die Darstellung in Mot II 381 ff; LÖNING 76 ff). Im wesentlichen konnte man drei große Rechtskreise unterscheiden. Im Gebiet des gemeinen Rechts galt die Rechtsparoemie „Kauf bricht Miete", womit gesagt sein sollte, daß der Grundstückserwerber an einen von dem Veräußerer abgeschlossenen Mietvertrag nicht gebunden ist, so daß er von dem Mieter jederzeit sofortige Räumung des Grundstücks verlangen konnte (WINDSCHEID-KIPP 725 ff m Nachw). Hingegen folgten das französische, badische und preußische Recht dem entgegengesetzten Prinzip „Heuer geht vor Kauf", heute meist mit der Paroemie umschrieben „Kauf bricht nicht Miete" (ALR I 21 §§ 358 ff; C c Art 1743 ff; Badisches Landrecht Satz 1743 ff; RGZ 59, 177, 186 f; LÖNING 88 ff). Einen vermittelnden Standpunkt nahmen schließlich das österreichische, sächsische, schweizerische und bayerische Recht ein. Nach diesen Rechten trat nämlich der Erwerber zwar zunächst in einen von dem Veräußerer abgeschlossenen Mietvertrag ein, konnte diesen jedoch sofort mit der gesetzlichen Kündigungsfrist kündigen. Auf denselben Standpunkt hatte sich der erste Entwurf gestellt, um die unerträglichen Konsequenzen des gemeinrechtlichen Prinzips „Kauf bricht Miete" möglichst zu vermeiden, ohne doch gleichzeitig den Erwerber übermäßig an von Dritten abgeschlossene Verträge binden zu müssen (Mot II 383 ff). 2 In der Öffentlichkeit erhob sich jedoch sofort ein Sturm der Empörung und der Kritik gegen die vom Entwurf vorgesehene Regelung. In der 2. Kommission bestand deshalb von Anfang an völlige Einigkeit darüber, im Anschluß an das preußische und französische Recht zu dem Prinzip „Kauf bricht nicht Miete" überzugehen. Umstritten war nur die rechtstechnische Form der Bindung des Grundstückserwerbers an den von dem Veräußerer abgeschlossenen Mietvertrag (s Prot II 137 ff); bei den eingehenden Beratungen wurde schließlich Einigkeit darüber erzielt, die preußische sog Zessionslösung abzulehnen und an deren Stelle einen gesetzlichen Eintritt des Erwerbers in sämtliche Rechte und Pflichten des Vermieters mit dem Eigentumsübergang vorzusehen (Prot II 139). Bezweckt war damit natürlich in erster Linie ein Schutz des Mieters gegen vorzeitige „Austreibung" infolge einer Veräußerung des vermieteten Grundstücks (ebenso schon Mot II 383 f; Prot II 137 f). Die Vorschriften der §§ 571 ff sind also ausgesprochene Mieterschutzbestimmungen und müssen durchgängig in diesem Lichte gesehen und interpretiert werden. 3 II. Die Grundgedanken der gesetzlichen Regelung 1. Nach § 571 Abs 1 tritt der Erwerber eines vermieteten Grundstücks unter bestimmten Voraussetzungen während der Dauer seines Eigentums anstelle des Vermieters in das Mietverhältnis ein. Voraussetzung ist vor allem, daß dem Mieter das Grundstück bereits überlassen ist. Für die Zeit vor Überlassung des Grundstücks an den Mieter gilt nach § 578 dasselbe, wenn der Erwerber dem Vermieter gegenüber die Erfüllung dessen Verpflichtungen aus dem Mietverhältnis übernommen hat. Dieselbe Regelung gilt nach § 577, wenn das vermietete Grundstück nach der Volker Emmerich

(1244)

3. Titel. Miete. Pacht

§571 4-6

Überlassung an den Mieter mit einem Recht belastet wird, durch dessen Ausübung dem Mieter der vertragsmäßige Gebrauch entzogen wird. Zu denken ist hier namentlich an die Belastung des Grundstücks mit einem Nießbrauch, Wohnungsrecht, Erbbaurecht, Teilerbt»aurecht und Dauerwohnrecht. Auch die aus diesen Rechten Berechtigten treten also anstelle des Vermieters und Bestellers in einen von dem Besteller abgeschlossenen Mietvertrag ein. § 571 ist außerdem in einer ganzen Reihe weiterer Fälle für entsprechend anwend- 4 bar erklärt; so in § 1056 für den Fall der Beendigung des Nießbrauchs, in § 2135 für den Fall des Eintritts der Nacherbfolge, in §§ 11 und 30 Erbbauverordnung für den Fall der Veräußerung und des Erlöschens des Erbbaurechts (vgl auch § 30 WEG), in § 37 Abs 2 u 3 WEG für den Fall der Veräußerung des Dauerwohnrechts und der Ausübung des Heimfallanspruchs durch den Eigentümer, sowie schließlich in den §§ 57 ff ZVG für den Fall der Zwangsversteigerung und in § 21 Abs 4 KO für den Fall der Veräußerung des Grundstücks durch den Konkursverwalter (s insbes M I T T E L S T E I N 712 ff; N I E N D O R F F 327 ff; R O Q U E T T E MDR 1957, 712 ff; ders, Anm NJW 1957, 1440 f). Durch alle diese Vorschriften wird - in freilich sehr unterschiedlichem Ausmaße - bezweckt und erreicht, daß der Mietvertrag auch gegen Dritten wirkt, die nach Überlassung des Grundstücks an den Mieter das Eigentum an dem Grundstück erwerben. Der an sich schuldrechtlichen Miete wird dadurch unbezweifelbar in gewissen Beziehungen dingliche Wirkung beigelegt (ebenso zB BGH LM Nr 7 zu § 571 BGB). 2. Daher rührt es, daß die Konstruktion des durch § 571 angeordneten Eintritts des 5 Erwerbers in den Mietvertrag zu den umstrittensten Fragen des Mietrechts überhaupt gehört. Im wesentlichen lassen sich vier Meinungen unterscheiden (s insbes E N N E C C E R U S - L E H M A N N § 1 3 3 I 2 ; M I T T E L S T E I N 6 6 4 ff; L Ö N I N G 1 6 1 ff); abzulehnen ist jedenfalls die Auffassung, durch § 571 und eine Reihe weiterer Vorschriften sei die Miete zu einem dinglichen Recht ausgestaltet (so zB D U L C K E I T 2 0 ff, bes 6 4 ff; L Ö N I N G aaO; s dagegen schon Vorbem 2 0 ff zu §§ 5 3 5 , 5 3 6 m Nachw). Statt dessen fand sich früher vielfach auch die Erklärung, durch § 571 sei die Miete als Zustandsobligation nach Art einer Reallast anerkannt. Indessen kennt das BGB derartige Zustandsobligationen offenkundig nicht, so daß diese Konstruktion heute nicht mehr vertreten wird. Auch die Erklärung des § 571 als gesetzlich angeordneter Übergang der Forderungen und Pflichten des Vermieters (sog Zessionslösung, so zB L E O N H A R D 1 7 0 ff) verbietet sich schon deshalb, weil bei den Beratungen des § 5 7 1 diese Lösung ausdrücklich abgelehnt worden ist (Prot II 139). So bleibt in der Tat nur die Erklärung des § 571 als gesetzliche Anordnung des 6 Eintritts des Erwerbers in das gesamte Mietverhältnis für die Dauer seines Eigentums anstelle des Veräußerers. Es liegt also keine Rechtsnachfolge des Erwerbers in die Rechte und Pflichten des Veräußerers vor, so daß namentlich kein Raum für die Anwendung etwa des § 404 ist (ebenso BGH LM Nr 7 zu § 566 BGB B1 3 = JuS 1962, 403 Nr 3). Der Eintritt erfolgt vielmehr unmittelbar kraft Gesetzes als Folge des Eigentumserwerbs des Erwerbers unabhängig von der Rechtsstellung des Veräußerers. Mit anderen Worten: Im Augenblick des Eigentumsüberganges entsteht in der Person des Erwerbers ein neues Mietverhältnis, freilich mit demselben Inhalt wie mit dem Veräußerer (so jedenfalls RGZ 59, 177, 188; 94, 279, 282; 102,177,178; 103, 166, 167; 68, 10, 12 f; 81, 146, 149; RG JW 1908, 135, 136; KG OLGE 7, 466; BGH aaO; BGHZ 53,174,179; E N N E C C E R U S - L E H M A N N aaO; E S S E R II 1 § 22,3; M E D I C U S aaO; M I T T E L S T E I N 654 ff). Diese Lösung des Gesetzes ist keineswegs so ungewöhnlich, wie es häufig hingestellt wird, sondern findet sich auch noch verschiedentlich an anderen Stellen (s M E D I C U S aaO m Nachw). Aus dem Bereich der Miete ist hier namentlich noch § 569 a zu nennen, der im Falle des Todes des Mieters (1245)

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§571 7-14

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

ebenfalls unter bestimmten Voraussetzungen einen Eintritt der Angehörigen des Mieters in das Mietverhältnis anordnet. 7 3. Aus dem Gesagten folgt, daß § 571 nicht iS einer Verdinglichung der Miete interpretiert werden darf. Der Abschluß eines Mietvertrages stellt also auch nach Überlassung des Grundstücks an den Mieter keine Verfügung dar, so daß ein gutgläubiger Erwerb des Mietrechts vom Nichteigentümer nach § 893 nicht möglich ist; ein solcher Mietvertrag äußert also keine Wirkungen gegenüber dem wahren G r u n d s t ü c k s e i g e n t ü m e r ( R G Z 106, 109, l l l f ; 124, 325, 3 2 7 ; K G J W 1 9 2 9 , 2 8 9 3 , 2 8 9 4 N r 6 ; a M f r ü h e r KÜHNE A C P 1 4 0 [ 1 9 3 5 ] 1, 5 0 f ; RAAPE J h e r J b 7 1 [ 1 9 2 2 ] 9 7 , 1 8 0 f).

8 Aus denselben Gründen ist auch § 883 Abs 2 auf die Vermietung eines Grundstücks nach Bestellung einer Vormerkung nicht anwendbar; auch hier geht mit anderen Worten entsprechend dem Grundgedanken der ganzen Regelung der Mieterschutz u n b e d i n g t v o r ( B G H Z 1 3 , 1, 3 f f ; B G H L M N r 1 3 z u § 8 8 3 B G B ; ROQUETTE § 5 7 1 R z 1 7 ; FINGER a a O m N a c h w ; a M z B MITTELSTEIN 6 6 0 ; G u D REINICKE N J W 1 9 5 4 , 1 2 3 6 f ; WEIMAR B 1 G B W 1 9 6 0 , 1 2 2 f ) .

9 Dasselbe gilt für den Fall, daß das Grundstück nach Bestellung eines Vorkaufsrechts an einen Dritten vermietet wird (§ 1098 Abs 2; ROQUETTE RZ 18). 10 4. Der auf § 571 beruhende Eintritt in über das erworbene Grundstück abgeschlossene Mietverträge ist naturgemäß für den Erwerber uU äußerst lästig. Deshalb findet sich häufig der Versuch, die Anwendung des § 571 dadurch zu umgehen, daß die Veräußerung des Grundstücks durch den Erwerb in der Zwangsversteigerung ersetzt wird, weil dann der Ersteher aufgrund des § 57 a ZVG ein außerordentliches Kündigungsrecht mit gesetzlicher Frist erlangt. Indessen sind hierauf gerichtete Abreden sittenwidrig, weil sie mit dem vom Gesetz intendierten Mieterschutz unvereinbar sind (RG JW 1927, 1407 Nr 2; KG OLGZ 1973, 1 ff, bes 5; SOERGELMEZGER § 5 7 1 R z 1 2 ) .

11 5. Der Vermieterwechsel kann sich natürlich auch rechtsgeschäftlich vollziehen. Für den rechtsgeschäftlichen Eintritt eines neuen Vermieters neben oder anstelle des bisherigen Vermieters gilt im Prinzip nichts anderes als für die entsprechenden Vorgänge auf der Seite des Mieters (s deshalb § 549 Rz 9 ff). Erforderlich ist also grundsätzlich ein Zusammenwirken aller Beteiligten durch einen dreiseitigen Vert r a g (s ROQUETTE V o r b e m v § 5 7 1 R z 6 f f , 2 8 f f ) .

12 III. Der Anwendungsbereich des § 571 § 571 gilt nur für die Vermietung von Grundstücken, Grundstücksteilen, Räumen und eingetragenen Schiffen (§§ 571 Abs 1, 580 u 580 a Abs 1; BGH NJW 1976, 2264 f). In einer ganzen Reihe von Vorschriften ist jedoch darüberhinaus seine entsprechende Anwendung angeordnet.

13 1. Die Vermietung eines Grundstücks a) Wie sich aus § 580 ergibt, gilt § 571 nicht nur für die eigentliche Grundstücksmiete, sondern auch und gerade für die Raummiete. Überhaupt dürfte die Wohnraummiete der Hauptanwendungsfall des § 571 sein. 14 b) In einer Reihe von Fällen ist namentlich im Hinblick auf § 571 umstritten, ob eine Grundstücksmiete vorliegt. Volker Emmerich

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3. Titel. Miete. Pacht

§571 15-18

Gegenstand eines Mietvertrages können auch Sachteile sein, so zB Außenwände oder Dächer von Gebäuden zur Anbringung von Reklameschriften oder Automaten (s §§ 535, 536 Rz 2; § 580 Rz 2). Da es sich hierbei um die Vermietung von Grundstücksteilen handelt, ist § 571 anwendbar. Dagegen kann nicht eingewandt werden, daß die Mieter derartiger Flächen weniger schutzbedürftig als etwa Wohnraummieter sind, weil sich der Anwendungsbereich des § 571 ohnehin nicht auf die Wohnraummiete beschränkt, sondern zB auch die gesamte Geschäftsraummiete umfaßt (OLG München NJW 1972, 1995 f; OLG Hamm MDR 1976, 143 f; WEIMAR MDR 1 9 6 0 , 1 9 5 ; aM jedoch LG Düsseldorf NJW 1 9 6 5 , 1 6 0 = ZMR 1965, 116; insbes LG Bochum ZMR 1975, 334 ff; LARENZ II § 48 IV = S 189 Fn 3). Um eine Grundstücksmiete handelt es sich auch bei der Vermietung von Räumen in Gebäuden, die lediglich wegen § 95 als bewegliche Sachen behandelt werden, nicht jedoch bei der Vermietung von Räumen in schon ihrer Natur nach beweglichen Sachen wie zB von Kajüten in Schiffen (LG Bochum aaO). Ebensowenig handelt es sich um eine Grundstücksmiete iS der §§ 571 und 580, 15 wenn der Schwerpunkt des Vertragsverhältnisses in der Gestattung des Betriebs eines Gewerbes in den Räumen eines anderen besteht. § 571 ist daher nicht anwendbar auf die typischen Automatenaufstellverträge (BGHZ 47, 202, 204), auf die Gestattung des Betriebes einer Wechselstube oder einer Buchhandlung in Bahnhofsräumen oder in einer Hotelhalle (RG JW 1924, 1962 Nr 2; RGZ 108, 369; RG Gruchot 68 [1927] Nr 14, S 310,311; LG Oppeln JW 1926,1056 f Nr 11; LG Leipzig LZ 1921, 277; BGH aaO; BGH LM Nr 11 zu § 581 BGB), auf die Überlassung eines Platzes in einer Markthalle zum Ausschank von Getränken (BGH LM Nr 31 zu § BGB B1 3), sowie schließlich auch nicht auf die Überlassung einer Fläche zur Aufstellung von Plakatsäulen (BGH LM Nr 1 zu § 36 MSchG = NJW 1952, 620 f). Grundstücksmiete iS der §§ 571 und 580 liegt hingegen bei Verträgen über die 16 Ausbeutung von Bodenschätzen vor, zB bei einem Vertrag über die Ausbeutung von Kies (RGZ 94, 279, 280; RG JW 1919, 674, 675; BGH LM Nr 2 zu § 581 BGB) oder über die Ausbeutung von Kohle (RG JW 1919, 379 Nr 6) oder bei einem Vertrag über die Durchführung von Erdölbohrungen (BayObLGZ 1910, 280, 286). c) § 571 findet keine Anwendung auf Untermieterträge, selbst wenn der Grund- 17 stückseigentümer selbst der Untermieter ist, der von dem Mieter das Grundstück wieder abgemietet hat (ERMAN-SCHOPP § 5 7 1 Rz 2 ; NIENDORFF 3 0 5 Fn 5). Ebensowenig gilt § 571 für die Rechtspacbt, selbst wenn sie mit der Benutzung eines Grundstücks verbunden ist (ERMAN-SCHOPP aaO). Bei gemischten Verträgen kommt es darauf an, ob sie überwiegend Grundstücksmiete sind. Nur wenn dies zu bejahen ist, ist Raum für die Anwendung des § 5 7 1 (MITTELSTEIN 6 5 0 ; NIENDORFF 3 0 3 ) . § 571 gilt deshalb idR nicht für sog Dienstwohnungen, weil diese Verträge überwiegend Dienstverträge sind (MITTELSTEIN aaO); daran dürfte auch § 565 e nichts geändert haben.

2. Die entsprechende Anwendung des § 571 in anderen Fällen 18 a) Wie schon betont (o Rz 4), ist § 571 kraft gesetzlicher Anordnung in zahlreichen anderen Fällen entsprechend anwendbar. Diese Fälle lassen sich in zwei Gruppen einteilen (ROQUETTE Nach §§ 573-575 Rz 1 ff; ders MDR 1957, 712 ff; ders Anm NJW 1957, 1440 f). Die erste Gruppe umfaßt die §§ 577 BGB und 37 Abs 2 u 3 WEG. Bei Belastung des Grundstücks mit einem Erbbaurecht, Nießbrauch, Wohnungsrecht, Dauerwohnrecht oder Dauernutzungsrecht, bei Ausübung des Heimfallanspruchs des Eigentümers gegenüber dem Dauerwohnberechtigten sowie (1247)

Volker Emmerich

§571 19-22

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

bei Veräußerung des Dauerwohnrechts tritt zum Schutze des Mieters der jeweils Berechtigte anstelle des bisherigen Vermieters in den Mietvertrag ein. Dasselbe gilt nach § 11 ErbbauVO für die Veräußerung des Erbbaurechts. 19 In einer anderen Gruppe von Vorschriften geht es hingegen um den Schutz des Eigentümers gegen eine übermäßige Belastung durch langfristige Mietverträge, die von dem Nutzungsberechtigten abgeschlossen worden sind. Nach den §§ 1056 und 2135 BGB und 30 Erbbau VO treten zwar bei Erlöschen des Nießbrauchs oder des Erbbaurechts bzw bei Eintritt des Nacherbfalles der Eigentümer bzw der Nacherbe in die Mietverträge ein, können diese jedoch vorzeitig kündigen (vgl auch § 30 WEG für das Wohnungserbbaurecht und das Teilerbbaurecht). Diese Vorschriften bezwecken also nur, dem Eigentümer nach Erlöschen der genannten Rechte sofort alle Nutzungen zuzuweisen. Auf andere Fälle können sie nicht analog angewendet werden, so daß bei Erlöschen eines Dauerwohnrechts, eines Dauernutzungsrechts, eines Wohnraumrechts oder einer sonstigen Dienstbarkeit auch ein von dem Berechtigten zuvor noch abgeschlossener Mietvertrag erlischt (so ausdrücklich § 37 Abs 1 WEG; § 1 0 9 3 Abs 1 S 2 BGB, der nicht auf § 1 0 5 6 verweist; ROQUETTE aaO; ERMAN-SCHOPP § 5 7 1 R z 8; a M n u r L G G i e ß e n N J W 1957, 4 6 6 ) .

20 Beim Erbbaurecht gilt also § 571 nur für das Verhältnis zwischen dem Erbbauberechtigten und dem Mieter, nicht jedoch für das Verhältnis zwischen dem Eigentümer und dem Erbbauberechtigten, so daß ein Grundstückserwerber nicht entsprechend § 571 in obligatorische Abreden zwischen dem Grundstücksveräußerer und dem Erbbauberechtigten eintritt (BGH LM Nr 18 zu § 571 BGB). Dasselbe gilt für das Verhältnis zwischen dem Eigentümer und dem Inhaber eines Wohnungsrechts. Der Grundstückserwerber tritt also auch hier nicht in obligatorische Abreden zwischen dem Eigentümer und dem Wohnungsberechtigten ein, so daß er sich einen Anspruch auf eine etwaige Gegenleistung des Wohnungsberechtigten zusätzlich vom Grundstückseigentümer abtreten lassen muß (RG HRR 1929 Nr 907; BGH WM 1965, 6 4 9 , 6 5 1 f; HAGELE 3 5 2 ) . Hingegen ist § 5 7 1 unmittelbar anwendbar, wenn nachträglich hinsichtlich einer vermieteten Wohnung Wohnungseigentum gebildet und dieses veräußert wird (LG Mannheim MDR 1964, 1007, 1008 = ZMR 1966, 2 4 1 , 2 4 2 ; ERMAN-SCHOPP § 5 7 1 Rz 4 ; aM LG Düsseldorf ZMR 1 9 7 0 , 2 6 9 , 2 7 0 ) . Dasselbe gilt aufgrund der §§11 u 24 Erbbau VO für eine Versteigerung eines Erbbaurechts (BGH WM 1 9 6 0 , 1125, 1 1 2 6 ) . Hingegen wird eine Analogie zu § 1056 abgelehnt, wenn ein Vermächtnisnehmer, dem ein Nießbrauch vermacht ist, noch vor Bestellung des Nießbrauchs den vermachten Gegenstand vermietet, so daß der Erbe in einen solchen Mietvertrag nicht eintritt (OLG Köln NJW 1968, 2 1 4 8 ) . 21 b) § 571 wird trotz der zahlreichen Fälle, in denen er kraft Gesetzes entsprechend anwendbar ist, als Sondervorschrift angesehen, die grundsätzlich keiner analogen Anwendung in anderen vergleichbaren Fällen zugänglich ist (so insbes BGH LM Nr 7 zu § 571 BGB). Eine Ausnahme wird nur für die Fälle der Aufgabe und Aneignung eines Grundstücks nach § 928 sowie für die Fälle der Rückerstattung anerkannt. Im Falle der Aneignung nach § 928 tritt also der Fiskus in an dem aufgegebenen Grundstück bestehende Mietverträge ein, woraus zugleich folgt, daß der frühere Eigentümer trotz Aufgabe des Eigentums bis zur Aneignung durch den Fiskus Vermieter bleibt (RGZ 103, 166, 177 f; MITTELSTEIN 659 f m Nachw). Dasselbe gilt im Falle der Rückerstattung des Grundstücks aufgrund der alliierten Rückerstattungsgesetze; auch hier muß der frühere Eigentümer in der Zwischenzeit abgeschlossene Mietverträge gegen sich gelten lassen (BGHZ 11, 2 7 , 3 4 f; ROQUETTE Nach § 571 Rz 14 ff). 22 In allen anderen Fällen kommt jedoch eine entsprechende Anwendung des § 571 nicht in Betracht. § 571 gilt deshalb zB nicht bei der Leihe oder bei der Überlassung Volker Emmerich

(1248)

3. Titel. Miete. Pacht

§571 23-26

einer Wohnung durch einen Ehemann an seine Frau als Teil des Unterhalts (BGH LM Nr 7 zu § 571), selbst wenn sich die Leihe unmittelbar an den Mietvertrag anschließt (RG LZ 1921, 413 Nr 4). Ebenso steht es, wenn während eines Scheidungsverfahrens ein Ehegatte dem anderen in seinem Haus vorübergehend einzelne Räume überläßt; § 571 ist hier erst anwendbar, wenn nach der Scheidung aufgrund der Hausratsverordnung ein Mietverhältnis festgesetzt wird (LG Hildesheim MDR 1958, 166 Nr 26).

3. Einzelfälle 23 § 571 setzt voraus, daß der Veräußerer zugleich alleiniger Eigentümer ist (ERMANSCHOPP § 571 Rz 4). Die Vorschrift kann deshalb nicht angewendet werden, wenn nur einer von mehreren Miteigentümern das Grundstück vermietet hatte, aber alle Miteigentümer zusammen sodann das Grundstück veräußern (BGH LM Nr 22 zu § 571 BGB). § 571 wird auch nicht angewendet, wenn ein Miterbevon den anderen gemietet hatte und dann alle zusammen das Grundstück veräußern oder die Zwangsversteigerung zwecks Aufhebung der Gemeinschaft betreiben (LG Bayreuth NJW 1965, 2210). Auch wenn der Mieter das Grundstück selbst erwirbt, ist kein Raum für die Anwendung des § 571 (KG OLGE 13, 378). Hat nach Kriegsschluß eine Gemeinde als Treuhänderin des Reichs ein Grundstück vermietet, so tritt später nicht etwa der Bund, sondern höchstens das Land in diesen Mietvertrag ein (BGH LM Nr 14 zu § 535 BGB = NJW 1958, 380, 381). Die Überlassung von Wohnungen durch Genossenschaften an ihre Mitglieder 24 beruht idR auf normalen Mietverträgen, so daß auch Raum für die Anwendung des § 571 ist, wenn die Genossenschaft später das Grundstück veräußert. Der Erwerber muß deshalb auch in sämtliche von der Genossenschaft mit den Genossen vereinbarten Kündigungsbeschränkungen eintreten (LG Wiesbaden NJW 1962, 2352, 2353 m Anm ROQUETTE; LG Hagen NJW 1968,1468,1469 m abl Anm BETTERMANN; LG Waldshut NJW 1959, 154 m abl Anm BETTERMANN ; LG Kassel WuM 1968, 45 = ZMR 1968, 176 Nr 20; aM zB AG Itzehoe WuM 1966, 26; s Vorbem 75 zu §§ 535, 536). § 571 gilt auch, wenn der Erwerber nur kraft guten Glaubens nach § 892 das 25 Eigentum an dem Grundstück erwirbt. Auch dann muß er also in den Mietvertrag eintreten (ROQUETTE § 571 Rz 20). Ebenso kann § 571 auf einen zur Abwendung der Enteignung abgeschlossenen Kaufvertrag angewendet werden (BGHZ 50, 284, 287). Hingegen genügen Kaufverträge mit einem Scheineigentümer oder mit einem Grundstückskäufer vor dessen Eintragung im Grundbuch, selbst wenn zu seinen Gunsten eine Vormerkung eingetragen ist, für die Anwendung des § 571 nicht (SOERGEL-MEZGER § 5 7 1 R z 3 ) .

4. Bewegliche Sachen 26 § 571 gilt nicht für die Fahrnismiete. Bei dieser tritt also der Erwerber niemals kraft Gesetzes in bestehende Mietverträge ein. Jedoch führt hier § 986 Abs 2, wenn das Eigentum nach § 931 durch Abtretung des Herausgabeanspruchs gegen den Mieter übertragen worden ist, zu einem jedenfalls im Ergebnis vergleichbaren Schutz des Mieters. Dasselbe muß wegen der in jeder Hinsicht identischen Interessenlage auch bei einer Übereignung nach § 930 gelten (EMMERICH aaO). (1249)

Volker Emmerich

§571 27-30

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

27 IV. Die Veräußerung durch den Vermieter Weitere Voraussetzung für die Anwendung des § 571 ist, daß das Grundstück von dem Vermieter an einen Dritten veräußert worden ist (s insbes MITTELSTEIN 658 ff; NIENDORFF 3 0 5 f f ) .

28 1. Allgemeines § 571 knüpft den Eintritt des Erwerbers in das Mietverhältnis an den Ubergang des Eigentums auf den Erwerber. Eine Veräußerung iS des § 571 liegt maW nur vor, wenn das Eigentum an dem Grundstück durch Eintragung und Auflassung übergegangen ist. Der Abschluß eines Kaufvertrages, die Übertragung des Eigenbesitzes oder die Eintragung einer Vormerkung reichen mithin zum Eintritt in das Mietverhältnis nicht aus. Solange der Erwerber nicht Eigentümer geworden ist, bleibt der Veräußerer auch Vermieter (RG SeuffA 70 [1915] Nr 81 S 140 ff; KG JW 1931, 2 7 4 6 N r 4 ; O L G B a m b e r g N J W 1 9 7 0 , 2 1 0 8 , 2 1 0 9 ; B G H L M N r 3 z u § 5 0 5 B1

3 R f ; LM Nr 4 zu § 571 BGB; LG Hamburg WuM 1977, 260). Im Falle einer Enteignung führt deshalb zB die bloße Besitzeinweisung noch nicht zur Anwendung des § 571 und gibt folglich dem Eingewiesenen auch kein Kündigungsrecht (OLG Bamberg aaO; u Rz 35). Dasselbe gilt für die bloße Ausübung eines Vorkaufsrechts. Auch sie führt vor Eintragung des Erwerbers nicht zum Eintritt in das Mietverhältnis (BGH LM Nr 3 zu § 505 B1 3 R f). Nur in den Rückerstattungsfällen wird eine Ausnahme gemacht. Bei ihnen ist der maßgebende Zeitpunkt nicht der Übergang des Eigentums, sondern die Rechtskraft der Rückerstattungsanordnung (BGHZ 11, 27, 36).

29 Keine Rolle spielt, welches Grundgeschäft der Eigentumsübertragung zugrunde liegt. Es kann dies Kauf, Schenkung, Tausch, Vermächtnis oder Einbringung in eine G e s e l l s c h a f t s e i n (MITTELSTEIN 6 5 9 g e g e n NIENDORFF 3 0 7 ) . E r f o r d e r l i c h ist n u r , d a ß

der Erwerb auf einem gültigen Rechtsgeschäft beruht und somit freiwillig erfolgt (RGZ 55, 247, 259). Ist der Erwerb des Dritten hingegen nichtig, so tritt der Dritte nicht in die Rechte und Pflichten aus dem Mietverhältnis ein (MITTELSTEIN 660 f; NIENDORFF 306 f). Dies gilt mit Rücksicht auf § 142 auch bei wirksamer Anfechtung der Übereignung; doch wird der Mieter analog § 576 hier in der Zwischenzeit den Erwerber als Eigentümer behandeln und deshalb vor allem mit befreiender Wirkung an ihn auch den Mietzins zahlen dürfen (NIENDORFF 307). Hingegen ändert die bloße Anfechtung des Grundgeschäfts natürlich nichts an dem Übergang des Eigentums und damit an dem Eintritt des Erwerbers. Dasselbe gilt im Falle der Wandlung des Grundgeschäfts. Bis zur Rückübereignung bleibt der Erwerber Vermieter (ROQUETTE § 5 7 1 Rz 4 2 ) .

30 2. Einzelfragen a) Da § 571 auf den Eigentumsübergang abstellt, wird der Mieter nicht geschützt, wenn er von dem Käufer vor dessen Eintragung im Grundbuch gemietet hat und dann das Grundstück an den Verkäufer zurückgegeben oder an Dritte weiterveräuß e r t w i r d ( O L G D r e s d e n S e u f f A 7 7 [ 1 9 2 2 ] N r 1 2 6 S 1 9 3 , 1 9 4 ; MITTELSTEIN 6 5 8 ) .

Da selbst durch die Übertragung des Eigenbesitzes auf den Grundstückskäufer dieser noch nicht in den Mietvertrag eintritt, muß der Mieter den Mietzins weiterhin an den bisherigen Vermieter zahlen; in der Übertragung des Eigenbesitzes kann jedoch im Einzelfall die Abtretung der Mietzinsforderung liegen; doch ist dies nicht ohne weiteres anzunehmen (KG OLGE 11, 144, 145; OLG Breslau JW 1930, 75, 76 Nr 3). Umgekehrt richten sich während dieses Zwischenstadiums auch die Volker Emmerich

(1250)

§571 3. Titel. Miete. Pacht

31-35

Erfüllungs- und Schadensersatzansprüche des Mieters grundsätzlich gegen den bisherigen Vermieter. Dieser kann sich nicht darauf berufen, infolge der Übertragung des Besitzes auf den Erwerber sei ihm die Erfüllung unmöglich geworden. Im Verhältnis zu seinem Mieter handelt es sich hierbei nämlich allenfalls um einen Fall nachträglichen zu vertretenden Unvermögens, für das der Vermieter uneingeschränkt einstehen muß (§§ 279 u 325). b) Besondere Probleme entstehen, wenn an dem Grundstück mehrere Personen 31 beteiligt sind oder das Grundstück an verschiedene Personen veräußert wird. Man muß folgende Fälle unterscheiden (MITTELSTEIN 6 6 2 f; ZIMMERMANN 2 0 ff): § 5 7 1 ist nur anwendbar, wenn der veräußernde Eigentümer zugleich der Vermieter ist; für seine Anwendung ist daher kein Raum, wenn das Grundstück mehreren Miteigentümern gehört und diese das Grundstück veräußern, der Mietvertrag jedoch nur mit einem der Miteigentümer abgeschlossen worden war (BGH LM Nr 22 zu § 571 BGB; OLG Colmar OLGE 20, 118 f). Veräußert hingegen der bisherige Alleineigentümer und Vermieter einen Miteigentumsanteil an einen Dritten, so tritt nach § 571 dieser Dritte in den Mietvertrag ein; beide Vermieter werden Gesamtschuldner (MITTELSTEIN aaO; ROQUETTE § 571 Rz 14; Vorbem 99 f zu § 535). Dasselbe ist anzunehmen im Falle der Realteilung. Wird also ein Grundstück real 32 geteilt und an verschiedene Personen veräußert, so tritt nicht etwa eine Aufspaltung des Mietvertrages in zwei selbständige Verträge ein (so die sog Spaltungstheorie); sondern der Mietvertrag bleibt im Interesse des Mieters, dessen Schutz § 571 in erster Linie bezweckt, einheitlich, so daß die mehreren Vermieter auch hier Gesamtschuldner und Gesamtgläubiger iS des § 432 werden (RGZ 124, 195, 198 f; ROQUETTE § 5 7 1 Rz 1 6 ; ERMAN-SCHOPP § 5 7 1 Rz 6 ; insbes BGH LM Nr 2 zu § 4 2 7 BGB). Ebenso beurteilt wird die Rechtslage bei den sog M/sc/wwe/verhältnissen, wenn die 33 Wohnung und die gewerblich genutzten Räume an verschiedene Personen veräußert werden (AG Stuttgart WuM 1973, 194, 195). Hatte jedoch der Vermieter zwei getrennte Grundstücke durch einen einheitlichen Vertrag vermietet und veräußert er sodann die beiden Grundstücke an verschiedene Personen, so entstehen wenigstens hier zwei völlig selbständige Mietverhältnisse mit den beiden Grundstückseigentümern (KG HRR 1932 Nr 110; MITTELSTEIN aaO; streitig). c) § 571 gilt auch bei nachträglicher Begründung von Wohnungs- oder Teileigentum 34 und dessen Veräußerung ( R O Q U E T T E § 571 Rz 15), nicht jedoch bei der Veräußerung einzelner beschränkter dinglicher Rechte, durch die das Mietrecht geschmälert werden kann ( P A L A N D T - P U T Z O § 571 Anm 2). d) Keine Anwendung findet § 571 auf den Besitzwechsel aufgrund Erbrechts, wohl 35 aber auf den Eigentumserwerb des Vermächtnisnehmers. Für den Erwerb in der Zwangsversteigerung gelten die Sondervorschriften der §§ 9 Nr 2, 21 u 57 ff ZVG. Nur diese Vorschriften sind auch bei einer freiwilligen Veräußerung des Grundstücks durch den Konkursverwalter heranzuziehen (§ 21 Abs 4 KO). In den beiden zuletzt genannten Fällen tritt also der Erwerber zwar auch in das Mietverhältnis ein, kann es jedoch vorzeitig mit gesetzlicher Frist nach § 57 a ZVG kündigen. Nur bei einer Zwangsversteigerung zum Zwecke der Aufhebung der Gemeinschaft entfällt dieses besondere Kündigungsrecht (§ 183 ZVG). § 571 kann schließlich auch nicht auf den Eigentumserwerb durch Enteignung angewendet werden (o Rz 28). Das Schicksal von Miet- und Pachtverträgen richtet sich in diesem Falle gemäß Art 109 EG allein nach dem jeweiligen Landesrecht (s den Uberblick bei PALANDT-BASSENGE Art 109 Anm 2). (1251)

Volker Emmerich

§571 36-40

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

36 V. Die Überlassung an den Mieter Die Anwendung des § 571 setzt weiterhin voraus, daß das vermietete Grundstück dem Mieter bereits überlassen worden ist. Veräußert der Vermieter das Grundstück schon vor dessen Überlassung an einen Dritten, so kommt ein Eintritt des Dritten in den Mietvertrag nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 578 in Betracht.

37 1. Allgemeines a) Die Überlassung des vermieteten Grundstücks an den Mieter ist zur Voraussetzung des Eintritts des Erwerbers gemacht worden, damit der Erwerber erkennen kann, ob und ggf in welche Mietverhältnisse er eintreten muß. Hier übernimmt also ausnahmsweise der Besitz bei Grundstücken die Publizitätsfunktion, die sonst bei Grundstücken nur dem Grundbuch zukommt. Mit Rücksicht auf diesen Zweck des Tatbestandmerkmals ist seit langem streitig, was unter Überlassung in § 571 zu verstehen ist (s insbes MITTELSTEIN 651 ff; NIENDORFF 304 f). 38 b) Man kann unter Überlassung sowohl die bloße Zurverfügungstellung der Sache durch den Vermieter als auch den Besitzerwerb durch den Mieter verstehen, wobei dann wieder streitig ist, ob der Mieterbesitz im Augenblick der Veräußerung noch fortbestehen muß oder nicht. Auszugehen ist jedenfalls von § 536, wonach der Vermieter die vermietete Sache dem Mieter zu überlassen hat. Was dazu gehört, richtet sich nach den Abreden der Parteien. Soll danach der Mieter, wie es bei der Grundstücks- und Raummiete die Regel ist, a!'einigen Besitz an dem Grundstück oder den Räumen erlangen, so erfordert die Überlassung eine Übergabe der Sache durch Verschaffung des unmittelbaren Besitzes iS des § 854. Notwendig ist dies jedoch nicht. Soll der Mieter nur vorübergehend eine Sache im Besitz des Vermieters benutzen dürfen, so genügt der Vermieter seiner Überlassungspflicht schon dadurch, daß er dem Mieter die Sache in einer Weise zugänglich macht, daß dieser zu den vereinbarten Zeiten den vereinbarten Gebrauch von der Sache machen kann (grdleg BGHZ 65, 137, 139 ff = JuS 1976, 120 Nr 6; §§ 535, 536 Rz 18 ff). 39 Nichts anderes gilt auch für die Überlassung iS des § 571. Soll der Mieter alleinigen Besitz erlangen, so ist dafür eine Übergabe durch Verschaffung des unmittelbaren Besitzes iS des § 854 erforderlich; in anderen Fällen genügt hingegen die bloße Zurverfügungsstellung der Sache in einer Weise, die es dem Mieter erlaubt, den vereinbarten Gebrauch von der Sache zu machen (BGH aaO; BGH LM Nr 1 zu § 5 7 8 B G B ; N r 3 1 z u § 5 8 1 B G B , B 1 3 R ; MITTELSTEIN 6 5 2 f ) .

39 a c) Unklar ist die Rechtslage bei Annahmeverzug des Mieters. Erfordert die Überlassung eine Übertragung des unmittelbaren Besitzes auf den Mieter, so ist offenbar dessen Mitwirkung erforderlich. Lehnt der Mieter die Übernahme der Sache ab, so kann folglich keine Überlassung der Sache zustande kommen (MITTELSTEIN aaO). Dies ist deshalb unbedenklich, weil § 571 allein den Schutz des Mieters bezweckt, der Mieter aber nicht schutzwürdig ist, wenn er selbst die Übernahme der Sache ablehnt (ebenso wohl KG OLGE 11, 144). 40 d) Anders ist die Rechtslage, wenn der Mieter einmal den Besitz erlangt hat. § 571 verlangt - trotz des genannten Zweckes des Erfordernisses einer Überlassung der Sache an den Mieter - keinen Fortbestand des Besitzes im Augenblick der Veräußerung. Der Erwerber tritt also auch dann in den Mietvertrag ein, wenn der Mieter inzwischen die Sache an einen Dritten, zB an den Untermieter, weitergegeben oder den Besitz unfreiwillig verloren hat. Selbst die Rückgabe der Sache an den Vermieter ist unschädlich, wenn in ihr nicht zugleich eine konkludente Aufhebung des Mietvertrages oder doch ein Verzicht auf den Schutz des § 571 liegt (KG OLGE 11, Volker Emmerich

(1252)

3. Titel. Miete. Pacht

§571 41-46

1 4 4 ; ROQUETTE § 5 7 1 R z 1 0 ; ENNECCERUS-LEHMANN § 1 3 3 I 2 c ; MITTELSTEIN 6 5 4 ; NIENDORFF 3 0 4 f ) .

e) Für den Eintritt des Erwerbers spielt es keine Rolle, daß der Mietvertrag erst nach 41 der Überlassung beginnen soll, sofern er nur schon vor der Veräußerung geschlossen und mit Rücksicht hierauf dem Mieter (vorzeitig) das Grundstück überlassen worden ist. Auch wenn also der Mietvertrag erst nach der Veräußerung beginnen soll, muß der Erwerber in ihn eintreten, wenn der Vertrag schon vorher geschlossen und daraufhin dem Mieter vorzeitig das Grundstück überlassen worden ist (BGHZ 42, 333, 340; 62, 297, 301). 2. Einzelfragen

42

a) Die Überlassung muß auf einem gültigen Mietvertrag beruhen und dem Willen des Vermieters entsprechen. § 571 ist also nicht anwendbar, wenn der Mieter eigenmächtig den Besitz ergreift (MITTELSTEIN 652). Wird die Sache dem Mieter nur teilweise überlassen, so kommt es darauf an, ob die wesentlichen Teile des vermieteten Grundstücks oder die wesentlichen vermieteten Räume überlassen worden sind; die Zurückbehaltung einzelner Nebenräume ist unschädlich ( R O Q U E T T E § 571 Rz 9; MITTELSTEIN 655). Ist der Vermieter nur verpflichtet, die Sache wiederholt zur vorübergehenden Nutzung dem Mieter zu überlassen, so gilt § 571 immer nur für die Zeit der jeweiligen Überlassung, so zB bei periodischer Vermietung eines Saales zur Durchführung von Veranstaltungen (NIENDORFF 304). b) Vereinbaren die Parteien die Fortsetzung eines abgelaufenen Mietvertrages, so ist 43 eine erneute Überlassung, wenn der Mieter noch im Besitz der Sache ist, nicht möglich und auch nicht erforderlich (MITTELSTEIN 655). Wenn sich aber der Vermieter von dem Vertrag lossagt, so liegt keine Überlassung mehr vor, selbst wenn nach den Abreden der Parteien die Einräumung des mittelbaren Besitzes genügen sollte (BGH LM Nr 1 zu § 578 BGB). c) Bei Vermietung eines Grundstücksstreifens zur Aufstellung einer Reklametafel 44 genügt für die Überlassung die Einräumung einer zeitweiligen Verfügungsgewalt an dem Streifen zur Aufstellung der Tafel (OLG Hamm MDR 1976, 143, 144). Bei Verträgen über die Ausbeutung von Bodenschätzen wie Kohle, ö l oder Kies genügt es für die Überlassung, wenn der Mieter oder Pächter mit den ersten Bohrungen auf dem Grundstück begonnen hat (RGZ 94, 279, 280 f; BayObLGZ 1910, 280, 286, 288; aM RG JW 1919, 379 Nr 6 m abl Anm ISAY ; offengelassen für die Verlegung eines Postkabels in BGH WarnR 1972 Nr 284, S 803). Da § 571 auch für die Vermietung von Wand- und Dachflächen zur Anbringung von Reklameschriften oder Automaten gilt (so Rz 14), genügt es hier für die Überlassung, daß der Vermieter dem Mieter die vermieteten Flächen zugänglich macht; eine Besitzübertragung ist nicht erforderlich. d) Vor Überlassung der Sache kann der Mieter einen Verkauf der Sache an einen 45 Dritten auf keine Weise, auch nicht durch Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung verhindern (LG Mannheim MDR 1964, 1007 f = ZMR 1966, 241 f). Denn in der Verfügung über sein Eigentum bleibt der Vermieter unbeschränkt, unbeschadet natürlich seiner Ersatzpflicht gegenüber dem Mieter, wenn ihm infolge der Veräußerung die Erfüllung nicht mehr möglich ist (§ 325). VI. Der Eintritt des Erwerbers in die sich aus dem Mietverhältnis ergebenden 46 Rechte Nach § 571 Abs 1 tritt der Erwerber unter den genannten Voraussetzungen anstelle des Vermieters in die sich während der Dauer seines Eigentums aus dem Mietver(1253)

Volker Emmerich

§571 47-51

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

hältnis ergebenden Rechte und Verpflichtungen ein. Solange er Eigentümer ist, tritt er also anstelle des bisherigen Vermieters dem Mieter als Vertragspartner gegenüber und hat damit für diese Zeit alle Rechte und Pflichten des Vermieters. 47 1. Grundsatz a) § 571 ordnet einen gesetzlichen Eintritt des Grundstückserwerbers in bestehende Mietverhältnisse anstelle des bisherigen Vermieters mit dem Augenblick des Eigentumserwerbs an. Es handelt sich nicht um einen bloßen gesetzlichen Übergang der Rechte und Pflichten des bisherigen Vermieters auf den Erwerber (so die sog Zessionslösung des ALR), sondern um einen unmittelbaren Eintritt kraft Gesetzes in das bestehende Mietverhältnis infolge des Eigentumserwerbs (so ausdrücklich Prot II 139; so Rz 2, 5 f). Da der Eintritt des Erwerbers vom Gesetz allein an den Übergang des Eigentums auf den Erwerber geknüpft ist, kommt es für den Eintritt des Erwerbers weder auf dessen Kenntnis noch auf die Kenntnis des Mieters an. Der Erwerber ist also auch an Mietverhältnisse gebunden, die er weder kannte noch kennen konnte. Er kann sich insoweit nur an den Veräußerer halten (§ 434). 48 b) Der Eintritt erfolgt automatisch mit dem Augenblick des Eigentumserwerbs durch Auflassung und Eintragung des Erwerbers im Grundbuch. Vorher kommt ein Eintritt des Erwerbers selbst dann nicht in Betracht, wenn ihm von dem Veräußerer bereits der Eigenbesitz an dem Grundstück eingeräumt worden ist (LG Mannheim MDR 1977, 933 f). Selbst dann bleibt also der bisherige Vermieter Gläubiger der Mietzinsforderung, so daß der Mieter nur an ihn mit befreiender Wirkung zahlen kann. In dem bloßen Übergang der Nutzungen auf den Erwerber gemäß § 446 liegt noch keine Abtretung des Mietzinsanspruchs (KG JW 1931, 2746 Nr 4; OLGE 11, 144, 145; OLG Breslau JW 1930, 75, 76 Nr 3; LG Mannheim aaO). In dieser Zwischenzeit ist der Erwerber also auch nicht zur Kündigung des Mietvertrages oder zur Erhöhung des Mietzinses berechtigt (LG Mannheim aaO); eine Abtretung des Kündigungsrechts ist auch nicht möglich; lediglich eine Ermächtigung des Erwerbers zur Ausübung des nach wie vor dem Veräußerer zustehenden Kündigungsrechts kommt in Betracht (LG Düsseldorf WuM 1972, 96, 97; AG Ratingen MDR 1971, 667 Nr 48; aM LG Hamburg WuM 1977, 260). 49 c) Der Erwerber tritt in alle sich aus dem Mietverhältnis ergebenden Rechte und Verpflichtungen ein, jedoch auch nur in diese, nicht also in Rechte und Verpflichtungen aus sonstigen Abreden der Parteien, mögen sie auch mit dem Mietvertrag wirtschaftlich verbunden sein. Entscheidend ist nur ihre rechtliche Selbständigkeit (RGZ 71, 404, 408; RG SeuffA 61 [1906] Nr 104 S 183, 184 f = JW 1906, 58 Nr 10; JW 1939, 286, 287 Nr 14; OLG Breslau JW 1929, 1998 Nr 4; R O Q U E T T E § 571 R z 2 4 ; MITTELSTEIN 6 7 2 f ; N I E N D O R F F 3 0 9 f f ) .

50 d) Voraussetzung des Eintritts des Erwerbers ist natürlich, daß der Mietvertrag zwischen dem Veräußerer und dem Mieter gültig war, während es keine Rolle spielt, ob er bei Eigentumsübergang noch in Kraft war. Selbst wenn der Vertrag zu diesem Zeitpunkt schon beendet war, der Mieter sich jedoch noch im Besitz der Sache befand, tritt der Erwerber in die sich daraus ergebende Rechtsstellung, namentlich in die Ansprüche aus §557 ein (OLG Königsberg OLGE 23, 40; LG Darmstadt NJW 1963, 909, 910; R O Q U E T T E § 571 Rz 32; ders NJW 1962, 1551, 1552). 51 Umstritten ist die Rechtslage, wenn der Mietvertrag bei Eigentumsübergang anfechtbar war, die Anfechtung jedoch noch nicht erklärt worden war. Nach durchaus hM ändert sich in diesem Fall durch den Eigentumswechsel nichts an dem Anfechtungsrecht des Mieters gegenüber dem bisherigen Vermieter oder des Vermieters gegenüber dem Mieter. Kommt es zur Anfechtung, so entfällt rückwirkend der Volker Emmerich

(1254)

3. Ittel. Miete. Pacht

Mietvertrag, so daß auch der Erwerber in diesen nicht eingetreten ist

§571 52-56 (ROQUETTE

N J W 1 9 6 2 , 1 5 5 1 , 1 5 5 3 ; ENNECCERUS-LEHMANN § 1 3 3 I 2 b ; a M MITTELSTEIN 6 5 6 f ; NIENDORFF 3 1 3 ) .

e) Der Erwerber muß den Mietvertrag in dem Zustand hinnehmen, in dem er sich 52 im Augenblick des Eigentumswechsels befindet. Alle nachträglichen Änderungen und Ergänzungen wirken für und gegen ihn, selbst wenn sie nur mündlich erfolgt sind. Hat dadurch ein früher schriftlich abgefaßter Mietvertrag die vorgeschriebene Schriftform eingebüßt (§ 566), so kann der Erwerber freilich gemäß § 566 S 2 kündigen (BGH LM Nr 4 zu § 571 BGB). Nach Eigentumserwerb können hingegen Änderungen des Mietvertrages nur noch mit dem Erwerber vereinbart werden (BGH LM Nr 33 zu § 535 BGB, B1 3 R). f) Hieraus folgt, daß der Erwerber von dem Mieter keine Mietzinszahlung verían- 53 gen kann, wenn nach dem Mietvertrag der Mietzins auf einmal im voraus zu zahlen war (RGZ 94, 279, 281; 127, 116, 117). Anders jedoch, wenn der Mietzins nach periodischen Zeitabschnitten bemessen ist, weil dann eine Vorauszahlung eine Vorausverfügung darstellt, die nur in dem engen Rahmen des § 574 gegen den Erwerber wirkt, es sei denn, es handele sich um einen echten Baukostenzuschuß (BGHZ 37, 346, 351 f; BGH LM Nr 2 zu § 574 BGB; Vorbem 130 ff zu § 535, 536; § 573 Rz 8 ff). g) Solange der Mieter von dem Eigentumswechsel nichts erfahren hat, kann und 54 muß er zur Vermeidung des Verzugs an den Veräußerer zahlen (§ 574; RGZ 98, 88, 8 9 f; E R M A N - S C H O P P § 5 7 1 Rz 1 1 ) . Streitig ist, wie im Verhältnis zum Mieter die Mietzinsamprwc/je zwischen Veräußerer und Erwerber aufzuteilen sind. Mit der hM ist aus praktischen Gründen auf den Zeitpunkt der Fälligkeit der jeweiligen Mietzinsrate abzustellen. War der Mietzins auch für eine Zeit nach Eigentumsübergang schon vor diesem Zeitpunkt fällig, so steht der Anspruch in vollem Umfang dem Veräußerer im Verhältnis zum Mieter zu. Der Ausgleich zwischen Veräußerer und Erwerber richtet sich dann nach dem Innenverhältnis, namentlich nach § 446 (KG OLGE 1 1 , 1 4 4 , 1 4 5 ; R O Q U E T T E § 5 7 1 Rz 2 6 ; E R M A N - S C H O P P § 5 7 1 Rz 1 1 ; N I E N DORFF 3 0 8 ; a M z B L A R E N Z I I a a O =

S 190 Fn

3).

h) Mit dem Eigentumswechsel tritt also in dem Mietverhältnis als Dauerschuldver- 55 hältnis eine Zäsur ein ( R O Q U E T T E NJW 1962, 1551). Alle vorher begründeten Rechte und Pflichten bleiben bei dem bisherigen Vermieter, so daß schon begründete Ansprüche auf Mietzinsen oder schon begründete Schadensersatzansprüche des Vermieters gegen den Mieter nicht nach § 571 auf den Erwerber übergehen und nach wie vor von dem bisherigen Vermieter geltend gemacht werden können (KG OLGE 11, 144, 145; R O Q U E T T E § 571 Rz 26). Die vielfach vertretene Meinung, daß auch schon begründete Ersatzansprüche des Vermieters gegen den Mieter auf den Erwerber übergehen (so KG DR 1942, 1554 Nr 10 = HRR 1942 Nr 636; MITTELSTEIN 675), kann nicht gebilligt werden. Deshalb ist auch die Meinung abzulehnen, ein bereits begründeter Rückgabean- 56 spruch des Vermieters gehe, wenn der Mieter trotz Beendigung des Mietverhältnisses die Sache nicht zurückgibt, auf einen späteren Grundstückserwerber über (so zB LG Darmstadt NJW 1963, 909, 910). Der schon begründete Rückgabeanspruch bleibt vielmehr bei dem bisherigen Vermieter; das ist auch sinnvoll, weil nur so der Vermieter die Möglichkeit behält, seiner vertraglichen Verpflichtung zur Räumung des Grundstücks gegenüber dem Erwerber nachzukommen ( H E N S E L E R ZMR 1964, 36, 38 f; R O Q U E T T E NJW 1962, 1551 f). Der Mieter, der sich dann möglicherweise zwei Herausgabeansprüchen gegenübersieht, kann frei wählen, welchen Anspruch er erfüllen will. Er macht sich damit in keinem Fall gegenüber dem anderen Herausgabeberechtigten ersatzpflichtig ( H E N S E L E R aaO). (1255)

Volker Emmerich

§571 57-60

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

57 2. Einzelfragen а) Nach dem Eigentumswechsel steht ein Kündigungsrecht nur noch dem Erwerber zu. Daraus ergeben sich sehr schwierige Abgrenzungsfragen, wenn die Voraussetzungen des Kündigungsrechts ganz oder teilweise schon vor dem Eigentumswechsel erfüllt waren (s im einzelnen MITTELSTEIN 675 ff; NIENDORFF 313 ff, beide mit zahlr Nachw z Streitstand). Nach dem Gesagten (o Rz 55 f) ist davon auszugehen, daß ein bereits entstandenes Kündigungsrecht als Gestaltungsrecht nicht auf den Erwerber übergeht; war also der Mieter gegenüber dem bisherigen Vermieter mit zwei Mietzinsraten in Verzug gekommen, so kann jedenfalls nicht der Erwerber das sich hieraus ergebende Kündigungsrecht (§ 554) ausüben (KG OLGE 7,466 f ; § 554 Rz б). Lebhaft umstritten ist jedoch, ob der Veräußerer und Vermieter noch kündigen kann (dafür NIENDORFF 3 1 4 f; dagegen MITTELSTEIN 6 7 6 f). Die Frage dürfte zu verneinen sein, da der aus dem Mietverhältnis ausgeschiedene frühere Vermieter keinen Einfluß auf dessen Bestand mehr gegen den Willen des Erwerbers nehmen darf. In diesem Fall erlischt also für beide das Kündigungsrecht. Der Erwerber kann nur dann kündigen, wenn die Voraussetzungen des Kündigungsrechts wenigstens teilweise in seiner Person erfüllt worden sind, so wenn zB der Mieter mit einer Mietzinsrate gegenüber dem Veräußerer und mit einer zweiten Mietzinsrate gegenüber dem Erwerber in Verzug geraten ist; hier zusätzlich eine Abtretung der rückständigen ersten Mietzinsrate zu verlangen (so MITTELSTEIN aaO), besteht kein Anlaß. Auch sonstige Rechte zur fristlosen Kündigung gehen nicht auf den Erwerber über, wenn sie schon vorher begründet waren ( R O Q U E T T E § 5 7 1 Rz 3 0 ) . Hat jedoch aufgrund des Mietvertrages der Vermieter ein jederzeitiges Recht zur vorzeitigen Kündigung im Falle der Veräußerung des Grundstücks gegen Entschädigung des Mieters, so geht auch ein solches Recht als Teil des Mietvertrages auf den Erwerber über (OLG Hamburg OLGE 10, 252 f). 58 b) Die Abgrenzung, welche Abreden zu den typischen Mietvertragsklauseln gehören und deshalb auf den Erwerber fibergehen und welche Teile selbständige Nebenabreden darstellen, die folglich nicht übergehen, bereitet häufig erhebliche Schwierigkeiten. Die Praxis rechnet zu den typischen Mietvertragsklauseln in erster Linie die Abreden hinsichtlich des Gegenstandes des Vertrages, hinsichtlich des Mietzinses und hinsichtlich der Überlassung und Rückgabe der Sache (RGZ 71, 404, 408; RG SeuffA 61 [1906] Nr 104, S 183, 184 = JW 1906, 58 Nr 10). Diese Formel vermag jedoch nicht mehr als einen ersten Hinweis auf die bei der Abgrenzung im Einzelfall zu berücksichtigenden Gesichtspunkte zu geben. Allgemeine Formeln lassen sich hier nicht aufstellen. Entscheidend ist vielmehr, welche Abreden nach dem Willen der Parteien jeweils einen untrennbaren Bestandteil des Mietvertrages bilden. 59 Als untrennbare und deshalb auf den Erwerber übergehende Teile des Mietvertrages sind zB anerkannt worden: Eine Abrede, daß der Mieter eine Hypothek nicht kündigen darf, sondern die Hypothekenzinsen mit den Mietzinsen verrechnen muß (RGZ 71, 404, 409 f); die Verpflichtung des Mieters zur Durchführung von Schönheitsreparaturen oder sonstigen Reparaturen, sowie die Verpflichtung des Mieters zur zusätzlichen Bezahlung der sog Nebenkosten (MITTELSTEIN 671 f). 60 Hingegen sind als selbständige und deshalb nicht übergehende Nebenabreden folgende Klauseln angesehen worden: Ein Konkurrenzverbot zu Lasten des Mieters für die Zeit nach Vertragsbeendigung (RG SeuffA 61 [1906] Nr 104 S 183, 184 f = JW 1906, 58 Nr 10); unter Umständen auch sonstige Konkurrenzverbote ( R O Q U E T T E § 571 Rz 24); die Verpflichtung des Mieters zur Gewährung eines Darlehns an den Vermieter (RG JW 1939, 286, 287 Nr 14), es sei denn es handele sich dabei um einen echten Baukostenzuschuß; schließlich ein Provisionsversprechen des Mieters, wenn die Provisionszahlung keinen Teil des Mietzinses bildet Volker Emmerich

(1256)

3. Titel. Miete. Pacht

§571 61-66

(OLG Breslau JW 1929, 1998 Nr 4). Offengelassen wurde die Frage für Gerichtsstandvereinbarungen (KG OLGE 13, 379); jedoch ist der Übergang solcher Abreden unbedenklich zu bejahen. Schließlich geht auch ein VermieterPfandrecht auf den Erwerber über, soweit nicht 61 der betreffende Gegenstand dem alten Vermieter für schon entstandene Ansprüche haftet; in diesem Fall haben beide Vermieterpfandrechte gleichen Rang (MITTELSTEIN 6 7 5 ; NIENDORFF 3 0 9 ; ROQUETTE § 5 7 1 R z 2 8 ) . A u c h e i n Vormietrecht

des

Mieters für weitere Räume kann übergehen, selbst wenn diese dem Mieter noch nicht überlassen sind (KG OLGE 13, 379 ff). Der Erwerber tritt auch in die Rechte aus vom Mieter dem Vermieter bestellten 62 Sicherheiten ein (§ 572 S 1); insbes geht eine Bürgschaft auf ihn über (KG OLGE 25, 20, 21). Wegen der Rückgabe der Sicherheiten siehe § 572. Ein schon begründeter Schadensersatzanspruch gegen den Mieter, dem wegen 63 Zahlungsverzugs nach § 554 gekündigt worden ist, zB aus § 13 DEMV, geht nicht auf den Erwerber über, sondern verbleibt dem Vermieter (BGH LM Nr 1 zu DEMV = BGH WarnR 1964 Nr 71 S 140 = NJW 1964, 1024). VII. Der Eintritt des Erwerbers in die sich aus dem Mietverhältnis ergebenden Verpflichtungen 1. Grundsatz

64

Da der Erwerber anstelle des Veräußerers in den Mietvertrag als neuer Vermieter eintritt, treffen ihn auch sämtliche Pflichten des Vermieters aus dem Mietvertrag (MITTELSTEIN 6 7 3 f f ; NIENDORFF 3 0 9 f f ; SÖLLNER J Z 1 9 6 8 , 1 8 3 f f ; 1 9 6 9 , 6 3 4 f ; J u S

1970, 159,162). Der Erwerber ist also vom Augenblick seines Eigentumserwerbs an verpflichtet, dem Mieter den vertragsmäßigen Gebrauch der vermieteten Räume oder Grundstücke zu gewähren (RG HRR 1933 Nr 1312). Für die Nichterfüllung oder Schlechterfüllung dieser Pflichten haftet er wie jeder Vermieter dem Mieter nach den §§ 325 f und 537 ff. Der Eintritt beschränkt sich jedoch auch hier auf Pflichten, die sich aus dem Mietverhältnis selbst ergeben. Pflichten aus mit dem Mietverhältnis nur wirtschaftlich verbundenen, rechtlich jedoch selbständigen Nebenabreden gehen maW nicht auf den Erwerber über (OLG Hamburg OLGE 7, 467, 468 f; OLG Kassel OLGE 17, 16; OLG Frankfurt NJW 1964, 453; insbes BGH LM Nr 9 zu § 571 BGB). Der Erwerber ist auch nicht an eine solche Auslegung des Mietvertrages gebunden, 65 die er beim besten Willen nicht erkennen konnte, weil sie sich nur aus den besonderen Umständen bei Vertragsschluß ergab (BGH WM 1965,680,681; 1960, 1125, 1128). Im übrigen kommt es jedoch auf die Kenntnis des Erwerbers von den auf ihn übergehenden Pflichten nicht an, da sich der Erwerb kraft Gesetzes vollzieht (OLG München NJW 1972, 1995, 1996). Jedoch muß es sich stets um Verpflichtungen des Vermieters als solchen gerade 66 gegenüber dem Mieter handeln, so daß Verpflichtungen des Vermieters gegenüber Dritten mit Bezug auf das Mietverhältnis nicht übergehen; der Erwerber tritt deshalb zB nicht in Kündigungsbeschränkungen ein, die in Darlehnsverträgen enthalten sind, die der Vermieter mit Dritten zugunsten des Mieters abgeschlossen hat (BGHZ 48, 244, 246 f; AG Hannover MDR 1967, 308, 309). Deshalb ist der Erwerber auch nicht an ein Belegungsrecht Dritter aufgrund eines Werkförderungsvertrages gebunden, selbst wenn dieses zugleich zum Bestandteil des Mietvertrages gemacht worden ist, weil es sich hier eben um Pflichten gegenüber Dritte und nicht gegenüber dem Mieter handelt (BGH aaO m Anm SÖLLNER JZ 1968, 183 ff). (1257)

Volker Emmerich

§571 67-72

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

67 2. Beispiele a) Da der Erwerber in das konkrete Mietverhältnis in dessen Zustand bei Eigentumserwerb eintritt, muß er vor allem auch sämtliche Abreden über die Beendigung des Mietverhältnisses gegen sich gelten lassen, zB die Abrede, daß sich der Vertrag um eine bestimmte Zeit verlängert, wenn er von keiner Seite gekündigt wird, weiter eine Verlängerungsoption und ebenso ein Vormiet- oder Vorpachtrecht mit dem Zweck der Verlängerung des Vertrages, jedenfalls wenn das Recht noch vor Ablauf des alten Vertrages ausgeübt wird (RGZ 103, 349, 351; insbes BGHZ 55, 71,73 ff; R O Q U E T T E § 571 R Z 34). Dasselbe gilt für sämtliche vertraglichen Kündigungsbeschränkungen (LG Hagen NJW 1960, 1468, 1469) oder für Vermieterpflichten, die sich aus der Ausübung eines Gestaltungsrechts des Mieters ergeben (BGH LM Nr 1 zu § 578 BGB), sowie für die Übernahme eines Teils der Heizungskosten (AG Hamburg WuM 1977, 230). 68 b) Auch in die Vertragspflicht zur Rückzahlung eines Baukostenzuschusses oder zur Verrechnung von Mietzinsvorauszahlungen tritt der Erwerber uneingeschränkt ein, während der Bereicherungsanspruch, der dem Mieter nach Leistung eines verlorenen Baukostenzuschusses bei vorzeitiger Kündigung zusteht, nicht gegen den Erwerber geltend gemacht werden kann (BGH WM 1960, 1125, 1127 f; OLG Frankfurt NJW 1964, 453; BGHZ 53, 35, 38 ff; 16, 31, 36 f; 37, 346, 349; Vorbem 130 ff zu §§ 535, 536). Bei der Wohnraummiete ist diese Pflicht zur Rückzahlung von Baukostenzuschüssen nach § 557 a zwingend, so daß abweichende Vereinbarungen zu Gunsten des Erwerbers nicht möglich sind (BGHZ 53, 35, 38 ff). 69 c) Zu den typischen Abreden eines Pachtvertrages gehören namentlich die Bestimmungen über das Schicksal des Inventars bei Vertragsbeendigung. Klauseln, nach denen der Verpächter verpflichtet ist, das Inventar bei Vertragsbeendigung zu übernehmen, binden deshalb regelmäßig auch den Erwerber (BGH LM Nr 9 zu § 571 BGB; RG JW 1905,487 Nr 5; aM OLG Hamburg OLGE 7,467,468 f; OLG Kassel OLGE 17, 16). 70 Sieht der Mietvertrag von vornherein die Möglichkeit einer vorzeitigen Kündigung gegen Entschädigung des Mieters vor, so wird auch hieraus der Erwerber berechtigt und verpflichtet (OLG Dresden DRiZ 1933, 737; insbes BGH LM Nr 4 zu § 571 BGB); wird jedoch erst nachträglich, dh nach Vertragsschluß eine Verkürzung der Vertragsdauer gegen die Zusage einer Entschädigung seitens des Vermieters vereinbart, so handelt es sich hierbei nicht mehr um eine typische Mietvertragsabrede, in die der Erwerber eintreten müßte (BGH aaO; zweifelhaft). 71 d) Der Augenblick des Eigentumsübergangs bedeutet auch für den Übergang der Pflichten eine Zäsur in dem Mietverhältnis als Dauerschuldverhältnis. Schon entstandene Ansprüche des Mieters gegen den Vermieter richten sich deshalb auch nach dem Eigentumsübergang ausschließlich gegen den Veräußerer, so daß der Erwerber nicht zu ihrer Erfüllung verpflichtet ist. Das gilt namentlich für schon entstandene Verwendungsersatzansprüche aus § 547 ( E R M A N - S C H O P P Vorbem 17 f v § 573), wobei entsprechend § 558 Abs 2 die Verjährung dieser Ansprüche mit dem Augenblick beginnt, in dem der Mieter von dem Eigentumsübergang Kenntnis erlangt (§ 558 Rz 25; BGH LM Nr 8 zu § 558 BGB; LG Koblenz WuM 1977,257; ROQUETTE § 5 7 1 R z

36).

72 Umstritten ist die Rechtslage hinsichtlich des Wegnahmerechts: Da dieses erst mit Beendigung des Mietvertrages fällig wird, muß man annehmen, daß es sich auch gegen den Erwerber richtet, selbst wenn die Einrichtungen noch vor Eigentumsübergang mit dem Grundstück verbunden worden sind (s § 547 a Rz 17; § 558 Rz 26 m Nachw; LG München ZMR 1962, 198 f; aA insbes BGH LM Nr 8 zu § 558 BGB; OLG Hamburg ZMR 1957, 6, 7). Volker Emmerich

(1258)

3. Titel. Miete. Pacht

§571 73-80

e) Der Erwerber ist auch an eine von dem Veräußerer erklärte Erlaubnis der 73 Untervermietung für den Einzelfall oder generell gebunden (KG OLGE 20, 192, 193). Anders, wenn es sich lediglich um eine Gestattung eines vertragswidrigen Gebrauchs für den Einzelfall handelt. Solche Gestattungen kann der Erwerber stets für die Zukunft widerrufen (MITTELSTEIN 6 7 3 ; NIENDORFF 3 1 1 f). f) Vorverträge binden hingegen den Erwerber niemals. Er tritt nicht in die Pflicht 74 zum Abschluß eines Mietvertrages ein; vielmehr muß vor Eigentumsübergang schon ein gültiger Mietvertrag selbst abgeschlossen worden sein (BGH LM Nr 1, 6 u 7 zu § 566 BGB; LG München I N J W 1962, 2159). Entsprechend ist der Erwerber auch nicht an die Abrede der Beurkundung eines zunächst formlos geschlossenen Mietvertrages gebunden (BGH LM Nr 7 zu § 566 BGB B13 = JuS 1962,403 Nr 3). Der Erwerber handelt daher nicht arglistig, wenn er den formlosen Mietvertrag nach § 566 S 2 kündigt, obwohl der Veräußerer die Beurkundung verhindert hatte (BGH aaO). g) Zu den die Vertragsbeendigung betreffenden Klauseln, die auch der Erwerber 75 gegen sich wirken lassen muß, gehören außerdem namentlich die sog Nachfolgeklausel (BGHZ 4 8 , 2 4 4 , 2 4 8 m zust Anm SÖLLNER JZ 1 9 6 8 , 1 8 3 , 1 8 5 ) , sowie die Vereinbarung, daß der Vermieter bei Vertragsende ein vom Mieter errichtetes Gebäude gegen eine Entschädigung übernehmen muß, weil es sich hierbei um typische mietrechtliche Abreden handelt (SÖLLNER JZ 1 9 6 9 , 6 3 4 f). h) Befand sich der Vermieter bei Veräußerung des Grundstücks mit der Beseitigung 76 von Mängeln in Verzug, so kann der Mieter auch gegenüber dem Erwerber nach § 538 Abs 2 vorgehen ( R O Q U E T T E § 571 R Z 34). i) Der Erwerber ist schließlich auch an die Zusicherung nicht vorhandener Eigen- 77 schatten des Grundstücks seitens des bisherigen Vermieters oder an dessen Versprechen, eine nichtvorhandene Einrichtung herzustellen, gebunden (so schon Prot II 140).

3. Insbesondere der Schadensersatzanspruch des Mieters

78

Wenn der Mieter schon vor Eigentumsübergang einen Schadensersatzanspruch namentlich aufgrund des § 538 gegen den Vermieter erworben hatte, so hat es hierbei sein Bewenden. Der Vermieter haftet weiter, der Erwerber tritt in die Ersatzpflicht nicht ein. Das gilt auch für Ersatzansprüche des Mieters wegen arglistiger Täuschung des Vermieters bei Abschluß des Mietvertrages (MITTELSTEIN 674). Umstritten ist jedoch die Rechtslage, wenn zwar die Ursache des Schadens schon vor 79 Eigentumsübergang vorlag, der Schaden jedoch erst danach eingetreten ist. Hier muß man unterscheiden: Handelte es sich um einen anfänglichen Mangel, so daß die Garantiehaftung aus § 538 Abs 1 eingreift, so haftet nach Eintritt des Schadens auch der Erwerber für diesen Schaden ohne Verschulden. Denn der Mieter darf der Vorteile der Garantiehaftung des Vermieters für anfängliche Mängel nicht durch die Grundstücksveräußerung verlustig gehen (BGHZ 49, 350, 352 = JuS 1968, 335 Nr 3 m Nachw; BGH WarnR 1972 Nr 284 S 803, 804; MITTELSTEIN aaO; aM zB L A R E N Z II aaO = S 189 Fußn 2; ENNECCERUS-LEHMANN § 133 II Rn 11). Hingegen stellt der Augenblick des Eigentumswechsels keinen Abschluß eines neuen Mietvertrages dar, so daß in diesem Augenblick entstehende Mängel nicht erneut eine zusätzliche Garantiehaftung des Erwerbers auslösen (MITTELSTEIN aaO). Dasselbe gilt im Ergebnis für Schäden, die auf Mängeln beruhen, die in der Zeit 80 zwischen Vertragsschluß und Eigentumsübergang entstanden sind. Ebenso wie für (1259)

Volker Emmerich

§571 81-85

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

dadurch verursachte Schäden der Vermieter nur bei Verschulden haftet, gilt dasselbe für den Erwerber. Ihn trifft insoweit eine Prüfungs- und Verkehrssicherungspflicht, so daß er für die fahrlässige Nichtbeseitigung von Mängeln haftet (LG Mönchengladbach VersR 1965, 1187; RG JW 1924, 1962 m Anm MITTELSTEIN; OLG Kiel SchlHA 1931, 25; S O E R G E L - M E Z G E R § 571 Rz 19; nach anderen haftet hingegen auch für solche Schäden der Vermieter, s MITTELSTEIN 674 Fn 34 m Nachw; LEONHARD B 167). 81 VIII. Abweichende Vereinbarungen § 571 ist nicht zwingend, auch nicht bei der Wohnraummiete, so daß abweichende Vereinbarungen an sich möglich sind (MITTELSTEIN 6 5 0 f, 6 6 8 ff; NIENDORFF 2 9 9 ff; PERGANDE aaO). Aus der Tatsache, daß hier stets nicht nur zwei, sondern drei Personen beteiligt sind, ergeben sich jedoch enge Schranken für solche abweichenden Vereinbarungen. 82 Sicher ist, daß Vermieter, Erwerber und Mieter zusammen stets etwas anderes vereinbaren können, zB daß der Vermieter möblierter Zimmer auch nach Veräußerung des Grundstücks Vermieter bleibt. Der Mietvertrag dürfte sich dadurch idR in einen Untermietvertrag umwandeln (KG JW 1 9 2 5 , 2 2 6 6 , 2 2 6 7 Nr 1 m Anm R U T H ; E R M A N - S C H O P P § 5 7 1 Rz 1 ) . Ebenso kann vereinbart werden, daß der Mietvertrag im Falle der Veräußerung enden soll. Der Vertrag ist dann durch die Veräußerung auflösend bedingt. Wegen § 565 a Abs 2 kann jedoch bei Wohnraummietverhältnissen heute durch eine solche Klausel der Eintritt des Erwerbers in den Vertrag nicht mehr verhindert werden. Wegen § 557 a Abs 2 kann der Wohnraummieter auch nicht im Mietvertrag im voraus zugunsten des späteren Erwerbers auf die Rückzahlung eines Baukostenzuschusses verzichten (BGHZ 53, 35, 39 ff). 83 Ebensowenig ist es möglich, durch zweiseitige Abreden die Rechte Dritter zu beeinträchtigen. So können Vermieter und Mieter nicht durch den Mietvertrag den Eintritt des Erwerbers ausschließen; ebensowenig können Vermieter und Erwerber durch einen Vertrag zwischen ihnen den Übergang des Mietverhältnisses zum Schutze des Mieters verhindern ( R O Q U E T T E § 5 7 1 Rz 4 3 ) . Möglich ist hingegen bei der reinen Grundstücksmiete und bei der Geschäftsraummiete, dem Vermieter oder dem Erwerber für den Fall der Veräußerung ein zusätzliches, besonderes Kündigungsrecht einzuräumen. In Verbindung mit einer Entschädigung für den Mieter waren gerade diese Abreden früher sehr verbreitet. 84 IX. Die Stellung des Vermieters Durch den Eigentumsübergang scheidet der Vermieter aus dem Mietverhältnis aus. Dadurch wird die Gefahr begründet, daß dem Mieter ohne seine Mitwirkung anstelle eines zahlungsfähigen Vertragspartners ein zahlungsunfähiger Vermieter in Person des Erwerbers aufgedrängt wird. Um den Mieter hiergegen zu schützen, bestimmt § 571 Abs 2 S 1, daß der Vermieter für Schadensersatzpflichten des Erwerbers wie ein selbstschuldnerischer Bürge haftet (Prot II 143; BGHZ 51, 273, 274). Der Vermieter kann sich jedoch auf dem in § 571 Abs 2 S 2 bezeichneten Weg für die Zukunft von dieser Haftung befreien. 85 1. Die Haftung des Vermieters a) Da der Vermieter aus dem Mietverhältnis ausscheidet, kann der Mieter von ihm keine Erfüllung mehr verlangen; der Erfüllungsanspruch richtet sich nach dem Volker Emmerich

(1260)

3. Titel. Miete. Pacht

§571 86-89

Eigentumsübergang vielmehr ausschließlich gegen den Erwerber (RGZ 102, 177, 178; BGHZ 51, 273, 274 f m Anm SÖLLNER JZ 1969,634 f). Aber schon begründete Ersatzansprüche des Mieters gegen den Vermieter bleiben bestehen (so Rz 71). Außerdem haftet der Vermieter aufgrund des mit ihm abgeschlossenen Mietvertra- 86 ges dafür, daß dem Mieter der vertragsmäßige Gebrauch während der gesamten vereinbarten Dauer überlassen wird, sowie dafür, daß eine anrechenbare Mietvorauszahlung tatsächlich während der ganzen Vertragsdauer auf den Mietzins verrechnet werden kann. Der Vermieter ist deshalb nach §325 zum Schadensersatz verpflichtet, wenn ihm die Erfüllung dieser Pflichten dadurch unmöglich wird, daß das Grundstück zur Zwangsversteigerung kommt und der Ersteher den Vertrag nach § 57 a ZVG (Vorbem 12 zu § 537) kündigt. Dies hat nichts mit § 571 Abs 2 zu tun, sonder folgt daraus, daß hier der Vermieter sich selbst nachträglich die Erfüllung seiner Pflichten unmöglich gemacht hat (§ 325 Abs 1; RGZ 63,66, 68; RG Gruchot 60 [1916] 583; HRR 1933 Nr 1312; OLG Hamburg OLGE 16, 427; BGH WM 1959, 120; 1960, 1125, 1128; LM Nr 33 zu § 535 BGB B1 2; KG JW1936, 330 Nr 19; aM nur KG OLGE 11, 145, 146 f). Diese eigene Haftung des Vermieters entfällt nur, wenn er schon vor der Zwangsversteigerung bzw vor der Veräußerung durch den Konkursverwalter ( § 2 1 Abs 4 KO) selbst wirksam den Vertrag gekündigt hatte (KG JW 1936, 330 Nr 19). Diese Haftung gilt auch nur für das Verhältnis zwischen Vermieter und Mieter, nicht jedoch für das Verhältnis zwischen Mieter und Untermieter, weil der Mieter (der Untervermieter) nicht für die Leistungsfähigkeit des Vermieters einzustehen braucht (so jedenfalls RGZ 65, 29, 32 f; sehr zweifelhaft). b) Der Vermieter haftet außerdem wie ein selbstschuldnerischer Bürge, dh also als 87 Gesamtschuldner neben dem Erwerber (§ 773 Abs 1 Nr 1), wenn der Erwerber die auf ihn übergegangenen Verpflichtungen gegenüber dem Mieter nicht erfüllt und diesem deshalb zum Schadensersatz verpflichtet ist. Dadurch wird verhindert, daß der Mieter auf einmal einem vermögenslosen oder zahlungsunwilligen Vermieter gegenübersteht. Dasselbe gilt entsprechend, wenn der Erwerber schon kraft Gesetzes, zB aufgrund des § 547, oder aufgrund des Vertrages, zB als Entschädigung für eine vorzeitige Kündigung, zu einer Geldleistung verpflichtet ist (BGHZ 51, 273, 274 f), jedenfalls wenn sich der Geldleistungsanspruch durch Fristsetzung in einen Ersatzanspruch verwandelt hat (SÖLLNER Anm JZ 1969, 634, 635). Es muß sich jedoch stets um vertragliche Ersatzansprüche des Mieters gegen den Erwerber handeln. Für Deliktsansprüche des Mieters gegen den Erwerber haftet der Vermieter nicht ( R O Q U E T T E § 571 Rz 37). c) Im Falle der Weiterveräußerung des Grundstücks durch den Erwerber haftet nach 88 § 579 S 2 der Vermieter dem Mieter ebenfalls für die Nichterfüllung der dem zweiten Erwerber obliegenden Pflichten wie ein selbstschuldnerischer Bürge. Das gilt jedoch nicht, wenn der Vermieter in der Zwischenzeit sich schon nach § 571 Abs 2 S 2 von der bürgenähnlichen Haftung befreit hatte. In diesem Falle muß man annehmen, daß dann den ersten Erwerber die bürgenähnliche Haftung des Vermieters trifft (§ 5 7 9 Rz 7 ; ENNECCERUS-LEHMANN § 1 3 3 II 2 ; LEONHARD B 1 6 9 ; WINDSCHEID-KIPP 7 3 7 ; a M MITTELSTEIN 7 1 1 ; NIENDORFF 3 2 6 f ; H A N S § 5 7 9

B

2

Anm

b).

2. Die Befreiung des Vermieters von seiner Haftung Nach § 571 Abs 2 S 2 wird der Vermieter von seiner bürgenähnlichen Haftung befreit, wenn der Mieter von dem Eigentumsübergang durch eine Mitteilung des Vermieters Kenntnis erlangt und daraufhin nicht das Mietverhältnis für den ersten (1261)

Volker Emmerich

89

§571 2 . Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

90-95

zulässigen Termin kündigt (s JZ 1 9 6 9 , 6 3 4 f).

MITTELSTEIN 6 9 6

ff;

NIENDORFF 3 2 0

ff;

SÖLLNER

Anm

90 a) Erste Voraussetzung der Haftungsbefreiung ist also, daß der Mieter gerade durch eine Mitteilung des Vermieters und nicht auf sonstige Weise Kenntnis von dem Eigentumsübergang erhält. Diese Mitteilung ist eine geschäftsähnliche Handlung, die keinen Rechtsfolgewillen voraussetzt und auch keinen Hinweis auf ihre Rechtsfolgen enthalten muß; die Vorschriften über die Vertretung sind jedoch auf sie entsprechend anwendbar, so daß die Mitteilung auch durch Ubersendung eines Schriftsatzes von einem Rechtsanwalt an einen anderen Rechtsanwalt erfolgen kann (BGHZ 4 5 , 1 1 , 1 2 ff); besondere Anforderungen an Inhalt und Form der Mitteilung dürfen nicht gestellt werden (SÖLLNER aaO). Die Mitteilung kann jedoch erst nach Eigentumsübergang erfolgen. Möglich ist natürlich auch, daß der Vermieter den Erwerber damit beauftragt, für ihn dem Mieter den Eigentumswechsel mitzuteilen; eine Frist für die Mitteilung besteht nicht (MITTELSTEIN 697). 91 b) Nach der Mitteilung muß sich der Mieter entscheiden, ob er das Mietverhältnis zum nächsten zulässigen ordentlichen Kündigungstermin kündigen will oder nicht. § 571 Abs 2 S 2 begründet kein zusätzliches Kündigungsrecht des Mieters, sondern geht von der ordentlichen Kündigungsmöglichkeit mit gesetzlicher Frist aus, so daß eine Haftungsbefreiung des Vermieters ausscheidet, wenn der Mietvertrag auf eine bestimmte Zeit abgeschlossen ist, so daß er nicht ordentlich mit gesetzlicher Frist gekündigt werden kann. Sind die Kündigungsfristen für Mieter und Vermieter unterschiedlich, so ist selbstverständlich von den Kündigungsfristen für den Mieter auszugehen. 92 c) Kündigt hiernach der Mieter gegenüber dem Erwerber (s W I N D S C H E I D - K I P P 7 3 4 ) , so hat dies jedoch nicht etwa die Folge, daß rückwirkend die bürgenähnliche Haftung des Vermieters entfiele; sie bleibt im Gegenteil bis zum Ablauf der Kündigungsfrist, dh bis zur Beendigung des Mietverhältnisses bestehen. 93 d) Nicht anders ist im Ergebnis die Rechtslage, wenn der Mieter trotz der Mitteilung von einer Kündigung absieht. Denn auch dann erlischt nach durchaus herrschender und zutreffender Meinung die bürgenähnliche Haftung des Vermieters erst mit dem Zeitpunkt, zu dem der Mieter frühestens ordentlich zu kündigen in der Lage war (MITTELSTEIN

698;

SOERGEL-MEZGER

§ 571 Rz

3 6 ; PALANDT-PUTZO § 5 7 1

Anm

5 Abs 2; R O Q U E T T E § 571 Rz 40). Nicht maßgebend ist also der Zeitpunkt, an welchem die Kündigung möglich gewesen wäre (so NIENDORFF 321). Angesichts dessen ist nicht ersichtlich, aus welchem Grunde der Mieter nach Empfang der Mitteilung seitens des Vermieters kündigen sollte: Immer haftet ihm der Vermieter bis zum ersten möglichen ordentlichen Kündigungstermin, nicht jedoch über diesen Zeitpunkt hinaus. 94 e) Im Einzelfall kann die Berufung des Vermieters auf § 571 Abs 2 S 2 auch treuwidrig sein. So namentlich dann, wenn der Mieter durch die Kündigung Entschädigungsansprüche aufgrund des Vertrages verlöre; denn dann kann der Vermieter von ihm nach Treu und Glauben keine Kündigung verlangen (SÖLLNER aaO). Der Vermieter wird auch nicht befreit, wenn der Mieter nach Eigentumsübergang eine Option auf Verlängerung des Vertrages für eine bestimmte Zeit ausübt, weil infolgedessen der Vertrag für eine bestimmte Zeit fortläuft und daher nicht ordentlich gekündigt werden kann ( N I E N D O R F F 3 2 1 ) . Die bürgenähnliche Haftung des Vermieters erlischt jedoch stets notwendigerweise, sobald der Mieter mit dem Erwerber einen neuen Mietvertrag abschließt ( E R M A N - S C H O P P § 5 7 1 Rz 1 5 ) . 95 i) Beruht der Eigentumsübergang auf einem Vermächtnis, so trifft die bürgenähnliche Haftung anstelle des Vermieters der Natur der Sache nach dessen Erben. Und Volker Emmerich

(1262)

3. Titel. Miete. Pacht

§§ 571, 572 96-98

wenn der Vermieter nur einen ideellen Anteil an dem Grundstück veräußert, so kann infolge der dann eintretenden gesamtschuldnerischen Haftung der verschiedenen Vermieter überhaupt keine Befreiung des Vermieters hinsichtlich des veräußerten Teils eintreten.

3. Abweichende Vereinbarungen

96

Auch § 571 Abs 2 ist nicht zwingend, so daß schon im voraus dem Vermieter die bürgenähnliche Haftung im Mietvertrag erlassen werden kann. Die Haftung entfällt auch dann, wenn sie der Erwerber mit Genehmigung des Mieters übernimmt (NIENDORFF 320). Ebenso, wie schon betont, wenn der Mieter mit dem Erwerber einen neuen Mietvertrag abschließt. Auch eine Vereinbarung des Mieters mit dem Erwerber über die Verlängerung des Mietverhältnisses dürfte idR die Bedeutung haben, daß damit der Vermieter aus seiner Haftung entlassen wird (MITTELSTEIN 699). In AGB und Formularverträgen kann hingegen nicht zum Nachteil des Mieters von § 571 abgewichen werden (§ 9 Abs 2 Nr 1 AGBG). X. Prozessuales

97

1. Bei Mietprozessen gilt das vermietete Grundstück als in Streit befangene Sache iS der §§ 265 und 325 ZPO. Eine Veräußerung des vermieteten Grundstücks während des Mietprozesses hat deshalb auf den Prozeß keinen Einfluß (§ 265 ZPO) ; das rechtskräftige Urteil wirkt auch gegen den Erwerber (§ 325 ZPO; RGZ 55, 293, 2 9 4 ; 1 0 2 , 1 7 7 , 1 7 9 f f ; B G H W M 1 9 6 5 , 6 8 0 ; HANS § 5 7 1 A n m B 7 ) . H i n g e g e n ist

der Ersteher eines Grundstückes, das nach vorausgegangener Zwangsverwaltung zwangsversteigert wird, kein Rechtsnachfolger des früheren Zwangsverwalters (BGH LM Nr 2 zu § 2 6 5 ZPO = ZMR 1 9 5 4 , 1 7 2 ) . Die Voraussetzungen für den Eintritt des Grundstückserwerbers in das Mietverhält- 98 nis muß stets derjenige beweisen, der sich auf den Eintritt des Erwerbers beruft.

§572 Hat der Mieter des veräußerten Grundstücks dem Vermieter für die Erfüllung seiner Verpflichtungen Sicherheit geleistet, so tritt der Erwerber in die dadurch begründeten Rechte ein. Zur Rückgewähr der Sicherheit ist er nur verpflichtet, wenn sie ihm ausgehändigt wird oder wenn er dem Vermieter gegenüber die Verpflichtung zur Rückgewähr übernimmt. E II § 564; E III § 565; Prot II 260 ff.

Schrifttum BRÜNNECK, Wie gestalten sich die Rechte und Verpflichtungen aus der vom Mieter oder Pächter bestellten Sicherheit nach Veräußerung des vermieteten oder verpachteten Grundstücks? Gruchot 47 (1903) 288 ff; MITTELSTEIN, Die Miete nach dem Rechte des deutschen Reiches (4. Aufl 1932) 678 ff; NIENDORFF, Mietrecht nach dem BGB (10. Aufl 1914) 312 f; NISSEN, Ein Beitrag zu § 572 BGB, JW 1904, 545; RÖDDING, Die Barkaution im Miet- und Pachtrecht, BB 1968, 934; SCHMIDT-FUTTERER, Mietrecht (7. Aufl 1976), s v Kaution; SCHOPP, Die Kaution in der Geschäftsr a u m m i e t e u n d - p a c h t , Z M R 1 9 6 9 , 1 ; STERNELTZI 3 7 ff ( S 1 7 f ) ; STÜCKMANN, D i e B a r k a u t i o n n a c h

Übertragung des Eigentums, ZMR 1972, 328; PATZER, Kaution und Mietvorauszahlung bei Zwangsversteigerung und Konkurs des Vermieters, DWW 1975, 157; WEIMAR, Rechtsfragen zur Mietkaution, Betrieb 1976, 1212. (1263)

Volker Emmerich

§572 1-4

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältmsse

1 1. Der Eintritt des Erwerbers in den Anspruch des Vermieters auf Leistung einer Sicherheit Vor allem bei der Pacht, immer häufiger aber auch bei der Miete, kommt es vor, daß sich der Vermieter von dem Mieter eine Sicherheit leisten läßt. Die Sicherheitsleistung kann nach § 232 Abs 1 bewirkt werden durch Hinterlegung von Geld oder Wertpapieren, durch Verpfändung bestimmter Forderungen gegen den Staat oder von beweglichen Sachen, durch Bestellung von Hypotheken, sowie durch die Verpfändung von Hypotheken, Grundschulden oder Rentenschulden. Daneben kommt auch die Bürgschaft eines Dritten in Betracht (§ 232 Abs 2; KG OLGE 25, 20, 21). Die weiteste Verbreitung hat jedoch heute in der Praxis die sog Mieteroder Pächterkaution erlangt (s dazu Vorbem 137 ff zu §§ 535, 536). 2 Die Art der Kaution und die diesbezüglichen Pflichten der Parteien richten sich dabei stets ganz nach den Abreden im Einzelfall. Die sicher häufigste Form der Kaution ist die sog Barkaution, die der Mieter zur freien Verfügung des Vermieters bei Vertragsbeginn leisten muß. Nur diese Barkaution wird auch im folgenden berücksichtigt. 3 Der Anspruch des Vermieters auf Leistung einer derartigen Sicherheit geht bei Veräußerung des Grundstücks nach § 571 als Teil der Vermieterrechte auf den Erwerber über (§ 571 Rz 47 ff, 62; MITTELSTEIN 678 f). Hat also im Augenblick des Eigentumsübergangs auf den Erwerber der Mieter die geschuldete Kaution noch nicht geleistet, so kann der Erwerber und nur der Erwerber der Leistung von dem Mieter verlangen, selbst wenn dem Vermieter noch offene Ansprüche gegen den Mieter zustehen ( H A N S § 572 Anm B 2). Zur Rückzahlung der Sicherheit und namentlich der Kaution ist der Erwerber erst nach Beendigung des Vertrags verpflichtet, sobald feststeht, daß er keine Ansprüche gegen den Mieter mehr hat (s Vorbem 138 zu §§ 535, 536 m Nachw). Schon während des Vertrags kann jedoch der Erwerber, ohne freilich hierzu verpflichtet zu sein, die vom Mieter geleistete Sicherheit zur Befriedigung offener Ansprüche verwerten. Im Zweifel ist der Mieter dann zur Auffüllung der in Anspruch genommenen Sicherheit verpflichtet (BGH LM Nr 50 zu § 535 BGB).

4 2. Der Eintritt des Erwerbers in die Rechte des Vermieters aus einer vom Mieter schon bestellten Sicherheit a) Hat der Mieter die Sicherheit schon geleistet, zB die Kaution schon vor Eigentumsübergang an den Vermieter gezahlt, so tritt nach § 572 S 1 der Erwerber in die dadurch begründeten Rechte des Vermieters ein. Welche Rechte dies sind, richtet sich ganz nach der Art der bestellten Sicherheit. Hat der Mieter einen Bürgen gestellt, so tritt ohne weiteres der Erwerber anstelle des Vermieters in die Rechte gegen den Bürgen aus der Bürgschaft ein (KG OLGE 25, 20, 21). Im Falle einer SicherungsÜbereignung wird der Erwerber automatisch kraft Gesetzes Eigentümer der zur Sicherheit übereigneten Sache; im Falle der Verpfändung von Sachen oder Forderungen tritt der Erwerber im Augenblick des Eigentumsübergangs am Grundstück in die Rechte des Pfandgläubigers ein (zB ROQUETTE § 570 Rz 13 ff; aM nur H A N S § 572 Anm B 3 a). Nur wenn der Mieter dem Vermieter eine Barkaution zur freien Verfügung geleistet hatte, erwirbt der Grundstückserwerber lediglich einen Anspruch auf Auszahlung des vom Mieter geleisteten Betrages (RGZ 53,247,249; RG JW 1905, 80 Nr 18; OLG Hamburg MDR 1970, 1015 Nr 57; ROQUETTE § 570 Rz 16). Keine Rolle spielt in diesem Zusammenhang, ob die Sicherheit vom Mieter oder von einem Dritten geleistet worden ist (OLG Königsberg OLGE 23, 40). Volker Emmerich

(1264)

§572 3. Titel. Miete. Pacht

5-10

b) Soweit der Erwerber Eigentümer wird, kann der Erwerber aufgrund des § 985 5 sowie aus dem Vertrag mit dem Vermieter Herausgabe der Sicherheit verlangen. Wird er Pfandgläubiger, so ergibt sich der Herausgabeanspruch aus § 1251 Abs 1. Daneben kommen immer auch vertragliche Ansprüche gegen den Vermieter in Betracht (RG und OLG Hamburg aaO). Im einzelnen richtet sich die Art der Herausgabe der Sicherheit stets ganz nach der Art der Sicherheit. Einen Anspruch auf erneute Leistung der Sicherheit gegen den Mieter hat der Erwerber dann jedoch nicht mehr. Anders nur im Ausnahmefall des § 240, sowie dann, wenn der Erwerber selbst die Sicherheit zur Befriedigung wegen eigener offener Ansprüche gegen den Mieter in Anspruch genommen hat (o Rz 3). Selbst wenn der Erwerber von dem Vermieter die Sicherheit nicht mehr erlangen 6 kann, weil diesem die Herausgabe unmöglich geworden ist, entsteht kein Anspruch auf erneute Leistung der Sicherheit gegen den Mieter. c) Der Vermieter kann die Herausgabe der Sicherheit nur verweigern, wenn er noch 7 eigene offene Ansprüche gegen den Mieter hat und sich deretwegen aus der Sicherheit befriedigen will (MITTELSTEIN 680). In diesem Fall steht dem Erwerber im Zweifel ein Anspruch auf Wiederauffüllung der Sicherheit gegen den Mieter zu. Der Anspruch des Erwerbers auf Herausgabe etwaiger Urkunden richtet sich im übrigen nach § 952. d) Bei einer Barkaution ist der Vermieter im Zweifel zur Verzinsung des geleisteten 8 Betrages verpflichtet (s Vorbem 139 zu §§ 535, 536). In diese Zinspflicht tritt der Erwerber unbedingt aufgrund des § 571 Abs 2 ein (RG JW 1905, 80 Nr 18; R G Z 53, 247, 252). e) Der Mieter hat natürlich ein großes Interesse daran, daß der Vermieter dem 9 Erwerber die Sicherheit aushändigt, da § 572 S 2 hiervon die Verpflichtung des Erwerbers zur Rückgewähr der Sicherheitsleistung abhängig macht. Im Anschluß an die Prot (I 262) folgert die hM hieraus, daß der Mieter einen Anspruch gegen den Vermieter aufgrund des Mietvertrages auf Aushändigung der geleisteten Sicherheit an den Erwerber habe (zB ENNECCERUS-LEHMANN § 1 3 3 II 1 Fn 1 2 ; E R M A N - S C H O P P § 5 7 2 R z 1 ; MITTELSTEIN 6 8 0 ; R O Q U E T T E § 5 7 2 R z 2 0 ; STERNEL a a O ; SCHOPP Z M R

1969, 1, 8; offen gelassen aber in RGZ 43, 247, 251). Jedoch ist schwer ersichtlich, wie allein aus dem Interesse des Mieters ein solcher Anspruch gefolgert werden kann, da dem Mieter auf jeden Fall der Vermieter weiterhaftet (STÜCKMANN aaO). Es kommt hinzu, daß nach allgemeiner Meinung den Erwerber keine Pflicht zur Übernahme der Sicherheitsleistung trifft, so daß nicht erkennbar ist, wie der Mieter durch einen Anspruch gegen den Vermieter den Erwerber zur Übernahme der geleisteten Sicherheit zwingen will. 3. Der Anspruch des Mieters auf Rückgewähr der geleisteten Sicherheit Ein Anspruch auf Rückgewähr der geleisteten Sicherheit besteht erst nach Vertragsende, wenn sich aufgrund einer vom Vermieter beschleunigt durchzuführenden Abrechnung ergibt, daß der Vermieter keine Ansprüche gegen den Mieter mehr hat (s Vorbem 138 zu §§ 535, 536). Folglich kann der Mieter bei Veräußerung des Grundstücks nicht Rückgewährung der schon geleisteten Sicherheit von dem Vermieter verlangen, da der Mietvertrag mit dem Erwerber fortgesetzt wird (RGZ 53, 247, 248 f). Gleichwohl ist nicht zu verkennen, daß sich durch die Veräußerung des Grundstücks und den Eintritt des Erwerbers die Position des Mieters erheblich verschlechtern kann, da die Gefahr besteht, daß ihm gegen seinen Willen ein neuer Schuldner aufgedrängt wird. Das BGB hat einen Ausgleich der widerstreitenden Interessen dadurch versucht, daß es den Erwerber nur dann zur Rückgewähr der (1265)

Volker Emmerich

10

§572 11-15

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

Sicherheit verpflichtet, wenn sie ihm ausgehändigt wird oder wenn der Erwerber dem Vermieter gegenüber die Verpflichtung zur Rückgewähr übernommen hat (s Prot II 262). Im einzelnen sind also folgende Fälle zu unterscheiden: 11 a) Wenn der Vermieter die Sicherheit behalten hat, trifft den Erwerber keine Rückgewährpflicht. Der Mieter muß sich ausschließlich an den Vermieter halten, es sei denn, der Erwerber habe zusätzlich nach den §§414 oder 415 die Rückgewährpflicht des Vermieters übernommen oder sich für deren Erfüllung verbürgt. Besonderheiten gelten insoweit nicht. Hervorzuheben ist nur, daß der Vermieter in diesem Fall die Rückgewähr der Sicherheit auch wegen noch offener Ansprüche des Erwerbers verweigern kann ( S O E R G E L - M E Z G E R § 572 Rz 4; OLG Stettin OLGE 20, 119, 120). Wenn aber der Mieter die Möglichkeit zur Aufrechnung mit dem Anspruch auf Rückzahlung der Kaution hatte, so bleibt ihm diese Aufrechnungsmöglichkeit immer gegen den Erwerber erhalten (LG Stuttgart NJW 1977,1885 ff). 12 b) Nach § 572 S 2 trifft die Rückgewährpflicht hingegen den Erwerber, wenn ihm die vom Mieter geleistete Sicherheit vom Vermieter ausgehändigt worden ist. Die Art der Aushändigung richtet sich auch hier nach der Art der Sicherheit. Zur Sicherheit übereignete oder verpfändete Sachen sind also zu übergeben. Eine Kaution ist an den Erwerber auszuzahlen. Gleichstehen muß bei den anderen Formen der Sicherheitsleistung der Eintritt des Erwerbers kraft Gesetzes in die Position des Berechtigten, zB als Gläubiger einer Bürgschaft oder einer verpfändeten Hypothek oder Grundschuld oder als Inhaber einer zur Sicherheit abgetretenen Forderung (so mit Recht R O Q U E T T E § 572 Rz 19). Eine Aushändigung iS des § 572 S 2 ist darüber hinaus bei einer Barkaution auch anzunehmen, wenn der Erwerber mit seinem Anspruch auf Auszahlung der Kaution gegen den Kaufpreisanspruch des Veräußerers aufrechnet oder wenn vertragsmäßig beide Ansprüche miteinander verrechnet werden (STÜCKMANN aaO; P A L A N D T - P U T Z O § 572 Anm 1 b). 13 Lebhaft umstritten ist die Frage, ob nach Aushändigung der geleisteten Sicherheit an den Erwerber der Veräußerer für die Rückgewähr der Sicherheitsleistung forthaftet. Da § 571 Abs 2 auf diesen Fall nicht anwendbar ist, neigt die Praxis dazu, von der generellen Forthaftung des Veräußerers auszugehen (RG JW 1905, 80 Nr 18; OLG Stettin OLGE 20, 119, 120). Im Schrifttum wird hingegen unter im einzelnen umstrittenen Voraussetzungen häufig eine Befreiung des Vermieters von seiner Rückgewährpflicht angenommen, wobei einschränkend teilweise auch § 1251 Abs 2 S 2 in Verbindung mit § 571 Abs 2 angewandt wird, so daß der Vermieter wenigstens für eine Übergangszeit bürgenähnlich forthaftet (s MITTELSTEIN 681 f; NIENDORFF 313; R Ö D D I N G , SCHOPP und PATZER aaO; insbes STÜCKMANN 330 f). Mit der Praxis ist jedoch im Interesse eines umfassenden Mieterschutzes von der unbedingten Forthaftung des Vermieters auszugehen. Die Haftung des Vermieters entfällt also nur, wenn der Mieter mit dem Erwerber eine erneute Sicherheitsleistung vereinbart, sowie wenn der Mieter dem Vermieter die Rückgewährschuld erläßt. 14 c) Nach § 572 S 2 ist der Erwerber außerdem zur Rückgewähr der Sicherheit verpflichtet, wenn er dem Vermieter gegenüber in dem der Veräußerung zugrunde liegenden Rechtsgeschäft die Verpflichtung zur Rückgabe übernommen hat. Es handelt sich hierbei um einen Fall der gesetzlichen Schuldübernahme, der abweichend von § 415 nicht der Genehmigung des Mieters bedarf (aM NIENDORFF 313; H A N S § 572 Anm B 4). Da der Mieter an dieser Schuldübernahme nicht beteiligt ist, ist hier ebenso wie bei der Aushändigung der Sicherheitsleistung von der Forthaftung des Vermieters auszugehen (ebenfalls streitig). 15 d) Der Erwerber haftet außerdem schließlich unbedingt auf Rückgewähr der schon geleisteten Sicherheit, wenn er diese auch nur teilweise durch Aufrechnung oder Volker Emmerich

(1266)

3. Titel. Miete. Pacht

Verrechnung gegenüber dem Vermieter in Anspruch genommen hat 1 9 6 8 , 9 3 4 , 9 3 7 ; SCHOPP Z M R

§§ 572, 573 16-19 (RÖDDING

BB

1 9 6 9 , 1, 8 ) .

e) Im Falle des Konkurses des Vermieters bleibt der Mietvertrag nach § 21 Abs 16 1 KO wirksam. § 572 ist nicht, auch nicht entsprechend, anwendbar, so daß bei Beendigung des Mietverhältnisses während des Konkurses der Konkursverwalter zur Rückgewähr der schon geleisteten Sicherheit verpflichtet ist. Es handelt sich hierbei um eine Masseschuld (PATZER aaO). Hingegen ist § 572 anwendbar, wenn der Konkursverwalter das Grundstück veräußert (§ 21 Abs 4 KO; § 57 ZVG; PATZER aaO). § 572 gilt auch entsprechend für das Verhältnis des Mieters zum Zwangsverwalter (AG Köln WuM 1977, 261). 4. Abweichende Vereinbarungen

17

§ 572 ist nicht zwingend, so daß abweichende Vereinbarungen möglich sind ( H A N S § 572 Anm B 5). Jedoch versteht es sich von selbst, daß Vermieter und Erwerber nicht durch Abreden untereinander entgegen § 572 S 2 bei Aushändigung der geleisteten Sicherheit an den Erwerber dessen Haftung für den Rückgewähranspruch des Mieters ausschließen können. Ebensowenig wird man eine Abweichung von § 571 zum Nachteil des Mieters in AGB und Formularverträgen zulassen können (§ 9 Abs 2 Nr 1 AGBG). 5. Beweislast 18 Wenn der Erwerber vom Mieter Leistung der Sicherheit verlangt, so muß er behaupten und ggf beweisen, daß der Mieter überhaupt aufgrund des Mietvertrages zur Leistung einer Sicherheit verpflichtet ist. Hingegen ist es Sache des Mieters, die bereits erfolgte Leistung der Sicherheit zu beweisen. Gelingt dem Mieter dieser Beweis, so muß der Erwerber behaupten und beweisen, daß der Vermieter die schon geleistete Sicherheit für eigene noch offene Ansprüche in Anspruch genommen hat. Verlangt der Mieter von dem Erwerber Rückgewähr der geleisteten Sicherheit, so 19 trifft ihn die Beweislast für die Voraussetzungen des § 572 S 2. §573 Hat der Vermieter vor dem Ubergang des Eigentums Uber den Mietzins, der auf die Zeit der Berechtigung des Erwerbers entfällt, verfügt, so ist die Verfügung insoweit wirksam, als sie sich auf den Mietzins für den zur Zeit des Übergangs des Eigentums laufenden Kalendermonat bezieht; geht das Eigentum nach dem fünfzehnten Tage des Monats über, so ist die Verfügung auch insoweit wirksam, als sie sich auf den Mietzins für den folgenden Kalendermonat bezieht. Eine Verfügung über den Mietzins für eine spätere Zeit muß der Erwerber gegen sich gelten lassen, wenn er sie zur Zeit des Uberganges des Eigentums kennt. E II § 565; E III § 566; Reichsgesetz vom 8. 6. 1915, RGBl 1915, 327; Notverordnung vom 8. 12. 1931 (RGBl I 699, 710) Teil V § 12; Verordnung vom 26. 5. 1933 (RGBl I 302) mit späteren Änderungen; Gesetz zur Wiederherstellung der Gesetzeseinheit auf dem Gebiete des bürgerlichen Rechts vom 5. 3. 1953 (BGBl I 33) Teil 1 Art II Nrn 2 und 3; Prot II 144 ff.

Schrifttum HACKENBERGER, Das Gesetz zur Einschränkung der Verfügungen über Miet- und Pachtzinsforderungen vom 8. 6. 1915, SächsArch 1915, 381; HAGELBERG, ZU Art 4 des Gesetzes zur Einschrän(1267)

Volker Emmerich

§573 1

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

kung der Verfügungen über Miet- und Pachtzinsforderungen (Teil B), JW 1915,1052; HALLBAUER, Die Verfügungsbeschränkung bei Pacht- und Mietzinsen, JW 1915, 880, 1111, 1160; MITTELSTEIN, Das Gesetz zur Einschränkung der Verfügungen über Miet- und Pachtzinsen, DJZ 1915, 656; ders, Die Miete nach dem Rechte des deutschen Reiches ( 4 . Aufl 1932) 682 ff; NIENDORFF, Mietrecht nach dem BGB (10. Aufl 1914) 315 ff; PATZER, Kaution und Mietvorauszahlung bei Zwangsversteigerung und Konkurs des Vermieters, DWW 1975, 157; REINHARD, Das Reichsgesetz zur Einschränkung der Verfügungen über Miet- und Pachtzinsforderungen, ZB1FG 16 (1915/16) 185; STILLSCHWEIG, Das Gesetz zur Einschränkung der Verfügungen über Miet- und Pachtzinsforderungen, unter bes Berücksichtigung des Übergangsrechtes, JW 1915, 619, 820, 1051, 1052.

Systematische Übersicht I. Entstehungsgeschichte und Zweck der Vorschrift 1

IV. Die Wirksamkeit der Vorausverfttgungen 15 1. Grundsatz 16 II. Der Anwendungsbereich der Vorschrift 2. Die weitergehende Wirksamkeit der Voraus1. Das Verhältnis der §§ 573-575 zueinander 2 verfügungen bei Kenntnis des Erwerbers 22 2. Die entsprechende Anwendung des § 573 in 3. Die Haftung des Vermieters für die Wirkanderen Fällen 3 samkeit von Vorausverfügungen 25 m . Die unter § 573 fallenden VorausverfügunV. Abweichende Vereinbarungen 27 gen des Vermieters 6 1. Allgemeines 7 2. Einzelfragen 12 VI. Beweislast 28

Alphabetische Übersicht Abweichende Vereinbarungen 27 Anwendungsbereich 2 f, 12

Nebenrechte 13 Nießbrauch 3 , 1 4 , 2 1

Baukostenzuschüsse 10,24 Beweislast 28

Pfändung 7

einseitige Verfügungen 2, 6

Umgehung 20 Unwirksamkeit von Vorausverfügungen 25

Kenntnis des Erwerbers 22, 24 Konkurseröffnung 4 Konkursverwalter 24 laufender Kalendermonat 16 Mietzinsberechnung 17

Sondervorschriften 2

Vertragliche Änderungen 8 f Vorausverfügungen 6,16 Wirksamkeit 15,18 Zwangsversteigerung 4,24 Zwangsverwaltung 4 f

1 I. Entstehungsgeschichte und Zweck der Vorschrift Nachdem sich die 2. Kommission für den Grundsatz „Kauf bricht nicht Miete" entschlossen und dabei zugleich die sog Zessionslösung des preußischen ALR abgelehnt hatte, tauchte die Frage auf, was mit den sog Vorausverfügungen des Vermieters geschehen sollte (s im einzelnen Prot II 144 ff). Da der Erwerber mit dem Übergang des Eigentums kraft eigenen Rechts in den Mietvertrag eintritt, so daß keine Rechtsnachfolge vorliegt, steht ihm vom Eigentumsübergang an an sich der Mietzins unbedingt zu, so daß Verfügungen des Vermieters über den Mietzins für die Zeit nach Eigentumsübergang als Verfügungen eines Nichtberechtigten Volker Emmerich

(1268)

3. Titel. Miete. Pacht

§573 2-4

unwirksam sein müßten. Bei strenger Durchführung dieses Grundsatzes müßten sich jedoch für alle Beteiligten zum Teil unhaltbare Konsequenzen ergeben. In den §§ 573-575 hat sich deshalb der Gesetzgeber, wie auch an den zahlreichen Änderungen dieser Vorschriften deutlich wird, um einen gerechten Ausgleich der Interessen des Vermieters, des Erwerbers, des Mieters und der Dritten, zugunsten derer Verfügungen über den Mietzins erfolgt sind, bemüht (Prot II 1 4 6 f; E R M A N - S C H O P P Vorbem 3 vor § 573).

IL Der Anwendungsbereich der Vorschrift 1. Das Verhältnis der §§ 573-575 zueinander

2

§ 573 betrifft Verfügungen des Vermieters über den Mietzins für die Zeit nach Übergang des Eigentums auf den Erwerber. Solche Vorausverfügungen sind nur in engen Grenzen gegenüber dem Erwerber wirksam. Anders steht es nach § 574 mit Rechtsgeschäften zwischen dem Mieter und dem Vermieter in Ansehung der Mietzinsforderung. Analog § 407 hat der Gesetzgeber zum Schutze des Mieters solchen Rechtsgeschäften eine wesentlich weitergehende Wirkung als den einseitigen Vorausverfügungen des Vermieters beigelegt. Im selben Umfange ist schließlich nach § 575 (analog § 406) eine Aufrechnung des Mieters gegen die Mietzinsforderung möglich. Aus dem Gesagten ergibt sich deutlich, daß die §§ 574 und 575 für Rechtsgeschäfte zwischen Vermieter und Mieter über die Mietzinsforderung und für die Aufrechnung des Mieters dem § 573 vorgehende Sondervorschriften darstellen. Der Anwendungsbereich des § 573 beschränkt sich damit auf einseitige Verfügungen des Vermieters über die Mietzinsforderung namentlich durch Abtretung, Verpfändung und Aufrechnung (ebenso E R M A N - S C H O P P § 5 7 3 Rz 3 ; H A N S § 5 7 3 A n m B 2 ; N I E N D O R F F 3 1 8 ; S O E R G E L - M E Z G E R § 5 7 3 R z 9 ; PERGANDE § 5 7 3 A n m

2;

nach aM sind hingegen die §§ 573 und 574 in diesen Fällen nebeneinander anwendb a r : s o z B ENNECCERUS-LEHMANN § 1 3 3 I I I 2 ; MITTELSTEIN 6 8 4 ; R O Q U E T T E § 5 7 3 R z

4).

2. Die entsprechende Anwendung des § 573 in anderen Fällen

3

§ 573 ist ebenso wie § 571 in zahlreichen Fällen ganz oder teilweise entsprechend anwendbar (s R O Q U E T T E Nach § 575 Rz 1 ff). So gilt zunächst § 573 S 1 entsprechend bei Beendigung eines Nießbrauchs, wenn der Nießbraucher das Grundstück vermietet oder verpachtet hatte. Hatte also zB der Nießbraucher das Grundstück vermietet und wird sodann das Grundstück unter gleichzeitiger Löschung des Nießbrauchs veräußert, so richtet sich die Wirksamkeit von Vorausverfügungen des Nießbrauchers nach § 573 S 1 (BGHZ 53, 174, 179 f; OLG Düsseldorf OLGE 20, 120, 121). Dasselbe gilt nach § 2135 im Falle des Eintritts der Nacherbfolge, wenn der Vorerbe das Grundstück vermietet oder verpachtet hatte. Im Falle der Veräußerung eines Eigenjagdbezirks ist durch § 14 BJG vom 30. 3. 1961 (BGBl I 304) ebenfalls die entsprechende Anwendung des § 573 angeordnet. Für den Fall der Konkurseröffnung trifft § 21 Abs 2 KO eine dem § 573 S 1 4 entsprechende Regelung. Für Vorausverfügungen des Konkursverwalters verweist außerdem § 21 Abs 4 KO (über die §§ 57 und 57 b ZVG) auf § 573 S 1 (s P A T Z E R aaO). Auch im Falle der Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung gilt § 573 S 1 mit den in § 57 b ZVG angeordneten Modifikationen (§ 57 ZVG). Nur im Falle der Zwangsversteigerung zum Zwecke der Aufhebung einer Gemeinschaft (§ 180 ZVG) findet § 57 b ZVG keine Anwendung (§ 183 ZVG). Schließlich ordnet noch (1269)

Volker Emmerich

§573 5-8

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

das Reichsgesetz über die Pfändung von Miet- und Pachtzinsforderungen wegen Ansprüchen aus öffentlichen Grundstückslasten vom 9. 3. 1934 (RGBl I 181) die entsprechende Anwendung der §§ 573 und 574 an. Hingegen ergibt sich eine wesentliche Einschränkung des Anwendungsbereichs der Vorschrift aus § 115 LAG für die dort genannten Ansprüche. 5 Das ZVG beschränkt nicht die Befugnis des Zwangsverwalters zu Verfügungen und Rechtsgeschäften über den Miet- und Pachtzins ( § 5 7 Abs 3 ZVG). Die Wirkung solcher Rechtsgeschäfte des Zwangsverwalters richtet sich daher ausschließlich nach den §§ 573 und 574 BGB (RG JW 1933, 1658).

6 m . Die unter § 573 fallenden Vorausverfügungen des Vermieters Wie sich aus der Gegenüberstellung des § 573 und der §§ 574 und 575 ergibt, betrifft § 573 nur einseitige Verfügungen des Vermieters über den Mietzins vor dem Eigentumsübergang, deren Wirksamkeit wenigstens teilweise in der Zeit nach Eigentumsübergang liegt (s o Rz 2; str). 7 1. Allgemeines a) Verfügungen des Vermieters über den Mietzins sind alle einseitigen Rechtsgeschäfte, die unmittelbar auf den Bestand der Mietzinsforderung einwirken, also die Aufrechnung, die Abtretung und die Verpfändung der Mietzinsforderung (RGZ 76, 116, 118; R O Q U E T T E § 573 Rz 4 ff). Gleich steht nach ständiger Rechtsprechung die Pfändung des Mietzinsanspruchs durch Gläubiger des Vermieters (RGZ 58, 181; 59, 177, 179 ff; 64, 415,418; 76,116,118; KG OLGE 7,469 f; OLG Posen OLGE 10, 170; OLG Dresden OLGE 7, 24 f; AnnSächOLG 36 [1915] 291, 292; OLG Braunschweig OLGE 17, 17; aM nur R O Q U E T T E § 573 Rz 5). Deshalb ist unter den Voraussetzungen des § 573 die Pfändung auch gegenüber einem Ersteher des Grundstücks in der Zwangsversteigerung wirksam (RGZ 64, 415, 418 ff). Dabei genügt eine Vorpfändung vor Eigentumsübergang, sofern nur die dann nachfolgende Pfändung überhaupt zulässig ist (KG OLGE 7, 469, 470; MITTELSTEIN 685). Hieran fehlt es zB, jedenfalls nach der Praxis, wenn die Pfändung gegen § 865 Abs 2 ZPO verstößt, weil sie dann nichtig sein soll (RGZ 59, 88, 91 f; streitig). 8 b) Die Verfügung des Vermieters als einseitiges Rechtsgeschäft steht im Gegensatz zu vertraglichen Änderungen des Mietzinsanspruchs. Der Erwerber muß den Mietvertrag immer in der Fassung gegen sich gelten lassen, die er im Augenblick des Eigentumsübergangs hat (s § 571 Rz 52 ff). Die Praxis hatte hieraus früher den Schluß gezogen, daß sämtliche Verfügungen über den Mietzins gemäß dem ursprünglichen Mietvertrage, namentlich die Vereinbarung der Zahlung des Mietzinses durch eine einmalige Leistung im voraus oder durch mehrere große Raten schon vor der Veräußerung oder die Abrede der Verrechnung der Mietzinsforderungen gegen die Forderung des Mieters auf Zahlung von Darlehnszinsen, gegen den Erwerber wirksam seien (RGZ 94, 279, 281; 127, 116, 117; 136, 407, 413 ff; bes 144, 194, 196 f; RG JW 1919, 674, 676 Nr 2; 1939, 286,287 Nr 14; KG DR 1942, 1094 Nr 4; OLG Hamm JW 1929, 3257 Nr 10; OLG Stettin HRR 1935 Nr 1132; RG HRR 1933 Nr 1321 = DWA 1933, 410). Hingegen sollten nachträgliche Änderungen des Mietvertrages hinsichtlich des Mietzinses immer als Vorausverfügungen gelten, die nur in dem engen Rahmen des § 573 gegen den Erwerber wirksam sind, zB eine nachträgliche Senkung des Mietzinses (KG DR 1942, 1094 Nr 4) oder eine nachträgliche Abrede, nach der der Mietzins insgesamt vorauszuzahlen ist (RG JW 1933, 1658 f Nr 12; KG JW 1936, 1465 Nr 35). Volker Emmerich

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3. Titel. Miete. Pacht

§573 9-15

Der BGH hat hingegen die formale Unterscheidung des Reichsgerichts zwischen 9 Verfügungen über den Mietzins in Gemäßheit des ursprünglichen Mietvertrages und nachträglichen Änderungen des Vertrages aufgegeben. Er stellt vielmehr darauf ab, wie der Mietzins berechnet wird. Wird der Mietzins nach periodischen Zeitabschnitten, namentlich nach Monaten berechnet, so stellt jede Vereinbarung über eine Vorauszahlung, auch wenn sie schon im ursprünglichen Mietvertrage enthalten ist, eine Vorausverfügung iS des § 574 durch Rechtsgeschäft zwischen Vermieter und Mieter dar, die nur in den Grenzen des § 574 gegen den Erwerber wirkt (BGHZ 37, 346, 351 ff; BGH LM Nr 2 zu § 574 BGB; ebenso schon KG JW 1936, 3132 f Nr 1 6 m abl Anm R O Q U E T T E ; R O Q U E T T E § 5 7 3 Rz 8 ff; E R M A N - S C H O P P Vorbem 4 v o r § 5 7 3 ; SOERGEL-MEZGER § 5 7 3 R z 1 2 f).

Nur wenn also der Mietzins tatsächlich aufgrund des Mietvertrages in einer einmali- 10 gen oder in wenigen großen Raten besteht, wirkt die Vorauszahlung des Mietzinses auch gegen den Erwerber. Anders werden jedoch diejenigen Mietvorauszahlungen behandelt, die zum Aufbau des Grundstücks verwendet worden sind, namentlich die Baukostenzuschüsse, weil durch sie Werte geschaffen worden sind, die auch dem Erwerber zugute kommen. Sie wirken unabhängig von den §§ 573 und 574 immer gegen den Erwerber, selbst wenn die Verrechnungsabrede erst nachträglich getroffen worden ist (BGHZ 6, 202, 206 f; 15, 296, 303 f; 16, 31, 35; 37, 346, 349 f; BGH LM Nr 1 zu § 57 b ZVG; LM Nr 2 zu § 574 BGB; LM Nr 33 zu § 535 BGB; s im einzelnen Vorbem 123 ff zu §§ 535, 536). Aus denselben Erwägungen heraus ist eine Mietvorauszahlung aufgrund des Miet- 11 Vertrages auch dann gegenüber dem Erwerber voll wirksam, wenn sie zur Befriedigung der vorgehenden Realgläubiger verwandt worden ist, weil auch dieser Wert dem Erwerber zugute kommt (OLG Düsseldorf ZMR 1972, 376). 2. Einzellragen

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a) § 573 betrifft nur Verfügungen des Vermieters vor Übergang des Eigentums an dem Grundstück durch Einigung und Eintragung im Grundbuch. Es spielt keine Rolle, ob die Verfügung vor Abschluß des Grundgeschäftes oder in der Zeit zwischen Abschluß des Grundgeschäftes und Eigentumsübergang getroffen wurde. Keine Anwendung findet hingegen § 573 bei Verfügungen nach Eigentumsübergang. Sie sind als Verfügungen eines Nichtberechtigten grundsätzlich unwirksam, es sei denn, es lägen die Voraussetzungen des § 574 vor (MITTELSTEIN 685; NIENDORFF 317; weitergehend S O E R G E L - M E Z G E R § 573 Rz 15). b) Keine Anwendung findet § 573 bei Verfügungen über Nebenrechte, zB bei einem 13 Verzicht des Vermieters auf eine Bürgschaft. Solche Verfügungen sind immer wirksam gegenüber dem Erwerber (RGZ 151, 379). c) Ebensowenig ist Raum für die Anwendung des § 573 bei Bestellung eines 14 Nießbrauchs an dem Grundstück. Denn dies ist eine Verfügung über das Grundstück, nicht über die einzelnen Mietzinsforderungen, so daß allein § 577 anzuwenden ist (RGZ 68, 10, 12 f; 81, 146, 149; RG JW 1908, 135, 136 Nr 4; KG OLGE 14,129 f). Diese Frage ist besonders wichtig bei 1124: Die bloße Nießbrauchbestellung entzieht also dem vorgehenden Hypothekengläubiger nicht den Mietzins (RG und KG aaO). IV. Die Wirksamkeit der Vorausverfügungen Vorausverfügungen in dem genannten Sinne (Rz 2, 6 ff) sind nach § 573 S 1 grundsätzlich nur für den zur Zeit des Eigentumsüberganges laufenden Kalender(1271)

Volker Emmerich

15

§573 16-22

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhaltnisse

monat wirksam. Geht jedoch das Eigentum nach dem 15. Tage des Monats über, so ist die Verfügung auch für den nachfolgenden Kalendermonat wirksam. Verfügungen für einen späteren Zeitraum sind wirksam, wenn der Erwerber bei Eigentumsübergang die Verfügung gekannt hat (§ 573 S 2). 16 1. Grundsatz a) Vorausverfügungen des Vermieters vor Eigentumsübergang sind grundsätzlich nur für den Mietzins für den zur Zeit des Eigentumsübergangs laufenden Kalendermonat wirksam (§ 573 S 1 HS 1). Maßgebend ist dabei immer der Kalendermonat, selbst wenn das Mietverhältnis während eines Monats begonnen hat. 17 Der Gesetzgeber geht hier offenkundig von dem Regelfall aus, daß der Mietzins nach Monaten berechnet wird. Dadurch entstehen erhebliche Schwierigkeiten, wenn der Mietzins ausnahmsweise nach anderen Zeitabschnitten, namentlich nach Quartalen oder Jahren, berechnet wird. In diesem Falle muß die Quartalsmiete oder Jahresmiete auf Monate umgerechnet werden, damit auf die dann entstehenden Teilbeträge § 573 entsprechend angewendet werden kann (aM ROQUETTE § 573 Rz 15, der hier § 571 anwenden will). 18 Nur bei Eigentumsübergang in der zweiten Monatshälfte ist die Verfügung auch für den nächsten Kalendermonat wirksam (§573 S1 HS 2). 19 b) Die Mietzinsforderung erlischt durch Vereinigung von Recht und Pflicht, wenn der Mieter das Grundstück erwirbt oder ersteht. Damit verlieren notwendigerweise auch alle Vorausverfügungen über den Mietzins unabhängig von § 573 ihre Wirkung. Dies gilt auch für ein durch Pfändung begründetes Pfändungspfandrecht, wie sich aus § 804 Abs 2 ZPO in Verbindung mit § 1252 BGB zwingend ergibt (OLG München OLGE 33, 318 f; KG OLGE 13, 318; OLG Celle OLGE 17, 20; ERMAN-SCHOPP V o r b e m 19 vor § 573; NIENDORFF 317; aM zu Unrecht früher K G

OLGE 7, 469, 470; 10, 170 f). 20 c) Geschäfte zur Umgehung des § 573 können unwirksam sein, wenn damit bezweckt wird, den durch § 573 auch intendierten Schutz des Dritten, zugunsten dessen der Vermieter über die Mietzinsforderung verfügt hat, zu beseitigen. Deshalb ändern an der Wirksamkeit von Vorausverfügungen spätere Verträge zwischen dem Erwerber und den Mietern über eine Neubegründung des Mietverhältnisses oder über eine Änderung der Mietzinsforderung nichts, wenn tatsächlich das Mietverhältnis unverändert fortgesetzt wird (OLG Dresden AnnSächsOLG 36 [1915] 291, 293 f; OLG München OLGE 20, 194 f; OLG Rostock OLGE 27, 160, 161; SOERGEL-MEZGER § 5 7 3 R z 8 ) .

21 d) Eine nach § 573 wirksame Vorausverfügung liegt auch vor, wenn ein Dritter die Mietzinsforderungen des Nießbrauchers pfändet und dann der Nießbrauch noch vor Fälligkeit der Forderungen erlischt (§ 1056 A b s l ; OLG Dresden SächsArch 9 [1914] 156, 157 f). Soweit §§ 1124 Abs 2 und 573 zusammentreffen, geht der speziellere § 1124 Abs 2 vor. Nach Zuschlag des Grundstücks in der Zwangsversteigerung lebt jedoch § 573 in vollem Umfang wieder auf, so daß Vorausverfügungen jetzt auch wieder wirksam sein können (OLG Hamburg HansGZ 1915 Beibl 101, 102). 22 2. Die weitergehende Wirksamkeit der Vorausverfügungen bei Kenntnis des Erwerbers a) Nach § 573 S 2 sind Vorausverfügungen des Vermieters über den Mietzins über den eben genannten engen Rahmen hinaus unbeschränkt dann gegen den Erwerber Volker Emmerich

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3. Titel. Miete. Pacht

§573 23-28

wirksam, wenn er die Vorausverfügung zur Zeit des Eigentumsüberganges gekannt hat. Sinn dieser Regelung ist es, dem Mieter einen Weg zu eröffnen, seine Rechte aufgrund einer Vorausverfügung über den Mietzins noch nach Abschluß des Grundgeschäftes und vor Eigentumsübergang (durch Eintragung und Auflassung) durch Mitteilung der Vorausverfügungen an den Erwerber zu wahren (Prot II 146). b) Die positive Kenntnis des Erwerbers, die § 573 S 2 voraussetzt, braucht nicht auf 23 einer Mitteilung des Mieters zu beruhen. Die Quelle der Kenntnis spielt maW keine Rolle. Auch durch eine Mitteilung des Veräußerers bei Abschluß des Grundgeschäftes oder danach kann also die Kenntnis des Erwerbers begründet werden. Für die in Satz 1 des § 573 geregelten Fälle spielt hingegen die Kenntnis des Erwerbers keine Rolle (MITTELSTEIN 686 f).

c) § 573 S 2 gilt nicht bei Veräußerung des Grundstücks durch den Konkursverwal- 24 ter oder in der Zwangsversteigerung (§§ 22 Abs 4 KO; 57 und 57 b ZVG; BGH W M 1962, 9 0 1 , 9 0 3 ; PATZER 158; s o Rz 4). Auch für eine Anwendung des § 2 1 Abs 2 KO ist neben § 21 Abs 4 KO kein Raum (BGH aaO). Ebensowenig gilt in diesen Fällen § 574 BGB. Nur echte Baukostenzuschüsse wirken also in diesen Fällen auch gegen den Erwerber. 25 3. Die Haftung des Vermieters für die Wirksamkeit von Vorausverfügungen a) Soweit infolge der Unwirksamkeit von Vorausverfügungen der Mieter zweimal den Mietzins zahlen muß, kann er hierfür vom Vermieter grundsätzlich aufgrund des Mietvertrages Schadensersatz verlangen, jedenfalls wenn die Vorausverfügung, zB als Mietvorauszahlung, schon im Mietvertrag vereinbart war (BGH LM Nr 33 zu § 535 BGB; PATZER 159). Durch eine Übernahme dieser Ersatzpflicht seitens des Erwerbers wird der Vermieter nicht notwendigerweise von seiner Haftung befreit (BGH aaO). b) § 573 betrifft nicht das Verhältnis zwischen Vermieter und Erwerber. Die Vertei- 26 lung der Mietzinsforderung im Innenverhältnis zwischen Vermieter und Erwerber richtet sich vielmehr ausschließlich nach den Abreden der Parteien und ergänzend nach § 446. Hat der Vermieter über hiernach dem Erwerber zustehende Mietzinsforderungen wirksam im voraus verfügt, so muß er folglich dem Erwerber Schadensersatz leisten (OLG Celle OLGE 7, 25, 27). V. Abweichende Vereinbarungen 27 § 573 ist nicht zwingend, so daß abweichende Vereinbarungen möglich sind. So können die Parteien Vorausverfügungen zB durch Zustimmung des Erwerbers zu den Verfügungen eine weitergehende Wirkung beimessen (OLG Posen OLGE 10, 170). Bei allen abweichenden Vereinbarungen müssen jedoch die Interessen der beteiligten Dritten beachtet werden. Deshalb kann die Wirksamkeit von Vorausverfügungen über den Rahmen des § 573 hinaus durch Vereinbarungen zwischen Vermieter und Erwerber nur mit Zustimmung des Drittberechtigten und des Mieters eingeschränkt werden (HANS § 573 Anm B 5). Bei AGB und Formularverträgen ist zudem stets § 9 AGBG zu beachten. VI. Beweislast 28 Wer sich auf die Wirksamkeit einer Vorausverfügung beruft, muß diese beweisen. Daher trifft namentlich die Beweislast für die Kenntnis des Erwerbers von den (1273)

Volker Emmerich

§574 1-5

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

Vorausverfügungen (§ 573 S 2) entweder den Dritten, zugunsten dessen die Vorausverfügung erfolgt ist, oder den Mieter, sofern sich dieser auf die Wirksamkeit der Vorausverfügung beruft (MITTELSTEIN 686). §574 Ein Rechtsgeschäft, das zwischen dem Mieter und dem Vermieter in Ansehung der Mietzinsforderung vorgenommen wird, insbesondere die Entrichtung des Mietzinses, ist dem Erwerber gegenüber wirksam, soweit es sich nicht auf den Mietzins für eine spätere Zeit als den Kalendermonat bezieht, in welchem der Mieter von dem Übergang des Eigentums Kenntnis erlangt; erlangt der Mieter die Kenntnis nach dem fünfzehnten Tage des Monats, so ist das Rechtsgeschäft auch insoweit wirksam, als es sich auf den Mietzins für den folgenden Kalendermonat bezieht. Ein Rechtsgeschäft, das nach dem Übergange des Eigentums vorgenommen wird, ist jedoch unwirksam, wenn der Mieter bei der Vornahme des Rechtsgeschäfts von dem Übergange des Eigentums Kenntnis hat. E II § 565; E III § 567; s im übrigen bei § 573; Prot II 147.

Schrifttum Siehe bei § 573.

1 1. Zweck und Anwendungsbereich der Vorschrift a) § 574 ist dem § 407 nachgebildet und bezweckt wie dieser einen umfassenden Schutz des Mieters als des Mietzinsschuldners (Prot II 147). § 574 erfaßt deshalb auch dieselben Rechtsgeschäfte wie § 407, so daß wegen aller Einzelheiten auf die Erläuterungen zu § 407 verwiesen werden kann. 2 b) Während § 573 einseitige Verfügungen des Vermieters zugunsten Dritter über den Mietzins betrifft, behandelt § 574 solche Verfügungen über die Mietzinsforderung, die durch Rechtsgeschäft im Verhältnis zwischen Mieter und Vermieter erfolgen (s § 573 Rz 2). Als wichtigstes Beispiel nennt das Gesetz selbst die Vorauszahlung des Mietzinses (vgl zB OLG Düsseldorf ZMR 1972, 376; BGH LM Nr 33 zu § 535 BGB). Weitere Beispiele sind der Erlaß der Mietzinsforderung, deren Stundung, die Annahme einer anderen Leistung an Erfüllungs Statt, die Umwandlung der Mietzinsforderung sowie der Aufrechnungsvertrag (OLG Hamburg OLGE 34, 207, 208). Streitig ist hingegen, ob die einseitige Aufrechnung des Mieters auch unter § 574 oder nur unter § 575 fällt; die Streitfrage hat keine praktische Bedeutung, weil § 575 nur den § 574 zugunsten des Mieters erweitert. 3 c) Unanwendbar ist § 574 hingegen auf Änderungen des Mietvertrages, die nach § 571 der Erwerber immer gegen sich gelten lassen muß. Daraus ergibt sich die Schwierigkeit, im Einzelfall zwischen der nach § 571 stets wirksamen Ermäßigung des Mietzinses und dem nur im Rahmen des § 574 wirksamen Erlaß der Mietzinsschuld zu unterscheiden (s BGH aaO). 4 d) Die Kündigung ist kein Rechtsgeschäft zwischen Mieter und Vermieter hinsichtlich der Mietzinsforderung iS des § 574 (aM nur MITTELSTEIN 687 f). 5 e) Die frühere Praxis hatte § 574 außerdem nicht auf eine vertragsmäßige Vorauszahlung des gesamten Mietzinses angewandt (zB RG JW 1919,674,676 Nr 2; OLG Hamm JW 1929, 3257 Nr 10; s im einzelnen §571 Rz 52 ff, § 573 Rz 8 ff m Nachw). Hieran ist jedoch nur in zwei Fällen festzuhalten, nämlich einmal, wenn Volker Emmerich

(1274)

§574 3. Titel. Miete. Pacht

6-11

tatsächlich nach dem Mietvertrag der gesamte Mietzins durch eine einmalige Leistung oder durch mehrere große Raten im voraus zu tilgen ist, zum andern dann, wenn es sich um echte Baukostenzuschüsse handelt. Wird jedoch der Mietzins nach periodischen Zeitabschnitten berechnet, so fällt eine gleichzeitig vereinbarte Vorauszahlung des Mietzinses immer unter § 574 (grdleg BGHZ 37, 346, 352 f; BGH LM Nr 2 zu § 574 BGB; ebenso schon früher MITTELSTEIN 691 ff; NIENDORFF 318). f) § 574 ist entsprechend anwendbar auf Rechtsgeschäfte zwischen dem Mieter und 6 dem Rechtsnachfolger des Vermieters, zB auf einen Vertrag zwischen dem Mieter und einem Zessionar des Vermieters. Die Folge ist, daß eine nach § 573 unwirksame Vorausverfügung des Vermieters durch ein Rechtsgeschäft zwischen dem Rechtsnachfolger des Vermieters und dem Mieter nach § 574 wirksam werden kann (MITTELSTEIN 6 8 8 ; NIENDORFF 3 1 8 ) .

g) Wegen der entsprechenden Anwendung des § 574 nach anderen Gesetzen s § 573 7 Rz 3 ff.

2. Die Wirksamkeit der Rechtsgeschäfte zwischen Mieter und Vermieter über die 8 Mietzinsforderung In der Frage, welche Rechtsgeschäfte zwischen Mieter und Vermieter über die Mietzinsforderung auch gegenüber dem Grundstückserwerber wirksam sein sollen, unterscheidet sich § 574 in wichtigen Beziehungen zum Schutze des Mieters von § 573: Während bei § 573 auf den Zeitpunkt des Eigentumsüberganges abgestellt wird (s § 573 Rz 16 ff), spielt der Zeitpunkt des Eigentumsüberganges bei § 574 nur eine ganz nebensächliche Rolle. Entscheidend ist hier vielmehr in erster Linie der Zeitpunkt, in dem der Mieter von dem Übergang des Eigentums positive Kenntnis erlangt (vgl § 407 Abs 1). Bloßes Kennenmüssen des Eigentumsüberganges genügt nicht. Ebensowenig reichen bloße Zweifel des Mieters an der fortbestehenden Berechtigung seines Vermieters aufgrund einer Mitteilung des Erwerbers; in einem solchen Falle hat der Mieter die erforderliche Kenntnis vielmehr erst erlangt, wenn ihm der Erwerber sein Eigentum nachgewiesen hat (RG JW 1905, 641 f Nr 8). Keine Rolle spielt dabei, aus welcher Quelle der Mieter die Kenntnis von dem Eigentumsübergang erlangt hat (MITTELSTEIN 689). Aber eine Informationspflicht trifft den Mieter nicht. Auch genügt nicht die bloße Kenntnis von dem Abschluß des der Veräußerung zugrunde liegenden Kausalgeschäftes, weil daraus nicht ohne weiteres auf den Eigentumsübergang geschlossen werden kann ( R O Q U E T T E § 574 Rz 5). Da keine Rolle spielt, wann das Rechtsgeschäft vorgenommen worden ist, hat man im einzelnen die folgenden Fälle zu unterschieden: a) Das Rechtsgeschäft ist vor Eigentumsübergang vorgenommen worden. Dann ist 9 es gegen den Erwerber bis einschließlich desjenigen Monats wirksam, in dem der Mieter Kenntnis von dem Eigentumsübergang erlangt hat. Erfährt der Mieter hiervon erst in der zweiten Monatshälfte, so bleibt das Rechtsgeschäft auch für den folgenden Kalendermonat wirksam. b) Dasselbe gilt, wenn das Rechtsgeschäft nach Eigentumsübergang mit dem Ver- 10 mieter vorgenommen worden ist. Immer ist es wirksam, bis der Mieter von dem Eigentumsübergang positiv erfährt. c) Nur wenn im zweiten Falle, dh bei Vornahme des Rechtsgeschäfts nach Eigen- 11 tumsübergang, dem Mieter der Eigentumsübergang schon bekannt war, ist das Rechtsgeschäft nach § 574 S 2 von Anfang an unwirksam. (1275)

Volker Emmerich

§§ 574, 575 12,13; 1 - 3

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

12 3. Abweichende Vereinbarungen § 574 ist ebensowenig wie § 573 zwingend. Abweichende Vereinbarungen sind also möglich, zum Nachteil Dritter jedoch immer nur mit deren Zustimmung (s H A N S § 573 Anm B 5; § 573 Rz 27). 13 4. Beweislast Wenn der Erwerber mit Rücksicht auf die Kenntnis des Mieters von dem Eigentumsübergang die Unwirksamkeit eines Rechtsgeschäfts zwischen Mieter und Vermieter behauptet, trifft ihn die Beweislast für die Kenntnis des Mieters von dem Eigentumsübergang (MITTELSTEIN 689 f). §575 Soweit die Entrichtung des Mietzinses an den Vermieter nach § 574 dem Erwerber gegenüber wirksam ist, kann der Mieter gegen die Mietzinsforderung des Erwerbers eine ihm gegen den Vermieter zustehende Forderung aufrechnen. Die Aufrechnung ist ausgeschlossen, wenn der Mieter die Gegenforderung erworben hat, nachdem er von dem Ubergange des Eigentums Kenntnis erlangt hat, oder wenn die Gegenforderung erst nach der Erlangung der Kenntnis und später als der Mietzins fällig geworden ist. E II § 567; E III § 568; Prot II 147.

Schrifttum MITTELSTEIN, Die Miete nach dem Rechte des deutschen Reiches (4. Aufl 1932) 690 f; NIENDORFF, Mietrecht nach dem BGB (10. Aufl 1914) 318 f.

1 1. Der Anwendungsbereich der Vorschrift § 575 ist zum Schutze des Mieters dem § 406 nachgebildet worden (s Prot II 147). Sein Zweck ist es, dem Mieter eine einmal erworbene Aufrechnungslage selbst dann zu erhalten, wenn er vor Erklärung der Aufrechnung Kenntnis von dem Eigentumsübergang erlangt. Nach hM fällt die Aufrechnung an sich schon unter § 574 (aM nur H A N S § 575 Anm Bl). Danach wäre jedoch die Aufrechnung ausgeschlossen, sobald der Mieter von dem Eigentumsübergang Kenntnis erlangt hat (§ 574 S 2). In diesem Falle greift jedoch § 575 ein: Der Mieter kann trotz Kenntniserlangung immer noch gegen die Mietzinsforderungen des Erwerbers bis einschließlich desjenigen Monats aufrechnen, in dem er von dem Eigentumsübergang Kenntnis erlangt hat; hat er die Kenntnis erst in der zweiten Monatshälfte erlangt, so kann er auch noch gegen die Mietzinsforderung des Erwerbers für den folgenden Monat aufrechnen (vgl M I T T E L STEIN u n d N I E N D O R F F a a O ) .

2 Die Forderungen, mit denen der Mieter aufrechnet, brauchen nicht auf dem Mietverhältnis zu beruhen. Der Mieter kann vielmehr mit beliebigen Forderungen gegen den Vermieter gegenüber dem Erwerber nach Eigentumsübergang im Rahmen der §§ 574 und 575 die Aufrechnung erklären. Keine Aufrechnung iS des § 575 ist jedoch die Mietzinsminderung nach § 537 oder ein Zurückbehaltungsrecht. Hierfür gilt allein die Regel des § 571 ( E R M A N - S C H O P P § 575 Rz 2; MITTELSTEIN 690 Fn 52). 3 § 575 ist entsprechend anwendbar in den Fällen des § 57 b Abs 1 ZVG und des § 14 Abs 1 BJG. Volker Emmerich

(1276)

3. Titel. Miete. Pacht

§§ 575, 576 4-8; 1

2. Der Ausschluß der Aufrechnung

4

§ 575 setzt voraus, daß - abgesehen von der Gegenseitigkeit - alle Voraussetzungen der Aufrechnung vorliegen. Eine Aufrechnung ist daher unmöglich, wenn sie durch den Mietvertrag wirksam ausgeschlossen ist (s § 552 a). Außerdem ist die Aufrechnung durch § 575 S 2 in Anlehnung an § 406 in zwei weiteren Fällen ausgeschlossen worden. Es handelt sich dabei um die folgenden beiden Fälle: a) § 575 S 2 betrifft zunächst den Fall, daß der Mieter nach dem Eigentumsübergang 5 eine Forderung gegen den Vermieter erworben hat, zB durch Abtretung seitens eines Dritten. In diesem Falle kann er mit der neuerworbenen Forderung immer noch gegen den Erwerber aufrechnen, sofern er bei dem Erwerb der Forderung von dem Eigentumsübergang keine positive Kenntnis hatte und wenn außerdem die erworbene Forderung spätestens im selben Augenblick wie die Mietzinsforderung fällig wird. Fehlt eine dieser Voraussetzungen, so ist die Aufrechnungslage des Mieters nicht schutzwürdig, so daß die Aufrechnung nicht möglich ist. b) Der zweite in § 575 S 2 geregelte Fall ist der, daß die Gegenforderung des Mieters 6 bei Eigentumsübergang wenigstens dem Grunde nach schon begründet war. Mit solchen Forderungen kann der Mieter ebenfalls immer noch gegenüber dem Erwerber aufrechnen, auch wenn sie erst nach dem Eigentumsübergang endgültig entstehen, sofern sie nur nicht später als die Mietzinsforderung fällig werden (vgl im einzelnen BGHZ 19, 153, 159 f; 56, 111; 58, 327; BGH LM Nr 2 zu § 54 KO; JZ 1962, 92). Wegen der Zulässigkeit abweichender Vereinbarungen vgl § 574 Rz 12.

7

3. Beweislast

8

Der Erwerber, der mit Rücksicht auf die Kenntnis des Mieters die Unwirksamkeit der Aufrechnung behauptet, trägt die Beweislast für die Kenntnis des Mieters. §576 Zeigt der Vermieter dem Mieter an, daß er das Eigentum an dem vermieteten Grundstück auf einen Dritten übertragen habe, so muß er in Ansehung der Mietzinsforderung die angezeigte Übertragung dem Mieter gegenüber gegen sich gelten lassen, auch wenn sie nicht erfolgt oder nicht wirksam ist. Die Anzeige kann nur mit Zustimmung desjenigen zurückgenommen werden, welcher als der neue Eigentümer bezeichnet worden ist. E II § 568; E III § 569; Prot II 147.

Schrifttum CANARIS, Die Vertrauenshaftung im deutschen Privatrecht (1971) 451 ff; ENNECCERUS-LEHMANN (15. B e a r b 1 9 5 8 ) § 133 I I I 4 ; ESSER-E. SCHMIDT I 2 § 3 7 1 4 . 5 ; LARENZ 1 ( 1 1 . A u f l 1 9 7 6 ) § 3 4 I V (S

462 f); MITTELSTEIN, Die Miete nach dem Rechte des deutschen Reiches (4. Aufl 1932) 693 ff; NIENDORFF, Mietrecht nach dem BGB (10. Aufl 1914) 319; WEIMAR, Der Vertrauensschutz des Mieters bei fälschlich angezeigter Veräußerung (§ 576 BGB), ZMR 1973, 2; ders, Kann eine Grundbucheintragung für den Mieter Bedeutung haben? MDR 1966, 817.

1. Zweck und Anwendungsbereich der Vorschrift a) Die Vorschrift, die dem § 409 nachgebildet ist (s Prot II 147), soll den Mieter in seinem Vertrauen auf eine Anzeige des Vermieters über den erfolgten Eigentums(1277)

Volker Emmerich

1

§576 2-6

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

Übergang schützen. Der Mieter, der idR keinen Einblick in die Beziehungen zwischen dem Vermieter und einem Grundstückserwerber hat, soll sich unbedingt darauf verlassen können, daß ein ihm vom Vermieter angezeigter Eigentumsübergang auch tatsächlich erfolgt ist. 2 b) Das Vertrauen des Mieters ist jedoch nur schutzwürdig, wenn die Anzeige des Eigentumsübergangs gerade vom Vermieter ausgegangen ist. Die Anzeige eines Dritten genügt also nur, wenn der Dritte vom Vermieter zur Erstattung der Anzeige bevollmächtigt war. Das gilt auch für den Erwerber. Auch der Vergleich zwischen § 576 und 409 zeigt, daß der Anzeige bei § 576 grundsätzlich nicht die Vorlage einer Urkunde durch den Erwerber gleichsteht, in der der Eigentumsübergang bestätigt wird. Hingegen wird § 576 idR anwendbar sein, wenn der Eigentümer eines Hauses dem Käufer ein an die Mieter der Wohnungen gerichtetes, die Veräußerung mitteilendes Schreiben ausgehändigt hat und der Erwerber dieses dann den Mietern vorweist. 3 c) Die Anzeige ist Rechtshandlung, keine Willenserklärung, weil sie keinen Rechtsfolgewillen voraussetzt. Sie wird jedoch in allen wesentlichen Beziehungen ebenso wie eine Willenserklärung behandelt, so daß ihre Wirksamkeit Geschäftsfähigkeit voraussetzt (WEIMAR ZMR 1963, 2, 3). Auch eine Anfechtung der Anzeige ist möglich mit der Folge, daß der zugunsten des Mieters begründete Rechtsschein rückwirkend (§ 142 Abs 1) beseitigt wird; der Mieter ist dann auf die Ersatzpflicht des Vermieters aus § 122 beschränkt (CANARIS, ENNECCERUS-LEHMANN, LARENZ und WEIMAR aaO; MITTELSTEIN 6 9 3 ; aM nur ROQUETTE § 5 7 6 Rz 9). Schließlich ist noch erforderlich, daß die Anzeige dem Mieter zugegangen ist (§ 130). Eine besondere Form ist für die Anzeige nicht vorgeschrieben; sie kann deshalb auch konkludent erfolgen. Ihrem Inhalt nach muß sie auf die Mitteilung gerade des Eigentumsüberganges gerichtet sein. Die bloße Mitteilung des Abschlusses eines Kausalgeschäftes genügt also nicht. Irgendeine konstitutive Wirkung hat die Anzeige nicht (BGHZ 64, 117, 119 f g e g e n R G J W 1926, 2 5 2 9 , 2 5 3 0 N r 5 ) .

4 d) § 576 ist entsprechend anwendbar in den Fällen der §§ 1056 und 2135 BGB, 37 WEG, 30 ErbbauVO und 14 BJG. 5 2. Die Wirkungen der Anzeige a) Die Wirkung der Anzeige besteht darin, daß der Mieter hinsichtlich der Mietzinsforderung den Erwerber als seinen neuen Gläubiger behandeln kann, aber nicht behandeln muß. Der Mieter kann sich also auf die Anzeige verlassen und mit befreiender Wirkung an den Erwerber zahlen, ihm gegenüber aufrechnen oder mit ihm einen Erlaß vereinbaren (ROQUETTE § 576 Rz 5). Keine Rolle spielt dabei, ob der Eigentumsübergang tatsächlich erfolgt ist oder nicht. Gerade in den Fällen, in denen das Eigentum tatsächlich nicht übergegangen ist, hat § 576 seine eigentliche Bedeutung (BGHZ 56, 339, 349; 64, 117, 119 ff; BGH LM Nr 6 zu MRG Nr 53 = BB 1956, 639). Nach hM gilt dies selbst dann, wenn dem Mieter bekannt ist, daß tatsächlich das Eigentum nicht übergegangen ist; eine Ausnahme wird nur für die Fälle des § 826 anerkannt (RGZ 126, 183, 185; RG JW 1926, 2529, 2530 Nr 5; einschränkend jedoch BGH WM 1955, 830; offengelassen in BGHZ 56, 339, 348; a M n u r WEIMAR Z M R 1963, 2, 3).

6 Diese Wirkungen äußert die Anzeige jedoch nur hinsichtlich der Mietzinsforderung, nicht hinsichtlich sonstiger Rechte und Pflichten der Parteien aus dem Mietvertrag. Eine Änderung des Mietvertrages kann der Mieter also trotz der Anzeige nicht wirksam mit dem Erwerber vereinbaren. Zweifelhaft ist die Rechtslage insoweit nur bei einer Kündigung des Erwerbers oder des Mieters gegenüber dem Erwerber. Volker Emmerich

(1278)

§576 3. Titel. Miete. Pacht

7-11

Wenigstens im letzteren Falle wird man § 576 entsprechend anzuwenden haben (ebenso NIENDORFF 3 1 9 ) . b) § 576 Abs 1 bezweckt nur den Schutz des Mieters, so daß der Mieter nicht gezwungen ist, sich hierauf zu berufen. Er kann statt dessen auch von dem Erwerber den vollen Nachweis seines Eigentumserwerbes verlangen (MITTELSTEIN 693; N I E N DORFF aaO). Er kann aber auch, wenn ihm bekannt ist, daß tatsächlich das Eigentum nicht übergegangen ist, ganz auf den Schutz des § 576 verzichten und weiterhin mit befreiender Wirkung an den Vermieter als den Berechtigten leisten (KG OLGE 18, 7; insbes BGHZ 64, 117, 118 ff). 3. Die Rücknahme der Anzeige Nach § 576 Abs 2 kann der Vermieter die Anzeige nur mit Zustimmung desjenigen zurücknehmen, den er in der Anzeige als den neuen Eigentümer bezeichnet hat. Diese Zustimmung ist eine einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung, für die keine besondere Form vorgeschrieben ist, so daß sie auch konkludent erfolgen kann (KG OLGE 18, 7). Die Pflicht des in der Anzeige als neuer Eigentümer bezeichneten Dritten zur Zustimmung zur Zurücknahme der Anzeige ergibt sich bei fehlendem Eigentumserwerb aus § 8 1 2 ( P A L A N D T - H E I N R I C H S § 4 0 9 Anm 2 ) . Solange jedoch dem Mieter vom Vermieter die Zustimmung des Dritten nicht nachgewiesen worden ist, kann der Mieter die Anzeige als wirksam behandeln und weiterhin mit befreiender Wirkung an den als neuen Eigentümer bezeichneten Dritten leisten; dem Nachweis der Zustimmung des Dritten steht dabei der Nachweis von Tatsachen, aus denen sich die Pflicht des Dritten zur Zustimmung ergibt, nicht gleich (RG JW 1 9 2 6 , 2 5 2 9 , 2 5 3 0 Nr 5 ) . Auch hier gilt jedoch, daß der Schuldner nicht gezwungen ist, sich auf die Wirksamkeit der Anzeige zu berufen. Er kann statt dessen auch mit befreiender Wirkung weiterhin an den Vermieter als den Berechtigten leisten, selbst wenn die Zustimmung des Dritten zur Rücknahme der Anzeige noch nicht vorliegt (BGHZ 64, 117, 120 ff). 4. Der Schutz des Mieters nach anderen Vorschriften Wenn der Vermieter dem Mieter den Eigentumsübergang nicht angezeigt hat, der (angebliche) Erwerber jedoch einen Grundbuchauszug vorlegt, aus dem sich sein Eigentum ergibt, stellt sich die Frage, ob bei einer Leistung des Mieters an den angeblichen neuen Eigentümer zum Schutze des Mieters § 893 entsprechend anzuwenden ist. Die Frage ist schon von den Verfassern des BGB mit Recht bejaht worden (Prot I I 1 4 7 ; ebenso E R M A N - S C H O P P § 5 7 6 Rz 3 ; MITTELSTEIN und N I E N DORFF a a O ; ROQUETTE § 5 7 6 R z 1 0 ; P A L A N D T - P U T Z O § 5 7 6 A n m 1 ; a M z B ENNECCERUS-LEHMANN u n d W E I M A R a a O ) .

5. Die Beweislast Wenn der Mieter trotz der Anzeige des Vermieters den Eigentumserwerb seines angeblichen neuen Vermieters bestreitet, trifft nicht den Mieter, sondern den dritten Erwerber die Beweislast für den Eigentumsübergang (MITTELSTEIN 694 Fn 83; aM NIENDORFF aaO Fn 29). Hingegen trifft den Mieter die Beweislast für das Vorliegen einer wirksamen Anzeige, wenn er sich auf den Schutz des § 576 beruft. Trägt der Vermieter dagegen vor, er habe mit Zustimmung des dritten Erwerbers die Anzeige zurückgenommen, so muß er auch die Zustimmung des Dritten nachweisen (RG JW 1926, 2529, 2530 Nr 5). (1279)

Volker Emmerich

§577 2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

§577 Wird das vermietete Grundstück nach der Überlassung an den Mieter von dem Vermieter mit dem Rechte eines Dritten belastet, so finden die Vorschriften der §§ 571 bis 576 entsprechende Anwendung, wenn durch die Ausübung des Rechtes dem Mieter der vertragsmäßige Gebrauch entzogen wird. Hat die Ausübung des Rechtes nur eine Beschränkung des Mieters in dem vertragsmäßigen Gebrauche zur Folge, so ist der Dritte dem Mieter gegenüber verpflichtet, die Ausübung zu unterlassen, soweit sie den vertragsmäßigen Gebrauch beeinträchtigen würde. E I § 510; E II § 569; E III § 570; Mot II 386 f; Prot II 159 ff.

Schrifttum DULCKEIT, Die Verdinglichung obligatorischer Rechte, Recht und Staat 158/159 (1951) bes 20 ff; ECKSTEIN, Tritt der Nießbraucher in die Mietverträge des Nießbrauchbestellers ein? SeuffBl 77 (1912), 571; FRAEB, Pfändung und Überweisung von Mietforderungen bei grundbuchlich eingetragenem Nießbrauch eines Dritten, JW 1916, 249; GSCHNITZER, Miete vom Nichtberechtigten, AcP 123 (1925) 43;

KOBAN, D i e g e s e t z l i c h e B ü r g s c h a f t d e r § § 5 7 1 u n d

1251 des B G B

(1905);

KOLLHOSSER, Dingliches Wohnrecht und unberechtigte Vermietung, BB 1973, 820; LÖNING, Die Grundstücksmiete als dingliches Recht (1930) bes 158 ff, 178 ff; MITTELSTEIN, Die Miete nach dem Rechte des deutschen Reiches (4. Aufl 1932) 701 ff; NIENDORFS, Mietrecht nach dem BGB (10. Aufl 1914) 322 ff; STILLSCHWEIG, Der Nießbrauch im Widerstreit mit anderen Rechten an der Mietzinsforderung und sein Verhältnis zur Zwangsverwaltung, JW 1921, 201 ff.

Systematische Übersicht I. Die Grundgedanken der gesetzlichen Regelung 1 II. Der Eintritt des Berechtigten in den Mietvertrag 3 1. Das Wohnungsrecht 4 2. Der Nießbrauch 6 3. Das Erlöschen der anderen Rechte 20

III. Die Rechte des Mieters bei einer Belastung des Grundstücks mit Dienstbarkeiten 23 IV. Abweichende Vereinbarungen 24

V. Beweislast 28

Alphabetische Übersicht Abweichende Vereinbarungen 27 Änderung 10 Anwendbarkeit 17 Aufhebung 10

Grundpfandrechte 1 Kündigung 10 Mietzinsvorauszahlungen 15

Beweislast 28 Nießbrauch 6 - 8 , 1 2 - 1 5 , 1 7

Dauernutzungsrecht 22 Dauerwohnrecht 22 Dienstbarkeiten 2,23 f, 26 dingliche Rechte 1

Verfügungen 16,18 f Vorausverfügungen 15

Eigentümer 3,9 Erbbaurecht 3,21

Wohnungserbbaurecht 22 Wohnungsrecht 4 f, 22

Pfändung 16

Volker Emmerich

(1280)

3. Titel. Miete. Pacht

§577 1-4

I. Die Grundgedanken der gesetzlichen Regelung 1 Nachdem sich die 2. Kommission zur Übernahme des Grundsatzes „Kauf bricht nicht Miete" entschlossen hatte, mußte auch die Frage geregelt werden, was geschehen soll, wenn der Grundstückseigentümer nach Vermietung des Grundstücks dieses zwar nicht veräußert, aber mit einem dinglichen Recht belastet, da auch durch solche Rechte dem Mieter der vertragsmäßige Gebrauch entzogen werden kann. Besonders deutlich wird dies an der Bestellung eines Nießbrauchs oder eines Erbbaurechts. Die 2. Kommission entschloß sich deshalb, die entsprechende Anwendung der §§ 571 bis 576 auf die Bestellung derjenigen dinglichen Rechte anzuordnen, durch deren Ausübung dem Mieter der vertragsmäßige Gebrauch entzogen würde. Es sind dies aus dem BGB der Nießbrauch und das Wohnungsrecht des § 1093, weiter das Erbbaurecht aufgrund der ErbbaurechtsVO, sowie aus dem WEG das Dauerwohnrecht, das Dauernutzungsrecht (§31 WEG), sowie das Wohnungserbbaurecht des § 30 WEG. Hinzu kommen nach Landesrecht noch die alten Altenteilsrechte (s Prot II 161). Nicht hierher gehört hingegen die Bestellung von Grundpfandrechten. Die Bestellung dieser Rechte ist vielmehr ohne jeden Einfluß auf vom Grundstückseigentümer abgeschlossene Mietverträge. Die Haftung der Mietzinsforderungen für die Grundpfandrechte richtet sich allein nach den §§ 1123 ff. Auch durch Grunddienstbarkeiten (§§ 1018 ff) und durch beschränkte persönliche 2 Dienstbarkeiten (§§ 1090 ff) kann der vertragsmäßige Gebrauch des Mieters beeinträchtigt werden. Deshalb bestimmt § 577 S 2 ergänzend, daß der aus der Dienstbarkeit Berechtigte deren Ausübung insoweit unterlassen muß, als sie den vertragsmäßigen Gebrauch des Mieters beeinträchtigte. Durch diese Regelung, die der Miete unbestreitbar gewisse dingliche Wirkungen beilegt, wollte der Gesetzgeber Schikanen des Vermieters gegenüber dem Mieter verhindern (Prot I I 1 6 2 ; D U L C K E I T a a O ; LÖNING 1 7 9 f f ) .

II. Der Eintritt des Berechtigten in den Mietvertrag 3 Nach § 577 S 1 gelten bei nachträglicher Belastung des Grundstücks mit einem Nießbrauch, Wohnungsrecht, Erbbaurecht oder Dauerwohnrecht die §§ 571 bis 576 entsprechend. Voraussetzung ist jedoch, daß es gerade der Eigentümer war, der das Grundstück vermietet hatte (KG OLGE 20, 98, 99 f) und daß dem Mieter das Grundstück vor der Bestellung der genannten Rechte bereits überlassen war (s dazu § 571 Rz 36 ff). Keine Probleme wirft dabei die Bestellung eines Erbbaurechts auf. Sie steht der Veräußerung des Grundstücks so nahe, daß die §§ 571 bis 576 uneingeschränkt auf diesen Vorgang angewendet werden können (BGH LM Nr 31 zu § 581 BGB, B1 2 R f; MITTELSTEIN 702). Erhebliche Probleme entstehen jedoch bei der Belastung des Grundstücks mit einem Wohnungsrecht oder einem Nießbrauch.

1. Das Wohnungsrecht

4

a) Aus § 577 S 1 in Verbindung mit § 571 Abs 1 ergibt sich, daß bei nachträglicher Bestellung eines Wohnungsrechtes an den dem Mieter vermieteten Räumen der Wohnungsberechtigte in den Mietvertrag kraft Gesetzes aus eigenem Recht eintritt. Dadurch wird zugleich der Eigentümer aus der Vermieterstellung verdrängt, jedenfalls wenn das Wohnungsrecht im wesentlichen dieselben Räume wie der Mietvertrag umfaßt (BGHZ 59, 51, 53 f; aM MITTELSTEIN 705; N I E N D O R F F 323). Erfaßt hingegen das Wohnungsrecht nur einen Teil der vermieteten Räume, so wird man (1281)

Volker Emmerich

§577 5-10

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

schwerlich eine Aufspaltung des Mietvertrages auf Vermieter und Wohnungsberechtigten annehmen können; die sachgerechte Lösung ist hier vielmehr die Anwendung des § 577 S 2 (offengelassen in BGHZ 59, 51, 54 f). Soweit der Wohnungsberechtigte hiernach in den Mietvertrag eintritt, gebühren ihm auch die Mietzinsen, selbst wenn ihm die Überlassung der Räume an Dritte nicht gestattet war. 5 b) Vermietet der Eigentümer hingegen die fraglichen Räume erst nach Bestellung des Wohnungsrechtes, so ist der Mietvertrag ohne Wirkung gegenüber dem Wohnungsberechtigten. Dieser kann vielmehr Unterlassung der Störung vom Eigentümer sowie Herausgabe der vom Eigentümer gezogenen Mietzinsen verlangen (vgl aber auch KOLLHOSSER aaO).

6 2. Der Nießbrauch Der wohl wichtigste Anwendungsfall des § 577 S 1 ist die Bestellung eines Nießbrauchs an dem vermieteten Grundstück nach dessen Überlassung an den Mieter. In diesem Falle tritt nach § 577 S 1 in Verbindung mit § 571 Abs 1 der Nießbraucher in den Mietvertrag ein. Alle damit zusammenhängenden Fragen sind außerordentlich umstritten. 7 a) Der Eintritt des Nießbrauchers in den Mietvertrag beruht ebenso wie bei § 571 Abs 1 der Eintritt des Grundstückserwerbers unmittelbar auf dem Gesetz; eine Rechtsnachfolge liegt nicht vor, so daß auch hier kein Raum für die Anwendung etwa des § 404 ist; vielmehr gebühren die Mietzinsen dem Nießbraucher von dem Augenblick der Nießbrauchbestellung ab kraft eigenen Rechtes (RGZ 68, 10, 13; 81, 146, 149; 80, 311, 316; 94, 279,281 f; 124, 325, 329; RG JW 1908,135 f Nr 4; OLG Hamburg OLGE 33, 319, 320; KG OLGE 14, 129 f; BGH LM Nr 14 zu § 535 BGB = NJW 1958, 380 f; LG Mannheim ZMR 1977, 284 f; MITTELSTEIN 703 f). 8 (1) Voraussetzung des Eintritts ist natürlich, daß der Nießbrauch wirksam ist. Im Falle der Nichtigkeit des Nießbrauchs kommt also ein Eintritt des vermeintlichen Nießbrauchers nicht in Betracht; ebensowenig, wenn der Berechtigte bisher lediglich einen schuldrechtlichen Anspruch auf Nießbrauchbestellung hat. Vor Bestellung des Nießbrauchs abgeschlossene Mietverträge wirken dann auch niemals gegen den Eigentümer (OLG Köln NJW 1968, 2148). 9 (2) Außerordentlich umstritten ist, ob durch den Eintritt des Nießbrauchers in den Mietvertrag der Eigentümer ganz verdrängt wird oder doch wenigstens gewisse Mitwirkungsrechte behält (vgl insbes MITTELSTEIN 704 ff; NIENDORFF 323 m Nachw). Auszugehen ist hier davon, daß die §§ 571 und 577 in aller erster Linie den Schutz des Mieters und nicht den Schutz des Eigentümers bezwecken. Daraus kann man nur den Schluß ziehen, daß der Eintritt des Nießbrauchers anstelle des Vermieters zu dessen völliger Verdrängung aus dem Mietvertrage führt (ebenso offenbar BGH aaO). 10 Folglich können sowohl der Nießbraucher als auch der Mieter ohne jede Mitwirkung des Vermieters den Mietvertrag kündigen (ebenso zu Recht NIENDORFF aaO). Beide können auch jederzeit eine Änderung oder Aufhebung des Vertrages vereinbaren (aM MITTELSTEIN aaO), und zwar auch mit Wirksamkeit für die Zeit nach Beendigung des Nießbrauchs, so daß der Eigentümer dann nur in den entsprechend abgeänderten Mietvertrag wieder eintreten kann (aM OLG Celle OLGE 33,320 für die Ermäßigung des Mietzinses durch den Nießbraucher, sowie im Anschluß hieran die hM). Folglich kann nach Kündigung der Nießbraucher auch allein vom Mieter Räumung verlangen ( S O E R G E L - M E Z G E R § 577 Rz 2). Eine Erhöhung des Mietzinses Volker Emmerich

(1282)

3. Titel. Miete. Pacht

§577 11-17

nach § 2 MHRG kann der Nießbraucher aber erst nach Eintragung fordern (LG Mannheim ZMR 1977, 284 f). Die Rechtsstellung des Vermieters beschränkt sich auf seine bürgenähnliche Haftung 11 aufgrund des § 5 7 1 Abs 2; jedoch kommt eine Befreiung von dieser Haftung aufgrund des § 571 Abs 2 S 2 hier nicht in Betracht, da nach Erlöschen des Nießbrauchs der Mietvertrag an den Eigentümer zurückfällt (MITTELSTEIN 705). Die Fristsetzung aufgrund des § 542 und die Anzeige nach § 545 müssen allein 12 gegenüber dem Nießbraucher erfolgen. Keine Rolle spielt in allen diesen Beziehungen, ob der Nießbrauch Sicherungscharakter trägt: Auch in einem solchen Falle tritt der Nießbraucher uneingeschränkt anstelle des Vermieters in den Mietvertag ein (OLG Dresden SächsArch 2 [1907] 563, 564). Umgekehrt kann auch allein der Nießbraucher vom Mieter Beseitigung der vom Mieter zu vertretenden Schäden verlangen (OLG Kiel OLGE 39, 239 f). Insbesondere aber ist der Nießbraucher zur Erfüllung des Mietvertrages durch Gebrauchsüberlassung verpflichtet (OLG Hamburg OLGE 33, 304, 305). (3) Der Eintritt des Nießbrauchers setzt voraus, daß der Mietvertrag vom Eigentü- 13 mer vor Bestellung des Nießbrauchs abgeschlossen worden war und daß das Grundstück dem Mieter bereits überlassen war. Ein vom Eigentümer nach Bestellung des Nießbrauchs abgeschlossener Mietvertrag ist ohne Wirkung gegenüber dem Nießbraucher, so daß der Nießbraucher von dem Mieter Räumung und nur Räumung verlangen kann (KG LZ 1917, 1011 Nr 15; MITTELSTEIN 703). (4) Wenn der Eigentümer nach Vermietung des Grundstücks und nach dessen 14 Überlassung an den Mieter das Grundstück veräußert und sich zugleich den Nießbrauch vorbehält, tritt keine Änderung der Rechtslage ein, da der frühere Eigentümer jetzt als Nießbraucher Vermieter bleibt; erst bei Erlöschen des Nießbrauchs fällt analog § 1056 der Mietvertrag an den Grundstückserwerber (so richtig RoQUETTE § 5 7 7 Rz 6 ; teilweise aM LG Bochum ZMR 1 9 5 2 , 3 8 f m abl Anm SCHOPP). b) Neben § 571 sind auf die nachträgliche Bestellung eines Nießbrauchs durch den 15 Eigentümer und Vermieter auch die §§ 572, 573 bis 575 und 576 entsprechend anwendbar. Nach § 572 kann also der Nießbraucher von dem Eigentümer Aushändigung einer vom Mieter schon geleisteten Sicherheit verlangen und ist dann zu deren Rückgewähr verpflichtet, wenn während des Bestandes seines Rechtes der Mietvertrag endet. Vor allem aber sind Vorausverfügungen des Eigentümers und Vermieters über den Mietzins durch dessen Abtretung oder Verpfändung sowie Pfändungen des Mietzinses durch Gläubiger des Vermieters dem Nießbraucher gegenüber nur im Rahmen des § 573 wirksam. Dasselbe gilt für Rechtsgeschäfte zwischen Mieter und Vermieter über die Mietzinsforderung, insbes für Mietzinsvorauszahlungen des Mieters nach § 574 (OLG Hamburg HansGZ 1916 Beibl Nr 139 S 268; RGZ 94, 279, 281 f; OLG Dresden OLGE 8, 399 f; KG OLGE 14, 131). Jenseits der Grenzen des § 573 sind Verfügungen des Eigentümers über die Miet- 16 zinsforderungen als Verfügungen eines Nichtberechtigten unwirksam (OLG Hamburg OLGE 33, 319, 320). Werden jetzt noch die Mietzinsforderungen durch Gläubiger des Vermieters gepfändet, so kann folglich der Nießbraucher nach § 771 ZPO intervenieren (OLG Dresden SächsArch 2 [1907] 563, 564; 3 [1908] 168, 169; 3 [1908] 584 f; MITTELSTEIN 704). Eine Ausnahme gilt nur bei einer Pfändung der Mietzinsforderungen durch einen vorgehenden Hypothekengläubiger; dieser Pfändung kann der Nießbraucher wegen des Vorrangs der Hypothek niemals widersprechen (RGZ 81, 146, 149 f; MITTELSTEIN aaO). c) Wenn der Nießbrauch erlischt, ordnet § 1056 Abs 1 die entsprechende Anwen- 17 dung der §§ 571 ff nur für den Fall an, daß der Nießbraucher das Grundstück (1283)

Volker Emmerich

§577 18-22

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

vermietet hatte. Die §§ 572 und 573 ff sind jedoch darüberhinaus nach allgemeiner Meinung auch dann entsprechend anwendbar, wenn zunächst der Eigentümer das Grundstück vermietet hatte und dann erst der Nießbraucher aufgrund der § § 5 7 7 und 571 Abs 1 in den Mietvertrag eingetreten war. Erlischt im letzteren Falle der Nießbrauch vor Ablauf des Mietvertrages, so fällt der Mietvertrag an den Eigentümer und Vermieter zurück; die §§ 572 bis 576 gelten entsprechend (KG OLGE 39, 2 4 0 , 2 4 1 ; ENNECCERUS-LEHMANN § 1 3 3 I 2 d F n 8; HANS § 5 7 7 A n m B 2 c; LÖNING 1 7 8 f ; ERMAN-SCHOPP § 5 7 7 R z 2 ; MITTELSTEIN 7 0 5 ) .

18 Über die Mietzinsforderungen, die auf die Zeit seines Rechtes entfallen, kann der Nießbraucher also unbeschränkt durch Abtretung oder Verpfändung verfügen; auch eine Pfändung der Mietzinsforderungen durch Gläubiger des Nießbrauchers ist während dieser Zeit unbeschränkt möglich (RG JW 1912, 870 Nr 29). Solche Verfügungen des Nießbrauchers über die Mietzinsforderungen sind im Rahmen des § 1124 auch gegenüber einem vorrangigen Hypothekengläubiger wirksam (OLG Dresden SächsArch 3 [1908] 584 f). Aber da die Mietzinsforderungen ihm ohnehin schon kraft Gesetzes zustehen, kann er sie nicht nochmals pfänden und sich überweisen lassen (RGZ 80, 311, 316 f; sehr streitig; aM zB MITTELSTEIN 703 f). 19 Soweit sich die Verfügungen des Nießbrauchers über die Mietzinsforderungen auf die Zeit nach Erlöschen seines Rechts erstrecken, beurteilt sich die Wirksamkeit nach § 573, ohne Rücksicht darauf ob der Mietvertrag erst vom Nießbraucher abgeschlossen worden ist (§ 1056) oder ob der Nießbraucher in einen zuvor schon vom Eigentümer abgeschlossenen Mietvertrag aufgrund der §§ 577 und 571 Abs 1 eingetreten ist; dasselbe gilt für Pfändungen der Mietzinsforderungen gegenüber dem Nießbraucher (OLG Dresden SeuffA 65 [1910] Nr 92 S 185, 186 ff). 20 3. Das Erlöschen der anderen Rechte a) Hatte der Nießbraucher den Mietvertrag abgeschlossen, so tritt nach § 1056 Abs 1 kraft Gesetzes der Eigentümer in den Mietvertrag ein. Dasselbe gilt aufgrund entsprechender Anwendungen der §§ 577 und 571 Abs 1, wenn schon vor Nießbrauchbestellung der Eigentümer den Mietvertrag abgeschlossen hatte und in diesen der Nießbraucher nach den §§ 577 und 571 Abs 1 eingetreten war. In beiden Fällen sind außerdem die §§ 572, 573 bis 575 und 576 zum Schutze des Mieters unmittelbar oder entsprechend anzuwenden (s o Rz 17 ff). Ähnlich ist die Rechtslage bei den anderen unter § 577 S 1 fallenden dinglichen Rechten. 21 b) Wenn der Erbbauberechtigte den Mietvertrag abgeschlossen hat, so gelten bei einer Veräußerung des Erbbaurechts die §§ 571 ff wegen der in jeder Hinsicht vergleichbaren Interessenlage entsprechend. Dasselbe gilt nach § 30 Abs 1 ErbbauVO bei Erlöschen des Erbbaurechts. Nicht anders ist die Rechtslage, wenn der Mietvertrag zuvor schon von dem Eigentümer abgeschlossen war. Aufgrund der §§ 577 und 571 Abs 1 war in diesem Falle zunächst der Erbbauberechtigte anstelle des Eigentümers in den Mietvertrag eingetreten. Nach Erlöschen des Erbbaurechts fällt jedoch der Mietvertrag an den Eigentümer zurück. Die §§ 571, 572 und 573 ff gelten entsprechend. 22 c) Für das Wohnungserbbaurecht (§ 30 WEG), das Dauerwohnrecht und das Dauernutzungsrecht (§31 WEG) gilt folgendes: Hatte der Berechtigte den Mietvertrag abgeschlossen, so erlischt der Mietvertrag mit Erlöschen des Dauerwohnrechts (§ 37 Abs 1 WEG); hingegen sind die §§ 571 ff BGB anwendbar, wenn das Dauerwohnrecht veräußert wird oder der Eigentümer von seinem Heimfallanspruch Gebrauch macht. Anders jedoch, wenn der Mietvertrag schon vor Bestellung der genannten Rechte vom Eigentümer abgeschlossen worden war: Dann war zunächst Volker Emmerich

0284)

3. Titel. Miete. Pacht

§577 23-28

nach den §§ 577 S 1 und 571 Abs 1 für die Dauer seines Rechts der Berechtigte in den Mietvertrag eingetreten. Bei Erlöschen des Rechts fällt jedoch in jedem Fall der Mietvertrag an den Eigentümer zurück. Die §§ 571, 572 und 573 ff sind entsprechend anzuwenden. Ebenso ist schließlich die Rechtslage beim Wohnungsrecht des § 1093. III. Die Rechte des Mieters bei einer Belastung des Grundstücks mit Dienstbar- 23 keiten 1. Wird das Grundstück nach seiner Vermietung und Überlassung an den Mieter mit einer Grunddienstbarkeit oder einer beschränkten persönlichen Dienstbarkeit belastet, so hat nach § 577 S 2 der Mieter den Vorrang, wenn sein Gebrauchsrecht durch die Ausübung der Dienstbarkeit beeinträchtigt würde. Beispiele sind Rechte auf Mitbenutzung eines vermieteten Gartens, Wegegerechtigkeiten, Weidegerechtigkeiten an einer verpachteten Wiese oder eine Wassergerechtigkeit an einer verpachteten Mühle (Prot II 162). Im Konfliktsfalle kann also der Mieter von dem Dienstbarkeitsberechtigten Unterlassung der Ausübung seines Rechtes verlangen; gegenüber dem Unterlassungsanspruch des Berechtigten hat er seinerseits eine persönliche Einrede (§§ 1 0 0 4 Abs 2, 1027, 1 0 9 0 Abs 2 ; MITTELSTEIN 7 0 6 ) . Statt dessen kann der Mieter aber auch von dem Vermieter Beseitigung der Störung verlangen (MITTELSTEIN a a O ; NIENDORFF 3 2 3 ) .

2. § 577 S 2 bedeutet nicht, daß der aus der Dienstbarkeit Berechtigte in den 24 Mietvertrag eintritt, er muß lediglich das vorgehende Gebrauchsrecht des Mieters respektieren, so daß ihn insoweit gewisse Vermieterpflichten treffen. Da er nicht in den Mietvertrag eintritt, steht ihm auch nicht der Mietzinsanspruch zu. Ebensowenig kann er den Mietvertrag kündigen (NIENDORFF 323 f). Soweit infolgedessen die Ausübung des ihm zustehenden Rechts unmöglich wird, muß er sich aufgrund seines Kausalverhältnisses mit dem Vermieter an diesen halten (NIENDORFF aaO). 3. § 577 S 2 gilt entsprechend, wenn an die Stelle einer Grunddienstbarkeit eine 25 andere tritt oder wenn der Mieter gleichzeitig durch mehrere Dienstbarkeiten in dem vertragsmäßigen Gebrauch gestört wird (LÖNING 184 ff). Die Vorschrift ist außerdem anwendbar, wenn der Vermieter nacheinander verschiedenen Personen einen Nießbrauch bestellt. Dann tritt nur der erste Nießbraucher in den Mietvertrag ein, während gegen den zweiten Nießbraucher der Mieter durch § 577 S 2 geschützt ist (LÖNING 184 f ) .

4. Keine Anwendung findet hingegen § 577, wenn der Eigentümer des herrschen- 26 den Grundstücks, das an einen Dritten vermietet war, auf die Dienstbarkeit verzichtet; selbst wenn dadurch das Gebrauchsrecht des Mieters beeinträchtigt wird, tritt der Eigentümer des mit der Dienstbarkeit belasteten Grundstücks nicht in den Mietvertrag ein (MITTELSTEIN 707; aM LG Gießen NJW 1957, 466 m abl Anm ROQUETTE N J W 1957, 1 4 4 0 ) .

IV. Abweichende Vereinbarungen 27 § 577 ist nicht zwingend. Mit Zustimmung des Mieters kann er also auch bei Bestellung eines dinglichen Rechtes abbedungen werden, jedoch nur durch echte (frei ausgehandelte) Individualvereinbarungen, nicht durch AGB und Formularverträge (§ 9 Abs 2 Nr 1 AGBG). V. Beweislast 28 Die Beweislast ist hier ebenso wie bei § 571 zu verteilen (s deshalb § 571 Rz 98). (1285)

Volker Emmerich

§578

1-4

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

§578 Hat vor der Überlassung des vermieteten Grundstücks an den Mieter der Vermieter das Grundstück an einen Dritten veräußert oder mit einem Rechte belastet, durch dessen Ausübung der vertragsmäßige Gebrauch dem Mieter entzogen oder beschränkt wird, so gilt das gleiche wie in den Fällen des § 571 Abs. 1 und des § 577, wenn der Erwerber dem Vermieter gegenüber die Erfüllung der sich aus dem Mietverhältnis ergebenden Verpflichtungen übernommen hat. E I § 512; E II § 570; E III § 571; Mot II 391 ff; Prot II 162 f.

Schrifttum LÖNING, D i e G r u n d s t ü c k s m i e t e als d i n g l i c h e s R e c h t ( 1 9 3 0 ) 1 6 9 f f ; MITTELSTEIN, D i e M i e t e n a c h

dem Rechte des deutschen Reiches (4. Aufl 1932) 707 ff; NIENDORFF, Mietrecht nach dem BGB (10. Aufl 1914) 324 ff; WEIMAR, Der Mietvertrag zu Gunsten und zu Lasten Dritter, ZMR 1954, 65.

1 1. Allgemeines § 578 geht zurück auf ALR I 21 § 361, nach dem der Mieter in den hier geregelten Fällen ein besonderes Kündigungsrecht hatte. Ein weiterer Vorläufer der Vorschrift ist E I § 512, nach dem der Grundsatz „Kauf bricht Miete" nicht gelten sollte, wenn der Erwerber gegenüber dem Veräußerer die Verpflichtung zur Erfüllung des Mietvertrages übernommen hatte. Die 2. Kommission hat an dieser Regelung trotz des Überganges zu dem entgegengesetzten Prinzip „Kauf bricht nicht Miete" für die von § 571 nicht erfaßten Fälle festgehalten (s Prot II 162 f). 2 § 578 ist entsprechend anwendbar, bei Veräußerung eines Eigenjagdbezirks (§ 14 Abs 1 S 1 BJG). Ebenso in der Zwangsversteigerung, wenn der Ersteher die Verpflichtung zur Erfüllung schon abgeschlossener Mietverträge übernommen hat. Hingegen findet die Vorschrift keine Anwendung im Konkurs. 3 § 578 ordnet ebenso wie die §§571 Abs 1 und 577 einen gesetzlichen Eintritt Dritter in das Mietverhältnis an. Die Konstruktion dieses Eintritts ist hier ebenso umstritten wie bei § 571. Darüber hinaus wird § 578 zT auch rein schuldrechtlich erklärt (s L Ö N I N G und W E I M A R aaO). 4 2. Die Voraussetzungen des Eintritts a) Die §§571 Abs 1 und 577 setzen übereinstimmend voraus, daß das Grundstück dem Mieter schon vor seiner Veräußerung oder vor der Belastung überlassen worden war (s § 571 Rz 36 ff). Im Falle der Veräußerung oder Belastung des Grundstücks vor seiner Überlassung an den Mieter scheidet also ein gesetzlicher Eintritt des Erwerbers oder des Berechtigten in den Mietvertrag aufgrund der genannten Vorschriften aus. Der Mieter kann sich in diesen Fällen nur an den Vermieter halten, der sich nachträglich durch die Veräußerung oder Belastung des Grundstücks die Erfüllung des Mietvertrages unmöglich gemacht hat, so daß er dem Mieter Schadensersatz leisten muß (§ 325 Abs 1). Der Vermieter hat deshalb in diesen Fällen ein großes Interesse daran, daß der Grundstückserwerber oder sonstige Berechtigte seine Verpflichtungen aus dem Mietvertrag übernimmt (s Mot II 391 ff und Prot II 162 f). Einen Weg hierzu eröffnet ihm § 578: Ubernimmt der Erwerber dem Vermieter gegenüber die Erfüllung der Vermieterpflichten, so tritt er im Augenblick seines Eigentumserwerbs in den Mietvertrag ein. Entsprechendes gilt bei Belastung des Grundstücks mit dem Rechte eines Dritten. Volker Emmerich

(1286)

§578 3. Titel. Miete. Pacht

5-11

b) Voraussetzung des Eintritts des Erwerbers ist zunächst, daß der veräußernde 5 Eigentümer zugleich der Vermieter ist; hieran fehlt es, wenn von mehreren Miteigentümern des Grundstücks nur einer das Grundstück vermietet hatte (BGH LM Nr 22 zu §571 BGB). Umgekehrt ist § 578 aber auch anwendbar, wenn der bisherige Alleineigentümer einen Miteigentumsanteil an einen Dritten veräußert (OLG Celle SeuffA 56 [1901] Nr 147 S 263, 264). c) Weitere Voraussetzung des Eintritts des Erwerbers oder des sonstigen Berechtig- 6 ten in den Mietvertrag ist, daß er dem Vermieter gegenüber die Erfüllung der sich aus dem Mietverhältnis ergebenden Verpflichtungen übernommen hat. Diese Erfüllungsübernahme braucht nicht schon in dem der Veräußerung oder Belastung zugrunde liegenden Kausalgeschäft vereinbart zu werden, sondern kann diesem Vertrag auch nachfolgen. Eine besondere Form ist für die Erfüllungsübernahme nicht vorgeschrieben, so daß sie auch konkludent, zB durch Ubergabe und Entgegennahme der Mieterüsten erfolgen kann. Inhaltlich muß die Abrede darauf gerichtet sein, daß der Erwerber oder Berechtigte die Vermieterpflichten übernimmt. Dafür genügt auch die Abrede in einem Kaufvertrag, daß die Rechte und Pflichten aus einem Mietvertrag übergehen sollen (BGH LM Nr 1 zu § 578 BGB). Eine Anzeige der Erfüllungsübernahme an den Mieter ist nicht vorgeschrieben. Streitig ist, ob die Erfüllungsübernahme auch noch nach Eigentumsübergang bzw 7 nach Bestellung des dinglichen Rechts bis zum Beginn der Mietzeit vereinbart werden kann (dafür H A N S § 5 7 8 Anm B 2 b; NIENDORFF 3 2 5 ; PALANDT-PUTZO § 5 7 8 Anm 3 ; ROQUETTE § 5 7 8 Rz 5 ; aMzB ERMAN-SCHOPP § 5 7 8 Rz 1; MITTELSTEIN 7 0 9 ; S O E R G E L - M E Z G E R § 5 7 8 Rz 2 ) . Da das Gesetz keine zeitliche Beschränkung enthält, ist nicht einzusehen, warum der Erwerber nicht auch noch nach Übergang des Eigentums zusätzlich die Verpflichtung zur Erfüllung schon abgeschlossener Mietverträge übernehmen können soll. Auch ein Nießbraucher kann durch zusätzliche Abrede mit dem Eigentümer die 8 Verpflichtung übernehmen, die Vermieterpflichten zu erfüllen (OLG Celle OLGE 33, 320). Dasselbe gilt für Erbbauberechtigte, Wohnungsberechtigte und Dauerwohnberechtigte. In jedem Falle muß es sich aber um eine Übernahme sämtlicher Vermieterpflichten 9 handeln. Einer nur teilweisen Übernahme kommt nicht die Wirkung eines Eintritts in den Mietvertrag zu; hier gelten vielmehr die allgemeinen schuldrechtlichen Vorschriften (§§ 328 und 329). Ob neben der Erfüllungsübernahme auch noch eine Schuldübernahme möglich ist, ist zweifelhaft, da die Erfüllungsübernahme bereits zum Eintritt in den Mietvertrag mit allen Rechten und Pflichten führt (dafür H A N S § 578 Anm B 2 a; ERMAN-SCHOPP § 578 Rz 2). Die Schuldübernahme kann sich wohl nur auf zuvor schon begründete Verpflichtungen des Vermieters beziehen. d) Ohne diese Erfüllungsübernahme gilt uneingeschränkt der Satz „Kauf bricht 10 Miete". Der Erwerber oder sonstige Berechtigte tritt in keinerlei vertragliche Beziehungen zu dem Mieter und kann von diesem, wenn der Mieter nachträglich auf irgendeine Weise den Besitz des Grundstücks erlangt hat, Räumung verlangen. Zum Schadensersatz ist er dem Mieter nur unter den engen Voraussetzungen des § 826 verpflichtet (OLG Celle SeuffA 56 [1901] Nr 147 S 263, 264). Überläßt jedoch später der Erwerber dem Mieter das Grundstück, so wird hierin in aller Regel der konkludente Abschluß eines neuen Mietvertrages liegen (MITTELSTEIN 707). e) Bis zum Augenblick des Eigentumsüberganges oder der Bestellung des sonstigen 11 dinglichen Rechts kann die Erfüllungsübernahme durch Vertrag zwischen Vermieter und Erwerber jederzeit wieder aufgehoben werden ( R O Q U E T T E § 5 7 8 Rz 9 ; MITTELSTEIN 7 0 9 f). Danach ist jedoch für einen Aufhebungsvertrag stets die Zustimmung (1287)

Volker Emmerich

§§ 578, 579 12-18

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

des Mieters erforderlich, weil dem Mieter nicht gegen seinen Willen die durch die Erfüllungsübernahme schon erlangte Rechtsstellung wieder genommen werden kann (NIENDORFF 325). 12 3. Die Rechtsfolgen a) Die Erfüllungsübernahme hat zur Folge, daß der Erwerber im Augenblick des Eigentumsübergangs sowie die sonstigen Berechtigten im Augenblick der Bestellung ihres Rechtes ebenso wie in den Fällen der §§ 571 Abs 1 und 577 S 1 ohne weiteres kraft Gesetzes in die in diesem Augenblick bestehenden Mietverhältnisse eintreten. Es spielt keine Rolle, ob sie die betreffenden Mietverhältnisse kannten oder nicht (BGH LM Nr 1 zu § 578 BGB). Sie müssen vielmehr alle Mietverhältnisse in dem Zustand hinnehmen, in dem sie sich im Augenblick des Eigentumserwerbes oder der Bestellung des dinglichen Rechts befinden, so daß auch alle schon erfolgten Änderungen des Mietvertrages gegen sie wirken (TAUBER Gruchot 4 9 [ 1 9 0 5 ] 2 2 8 , 2 5 9 f). 13 Dasselbe gilt für solche zusätzlichen Verpflichtungen des Vermieters, die sich aus der Ausübung eines vertraglichen Gestaltungsrechtes seitens des Mieters ergeben (BGH LM Nr 1 zu § 578 BGB). Voraussetzung ist nur, daß in diesem Augenblick der Mietvertrag noch wirksam ist (KG OLGE 11, 144 f). Dann stehen dem Erwerber oder sonstigen Berechtigten von dem genannten Zeitpunkt ab auch die Mietzinsansprüche zu (KG aaO). Der Erfüllungsanspruch des Mieters richtet sich jetzt ebenfalls nur noch gegen den Erwerber oder die sonstigen Berechtigten. Für Voraus Verfügungen des Eigentümers über den Mietzins gelten uneingeschränkt die §§ 573 bis 575. In allen diesen Beziehungen kommt es auf ein Einverständnis des Mieters nicht an (NIENDORFF 324 f). 14 Die weitere Folge ist, daß der Vermieter aus dem Mietverhältnis ausscheidet. Unberührt davon bleibt jedoch seine bürgenähnliche Haftung aufgrund des § 571 A b s 2 (ROQUETTE § 5 7 8 R z 6 ) .

15 Handelt es sich nur um ein beschränktes dingliches Recht, so fällt nach Erlöschen dieses Rechts der Mietvertrag an den Vermieter zurück (s § 577 Rz 17 ff, 20 ff). 16 b) § 578 verweist auch auf § 577 S 2. Deshalb kommt auch bei der Bestellung von Grunddienstbarkeiten oder beschränkten persönlichen Dienstbarkeiten eine Erfüllungsübernahme in Betracht. Sie hat hier die Folge, daß der aus der Dienstbarkeit Berechtigte keinen Unterlassungsanspruch gegen den Mieter hat, sobald dem Mieter das Grundstück überlassen worden ist (ERMAN-SCHOPP § 578 Rz 4). 17 c) § 578 kann nicht auf bloße Miet Vorverträge angewendet werden. 18 4. Beweislast Die Beweislast für die Veräußerung oder Belastung des Grundstücks sowie für die Erfüllungsübernahme trifft stets denjenigen, der Rechte aus § 578 herleiten will. §579 Wird das vermietete Grundstück von dem Erwerber weiterveräußert oder belastet, so finden die Vorschriften des § 571 Abs. 1 und der §§ 572 bis 578 entsprechende Anwendung. Erfüllt der neue Erwerber die sich aus dem Mietverhältnis ergebenden Verpflichtungen nicht, so haftet der Vermieter dem Mieter nach § 571 Abs. 2. E II § 571; E III § 572; Prot II 174.

Volker Emmerich

(1288)

3. Titel. Miete. Pacht

§§ 579, 580 1-7

Schrifttum KOBAN, D i e g e s e t z l i c h e B ü r g s c h a f t d e r § § 5 7 1 u n d 1 2 5 1 d e s B G B ( 1 9 0 5 ) ; MITTELSTEIN, D i e M i e t e

nach dem Rechte des deutschen Reiches (4. Aufl 1932) 710 ff; NIENDORFF, Mietrecht nach dem BGB (10. Aufl 1914) 326 ff; UHLE, Die Weiterveräußerung eines vermieteten Grundstücks (1910).

1. § 579 regelt, vor allem um mögliche Zweifel über die Rechtslage auszuschließen 1 (s Prot II 174), noch den Fall, daß der Grundstückserwerber das Grundstück weiterveräußert oder belastet. Auch ohne § 579 würde sich dann freilich die Anwendung der §§ 571 Abs 1 und 577 wohl von selbst verstehen. Im Falle der Weiterveräußerung scheidet also der erste Erwerber aus dem Mietvertrag wieder aus; und an seine Stelle tritt kraft Gesetzes der zweite Erwerber für die Dauer seines Rechts. Dasselbe gilt, wenn zB der erste Erwerber ein Erbbaurecht oder einen Nießbrauch bestellt (§ 577 S 1 mit § 571 Abs 1). Ungeregelt, aber ebenso zu behandeln ist der Fall, daß nachträglich der Erbbauberechtigte oder der Nießbraucher, die in den Mietvertrag eingetreten sind, ihr Recht, soweit möglich, veräußern oder belasten ( N I E N D O R F F 327). Die Anwendung der §§ 571 Abs 1 bis 578 bedeutet im einzelnen: a)Nach § 572 kann der zweite Erwerber von dem ersten Erwerber Aushändigung 2 einer schon geleisteten Sicherheit verlangen. Nach Aushändigung ist er auch zur Rückgewähr der Sicherheit an den Mieter verpflichtet ( N I E N D O R F F 326). b) In den §§ 573 bis 575 muß an die Stelle des Vermieters der erste Erwerber und an 3 die Stelle des Erwerbers nur der zweite Erwerber gesetzt werden. Mit dieser Maßgabe sind die genannten Vorschriften uneingeschränkt anwendbar. c) Bei §576 kommt es auf die Anzeige des ersten Erwerbers von der Weiterveräu- 4 ßerung an. d) Bei § 578 muß man unterscheiden: Hatte erst der erste Erwerber den Mietvertrag 5 abgeschlossen, das Grundstück jedoch noch nicht dem Mieter überlassen, so gilt bei Erfüllungsübernahme durch den zweiten Erwerber § 578 unmittelbar. Im übrigen kann § 578 immer nur zum Eintritt desjenigen Grundstückserwerbers führen, der dem Veräußerer gegenüber die Vermieterpflichten übernommen hat, nicht jedoch zum Eintritt späterer Erwerber, die diese Pflichten nicht übernommen haben (MITTELSTEIN 7 1 2 ) .

e) Wenn ein späterer Erwerber des Grundstücks dieses belastet, so gilt § 577 6 uneingeschränkt. 2. Bei einer Weiterveräußerung des Grundstücks soll nach § 579 S 2 nicht etwa der 7 Veräußerer, sondern stets der Vermieter dem Mieter nach § 571 Abs 2 haften. War jedoch in der Zwischenzeit der Vermieter schon nach § 571 Abs 2 S 2 von seiner bürgenähnlichen Haftung befreit worden, so lebt diese Haftung nicht etwa im Falle der Weiterveräußerung wieder auf (aM H A N S § 578 Anm B 2 a; R O Q U E T T E § 579 Rz 7); vielmehr ist anzunehmen, daß dann eben - über den Wortlaut des Gesetzes hinaus - den jeweiligen Veräußerer die bürgenähnliche Haftung des Vermieters trifft (s § 571 Rz 88 m Nachw z Streitstand). §580 Die Vorschriften über die Miete von Grundstücken gelten, soweit nicht ein anderes bestimmt ist, auch für die Miete von Wohnräumen und anderen Räumen. E III § 573; 1. Gesetz zur Änderung mietrechtlicher Vorschriften vom 29. 7. 1963 (BGBl I 505) Art I Nr 8.

(1289)

Volker Emmerich

§580 1-5

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

Schrifttum Sind die bürgerlich-rechtlichen Vorschriften über die Grundstücksmiete auch auf Räume in nicht wesentlichen Grundstücksbestandteilen anzuwenden? MDR 1957, 71; K I E F E , Wohnräume und andere Räume im Sinne des § 23 Nr 1 GVG, Recht 1906, 1427; MITTELSTEIN, Grundstück, Wohnräume und andere Räume, SeuffBl 72 (1907) 361; ders, Die Miete nach dem Rechte des deutschen Reiches (4. Aufl 1932) 17 ff; NIENDORFF, Mietrecht nach dem BGB (10. Aufl 1914) 1 f; RAISCH, Zur Rechtsnatur des Automatenaufstellvertrages, BB 1968, 526; SCHMIDT-FUTTERER, Mietrecht (7. Aufl 1976), s v Wohnraum; ders B 5 ff (S 39 ff) ; W E I M A R , Die Vermietung von Hauswand- und Dachflächen, MDR 1960, 195. FRIEMEL,

1 1. Die Grandstücksmiete Das Mietrecht des BGB gilt sowohl für die Miete von beweglichen Sachen (Fahrnismiete) als auch für die Grundstücksmiete (s Vorbem 23 ff zu §§ 535, 536 m Nachw). Jedoch enthält das Gesetz zahlreiche Sondervorschriften nur für die Grundstücksmiete. Deshalb ist die Abgrenzung wichtig. 2 Unter einem Grundstück versteht man einen abgegrenzten Teil der Erdoberfläche, der im Grundbuch unter einer besonderen Nummer eingetragen ist. Nach dem Grundsatz der Vertragsfreiheit (§ 305) kann sich jedoch ein Mietvertrag selbstverständlich ebenso auf mehrere Grundstücke wie auch auf bloße Grundstücksteile erstrecken. Grundstücksteile in diesem Sinne sind dabei nicht nur einzelne Räume oder Wohnungen in Gebäuden auf dem Grundstück, sondern auch einzelne Grundstücksflächen, Hauswände und Dachflächen. Grundstücksmiete sind daher nicht nur die Überlassung eines Grundstücks als Spielplatz gegen ein Entgelt (RG JW 1929, 3287 f Nr 1) oder die entgeltliche Überlassung eines Grundstücks als Lagerplatz (RG JW 1926, 574 Nr 6), sondern vor allem auch die Vermietung von Wand- und Dachflächen zur Anbringung von Automaten oder für Reklamezwecke (§ 571 Rz 14; KG LZ 1917, 691 Nr 10; OLG Dresden OLGE 7, 462; LG Berlin JW 1926, 1 0 4 6 N r 1 ; 1 9 3 4 , 1 1 3 0 , 1 1 3 1 N r 1 ; MITTELSTEIN 1 9 ; N I E N D O R F F a a O ; P A L A N D T - P U T -

zo Einf 6 a vor § 535; W E I M A R aaO; aM zB H A N S § 580 Anm B 2 c; wie hier wohl auch BGH LM Nr 172 zu § 1 UWG B1 2 R f). 3 Keine Grundstücksmiete ist hingegen die sog Platzmiete, wenn Schwerpunkt des Vertragsverhältnisses die Erlaubnis zum Betrieb eines Gewerbes in bestimmten Räumlichkeiten ist (§ 571 Rz 15; insbes BGHZ 47, 202, 204; BGH LM Nr 31 zu § 581 B1 3 f). Der wichtigste Fall der Grundstücksmiete ist sicher die Raummiete: 4 2. Die Raummiete § 580 besagt, daß Grundstücksmiete iS des BGB auch die Raummiete ist. Unter einem Raum versteht man allgemein einen allseits umschlossenen Teil eines festen Gebäudes, der so groß ist, daß sich ein Mensch darin aufhalten kann (MITTELSTEIN 18 f). Gebäude in diesem Sinne ist jedes unbewegliche, mit dem Erdboden fest verbundene Bauwerk, das zum Aufenthalt von Menschen bestimmt und geeignet ist. Keine Rolle spielt in diesem Zusammenhang, ob das Bauwerk einen wesentlichen Bestandteil des Grundstücks iS des § 94 bildet oder nach § 95 als bewegliche Sache zu behandeln ist. 5 Keine Raummiete ist hiernach zunächst die Vermietung von einzelnen Räumen in beweglichen Sachen wie Schiffen (s aber § 580 a), Wohnwagen und Eisenbahnwagen. Deshalb stellt zB die Vermietung von Restaurationsräumen in einem Schiff Fahrnismiete und nicht Grundstücksmiete dar, so daß die §§ 566 und 571 auf einen Volker Emmerich

(1290)

§§ 580, 580 a 3. Titel. Miete. Pacht

6-8

solchen Vertrag keine Anwendung finden können (OLG Kiel OLGE 12, 69,70; LG B o c h u m Z M R 1 9 7 5 , 3 3 4 , 3 3 5 ; MITTELSTEIN 2 0 ; FRIEMEL a a O ; a M KIEFE a a O ) .

Ebenso handelt es sich um Fahrnismiete, wenn einzelne Felder eines Theatervorhangs oder Außenflächen eines Automaten für Reklamezwecke vermietet werden ( O L G Dresden O L G E 7, 462; K G O L G E 22, 201; MITTELSTEIN 20; NIENDORFF 2).

Hingegen stellt die Vermietung von Räumen in Gebäuden, die nur nach § 95 als 6 bewegliche Sachen behandelt werden, durchaus Raummiete iS des BGB dar, sofern nur das Gebäude wie idR fest mit dem Erdboden verbunden ist (OLG Kiel OLGE 12, 69, 70; insbes KG JW 1928, 2545 f Nr 8; LG Bochum aaO). Immer aber setzt die Raummiete voraus, daß der Mieter die tatsächliche Verfügungsgewalt über die Räume erlangt. Auch deshalb stellt die bloße Platzmiete keine Raummiete dar (BGH LM Nr 31 zu § 581 BGB B1 3 f). Keine Raummiete ist die Miete eines Lagerplatzes, selbst wenn auf diesem einzelne 7 Gebäude stehen, die der Mieter ebenfalls als Lagerhallen benutzt (RG JW 1926, 574 Nr 6), oder die Miete eines Grundstücks, selbst wenn die Parteien damit den Zweck verfolgen, daß der Mieter darauf sich ein Haus bauen soll (OLG Königsberg JW 1927, 1950 f Nr 17). Einen Sonderfall der Raummiete bildet die Wohnraummiete. 3. Die Wohnraummiete

8

Infolge der Einführung des sozialen Mietrechts ab 1960 enthält das BGB neuerdings immer zahlreichere Sondervorschriften für die Wohnraummiete. § 580 hebt deshalb hervor, daß die speziell für die Wohnraummiete erlassenen Vorschriften nicht für die Miete anderer Räume und für die Miete von Grundstücken gelten und daß umgekehrt die Vorschriften über die allgemeine Grundstücks- und Raummiete nur insoweit auf die Wohnraummiete angewendet werden können, als nicht spezielle Vorschriften über die Wohnraummiete vorgehen. All dies versteht sich an sich von selbst und hätte deshalb keiner besonderen Hervorhebung im Gesetz bedurft. Den Gegensatz zu Wohnräumen bilden namentlich die sog Geschäftsräume. Die 9 Abgrenzung zwischen Wohnräumen und Geschäftsräumen richtet sich in erster Linie nach der Zweckbestimmung der Räume aufgrund der Abreden der Parteien (s im einzelnen Vorbem 24 ff zu §§ 535, 536). Wohnräume sind hiernach alle Einzelräume und Wohnungen, die zum privaten Aufenthalt von Menschen bestimmt sind. Es muß sich dabei um Innenteile von Gebäuden handeln, so daß die Vermietung von Räumen in beweglichen Sachen nicht unter die Wohnraummiete fällt (ebenso schon Mot II 404). Auch die Vermietung von Außenwänden und Dächern oder die Vermietung einzelner Plätze ist keine Wohnraummiete, wohl aber ggf die Vermietung von Behelfsheimen und Baracken. Werden Wohnräume und andere Räume zusammen vermietet, so liegt ein sog Mischmietverhältnis vor (zu dessen Behandlung s Vorbem 26 f zu §§ 535, 536). § 580 a Die Vorschriften der §§ 571, 572, 576 bis 579 gelten im Fall der Veräußerung oder Belastung eines im Schilfsregister eingetragenen Schiffs sinngemäß. Eine Verfügung, die der Vermieter vor dem Übergang des Eigentums über den auf die Zeit der Berechtigung des Erwerbers entfallenden Mietzins getroffen hat, ist dem Erwerber gegenüber wirksam. Das gleiche gilt von einem Rechtsgeschäft, das zwischen dem Mieter und dem Vermieter über die Mietzinsforderung vorgenommen (1291)

Volker Emmerich

§580 a 1-5

2. Buch. 7. Abschnitt. Einzelne Schuldverhältnisse

wird, insbesondere von der Entrichtung des Mietzinses; ein Rechtsgeschäft, das nach dem Übergang des Eigentums vorgenommen wird, ist jedoch unwirksam, wenn der Mieter bei der Vornahme des Rechtsgeschäfts von dem Übergang des Eigentums Kenntnis hat. § 575 gilt sinngemäß. Verordnung zur Durchführung des Gesetzes über Rechte an eingetragenen Schiffen vom 21. 12. 1940 (RGBl I 1609).

1 1. Durch das Gesetz über Rechte an eingetragenen Schiffen und Schiffsbauwerken vom 15. 11. 1940 (RGBl I 1499), das sog SchiffsRG, sind im See- und Binnenschiffsregister eingetragene Schiffe in vielen Beziehungen Grundstücken gleichgestellt worden. § 580 a zieht daraus die Folgerungen für die Schiffsmiete. 2 a) Auf Mietverträge über im See- oder Binnenschiffsregister eingetragene Schiffe sind nach § 580 a Abs 1 die §§ 571, 572 und 576 bis 579 entsprechend anzuwenden. Zu den eingetragenen Schiffen zählen jedoch nicht Schiffdocks, die also immer wie bewegliche Sachen zu behandeln sind (BGHZ 32, 76, 90). Auch stellen die in der Schiffahrt überaus verbreiteten Charterverträge keine Mietverträge, sondern Frachtverträge dar; dies gilt auch für die sog Zeitcharter, so daß in diesen Fällen für die Anwendung des § 580 a ebenfalls kein Raum ist (zB A R G Y R I A D I S MDR 1958, 728 ff, bes 730 f). 3 b) Die entsprechende Anwendung des § 571 bedeutet, daß der Erwerber eines Schiffs (s §§ 2 und 3 SchiffsRG) in zuvor über das Schiff abgeschlossene Mietverträge kraft Gesetzes eintritt. Ebenso ist nach § 577 S 1 die Rechtslage, wenn an dem Schiff nach § 82 SchiffsRG ein Nießbrauch bestellt wird. Erlischt der Nießbrauch, so fällt entsprechend § 1056 der Mietvertrag an den Schiffseigentümer zurück. 4 c) Nur für Vorausverfügungen gelten Besonderheiten: Sie sind über die §§ 573 bis 575 hinaus stets voll wirksam, wenn sie vor Übergang des Eigentums vorgenommen worden sind. Vorausverfügungen durch Rechtsgeschäfte zwischen Vermieter und Mieter, namentlich also Vorauszahlungen des Mietzinses, sind darüberhinaus auch nach Eigentumsübergang wirksam, sofern nur der Mieter bei Vornahme des Geschäfts keine Kenntnis von dem Eigentumsübergang hatte. Im selben Rahmen kann der Mieter dann auch noch mit Forderungen gegen den Vermieter selbst nach Kenntniserlangung gegenüber dem Erwerber aufrechnen (§ 575). 5 2. § 580 a ist entsprechend anwendbar auf Flugzeuge, die in die Luftfahrzeugrolle eingetragen sind ( § 9 8 des Gesetzes über Rechte an Luftfahrzeugen vom 26. 2. 1959, BGBl I 57).

Volker Emmerich

(1292)

Zweites Gesetz über den Kündigungsschutz für Mietverhältnisse über Wohnraum (Zweites Wohnraumkündigungsschutzgesetz - 2. WKSchG) vom 18. D e z e m b e r 1974 ( B G B l I 3603)

Vorbemerkungen

Schrifttum Zweites Wohnraumkündigungsschutzgesetz, Miethöhegesetz ( 1 9 7 6 ) ; BURKHARDT, Die Regelung der Mietzinshöhe nach dem 2. Wohnraumkündigungsschutzgesetz, JurBüro 1975, 5 6 1 ; ERMAN, Handkommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch ( 6 . Auf] 1 9 7 5 ) ; FREUND-BARTHELMESS, Rechtsprobleme zum Zweiten Wohnraumkündigungsschutzgesetz, ZMR 1 9 7 5 , 3 3 ; GÜNTER, Die Mieterhöhung nach dem 2 . Wohnungskündigungsschutzgesetz, WuM 1 9 7 5 , 5 ; LOWE, Wichtige Neuregelungen im Zweiten Wohnraumkündigungsschutzgesetz, NJW 1 9 7 5 , 9 ; LUTZ, Das neue Wohnraumkündigungsschutzgesetz, DWW 1 9 7 4 , 2 7 2 ; PALANDT, Bürgerliches Gesetzbuch ( 3 7 . Aufl 1 9 7 8 ) ; PAUL, Der Entwurf des Zweiten Wohnraum-Kündigungsschutzgesetzes - Inhalt und kritische Anmerkungen, DWW 1974, 56; Reichsgerichtsräte-Kommentar, Das Bürgerliche Gesetzbuch mit besonderer Berücksichtigung der Rechtsprechung des Reichsgerichts und des Bundesgerichtshofs ( 1 2 . Aufl, 2 9 . Lieferung 1 9 7 7 ) ; SCHMIDT, Zweifelsfragen zum Zweiten Wohnraumkündigungsschutzgesetz, WuM 1 9 7 6 , 4 1 ; SCHMIDT-FUTTERER, Kündigungsschutz für Wohnraum und Beschränkung der Mieterhöhung als Dauerrecht. Die Neuregelung im 2. WKSchG v. 18. 12. 1974, MDR 1 9 7 5 , 8 9 ; ders, Wohnraumschutzgesetze ( 2 . Aufl 1 9 7 6 ) ; SCHOPP, Das Zweite Wohnraumkündigungsschutzgesetz, ZMR 1 9 7 5 , 9 7 ; STERNEL, Wohnraummietrecht ( 1 9 7 5 ) ; VOGEL, Das Zweite Wohnraumkündigungsschutzgesetz, JZ 1975, 73. BARTHELMESS,

Systematische Ubersicht I. Entstehungsgeschichte 1. Allgemeines 1 2. WKSchG 14 3. WKSchG II 7

II. Zweck der Regelung im allgemeinen 1. WKSchG I I I 2. WKSchG II 12 DI. Verfassungsrechtliche Problematik 16

I. Entstehungsgeschichte 1. Allgemeines

1

Mit d e m Gesetz ü b e r d e n A b b a u der Wohnungszwangswirtschaft u n d ü b e r ein soziales Miet- u n d W o h n r e c h t vom 23. 6. 1960 ( B G B l I 389) hat der Gesetzgeber d e n Versuch u n t e r n o m m e n , das Wohnungswesen in die soziale Marktwirtschaft zu ü b e r f ü h r e n (Begr z u m R e g E B T - D r u c k s I I I / 1 2 3 4 , 49). D a s G r u n d e i g e n t u m sollte im Hinblick auf die verfassungsrechtliche Eigentumsgarantie ( A r t 14 G G ) u n d den allgemeinen Gleichheitssatz ( A r t 3 G G ) nicht länger einem Sonderrecht unterworfen sein. Vielmehr sollte grundsätzlich die freie Verfügungsbefugnis des Eigentümers wiederhergestellt w e r d e n (Begr a a O 4 7 f). (1293)

Jürgen Sonnenschein

Vorbein 2-6

2. Wohnraumkündigungsschutzgesetz

2 Während die Wohnungszwangswirtschaft schrittweise abgebaut wurde (vgl BGB Vorbem 12 ff zu §§ 535, 536), sind die Vorschriften des BGB über die Wohnungsmiete durch das MietRÄndG I vom 29. 7. 1963 (BGBl I 505), das MietRÄndG II vom 14. 7. 1964 (BGBl I 457) und das MietRÄndG III vom 21. 2. 1967 (BGBl I 1248) im Sinne eines sozialen Metrechts umgestaltet worden. Vor allem durch eine Verlängerung der Kündigungsfristen, die Sozialklausel des § 556 a BGB und das Verbot der meisten sogenannten mißbilligten Klauseln ist die Rechtsstellung des Mieters gegenüber dem Vermieter verbessert worden. 3 Gleichwohl blieb die Stellung des Mieters wegen eines in weiten Bereichen des Wohnungsmarktes bestehenden erheblichen Nachfrageüberhangs nach wie vor recht schwach. Steigende Baupreise ließen die Mieten ansteigen, wobei die Änderungskündigung häufig zur Durchsetzung eines höheren Mietzinses eingesetzt wurde. Die entscheidenden Ursachen für die Unausgeglichenheit des Wohnungsmarktes zu Beginn der siebziger Jahre liegen in der weiterhin bestehenden Spaltung, durch die der Bereich des sozialen Wohnungsbaus vom freien Markt abgetrennt ist, und in der inflationären Entwicklung (vgl BGB Vorbem 18 f zu §§ 535,536). Der Gesetzgeber war jedoch der Ansicht, der mißlichen Entwicklung auf dem Wohnungsmarkt nur langfristig durch Schließung der Angebotslücke auf der Grundlage einer verstärkten und zielgerechteren Wohnbauförderung, eines den Belangen der Allgemeinheit besser gerecht werdenden Bodenrechts und der Förderung von Rationalisierungsmaßnahmen auf dem Bausektor abhelfen zu können. Bis zur Erreichung dieses Ziels sollte der Mieter durch weitere punktuelle Verbesserungen des Mietrechts vor den Folgen der unausgeglichenen Marktsituation und den dadurch ermöglichten Auswüchsen gesichert werden (Begr zum RegE eines MRVerbG BT-Drucks VI/1549, 6).

4 2. WKSchG I Ende 1970 brachte die Bundesregierung den Entwurf eines Gesetzes über Maßnahmen zur Verbesserung des Mietrechts und zur Begrenzung des Mietanstiegs in das Gesetzgebungsverfahren ein (BR-Drucks 605/70; BT-Drucks VI/1549 nebst Stellungnahme des BR und Gegenäußerung der BReg). Dieses sogenannte Artikelgesetz sah ua eine Verbesserung der Sozialklausel des § 556 a BGB, einen verstärkten Kündigungsschutz für Gebiete mit besonderem Wohnungsbedarf, Bestimmungen gegen Mietwucher und Preisüberhöhungen auf dem Gebiet der Wohnraummiete, die Regelung der Wohnungsvermittlung sowie der Ingenieur- und Architektenleistungen vor. 5 Der Rechtsausschuß des Deutschen Bundestages legte im Juli 1971 den Schriftlichen Bericht über den Gesetzentwurf vor (BT-Drucks VI/2421). Die Beschlüsse des Rechtsausschusses sahen eine Änderung des Gesetzentwurfs ua insoweit vor, als die regionale Begrenzung des Kündigungsschutzes für Wohnraummietverhältnisse beseitigt und eine besondere Regelung für Mieterhöhungen eingefügt wurden (Art 2 des Entw aaO). Diese Vorschriften sollten mit Ablauf des 31. 12. 1974 außer Kraft treten (Art 7 § 2 Abs 4 des Entw aaO). 6 Nachdem der Deutsche Bundestag den Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung des Mietrechts und zur Begrenzung des Mietanstiegs sowie zur Regelung von Ingenieur- und Architektenleistungen am 19. 7. 1971 in der vom Rechtsausschuß vorgeschlagenen Fassung in dritter Lesung verabschiedet hatte (Verhandl des Dt BT, Stenogr Ber, Bd 76, 7776 [D], 7797 [D]), rief der Bundesrat den VermittlungsJürgen Sonnenschein

(1294)

2. Wohnraumkündigungsschutzgesetz

Vorbem 7-9

ausschuß an (vgl BT-Drucks VI/2564), der neben einer Fortsetzung befristeter Mietverhältnisse ua die Aufnahme eines Verbots der Zweckentfremdung von Wohnraum vorschlug (BT-Drucks VI/2598). Nach Zustimmung durch den Bundestag (Verhandl des Dt BT, Stenogr Ber, Bd 77, 7993 [C], 7996 [B]) weigerte sich der Bundesrat erneut, dem Gesetz zuzustimmen (BT-Drucks VI/2642). Daraufhin rief die Bundesregierung den Vermittlungsausschuß an (BT-Drucks VI/2676), der eine Aufteilung in das Gesetz über den Kündigungsschutz für Mietverhältnisse über Wohnraum und in das Gesetz zur Verbesserung des Mietrechts und zur Begrenzung des Mietanstiegs sowie zur Regelung von Ingenieur- und Architektenleistungen beantragte (BT-Drucks VI/2708). Der Bundestag verabschiedete beide Gesetzentwürfe entsprechend diesem Vorschlag (Verhandl des Dt BT, Stenogr Ber, Bd 77, 8223 [B], 8228 [C]). Das M R V e r b G mit der Änderung der §§ 556 a, 564 a BGB konnte daraufhin verkündet werden und am 10. 11. 1971 in Kraft treten (BGBl 1 1745). Gegen das WKSchG legte der Bundesrat nach Art 77 Abs 3 G G Einspruch ein (BT-Drucks VI/2757). Dieser Einspruch wurde vom Bundestag nach Art 77 Abs 4 G G zurückgewiesen (Verhandl des Dt BT, Stenogr Ber, Bd 77, 8642 [D], 8645 [B]), so daß das Gesetz verkündet und am 10. 11. 1971 in Kraft treten konnte (BGBl I 1745). Es ist nach Art 3 § 2 Abs 3 mit Ablauf des 31. 12. 1974 außer Kraft getreten.

3. WKSchG n

7

Das Gesetz über den Kündigungsschutz für Mietverhältnisse über Wohnraum vom 25. 11. 1971 hatte nach den Feststellungen der Bundesregierung das Verhältnis zwischen Mietern und Vermietern sowohl hinsichtlich der Mieterhöhungen als auch sonstiger Rechtsstreitigkeiten beruhigt. Der Schutz des Mieters vor willkürlichen Kündigungen und unberechtigten Mieterhöhungen sollte deshalb nicht mit der befristeten Geltungsdauer des Gesetzes entfallen, sondern wegen der überragenden Bedeutung der Wohnung als Lebensmittelpunkt dauerhaft ausgestaltet werden. Anfang 1974 legte die Bundesregierung den Entwurf eines Zweiten Gesetzes über 8 den Kündigungsschutz für Mietverhältnisse über Wohnraum vor (BR-Drucks 161/74; BT-Drucks 7/2011 nebst Stellungnahme des B R und Gegenäußerung der BReg). Dieser Entwurf sah vor allem die dauerhafte Übernahme des in Art 1 § 1 WKSchG I geregelten Kündigungsschutzes als § 564 b in das B G B vor und gestaltete die Vorschrift des Art 1 § 3 WKSchG I in ein besonderes Gesetz zur Regelung der Miethöhe um. Eine Befristung war nicht mehr vorgesehen. Der Rechtsausschuß des Deutschen Bundestages legte im Oktober 1974 den Schrift- 9 liehen Bericht über den Gesetzentwurf vor (BT-Drucks 7/2629 und 7/2638). Hierbei wurden zahlreiche Änderungsvorschläge gemacht, die zT auf Empfehlungen des Bundesrates in seiner Stellungnahme zum Gesetzentwurf der Bundesregierung zurückgingen (vgl BT-Drucks 7/2011 Anlage 2). Kontrovers blieben in den Ausschußberatungen die Übernahme der Kündigungsschutzvorschriften in das BGB und die unbefristete Geltungsdauer des Gesetzes (Ausschußbericht BT-Drucks 7/2638, 1 f). Darüber hinaus brachte die Fraktion der CDU/CSU im Deutschen Bundestag zwei Änderungsanträge ein (BT-Drucks 7/2659 und 7/2660). Der Bundestag verabschiedete den Gesetzentwurf entsprechend den Vorschlägen des Rechtsausschusses (Verhandl des Dt BT, Stenogr Ber, Bd 89, 8308 [ A ] , 8325 [B]). Daraufhin rief der Bundesrat den Vermittlungsausschuß an, um Studenten- und Jugendwohnheime vom Kündigungsschutz sowie von der Miethöheregelung auszunehmen und um die Geltungsdauer des Gesetzes bis zum 31. 12. 1977 zu befristen (BT-Drucks 7/2775). Der Vermittlungsausschuß bestätigte jedoch die vom Bundes(1295)

Jürgen Sonnenschein

Vorbem 10-15

2. Wohnraumkündigungsschutzgesetz

tag beschlossene Fassung des Gesetzes (BT-Drucks 7/2812). Da der Bundesrat keinen Einspruch einlegte (Verhandl des BR, Stenogr Ber 1974, 435 [B]), konnte das WKSchG II verkündet werden (BGBl I 1974, 3603) und am 1. 1. 1975 in Kraft treten. 10 Das WKSchG II ist durch Art 2 § 2 des ÄndG zum BBauG vom 18. 8. 1976 (BGBl I 2221) geändert worden. Diese Änderungen betreffen Vorschriften über Mieterhöhungen wegen baulicher Veränderungen in Art 3 § 3 WKSchG II. Durch Art 3 des G zur Änd des WoModG vom 27. 6. 1978 (BGBl I 878) sind Art 3 § 2 Abs 1 und Art 3 § 3 Abs 1 geändert worden. II. Zweck der Regelung im allgemeinen 11 1. WKSchG I Das WKSchG I sollte den Mieter durch einen verstärkten Kündigungsschutz und ein besonderes Mieterhöhungsverfahren vor den Folgen eines unausgeglichenen Wohnungsmarktes und den dadurch ermöglichten Auswüchsen sichern (Begr zum RegE BT-Drucks VI/1549, 6). Dabei ging es vor allem um einen Schutz vor willkürlichen Kündigungen und ungerechtfertigten Mieterhöhungen (vgl Ausschußbericht BT-Drucks VI/2421, 1; s auch Rz 3). Schon im Gesetzgebungsverfahren ist allerdings die Beschränkung des Kündigungsschutzes auf Gebiete mit besonderem Wohnungsbedarf aufgegeben worden (Ausschußbericht aaO 3), wobei insoweit auch die unmittelbare Rechtfertigung der Kündigungsschutzbestimmungen durch die Unausgeglichenheit des Wohnungsmarktes entfallen ist. 12 2. WKSchG II Die gleichen Ziele liegen dem WKSchG II zugrunde. Seine Regelungen sollten aber nicht zeitlich befristet werden, sondern auf Dauer angelegt sein. Die Vorschriften über den Kündigungsschutz sind deshalb als Bestandteil des sozialen Mietrechts in § 564 b BGB übernommen und in systematischem Zusammenhang mit den allgemeinen Kündigungsschutzvorschriften verankert worden. Die Regelung der Mieterhöhung ist dagegen in einem besonderen, unbefristeten Gesetz verblieben, da Änderungen erforderlich werden können, nachdem die Praxis Erfahrungen gesammelt hat oder veränderte wohnungswirtschaftliche Verhältnisse eine Anpassung des MHRG erfordern (Begr zum RegE BT-Drucks 7/2011, 7). 13 Das WKSchG II geht von dem Grundsatz aus, daß es wegen der überragenden Bedeutung der Wohnung als Mittelpunkt der Lebensführung durch das Sozialstaatsprinzip des Art 20 Abs 1 GG geboten ist, den Vertragstreuen Mieter vor willkürlichen Kündigungen und damit dem Verlust seiner Wohnung zu schützen. Für einen derartigen Kündigungsschutz ist die Lage auf dem Wohnungsmarkt unerheblich (Begr zum RegE aaO). 14 Mieterhöhungen sollen in angemessenem Rahmen zulässig sein, um die Wirtschaftlichkeit des Hausbesitzes zu erhalten und eine Anpassung an die allgemeine Marktentwicklung zu ermöglichen. Die Kündigung als Druckmittel soll insoweit ausgeschlossen sein (§ 1 MHRG; Begr zum RegE aaO). 15 Die Grenze für Mieterhöhungen legt das Gesetz grundsätzlich durch die ortsübliche Vergleichsmiete fest (§ 2 MHRG). Dies ermöglicht es, unterschiedliche örtliche Verhältnisse zu berücksichtigen (Begr zum RegE aaO 8). Inzwischen ist das Prinzip der Vergleichsmiete jedoch zunehmender Kritik vor allem von Seiten der Haus- und Grundeigentümer ausgesetzt, weil es die Wirtschaftlichkeit des Grundbesitzes beJürgen Sonnenschein

(1296)

2. Wohnraumkündigungsschutzgesetz

Vorbem 16-18

einträchtige und den Wohnungsbau stagnieren lasse (vgl Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 5. 6. 1978 Nr 115, 11; s aber HAACK W U M 1978, 41). Auch im Deutschen Bundestag werden diese Probleme bereits diskutiert (vgl Verhandl des Dt BT, Stenogr Ber, Bd 106,7187 [B] ff). Eine Gesetzesreform wird voraussichtlich von den Ergebnissen des Berichts der Bundesregierung über die Erfahrungen mit dem WKSchG II abhängen (vgl Antrag des Rechtsausschusses BT-Drucks 7/2629, 2 unter III 2; Verhandl des Dt BT, Stenogr Ber, Bd 89, 8325 [C]). III. Verfassungsrechtliche Problematik 16 Der Kündigungsschutz des § 564 b BGB sowie der Ausschluß der Änderungskündigung und die Begrenzung von Mieterhöhungen durch das Prinzip der Vergleichsmiete schränken die Befugnisse des Vermieters erheblich ein. Es handelt sich um gesetzliche Regelungen, durch die Inhalt und Schranken des verfassungsrechtlich gewährleisteten Eigentums bestimmt werden (Art 14 Abs 1 S 2 GG). Das verfassungsrechtliche Problem besteht darin, ob diese Regelungen den grundlegenden Gehalt der Eigentumsgarantie wahren und auch mit den übrigen Verfassungsnormen im Einklang stehen (vgl BVerfGE 34, 139, 146). Das BVerfG hat den Ausschluß der Änderungskündigung sowie die Begrenzung der 17 Mietpreise bei laufenden Mietverhältnissen auf die ortsübliche Vergleichsmiete nach Art 1 § 1 Abs 4 und § 3 Abs 1 WKSchG I entgegen einer im Schrifttum zT vertretenen Auffassung (KIMMINICH, Die verfassungsrechtliche Beurteilung des Gesetzes über den Kündigungsschutz für Mietverhältnisse über Wohnraum [1973] 48 ff; NEIDER ZMR 1973, 228) für verfassungsgemäß gehalten (BVerfGE 37, 132 = NJW 1974, 1499 m Anm FEHL NJW 1974, 1939; vgl auch LG Frankfurt WuM 1974, 156; AG Köln MDR 1974, 404; AG Wiesbaden WuM 1972, 194; 1973, 12; MELZER ZMR 1978, 130). Dabei stützt sich das BVerfG im wesentlichen auf die Sozialpflichtigkeit des Eigentums nach Art 14 Abs 2 GG. Eine vermietete Wohnung steht in einem sozialen Bezug und einer sozialen Funktion. Damit unterliegt sie dem Postulat einer am Gemeinwohl orientierten Nutzung (Art 14 Abs 2 S 2 GG). Hieraus ergibt sich das Gebot, die Belange des Mieters zu berücksichtigen, der auf die Nutzung der Wohnung als Mittelpunkt der Lebensführung angewiesen ist. Auf der anderen Seite ist die verfassungsrechtlich garantierte Eigentumsfreiheit zu berücksichtigen. Beiden Seiten muß der Gesetzgeber Rechnung tragen und dabei die schutzwürdigen Interessen aller Beteiligten in einen gerechten Ausgleich und ein ausgewogenes Verhältnis bringen (BVerfGE 37, 132, 140 = NJW 1974, 1499; vgl BVerfGE 38, 348, 370 = NJW 1975, 727, 730). Die Belange des Vermieters werden aber bei einem korrekt durchgeführten Mieterhöhungsverfahren ausreichend gewahrt. Auf dieser Grundlage sind auch gegen das WKSchG II keine generellen verfassungs- 18 rechtlichen Bedenken zu erheben (BARTHELMESS Einf vor Art 1 Rz 6 ff; GRAF NJW 1976, 1 4 8 0 ; LÖWE NJW 1975, 9 f; SCHMIDT-FUTTERER A 2 4 ff; ders MDR 1975, 8 9 ; ders-BLANK M D R 1975, 1 f; VOGEL J Z 1975, 7 3 ; kritisch FRIAUF D W W 1977, 124; PAUL DWW 1 9 7 4 , 56, 5 8 ; s aber AG Uberlingen DWW 1 9 7 8 , 124 - Vorlagebe-

schluß nach Art 100 GG hinsichtlich Geltung des MHRG für Ferienwohnungen). Das BVerfG hatte zwar über ein befristetes Gesetz zu entscheiden. Daraus können jedoch keine durchschlagenden Gegenargumente hergeleitet werden (vgl VOGEL aaO), zumal dem Gericht der Entwurf des WKSchG II bei seiner Entscheidung vorlag (vgl BVerfGE 37, 132, 138). Auch der Kündigungsschutz des Mieters aus § 564 b BGB kann im Hinblick auf Art 14 GG nicht beanstandet werden, da der Verfügungsbefugnis über das Eigentum durch das Recht zur Kündigung wegen Eigenbedarfs und angemessener wirtschaftlicher Verwertung (§ 564 b Abs 2 Nr 2, (1297)

Jürgen Sonnenschein

Art 1, 2 WKSchG 2. Wohnraumkündigungsschutzgesetz

3 BGB) in ausreichendem Maße Rechnung getragen ist. Die Wirtschaftlichkeit des Grundeigentums wird deshalb nicht beeinträchtigt. Verfassungsrechtlich problematisch ist somit weniger die gesetzliche Regelung als solche, sondern deren Handhabung in der Praxis (vgl BVerfGE 37, 112, 145 = NJW 1974, 1499, 1 5 0 1 ; FRIAUF DWW 1977, 124, 127). Dies gilt für Kündigungsschutz und Mieterhöhung in gleicher Weise. Es wird deshalb entscheidend darauf ankommen, daß die Gerichte die gesetzlichen Vorschriften nicht einseitig zugunsten einer Partei auslegen, sondern in einem gerechten Ausgleich die Interessen beider Parteien zu wahren suchen. Artikel 1 Änderung des Bürgerlichen Gesetzbuchs 1. Vgl § 5 6 4 b. Vgl § 5 6 5 Abs 3.

2.

Artikel 2 Mietverträge auf bestimmte Zeit Ist nach dem 28. November 1971 ein Mietverhältnis über Wohnraum auf bestimmte Zeit eingegangen, so kann der Mieter spätestens zwei Monate vor der Beendigung des Mietverhältnisses durch schriftliche Erklärung gegenüber dem Vermieter die Fortsetzung des Mietverhältnisses verlangen, wenn nicht der Vermieter ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses hat. § 564 b des Bürgerlichen Gesetzbuchs gilt entsprechend. Eine zum Nachteil des Mieters abweichende Vereinbarung ist unwirksam. Diese Vorschrift gilt nicht für Wohnraum, der zu nur vorübergehendem Gebrauch vermietet ist, und für Mietverhältnisse über Wohnraum, der Teil der vom Vermieter selbst bewohnten Wohnung ist und den der Vermieter ganz oder überwiegend mit Einrichtungsgegenständen auszustatten hat, sofem der Wohnraum nicht zum dauernden Gebrauch für eine Familie überlassen ist. Begr zum RegE BT-Drucks 7/2011, 9; Ausschußbericht BT-Drucks 7/2629 u 7/2638, 3. Vgl Art 1 § 2 WKSchG I vom 25. 11. 1971 (BGBl I 1839); Gründe für die Einberufung des Vermittlungsausschusses durch den BR BT-Drucks VI/2564, 3; Bericht des Vermittlungsausschusses BT-Drucks VI/2598, 2 (zu Art 3 § 1 a).

Schrifttum BARTHELMESS, Zur Frage des Kündigungsschutzes bei befristeten Mietverhältnissen, NJW 1974, 1230; FREUND-BARTHELMESS, Rechtsprobleme zum Zweiten Wohnraumkündigungsschutzgesetz, ZMR 1975, 33; GOCH, Kündigungsschutz bei befristeten Mietverhältnissen, ZMR 1978, 134; KURTENBACH, Die Neuregelung des Bestands- und Kündigungsschutzes für Wohnraummietverhältnisse, Betrieb 1971, 2453; LEHMANN, Zur Frage des Kündigungsschutzes bei „alten" befristeten Mietverhältnissen mit Verlängerungsklausel, NJW 1974, 2117; LÖWE, Wichtige Neuregelungen im Zweiten Wohnraumkündigungsschutzgesetz, NJW 1975, 9, 12; ROQUETTE, Mieterschutz und Mieterhöhung bei befristeten Mietverhältnissen, ZMR 1972, 133; SCHMIDT, Der Wohnungskündigungsschutz ist Bestandteil unserer sozialen Rechtsordnung. Der neue Kündigungsschutz des § 564 b BGB, WuM 1975, 109,112; ders, Zweifelsfragen zum Zweiten Wohnraumkündigungsschutzgesetz, WuM 1976, 41, 43; SCHMIDT-FUTTERER, Kündigungsschutz für Wohnraum und Beschränkung der Mieterhöhung als Dauerrecht. Die Neuregelung im 2. WKSchG v. 18. 12. 1974, MDR 1975, 89, 91; ders, Das Sonderkündigungsrecht des Vermieters für Wohnraum in Ein- und Zweifamilienhäusern, ZMR 1976, 97, 99; SCHOPP, Das Zweite Wohnraumkündigungsschutzgesetz, ZMR 1975, 97, 100; SCHUBERT, Die „Einliegerwohnungen" im 2. Wohnraumkündigungsschutzgesetz, WuM 1975, 1, 2; VOGEL, Das Zweite Wohnraumkündigungsschutzgesetz, JZ 1975, 73, 76.

Jürgen Sonnenschein

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Art 2 WKSchG 2. Wohnraumkündigungsschutzgesetz

Systematische Übersicht Vermieters an der Beendigung des Mietverhältnisses 20

I. Allgemeine Kennzeichnung 1. Überblick 1 2. Entstehung der Vorschrift 2 3. Zweck der Vorschrift 4 II. Voraussetzungen (Abs 1) 1. Mietverhältnis über Wohnraum auf bestimmte Zeit 5 2. Abschlußzeitpunkt 10 3. Bevorstehende Beendigung des Mietverhältnisses durch Zeitablauf 14 4. Fortsetzungsverlangen des Mieters 15 5. Fehlen eines berechtigten Interesses des

m . Rechtsfolgen 1. Allgemeines 27 2. Ablehnung des Fortsetzungsverlangens durch den Vermieter 28 3. Einverständnis des Vermieters 31 4. Gerichtliche Geltendmachung 33 IV. Ausnahmetatbestände (Abs 3) 35 V. Unabdingbarkeit (Abs 2) 36

Alphabetische Übersicht Ablehnung des Fortsetzungsverlangens durch den Vermieter 20 ff, 28 ff - bei Einliegerwohnraum 22 - Berufung des Mieters auf die Sozialklausel 29 - rechtmäßige 28 f - rechtswidrige 30 - Schutzrechte des Mieters 29 Abschlußzeitpunkt des Mietverhältnisses 10 ff Anspruch des Mieters auf Fortsetzung des Mietverhältnisses 27, 30 Auslegung des Fortsetzungsverlangens 16 Ausnahmetatbestände 35 Beendigung des Mietverhältnisses durch Zeitablauf 14 Befristung des Mietverhältnisses 6 Berechtigtes Interesse des Vermieters 20 ff - Fehlen 30 - Geltendmachung 24 - Nachschieben von Gründen 26 - Schriftform 24, 30 - Zeitpunkt 25,30 Einliegerwohnraum - Bestandsschutz 22 - Ablehnung des Fortsetzungsverlangens 28 f - Verlängerung des Mietverhältnisses 23 Einverständnis des Vermieters zum Fortsetzungsverlangen 31 - durch Fortsetzung des Gebrauchs 32 Entstehung der Vorschrift 2 f Fehlen eines berechtigten Interesses des Vermieters 20 ff, 28 ff Fortsetzungsverlangen des Mieters 15 ff - Ablehnung durch den Vermieter 20 ff, 28 ff - bei Einliegerwohnraum 28 - Form 17 - Frist 18 - gerichtliche Geltendmachung 33 I I (1299)

- Inhalt 16 - Rechtsnatur 15 - stillschweigende Annahme durch den Vermieter 30, 32 Geltendmachung des Anspruchs auf Vertragsverlängerung 33 ff Mietverhältnis - Abschlußzeitpunkt 10 ff - Anspruch des Mieters auf Fortsetzung auf unbestimmte Zeit 27 - befristetes 6 - bevorstehende Beendigung durch Zeitablauf 14,22 - Fortsetzung durch Verlängerungsvertrag 27 - mit auflösender Bedingung 8 - mit Optionsrecht 9 - mit Verlängerungsklausel 7 - über möblierten Wohnraum 35 - Verlängerung, s dort - zu nur vorübergehendem Gebrauch 35 Nachschieben von Gründen 26 Optionsrecht 9 Rechtsfolgen - Anspruch des Mieters auf Fortsetzung des Mietverhältnisses auf unbestimmte Zeit 27 - bei Ablehnung des Fortsetzungsverlangens, sdort - Fortsetzung des Mietverhältnisses durch Verlängerungsvertrag 27 Rechtsnatur des Fortsetzungsverlangens 15 Schriftform - des Fortsetzungsverlangens 17 - der Geltendmachung des berechtigten Interesses 24,30

Jürgen Sonnenschein

Art 2 YVKSchG 1-3

2. Wohnraumkündigungsschutzgesetz

Schutzrechte des Mieters bei Ablehnung des Fortsetzungsverlangens 29 Schweigen des Vermieters auf Fortsetzungsverlangen 32 Sozialklausel 1,29 Stillschweigende Annahme des Fortsetzungsverlangens 30, 32

- durch Einverständnis des Vermieters 31 - durch Fortsetzung des Gebrauchs 32 - gerichtliche Geltendmachung 33 ff - unter abweichenden Vereinbarungen 36 f Verlängerungsklausel 7

Verlängerung des Mietverhältnisses - Anspruch des Mieters 27, 30 - bei Einliegerwohnraum 23

Zeitpunkt der Geltendmachung des berechtigten Interesses 2 4 , 3 0 Zweck der Vorschrift 4

Unabdingbarkeit 36 f

I. Allgemeine Kennzeichnung 1 I.Überblick Die Vorschrift regelt ähnlich wie § 564 b BGB und die Sozialklausel der §§ 556 a und 556 b BGB den Bestandsschutz von Mietverhältnissen über Wohnraum. Dieser Schutz besteht darin, daß der Mieter eines nach dem 28. 11. 1971 auf bestimmte Zeit eingegangenen Mietverhältnisses spätestens zwei Monate vor der Beendigung des Mietverhältnisses durch Zeitablauf mit einer schriftlichen Erklärung gegenüber dem Vermieter die Fortsetzung auf unbestimmte Zeit verlangen kann. Während § 564 b BGB für die Kündigung ein berechtigtes Interesse des Vermieters verlangt, setzt Art 2 für den Anspruch des Mieters auf Fortsetzung des Mietverhältnisses voraus, daß nicht der Vermieter ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses hat. Anders als nach der Sozialklausel hängt der Anspruch auf Fortsetzung nicht davon ab, ob sich der Mieter auf eine ungerechtfertigte Härte berufen kann (vgl BayObLG NJW 1 9 7 3 , 2 9 5 , 2 9 7 f; SCHMIDT-FUTTERER B 7 2 7 ) . Im übrigen gilt § 564 b BGB entsprechend (Abs 1). Ausnahmen vom Geltungsbereich des Art 2 bestehen für Mietverhältnisse über Wohnraum zu nur vorübergehendem Gebrauch und für bestimmten Einliegerwohnraum (Abs 3). Abweichende Vereinbarungen zum Nachteil des Mieters sind unwirksam (Abs 2). 2 2. Entstehung der Vorschrift Die Vorschrift geht zurück auf Art 1 §§ 2 und 4 WKSchG I. Die Fortsetzung befristeter Mietverhältnisse ist erst im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens auf Vorschlag des Rechtsausschusses des Bundesrats in das WKSchG I aufgenommen worden (vgl BR-Drucks 391/1/71, 2; Gründe für die Einberufung des Vermittlungsausschusses durch den BR BT-Drucks VI/2564, 3; Bericht des Vermittlungsausschusses BT-Drucks VI/2598, 2 [zu Art 3 § 1 a]). Dieses Gesetz ist mit Ablauf des 31. 12. 1974 außer Kraft getreten (Art 3 § 2 Abs 3 WKSchG I). Während bei der Neuregelung der Kündigungsschutz des Art 1 § 1 WKSchG I als § 564 b in das BGB übernommen worden ist, blieb die Fortsetzung befristeter Mietverhältnisse in Art 2 WKSchG II einer Regelung außerhalb des BGB vorbehalten. Dies wird zT mit der abnehmenden Bedeutung der Vorschrift und ihrem Charakter als Übergangsregelung begründet (LÖWE NJW 1975, 7, 12), was jedoch mit den Erfordernissen des Bestandsschutzes in einem sozialen Mietrecht nicht in Einklang steht (kritisch SCHMIDT-FUTTERER B 7 2 0 ) .

3 Art 2 weicht im wesentlichen hinsichtlich der Stichtagsvoraussetzungen für die erfaßten Mietverhältnisse von der früheren Regelung ab (Rz 10). Die Verweisung auf die Kündigungsschutzvorschriften ist der Übernahme in § 564 b BGB angepaßt Jürgen Sonnenschein

(1300)

2. Wohnraumkündigungsschutzgesetz

Art 2 WKSchG 4-8

worden, während die Verweisung auf die Vorschriften über die Mieterhöhung (Art 1 § 3 WKSchG I, nunmehr Art 3 WKSchG II) entfallen ist. Die früher in Art 1 § 4 WKSchG I gesondert aufgestellten Vorschriften über Unabdingbarkeit und Ausnahmetatbestände sind in die Regelung des Art 2 einbezogen worden, wobei der Bestandsschutz ebenso wie in § 564 b BGB grundsätzlich auf möblierten Wohnraum ausgedehnt worden ist. 3. Zweck der Vorschrift

4

Die Vorschrift bezweckt, daß die Regelung des § 564 b BGB über den Kündigungsschutz nicht durch die Vereinbarung befristeter Mietverhältnisse umgangen wird (vgl Gründe für die Einberufung des Vermittlungsausschusses durch den BR BT-Drucks VI/2564, 3 [zu Art 3 Nr 3, dem späteren Art 1 § 2 WKSchG I]; BARTHELMESS A r t 2 R z

1; HANS A r t 2 A n m

1 ; PALANDT-PUTZO A r t 2 A n m

1 a;

B 720). Durch die dem Mieter auferlegte Befristung des Fortsetzungsverlangens soll der Vermieter rechtzeitig Klarheit darüber erlangen, ob das Mietverhältnis vertragsgemäß durch Zeitablauf endet (BT-Drucks aaO). Da die Beendigung von einem berechtigten Interesse des Vermieters abhängt und auch im übrigen auf § 564 b BGB verwiesen wird, sind befristete und unbefristete Mietverhältnisse im Ergebnis hinsichtlich des Bestandsschutzes gleichgestellt (vgl H A N S aaO). SCHMIDT-FUTTERER

II. Voraussetzungen (Abs 1) 1. Mietverhältnis über Wohnraum auf bestimmte Zeit

5

a) Es muß sich um ein Mietverhältnis über Wohnraum handeln (s im einzelnen BGB Vorbem 24 ff zu §§ 535, 536; § 556 a Rz 5 ff; § 564 b Rz 9). b) Das Mietverhältnis muß auf bestimmte Zeit eingegangen sein. Die Mietzeit ist 6 bestimmt, wenn der Tag der Beendigung des Mietverhältnisses kalendermäßig bestimmt oder bestimmbar ist (s im einzelnen BGB § 556 b Rz 5 ff; § 564 Rz 3 ff). Hierzu gehören auch Mietverhältnisse, die durch Abänderungsvertrag oder richterlichen Gestaltungsakt (vgl § 556 a Abs 3 BGB, § 5 HausratVO) befristet worden sind (SCHMIDT-FUTTERER B 722). Dies wird zwar zT für die nach § 5 Abs 2 HausratVO begründeten befristeten Mietverhältnisse abgelehnt (BayObLG NJW 1973, 2295, 2298; BARTHELMESS Art 2 Rz 8; PALANDT-DIEDERICHSEN Anh zu § 1587 p, HausratVO § 5 Anm 2). Der nunmehr als Dauerregelung in Art 2 enthaltene Bestandsschutz läßt eine solche generelle Einschränkung jedoch nicht zu. Auch aus den nach § 2 HausratVO anzustellenden Billigkeitserwägungen ist kein anderes Ergebnis herzuleiten, da die Gründe für die Ausgestaltung des Mietverhältnisses im Rahmen des Art 2 nicht maßgebend sind. Fraglich kann deshalb nur sein, ob im Einzelfall die Ausnahmetatbestände des Art 2 Abs 3 eingreifen (vgl SCHMIDT-FUTTERER aaO). Mietverhältnisse über Wohnraum, für die eine Verlängerungsklausel vereinbart ist, 7 unterliegen hinsichtlich der Beendigung nach § 565 a Abs 1 BGB in jedem Fall den Kündigungsvorschriften, so daß die §§ 564 b, 556 a BGB unmittelbar anwendbar sind (BGB § 556 b Rz 7, § 565 a Rz 6 ff). Auch wenn an sich eine bestimmte Mietzeit vereinbart ist, sind derartige Mietverhältnisse rechtlich als unbefristet zu behandeln. Art 2 ist deshalb nicht anzuwenden (BARTHELMESS Art 2 Rz 6; H A N S Art 2 A n m 4 b , 5 ; P A L A N D T - P U T Z O A r t 2 A n m 1 b ; SCHMIDT-FUTTERER B

723).

Aus den gleichen Gründen scheidet Art 2 im Hinblick auf § 565 a Abs 2 BGB für 8 ein Mietverhältnis über Wohnraum aus, das zwar auf eine bestimmte Zeit eingegan(1301)

Jürgen Sonnenschein

Art 2 WKSchG 9-12

2. Wohnraumkiindigungsschutzgesetz

gen ist, aber unter einer auflösenden Bedingung steht (BGB § 556 b Rz 6; § 565 a R z 1 4 f f ; BARTHELMESS A r t 2 R z 5 ) .

9 Für Mietverhältnisse mit Optionsrecht wird die Auffassung vertreten, daß Art 2 nicht in Betracht komme, weil der Mieter infolge der Option ohnehin das Recht habe, das Mietverhältnis durch einseitige Erklärung fortzusetzen ( H A N S Art 2 Anm 4 c; ebenso BARTHELMESS Art 2 Rz 7). Dieser Auffassung ist nicht generell zuzustimmen. Ist die Ausübung des Optionsrechts für den Mieter an Voraussetzungen gebunden, die vom Tatbestand des Art 2 für ein Fortsetzungsverlangen abweichen, zB hinsichtlich einer längeren Frist, oder soll das Optionsrecht den Vertragsinhalt zum Nachteil des Mieters ändern, so liegt darin ein Verstoß gegen die Unabdingbarkeitsklausel des Art 2 Abs 2. Da sich der Anwendungsbereich eines Optionsrechts des Mieters und eines Anspruchs aus Art 2 nicht decken, wird der gesetzliche Anspruch grundsätzlich selbst dann nicht ausgeschlossen, wenn der Mieter von seinem vertraglichen Optionsrecht keinen Gebrauch gemacht hat. Ausnahmen sind allenfalls bei einem widersprüchlichen Verhalten des Mieters nach § 242 BGB möglich (vgl BGB § 556 b Rz 9). Übt der Vermieter ein Optionsrecht nicht aus, greift zugunsten des Mieters ebenfalls Art 2 ein (vgl BGB § 556 b Rz 9; § 564 Rz 5). 10 2. Abschlußzeitpunkt а) Die Vorschrift ist nur auf befristete Mietverhältnisse über Wohnraum anwendbar, die nach dem 28. November 1971, dh dem Tag des Inkrafttretens des WKSchG I, eingegangen sind. Während dieses Gesetz in Art 1 § 2 als Stichtag den 31. Oktober 1970 enthielt, dh den Zeitpunkt, in dem die Einführung eines Kündigungsschutzes bekanntgeworden ist, hat der Gesetzgeber den maßgebenden Stichtag durch Art 2 WKSchG II geändert, um verfassungsrechtlichen Bedenken wegen der Rückwirkung von Gesetzen zu begegnen (Ausschußbericht BT-Drucks 7/2638, 3). Ein Mietverhältnis ist mit Abschluß des Mietvertrags eingegangen, nicht mit der Überlassung des Wohnraums an den Mieter (BARTHELMESS Art 2 Rz 9; SCHMIDT WuM 1975, 109, 112; SCHOPP ZMR 1975, 97, 101). Ist ein unbefristetes Mietverhältnis nach § 305 BGB auf bestimmte Zeit umgestellt worden, so ist der Zeitpunkt des Änderungsvertrags maßgebend (BARTHELMESS aaO; P A L A N D T - P U T Z O Art 2 Anm 1 b). Das gleiche gilt bei einer Änderung durch richterlichen Gestaltungsakt (vgl Rz б).

11 b) Damit lassen sich drei Gruppen von Mietverhältnissen unterscheiden: Befristete Mietverträge, die bis zum 31. 10. 1970 abgeschlossen worden sind (Art 1 § 2 WKSchG I), genießen keinen Bestandsschutz nach den WKSchG I und II (vgl LG Mannheim ZMR 1974, 337; AG Hannover WuM 1972, 157). Auch § 564 b BGB greift nicht ein, sofern nicht die besonderen Voraussetzungen des § 565 a BGB vorliegen (deshalb mißverständlich im Leitsatz LG Detmold NJW 1974, 242 m Anm L U T Z NJW 1974, 651; s BARTHELMESS NJW 1974,1230; LEHMANN NJW 1974, 2117). Ansonsten endet das Mietverhältnis durch Zeitablauf, wobei sich die Rechte des Mieters auf § 556 b BGB beschränken (LG Mannheim aaO; BARTHELMESS Art 2 Rz 10). 12 Befristete Mietverträge, die nach dem 31. 10. 1970 und vor dem 29. 11. 1971 (Art 2 WKSchG II) abgeschlossen worden sind, unterlagen nur dem Bestandsschutz des Art 1 § 2 WKSchG I. Nachdem dieses Gesetz mit Ablauf des 31. 12. 1974 außer Kraft getreten ist (Rz 2), besteht kein Bestandsschutz mehr. Der Mieter kann sich nur auf § 556 b BGB berufen (BARTHELMESS aaO Rz 11 ; SCHMIDT-FUTTERER B 721). Dadurch ist seine Rechtsstellung verschlechtert, weil der Anspruch auf Fortsetzung Härtegründe auf seiner Seite voraussetzt. Jürgen Sonnenschein

(1302)

2. Wohnraumkündigungsschutzgesetz

Art 2 WKSchG 13-16

Auf befristete Mietverhältnisse, die nach dem 28. 11. 1971 eingegangen sind, ist Art 13 2 WKSchG II anwendbar. Daneben kann § 556 b BGB eingreifen (vgl Rz 29; kritisch zu der gesamten Stichtagsregelung H A N S Art 2 Anm 1). 3. Bevorstehende Beendigung des Mietverhältnisses durch Zeitablauf 14 Die Vorschrift ist nur anwendbar gegenüber einer Beendigung des befristeten Mietverhältnisses durch Zeitablauf (vgl BGB § 564 Rz 3 ff). Das heißt nicht, daß die Beendigung unmittelbar bevorstehen muß. Diese Voraussetzung ist nicht zeitlich, sondern funktionell zu verstehen. Die Vorschrift greift deshalb nicht ein, wenn das Mietverhältnis durch außerordentliche Kündigung des Vermieters endet (vgl BGB § 564 Rz 31 ff). Ist die Kündigung fristlos, entfällt jeglicher Bestandsschutz für den Mieter (BGB § 556 b Rz 11; § 564 b Rz 18). Gegenüber einer außerordentlichen befristeten Kündigung ist der Mieter jedoch nach § 564 b BGB (s dort Rz 13) und § 556 a BGB (s dort Rz 15 ff) geschützt. 4. Fortsetzungsverlangen des Mieters

15

a) Die Vorschrift räumt dem Mieter einen Anspruch auf Fortsetzung des Mietverhältnisses ein. Das Mietverhältnis wird nicht ohne weiteres kraft Gesetzes fortgesetzt. Die Geltendmachung des Anspruchs ist vielmehr an besondere Voraussetzungen geknüpft. Der Mieter muß durch eine an den Vermieter gerichtete Willenserklärung form- und fristgerecht die Fortsetzung des Mietverhältnisses verlangen. Dogmatisch ist diese Willenserklärung als ein Antrag iS des § 145 BGB zu werten, der auf Abschluß eines Vertrags zur Fortsetzung des Mietverhältnisses gerichtet ist. Hierbei besteht die Besonderheit, daß der Mieter unter den Voraussetzungen des Art 2 einen Anspruch auf den Vertragsschluß hat. b) Der Inhalt der Willenserklärung des Mieters ist gesetzlich nicht näher vorge- 16 schrieben. Es genügt deshalb, daß sich erkennbar der Wille des Mieters ergibt, das Mietverhältnis über den Endtermin hinaus fortzusetzen. Das Wort Fortsetzung braucht nicht verwendet zu werden. Die Angabe von Gründen ist nicht notwendig (vgl aber § 556 a Abs 5 S 2 BGB). Gibt der Mieter allerdings Härtegründe iS der Sozialklausel an, stellt sich die Frage, ob er Fortsetzung nach § 556 b BGB oder nach Art 2 begehrt. Nach BARTHELMESS (Art 2 Rz 17) soll eine solche Erklärung im Zweifel als Fortsetzungsverlangen nach § 556 b BGB auszulegen sein, während H A N S (Art 2 Anm 6 a) eine Erklärung iS des Art 2 annimmt, da diese Vorschrift das stärkere Recht gewähre. Die letztere Auffassung ist im Interesse des Mieters vorzuziehen, auch wenn beide Erklärungen dogmatisch nicht ohne weiteres gleichzustellen sind. Die auf § 556 b BGB gestützte Erklärung begründet erst einen Anspruch des Mieters auf Fortsetzung des Mietverhältnisses, der durch Einigung der Parteien oder durch Gerichtsurteil erfüllt wird (BGB § 556 a Rz 68). Die Erklärung nach Art 2 enthält dagegen bereits selbst das Vertragsangebot. Letztlich ist dies aber nur eine Frage der juristischen Wertung einer objektiv vorliegenden, nicht eindeutigen Erklärung. Auf die rein innere Willensrichtung des Mieters kann es dabei nicht ankommen. Eine Grenze findet diese Auslegung iS des Art 2 jedoch am Wortlaut der Erklärung, wenn sich der Mieter ausdrücklich nur auf § 556 b BGB beruft. Auch wenn dies auf einem entsprechenden Hinweis des Vermieters nach § 556 a Abs 6 S 2 BGB beruhen sollte (BGB § 556 b Rz 26), ist die Erklärung nicht im Hinblick auf Art 2 korrigierbar. Falls sich der Mieter mit der Beendigung des Mietverhältnisses grundsätzlich einverstanden erklärt und nur Räumungsaufschub begehrt (§§ 721, 794 a ZPO), handelt es sich nicht um eine Erklärung iS des Art 2 ( H A N S Art 2 A n m 6 a ; SCHMIDT-FUTTERER B (1303)

728).

Jürgen Sonnenschein

Art 2 WKSchG 17-21

2. Wohnraumkiindigungsschutzgesetz

17 c) Für die Erklärung des Fortsetzungsverlangens ist gesetzlich Schriftform vorgeschrieben. Die Erklärung muß nach § 126 BGB in einer vom Mieter eigenhändig durch Namensunterschrift oder mittels notariell beglaubigten Handzeichens unterzeichneten Urkunde enthalten sein. Vertretung ist zulässig (BGB § 556 a Rz 61 f). 18 d) Die Erklärung des Fortsetzungsverlangens ist an eine Frist gebunden. Der Mieter muß spätestens zwei Monate vor der Beendigung des Mietverhältnisses gegenüber dem Vermieter erklären, daß er die Fortsetzung des Mietverhältnisses verlange. Für die Rechtzeitigkeit der einseitigen empfangsbedürftigen Willenserklärung ist der Zugang maßgebend (§§ 130 ff BGB). Die Frist ist nach § 188 Abs 2 HS 2 iVm § 187 Abs 2 BGB zu berechnen. Endet das Mietverhältnis zB mit Ablauf des 30. 6., so muß die Erklärung dem Vermieter spätestens am 30. 4. zugehen (vgl § 188 Abs 3 BGB; BARTHELMESS Art 2 Rz 20). Die Regelung des § 193 BGB ist anders als im Rahmen des § 565 BGB (s dort Rz 10) allgemein anwendbar, da es nicht um die ungeschmälerte Erhaltung einer Kündigungsfrist geht (vgl BARTHELMESS aaO). Eine Karenzzeit von drei Werktagen ist nicht vorgesehen. 19 Art 2 legt damit eine Ausschlußfrist fest. Wird sie vom Mieter versäumt, verliert er endgültig seine Rechte aus dieser Vorschrift. Wegen der entsprechenden Frist in § 556 a Abs 6 S 1 BGB kann er sich auf die Sozialklausel nach § 556 b Abs 1 S 2 iVm § 556 a Abs 6 S 2 BGB nur dann noch berufen, wenn der Vermieter den in § 564 a Abs 2 BGB bezeichneten Hinweis nicht rechtzeitig erteilt hat (BGB § 556 b Rz 26). Art 2 enthält keine entsprechende Hinweispflicht und Sanktion für den Fall der Verletzung durch den Vermieter. Auch eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bei entschuldbarer Fristversäumnis ist nicht möglich (BARTHELMESS Art 2 Rz 18). Hierdurch wird die Rechtsstellung des Mieters entscheidend verkürzt, weil die Fortsetzung des Mietverhältnisses nach § 556 b BGB nunmehr davon abhängt, daß tatsächlich Härtegründe auf seiner Seite vorliegen. Dies steht nicht recht im Einklang mit dem Anliegen eines sozialen Mietrechts und den vor allem auf einem Schutz gegenüber Rechtsunkenntnis des Mieters beruhenden Vorschriften der §§ 556 a Abs 6 S 2, 564 a Abs 2 BGB (vgl BGB § 564 a Rz 5). Rechtspolitisch ist für Art 2 eine entsprechende Regelung durch den Gesetzgeber geboten. De lege lata ist eine analoge Anwendung nicht ohne weiteres von der Hand zu weisen.

20 5. Fehlen eines berechtigten Interesses des Vermieters an der Beendigung des Mietverhältnisses a) Der Mieter hat nur dann das Recht, die Fortsetzung des Mietverhältnisses zu verlangen, wenn nicht der Vermieter ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses hat (Abs 1 S 1 HS 2). § 564 b BGB gilt entsprechend (Abs 1 S 2). Es handelt sich um ein Abwehrrecht des Vermieters gegenüber dem Fortsetzungsverlangen des Mieters (BARTHELMESS Art 2 Rz 22). Aus der Verweisung auf § 564 b BGB ergibt sich, daß die bloße Existenz berechtigter Interessen des Vermieters nicht genügt, um das Recht des Mieters abzuwehren. Die berechtigten Interessen müssen vielmehr in besonderer Weise geltend gemacht werden (Rz 24 ff). 21 b) Welche Gründe für die Beendigung des Mietverhältnisses durch Zeitablauf als berechtigte Interessen des Vermieters anzuerkennen sind, ergibt sich aus der entsprechenden Anwendung des § 564 b BGB (s im einzelnen dort Rz 22 ff). Die berechtigten Interessen müssen im Zeitpunkt der vertraglich vorgesehenen Beendigung des Mietverhältnisses bestehen. Für ihre Gewichtung ist es unerheblich, daß der Mieter im Gegensatz zu der bei § 564 b BGB bestehenden Situation den Beendigungszeitpunkt von vornherein kennt (SCHMIDT-FUTTERER B 733). Jürgen Sonnenschein

(1304)

2. Wohnraumkündigungsschutzgesetz

Art 2 WKSchG 22-24

c) Wegen der Verweisung auf § 564 b BGB und damit auf dessen Abs 4 gilt bei der 22 Vermietung von Einliegerwohnraum iS dieser Vorschrift (s dort Rz 141 ff) auch für befristete Mietverhältnisse ein eingeschränkter Bestandsschutz. Ein solches Mietverhältnis kann durch Zeitablauf zum vorgesehenen Zeitpunkt enden, auch wenn der Vermieter nach § 564 b Abs 1 und 2 BGB kein berechtigtes Interesse an der Beendigung hat (BARTHELMESS Art 2 Rz 2 9 ; H A N S Art 2 Anm 2 b dd; PALANDT-PUTz o A r t 2 A n m 1 b ; SCHMIDT W u M 1 9 7 6 , 4 1 , 4 3 ; SCHMIDT-FUTTERER B 7 3 6 ; SCHOPP Z M R 1 9 7 5 , 9 7 , 1 0 1 ; SCHUBERT W u M 1 9 7 5 , 1 , 2 ; V O G E L J Z 1 9 7 5 , 7 3 , 7 6 ; a M LÖWE

NJW 1975, 9, 12). Nur bei dieser Interpretation ist eine rechtliche Gleichbehandlung befristeter Mietverhältnisse im Hinblick auf den Bestandsschutz gewährleistet, wie Art 2 es bezweckt. Der Vermieter muß sich entsprechend § 564 b Abs 4 S 4 BGB (s dort Rz 151) ausdrücklich auf diesen Sondertatbestand berufen, damit für den Mieter die Rechtslage klargestellt ist (BARTHELMESS aaO; SCHMIDT-FUTTERER aaO). Problematisch ist es, ob die Berufung des Vermieters auf den Sondertatbestand des 23 § 564 b Abs 4 BGB zur Folge hat, daß sich das Mietverhältnis entsprechend 5 2 dieser Vorschrift um drei Monate über den vertraglichen Endtermin hinaus verlängert (so D Ü R R , Verhandl des Dt BT, Stenogr Ber, Bd 8 9 , 8 3 1 4 [A]; H A N S Art 2 Anm 2 b dd; SCHMIDT-FUTTERER B 7 3 6 ; SCHUBERT W U M 1 9 7 5 , 1 , 3 ) , oder ob eine solche Verlängerung bei befristeten Mietverhältnissen nicht angebracht ist, weil dem Mieter der Zeitpunkt der vertragsgemäßen Beendigung von vornherein bekannt ist ( s o BARTHELMESS A r t

2 Rz

3 0 ; PALANDT-PUTZO A r t

2 Anm

3 a). § 5 6 4 b

Abs

4 S 2 BGB bezweckt, einem Mißbrauch des erleichterten Kündigungsrechts durch den Vermieter vorzubeugen und Härten für den Mieter zu vermeiden (s dort Rz 150). Der erstere Grund kommt zwar im Rahmen des Art 2 nicht in Betracht. Doch können sich auch im Rahmen dieser Vorschrift besondere Härten für den Mieter dadurch einstellen, daß er praktisch bis zum letzten Tag vor der Beendigung des Mietverhältnisses nicht sicher ist, ob sich der Vermieter auf § 564 b Abs 4 BGB berufen wird. Dies gilt zwar in ähnlicher Weise bei einer Berufung auf Gründe iS des § 564 b Abs 1 und 2 BGB. Aber insoweit ist noch die Frage zu klären, ob es sich auch um berechtigte Interessen handelt, während im Rahmen des Abs 4 die Beendigung des Mietverhältnisses grundlos möglich ist. Deshalb ist mit der überwiegenden Auffassung eine entsprechende Anwendung des Abs 4 S 2 vorzuziehen. Der Wortlaut der Vorschrift, nach der sich die Kündigungsfrist um drei Monate verlängert, steht dem nicht entgegen, da eine entsprechende Anwendung den Besonderheiten des Art 2 anzupassen ist und dazu führt, daß der vertragliche Endtermin des Mietverhältnisses um drei Monate hinausgeschoben wird. d) Wegen der Verweisung auf § 564 b BGB ist die Geltendmachung der berechtig- 24 ten Interessen durch den Vermieter daran gebunden, daß er sie dem Mieter schriftlich mitteilt (s im einzelnen dort Rz 121 ff). Dies folgt aus der von der hM bejahten entsprechenden Anwendung des § 564 b Abs 3 B G B (BARTHELMESS Art 2 R z 3 1 f f ; B G B - R G R K - G E L H A A R § 5 6 4 b A n h A r t 2 R z 2 ; ERMAN-SCHOPP A n h z u

§ 564 b Art 2 Rz 2;

ROQUETTE

ZMR 1972, 133,135 f; SCHMIDT WuM 1976,41,43;

SCHMIDT-FUTTERER B 7 3 6 ; SCHOPP Z M R

2 f;

1 9 7 5 , 9 7 , 1 0 1 ; SCHUBERT W U M 1 9 7 5 , 1,

Rz III 112 f; aM KURTENBACH Betrieb 1971, 2453, 2457; PALANDTPUTZO Art 2 Anm 2 c). Dem steht nicht entgegen, daß es nicht um eine Kündigung des Vermieters geht (so aber PALANDT-PUTZO aaO). Die entsprechende Anwendung des § 564 b Abs 3 BGB richtet sich vielmehr nach den Besonderheiten des Art 2. Bei einem befristeten Mietverhältnis ist es in gleicher Weise geboten, dem Mieter noch vor der Beendigung des Mietverhältnisses Klarheit über seine Rechtsstellung und die Erfolgsaussicht von Verteidigungsmöglichkeiten zu verschaffen (SCHMIDTSTERNEL

FUTTERER a a O ; v g l B G B § 5 6 4 b R z (1305)

122).

Jürgen Sonnenschein

Art 2 WKSchG 25-27

2. Wohnraumkündigungsschutzgesetz

25 Daraus folgt zum einen für den Zeitpunkt der Geltendmachung berechtigter Interessen, daß sich der Vermieter noch vor der vertraglich vorgesehenen Beendigung des Mietverhältnisses gegenüber einem Fortsetzungsverlangen des Mieters auf seine berechtigten Interessen berufen muß (BARTHELMESS Art 2 Rz 3 4 ; ERMAN-SCHOPP A n h zu § 5 6 4 b A r t 2 R z 2 ; SCHMIDT W u M 1976, 4 1 , 4 3 ; SCHMIDT-FUTTERER B 7 3 7 ; SCHUBERT WuM 1 9 7 5 , 1, 2 f; STERNEL RZ III 112). Mangels ausdrücklicher ander-

weitiger Regelung des Gesetzes muß hierfür der letzte Tag des Mietverhältnisses genügen (vgl SCHMIDT-FUTTERER aaO). Nicht zu folgen ist der einschränkenden Auffassung von ROQUETTE (ZMR 1972, 133, 136), der analog § 147 Abs 2 BGB eine widersprechende Erklärung des Vermieters bis zu dem Zeitpunkt verlangt, in dem der Mieter unter regelmäßigen Umständen eine Antwort auf seinen Verlängerungsantrag erwarten darf. Da es auf berechtigte Interessen im Zeitpunkt der Beendigung des Mietverhältnisses ankommt, wäre der Vermieter bei einem frühzeitigen Fortsetzungsverlangen des Mieters häufig noch nicht in der Lage, berechtigte Interessen entgegenzusetzen. Wäre eine frühzeitige Ablehnung des Vermieters völlig unbegründet, könnte er auch keine später entstandenen Gründe nachschieben (vgl BGB § 564 b Rz 125). Rechtspolitisch ist es allerdings angebracht, dem Vermieter durch eine ausdrückliche gesetzliche Vorschrift im Rahmen des Art 2 die Geltendmachung berechtigter Interessen angemessene Zeit vor der Beendigung des Mietverhältnisses aufzuerlegen, damit sich der Mieter rechtzeitig auf seine Verteidigung einstellen kann. Nur so ist eine vollkommene Gleichstellung mit unbefristeten Mietverhältnissen zu erreichen, bei denen sich aus der Kündigungsfrist für den Mieter die Möglichkeit ergibt, die Frage einer Rechtsverteidigung gegenüber den auf § 564 b BGB gestützten Gründen des Vermieters noch vor Ablauf des Mietverhältnisses zu klären. 26 Aus der entsprechenden Anwendbarkeit des § 564 b Abs 3 BGB ergibt sich ferner, daß dem Vermieter ein Nachschieben von Gründen nur unter den eingeschränkten Voraussetzungen dieser Vorschrift gestattet ist (SCHMIDT-FUTTERER B 736; s im einzelnen BGB § 564 b Rz 125 ff).

III. Rechtsfolgen 27 1. Allgemeines Die Vorschrift räumt dem Mieter einen materiell-rechtlichen Anspruch gegen den Vermieter ein, das auf bestimmte Zeit eingegangene Mietverhältnis nach dem vertraglich vorgesehenen Endtermin auf unbestimmte Zeit fortzusetzen. Eine Änderung der Vertragsbedingungen kann weder der Mieter noch der Vermieter fordern. In dem form- und fristgerecht erhobenen Fortsetzungsverlangen des Mieters liegt der Antrag auf Abschluß des Verlängerungsvertrags (Rz 15 ff), den der Vermieter unter den Voraussetzungen des Art 2 abzuschließen verpflichtet ist. Für die Annahmefähigkeit des Antrags können die §§ 146 ff BGB deshalb nur mit Einschränkungen gelten. Das fortgesetzte Mietverhältnis ist identisch mit dem bisherigen, unterliegt nunmehr aber den Vorschriften über Mietverhältnisse, die auf unbestimmte Zeit eingegangen sind. Der Vermieter kann deshalb ein etwaiges Recht auf Mieterhöhung nach den Vorschriften des MHRG durchsetzen. Die Regelung des Art 2 führt damit nicht kraft Gesetzes zu einer Fortsetzung des Mietverhältnisses und fingiert als solche auch nicht eine derartige Fortsetzung ohne Rücksicht auf das Verhalten des Vermieters. Das Mietverhältnis muß vielmehr durch Vertragsschluß zwischen den Parteien fortgesetzt werden. Jürgen Sonnenschein

(1306)

Art 2 W K S c h G

2. Wohjiraumkündiguiigsschutzgesetz

28-30

2. Ablehnung des Fortsetzungsverlangens durch den Vermieter 28 Lehnt der Vermieter das Fortsetzungsverlangen des Mieters form- und fristgemäß ab (Rz 20 ff), kommt es darauf an, ob die Ablehnung berechtigt oder unberechtigt ist. a) Ist die Ablehnung rechtmäßig, weil dem Vermieter ein berechtigtes Interesse an der fristgerechten Beendigung des Mietverhältnisses zur Seite steht, so hat der Mieter keinen Anspruch auf Fortsetzung. Das Mietverhältnis endet nach § 564 Abs 1 BGB durch Zeitablauf. Das gleiche gilt unabhängig vom Vorliegen berechtigter Interessen, wenn der Vermieter von Einliegerwohnraum iS des § 564 b Abs 4 BGB seine Ablehnung auf diesen Sondertatbestand stützt, wobei jedoch die Verlängerung um drei Monate entsprechend § 564 b Abs 4 S 2 BGB zu berücksichtigen ist (Rz 22 f). In beiden Fällen bleiben weitergehende Schutzrechte des Mieters unberührt (Art 29 2 Abs 1 S 2, § 564 b Abs 5 BGB). Dies gilt wegen der Stellung der letzteren Vorschrift auch bei der Vermietung von Einliegerwohnraum. Kann der Vermieter das Fortsetzungsverlangen des Mieters wegen berechtigter Interessen an der Beendigung des Mietverhältnisses abwehren, bleibt dem Mieter noch die Möglichkeit, aufgrund der Sozialklausel nach § 556 b iVm § 556 a BGB die Fortsetzung des Mietverhältnisses zu verlangen. Anders als nach Art 2 hängt dieses Recht von einer Abwägung der beiderseitigen Interessen ab (§ 556 a Abs 1 S 1 BGB; s im einzelnen BGB § 556 b Rz 15 ff). Zudem müssen für die Geltendmachung dieses Rechts Frist und Form nach § 556 a Abs 5 und 6 BGB eingehalten werden. Nur wenn der Vermieter nicht rechtzeitig vor Ablauf der zweimonatigen Widerspruchsfrist den Hinweis auf die Sozialklausel erteilt hat, kann die Ausnahme des § 556 a Abs 6 S 2 BGB eingreifen (s BGB § 556 b Rz 26). Es empfiehlt sich deshalb für den Mieter, neben dem auf Art 2 gestützten Fortsetzungsverlangen gleichzeitig die Rechte aus der Sozialklausel hilfsweise für den Fall geltend zu machen, daß der erstere Anspruch nicht besteht (SCHMIDT-FUTTERER B 727). b) Ist die Ablehnung des Fortsetzungsverlangens durch den Vermieter rechtswidrig, 30 weil er kein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses hat, so ist der Anspruch des Mieters aus Art 2 begründet. Das gleiche gilt, wenn der Vermieter seine Ablehnung nicht form- und fristgemäß erklärt hat (Rz 24 f; vgl aber Rz 32). Nach verbreiteter Auffassung soll der Verlängerungsvertrag durch stillschweigende Annahme seitens des Vermieters schon dann zustande kommen, wenn dieser das Fortsetzungsverlangen des Mieters nicht spätestens bis zum vertraglichen Endtermin des Mietverhältnisses ablehnt (BARTHELMESS Art 2 Rz 3 7 ; E R M A N - S C H O P P A n h z u § 5 6 4 b A r t 2 R z 2 ; ROQUETTE Z M R

1 9 7 2 , 1 3 3 , 1 3 6 ; SCHMIDT-FUTTERER

B 7 3 7 ; SCHOPP ZMR 1 9 7 5 , 9 7 , 1 0 1 ; STERNEL R Z III 1 1 2 ) . Diese Auffassung steht nicht im Einklang mit den Grundsätzen des Vertragsrechts, nach denen Schweigen in aller Regel nicht als Willenserklärung zu behandeln ist (vgl L A R E N Z AT § 1 9 IV a). Allein der Anspruch auf Annahme des Fortsetzungsverlangens macht rechtlich die Annahmeerklärung nicht entbehrlich (so aber ROQUETTE aaO). Auch aus der mietvertraglichen Bindung des Vermieters folgt keine Erklärungspflicht, bei deren Verletzung das Schweigen als Annahme zu werten wäre (so aber STERNEL aaO). Dies würde der vergleichbaren Regelung des § 556 a BGB widersprechen und läßt sich auch nicht mit dem Wortlaut des Art 2 vereinbaren, der nichts weiter als einen noch besonders zu erfüllenden Anspruch des Mieters einräumt. Dieser Anspruch wird durch eine einverständlich abgegebene oder gerichtlich erzwungene Willenserklärung des Vermieters erfüllt (Rz 31 ff).

(1307)

Jürgen Sonnenschein

Art 2 WKSchG 31-34

2. Wohnraumkündigungsschutzgesetz

31 3. Einverständnis des Vermieters a) Stimmt der Vermieter dem Fortsetzungsverlangen ausdrücklich oder durch schlüssiges Verhalten zu, so wird das Mietverhältnis auf unbestimmte Zeit, im übrigen aber zu den bisherigen Vertragsbedingungen fortgesetzt. Die Zustimmung ist rechtlich als die Annahme des im Fortsetzungsverlangen liegenden Vertragsangebots des Mieters zu werten. Es ist unerheblich, ob der Vermieter das Angebot vor oder nach Ablauf der vertraglich vorgesehenen Mietzeit annimmt. Der Vertrag wird in jedem Fall von dem an sich vorgesehenen Endtermin an fortgesetzt. Ein Schweigen des Vermieters kann jedoch entgegen einer verbreiteten Auffassung nicht ohne weiteres als Vertragsannahme beurteilt werden (Rz 30). 32 b) Von der Vertragsfortsetzung aufgrund schlüssigen Verhaltens ist die Vertragsverlängerung durch Fortsetzung des Gebrauchs nach § 568 BGB zu unterscheiden. Nach dieser Vorschrift gilt das Mietverhältnis als auf unbestimmte Zeit verlängert, wenn der Mieter den Gebrauch der Mietsache nach dem Ablauf der Mietzeit fortsetzt und keine der Parteien ihren entgegenstehenden Willen innerhalb einer Frist von zwei Wochen dem anderen Vertragsteil gegenüber erklärt. Hierbei handelt es sich um eine Fiktion der Vertragsverlängerung, für die es auf einen entsprechenden Parteiwillen nicht ankommt (vgl BGB § 568 Rz 3). Diese Regelung gilt auch im Rahmen des Art 2 und ist insbesondere von Bedeutung, wenn der Vermieter auf das Fortsetzungsverlangen des Mieters schweigt. Die Fiktion des § 568 BGB macht ein ausdrückliches Einverständnis des Vermieters überflüssig. Hat der Vermieter die Fortsetzung des Mietverhältnisses gegenüber einem auf Art 2 gestützten Verlangen des Mieters abgelehnt, so kann diese vor Vertragsbeendigung liegende Ablehnungserklärung zugleich als Widerspruch iS des § 568 BGB beurteilt werden (s zu der im Rahmen des § 568 BGB streitigen Frage dort Rz 21 f). Wegen des engen sachlichen und zeitlichen Zusammenhangs zwischen dem zwei Monate vor der Vertragsbeendigung zu erklärenden Fortsetzungsverlangen und der Ablehnungserklärung kann es nicht darauf ankommen, ob die letztere Erklärung kürzere oder längere Zeit vor dem Vertragsende abgegeben wird, um noch als Widerspruch iS des § 568 BGB gelten zu können (vgl BARTHELMESS Art 2 Rz 40).

33 4. Gerichtliche Geltendmachung a) Der Mieter hat unter den Voraussetzungen des Art 2 einen materiell-rechtlichen Anspruch auf Fortsetzung des Mietverhältnisses, der durch Abgabe einer entsprechenden Willenserklärung des Vermieters zu erfüllen ist. Die Abgabe dieser Willenserklärung kann der Mieter im Wege der Leistungsklage erzwingen. Die gerichtliche Zuständigkeit richtet sich nach § 23 Nr 2 a) GVG, § 29 a ZPO. Mit der Rechtskraft eines der Klage stattgebenden Urteils gilt die Willenserklärung als abgegeben (§ 894 ZPO), sie wirkt jedoch auf den vertraglich an sich vorgesehenen Endtermin zurück (BARTHELMESS Art 2 Rz 42; P A L A N D T - P U T Z O Art 2 Anm 3 b). Für eine Gestaltungsklage bildet die Vorschrift keine Rechtsgrundlage, da dem Gericht anders als nach § 556 a Abs 3 BGB (s dort Rz 76) keine das Mietverhältnis betreffende Rechtsgestaltung obliegt (BARTHELMESS aaO; H A N S Art 2 Anm 9 b; aM P A L A N D T - P U T Z O aaO; vgl auch LG München ZMR 1974, 49, 50). Eine Feststellungsklage ist für das Klageziel des Mieters unzureichend und kommt allenfalls in Betracht, wenn er sich auf eine schon beiderseits erklärte Vertragsfortsetzung oder auf eine Vertragsverlängerung nach § 568 BGB beruft (vgl BARTHELMESS Art 2 Rz 44). 34 b) Nach hM muß der Mieter seinen Anspruch auf Fortsetzung des Mietverhältnisses gegenüber einer Räumungsklage des Vermieters durch Widerklage geltend machen, die unter den Voraussetzungen des § 530 Abs 1 ZPO noch im Berufungsverfahren Jürgen Sonnenschein

(1308)

2. Wohnraumkündigungsschutzgesetz

Art 2 WKSchG 35-37

erhoben werden kann (LG Bonn MDR 1976, 495; LG Kaiserslautern ZMR 1975, 3 0 6 , 3 0 7 ; BARTHELMESS A r t 2 R z 4 3 ; P A L A N D T - P U T Z O A r t 2 A n m 4 ; SCHMIDT-FUTTE-

RER B 744; vgl auch LG München ZMR 1974, 49, 50). Eine bloße Einwendung genügt nur, wenn sich der Mieter darauf beruft, eine Einigung über die Vertragsfortsetzung habe bereits stattgefunden. Hiervon abweichend will S T E R N E L ( R Z III 114) unter Hinweis auf § 556 a BGB sowie auf die zur Wandlung und Minderung im Kaufrecht geübte Praxis in jedem Fall genügen lassen, daß der Mieter seinen Anspruch auf Vertragsfortsetzung im Wege der Einwendung gegenüber dem Räumungsanspruch des Vermieters geltend macht. Dieser Auffassung ist nicht zuzustimmen, da § 308 a ZPO eine richterliche Gestaltung des Mietverhältnisses ohne dahin gehenden Klageantrag des Mieters ausdrücklich nur auf der Grundlage der Sozialklausel in einem Räumungsprozeß zuläßt. Auch die Berufung auf die Praxis von Wandlung und Minderung vermag S T E R N E L S Ansicht nicht zu stützen. Begehrt der Käufer im Klagewege Befreiung von der Kaufpreisschuld oder Rückzahlung des Kaufpreises, liegt ein Klageantrag vor, auf den der Vollzug von Wandlung oder Minderung gestützt werden kann (vgl R G Z 58, 423,425; 69, 385,388; 101,64,71; s auch BGHZ 29, 148, 151 ff). Die einredeweise Geltendmachung gegenüber der Kaufpreisklage genügt aber nur dann, wenn der Käufer keine über den Vollzug der Wandlung oder Minderung hinausgehenden Ansprüche stellt. Der Anspruch auf Fortsetzung des Mietverhältnisses nach Art 2 ist damit nicht vergleichbar, weil er zu der über die Abgabe einer Willenserklärung hinausgehenden Pflicht zur weiteren Gebrauchsüberlassung führt. Zu bedenken ist auch, daß STERNELS Auffassung ganz allgemein eine besondere Klage auf Abgabe einer Willenserklärung überflüssig machen würde, wenn sich daran eine weitere Leistungspflicht knüpft. Dies steht nicht im Einklang mit unserer Rechtsordnung. Der Mieter wird durch die Verweisung auf eine Widerklage nicht benachteiligt, wenn das Gericht seiner Aufklärungspflicht aus § 139 ZPO nachkommt (vgl S C H M I D T - F U T T E R E R B 744).

IV. Ausnahmetatbestände (Abs 3)

35

Entsprechend der Regelung in § 564 b Abs 7 BGB (s dort Rz 155) werden nach Art 2 Abs 3 bestimmte Mietverhältnisse über Wohnraum vom Bestandsschutz ausgenommen. Hierzu zählen Mietverhältnisse zu nur vorübergehendem Gebrauch (s im einzelnen BGB § 556 a Rz 88 ff) sowie Mißverhältnisse über ganz oder überwiegend vom Vermieter zu möblierenden Wohnraum, der Teil der vom Vermieter selbst bewohnten Wohnung ist und nicht zum dauernden Gebrauch für eine Familie überlassen ist. Im übrigen fällt möblierter Wohnraum jedoch unter den Schutz des Art 2. V. Unabdingbarkeit (Abs 2)

36

1. Eine zum Nachteil des Mieters von der Regelung des Art 2 abweichende Vereinbarung ist unwirksam. Der Bestandsschutz ist nur durch eine zwingende Vorschrift zu verwirklichen. Unzulässig ist es deshalb, die gesetzlichen Bestimmungen zugunsten des Vermieters auszuschließen oder abzuändern. Die Unwirksamkeit beschränkt sich allerdings auf die jeweilige Klausel und erfaßt grundsätzlich nicht den ganzen Mietvertrag (s im einzelnen BGB § 564 b Rz 157; B A R T H E L M E S S Art 2 Rz 46; S C H M I D T - F U T T E R E R B 745). Zulässig sind dagegen abweichende Vereinbarungen zugunsten des Mieters (BGB § 564 b Rz 158). 2. Die Frage einer abweichenden Vereinbarung stellt sich zunächst für den ur- 37 sprünglichen Mietvertrag, der bereits für den zukünftigen Endtermin bestimmte Regelungen enthalten soll. Unzulässig können auch nachträgliche Vereinbarungen (1309)

Jürgen Sonnenschein

Art 3 WKSchG, Vorbem zu § 1 MHRG 2. Wohnraumkiindigungsschutzgesetz

zuungunsten des Mieters in einem Änderungsvertrag oder in dem aufgrund des Art 2 abgeschlossenen Verlängerungsvertrag sein, wenn der Vermieter gegenüber einem begründeten Anspruch des Mieters nur unter abweichenden Bedingungen zur Vertragsfortsetzung bereit war. Dies gilt insbesondere für eine Mieterhöhung (vgl S C H M I D T - F U T T E R E R B 746). Eine Änderung der bisherigen Vertragsbedingungen ist nur zulässig, soweit dies auf dem freien Entschluß des Mieters beruht. Wenn dem Mieter materiell-rechtlich kein Anspruch auf Vertragsfortsetzung nach Art 2 zusteht, greift auch dessen Abs 2 nicht ein. In diesem Fall kann eine Vertragsverlängerung unter Bedingungen vereinbart werden, die zum Nachteil des Mieters von dem bisherigen Vertragsinhalt abweichen (vgl S C H M I D T - F U T T E R E R B 747 f). Artikel 3 Gesetz zur Regelung der Miethöhe Vorbemerkungen Schrifttum Wohnraumkündigungsschutzgesetz, Miethöhegesetz, Kommentar ( 1 9 7 6 ) ; DERLEDER, Vertragsfreiheit, Ertragsgewährleistungen und ihre Absicherung für den Wohnraumvermieter, NJW 1 9 7 5 , 1 6 7 7 ; ders, Inflatorische Impulse des MHRG? WuM 1 9 7 6 , 1 9 7 , 2 2 1 ; EEKHOFF-WERTH, Auswirkungen des 2. WKSchG, Gutachten des Instituts für empirische Wirtschaftsforschung der Universität des Saarlandes ( 1 9 7 8 ) ; ESSER-WEYERS II 1 ( 5 . Aufl 1 9 7 7 ) § 2 0 III 1 (S. 1 7 9 f); FREUND-BARTHELMESS, Rechtsprobleme zum 2 . WKSchG, ZMR 1 9 7 5 , 3 3 ; GALLAS, Zur Rechtswirksamkeit einer Mieterhöhungserklärung nach MHRG vor Auslaufen der Mietpreisbindung, WuM 1 9 7 7 , 1 7 9 ; H GÜNTER, Die Mieterhöhung nach dem 2 . WKSchG, WuM 1 9 7 5 , 5 ; HAACK, Soziales Mietrecht und Investitionsprobleme im freifinanzierten Mietwohnungsbau, WuM 1978,41; D IPSEN, Wohnungen und Mieten, Arch f Komm Wiss 1 9 7 6 , 2 6 2 ; KIMMINICH, Die verfassungsrechtliche Beurteilung des WKSchG I ( 1 9 7 3 ) ; LÖWE, Wichtige Neuregelungen im 2 . WKSchG, NJW 1 9 7 5 , 9 ; R u P MARIENFELD, Grundprobleme und wirtschaftliche Bedeutung des MHRG, ZMR 1 9 7 6 , 2 2 5 , 2 5 7 ; SCHMIDT-FUTTERER, Wohnraumschutzgesetze ( 2 . Aufl 1 9 7 6 ) Einf Rz A 1 ff, Vorb z MHRG Rz C 1 ff; SCHOPP, Das 2 . WKSchG, ZMR 1 9 7 5 , 9 7 ; STERNEL, Wohnraummietrecht ( 1 9 7 5 ) Rz II 1 8 ff; H-J VOGEL, Das 2 . WKSchG, JZ 1 9 7 5 , 7 3 ; W WEIMAR, Die Erhöhung des Mietzinses bei Mischmietverhältnissen, B1GBW 1 9 7 8 , 3 1 ; G WINTER, Der Mietspiegel zwischen Wohnwert- und ortsüblicher Vergleichsmiete, WuM 1977, 85; Gutachten zur Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmieten (Mimeo Mannheim 1973/1975). BARTHELMESS, 2 .

Systematische Übersicht I. Geschichte 1. Die Entstehung des WKSchG 11 2. Inhalt und Wirkungen des WKSchG 14 3. Die Entstehung des MHRG 8

2. Der zeitliche Anwendungsbereich 47 3. Der räumliche Anwendungsbereich 49 4. Der Mietzins 50 5. Sonderregelungen 53

n. Überblick über die gesetzliche Regelung 10

V. Konkurrenzen 57 1. Grundsatz 58 2. Das Verhältnis des § 3 MHRG zu den anderen Tatbeständen 59 3. Die Sondervorschriften der §§4 und 5 MHRG 62 4. Die Obergrenze 64

m . Kritische Würdigung des MHRG 17 1. Die mangelnde Praktikabilität des § 2 MHRG 18 2. Die einseitige Privilegierung des Vermieters durch die §§ 3 bis 5 MHRG 32 3. Folgerungen 36 IV. Der Anwendungsbereich des Gesetzes 38 1. Der sachliche Anwendungsbereich 39

VI. Prozessuales 1. Zuständigkeit 65 2. Streitwert 67

Jürgen Sonnenschein • Volker Emmerich

(1310)

Art 3 WKSchG, Vorbem zu § 1 MHRG 2. Wohnraumkiindigungsschutzgesetz 1

Alphabetische Übersicht Abschluß des Mietvertrages 10 Änderungskündigung 3 , 1 2 Altenheini- und Pflegeverträge 45 Altmietverträge 25 Anforderungen an das Verlangen nach Mieterhöhung 6 Außerordentliches Kündigungsrecht 15 Baualtersklassen 26 Begrenzung der Mietzinserhöhung 2 , 7 , 9 , 1 8 Betriebskosten 63 Betriebskostensteigerungen 3,5, 3 4 , 5 2 , 5 8 Dingliche Wohnrechte 46

Mietwerttabellen 2 0 , 2 2 ff, 26 ff Mietzins 10, 50 f, 59 Mietzinserhöhung 8 , 1 2 , 1 5 , 3 0 f, 5 4 , 5 6 , 5 8 Mietzinsfreigabe 1 Mischmietverhältnisse 40 f Modernisierungsmaßnahmen 15, 3 1 , 3 3 , 5 4 , 59, 61 Nachträgliche Mietzinserhöhung 38 Nebenleistungen 51, 62 Nutzungsentschädigung 48 Ortsübliche Vergleichsmiete 3, 8 f, 18, 21, 23, 2 9 , 3 1 , 3 3 , 5 8 f, 64 Preisgebundene Wohnungen 42 f Prozessuales 65 ff

Einmalmiete 50 Einschränkung des Kündigungsrechts 2 Einseitige Mietzinserhöhung 12,14 Einverständliche Mietzinserhöhung 11 Faktischer Mietpreisstopp 29 ff Freie Mietpreisbildung 30,37 Gesamtmietzins 63 Grundmiete 63 Gültiger Mietvertrag 48

Räumlicher Anwendungsbereich 49 Staffelmieten 16,22 Streitwertfestsetzung 67 f Umsatzmiete 50 Vermögensvermehrung auf Kosten der Mieter 33,37 Verzug des Mieters 15

Kaltmiete 52 Kapitalkostensteigerung 35, 58,61 Klage auf Erteilung der Zustimmung 4 Kostenerhöhung 3 2 , 3 4 , 5 8 Kostenmiete 8,22, 3 1 , 5 2 , 5 7 Kostenumlegung 3 3 , 5 9 f Kündigung des Mietverhältnisses 30

Wahlrecht des Vermieters 59 Warmmiete 51 f, 62 Weißer Kreis 1 Werkmietwohnung 55 f Wertsicherungsklauseln in Mietverträgen 16 Wiedereinführung des Kündigungsschutzes 30 Wohnraummietverhältnisse 38 f, 4 1 , 4 4 , 4 7 Wohnungsmarkt 20, 24 Wohnungsteilmarkt 24 Wohnwert 18 f, 21,27 Wucherverbot 10,64

Mangelnde Praktikabilität 18 Mieterhöhungsverlangen 13,22 Mieterschutz 29 Mietpreisniveau 19,25 f, 28 Mietpreisspanne 28 Mietpreissteigerung 37 Mietpreisstopp 7 , 1 0 Mietspiegel 20,22 ff, 26 ff Mietvertragsänderung 13

Zustimmung zur Mietzinserhöhung 3 Zwingendes Mietrecht 16

I. Geschichte 1. Die Entstehung des WKSchG I Auf Grund des Gesetzes über den Abbau der Wohnungszwangswirtschaft und über ein soziales Mietrecht v 23. 6. 1960 (BGBl I 389) waren vom 1. 7. 1963 ab in den sog Weißen Kreisen die Mieten stufenweise freigegeben worden (sog Lücke-Plan, s Vorbem 12 ff zu §§ 535, 536 BGB). Trotz wiederholter Hinausschiebung des Schlußtermins der Mietzinsfreigabe war es daraufhin zu teilweise ganz erheblichen (1311)

Volker Emmerich

1

Art 3 WKSchG, Vorbem zu § 1 MHRG 2-6 2. Wohnraumkiindigungsschutzgesetz Mietzinssteigerungen gekommen, die vor allem nach 1970 im Zuge der sich beschleunigenden inflatorischen Entwicklung beängstigende Ausmaße annahmen. Besondere Sorge erregte dabei die zunehmende Zahl von Kündigungen mit dem einzigen Zweck einer Mietzinserhöhung, gegen die sich die Mieter angesichts der Situation auf dem Wohnungsmarkt nach wie vor nur ungenügend schützen konnten. 2 Die BReg beschloß deshalb, zum Schutze der Mieter erneut auf dem Wohnungsmarkt zu intervenieren und durch Einschränkung des Kündigungsrechts des Vermieters und Begrenzung der Mietzinserhöhungen auf das Ausmaß zwischenzeitlicher Kostensteigerungen (vorübergehend) die Wohnungszwangswirtschaft wieder einzuführen (vgl den RegE mit Begr, BT-Dr VI/1549; s Vorbem 16 f zu §§ 535, 536 BGB). 3 Im Laufe der parlamentarischen Beratungen wurde jedoch der RegE in wesentlichen Punkten verändert (vgl dazu den Bericht des Rechtsausschusses, BT-Dr VI [1971J/2421, 3 f). Die Änderungskündigung zum Zwecke der Mietzinserhöhung wurde jetzt generell ausgeschlossen; an ihre Stelle trat das Recht des Vermieters, vom Mieter die Zustimmung zu einer Erhöhung des Mietzinses bis zur Höhe der ortsüblichen Vergleichsmiete zu verlangen. Außerdem wurde erstmals dem Vermieter das Recht eingeräumt, sog Betriebskostensteigerungen in einem stark vereinfachten Verfahren auf den Mieter abzuwälzen. Der Rechtsausschuß ging bei diesen Beschlüssen davon aus, durch die von ihm gewählte Neuregelung bleibe dem Vermieter ein angemessener marktorientierter Ertrag der Vermietung garantiert, während andererseits der Mieter vor überhöhten Forderungen, die nur aufgrund der Mangellage am Wohnungsmarkt durchsetzbar wären, geschützt werde (aaO 4).

4 2. Inhalt und Wirkungen des WKSchG I a) Dementsprechend bestimmte das erst nach heftigen parlamentarischen Kämpfen zustande gekommene WKSchG I vom 25. 11. 1971 (BGBl 1 1839) in Art 1 §§ 3und 4 folgendes: Bei Wohnraummietverhältnissen konnte der Vermieter vom Mieter die Zustimmung zu einer Erhöhung des Mietzinses verlangen, wenn der bisherige Mietzins seit einem Jahr unverändert fortbestand und der angestrebte Mietzins die üblichen Entgelte in der Gemeinde für vergleichbare Räume nicht überstieg, außer wenn eine Erhöhung des Mietzinses vertraglich ausgeschlossen war. Stimmte der Mieter dem Erhöhungsverlangen des Vermieters nicht zu, so konnte der Vermieter innerhalb einer Frist von 3 Monaten auf Erteilung der Zustimmung klagen. 5 Außerdem war der Vermieter berechtigt, Erhöhungen der Betriebskosten iS des § 27 der 1. BerechnungsVO v 14. 12. 1970 (BGBl I 1682) durch einseitige schriftliche Erklärung anteilig auf den Mieter umzulegen (Art 1 § 3). Abweichende Vereinbarungen waren verboten (Art 1 § 4 Abs 1). Jedoch waren bestimmte, weniger schutzwürdige Wohnraummietverhältnisse aus der gesetzlichen Regelung ausgeklammert (Art 1 § 4 Abs 2). Die Geltungsdauer der Regelung war bis zum 31. 12. 1974 befristet (Art 3 § 2 Abs 3). 6 b) Nach Inkrafttreten des Gesetzes stellten die Gerichte durchweg so strenge Anforderungen an das Verlangen des Vermieters nach einer Erhöhung des Mietzinses, daß nach allgemeiner Meinung Mietzinserhöhungen praktisch nicht mehr durchsetzbar waren (vgl BVerfGE 37, 132, 144 m Nachw). Als sich deshalb verschiedene Vermieter an das BVerfG wandten, stellte das Gericht zwar die Verfassungsmäßigkeit des WKSchG I fest (aM zB K I M M I N I C H aaO), betonte aber auch die Notwendigkeit einer Verfahrensgestaltung, die das legitime Interesse des Vermieters an der Nutzung seines Eigentums ebenso berücksichtigt wie das Interesse des Mieters an Volker Emmerich

(1312)

Art 3 WKSchG, Vorbem zu § 1 MHRG 2. Wohnraumkiindigungsschutzgesetz 7-11

einem Schutz gegen überhöhte Mietzinsforderungen (BVerfGE 37, 132, 140 ff; vgl auch BVerfG ZMR 1975, 210; BVerfGE 38, 348; aM für Ferien- und Wochenendwohnungen der Vorlagebeschl des AG Überlingen DWW 1978, 124). c) Die wirtschaftspolitische Berechtigung des WKSchG I war von Anfang an lebhaft 7 umstr (vgl Vorbem 18 f zu §§ 535, 536 BGB). Vor allem der in den Jahren nach 1971 festzustellende, starke Rückgang des Mietwohnungsbaus wurde in erster Linie auf die einem Mietpreisstopp nahekommende Beschränkung der Mietzinserhöhungen durch das WKSchG I zurückgeführt, da das Gesetz nach einer verbreiteten Meinung zur Folge hatte, daß sich die Mietpreise vielfach auf einem Niveau bewegten, das keine angemessene Verzinsung des in dem Mietwohnungsbau investierten Kapitals mehr erlaubte (vgl in diesem Sinne schon die scharfe Kritik des Wissenschaftlichen Beirats beim BMWi, Entwicklung der Wohnungsmieten und die geplanten Maßnahmen zur Begrenzung des Mietanstiegs, Gutachten v 12. 12. 1970).

3. Die Entstehung des MHRG

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a) Die BReg hielt jedoch trotz dieser Kritik an der gesetzlichen Begrenzung von Mietzinserhöhungen fest und verwandelte sie in dem WKSchG II v 18. 12. 1974 (BGBl I 3603) sogar in ein Dauerrecht. Zur Begründung führte sie aus, die Regelungen des WKSchG I hätten sich bewährt, da die Zahl der Mieträumungsprozesse wie auch die Mieterhöhungen stark zurückgegangen seien. Wegen dieser positiven Auswirkungen sollten die zeitlich befristeten Regelungen des WKSchG I in ein Dauerrecht verwandelt werden (BT-Dr 7/2011, 7 f). Mietzinserhöhungen müßten jedoch in angemessenem Rahmen zur Erhaltung der Wirtschaftlichkeit des Hausbesitzes und zur Anpassung an die allgemeine Marktentwicklung möglich sein, ohne daß deshalb das Mietverhältnis in seinem Bestand in Frage gestellt werde. Die Grenze für Mietzinserhöhungen bleibe deshalb die ortsübliche Vergleichsmiete, weil die in Betracht kommenden Alternativen wie die Einführung der Kostenmiete oder der Tabellenmiete zu große Nachteile aufwiesen (aaO 8). b) Dementsprechend wurde die Beschränkung der Erhöhung des Mietzinses auf die 9 ortsübliche Vergleichsmiete im Kern unverändert aus dem WKSchG I in das WKSchG II übernommen. Bei der Ausgestaltung im einzelnen wurde die gesetzliche Regelung jedoch in zahlreichen Punkten geändert, um die Möglichkeiten des Vermieters zur Erhöhung des Mietzinses zu verbessern. Die dadurch stark angeschwollene Regelung wurde in einem besonderen Gesetz zur Regelung der Miethöhe (MHRG) zusammengefaßt, das Bestandteil des WKSchG II ist (Art 3).

II. Überblick über die gesetzliche Regelung

10

1. Das MHRG hat weder einen Preisstopp für Mietverträge noch eine gesetzliche Stoppmiete eingeführt. Bei Abschluß eines Mietvertrages sind die Parteien mithin in der Vereinbarung der Mietzinshöhe nach wie vor frei. Die einzigen Grenzen ergeben sich hier aus den Wucherverboten des § 5 WiStG und des § 302 f StGB (s dazu Vorbem 154 ff zu §§ 535-536 BGB), sowie selbstverständlich aus § 138 BGB. Auch für einverständliche Erhöhungen des Mietzinses durch die Vertragsparteien 11 bestehen keinerlei Beschränkungen ( § 1 0 Abs 1 MHRG). Mit Zustimmung des Mieters ist also jederzeit eine Mietzinserhöhung in beliebigem Umfang (bis zu den Grenzen der §§ 5 WiStG und 302 f StGB) möglich. (1313)

Volker Emmerich

Art 3 WKSchG, Vorbem zu § 1 MHRG 12-17 2. Wohnraumkiindigungsschutzgesetz

12 2. (Erheblich) eingeschränkt ist hingegen die Möglichkeit des Vermieters zur einseitigen Erhöhung des Mietzinses nach Vertragsschluß bei den meisten Wohnraummietverhältnissen (Ausnahmen s in § 10 Abs 2 MHRG): Ausgangspunkt der gesetzlichen Regelung ist das generelle Verbot jeder Änderungskündigung nach Vertragsschluß zu dem Zweck der Mietzinserhöhung (§ 1 S 1). An die Stelle dieser Änderungskündigung ist die Mietzinserhöhung nach dem MHRG getreten, wobei zwischen dem Grundtatbestand des § 2 und den Sondertatbeständen der §§ 3 - 7 zu unterscheiden ist. 13 a) Nach dem Grundtatbestand des § 2 MHRG kann der Vermieter, und zwar höchstens einmal im Jahr, von dem Mieter die Zustimmung zu einer Vertragsänderung dahingehend verlangen, daß der Mietzins auf das Niveau der ortsüblichen Vergleichsmiete angehoben wird. Voraussetzung sind ua ein sog Erhöhungsverlangen, an dessen Begründung die Gerichte nach wie vor überaus strenge Anforderungen stellen, sowie die Einhaltung bestimmter Überlegungs-, Klage- und Sperrfristen. 14 b) Anders konstruiert sind die Sondertatbestände der §§ 3 - 7 , da diese Vorschriften dem Vermieter durchweg ein Gestaltungsrecht verleihen, so daß er durch dessen Ausübung einseitig den Mietzins unter bestimmten Voraussetzungen um bestimmte Beträge erhöhen kann. Die einzelnen Tatbestände sind die Vornahme bestimmter baulicher Maßnahmen (§ 3 MHRG), die Erhöhung der Betriebskosten iS des § 27 der 2. BerechnungsVO (§ 4 MHRG), die Erhöhung der dinglich gesicherten Kapitalkosten (§ 5 MHRG), sowie noch die Vereinbarung der Kostenmiete bei öffentlich gefördertem oder steuerbegünstigtem Wohnraum im Saarland (§ 6 MHRG) und bei bestimmten Bergmannswohnungen (§ 7 MHRG). 15 3. Mietzinserhöhungen auf Grund der genannten Vorschriften können den Mieter schwer treffen. Man denke nur an umfangreiche Modernisierungsmaßnahmen, deren Kosten der Vermieter nach § 3 MHRG (iVm § 14 ModEnG) nahezu in voller Höhe auf die Mieter abwälzen kann. Zum Ausgleich gibt deshalb das Gesetz in § 9 Abs 1 dem Mieter ein außerordentliches befristetes Kündigungsrecht nach einer Mietzinserhöhung auf Grund des MHRG; ausgenommen sind lediglich die Fälle des § 4 MHRG. Zugleich ist das Kündigungsrecht des Vermieters wegen Verzugs des Mieters mit der Zahlung des erhöhten Mietzinses (§ 554 B G B ) stark eingeschränkt worden, um dem Mieter die Möglichkeit zu geben, sich gegen die Mietzinserhöhung zu wehren, ohne dadurch eine Kündigung nach § 554 B G B riskieren zu müssen (§ 9 Abs 2 MHRG). 16 4. Die Vorschriften des MHRG sind zu Gunsten des Mieters zwingend; zu seinem Nachteil vom MHRG abweichende Vereinbarungen sind maW unwirksam ( § 1 0 Abs 1 MHRG). Zu denken ist hier vor allem an (über § 2 hinausgehende) Vereinbarungen von Staffelmieten oder Wertsicherungsklauseln (s Vorbem 157 zu §§ 535, 536 BGB). Hingegen ist es unbeschränkt zulässig, das Recht des Vermieters zu Mietzinserhöhungen noch über den Rahmen des MHRG hinaus einzuschränken oder sogar ganz auszuschließen (§ 1 S 3 MHRG).

17 m . Kritische Würdigung des MHRG Das Gesetz verfolgt zu gleicher Zeit zwei schon auf den ersten Blick nur schwer miteinander zu vereinbarende Ziele. Auf der einen Seite will es die Mieter vor allen überhöhten Mietzinsforderungen schützen; zugleich soll es aber auch dem Vermieter einen angemessenen Ertrag seines Eigentums garantieren. Es verwundert nicht, daß es auch dem Gesetzgeber des MHRG nicht gelungen ist, diese beiden disparaten Zielsetzungen sinnvoll miteinander zu verbinden. Die Folge ist, daß das Gesetz nicht Volker Emmerich

(1314)

Art 3 WKSchG, Vorbem zu § 1 MHRG 2. Wohnraumkiindigungsschutzgesetz 18-22

nur weithin unpraktikabel ist, sondern im übrigen auch zu ganz unsinnigen Ergebnissen führen muß. 1. Die mangelnde Praktikabilität des § 2 MHRG

18

Kern der gesetzlichen Regelung ist die Begrenzung der Entgelte für Mietverhältnisse über Wohnraum durch § 2 Abs 1 Nr 2 auf das Niveau der ortsüblichen Vergleichsmiete, ermittelt an Hand der Mietzinsen für hinsichtlich des Wohnwerts vergleichbare Wohnungen. Der Gesetzgeber ist bei dieser Regelung davon ausgegangen, daß sich der Mietzins am Markt im Spiel von Angebot und Nachfrage nach dem Wohnwert orientiert (Begr z RegE aaO 10). Schon diese Grundvorstellung des Gesetzgebers trifft indessen nicht zu. Die unvermeidliche Folge einer solchen Fehlkonzeption des Gesetzes ist entweder seine mangelnde Praktikabilität oder eine disfunktionale Wirkung. Bei § 2 MHRG sticht vor allem dessen mangelnde Praktikabilität ins Auge, für die sich zahlreiche Gründe anführen lassen. Die wichtigsten sollen im folgenden genannt werden. a) Das Mietpreisniveau einer Gemeinde oder eines Landes wird keineswegs allein 19 vom Wohnwert der einzelnen Wohnungen, sondern auch noch von zahlreichen anderen, vom Gesetzgeber zu Unrecht ausgeblendeten Faktoren beeinflußt. Empirische Untersuchungen der letzten Jahre haben sogar ergeben, daß die Bedeutung dieser anderen Faktoren die des Wohnwertes für die Mietpreisbildung bei weitem übertrifft (s D IPSEN U W I N T E R aaO; insbes Gutachten zur Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmieten für Mannheim). § 2 MHRG, der gleichwohl allein auf den Wohnwert abstellt, beruht deshalb auf völlig falschen (ökonomischen) Voraussetzungen und muß schon deshalb an der Realität scheitern. Erschwerend kommt hinzu, daß es auch - entgegen den Vorstellungen der Gesetzes- 20 Verfasser - auf einem unvollkommenen Markt, wie es der Wohnungsmarkt vor allem infolge seiner mangelnden Transparenz und seiner zahlreichen sonstigen „Mängel" nun einmal ist, niemals „den" (einen) Marktpreis, sondern immer nur eine unübersehbare Vielzahl verschiedener Marktpreise gibt, die sich innerhalb einer kaum zu ermittelnden und ständigen Schwankungen unterworfenen, großen Bandbreite bewegen. Dies erklärt zB auch die großen Spannen, mit denen alle Mietwerttabellen notwendigerweise stets arbeiten müssen und die ihre Verwendbarkeit so problematisch erscheinen lassen. Dabei bleibt außerdem auch immer zu beachten, daß nahezu keine Wohnung einer 21 anderen völlig gleicht, selbst wenn man allein auf die in § 2 Abs 1 Nr 2 MHRG genannten Wohnwertmerkmale abstellt; denn die meisten Wohnungen weisen so große Unterschiede in so zahlreichen Punkten auf, daß die für sie gezahlten Preise tatsächlich kaum miteinander verglichen werden können. Auch dies ist natürlich ein wichtiger Grund dafür, daß es im Einzelfall fast unmöglich ist, für eine bestimmte Wohnung genau die ortsübliche Vergleichsmiete anzugeben. b), aa) Alle diese Probleme sind seit langem bekannt. Der Gesetzgeber hat gleich- 22 wohl gemeint, sie in Kauf nehmen zu müssen, weil die in Betracht kommenden Alternativen, namentlich die Kosten- und die Staffelmiete, mit noch größeren Mängeln behaftet seien (Begr z RegE aaO 8). Der Gesetzgeber hat zugleich versucht, durch eine Reihe von Verbesserungen des neuen § 2 MHRG gegenüber seinen Vorläufern die Regelung praktikabler als bisher zu gestalten. Ganz im Mittelpunkt steht dabei die Zulassung der Bezugnahme auf Mietwerttabellen (sog Mietspiegel) zur Begründung des Erhöhungsverlangens (§ 2 Abs 2 S 2 MHRG), da der Gesetzgeber im Augenblick derartige Mietspiegel, sofern sie von den Gemeinden oder von den Verbänden der Mietparteien aufgestellt sind, als die bei weitem (1315)

Volker Emmerich

Art 3 WKSchG, Vorbem zu § 1 MHRG

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2. Wohnraumkiindigungsschotzgesetz

beste Grundlage zur Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete ansieht. Der Bundestag hat deshalb in seiner Sitzung vom 17. 10. 1974 die BReg aufgefordert festzustellen, ob und inwieweit eine vermehrte Aufstellung von Mietspiegeln durch die Gemeinden ermöglicht werden kann und darüber zu berichten sowie ggf einen entsprechenden Gesetzentwurf vorzulegen (BT-Dr 7/2639). Die BReg hat daraufhin am 5. 5. 1976 einen „Bericht betreffend die Ermöglichung einer vermehrten Aufstellung von Mietspiegeln durch die Gemeinden" vorgelegt (s S C H U L Z - T R I E G L A F F WuM 1977, 249; eine Zusammenstellung der bisher veröffentlichten Mietspiegel in § 2 Rz 147). 23 bb) Dies darf jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, daß auch die Mietspiegel, jedenfalls in aller Regel, mit ganz erheblichen Mängeln behaftet sind, die ihre Verwertbarkeit als Erkenntnismittel für die ortsübliche Vergleichsmiete von vornherein stark beeinträchtigen.* Die wichtigsten Mängel sind die folgenden: 24 Die allerwenigsten Mietspiegel beruhen auf einem wirklich repräsentativen Querschnitt durch das gesamte Wohnungsangebot eines Marktes, so daß ihre Angaben statistisch im Grunde ohne Aussagewert sind. Sie vernachlässigen zudem durchweg in nicht zu vertretender Weise, daß sich innerhalb des Wohnungsmarktes bestimmte Teilmärkte mit zT beschränkten Zutrittsmöglichkeiten gebildet haben. Das gilt namentlich für Wohnungen der gemeinnützigen Wohnungsgesellschaften. Einen ähnlichen Teilmarkt bilden aber auch etwa modernisierte Altbauwohnungen sowie eine Reihe vergleichbarer Fälle. Ohne gesonderten Ausweis solcher Teilmärkte sind die Mietspiegel aber notwendigerweise ohne Aussagewert. 25 In dieselbe Richtung wirkt das nach wie vor ungelöste Problem, in welchem Verhältnis Alt- und Neuverträge berücksichtigt werden sollen, da in Altverträgen erfahrungsgemäß die Mietzinsen wesentlich niedriger als in Neuverträgen sind. Je nach dem Ausmaß der Berücksichtigung der verschiedenen Vertragspartner ergeben sich deshalb ganz unterschiedliche Mietpreisniveaus. 26 Das Mietpreisniveau kann weiter auch dadurch beliebig manipuliert werden, daß in den Mietspiegel unterschiedliche Baualtersklassen gebildet werden, da durch die ständige Steigerung der Baukosten jüngere Wohnungen stets teurer als ältere sind. Wählt man nur genügend große Baualtersklassen, so kommt es hier notwendigerweise zu statistischen Mietpreisnivellierungen, die mit den wirklichen Marktverhältnissen nichts mehr zu tun haben. 27 Eng damit hängt ein weiterer Mangel der üblichen Mietspiegel zusammen: Aus naheliegenden Gründen sind die Mietspiegel von vornherein außerstande, in dem gebotenen Ausmaß nach dem Wohnwert zwischen den in sich sehr unterschiedlichen Wohnungen zu differenzieren. Es werden also nicht nur die zahlreichen anderen Faktoren, die neben dem Wohnwert ebenfalls Einfluß auf die Mietpreisbildung haben, von vornherein völlig vernachlässigt; sondern es werden auch von den zahlreichen Faktoren, die für den Wohnwert einer Wohnung maßgebend sind, in den Mietspiegeln meistens nur ganz wenige wie vor allem Alter, Lage und Ausstattung berücksichtigt, so daß die Mietspiegel im Grunde nicht viel mehr als ein ganz grobes und im Grunde nichtssagendes Schema darstellen, das eine exakte Einordnung einzelner konkreter Wohnungen kaum erlaubt. Auch in diesem Zusammenhang ist nochmals exemplarisch auf das ungelöste Problem der zutreffenden Einordnung zB modernisierter Altbauwohnungen hinzuweisen. * S i n s b e s B G B - R G R K - G E L H A A R § 2 M H R G R z 1 3 ; MARIENFELD Z M R 1 9 7 6 , 2 2 5 , 2 5 7 ; ders B 1 G W B 1 9 7 7 , 2 1 1 ; SCHULZ-TRIEGLAFF W u M 1 9 7 7 , 2 4 9 ; G WINTER W U M 1 9 7 7 , 8 5 .

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(1316)

Art 3 WKSchG, Vorbem zu § 1 MHRG 2. Wohnraumkündigungsschutzgesetz 28-31

Aus allen diesen (und zahlreichen anderen) Gründen kommen die Mietspiegel nie 28 darum herum, sich auf die Angabe oft sehr großer Mietpreisspannen zu beschränken. Abgesehen davon, daß diese Preisspannen meistens auch schon längst überholt sind, weil sie naturgemäß immer nur für die Vergangenheit „ermittelt" werden können, wird dadurch auch noch die weitere, sehr ernste Gefahr begründet, daß sich das gesamte Mietpreisniveau stets sofort nach der Obergrenze der jeweiligen Preisspannen orientiert, weil eben alle Kriterien für eine exakte Einordnung der einzelnen Wohnungen fehlen. Insgesamt ist deshalb selbst bei der Verwendung von Mietspiegeln größte Vorsicht und Zurückhaltung geboten. c) Die ortsübliche Vergleichsmiete ist daher nach wie vor durchweg eine „hoff- 29 nungslose Unbekannte", so daß die Gerichte in Verfahren nach § 2 MHRG in aller Regel auf ganz grobe Schätzungen angewiesen sind. Die unvermeidliche Folge ist, daß die Gerichte mit Rücksicht auf den sozialen Schutzzweck des Gesetzes Mietzinserhöhungen nur in engsten Grenzen und mit größter Zurückhaltung zulassen werden, um ihrer Aufgabe des Mieterschutzes gerecht zu werden, so daß auch heute (wieder oder noch) - nicht ganz zu Unrecht - betont wird, trotz seiner Verbesserungen führe auch § 2 MHRG ebenso wie schon sein Vorgänger Art 1 § 3 WKSchG I weithin zu einem faktischen Mietpreisstopp (s E S S E R - W E Y E R S II 1 § 20 III 1; BGB-RGRK-GELHAAR § 2 M H R G Rz

3).

d) Dem Gesetzgeber ist all dies selbstverständlich ebensowenig verborgen geblieben 30 wie der negative Einfluß, den ein solcher faktischer Mietpreisstopp notwendigerweise auf den privaten Mietwohnungsbau haben muß, mögen auch die hier im einzelnen bestehenden Zusammenhänge angesichts ihrer großen Komplexität noch weitgehend ungeklärt sein. Der Gesetzgeber stand jedoch vor einem (nur selten klar ausgesprochenen) Dilemma: Sein Hauptziel war die Wiedereinführung des Kündigungsschutzes für Mieter (s § 564 b BGB idF v Art 1 WKSchG II im Anschluß an Art 1 § 1 WKSchG I). Dieses Ziel ließ sich jedoch ohne gleichzeitige gesetzliche Regelung der Mietzinserhöhung nicht verwirklichen (vgl G Ü N T E R WuM 1975, 5, 6; H-J V O G E L JZ 1975, 73). Denn man kann offenkundig die Kündigungsmöglichkeiten des Vermieters nur beschränken, wenn man ihm gleichzeitig die Möglichkeit verleiht, auch ohne Kündigung in angemessenen Abständen den Mietzins zu erhöhen; andererseits hat aber auch eine Kündigungsbeschränkung zu Gunsten des Mieters keinen Sinn, wenn der Vermieter in der Erhöhung des Mietzinses frei bleibt, weil der Vermieter sonst über eine rücksichtslose Steigerung des Mietzinses jederzeit ohne weiteres dasselbe Ziel wie mit einer beliebigen Kündigung des Mietverhältnisses erreichen könnte. So bedingte notwendigerweise der Eingriff in das Kündigungsrecht des Vermieters zum Schutze des Mieters auch zugleich einen gesetzlichen Eingriff in die freie Mietpreisbildung. Der Eingriff bestand hier - mangels praktikabler Alternativen - in der Bindung der 31 Mietzinserhöhung an das Niveau der ortsüblichen Vergleichsmiete (Art 1 § 3 WKSchG I; § 2 MHRG). Als sich jedoch herausstellte, daß auch diese „Lösung" weithin zu einem faktischen Mietpreisstopp führte, mußte nach anderen Wegen gesucht werden, um den Vermietern entgegenzukommen. So verfiel der Gesetzgeber des MHRG auf die Idee, das Konzept der am Marktpreis orientierten Vergleichsmiete (§ 2) in wichtigen Punkten zu Gunsten der Kostenmiete zu durchbrechen, um dem Vermieter „wenigstens" die Möglichkeit zu geben, alle Kosten etwaiger Modernisierungsmaßnahmen (§ 3), sowie Erhöhungen der Betriebskosten (§ 4) und der Kapitalkosten (§ 5) auf den Mieter „abzuwälzen". Aber auch hiergegen bestehen schwerste Bedenken.

(1317)

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Art 3 WKSchG, Vorbem zu § 1 MHRG 32-36 2. Wohnraumkündigungsschutzgesetz 32 2. Die einseitige Privilegierung des Vermieters durch die §§ 3-5 MHRG a) Die Regelung des MHRG leidet vor allem an einem prinzipiellen Widerspruch, weil das Gesetz einerseits soweit wie irgend möglich (Art 14 Abs 1 GG) das Recht des Vermieters zur sozusagen „normalen" Mietzinserhöhung durch § 2 beschränkt, während es ihm auf der anderen Seite zugleich in der denkbar großzügigsten Weise gestattet, etwaige Kostenerhöhungen an seine Mieter weiterzugeben (§§ 3-5). Normale Verhältnisse und Verhaltensweisen unterstellt, werden deshalb die Vermieter heute idR darauf ausweichen, bei der Neuvermietung von Wohnungen einen möglichst hohen Mietzins durchzusetzen und die so erreichte Rendite in der Folgezeit durch Abwälzung aller späteren Kostensteigerungen auf die Mieter zu sichern ( E S S E R - W E Y E R S II 1 § 2 0 III 1 b [ S 1 8 0 ] ) . Diese Regelung ist vor allem deshalb so bedenklich, weil sie den Vermietern jeden Anreiz nimmt, ihre Kosten zu senken. In bestimmten Fällen kann sie darüber hinaus sogar dazu führen, daß es für die Vermieter sinnvoll wird, zusätzliche Kosten zu produzieren. 33 b) Diese Gefahr besteht vor allem bei Modernisierungs- und sonstigen Verbesserungsmaßnahmen, die vom Gesetzgeber heute durch das sog Modernisierungs- und Energieeinsparungsgesetz (ModEnG) idF v. 27. 6. 1978 (BGBl I 878), besonders gefördert werden. § 3 MHRG iVm § 14 ModEnG gestattet es nämlich den Vermietern nahezu uneingeschränkt, die Kosten aller solcher baulichen Maßnahmen, und zwar ohne Rücksicht auf die Höhe der ortsüblichen Vergleichsmiete (!), auf ihre Mieter umzulegen. Den Vermietern ist damit nichts anderes als die Möglichkeit zur fast unbegrenzten Vermögensvermehrung auf Kosten ihrer Vertragspartner eröffnet worden, ein wohl einmaliger Vorgang in unserer Rechtsordnung. Hier kann nur eine ganz restriktive Interpretation des mißglückten § 3 MHRG einen gewissen Ausgleich schaffen (s im einzelnen die Erl zu § 3). 34 c) Nicht weniger problematisch ist die dem Vermieter durch § 4 MHRG eröffnete Möglichkeit, sämtliche Erhöhungen von Betriebskosten iS des § 27 der 2. BerechnungsVO v 21. 2. 1975 (BGBl I 570) einseitig auf die Mieter umzulegen. Diese Regelung steht im klaren Widerspruch zu der Grundkonzeption der §§ 535 ff BGB, nach denen der einmal vereinbarte Mietzins grundsätzlich auch alle sog Nebenkosten umfaßt, so daß der Vermieter (und nicht wie nach § 4 MHRG der Mieter) das Risiko etwaiger späterer Kostensteigerungen zu tragen hat (s im einzelnen u Vorbem 51 f; §§ 535, 536 BGB Rz 83 ff, 106 f). 35 d) Derselbe Einwand ist schließlich gegen § 5 MHRG zu erheben, nach dem der Vermieter sogar unter bestimmten Voraussetzungen Erhöhungen seiner Kapitalkosten an seine Mieter weitergeben darf, während sonst der Vermieter solche Kostensteigerungen (selbstverständlich) selbst tragen müßte. Besonders problematisch wird diese Regelung bei einer Kombination mit § 3 MHRG (s u Vorbem 61). § 5 MHRG ist darüber hinaus auch deshalb bedenklich, weil er zu einer Kumulierung von Preissteigerungen und damit zu einer Verstärkung inflatorischer Tendenzen führen m u ß (vgl DERLEDER W U M

1976, 197, 1 9 8 ff).

36 3. Folgerungen Nach alledem wäre es 1975 sicher weit besser gewesen, anstatt das mißglückte WKSchG I zu verlängern, die Mietzinsbildung wieder ganz dem freien Spiel von Angebot und Nachfrage zu überlassen, dafür aber die inflatorischen Tendenzen in unserer Wirtschaft und namentlich auf dem Wohnungsmarkt energisch zu bekämpfen und vor allem alles zu tun, um das Angebot von Mietwohnungen zu vermehren (s schon Vorbem 18 f zu §§ 535, 536 BGB). Die bloße staatliche Verwaltung des Volker Emmerich

(1318)

Art 3 WKSchG, Vorbem zu § 1 MHRG 2. Wohnraumkiiiidigungsschutzgesetz 37-41

Mangels hat noch nie dazu geführt, daß auch nur eine einzige Wohnung mehr auf den Markt gekommen ist. Die vom MHRG getroffene Regelung führt statt dessen nur dazu, daß Mieter, die 37 einmal in einer billigen Wohnung sitzen, auf Kosten derjenigen Mieter, die häufig umziehen müssen und dabei idR sehr erhebliche Mietpreissteigerungen hinnehmen müssen, eine völlig grundlose Rente beziehen und daß die Vermieter dazu veranlaßt werden, während des Bestehens eines Mietverhältnisses möglichst hohe Kosten zu produzieren, um die einmal erzielte Rendite zu sichern und zugleich ihr Vermögen auf Kosten ihrer Mieter zu vergrößern. Man wird kaum behaupten können, daß dies insgesamt eine sinnvolle Regelung ist, obwohl die BReg für sie sogar in Anspruch nimmt, daß sie der freien Preisbildung am Markt überlegen sei (s HAACK WUM 1978, 41; vgl demgegenüber schon die treffende Kritik des Wissenschaftlichen Beirats beim BMWi in seinem Gutachten v 12. 12. 1970, in: Sammelband der Gutachten von 1948-1972 [BMWi 1973] 583 ff).

IV. Der Anwendungsbereich des Gesetzes 38 Aus § 1 S 1 MHRG folgt, daß sich der Anwendungsbereich des Gesetzes auf die nachträgliche Mietzinserhöhung bei Wohnraummietverhältnissen beschränkt; ausgenommen sind lediglich die in § 10 Abs 2 aufgeführten, vom Gesetzgeber nicht als schutzwürdig angesehenen, besonderen Mietverhältnisse. 1. Der sachliche Anwendungsbereich

39

a) Das Gesetz gilt nur für Wohnraummietverhältnisse, also weder für die Fahrnismiete noch für sonstige Grundstücksmietverträge (s Vorbem 23 ff zu §§ 535, 536 BGB). Probleme können sich hieraus nur bei den sog Mischmietverhältnissen ergeben. b) Unter Mischmietverhältnissen versteht man die Verbindung von Wohnraummiete 40 und gewerblicher Miete, dh also die gleichzeitige Vermietung von Wohnräumen und sonstigen Räumen. Hauptbeispiel ist die Vermietung eines Geschäfts oder einer Gaststätte zusammen mit einer dazu gehörigen Wohnung (s Vorbem 26 f zu §§ 535, 536 BGB). In solchen Fällen ist häufig zweifelhaft, ob und inwieweit das MHRG auf sie anwendbar ist (s bes W WEIMAR B1GBW 1978, 31). Für diese Fälle gibt es keine Einheitslösung; vielmehr muß man unterscheiden 41 (Vorbem 26 f zu §§ 535, 536 BGB m Nachw): Sind die Verträge nur äußerlich miteinander verbunden, so daß sie sich mühelos trennen lassen, so gilt das MHRG nur für den Mietvertrag über die Wohnräume. In den übrigen Fällen muß man darauf abstellen, wo der Schwerpunkt des Rechtsverhältnisses liegt. Ist dies die Wohnraummiete, so kann folglich der Mietzins für das gesamte Mietverhältnis nur einheitlich im Rahmen des MHRG erhöht werden.* Deshalb kann zB, wenn zusammen mit einer Wohnung oder einem Haus eine Garage vermietet wird, der Mietzins für Haus und Garage nur einheitlich nach dem MHRG erhöht werden (LG Mannheim aaO; W WEIMAR B1GBW 1978, 31). Ebenso ist aber auch zu entscheiden, wenn Wohnraummiete und gewerbliche Miete gleichberechtigt nebeneinanderstehen (str.). Für die Anwendung des MHRG ist folglich nur dann kein Raum, wenn nach dem Willen der Parteien und den tatsächlichen * B G H N J W 1 9 7 7 , 1 3 9 4 = Z M R 1977, 2 4 4 , 2 4 5 ; L G Mannheim N J W 1 9 7 4 , 1 7 1 3 = W u M 1975, 1 5 ; Z M R 1 9 7 5 , 1 5 ; 1 9 7 7 , 2 7 ; STERNEL RZ II 3 8 ; SCHMIDT-FUTTERER RZ C 4 4 . (1319)

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Art 3 WKSchG, Vorbem zu § 1 MHRG 42-46 2. Wohnraumkündigungsschutzgesetz

Verhältnissen der Schwerpunkt des Rechtsverhältnisses eindeutig bei der gewerblichen Miete liegt. 42 c) Von dem Anwendungsbereich des Gesetzes ausgenommen sind nach § 10 Abs 2 Mietverhältnisse über preisgebundenen Wohnraum, Mietverhältnisse über Wohnraum, der nur zu vorübergehendem Gebrauch vermietet ist, sowie schließlich Mietverhältnisse über Wohnraum, der Teil der vom Vermieter selbst bewohnten Wohnung ist und den der Vermieter ganz oder überwiegend mit Einrichtungsgegenständen auszustatten hat, sofern der Wohnraum nicht zum dauernden Gebrauch für eine Familie überlassen ist. 43 aa) Preisgebundene Wohnungen sind die sog Sozialwohnungen, die Bedienstetenwohnungen und die öffentlich geförderten Wohnungen (s Vorbem 14 zu §§ 535, 536 BGB, sowie zB BARTHELMESS RZ 17 ff; aM für Bundesbedienstetenwohnungen AG Karlsruhe ZMR 1974, 336). Endet bei einer solchen Wohnung die Preisbindung, so kann für die Zukunft eine Mietzinserhöhung nur aufgrund des MHRG verlangt werden; das Verfahren kann auch erst nach Beendigung der Preisbindung, nicht schon vorher, eingeleitet werden.* 44 bb) Auf alle anderen Wohnraummietverhältnisse (mit Ausnahme der in § 10 Abs 2 MHRG genannten) ist das MHRG mithin anwendbar, selbst wenn sie in irgendeiner Weise öffentlich gefördert oder verbilligt sind. Das Gesetz gilt deshalb namentlich auch für die Wohnungen der gemeinnützigen Wohnungsunternehmen, sofern sie nicht mit öffentlichen Mitteln gefördert sind (LG Mannheim WuM 1976, 16; LG Frankfurt WuM 1974, 130; AG Celle WuM 1976, 154), für sog Lastenausgleichswohnungen (STERNEL Rz II 40), für die entgeltliche Überlassung von Zimmern in Jugendheimen und ähnlichen Einrichtungen, sofern sie nicht unter § 10 Abs 2 Nr 2 MHRG fallen (STERNEL RZ II 39, 41 ff), für Mietverhältnisse, die nach den §§ 556 a-556 c BGB gerichtlich verlängert worden sind (wobei aber nur die Obergrenze des § 2 Abs 1 Nr 2 eingehalten werden muß, während sich die übrigen Voraussetzungen der Mieterhöhung nach § 556 a Abs 2 S 2 BGB richten, so LG M a n n h e i m Z M R 1 9 7 7 , 30, 3 1 ; SCHMIDT-FUTTERER R z C 4 5 ; STERNEL W u W 1 9 7 3 , 1 ,

2), weiter für Mietverhältnisse, die nach §5 Hausrats VO v 21. 10. 1944 (RGBl I 256) begründet worden sind**, sowie schließlich für die Mietverhältnisse, die unter § 564 b Abs 4 BGB fallen, sofern nicht die Nr 2 oder 3 des § 10 Abs 2 MHRG eingreifen (AG Überlingen DWW 1978, 124; H-J VOGEL JZ 1975, 73, 76). 45 cc) Hingegen soll das Gesetz nach hM keine Anwendung finden auf Altenheim- und Pflegeverträge (Stellungnahme des BR BT-Dr 7/2011,15; LG Kiel WuM 1976, 79; STAEHLE NJW 1978, 1359; VOGEL JZ 1975, 73, 76). Dies trifft jedoch nur zu, wenn die nichtmietvertraglichen Vertragselemente eindeutig überwiegen (s Vorbem 64 zu §§ 535, 536 BGB). Im übrigen besteht kein Anlaß, diese Fälle anders als die sonstigen Mischmietverhältnisse (o Vorbem 40 ff) zu behandeln (ebenso für abgeschlossene Wohnungen in einem sog Seniorenzentrum LG Berlin WuM 1974, 265; SCHMIDT-FUTTERER RZ C 4 4 ) .

46 dd) Unanwendbar ist das Gesetz sicher auf dingliche Wohnrechte iS des § 1093 BGB, selbst wenn eine Nutzungsentschädigung vereinbart ist (LG Mannheim WuM * LG Wuppertal NJW 1977, 1691 = ZMR 1978, 61 m Anm GALLAS; AG Stuttgart ZMR 1975, 118; GALLAS WUM 1977, 179 f m Nachw; LG Düsseldorf ZMR 1975, 189; aM LG Dortmund DWW 1 9 7 5 , 1 4 2 = FWW 1 9 7 5 , 2 3 6 . ** SCHMIDT-FUTTERER RZ C 17, 45; anders für den Bestandsschutz nach dem WKSchG I sowie für Wohnungen der Ehegatten im gemeinsamen Haus BayObLGZ 1973, 227; 1973, 240 = NJW 1 9 7 3 , 2 2 9 5 , 2 2 9 7 f; 1 9 7 3 , 2 2 9 9 f,

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Art 3 WKSchG, Vorbem zu § 1 MHRG 2. Wohnraumkündigungsschutzgesetz 47-51

1975, 170, 171), auf bloße Mietverhältnisse über Grundstücke, selbst wenn aufgrund des Vertrages später vom Mieter ein Gebäude auf dem Grundstück errichtet wird (LG Köln WuM 1977, 10), sowie in ähnlichen Fällen.

2. Der zeitliche Anwendungsbereich

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a) Das MHRG ist am 1. 1. 1975 in Kraft getreten (Art 8 Abs 1 WKSchG II) und gilt seitdem als Dauerrecht für sämtliche Mietverhältnisse über Wohnraum, die am 1. 1. 1975 schon begründet waren oder danach begründet worden sind. b) Nach § 1 S 1 MHRG setzt die Anwendung des Gesetzes den Bestand eines 48 gültigen Mietvertrages voraus. Folglich kann das Gesetz grundsätzlich keine Anwendung in der Zeit vor Abschluß oder nach Ablauf des Vertrages finden ( S C H M I D T - F U T T E R E R Rz C 18). Umstritten ist dies nur für die Fälle des § 557 BGB, da schon nach Abs 1 S 1 HS 2 dieser Vorschrift der Vermieter bei einem Mietverhältnis über Räume anstelle des vereinbarten Mietzinses als Nutzungsentschädigung nach Beendigung des Vertrages auch den Mietzins verlangen kann, der für vergleichbare Räume ortsüblich ist. § 557 BGB dürfte hiernach in der Tat eine Sonderregelung gegenüber dem MHRG und namentlich dessen § 2 darstellen.*

3. Der räumliche Anwendungsbereich

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Räumlich umfaßt der Geltungsbereich des MHRG das gesamte Bundesgebiet einschließlich der Städte München, Berlin und Hamburg, nachdem das MSchG auch in Berlin endgültig am 31. 12. 1975 außer Kraft getreten ist (vgl im einzelnen die Art 5 - 7 WKSchG II; s dazu auch S C H M I D T - F U T T E R E R Rz C 4 7 5 ff).

4. Der Mietzins

50

a) Gegenstand der Regelung des MHRG ist nur die Erhöhung des Mietzinses aus bestimmten Gründen. Gemeint ist damit die vom Mieter nach § 535 S 2 BGB geschuldete Gegenleistung (vgl im einzelnen §§ 535, 536 BGB Rz 99 ff). Diese Gegenleistung wird in aller Regel in Geld bestehen und in regelmäßigen Raten zu erbringen sein, wie es auch in dem (auch vom MHRG verwandten) Begriff des „Mietzinses" zum Ausdruck kommt. Notwendig ist dies jedoch nicht. Eine Gegenleistung des Mieters in der Form von Dienst- oder W?rA:leistungen ist ebenso möglich wie eine sog Einmalmiete oder eine Umsatzmiete (aaO Rz 100 f, 103). Auf solche Sonderfälle ist jedoch das MHRG offenbar nach seiner ganzen Konzeption nicht anwendbar (ebenso BGH LM Nr 23 zu § 18 1. BMG für eine Umsatzmiete). b), aa) Der von den Parteien frei festgelegte Mietzins umfaßt grundsätzlich sämtliche 51 Leistungen des Vermieters einschließlich der sog. Nebenleistungen. Die gesetzliche Regel ist also die sog Warmmiete, so daß es stets einer besonderen Vereinbarung bedarf, wenn der Vermieter neben dem eigentlichen Mietzins die Kosten bestimmter Nebenleistungen wie insbes der Heizung oder der Versorgung mit Wasser auf den Mieter abwälzen will. Solche Vereinbarungen sich auch grundsätzlich eng auszulegen, so daß sie stets nur auf die ausdrücklich erwähnten Nebenleistungen erstreckt

* SCHMIDT-FUTTERER RZ C 18; BARTHELMESS § 1 R z 2 3 f; a M A G H i l d e s h e i m Z M R 1 9 7 3 , 1 5 ; A G K a m e n W u M 1 9 7 2 , 1 6 2 ; A G Flensburg M D R 1974, 9 5 3 ; BGB-RGRK-GELHAAR § 5 5 7 B G B R z

14; § 1 MHRG Rz 2. (1321)

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Art 3 WKSchG, Vorbem zu § 1 MHRG 52-56 2. Wohnraumkiindigungsschutzgesetz

werden können, während alle anderen Nebenleistungen mit dem allgemeinen Mietzins abgegolten sind.* 52 bb) Abweichend hiervon geht das MHRG jedoch in § 4 offenbar von der Kaltmiete als Regel aus (s o Vorbem 34), da es diese Vorschrift dem Vermieter gestattet, in einem vereinfachten Verfahren eine etwaige Erhöhung seiner Betriebskosten iS des § 27 der 2. BerechnungsVO auf seine Mieter abzuwälzen. Dadurch werden sehr schwierige Fragen aufgeworfen, wenn die Parteien eine Warmmiete vereinbart oder (bei Vereinbarung einer Kaltmiete) die gesondert zu vergütenden Nebenkosten anders als nach dem (weithin unbekannten) § 27 der 2. BerechnungsVO abgegrenzt haben (s u Vorbem 62 f). Auch an diesem Beispiel wird wiederum sehr deutlich, wie wenig im Grunde die Kostenmietekonzeption des MHRG in unser freiheitliches Mietrecht paßt. 53 5. Sonderregelungen Außerhalb des MHRG finden sich einige ergänzende Sonderregelungen, die bei der Abgrenzung des Anwendungsbereichs des Gesetzes berücksichtigt werden müssen. 54 a) Die frühere, dem § 3 vorgehende Sonderregelung des § 32 StädtebauförderungsG v 27. 7. 1971 (BGBl I 1125) ist freilich inzwischen aufgehoben worden. Statt dessen finden sich jetzt sehr wichtige Sondervorschriften zu § 3 in dem ModEnG v 23. 8. 1976 (BGBl I 2429), idF v. 27. 6. 1978 (BGBl I 878). Denn dieses Gesetz regelt auch im einzelnen unter Bezugnahme auf das MHRG die Mietzinserhöhung nach einer öffentlich geförderten Modernisierung einer Wohnung.** 55 b) Eine weitere Sonderregelung findet sich in § 87 Abs 1 Nr 9 BetrVerfG. Nach dieser Vorschrift hat der Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht bei der Zuweisung und Kündigung von Wohnräumen, die den Arbeitnehmern mit Rücksicht auf das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses vermietet werden, sowie bei der allgemeinen Festlegung der Nutzungsbedingungen. Das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats bezieht sich also auf alle Werkmietwohnungen iS des § 565 b BGB, daher zB auch auf ein möbliertes, betriebliches Wohnheim mit Zwei-Bett-Zimmern und Nebenräumen (BAG BB 1975, 1159). 56 Da es sich in diesen Fällen durchweg um Wohnraummietverhältnisse handelt, gilt für Mietzinserhöhungen in erster Linie das MHRG. Hinzutritt jedoch auf Grund des BetrVG das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats, woran im Einzelfall durchaus auch eine an sich nach dem MHRG mögliche Mietzinserhöhung scheitern kann (BAG BB 1973, 845). Mitbestimmungspflichtig ist jedoch nur die allgemeine Festsetzung der Grundsätze für die Mietzinsbildung, nicht jedoch die Festsetzung des einzelnen Mietzinses auf Grund der zusammen mit dem Betriebsrat festgelegten allgemeinen Grundsätze (s BAG aaO; SCHMIDT-FUTTERER Rz B 686 ff; STERNEL Rz II 23).

* Vgl im einzelnen §§ 535-536 BGB Rz 83 ff, 106 f m zahlr Nachw; außerdem zB BGH ZMR 1970, 47, 48; LG Mannheim ZMR 1974, 380, 381; MDR 1975, 493; WuM 1977, 8, 9; AG Würzburg WuM 1973, 135; AG Aschaffenburg WuM 1972, 156; LG Stuttgart WuM 1974, 256, 257; AG Wesel WuM 1977, 64, 65. ** §§14 ff WoModG; s im einzelnen die Erl zu § 3, sowie zB FREUND-BARTHELMESS ZMR 1977,1, 33; dies NJW 1976, 2191; H A R K E WuM 1977, 197; HÄUSSLER D W W 1976, 277; RUPP Z M R 1977, 323.

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Art 3 WKSchG, Vorbem zu § 1 MHRG 2. Wohnraumkiindigungsschutzgesetz 57-59 V. Konkurrenzen

57

Wie schon angedeutet (o Vorbem 52), wirft das Nebeneinander von Markt- und Kostenmiete in den §§ 2-5 MHRG zahlreiche, nur schwer zu lösende Abgrenzungsfragen auf, die ihren Grund letztlich darin haben, daß der Gesetzgeber hier den Versuch gemacht hat, zwei ganz verschiedene, im Grunde einander entgegengesetzte Formen der Mietzinsberechnung in einer prinzipiell gar nicht möglichen Weise miteinander zu verbinden. Deshalb bleibt nichts anderes übrig, als von Fall zu Fall unter Berücksichtigung des Schutzzweckes des Gesetzes nach praktikablen Lösungen zu suchen, mögen diese auch nicht immer völlig konsistent sein. 1. Grundsatz 58 Nach § 2 Abs 1 Nr 1 MHRG lösen Mietzinserhöhungen nach den Sondervorschriften der §§ 3-5 nicht die einjährige Wartefrist für eine Anpassung des Mietzinses an das Niveau der ortsüblichen Vergleichsmiete aus. Dies deutet darauf hin, daß nach den Vorstellungen des Gesetzgebers Mietzinserhöhungen nach § 2 MHRG und solche wegen Kostensteigerungen nach den §§ 3-5 MHRG unabhängig voneinander und ggf auch gleichzeitig geltend gemacht werden können. Im gleichen Sinne hatte auch schon der Rechtsausschuß zu § 3 MHRG betont, nach Durchführung baulicher Maßnahmen habe der Vermieter die Wahl, ob er nach § 2 oder nach § 3 vorgehen wolle (BT-Dr 7/2368, 4). Hieraus folgt im einzelnen:* 2. Das Verhältnis des § 3 MHRG zu den anderen Tatbeständen 59 a) Nach Vornahme baulicher Maßnahmen iS des § 3 Abs 1 MHRG hat der Vermieter ein Wahlrecht (nicht etwa eine Ersetzungsbefugnis, wie es vielfach zu Unrecht heißt): aa) Er kann (muß aber natürlich nicht) die Kosten der Baumaßnahmen auf seine Mieter nach Maßgabe des § 3 MHRG (iVm § 14 ModEnG) umlegen. An die Obergrenze der ortsüblichen Vergleichsmiete (§ 2 Abs 1 Nr 2 MHRG) ist er dabei nicht gebunden (u Vorbem 64). Führt aber ausnahmsweise diese Mietzinserhöhung (etwa wegen hoher Kürzungsbeträge nach § 3 Abs 1 S 3 bis 7 MHRG iVm § 14 ModEnG) noch nicht bis zur Höhe der ortsüblichen Vergleichsmiete, so kann er anschließend immer noch den Mietzins nach § 2 MHRG bis zu diesem Niveau anheben, wobei freilich jetzt auch die genannten Kürzungsbeträge zu berücksichtigen sind (§ 2 MHRG idF v Art 3 Nr 1 ModEnG); als vergleichbar iS des § 2 Abs 1 Nr 2 MHRG sind dabei durchaus auch entsprechend modernisierte andere Wohnungen zu berücksichtigen, selbst wenn deren Mietzins zuvor nach § 3 MHRG erhöht worden ist, weil alle diese Mietzinsen sofort zu den Bestimmungsfaktoren der jeweiligen Marktmiete gehören und weil sich auch aus praktischen Gründen gar nicht zwischen Wohnungen desselben Standards, mögen sie nun modernisiert sein oder nicht und mag ihr Mietzins nach § 2, § 3 oder gar nicht erhöht worden sein, unterscheiden läßt.** * S BARTHELMESS § 1 R z 1 3 f f ; BURKHARDT J u r B ü r o 1 9 7 5 , 5 6 1 , 5 6 6 f ; DERLEDER W U M

1976,197,

2 2 1 ; LÖWE N J W 1 9 7 5 , 9 , 1 4 ; SCHMIDT-FUTTERER R z C 4 7 f f , 1 6 0 , 2 4 5 , 3 0 2 ; STERNEL R Z I I 5 8 , 129,

164.

* * BARTHELMESS § 3 R z 4 ; DERLEDER W U M 1 9 7 6 , 1 9 7 , 2 2 1 f ; B G B - R G R K - G E L H A A R § 3

MHRG

R z 1 ; PALANDT-PUTZO § 3 M H R G A n m 1 d ; SCHMIDT-FUTTERER R Z C 5 0 , 1 6 0 ; STERNEL R Z I I 5 8 ;

VOGEL J Z 1 9 7 5 , 7 3 , 7 8 ; W WEIMAR Z M R 1 9 7 6 , 3 3 , 3 4 ; s a u c h § 3 R z 16; L G Kiel W u M 1 9 7 7 ,

125; Bericht des Rechtsausschusses BT-Dr VI/2421,4; a M z B BURKHARDT J u r B ü r o 1 9 7 5 , 5 6 1 , 5 6 6 ; LÖWE N J W 1 9 7 5 , 9 , 1 4 . (1323)

Volker Emmerich

Art 3 WKSchG, Vorbem zu § 1 MHRG 60-64 2. Wohnraumkiindigungsschutzgesetz

60 bb) Anders ist die Situation jedoch, wenn der Vermieter von vornherein nach § 2 MHRG vorgeht. Dann hat es dabei sein Bewenden; eine anschließende nochmalige Erhöhung des schon erhöhten Mietzinses durch Umlage der Modernisierungskosten nach § 3 MHRG (iVm § 14 ModEnG) scheidet offenbar zum Schutz des Mieters aus. 61 cc) Ungeklärt ist noch das Verhältnis des § 3 zu § 5 MHRG. Zum Schutze des Mieters muß es jedoch als ausgeschlossen bezeichnet werden, daß der Vermieter nach einer Umlage der Modernisierungskosten auf Grund des § 3 MHRG anschließend nochmals eine etwaige Erhöhung seiner Kapitalkosten nach § 5 MHRG auf die Mieter umlegen könnte. Denn die Finanzierungskosten fallen ohnehin nicht unter die nach § 3 MHRG umlagefähigen Kosten (s § 3 Rz 43). Auch § 5 Abs 1 Nr 1 MHRG weist in diese Richtung (DERLEDER W U M 1976, 221, 222 f; ebenso offenbar OVG Berlin ZMR 1978, 62, 63). 62 3. Die Sondervorschriften der §§ 4 und 5 MHRG Die §§ 4 und 5 MHRG enthalten Sondervorschriften zu § 2 MHRG; Konkurrenzen sind idR schon wegen der ganz unterschiedlichen tatbestandlichen Voraussetzungen ausgeschlossen. Probleme ergeben sich lediglich, wenn die Parteien eine Warmmiete vereinbart oder die gesondert zu zahlenden Nebenkosten anders als nach § 4 MHRG iVm § 27 der 2. BerechnungsVO abgegrenzt haben (s schon o Vorbem 52). 63 In diesen Fällen ist in erster Linie zu versuchen, den Gesamtmietzins entsprechend § 27 der 2. BerechnungsVO auf Grundmiete und Betriebskosten aufzuteilen, wobei das Gericht in Zweifelsfällen auch zur Schätzung nach § 287 Abs 2 ZPO befugt ist. Gelingt auf diese Weise eine Aufteilung des Gesamtmietzinses, so steht anschließend einer Anwendung des § 4 MHRG auf die Betriebskosten und des § 2 MHRG auf die Grundmiete (einschließlich der sonstigen Kosten) nichts mehr im Wege. Erweist sich jedoch eine solche Aufteilung des Gesamtmietzinses als unmöglich, so wird § 4 MHRG unanwendbar mit der Folge, daß der Vermieter auf den ihm ohnehin immer offenstehenden Weg des § 2 MHRG verwiesen ist.* 64 4. Die Obergrenze Mietzinserhöhungen nach den §§ 3-5 MHRG sind nicht an die Obergrenze der ortsüblichen Vergleichsmiete (§ 2 Abs 1 Nr 2) gebunden, sondern können dieses Niveau auch überschreiten, nachdem die ursprünglich bei § 3 MHRG vorgesehene sog Kappungsgrenze von 10% gestrichen worden ist (s die Begr z RegE BT-Dr 7/2011, 12; Bericht des Rechtsausschusses BT-Dr 7/2638, 4). Eine absolute Obergrenze für alle Mietzinserhöhungen auf Grund des MHRG ergibt sich aber in jedem Fall aus den beiden Wucherverboten des § 5 WiStGB und des § 302 f StGB (s Vorbem 154 ff zu §§ 535, 536 BGB). Daneben ist bei Modernisierungsmaßnahmen ergänzend noch § 14 ModEnG zu beachten.

* Str; s zB

BARTHELMESS

DERLEDER W U M

§ 1 Rz 2, 17 f, § 4 Rz 6, 23;

BURKHARDT

1 9 7 6 , 1 9 7 , 1 9 8 ; PALANDT-PUTZO § 4 M H R G

Anm

JurBüro 1975, 561, 568; 1 d ; SCHMIDT-FUTTERER R Z

C 49, 55, 245; AG Stuttgart ZMR 1974, 153, 156; AG Hamburg ZMR 1977, 28.

Volker Emmerich

(1324)

Art 3 WKSchG, Vorbem zu § 1 MHRG 2. Wohnraumkündigungsschutzgesetz 65-68

VI. Prozessuales 1. Zuständigkeit

65

a) Für Klagen aufgrund der §§ 2 - 7 MHRG ist nach allgemeiner Meinung sachlich und örtlich ausschließlich das Amtsgericht zuständig, in dessen Bezirk sich der Wohnraum befindet. Die hM folgert das aus einer Analogie zu § 29 a Abs 1 S 1 ZPO. Tatsächlich dürfte diese Vorschrift jedoch schon unmittelbar anwendbar sein, weil es sich sowohl in den Fällen des § 2 als auch in den Fällen der §§ 3 - 7 MHRG um nichts anderes als um die Geltendmachung von Ansprüchen des Vermieters aus dem Mietvertrag, sei es auf Zustimmung zu einer Vertragsänderung (§ 2), sei es auf Zahlung des (erhöhten) Mietzinses (§ 3-7), und damit um Erfüllungsansprüche iS des § 29 a Abs 1 S 1 ZPO handelt.* b) Das hat freilich die bedenkliche Folge, daß Prozesse auf Grund des MHRG 66 niemals zu den Obergerichten kommen können, da auch ein sog Rechtsentscheid der OLGe im WKSchG II nicht vorgesehen ist. Eine einheitliche Rspr kann sich daher hier kaum herausbilden. 2. Streitwert

67

a) Der Streitwert für Klagen des Vermieters auf Grund des MHRG richtet sich nach hM nicht nach den §§ 8 oder 9 ZPO, sondern nach § 3 ZPO und § 16 GKG (str). Er ist also frei zu schätzen, wobei aber § 16 GKG die untere Grenze markiert. IdR wird hiernach der Streitwert auf den einjährigen Differenzbetrag zwischen der bisherigen und der begehrten Miete festzusetzen sein, und zwar ggf mit gewissen Abschlägen in den Regelfällen des § 2 MHRG, weil hier die Klage nicht direkt auf Zahlung, sondern nur auf Zustimmung des Mieters zu einer Vertragsänderung gerichtet ist. So verhält es sich jedenfalls bei Verträgen mit unbestimmter Laufzeit.* b) Das Gesagte gilt auch für den Berufungswert im Falle des § 2 MHRG (LG 68 Hamburg MDR 1977,496 = ZMR 1977,246). Hingegen kann es bei Verträgen mit bestimmter Laufzeit durchaus angemessen sein, den Streitwert nach der verlangten Mietzinserhöhung für die gesamte restliche Laufzeit des Vertrages zu bemessen (LG Essen MDR 1975, 582, 583). Auch in den Fällen des § 3 MHRG wird der Streitwert von der Praxis teilweise höher als auf den einjährigen Differenzbetrag festgesetzt (LG Hamburg MDR 1978, 497: dreifacher Jahresbetrag der begehrten Erhöhung; ebenso generell LG München DWW 1977, 93, 99).

* LG

Mannheim

ZMR

BACH-HARTMANN, Z P O

1977, 30, 31; BARTHELMESS § 1 R Z 20, § 2 R Z 147; BAUMBACH-LAUTER(36. Aufl 1978) § 29 a Anm 1; F E H L NJW 1974,924,928; G A L L A S Z M R

1977, 263; BGB-RGRK-GELHAAR SCHMIDT-FUTTERER R Z

lb.

§ 2 MHRG

R z 2 5 ; PALANDT-PUTZO § 2 M H R G

C 134; STERNEL Rz II 91 ; T H O M A S - P U T Z O ,

ZPO

A n m 7 c;

(9. Aufl 1978) § 29 a Anm

* OLG Hamburg ZMR 1977, 248 = WuM 1976, 64; LG Hamburg MDR 1974, 758 = WuM 1974, 159; MDR 1977, 496 = ZMR 1977, 246; MDR 1978, 497; LG Mannheim MDR 1974, 412 = WuM 1974, 56 = ZMR 1974, 340; AG Ravensburg MDR 1974, 142; BARTHELMESS § 1 R z 2 1 , § 2 R z 1 9 7 f f ; SCHMIDT-FUTTERER R Z C 1 5 6 ; STERNEL R z I I 9 1 ; BAUMBACH-LAUTERBACHHARTMANN, ZPO, § 3 Anhang s v Mietverhältnis m Nachw; aM zB LG München DWW 1977, 93, 94, nach dem § 9 ZPO anzuwenden ist, so daß der Streitwert auf den dreijährigen Erhöhungsbetrag festzusetzen sei. (1325)

Volker Emmerich

Art 3 WKSchG, § 1 MHRG 2. Wohnraumkiindigungsschutzgesetz

§ 1 MHRG Die Kündigung eines Mietverhältnisses über Wohnraum zum Zwecke der Mieterhöhung ist ausgeschlossen. Der Vermieter kann eine Erhöhung des Mietzinses nach Maßgabe der §§ 2 bis 7 verlangen. Das Recht steht dem Vermieter nicht zu, soweit und solange eine Erhöhung durch Vereinbarung ausgeschlossen ist oder der Ausschluß sich aus den Umständen, insbesondere der Vereinbarung eines Mietverhältnisses auf bestimmte Zeit mit festem Mietzins ergibt. Art 1 §§ 1 Abs 4, 3 Abs 1 S 2 WKSchG I; Begr z RegE BT-Dr 7/2011, 9 f ; Bericht des Rechtsausschusses BT-Dr VI/2421, 3.

Schrifttum S vor § 1, sowie FREUND-BARTHELMESS, Das Wohnungsmodernisierungsgesetz, NJW 1976, 2191; dies, Die mietrechtlichen Regelungen des Wohnungsmodernisierungsgesetzes, ZMR 1977, 1, 33; STERNEL, Zulässigkeit und Grenzen von Mieterhöhungsvereinbarungen nach dem 2. WKSchG, ZMR 1975, 321; W WEIMAR, Die Unzulässigkeit von Mietpreisgleitklauseln und Staffelmieten bei nicht preisgebundenem Wohnraum, WuM 1975, 261.

Systematische Übersicht I. Überblick 1

IV. Der vertragliche Ausschuß der Mietzinserhöhung 10 1. Der ausdrückliche Ausschluß 11 2. Der konkludente Ausschluß 20 3. Mietzinsermäßigungen 24

II. Anwendungsbereich 3 HI. Rechtsfolge 9

V. Kein Wegfall der Geschäftsgrundlage 25

Alphabetische Übersicht Änderungskündigung 1, 8 Ausdrücklicher Ausschluß der Mietzinserhöhung 11 ff Außerordentliches Kündigungsrecht 6 Baukostenzuschuß 22 f Beweislast 8,17

ordentliche Kündigung 6 f, 9,16 ortsübliche Vergleichsmiete 4 Staffelmiete 5

Einseitige Mietzinserhöhung 2 Einverständliche Mietzinserhöhung 2,4 Festmiete 16 Konkludenter Ausschluß der Mietzinserhöhung 17, 20 ff Mietpreisstopp 23 Mietverhältnis auf Lebenszeit 16 Mietzinserhöhung 1,8,17 Mietzinsermäßigung 24

Mindestmiete 16 Mischmietverhältnisse 3

Umsatzmiete 16 Verträge mit Dritten zu Gunsten des Mieters 18 Vertraglicher Ausschluß der Mietzinserhöhung 10 ff, 18 f Vorrang vertraglicher Abreden 5 Wegfall der Geschäftsgrundlage 25 Wertsicherungsklauseln in Mietverträgen 5,17 Wohnraummietverhältnisse 1 f Wucherverbot 4

Volker Emmerich

(1326)

2. Wohnraumkiindigungsschutzgesetz

Art 3 WKSchG, § 1 MHRG 1-7

I. Überblick 1 1. Kern des MHRG ist die Ersetzung der Änderungskündigung mit dem Zweck der Mietzinserhöhung bei sämtlichen Wohnraummietverhältnissen durch die besonderen Erhöhungsverfahren nach den §§ 2-7 des Gesetzes. Das kommt auch sehr deutlich in den Sätzen 1 und 2 des § 1 MHRG zum Ausdruck. Nach S 1 aaO ist jede Änderungskündigung zum Zwecke der Mieterhöhung bei Mietverhältnissen über Wohnraum ausgeschlossen; an die Stelle der somit nicht mehr möglichen Änderungskündigung treten nach S 2 aaO die Erhöhungsverfahren nach den §§ 2-7 des Gesetzes. 2. Das MHRG wendet sich jedoch nur gegen einseitige Versuche des Vermieters zur 2 Mietzinserhöhung. Vertragliche Abreden der Parteien bleiben mithin in jeder Hinsicht möglich. Die Parteien können daher sowohl vertraglich den Mietzins unabhängig vom MHRG beliebig erhöhen (§ 10 Abs 1 MHRG) als auch jede Mietzinserhöhung auf Grund des MHRG von vornherein ausschließen ( § 1 S 3 MHRG im Anschluß an Art 1 § 3 Abs 2 WKSchG I). Die Folge ist im letzteren Fall, daß dann dem Vermieter eine Mietzinserhöhung nicht mehr möglich ist, selbst wenn an sich die Voraussetzungen der §§ 2-7 MHRG erfüllt sind (s im einzelnen u Rz 4 f, 10 ff). II. Anwendungsbereich

3

1. § 1 MHRG gilt wie das gesamte Gesetz nur für Mietverhältnisse über Wohnraum. Den Gegensatz bilden namentlich die bloße Grundstücksmiete und die gewerbliche Raummiete. Bei den häufigen Mischmietverhältnissen hängt die Anwendbarkeit des Gesetzes in erster Linie davon ab, wo der Schwerpunkt des Rechtsverhältnisses liegt (s im einzelnen Vorbem 39 ff zu § 1 MHRG). 2.a) Vertragliche Abreden der Parteien haben in jeder Hinsicht den Vorrang vor 4 dem MHRG (so Rz 2). Bei einer einverständlichen Mietzinserhöhung sind die Parteien nach § 10 Abs 1 MHRG auch nicht an die Obergrenze der ortsüblichen Vergleichsmiete (§ 2 Abs 1 Nr 2 MHRG) gebunden (aM nur STERNEL RZ II 21). Anwendbar bleiben jedoch auch in diesen Fällen stets die beiden Wucherverbote des § 5 WiStG und des § 302 f StGB (s Vorbem 64 zu § 1 MHRG). b) Der Vorrang vertraglicher Abreden beschränkt sich jedoch nach § 10 Abs 5 1 MHRG auf Vereinbarungen über Mietzinserhöhungen um einen bestimmten Betrag. Möglich ist also nur eine Abrede über die Erhöhung der Miete im Einzelfall um einen genau festgelegten Betrag. Unzulässig sind hingegen sämtliche Abreden, aufgrund derer der Vermieter in der Zukunft unter bestimmten Voraussetzungen wiederholt eine Mietzinserhöhung verlangen kann, soweit die danach mögliche Mietzinserhöhung über das MHRG hinausgeht (LG Münster DWW 1977, 20). Das gilt namentlich für Wertsicherungsklauseln, Leistungsvorbehalte, Gleitklauseln und Staffelmieten (BARTHELMESS RZ 8; STERNEL RZ II 2 0 ; ders ZMR 1 9 7 5 , 3 2 1 ; s im einzelnen die Erl zu § 10). 3. Das Verbot der Änderungskündigung in § 1 S 1 M H R G bezieht sich nur auf die 6 ordentliche Kündigung von Wohnraummietverhältnissen nach § 564 b BGB, sowie auf die gleichstehenden Fälle des § 565 a B G B (BARTHELMESS RZ 5; PALANDT-PUTZO § 565 a Anm 2 c). Eine außerordentliche Kündigung, namentlich nach den §§ 553, 554 und 554 a BGB, bleibt also jederzeit möglich. 4.a) Auch ordentliche Kündigungen (o Rz 6) sind durch § 1 S 1 MHRG nur 7 verboten, wenn sie gerade zum Zwecke der Mietzinserhöhung erfolgen. Das Verbot des § 1 S 1 MHRG greift also nur ein, wenn das (überwiegende) Motiv der (1327)

Volker Emmerich

Art 3 WKSchG, § 1 MHRG 8-13 2. Wohnraumkiindigungsschutzgesetz

Vermieterkündigung gerade die Erhöhung der Miete ist. Jede ordentliche Kündigung mit einem anderen Zweck bleibt erlaubt. 8 b) Die Beweislast dafür, daß der Vermieter mit der Kündigung (in erster Linie) eine Mietzinserhöhung erreichen will, trägt der Mieter. Wenn der Vermieter jedoch zunächst vergeblich, möglicherweise sogar wiederholt, eine Mietzinserhöhung durchzusetzen versucht hatte und erst im Anschluß hieran nach § 564 b BGB kündigt, spricht die Vermutung dafür, daß er in Wirklichkeit eine Änderungskündigung mit dem Zwecke der Mietzinserhöhung aussprechen will; in diesem Fall greift das Verbot des § 1 S 1 MHRG ein. Ebenso steht es idR, wenn der Vermieter im unmittelbaren Anschluß an eine gegen § 1 S 1 MHRG verstoßende Änderungskündigung eine erneute Kündigung unter Berufung auf § 564 b BGB ausspricht.* 9 m . Rechtsfolge § 1 S 1 MHRG stellt ein gesetzliches Verbot iS des § 134 BGB dar, so daß eine gegen § 1 S 1 MHRG verstoßende ordentliche Kündigung nichtig ist. Das gilt selbst dann, wenn der Vermieter an sich den Vertrag nach § 564 b BGB kündigen könnte, weil er ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses hat, sofern er nur in erster Linie eine Erhöhung des Mietzinses erreichen will (s o Rz 7 f). 10 IV. Der vertragliche Ausschluß der Mietzinserhöhung Nach § 1 S 3 MHRG kann der Vermieter keine Erhöhung des Mietzinses nach den §§ 2 - 7 des Gesetzes verlangen, wenn und solange eine Erhöhung durch Vereinbarung ausgeschlossen ist oder der Ausschluß sich aus den Umständen, insbes der Vereinbarung eines Mietverhältnisses auf bestimmte Zeit mit festem Mietzins ergibt. Dasselbe galt schon unter dem WKSchG I auf Grund des Art 1 § 3 Abs 2.Vorläufer dieser Bestimmungen war namentlich § 19 Abs 1 BMietG I. 11 1. Der ausdrückliche Ausschluß a) Das Gesetz will in § 1 S 3 offenbar zwischen einem ausdrücklichen und einem konkludenten Ausschluß der Möglichkeit zur Mietzinserhöhung auf Grund des MHRG unterscheiden (vgl schon § 19 Abs 1 BMietG I). Der Sinn dieser Unterscheidung ist freilich nur schwer einzusehen, da sich die beiden Fälle in keinem relevanten Punkt unterscheiden und auch praktisch gar nicht trennen lassen. 12 b) Ein ausdrücklicher Ausschluß wird anzunehmen sein, wenn sich aus den Abreden der Parteien ohne weiteres zweifelsfrei ergibt, daß der Vermieter nicht das Recht haben soll, auf Grund des MHRG den Mietzins zu erhöhen. Wieweit der Ausschluß dabei reichen soll, ist allein eine Frage der Auslegung. Der Ausschluß kann (ausdrücklich oder konkludent) sowohl dem Umfang als auch der Zeit nach beschränkt sein (LG Münster DWW 1977, 20). 13 Es ist daher zB durchaus möglich, daß sich der Ausschluß nur auf den Grundtatbestand des §2 MHRG, nicht jedoch auf die Sondertatbestände der §§ 3-7 des Gesetzes beziehen soll; irgendeine Vermutung in dieser Richtung besteht jedoch nicht (vgl § 3 Rz 94; LG Hagen WuM 1972, 126; str).

* Vgl LG Osnabrück WuM 1973, 63; LG Köln WuM 1974, 9; AG Köln WuM 1974, 126; AG Hamburg WuM 1973, 213, 214; BARTHELMESS RZ 7.

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(1328)

2. Wohnraumkündigungsschutzgesetz

Art 3 WKSchG, § 1 MHRG 14-18

Auch eine zeitliche Begrenzung des Ausschlusses ist möglich. Namentlich bei 14 befristeten oder auflösend bedingten Mietverhältnissen gilt der etwaige Ausschluß (s u Rz 17) nur für die ursprünglich vorgesehene Vertragsdauer, nicht jedoch für den sich anschließenden Verlängerungszeitraum auf Grund des § 556 a BGB oder des Art 2 WKSchG II. Jedoch kann in allen diesen Fällen das Erhöhungsverlangen namentlich nach § 2 MHRG stets erst nach Ablauf der vertraglichen Ausschlußfrist, hingegen nicht schon vorher mit Wirkung für die Zeit nach Ablauf der Frist gestellt werden (AG Dortmund WuM 1973, 193; A G Darmstadt WuM 1974, 134). c) Den Parteien steht es (selbstverständlich) auch jederzeit frei, einen vertraglichen 15 Ausschluß der Mietzinserhöhung nachträglich für die Zukunft wieder aufzuheben; eine solche Abrede kann jedoch nicht allein darin gesehen werden, daß der Mieter in der Vergangenheit, wenn auch wiederholt, einzelnen Mietzinserhöhungen zugestimmt hat (LG Lübeck WuM 1972, 58 = MDR 1972, 612; BARTHELMESS § 1 Rz 3 2 ; SCHMIDT-FUTTERER R Z C

40).

d) Je nach den Umständen des Falles kann eine Mietzinserhöhung hiernach zB 16 ausgeschlossen sein, wenn das ordentliche Kündigungsrecht für eine bestimmte Zeit ausgeschlossen ist oder wenn es sich um ein Mietverhältnis auf Lebenszeit zu einem festen Mietzins handelt (s LG Lübeck WuM 1972, 58; BARTHELMESS § 1 Rz 30 ff; SCHMIDT-FUTTERER R Z C 31 ff; STERNEL Rz II 46 ff). Anders als unter der Geltung des § 19 Abs 1 BMietG I (s BGH LM Nr 10 zu § 19 BMietG I) wird heute dasselbe weiter bei ausdrücklicher Vereinbarung einer Festmiete anzunehmen sein. Schließlich kommt ein Ausschluß auch noch in Betracht, wenn die Parteien eine Umsatzmiete iVm einer Mindestmiete vereinbart haben; der in der Festsetzung der Mindestmiete liegende Schutz auch für den Mieter kann nicht über eine Anhebung der Mindestmiete etwa nach § 2 MHRG wieder beseitigt werden (BGH LM Nr. 23 zu § 18 BMietG I). e) Nach § 1 S 3 soll hingegen, wenn die Parteien ein Mietverhältnis auf bestimmte 17 Zeit mit festem Mietzins vereinbart haben, lediglich ein (konkludenter) Ausschluß des Mieterhöhungsrechts des Vermieters anzunehmen sein. Tatsächlich dürfte indessen in einem solchen Fall in aller Regel schon ein ausdrücklicher Ausschluß des Mietzinserhöhungsrechts des Vermieters vorliegen. Behauptet der Vermieter das Gegenteil, so trägt er deshalb dafür die Beweislast. Dieser Beweis ist namentlich dann als erbracht anzusehen, wenn die Parteien trotz Vereinbarung eines festen Mietzinses für bestimmte Zeit eine Wertsicherungsklausel in den Vertrag aufgenommen hatten, selbst wenn die Wertsicherungsklausel gegen § 10 Abs 1 des Gesetzes verstößt (so im Anschluß an die Begr z RegE aaO die hM; zB LG Frankfurt WuM 1976, 31). Denn aus der Aufnahme der Wertsicherungsklausel in den Vertrag folgt auf jeden Fall, daß nachträgliche Mietzinserhöhungen nach dem Willen der Parteien möglich bleiben sollten. f) aa) Der Ausschluß des Vermieterrechts auf Mietzinserhöhung braucht nicht 18 unbedingt in einem Vertrag mit dem Mieter, sondern kann auch in Verträgen mit Dritten (zu Gunsten des Mieters, § 328 Abs 1 BGB) enthalten sein. Besondere Bedeutung hat dies für Werkförderungsverträge mit dem Arbeitgeber des Mieters oder mit der öffentlichen Hand (Vorbem 67 ff zu §§ 535, 536 BGB), sowie für sonstige Darlehensverträge über öffentliche Mittel. Denn in solchen Verträgen werden sehr oft Mietzinserhöhungen zum Schutze der Mieter ganz ausgeschlossen oder doch von der Zustimmung des Darlehensgebers abhängig gemacht. Die Folge ist dann nach § 1 S 3 MHRG, daß der Vermieter, solange der Darlehensgeber nicht zugestimmt hat, nicht den Mietzins auf Grund der §§ 2 bis 7 MHRG gegenüber dem Mieter erhöhen kann. Dies gilt grundsätzlich für die gesamte Zeit, während derer dem Darlehensgeber ein sog Belegungs- oder Besetzungsrecht zusteht, und zwar (1329)

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Art 3 WKSchG, § 1 MHRG 19-22 2. Wohnraumkündiguiigsschiitzgesetz selbst bei vorzeitiger Rückzahlung des Darlehens. Solange hiernach eine Mietzinserhöhung ausgeschlossen ist, ist ein gleichwohl gestelltes Erhöhungsverlangen des Vermieters gegenüber dem Mieter unwirksam.* Wenn jedoch ohne die Mietzinserhöhung die Wirtschaftlichkeit des Wohnraums gefährdet ist, kann der Darlehensgeber uU nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) verpflichtet sein, der Mietzinserhöhung zuzustimmen (BGH LM Nr 9 zu § 19 BMietG I B1 2). 19 bb) Hierher gehört außerdem heute auch der Fall des § 14 ModEnGv 23. 8. 1976 (BGBl 12429): Soweit sich der Vermieter nach dieser Vorschrift bei der Bewilligung von Förderungsmitteln verpflichten muß, bestimmte Obergrenzen bei Mietzinserhöhungen einzuhalten, liegt darin zugleich ein Ausschluß weitergehender Mietzinserhöhungen iS des § 1 S 3 MHRG, so daß ein weitergehendes Erhöhungsverlangen des Vermieters unwirksam ist (FREUND-BARTHELMESS NJW 1976, 2191, 2193 f; dies ZMR 1977, 1, 33, 35).

20 2. Der konkludente Ausschluß a) Der Ausschluß kann sich nach § 1 S 3 MHRG (selbstverständlich) auch aus den Umständen ergeben (s schon o Rz 11 f, 17), so daß also in jedem Fall eine sorgfältige Auslegung der Abreden der Parteien unter dem Gesichtspunkt erforderlich ist, ob sich aus ihnen (konkludent) ein vertraglicher Ausschluß der Berechtigung des Vermieters zur Mietzinserhöhung nach den §§ 2-7 MHRG oder nach einzelnen dieser Tatbeständen ergibt (§§ 133, 157 BGB). Bei dieser Auslegung spricht keine Vermutung für die Berechtigung des Vermieters zur Mietzinserhöhung (SCHMIDTFUTTERER R z C 3 9 ) .

21 Unter der Geltung des vergleichbaren § 19 Abs 1 BMietG I war die Praxis sehr zurückhaltend in der Annahme eines konkludenten Ausschlusses des Vermieterrechts zur Mietzinserhöhung. Der BGH hat wiederholt betont, eine solche Annahme komme nur in Ausnahmefällen in Betracht; bei der gebotenen Berücksichtigung der Interessen beider Parteien müsse davon ausgegangen werden, daß sich der Vermieter nur auf Grund ganz besonderer Umstände mit einem niedrigeren als dem gesetzlich zulässigen Mietzins begnügen werde; es müßten deshalb zwingende sachliche Gründe vorliegen, die Verluste des Vermieters auf Grund des Verzichts auf an sich mögliche Mietzinserhöhungen (ausnahmsweise) als sinnvoll erscheinen ließen (so BGHZ 26, 310, 315 f; BGH LM Nr 4 zu § 19 BMietG I = NJW 1960, 386 f; LM Nr 10 zu § 19 BMietG I; WM 1978, 274, 275). 22 b) Diese sehr restriktive Interpretation des § 19 Abs 1 1. BMG ist (iVm der Sonderregelung des § 19 Abs 2 1. BMG für verlorene Baukostenzuschüsse) der Grund dafür gewesen, daß die Rspr unter dem BMietG I in der Vereinbarung eines anrechenbaren Baukostenzuschusses oder einer Mietvorauszahlung sowie in ähnlichen Abreden (dazu Vorbem 123 ff zu §§ 535, 536 BGB) stets nicht mehr als ein bloßes Indiz für einen vertraglichen Ausschluß der Mietzinserhöhung gesehen hat, so daß immer noch weitere Umstände hinzukommen mußten, um einen konkludenten Ausschluß späterer Mietzinserhöhungen annehmen zu können; maßgebend sollten dabei vor allem die Höhe des Baukostenzuschusses, insbes im Verhältnis zu

* B G H LM Nr 1 zu § 18 BMietG I = NJW 1 9 5 7 , 1 4 3 6 f; B G H NJW 1 9 6 0 , 3 8 2 f; B G H LM Nr 25 zu § 18 BMietG I = M D R 1970, 411; LM Nr 15 u 18 zu § 19 BMietG I = M D R 1968, 402; 1969, 1002.

Volker Emmerich

(1330)

Art 3 WKSchG, § 1, 2 MHRG 2. Wohnraumkiindigungsschutzgesetz 23-25 den gesamten Baukosten, die Langfristigkeit eines Darlehens, seine etwaige Unverzinslichkeit und seine niedrige Amortisation, sowie ähnliche Umstände sein.* c) Ob an diesen Grundsätzen (o Rz 2 1 , 2 2 ) heute noch uneingeschränkt festgehalten 23 werden kann, ist fraglich (bejahend BARTHELMESS R Z 3 9 , SCHMIDT-FUTTERER R Z C 3 5 ; STERNEL R Z I I 5 1 ) , da der Ausgangspunkt der Praxis unter dem BMietG I notwendigerweise ein ganz anderer war als heute. Das liegt angesichts des dem BMietG I vorausgegangen, ungefähr zwanzigjährigen Mietpreisstopps auf der Hand. Es bestehen deshalb keine Bedenken dagegen, heute bei der konkludenten Annahme eines Ausschlusses des Vermieterrechts auf Mietzinserhöhung weit großzügiger als unter der Geltung des § 19 Abs 1 BMietG I zu verfahren. Für Baukostenzuschüsse und ähnliche Abreden bedeutet dies, daß sie einen Ausschluß jedenfalls von Mietzinserhöhungen nach § 2 MHRG zur Folge haben, wenn und solange während des sog. Anrechnungszeitraums eine ordentliche Kündigung des Vermieters ausgeschlossen ist (s Vorbem 126 zu §§ 535, 536 BGB m Nachw). 3. Mietzinsennäßigungen

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Durch Abreden nach § 1 S 3 MHRG sind nur Erhöhungen des Mietzinses, nicht jedoch Herabsetzungen des Mietzinses auf Grund des Gesetzes ausgeschlossen. Soweit also der Vermieter nach den § § 4 Abs 4, 5 Abs 3, 6 Abs 4 und 7 Abs 4 zu einer Mietzinsermäßigung verpflichtet ist, hat es dabei sein Bewenden, selbst wenn Mietzinserhöhungen vertraglich ausgeschlossen sind (ebenso BARTHELMESS Rz 29). V. Kein Wegfall der Geschäftsgrundlage Das MHRG regelt abschließend die Voraussetzungen, unter denen bei Wohnraummietverhältnissen Mietzinserhöhungen möglich sind. Daneben ist für eine Aufwertung des Mietzinses unter dem Gesichtspunkt des Wegfalls der Geschäftsgrundlage kein Raum (LG Lübeck WuM 1972, 58). Ohnehin kommt selbst bei sehr langfristigen Verträgen wegen eines zwischenzeitlichen Geldwertverfalls (sog Äquivalenzstörung) grundsätzlich keine gerichtliche Aufwertung der Gegenleistung des Geldschuldners in Betracht. Eine Ausnahme macht die Praxis heute nur noch bei Ruhegeldvereinbarungen (Vorbem 33 zu § 537 BGB; s im einzelnen m Nachw EMMERICH, Das Recht der Leistungsstörungen [1978] § 28 III 3). § 2 MHRG Der Vermieter kann die Zustimmung zu einer Erhöhung des Mietzinses verlangen, wenn 1. der Mietzins, von Erhöhungen nach den §§ 3 bis 5 abgesehen, seit einem Jahr unverändert ist und 2. der verlangte Mietzins die üblichen Entgelte, die in der Gemeinde oder in vergleichbaren Gemeinden für nicht preisgebundenen Wohnraum vergleichbarer Art, Größe, Ausstattung, Beschaffenheit und Lage gezahlt werden, nicht übersteigt. * Grdleg BGHZ 26, 310, 317 ff; 31, 63, 72; BGH LM Nr 4 zu § 19 BMietG I = NJW i960, 386 f = ZMR 1960, 122; LM Nr 5 zu § 22 BMietG I = WM 1970, 794 = ZMR 1969, 272,275; LM Nr 10 zu § 19 1. BMG (B1 2R); Nr 22 zu § 18 BMietG I = MDR 1969, 659; BGH WM 1968, 536; 1978, 274, 275; OLG München ZMR 1969, 93 = WuM 1968,182; LG Hagen ZMR 1968. 324; weitergehend für einen verlorenen Baukostenzuschuß zu Recht LG Frankfurt WuM 1974, 220. (1331)

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Art 3 WKSchG, § 2 MHRG 2. Wohnraumkündigungsschutzgesetz

Von dem Jahresbetrag des verlangten Mietzinses sind die Kürzungsbeträge nach § 3 Abs 1 Satz 3 bis 7 abzuziehen, im Falle des § 3 Abs 1 Satz 6 mit elf vom Hundert des Zuschusses. Der Anspruch nach Absatz 1 ist dem Mieter gegenüber schriftlich geltend zu machen und zu begründen. Dabei kann insbesondere Bezug genommen werden auf eine Übersicht über die üblichen Entgelte nach Absatz 1 Nr. 2 in der Gemeinde oder in einer vergleichbaren Gemeinde, soweit die Übersicht von der Gemeinde oder von Interessenvertretern der Vermieter und der Mieter gemeinsam erstellt und anerkannt worden ist, ferner auch auf ein mit Gründen versehenes Gutachten eines öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen. Begründet der Vermieter sein Erhöhungsverlangen mit dem Hinweis auf entsprechende Entgelte für einzelne vergleichbare Wohnungen, so genügt in der Regel die Bennenung von drei Wohnungen anderer Vermieter. Stimmt der Mieter dem Erhöhungsverlangen nicht bis zum Ablauf des zweiten Kalendermonats zu, der auf den Zugang des Verlangens folgt, so kann der Vermieter bis zum Ablauf von weiteren zwei Monaten auf Erteilung der Zustimmung klagen. Wird die Klage binnen dieser Frist nicht erhoben, so kann ein neues Erhöhungsverlangen frühestens neun Monate nach Ablauf der Klagefrist gestellt werden, es sei denn, daß das frühere Verlangen nicht wirksam war. Ist die Zustimmung erteilt, so schuldet der Mieter den erhöhten Mietzins von dem Beginn des vierten Kalendermonats ab, der auf den Zugang des Erhöhungsverlangens folgt. Art 1 § 3 WKSchG I v 25. 11. 1971 (BGBl I 1839); Schriftlicher Bericht des Rechtsausschusses zum WKSchG I BT-Dr VI/2421, 4; Begr d RegE des WKSchG II BT-Dr 7/2011, 10 ff; Stellungnahme des Bundesrates, aaO 15 f; Gegenäußerung der Bundesregierung, aaO 20 f; Bericht des Rechtsausschusses BT-Dr 7/2638, 3 f; Gesetz zur Änderung des ModEnG v 27. 6. 1978 (BGBl I 878) Art 3 Nr 1.

Schrifttum Die Regelung der Mietzinshöhe nach dem 2. WKSchG, JurBüro 1975, 561; D E R L E DER, Vertragsfreiheit, Ertragsgewährleistungen und ihre Absicherung für den Wohnraumvermieter, NJW 1975, 1677; FRICKE, Die Feststellung der ortsüblichen Vergleichsmiete bei Verbesserungsmaßnahmen des Mieters, ZMR 1976, 325; G A L L A S , Zum Streitwert einer Zustimmungsklage und zur erstinstanzlichen Zuständigkeit für Mieterhöhungsverfahren, ZMR 1977, 263; GANSCHEZIANFINK, Ungeklärte Fragen zur Mieterhöhung nach dem 2. WKSchG, MDR 1975, 373; G I E R T H , Marktmiete aus der Retorte? DWW 1978, 10; GRAF, Die Vergleichsmiete in verfassungsrechtlicher Sicht, NJW 1976, 1480; VON KROG, Ungesetzliche Erschwerungen der Zustimmungsklage zur Anhebung des Mietzinses nach § 2 MHRG, ZMR 1977, 260; H A SCHMIDT, Zweifelsfragen zum WKSchG II, WuM 1976, 41; R MARIENFELD, Mietwerttabelle oder Sachverständiger zur Begründung des Mieterhöhungsverlangens, B1GBW 1977, 211; ders - P MARIENFELD, Grundprobleme und wirtschaftliche Bedeutung des MHRG, ZMR 1976, 225, 257; M A T S C H E , Das MHRG in der Bewährung, DWW 1977, 172, 220, 249; PÜTZ, Fehler bei der Anwendung des § 2 MHRG, WuM 1978, 101 ; RISSE, Die Mietdauer beeinflußt die Miethöhe, GemWW 1978, 160; SCHMIDT-FUTTERER, Kündigungsschutz für Wohnraum und Beschränkung der Mieterhöhung als Dauerrecht, MDR 1975, 89; ders, Mieterhöhung und Sachverständigenbeweis, FWW 1976, 61; ders -BLANK, Das Mieterhöhungsverfahren für nicht preisgebundenen Wohnraum, MDR 1975, 1; SCHOPP, Gutachten über Mietzinserhöhungen, ZMR 1977, 257; SCHULZ-TRIEGLAFF, Mietspiegel- und Vergleichsmiete, WuM 1977, 249; ders, Mietspiegel in der Praxis, BBauBl 1977, 378; SPATZ, Die Stellung des Richters im Zustimmungsprozeß nach § 2 MHRG, ZMR 1977, 226; ders, Das Erhöhungsverlangen und seine Begründung, WuM 1976, 157; SPEISER, Vergleichsmiete oder Marktmiete, DWW 1977, 200; H-J V O G E L , Das 2. WKSchG, JZ 1975, 73; WANGEMANN, Das Erhöhungsverlangen und seine BURKHARDT,

Volker Emmerich

(1332)

Art 3 WKSchG, § 2 MHRG 2. Wohnraumkündigungsschutzgesetz Begründung, WuM 1976, 21; ders, Die Funktion des vorprozessualen Mietzinserhöhungsverlangens, WuM 1977,1 ; W W E I M A R , Die Begründung einer Mieterhöhung mit Sachverständigengutachten, WuM 1976, 89; ders, Kann ein Sachverständiger ein gemäß § 2 Abs 2 MHRG zu erstattendes Gutachten mit dem Hinweis auf seine Sachkunde begründen? B1GBW 1977, 158; ders, Die Forderung ortsüblicher Vergleichsmiete unter Berufung auf ein Sachverständigengutachten, Betrieb 1977, 854; W I E T H A U P , Das Mieterhöhungsverlangen bei freifinanzierten Wohnungen nach § 2 MHRG, ZMR 1977, 65; W I N T E R , Der Mietspiegel zwischen Wohnwert- und ortsüblicher Vergleichsmiete, WuM 1977, 85; SENNEKAMP, Minderung und Einrede des nicht erfüllten Vertrages im Mieterhöhungsverfahren, ZMR 1978, 196. Aus der Literatur zu dem früheren Art 1 § 3 WKSchG I vgl insbes

BARTHELMESS

ZMR 1972, 165,

2 0 2 , 3 6 1 ; F E H L N J W 1 9 7 4 , 9 2 4 , 1 9 3 9 ; GANSCHEZIAN-FINK N J W 1 9 7 4 , 1 1 6 ; G L A S E R J R 1 9 7 4 , 1 4 0 ;

NJW 1973, 974; KURTENBACH Betrieb 1971, 2453; LAU ZMR 1973, 353; 1974, 193; NJW 1974, 2117; L Ö W E NJW 1972, 2017,2109; M A R T B E R G NJW 1973,1355; R O O U E T T E ZMR 1972, 133; 1973, 97; SASSERATH NJW 1972, 711; SCHMIDT-FUTTERER JR 1974, 274; ders NJW 1972, 1171; ders - B U C H E R NJW 1972, 86, 670; STERNEL MDR 1973, 265; ders WuM 1972, 185; 1973, 1; STOLLENWERK ZMR 1974, 1; W W E I M A R Betrieb 1972, 859. KLIEN

LEHMANN

Systematische Übersicht I. Geschichte und Zweck der Vorschrift 1 II. Überblick über die gesetzliche Regelung 7 III. Die einjährige Wartefrist 13 1. Zweck 14 2. Die Berechnung der Frist 15 3. Erhöhungsverlangen vor Ablauf der Wartefrist? 18 IV. Die ortsübliche Vergleichsmiete als Obergrenze des Mietzinses 21 1. Der Mietzins 22 2. Die Ermittlung der Vergleichsmiete 23 a) Grundsatz b) Die vergleichbaren Wohnungen 26 c) Nichtvergleichbare Wohnungen 39 d) Sonderfälle 44 V. Das Erhöhungsverlangen 1. Allgemeines 47 2. Die Beteiligten 48 3. Form und Inhalt des Erhöhungsverlangens 50 4. Die Begründung des Erhöhungsverlangens 54 5. Die einzelnen Begründungsformen 57 a) Die Mietwerttabelle 58 b) Das Sachverständigengutachten 69 c) Die Bennenung von Vergleichsobjekten 80 d) Die Begründung in sonstiger Weise 94 VI. Die Rechtsfolgen eines unwirksamen Erhöhungsverlangens 1. Keine Sperrfrist 97 (1333)

2. Annahme durch den Mieter 98 3. Unzulässigkeit der Klage auf Zustimmung? 99 a) Die hM 99 b) Kritik 100 c) Eigene Lösung 104 VII. Die freiwillige Zustimmung des Mieters 1. Die Erklärung der Annahme 109 2. Frist 111 3. Form 112 4. Teilannahme? 113 VIII. Das gerichtliche Erhöhungsverfahren 1. Überblick 114 2. Fristen 115 a) Die Überlegungsfrist 116 b) Die Klagefrist 119 3. Zulässigkeit 121 4. Schlüssigkeit 125 5. Beweisaufnahme 126 6. Beweislast 131 7. Beendigung 133 IX. Die Fälligkeit des erhöhten Mietzinses 138 X. Die Sperrfrist 1. Zweck 141 2. Fristbeginn 143 3. Rechtsfolge 144 4. Sonderfälle 145 XI. Anhang: Übersicht über die bisher veröffentlichten Mietspiegel 147

Volker Emmerich

Art 3 WKSchG, § 2 MHRG 1, 2 2. Wohnraumkiindigungsschutzgesetz

Alphabetische Übersicht Änderungskündigung 1 Alter der Wohnung 41 Anerkenntnis des Mieterhöhungsverlangens 108 Anforderungen an das Mieterhöhungsverlangen 50 ff Annahme des Mieterhöhungsverlangens 109 ff Art des Wohnraums 29 Aufstellung des Mietspiegels 61 ff Ausstattung des Wohnraums 32

Mietzins 4 , 2 2 , 2 4 Mietzinsabschläge 38 Mietzinsermäßigungen 16

Beendigung des Zustimmungsklageverfahrens 133 ff Begründung des Erhöhungsverlangens 54 ff, 94 ff Benennung von Vergleichsobjekten 80 ff Beschaffenheit des Wohnraums 33 Beweisaufnahme im Zustimmungsklageverfahren 126 ff Bezugnahme auf den Mietspiegel 64 ff

Rücknahme des Erhöhungsverlangens 53

Nichtvergleichbare Wohnungen 39 ff öffentlich geförderte Wohnungen 43 Ortsübliche Vergleichsmiete 1, 3 f, 8 , 1 0 , 2 1 ff, 59,74,76,82

Sachverständigengutachten 69 ff Schätzung der Marktmiete 37 Schlüssigkeit der Zustimmungsklage 125 Sperrfrist 97,114,141 ff Teilannahme des Mieterhöhungsverlangens 113 Überlegungsfrist des Mieters 10,47,103,107, 116 ff Unwirksames Mieterhöhungsverlangen 97 f

Eigentumswechsel 49 Fälligkeit des erhöhten Mietzinses 138 ff Faktischer Mietpreisstopp 5,57 Freifinanzierte Wohnungen 42 Gemeinnützige Wohnungsunternehmen 45 Größe des Wohnraums 31 Grundmiete 22 Klage auf Erteilung der Zustimmung 11 Klagefrist für Zustimmungsklage 119 f Lage des Wohnraums 34 Mieterhöhungsverlangen 1, 9 f, 18 f, 47 ff, 87 f, 106 Mieterschutz 3, 5,14 Mietspiegel 57 ff, 75 f, 127,147 Mietwerttabelle 57 ff, 75 f, 127,147

Verbesserungsmaßnahmen des Mieters 46 Vergleichbare Wohnungen 26 ff, 83, 87, 92 Vergleichswohnung 86, 91 Vermieterschutz 5 Verwirkung des Anspruchs auf Zustimmung 12 Verzug des Mieters 11 Vorverfahren als Prozeßvoraussetzung 99,104 Wartefrist 7,13 ff, 47 Wohnungsmängel 38 Wohnungsmarkt 25, 35, 37,70 Wohnungsteilmarkt 44 f Wohnwert 4 , 2 3 , 2 6 ff, 36,41,45, 83 Zulässigkeit der Zustimmungsklage 121 ff Zustimmungsklage 99,101,114 Zustimmung zur Mietzinserhöhung 7

1 I. Geschichte und Zweck der Vorschrift 1. Durch § 2 als der zentralen Vorschrift des ganzen Gesetzes ist an die Stelle der verbotenen Änderungskündigung zwecks Mietzinserhöhung (§ 1 S 1) der Anspruch des Vermieters gegen den Mieter gesetzt worden, unter bestimmten Voraussetzungen einer Vertragsänderung durch Anhebung des Mietzinses auf die Höhe der sog ortsüblichen Vergleichsmiete zuzustimmen. § 2 MHRG begründet also (anders als die §§ 3-7 des Gesetzes) nicht etwa einen Zahlungsanspruch des Vermieters, sondern lediglich einen Anspruch auf Abgabe einer bestimmten Willenserklärung durch den Mieter. Das WKSchG II knüpft insoweit unmittelbar an Art 1 § 3 WKSchG I an. 2 Entsprechende Regelungen fanden sich schon früher in der VO PR 71/51 v 29. 11. 1951 (BGBl I 920), sowie in § 24 iVm den §§ 18 ff 1. BMG von 1955. Im Volker Emmerich

(1334)

2. Wohnraumkündigungsschutzgesetz

Art 3 WKSchG, § 2 MHRG 3-8

geltenden Recht enthalten vergleichbare Bestimmungen namentlich § 557 Abs 1 S 1 HS 2 BGB, sowie die §§ 5 WiStG und 302 f StGB (vgl auch noch § 556 a Abs 3 S 2 BGB). 2. Zweck des § 2 MHRG ist es, dem Vermieter einen angemessenen, marktorien- 3 tierten Ertrag zu garantieren, zugleich aber den Mieter vor überhöhten Mietzinsforderungen des Vermieters, die nur auf Grund einer Mangellage am Markt durchsetzbar wären, zu schützen (so zu Art 1 § 3 WKSchG I der Rechtsausschuß BT-Dr VI/2421, 4). Deshalb wurde die Zulässigkeit von Mietzinserhöhungen an die Obergrenze der ortsüblichen Vergleichsmiete gebunden. Dabei war auch die Erwägung maßgebend, daß praktikable Alternativen, will man nicht zur strikten Mietpreisbindung zurückkehren, nicht in Sicht sind (vgl die Begr z RegE aaO 8). 3. Bei der Einzelausgestaltung ist der Gesetzgeber von der Grundvorstellung 4 ausgegangen, daß sich der Mietzins am Markt im Spiel von Angebot und Nachfrage nach dem Wohnwert orientiert (Begr z RegE aaO 10). Deshalb stellt das Gesetz zur Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete in Abs 1 Nr 2 auf den in der fraglichen Gemeinde für vergleichbare Wohnungen üblichen Mietzins ab. Hauptaufgabe bei der Anwendung des § 2 MHRG ist daher stets die Ermittlung des in der Gemeinde üblichen, dh am Markt tatsächlich durchschnittlich gezahlten Mietzinses für vergleichbaren Wohnraum (so BVerfGE 37, 132, 142). 4. Aus dem Gesagten folgt, daß § 2 MHRG - entgegen der nahezu allgemeinen 5 Praxis - nicht einseitig und ausschließlich unter dem Blickwinkel eines umfassenden Mieterschutzes gesehen werden darf; vielmehr hat die Vorschrift auch die Aufgabe, dem Vermieter einen angemessenen, am Markt orientierten Ertrag zu gewährleisten (o Rz 3). Auch der Vermieter hat maW einen gesetzlich geschützten Anspruch auf den ortsüblichen Mietzins, dessen Durchsetzung die Gerichte im gleichen Maße wie den gebotenen Mieterschutz gewährleisten müssen (so ausdrücklich BVerfGE 37, 132, 145, 148). Die Handhabung der Vorschrift darf daher nicht zu einem faktischen Mietpreisstopp führen. Aus diesen Gründen kann die gegenwärtige Praxis, die zunehmend schärfere Anforderungen an ein wirksames Erhöhungsverlangen des Vermieters stellt, nicht in allen Punkten gebilligt werden. 5. Auf die zahlreichen Einwände gegen die zu Grunde liegende Konzeption des 6 Gesetzgebers ist schon eingegangen worden, ebenso auf die mangelnde Praktikabilität der gesetzlichen Regelung (Vorbem 17 ff zu § 1 MHRG). Darauf ist zur Vermeidung von Wiederholungen zu verweisen.

n . Überblick über die gesetzliche Regelung

7

§ 2 MHRG gibt dem Vermieter unter bestimmten Voraussetzungen gegen den Mieter einen Anspruch auf Zustimmung zu einer Vertragsänderung durch Anhebung des Mietzinses. Erste Voraussetzung ist, daß der Mietzins seit einem Jahr unverändert geblieben ist (Abs 1 Nr 1). Durch diese sog Wartefrist soll eine gewisse Kontinuität in die Mietzinsentwicklung gebracht werden. Nächste Voraussetzung des Vermieteranspruchs auf Vertragsänderung ist, daß der 8 vereinbarte Mietzins unter dem Niveau der sog ortsüblichen Vergleichsmiete liegt (Abs 1 Nr 2). Entspricht der Mietzins bereits diesem Niveau oder übersteigt er es sogar, so scheidet folglich ein Anspruch auf Vertragsänderung nach § 2 MHRG aus; in Betracht kommen dann statt dessen nur noch Mietzinserhöhungen nach den Sondervorschriften der §§ 3 - 7 MHRG. - Handelt es sich um eine Mietzinserhöhung wegen Modernisierungsmaßnahmen, so sind, wenn der Vermieter statt nach § 3 MHRG nach § 2 MHRG vorgeht, dennoch aufgrund des Änderungsgesetzes vom (1335)

Volker Emmerich

Art 3 WKSchG, § 2 MHRG 9-13 2. Wohnraumkiindigungsschutzgesetz

27. 6. 1978 die Kürzungsbeträge nach § 3 Abs 1 S 3-7 MHRG abzuziehen (ebenso schon früher § 14 Abs 2 lit a WoModG aF). 9 Selbst wenn diese Voraussetzungen erfüllt sind, bräucht der Mieter auf die Änderungswünsche des Vermieters nur einzugehen, wenn der Vermieter ein sog Vorverfahren durchgeführt hat, das durch ein schriftliches und begründetes Erhöhungsverlangen des Vermieters eingeleitet wird (Abs 2 S 1). Vor allem an die gesetzlich geforderte Begründung dieses Erhöhungsverlangens werden von den Gerichten nach wie vor so übertriebene Anforderungen gestellt, daß die meisten Erhöhungsverlangen schon hieran scheitern. 10 An das Erhöhungsverlangen des Vermieters muß sich eine Überlegungsfrist von mindestens 2 Monaten anschließen (Abs 3 S 1), damit der Mieter die Angaben des Vermieters über die Höhe der örtlichen Vergleichsmiete nachprüfen und er sich darüber schlüssig werden kann, ob er den Antrag des Vermieters auf Vertragsänderung, der in dem Erhöhungsverlangen liegt, annehmen will oder nicht. Stimmt der Mieter zu, so wird der Vertrag entsprechend geändert, so daß der Mieter fortan den höheren Mietzins schuldet. 11 Stimmt der Mieter hingegen nicht zu, so kann der Vermieter binnen einer weiteren Frist von zwei Monaten Klage auf Zustimmung des Mieters zu der Vertragsänderung erheben (Abs 3 S 1). Die Klage ist also nicht etwa auf Zahlung des erhöhten Mietzinses, sondern lediglich auf Zustimmung des Mieters zu der vom Vermieter begehrten Vertragsänderung gerichtet, so daß sich die Vollstreckung des Urteils nach § 894 ZPO richtet. Hat die Klage Erfolg, so schuldet der Mieter den erhöhten Mietzins von dem in Abs 4 bestimmten Zeitpunkt ab. Der Mieter kann sich jedoch der Verpflichtung zur Zahlung dieses Mietzinses durch vorzeitige Kündigung nach § 9 Abs 1 MHRG entziehen; außerdem ist die Möglichkeit des Vermieters, wegen des Zahlungsverzugs des Mieters nach § 554 BGB zu kündigen, durch § 9 Abs 2 MHRG erheblich eingeschränkt worden. 12 Unterläßt der Vermieter hingegen die Klage auf Zustimmung (oder nimmt er die an sich begründete Klage vor Rechtskraft des Urteils wieder zurück, § 271 ZPO), so geht das Gesetz davon aus, daß der Vermieter seinen Anspruch auf Zustimmung des Mieters zu der gewünschten Vertragsänderung verwirkt hat. Es wäre in der Tat widersprüchlich, wenn er jetzt sofort erneut mit einem Erhöhungsverlangen an den Mieter heranträte. Deshalb bestimmt Abs 3 S 2, daß ein neues Erhöhungsverlangen des Vermieters erst 9 Monate nach Ablauf der Klagefrist, also mindestens 13 Monate nach dem ersten Erhöhungsverlangen, gestellt werden kann. Dies gilt freilich nicht, wenn das erste Erhöhungsverlangen, etwa mangels ausreichender Begründung, unwirksam war. In diesem Fall kann also der Vermieter, weil der Mieter nicht schutzwürdig ist, sofort ein neues Erhöhungsverlangen stellen und dadurch das komplizierte Verfahren nach § 2 MHRG erneut einleiten.

13 m . Die einjährige Wartefrist Nach Abs 1 Nr 1 des § 2 MHRG kann der Vermieter von dem Mieter die Zustimmung zu einer Erhöhung des Mietzinses nur verlangen, wenn der Mietzins, von Erhöhungen nach den §§ 3-5 des Gesetzes abgesehen, seit einem Jahr unverändert ist (sog Wartefrist). Volker Emmerich

(1336)

2. Wohnraumkiindigungsschutzgesetz

Art 3 WKSchG, § 2 MHRG 14-19

1. Zweck

14

Der Zweck der Wartefrist besteht darin, eine gewisse Kontinuität in die Mietzinsentwicklung zu bringen und den Mieter vor allzu rasch aufeinanderfolgenden Mietzinserhöhungen zu schützen (LG Mannheim WuM 1974, 181). Mietzinserhöhungen nach den §§ 3-5 des Gesetzes lösen freilich nicht die einjährige Wartefrist aus, sondern sind unabhängig davon jederzeit möglich, sofern nur der Tatbestand der §§ 3-5 MHRG erfüllt ist. Folglich kann der Vermieter ggf gleichzeitig oder doch kurz nacheinander Mietzinserhöhungen nach den §§ 2, 3, 4 und 5 des Gesetzes verlangen (vgl im einzelnen Vorbem 57 ff zu § 1 MHRG).

2. Die Berechnung der Frist

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a) Die Wartefrist von einem Jahr beginnt mit Vertragsschluß oder mit der letzten Mietzinserhöhung, sei es durch Vereinbarung der Parteien, sei es nach § 2 MHRG. Im letzteren Falle richtet sich der Fristbeginn nach § 2 Abs 4 MHRG (BARTHELMESS § 2 Rz 16; BGB-RGRK-Gelhaar § 2 MHRG Rz 4; SCHMIDT-FUTTERER RZ C 77 f; STERNEL RZ II 6 2 ) .

b) Str ist, ob auch Mietzinssenkungen, sei es auf Grund des MHRG, sei es durch 16 Vereinbarungen der Parteien, die Wartefrist auslösen. Dafür spricht zwar der Wortlaut des Gesetzes, nicht jedoch sein Zweck, den Mieter gegen allzu häufige M i e t z i n s e r h ö h u n g e n zu s c h ü t z e n ( e b e n s o BARTHELMESS § 2 R z 18; a M STERNEL R z II

63). Ebenso unschädlich sind Mietzinsminderungen nach § 537 BGB (so auch STERNEL a a O ) .

c) Die Frist beträgt ein Jahr und wird nach den §§187 Abs 1, 188 Abs 2 und 193 17 BGB berechnet. Den Parteien steht es aber natürlich frei, die Wartefrist vertraglich zu verlängern, während eine vertragliche Verkürzung unwirksam ist (§ 10 Abs 1 MHRG; LG Hamburg WuM 1976, 187).

3. Erhöhungsverlangen vor Ablauf der Wartefrist?

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a) Nach hM kann ein Erhöhungsverlangen erst nach Ablauf der Wartefrist gestellt werden; ein vorzeitig gestelltes Erhöhungsverlangen ist hiernach unwirksam und löst daher auch nicht die Überlegungs- und die Klagefrist des Abs 3 aus, so daß eine nachfolgende Klage auf Zustimmung des Mieters abzuweisen ist. Das soll selbst dann gelten, wenn das Erhöhungsverlangen ausdrücklich erst für einen Zeitpunkt nach Ablauf der Wartefrist Gültigkeit haben soll.* b) Der hM kann nicht zugestimmt werden, weil sie zu einer durch nichts zu 19 rechtfertigenden, formellen Erschwerung des Rechts des Vermieters auf Erhöhung des Mietzinses führt. Entgegen der hM ist deshalb anzunehmen, daß der Vermieter das Erhöhungsverlangen durchaus auch schon vor Ablauf der Wartefrist stellen kann, sofern er darin nur ausdrücklich einen Zeitpunkt nach Ablauf der Wartefrist als Termin der gewünschten Vertragsänderung bezeichnet (FEHL NJW 1974, 924, 925; LG Essen aaO).

* LG Hamburg WuM 1976, 187; AG Köln ZMR 1974, 284; WuM 1975, 41; ZMR 1974, 156, 157; AG Ingolstadt WuM 1973, 104, 105; AG Dortmund WuM 1973, 193; BARTHELMESS § 2 RZ 17; STERNEL RZ II 64; zweifelnd WIETHAUP ZMR 1977, 65; aM LG Essen NJW 1973, 1464 m A n m KLIEN. (1337)

Volker Emmerich

Art 3 WKSchG, § 2 MHRG 2. Wohnraumkiindigungsschutzgesetz 20-24

20 c) Schließlich sollte es sich auch von selbst verstehen, daß in dem Erhöhungsverlangen keine Begründung für den Ablauf der Wartefrist gegeben werden muß (LG Duisburg WuM 1974, 82). 21 IV. Die ortsübliche Vergleichsmiete als Obergrenze des Mietzinses Nach § 2 Abs 1 Nr 2 MHRG setzt der Anspruch des Vermieters auf Änderung des Mietvertrages außer der Einhaltung der Wartefrist (s o Rz 13 ff) vor allem voraus, daß der vereinbarte Mietzins hinter der ortsüblichen Vergleichsmiete zurückbleibt. Hauptproblem bei der Anwendung des § 2 MHRG ist deshalb stets die Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete. 22 1. Der Mietzins Gegenstand des Vermieteranspruchs auf Vertragsänderung ist der „Mietzins". Darunter ist grundsätzlich die gesamte vertraglich vereinbarte Gegenleistung des Mieters zu verstehen, da das BGB davon ausgeht, daß mit der Gegenleistung des Mieters mangels abweichender Vereinbarungen der Parteien sämtliche Leistungen des Vermieters abgegolten sind (s §§ 535-536 BGB Rz 83 ff, 106 f, Vorbem 50 ff zu § 1 MHRG). Dieser Auslegung des § 2 MHRG steht entgegen der hM, nach der mit dem Mietzins in § 2 nur die sog Grundmiete gemeint sein soll, auch die Sondervorschrift des § 4 MHRG nicht entgegen (s im einzelnen Vorbem 52, 62 f zu § 1 M H R G m N a c h w ; a M z B PALANDT-PUTZO § 2 M H R G A n m 1 D; SCHMIDT-FUTTERER R z C 5 5 ; STERNEL RZ II 5 8 , 65).

23 2. Die Ermittlung der Vergleichsmiete a) Grundsatz aa) Der Gesetzgeber ist, wie schon ausgeführt (o Rz 4), davon ausgegangen, daß sich die Mietpreisbildung am Markt im freien Spiel von Angebot und Nachfrage nach dem unterschiedlichen Wohnwert der einzelnen Wohnungen orientieren werde. Deshalb stellt das Gesetz in Abs 1 Nr 2 des § 2 als Maßstab für die Vergleichsmiete auf den Mietzins für solche Wohnungen in der Gemeinde oder in vergleichbaren Gemeinden ab, die mit der fraglichen Wohnung (nur) hinsichtlich des Wohnwertes vergleichbar sind. Als Merkmale des Wohnwerts werden dabei insbes Art, Größe, Ausstattung, Beschaffenheit und Lage des Wohnraums hervorgehoben. 24 Hieraus folgt unmittelbar, daß unter den üblichen Entgelten für vergleichbaren Wohnraum iS des Abs 1 Nr 2 des § 2 MHRG die am Markt tatsächlich durchschnittlich für vergleichbare Wohnungen gezahlten Mietzinsen zu verstehen sind.* Hiervon ist auch der BGH durchweg in seiner Praxis zu § 24 1. BMG von 1955, dem Vorläufer des § 2 MHRG, ausgegangen (BGHZ 26, 310, 313; BGH LM Nr 2 u 3 zu § 24 1. BMG = NJW 1959, 1634; 1960, 1284; LM Nr 5 zu § 24 1. BMG). Maßgebender Zeitpunkt ist dabei der des Zugangs des Erhöhungsverlangens (AG Oberhausen WuM 1976, 57). * BVerfGE 37, 132, 143: „Erforderlich ist die Ermittlung der tatsächlich und üblicherweise gezahlten Mieten für vergleichbare Wohnungen"; Begr z RegE aaO 10; OLG Köln WuM 1978, 76 m Nachw (zu § 5 WiStG); LG Mannheim NJW 1973, 712; AG Hildesheim ZMR 1976, 153, 1 5 4 ; A G K a m e n W u M 1 9 7 2 , 1 6 3 ; BARTHELMESS § 2 RZ 2 4 f f ; SCHMIDT-FUTTERER RZ C 5 6 f f ; STERNEL RZ I I 5 5 f f ; H - J VOGEL J Z 1 9 7 5 , 7 3 , 7 7 ; G WINTER W u M 1 9 7 7 , 8 5 , 8 6 f.

Volker Emmerich

(1338)

2. Wohnraumkiindigungsschutzgesetz

Art 3 WKSchG, § 2 MHRG 25-30

bb) Nähme man das Gesetz beim Wort, so wäre mithin in jedem Einzelfall eine 25 empirisch - statistische Erhebung über die auf dem betreffenden Wohnungsmarkt für im wesentlichen vergleichbare Wohnungen durchschnittlich gezahlten Mietzinsen erforderlich. Solche Erhebungen sind jedoch mit außerordentlichem Aufwand und Kosten verbunden und liegen praktisch - von ganz wenigen Ausnahmen abgesehen - für keinen einzigen Wohnungsmarkt in Deutschland vor (nur für Mannheim sind einmal solche Untersuchungen durchgeführt worden, vgl D IPSEN Arch f KommWiss 1976, 262 ff). Die Gerichte begnügen sich deshalb stets notgedrungen mit sog Erhebungen über die Mietzinsen für einzelne vergleichbare Wohnungen. Es liegt jedoch auf der Hand, daß der Aussagewert solcher Erhebungen von vornherein minimal sein muß, weil man auf diese Weise sicher keinen Einblick in die tatsächlichen Marktverhältnisse bekommen kann. b) Die vergleichbaren Wohnungen

26

Bei der Ermittlung der am Markt üblichen Durchschnittsmiete darf nur auf den Mietzins für solchen nicht preisgebundenen Wohnraum in derselben Gemeinde abgestellt werden, der gerade hinsichtlich des Wohnwerts mit der fraglichen Wohnung vergleichbar ist (§ 2 Abs 1 Nr 2 MHRG). Der Wohnwert ist dabei, jedenfalls in erster Linie, nach den Kriterien Art, Größe, Ausstattung, Beschaffenheit und Lage der Wohnung zu beurteilen. Es darf also nicht berücksichtigt werden, daß in Wirklichkeit der Wohnwert nur einer unter vielen anderen Faktoren ist, die die Mietzinsbildung am Markt beeinflussen. Hierin dürfte wohl einer der wichtigsten Gründe für die mangelnde Praktikabilität der ganzen Regelung zu sehen sein. aa) Nur wenige Wohnungen stimmen in allen wesentlichen, für den Wohnwert 27 maßgebenden Merkmalen völlig oder auch nur weitgehend überein. Selbst innerhalb desselben Wohnblocks können Umstände wie die Lage, die Geschoßhöhe, die Nachbarschaft usw den Wohnwert einer einzelnen Wohnung und damit auch den Mietzins ganz erheblich beeinflussen. Deshalb steht fest, daß es immer nur darauf ankommen kann, ob die fraglichen 28 Wohnungen hinsichtlich der für den Wohnwert maßgebenden Kriterien im wesentlichen oder auch nur annähernd miteinander vergleichbar sind. Unterschiede im einzelnen spielen mithin keine Rolle. Größere Unterschiede sind ggf durch frei zu schätzende Zu- und Abschläge auszugleichen.* bb) Nach Abs 1 Nr 2 des § 2 MHRG ist die Vergleichbarkeit des Wohnwertes der 29 verschiedenen Wohnungen (in erster Linie) an Hand der Merkmale Art, Größe, Ausstattung, Beschaffenheit und Lage zu beurteilen: (1) Unter der Art des Wohnraums versteht man die Struktur des Hauses und des Wohnraums. Gemeint sind also die Merkmale Altbau oder Neubau, Baujahr (soweit dadurch der Wohnwert beeinflußt wird), die Zahl der Räume, die Art des Hauses als Einfamilienhaus, Reihenhaus oder Mehrfamilienhaus, die Eigenschaft des Wohnraums als Keller- oder Dachgeschoßwohnung. Hingegen gehören nicht hierher die Kosten der Erbauung oder der Finanzierung eines Hauses, weil durch sie der Wohnwert nicht beeinflußt wird (Begr z RegE aaO 10). Dementsprechend kann eine umfassend renovierte Altbauwohnung durchaus einer 30 Neubauwohnung gleichstehen (LG Mannheim WuM 1975, 172, 173), während wiederaufgebaute alte Häuser nicht mit Neubauten verglichen werden können (AG * O L G Köln W u M 1978, 76; A G Mainz W u M 1972, 197; BARTHELMESS § 2 R z 37; SCHMIDT-FUT-

TERER Rz C 68; ebenso schon BGH LM Nr 6 zu § 24 1. BMG: „Die Vergleichsobjekte müssen nur annähernd vergleichbar sein". (1339)

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Art 3 WKSchG, § 2 MHRG 31-37 2. Wohnraumkündigungsschutzgesetz

Oberhausen WuM 1976, 57). Ebensowenig kann eine Kellerwohnung mit einer Wohnung in normaler Geschoßlage gleichgesetzt werden (AG Dortmund WuM 1972, 2 3 4 ) .

31 (2) Mit Größe ist die in Quadratmetern meßbare Wohnfläche der eigentlichen Wohnräume gemeint, die allgemein nach der DIN 283 gemessen wird. Die mitvermieteten Räume wie Keller, Dachböden u ä m werden dabei nicht berücksichtigt (vgl den Abdruck der DIN 283 bei SCHMIDT-FUTTERER RZ C 157 [ 368 ff]).

32 (3) Unter Ausstattung versteht man alles, was vom Vermieter zur ständigen Benutzung des Mieters ohne besonderes Entgelt eingebaut ist, namentlich also Heizung, sanitäre Einrichtungen, besondere Böden, Gemeinschaftsantenne, Kücheneinrichtung, besondere Isolierungen uäm (LG Mannheim WuM 1978, 32; AG Köln WuM 1976, 127, 128 m Anm HERPERS). Ist eine Wohnung möbliert, so kann dies bei dem Vergleich durch entsprechende Abschläge ausgeglichen werden (OLG Köln WuM 1978, 7 6 ; a M z B WINTER W U M 1977, 85, 88).

33 (4) Beschaffenheit meint die Gestaltung der Wohnung und der Umgebung, sowie den Zustand der Wohnung und der mitvermieteten Hausteile; Beispiele sind die Einteilung der Räume, das Vorhandensein einer Garage oder eines Gartens (AG Köln WuM 1976, 127, 128), die Nachbarschaft von Industriebetrieben oder von Grünanlagen, eine schöne Aussicht, der Zustand der Fenster und Böden uäm. Auch die nicht behebbaren Mängel der Wohnung gehören hierher (s u Rz 38). 34 (5) Außerdem kommt es noch auf die gleiche Lage an; darunter fällt sowohl die Lage in einem bestimmten Ortsteil als auch die in demselben Haus, so daß nur Wohnungen in gleichen oder doch im wesentlichen ähnlichen Wohngebieten vergleichbar sind (vgl AG Aachen WuM 1977, 13; AG Köln WuM 1976, 127, 128). 35 cc) Wohnungen, die hinsichtlich der genannten Merkmale (o Rz 29 ff) miteinander vergleichbar sind, dürfen jedoch grundsätzlich nur berücksichtigt werden, wenn sie in derselben Gemeinde liegen. Der Begriff der Gemeinde dürfte hier freilich nicht iS der politischen Gemeinde, sondern iS des einheitlichen Wohngebietes zu verstehen sein, so daß hierzu bei Ballungsgebieten durchaus auch mehrere selbständige Gemeinden gehören können, sofern sich unter ihnen ein einheitlicher Wohnungsmarkt herausgebildet hat (SCHMIDT-FUTTERER RZ C 69). Auf vergleichbare Wohnungen in Nachbargemeinden ist hingegen nur abzustellen, wenn in derselben Gemeinde keine vergleichbaren Wohnungen zu finden sind (BARTHELMESS § 2 Rz 26). 36 dd) Ungeklärt ist bislang, ob neben den vom Gesetz genannten Wohnwertmerkmalen noch weitere für die Mietpreisbildung relevante Faktoren wie namentlich die Vertragsgestaltung und das Alter der Verträge berücksichtigt werden können; gerade der letztere Umstand ist erfahrungsgemäß für die Mietpreisbildung von ausschlaggebender Bedeutung (für die Berücksichtigung durch Zu- und Abschläge SCHMIDT-FUTTERER R z C 6 7 ; STERNEL RZ I I 5 9 f; d a g e g e n BARTHELMESS § 2 R z 3 5 f ) .

37 Dieser ganze Fragenkreis könnte von vornherein nicht auftauchen, wenn die Gerichte bei der Ermittlung der tatsächlichen Durchschnittsmiete wirklich von einem repräsentativen Querschnitt durch den gesamten Wohnungsmarkt ausgingen, weil sich dann solche Unterschiede nach dem Gesetz der großen Zahl von selbst ausglichen. Da jedoch tatsächlich, wenn nicht einfach Mietspiegel zugrunde gelegt werden (s u Rz 58 ff), immer nur von wenigen, im Grunde in keiner Weise repräsentativen Wohnungen auf die Durchschnittsmiete geschlossen wird, tauchen solche rational gar nicht lösbare Fragen auf, da bei methodisch richtigem Vorgehen von so wenigen Wohnungen ein Schluß auf die Durchschnittsmiete überhaupt nicht zulässig wäre. Den Gerichten wird deshalb in allen diesen Fällen idR nichts anderes übrig bleiben, als die Marktmiete nach § 287 Abs 2 ZPO zu schätzen. In dem Volker Emmerich

(1340)

2. Wohnraumkiindigungsschutzgesetz

Art 3 WKSchG, § 2 MHRG 38-42

dadurch gezogenen Rahmen dürfte es dann aber auch in aller Regel keine Rolle mehr spielen, ob man die genannten zusätzlichen Faktoren durch Zu- und Abschläge berücksichtigt oder nicht. ee) Weist die Wohnung Mängel auf, so ist ihr Mietzins unabhängig von § 2 MHRG 38 nach § 537 BGB zu mindern. Für die Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete spielt dieser Umstand folglich zumindest solange keine Rolle, wie die Mängel behebbar sind. Nur wenn es sich um unbehebbare Umweltmängel handelt, sind entsprechende Abschläge zu machen, weil dann eben die fragliche Wohnung nicht mehr uneingeschränkt mit (im übrigen) vergleichbaren Wohnungen ohne solche Mängel vergleichbar ist.* c) Nichtvergleichbare Wohnungen 39 aa) Wo nach dem Gesagten die Grenze verläuft, jenseits derer bestimmte Wohnungen unter keinen Umständen mehr vergleichbar sind, ist nur schwer allgemein anzugeben. Auszuscheiden haben jedenfalls zunächst solche Wohnungen, für die auf Grund besonderer, nicht verallgemeinerungsfähiger Umstände besonders hohe oder besonders niedrige Mietzinsen gezahlt werden (vgl AG Hildesheim ZMR 1 9 7 6 , 1 5 3 , 1 5 4 ; BARTHELMESS § 2 R z 2 5 ; WINTER W u M 1 9 7 7 , 85, 8 6 f f ) .

bb) Außerdem sind zB nicht miteinander vergleichbar: 40 Wohnungen im Zentrum und Wohnungen außerhalb des Ortes in einem Neubaugebiet (AG Mainz WuM 1972, 197), Wohnungen im allgemeinen Wohngebiet und solche an der Grenze zu einem Gewerbegebiet (AG Lübeck WuM 1974, 58), Wohnungen, die hinsichtlich der Zimmerzahl erheblich voneinander abweichen (LG Mannheim NJW 1974,1253,1254), Wohnungen, deren Wohnfläche um 40 bis 60% differiert (LG Hamburg ZMR 1976, 150 = WuM 1976, 208, 209; LG Köln WuM 1974, 132, 133), Wohnungen mit geringwertiger Ausstattung und Luxuswohnungen (AG Brühl WuM 1974,106), Wohnungen in einwandfreiem Zustand und solche mit erheblichen Schäden (AG Oberhausen WuM 1976, 57) usw. Auch Wohnungen, für die jahrelang keine Miete gezahlt wurde oder die überhaupt 41 nicht vermietet sind, scheiden von vornherein als Vergleichsobjekte aus (LG Köln WuM 1974, 132, 133; LG Kiel WuM 1977, 136). Hingegen braucht das unterschiedliche Alter der Wohnungen nicht unbedingt ihrer Vergleichbarkeit entgegenzustehen, da es immer entscheidend nur auf den Wohnwert ankommt und da eine modernisierte Altbauwohnung in guter Lage durchaus denselben oder sogar einen höheren Wohnwert als irgendeine Neubauwohnung haben kann (Begr z RegE aaO 10; OLG Hamburg MDR 1974, 585, 586). cc) Wie sich aus Abs 1 Nr 2 iVm Abs 2 S 3 ergibt, dürfen in den Vergleich schließlich 42 nur freifinanzierte, dh nicht preisgebundene Wohnungen anderer Vermieter einbezogen werden. Wohnungen desselben Vermieters scheiden also als Vergleichsobjekte aus. Dabei ist der Begriff desselben Vermieters wirtschaftlich zu verstehen, so daß Wohnungen auch dann „demselben" Vermieter iS des § 2 MHRG gehören, wenn es sich zwar formell um verschiedene natürliche oder juristische Personen handelt, diese aber bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise eine Einheit bilden (so mit Recht AG Wuppertal WuM 1977, 232 für die Wohnungen minderjähriger Geschwister, die zusammen von ihrem Vater verwaltet werden).

* LG Mannheim WuM 1977, 124 = MDR 1977, 140 = DWW 1977, 43; LG Düsseldorf WuM 1 9 7 7 , 2 6 1 , 2 6 2 ; A G K ö l n W u M 1 9 7 7 , 3 6 ; BARTHELMESS § 2 R z 3 3 ; § 2 M H R G R z 1 0 ; STERNEL RZ II 6 0 ; SENNEKAMP Z M R 1 9 7 8 , 1 9 6 . (1341)

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BGB-RGRK-GELHAAR

Art 3 WKSchG, § 2 MHRG 43-47 2. Wohnraumkiindigungsschutzgesetz

43 Auszuscheiden haben außerdem alle öffentlich geförderten Wohnungen, weil sich bei ihnen die Mietpreisbildung (namentlich auf Grund des WoBindG) nach ganz anderen Kriterien als am freien Wohnungsmarkt richtet; maßgebend sind bei ihnen vielmehr vor allem Kostengesichtspunkte, auf die es bei § 2 MHRG gerade nicht ankommt. 44 d) Sonderfälle Nur schwer zu entscheidende Sonderfälle stellen solche Wohnungen dar, für die sich im Grunde Teilmärkte gebildet haben, und außerdem solche Wohnungen, die vom Mieter selbst wesentlich verbessert worden sind. 45 aa) Derartige Sonderfälle sind zunächst die idR besonders preiswerten Wohnungen der gemeinnützigen Wohnungsunternehmen. Deshalb ist bei ihnen (ebenso wie zB bei den renovierten Altbauwohnungen, s o Rz 41) umstr, ob sie nur untereinander oder auch mit anderen Wohnungen vergleichbar ist. Die Frage ist im letzteren Sinne zu entscheiden, obwohl sich für diese Wohnungen in der Tat ein Teilmarkt mit nur ganz beschränkten Zutrittsmöglichkeiten herausgebildet hat, da es nach der Entscheidung des Gesetzgebers für die Vergleichbarkeit von Wohnraum nur auf die in Abs 1 Nr 2 des § 2 MHRG genannten Wohnwertmerkmale und mithin nicht auf die Art der Finanzierung eines Hauses ankommen soll (LG Frankfurt WuM 1974,184; LG Hagen ZMR 1974, 146, 147; aM AG Frankfurt WuM 1973, 217; 1974, 35; 1974, 130). bb) Umstritten ist die Rechtslage weiter bei solchen Wohnungen, die der Mieter auf eigene Kosten verbessert oder modernisiert hat. ZT wird angenommen, solche Maßnahmen des Mieters dürften bei der Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete nicht zu Gunsten des Vermieters berücksichtigt werden, so daß derartige Wohnungen nur mit anderen Wohnungen ohne entsprechende Verbesserungen verglichen werden könnten (zB B A R T H E L M E S S § 2 R Z 50). Für diese Auffassung spricht auch § 3 MHRG, wonach nur die Kosten vom Vermieter vorgenommener Verbesserungsmaßnahmen auf die Mieter umgelegt werden können (vgl auch § 14 ModEnG). Nur wenn der Mieter die Verbesserungsmaßnahmen geradezu gegen den Willen des Vermieters durchgeführt hat, wird er es sich mithin gefallen lassen müssen, daß der Vermieter dann (wenigstens) nach § 2 MHRG eine Mietzinserhöhung verlangt (wesentlich weitergehend F R I C K E ZMR 1976, 325 ff; zust P A L A N D T P U T Z O § 2 MHRG Anm 1 b). cc) Handelt es sich um eine Mietzinserhöhung nach vom Vermieter vorgenommenen Modernisierungsmaßnahmen, so sind von dem Jahresbetrag der ortsüblichen Vergleichsmiete die Kürzungsbeträge des § 3 Abs 1 S 3 - 7 MHRG abzuziehen (§ 2 Abs 1 S 2 MHRG nF), damit auch der Mieter in den Genuß dieser öffentlichen Mittel zur Wohnungsmodernisierung kommt (s im einzelnen dazu § 3 Rz 52 ff). V. Das Erhöhungsverlangen 47 1. Allgemeines Sind die Voraussetzungen § 2 Abs 1 MHRG erfüllt (Ablauf der Wartefrist und Differenz zwischen der vereinbarten und der ortsüblichen Vergleichsmiete, o Rz 13 ff, 21 ff), so kann der Vermieter von dem Mieter die Zustimmung zu einer Änderung des Mietvertrages dahingehend verlangen, daß der Mietzins auf das Niveau der ortsüblichen Vergleichsmiete angehoben wird. Den Abschluß des hierzu nach § 305 BGB erforderlichen Änderungsvertrages muß der Vermieter, um anschließend seinen Anspruch auch gerichtlich durchsetzen zu können, in einer ganz Volker Emmerich

(1342)

2. Wohnraumkiindigungsschutzgesetz

Art 3 WKSchG, § 2 MHRG 48-52

bestimmten Form dem Mieter antragen (§ 2 Abs 1 MHRG iVm den §§ 145 ff BGB). Dies geschieht durch das sog Erhöhungsverlangen, das also der Sache nach nichts anderes als ein (besonders formalisierter) Antrag iS des § 145 BGB auf Abschluß eines Änderungsvertrages nach § 305 BGB ist (FEHL NJW 1974, 924, 925). Durch den Zugang des (wirksamen) Erhöhungsverlangens wird eine Art Vorverfahren eingeleitet, das sich aus einer Überlegungsfrist für den Mieter und einer nachfolgenden Klagefrist für den Vermieter zusammensetzt (§ 2 Abs 2 MHRG). 2. Die Beteiligten

48

a) Der Antrag in Form des Erhöhungsverlangens muß vom Vermieter gegenüber dem Mieter gestellt werden. Sind an dem Mietvertrag auf einer oder beiden Seiten mehrere Personen beteiligt, so muß das Erhöhungsverlangen von allen Vermietern ausgehen, namentlich von allen unterschrieben sein, und sämtlichen Mietern zugehen, es sei denn, ein Vermieter oder Mieter sei von den anderen entsprechend bevollmächtigt worden; andernfalls ist das Erhöhungsverlangen unwirksam.* b) Im Falle des Eigentumswechsels kann der Erwerber ein Erhöhungsverlangen im 49 eigenen Namen erst nach seiner Eintragung im Grundbuch stellen, weil er nach § 571 Abs 1 BGB erst in diesem Augenblick in das Mietverhältnis eintritt (§ 571 BGB Rz 48, 55; LG Mannheim ZMR 1977, 284; AG Regensburg DWW 1977,44; PÜTZ WUM 1978, 101; H A SCHMIDT WUM 1976, 41). Entsprechendes gilt in den Fällen des § 577 BGB, namentlich also bei Eintritt eines Nießbrauchers in das Mietverhältnis (§ 577 BGB Rz 10; LG Mannheim aaO). 3. Form und Inhalt des Erhöhungsverlangens

50

a) Das Erhöhungsverlangen ist nichts anderes als ein Antrag auf Vertragsänderung iS der §§ 145 ff, 305 BGB. Folglich stellt das Erhöhungsverlangen eine einseitige, empfangsbedürftige Willenserklärung dar, die erst mit Zugang beim Mieter wirksam wird (§ 130 BGB). b) Das Erhöhungsverlangen muß nach Abs 2 S 1 des § 2 MHRG schriftlich geltend 51 gemacht werden; maßgebend ist also § 126 BGB, so daß grundsätzlich eine eigenhändige Unterschrift unter dem Erhöhungsverlangen erforderlich ist. Eine Ausnahme gilt nur für Erhöhungsverlangen, die mit Hilfe automatischer Einrichtungen gefertigt werden (§ 8 MHRG). Die Unterschrift des Vermieters muß dabei das gesamte Erhöhungsverlangen decken, so daß eine Bezugnahme auf frühere Erklärungen nur genügt, wenn diese der neuen Erklärung als Anlage beigefügt sind oder wenn schon die neue Erklärung den wesentlichen Inhalt des Mieterhöhungsverlangens enthält (LG Hamburg WuM 1978, 54). c) Das Erhöhungsverlangen muß schließlich die gewünschte Vertragsänderung und 52 insbes den Erhöhungsbetrag genau bezeichnen und den unbedingten Willen des Vermieters erkennen lassen, eine entsprechende Vertragsänderung zu erreichen (§ 145 BGB; BGHZ 26, 310, 314; BGH LM Nr 32 zu § 125 BGB; FEHL NJW 1974, 924, 925 f). Je nach den Umständen des Falles kann deshalb ein Erhöhungsverlangen durchaus auch in einem Vergleichsvorschlag oder in der Aufforderung zur Zahlung eines höheren Mietzinses als bisher zu sehen sein (LG Flensburg WuM * LG Köln WuM 1977, 143; AG Köln WuM 1977, 57; AG Stuttgart WuM 1973, 105, 106; BARTHELMESS § 2 R z 5 2 f ; R Ü T Z W u M (1343)

1 9 7 8 , 1 0 1 ; STERNEL R Z I I 6 6 .

Volker Emmerich

Art 3 WKSchG, § 2 MHRG 53-56 2. Wohnraumkiindigungsschutzgesetz

1973, 46, 47; anders für eine bloße Vergleichskorrespondenz von Anwälten BGH LM Nr 32 zu § 125 BGB). 53 d) Die Annahmefrist beträgt nach Abs 3 S 1 des § 2 MHRG mindestens 2 Kalendermonate. Daraus müßte an sich nach § 145 BGB der Schluß zu ziehen sein, daß der Vermieter auch ebenso lange an seinen Antrag gebunden ist, so daß ein Widerruf bzw eine Rücknahme des Erhöhungsverlangens ausgeschlossen ist. Trotzdem ist umstr, ob der Vermieter das Erhöhungsverlangen zurücknehmen kann oder nicht ( d a g e g e n z B SCHMIDT-FUTTERER R z C 8 5 ; d a f ü r z B BARTHELMESS § 2 R z 119).

Abgesehen davon, daß die Frage keine praktische Bedeutung hat, weil der Mieter der Rücknahme des Antrags wohl immer zustimmen wird, dürfte davon auszugehen sein, daß hier § 145 BGB in der Tat nicht paßt. Zum Schutze des Mieters wird jedoch anzunehmen sein, daß auch die Rücknahme eines wirksamen Erhöhungsverlangens die Sperrfrist des § 2 Abs 3 S 3 MHRG auslöst (BARTHELMESS § 2 Rz 110, 119 f; vgl auch AG Stuttgart WuM 1972, 178, 179; AG Flensburg WuM 1973, 62; s u Rz 144). Was für eine völlige Rücknahme des Antrags gilt, muß auch für eine Teilrücknahme gelten. Der Vermieter kann also jederzeit sein Erhöhungsverlangen einseitig ermäßigen, ohne dadurch eine neue Überlegungsfrist auszulösen (so richtig BARTHELMESS § 2 Rz 122 gegen LG Stuttgart NJW 1974, 1252). Ausgeschlossen ist hingegen eine nachträgliche Erhöhung des Erhöhungsverlangens. (LG Stuttgart aaO; BARTHELMESS § 2 Rz 121; wegen der entsprechenden Teilannahme des Mieters s u Rz 113). 54 4. Die Begründung des Erhöhungsverlangens a) Das Erhöhungsverlangen muß schriftlich begründet werden ( § 2 Abs 2 S 1 MHRG). Ebenso wie schon bei den §§ 18 und 24 1. BMG von 1955 verfolgt der Gesetzgeber damit den Zweck, dem Mieter eine Nachprüfung zu ermöglichen, ob das Erhöhungsverlangen des Vermieters berechtigt ist oder nicht, damit er sich während der anschließenden Überlegungsfrist darüber schlüssig werden kann, wie er sich zu dem Verlangen des Vermieters stellen soll (so BGHZ 26, 310, 312 f; BGH LM Nr 2, 3 u 6 zu § 24 1. BMG; Nr 26, 27 zu § 18 1. BMG; BGH WM 1978, 274, 275). 55 b) Die Begründung braucht also nur soweit zu gehen, daß der Mieter in die Lage versetzt wird, sich ein einigermaßen klares Bild davon zu machen, ob die Forderung des Vermieters berechtigt ist oder nicht. Der Mieter muß maW wenigstens einen gewissen Anhalt dafür haben, daß der Vermieter seine Forderung nicht ins Blaue hinein, dh willkürlich gestellt hat, sondern daß die Forderung sachlich fundiert ist, damit er seinerseits die Berechtigung des Vermieterverlangens nachprüfen kann. Eine weitergehende Begründung ist hingegen nicht erforderlich; vor allem ist es nicht statthaft, an die Begründung des Erhöhungsverlangens so hohe Anforderungen zu stellen, wie es nach wie vor häufig in der Praxis geschieht, daß die meisten Erhöhungsverlangen schon hieran scheitern.* 56 c) Das Erhöhungsverlangen ist nach dem Gesagten (nur) unwirksam, wenn der Vermieter ganz auf eine Begründung verzichtet hat oder lediglich eine solche Begründung gibt, die schon auf den ersten Blick kein Erhöhungsverlangen nach § 2 * Im einzelnen schwanken die Anforderungen der Praxis sehr stark; wie hier im wesentlichen BGHZ 26, 310, 312 f; BGH LM Nr 2, 3 u 6 zu § 24 1. BMG; Nr 26/27 zu § 18 1. BMG; OLG Hamburg MDR 1974, 585; LG Hamburg WuM 1973, 169; LG Wuppertal ZMR 1974, 278; AG Stuttgart W u M 1972, 158 = Z M R 1973, 16, 17; BARTHELMESS § 2 R z 6 2 ; GRAF N J W 1976, 1480, 1 4 8 2 ; STERNEL RZ II 6 9 .

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(1344)

2. Wohnraumkiindigungsschutzgesetz

Art 3 WKSchG, § 2 MHRG 57-60

MHRG zu rechtfertigen vermag, weil sie von ganz falschen Voraussetzungen ausgeht. Beispiele sind bloße Hinweise auf allgemeine Preis- oder Kostensteigerungen, namentlich an Hand der verschiedenen Preisindices (LG Köln WuM 1974, 10; LG Gießen WuM 1975, 16; AG Rheine WuM 1974, 84), weiter der Hinweis auf Vermietungsanzeigen in der Tagespresse (LG Köln WuM 1974, 10) oder auf die Höhe der Sozialmieten (AG Lampertheim WuM 1973, 103), sowie schließlich der Hinweis auf den zu erwartenden Finanzbedarf für Hauserneuerungen oder für Instandhaltungsarbeiten (AG Frankfurt WuM 1973, 217). Dasselbe muß gelten, wenn der Vermieter sein Erhöhungsverlangen mit willkürlich gegriffenen Zahlen und Angaben begründet, weil diese nicht nachprüfbar sind.

5. Die einzelnen Begründungsformen

57

Unter der Geltung des WKSchG I wurden an die Begründung des Erhöhungsverlangens von den Gerichten vielfach so hohe Anforderungen gestellt, daß Ansprüche auf Mieterhöhung praktisch nicht mehr durchsetzbar waren. Diese Praxis ist sowohl vom BVerfG (BVerfGE 37, 132, bes 142 ff) als auch vom Gesetzgeber des WKSchG II (Begr z RegE aaO 10) mißbilligt worden. Zur „Klarstellung" ist deshalb in den Sätzen 2 und 3 des § 2 Abs 2 MHRG bestimmt worden, daß der Vermieter zur Begründung des Erhöhungsverlangens „insbesondere" Bezug nehmen kann auf eine sog Mietwerttabelle, auf ein begründetes Gutachten eines öffentlich bestellten oder vereidigten Sachverständigen oder auf die Entgelte für idR drei vergleichbare Wohnungen anderer Vermieter. a) Die Mietwerttabelle

58

Nach Abs 2 S 2 des § 2 MHRG kann zur Begründung des Erhöhungsverlangen insbes Bezug genommen werden auf eine Übersicht über die üblichen Entgelte iS des Abs 1 Nr 2 in der Gemeinde oder in einer vergleichbaren Gemeinde, soweit die Übersicht von der Gemeinde oder von Interessenvertretern der Vermieter und der Mieter gemeinsam erstellt oder anerkannt ist. Diese Ubersichten werden üblicherweise Mietwerttabellen oder Mietspiegel genannt. In letzter Zeit setzen sie sich in der Praxis immer mehr durch (vgl die Ubersicht über die bisher veröffentlichten Mietspiegel u Rz 147). aa) Bedeutung

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Der Gesetzgeber sieht Mietspiegel als die augenblicklich besten Erkenntnismittel für die ortsübliche Vergleichsmiete an (Vorbem 22 zu § 1 MHRG). Die Praxis ist ihm hierin durchweg gefolgt. Auch die Gerichte ziehen Mietspiegel heute allen anderen Verfahren zur Ermittlung der Vergleichsmiete idR bei weitem vor (LG Mannheim ZMR 1977, 282; LG Hamburg WuM 1977, 210; inbes 1978,134; 1978,146 ff; AG Heilbronn DWW 1977, 94). Deshalb wird es teilweise sogar schon als Begründungsmangel angesehen, wenn der Vermieter, der in Übereinstimmung mit dem Wortlaut des § 2 Abs 2 MHRG sein Erhöhungsverlangen durch die Beifügung eines Gutachtens oder die Benennung von drei Vergleichsobjekten begründet, dabei nicht gleichzeitig auf einen Mietspiegel jüngsten Datums eingeht (s u Rz 74 f). Trotz dieser eindeutigen Bevorzugung der Mietspiegel in der Praxis bleibt zu 60 beachten, daß tatsächlich nach wie vor die meisten Mietspiegel mit ganz erheblichen Mängeln behaftet sind, wie schon im einzelnen dargelegt worden ist (Vorbem 23-28 zu § 1 MHRG). Auch gegenüber der Verwertbarkeit von Mietspiegeln als Erkenntnismittel für die ortsübliche Vergleichsmiete ist daher idR große Zurückhaltung geboten (Vorbem 28 zu § 1 MHRG; aM LG Hamburg aaO). (1345)

Volker Emmerich

Art 3 WKSchG, § 2 MHRG 61-65 2. Wohnraumkündigungsschutzgesetz

61 bb) Aufstellung Der Mietspiegel muß, um zur Begründung des Erhöhungsverlangens geeignet zu sein, entweder von einer Gemeinde oder von Interessenvertretern der Vermieter und der Mieter gemeinsam aufgestellt worden sein; gleichsteht der Fall, daß der Mietspiegel zwar nur von einer Seite aufgestellt, sodann aber von der anderen ganz oder teilweise ausdrücklich oder konkludent als richtig anerkannt worden ist. Mietspiegel, die diese Voraussetzungen nicht erfüllen, können also nicht zur Begründung eines Erhöhungsverlangens verwandt werden. Das gilt zB für „Mietspiegel", die allein von den Interessenvertretern der Vermieter oder der Mieter oder von Maklerverbänden aufgestellt worden sind (LG Essen WuM 1973, 24; AG Oberhausen WuM 1973, 26; AG Stuttgart ZMR 1974, 153, 154). 62 Der Mietspiegel muß außerdem, um zur Begründung eines Erhöhungsverlangens geeignet zu sein, auf einem repräsentativen Querschnitt der tatsächlich am Markt angebotenen, vergleichbaren Wohnräume beruhen und genügend differenziert sein, damit zumindest im Großen und Ganzen nur wirklich vergleichbare Wohnungen zusammengefaßt sind - beides Voraussetzungen, denen die Mietspiegel in aller Regel nicht genügen und mangels des erforderlichen, statistischen Materials auch gar nicht genügen können (LG Wuppertal WuM 1974, 182, 183; AG Stuttgart ZMR 1974, 153, 154; LG Mannheim ZMR 1977, 282). Hieraus folgt zB, daß auch von den an sich zuständigen Verbänden frei ausgehandelte Tabellen ohne genügende statistische Grundlagen wertlos sind (WIETHAUP ZMR 1977, 65 f). Die Interessenvertreter der Mieter und Vermieter haben keine Tarifautonomie, so daß sie keinesfalls befugt sind, das Mietzinsniveau untereinander frei auszuhandeln (aM offenbar WINTER W U M 1977, 85, 87).

63 Der Mietspiegel muß schließlich möglichst aktuell sein. Er darf also nicht durch die Entwicklung des Mietzinsniveaus seit seiner Aufstellung überholt sein. Kann diese Entwicklung nicht durch Zu- oder Abschläge ausgeglichen werden, so ist der ü b e r a l t e t e Mietspiegel wertlos (BARTHELMESS § 2 R z 7 5 - 7 7 ; SCHULZ-TRIEGLAFF W u M 1977, 2 4 9 ff; SCHMIDT-FUTTERER RZ C 9 4 ; STERNEL RZ II 7 0 ; L G H a m b u r g WuM 1978, 146 ff).

64 cc) Die Bezugnahme auf die Mietwerttabelle Entspricht der Mietspiegel diesen Anforderungen (o Rz 61-63), so genügt es nach § 2 Abs 2 S 2 MHRG zur Begründung des Erhöhungsverlangens, wenn der Vermieter in dem Erhöhungsverlangen auf den Mietspiegel Bezug nimmt. Damit kann an sich nur gemeint sein, daß schon der bloße Verweis auf den als bekannt vorausgesetzten Mietspiegel zur Begründung ausreichen soll, jedenfalls wenn der Mietspiegel in der betreffenden Gemeinde weit verbreitet und jedermann ohne weiteres zugänglich ist. 65 Die Praxis geht zT erheblich weiter. Auch sie verzichtet zwar auf eine Beifügung des Mietspiegels zu dem Erhöhungsverlangen, sofern er veröffentlicht und allgemein zugänglich ist (LG Köln ZMR 1976, 215; AG Köln WuM 1977, 85; WIETHAUP ZMR 1977, 65, 66). Sie begnügt sich jedoch auf der anderen Seite idR auch nicht mit dem bloßen, ggf spezifizierten Hinweis auf den Mietspiegel, sondern verlangt darüber hinaus, daß der Vermieter in dem Erhöhungsverlangen seine Wohnung an Hand der Unterscheidungsmerkmale des Mietspiegels so genau beschreibt, daß der Mieter auf Anhieb die betreffende Gruppe und Untergruppe des Mietspiegels finden und daraus ablesen kann, ob das Verlangen des Vermieters berechtigt ist oder nicht.* * Vgl im einzelnen aus der stark schwankenden Praxis LG Bielefeld ZMR 1977, 190; LG Köln WuM 1977, 143; AG Stuttgart ZMR 1974, 153, 154; AG Köln WuM 1976, 155; ZMR 1976,

Volker Emmerich

(1346)

2. Wohnraumkiindigungsschutzgesetz

Art 3 WKSchG, § 2 MHRG 66-70

Differenziert lB der Mietspiegel nach Baujahren, so muß folglich der Vermieter idR 66 dem Mieter auch das Baujahr seines Hauses mitteilen (LG Köln ZMR 1976,215 m Anm W W E I M A R ) . Eine noch weitergehende Begründung wird gelegentlich dann verlangt, wenn der Vermieter mit seiner Forderung bis an die obere Grenze der in dem Mietspiegel genannten Spanne geht. Dann soll es erforderlich sein, daß der Vermieter für dieses Verlangen noch eine zusätzliche Begründung gibt; ohne eine solche Begründung soll der Vermieter hingegen nur den Mittelwert des Mietspiegels verlangen können (LG Mannheim ZMR 1977, 284; AG Köln WuM 1977, 76; G WINTER W U M 1 9 7 7 , 8 5 , 8 8 ) .

Auch hier ist fraglich, ob die Anforderungen der Praxis an die Bezugnahme auf den 67 Mietspiegel nicht zumindest partiell über das zumutbare Maß hinausgehen. So wird, da der Mieter die Eigenschaften seiner Wohnung idR selbst genauestens kennen dürfte, eine zusätzliche Begründung für die Einordnung der Wohnung in die Gruppen und Untergruppen des Mietspiegels nur gefordert werden können, wenn die vom Vermieter vorgenommene Einordnung nicht ohne weiteres auf der Hand liegt oder von Merkmalen abhängt, die dem Mieter nicht ohne weiteres bekannt sein können. dd) Bedeutung im Prozeß

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Kommt es im Anschluß an das Erhöhungsverlangen des Vermieters zum Prozeß, so hat der Mietspiegel nur die Funktion eines Parteigutachtens und ist deshalb wie der gesamte Parteivorgang vom Gericht frei zu würdigen. Folglich muß, wenn der Mieter die Richtigkeit des Mietspiegels oder der vom Vermieter vorgenommenen Einstufung der fraglichen Wohnung substantiiert bestreitet, vom Gericht hierüber Beweis erhoben werden. Als Beweismittel wird dabei in aller Regel nur die Einholung eines Sachverständigengutachtens in Betracht kommen, sofern nicht das Gericht zur Schätzung nach § 287 Abs 2 ZPO greifen will.* b) Das Sachverständigengutachten

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Nach Abs 2 S 2 des § 2 MHRG kann zur Begründung des Erhöhungsverlangens auch auf ein mit Gründen versehenes Gutachten eines öffentlich bestellten oder vereidigten Sachverständigen Bezug genommen werden. aa) Die Auswahl des Sachverständigen Zugelassen sind nur Gutachten öffentlich bestellter oder vereidigter Sachverständiger, also nur solcher Personen, die nach § 36 Abs 1 GewO als Sachverständige bestellt sind. Erforderlich ist außerdem, daß der Sachverständige gerade für das hier fragliche Gebiet, nämlich für den Wohnungsmarkt bestellt ist. Gutachten anderer Personen und Stellen, sowie Gutachten von Sachverständigen für andere Gebiete sind mithin zur Begründung des Erhöhungsverlangens nicht geeignet (u Rz 96). Dies gilt namentlich für die verbreiteten „Gutachten" der Haus- und Grundstücksbesitzervereine oder der Maklerverbände, ebenso aber auch für Gutachten oder Auskünfte amtlicher Stellen. Derartige amtliche Auskünfte über die Vergleichsmiete können allenfalls als sog „sonstige" Beweismittel Verwendung finden (su Rz 95). 284 f; WuM 1977, 212, 213; LG Wuppertal WuM 1974, 182, 184; AG Hagen WuM 1977,212; BARTHELMESS § 2 RZ 80; SCHMIDT-FUTTERER RZ C 9 6 ; WANGEMANN W u M 1976, 21, 2 4 f; WIETHAUP Z M R 1977, 65, 6 6 ; a M A G Siegen Z M R 1976, 1 5 7 , 1 5 8 ; BGB-RGRK-GELHAAR § 2 M H R G R z 14; H A SCHMIDT WUM 1976, 41, 42.

* Vgl zB LG Mannheim WuM 1978, 32; AG Aachen WuM 1977, 13; AG Köln WuM 1976, 127, 128; BARTHELMESS § 2 R z 8 1 ; SCHMIDT-FUTTERER R z C 9 5 ; H A SCHMIDT W u M 1976, 4 1 , 4 2 ; WANGEMANN WUM 1976, 2 1 , 2 2 f; a M L G H a m b u r g W u M 1978, 146 ff. (1347)

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Art 3 WKSchG, § 2 MHRG 71-74 2. Wohnraumkiindigungsschutzgesetz

71 bb) Der Inhalt des Gutachtens ( 1 ) Aus dem Wortlaut des Gesetzes wird allgemein gefolgert, daß das Gutachten bei Stellung des Erhöhungsverlangens bereits vorliegen und dem Erhöhungsverlangen beigefügt werden muß (SCHMIDT-FUTTERER RZ C 9 9 ; STERNEL RZ II 7 3 ; W WEIMAR WUM 1976, 8 9 ; ders Betrieb 1977, 8 5 4 ; ders B 1 G B W 1977, 1 5 8 ; WIETHAUP Z M R 1977, 65, 6 6 ) . Die Richtigkeit dieser Meinung folgt schon daraus, daß andernfalls dem Mieter eine Nachprüfung des Gutachtens und damit der Berechtigung des Erhöhungsverlangens nicht möglich ist. 7 2 (2) Außerdem versteht es sich von selbst, daß der Sachverständige bei der Anfertigung des Gutachtens objektiv und neutral vorgegangen sein muß. Gutachten, denen ihre Einseitigkeit auf die Stirn geschrieben ist, sind wertlos und daher zur Begründung eines Erhöhungsverlangens nicht geeignet (MARIENFELD Z M R 1976, 257, 2 5 9 ; SCHOPP Z M R 1 9 7 7 , 2 5 7 , 2 5 8 f).

7 3 (3) Vor allem aber muß das Gutachten nach § 2 Abs 2 S 2 M H R G mit Gründen versehen sein. Die Geeignetheit von Gutachten zur Begründung von Erhöhungsverlangen hängt vor allem von den Anforderungen ab, die an diese Begründung des Gutachtens gestellt werden. Die Praxis ist auch hier, und zwar vor allem wegen der bekannten Oberflächlichkeit der meisten von Parteien in Auftrag gegebenen Gutachten, verhältnismäßig streng. Daher werden Gutachten, die sich in einer bloßen Beschreibung der Beschaffenheit der fraglichen Wohnung erschöpfen und daraus unter Berufung auf die (angebliche) Sachkunde des Sachverständigen Schlüsse auf die dafür übliche oder gar angemessene Miete ziehen, ebensowenig akzeptiert wie Gutachten, die überwiegend oder gar allein auf Kosten- oder Rentabilitätsgesichtspunkte abstellen; dasselbe gilt für Gutachten, die aus dem Anstieg irgendwelcher Preisindices die Notwendigkeit von Mietzinserhöhungen herleiten oder sich auf summarische Schätzungen ohne jede Begründung beschränken. In allen diesen Fällen beruhen die Gutachten in der Tat schon auf einer ganz falschen Fragestellung oder machen doch jedenfalls dem Mieter eine Nachprüfung der Angaben des Vermieters über die Höhe der Vergleichsmiete unmöglich. Solche „Gutachten" sind daher wertlos.* Unverwertbar sind schließlich auch zeitlich völlig überholte Gutachten ( A G Köln WuM 1976, 103). 7 4 Eine ausreichende Begründung des Gutachtens liegt folglich nur vor, wenn der Sachverständige in seinem Gutachten im einzelnen das Tatsachenma\&nd\ und die Schlüsse darlegt, aufgrund derer er zu seinen Annahmen über die Höhe der ortsüblichen Vergleichsmiete gelangt ist; in aller Regel wird dafür die Nennung von mehreren Vergleichswohnungen erforderlich sein.** * LG Hof WuM 1977, 232; AG Lübeck WuM 1977, 59; AG Darmstadt WuM 1976, 32; PÜTZ W u M 1 9 7 8 , 1 0 1 , 1 0 2 f ; SCHOPP Z M R 1 9 7 7 , 2 5 7 , 2 5 8 f ; WANGEMANN W U M 1 9 7 6 , 2 1 , 2 4 ; s a u c h

u Rz 9 6 . ** Vgl im einzelnen LG Mannheim NJW 1973, 712; DWW 1978, 110; WuM 1978, 131 ff; LG Aachen MDR 1973, 411; LG Frankenthal WuM 1977, 75; LG Gießen WuM 1978, 71, 72; AG Staufen, WuM 1977,188; AG Hannover WuM 1977,170,171; LG Stuttgart WuM 1974, 83; LG Hannover WuM 1977, 100, 101; 1978, 33; 1978, 144; LG Hamburg WuM 1977, 36, 37; MDR 1976, 934; AG Mannheim WuM 1974, 57; AG Schlüchtern WuM 1976, 209; 1976, 266; zahlr weitere Nachw bei PÜTZ WuM 1978, 101, 102 f; vgl außerdem insbes SCHOPP ZMR 1977, 257, 258 f; WANGEMANN WuM 1976, 21, 24; aM insbes was die Notwendigkeit zur Benennung von Vergleichswohnungen angeht, zB LG Hof WuM 1977, 232; LG Lübeck DWW 1977, 92 f; AG Dortmund WuM 1977, 38; AG Staufen WuM 1977, 188; AG Hamburg-Altona ZMR 1977, 246 =

B e t r i e b 1 9 7 7 , 4 9 4 ; MARIENFELD Z M R 1 9 7 6 , 2 5 7 , 2 5 9 ; W WEIMAR W u M 1 9 7 6 , 8 9 f.

Volker Emmerich

(1348)

2. Wohnraumkiindigungsschutzgesetz

Art 3 WKSchG, § 2 MHRG 75-80

Gibt es für die betreffende Gemeinde bereits einen Mietspiegel, so wird sich der 75 Sachverständige idR auch mit dem Mietspiegel auseinanderzusetzen haben (LG Stuttgart NJW 1974, 1252; AG Hamburg ZMR 1977, 28; AG Mainz WuM 1977, 101; P Ü T Z WuM 1978, 101,103; aM BARTHELMESS § 2 R Z 69; s schon o Rz 59). Und wo, wie etwa in Hamburg, eine amtliche Wohngeldstatistik existiert, muß der Sachverständige schließlich auch noch auf diese in seinem Gutachten eingehen (LG Hamburg MDR 1976, 934). Insgesamt stellt die Praxis also in der Tat (verhältnismäßig) strenge Anforderungen 76 an die Begründung von Gutachten, die zur Begründung von Erhöhungsverlangen dienen sollen. Dahinter steht die zutreffende Überlegung, daß nur auf diese Weise dem Mieter die unerläßliche Nachprüfung der Vermieterangaben ermöglicht werden kann. Soll die Bezugnahme auf ein Sachverständigengutachten als Begründung für das Erhöhungsverlangen überhaupt einen Sinn haben, so muß der Sachverständige in der Tat eingehend darlegen, aufgrund welcher Fakten er zu seinen Annahmen über die ortsübliche Vergleichsmiete gekommen ist. Dazu wird in aller Regel die Nennung von Vergleichswohnungen erforderlich sein. Liegt hingegen schon ein Mietspiegel vor, so kann der Sachverständige statt dessen auch auf diesen Bezug nehmen und sich auf die Einordnung der fraglichen Wohnung in den Mietspiegel beschränken, vorausgesetzt, daß der Mietspiegel den Anforderungen des § 2 Abs 2 S 2 MHRG genügt (s o Rz 61 ff). cc) Das Gutachten im Prozeß 77 (1) Kommt es aufgrund des Erhöhungsverlangens des Vermieters zu einem Prozeß mit dem Mieter, so hat das vom Vermieter zur Begründung seines Erhöhungsverlangens vorgelegte Sachverständigengutachten nur die Bedeutung eines Parteigutachtens (BARTHELMESS § 2 Rz 87; B G B - R G R K - G E L H A A R § 2 MHRG Rz 15). Folglich muß, wenn der Mieter substantiiert den Vortrag des Vermieters bestreitet, auch über die von dem Sachverständigen in seinem Gutachten aufgestellten Behauptungen in vollem Umfang Beweis erhoben werden, sofern nicht das Gericht zur Schätzung nach § 287 Abs 2 ZPO greifen will, zB weil schon ein Mietspiegel vorliegt, auf den sich das Gericht verlassen kann. Als Beweismittel wird hier idR nur die Einholung eines (weiteren) Sachverständigengutachtens in Betracht kommen (§§ 402 ff ZPO). An ein solches gerichtliches Gutachten über die Höhe der Vergleichsmiete sind 78 wesentlich strengere Anforderungen hinsichtlich Inhalts und Begründung als an das vom Vermieter zur Begründung seines Erhöhungsverlangens vorgelegte Gutachten zu stellen (SCHOPP ZMR 1977, 257, 259); vor allem muß sich der gerichtliche Sachverständige, wenn er fundierte Aussagen über die ortsübliche Vergleichsmiete machen will, stets auf einen wirklich repräsentativen Querschnitt an vergleichbaren Wohnungen stützen und dies im einzelnen belegen. (2) Gewinnt der Vermieter den Rechtsstreit mit dem Mieter, so wird er nach § 91 79 ZPO in aller Regel vom Mieter auch Ersatz der Kosten für das von ihm zur Begründung seines Erhöhungsverlangens eingeholte Gutachten verlangen können (LG Hagen Z M R 1978, 91; B G B - R G R K - G E L H A A R § 2 M H R G Rz 16). c) Die Benennung von Vergleichsobjekten Der Vermieter kann sein Erhöhungsverlangen schließlich auch noch dadurch begründen, daß er auf entsprechende Entgelte für vergleichbare andere Wohnungen hinweist, wobei idR die Benennung von drei Wohnungen anderer Vermieter genügt (§ 2 Abs 2 S 3 MHRG). (1349)

Volker Emmerich

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Art 3 WKSchG, § 2 MHRG 81-84 2. Wohnraiunkiindiguiigsschutzgesetz 81 aa) Zweck Der Zweck dieser Sonderregelung erschließt sich erst bei einer näheren Betrachtung ihrer Geschichte: Unter der Geltung des Art 1 § 3 WKSchG I hatten die Gerichte durchweg zur Begründung des Erhöhungsverlangens nur die Benennung von Vergleichswohnungen zugelassen und dabei häufig, und zwar namentlich, was die Zahl der zu benennenden Vergleichswohnungen angeht, so hohe Anforderungen gestellt, daß die meisten Erhöhungsverlangen praktisch schon an der Unerfüllbarkeit dieser Anforderungen scheiterten. Diese Praxis hatte indessen, wie schon im einzelnen ausgeführt (o Rz 57), weder die Billigung des BVerfG (BVerfGE 37, 132, 142 ff) noch die des Gesetzgebers des WKSchG II gefunden (Begr z RegE aaO 10). Deshalb wurde zur Klarstellung in S 3 des § 2 Abs 2 MHRG hinzugefügt, daß zur Begründung des Erhöhungsverlangens idR (auch schon) die Benennung dreier vergleichbarer Wohnungen anderer Vermieter ausreicht. 82 Zweck dieser Vorschrift ist es mithin auch, dem Vermieter durch Herabsetzung der Anforderungen an die Begründung des Erhöhungsverlangens die Durchsetzung seines legitimen Anspruchs auf Anpassung des Mietzinses an die ortsübliche Vergleichsmiete gegenüber der Situation unter dem WKSchG I zu erleichtern. Dieser Zweck des Gesetzes ist in der bisherigen Praxis zu § 2 Abs 2 S 3 MHRG noch nicht durchweg in ausreichendem Maße berücksichtigt worden. 83 bb) Die Bezeichnung der Vergleichswohnungen (1) Ebenso wie schon unter der Geltung des Art 1 § 3 WKSchG I stellen die Gerichte auch heute in aller Regel sehr hohe Anforderungen an die Bezeichnung und nähere Beschreibung der zur Begründung des Erhöhungsverlangens benannten drei Vergleichswohnungen (vgl zuletzt PÜTZ WuM 1978, 101 f). Ausgehend von dem Zweck des Begründungszwanges, dem Mieter eine Nachprüfung des Verlangens des Vermieters auf seine Berechtigung zu ermöglichen, wird ganz überwiegend gefordert, daß die Vergleichswohnungen zumindest nach Lage, Name der Vertragsparteien, Größe und Mietzins so genau bezeichnet werden, daß der Mieter die Angaben des Vermieters ohne weiteres an Ort und Stelle nachprüfen kann. Viele Gerichte verlangen darüber hinaus, daß der Vermieter außerdem auch die Wohnwertmerkmale der Vergleichswohnungen so genau wie irgend möglich angibt, damit der Mieter zu erkennen vermag, ob die vom Vermieter ihm genannten Vergleichswohnungen tatsächlich mit seiner Wohnung iS des § 2 Abs 1 Nr 2 MHRG vergleichbar sind.* 84 Der Vermieter muß hiernach namentlich angeben, ob es sich bei den angeführten Häusern um Zwei- oder Mehrfamilienhäuser handelt, sowie wie groß die Wohnfläche und die Zahl der Zimmer ist (LG Mannheim NJW 1974, 1253; WuM 1976, 101). Auch Größe, Lage, Baujahr und Ausstattung des bezeichneten Hauses müssen genannt werden (LG Hagen WuM 1976, 265). Namentlich bei Mehrfamilienhäusern müssen die Vergleichswohnungen zudem so genau gekennzeichnet werden, daß * Im einzelnen schwanken die Anforderungen von Gericht zu Gericht stark; vgl insbes OLG Hamburg MDR 1974, 585, 586; LG Mannheim NJW 1974, 1243; WuM 1976, 101; LG München DWW 1977, 184; LG Hannover WuM 1976, 235; 1977, 231; 1978, 9; LG Dortmund ZMR 1974, 338; LG Düsseldorf MDR 1974, 319; AG Dortmund WuM 1974, 106; AG Hannover WuM 1974, 55, 56; AG Kiel WuM 1973, 49; AG Achern WuM 1975, 41, 42; AG Köln WuM 1975, 39, 40; LG Bamberg WuM 1976, 167, 168; LG Hagen WuM 1976, 265; LG Frankfurt WuM 1976, 31, 32; AG Gelsenkirchen WuM 1977, 12 m Anm TIEFENBACHER; AG Trier WuM 1978, 10; AG München ZMR 1976, 284 m Anm KRONBERGER ZMR 1977, 88; BARTHELMESS § 2 R z 9 3 ff; GRAF N J W 1 9 7 6 , 1 4 8 0 , 1 4 8 2 ; PÜTZ W u M 1 9 7 8 , 1 0 1 f; SCHMIDT-FUTTERER R z C 1 0 3 f; STERNEL R z II 7 6 f; WIETHAUP Z M R 1 9 7 7 , 6 5 , 6 6 ; a M nur L G A a c h e n W u M 1976, 168, 169.

Volker Emmerich

(1350)

2. Wohmaumkiindigungsschutzgesetz

Art 3 WKSchG, § 2 MHRG 85-91

sie der Mieter sofort ohne weiteres zu finden vermag und nicht erst auf umständliche Rückfragen angewiesen ist (LG Hagen aaO; LG Hannover WuM 1976, 235). Der bloße Hinweis auf eine beliebige Anzahl von Wohnungen mit Angaben über 85 deren Lage und Quadratmeterpreis genügt danach in keinem Fall (LG Hannover WuM 1977, 231). Ebensowenig liegt eine genügende Begründung vor, wenn Angaben über die Namen des Mieters und des Vermieters der Vergleichswohnungen fehlen (AG München ZMR 1976, 284). Streitig ist, ob auch der Abschlußzeitpunkt der Mietverträge bei den Vergleichswohnungen genannt werden muß (dafür AG Achern WuM 1975, 41, 42; dagegen zu Recht LG Düsseldorf MDR 1974, 319). (2) Wie schon angedeutet (o Rz 82), erscheint es zweifelhaft, ob die strengen 86 Anforderungen auch der heutigen Praxis an die exakte Bezeichnung und Beschreibung der Vergleichswohnungen (o Rz 83 ff) in jeder Hinsicht mit den vom Gesetzgeber des WKSchG II verfolgten Zwecken (o Rz 81 f) in Einklang stehen. Um dem Mieter eine Nachprüfung des Vermieterverlangens auf seine Berechtigung zu ermöglichen, genügt es vollauf, wenn der Vermieter die Vergleichswohnungen so genau nach Lage und Adresse, sowie Größe und Mietzins bezeichnet, daß der Mieter die betreffenden Wohnungen ohne weiteres selbst auf ihre Vergleichbarkeit überprüfen kann (vgl zB SCHMIDT-FUTTERER-BLANK MDR 1975,1,2). Mit weitergehenden Angaben namentlich hinsichtlich der Beschaffenheit und der sonstigen Wohnwertmerkmale wird hingegen der Vermieter in aller Regel überfordert sein. Sie sind aber auch idR entbehrlich, um dem Mieter die Nachprüfung zu ermöglichen, ob das Verlangen des Vermieters willkürlich oder möglicherweise sachlich berechtigt ist. cc) Die Vergleichbarkeit der Wohnungen

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Nach S 3 des § 2 Abs 2 MHRG ist zur ordnungsmäßigen Begründung des Erhöhungsverlangens auch erforderlich, daß die (genau bezeichneten) anderen Wohnungen tatsächlich mit der fraglichen Wohnung iS des Abs 1 Nr 2 des § 2 vergleichbar sind und anderen Vermietern gehören (s o Rz 26 ff, 39 ff). Fehlt es hieran, so liegt trotz der Aufzählung anderer Wohnungen keine wirksame Begründung vor (SCHMIDT-FUTTERER Rz C 104). Das Erhöhungsverlangen ist daher zB nicht ordnungsgemäß begründet, wenn die 88 Vergleichswohnungen schon auf den ersten Blick mit der fraglichen Wohnung unvergleichbar sind, weil etwa Flächenabweichungen zwischen 40 und 60% bestehen (LG Hamburg WuM 1976, 208, 209). Ebenso verhält es sich, wenn die angeführten Wohnungen gar nicht vermietet sind (LG Kiel WuM 1977, 36) oder bei wirtschaftlicher Betrachtung demselben Vermieter gehören (AG Wuppertal WuM 1977, 232). Die angeführten Grundsätze gelten ohne Ausnahme auch für die gemeinnützigen 89 Wohnungsbaugesellschaften, sofern ihre Wohnungen nicht preisgebunden sind (LG Hagen ZMR 1974, 146, 147). dd) Sonderfälle

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(1) Die Begründung des Erhöhungsverlangens durch Anführung von Vergleichswohnungen ist unwirksam, wenn von einer Datenzentrale unter Angabe eines bestimmten Mietpreises nur über diesem Preise liegende Vergleichswohnungen abgerufen werden, weil andernfalls das Vergleichsmietenniveau mittels des Einsatzes elektronischer Datenverarbeitungsanlagen beliebig manipuliert werden könnte (AG Hamburg WuM 1978, 73; LG Hamburg WuM 1978, 146, 149 f). (2) Das Gesetz verlangt in § 2 Abs 2 S 3 MHRG nur für den Regelfall die 91 Anführung von (höchstens) drei Vergleichswohnungen. In Ausnahmefällen kann (1351)

Volker Emmerich

Art 3 WKSchG, § 2 MHRG 92-97 2. Wohnraumkiindigungsschutzgesetz

sich der Vermieter mithin auch mit der Angabe von lediglich ein oder zwei Vergleichswohnungen begnügen. Dies kommt namentlich in Betracht, wenn vergleichbare Wohnungen in derselben Gemeinde oder in einer Nachbargemeinde nur mit größten Schwierigkeiten oder gar nicht aufzufinden sind, weil es sich zB um eine einmalige Luxuswohnung etwa in einem Schloß handelt (BARTHELMESS § 2 Rz 92; SCHMIDT-FUTTERER RZ C 101).

92 ee) Die Benennung von Vergleichswohnungen im Prozeß Bestreitet der Mieter im Prozeß die Vergleichbarkeit der vom Vermieter aufgeführten Vergleichswohnungen oder die Richtigkeit der vom Vermieter über diese Wohnungen gemachten Angaben oder leugnet er, daß der Mietzins für diese Vergleichswohnungen repräsentativ für das Niveau der ortsüblichen Vergleichsmiete ist, so muß über alle diese Fragen in vollem Umfang Beweis erhoben werden. Dem Vermieter steht es dabei frei, seine Angaben zu ergänzen und auch andere Beweismittel anzuführen. 93 Die Beweiserhebung durch Augenscheinseinnahme setzt freilich stets die Einwilligung der Mieter der Vergleichswohnungen voraus (BVerfGE 37, 132, 147). Vermieter oder Mieter können jedoch im Rechtsstreit jederzeit die Vermieter oder die Mieter der Vergleichswohnungen als Zeugen benennen. Im übrigen wird vor allem die Beweiserhebung durch Einholung eines Sachverständigengutachtens in Betracht kommen. 94 d) Die Begründung in sonstiger Weise Die im Gesetz näher geregelten Beweismittel sind nicht die einzigen zulässigen, mit denen der Vermieter sein Erhöhungsverlangen begründen kann; vielmehr sind auch alle anderen Beweismittel zugelassen, sofern nur die Angaben für den Mieter nachprüfbar bleiben (Begr z RegE aaO 10). 95 Als sog sonstige Beweismittel kommen namentlich Gutachten oder Urteile über vergleichbare Wohnungen (BARTHELMESS § 2 RZ 101 ff; SCHMIDT-FUTTERER-BLANK aaO), die amtliche Wohngeldstatistik (LG Hamburg MDR 1976, 934; WuM 1978, 134; 1978, 146 ff; AG Hamburg WuM 1978, 73 gegen AG Hamburg ZMR 1977, 28, 29), sog Mietgutachten oder Auskünfte der Gemeinden (o Rz 70), sowie vor allem die Offenkundigkeit der Ortsüblichkeit eines bestimmten Mietzinses in Betracht (BGB-RGRK-GELHAAR § 2 MHRG Rz 17). 96 Ungeeignet auch als sonstige Beweismittel sind hingegen Gutachten und Auskünfte anderer Stellen und Verbände,* sowie vor allem der bloße allgemeine Hinweis des Vermieters auf den Anstieg seiner Kosten oder der allgemeinen Kosten der Lebenshaltung, auf Rentabilitätsberechnungen und auf sonstige Statistiken und Indices.** VI. Die Rechtsfolgen eines unwirksamen Erhöhungsverlangens 97 1. Keine Sperrfrist Ein nicht genügend begründetes Erhöhungsverlangen (o Rz 54 ff, 57 ff) ist unwirksam. Es löst folglich, wie jetzt § 2 Abs 3 S 2 HS 2 MHRG ausdrücklich klarstellt, * o Rz 70; AG Fürth/Odenwald WuM 1973, 102; AG Bensberg WuM 1973,24, 25; AG Backnang WuM 1973, 48; AG München WuM 1977, 212; LG Wuppertal WuM 1974, 182, 183; LG Dortmund ZMR 1974, 338, 339; BARTHELMESS § 2 R Z 100. ** LG Köln WuM 1974, 10; LG Gießen WuM 1975,16; LG Dortmund ZMR 1974, 338, 339; AG Rheine WuM 1974, 84; AG Lampertheim WuM 1973,103; AG Frankfurt WuM 1973,217; AG Backnang WuM 1973, 48; AG Holzminden WuM 1973, 171; AG München WuM 1972, 143; s auch schon Rz 73.

Volker Emmerich

(1352)

2. Wohnraumkündigungsschutzgesetz

Art 3 WKSchG, § 2 MHRG 98-101

nicht die Sperrfrist von 9 Monaten aus, so daß der Vermieter das Erhöhungsverlangen jederzeit (wirksam) wiederholen kann (zB LG Hannover WuM 1978, 144).

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2. Annahme durch den Mieter Auch ein unwirksames Erhöhungsverlangen enthält in aller Regel einen wirksamen Antrag auf Vertragsänderung, den der Mieter somit ohne weiteres annehmen kann (§§ 145 ff, 305 BGB). Dann kommt schon hierdurch die vom Vermieter gewünschte Vertragsänderung zustande (u Rz 109 ff). Außerordentlich umstritten ist jedoch, ob es auch statthaft ist, nach einem unwirksamen Erhöhungsverlangen Klage auf Erteilung der Zustimmung nach § 2 Abs 3 S 1 MHRG zu erheben: 3. Unzulässigkeit der Klage auf Zustimmung? a) Die hM

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Nach durchaus hM wird durch ein unwirksames Erhöhungsverlangen nicht die Überlegungsfrist des § 2 Abs 3 S 1 MHRG ausgelöst und folglich auch nicht das einer etwaigen Klage zwingend vorgeschaltete Vorverfahren in Gang gesetzt. Daraus wird ganz überwiegend der Schluß gezogen, eine trotz unwirksamen Erhöhungsverlangens erhobene Zustimmungsklage müsse in jedem Fall (ohne Sachprüfung) als unzulässig abgewiesen werden. Das durch ein wirksames Erhöhungsverlangen eingeleitete Vorverfahren wird maW als Prozeßvoraussetzung behandelt, die schon im Augenblick der Klageerhebung (und nicht erst im Augenblick der letzten mündlichen Verhandlung) vorliegen muß, so daß auch eine spätere Heilung während des Prozesses nicht mehr möglich ist.* b) Kritik

100

Dieser Meinung kann indessen nicht zugestimmt werden, weil sie zu einer durch keinerlei sachliche Gesichtspunkte zu rechtfertigenden und damit unverhältnismäßigen Erschwerung des von den Gerichten ebenfalls zu beachtenden Rechts des Vermieters auf den ortsüblichen Mietzins führt (vgl BVerfGE 37, 132, 145, 148). Auch nach einem unwirksamen Erhöhungsverlangen kann offenkundig den Vermie- 101 ter nichts hindern, zunächst einmal Klage auf Erteilung der Zustimmung zu erheben ( § 2 Abs 3 S 1 MHRG). Ist aber erst einmal ein Rechtsstreit anhängig, so ist es allein sachgerecht, dann den Streitstoff zwischen den Parteien auch endgültig aus der Welt zu räumen, sofern dem nicht zwingende prozeßrechtliche Gründe entgegenstehen, wofür hier aber jeder Anhaltspunkt fehlt. * LG Braunschweig NJW 1973, 150, 151; LG Gießen WuM 1978, 71; LG München ZMR 1974, 151; LG Regensburg NJW 1973,1844; AG Sesen NJW 1973,149; AG Oberhausen WuM 1973, 191; LG Mainz WuM 1973, 142; AG Wuppertal WuM 1977, 232, 233; LG Frankfurt WuM 1973, 101; 1976, 31, 32; LG Verden WuM 1973, 214, 215; LG Aachen MDR 1973, 411; LG Mannheim WuM 1976, 81, 82; 1978, 131, 134; LG Frankenthal ZMR 1977, 29 = WuM 1977, 75, 76; AG Köln WuM 1976, 103; 1976, 212, 213; 1977, 245; LG Hamburg WuM 1973, 169; 1974, 57; 1976,208; 1978, 54; AG Schwetzingen ZMR 1978, 92; LG Bamberg WuM 1976, 167, 168; BARTHELMESS § 2 R Z 155, 163, 172; BURKHARDT JurBüro 1975, 561, 563; H A SCHMIDT WuM

1 9 7 6 , 4 1 , 4 2 f ; SCHMIDT-FUTTERER R Z C 1 1 2 ; WANGEMANN W u M 1 9 7 7 , 1, 3 f ; 1 9 7 6 , 2 1 ,

23 f; W I E T H A U P ZMR 1977, 65, 66; aM nur LG Heidelberg NJW 1975, 1974, 1975 f; WuM 1976, 208; LG Bielefeld ZMR 1977, 190; LG Bremen WuM 1975, 74; F E H L NJW 1974, 924, 926 f; von K R O G ZMR 1977, 260, 261 f; P A L A N D T - P U T Z O § 2 MHRG Anm 5; SPATZ WuM 1976, 157, 158 f; ders ZMR 1977, 226, 227 f. (1353)

Volker Emmerich

Art 3 WKSchG, § 2 MHRG 102-108 2. Wohnraumkiindigungsschutzgesetz

102 Da ein unwirksames Erhöhungsverlangen nicht die Sperrfrist des § 2 Abs 3 S 2 MHRG auslöst (o Rz 97, u Rz 143 ff), kann zudem auch die hM gar nicht verhindern, daß der Vermieter nach dem ersten mißlungenen Versuch sofort ein erneutes (wirksames) Erhöhungsverlangen stellt und danach wiederum Klage auf Zustimmung erhebt. Es ist aber beim besten Willen nicht einzusehen, welchen sachlichen Vorteil eine solche Prozeßverdoppelung für eine oder für beide Parteien haben sollte; sachlich angemessen ist es vielmehr allein, den Rechtsstreit in dem nun einmal begonnenen Prozeß auch sachlich zu erledigen, und sei es auch nur, um unnötige Kosten zu sparen (vgl bes FEHL NJW 1974, 924, 926 f). 103 Bei der deshalb anzustrebenden Lösung muß freilich strikt darauf geachtet werden, daß dem Mieter die zwingend vorgeschriebene Überlegungsfrist nach jedem Erhöhungsverlangen verbleibt, damit er die Angaben des Vermieters nachprüfen und sich dann darüber schlüssig werden kann, wie er auf das Verlangen des Vermieters reagieren soll. Außerdem muß sichergestellt werden, daß die Klagefrist des § 2 Abs 3 S 1 MHRG nicht überschritten wird. Danach ist von folgender Rechtslage auszugehen: 104 c) Eigene Lösung aa) Die Klage ist nur unzulässig, wenn ihr überhaupt kein Erhöhungsverlangen vorausgegangen ist, weil dann auch das zwingend vorgeschaltete Vorverfahren nicht eingeleitet worden war. Damit fehlt eine Prozeßvoraussetzung, die jedoch wie jede andere bis zum Ende der letzten mündlichen Verhandlung nachgeholt werden kann. Im Ergebnis gilt hier insoweit nichts anderes als in den sogleich zu behandelnden Regelfällen des unwirksamen Erhöhungsverlangens (u Rz 105 ff). 105 bb) Wenn der Vermieter ein, wenn auch unwirksames, Erhöhungsverlangen an den Mieter gestellt hat, ist eine Grundlage für das Vorverfahren vorhanden. Folglich werden dadurch die Überlegungs- und Klagefrist, nicht jedoch die Sperrfrist ausgelöst, wie es auch allein dem Wortlaut des Gesetzes (§ 2 Abs 3 MHRG) entspricht. Die Klage ist freilich unbegründet, wenn der Vermieter nicht bis zum Ende der letzten mündlichen Verhandlung den Zugang eines wirksamen Erhöhungsverlangens und die Einhaltung der Klagefrist nachweist, weil beide Umstände auch materielle Anspruchsvoraussetzungen sind. 106 Aus dem Gesagten folgt unmittelbar, daß der Vermieter auch während des Prozesses jederzeit ein wirksames Erhöhungsverlangen nachholen kann. Ein solches kann nach st Rspr des BGH (LM Nr 32 zu § 125 BGB; Nr 3 zu § 539 BGB) namentlich auch in der Klageschrift oder in jedem anderen, den Anforderungen des § 2 Abs 2 MHRG genügenden Schriftsatz liegen (ebenso zu Recht schon FEHL N J W 1974, 924, 928).

107 Sobald auf diese Weise ein wirksames Erhöhungsverlangen gestellt ist, beginnt, und zwar auch während des Prozesses, die Überlegungsfrist von neuem zu laufen (§ 2 Abs 3 S 1 MHRG). Ein der Klage stattgebendes Urteil ist mithin erst nach Fristablauf möglich. Es ist nur billig, daß der Vermieter somit das Risiko tragen muß, daß das Gericht den Ablauf der Überlegungsfrist jetzt nicht mehr abwartet, sondern die Klage abweist (zu der umstr Frage, ob dadurch die Sperrfrist ausgelöst wird, s u Rz 146). 108 Wartet das Gericht hingegen, wie es sich wohl fast immer empfehlen wird (§ 139 ZPO), den Ablauf der Überlegungsfrist ab, so erlangt der Mieter, wenn sich jetzt herausstellen sollte, daß die Forderung des Vermieters berechtigt ist, die Möglichkeit, das Erhöhungsverlangen des Vermieters anzuerkennen. Das wird in aller Regel Volker Emmerich

(1354)

2. Wohnraumkündigungsschutzgesetz

Art 3 WKSchG, § 2 MHRG 109-113

zur Folge haben, daß der Rechtsstreit erledigt ist, so daß der Vermieter nach den §§ 91 a und 93 ZPO die gesamten Kosten tragen muß, wie es allein sachgerecht ist.* VII. Die freiwillige Zustimmung des Mieters 109

1. Die Erklärung der Annahme a) Das Erhöhungsverlangen des Vermieters ist nichts anderes als ein Antrag auf Vertragsänderung (o Rz 47). Nimmt der Mieter diesen Antrag an, indem er dem Erhöhungsverlangen zustimmt (vgl § 2 Abs 3 S 1), so kommt dadurch die vom Vermieter gewünschte Vertragsänderung zustande, gleichviel ob das Erhöhungsverlangen wirksam war oder nicht (o Rz 98). Die Folge ist, daß der Mieter fortan den erhöhten Mietzins von dem in Abs 4 des § 2 MHRG bezeichneten Zeitpunkt ab schuldet (s u Rz 138 ff), sofern nicht die Parteien sich auf einen anderen Anfangstermin geeinigt haben.

b) Selbstverständlich kann die Annahme jederzeit konkludent erfolgen. Zahlt zB 110 der Mieter über einen längeren Zeitraum hinweg unbeanstandet den geforderten, höheren Mietzins, so kann darin durchaus eine Annahme des Antrags liegen (BARTHELMESS § 2 R z 1 2 3 ; S C H M I D T - F U T T E R E R R z C

1 1 5 ; STERNEL R Z I I 8 4 ) .

Die

Gerichte sind freilich sehr zurückhaltend in der Bejahung einer solchen konkludenten Annahme; namentlich eine bloße, einmalige Zahlung des geforderten höheren Mietzinses oder eine Zahlung unter Vorbehalt gilt nicht als konkludente Annahme des Antrags.** 2. Frist

111

Für die Annahme des Antrags auf Vertragsänderung besteht keine Frist. Der Mieter ist nicht gehindert, den Antrag des Vermieters auch noch nach Ablauf der Überlegungs- oder der Klagefrist, zB während des Prozesses, anzunehmen mit der Folge, daß der Rechtsstreit erledigt ist. Die Kosten wird dann nach § 91 a ZPO idR der Mieter zu tragen haben (BARTHELMESS § 2 Rz 129, 161; S C H M I D T - F U T T E R E R R Z C 116 f). 3. Form

112

Unter den Voraussetzungen des § 566 BGB bedarf die Zustimmung des Mieters der Schriftform; der Vermieter hat dann Anspruch auf Erteilung der Zustimmung in dieser Form ( B A R T H E L M E S S § 2 R Z 126; S C H M I D T - F U T T E R E R Rz C 119). 4. Teilannahme?

113

Umstritten ist, ob der Mieter auch nur teilweise dem Erhöhungsverlangen zustimmen kann. An sich gilt nach § 150 Abs 2 BGB eine solche Teilzustimmung als Ablehnung des Antrags iVm einem neuen Antrag des Mieters. Ebenso wie jedoch praktische Erwägungen dafür sprechen, dem Vermieter in Abweichung von § 145 * Ebenso oder ganz ähnlich LG Bielefeld ZMR 1977, 190; LG Bremen WuM 1975, 74; LG Heidelberg N J W 1975, 1974, 1975 f; insbes FEHL, sowie VON KROG U SPATZ aaO (o Rz 99); B G B - R G R K - G E L H A A R § 2 MHRG Rz 19 ff; STERNEL Rz II 78 f, 92. ** LG Aachen WuM 1973, 190 m Anm W WEIMAR; LG Mannheim NJW 1975, 316, 317; AG Mannheim WuM 1974, 25, 26; AG Hannover WuM 1974, 55, 56; AG Oberhausen ZMR 1974, 54; AG Köln WuM 1973, 105; 1974, 154. (1355)

Volker Emmerich

Art 3 WKSchG, § 2 MHRG 114-118 2. Wohnraumkiindigungsschutzgesetz

B G B eine völlige oder teilweise Rücknahme seines Antrags zu erlauben (o Rz 53), so muß auch dem Mieter in Abweichung von § 150 Abs 2 B G B eine Teilzustimmung möglich sein. Der Vermieter kann dann nur wegen des streitigen Spitzenbetrags Zustimmungsklage erheben. Diese Lösung ist vor allem mit Rücksicht auf die sonst kaum befriedigend lösbare Frage der Verteilung der Prozeßkosten zwingend geboten.*

VIII. Das gerichtliche Erhöhungsverfahren 114 1. Uberblick Wenn der Mieter den Antrag des Vermieters auf Vertragsänderung nicht annimmt, indem er auf das Erhöhungsverlangen nicht positiv reagiert, kann der Vermieter binnen einer Frist von 2 Monaten nach Ablauf der Überlegungsfrist Klage auf Erteilung der Zustimmung des Mieters erheben ( § 2 Abs 3 MHRG). Wird der Klage stattgegeben, so gilt mit Rechtskraft des Urteils die geschuldete Erklärung des Mieters als abgegeben (§ 894 ZPO). Der Mieter schuldet dann den erhöhten Mietzins von dem Beginn des vierten Kalendermonats ab, der auf den Zugang des Erhöhungsverlangens folgt (§ 2 Abs 4 MHRG). Unterläßt der Vermieter hingegen die Klageerhebung binnen der vorgeschriebenen Klagefrist, so kann er ein neues Erhöhungsverlangen frühestens neun Monate nach Ablauf der Klagefrist stellen (sog Sperrfrist, § 2 Abs 3 S 2 MHRG). 115 2. Fristen § 2 Abs 3 S 1 MHRG unterscheidet eine Uberlegungs- und eine Klagefrist. Beide Fristen müssen grundsätzlich eingehalten werden, soll die Klage Erfolg haben. 116 a) Die Überlegungsfrist aa) Nach Abs 3 S 1 des § 2 MHRG steht dem Mieter nach Zugang des Erhöhungsverlangens eine Überlegungsfrist bis zum Ablauf des zweiten Kalendermonats zu, der auf den Zugang des Verlangens folgt. Die Überlegungsfrist kann daher im äußersten Fall nahezu drei Monate betragen, wenn dem Mieter das Erhöhungsverlangen schon am Anfang eines Monates zugegangen ist. Auf den Ablauf der Überlegungsfrist findet außerdem § 193 B G B Anwendung (vgl zur Berechnung eingehend BARTHELMESS § 2 RZ 157 ff). 117 bh) Eine Klage vor Ablauf der Überlegungsfrist ist grundsätzlich unzulässig (LG Köln WuM 1974, 132, 133; LG Hamburg WuM 1973, 169). Jedoch braucht die Frist entsprechend einem allgemeinen Rechtsgedanken ausnahmsweise dann nicht eingehalten zu werden, wenn der Mieter noch während des Laufs der Überlegungsfrist das Verlangen des Vermieters endgültig und bestimmt ablehnt: Ebenso wie dann bei § 284 Abs 1 B G B eine Mahnung und bei § 326 Abs 1 B G B eine Nachfristsetzung mit Ablehnungsandrohung entbehrlich sind, kann in einem solchen Fall auch hier auf die Einhaltung der Uberlegungsfrist verzichtet werden (ebenso BURKHARDT JurBüro 1975, 561, 563; PALANDT-PUTZO § 2 MHRG Anm 7 b; aM SCHMIDT-FUTTERER Rz C 123). Dies muß im übrigen schon deshalb so sein, weil mit

* E b e n s o L G D u i s b u r g W u M 1 9 7 6 , 8 0 ; B G B - R G R K - G E L H A A R § 2 M H R G R z 2 3 f ; PALANDTPUTZO

§

2

M H R G

Anm

6 e;

SCHMIDT-FUTTERER

Rz

C

118;

STERNEL

RZ

II

85,

86;

aM

BARTHELMESS § 2 R z 1 3 1 ff; A G Stuttgart Z M R 1 9 7 4 , 1 5 3 , 1 5 6 .

Volker Emmerich

(1356)

2. Wohnraumkündigungsschutzgesetz

Art 3 WKSchG, § 2 MHRG 119-124

der Ablehnung des Antrags durch den Mieter der Antrag des Vermieters erledigt ist, so daß jetzt sinnvollerweise nur noch die Zustimmungsklage folgen kann. cc) Wie schon ausgeführt (o Rz 99), sieht die hM in dem Ablauf der Überlegungs- 118 frist nach einem wirksamen Erhöhungsverlangen eine Prozeßvoraussetzung, die schon im Augenblick der Klageerhebung vorliegen muß und später nicht mehr nachgeholt werden kann. Diese Ansicht hat jedoch ganz unsinnige Konsequenzen und ist deshalb abzulehnen (o Rz 100 ff). Die Überlegungsfrist wird folglich auch durch ein unwirksames Erhöhungsverlangen ausgelöst; außerdem kann während des Rechtsstreits jederzeit ein wirksames Erhöhungsverlangen nachgeholt werden mit der Folge freilich, daß dann die Uberlegungsfrist von neuem zu laufen beginnt (o Rz 104 ff). b) Die Klagefrist

119

Nach Ablauf der Uberlegungsfrist muß der Vermieter spätestens binnen einer weiteren Frist von 2 Monaten Klage erheben, wenn er nicht seinen Anspruch auf Zustimmung des Mieters zu der gewünschten Vertragsänderung verlieren will (§ 2 Abs 3 S 1 MHRG). Die Klage wird erhoben durch Zustellung der Klageschrift (§ 253 Abs 1 ZPO), so 120 daß es grundsätzlich erforderlich ist, daß die Zustellung der Klage binnen der Klagefrist erfolgen muß. Gemäß § 270 Abs 3 ZPO muß es jedoch auch genügen, daß die Klage lediglich vor Fristablauf noch eingereicht wird, sofern nur die Zustellung „demnächst" erfolgt.* Die Klagefrist wird dabei nicht dadurch gehemmt, daß der Endtermin in die Gerichtsferien fällt (LG Hamburg WuM 1978, 54). 3. Zulässigkeit

121

a) Die Klage auf Erteilung der Zustimmung des Mieters ist eine Leistungsklage, so daß der Antrag auf Abgabe einer Willenserklärung durch den Mieter gerichtet sein muß. Wird der Mieter auf die Klage hin verurteilt, so kommt mit Rechtskraft des Urteils die Vertragsänderung zustande (§ 894 ZPO). b) Nach § 253 ZPO muß der Antrag außerdem bestimmt sein. Ein unbezifferter 122 Klageantrag ist unzulässig; der Vermieter muß vielmehr in der Klage genau angeben, um welchen Betrag der Mietzins erhöht werden soll. c) Zahlt der Mieter trotz Verurteilung nicht den erhöhten Mietzins, so muß der 123 Vermieter ggf erneut Klage erheben. Eine Verbindung der Zahlungsklage mit der Klage auf Erteilung der Zustimmung wird nach § 259 ZPO in aller Regel unzulässig sein.** d) Sind auf einer oder beiden Seiter\ mehrere Personen beteiligt, so müssen sie stets 124 gemeinsam klagen oder gemeinsam verklagt werden (o Rz 48 f; LG Hamburg WuM 1976, 186; AG Stuttgart WuM 1973, 105). Eine Prozeßstandschaft eines Vermieters für die anderen wird idR nicht in Betracht kommen (AG Stuttgart aaO). * Vgl hierzu im einzelnen LG Mannheim ZMR 1977, 285; LG Hannover WuM 1977, 100, 101; LG Hagen NJW 1977, 440; AG Waldbröhl WuM 1976, 104, 105; AG Köln WuM 1976, 155; AG Dortmund WuM 1977, 234. ** L G B r a u n s c h w e i g Z M R 1 9 7 3 , 1 5 4 , 1 5 5 ; BARTHELMESS § 2 R z 10, 1 5 0 ; B G B - R G R K - G E L H A A R

§ 2 M H R G Rz 25; SCHMIDT-FUTTERER Rz C 153; STERNEL Rz II 106; aM BURKHARDT JurBüro 1975, 561, 563. (1357)

Volker Emmerich

Art 3 WKSchG, § 2 MHRG 125-131 2. Wohnraumkündigungsschutzgesetz

125 4. Schlüssigkeit Die Klage ist schlüssig, wenn sie auf einem wirksamen Erhöhungsverlangen beruht. Mehr, als zur Begründung des Erhöhungsverlangens nach § 2 Abs 2 MHRG erforderlich ist, kann auch nicht für die Schlüssigkeit der Klage gefordert werden (SCHMIDT-FUTTERER R Z C

136).

126 5. Beweisaufnahme a) Bestreitet der Mieter im Prozeß substantiiert den Vortrag des Vermieters, so kann der Vermieter seinen Vortrag in jeder Hinsicht ergänzen und berichtigen (BVerfGE 37, 132, 149; Schriftl Bericht des Rechtsausschusses aaO 4; BGH LM Nr 3 zu § 24 1. BMG). Außerdem kann er sich zum Beweis für seine Behauptungen auf jedes zulässige Beweismittel stützen; er ist nicht etwa an das von ihm im Erhöhungsverlangen gewählte Beweismittel gebunden (vgl insbes BARTHELMESS § 2 R Z 175). Der Übergang zu einem anderen Beweismittel, zB von einem Sachverständigengutachten zu einem Mietspiegel, kann auch nicht als Klageänderung behandelt werden, weil der prozessuale Anspruch derselbe bleibt (str). Jedoch kann für die Höhe des Mietzinses der angegebenen Vergleichswohnungen nicht Beweis durch Antrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens angetreten werden, da dies eine reine Tatsachenfrage ist (AG Köln WuM 1973, 171). 127 b) Die wichtigsten Beweismittel für die Höhe der Vergleichsmiete sind im Prozeß Mietspiegel und Sachverständigengutachten (s o Rz 58 ff, 69 ff; außerdem zB LG Aachen WuM 1976, 168, 169; LG Hamburg WuM 1977, 36, 37; AG Düsseldorf ZMR 1973, 251). Ist hingegen die Vergleichbarkeit mehrerer Wohnungen umstr, so kommen als Beweismittel die Einnahme des Augenscheins (§§ 371 ff ZPO), die Vernehmung des Vermieters oder des Mieters der Vergleichswohnungen als Zeugen oder die Einholung eines Sachverständigengutachtens in Betracht (o Rz 92 f). 128 c) In der Beweiswürdigung ist das Gericht in jedem Fall völlig frei (§ 286 ZPO; LG Hamburg WuM 1977, 36, 37). Vom Vermieter zur Begründung seines Erhöhungsverlangens vorgelegte Gutachten oder Mietspiegel sind dabei stets nur als Parteivortrag zu würdigen (o Rz 68, 77). Weicht der gerichtliche Sachverständige ohne zwingende Gründe von einem allseits akzeptierten Mietspiegel ab, so wird das Gericht dem Sachverständigen häufig nicht folgen können (AG Mainz WuM 1974, 74; 1977, 101; vgl o Rz 75). Auch eine Schätzung der ortsüblichen Vergleichsmiete, namentlich aufgrund eines Mietspiegels, ist dem Gericht jederzeit möglich (§ 278 Abs 2 ZPO; AG Stuttgart ZMR 1974, 153, 156 m Nachw). 129 d) Ein Ausforschungsbeweis ist auch hier nicht statthaft. Daher ist der Versuch des Vermieters, sich die für die Vergleichbarkeit von Wohnungen erforderlichen Tatsachen überhaupt erst durch einen vom Gericht beauftragten Sachverständigen verschaffen zu lassen, als unzulässig zurückzuweisen (LG Köln WuM 1974, 245). 130 e) Unzulässig ist schließlich auch der Antrag auf Durchführung eines Beweissicherungsverfahrens zwecks Einholung eines Sachverständigengutachtens über die Höhe der ortsüblichen Vergleichsmiete zur Vorbereitung einer beabsichtigten Mietzinserhöhung, da die Voraussetzungen des § 485 S 2 ZPO nicht erfüllt sind (LG Mannheim ZMR 1976, 152). 131 6. Beweislast a) Die Beweislast für sämtliche Voraussetzungen des Anspruchs auf Zustimmung des Mieters zu der gewünschten Vertragsänderung trägt der Vermieter ( B A R T H E L Volker Emmerich

(1358)

2. Wohnraumkündigungsschutzgesetz

Art 3 WKSchG, § 2 MHRG 132-140

§ 2 Rz 208 f; S C H M I D T - F U T T E R E R R Z C 75, 137). Dasselbe gilt, wenn der Vermieter vor Ablauf der Sperrfrist ein erneutes Erhöhungsverlangen stellt, für die Behauptung, das erste Erhöhungsverlangen sei unwirksam gewesen ( S C H M I D T - F U T -

MESS

TERER R z C

127).

b) Die Beweislast trifft hingegen den Mieter, wenn er die Begründetheit der Klage 132 mit der Behauptung bestreitet, er habe rechtzeitig, dh noch vor Klageerhebung, dem Erhöhungsverlangen des Vermieters zugestimmt; ebenso verhält es sich, wenn er behauptet, die Klage sei unzulässig, weil sie während der Sperrfrist erhoben worden s e i (BARTHELMESS § 2 R z

210).

7. Beendigung

133

a), aa) Der Mieter kann dem Antrag des Vermieters auf Änderung des Vertrages in jedem Stadium des Rechtsstreits mit der Folge zustimmen, daß sich der Rechtsstreit erledigt, so daß über die Kosten nach § 91 a ZPO zu entscheiden ist. Dasselbe gilt grundsätzlich, wenn der Mieter den Anspruch des Vermieters anerkennt, weil auch darin in aller Regel nichts anderes als die gewünschte Zustimmung zu der Vertragsänderung liegen wird. bb) Ein Anerkenntnisurteil kommt nur in den seltenen Ausnahmefällen in Betracht, 134 in denen der Mieter, anstatt den Antrag des Vermieters einfach anzunehmen, dessen prozessualen Anspruch anerkennt (§ 307 ZPO; vgl im einzelnen AG Hildesheim ZMR

1 9 7 6 , 1 9 3 ; BARTHELMESS § 2 R z 1 8 6 f ; S C H M I D T - F U T T E R E R R Z C

155).

Auch ein Teilanerkenntnis des Mieters ist möglich (s o Rz 113; aM BARTHELMESS § 2 Rz 190). In diesem Falle ist nur noch über den noch offenen Rest durch streitiges Urteil zu entscheiden. Die Kostenentscheidung hat jedoch stets einheitlich zu ergehen.

135

b) Ist die Klage nur teilweise begründet, so ist ihr auch nur teilweise stattzugeben, 136 während sie im übrigen abzuweisen ist; für die Kostenentscheidung gelten dann die §§ 91 und 92 ZPO (vgl AG Stuttgart ZMR 1974, 153, 156; A G Hildesheim ZMR 1976, 153, 154; LG Hamburg WuM 1978, 146, 149; BARTHELMESS § 2 Rz 181 f). c) Kündigt der Mieter rechtzeitig nach § 9 Abs 1 S 1 MHRG, so muß der Vermieter 137 die Kosten einer zwischenzeitlich schon erhobenen Zustimmungsklage, die sich durch die Kündigung erledigt hat, selbst tragen (§ 91 a ZPO; AG Köln WuM 1977, 60).

IX. Die Fälligkeit des erhöhten Mietzinses 1. a) Nach § 2 Abs 4 MHRG schuldet der Mieter den erhöhten Mietzins nach 138 Erteilung der Zustimmung, sei es freiwillig, sei es durch rechtskräftiges Urteil, von dem Beginn des vierten Kalendermonats ab, der auf den Zugang des Erhöhungsverlangens folgt. Zwischen dem Zugang des Erhöhungsverlangens und der Fälligkeit des erhöhten Mietzinses müssen also mindestens drei Monate liegen (vgl im einzeln e n BARTHELMESS § 2 R Z 1 4 0 f f ; STERNEL R z I I 8 6 f f ) .

b) Der Fälligkeitszeitpunkt ergibt sich also ohne weiteres aus dem Gesetz, so daß er 139 im Erhöhungsverlangen nicht genannt zu werden braucht. Die etwaige Angabe eines falschen Zeitpunktes ist unschädlich. 2. Bei längerer Prozeßdauer können sich auf Grund des § 2 Abs 4 MHRG ganz 140 erhebliche Rückstände ergeben, mit denen der Mieter in Verzug ist, so daß er dafür auch Verzugszinsen schuldet (§§ 284 Abs 2, 286 Abs 1,288,289 BGB). Die daraus (1359)

Volker Emmerich

Art 3 WKSchG, § 2 MHRG 141-145 2. Wohnraumkündigungsschutzgesetz

an sich folgende Kündigungsmöglichkeit (§ 554 BGB) ist jedoch durch § 9 Abs 2 MHRG erheblich eingeschränkt worden, um die Prozeßführung für den Mieter nicht mit einem unerträglichen Risiko zu belasten. X. Die Sperrfrist 141 1. Zweck Nach einem wirksamen Erhöhungsverlangen muß der Vermieter binnen der Klagefrist (o Rz 119 f) auch tatsächlich Klage erheben, will er nicht seinen Anspruch auf Mietzinserhöhung für eine Frist von weiteren neun Monaten einbüßen. Denn nach § 2 Abs 3 S 2 MHRG kann im Falle nicht rechtzeitiger Klageerhebung das Erhöhungsverlangen frühestens neun Monate nach Ablauf der Klagefrist wiederholt werden, so daß zwischen zwei Erhöhungsverlangen grundsätzlich mindestens 13 Monate liegen müssen. 142 Dieser Regelung liegt der Gedanke zugrunde, daß sich der Vermieter mit seinem eigenen Verhalten in einer mit Treu und Glauben unvereinbaren Weise in Widerspruch setzte, wenn er nach dem ersten wirksamen Erhöhungsverlangen keine Klage erhebt und damit zum Ausdruck bringt, daß er auf sein Erhöhungsverlangen verzichtet, dann aber gleichwohl kurz darauf ein erneutes Erhöhungsverlangen stellt. Zugleich soll durch die Sperrfrist natürlich auch der Mieter vor einer fortlaufenden Belästigung und Beunruhigung durch die ständige Wiederholung eines Erhöhungsverlangens geschützt werden. 143 2. Fristbeginn Die Frist beginnt mit Ablauf der Klagefrist, vorausgesetzt, daß das erste Erhöhungsverlangen überhaupt wirksam war (o Rz 97). Ein unwirksames Erhöhungsverlangen löst also die Sperrfrist nicht aus, so daß es jederzeit in- und außerhalb des Prozesses wiederholt werden kann (ebenso schon früher LG Mannheim NJW 1974, 1252 m Nachw z Streitstand; LG Hannover WuM 1978, 144). Für die Fristberechnung gelten die §§ 187 Abs 1 und 188 Abs 2 BGB. 144 3. Rechtsfolge Ein Erhöhungsverlangen während der Sperrfrist ist unwirksam; es löst also weder die Überlegungs- noch die Klagefrist aus. Diese Rechtsfolge kann auch nicht dadurch umgangen werden, daß der Vermieter das erste Erhöhungsverlangen zurücknimmt (o Rz 53). Ebenso wenig soll es nach hM möglich sein, noch während des Laufs der Sperrfrist bereits ein neues Erhöhungsverlangen für die Zeit nach Fristablauf zu stellen (vgl LG Hamburg WuM 1976, 59; AG Wanne-Eickel WuM 1972, 182; AG Bielefeld WuM 1973, 172; zweifelhaft, vgl auch o Rz 18 ff). 145 4. Sonderfälle a) Dem Verzicht auf die rechtzeitige Klageerhebung steht es gleich, wenn der Vermieter nach Ablauf der Klagefrist die Klage wieder zurücknimmt (§ 271 Abs 3 S 1 ZPO; SCHMIDT-FUTTERER R Z C 133). Dabei ist freilich wiederum vorausgesetzt, daß das der Klage zugrundeliegende Erhöhungsverlangen wirksam war. Folglich löst auch die Klagerücknahme die Sperrfrist nicht aus, wenn der Vermieter nach einem unwirksamen Erhöhungsverlangen zunächst Klage erhoben, dann aber die Klage, Volker Emmerich

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2. Wohjiraumkiindigungsschutzgesetz

Art 3 WKSchG, § 2 MHRG 146, 147

anstatt ein wirksames Erhöhungsverlangen nachzuholen (o Rz 104 ff), wieder zurückgenommen hatte (BARTHELMESS § 2 RZ 108). b) Unklar und umstritten ist die Rechtslage, wenn die Klage des Vermieters als 146 unzulässig oder unbegründet abgewiesen wird. Sicher ist nur, daß § 2 Abs 3 S 2 MHRG seinem Wortlaut nach die Fälle der Klageabweisung nicht erfaßt. Es kommt daher allenfalls eine entsprechende Anwendung der Vorschriften über die Sperrfrist in Betracht. Zu einer solchen Analogie besteht indessen kein Anlaß. Wenn schon ein unwirksames Erhöhungsverlangen die Sperrfrist nicht auslöst, kann für eine unzulässige oder unbegründete Klage schwerlich etwas anderes gelten. Der Vermieter kann also sofort ein neues Erhöhungsverlangen stellen (VON KROG ZMR 1977, 260, 263; SCHMIDT-FUTTERER RZ C 127). Auch hieran wird deutlich, wie unpraktisch die hM ist, ein unwirksames Erhöhungsverlangen könne im anschließenden Zustimmungsprozeß nicht in wirksamer Weise nachgeholt werden (o Rz 99 ff). Nach dem Gesagten muß dies geradezu zu einer ganz unsinnigen Vervielfältigung der Zustimmungsklagen führen (o Rz 100 ff, 104 ff).

XI. Anhang

147 Übersicht über die bisher veröffentlichten Mietspiegel

Aachen Amberg Beckum Bielefeld Bingen Bochum Bremerhaven Cuxhaven Datteln Dinslaken Dortmund Düren Düsseldorf Duisburg Erwitte Eschweiler Essen Esslingen Feibach Oeftingen Frankfurt am Main Fröndenberg Gelsenkirchen Geseke Grevenbroich Hagen, Wetter, Herdecke Halle Hamburg Heilbronn Heiligenhaus

(1361)

ZMR WuM WuM WuM WuM ZMR WuM ZMR WuM WuM WuM WuM WuM WuM WuM WuM ZMR WuM WuM WuM WuM WuM WuM ZMR WuM WuM WuM WuM WuM WuM WuM WuM WuM 1976,

1976, 1977, 1975, 1976, 1975, 1977, 1976, 1976, 1977, 1976, 1977, 1976, 1976, 1977, 1975, 1975, 1976, 1976, 1978, 1975, 1976, 1978, 1975, 1975, 1976, 1976, 1976, 1978, 1976, 1977, 1977, 1976, 1975, 240

36; 268 235 193 107; 103 213 295 266 87 43 273 85 174 130 232; 76 193 38 104 244 17 24; 107 241 110 193 15 243 104 81 218 176;

Herne Herten Hochsauerland und Märkischer Kreis Holzwickede Hürth Ingelheim/Rhein Kamen-Bergkamen Köln

WuM 1977, 43 WuM 1978, 98

WuM WuM WuM WuM WuM WuM ZMR Krefeld ZMR Leverkusen und Umgebung WuM Lippstadt WuM Ludwigshafen/Rhein WuM Lünen WuM Mannheim WuM Mainz WuM Marburg WuM Mönchengladbach WuM Monschau WuM München WuM ZMR Münster/Westf. WuM 1977, Neumünster WuM Neuß WuM Neuwied WuM Nürnberg WuM Oberhausen WuM öttingen WuM Oer-Erkenschwick WuM Offenbach WuM Recklinghausen WuM Regensburg WuM

Volker Emmerich

1977, 1976, 1976, 1978, 1976, 1975, 1975, 1978, 1977, 1976, 1975, 1976, 1974, 1975, 1978, 1975, 1978, 1977, 1977, 1975, 17 1975, 1977, 1976, 1977, 1976, 1974, 1977, 1977, 1976, 1978,

216 241 62 55 136 23; 103 169 152 193 251 274 94 219 57 131 80 237; 296 158; 199 194 217 265 170 95 217 175 271 13

Art 3 WKSchG, § 3 MHRG 2. Wohnraumkiindigungsschutzgesetz Remscheid Reutlingen Rottweil Rüthen Schorndorf Schramberg Selm Siegburg und Umgeb. Siegen Steinhagen Stolberg Stuttgart (mit Fellbach, Schmieden, Offingen und Waiblingen) Tunningen Ulm

WuM WuM WuM WuM WuM WuM WuM WuM WuM WuM WuM

1977, 1974, 1977, 1976, 1974, 1974, 1976, 1977, 1974, 1977, 1976,

39 95 16 193 95 95 241 150 94 104 275

WuM 1974, 95 WuM 1977, 15 WuM 1975, 134

Unna Velbert Versmold Villingen-Schwenningen Waiblingen Weingarten Werne Werther Wickede Wiesbaden Witten Wolfsburg Wuppertal

ZMR WuM 1976, WuM WuM WuM WuM WuM WuM WuM WuM ZMR WuM WuM WuM 1975,

1976, 1975, 240 1977, 1976, 1974, 1974, 1976, 1977, 1978, 1976, 1977, 1977, 1977, 1974, 175

201 176; 104 39 95 95 242 104 160 215; 73 242 264 94;

§ 3 MHRG Hat der Vermieter bauliche Maßnahmen durchgeführt, die den Gebrauchswert der Mietsache nachhaltig erhöhen, die allgemeinen Wohnverhältnisse auf die Dauer verbessern oder nachhaltige Einsparungen von Heizenergie bewirken (Modernisierung), oder hat er andere bauliche Änderungen auf Grund von Umständen, die er nicht zu vertreten hat, durchgeführt, so kann er eine Erhöhung der jährlichen Miete um elf vom Hundert der für die Wohnung aufgewendeten Kosten verlangen. Sind die baulichen Änderungen für mehrere Wohnungen durchgeführt worden, so sind die dafür aufgewendeten Kosten vom Vermieter angemessen auf die einzelnen Wohnungen aufzuteilen. Werden die Kosten für die baulichen Änderungen ganz oder teilweise durch zinsverbilligte oder zinslose Darlehen aus öffentlichen Haushalten gedeckt, so verringert sich der Erhöhungsbetrag nach Satz 1 um den Jahresbetrag der Zinsermäßigung, der sich für den Ursprungsbetrag des Darlehens aus dem Unterschied im Zinssatz gegenüber dem marktübfichen Zinssatz für erststellige Hypotheken zum Zeitpunkt der Beendigung der Maßnahme ergibt; werden Zuschüsse oder Darlehen zur Deckung von laufenden Aufwendungen gewährt, so verringert sich der Erhöhungsbetrag um den Jahresbetrag des Zuschusses oder des Darlehens. Ein Mieterdarlehen, eine Mietvorauszahlung oder eine von einem Dritten für den Mieter erbrachte Leistung für die baulichen Änderungen stehen einem Darlehen aus öffentlichen Haushalten gleich. Kann nicht festgestellt werden, in welcher Höhe Zuschüsse oder Darlehen für die einzelnen Wohnungen gewährt worden sind, so sind sie nach dem Verhältnis der für die einzelnen Wohnungen aufgewendeten Kosten aufzuteilen. Kosten, die vom Mieter oder für diesen von einem Dritten übernommen oder die mit Zuschüssen aus öffentlichen Haushalten gedeckt werden, gehören nicht zu den aufgewendeten Kosten im Sinne des Satzes 1. Mittel der Finanzierungsinstitute des Bundes oder eines Landes gelten als Mittel aus öffentlichen Haushalten. Der Vermieter soll den Mieter vor Durchführung der Maßnahmen nach Absatz 1 auf die voraussichtliche Höhe der entstehenden Kosten und die sich daraus ergebende Mieterhöhung hinweisen. Der Anspruch nach Absatz 1 ist vom Vermieter durch schriftliche Erklärung gegenüber dem Mieter geltend zu machen. Die Erklärung ist nur wirksam, wenn in ihr die Erhöhung aufgrund der entstandenen Kosten berechnet und entsprechend den Voraussetzungen nach Absatz 1 erläutert wird. Volker Emmerich

(1362)

Art 3 WKSchG, § 3 MHRG 2. Wohnraumkiindigungsschutzgesetz

Die Erklärung des Vermieters hat die Wirkung, daß von dem Ersten des auf die Erklärung folgenden Monats an der erhöhte Mietzins an die Stelle des bisher zu entrichtenden Mietzinses tritt; wird die Erklärung erst nach dem Fünfzehnten eines Monats abgegeben, so tritt diese Wirkung erst vom Ersten des übernächsten Monats an ein. Diese Fristen verlängern sich um drei Monate, wenn der Vermieter dem Mieter die voraussichtliche Mieterhöhung nach Absatz 2 nicht mitgeteilt hat oder wenn die tatsächliche Mieterhöhung gegenüber dieser Mitteilung um mehr als zehn vom Hundert nach oben abweicht. Begr z RegE BT-Dr 7/2011, 11 f; Stellungnahme des Bundesrates, daselbst 16; Bericht des Rechtsausschusses BT-Dr 7/2638, 4; Änderungsgesetz vom 18. 8. 1976 (BGBl I 2221); WoModÄndG v 27. 6. 1978 (BGBl I 878) Art 3; Begr z RegE des 1. WoModÄndG BT-Dr 8/1692.

Schrifttum BURKHARDT, Die Regelung der Mietzinshöhe nach dem 2. WKSchG, JurBüro 1975, 561; DERLEDER, Inflatorische Impulse des MHRG? WuM 1976, 197, 221; ders, Vertragsfreiheit, Ertragsgewährleistungen und ihre Absicherungen für den Wohnraumvermieter, NJW 1975, 1677; FREUNDBARTHELMESS, Die mietrechtlichen Regelungen des WoModG, ZMR 1977, 1, 33; dies, Das WoModG, NJW 1976, 2191; GELHAAR, Zur Frage des Mieterhöhungsbetrages bei baulichen Änderungen, ZMR 1978, 164; GELLWITZKI, Zur Abwälzbarkeit der Kosten der Instandsetzung im Rahmen von Modernisierungsmaßnahmen, ZMR 1978, 225; GÜNTER, Die Mieterhöhung nach dem WKSchG II, WuM 1975, 5; HARKE, Der Einfluß des WoModG auf die Rechtsstellung des Mieters, WuM 1977, 197; HÄUSSLER, Die Beschränkung der Mieterhöhung nach öffentlich geförderter Modernisierung nicht preisgebundener Wohnungen, DWW 1976, 277; HERMES, Erhaltungs- und Modernisierungsarbeiten bei Miethäusern, ZMR 1976, 229; LENHARD, Der Automatismus einer Mietzinsanhebungserklärung nach § 3 MHRG und das Verhältnis von § 3 MHRG zu § 541 a BGB, DWW 1978, 67; LÖWE, Wichtige Neuregelungen im 2. WKSchG, NJW 1975, 9; MARIENFELD, Die Ermittlung des Mieterhöhungsbetrages bei baulichen Änderungen (§ 3 Abs 1 MHRG), ZMR 1978, 38; K RUPP, Mieterhöhungserklärung bei Finanzierung von Modernisierungsmaßnahmen nicht preisgebundenen Wohnraums mit öffentlichen Zinssubventionen, ZMR 1977,323; SCHMIDT-FUTTERER, Kündigungsschutz für Wohnraum und Beschränkung der Mieterhöhung als Dauerrecht, MDR 1975, 89; SCHOPP, Das WKSchG II, ZMR 1975, 97; ders, Gutachten über Mietzinserhöhungen, Z M R 1 9 7 7 , 2 5 7 ; H - J VOGEL, D a s 2 . W K S c h G , J Z 1 9 7 5 , 7 3 ; WARNECKE, Z u r F r a g e v o n E r h a l t u n g s -

und Modernisierungsarbeiten bei Miethäusern, ZMR 1976, 228; W WEIMAR, Mietpreisbildung, Modemisierungs- und Kapitalkosten bei nicht preisgebundenem Wohnraum, FWW 1975, 3; ders, Erhaltungs- und Modernisierungsarbeiten bei Miethäusern, ZMR 1976, 34 f; Dt Mieterbund, Wohnungsmodernisierung 1977 (2. Aufl 1978).

Systematische Übersicht I. Geschichte und Zweck der Votschrift 1 II. Die Duldungspflidit des Mieters 8 III. Die Notwendigkeit einer vorherigen Zustimmung des Mieters 12 IV. Konkurrenzen 16 V. Die begünstigten baulichen Maßnahmen 17 1. Baumaßnahmen des Vermieters 18 2. Die nachhaltige Erhöhung des Gebrauchswerts 23 3. Die dauernde Verbesserung der allgemeinen Wohnverhältnisse 34 (1363)

4. Die nachhaltige Einsparung von Heizenergie 35 a 5. Die vom Vermieter nicht zu vertretenden baulichen Änderungen 36 VI. Die Berechnung der Mietzinserhöhung 38 1. Der Ausgangsmietzins 39 2. Die zu berücksichtigenden Kosten 41 3. Die Modernisierung mehrerer Wohnungen 50 4. Die Kürzungsbeträge 52 VII. Die Erhöhungserklärung 1. Überblick 61 2. Der maßgebende Zeitpunkt 64

Volker Emmerich

Art 3 WKSchG, § 3 MHRG 1, 2 2. Wohnraumkündigungsschutzgesetz 3. Form und Inhalt der Erklärung 67 4. Die Begründung der Erklärung 69 VIII. Die Hinweispflicht des Vermieteis 1. Zweck 76 2. Rechtsnatur 78 3. Inhalt 79

IX. Die Wirksamkeit der Mietzinserhöhung 83 X. Die Folgen einer unwirksamen Erhöhungserklärang 88 XI. Abweichende Vereinbarungen 92 XII. Prozessuales 96

Alphabetische Übersicht Abweichende Vereinbarungen über Mietzinserhöhung aufgrund von Modernisierungsmaßnahmen 92 ff Ansatzfähige Modernisierungskosten 43 ff Aufteilung der umlagefähigen Modernisierungskosten 50 ff Ausgangsmietzins 39 f Ausmaß der Modernisierungsmaßnahmen 27 ff Bauliche Maßnahmen als Voraussetzung für Mietzinserhöhung 18 ff, 36 f Bedeutung der Mietzinserhöhung aufgrund von Modernisierungen 83 ff Begründung der Erhöhungserklärung 69 ff Berechnung der Mietzinserhöhung 38,41 ff, 56 ff. Duldungspflicht des Mieters bei Modernisierungsmaßnahmen 8 ff Einseitige Verbesserungsmaßnahmen 15 Erhöhungserklärung 61 ff Erläuterung der Erhöhungserklärung 74 f

Instandsetzungsmaßnahmen 20 Kappungsgrenze 2 f Kürzung der Modernisierungskosten 52 ff Luxusmaßnahmen bei Modernisierung 32,49 Minderung des erhöhten Mietzinses 60 7 Modernisierung des Wohnungsbestandes Modernisierungsmaßnahmen 4 Restwertabzug von Modernisierungskosten 47 f Umlage der Modernisierungskosten Unwirksame Erhöhungserklärung 882ff Verbesserung der allgemeinen Wohnverhältnisse 34 f Vergrößerung der Nutzfläche als Modernisierungsmaßnahmen 31 Wahlrecht des Vermieters bei Mietzinserhöhung 16 Zeitpunkt der Erhöhungserklärung 64 ff Zustimmung des Mieters zu Modernisierungsmaßnahmen 12 ff, 15 a, 33

Form der Erhöhungserklärung 67 Gebrauchswert der Mietsache 23 ff Hinweispflicht des Vermieters auf Modernisierungsabsicht 76 ff

1 I. Geschichte und Zweck der Vorschrift 1. Anders als nach dem § 3 MHRG war es dem Vermieter unter der Geltung des WKSchG I nicht möglich gewesen, die Kosten von Modernisierungsmaßnahmen in vollem Umfang auf die Mieter „umzulegen". Die statt dessen allein mögliche Anhebung der Miete auf das Niveau der ortsüblichen Vergleichsmiete reichte häufig ebenfalls nicht aus, die zT sehr hohen Modernisierungskosten voll zu decken. Die (angebliche) Folge war eine starke Zurückhaltung der Vermieter bei der Vornahme der (besonders erwünschten und geförderten) Modernisierungsmaßnahmen. 2 Um hier eine Änderung einzuleiten, hatte schon der RegE eines 2. WKSchG dem Vermieter das Recht zugebilligt, (neben der „Regelmietzinserhöhung" nach § 2 des Gesetzes) zusätzlich auch die Modernisierungskosten in vollem Umfang auf die Volker Emmerich

(1364)

2. Wohnraumkiindigungsschutzgesetz

Art 3 WKSchG, § 3 MHRG 3-7

Mieter umzulegen. Um übermäßige Mietpreissteigerungen zu vermeiden, war jedoch außerdem bestimmt gewesen, daß der Mietzins bei Modernisierungsmaßnahmen höchstens um 10% über die ortsübliche Vergleichsmiete hinaus erhöht werden durfte (sog Kappungsgrenze-, vgl die Begr z RegE aaO 11 f). Die Kappungsgrenze ist indessen im weiteren Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens 3 auf Vorschlag des Bundesrates wieder beseitigt worden (vgl den Bericht des Rechtsausschusses aaO 4). Man befürchtete nämlich, durch diese Begrenzung der Möglichkeit zur Vornahme von Mietzinserhöhungen werde der Anreiz zur Vornahme der dringend notwendigen Modernisierungen wieder beseitigt. Eine Obergrenze für Mietzinserhöhungen auf Grund des § 3 MHRG ergibt sich daher heute nur noch aus den Wucherverboten des § 5 WiStG und des § 302 a StGB (Vorbem 64 zu § 1 MHRG). § 3 MHRG wurde zuletzt geändert durch das Änderungsgesetz zum WoModG vom 3 a 27. 6. 1978 (BGBl I 878), durch das vor allem die gesetzliche Definition der Modernisierung in § 3 Abs 1 MHRG an § 3 WoModG nF (ModEnG) angepaßt und der Erhöhungsbetrag von 14% auf 11% der aufgewandten Kosten herabgesetzt wurde. 2. Die große Bedeutung, die Modernisierungsmaßnahmen nach Ansicht des Gesetz- 4 gebers zukommt, ergibt sich heute außer aus § 3 MHRG namentlich aus dem WoModG v 23. 8. 1976 (BGBl I 2429), in Kraft getreten am 1. 1. 1977, geändert durch das Gesetz vom 27. 6. 1978 (BGBl I 878), durch das das Gesetz den neuen Namen Modernisierungs- und Energieeinsparungsgesetz erhielt (ModEnG). Diese Änderung ist am 1. 7. 1978 in Kraft getreten. Das ModEnG regelt im einzelnen, welche Modernisierungsmaßnahmen öffentlich gefördert werden ( § § 1 ff); außerdem begründet es eine weitgehende Duldungspflicht des Mieters gegenüber solchen Maßnahmen (§ 20) und regelt schließlich im Anschluß an § 3 MHRG das Ausmaß möglicher Mietzinserhöhungen nach Durchführung der Modernisierungsmaßnahmen (§§ 14 ff). Hervorzuheben ist namentlich, daß sich der Vermieter in jedem Fall vor Bewilligung 5 öffentlicher Förderungsmittel verpflichten muß, nach der Modernisierung höchstens eine Miete zu erheben, die sich aus dem früheren Mietzins und einem nach § 2 oder § 3 MHRG ermittelten Erhöhungsbetrag abzüglich der Kürzungsbeträge nach § 3 Abs 1 S 3-6 MHRG errechnet (§14 ModEnG). Auch wenn also der Vermieter nach § 2 MHRG (anstatt nach § 3) vorgeht, sind folglich in jedem Fall die nach § 3 Abs 1 S 3-6 MHRG berechneten Kürzungsbeträge abzuziehen, damit auch der Mieter in den Genuß der öffentlichen Förderungsmittel kommt. Gleichwohl wird die Mietzinserhöhung hier häufig sehr hoch sein.* 3. Auch § 3 MHRG hatte verschiedene Vorläufer in den zahlreichen Gesetzen zur 6 Mietpreisbildung bei preisgebundenem Wohnraum. Zu nennen sind vor allem § 12 AMVO, § 11 AMVO Berlin, § 13 NMVO von 1970, sowie § 11 der 2. BV, so daß zur Interpretation des § 3 MHRG unbedenklich auf die Praxis zu den genannten Vorschriften zurückgegriffen werden kann. 4. § 3 MHRG bezweckt also die umfassende Modernisierung des zT erheblich 7 überalteten Wohnungsbestandes. Die Verwirklichung dieses Zieles liegt auch im öffentlichen Interesse, wie jetzt insbes durch das ModEnG unterstrichen wird (zB OVG Berlin ZMR 1978, 62, 63 = GrundE 1977, 57; ZMR 1978, 189 f). Der vom * Vgl die Beispiele von H A R K E W U M 1977, 197, 198; vgl außerdem wegen der Berechnung im einzelnen F R E U N D - B A R T H E L M E S S Z M R 1977,1, 33, 34 f; diesNJW 1976, 2191,2193 f; H Ä U S S L E R DWW 1976, 277. (1365)

Volker Emmerich

Art 3 WKSchG, § 3 MHRG 8-14 2. Wohnraumkfindlgangsschutzgesetz

Gesetzgeber hierzu gewählte Weg ist jedoch in vieler Hinsicht bedenklich (Vorbem 32 f zu § 1 MHRG), so daß es geboten ist, § 3 MHRG ganz restriktiv zu interpretieren, um zu verhindern, daß die Vorschrift zum Vehikel einseitiger Bereicherungen der Vermieter auf Kosten der Mieter wird.

8 n. Die Duldungspflicht des Mieters 1. Bauliche Maßnahmen der in § 3 Abs 1 S 1 MHRG bezeichneten Art werden sehr häufig in die dem Mieter überlassene Wohnung eingreifen und beeinträchtigen dann deshalb, wenn auch nur vorübergehend, den dem Mieter vom Vermieter geschuldeten vertragsmäßigen Gebrauch der Wohnung (§§ 535, 536 BGB). Daher stellt sich in solchen Fällen stets die Frage, ob der Mieter überhaupt zur Duldung der fraglichen Maßnahmen verpflichtet ist. Diese Frage beantwortet sich heute bei allen Modernisierungsmaßnahmen, die mit Mitteln öffentlicher Haushalte gefördert werden, nach § 20 ModEnG, bei allen übrigen Maßnahmen hingegen nach § 541 a BGB. 9 2. Nach § 20 Abs 1 ModEnG muß der Mieter Modernisierungsmaßnahmen grundsätzlich dulden. Eine Ausnahme gilt nur noch, wenn die Durchführung der Maßnahmen oder deren bauliche Auswirkung für den Mieter oder seine Familie eine Härte bedeuteten, die auch unter Würdigung der berechtigten Interessen des Vermieters und anderer Mieter in dem Gebäude nicht zu rechtfertigen ist (vgl dazu im einzelnen FREUND-BARTHELMESS Z M R 1 9 7 7 , 1, 2 f; d i e s N J W 1 9 7 6 , 2 1 9 1 , 2 1 9 4 ; HARKE W u M 1 9 7 7 , 1 9 7 f).

10 Wesentlich enger ist die Duldungspflicht des Mieters hingegen bei sonstigen baulichen Maßnahmen des Vermieters auf Grund des § 541 a Abs 2 BGB. Insbes freifinanzierte Modernisierungsmaßnahmen braucht der Mieter hiernach nur zu dulden, soweit sie ihm zumutbar sind (vgl dazu § 541 a BGB Rz 27 ff). 11 3. In keinem Fall ergibt sich eine etwaige Duldungspflicht des Mieters hingegen aus § 3 MHRG; der Vermieter ist vielmehr, wenn der Mieter die Durchführung der Modernisierungsmaßnahmen nicht hinnehmen will, in jedem Fall genötigt, zuvor gegen den Mieter auf Duldung nach § 20 ModEnG oder nach § 541 a Abs 2 BGB zu klagen (vgl BARTHELMESS § 3 Rz 3 ; BURKHARDT JrBüro 1 9 7 5 , 5 6 1 , 5 6 4 ; SCHMIDTFUTTERER R z C 1 6 5 f ; STERNEL R z II 1 0 8 , 1 1 3 f f ) .

12 III. Die Notwendigkeit einer vorherigen Zustimmung des Mieters Von der Frage nach der Pflicht des Mieters zur Duldung der Modernisierungsmaßnahmen (o Rz 8 ff) muß die andere Frage getrennt werden, ob der Vermieter auf Grund des § 3 MHRG auch dann zu einer Mietzinserhöhung berechtigt ist, wenn der Mieter zuvor den fraglichen Maßnahmen nicht zugestimmt hat. 13 1. Diese Frage war schon bei den Gesetzesberatungen umstr. In dem Bericht des Rechtsausschusses (aaO, 4) heißt es dazu, eine Mietzinserhöhung nach § 3 des Gesetzes setze keine Zustimmung des Mieters voraus; nach Duldung der baulichen Maßnahmen könne sich der Mieter gegenüber der Erhöhung des Mietzinses nicht mehr darauf berufen, daß er an sich nicht zur Duldung verpflichtet gewesen sei. 14 Im Anschluß an diese keineswegs eindeutige Stellungnahme des Rechtsausschusses wird im Schrifttum vielfach die Auffassung vertreten, einzige Voraussetzung der Mietzinserhöhung nach § 3 MHRG sei, daß der Mieter zur Duldung der fraglichen Maßnahmen nach § 541 a Abs 2 BGB bzw nach § 20 Abs 1 ModEnG verpflichtet Volker Emmerich

(1366)

2. Wohnraumkiindiguiigsschutzgesetz

Art 3 WKSchG, § 3 MHRG 15,15a, 16

gewesen sei; hingegen sei es nicht erforderlich, daß der Mieter darüber hinaus auch dem einseitigen Eingriff des Vermieters in den Vertrag durch Vornahme der baulichen Maßnahmen zugestimmt habe (BARTHELMESS § 3 Rz 3 ; wohl auch BURKHARDT J u r B ü r o 1975, 561, 564; H - J VOGEL J Z 1975, 73, 79).

2. Dieser Meinung kann nicht zugestimmt werden. Wie der BGH bereits zu § 12 15 AMVO zu Recht entschieden hat, berechtigen den Vermieter ohne Einverständnis des Mieters vorgenommene Verbesserungen des Wohnraums nicht, eine erhöhte Miete zu verlangen, da der Vermieter die Gewährung des Gebrauchs der Wohnung in dem sich aus dem Mietvertrag ergebenden Zustand schuldet; der Vermieter kann sich deshalb nicht auf eine durch eine einseitige Verbesserung der Wohnung bewirkte Änderung des Leistungsgegenstandes zur Begründung seines Verlangens nach Mieterhöhung berufen (LM Nr 2 zu AltbaumietenVO = MDR 1 9 6 8 , 1 0 0 3 = ZMR 1969, 200). Die Praxis hat an dieser Auffassung bisher auch unter der Geltung des § 3 MHRG zu Recht festgehalten (insbes LG Hamburg WuM 1978, 34, 35 f; AG München WuM 1978, 151; vgl auch LG Mannheim WuM 1969, 167; LG Hamburg W u M 1976, 236, 237; ebenso BGB-RGRK-GELHAAR § 3 M H R G Rz 2; insbes STERNEL RZ II, 108, 1 1 3 ff m w N ) .

In der Tat handelt es sich bei baulichen Maßnahmen der hier fraglichen Art wohl durchweg um vom Vermieter vorgenommene Veränderungen des Leistungsgegenstandes und damit um einen Eingriff in den Vertrag. Eine solche Vertragsänderung ist jedoch nach § 305 BGB immer nur mit Einverständnis des anderen Teils möglich. Für die hiernach erforderliche Zustimmung des Mieters reicht die bloße Duldung der Modernisierungsmaßnahmen nach § 541 a Abs 2 BGB bzw nach § 20 Abs 1 ModEnG in keinem Fall aus; der Vermieter muß sich vielmehr, wenn er die Kosten der Modernisierung auf den Mieter umlegen will, um dessen Zustimmung zu den fraglichen Maßnahmen bemühen. Für die Richtigkeit dieser Meinung spricht auch und vor allem, daß nur so eine ganz einseitige Privilegierung des Vermieters durch den bedenklichen § 3 MHRG auf Kosten des Mieters verhindert werden kann (s Vorbem 33 zu § 1 MHRG). 3. Stimmt der Mieter den Modernisierungsmaßnahmen nicht zu, so hindert den 15 a Vermieter nichts, die Maßnahmen gleichwohl durchzuführen, wenn die Mieter zu deren Duldung nach § 541 a Abs 2 BGB bzw nach § 20 Abs 1 ModEnG verpflichtet sind. Jedoch ist der Vermieter dann nicht berechtigt, den Mietzins nach § 3 MHRG (iVm § 14 ModEnG) zu erhöhen (vgl schon § 541 a BGB Rz 32, 39 f). Das ist auch deshalb unbedenklich, weil dem Vermieter in einem solchen Fall immer noch die Möglichkeit bleibt, den Mietzins nach § 2 MHRG zu erhöhen. IV. Konkurrenzen

16

Wie schon im einzelnen ausgeführt (vgl o Vorbem 59 ff zu § 1 MHRG), hat der Vermieter bei Modernisierungsmaßnahmen die Wahl zwischen einer Mietzinserhöhung nach § 2 oder nach § 3 MHRG. Geht er nach § 2 vor, so kann er freilich nicht anschließend den bereits erhöhten Mietzins nochmals durch Umlage der Modernisierungskosten nach § 3 MHRG erhöhen. Wählt der Vermieter hingegen den Weg über § 3, so hindert ihn nichts, sofort anschließend oder zu einem beliebigen späteren Zeitpunkt den Mietzins erneut nach § 2 auf das Niveau der ortsüblichen Miete für vergleichbare modernisierte oder nicht modernisierte Wohnungen anzuheben (zum Verhältnis zu § 5 MHRG s Vorbem 61 zu § 1 MHRG und u Rz 43). Auch in diesem Fall sind jedoch bei öffentlicher Förderung der Baumaßnahmen die Kürzungsbeträge des § 3 Abs 1 S 3-7 MHRG abzuziehen (§ 2 Abs 1 S 2 MHRG nF). (1367)

Volker Emmerich

Art 3 WKSchG, § 3 MHRG 17-21 2. Wohnraumkiindigungsschutzgesetz

17 V. Die begünstigten baulichen Maßnahmen Eine Mietzinserhöhung nach § 3 MHRG ist nur bei baulichen Änderungen möglich, die den Gebrauchswert der Mietsache nachhaltig erhöhen oder die allgemeinen Wohnverhältnisse auf die Dauer verbessern oder nachhaltige Einsparungen von Heizenergie bewirken oder vom Vermieter aufgrund von Umständen durchgeführt werden, die er nicht zu vertreten hat. Diese vier Alternativen stehen selbständig nebeneinander, können sich aber im Einzelfall durchaus überschneiden.

18 1. Baumaßnahmen des Vermieters a) Die Anwendung des § 3 MHRG setzt als erstes voraus, daß überhaupt eine bauliche Maßnahme (vgl § § 3 und 4 ModEnG) vorliegt. Dazu ist zwar nicht unbedingt eine Veränderung der Bausubstanz erforderlich; aber es muß doch ein vorher nicht vorhandener baulicher Zustand geschaffen werden. Das kann auch durch Schaffung neuer Einrichtungen geschehen, sofern sie nicht nur vorübergehend in das Haus eingefügt werden. 19 b) Innerhalb der Baumaßnahmen wird nicht danach unterschieden, ob der Vermieter zu den fraglichen Maßnahmen auf Grund Gesetzes oder Verwaltungsakts verpflichtet war oder nicht. Der Begriff beschränkt sich auch nicht auf notwendige oder angemessene Maßnahmen, so daß grundsätzlich auch Luxusmaßnahmen erfaßt werden. 20 c) Keine Baumaßnahmen sind nach dem Gesagten zum einen solche Einrichtungen, die frei beweglich bleiben und deshalb jederzeit auch wieder entfernt werden können, so daß deren Einfügung keinen Eingriff in die Bausubstanz erfordert, zum anderen und vor allem aber auch sämtliche Instandhaltungs- und Instandsetzungsmaßnahmen, die dem Vermieter ohnehin nach § 536 BGB obliegen. Auch das ModEnG unterscheidet deshalb in § 3 Abs 1 und 2 streng zwischen der Modernisierung einerseits und der bloßen Instandsetzung der Wohnung andererseits.* Das bedeutet freilich nicht, daß sich Erhaltungs- und Verbesserungsmaßnahmen gegenseitig mit Notwendigkeit ausschließen; beide können und werden vielmehr sehr häufig zusammentreffen (§ 3 Abs 3 ModEnG). Beispiele sind etwa die Ersetzung alter Einrichtungen durch neue, wesentlich leistungsfähigere Einrichtungen, zB die Ersetzung einer alten Heizungsanlage durch eine moderne Zentralheizung (OVG Berlin ZMR 1978, 62) oder die Verstärkung alter und reparaturbedürftiger, elektrischer Steigeleitungen (OVG Berlin ZMR 1978, 189; zur Kostenverteilung in diesen Fällen s u Rz 45). 21 d) Nicht unter § 3 MHRG fallen hiernach zB die bloße Ersetzung alter Einrichtungen durch neue, ebenso leistungsfähige Einrichtungen wie etwa die Auswechselung einzelner Gasgeräte (AG Kiel WuM 1977, 171), die Anbringung solcher Einrichtungen oder Raumausstattungen, die keine Bestandteile des Gebäudes werden ( S T E R N E L Rz II 109), sowie die bloße Erneuerung der Steigeleitungen oder der Sicherungen (AG Darmstadt WuM 1977, 213), wohl aber ggf durchaus die Verlegung neuer Leitungen, um die Wohnung an weitere Versorgungsnetze anzuschließen.

* Vgl im einzelnen B A R T H E L M E S S § 3 Rz 7 ff; G E L L W I T Z K I ZMR 1978, 225; H E R M E S ZMR 1976, 292; P A L A N D T - P U T Z O § 3 MHRG Anm 3 a; S C H M I D T - F U T T E R E R Rz C 168 ff; S C H O P P ZMR 1975, 9 7 , 1 0 3 f ; STERNEL R Z I I 1 0 9 f f ; WARNECKE Z M R

1 9 7 6 , 2 2 8 f; W WEIMAR Z M R

Volker Emmerich

1 9 7 6 , 3 4 f. (1368)

2. Wohnraumkiindigungsschutzgesetz

Art 3 WKSchG, § 3 MHRG 22-27

e) Die Baumaßnahmen (o Rz 18 ff) müssen außerdem vom Vermieter durchgeführt 22 worden sein, wenn § 3 MHRG auf sie anwendbar sein soll. Bauherr muß maW der Vermieter sein. Das kann zwar durchaus auch der Hauptmieter im Verhältnis zum Untermieter sein. Hingegen ist kein Raum mehr für die Anwendung des § 3 MHRG, wenn ein Dritter tätig geworden ist, mag auch letztlich der Vermieter die Kosten tragen müssen. So verhält es sich namentlich, wenn die Maßnahmen, zB die Umstellung von Stadtgas auf Erdgas, von der öffentlichen Hand selbst, aber auf Kosten des Vermieters durchgeführt worden sind (ebenso BARTHELMESS § 3 Rz 13; aM SCHMIDT-FUTTERER R Z C 169). Daß es sich nur so verhalten kann, folgt im übrigen schon daraus, daß § 3 MHRG entgegen seinen Vorläufern diesen Fall ausdrücklich nicht mehr erwähnt. 2. Die nachhaltige Erhöhung des Gebrauchswertes

23

Baumaßnahmen in dem erwähnten Sinn (o Rz 18 ff) fallen zunächst dann unter § 3 MHRG, wenn durch sie der Gebrauchswert der Mietsache nachhaltig erhöht wird. Wann dies im einzelnen der Fall ist, ergibt sich namentlich aus § 4 Abs 1 ModEnG. a) Eine Erhöhung des Gebrauchswerts der Wohnung ist nach § 4 Abs 1 ModEnG 24 insbes anzunehmen bei Maßnahmen zur Verbesserung des Zuschnitts der Wohnung, der Belichtung und Belüftung, des Schallschutzes, der Energieversorgung, der Wasserversorgung und der Entwässerung, der sanitären Einrichtungen, der Beheizung und der Kochmöglichkeit, der Funktionsabläufe in der Wohnung, sowie der Sicherheit vor Diebstahl und Gewalt. Dazu kann aber auch ein Anbau gehören, insbes soweit er zur Verbesserung der sanitären Einrichtungen oder zum Einbau eines notwendigen Aufzugs erforderlich ist (§ 4 Abs 1 S 2 ModEnG). § 3 Abs 5 ModEnG stellt schließlich noch klar, daß sich Maßnahmen der Modernisierung auch auf Gebäudeteile außerhalb der Wohnung, auf zugehörige Nebengebäude, sowie auf das Grundstück und auf dessen unmittelbare Umgebung erstrecken können, sofern sie nur der Wohnung zugute kommen. b) Der Begriff der baulichen Änderungen, die zu einer nachhaltigen Erhöhung des 25 Gebrauchswerts der Mietsache führen, ist also grundsätzlich sehr weit auszulegen (vgl schon § 541 a BGB Rz 21 ff m zahlr Nachw). Folglich fallen darunter alle Baumaßnahmen, durch die die Eignung der Wohnung zu Wohnzwecken erhöht, das Wohnen annehmlicher gestaltet, die Verrichtung der gewöhnlichen Hausarbeiten erleichtert oder eine Veränderung oder Verschlechterung der eingebrachten Sachen verhindert oder verringert wird (KG OLGZ 1966, 149 f; LG Hamburg WuM 1974, 158 = MDR 1974, 494), also alle Maßnahmen, durch die die Nutzbarkeit der Wohnung als solche für den Mieter verbessert wird (BARTHELMESS § 3 Rz 9). Die wichtigsten Beispielsfälle zählt § 4 Abs 1 ModEnG auf. Bei der Frage, ob diese Voraussetzungen erfüllt sind, ist ein objektiver Maßstab 26 anzulegen. Keine Rolle spielt also der Standpunkt des einzelnen, gerade (mehr zufällig) betroffenen Mieters; entscheidend ist vielmehr allein die Erhöhung des Nutzwertes der Wohnung aus der Sicht des durchschnittlichen, vernünftigen Mieters. Die Erhöhung des Gebrauchswerts muß jedoch nachhaltig, dh zumindest dauernd 27 und nicht bloß vorübergehend sein. Außerdem wird man anzunehmen haben, daß die Verbesserung auch von einem gewissen Ausmaß sein muß; unerhebliche, dh ganz geringfügige Verbesserungen können dem Vermieter kein Recht auf Mietzinserhöhung geben (str; s BARTHELMESS § 3 Rz 1 0 ; PALANDT-PUTZO § 3 MHRG Anm 3 a ; SCHMIDT-FUTTERER

RZ C

1 8 5 ; STERNEL R Z I I

228 f). (1369)

Volker Emmerich

1 1 0 ; WARNECKE Z M R

1976,

Art 3 WKSchG, § 3 MHRG 28-33 2. Wohnraumkiindigungsschutzgesetz 28 c) Beispiele sind gemäß § 4 Abs 1 ModEnG in erster Linie die folgenden baulichen Maßnahmen: Einbau von Bad oder Toiletten, Verlegung besserer Bodenbeläge, und zwar schon wegen der damit regelmäßig verbundenen Arbeitserleichterung (ebenso BARTHELMESS § 3 R z 1 0 ; HERMES Z M R 1 9 7 6 , 2 2 9 ; SCHMIDT-FUTTERER RZ C 1 7 9 ; WARNECKE ZMR 1 9 7 6 , 2 2 8 f; aM zB W WEIMAR ZMR 1 9 7 6 , 33, 3 4 ) , der Einbau

einer Zentralheizung oder einer Warmwasser-Versorgungsanlage (OVG Berlin ZMR 1978, 62; WuM 1974, 90, 91), der Einbau von Doppelfenstern anstatt einfacher Fenster wegen der damit verbundenen Verbesserung der Schallisolation (HERMES und WARNECKE aaO; aM zB PALANDT-PUTZO § 3 MHRG Anm 3 a), die Errichtung einer Gemeinschaftsantenne, sowie die Verlegung stärkerer Steigeleitungen oder von Leitungen mit höheren Anschlußwerten als bisher, und zwar ganz ohne Rücksicht darauf, ob die augenblicklichen Mieter von dieser Verbesserung überhaupt Gebrauch machen (OVG Berlin ZMR 1978, 189; AG Hamburg ZMR 1963, 89; aM AG Osnabrück WuM 1977, 262 für die Anlage von Aufstellplätzen für Waschmaschinen, wenn die Mieter davon keinen Gebrauch machen; aber dann werden die Mieter der Maßnahme auch nicht zugestimmt haben; s o Rz 12 ff). Überhaupt gehört hierher jede Modernisierung der Räume oder der Wohnung insgesamt, zB durch einen besseren Zuschnitt der Räume oder durch die Beseitigung von Schrägen oder Trennwänden (W WEIMAR ZMR 1 9 7 6 , 3 3 , 3 4 ; dagegen HERMES aaO). Hingegen genügt nicht die bloße Erneuerung der Installationen wie zB der Steigeleitungen ohne gleichzeitige Erhöhung der Anschlußwerte (AG Hamburg ZMR 1963, 89; AG Darmstadt WuM 1977, 213).

29 d) Hingegen fallen alle Maßnahmen, mit denen lediglich eine Erleichterung oder eine Kostensenkung für den Vermieter verbunden ist, nicht unter § 3 MHRG. Deshalb stellt es keine Verbesserungsmaßnahme dar, wenn eine Koksheizung auf Öl oder eine Stadtgasheizung auf Erdgas umgestellt wird, sofern der Betrieb dem Vermieter obliegt. Denn für den Mieter sind damit keinerlei Erleichterungen oder Verbesserungen verbunden.* 30 Anders ist die Situation jedoch, wenn durch die Umstellung für den Mieter die Bedienung der Heizung erleichtert oder verbilligt wird (ebenso OVG Berlin WuM 1974, 90, 91). 31 e) Aus denselben Erwägungen heraus liegt auch keine Verbesserung durch bauliche Maßnahmen vor, wenn lediglich die Nutzfläche der Wohnung vergrößert wird (LG Kiel WuM 1977, 120 f; 1977, 125); vielmehr handelt es sich dann um eine bloße Änderung des Vertragsgegenstandes, die stets nur aufgrund entsprechender Abreden der Parteien möglich ist (§ 541 a BGB Rz 22). 32 f) Ein besonderes Problem stellen schließlich die sog Luxusmaßnahmen dar, weil das Gesetz seinem Wortlaut nach keine Beschränkung auf notwendige oder auch nur angemessene Maßnahmen enthält (aM offenbar OVG Berlin ZMR 1978, 62, 64). Folglich fallen unter § 3 MHRG grundsätzlich auch besonders teure und aufwendige, in dieser Form gar nicht notwendige und dem Mieter möglicherweise ganz unerwünschte Modernisierungsmaßnahmen (s SCHMIDT-FUTTERER RZ C 172). 33 Dies zeigt erneut, wie notwendig es ist, die Berechtigung des Vermieters zur Umlage der Modernisierungskosten auf den Mieter nach § 3 MHRG von der Zustimmung

* Sehr str; ebenso wie hier insbes KG OLGZ 1966, 149 f; OVG Berlin WuM 1974, 90, 91; LG Hamburg MDR 1974, 494 = WuM 1974, 158; BARTHELMESS § 3 Rz 9; SCHMIDT-FUTTERER R Z C 180; STERNEL R Z II 110 f; aM insbes BVerwGE 27, 202; BVerwG ZMR 1976, 304, 306; LG Bremen HambGE 1963, 8; LG Oldenburg MDR 1964,153; B G B - R G R K - G E L H A A R § 3 MHRG R z 3 ; GELHAAR Z M R 1 9 7 8 , 1 6 4 ,

165.

Volker Emmerich

(1370)

2. Wohnraumkiindigungsschutzgesetz

Art 3 WKSchG, § 3 MHRG 34-36

des Mieters zu den betreffenden baulichen Maßnahmen abhängig zu machen (o Rz 12 ff). Denn nur dann hat der Mieter die Möglichkeit, den Vermieter daran zu hindern, auf seine Kosten die Wohnung in ein Luxusappartement zu verwandeln. Zugleich kann auf diese Weise auch ohne weiteres verhindert werden, daß der Mieter mit schuldhaft überhöhten oder unnötig aufwendigen Kosten belastet wird, da der Vermieter mit solchen Maßnahmen wohl stets gegen die zugrundeliegenden Abreden der Parteien verstoßen wird und deshalb diese Kosten nicht abwälzen darf (s u Rz 49).

3. Die dauernde Verbesserung der allgemeinen Wohnverhältnisse

34

a) Bauliche Änderungen berechtigen den Vermieter außerdem dann zur Mietzinserhöhung, wenn sie eine dauernde Verbesserung der allgemeinen Wohnverhältnisse zur Folge haben. Nach § 4 Abs 2 ModEnG fallen darunter insbes die Anlage und der Ausbau von nichtöffentlichen Gemeinschaftsanlagen wie Kinderspielplätzen, Grünanlagen, Stellplätzen und anderen Verkehrsanlagen. Das Gesetz faßt hier also nicht nur die einzelne Wohnung, sondern das Haus insgesamt und darüber hinaus auch seine Umgebung einschließlich der Zugänge und Anschlüsse ins Auge (vgl § 3 Abs 4 ModEnG; B A R T H E L M E S S § 3 Rz 10; S T E R N E L Rz II 211; W A R N E C K E ZMR 1976, 228).

b) Beispiele sind außer den in § 4 Abs 2 ModEnG bereits genannten noch die 35 folgenden baulichen Maßnahmen: der Anschluß an die Kanalisation oder an Versorgungsleitungen, der Einbau eines Fahrstuhles, der Bau von Garagen (aM H E R M E S ZMR 1976, 229), nicht hingegen der bloße Einbau einer Gegensprechanlage oder von Hausbriefkästen (str).

4. Die nachhaltige Einsparung von Heizenergie

35

Seit dem ÄnderungsG zum WoModG v 27. 6. 1978 (BGBl I 878) fallen unter die nach § 3 Abs 1 MHRG begünstigten Baumaßnahmen des Vermieters auch alle Maßnahmen, die nachhaltig Einsparungen von Heizenergie bewirken. Darunter sind nach § 4 Abs 3 ModEnG nF solche Maßnahmen zu verstehen, durch die die Wärmedämmung von Fenstern, Türen, Wänden oder Decken wesentlich verbessert wird, durch die der Energieverlust oder -verbrauch von zentralen Heizungs- und Warmwasseranlagen wesentlich vermindert wird, durch die solche Anlagen an bestimmte, besonders förderungswürdige Fernwärmeversorgungsanlagen angeschlossen werden, durch die Wärme zurückgewonnen wird oder durch die Energie durch Wärmepumpen- und Solaranlagen genutzt wird. Zweck der Aufnahme aller dieser energiesparender Baumaßnahmen in dem Katalog 35 der nach § 3 Abs 1 begünstigten Baumaßnahmen des Vermieters ist es, den Eigentümern von Miethäusern einen zusätzlichen Anreiz zur Vornahme solcher Baumaßnahmen zu geben, um den gerade in Miethäusern besonders hohen Energieverbrauch zu beschränken und damit langfristig die Importabhängigkeit Deutschlands namentlich bei Mineralöl zu mildern (vgl die Begr z RegE des ÄndG z WoModG BT-Dr 8 [1978]/1692).

5. Die vom Vermieter nicht zu vertretenden baulichen Änderungen a) Unter § 3 MHRG fallen schließlich noch solche bauliche Änderungen, die auf Umständen beruhen, die der Vermieter nicht zu vertreten hat. Der Gesetzgeber (1371)

Volker Emmerich

36

Art 3 WKSchG, § 3 MHRG

37-40

2. Wohnraumkiindigungsschutzgesetz

hatte dabei vor allem Fälle wie die Umstellung von Stadtgas auf Erdgas oder wie die Änderung von Freileitungen in Erdleitungen aufgrund behördlicher Anordnungen im Auge (Begr z RegE aaO 11). Hierher gehören also vor allem solche baulichen Änderungen, die der Vermieter bei Vertragsschluß beim besten Willen nicht voraussehen und deshalb auch nicht bei der Berechnung des Mietzinses berücksichtigen konnte, weil sie auf nachträglichen, gesetzlichen oder behördlichen Anordnungen beruhen.* 37 b) Hingegen hat der Vermieter (selbstverständlich) sämtliche Baumaßnahmen zu vertreten, zu denen er nach den §§ 535 ff BGB oder auf Grund besonderer Abreden der Parteien verpflichtet ist. Bei den verbleibenden Maßnahmen wird darauf abzustellen sein, ob ein sorgfältiger Vermieter in der Lage gewesen wäre, die betreffenden zusätzlichen Kosten zu vermeiden (eingehend LG Hamburg WuM 1974, 225 = M D R 1974, 759 m Nachw; STERNEL RZ II 112).

38 VI. Die Berechnung der Mietzinserhöhung Nach § 3 Abs 1 S 1 MHRG kann der Vermieter nach Durchführung der baulichen Maßnahmen (o Rz 17 ff) eine Erhöhung des Mietzinses um 11% der für die Wohnung aufgewendeten Kosten verlangen. Sind durch die fraglichen Maßnahmen gleichzeitig mehrere Wohnungen betroffen worden, so sind jedoch die Kosten zuvor angemessen auf die einzelnen Wohnungen aufzuteilen (S 2 aaO). In bestimmten Fällen sind außerdem die Kosten um verschiedene Kürzungsbeträge zu verringern (S 3 - 6 aaO).

39 1. Der Ausgangsmietzins a) Ausgangspunkt der Erhöhung war nach § 3 Abs 1 S 1 MHRG ursprünglich „die jährliche Miete vor Durchführung der baulichen Änderungen". Mit dieser unklaren Formulierung konnte sowohl der Jahresbetrag des letzten monatlichen Mietzinses vor Abschluß der baulichen Maßnahmen (so BARTHELMESS § 3 Rz 20; GELHAAR ZMR 1978, 164) als auch der tatsächlich gezahlte Mietzins der letzten 12 Monate gemeint sein (so MARIENFELD ZMR 1978, 38 f; SCHMIDT-FUTTERER RZ C 202). Die Frage erlangte vor allem Bedeutung, wenn im letzten Jahr vor den Baumaßnahmen der Mietzins, zB nach § 2 MHRG, erhöht worden ist. In einem solchen Fall wirkte sich nur bei Zugrundelegung der zweiten Meinung der frühere, niedrigere Mietzins im Rahmen des § 3 MHRG zu Gunsten des Mieters aus (vgl die Berechnungsbeispiele von MARIENFELD aaO). 40 b) Durch das ÄnderungsG v 27. 6. 1978 (BGBl I 878) (Art 3 Nr 2 lit a) hat § 3 Abs 1 S 1 MHRG insoweit einen neuen Wortlaut erhalten. Es heißt jetzt nur noch, daß der Vermieter Anspruch auf Erhöhung der „jährlichen Miete" um 11% habe. Offenbar sollte damit § 3 Abs 1 S 1 MHRG an § 14 Abs 1 S 1 ModEnG angepaßt werden, wo auf die „zuletzt vereinbarte Miete" abgestellt ist. Damit ist klargestellt, daß auch in § 3 Abs 1 MHRG bei der Erhöhung von dem Jahresbetrag des letzten monatlichen Mietzinses vor Abschluß der Baumaßnahmen auszugehen ist.

* BARTHELMESS § 3 R z 1 2 ; SCHMIDT-FUTTERER R z C 1 8 1 ; 1 8 7 , 1 8 8 ; STERNEL RZ II 1 1 2 ; VOGEL J Z 1 9 7 5 , 7 3 , 7 8 ; W WEIMAR Z M R 1 9 7 6 , 3 3 , 3 4 .

Volker Emmerich

(1372)

2. Wohnraumkiindigungsschutzgesetz

Art 3 WKSchG, § 3 MHRG 41-47

2. Die zu berücksichtigenden Kosten

41

Der Ursprungsmietzins (o Rz 39 f) ist nach § 3 Abs 1 S 1 MHRG um 11% der vom Vermieter tatsächlich für die Wohnung aufgewandten Kosten der baulichen Änderungen zu erhöhen. Im Regelfall dürfte die Erfassung dieser Kosten keine Schwierigkeiten bereiten. Es gibt jedoch eine Reihe von Fällen, in denen schwierige Abgrenzungsfragen auftauchen können. a) Auszugehen ist davon, daß bei einer Mietzinserhöhung auf Grund des § 3 MHRG 42 nur die dem Vermieter tatsächlich entstandenen Kosten berücksichtigt werden dürfen, diese aber in ihrer Gesamtheit (OVG Berlin WuM 1 9 7 4 , 9 0 , 9 1 ; ZMR 1 9 7 8 , 63; 1978, 189). Sie ergeben sich grundsätzlich aus einer Addition der Rechnungsbeträge der Bauhandwerker. Hat der Vermieter die Maßnahmen ganz oder teilweise selbst durchgeführt, so müssen diese Eigenleistungen nach den dafür üblichen Preisen bei einer Erbringung durch Dritte veranschlagt werden (BARTHELMESS § 3 R z 1 4 ; SCHMIDT-FUTTERER R Z C

191).

b) Aus dem Gesagten folgt unmittelbar, daß die Finanzierungskosten des Vermieters 43 nicht zu den berücksichtigungsfähigen Kosten gehören. Ihre Erhöhung kann daher auch nicht eine weitere Mietzinserhöhung nach § 5 MHRG rechtfertigen (Vorbem 61 zu § 1 MHRG). c) Dem Vermieter sind außerdem tatsächlich gar keine Kosten entstanden, wenn die 44 Arbeiten vom Mieter oder von Dritten unentgeltlich durchgeführt worden sind oder wenn die Kosten vom Mieter oder für den Mieter von einem Dritten übernommen worden sind; dasselbe gilt für alle Kosten, die mit Zuschüssen aus öffentlichen Haushalten gedeckt werden (§ 3 Abs 1 S 6 MHRG nF). Als Zuschüsse aus öffentlichen Haushalten gelten dabei auch Mittel der Finanzierungsinstitute des Bundes oder eines Landes ( § 3 Abs 1 S 7 MHRG nF). In allen diesen Fällen verbietet sich in der Tat von selbst eine Abwälzung dieser dem Vermieter gar nicht entstandenen Kosten auf den Mieter. d) Unklar und umstritten ist die Rechtslage, wenn die Verbesserungsmaßnahmen 45 zugleich dem Vermieter nach § 536 BGB oder auf Grund besonderer Abreden obliegende Erhaltungsmaßnahmen umfassen (s o Rz 20). Beispiele sind etwa die Ersetzung alter, verrotteter, einfacher Fenster durch moderne, besonders gut isolierende Doppelfenster, die Ersetzung alter, nicht mehr funktionierender Öfen durch eine moderne Zentralheizung oder die Ersetzung alter, den heutigen Anforderungen nicht mehr genügender Steigeleitungen durch neue, wesentlich leistungsfähigere Leitungen. Nach hM müssen in diesen Fällen die dem Vermieter entstandenen Gesamtkosten, 46 notfalls im Wege der Schätzung (§ 287 Abs 2 ZPO), auf die Verbesserungs- und die Erhaltungsmaßnahmen aufgeteilt werden. Im Rahmen des § 3 MHRG zu berücksichtigen ist dann nur der auf die Verbesserungsmaßnahmen entfallende Teil der Kosten (MARIENFELD ZMR 1978, 38, 39; STERNEL R Z II 118; WARNECKE ZMR 1 9 7 6 , 2 2 8 , 2 2 9 ; GELLWITZKI, Z M R

1 9 7 8 , 2 2 5 ff m N ) .

Hingegen hat das OVG Berlin wiederholt zu dem gleichlautenden § 11 AMVO 47 Berlin entschieden, bei Ersetzung alter Einrichtungen durch bessere neue Einrichtungen komme ein Abzug des Restwertes der alten Einrichtungen von den Baukosten nur in Betracht, wenn die alten Einrichtungen ausnahmsweise noch verwertet würden, im Regelfall also nicht; eine Kürzung der Kosten um fiktive Einsparungen sei nicht zulässig; die zu ersetzenden Kosten umfaßten vielmehr auch die durch die Baumaßnahmen zugleich verursachten Instandsetzungskosten (WuW 1974, 90, 91; ZMR 1978, 62, 63 f; 1978, 189 f = GrundE 1977, 57; 1978, 197; zust G E L H A A R ZMR 1978, 164 f). Das Gericht hat zugleich betont, der dann naheliegenden (1373)

Volker Emmerich

Art 3 W K S c h G , § 3 M H R G 48-52 2 . Wohnraumkiindigungsschutzgesetz

Gefahr, daß notwendige Instandsetzungsmaßnahmen bis zur Durchführung von Modernisierungsmaßnahmen verzögert würden, könne dadurch begegnet werden, daß in jedem Fall auf den Schwerpunkt der fraglichen Maßnahme abgestellt werde (ZMR 1978, 189, 190 = GrundE 1978, 197). 48 Nach § 14 Abs 3 ModEnG bleiben bei der Ermittlung der Miete nach § 14 ModEnG iVm § 3 MHRG die für die Instandsetzung aufgewendeten Kosten unberücksichtigt, obwohl an sich mit Verbesserungsmaßnahmen verbundene Instandsetzungsmaßnahmen auch als Modernisierung gelten (§ 3 Abs 3 ModEnG). Daraus folgt, daß bei der Berechnung der Miete aus den Modernisierungskosten die Kosten von Instandsetzungsmaßnahmen wieder auszuscheiden sind. Entgegen dem OVG Berlin (o Rz 47) ist daher der hM (o Rz 46) zu folgen, zumal auch nur so verhindert werden kann, daß die Vermieter auch noch die ihnen obliegenden Instandsetzungskosten durch die bloße Verbindung mit Verbesserungsmaßnahmen auf die Mieter abzuwälzen. 49 e) Auch die Kosten von Luxusmaßnahmen sind, jedenfalls in aller Regel, nicht berücksichtigungsfähig. Dasselbe gilt für die Kosten sonstiger unnötig aufwendiger Maßnahmen und für schuldhaft überhöhte Kosten. Das folgt aus den zugrunde liegenden Abreden der Parteien, die durch die notwendige Zustimmung des Mieters zu den vom Vermieter geplanten Maßnahmen Zustandekommen (o Rz 12 ff, 32 f; i Erg ganz ähnlich BARTHELMESS § 3 Rz 1 5 f; SCHMIDT-FUTTERER R Z C 2 0 8 ) .

50 3. Die Modernisierung mehrerer Wohnungen a) In Mehrfamilienhäusern werden die baulichen Maßnahmen idR gleichzeitig mehrere oder sogar alle Wohnungen betreffen. Für diesen Fall bestimmt S 2 des § 3 Abs 1 MHRG, daß die umlagefähigen Kosten (o Rz 41 ff) vom Vermieter angemessen auf die einzelnen Wohnungen aufzuteilen sind. Die Kosten müssen also auf alle begünstigte Mieter, nicht nur auf einzelne von ihnen, umgelegt werden; es ist auch nicht zulässig, die Kostenanteile, die von einzelnen Mietern nicht zu erlangen sind, zusätzlich den anderen (zahlungsfähigen) Mietern aufzuerlegen (SCHMIDT-FUTTERER Rz C 199, 201). 51 b) Die Aufteilung der Kosten auf die einzelnen Wohnungen muß außerdem angemessen sein; dh der Vermieter muß die Aufteilung nach billigem Ermessen, das im Rahmen des § 315 BGB von den Gerichten überprüfbar ist, vornehmen. Im Zweifel wird sich die Aufteilung folglich nach der Wohnfläche zu richten haben (SCHMIDTFUTTERER Rz C 2 0 0 ) . Es kommen jedoch auch andere Kriterien in Betracht. Wird zB ein Fahrstuhl in das Haus eingebaut, so profitieren davon die höheren Wohnungen offenkundig weit mehr als die unteren Wohnungen, so daß progressiv die Wohnungen von unten nach oben höher belastet werden können (BARTHELMESS § 3 Rz 18). 52 4. Die Kttrzungsbeträge Sind die Kosten des Vermieters durch Zuschüsse oder Darlehen Dritter und insbes der öffentlichen Hand verbilligt worden, so darf der Vermieter die auf diese Weise ersparten Kosten nicht auf die Mieter umlegen. Deshalb müssen, damit auch die Mieter in den Genuß derartiger Zuschüsse und Darlehen kommen, von den Baukosten (o Rz 41 ff) bestimmte Kürzungsbeträge abgezogen werden (§ 3 Abs 1 S 3-7 MHRG). Das gilt selbst dann, wenn der Vermieter nicht nach § 3, sondern nach § 2 MHRG vorgeht (§ 2 Abs 1 S 2 MHRG nF), um zu verhindern, daß der Vermieter nach öffentlicher Förderung seiner Modernisierungsmaßnahmen die KürVolker Emmerich

(1374)

2. Wohnraumkiindigungsschutzgesetz

Art 3 WKSchG, § 3 MHRG 53-59

zung der umlagefähigen Kosten um die öffentlichen Zuschüsse durch das Ausweichen auf § 2 MHRG umgeht. a), aa) Eine Kürzung kommt zunächst in Betracht, wenn die Kosten ganz oder 53 teilweise durch zinsverbilligte oder zinslose Darlehen aus öffentlichen Haushalten gedeckt werden; den Darlehen aus öffentlichen Haushalten stehen dabei Darlehen der Finanzierungsinstitute des Bundes oder eines Landes gleich (§ 3 Abs 1 S 7 MHRG nF). In diesen Fällen verringert sich der Erhöhrungsbetrag nach S 3 des § 3 Abs 1 MHRG um den (absoluten) Jahresbetrag der Zinsermäßigung, der sich für den Ursprungsbetrag des Darlehens aus dem Unterschied im Zinssatz gegenüber dem marktüblichen Zinssatz für erststellige Hypotheken zum Zeitpunkt der Beendigung der Maßnahme ergibt. Dasselbe gilt, wenn Zuschüsse oder Darlehen zur Deckung der laufenden Aufwen- 54 düngen gewährt werden. Der Erhöhungsbetrag verringert sich dann also um den (absoluten) Jahresbetrag des Zuschusses oder Darlehens (§ 3 Abs 1 S 3 HS 2 MHRG). In welcher Form sich die öffentliche Hand an den Modernisierungskosten beteiligt, 55 regelt vor allem § 13 ModEnG. Danach werden die Mittel in erster Linie als Zuschüsse zur Deckung von laufenden Aufwendungen oder der Kosten der Modernisierung gewährt; an die Stelle der Zuschüsse können auch zinsverbilligte Darlehen der Finanzierungsinstitute des Bundes und der Länder treten ( § 1 3 Abs 1 ModEnG). Bei energiesparenden Maßnahmen sind aber die Zuschüsse der Höhe nach begrenzt (§ 13 Abs 2 ModEnG). Bei umfangreichen Modernisierungsmaßnahmen können schließlich auch Darlehen zur Deckung der Kosten gewährt werden ( § 1 3 Abs 3 ModEnG). Als weitere Grundlage für solche Zuschüsse kommen daneben noch die §§ 42 Abs 6, 88 und 88 b Abs 3 lit b des 2. WohnungsbauG in Betracht (vgl BARTHELMESS § 3 R z 2 7 ) .

bb) Die Berechnung des Kürzungsbetrages ist in allen Fällen dieselbe: Es muß 56 zunächst der jährliche Erhöhungsbetrag (11% der tatsächlich aufgewandten Kosten) ermittelt werden; davon ist dann der jährlich vom Vermieter tatsächlich ersparte Betrag infolge der Zinsverbilligung oder der Zuschüsse abzuziehen. Der Rest kann auf die Mieter umgelegt werden (vgl die Berechnungsbeispiele bei BARTHELMESS § 3 R z 3 0 f f ; R U P P Z M R 1 9 7 7 , 3 2 3 f ; STERNEL R Z I I

119).

Verringern sich freilich die öffentlichen Zuschüsse von Jahr zu Jahr, wie es im 57 Augenblick aufgrund der Modernisierungsprogramme des Bundes der Fall ist, so müssen auch entsprechend jährlich die Kürzungsbeträge verringert werden ( R U P P aaO). b) Ebenso wie Darlehen aus öffentlichen Haushalten sind außerdem zu behandeln 58 Mieterdarlehen, Mietvorauszahlungen und Leistungen, die von Dritten wie zB von einem Arbeitgeber für den Mieter für die baulichen Änderungen erbracht werden (S 4 des § 3 Abs 1 MHRG). Auch hier ist also der Erhöhungsbetrag entsprechend zu kürzen. Die Berechnung ist dieselbe wie in den soeben erwähnten Fällen (s deshalb im einzelnen o Rz 56 f). c) Die Berechnung des Kürzungsbetrages bereitet zusätzliche Schwierigkeiten, wenn 59 die baulichen Maßnahmen des Vermieters gleichzeitig mehrere Wohnungen betroffen haben. In solchen Fällen ist in erster Linie festzustellen, wie hoch die öffentlichen Darlehen oder Zuschüsse für die einzelnen Wohnungen sind. Nur wenn sich dies nicht feststellen läßt, sind die Kürzungsbeträge gern § 3 Abs 1 S 5 MHRG nach dem Verhältnis der für die einzelnen Wohnungen aufgewandten Kosten aufzuteilen. In diesem Falle ist maW für die Verteilung der Kürzungsbeträge derselbe Maßstab (1375)

Volker Emmerich

Art 3 WKSchG, § 3 MHRG 60-66 2. Wohmaumkiindigungsschutzgesetz

wie bei der Aufteilung der Kosten selbst auf die einzelnen Wohnungen anzuwenden ( o R z 5 0 f; BARTHELMESS § 3 R z 2 9 ; STERNEL RZ II 120).

60 d) Eine weitere Kürzung des schließlich zu zahlenden neuen Mietzinses kann sich ergeben, wenn der Mieter vor Durchführung der baulichen Maßnahmen an sich zur Minderung nach § 537 BGB berechtigt gewesen war, der Mietzins aber bisher tatsächlich nicht gemindert worden war. Bestehen dann die Mängel auch nach Durchführung der Baumaßnahmen fort, so ist die zunächst nach § 3 MHRG erhöhte Miete anschließend wieder gern § 537 Abs 1 BGB zu mindern (BGH LM Nr 9 zu § 18 1. BMG; LG Mannheim WuM 1978, 95). VII. Die Erhöhungserklärung 1. Überblick ' 61 a) Während § 2 MHRG dem Vermieter lediglich einen Anspruch auf Zustimmung des Mieters zu einer Vertragsänderung gibt, verleiht § 3 (ebenso wie die §§ 4 und 5 MHRG) dem Vermieter ein Gestaltungsrecht, durch dessen Ausübung er mithin ohne Mitwirkung des Mieters einseitig den Mietzins erhöhen kann. Dieses Gestaltungsrecht wird durch die sog Erhöhungserklärung ausgeübt. 62 b) Die Erhöhungserklärung kann erst nach Abschluß der Baumaßnahmen abgegeben werden. Sie muß schriftlich erfolgen und begründet sein (§ 3 Abs 1 S 1 und Abs 3 MHRG). Das Gesetz folgt insoweit den Vorbildern des § 18 1. BMG und des § 10 Abs 1 1. WoBindG von 1965. 63 c) Genügt die Erhöhungserklärung diesen Anforderungen nicht, so ist sie unwirksam, kann aber jederzeit nachgeholt werden. Irgendwelche Sperrfristen bestehen nicht. 64 2. Der maßgebende Zeitpunkt a) Nach § 3 Abs 1 S 1 M H R G und nach § 14 Abs 1 ModEnG kann der Mietzins erst nach Durchführung, dh nach vollständigem Abschluß der baulichen Maßnahmen, vom Vermieter einseitig erhöht werden. Der Mieter muß also den erhöhten Mietzins stets erst zahlen, wenn die modernisierte Wohnung für ihn wieder in vollem Umfang n u t z b a r ist (BGB-RGRK-GELHAAR § 3 M H R G R z 5; SCHMIDT-FUTTERER R z C 2 1 1 ; STERNEL RZ II 126; vgl im übrigen auch noch die Übergangsregelung des Art 4 Abs

2 WKSchG II).

65 b) Aus der gesetzlichen Regelung wird überdies idR der Schluß gezogen, daß es dem Vermieter auch nicht gestattet ist, schon vor oder während der Durchführung der Maßnahmen eine Erhöhungserklärung für die Zeit nach der Durchführung der Maßnahmen abzugeben (BayObLG ZMR 1972, 26, 27 = WuM 1971, 151; BARTHELMESS § 3 RZ 4 7 ) . Die Richtigkeit dieser Meinung folgt schon daraus, daß vor endgültigem Abschluß der Maßnahmen der Vermieter deren tatsächliche Kosten gar nicht kennen kann. 66 c) Das Gesagte (o Rz 64 f) gilt aber nur für die Ausübung des Gestaltungsrechts des Vermieters aus § 3 MHRG. Hingegen sind Abreden der Parteien über den Mietzins jederzeit ohne Rücksicht auf § 3 MHRG möglich (§ 10 Abs 1 MHRG). Verlangt man für die Anwendung des § 3 MHRG eine Zustimmung des Mieters zu den Baumaßnahmen des Vermieters (o Rz 12 ff), so werden solche Abreden der Parteien über eine etwaige Mietzinserhöhung nach der Modernisierung der Wohnung sogar die Regel sein. Volker Emmerich

(1376)

2. Wohnraumkiindigungsschutzgesetz

Art 3 WKSchG, § 3 MHRG 67-72

3. Form und Inhalt der Erklärung

67

a) Die Erhöhungserklärung ist eine einseitige, empfangsbedürftige Willenserklärung, für die Schriftform vorgeschrieben ist (§ 3 Abs 3 S 1 MHRG; vgl § 126 BGB iVm § 8 MHRG). Die Erklärung muß also in ihrer Gesamtheit schriftlich abgefaßt sein und in dieser Form dem oder den Mietern zugehen; andernfalls ist sie unwirksam (§ 125 Abs 1 BGB; BGH LM Nr 26/27 zu § 18 1. BMG). b) Inhaltlich muß die Erklärung auf die Erhöhung des Mietzinses wegen der 68 Durchführung bestimmter baulicher Maßnahmen gerichtet sein und den Willen des Vermieters erkennen lassen, fortan einen höheren Mietzins zu fordern (s u Rz 72). Außerdem muß die Erklärung begründet sein. 4. Die Begründung der Erklärung

69

a) Nach § 3 Abs 3 S 2 MHRG ist die Erhöhungserklärung nur wirksam, wenn in ihr die Mietzinserhöhung auf Grund der entstandenen Kosten berechnet und außerdem entsprechend den Voraussetzungen nach § 3 Abs 1 MHRG erläutert ist. Nicht anders als bei § 2 MHRG verfolgt das Gesetz mit diesem zusätzlichen Erfordernis den Zweck, den Mieter in die Lage zu versetzen, die Berechtigung der Vermietererklärung nachzuprüfen; dazu soll dem Mieter ein einigermaßen deutliches Bild davon verschafft werden, auf Grund welcher Berechnungen und sonstigen Umständen der Vermieter zu der Mieterhöhung gekommen ist. b) Die Begründung muß sich nach dem Gesetz grundsätzlich aus zwei Bestanteilen 70 zusammensetzen. Erster Bestandteil ist die Berechnung des auf die einzelne Wohnung entfallenden Erhöhungsbetrages, zweiter Bestandteil die Erläuterung „entsprechend den Voraussetzungen nach § 3 Abs 1 MHRG". aa) (1) Die Berechnung des Erhöhungsbetrages muß von den Gesamtkosten der 71 Baumaßnahmen ausgehen, Aufschluß über deren Finanzierung geben, sofern Kürzungsbeträge abzuziehen sind, und daraus in übersichtlicher und leicht verständlicher Weise den auf die einzelne Wohnung entfallenden Erhöhungsbetrag ableiten. Zu nennen sind also auch die jeweils angewandten Verteilungsschlüssel. Doch dürfen dabei die Anforderungen an den Vermieter nicht überspannt werden; einzelne kleinere Mängel der Berechnung sind unschädlich.* (2) Umstr ist, ob in der Erhöhungserklärung auch der Betrag der auf den einzelnen 72 Mieter entfallenden (monatlichen) Mietzinserhöhung genannt werden muß. Die hM verneint dies mit der Begründung, es genüge die Angabe des auf die einzelne Wohnung entfallenden Erhöhungsbetrages; es wird jedoch gefordert, daß die Berechnung soweit spezifiziert und aufgeschlüsselt ist, daß die jeweilige Mietzinserhöhung für den Mieter ohne weiteres bestimmbar ist (so zB BARTHELMESS § 3 Rz 51; SCHMIDT-FUTTERER R z C 2 5 9 f ) .

Dieser Meinung kann indessen nicht zugestimmt werden. § 3 MHRG gibt dem Vermieter ein Gestaltungsrecht auf Erhöhung des Mietzinses. Deshalb liegt es in der Natur der Sache, daß in der Erklärung, mit der das Gestaltungsrecht ausgeübt wird, auch der neue Mietzins genannt wird, damit Klarheit darüber besteht, mit welchem Inhalt fortan der Vertrag zwischen den Parteien gilt (o Rz 68; STERNEL R Z II 122).

* So zB BGH LM Nr 8, 13 u 26/27 zu § 18 1. BMG; LG Essen ZMR 1957, 308; LG Hamburg WuM 1973, 64, 65; 1976, 236, 237; LG Münster ZMR 1972, 214; LG Kassel ZMR 1965, 278 = M D R 1 9 6 5 , 1 4 0 ; BARTHELMESS § 3 R z 4 9 f f ; SCHMIDT-FUTTERER RZ C 2 1 7 , 2 5 9 ff; STERNEL RZ 1 2 1 f.

II

(1377)

Volker Emmerich

Art 3 WKSchG, § 3 MHRG 73-79 2. Wohnraumkündigungsschutzgesetz

73 (3) Der Mieter hat außerdem ein Recht auf Einsicht in die bei dem Vermieter liegenden Belege, weil er nur so die Berechtigung der Erhöhungserklärung nachprüfen kann; deshalb muß die Berechnung soweit aufgeschlüsselt und spezifiziert sein, daß sie ohne weiteres an Hand der Belege überprüft werden kann (LG Hamburg WuM 1976, 236, 237). Hingegen genügt es nicht, wenn der Vermieter den Mieter einfach darauf verweist, Einsicht in die Belege zu nehmen, auf eine weitere Begründung aber verzichtet (LG Essen ZMR 1957, 308; LG Münster ZMR 1972,214). Ist die Berechnung in einer besonderen Anlage enthalten, so muß sie mit der Erhöhungserklärung dem Mieter zugehen und bei diesem verbleiben (LG Kassel ZMR 1965, 278 = MDR 1965, 140). 74 bb) Neben der Berechnung (o Rz 71 ff) ist nach § 3 Abs 3 S 2 MHRG als zweiter Bestandteil der Begründung eine Erläuterung der Erklärung „entsprechend den Voraussetzungen nach Abs 1" erforderlich. Da sich jedoch die Begründung für den Erhöhungsbetrag aus der ohnehin erforderlichen Berechnung ergibt, kann mit der zusätzlich erforderlichen Erläuterung nur eine solche des Grundes der Erhöhungserklärung gemeint sein. 75 Folglich muß in der Erhöhungserklärung auch die Art der durchgeführten Maßnahmen im einzelnen erläutert und begründet werden. In allen Zweifelsfällen gehört dazu auch, daß der Vermieter erläutert, warum die fraglichen Maßnahmen ihm überhaupt ein Recht zur Erhöhung des Mietzinses geben (vgl BARTHELMESS § 3 R Z 5 0 f ; SCHMIDT-FUTTERER R Z C 2 1 7 , 2 5 9 ) .

VIII. Die Hinweispflicht des Vermieters 1. Zweck 76 Umfangreiche Modernisierungsmaßnahmen des Vermieters können nach § 3 MHRG (iVm § 14 ModEnG) zu ganz erheblichen Mietzinssteigerungen führen. Der Gesetzgeber hat deshalb dem Mieter in § 9 Abs 1 S 2 MHRG ein besonderes Kündigungsrecht für den Fall eingeräumt, daß die Wohnung für ihn infolge der Modernisierung zu teuer wird. 77 Dieses Kündigungsrecht kann der Mieter jedoch nur sachgerecht ausüben, wenn er rechtzeitig über die bevorstehenden Baumaßnahmen informiert wird, weil er nur dann genügend Zeit hat, sich eine andere Wohnung zu suchen. Deshalb hat der Vermieter nach § 3 Abs 2 MHRG außerdem den Mieter rechtzeitig vor Durchführung der baulichen Maßnahmen auf die voraussichtliche Höhe der entstehenden Kosten und die sich daraus ergebende Mieterhöhung hinzuweisen. 78 2. Rechtsnatur Bei der durch § 3 Abs 2 MHRG angeordneten Hinweispflicht handelt es sich freilich um eine bloße Obliegenheit des Vermieters, da ein Verstoß gegen sie nichts an dessen Recht zur Umlage der Modernisierungskosten ändert. Die einzige Rechtsfolge des Verstoßes besteht vielmehr darin, daß die Fälligkeit des erhöhten Mietzinses um drei Monate hinausgeschoben wird (§ 3 Abs 4 S 2 MHRG; s u Rz 86 f). 79 3. Inhalt a) Der Hinweis muß nach § 3 Abs 2 MHRG vor Beginn der baulichen Maßnahmen erfolgen; ein späterer Hinweis ist also unwirksam (BARTHELMESS § 3 Rz 34; SCHMIDT-FUTTERER R z C

215).

Volker Emmerich

(1378)

2. Wohnraumkündigungsschutzgesetz

Art 3 WKSchG, § 3 MHRG 80-88

b) Der Hinweis muß außerdem die voraussichtliche Höhe der entstehenden Kosten 80 und die sich daraus ergebende Mieterhöhung enthalten. Auch damit wird der Zweck verfolgt, dem Mieter eine Nachprüfung der vom Vermieter geforderten Mietzinserhöhung zu ermöglichen. Deshalb ist in dem Hinweis auch eine Berechnung des auf die einzelne Wohnung entfallenden Erhöhungsbetrages erforderlich. Diese Berechnung muß übersichtlich und für den Mieter verständlich sein. b) Eine bestimmte Form ist für den Hinweis nicht vorgeschrieben, so daß er auch 81 mündlich erfolgen kann (PALANDT-PUTZO § 3 MHRG Anm 4 b). b) Der Hinweis muß schließlich richtig sein. Falsche Angaben machen den Hinweis 82 unwirksam. Es stellt überdies eine positive Vertragsverletzung dar, wenn der Vermieter durch einen unrichtigen Hinweis den Mieter lediglich zur vorzeitigen Kündigung nach § 9 Abs 1 S 2 MHRG und damit zum Auszug veranlassen will, obwohl er tatsächlich gar nicht die Absicht zur Durchführung der angekündigten baulichen Maßnahmen hat (BARTHELMESS § 3 Rz 3 8 ) .

IX. Die Wirksamkeit der Mietzinserhöhung 83 Ist die Erhöhungserklärung wirksam, weil die Voraussetzungen des § 3 Abs 1 MHRG erfüllt sind (o Rz 12 ff, 17 ff) und weil die Erklärung selbst den Anforderungen des § 3 Abs 3 MHRG genügt (o Rz 61 ff), so wird der Mietzins von einem bestimmten Zeitpunkt ab erhöht. Diesen Zeitpunkt regelt im einzelnen § 3 Abs 4 MHRG. Danach sind die folgenden Fälle zu unterscheiden: 1. Hatte der Vermieter dem Mieter rechtzeitig einen Hinweis nach § 3 Abs 84 2 MHRG gegeben (s o Rz 76 ff) und geht die Erhöhungserklärung bis zum Ende des fünfzehnten Tages eines Monats dem Mieter zu, so tritt die Mietzinserhöhung mit Beginn des nächsten Monats ein. 2. Geht hingegen nach einem wirksamen Hinweis die Erklärung dem Mieter erst am 85 sechzehnten Tage eines Monats oder später zu, so tritt die Mietzinserhöhung erst mit Beginn des übernächsten Monats ein. Auch diese Fristen sind eingeführt worden, um dem Mieter Gelegenheit zur Überprüfung der Forderung des Vermieters zu geben. 3. a) Die genannten Fristen (o Rz 84 f) verlängern sich um jeweils drei Monate, 86 wenn der Vermieter dem Mieter die voraussichtliche Mieterhöhung nicht rechtzeitig nach § 3 Abs 2 MHRG mitgeteilt hatte oder wenn die tatsächliche Mietzinserhöhung von dieser Mitteilung um mehr als 10% nach oben abweicht (§ 3 Abs 4 S 2 MHRG); eine Abweichung nach unten ist hingegen unschädlich. b) Die Berechnung dieser zusätzlichen Frist von drei Monaten richtet sich nach 87 § 1 8 8 Abs 2 BGB. Bestreitet der Mieter, rechtzeitig einen wirksamen Hinweis (§ 3 Abs 2 MHRG) erhalten zu haben, so trifft die Beweislast den Vermieter (u Rz 97).

X. Die Folgen einer unwirksamen Erhöhungserklärung 1. a) Wahrt der Vermieter nicht die gesetzlich vorgeschriebene Form oder ist die Erhöhungserklärung nicht in der gebotenen Weise begründet, so ist die Erklärung unwirksam, kann aber jederzeit nachgeholt werden; irgendwelche Sperrfristen bestehen nicht. Die Nachholung kann auch jederzeit im Prozeß erfolgen; zu berücksichtigen ist dabei lediglich die etwaige Hinausschiebung der Fälligkeit des erhöhten Mietzinses nach § 3 Abs 4 MHRG. (1379)

Volker Emmerich

88

Art 3 WKSchG, § 3 MHRG 89-95 2. Wohnraumkfindigungsschutzgesetz

89 b) Verlangt der Vermieter in seiner Erklärung eine zu hohe Mietzinserhöhung, so ist die Erklärung nur insoweit unwirksam, wie der Vermieter eine über § 3 MHRG hinausgehende Mietzinserhöhung verlangt; im übrigen ist sie jedoch wirksam (BGH LM Nr 13 zu § 18 1. BMG). 90 2. a) Auch auf Grund einer unwirksamen Erhöhungserklärung kann sich der Mieter jederzeit mit dem Vermieter über eine bestimmte Mietzinserhöhung einigen, da die unwirksame Erhöhungserklärung zumindest einen Antrag auf eine entsprechende Vertragsänderung enthält (§§ 145, 305 BGB; § 10 Abs 1 MHRG; LG Mannheim NJW 1975, 316 = WuM 1976, 16, 17; LG Osnabrück WuM 1978, 10, 11; SCHMIDT-FUTTERER RZ C 2 2 8 f f ; s u R z 9 3 ) .

91 b) Eine solche Einigung liegt auch vor, wenn sich der Mieter auf die Erklärung des Vermieters hin mit einer „angemessenen" Erhöhung des Mietzinses einverstanden erklärt. Folglich kann er sich dann fortan nicht mehr auf etwaige Mängel der Erhöhungserklärung berufen; vielmehr ist jetzt nur noch zu prüfen, welche Mietzinserhöhung in dem fraglichen Fall nach den Abreden der Parteien und den gesamten Umständen angemessen ist (BGH LM Nr 10 zu § 18 1. BMG).

92 XI. Abweichende Vereinbarungen 1. a) § 3 MHRG ist zwingend; abweichende Vereinbarungen zum Nachteil des Mieters sind unwirksam ( § 1 0 Abs 1 MHRG). Das gilt auch für einen vorherigen Verzicht des Mieters auf die Einhaltung der Formvorschriften des § 3 Abs 3 MHRG (BGH LM Nr 10 zu § 18 1. BMG). 93 b) Unwirksam ist insbes jede Abrede, auf Grund derer der Vermieter unter gegenüber § 3 MHRG erleichterten Voraussetzungen die Kosten von Verbesserungsmaßnahmen auf die Mieter abwälzen kann. § 10 Abs 1 MHRG gestattet es lediglich, daß sich die Parteien aus Anlaß einer konkreten Modernisierungsmaßnahme, also für einen bestimmten Einzelfall, über eine Mietzinserhöhung verständigen (o Rz 90 f). 94 2. a) § 1 S 2 MHRG, wonach eine Mietzinserhöhung nicht möglich ist, soweit und solange eine Erhöhung vertraglich ausgeschlossen ist, gilt auch für § 3 MHRG. Entgegen einer verbreiteten Meinung, nach der sich solche Vereinbarungen grundsätzlich nur auf Mietzinserhöhungen nach § 2 MHRG beziehen sollen (so zB B G B - R G R K - G E L H A A R § 3 M H R G R z 7 ; PALANDT-PUTZO § 3 M H R G A n m 1 e), ist

anzunehmen, daß Ausschlußvereinbarungen auch und gerade die besonders weitgehenden Erhöhungsrechte des Vermieters nach den §§ 3-5 MHRG erfassen sollen. Folglich liegt auch in der Vereinbarung eines Mietverhältnisses auf bestimmte Zeit mit festem Mietzins grundsätzlich ein Ausschluß des Rechts des Vermieters zur Mietzinserhöhung nach § 3 MHRG (ebenso SCHMIDT-FUTTERER Rz C 2 3 6 ) . 95 b) Auch aus sonstigen Umständen kann sich (konkludent) ein Ausschluß des Erhöhungsrechts des Vermieters nach § 3 MHRG ergeben. Haben die Parteien zB eine Umsatzmiete iVm einer Mindestmiete vereinbart, so kann dieser Mindestmietzins nicht nach § 3 MHRG erhöht werden (BGH LM Nr 23 zu § 18 1. BMG). Auch aus der Leistung hoher Zuschüsse des Mieters kann ein Ausschluß weitergehender Mietzinserhöhungen folgen. Umgekehrt steht es aber den Parteien auch jederzeit frei, eine solche Ausschlußvereinbarung, auch konkludent, wieder generell oder für den Einzelfall aufzuheben (BGH LM Nr 10 zu § 18 1. BMG). Volker Emmerich

(1380)

2. Wohnraumkiindigungsschutzgesetz

Art 3 WKSchG, § 4 MHRG 96, 97

XII. Prozessuales

96

1. Der Mieter kann sich gegen die einseitige Mietzinserhöhung des Vermieters vor allem (außer durch die Kündigung nach § 9 Abs 1 S 2 MHRG) durch eine negative Feststellungsklage wehren ( V O G E L JZ 1975, 73, 79). Das gilt auch, wenn er die Mietzinserhöhung nur teilweise für berechtigt hält (aM P A L A N D T - P U T Z O § 3 MHRG Anm 2, wonach der Mieter dann auf Herabsetzung der Mietzinserhöhung klagen muß). 2. Die Beweislast für sämtliche Voraussetzungen der Erhöhungserklärung trägt der 97 Vermieter (s insbes B A R T H E L M E S S § 3 Rz 57). Hingegen trifft den Mieter die Beweislast, wenn er behauptet, der Vermieter habe zu Unrecht bestimmte Kürzungsbeträge nicht abgezogen.

§ 4 MHRG Für Betriebskosten im Sinne des § 27 der Zweiten Berechnungsverordnung dürfen Vorauszahlungen nur in angemessener Höhe vereinbart werden. Über die Vorauszahlungen ist jährlich abzurechnen. Der Vermieter ist berechtigt, Erhöhungen der Betriebskosten durch schriftliche Erklärung anteilig auf den Mieter umzulegen. Die Erklärung ist nur wirksam, wenn in ihr der Grund für die Umlage bezeichnet und erläutert wird. Der Mieter schuldet den auf ihn entfallenden Teil der Umlage vom Ersten des auf die Erklärung folgenden Monats oder, wenn die Erklärung erst nach dem Fünfzehnten eines Monats abgegeben worden ist, vom Ersten des übernächsten Monats an. Soweit die Erklärung darauf beruht, daß sich die Betriebskosten rückwirkend erhöht haben, wirkt sie auf den Zeitpunkt der Erhöhung der Betriebskosten, höchstens jedoch auf den Beginn des der Erklärung vorausgehenden Kalenderjahres zurück, sofem der Vermieter die Erklärung innerhalb von drei Monaten nach Kenntnis von der Erhöhung abgibt. Ermäßigen sich die Betriebskosten, so ist der Mietzins vom Zeitpunkt der Ermäßigung ab entsprechend herabzusetzen. Die Ermäßigung ist dem Mieter unverzüglich mitzuteilen. Begr zum RegE BT-Drucks 7/2011, 12; Stellungnahme des BR BT-Drucks 7/2011,17; Ausschußbericht BT-Drucks 7/2629 u 7/2638, 4. Vgl Art 1 § 3 Abs 6 WKSchG I vom 25. 11. 1971 (BGBl I 1839) idF des Art 4 WobauÄndG III vom 21. 12. 1973 (BGBl I 1970); Ausschußbericht zum späteren WKSchG I BT-Drucks VI/2421, 4 u 12 (zu Art 2 § 2 Abs 6); Unterrichtung über die Anrufung des Vermittlungsausschusses durch den BR für Entw WobauÄndG III BT-Drucks 7/1332, 2 f ; Verhandl des Dt BT, Stenogr Ber, Bd 85, 4420 (D).

Schrifttum BARTHELMESS, Die Mieterhöhung nach neuem Recht, ZMR 1972, 202, 204; BURKHARDT, Die Regelung der Mietzinshöhe nach dem 2. Wohnraumkündigungsschutzgesetz, JurBüro 1975, 561, 567; DERLEDER, Inflatorische Impulse des Gesetzes zur Regelung der Miethöhe? WuM 1976, 197 und 221; FISCHER, Die Abwälzung von Mehrbelastungen bei mieterschutzfreien Wohnungen, GrundE 1975, 493; GLASER, Abrechnung der Sammelheizungskosten im Mehrfamilienhaus, FWW 1973, 391; ders, Änderung des Umlegungsmaßstabes für die Abrechnung der Heizungskosten, FWW 1974, 436 und B1GBW 1978, 3; GÜNTER, Die Mieterhöhung nach dem 2. Wohnungskündigungsschutzgesetz, WuM 1975, 5, 7; KORFF, Zum Begriff der „Heizungskosten", DWW 1978, 86; ders, Erhöhung und Neueinführung öffentlich-rechtlicher Gebühren in mietrechtlicher Hinsicht, DWW 1977, 149, 150; KURTENBACH, Die Neuregelung des Bestands- und Kündigungsschutzes für Wohnraummietverhältnisse, Betrieb 1971, 2453,2457; LÖWE, Wichtige Neuregelungen im Zweiten (1381)

Volker Emmerich • Jürgen Sonnenschein

Art 3 WKSchG, § 4 MHRG 2. Wohnraumkündigungsschutzgesetz Wohnraumkündigungsschutzgesetz, NJW 1975, 9,14; LUTZ, Gesetz über den Kündigungsschutz für Mietverhältnisse über Wohnraum mit Erläuterungen, DWW 1971, 383; ders, Umlage erhöhter Betriebskosten auch bei langfristigen Mietverhältnissen, DWW 1972, 81; ders, Das neue Wohnraumkündigungsschutzgesetz, DWW 1974, 272, 277; PARDEY, Änderung des Umlegungsmaßstabes für Mietnebenkosten, ZMR 1978, 97; PAUL, Der Entwurf des Zweiten Wohnraum-Kündigungsschutzgesetzes - Inhalt und kritische Anmerkungen, DWW 1974, 56, 57; SCHMIDT-FUTTERER, Die verspätete Abrechnung der Heizkosten, WuM 1971, 69; ders, Kündigungsschutz für Wohnraum und Beschränkung der Mieterhöhung als Dauerrecht. Die Neuregelung im 2. WKSchG v. 18. 12. 1974, MDR 1975, 89, 93; ders, Die Mieterhöhung für nicht preisgebundenen Wohnraum nach neuem Recht, NJW 1972, 87, 88; ders, Die Verjährung und Verwirkung der Ansprüche auf Heizkosten, BB 1971, 943; SCHOPP, Das Zweite Wohnraumkündigungsschutzgesetz, ZMR 1975, 97, 104; VOGEL, Das Zweite Wohnraumkündigungsschutzgesetz, JZ 1975, 73, 79; WEIMAR, Die Abwälzung von Erhöhungen der Betriebskosten auf den Wohnraummieter bei nicht preisgebundenem Wohnraum, Betrieb 1972, 2388; ders, Die Umlage der Kosten für einen Hauswart (Hausmeister), B1GBW 1974, 218.

Systematische Übersicht I. Allgemeine Kennzeichnung 1. Überblick 1 2. Entstehung der Vorschrift 2 3. Zweck der Vorschrift 3

3. Geltendmachung der Umlegung (Abs 2) 23

4. Wirkungseintritt der Umlegung (Abs 3) 26

II. Vorauszahlungen auf Betriebskosten (Abs 1) 1. Vereinbarung (Abs 1 S 1) 5 2. Abrechnung (Abs 1 S 2) 11 DI. Umlegung erhöhter Betriebskosten (Abs 2 und 3) 1. Allgemeines 16 2. Erhöhung der Betriebskosten 19

FV. Herabsetzung des Mietzinses bei Ermäßigung der Betriebskosten (Abs 4) 1. Allgemeines 33 2. Ermäßigung der Betriebskosten 34 3. Mitteilung der Ermäßigung 37 4. Wirkungseintritt der Herabsetzung des Mietzinses 40 5. Verletzung der Pflicht zur Herabsetzung des Mietzinses 43

; Übersicht Abrechnung über Vorauszahlungen auf Betriebskosten 11 ff - Abrechnungsperiode 13 - Einsicht in Belege 11 - Form der Abrechnung 12 - Inhalt der Abrechnungspflicht 11 - Vereinbarungen, abweichende 15 - Verletzung der Abrechnungspflicht 11

Einsicht in die Belege des Vermieters 11,24, 39 Entstehung der Vorschrift 2 Erhöhung der Betriebskosten 19 ff - rückwirkende 28 - vermeidbare 21 - zukünftige 27 Ermäßigung der Betriebskosten 34 ff Form der Mieterhöhungserklärung 23

Betriebskosten - Abrechnung 11 f - Begriff 5 f - Erhöhung 19 ff, s dort - Ermäßigung 34 ff - Pauschale 8 - Umlegung, erhöhter 16 ff, s dort - Untermietverhältnis 5 - Vorauszahlungen 7, s dort Betriebskostenpauschale 8 , 1 5 , 1 7

Grundsteuermehrbelastungen 4, 6, 28 Herabsetzung des Mietzinses bei Ermäßigung der Betriebskosten 33 ff - Allgemeines 33 - Begründung der Erklärung 39 - Ermäßigung der Betriebskosten 34 ff - Form der Erklärung 39 - Mitteilung der Ermäßigung 37

Jürgen Sonnenschein

(1382)

2. Wohnraumkündigungsschutzgesetz -

Mitteilung, unverzügliche 38 Rückzahlung 42 Umlegungsmaßstab für die Ermäßigung 36 Verletzung der Pflicht, s Verletzung Wirkungseintritt 40 ff

Kündigungsrecht des Mieters bei Umlegung von erhöhten Betriebskosten 18 Mietzins - Erhöhung 24 - fester 17 - Herabsetzung 33 ff, 38 Nachprüfbarkeit der Abrechnung über - Erhöhung der Betriebskosten 24 - Vorauszahlungen auf Betriebskosten 11 RückZahlungsanspruch des Mieters bei zuviel entrichteten Betriebskosten 42 Umlegung erhöhter Betriebskosten 16 ff - Allgemeines 16 - anteilige 22 - Ausschluß des Erhöhungsrechts 17 - Beendigung des Mietverhältnisses 22 - Dreimonatsfrist für die Erklärung des Vermieters 29

-

Art 3 WKSchG, § 4 MHRG 1, 2

Einsicht in Belege 24 Erhöhung der Betriebskosten 19 ff Form der Erklärung 23 Frist 27,29 Geltendmachung 23 Inhalt der Erklärung 24 Umlegungsmaßstab 22,24 Verstoß gegen § 4 Abs 2 25 Wirkungseintritt 26 ff

Vereinbarungen, abweichende - über die Abrechnungspflicht 15 - über das Recht zur Umlegung erhöhter Betriebskosten 17 Verletzung der Pflicht zur Herabsetzung des Mietzinses 43 f - Erfüllungsanspruch des Mieters 33,43 - positive Vertragsverletzung 44 - Schuldnerverzug 44 Vorauszahlungen auf Betriebskosten 5 ff - Abrechnung 11 f, s dort - Begriff 7 - Entstehung und Fälligkeit 10 - Höhe 9 - Vereinbarung 5,7 Zweck der Vorschrift 3

I. Allgemeine Kennzeichnung 1. Überblick 1 Die Vorschrift betrifft Betriebskosten für vermieteten Wohnraum. In Abs 1 wird die Vereinbarung von Vorauszahlungen auf eine angemessene Höhe begrenzt, wobei jährlich abzurechnen ist. Nach Abs 2 und 3 steht dem Vermieter das Recht zu, Erhöhungen der Betriebskosten durch schriftliche Erklärung anteilig auf den Mieter umzulegen. Hierin liegt eine Ausnahmeregelung von den gesetzlichen Beschränkungen der Mieterhöhung durch § 2 (SCHMIDT-FUTTERER C 2 4 0 ) . Die Zahlung erhöhter Mietnebenkosten kann in begrenztem Umfang auch rückwirkend verlangt werden (Abs 3 S 2). Ermäßigen sich die Betriebskosten, so muß der Vermieter den Mietzins entsprechend herabsetzen (Abs 4).

2. Entstehung der Vorschrift

2

Die Bestimmungen des § 4 gehen zurück auf Art 1 § 3 Abs 6 WKSchG I, der durch Art 4 WobauÄndG III hinsichtlich einer rückwirkenden Erhöhung ergänzt wurde. Die heutige Regelung ist durch die begrenzte zulässige Vereinbarung von Vorauszahlungen erweitert, verlangt für die Erhöhungserklärung des Vermieters jedoch nur noch eine Erläuterung des Grundes, aber keine Mitteilung der Berechnung mehr (vgl Art 1 § 3 Abs 6 S 2 WKSchG I), um für Großvermieter den Arbeitsaufwand zu verringern (Begr zum RegE BT-Drucks 7/2011, 12 f; BARTHELMESS § 4 R Z 28). Auch die Pflicht zur Mietsenkung bei Ermäßigung der Betriebskosten ist neu. (1383)

Jürgen Sonnenschein

Art 3 WKSchG, § 4 MHRG

3-6

2. Wohnraumkündigungsschutzgesetz

3 3. Zweck der Vorschrift Durch Abs 1 soll klargestellt werden, daß die Parteien Vorauszahlungen auf die zu erwartenden Betriebskosten vereinbaren können. Wegen der anläßlich steigender Heizölkosten aufgetauchten Zweifel sollen jedoch nur angemessene, dh an der Höhe der zu erwartenden Betriebskosten ausgerichtete Vorauszahlungen zulässig sein, wobei eine jährliche Abrechnung vorgeschrieben ist (Begr zum RegE BT-Drucks 7 / 2 0 1 1 , 12).

4 Die Regelung der Abs 2 und 3 ermöglicht eine einfache und praktikable Weitergabe von Kostensteigerungen, die schwer kalkulierbar sind und regelmäßig außerhalb der Einflußsphäre des Vermieters liegen. Der Vermieter soll abweichend von den einschränkenden Voraussetzungen des § 2, insbesondere dessen Abs 1 Nr 1, mehrere kurzfristig aufeinanderfolgende Steigerungen der Betriebskosten ohne zeitlichen Aufschub auf den Mieter abwälzen können. Die Zulässigkeit einer begrenzten rückwirkenden Erhöhung des Mietzinses für Nebenkosten dient vor allem dem Zweck, mit Rückwirkung eintretende Grundsteuermehrbelastungen, die nach den §§ 16-18, 25 Abs 3 GrStG in den Grenzen der vierjährigen Festsetzungsfrist des § 169 Abs 2 Nr 2 AO zulässig sind, überwälzbar zu machen (Unterrichtung über die Anrufung des Vermittlungsausschusses durch den B R für Entw WobauAndG III BT-Drucks 7/1332, 3; Verhandl des Dt BT, Stenogr Ber, Bd 85, 4421 [A]; vgl § 10 Abs 2 S 3 WoBindG). Im Interesse des Mieters liegt die in Abs 4 geregelte Verpflichtung des Vermieters, bei einer Ermäßigung der Betriebskosten auch den Mietzins entsprechend herabzusetzen. Dies kann praktisch werden, wenn der Vermieter eine kostenträchtige Leistung einstellt oder wenn sich eine Abgabe durch Änderung der Berechnungsart ermäßigt (Begr zum RegE BT-Drucks 7/2011, 13). II. Vorauszahlungen auf Betriebskosten (Abs 1) 5 1. Vereinbarung (Abs 1 S 1) Nach Abs 1 S 1 dürfen für Betriebskosten iS des § 27 II. BVO Vorauszahlungen nur in angemessener Höhe vereinbart werden. a) Unter den Begriff der Betriebskosten fallen nach § 27 Abs 1 II. BVO die Kosten, die dem Eigentümer bzw Erbbauberechtigten durch das Eigentum am Grundstück bzw Erbbaurecht oder durch den bestimmungsmäßigen Gebrauch des Gebäudes oder der Wirtschaftseinheit, der Nebengebäude, Anlagen, Einrichtungen und des Grundstücks laufend entstehen. Gleichgestellt sind Sach- und Arbeitsleistungen des Eigentümers bzw Erbbauberechtigten, durch die Betriebskosten erspart werden. Sie dürfen mit dem Betrag angesetzt werden, der für eine gleichwertige Leistung eines Dritten, insbesondere eines Unternehmers, angesetzt werden könnte (§ 27 Abs 2 II. BVO). Im Rahmen eines Untermietverhältnisses kommt es auf die dem Hauptmieter entstehenden Betriebskosten an. 6 Die Anlage 3 zu § 27 Abs 1 II. BVO enthält eine abschließende Aufzählung der Betriebskosten (AG Köln MDR 1974, 757 m Anm WEIMAR; AG Walsrode WuM 1 9 7 3 , 2 5 0 ; BARTHELMESS § 4 R z 3 ; SCHMIDT-FUTTERER C 2 5 0 ) . Hierzu gehören die

laufenden öffentlichen Lasten des Grundstücks, namentlich die Grundsteuer, jedoch nicht die HGA, ferner die Kosten der Wasserversorgung und der Warmwasserversorgung sowie der Beheizung, nicht aber freiwillig gezahlte Trinkgelder für die Anlieferung des Brennstoffs (vgl LG Mannheim MDR 1978, 317). Weiter sind zu nennen der Betrieb von Fahrstühlen, Straßenreinigung und Müllabfuhr, Entwässerung, Hausreinigung und Ungezieferbekämpfung, Gartenpflege, Beleuchtung, Schornsteinreinigung, Sach- und Haftpflichtversicherung (vgl aber AG Osnabrück Jürgen Sonnenschein

(1384)

2. Wohnraumkiindigungsschutzgesetz

Art 3 WKSchG, § 4 MHRG 7-10

WuM 1977, 262), Hauswart, Gemeinschaftsantenne, maschinelle Wascheinrichtung und sonstige Betriebskosten, die mit der Bewirtschaftung unmittelbar zusammenhängen, vor allem für Nebengebäude, Anlagen und Einrichtungen. Nicht zu den Betriebskosten gehören Instandhaltungskosten (LG Braunschweig ZMR 1973,154; AG Walsrode WuM 1973, 250; vgl §§ 24 Abs 1, 28 II. BVO). b) Der Mieter ist zu Vorauszahlungen auf die Betriebskosten nur verpflichtet, wenn 7 dies mit dem Vermieter vereinbart ist. § 4 Abs 1 räumt dem Vermieter keinen dahin gehenden gesetzlichen Anspruch ein (AG Köln WuM 1978, 83; SCHMIDT-FUTTERER C 271). Es besteht mangels vertraglicher Regelung auch kein Anspruch, eine vereinbarte Vorauszahlung zu erhöhen, die sich später als zu niedrig erweist (LG Köln WuM 1 9 7 4 , 1 5 3 ; BARTHELMESS § 4 Rz 15; SCHMIDT-FUTTERER C 2 7 2 ; aM BGB-RGRK-GELHAAR § 564 b Anh § 4 Rz 1 für unvorhergesehene, wesentliche Erhöhung). § 4 Abs 2 ist insoweit nicht anwendbar. Ein entsprechendes gesetzliches Erhöhungsrecht für Vorauszahlungen ist im Gesetzgebungsverfahren ausdrücklich abgelehnt worden (Verhandl des Dt BT, Stenogr Ber, Bd 89, 8323 [B]). Haben die Parteien im Mietvertrag vereinbart, die Vorauszahlungen bei einem Ansteigen der Betriebskosten zu erhöhen, so muß der Vermieter sein Erhöhungsverlangen in der Weise erläutern, daß der Mieter die zugrunde liegenden Tatsachen ohne Schwierigkeiten nachprüfen kann (LG Mannheim WuM 1 9 7 8 , 1 2 4 ) . Eine Vorauszahlung liegt nur vor, wenn die Parteien den Vermieter insoweit von einer Vorschußpflicht befreien wollen und nach dem Parteiwillen später anhand der tatsächlich entstandenen Betriebskosten abgerechnet werden soll. Davon zu unterscheiden ist die Betriebskostenpauschale, zu deren Zahlung sich der 8 Mieter unabhängig vom tatsächlichen Verbrauch verpflichtet und bei der deshalb eine spätere Abrechnung unterbleibt. § 4 ist hierauf grundsätzlich nicht anzuwenden. Die Vereinbarung einer solchen Pauschale ist in den Grenzen des § 5 WiStrG zulässig. Eine spätere Erhöhung ist nur kraft einer Parteivereinbarung möglich, die auch schon im ursprünglichen Mietvertrag getroffen werden kann (vgl LG Köln, WuM 1974, 10, 12; AG Aachen WuM 1975, 76; AG Bremerhaven WuM 1975, 193; A G C o e s f e l d W u M 1975, 189; BARTHELMESS § 4 R z 7; SCHMIDT-FUTTERER

C 2 8 3 ; s aber AG Lübeck WuM 1 9 7 5 , 1 5 0 , 1 5 2 ; AG Michelstadt WuM 1 9 7 8 , 1 1 0 ) .

c) Vorauszahlungen dürfen nur in angemessener Höhe vereinbart werden. Ange- 9 messen sind die Vorauszahlungen, wenn sie an der Höhe der tatsächlich zu erwartenden Betriebskosten ausgerichtet werden (Begr zum RegE BT-Drucks 7 / 2 0 1 1 , 12). Es kann von den Erfahrungswerten der vergangenen Jahre ausgegangen werden (AG Mannheim WuM 1 9 7 8 , 4 6 ) , wobei diese Werte wegen möglicher Kostensteigerungen etwas überschritten werden können (PALANDT-PUTZO § 4 Anm 2 a; SCHMIDTFUTTERER C 2 7 2 ) . Bei mehreren Mietern ist der jeweilige Umlegungsmaßstab zu berücksichtigen (vgl BARTHELMESS § 4 Rz 9). Die Vorauszahlungen können unabhängig vom tatsächlichen, oft jahreszeitlich schwankenden Verbrauch in gleichbleibender Höhe vereinbart werden (BARTHELMESS aaO; PALANDT-PUTZO aaO). Eine über die angemessene Höhe hinausgehende Vereinbarung ist nach § 134 BGB unwirksam (BARTHELMESS § 4 Rz 11).

d) Entstehung und Fälligkeit der Vorauszahlungen hat das Gesetz im wesentlichen 10 den Parteivereinbarungen überlassen. Hierfür kann die Zahlungsweise des Mietzinses maßgeblich sein, was mangels ausdrücklicher Regelung als stillschweigend vereinbart gelten darf. Es können auch längere Bemessungszeiträume für die einzelne Vorauszahlung vereinbart werden. Da dieser Zeitraum wiederum die Höhe beeinflußt, greift insoweit allerdings das Gebot der Angemessenheit ein. Im Hinblick auf die in Abs 1 S 2 vorgeschriebene jährliche Abrechnung ist davon auszugehen, daß auch der Bemessungszeitraum ein Jahr nicht überschreiten darf (vgl PALANDT-PUTZO (1385)

Jürgen Sonnenschein

Art 3 WKSchG, § 4 MHRG 11-14 2. Wohnraumkündigungsschutzgesetz

§ 4 Anm 2 b; enger BARTHELMESS § 4 Rz 10, der schon ein halbes Jahr als unangemessen ansieht).

11 2. Abrechnung (Abs 1 S 2) a) Der Vermieter muß über die Vorauszahlungen jährlich abrechnen. Der Inhalt der Abrechnungspflicht entspricht dem der Rechenschaftslegung iS des § 259 BGB (vgl BARTHELMESS § 4 RZ 14; SCHMIDT-FUTTERER C 2 7 9 ) . Diese Pflicht ist auf Mitteilung einer Rechnung gerichtet, dh einer geordneten Gegenüberstellung von Einnahmen und Ausgaben (vgl BGH LM § 1042 ZPO Nr 4). Die Betriebskosten und der auf den einzelnen Mieter entfallende Anteil müssen demnach seinen Vorauszahlungen gegenübergestellt werden, woraus sich ein Ausgleich, ein Guthaben oder eine Restschuld des Mieters ergibt. Die Abrechnung muß einschließlich der zugrunde gelegten Ausgangswerte allgemeinverständlich und nachvollziehbar sein (SCHMIDTFUTTERER C 2 7 6 ; vgl zu Rechnungen eines Wärmemeßdienstes OLG Düsseldorf WuM 1974, 236; AG Kiel WuM 1974, 256; AG Oberhausen WuM 1974, 255; s auch AG Köln WuM 1978, 139 m Anm WEIMAR). Die Belege braucht der Vermieter dem Mieter nicht auszuhändigen, er muß ihm aber nach § 259 Abs 1 BGB die Einsichtnahme gestatten, weil die Abrechnungspflicht sonst weitgehend entwertet würde (AG Wuppertal WuM 1974, 196; BARTHELMESS § 4 RZ 14; LÖWE NJW 1975, 9, 14; SCHMIDT-FUTTERER C 2 7 8 ; vgl auch PALANDT-HEINRICHS § 2 6 1 Anm 4 b; offengelassen von BGH LM § 1042 ZPO Nr 4). 12 b) Eine besondere Form ist für die Abrechnung gesetzlich nicht vorgeschrieben. Im allgemeinen wird eine schriftliche Abrechnung verlangt (BARTHELMESS § 4 Rz 13; PALANDT-PUTZO § 4 A n m 2 c; SCHMIDT-FUTTERER C 2 7 5 ) , w a s aus d e m Begriff d e r

Abrechnung und deren Sinn und Zweck folge (SCHMIDT-FUTTERER aaO). Dem ist nur insoweit zuzustimmen, als eine umfangreiche und komplizierte Abrechnung verständlich und nachvollziehbar bleiben muß (Rz 11), was in aller Regel nur bei schriftlicher Niederlegung der Fall sein wird. Dies braucht aber nicht die Schriftform des § 126 BGB zu sein. Einfache Abrechnungen, die ohne weiteres nachvollziehbar sind, können mangels ausdrücklicher gesetzlicher Vorschrift (vgl dagegen Abs 2 S 1) auch formlos erteilt werden. 13 c) Der Umfang der Abrechnungsperiode darf ein Jahr nicht überschreiten. Längere Zeiträume können von den Parteien nicht vereinbart werden (§ 10 Abs 1). Eine Abrechnung für kürzere Zeiträume ist dagegen kraft Parteivereinbarung oder - soweit eine solche fehlt - auch einseitig durch den Vermieter zulässig (SCHMIDTFUTTERER C 2 7 9 ) , da das Gesetz dem Vermieter hinsichtlich der umlagefähigen Betriebskosten keine bestimmte Vorschußpflicht auferlegt. Der Abrechnungszeitraum braucht nicht mit dem Kalenderjahr übereinzustimmen und nicht ständig gleich lang zu sein, wenn die Parteien ihn nicht vertraglich festgelegt haben. Die Höchstdauer von einem Jahr ist jeweils seit der letzten Abrechnung zu bemessen. Der Vermieter muß innerhalb angemessener Zeit nach Ablauf der jeweiligen Abrechnungsperiode abrechnen. 14 d) Eine Verletzung der Abrechnungspflicht durch den Vermieter berechtigt den Mieter, weitere Vorauszahlungen oder die Begleichung einer Restschuld zu verweigern (BARTHELMESS § 4 Rz 14; SCHMIDT-FUTTERER C 2 7 7 , 2 7 9 ; vgl LG Hamburg WuM 1977, 94 - mangels Fälligkeit; LG Berlin WuM 1978, 166; LG Mannheim WuM 1974, 145; WuM 1976, 225 - Verwirkung nach mehr als einem Jahr; AG Stuttgart WuM 1974, 196). Darüber hinaus kann der Mieter nach den §§ 259, 261 BGB auf Rechnungslegung klagen. Auch Schadensersatzansprüche aus Schuldnerverzug kommen in Betracht (§§ 284 ff BGB). Jürgen Sonnenschein

(1386)

2. Wohnraumkündlgungsschutzgesetz

Art 3 WKSchG, § 4 MHRG 15-20

e) Die Abrechnungspflicht kann nach § 10 Abs 1 nicht durch abweichende Verein- 15 barungen zum Nachteil des Mieters eingeschränkt werden (vgl Rz 13). Wird die Abrechnung jedoch ganz abbedungen, handelt es sich in der Sache nicht mehr um Vorauszahlungen auf Betriebskosten, sondern um eine zulässige Betriebskostenpauschale, auf die § 4 Abs 1 und damit auch § 10 Abs 1 nicht anwendbar sind (Rz 8). III. Umlegung erhöhter Betriebskosten (Abs 2 und 3) 1. Allgemeines

16

a) Die Regelung gestattet dem Vermieter, erhöhte Betriebskosten abweichend von dem in § 2 vorgeschriebenen Verfahren durch einseitige, schriftliche Erklärung auf den Mieter zu überwälzen. Es handelt sich um ein Gestaltungsrecht, dessen Ausübung unmittelbar zu einem Zahlungsanspruch des Vermieters führt. Eine Zustimmung des Mieters ist nicht erforderlich (LG Hamburg WuM 1973, 169, 171). b) Die Rechte des Vermieters aus § 4 können vertraglich ausgeschlossen werden (§ 17 1 S 3). Ein solcher Ausschluß kann ausdrücklich vereinbart sein oder sich aus den Umständen, insbesondere aus der Vereinbarung eines befristeten Mietverhältnisses mit festem Mietzins, ergeben. Sind die Betriebskosten in diesen Fällen gesondert neben einem festen Mietzins zu zahlen, kann der vertragliche Ausschluß des Erhöhungsrechts nicht generell auf die Betriebskosten ausgedehnt werden (so aber BARTHELMESS § 4 Rz 1 8 ) . Dies ist vielmehr eine Frage der Auslegung (vgl L U T Z DWW 1 9 7 2 , 8 1 , 8 2 ; SCHMIDT-FUTTERER C 2 5 5 ; S auch STERNEL R Z I I 1 4 8 ) . So kann sich ein Ausschluß daraus ergeben, daß im Mietvertrag nur ganz bestimmte Betriebskosten als umlagefähig vereinbart sind (AG Hannover WuM 1977, 172 m Anm SCHÄFER W U M 1978, 36). § 4 bleibt dagegen anwendbar, wenn für die Betriebskosten kein bestimmter Betrag vereinbart ist, sondern die Zahlung jeweils von einer Abrechnung der tatsächlich entstandenen Kosten durch den Vermieter abhängen soll. Aber selbst wenn auf der Grundlage bisheriger Erfahrungswerte ein bestimmter Betrag im Mietvertrag ausgewiesen ist, kommt es im Zweifel darauf an, ob die Parteien die Betriebskosten auf Dauer durch eine solche Pauschale abgelten wollten (vgl Rz 8). 18 c) Der Mieter hat gegenüber einer Umlegung erhöhter Betriebskosten kein Kündi- 18 gungsrecht nach § 9 Abs 1 , da § 4 in dieser Vorschrift nicht aufgeführt ist ( B A R T H E L MESS § 4 R z 1 7 ; SCHMIDT-FUTTERER C 2 4 7 ,

379).

19 2. Erhöhung der Betriebskosten

19

a) Der Begriff der Betriebkosten wird nach § 4 Abs 1 durch § 27 II. BVO festgelegt (Rz 5 f). 20 b) Es muß eine Erhöhung der Betriebkosten eingetreten sein. Dies ist der Fall, wenn 20 die gesamten Betriebskosten höher geworden sind als zur Zeit des Vertragsschlusses oder einer späteren Neufestsetzung nach § 4. Es kommt nicht auf die Erhöhung einer einzelnen Betriebskostenart an, sondern auf den Gesamtbetrag (Begr zum RegE BT-Drucks 7/2011,13; BARTHELMESS § 4 Rz 19; aM STERNEL R Z II 146). Dies hat den Vorteil, daß anderweitige Ermäßigungen zunächst unabhängig von dem Verfahren nach Abs 4 unmittelbar verrechnet werden. Unerheblich ist es, ob die Betriebskosten im Mietvertrag gesondert ausgewiesen oder in einer einheitlichen Mietsumme enthalten sind (Ausschußbericht BT-Drucks VI/2421, 4). Auch eine neu hinzutretende Betriebskostenart ist deshalb zu berücksichtigen (BARTHELMESS § 4 Rz 20; SCHMIDT-FUTTERER C 253). Gleichgültig ist der Grund für die Erhöhung (1387)

Jürgen Sonnenschein

Art 3 W K S c h G , § 4 M H R G 21, 2 2

2 . YVohnraumkiindigungsschutzgesetz

(BARTHELMESS a a O R z 1 9 ; PALANDT-PUTZO § 4 A n m

3 b). E r k a n n auf

äußeren

Umständen oder - wie bei eigenen Sach- und Arbeitsleistungen (Rz 5) - auf einer Entschließung des Vermieters beruhen. E s spielt keine Rolle, ob der vom Mieter bisher zu zahlende Betriebskostenanteil im Mietvertrag vereinbart oder durch eine anschließende Erhöhungserklärung schon einmal oder mehrfach einseitig durch den Vermieter festgesetzt worden ist und welcher Zeitraum seitdem verstrichen ist. Der Vermieter kann deshalb abweichend von § 2 Abs 1 Nr 1 mehrere kurzfristig aufeinanderfolgende Erhöhungen der Betriebskosten ohne zeitliche Verzögerung auf den Mieter überwälzen (Ausschußbericht BT-Drucks VI/2421, 4). Auf die Vorhersehbarkeit der Kostensteigerung kommt es nicht an (vgl § 5 Rz 13; aM A G Offenbach D W W 1976, 262 m abl Anm SCHULZ; A G Schwetzingen WuM 1978, 96). 2 1 Problematisch ist die Überwälzung von Betriebskosten auf den Mieter, wenn es sich um eine an sich vermeidbare Erhöhung handelt. Dies ist etwa der Fall, wenn der Vermieter einen rechtswidrigen Gebühren- oder Steuerbescheid bestandskräftig werden läßt, wenn er trotz günstigerer Möglichkeiten überteuerten Brennstoff bezieht oder wenn er sonst unangemessenen Aufwand zB bei der Gartenpflege oder der Hausreinigung betreibt. Auszugehen ist von der Pflicht des Vermieters, den Mieter nicht zu schädigen. Dazu gehört es, im Rahmen einer gewissen Ermessensfreiheit die überwälzbaren Betriebskosten möglichst niedrig zu halten. Soweit der Vermieter durch eigene Sach- und Arbeitsleistungen unangemessenen Aufwand treibt, fehlt es bereits am Merkmal der Betriebskosten, weil insoweit nicht von einer Ersparnis iS des § 27 Abs 2 II. B V O gesprochen werden kann. Im übrigen ist das Tatbestandsmerkmal der erhöhten Betriebskosten allerdings erfüllt. Hat der Vermieter dies jedoch schuldhaft verursacht, steht dem Mieter ein Schadensersatzanspruch aus positiver Vertragsverletzung zu, der darauf gerichtet ist, die Überwälzung der erhöhten Betriebskosten zu unterlassen oder rückgängig zu machen (vgl GLOCKBUB Anm zu L G München D W W 1978, 99, 100). Auch eine analoge Anwendung des § 5 Abs 1 Nr 2 kommt in Betracht. Hinsichtlich versäumter Rechtsmittel ist zudem auf den Rechtsgedanken des § 839 Abs 3 B G B zu verweisen. 2 2 c) Dem Vermieter ist eine anteilige Umlegung der Betriebskostenerhöhung auf den Mieter gestattet (Abs 2 S 1). Der Umlegungsmaßstab ist im Gesetz nicht geregelt. Haben die Parteien insoweit eine Vereinbarung getroffen, so ist sie auch für spätere Erhöhungen maßgebend. Allein die Zahlung von Betriebskosten durch den Mieter ist nicht ohne weiteres als Einverständnis mit dem zugrunde liegenden Umlegungsmaßstab zu beurteilen ( L G Hannover WuM 1978, 123). Wegen der vertraglichen Bindung ist eine einseitige Änderung des Umlegungsmaßstabs durch den Vermieter grundsätzlich nicht möglich ( L G Köln WuM 1978, 93, 95), selbst wenn der größere Teil der Mieter zustimmt (BARTHELMESS § 4 Rz 24; SCHMIDT-FUTTERER C 2 5 4 ; s aber L G Frankfurt M D R 1977, 9 3 3 ; A G Frankfurt Z M R 1978, 7 9 ; GLASERFWW 1974, 4 3 6 und B1GBW 1978, 3, 4 zu krassen Ausnahmefällen etwa bei der Umstellung von pauschaler Umlegung auf Wärmemesser; vgl auch PARDEY Z M R 1978, 97). Allerdings steht eine solche Vereinbarung nach § 242 B G B unter dem Vorbehalt einer grundlegenden Änderung der tatsächlichen Verhältnisse, was eine erneute V e r e i n b a r u n g g e b i e t e n k a n n ( v g l L G F r a n k f u r t a a O ; BARTHELMESS a a O ; SCHMIDT-

FUTTERER aaO). Haben die Parteien vertraglich keinen Umlegungsmaßstab festgelegt, so steht das Bestimmungsrecht dem Vermieter zu und ist aufgrund der §§ 315, 316 B G B nach billigem Ermessen zu treffen, wobei die §§ 21 ff NeubauMietVO e i n e n A n h a l t s p u n k t b i e t e n (BARTHELMESS a a O ; SCHMIDT-FUTTERER a a O ) . D e r V e r -

mieter ist in diesem Fall bei der Umlegung erhöhter Betriebskosten nicht ohne weiteres an einen früher gewählten Maßstab gebunden. Jürgen Sonnenschein

(1388)

2. Wohnraumkündigungsschutzgesetz

Art 3 WKSchG, § 4 MHRG 23-26

3. Geltendmachung der Umlegung (Abs 2)

23

a) Die Umlegung erhöhter Betriebskosten ist durch schriftliche Erklärung des Vermieters gegenüber dem Mieter geltend zu machen. Es handelt sich um eine einseitige, empfangsbedürftige Willenserklärung, die dem gesetzlichen Formerfordernis des § 126 BGB genügen muß. In § 8 ist allerdings hinsichtlich der eigenhändigen Unterschrift eine Ausnahme zugelassen, wenn die Erklärung mit Hilfe automatischer Einrichtungen gefertigt ist. b) Für den Inhalt der Erklärung verlangt Abs 2 S 2 als Wirksamkeitsvoraussetzung, 24 daß der Grund für die Umlage bezeichnet und erläutert wird. Damit soll dem Mieter die Erhöhung des Mietzinses in verständlicher Weise begründet werden, um ihm eine Nachprüfung zu ermöglichen. Der Grund für die erhöhte Umlage ist deshalb unter Hinweis auf die eine Kostensteigerung verursachende Stelle wie Gemeinde, Stadtwerke und dgl und das Datum des Gebührenbescheids, der Rechnung usw genau zu bezeichnen (SCHMIDT-FUTTERER C 262). Allgemeine Hinweise auf gestiegene Kosten reichen nicht aus, da sie in dieser Form nicht nachprüfbar sind. Auch das Erfordernis, den Grund der Umlage zu erläutern, ist unter dem Gesichtspunkt der Nachprüfbarkeit zu interpretieren. Im Gegensatz zur früheren Regelung des § 3 Abs 6 S 2 WKSchG I braucht die Berechnung der Umlage aus Gründen der Arbeitserleichterung nicht mehr mitgeteilt zu werden (Rz 2). Sie muß aber für den Mieter nachprüfbar sein (vgl AG München WuM 1977, 171; AG Osnabrück WuM 1973, 216). Eine bloße Aufstellung der vom Vermieter nunmehr zu zahlenden Betriebskosten ist unzureichend (vgl AG Bochum WuM 1 9 7 3 , 4 9 ; AG Köln WuM 1 9 7 8 , 1 1 0 ) , soweit der Erhöhungsbetrag für den Mieter nicht zumindest als Differenzbetrag zwischen früheren und neuen Kosten nach der Erklärung berechenbar ist. Deshalb ist auch die Angabe des Umlegungsmaßstabs erforderlich (SCHMIDT-FUTTERER C 261), wenn nicht der Vermieter erkennbar den bisherigen Maßstab angewendet hat. Es genügt auch, wenn dem Mieter mitgeteilt wird, ein bestimmter Prozentsatz des angegebenen gesamten Erhöhungsbetrags entfalle auf ihn (Begr zum RegE BT-Drucks 7 / 2 0 1 1 , 12). Wegen der Nachprüfbarkeit ist dem Mieter die Einsicht in die Belege zu gestatten (vgl Rz 11; SCHMIDT-FUTTERER C 261). c) Ein Verstoß gegen Abs 2 macht die Erhöhungserklärung des Vermieters unwirk- 25 sam. Wird die Einsichtnahme in die Belege verweigert, steht dem Mieter jedoch nach § 273 BGB nur ein Zurückbehaltungsrecht hinsichtlich des erhöhten Betrags zu, das die Wirksamkeit der Erhöhung unberührt läßt (SCHMIDT-FUTTERER C 261). Schreib- oder Rechenfehler beeinträchtigen die Wirksamkeit der Erklärung nur dann nicht, wenn sie offensichtlich und für den Mieter selbst korrigierbar sind, weil es anderenfalls an der erforderlichen Verständlichkeit der Erklärung fehlt (weitergehend BARTHELMESS § 4 Rz 2 9 ; SCHMIDT-FUTTERER C 2 6 3 ; vgl BGH MDR 1961, 3 1 6 m Anm ROQUETTE MDR 1961, 4 9 9 ; BGH DWW 1966, 6 3 zu § 18 BMietG I). Zudem ist der Vermieter nur berechtigt, den auf den Mieter richtigerweise entfallenden Betrag umzulegen. Dies setzt aber eine materiell richtige Erklärung voraus, die nicht erst durch dem Mieter unbekannte Unterlagen und Berechnungen korrigiert werden muß.

3. Wirkungseintritt der Umlegung (Abs 3) 26 a) Die Erklärung, mit der der Vermieter eine Umlegung erhöhter Betriebskosten geltend macht, wird nach § 130 BGB mit dem Zugang beim Mieter wirksam. Davon zu unterscheiden ist der Zeitpunkt, von dem ab der Mieter die erhöhte Umlage schuldet. Hierbei unterscheidet das Gesetz zwischen zukünftiger und rückwirkender (1389)

Jürgen Sonnenschein

Art 3 WKSchG, § 4 MHRG

27-31

2. Wohnraumkündigungsschutzgesetz

Erhöhung der Betriebskosten. Die Umlage ist mangels abweichender Vereinbarungen jeweils mit dem Mietzins fällig. 27 b) Bei einer zukünftigen Erhöhung der Betriebskosten schuldet der Mieter den auf ihn entfallenden Teil der Umlage vom Ersten des auf die Erklärung folgenden Monats an. Ist die Erklärung erst nach dem Fünfzehnten eines Monats abgegeben worden, tritt diese Wirkung am Ersten des übernächsten Monats ein (Abs 3 S 1). Entgegen dem im letzteren Fall mißverständlichen Gesetzeswortlaut kommt es nicht auf die Abgabe, sondern immer auf den Zeitpunkt des Zugangs der Erklärung an, weil die zeitliche Differenzierung dem Schutz des Mieters vor kurzfristigen Mieterhöhungen dient, dieser Schutz aber nur erreicht wird, wenn ihm die Kenntnisnahme der Erklärung bei voller Fristwahrung wenigstens möglich ist (vgl BARTHELMESS § 3 Rz 54, § 4 Rz 3 1 ; BURKHARDT JurBüro 1975, 5 6 1 , 5 6 7 f; LUTZ DWW 1971, 3 8 3 , 3 8 8 ; PALANDT-PUTZO § 4 A n m 4 a, § 3 A n m 4 a ; SCHMIDT-FUTTERER C 2 6 4 ; STERNEL

Rz II 153; s auch § 3 Abs 4 S 1).

28 c) Bei einer rückwirkenden Erhöhung der Betriebskosten, wie sie vor allem hinsichtlich der Grundsteuer eintreten kann (vgl Rz 4), läßt Abs 3 S 2 in begrenztem Umfang eine ebenfalls rückwirkende Überwälzung der anteiligen Umlage auf den Mieter zu. aa) Die Erklärung des Vermieters, mit der die Umlage geltend gemacht wird, muß darauf beruhen, daß sich die Betriebskosten rückwirkend erhöht haben. Dies ist der Fall, wenn sich die Erhöhung der Betriebskosten auf eine Zeit bezieht, die vor der jeweiligen Geltendmachung gegenüber dem Vermieter liegt (vgl auch Rz 20). Da in der Erklärung des Vermieters der Grund für die Umlage zu bezeichnen und zu erläutern ist (Abs 2 S 2), muß insoweit auch auf die Rückwirkung eingegangen werden (vgl BARTHELMESS § 4 Rz 34; PALANDT-PUTZO § 4 Anm 4 b). 29 bb) Der Vermieter muß seine Erklärung innerhalb von drei Monaten nach Kenntnis von der Erhöhung abgeben. Unter Abgabe wird verbreitet ebenso wie im Fall des Abs 3 S 1 HS 2 (Rz 26) der Zugang beim Mieter verstanden (BARTHELMESS § 4 RZ 3 5 ; SCHMIDT-FUTTERER C 2 6 5 ) . Diese Auffassung ist nicht unbedenklich, da die Dreimonatsfrist des Abs 3 S 2 in erster Linie dazu dient, dem Vermieter nur eine bestimmte Zeit lang die Entscheidung freizustellen, ob er die rückwirkende Erhöhung gegenüber dem Mieter geltend macht, während die Fristen des Abs 3 S 1 dem Mieter ermöglichen sollen, sich auf die zukünftige höhere Belastung einzustellen. Gleichwohl soll der obigen Auffassung gefolgt werden, um eine unterschiedliche Interpretation des gleichen Wortes innerhalb einer Vorschrift zu vermeiden. Die Dreimonatsfrist beginnt mit der positiven Kenntnis des Vermieters von der Erhöhung. Auch hierbei kommt es auf den Gesamtbetrag der Betriebskosten an (Rz 20). Legt der Vermieter gegen einen Gebührenbescheid Rechtsmittel ein, kommt es für die Kenntnis auf den Bescheid oder das Urteil an, durch den die Erhöhung endgültig festgestellt wird (LG München DWW 1978, 99 m Anm GLOCK-BUB). Unerheblich ist es, ob der Vermieter schon vorher mit einer Erhöhung rechnete oder rechnen mußte (AG Solingen WuM 1978, 112). 30 cc) Die Rückwirkung der Umlage erstreckt sich grundsätzlich auf den Zeitraum, für den die erhöhte Belastung vom Vermieter zu tragen ist. Das Gesetz begrenzt diesen Zeitraum für die vom Mieter zu zahlende Umlage jedoch auf den Beginn des der Erklärung des Vermieters vorausgehenden Kalenderjahres. Entscheidend ist wiederum der Zugang der Erklärung (Rz 26). Darüber hinaus ergibt sich aus dem Merkmal der Erhöhung der Betriebskosten (Rz 20), daß die Wirkung für den einzelnen Mieter nicht über den Zeitpunkt des Vertragsschlusses hinausreicht. 31 dd) Wegen der Fristenregelung des Abs 3 S 1 und der Erfordernisse einer rückwirkenden Erhöhung in Abs 3 S 2 (Rz 27 f) kann der Fall eintreten, daß dem Vermieter Jürgen Sonnenschein

(1390)

2. Wohnraumkündigungsschutzgesetz

Art 3 WKSchG, § 4 MHRG 32-36

bei einer kurzfristigen zukünftigen Erhöhung der Betriebskosten für eine gewisse Zeit die Überwälzung verschlossen ist. Wird dem Vermieter gegenüber eine Erhöhung der Betriebskosten nach dem Fünfzehnten eines Monats mit Wirkung vom Ersten des nächsten Monats an wirksam, so kann er die Erhöhung frühestens vom Ersten des übernächsten Monats an auf den Mieter abwälzen. Ist die Überwälzung ausgeschlossen, weil ein rückwirkender Grundsteuerbescheid dem Vermieter im Gegensatz zur Mehrheit der anderen Hauseigentümer erst nach Ablauf der Frist des Abs 3 S 2 zugestellt wird, so kann die Einziehung der Grundsteuer durch die Gemeinde unbillig sein und einen Erlaß nach § 227 AO rechtfertigen (VG Frankfurt NJW 1978, 1020 - nicht rechtskräftig). Eine im Hinblick auf die verzögernde Verwaltungspraxis bei Zustellung von Steuerbescheiden ausdehnende Auslegung des Abs 3 S 2 über den Zeitraum von zwei Jahren hinaus ist nicht gerechtfertigt (AG Bonn WuM 1978, 151). ee) Nach der Beendigung des Mietverhältnisses ist eine rückwirkend erhöhte Umla- 32 ge gegenüber dem früheren Mieter ausgeschlossen, da der Mietvertrag als Grundlage für eine auf § 4 gestützte einseitige Änderung der Rechte und Pflichten weggefallen ist. Die gegenteilige Auffassung SCHMIDT-FUTTERERS ( C 2 7 6 ) findet im Gesetz keinen Anhaltspunkt und kann nicht allein mit Billigkeitserwägungen gerechtfertigt werden. Der neue Mieter kann ebenfalls nicht mit Betriebskosten belastet werden, die auf eine Zeit vor dem Abschluß seines Mietvertrags entfallen, sofern nicht eine entsprechende Vereinbarung oder Rechtsnachfolge in den Mietvertrag vorliegt.

IV. Herabsetzung des Mietzinses bei Ermäßigung der Betriebskosten (Abs 4) 1. Allgemeines 33 Die Regelung des Abs 4 verpflichtet den Vermieter, bei einer Ermäßigung der Betriebskosten den Mietzins von diesem Zeitpunkt ab entsprechend herabzusetzen und die Ermäßigung dem Mieter unverzüglich mitzuteilen. Der Mietzins wird nicht ohne weiteres kraft Gesetzes gesenkt. Es bedarf vielmehr einer Gestaltungserklärung seitens des Vermieters, auf die der Mieter einen klagbaren Anspruch hat.

2. Ermäßigung der Betriebskosten

34

a) Der Begriff der Betriebskosten wird nach § 4 Abs 1 durch § 27 II. BVO festgelegt (Rz 5 f). b) Es muß eine Ermäßigung der Betriebskosten eingetreten sein (Abs 4 S I ) . Dies 35 ist der Fall, wenn die gesamten Betriebskosten niedriger geworden sind als zur Zeit des Vertragsschlusses oder einer späteren Neufestsetzung nach § 4. Entscheidend ist der Gesamtbetrag, nicht eine einzelne Betriebskostenart (Begr zum RegE BT-Drucks 7 / 2 0 1 1 , 13; BARTHELMESS § 4 RZ 3 8 ; vgl § 5 Abs 1 NeubauMietVO; aM SCHMIDT-FUTTERER C 2 6 8 ; STERNEL R z II 157). N u r so ist gewährleistet,

daß

anderweitige Erhöhungen, die der Vermieter noch nicht nach Abs 2 überwälzt hat, zunächst verrechnet werden (vgl Rz 20). Der Vermieter ist verpflichtet, im Rahmen einer gewissen Ermessensfreiheit die Betriebskosten so niedrig wie möglich zu halten. Verstößt er schuldhaft gegen diese Pflicht, kann sich ein auf Mietherabsetzung gerichteter Schadensersatzanspruch des Mieters aus positiver Vertragsverletzung ergeben (Rz 21).

c) Der Umlegungsmaßstab für die Ermäßigung entspricht den bei einer Erhöhung 36 anzuwendenden Grundsätzen (Rz 22). (1391)

Jürgen Sonnenschein

Art 3 WKSchG, § 4 MHRG 37-42 2. Wohnraumkiindigungsschutzgesetz

37 3. Mitteilung der Ermäßigung a) Nach Abs 4 S 2 ist die Ermäßigung dem Mieter unverzüglich mitzuteilen. Der Wortlaut der Vorschrift läßt offen, ob damit die Ermäßigung der Betriebskosten, die für den Vermieter eingetreten ist, oder die anteilige Herabsetzung des Mietzinses gegenüber dem Mieter gemeint ist. Obwohl das Wort Ermäßigung in Abs 4 S I nur in Zusammenhang mit den Betriebskosten auf Seiten des Vermieters verwendet wird, während hinsichtlich des Mietzinses von Herabsetzen die Rede ist, wird die Mitteilung des S 2 allgemein mit der Herabsetzungserklärung gleichgestellt (vgl BARTHELMESS § 4 R z 4 1 ; SCHMIDT-FUTTERER C 2 6 8 ; STERNEL R z I I 1 5 7 ) . D e m i s t z u

folgen, da eine isolierte Mitteilung der Betriebskostenermäßigung ohne entsprechende Herabsetzung des Mietzinses praktisch und vom Zweck der Regelung her überflüssig ist. Bei dieser Interpretation harmoniert die Vorschrift auch mit § 5 Abs 3 S 3 und § 6 Abs 4 S 2, wonach ausdrücklich die Herabsetzung des Mietzinses mitzuteilen ist (vgl BARTHELMESS aaO). 38 b) Die Herabsetzung des Mietzinses ist dem Mieter gegenüber unverzüglich, dh ohne schuldhaftes Zögern ( § 1 2 1 Abs 1 S 1 BGB), mitzuteilen, nachdem der Vermieter von der Ermäßigung der Betriebskosten Kenntnis erlangt hat. 39 c) Eine Begründung und besondere Form sind für die Erklärung nicht vorgeschrieben (BARTHELMESS § 4 Rz 4 2 ; STERNEL Rz I I 1 5 7 ) . Dem Mieter ist jedoch ein auf § 242 BGB zu stützender Auskunftsanspruch einzuräumen, an den sich ein Recht auf Einsicht in die Belege des Vermieters knüpft (BARTHELMESS § 4 R Z 4 7 ) .

40 4. Wirkungseintritt der Herabsetzung des Mietzinses a) Die Herabsetzung des Mietzinses beruht auf einer einseitigen, empfangsbedürftigen Willenserklärung des Vermieters, der Mitteilung des Abs 4 S 2 (Rz 37). Diese Erklärung wird nach § 130 BGB mit dem Zugang beim Mieter wirksam. 41 b) Davon zu unterscheiden ist der Zeitpunkt, zu dem der Mietzins herabgesetzt wird. Abs 4 S I verpflichtet den Vermieter, den Mietzins vom Zeitpunkt der Ermäßigung der Betriebskosten ab entsprechend herabzusetzen. Diese Rückwirkung tritt nicht kraft Gesetzes ein, sondern setzt eine darauf gerichtete, mit der Rückwirkung inhaltlich übereinstimmende Willenserklärung des Vermieters voraus, was sich auch im Wege der Auslegung ergeben kann. Gibt der Vermieter jedoch ausdrücklich ein abweichendes, späteres Datum an, so ist zunächst nur dieses maßgebend. Allerdings ist der weitergehende Anspruch des Mieters dann nicht vollständig erfüllt. 42 c) Der Mieter hat einen Bereicherungsanspruch auf Rückzahlung der zuviel entrichteten Betriebskosten, sobald der Mietzins durch die Gestaltungserklärung des Vermieters rückwirkend herabgesetzt worden ist (§ 812 Abs 1 S 2 HS 1 BGB). Der Anspruch kann sich auf die gezogenen Nutzungen erstrecken (§ 818 Abs 1 BGB). Eine Berufung auf den Wegfall der Bereicherung nach § 818 Abs 3 BGB scheidet bei Kenntnis des Vermieters von der Betriebskostenermäßigung und seiner Pflicht aus § 4 Abs 4 in entsprechender Anwendung der §§818 Abs 4,819 BGB aus, auch wenn der Rechtsgrund für die höheren Zahlungen des Mieters an sich noch besteht, solange eine Herabsetzungserklärung des Vermieters nicht wirksam geworden ist. § 820 Abs 1 S 2 BGB kommt nur in Betracht, wenn die Herabsetzung des Mietzinses wegen Betriebskostensenkung nach dem Inhalt des jeweiligen Mietvertrags von den Parteien als möglich angesehen wurde. Jürgen Sonnenschein

(1392)

Art 3 WKSchG, §§ 4, 5 MHRG 2. Wohnraumkiindigungsschutzgesetz 43, 44 5. Verletzung der Pflicht zur Herabsetzung des Mietzinses

43

a) Der Mieter hat nach Abs 4 S I einen Anspruch gegen den Vermieter, eine auf Herabsetzung des Mietzinses gerichtete Willenserklärung abzugeben. Er kann im Wege der Leistungsklage auf Erfüllung klagen, soweit nicht im Hinblick auf eine der Billigkeit entsprechende Umlegung durch das Gericht eine Gestaltungsklage in Betracht kommt (vgl BARTHELMESS § 4 Rz 51). Zur Realisierung seiner Rechte ist dem Mieter in angemessenen Zeitabständen ein auf § 242 BGB zu stützender Auskunftsanspruch einzuräumen. b) Im Schrifttum wird zT vertreten, der Vermieter mache sich wegen positiver 44 Vertragsverletzung schadensersatzpflichtig, wenn er die Herabsetzung nicht unverzüglich erkläre (BARTHELMESS § 4 RZ 48; SCHMIDT-FUTTERER C 268). Diese Auffassung läßt das Subsidiaritätsverhältnis zwischen positiver Vertragsverletzung und Verzug außer Betracht (vgl BGHZ 11, 80, 83; ERMAN-BATTES BGB § 2 7 6 R z 88; FIKENTSCHER § 47 I 3; MEDICUS, Bürgerliches Recht, 8. Aufl [1978]. Rz 309).

Entsteht dem Mieter durch die verzögerte Erfüllung des Herabsetzungsanspruchs ein Schaden, so ist dies ein Verzögerungsschaden, der unter den Voraussetzungen des Schuldnerverzugs nach den §§ 284 ff BGB vom Vermieter zu ersetzen ist. Dies setzt eine Mahnung durch den Mieter voraus (§ 284 Abs 1 S 1 BGB). Es ist mißlich, aber vom Gesetz so gewollt, daß der Mieter den Vermieter praktisch nicht durch Mahnung in Verzug setzen kann, solange er von der Ermäßigung der Betriebskosten nichts erfahren hat. Diese Entscheidung des Gesetzes kann nicht dadurch unterlaufen werden, daß eine Schadensersatzpflicht aus positiver Vertragsverletzung neben den Verzugsregeln, vor allem für die Zeit vor Eintritt des Verzugs, angenommen w i r d (vgl ERMAN-BATTES B G B § 2 8 4 R z 1 0 ; MEDICUS a a O R z 2 7 9 ; a M SCHNEIDER

MDR 1959, 899). Der Mieter ist auf Bereicherungsansprüche angewiesen (Rz 42; vgl im übrigen Rz 35). Unberührt bleibt allerdings § 826 BGB.

§ 5 MHRG Der Vermieter ist berechtigt, Erhöhungen der Kapitalkosten, die nach Inkrafttreten dieses Gesetzes infolge einer Erhöhung des Zinssatzes aus einem dinglich gesicherten Darlehen fällig werden, durch schriftliche Erklärung anteilig auf den Mieter umzulegen, wenn 1. der Zinssatz sich a) bei Mietverhältnissen, die vor dem 1. Januar 1973 begründet worden sind, gegenüber dem am 1. Januar 1973 maßgebenden Zinssatz, b) bei Mietverhältnissen, die nach dem 31. Dezember 1972 begründet worden sind, gegenüber dem bei Begründung maßgebenden Zinssatz erhöht hat, 2. die Erhöhung auf Umständen beruht, die der Vermieter nicht zu vertreten hat, 3. das Darlehen der Finanzierung des Neubaues, des Wiederaufbaues, der Wiederherstellung, des Ausbaues, der Erweiterung oder des Erwerbs des Gebäudes oder des Wohnraums oder von baulichen Maßnahmen im Sinne des § 3 Abs. 1 gedient hat. § 4 Abs. 2 Satz 2 und Absatz 3 Satz 1 gilt entsprechend. Ermäßigt sich der Zinssatz nach einer Erhöhung des Mietzinses nach Absatz 1, so ist der Mietzins vom Zeitpunkt der Ermäßigung ab entsprechend, höchstens aber um die Erhöhung nach Absatz 1, herabzusetzen. Ist das Darlehen getilgt, so ist der (1393)

Jürgen Sonnenschein

Art 3 WKSchG, § 5 MHRG 2. Wohnraumkündigungsschutzgesetz

Mietzins um den Erhöhungsbetrag herabzusetzen. Die Herabsetzung ist dem Mieter unverzüglich mitzuteilen. Das Recht nach Absatz 1 steht dem Vermieter nicht zu, wenn er die Höhe der dinglich gesicherten Darlehen, für die sich der Zinssatz erhöhen kann, auf eine Anfrage des Mieters nicht offengelegt hat. Begr zum RegE BT-Drucks 7/2011, 13; Ausschußbericht BT-Drucks 7/2629 u 7/2638, 4.

Schrifttum BILDA, Zur Hypothekenzinserhöhung über vereinbarte Höchstsatzklauseln hinaus, ZMR 1975,161 ; BURKHARDT, Die Regelung der Mietzinshöhe nach dem 2. Wohnraumkündigungsschutzgesetz, JurBüro 1975, 561, 566; DERLEDER, Inflatorische Impulse des Gesetzes zur Regelung der Miethöhe? WuM 1976, 197 und 221; GÜNTER, Die Mieterhöhung nach dem 2. Wohnungskündigungsschutzgesetz, WuM 1975, 5, 8; LÖWE, Wichtige Neuregelungen im Zweiten Wohnraumkündigungsschutzgesetz, NJW 1975, 9, 14; LUTZ, Das neue Wohnraumkündigungsschutzgesetz, DWW 1974, 272, 278; PAUL, Der Entwurf des Zweiten Wohnraum-Kündigungsschutzgesetzes - Inhalt und kritische Anmerkungen, DWW 1974, 56, 57; RUPP, Mieterhöhungserklärung bei Finanzierung von Modernisierungsmaßnahmen nicht preisgebundenen Wohnraums mit öffentlichen Zinssubventionen, ZMR 1977, 323; SCHMIDT-FUTTERER, Kündigungsschutz für Wohnraum und Beschränkung der Mieterhöhung als Dauerrecht. Die Neuregelung im 2. WKSchG v. 18. 12. 1974, MDR 1975, 89, 94; SCHOPP, Das Zweite Wohnraumkündigungsschutzgesetz, ZMR 1975, 97, 104; VOGEL, Das Zweite Wohnraumkündigungsschutzgesetz, JZ 1975, 73, 79; WEIMAR, Die Möglichkeit der Umlage von Erhöhungen der Hypotheken- und Grundschuldzinsen auf den Wohnraummieter, Betrieb 1975, 631.

Systematische Übersicht I. Allgemeine Kennzeichnung 1. Überblick 1 2. Entstehung der Vorschrift 2 3. Zweck der Vorschrift 3 II. Umlegung erhöhter Kapitalkosten (Abs 1, 2,4)

1. Allgemeines 4 2. Erhöhung der Kapitalkosten 6 3. Geltendmachung der Umlegung 21 4. Wirkungseintritt der Umlegung 23 5. Ausschluß des Rechts zur Mieterhöhung 27

DI. Herabsetzung des Mietzinses bei Ermäßigung des Zinssatzes (Abs 3) 1. Allgemeines 37 2. Ermäßigung des Zinssatzes 38 3. Tilgung des Darlehens 40 4. Umfang der Herabsetzung 41 5. Mitteilung der Herabsetzung 45 6. Wirkungseintritt der Herabsetzung 46 7. Verletzung der Pflicht zur Herabsetzung 47

Alphabetische Übersicht Anfrage des Mieters nach der Höhe dinglich gesicherter Darlehen 29 ff - Anfrage vor Abschluß des Mietvertrages 31 - Beweislast für Zugang 35 - Inhalt und Form 29 - Zahl der Anfragen 30 - Zeitpunkt 30 Ausschluß des Rechts zur Mieterhöhung 27 ff - gesetzlicher 28 ff, 34 ff - vertraglicher 27

Beweislast - Anfrage des Mieters nach der Höhe der dinglich gesicherten Darlehen 35 - Mitteilung des Vermieters 35 Darlehen 8 f, 39 - Begriff 8 - Finanzierungszwecke 8 - Sicherung, dingliche 9 - Tilgung 40

Jürgen Sonnenschein

(1394)

2. Wohnraumkündigungsschutzgesetz Eigenkapitalkosten 2, 6 Entstehung der Vorschrift 2 Erhöhung der Kapitalkosten 6 ff Erhöhung des Zinssatzes für ein dinglich gesichertes Baudarlehen 7,10 - Höhe der umlagefähigen Zinsen 16 - Stichtagsregelung 14 f - vom Vermieter zu vertretende Umstände 17 ff - Voraussehbarkeit der Erhöhung 13 - Zinsen 10 f - Zinssatz 12 Ermäßigung des Zinssatzes 38 f Form der Mieterhöhungserklärung 21 Fremdkapitalkosten 2,6, 9 Herabsetzung des Mietzinses bei Ermäßigung des Zinssatzes 37 ff - Allgemeines 37 - Ermäßigung des Zinssatzes 38 f - Mitteilung der Herabsetzung 45 - Tilgung des Darlehens 40,42 - Umfang der Herabsetzung 41 ff - Verletzung der Pflicht zur Herabsetzung, s Verletzung - Wirkungseintritt der Herabsetzung 46 Kapitalkosten - Begriff 6 - Erhöhung 6 ff - Ermäßigung 37 ff, 43 - Finanzierung von Reparaturen 8 Kündigungsrecht des Mieters bei Umlegung erhöhter Kapitalkosten 5 Mietzins - Erhöhung 4 ff - Herabsetzung 37 ff - überzahlter 46

Art 3 WKSchG, § 5 MHRG 1

Mitteilung des Vermieters auf die Anfrage des Mieters nach der Höhe dinglich gesicherter Darlehen 32 ff - Beweislast für Zugang der Mitteilung 35 - Form und Frist 33 - Inhalt 32 - Mitteilung ohne vorherige Anfrage 36 - Rechtsfolge eines Verstoßes 34 Reparaturen, Finanzierungskosten 8 RückZahlungsanspruch des Mieters 46 Sicherung, dingliche von Baudarlehen 9 Stichtagsregelung 14 f Stundung von Zinsraten 14,24 Umlegung erhöhter Kapitalkosten 4 ff - Allgemeines 4 - anteilige 20 - Ausschluß des Rechts zur Mieterhöhung, s Ausschluß - Erhöhung der Kapitalkosten 6 ff - Erhöhung des Zinssatzes für ein dinglich gesichertes Baudarlehen, s dort - Form der Erklärung 21 - Geltendmachung der Umlegung 21 f - Inhalt der Erklärung 22 - rückwirkende Umlegung 14 - Umlegungsmaßstab 8 - Wirkungseintritt der Umlegung 23 ff Vereinbarungen, abweichende 27 Verletzung der Pflicht zur Herabsetzung des Mietzinses 47 f - Erfüllungsanspruch des Mieters 47 f - Schadensersatzanspruch des Mieters 48 Zinsen 10 f Zinssatz 12 Zweck der Vorschrift 3

I. Allgemeine Kennzeichnung 1. Überblick

1

Die Vorschrift betrifft Kapitalkosten für vermieteten Wohnraum. Nach Abs 1 steht dem Vermieter unter bestimmten Voraussetzungen das Recht zu, Erhöhungen der Kapitalkosten, die auf einer Erhöhung des Zinssatzes für ein dinglich gesichertes Baudarlehen beruhen, durch schriftliche Erklärung anteilig auf den Mieter umzulegen. Es handelt sich um eine Sonderregelung gegenüber den gesetzlichen Beschränkungen der Mieterhöhung durch § 2. Im Gegensatz zu der ähnlichen Vorschrift des § 4 über Betriebskosten ist eine Umlegung rückwirkend erhöhter Kapitalkosten ausgeschlossen. Nach Abs 4 ist eine Erhöhung auch dann nicht möglich, wenn der Vermieter auf Anfrage des Mieters nicht die Höhe der Darlehen mitgeteilt hat, für die sich der Zinssatz erhöhen kann. Ermäßigen sich die Kapitalkosten infolge einer Senkung des Zinssatzes für das Darlehen, so muß der Vermieter den Mietzins (1395)

Jürgen Sonnenschein

Art 3 WKSchG, § 5 MHRG 2-5 2. Wohnraumkündigungsschutzgesetz

entsprechend herabsetzen, soweit eine frühere Erhöhung wegen gestiegener Kapitalkosten vorangegangen ist (Abs 3). 2 2. Entstehung der Vorschrift Die Vorschrift war im WKSchG I nicht enthalten. Sie geht zurück auf die Regelung von Mieterhöhungen im sozialen Wohnungsbau (§ 10 WoBindG, §§ 13, 19, 23 II. BVO; vgl Begr zum RegE BT-Drucks 7/2011, 13). Zu berücksichtigen sind nur Kosten für Fremdkapital. Die im RegE vorgesehene Zulässigkeit von Mieterhöhungen für fiktive Zinserhöhungen bei Eigenkapital (vgl § 5 Abs 1 S 2 RegE, aaO 6) ist auf Vorschlag des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestages im Einvernehmen mit dem Ausschuß für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau nicht Gesetz geworden, weil es nicht gerechtfertigt und praktisch nicht befriedigend durchführbar sei, die Verzinsung von Eigenkapital zu berücksichtigen (Ausschußbericht BT-Drucks 7/2638, 4).

3 3. Zweck der Vorschrift Die Vorschrift ist in einer Zeit der Hochzinspolitik geschaffen worden. Die Wirtschaftlichkeit des Hausbesitzes soll bei starken Bewegungen auf dem Kapitalmarkt durch eine Umlegung erhöhter Kapitalkosten gewahrt bleiben (Begr zum RegE BT-Drucks 7/2011, 13). Dies wurde auch für den freien Wohnungsmarkt als ein Gebot der Gerechtigkeit angesehen, weil in § 10 WoBindG eine ähnliche Regelung bei preisgebundenen Wohnungen für Mieter mit geringem Einkommen besteht (Ausschußbericht BT-Drucks 7/2638, 4). Um derart begründete Mieterhöhungen jedoch in einem vertretbaren Ausmaß zu begrenzen, ist als Bezugspunkt für Erhöhungen des Zinssatzes der 1.1. 1973 gewählt worden (Ausschußbericht aaO 5 gegenüber dem 30. 6. 1973 im RegE). Eine Ermäßigung der Kapitalkosten führt im Gegensatz zur Regelung der Betriebskosten (§ 4 Abs 4) nur dann zur Herabsetzung des Mietzinses, wenn der Vermieter zuvor die Miete wegen gestiegener Kapitalkosten erhöht hat. Anderenfalls würden jene Vermieter benachteiligt, die auf eine frühere Erhöhung verzichtet oder zu einem nicht kostendeckenden Mietzins vermietet haben, weil sie erwarteten, bei einer Zinssenkung ihre Kosten decken zu können (Begr zum RegE aaO).

II. Umlegung erhöhter Kapitalkosten (Abs 1, 2, 4) 4 1. Allgemeines a) Die Vorschrift ermöglicht es dem Vermieter, abweichend von dem in § 2 vorgeschriebenen Verfahren eine Mieterhöhung wegen gestiegener Kapitalkosten durch schriftliche Erklärung einseitig gegenüber dem Mieter durchzusetzen. Es handelt sich um ein Gestaltungsrecht, dessen Ausübung unmittelbar zu einem Zahlungsanspruch des Vermieters führt. Die Zustimmung des Mieters ist nicht erforderlich. Da § 5 eine Sonderregelung darstellt, brauchen weder die zeitlichen Abstände des § 2 Nr 1 noch die Grenzen der Vergleichsmiete nach § 2 Abs 1 Nr 2 eingehalten zu w e r d e n (vgl SCHMIDT-FUTTERER C 3 0 2 ) .

5 b) Im Gegensatz zur Regelung der Betriebskosten (§ 4 Rz 18) hat der Mieter gegenüber einer Umlegung erhöhter Kapitalkosten ein Kündigungsrecht nach § 9 Abs 1 S 2. Jürgen Sonnenschein

(1396)

Art 3 W K S c h G , § 5 M H R G 2. Wohnraumkündigungsschutzgesetz

6-8

2. Erhöhung der Kapitalkosten

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a) Der Begriff der Kapitalkosten ist im MHRG nicht ausdrücklich geregelt. Der Wortlaut des § 5 Abs 1 und die Entstehungsgeschichte (Rz 2) erweisen zunächst, daß nur Fremdkapitalkosten, nicht aber Kosten für Eigenkapital (vgl § 20 II. BVO) gemeint sind. Nach dem allgemeinen Sprachgebrauch gehören zu den Fremdkapitalkosten alle Aufwendungen, die zur Finanzierung aufzubringen sind, also nicht nur die nach einem bestimmten Zinssatz berechneten Zinsen für Fremdmittel, sondern auch ein bei Auszahlung des Darlehens einbehaltenes Damnum, das den Effektivzins erhöht, Kosten der Vor- und Zwischenfinanzierung, der Kreditvermittlung, laufende Verwaltungskostenbeiträge und dgl. Eine vor allem im öffentlich geförderten Wohnungsbau maßgebende Begriffsbestimmung der Fremdkapitalkosten enthält § 21 II. BVO (vgl FISCHER-DIESKAU - PERGANDE - SCHWENDER, Wohnungsbaurecht IV [1975] BVO § 21 Anm 2 ff). Von diesem Begriff ist auch im Rahmen des § 5 auszugehen, da die II. BVO eine Grundlage für den Erlaß dieser Vorschrift bildete (vgl Begr zum RegE BT-Drucks 7/2011, 13). Hiernach gehören zu den Kapitalkosten die Zinsen für Fremdmittel, laufende Kosten, die aus Bürgschaften für Fremdmittel entstehen, sonstige wiederkehrende Leistungen aus Fremdmitteln, namentlich Rentenschulden, Erbbauzinsen sowie laufende Nebenleistungen, vor allem Verwaltungskostenbeiträge (§ 21 Abs 1 II. BVO). Die Regelung des § 5 Abs 1 berechtigt den Vermieter allerdings nur dann, den 7 Mietzins heraufzusetzen, wenn die Kapitalkosten infolge einer Erhöhung des Zinssatzes für ein dinglich gesichertes Baudarlehen gestiegen sind. Damit ist auf zwei Faktoren abzustellen. Entscheidend ist zunächst, ob der Zinssatz für ein derartiges Darlehen erhöht worden ist (Rz 10 ff). Nur die dadurch verursachte Kostensteigerung ist auf den Mieter abzuwälzen. Weitere Voraussetzung ist aber, daß durch die Erhöhung des Darlehenszinses die Kapitalkosten insgesamt gestiegen sind. Letztlich maßgebend ist also nicht der sich aus der Zinserhöhung selbst ergebende Unterschiedsbetrag, sondern der dadurch bei den gesamten Fremdkapitalkosten eintretende Differenzbetrag (vgl BARTHELMESS § 5 Rz 9 ; SCHMIDT-FUTTERER C 3 0 9 ) . Damit werden zunächst alle Schwankungen ausgeglichen, die bei den sonstigen Bestandteilen der Fremdkapitalkosten eingetreten sind, bevor erhöhte Darlehenszinsen auf den Mieter umgelegt werden können. b) Umlagefähig sind nur Zinsen für ein dinglich gesichertes Baudarlehen. Nach 8 § 5 Abs 1 Nr 3 muß das Darlehen der Finanzierung des Neubaues, des Wiederaufbaues, der Wiederherstellung, des Ausbaues, der Erweiterung oder des Erwerbs des Gebäudes oder des Wohnraums gedient haben. Gleichgestellt sind bauliche Maßnahmen iS des § 3 Abs 1. Die Mieterhöhung ist auf solche Fälle beschränkt, in denen das Grundstück als Pfandobjekt für Darlehen dient, die tatsächlich für bauliche Maßnahmen im gesetzlich umschriebenen Sinne verwendet worden sind (SCHMIDT-FUTTERER C 3 1 4 , 3 1 8 ) . Der Begriff des Darlehens ergibt sich aus § 607 BGB. Die möglichen Finanzierungszwecke sind insofern zu präzisieren, als auch der Erwerb des Grundstücks hierunter fällt, wenn das Gebäude selbst anderweitig finanziert worden ist oder wenn es sich um ein angrenzendes, selbständiges Grundstück handelt, das den Mietern zum Gebrauch überlassen ist. Andererseits umfaßt der Erwerb des Gebäudes oder des Wohnraums, also einer Eigentumswohnung, die Finanzierung des zugehörigen Grundstücks. Unter den Erwerb von Wohnraum fällt auch das Dauerwohnrecht des § 3 1 WEG (SCHMIDT-FUTTERER C 3 1 6 ) . Während die Grundfinanzierung baulicher Maßnahmen iS des § 3 Abs 1 durch das Recht auf Mieterhöhung nach dieser Vorschrift abgedeckt wird, werden spätere Zinssteigerungen für diese Finanzierungsmittel von § 5 erfaßt (SCHMIDT-FUTTERER C 3 1 7 ) . Für die generelle Umlagefä(1397)

Jürgen Sonnenschein

Art 3 WKSchG, § 5 MHRG 9, 10 2. Wohnraumkündigungsschutzgesetz

higkeit kommt es nur darauf an, ob der Vermieter das Darlehen für das betreffende Mietobjekt verwendet hat. Eine Frage des Umlegungsmaßstabs (Rz 20) ist es hingegen, ob die Mittel für das gesamte Objekt oder nur für punktuelle Maßnahmen wie etwa Ausbau oder Modernisierung einzelner Wohnungen eingesetzt worden sind. Finanzierungskosten für Reparaturen scheiden aus. 9 Das Darlehen muß dinglich gesichert sein (§ 5 Abs 1). Diese Voraussetzung war im RegE nicht enthalten. Sie ist erst aufgrund der Ausschußberatungen in den Gesetzentwurf aufgenommen worden (Ausschußbericht BT-Drucks 7/2638, 4 f). Als dingliche Sicherung wird im allgemeinen eine Hypothek oder Grundschuld(§§ 1113, 1 1 9 1 BGB) verlangt (BARTHELMESS § 5 Rz 8; SCHMIDT-FUTTERER C 3 1 3 ) . Auch eine Rentenschuld (§ 1199 BGB) kann zur Sicherung eines Darlehens bestellt werden, kommt aber praktisch kaum vor. Das Gesetz sagt nicht ausdrücklich, daß es sich bei der dinglichen Sicherung um ein Grundpfandrecht handeln muß. Damit stellt sich die Frage, ob auch Baudarlehen erfaßt werden, die durch ein Pfandrecht an beweglichen Sachen oder Forderungen nach den §§ 1204 ff BGB dinglich gesichert sind, zB durch Verpfändung von Wertpapieren. Ebenso hat das Gesetz die Frage offengelassen, ob das Darlehen durch das vermietete Grundstück gesichert sein muß (so SCHMIDT-FUTTERER C 3 1 3 ) oder ob eine Sicherung durch andere Grundstücke des Vermieters oder Vermögensobjekte dritter Personen ausreicht. Vom Gesetzeswortlaut werden auch diese Fälle gedeckt. Es mag sein, daß die Gesetzesverfasser den Willen hatten, die Umlegung von Kapitalkostenerhöhungen nach § 5 auf Zinssteigerungen für Darlehen zu beschränken, die durch ein Grundpfandrecht an dem vermieteten Grundstück gesichert sind. Dieser Wille hat jedoch im Gesetz keinen eindeutigen, objektiven Ausdruck gefunden. Entscheidend für die Auslegung ist deshalb der Gesetzeszweck. Das Erfordernis der dinglichen Sicherung ist auf Vorschlag des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestags in den Gesetzentwurf aufgenommen worden, wobei entgegen der Regierungsvorlage die Verzinsung von Eigenkapital gestrichen wurde. Es geht also nur um den Gegensatz von Eigenkapital und Fremdkapital. Zugleich wurde durch Aufnahme des § 5 Abs 1 Nr 3 klargestellt, daß es sich um baubedingtes Fremdkapital handeln muß (Ausschußbericht BT-Drucks 7/2638, 4 f). Der Vermieter soll die Erhöhung baubedingter Fremdkapitalkosten auf den Mieter umlegen können. Fremdkapital ist jedoch nicht mit dinglicher Sicherung am Baugrundstück gleichzustellen. Damit wird nur ein Teilbereich erfaßt, was den Gesetzeszweck nicht in vollem Umfang erfüllen kann. Im Grunde hätte der Nachweis einer baubedingten Finanzierung genügt (vgl § 5 Abs 1 Nr 3), wie es auch im sozialen Mietrecht der Fall ist (vgl § 23 II. BVO). Das an sich überflüssige und den Gesetzeszweck ungebührlich einschränkende Tatbestandsmerkmal der dinglichen Sicherung des Darlehens ist daher extensiv auszulegen. Es genügt jede Art der dinglichen Sicherung ohne Beschränkung auf das vermietete Grundstück oder Vermögensobjekte des Vermieters. 10 c) Die Steigerung der Kapitalkosten muß infolge einer Erhöhung des Zinssatzes für das Baudarlehen eingetreten sein. Der Anwendungsbereich der Norm wird insoweit durch die Stichtagsregelung des § 5 Abs 1 Nr 1 begrenzt. aa) Nur eine auf gestiegenen Zinsen beruhende Erhöhung der Kapitalkosten ist umzulegen. Der Begriff der Zinsen ist gesetzlich nicht bestimmt. Unter Zinsen im Rechtssinne werden wiederkehrende Vergütungen für den Gebrauch eines Kapitals verstanden, die nach Bruchteilen dieses Kapitals berechnet und im voraus dem Betrage nach bestimmt oder bestimmbar sind. Sie setzen das Bestehen einer Hauptverbindlichkeit voraus, neben der sie eine sich ständig erneuernde, fortlaufend zu entrichtende Nebenleistung bilden. Dabei kommt es nicht auf die Bezeichnung an, sondern auf den wirtschaftlichen Kern, der in der Vergütung für den Gebrauch eines Kapitals bestehen muß ( R G Z 168, 284, 285; B G H MDR 1971, 203). Jürgen Sonnenschein

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2. Wohnraumkündiguiigsschiitzgesetz

Art 3 WKSchG, § 5 MHRG 11-14

Hiernach gehört zu den Zinsen nur ein Teil der in § 21 II. BVO genannten 11 Fremdkapitalkosten. Auszuscheiden sind Bürgschaftsprovisionen, Rentenschulden (RGZ 141, 1, 7; BGH MDR 1971, 203), Erbbauzinsen, Kaufpreisraten (RGZ 91, 2 9 7 , 2 9 9 ; BGH aaO), Verzugs- und Strafzinsen (RGZ 1 6 0 , 7 8 , 8 0 ; SCHMIDT-FUTTERER C 3 1 1 , s aber C 3 2 6 ; aM wohl BARTHELMESS § 5 Rz 15; vgl BGH WM 1 9 7 4 , 4 3 , 44). Das gleiche gilt für Leistungen, die nicht im voraus dem Betrag nach bestimmt oder bestimmbar sind, und für einmalige Abzüge wie Disagio, Kredit- und Bearbeitungsgebühren, auch wenn sie den Effektivzins erhöhen, sowie mit der Sicherung des Baudarlehens zusammenhängende Kosten wie Lebensversicherung und Eintragungsgebühren (vgl SCHMIDT-FUTTERER aaO). Zinsen für Darlehen zur Vor- und Zwischenfinanzierung von Baukrediten können dagegen erfaßt werden, auch wenn sie selbst nicht der endgültigen Finanzierung dienen, da § 5 Abs 1 Nr 3 nicht zwischen unmittelbarer und mittelbarer Finanzierung des Baus unterscheidet (aM SCHMIDT-FUTTERER aaO). Als Zinsen können entsprechend § 21 Abs 1 S 3 II. BVO auch wiederkehrende Verwaltungs- und Kreditgebühren erfaßt werden, soweit sie wirtschaftlich als Vergütung für die Kapitalüberlassung zu beurteilen sind und nach einem Bruchteil des Kapitals bemessen werden (SCHMIDT-FUTTERER aaO; vgl OLG Hamm NJW 1973, 1 0 0 2 ; OLG Köln NJW 1 9 6 6 , 2 2 1 7 ; FISCHER-DIESKAU - PERGANDE - SCHWENDER, Wohnungsbaurecht IV [1975] BVO § 2 1 Anm 4 ) . An der Tilgung des Darlehens ist der Mieter nicht zu beteiligen (LG Hamburg WuM 1978, 96). bb) Zinssatz ist der nach Bruchteilen des überlassenen Kapitals berechnete Maßstab 12 für die Vergütung. Der Grund für die Erhöhung des Zinssatzes wird durch § 5 nicht näher bestimmt. Er kann deshalb nicht auf Ursachen beschränkt werden, die vom Kapitalmarkt ausgelöst werden (so aber BARTHELMESS § 5 Rz 10). Auch wenn die Erhöhung des Zinssatzes unabhängig von Einflüssen des Kapitalmarktes auf Vertragsklauseln beruht, ist der Tatbestand erfüllt. Fraglich ist dann nur, ob die Erhöhung auf Umständen beruht, die der Vermieter nicht zu vertreten hat (§ 5 Abs 1 Nr 2; s Rz 17 ff). Dabei kann entgegen der Ansicht des LG Mannheim (WuM 1977, 189) nicht 13 danach differenziert werden, ob die Zinssteigerung wie etwa bei Wegfall befristeter Zinsermäßigungen voraussehbar war oder nicht. Primärer Grund für die Regelung des § 5 waren zwar die unerwarteten Zinssteigerungen in einer Zeit der Hochzinspolitik (Rz 3). Ein Wille des Gesetzgebers, Mieterhöhungen auf den Fall unvoraussehbarer Zinssteigerungen zu beschränken, hat jedoch im Gesetz keinen objektiven Ausdruck gefunden. Dafür gibt auch die Stichtagsregelung des § 5 Abs 1 Nr 1 a) nichts her (anders LG Mannheim aaO 190). Diese Auslegung widerspricht dem Zweck des sozialen Mietrechts, weil sie den Vermieter zwingt, dem Mieter von Anfang an mit dem Mietzins solche Kapitalkosten aufzuerlegen, die erst Jahre später entstehen werden (s auch Rz 19; § 4 Rz 20). cc) Das Gesetz beschränkt durch eine Stichtagsregelung das Recht des Vermieters 14 zur Mieterhöhung. Zum einen wird eine zeitliche Grenze dadurch gezogen, daß nur solche Zinserhöhungen in Betracht kommen, die nach Inkrafttreten des WKSchG II, dh dem 1.1. 1975 (Art 8 Abs 1), infolge einer Erhöhung des Zinssatzes fällig werden. Für die Fälligkeit der Zinsen ist der Darlehensvertrag oder mangels ausdrücklicher Regelung § 608 BGB maßgebend. Fraglich ist, ob auch die Erhöhung des Zinssatzes erst nach dem 1.1. 1975 eingetreten sein darf. Rein sprachlich kann die Zeitangabe sowohl auf die Fälligkeit der einzelnen Zinszahlungen als auch auf die Erhöhung des Zinssatzes bezogen werden. Nach dem Zweck des Gesetzes, dem Vermieter ab 1. 1. 1975 nach einer Zeit der Hochzinspolitik die Umlegung erhöhter Kapitalkosten zu gestatten, kann nicht als zusätzliche Voraussetzung verlangt werden, daß auch der Zinssatz erst nach diesem Zeitpunkt erhöht worden ist (aM AG Lübeck WuM 1976, 33). Sonst würde der Vermieter von der Vergünsti(1399)

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Art 3 W K S c h G , § 5 M H R G 15-17

2. Wohnraumkündigungsschutzgesetz

gung des § 5 ausgeschlossen, obwohl er höhere, in den ursprünglichen Mietzins nicht einkalkulierte Lasten zu tragen hat, die nach dem WKSchG I nicht überwälzbar waren (vgl BARTHELMESS § 5 Rz 13; SCHMIDT-FUTTERER C 321). Damit werden grundsätzlich auch Zinsraten von dieser Vorschrift erfaßt, die auf eine Zeit vor dem 1.1. 1975 entfallen, wegen einer Stundung aber erst später fällig geworden sind (aM SCHMIDT-FUTTERER C 319). Das gleiche gilt allgemein für gestundete Beträge im Rahmen künftiger Erhöhungen nach § 5 Abs 2 (Rz 24). Denn das Gesetz macht keinen Unterschied, ob sich die Fälligkeit nach § 608 BGB, dem Darlehensvertrag oder einer späteren Stundungsabrede richtet. Im übrigen ist aber anders als nach § 4 Abs 3 S 2 für Kapitalkostenerhöhungen keine rückwirkende Umlegung zugelassen. 15 Eine weitere Grenze legt § 5 Abs 1 Nr 1 fest, indem als Bezugspunkte für die Ermittlung der maßgebenden Zinssatzerhöhung bei Mietverhältnissen, die vor dem 1. 1. 1973 begründet worden sind, der am 1. 1. 1973 maßgebende Zinssatz, bei Mietverhältnissen, die nach dem 31. 12. 1972 begründet worden sind, der bei Begründung maßgebende Zinssatz bestimmt werden. Nur der sich hiernach ergebende Differenzbetrag ist ab 1. 1. 1975 umlagefähig. Hierdurch sollen die Mietzinssteigerungen in einem vertretbaren Ausmaß begrenzt werden (Rz 3). 16 dd) Die Höhe der umlagefähigen Zinsen wird durch § 5 nicht absolut begrenzt. Eine Schranke bildet allerdings § 138 BGB. Eine hiernach nichtige Zinsvereinbarung zwischen Darlehensgläubiger und Vermieter begründet keine Rechte aus § 5 (vgl SCHMIDT-FUTTERER C 3 2 0 ) . Im übrigen kann die Höhe der umlagefähigen Zinsen durch § 5 Abs 1 Nr 2 beeinflußt werden (Rz 17). 17 d) Die Erhöhung der Kapitalkosten muß auf Umständen beruhen, die der Vermieter nicht zu vertreten hat (§ 5 Abs 1 Nr 2). Ausgangspunkt ist § 276 BGB, wonach Vorsatz und Fahrlässigkeit zu vertreten sind. Dieser Beurteilungsmaßstab wird relevant, wenn auf eine Vertragspflicht des Vermieters abgestellt wird, den Mieter im Rahmen der Mieterhöhungsrechte nicht unnötig zu belasten (vgl § 4 Rz 21). Es geht jedoch nicht allein um ein vorwerfbares, rechtswidriges Verhalten des Vermieters. Anknüpfungspunkt kann auch wie beim Mitverschulden nach § 254 BGB der vorwerfbare Verstoß gegen die Gebote des eigenen Interesses, das Verschulden gegen sich selbst sein (vgl PALANDT-HEINRICHS § 2 5 4 Anm 1 a). Aber selbst dieser Maßstab führt nicht immer zu befriedigenden Ergebnissen, so etwa, wenn die Zinserhöhung im Interesse des Vermieters liegt, weil er sich durch eine Umfinanzierung von den an öffentliche Mittel geknüpften Bindungen des WoBindG befreien kann, dadurch ausgelöste Kostenerhöhungen aber auf den Mieter abwälzen will. Da § 5 MHRG auf § 23 II. BVO zurückgeht (Rz 2), kann auf die von der Rspr zu dieser Vorschrift entwickelten Grundsätze zurückgegriffen werden. Die vergleichbare Regelung des § 23 Abs 1 S 2 II. BVO soll verhindern, daß eine bei vernünftiger wirtschaftlicher Betrachtungsweise überflüssige Verteuerung der Wohnung auf den Mieter, der hierauf keinen Einfluß hat, abgewälzt wird. Ein Vermieter, der solche Verteuerungen ohne rechtliche oder wirtschaftliche Notwendigkeit zB durch Umfinanzierungen auslöst, hat dies iS des § 23 Abs 1 S 2 II. BVO zu vertreten (BGH Betrieb 1971, 769, 771). Im Anschluß an diese Entscheidung wird darauf abgestellt, ob die Kapitalkostenerhöhung überflüssig und vermeidbar war (OLG Hamburg MDR 1 9 7 5 , 4 9 3 ; LG Hamburg MDR 1 9 7 4 , 7 5 9 , 7 6 0 ; FISCHER-DIESKAU - PERGANDE - SCHWENDER, Wohnungsbaurecht IV [ 1 9 7 5 ] BVO § 2 3 Anm 2 ) . Diese Grundsätze sind auf das MHRG übertragbar, weil § 5 in gleicher Weise wie die II. BVO eine sachgemäße Abwägung der Interessen von Mieter und Vermieter bezweckt (vgl BGH aaO) und mit dem Ausschluß des Erhöhungsrechts bei zu vertretenden Umständen den Schutz des Mieters verfolgt (vgl BARTHELMESS § 5 Rz 1 5 ; SCHMIDTFUTTERER C 3 2 5 ; STERNEL R Z I I 1 6 0 ) .

Jürgen Sonnenschein

(1400)

2. Wohnraumkündigiuigsschutzgesetz

Art 3 WKSchG, § S MHRG 18-20

Hiernach hat der Vermieter eine überflüssige und vermeidbare Kapitalkostenerhö- 18 hung zu vertreten. Dies ist zB der Fall, wenn der Vermieter mit der Tilgung des Darlehens in Verzug gerät und wegen einer Kündigung ein teureres Darlehen a u f n e h m e n m u ß (BARTHELMESS § 4 R z 15; SCHMIDT-FUTTERER C 3 2 6 ) . D a s gleiche

gilt bei einem Verkauf aus einer wirtschaftlichen Notlage und dem dadurch ausgelösten Fortfall einer günstigen Zinsklausel für den Rechtsnachfolger des Vermieters, weil diese Umstände dem Risiko der Vermieterseite zuzuordnen sind (vgl OLG Hamburg MDR 1975, 493). Eine Umfinanzierung zur Ablösung öffentlicher Bindungen ist idR zu vertreten, weil auch die Vorschriften über den öffentlich geförderten Wohnungsbau die Wirtschaftlichkeit des Grundbesitzes zu gewährleisten suchen und die damit verbundenen Bindungen dem Vermieter nicht unzumutbar sind (vgl BGH Betrieb 1971, 769, 771). Ebenso ist der Ersatz von Eigenkapital durch teurere Fremdmittel zu vertreten (aM SCHMIDT-FUTTERER C 326). Mit dem Ausschluß der Überwälzung von Eigenkapitalkosten durch § 5 (vgl Rz 2) läßt sich das gegenteilige Ergebnis nicht rechtfertigen, weil insoweit kein Unterschied gegenüber einer Umfinanzierung von zinsgünstigen auf teurere Fremdmittel besteht. Der Vermieter muß seine Entscheidung vor Festlegung des Mietzinses treffen. Auch der Grund für den Abzug des Eigenkapitals kann keine Rolle spielen, weil die Belastung des Grundstücks mit einem Darlehen dann nicht der Finanzierung des Baus iS des § 5 Abs 1 Nr 3 dient, sondern anderweitigen Vorhaben. Nicht zu vertreten hat der Vermieter solche Kostensteigerungen, die bei einer 19 ordnungsgemäßen, wirtschaftlichen Verwaltung des Grundstücks auch im Hinblick auf das Interesse des Mieters an möglichst geringen Kosten unvermeidbar sind (vgl SCHMIDT-FUTTERER C 3 2 4 ) . Dies ist der Fall bei Zinssteigerungen aufgrund entsprechender Klauseln im Darlehensvertrag, die auf den allgemeinen Kapitalmarktzins abstellen. Derartige Klauseln sind üblich. Auch der Fortfall einer befristeten Zinsermäßigung ist für den Vermieter unvermeidbar, wenn mit dem Darlehensgeber keine anderen Vereinbarungen möglich waren (vgl Rz 13). Steht die Zinserhöhung dagegen ohne äußere Einflüsse im Belieben des Gläubigers, kann es dem Vermieter vorzuwerfen sein, wenn er ohne dringenden Anlaß, etwa einen beengten Kapitalmarkt, eine derartige Klausel vereinbart hat. Läßt sich der Vermieter auf eine Zinserhöhung ein, ohne hierzu durch eine Vertragsklausel verpflichtet zu sein, braucht er dies nicht zu vertreten, wenn der Darlehensgläubiger mit einem ihm zustehenden Kündigungsrecht gedroht hat und billigere Zinsmittel auf dem Kapitalmarkt nicht zu erhalten sind (LUTZ DWW 1974, 2 7 2 , 2 7 8 ; SCHMIDT-FUTTERER C 3 2 6 ; WEIMAR Betrieb 1975, 6 3 1 , 6 3 2 ) . In derartigen Fällen ist die Zinserhöhung selbst dann nicht zu vertreten, wenn sie über eine früher vertraglich festgelegte Höchstgrenze hinaus vereinbart wird, vorausgesetzt, der Darlehensgläubiger kann sein Kündigungsrecht anderenfalls ohne Verstoß gegen § 242 BGB durchsetzen (s aber BILDA ZMR 1975, 161, 163). e) Dem Vermieter ist nach § 5 Abs 1 eine anteilige Umlegung der Kapitalkostener- 20 höhung auf den Mieter gestattet. Für den Umlegungsmaßstab gelten die gleichen Grundsätze wie zu § 4 (s dort Rz 22). Bei der Umlegung von Kapitalkosten ist allerdings nach billigem Ermessen in besonderer Weise die Verwendung des Baudarlehens zu berücksichtigen. Handelt es sich um Ausbauten, Erweiterungen oder Umbauten des Hauses, die nur einem Teil der Mieter zugute gekommen sind, können die Kosten lediglich insoweit umgelegt werden. Sieht ein vertraglich vereinbarter genereller Umlegungsmaßstab hierfür keine Differenzierung vor, ist ggf im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung ein anderer Maßstab zu bestimmen (§ 157 BGB).

(1401)

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Art 3 WKSchG, § 5 MHRG 21-28 2. Wohnraumkiindigungsschutzgesetz

21 3. Geltendmachung der Umlegung a) Die Umlegung erhöhter Kapitalkosten ist durch schriftliche Erklärung des Vermieters gegenüber dem Mieter geltend zu machen (Abs 1). Es handelt sich um ein Gestaltungsrecht, das durch einseitige, empfangsbedürftige Willenserklärung auszuüben ist. Die Erklärung muß dem gesetzlichen Formerfordernis des § 126 BGB genügen, soweit nicht bei Anfertigung mit automatischen Einrichtungen die Ausnahme des § 8 eingreift. 22 b) Für den Inhalt der Erklärung verweist § 5 Abs 2 auf § 4 Abs 2 S 2. Hiernach ist für die Wirksamkeit der Erklärung erforderlich, daß in ihr der Grund für die Umlage bezeichnet und erläutert wird. Erhöhungsbetrag und Umlegungsmaßstab müssen bestimmt oder bestimmbar angegeben werden. Im übrigen gelten die Ausführungen zu § 4 entsprechend (s dort Rz 24 f).

23 4. Wirkungseintritt der Umlegung a) Die Erklärung, mit der der Vermieter eine Umlegung erhöhter Kapitalkosten geltend macht, wird nach § 130 BGB mit dem Zugang beim Mieter wirksam. 24 b) Davon zu unterscheiden ist der Zeitpunkt, von dem ab die Verpflichtung des Mieters besteht, die höhere Umlage zu zahlen. Insoweit verweist § 5 Abs 2 auf § 4 Abs 3 S 1. Mangels einer Verweisung auf § 4 Abs 3 S 2 ist damit im Gegensatz zu den Betriebskosten eine Umlegung rückwirkend erhöhter Kapitalkosten ausgeschlossen. Es kommt nur eine Umlegung mit Wirkung für die Zukunft in Betracht. Dabei werden allerdings nach der hier vertretenen Auffassung (Rz 14) auch gestundete Zinsbeträge aus früherer Zeit erfaßt, die in Zukunft fällig werden und von einer Steigerung des Zinssatzes betroffen sind. 25 Der Mieter schuldet den auf ihn entfallenden Teil der Umlage vom Ersten des auf die Erklärung folgenden Monats an. Ist die Erklärung dem Mieter erst nach dem Fünfzehnten eines Monats zugegangen, tritt diese Wirkung am Ersten des übernächsten Monats ein (§ 4 Rz 27). Der Vermieter kann seine Erklärung schon vor Fälligkeit der ersten erhöhten Zinsrate abgeben, so daß Zinserhöhung und Mieterhöhung zusammenfallen. 26 Die Umlage erhöhter Kapitalkosten ist mangels abweichender Vereinbarungen jeweils mit dem Mietzins fällig.

27 5. Ausschluß des Rechts zur Mieterhöhung a) Ein vertraglicher Ausschluß der Rechte des Vermieters aus § 5 ist nach § 1 S 3 möglich. Eine solche Vereinbarung kann ausdrücklich getroffen werden oder sich aus den Umständen, insbesondere aus einer Befristung des Mietverhältnisses bei festem Mietzins, ergeben (vgl § 4 Rz 17). Neben einem allgemeinen Ausschluß der Mieterhöhung ist eine besondere Vereinbarung hinsichtlich gestiegener Kapitalkosten nicht erforderlich (SCHMIDT-FUTTERER C 301). 28 b) Unabhängig von vertraglichen Vereinbarungen besteht nach Abs 4 ein gesetzlicher Ausschluß des Rechts auf Mieterhöhung, wenn der Vermieter die Höhe der dinglich gesicherten Darlehen, für die sich der Zinssatz erhöhen kann, auf eine Anfrage des Mieters nicht offengelegt hat. Der Grund der Regelung liegt darin, dem Mieter die Möglichkeit zu verschaffen, daß er sich gegenüber unvorhersehbaren Erhöhungen sichert (Ausschußbericht BT-Drucks 7/2638, 5). Jürgen Sonnenschein

(1402)

2. Wohnraumkiindigungsschutzgesetz

Art 3 WKSchG, § 5 MHRG 29-32

aa) Der Mieter muß eine Anfrage an den Vermieter gerichtet haben. Die Anfrage 29 hat inhaltlich die Höhe der dinglich gesicherten Darlehen zu betreffen, für die sich der Zinssatz erhöhen kann. Eine besondere Form ist hierfür nicht vorgeschrieben (BARTHELMESS § 5 R z 2 7 ; SCHMIDT-FUTTERER C

341).

bb) Ein bestimmter Zeitpunkt für die Anfrage ist gesetzlich nicht vorgeschrieben. 30 Das Gesetz begrenzt auch nicht ausdrücklich die Zahl der Anfragen für den einzelnen Mieter. Daraus ist zu schließen, daß der Mieter die Anfrage während der ganzen Vertragsdauer in angemessenen Zeitabständen wiederholen kann (SCHMIDTFUTTERER C 3 4 2 ; STERNEL Rz II 1 6 1 ; W E I M A R Betrieb 1 9 7 5 , 6 3 1 , 6 3 3 ; aM P A L A N D T - P U T Z O § 5 Anm 3 b). Dies ergibt sich aus dem Schutzzweck der Norm (Rz 28), der nur verwirklicht werden kann, wenn sich der Mieter während der ganzen Vertragszeit durch wiederholte Anfragen gegenüber unvorhergesehenen Mieterhöhungen sichern kann. Solche Ursachen können nach einer früheren Anfrage durch erst später notwendige Umfinanzierungen entstehen. Es ist weder erforderlich, daß der Vermieter bereits eine Mieterhöhungserklärung abgegeben hat, noch daß der Mieter begründeten Anlaß zu der Annahme hat, die Verhältnisse hätten sich verändert (insoweit aM BARTHELMESS § 5 R Z 2 6 ; STERNEL R Z II 1 6 1 ) . Auch unabhängig von dahin gehenden Anhaltspunkten kann ein Interesse des Mieters an Offenlegung bestehen, wenn er etwa die Entscheidung über die Annahme eines anderweitigen Wohnungsangebots erst von der Kenntnis der derzeitigen Darlehensverhältnisse des Vermieters abhängig machen will. Im Schrifttum wird zT angenommen, die Anfrage könne schon vor Abschluß des 31 Mietvertrags von einem Mietinteressenten an den Vermieter gerichtet werden (SCHMIDT-FUTTERER C 3 4 2 ; W E I M A R Betrieb 1 9 7 5 , 6 3 1 , 6 3 3 ; vgl auch L U T Z D W W 1974, 272, 279). Hiergegen spricht zwar weniger der Wortlaut der Vorschrift, die das Recht dem Mieter und nicht einem Mietinteressenten zubilligt, denn gerade im letzteren Fall ist der Schutz besonders geboten. Zu Recht weist BARTHELMESS ( § 5 Rz 25) jedoch darauf hin, daß es zu einem unzumutbaren Eingriff in die Privatsphäre des Vermieters führen würde, wenn er seine Verschuldung gegenüber jedem beliebigen Mietinteressenten offenbaren müßte. cc) Der Vermieter hat auf die Anfrage des Mieters die Höhe der dinglich gesicher- 32 ten Darlehen, für die sich der Zinssatz erhöhen kann, offenzulegen. Damit wird der Inhalt der Mitteilung des Vermieters gesetzlich festgelegt. Er umfaßt nur die Höhe der Baudarlehen, für die eine umlagefähige Zinssatzerhöhung in Betracht kommt. Da eine Erhöhung des Zinssatzes auch auf späteren Vereinbarungen der Parteien des Darlehensvertrags beruhen kann (Rz 19), sind die Angaben nicht auf solche Darlehen zu beschränken, für die vertraglich eine Zinsanpassungsklausel vorgesehen ist. Entscheidend ist vielmehr, ob nach der Gesamtgestaltung des Darlehensvertrags etwa wegen vorzeitiger Kündigungsrechte eine Zinssatzerhöhung im Bereich des Möglichen liegt. Die Offenlegung erstreckt sich nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut nicht auf den Zinssatz, den Inhalt etwaiger Zinsklauseln, den Namen des Gläubigers sowie Art und Dauer der Belastung (BARTHELMESS § 5 Rz 2 3 ; PALANDTPUTZO § 5 Anm 3 b; SCHMIDT-FUTTERER C 3 4 3 ; aM STERNEL R Z II 1 6 1 ) . Diese weitergehenden Angaben werden nicht durch den Gesetzeszweck gefordert, da es dem Mieter ohnehin idR nicht möglich ist, die zukünftige Entwicklung des Kapitalmarktes abzusehen (vgl BARTHELMESS aaO). Die Offenlegung der Höhe von Baudarlehen ist nicht mit einer Rechenschaftslegung oder Auskunftserteilung iS der §§ 259 f BGB gleichzusetzen, sondern ist nichts anderes als eine Mitteilung oder Angabe (SCHMIDT-FUTTERER C 3 4 3 ) . Der Vermieter ist deshalb vor einer Mieterhöhung (vgl Rz 22; § 4 Rz 11, 24) nicht gezwungen, dem Mieter Einblick in die entsprechenden Unterlagen wie Grundbuchauszug, Darlehensverträge und andere (1403)

Jürgen Sonnenschein

Art 3 WKSchG, § 5 MHRG

33-39

2. Wohnraumkiindigungsschutzgesetz

Belege zu gestatten (SCHMIDT-FUTTERER C 3 4 3 ; aM BARTHELMESS § 5 R Z 2 9 ) . Denn hierdurch würde die Offenlegung auf gesetzlich nicht erfaßte Angaben wie Darlehensgläubiger, Zinssatz und dgl erweitert. 33 dd) Über Form und Frist für die Mitteilung des Vermieters trifft das Gesetz keine ausdrückliche Regelung. Die Angaben können deshalb formlos gemacht werden (BARTHELMESS § 5 Rz 2 7 ; SCHMIDT-FUTTERER C 3 4 3 ) . Im Gegensatz zu Abs 3 S 3 ist keine unverzügliche Mitteilung vorgeschrieben. Die Anfrage ist deshalb innerhalb einer angemessenen Frist zu beantworten (SCHMIDT-FUTTERER aaO; enger iS von Unverzüglichkeit BARTHELMESS aaO Rz 2 4 ) . Die Angemessenheit ist danach zu beurteilen, ob für den Mieter ein erkennbar besonderes Interesse an kurzfristiger Offenlegung besteht, zB wegen eines anderweitigen Mietangebots oder einer abzusehenden Änderung des Kapitalmarktes. 34 ee) Die Rechtsfolge eines Verstoßes des Vermieters gegen Abs 4 besteht im Ausschluß des Rechts auf Mieterhöhung. Der Mieter hat keinen Anspruch auf Offenlegung. Es handelt sich vielmehr um eine Obliegenheit des Vermieters, der bei einem Verstoß die erwähnten Rechtsnachteile erleidet. Der Verstoß kann darin liegen, daß der Vermieter auf Anfrage die Offenlegung ganz unterläßt oder eine wahrheitswidrige bzw unvollständige Antwort erteilt. Der Rechtsausschluß besteht für die gesamte Dauer des Mietverhältnisses und betrifft sämtliche Baudarlehen, auch soweit sie von einer nur teilweise unrichtigen Antwort nicht betroffen waren. Für eine dahin gehende Differenzierung läßt das Gesetz keinen Raum. 35 Die Beweislast für den Zugang der Anfrage beim Vermieter obliegt dem Mieter. Hingegen muß der Vermieter beweisen, daß er die erforderlichen Angaben richtig und rechtzeitig gemacht hat (BARTHELMESS § 5 Rz 28; SCHMIDT-FUTTERER C 3 4 5 ) . 36 Erteilt der Vermieter ohne vorherige Anfrage eine unrichtige Auskunft über seine Baudarlehen, so ist Abs 4 tatbestandsmäßig nicht gegeben. Der Ausschluß des Mieterhöhungsrechts kann sich dann aber aus positiver Forderungsverletzung oder aus § 8 2 6 BGB ergeben (BARTHELMESS § 5 R Z 2 9 ) . III. Herabsetzung des Mietzinses bei Ermäßigung des Zinssatzes (Abs 3) 37 1. Allgemeines Der Vermieter ist nach Abs 3 verpflichtet, den Mietzins herabzusetzen, wenn sich der Zinssatz für ein dinglich gesichertes Baudarlehen nach einer aufgrund des Abs 1 vorgenommenen Mieterhöhung wieder ermäßigt. Gleichgestellt ist die Tilgung des Darlehens. Die Herabsetzung beschränkt sich jedoch auf den Betrag der früheren Erhöhung. Sie ist dem Mieter unverzüglich mitzuteilen. Der Mietzins wird demnach nicht ohne weiteres kraft Gesetzes gesenkt. Der Vermieter muß vielmehr eine Gestaltungserklärung abgeben, auf die der Mieter einen klagbaren Anspruch hat. 38 2. Ermäßigung des Zinssatzes a) Der Zinssatz ermäßigt sich, wenn der nach Bruchteilen des überlassenen Darlehenskapitals berechnete Vergütungsmaßstab gesenkt wird (vgl Rz 12). Eine Verminderung des tatsächlich zu zahlenden Zinsbetrags bei fortschreitender Tilgung ist unerheblich (BARTHELMESS § 5 Rz 3 0 ) . Erst die vollständige Tilgung ist nach Abs 3 S 2 zu berücksichtigen (Rz 40). 39 b) Entscheidend ist nur die Ermäßigung des Zinssatzes für ein dinglich gesichertes Baudarlehen (vgl Rz 8 f). Darlehen, die mangels dinglicher Sicherung nicht unter Jürgen Sonnenschein

(1404)

2. Wohnraumkündigungsschutzgesetz

Art 3 WKSchG, § 5 MHRG 40-44

Abs 1 fallen, scheiden für eine Herabsetzung des Mietzinses nach Abs 3 aus, weil mit der begrenzten Herabsetzung ausdrücklich auf eine frühere Erhöhung nach Abs 1 abgestellt wird. Fraglich ist allerdings bei einer Finanzierung durch mehrere dinglich gesicherte Baudarlehen, ob eine Zinssatzermäßigung bei einem der Darlehen auch dann nach Abs 3 zu berücksichtigen ist, wenn der Mietzins früher wegen der Zinssatzerhöhung für ein anderes Darlehen heraufgesetzt worden ist. Der Wortlaut der Vorschrift ist insoweit nicht eindeutig. Ihr Zweck, den Mieter bis zur Grenze einer früheren Mieterhöhung wieder zu entlasten, läßt es jedoch zu, für Erhöhung und Ermäßigung nicht auf ein und dasselbe Darlehen abzustellen. Die Interessen des Vermieters werden dadurch nicht beeinträchtigt, weil der Mietzins nur in den Grenzen der früheren Erhöhung herabzusetzen ist.

3. Tilgung des Darlehens

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Der Mietzins ist nach Abs 3 S 2 auch dann herabzusetzen, wenn das dinglich gesicherte Baudarlehen vollständig getilgt ist und damit keine Zinskosten mehr anfallen. Der Mietzins ist nur bis zu einem früheren Erhöhungsbetrag herabzusetzen, ohne daß es bei einer Finanzierung durch mehrere dinglich gesicherte Baudarlehen darauf ankommt, ob die frühere Erhöhung auf dem getilgten Darlehen beruhte (vgl Rz 39).

4. Umfang der Herabsetzung

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a) Der Mietzins ist nach einer Ermäßigung des Zinssatzes entsprechend herabzusetzen, höchstens aber um eine auf Abs 1 gestützte frühere Erhöhung (Abs 3 S 1). Diese Voraussetzung ist aufgestellt worden, um nicht solche Vermieter zu benachteiligen, die auf eine Erhöhung verzichtet oder einen nicht kostendeckenden Mietzins vereinbart haben (Rz 3). Eine Zinssatzermäßigung kommt also nicht in jedem Fall dem Mieter zugute, da eine vollständige Anpassung des Mietzinses an die tatsächlichen Kapitalkosten vom Gesetz nicht gewollt ist. b) Auch bei einem Fortfall der Zinskosten wegen Tilgung des Darlehens ist die 42 Herabsetzung durch den Betrag einer früheren, auf Abs 1 gestützten Erhöhung begrenzt (Abs 3 S 2). Damit bleiben dem Vermieter die von Anfang an in den Mietzins einkalkulierten Zinsbeträge erhalten, da eine Anpassung an die tatsächlichen Kapitalkosten insoweit nicht vorgeschrieben ist. c) Der Mietzins ist entsprechend herabzusetzen (Abs 3 S 1). Dieses Wort bezieht 43 sich primär auf die frühere Erhöhung, wie sich auch aus Abs 3 S 2 ergibt. Die Erhöhung ist rückgängig zu machen. Einen weiteren Bezugspunkt bildet jedoch die Zinssatzermäßigung. Bleibt diese hinter dem früheren Erhöhungsbetrag zurück, ist der Mietzins nur entsprechend dem geringeren Betrag herabzusetzen. Die Zinssatzermäßigung ist dagegen nicht mit anderen gestiegenen Kapitalkosten zu verrechnen, die aus dem Anwendungsbereich des § 5 jedenfalls insoweit ausgenommen sind, als sie auch nicht mittelbar zu einer Mieterhöhung führen dürfen. Wenn demgegenüber im Rahmen des Abs 1 eine Senkung derartiger Kapitalkosten zunächst ausgeglichen wird (vgl Rz 6 f), so liegt darin kein Widerspruch, weil Abs 3 die Herabsetzung des Mietzinses auf den früheren Erhöhungsbetrag begrenzt, die Regelung der Abs 1 und 3 also nicht in vollem Umfang korrespondiert. Für Abs 3 kommt es deshalb nicht darauf an, daß die Kapitalkosten insgesamt gesunken sind. d) Der Mietzins ist entsprechend dem bei der vorausgegangenen Erhöhung ange- 44 wandten Umlegungsmaßstab (Rz 20) herabzusetzen. Dies kann bei einer Finanzie(1405)

Jürgen Sonnenschein

Art 3 WKSchG, §§ 5, 6 MHRG 45-48 2. Wohnraumkündigungsschutzgesetz

rung durch mehrere Baudarlehen nach der hier vertretenen Auslegung (Rz 39 f) zu rechnerischen Schwierigkeiten führen, die jedoch in Kauf zu nehmen sind. 45 5. Mitteilung der Herabsetzung Die Herabsetzung des Mietzinses ist dem Mieter nach Abs 3 S 3 unverzüglich vom Vermieter mitzuteilen. Die Mitteilung ist mit der Herabsetzungserklärung identisch. Auch im übrigen gilt das gleiche wie bei einer Ermäßigung der Betriebskosten nach § 4 Abs 4 S 2 (s dort Rz 37 ff). 46 6. Wirkungseintritt der Herabsetzung Die Willenserklärung des Vermieters, mit der er den Mietzins einseitig herabsetzt, wird nach § 130 BGB durch Zugang beim Mieter wirksam. Davon zu unterscheiden ist der Zeitpunkt, zu dem der Mietzins herabzusetzen ist. Abs 3 verpflichtet den Vermieter, den Mietzins vom Zeitpunkt der Ermäßigung des Zinssatzes ab zu senken (s auch § 4 Rz 41). Der überzahlte Mietzins ist nach Bereicherungsrecht (§§ 812 ff BGB) zu erstatten (s auch § 4 Rz 42). 47 7. Verletzung der Pflicht zur Herabsetzung a) Der Mieter kann seinen Anspruch auf Herabsetzung des Mietzinses durchsetzen, indem er im Wege der Leistungsklage auf Erfüllung, dh auf Abgabe einer entsprechenden Willenserklärung durch den Vermieter, klagt (s auch § 4 Rz 43). Zur Realisierung seiner Rechte ist dem Mieter in angemessenen Zeitabständen ein auf § 242 BGB zu stützender Auskunftsanspruch einzuräumen (STERNEL Rz II 166). 48 b) Kommt der Vermieter seiner Verpflichtung nicht nach, können für den Mieter nach den §§ 284 ff BGB Schadensersatzansprüche wegen Schuldnerverzugs entstehen (s auch § 4 Rz 44). Unberührt bleibt § 826 BGB. § 6 MHRG Hat sich der Vermieter von öffentlich gefördertem oder steuerbegünstigtem Wohnraum nach dem Wohnungsbaugesetz für das Saarland in der Fassung der Bekanntmachung vom 7. März 1972 (Amtsblatt des Saarlandes S. 149), zuletzt geändert durch Artikel 3 des Wohnungsbauänderungsgesetzes 1973 vom 21. Dezember 1973 (Bundesgesetzbl. I S. 1970), verpflichtet, keine höhere Miete als die Kostenmiete zu vereinbaren, so kann er eine Erhöhung bis zu dem Betrag verlangen, der zur Deckung der laufenden Aufwendungen für das Gebäude oder die Wirtschaftseinheit erforderlich ist. Eine Erhöhung des Mietzinses nach den §§ 2, 3 und 5 ist ausgeschlossen. Die Erhöhung nach Absatz 1 ist vom Vermieter durch schriftliche Erklärung gegenüber dem Mieter geltend zu machen. Die Erklärung ist nur wirksam, wenn in ihr die Erhöhung berechnet und erläutert wird. Die Erklärung hat die Wirkung, daß von dem Ersten des auf die Erklärung folgenden Monats an der erhöhte Mietzins an die Stelle des bisher zu entrichtenden Mietzinses tritt; wird die Erklärung erst nach dem Fünfzehnten eines Monats abgegeben, so tritt diese Wirkung erst von dem Ersten des übernächsten Monats an ein. Soweit im Rahmen der Kostenmiete Betriebskosten im Sinne des bx WU der Zweiten Berechnungsverordnung durch Umlagen erhoben werden, kann der VerJürgen Sonnenschein

(1406)

Art 3 WKSchG, § 6 MHRG 2. Wohnraumkündigungsschutzgesetz

mieter Erhöhungen der Betriebskosten in entsprechender Anwendung des bx 4 umlegen. Ermäßigen sich die laufenden Aufwendungen, so hat der Vermieter die Kostenmiete mit Wirkung vom Zeitpunkt der Ermäßigung ab entsprechend herabzusetzen. Die Herabsetzung ist dem Mieter unverzüglich mitzuteilen. Die Absätze 1 bis 4 gelten entsprechend für Wohnraum, der mit Wohnungsfürsorgemitteln für Angehörige des öffentlichen Dienstes oder ähnliche Personengruppen unter Vereinbarung eines Wohnungsbesetzungsrechtes gefördert worden ist, wenn der Vermieter sich in der in Absatz 1 Satz 1 bezeichneten Weise verpflichtet hat. Stellungnahme des BR zum RegE eines WKSchG II BT-Drucks 7/2011,18 Nr 15; Ausschußbericht BT-Drucks 7/2629 u 7/2638, 5.

Systematische Übersicht I. Allgemeine Kennzeichnung 1. Überblick 1 2. Entstehung der Vorschrift 2 3. Zweck der Vorschrift 3

DI. Umlegung erhöhter Betriebskosten (Abs 3) 16

D. Erhöhung der Kostenmiete (Abs 1 , 2 , 5 ) 1. Voraussetzungen 6 2. Rechtsfolgen 10

IV. Herabsetzung der Kostenmiete (Abs 4) 18

Alphabetische Übersicht Aufwendungen, laufende 9 , 1 5 , 1 8 - Begriff 18 - fehlende Deckung 9 Berechnung und Erläuterung der Mieterhöhungserklärung 12 Betriebskosten - Erhöhung 16 - Ermäßigung 17 Entstehung der Vorschrift 2 Erhöhung der Betriebskosten 16 Erhöhung der Kostenmiete 6 ff - Form der Erklärung 11 - Geltendmachung 11 - Inhalt der Erklärung 12 - Rechtsfolgen 10 ff - Voraussetzungen 6 ff - Zugang der Erklärung 13 Erhöhung des Mietzinses nach den §§ 2, 3 und 5 MHRG 15 Ermäßigung der Betriebskosten 17 Form der Mieterhöhungserklärung 11 Herabsetzung der Kostenmiete 18 ff Kostenmiete - Begriff 8 - Erhöhung 6 ff, s dort (1407)

- für öffentlich geförderten Wohnungsbau im Saarland 1, 5 ff - Herabsetzung 18 ff - Vereinbarung, privatrechtliche 4, 8 Kündigungsrecht des Mieters bei Erhöhung der Kostenmiete 14 Mietzins - Erhöhung 6 ff, 15, s dort - Herabsetzung 18 ff öffentliche Förderung des Wohnungsbaus im Saarland 3 ff, 6 f Umlegung erhöhter Betriebskosten 16 f Vergleichsmiete 15 Verletzung der Pflicht zur Herabsetzung des Mietzinses 20 Wirtschaftlichkeits- und Lastenberechnung 9, 12 Wohnraum - öffentlich geförderter 3 ff, 6 f - steuerbegünstigter 6 Wohnungsfürsorgemittel für Angehörige des öffentlichen Dienstes 7 Zweck der Vorschrift 3

Jürgen Sonnenschein

Art 3 WKSchG, § 6 MHRG 1-5 2. Wohnraumkiindigungsschutzgesetz

I. Allgemeine Kennzeichnung 1 1. Oberblick

Die Vorschrift enthält eine Sonderregelung über Erhöhung und Herabsetzung des Mietzinses für öffentlich geförderten und steuerbegünstigten Wohnraum im Saarland (Abs 1). Darüber hinaus erstreckt sie sich auf dort belegenen Wohnraum, der mit Wohnungsfürsorgemitteln für Angehörige des öffentlichen Dienstes oder ähnliche Personengruppen unter Vereinbarung eines Wohnungsbesetzungsrechts gefördert worden ist (Abs 5). Die Regelung läßt eine Anhebung der Kostenmiete zur Deckung der laufenden Aufwendungen zu (Abs 1, 2) und schreibt bei einer Ermäßigung der Aufwendungen eine entsprechende Senkung des Mietzinses vor (Abs 4). Eine Umlegung erhöhter Betriebskosten ist dem Vermieter entsprechend § 4 gestattet (Abs 3).

2 2. Entstehung der Vorschrift Die Vorschrift war im WKSchG I nicht enthalten. Sie ist erst im Gesetzgebungsverfahren des WKSchG II auf Vorschlag des BR in den Gesetzentwurf aufgenommen worden (Stellungnahme des BR zum RegE eines WKSchG II BT-Drucks 7/2011,18 Nr 15; Ausschußbericht BT-Drucks 7/2629 und 7/2638, 5).

3 3. Zweck der Vorschrift Die öffentliche Förderung des Wohnungsbaus ist im Saarland, das nicht von Anfang an zur Bundesrepublik Deutschland gehört hat, andere Wege gegangen als im übrigen Bundesgebiet. Öffentlich geförderte Wohnungen haben im Saarland weder der Wohnraumbewirtschaftung noch dem öffentlichen Mietpreisrecht unterlegen. Deshalb konnte beim Abbau der Wohnungszwangswirtschaft und der damit zusammenhängenden Einführung öffentlich-rechtlicher Bindungen und mietpreisrechtlicher Regelungen im Bundesgebiet auf entsprechende Regelungen im Saarland verzichtet werden (vgl FISCHER-DIESKAU - PERGANDE - SCHWENDER, Wohnungsbaurecht III [1977] WoBindG § 3 3 b Anm 2). Deshalb gelten diese gesetzlichen Vorschriften nicht im Saarland (§ 125 a WobauG II, ausgenommen §§ 18, 19 WobauG II; § 33 b WoBindG; § 37 NeubauMietVO; § 49 II. BVO). 4 Die öffentliche Förderung des Wohnungsbaus beruht im Saarland auf Sonderbestimmungen (WobauG für das Saarland idF vom 7. 7. 1976 [ABl Saarland 759]; Förderungsbestimmungen zum WobauG für das Saarland idF vom 12.3. 1975 nebst Anlage [ABl Saarland 7 7 6 , 7 8 2 ] ) . Die Besonderheit dieser Regelung besteht darin, daß die Bindung an die Ziele des öffentlich geförderten Wohnungsbaus und die Verpflichtung des Vermieters zur Einhaltung der Kostenmiete auf privatrechtlicher Grundlage beruhen. Hierüber sind nach § 29 WobauG Saar in dem Vertrag über die Gewährung öffentlicher Mittel entsprechende Vereinbarungen zu treffen. 5 Die Vorschriften des § 6 MHRG sollen auf dieser Grundlage sicherstellen, daß der öffentlich geförderte Wohnungsbau im Saarland behandelt wird wie der im übrigen Bundesgebiet preisgebundene Wohnraum, für den die Kostenmiete durch gesetzliche Vorschriften festgelegt ist (Ausschußbericht BT-Drucks 7 / 2 6 3 8 , 5). Daraus ergibt sich zwar nicht das gleiche Verfahren, wohl aber im Ergebnis eine vergleichbare Regelung, wie sie für die Erhöhung der Kostenmiete im übrigen Bundesgebiet nach § 10 WoBindG iVm den Vorschriften der NeubauMietVO und der II. BVO besteht (SCHMIDT-FUTTERER C 347).

Jürgen Sonnenschein

(MOS)

2. Wohnraumkündigungsschutzgesetz

Art 3 W K S c h G , § 6 M H R G 6-10

II. Erhöhung der Kostenmiete (Abs 1, 2, 5) 1. Voraussetzungen

6

a) Nach Abs 1 S 1 muß ein Mietverhältnis über Wohnraum vorliegen, der nach dem WobauG für das Saarland idF vom 7. 3. 1972 (ABl Saarland 149) öffentlich gefördert (§§ 3 Abs 1, 4 des G) oder als steuerbegünstigt anerkannt ist (§§ 3 Abs 2, 42, 43 des G). Dieses Gesetz ist idF vom 7. 7. 1976 (ABl Saarland 759) neu bekanntgegeben worden, so daß der Wortlaut des § 6 Abs 1 S 1 MHRG insoweit überholt ist. Nicht als öffentliche Mittel gelten die in öffentlichen Haushalten gesondert ausge- 7 wiesenen Wohnungsfürsorgemittel für Angehörige des öffentlichen Dienstes (§ 4 Abs 2 c WobauG Saar). Die Sonderregelung des § 6 MHRG gilt jedoch entsprechend für Wohnraum, der mit solchen Mitteln für Angehörige des öffentlichen Dienstes oder ähnliche Personengruppen unter Vereinbarung eines Wohnungsbesetzungsrechts gefördert worden ist (Abs 5). Dieser Personenkreis entspricht dem des § 87 a Abs 1 S 1 WobauG II. Hierzu gehören neben den Beamten auch Angestellte und Arbeiter, die von Bund, Ländern, Gemeinden oder Gemeindeverbänden beschäftigt werden, ferner Richter und Angehörige der Bundeswehr. Ähnliche Personengruppen sind zB Angehörige der ausländischen diplomatischen Vertretungen (FISCHER-DIESKAU - PERGANDE - SCHWENDER, Wohnungsbaurecht I I [1977] WobauG § 87 a Anm 1). b) Der Vermieter muß sich verpflichtet haben, keine höhere Miete als die Kosten- 8 miete zu vereinbaren (Abs 1 S 1). Diese Verpflichtung ist nach § 29 Abs 2 WobauG Saar in dem Vertrag über die Gewährung öffentlicher Mittel auf privatrechtlicher Grundlage gegenüber der öffentlichen Hand einzugehen. Es kommt nicht darauf an, ob eine entsprechende Vereinbarung in dem Mietvertrag enthalten ist und ob der bisherige Mietzins tatsächlich nach der Kostenmiete vereinbart worden ist (vgl BARTHELMESS § 6 Rz 8). Kostenmiete ist der Betrag, der zur Deckung der laufenden Aufwendungen erforderlich ist (§ 29 Abs 2 WobauG Saar; vgl § 8 WoBindG). c) Die laufenden Aufwendungen für das Gebäude oder die Wirtschaftseinheit 9 dürfen von dem bisher vereinbarten Mietzins nicht gedeckt sein (Abs 1 S 1). Für das Gebäude, das den Wohnraum enthält, ist eine Wirtschaftlichkeits- und Lastenberechnung aufzustellen (Abschn I Nr 15 der Förderungsbestimmungen zum WobauG Saar und Nr 1 der Anlage [ABl Saarland 1975, 776 und 782]). Sie ist für eine Mehrheit solcher Gebäude aufzustellen, die eine Wirtschaftseinheit bilden, dh die demselben Eigentümer gehören, in örtlichem Zusammenhang stehen und auf einem einheitlichen Finanzierungsplan beruhen (vgl § 2 Abs 2 S 3 II. BVO). In der Berechnung sind die laufenden Aufwendungen zu ermitteln und den Erträgen gegenüberzustellen (Nr 1 der Anlage aaO). Als laufende Aufwendungen sind die entstehenden Kapitalkosten und bestimmte Bewirtschaftungskosten anzusehen (s im einzelnen Nr 6 ff, 9 ff der Anlage aaO; vgl §§ 18 ff II. BVO).

2. Rechtsfolgen

10

a) Der Vermieter hat ein Recht auf Mieterhöhung bis zu dem Betrag, der zur Deckung der laufenden Aufwendungen für das Gebäude oder die Wirtschaftseinheit erforderlich ist (Rz 9). Der Vermieter kann den Mietzins bis zur Kostenmiete als Obergrenze erhöhen, er braucht die Differenz zwischen dem bisherigen Gesamtertrag und der Kostenmiete aber nicht voll auszuschöpfen (Abs 1 S 1). (1409)

Jürgen Sonnenschein

Art 3 W K S c h G , § 6 M H R G 11-16

2. Wohnraumkündigungsschutzgesetz

11 b) Für die Geltendmachung der Mieterhöhung ist eine schriftliche Erklärung des Vermieters gegenüber dem Mieter vorgeschrieben (Abs 2 S 1). Obwohl in Abs 1 S 1 davon die Rede ist, der Vermieter könne eine Erhöhung „verlangen", handelt es sich nicht wie in § 2 um einen Anspruch auf Abgabe einer entsprechenden Vertragserklärung durch den Mieter, sondern um ein Gestaltungsrecht des Vermieters, das durch einseitige, empfangsbedürftige Willenserklärung auszuüben ist. Dies ergibt sich auch aus Abs 2 S 3 über den Wirkungseintritt der Mieterhöhung (vgl Rz 13). Die Erklärung muß dem gesetzlichen Formerfordernis des § 126 BGB genügen, soweit nicht bei Anfertigung mit automatischen Einrichtungen die Ausnahme des § 8 eingreift. 12 c) Der Inhalt der Erklärung muß neben dem Verlangen nach Mieterhöhung eine Berechnung und Erläuterung dieser Erhöhung enthalten (Abs 2 S 2). Anders als in den Fällen des § 4 Abs 2 S 2 und § 5 Abs 2 reicht eine bloße Erläuterung (s hierzu § 4 Rz 24) nicht aus. Damit entspricht § 6 Abs 2 S 2 ebenso wie § 3 Abs 3 S 2 MHRG der in § 10 Abs 1 S 2 WoBindG getroffenen Regelung. Die Erklärung muß in allen Einzelheiten die Berechnung der Mieterhöhung ergeben (vgl OLG Hamm ZMR 1972, 384) und erkennen lassen, wie sich diese zusammensetzt (vgl BGH ZMR 1970, 202, 204; LG Hamburg WuM 1973, 64, 65). Nur so ist dem Mieter eine Überprüfung möglich. Die Berechnung der Erhöhung in einem Prozentsatz entsprechend dem Verhältnis der bisherigen und der erhöhten laufenden Aufwendungen kann als zulässig beurteilt werden (vgl FISCHER-DIESKAU - PERGANDE - SCHWENDER, Wohnungsbaurecht III [1977] WoBindG § 10 Anm 3). Eine Wirtschaftlichkeitsberechnung ist entgegen § 10 Abs 1 S 3 oder 4 WoBindG der Erklärung nicht beizufügen, da diese Regelung für das Saarland nicht gilt (§ 33 b WoBindG) und § 6 MHRG keine entsprechende Vorschrift enthält (SCHMIDT-FUTTERER C 3 5 1 ; a M BARTHELMESS § 6 R z

11).

13 d) Der Wirkungseintritt der Mieterhöhung setzt nach § 130 BGB den Zugang der Erklärung des Vermieters beim Mieter voraus. Davon zu unterscheiden ist der Zeitpunkt, von dem an die Verpflichtung des Mieters besteht, den höheren Mietzins zu zahlen. Nach Abs 2 S 3 schuldet der Mieter den erhöhten Mietzins vom Ersten des auf die Erklärung folgenden Monats an. Ist die Erklärung dem Mieter erst nach dem Fünfzehnten eines Monats zugegangen, tritt diese Wirkung am Ersten des übernächsten Monats ein. Entgegen dem mißverständlichen Gesetzeswortlaut kommt es in diesem Fall nicht auf die Abgabe, sondern auf den Zugang der Erklärung an (vgl § 4 Rz 27). 14 e) Dem Mieter steht gegenüber einer auf § 6 gestützten Mieterhöhung ein Kündigungsrecht aus § 9 Abs 1 S 2 zu. 15 f) Eine Erhöhung des Mietzinses nach den §§ 2, 3 und 5 ist ausgeschlossen (Abs 1 S 2). Dieser Ausschluß ist folgerichtig, da eine auf die ortsübliche Vergleichsmiete abstellende Mieterhöhung mit dem Prinzip der Kostenmiete, das der Regelung des § 6 zugrunde liegt, unvereinbar ist. Soweit die Kosten für bauliche Änderungen, Betriebskosten und Kapitalkosten als laufende Aufwendungen erfaßt werden, ist neben § 6 eine auf die §§ 3, 4 oder 5 zu stützende Mieterhöhung überflüssig (s aber Rz 16). 16 m . Umlegung erhöhter Betriebskosten (Abs 3) 1. Der Vermieter kann Erhöhungen der Betriebskosten in entsprechender Anwendung des § 4 umlegen, soweit im Rahmen der Kostenmiete Betriebskosten iS des § 27 II. BVO durch Umlagen erhoben werden. Diese Sonderregelung ist erforderlich, weil von der nach § 6 maßgebenden Kostenmiete nur die laufenden AufwenJürgen Sonnenschein

(1410)

Art 3 WKSchG, §§ 6, 7 MHRG 2. Wohnraumkündigungsschutzgesefz 17-20 düngen erfaßt werden (§ 29 Abs 2 WobauG für das Saarland [ABl Saarland 1976, 759]), hierzu aber nach Nr 15 Abs 2 der Anlage zu den Förderungsbestimmungen zum WobauG Saar (ABl Saarland 1975, 776 und 782) nur ein Teil der Betriebskosten gehört. Außerhalb der laufenden Aufwendungen sind durch Umlage vor allem Kosten der Wasserversorgung, der zentralen Heizungsanlage, des Fahrstuhlbetriebs, der Straßenreinigung und Müllabfuhr usw zu decken (s im einzelnen Nr 15 Abs 3 der Anlage aaO). Da § 4 für die Umlegung erhöhter Betriebskosten entsprechend gilt, kann für die Regelung im einzelnen auf die dortigen Ausführungen verwiesen werden (§ 4 Rz 16 ff). 2. Für eine Ermäßigung der Betriebskosten, die durch Umlage erhoben werden, 17 fehlt in § 6 Abs 3 eine ausdrückliche Verweisung auf § 4. Die Regelung des § 6 Abs 4 ist insoweit nicht anwendbar, da die durch Umlage erhobenen Betriebskosten nicht zu den laufenden Aufwendungen iS dieser Bestimmung für das Saarland gehören (Rz 16). Deshalb ist § 4 Abs 4 entsprechend anzuwenden. Im einzelnen ist auf die dortigen Ausführungen zu verweisen (§ 4 Rz 33 ff). IV. Herabsetzung der Kostenmiete (Abs 4)

18

1. Bei einer Ermäßigung der laufenden Aufwendungen, die in der Kostenmiete berücksichtigt sind (§ 29 Abs 2 WobauG Saar [ABl Saarland 1976, 759]), ist der Vermieter nach Abs 4 S I verpflichtet, die Kostenmiete mit Wirkung vom Zeitpunkt der Ermäßigung ab entsprechend herabzusetzen. Zu den laufenden Aufwendungen gehören die Kapitalkosten und bestimmte Bewirtschaftungskosten (s im einzelnen Nr 6 ff, 9 ff der Anlage zu den Förderungsbestimmungen zum WobauG Saar [ABl Saarland 1975, 782]). Hierbei kann nur der Teil der Betriebskosten berücksichtigt werden, der im Rahmen der Kostenmiete, also nicht durch Umlage, zu decken ist (vgl Nr. 15 der Anlage aaO). Die laufenden Aufwendungen haben sich ermäßigt, wenn der Gesamtbetrag der dadurch erfaßten einzelnen Kostenansätze gegenüber der Zeit des Vertragsschlusses oder einer späteren Neufestsetzung nach § 6 niedriger geworden ist (vgl § 5 Abs 1 NeubauMietVO). Die Ermäßigung ist nach dem Umlegungsmaßstab auf die einzelnen Mieter umzulegen. Eine Pflicht, den Mietzins herabzusetzen, besteht nur insoweit, als die Kostenmiete 19 bisher voll in Anspruch genommen worden ist. Sonst würde derjenige Vermieter benachteiligt, der aus Entgegenkommen zu einem niedrigeren Mietzins vermietet hat. Hier kann der Rechtsgedanke des § 5 Abs 3 S 1 entsprechend angewandt werden, ohne daß es auf eine vorherige Erhöhung ankommt (vgl § 5 Rz 41). 2. Der Vermieter ist verpflichtet, dem Mieter die Herabsetzung der Kostenmiete 20 unverzüglich mitzuteilen. Die Regelung entspricht § 4 Abs 4 S 2, so daß hinsichtlich der Voraussetzungen und Rechtsfolgen sowie etwaiger Ansprüche bei Verletzung der Pflicht zur Mietherabsetzung auf die dortigen Ausführungen verwiesen werden kann (§ 4 Rz 37 ff). § 7 MHRG Für Bergmannswohnungen, die von Bergbauunternebmen entsprechend dem Vertrag über Bergmannswohnungen, Anlage 8 zum Grundvertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland, den vertragschließenden Bergbauunternehmen und der Ruhrkohle Aktiengesellschaft vom 18. Juli 1969 (Bundesanzeiger Nr. 174 vom 18. September 1974), bewirtschaftet werden, kann die Miete bei einer Erhöhung der Verwaltungskosten und der Instandhaltungskosten in entsprechender Anwendung des § 30 Abs. 1 der Zweiten Berechnungsverordnung und des § 5 Abs. 3 (i4ii)

Jürgen Sonnenschein

Art 3 WKSchG, § 7 MHRG 2. Wohnraumkündigungsschutzgesetz

Buchstabe c des Vertrages über Bergmannswohnungen erhöht werden. Eine Erhöhung des Mietzinses nach § 2 ist ausgeschlossen. Der Anspruch nach Absatz 1 ist vom Vermieter durch schriftliche Erklärung gegenüber dem Mieter geltend zu machen. Die Erklärung ist nur wirksam, wenn in ihr die Erhöhung berechnet und erläutert wird. Die Erklärung des Vermieters hat die Wirkung, daß von dem Ersten des auf die Erklärung folgenden Monats an der erhöhte Mietzins an die Stelle des bisher zu entrichtenden Mietzinses tritt; wird die Erklärung erst nach dem Fünfzehnten eines Monats abgegeben, so tritt diese Wirkung erst von dem Ersten des übernächsten Monats an ein. Im übrigen gelten die §§ 3 bis 5. Stellungnahme des BR zum RegE eines WKSchG II BT-Drucks 7/2011,19 Nr 18; Ausschußbericht BT-Drucks 7/2629 u 7/2638, 5.

Schrifttum GÜNTER,

Die Mieterhöhung nach dem 2. Wohnungskündigungsschutzgesetz, WuM 1975, 5, 8.

Systematische Übersicht III. Erhöhung des Mietzinses wegen baulicher Veränderungen und gestiegener Betriebsoder Kapitalkosten (Abs 4) 16

I. Allgemeine Kennzeichnung 1. Überblick 1 2. Entstehung der Vorschrift 2 3. Zweck der Vorschrift 3

IV. Herabsetzung des Mietzinses 17 II. Erhöhung des Mietzinses wegen gestiegener Verwaltungs- und Instandhaltungskosten (Abs 1-3) 1. Voraussetzungen 7 2. Rechtsfolgen 10

Alphabetische Übersicht Abschreibung 9 Berechnung und Erläuterung der Mieterhöhungserklärung 12 Bergarbeiter- und Bergmannswohnungen 3 f, 7 - Erhöhung der Kosten, s Erhöhung - Erhöhung des Mietzinses 6 ff, 16 - Ermäßigung der Kosten 17 - Herabsetzung des Mietzinses 17 - Mietpreisbindung 5 - Zweckbindung 4 Betriebskosten - Erhöhung 5 , 9 , 1 6 - Ermäßigung 17 Bewirtschaftungskosten 8 f Entstehung der Vorschrift 2 Erhöhung der - Betriebskosten 5 f, 9,16

- Bewirtschaftungskosten 9 - Fremdkapitalkosten 5 - Instandhaltungskosten 5, 8 - Kapitalkosten 6, 9,16 - Verwaltungskosten 8 Erhöhung des Mietzinses nach - § 2 MHRG 1,15 - §§ 3-5 MHRG 9,16 Erhöhung des Mietzinses wegen baulicher Veränderungen und gestiegener Betriebs- oder Kapitalkosten 16 Erhöhung des Mietzinses wegen gestiegener Verwaltungs- und Instandhaltungskosten 7 ff - Form der Erklärung 11 - Geltendmachung 11 - Inhalt der Erklärung 12 - Rechtsfolgen 10 - Voraussetzungen 7 - Zugang der Erklärung 13

Jürgen Sonnenschein

(1412)

Art 3 WKSchG, § 7 MHRG 2. Wohnraumkündigungsschutzgesetz Ermäßigung der Betriebs-, Instandhaltungs-, Kapital-, Verwaltungskosten 17 Form der Mieterhöhungserklärung 11 Fremdkapitalkosten 5 Herabsetzung des Mietzinses 17

1^4

Mietausfallwagnis 9 Mietverhältnis über eine Bergmannswohnung 7 Mietzins - Erhöhung 7 ff, 16, s dort - Herabsetzung 17 Veränderungen, bauliche 9,16 Verwaltungskosten 8,17

Instandhaltungskosten 5 , 8 , 1 7 Wirtschaftlichkeitsberechnung 8 Kapitalkosten 6, 9,16 f Kündigungsrecht des Mieters 14

Zweck der Vorschrift 3

I. Allgemeine Kennzeichnung 1

1. Überblick Es handelt sich um eine sachlich begrenzte Sonderregelung für die in Abs 1 bezeichneten Bergmannswohnungen. Die Vorschrift läßt eine Mieterhöhung zu, wenn sich die Verwaltungskosten und die Instandhaltungskosten erhöht haben (Abs 1 S 1). Außerdem sind § 3 über die Erhöhung des Mietzinses bei baulichen Änderungen, § 4 über Anpassung des Mietzinses bei Erhöhung oder Ermäßigung der Betriebskosten und § 5 in den entsprechenden Fällen bei Änderung der Kapitalkosten anwendbar (Abs 4). Eine Erhöhung des Mietzinses nach § 2 bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete ist ausgeschlossen (Abs 1 S 2). 2. Entstehung der Vorschrift

2

Die Vorschrift war im WKSchG I nicht enthalten. Sie ist erst im Gesetzgebungsverfahren des WKSchG II nach der Stellungnahme des BR in den Gesetzentwurf aufgenommen worden, wobei auf Vorschlag der BReg eine abgeänderte Fassung zugrunde gelegt worden ist (Stellungnahme des BR zum RegE eines WKSchG II BT-Drucks 7/2011, 19 Nr 18 und Gegenäußerung der BReg aaO 20; Ausschußbericht BT-Drucks 7/2629 und 7/2638, 5). 3. Zweck der Vorschrift 3 Bergarbeiterwohnungen sind durch das Gesetz zur Förderung des Bergarbeiterwohnungsbaues im Kohlenbergbau vom 23. 10. 1951 (BGBl I 865) einem Sonderrecht unterstellt worden. Dieses Gesetz ist zuletzt in einer Neufassung vom 4. 5. 1957 bekanntgemacht (BGBl I 418), seitdem aber noch mehrfach geändert worden (vgl im einzelnen HANS § 5 6 5 b Anm 5). Das Sonderrecht gilt nach § 2 4 Abs 2 des G in wesentlichen Teilen auch für Bergmannswohnungen iS des § 3 Abs 1 b) des Gesetzes über Bergmannssiedlungen vom 10. 3. 1930 (RGBl I 32). Bergarbeiterwohnungen und Bergmannswohnungen unterliegen einer Zweckbin- 4 dung. Sie dürfen nur an Wohnungsberechtigte iS des § 4 des Gesetzes zur Förderung des Bergarbeiterwohnungsbaues im Kohlenbergbau vermietet werden (§§ 5, 6 des G). Sie unterlagen nach § 8 des G den Vorschriften der §§ 20 bis 23 c MietSchG, an deren Stelle nunmehr die §§ 565 b-565 e BGB (s dort Rz 16) getreten sind (§ 7 a des G, eingefügt durch Art I Nr 5 des Dritten G zur Änd des G zur Förderung des Bergarbeiterwohnungsbaues im Kohlenbergbau vom 24. 8. 1965 [BGBl I 909]). (i4i3)

Jürgen Sonnenschein

Art 3 WKSchG, § 7 MHRG 5-8 2. Wohnraumkündigungsschiitzgesetz

5 Die Freigabe der Mietpreise im Anschluß an das AbbauG vom 23. 6. 1960 (BGBl I 389) hat auch die Bergarbeiterwohnungen und Bergmannswohnungen erfaßt. Soweit es sich um öffentlich geförderte Wohnungen iS des § 1 Abs 3 WoBindG oder des § 21 des G zur Förderung des Bergarbeiterwohnungsbaues im Kohlenbergbau handelt, unterliegen die Wohnungen den Mietpreisbindungen des sozialen Wohnungsbaus (§ 22 WoBindG). Darüber hinaus sind im Vertragswerk zur Neuordnung des Ruhrbergbaus zwischen der Bundesrepublik Deutschland, der Ruhrkohle AG und den beteiligten Bergbauunternehmen vom 18. 7. 1969 (auszugsweise in BAnz 1974 Nr 174, 12) auch die vor dem 2. Weltkrieg oder in der folgenden Zeit ohne öffentliche Förderung errichteten Bergmannswohnungen bestimmten Preisbindungsvorschriften unterworfen worden (§5 Abs 3 des Vertrags über Bergmannswohnungen, Anlage 8 zum Grundvertrag aaO). Hiernach kann der Mietzins zum Ausgleich einer Steigerung der Betriebskosten iS des § 27 II. BVO, der Fremdkapitalkosten für Baudarlehen (vgl § 21 II. BVO) und der Instandhaltungspauschalen (vgl § 28 II. BVO, § 6 Abs 3 des Vertrags über Bergmannswohnungen) erhöht werden. Dies führt zu einer weitgehenden Anlehnung an die gesetzlichen Vorschriften über preisgebundenen Wohnraum. 6 Die Sonderregelung des § 7 bezweckt, daß für die Bergmannswohnungen, die von der Ruhrkohle AG bewirtschaftet werden, entsprechend den bisherigen Bestimmungen nur Erhöhungen der Kapitalkosten und gewisser Bewirtschaftungskosten auf die Mieter abgewälzt werden können. Dadurch soll das Niveau der Mieten zur Sicherung des sozialen Ausgleichs für die Bewohner dieser Wohnungen in tragbarer Höhe gehalten werden. Dies ist insofern besonders dringlich, als Bergarbeiter aus gesundheitlichen Gründen oft frühzeitig aus dem Arbeitsprozeß ausscheiden müssen (vgl Ausschußbericht BT-Drucks 7/2638, 5).

II. Erhöhung des Mietzinses wegen gestiegener Verwaltungs- und Instandhaltungskosten (Abs 1-3) 7 1. Voraussetzungen a) Nach Abs 1 S 1 muß ein Mietverhältnis über eine Bergmannswohnung vorliegen, die von einem Bergbauunternehmen entsprechend dem Vertrag über Bergmannswohnungen, Anlage 8 zum Grundvertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland, den vertragschließenden Bergbauunternehmen und der Ruhrkohle AG vom 18. 7. 1969 (BAnz Nr 174 vom 18. 8. 1974, 12) bewirtschaftet wird. Hiervon sind Altbau- und freifinanzierte Wohnungen betroffen (BARTHELMESS § 7 Rz 2; GÜNTER WuM 1975, 5, 8). Soweit Bergarbeiterwohnungen nach § 22 WoBindG den Vorschriften dieses Gesetzes unterliegen, richten sich die Erhebung der Kostenmiete und damit eine Mieterhöhung oder -Senkung nach den §§ 8 ff WoBindG, §§ 4 ff NeubauMietVO und den Vorschriften der II. BVO (SCHMIDT-FUTTERER C 356). 8 b) Es muß eine Erhöhung der Verwaltungskosten oder der Instandhaltungskosten eingetreten sein (Abs 1 S 1). Wegen der Bezugnahme auf § 30 II. BVO ergibt sich der Begriff dieser Bewirtschaftungskosten aus den Vorschriften dieser Verordnung (§§ 26, 28 II. BVO). Bei einer Änderung der Kosten sind in einer neuen Wirtschaftlichkeitsberechnung die geänderten Beträge anzusetzen (§ 30 II. BVO). Die maßgebenden Ansätze ergeben sich aus den §§ 26, 28 II. BVO, wobei hinsichtlich der Instandhaltungskosten die Grenzen der §§5 Abs 3 S 1 c), 6 Abs 3 des Vertrags über Bergmannswohnungen (BAnz 1974 Nr 174, 12) einzuhalten sind. Dies bedeutet für Altbauten, daß bei einer gesetzlichen Anhebung der Instandhaltungspauschalen des § 28 II. BVO der Mietzins höchstens um den Betrag erhöht werden kann, der dem Jürgen Sonnenschein

(uu)

2. YVohnraumkündigungsschutzgesetz

Art 3 WKSchG, § 7 MHRG 9-16

Verhältnis der Erhöhung für die ältesten Wohnungen (§ 28 Abs 2 Nr 1 II. BVO) entspricht. Dabei ist von den in § 6 Abs 3 des Vertrags über Bergmannswohnungen genannten Instandhaltungspauschalen auszugehen. Andere Bewirtschaftungskosten wie Abschreibung, Betriebskosten und Mietausfall- 9 wagnis (vgl § 24 Abs 1 II. BVO) werden von § 7 Abs 1 nicht erfaßt. Das gleiche gilt für Kapitalkosten (vgl §§ 19 ff II. BVO). Insoweit sind nach Abs 4 ebenso wie für bauliche Änderungen die §§ 3-5 anwendbar (Rz 16).

2. Rechtsfolgen

10

a) Der Vermieter hat ein Recht auf Mieterhöhung bis zu den nach § 26 II. BVO für die Verwaltungskosten und nach § 28 II. BVO iVm § 5 Abs 3 S 1 c) des Vertrags über Bergmannswohnungen (aaO) maßgebenden Beträgen (Rz 8). b) Für die Geltendmachung der Mieterhöhung ist eine schriftliche Erklärung des 11 Vermieters gegenüber dem Mieter vorgeschrieben (Abs 2 S 1). Obwohl in dieser Bestimmung von einem „Anspruch" die Rede ist, handelt es sich nicht um ein Recht des Vermieters auf Abgabe einer entsprechenden Vertragserklärung durch den Mieter, sondern um ein Gestaltungsrecht, das durch einseitige, empfangsbedürftige Willenserklärung des Vermieters auszuüben ist (vgl Abs 3). Die Erklärung muß dem gesetzlichen Formerfordernis des § 126 BGB genügen, soweit nicht bei Anfertigung mit automatischen Einrichtungen die Ausnahme des § 8 eingreift. c) Der Inhalt der Erklärung muß neben dem Verlangen nach Mieterhöhung eine 12 Berechnung und Erläuterung der Erhöhung enthalten (Abs 2 S 2). Dies entspricht der Regelung des § 6 Abs 2 S 2 (s dort Rz 12). d) Der Wirkungseintritt der Mieterhöhung setzt nach § 130 BGB den Zugang der 13 Erklärung des Vermieters beim Mieter voraus. Der Mieter schuldet den erhöhten Mietzins vom Ersten des auf die Erklärung folgenden Monats an. Ist die Erklärung dem Mieter erst nach dem Fünfzehnten eines Monats zugegangen, tritt diese Wirkung am Ersten des übernächsten Monats ein (vgl § 4 R z 2 7 ; § 6 R z l 3 ) . e) Dem Mieter steht gegenüber einer auf § 7 gestützten Mieterhöhung ein Kündi- 14 gungsrecht aus § 9 Abs 1 S 2 zu. f) Eine Erhöhung des Mietzinses nach § 2 auf der Grundlage der ortsüblichen 15 Vergleichsmiete ist ausgeschlossen (Abs 1 S 2). Durch diesen Ausschluß soll das Mietzinsniveau mit Rücksicht auf die besondere soziale Lage der Bergarbeiter in tragbarer Höhe gehalten werden (Rz 6). Mit dieser Begründung lassen sich auch verfassungsrechtliche Bedenken ausräumen, die ansonsten bei einer derartigen Sonderregelung aus Art 3 und 14 GG herzuleiten wären.

III. Erhöhung des Mietzinses wegen baulicher Veränderungen und gestiegener 16 Betriebs- oder Kapitalkosten (Abs 4) Nach Abs 4 gelten im übrigen die §§ 3-5. Damit kann der Mietzins für die in Abs 1 S 1 genannten Bergmannswohnungen auch bei baulichen Veränderungen (§ 3), gestiegenen Betriebskosten (§ 4) und gestiegenen Kapitalkosten (§ 5) unter den Voraussetzungen dieser Vorschriften erhöht werden. Im einzelnen ist auf die dortigen Erläuterungen zu verweisen. (i4i5)

Jürgen Sonnenschein

Art 3 WKSchG, §§ 7, 8 MHRG 17; 1 2. Wohnraumkündigungsschutzgesetz

17 IV. Herabsetzung des Mietzinses Eine Herabsetzung des Mietzinses ist in § 7 nicht ausdrücklich vorgesehen. Soweit sich die Betriebskosten ermäßigen, ergibt sich die dahin gehende Pflicht des Vermieters aus der Verweisung des Abs 4 auf § 4 Abs 4 (s dort Rz 33 ff). Das gleiche gilt hinsichtlich der Ermäßigung von Kapitalkosten wegen Senkung des Zinssatzes aufgrund der Verweisung auf § 5 Abs 3 (s dort Rz 37 ff). Eine Herabsetzung des Mietzinses ist auch in § 5 Abs 3 S 2 des Vertrags über Bergmannswohnungen (aaO) vorgesehen, wenn die Fremdkapitalkosten der zum Bau dieser Wohnungen aufgenommenen Darlehen fallen. Sollten die in den §§ 26, 28 II. BVO festgelegten Pauschalen für Verwaltungskosten und Instandhaltungskosten gesenkt werden, ist der Mietzins in analoger Anwendung des § 5 NeubauMietVO herabzusetzen. § 8 MHRG Hat der Vermieter seine Erklärungen nach den §§ 2 bis 7 mit Hilfe automatischer Einrichtungen gefertigt, so bedarf es nicht seiner eigenhändigen Unterschrift. Begr zum RegE BT-Drucks 7/2011, 13; Ausschußbericht BT-Drucks 7/2629 u 7/2638, 5.

Systematische Übersicht I. Allgemeine Kennzeichnung 1. Überblick 1 2. Entstehung der Vorschrift 2 3. Zweck der Vorschrift 3

II. Voraussetzungen 4 EQ. Rechtsfolgen 7

Alphabetische Übersicht Beurkundung, notarielle 1

- Rechtsfolgen 7 - Voraussetzungen 4 ff Form der Mietherabsetzungserklärung 4

Entstehung der Vorschrift 2 Erklärung, mündliche 7

Schriftform, gesetzliche 1,6 Form der Mieterhöhungserklärung bei Anfertigung mit Hilfe automatischer Einrichtungen 1 ff - Anfertigung mit Hilfe automatischer Einrichtungen 5 f - Mieterhöhungserklärung nach den §§ 2-7 MHRG 4

Unterschrift - eigenhändige 1, 7 - vervielfältigte 6 Zweck der Vorschrift 3

I. Allgemeine Kennzeichnung 1 1. Überblick Die Erklärungen des Vermieters, die nach den §§ 2-7 zur Geltendmachung einer Mieterhöhung erforderlich sind, bedürfen nach diesen Vorschriften grundsätzlich der schriftlichen Form. Die gesetzliche Schriftform setzt nach § 126 BGB voraus, daß die Urkunde von dem Aussteller eigenhändig durch Namensunterschrift oder mittels notariell beglaubigten Handzeichens unterzeichnet wird, wobei die schriftliche Form durch die notarielle Beurkundung des § 128 BGB ersetzt werden kann. § 8 läßt eine Ausnahme vom Erfordernis der eigenhändigen Unterschrift zu, wenn die Mieterhöhungserklärung mit Hilfe automatischer Einrichtungen gefertigt ist. Jürgen Sonnenschein

(1416)

2. Wohnraumküjidigungsschutzgesetz

Art 3 WKSchG, § 8 MHRG 2-6

2. Entstehung der Vorschrift

2

Nachdem der BGH (ZMR 1970, 202, 204) im Hinblick auf das Schriftformerfordernis des § 18 Abs 1 S 1 BMietG I abgelehnt hatte, eine als Matrizenschreiben zugegangene Mieterhöhungserklärung als formwirksam anzuerkennen, gleichzeitig aber auf die Bedürfnisse des Massenverkehrs hinwies, sind § 18 Abs 1 S 1 BMietG 1 geändert und § 10 Abs 1 S 5 WoBindG eingefügt worden, die eine Ausnahme von der Schriftform bei Anfertigung der Erklärung mit automatischen Einrichtungen zulassen (Art 5 MRVerbG vom 4. 11. 1971 [BGBl I 1745]). In das kurz darauf erlassene WKSchG I vom 25. 11. 1971 (BGBl I 1839) wurde dagegen keine entsprechende Vorschrift aufgenommen. Dieses Gesetz schrieb in Art 1 § 3 Abs 2 und 6 für Mieterhöhungserklärungen ausnahmslos die schriftliche Form vor (vgl LG Hamburg MDR 1975, 142; OLG Hamburg ZMR 1975, 114). Erst das WKSchG II hat insoweit mit § 8 MHRG eine Änderung gebracht. 3. Zweck der Vorschrift

3

Die Vorschrift hat die entsprechende Regelung für den preisgebundenen Wohnungsbau aus § 10 Abs 1 S 5 WoBindG übernommen. Sie soll den Bedürfnissen neuzeitlicher Bürotechnik Rechnung tragen (Begr zum RegE BT-Drucks 7/2011, 13) und kommt damit vor allem Großvermietern entgegen.

II. Voraussetzungen

4

1. Es muß sich um eine Mieterhöhungserklärung nach den §§ 2 - 7 handeln. Diese Bestimmungen sehen die Schriftform vor für die Erklärung einer Mieterhöhung bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete (§ 2 Abs 2 S 1), einer Erhöhung wegen baulicher Veränderungen (§ 3 Abs 3 S 1), gestiegener Betriebskosten (§ 4 Abs 2 S 1) und Kapitalkosten ( § 5 Abs 1) sowie für die Erklärung von Mieterhöhungen bei öffentlich geförderten Wohnungen im Saarland (§ 6 Abs 2 S 1) und bei bestimmten Bergmannswohnungen (§ 7 Abs 2 S 1). Soweit in diesen Vorschriften eine Herabsetzung der Miete vorgesehen ist (vgl § 4 Abs 4, § 5 Abs 3, § 6 Abs 4, § 7 Abs 4 durch Verweisung auf die §§ 4, 5), besteht kein Formzwang. 2. Die Mieterhöhungserklärung muß mit Hilfe automatischer Einrichtungen gefer- 5 tigt sein. Entsprechend dem Zweck der Vorschrift, den Bedürfnissen neuzeitlicher Bürotechnik Rechnung zu tragen (Rz 3), sind hierunter alle Verfahren zu verstehen, durch die ein Schriftstück mittels einer selbsttätigen Vorrichtung zum Zwecke der Arbeitserleichterung im Büro vervielfältigt werden kann. Hierzu gehört die Vervielfältigung durch Druck, Umdruckverfahren, Matrize, Fotokopie, Fotografie und vor allem die Herstellung durch Schreibautomaten elektronischer Datenverarbeitungsanlagen (vgl B A R T H E L M E S S § 8 Rz 4). Keine automatische Einrichtung in diesem Sinne ist die normale Schreibmaschine, auch wenn sie elektrisch betrieben ist und im Durchschreibeverfahren mehrere Erklärungen gleichzeitig hergestellt werden. Anders ist es dagegen bei solchen Schreibmaschinen, die den eingegebenen Text speichern und auf Abruf automatisch beliebig vervielfältigen. Erklärungen durch Fernschreiber oder Telegramm fallen nicht unter § 8 (aM B A R T H E L M E S S § 8 Rz 5), da es hierbei nicht um eine Arbeitserleichterung bei der Anfertigung der Erklärung geht, sondern um deren beschleunigte Zustellung. Unerheblich ist es, ob es aus der Erklärung erkennbar ist, daß sie mit Hilfe 6 automatischer Einrichtungen hergestellt ist. Auch eine handschriftliche Urschrift oder die handgeschriebene Unterschrift unter dem Original, das vervielfältigt wird, (1417)

Jürgen Sonnenschein

Art 3 WKSchG, §§ 8, 9 MHRG 2. Wohnraumkündigungsschutzgesetz 7

reicht aus (FISCHER-DIESKAU - PERGANDE - SCHWENDER, Wohnungsbaurecht III [ 1 9 7 7 ] WoBindG § 1 0 Anm 3 aE; SCHMIDT-FUTTERER C 3 6 6 ) . Die Erklärung muß idR einschließlich ihres wesentlichen Inhalts, also Absender, Verlangen nach Mieterhöhung nebst Erläuterung und ggf Berechnung, automatisch hergestellt sein. Die automatische Herstellung darf sich nicht auf die Vorbereitung der Erklärung beschränken (PALANDT-PUTZO § 8 Anm 1 ) . Die Verwendung von Vordrucken reicht demnach aus, wenn sie mit Hilfe automatischer Einrichtungen, nicht aber handschriftlich, vervollständigt werden. Hinsichtlich der Adresse kann insoweit allerdings eine Ausnahme zugelassen werden (SCHMIDT-FUTTERER C 3 6 7 ) , da sie nicht zum notwendigen Inhalt der Erklärung als solcher gehört. Werden Vordrucke handschriftlich vervollständigt und automatisch hergestellte Erklärungen in ihrem wesentlichen Inhalt ergänzt, so ist für die ganze Erklärung die Schriftform des § 126 B G B erforderlich. Wenn die Vorschrift auch von ihrem Zweck her auf Großvermieter zugeschnitten ist, schreibt sie doch keine Mindestzahl hinsichtlich der vermieteten Wohnungen und der angefertigten Erklärungen vor.

7 m . Rechtsfolgen Die mit Hilfe automatischer Einrichtungen gefertigte Mieterhöhungserklärung bedarf nicht der eigenhändigen Unterschrift des Vermieters. Die Vorschrift macht damit nicht das Vorliegen einer schriftlichen Urkunde entbehrlich. Eine mündliche Erklärung ist deshalb nach § 125 S 1 B G B nichtig. Im übrigen ist aber davon auszugehen, daß § 8 nur eine Ausnahme vom Erfordernis der Eigenhändigkeit der Unterschrift zuläßt, weil sonst das Adjektiv „eigenhändig" überflüssig wäre. Eine beliebige Absenderangabe vor oder innerhalb der Erklärung reicht nicht aus. Diese Angabe muß auf jeden Fall als Abschluß der Erklärung in Gestalt einer vervielfältigten Unterschrift, Namensangabe des Zeichnenden oder eines Stempels erscheinen.

§ 9 MHRG Verlangt der Vermieter eine Mieterhöhung nach § 2, so ist der Mieter berechtigt, bis zum Ablauf des zweiten Monats, der auf den Zugang des Erhöhungsverlangens folgt, für den Ablauf des übernächsten Monats zu kündigen. Verlangt der Vermieter eine Mieterhöhung nach den §§ 3, 5 bis 7, so ist der Mieter berechtigt, das Mietverhältnis spätestens am dritten Werktag des Kalendermonats, von dem an der Mietzins erhöht werden soll, für den Ablauf des übernächsten Monats zu kündigen. Kündigt der Mieter, so tritt die Mieterhöhung nicht ein. Ist der Mieter rechtskräftig zur Zahlung eines erhöhten Mietzinses nach den §§ 2 bis 7 verurteilt worden, so kann der Vermieter das Mietverhältnis wegen Zahlungsverzugs des Mieters nicht vor Ablauf von zwei Monaten nach rechtskräftiger Verurteilung kündigen, wenn nicht die Voraussetzungen des § 554 des Bürgerlichen Gesetzbuchs schon wegen des bisher geschuldeten Mietzinses erfüllt sind. Begr zum R e g E BT-Drucks 7/2011, 13; Ausschußbericht BT-Drucks 7/2629 u 7/2638, 5. Vgl Art 1 § 3 Abs 5 WKSchG I vom 25. 11. 1971 ( B G B l I 1839); Ausschußbericht BT-Drucks VI/2421, 4 (zu Art 2 § 2 Abs 5).

Schrifttum BURKHARDT, Die Regelung der Mietzinshöhe nach dem 2. Wohnraumkündigungsschutzgesetz, JurBüro 1975, 561, 568; DERLEDER, Zum Kündigungsrecht des Mieters nach einer Mieterhöhung,

Jürgen Sonnenschein

(1418)

Art 3 WKSchG, § 9 MHRG 2. Wohnraumkiindigungsschutzgesetz MDR 1976, 802; FREUND-BARTHELMESS, Rechtsprobleme zum Zweiten Wohnraumkündigungsschutzgesetz, ZMR 1975, 33, 36; G Ü N T E R , Die Mieterhöhung nach dem 2. Wohnungskündigungsschutzgesetz, WuM 1975, 5, 8; LÖWE, Wichtige Neuregelungen im Zweiten Wohnraumkündigungsschutzgesetz, NJW 1975, 9, 14; LUTZ, Das neue Wohnraumkündigungsschutzgesetz, DWW 1974, 272, 278; PAUL, Der Entwurf des Zweiten Wohnraum-Kündigungsschutzgesetzes, DWW 1974, 56, 57; SCHMIDT, Zweifelsfragen zum Zweiten Wohnraumkündigungsschutzgesetz, WuM 1976, 41, 43 f; SCHMIDT-FUTTERER, Die Kündigung des Mieters wegen Mieterhöhung, WuM 1976, 65; ders, Kündigungsschutz für Wohnraum und Beschränkung der Mieterhöhung als Dauerrecht. Die Neuregelung im 2. WKSchG v. 18. 12. 1974, MDR 1975, 89, 94; VOGEL, Das Zweite Wohnraumkündigungsschutzgesetz, JZ 1975, 73, 79.

Systematische Ubersicht I. Allgemeine Kennzeichnung 1. Überblick 1 2. Entstehung der Vorschrift 2 3. Zweck der Vorschrift 4 II. Kündigungsrecht des Mieters (Abs 1) 1. Voraussetzungen 5 a) Mietverhältnis über Wohnraum 5 b) Mieterhöhungsverlangen des Vermieters

c) Sonstige Kündigungsvoraussetzungen 10 2. Rechtsfolgen 16 a) Beendigung des Mietverhältnisses 16 b) Nichteintritt der Mieterhöhung 19 c) Vorenthaltung des Wohnraums und Fortsetzung des Gebrauchs 20 HI. Kündigungsrecht des Vermieters (Abs 2) 22

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Alphabetische Übersicht Kündigungstermin 10,17 f, 19

Außerordentliche Kündigung - befristete 1,16 - fristlose 22 f Beendigung des Mietverhältnisses 16 ff Entstehung der Vorschrift 2 Fortsetzung des Gebrauchs 21 Kündigung - außerordentliche befristete 1,16 - außerordentliche fristlose 22 f - bedingte 15 - Inhalt 10 - ordentliche 9 - Schriftform 11 - Umdeutung9 Kündigungsfrist 12 ff, 16 ff - Fristversäumnis 15 Kündigungsgrund 10,19 Kündigungsrecht - Ausschluß 9,22 f - Frist zur Ausübung 12 f, 15 - des Mieters 5 ff - des Vermieters 22 f (1419)

Mieterhöhungsverlangen 6 ff, 21 - bauliche Änderungen 6,13,18 - Bergmannswohnungen 6,13,18 - Betriebskosten 6,22 - Kapitalkosten 6,13,18 - Mieterhöhung 6 - Nichteintritt der Mieterhöhung 19 ff - Saarland 6,13,18 - Vergleichsmieteverfahren 6,12,17 - Wirksamkeit 7 - Zugang 8 Mietverhältnis - Beendigung 16 ff - befristetes 5 - unbefristetes 5 - über Wohnraum 5 Nichteintritt der Mieterhöhung 19,20 f Vorenthaltung des Wohnraums 20 Zahlungsverzug 22 f Zweck der Vorschrift 2

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Art 3 WKSchG, § 9 MHRG 1-4 2. Wohnraumkündigungsschutzgesetz

I. Allgemeine Kennzeichnung 1 1. Überblick Die Vorschrift räumt in Abs 1 dem Mieter ein vorzeitiges Kündigungsrecht gegenüber einer auf die Bestimmungen des MHRG gestützten Mieterhöhungserklärung des Vermieters ein. Es handelt sich um eine außerordentliche befristete Kündigung, für die jedoch abweichend von § 565 Abs 5 BGB besondere Kündigungsfristen bestimmt sind. Für die Dauer der Kündigungsfrist unterscheidet das Gesetz danach, ob es sich um eine Mieterhöhung im Rahmen des Vergleichsmieteverfahrens nach § 2 oder um sonstige Mieterhöhungen nach den §§ 3, 5-7 handelt. Kündigt der Mieter, so tritt die Mieterhöhung nicht ein, auch wenn der Kündigungstermin erst nach dem an sich vorgesehenen Wirkungseintritt der Mieterhöhung liegt. In Abs 2 wird das Kündigungsrecht des Vermieters wegen Zahlungsverzugs des Mieters mit dem nach den §§ 2-7 erhöhten Mietzins beschränkt. Insoweit ist eine Kündigung nicht vor Ablauf von zwei Monaten nach rechtskräftiger Verurteilung zur Mieterhöhung möglich, wenn nicht die Voraussetzungen des § 554 BGB schon wegen des bisher geschuldeten Mietzinses erfüllt sind.

2 2. Entstehung der Vorschrift Das in Abs 1 geregelte außerordentliche Kündigungsrecht des Mieters war im WKSchG I nicht enthalten. Nach Art 1 § 3 Abs 4 dieses Gesetzes wurde die Mieterhöhung erst wirksam, wenn seit der freiwilligen oder gerichtlich erzwungenen Zustimmung des Mieters die für das Mietverhältnis nach § 565 Abs 2 BGB jeweils maßgebende Kündigungsfrist abgelaufen war. Auch dadurch konnte sich der Mieter durch eine ordentliche Kündigung vor der Mieterhöhung schützen. Unabhängig von einer etwaigen Kündigungsabsicht konnte sich der Eintritt der Mieterhöhung jedoch bis zu einem Jahr verzögern (vgl § 565 Abs 2 S 2 BGB). Die jetzige Regelung geht auf § 11 WoBindG sowie die früheren § 3 2 Abs 4 StädtebaufördG und § 2 0 BMietG I zurück. Sie koppelt den Eintritt der Mieterhöhung nicht an den Ablauf einer Kündigungsfrist, sondern räumt dem Mieter besondere Kündigungsfristen ein und läßt die Mieterhöhung mit der Ausübung des Kündigungsrechts hinfällig werden. 3 Die Einschränkung des Kündigungsrechts für den Vermieter nach Abs 2 für den Fall des Zahlungsverzugs des Mieters mit dem erhöhten Mietzins war schon in Art 1 § 3 Abs 5 WKSchG I enthalten und ist entsprechend dem sich aus mehreren Vorschriften ergebenden Mieterhöhungsrecht mit etwas verändertem Wortlaut in § 9 MHRG übernommen worden.

4 3. Zweck der Vorschrift Da die Regelung über Mieterhöhungen für preisgebundenen Wohnraum dem Mieter in § 11 WoBindG ein vorzeitiges Kündigungsrecht gegenüber einer Mieterhöhungserklärung des Vermieters gibt, wurde eine solche Vorschrift auch bei Mieterhöhungen nach dem MHRG für angemessen gehalten. Entsprechend den unterschiedlichen Zeitpunkten, zu denen die Mieterhöhung nach den einzelnen Vorschriften des MHRG wirksam wird, mußte in Abs 1 der Beginn der Kündigungsfrist unterschiedlich geregelt werden (Begr zum RegE BT-Drucks 7/2011, 13 [zu Art 3 § 7]). Die in Abs 2 geregelte Beschränkung des Kündigungsrechts für den Vermieter soll sicherstellen, daß der Mieter in seinen Entschließungen, ob er einer nach § 2 geforderten Mieterhöhung zustimmen will, nicht mittelbar durch eine Jürgen Sonnenschein

(1420)

2. Wohnraumkündiguiigsschiitzgesetz

Art 3 WKSchG, § 9 MHRG 5-7

drohende Kündigung beeinflußt wird. Dieser Schutz war auf die durch einseitige Erklärung des Vermieters wirksam werdenden Mieterhöhungen nach den §§3, 5-7 auszudehnen (Begr zum RegE aaO). Darüber hinaus soll gewährleistet sein, daß nicht wegen der Mieterhöhungsbeträge, die während eines Rechtsstreits aufgelaufen sind, alsbald nach der Rechtskraft des Urteils wegen Zahlungsverzugs nach § 554 BGB gekündigt werden kann (Ausschußbericht zum späteren WKSchG I BT-Drucks VI/2421, 4 [zu Art 2 § 2 Abs 5]).

II. Kündigungsrecht des Mieters (Abs 1) 1. Voraussetzungen

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a) Mietverhältnis über Wohnraum Das vorzeitige Kündigungsrecht des Mieters setzt ein Mietverhältnis über Wohnraum voraus (s im einzelnen BGB Vorbem 24 ff zu §§ 535, 536; § 556 a Rz 5 ff; § 564 b Rz 9 f). Es gilt für befristete und unbefristete Mietverhältnisse in gleicher Weise (BARTHELMESS § 9 Rz 2 ; PALANDT-PUTZO § 9 Anm 1 a; SCHMIDT-FUTTERER C 3 7 3 ; ders WuM 1 9 7 6 , 6 5 ; STERNEL Rz II 169). Das Mietverhältnis darf nicht nach § 10 Abs 2 vom Anwendungsbereich des MHRG ausgenommen sein, was insbesondere für preisgebundenen Wohnraum gilt (s § 11 WoBindG). b) Mieterhöhungsverlangen des Vermieters

6

aa) Der Vermieter muß eine Mieterhöhung verlangen. Der Anwendungsbereich der Vorschrift beschränkt sich auf Mieterhöhungen nach § 2 im Wege des Vergleichsmieteverfahrens, nach § 3 wegen baulicher Änderungen, nach § 5 wegen erhöhter Kapitalkosten, nach § 6 hinsichtlich der Kostenmiete bei bestimmten Wohnungen im Saarland oder nach § 7 wegen erhöhter Verwaltungs- und Instandhaltungskosten bei bestimmten Bergmannswohnungen (Abs 1 S 1, 2). Die Kündigungsfrist ist bei einer Mieterhöhung nach § 2 und in den übrigen Fällen unterschiedlich (Rz 12 f, 17 f). Ausgenommen vom vorzeitigen Kündigungsrecht ist die Mieterhöhung nach § 4 wegen erhöhter Betriebskosten. Die Begr zum RegE (BT-Drucks 7 / 2 0 1 1 , 1 3 [zu Art 3 § 7]) geht davon aus, daß sich der Mieter diesen Kostenerhöhungen, die in aller Regel im Gegensatz zu Erhöhungen wegen baulicher Änderungen oder gestiegener Kapitalkosten unabhängig vom einzelnen Mietobjekt regional auftreten, nicht durch einen Umzug entziehen kann. Eine solche Generalisierung ist als Begründung zweifelhaft. Die Regelung steht hinsichtlich dieser Ausnahme auch nicht in Einklang mit § 11 WoBindG, der die Einschränkung des Kündigungsrechts bei Betriebskostensteigerungen für preisgebundenen Wohnraum nicht kennt. Der Umfang der Mieterhöhung ist im übrigen unerheblich. bb) Nach dem Wortlaut des Gesetzes kommt es darauf an, daß der Vermieter nach 7 den genannten Vorschriften eine Mieterhöhung verlangt. BARTHELMESS ( § 9 Rz 4) meint, diese setze eine formell und materiell wirksame Erhöhungserklärung voraus, weil eine unwirksame Willenserklärung grundsätzlich keine Rechtswirkungen habe. Auch nach Sinn und Zweck der Vorschrift komme ein vorzeitiges Kündigungsrecht nur bei einer wirksamen Mieterhöhung in Betracht. Demgegenüber steht die überwiegende Auffassung zu Recht auf dem Standpunkt, daß es unabhängig von der Wirksamkeit nur auf das tatsächliche Verlangen nach Mieterhöhung ankomme (PALANDT-PUTZO § 9 A n m 1 b ; SCHMIDT-FUTTERER C 3 7 7 ; STERNEL RZ II 169). D e m

Mieter ist es idR nicht möglich, die Wirksamkeit eines Mieterhöhungsverlangens innerhalb angemessener Zeit gerichtlich überprüfen zu lassen. Er wäre zu einer (1421)

Jürgen Sonnenschein

Art 3 W K S c h G , § 9 M H R G 8-12

2. WohnraumkUndigungsschutzgesetz

vorsorglichen Kündigung gezwungen, deren Wirksamkeit ihrerseits in der Schwebe bliebe und häufig nicht einmal bis zum Ablauf der Kündigungsfrist und dem an sich gebotenen Auszug des Mieters zu klären wäre. Diese Rechtsunsicherheit ist für den Mieter unzumutbar. Demgegenüber ist das Argument, eine unwirksame Willenserklärung könne keine Rechtswirkungen haben (BARTHELMESS aaO), nicht stichhaltig, da das Gesetz Rechtsfolgen auch an tatsächliche Handlungen anknüpfen kann. Einem mißbräuchlichen Verhalten des Mieters ist nach § 242 BGB mit den Grundsätzen über die unzulässige Rechtsausübung zu begegnen (STERNEL aaO). 8 cc) Das Kündigungsrecht des Mieters entsteht frühestens mit Zugang einer entsprechenden Mieterhöhungserklärung des Vermieters (vgl §§ 130 ff BGB). Eine vorzeitig auf bloßen Verdacht hin abgegebene Kündigungserklärung ist wirkungslos. 9 dd) Ein Ausschluß des Kündigungsrechts ist anzunehmen, wenn sich der Mieter mit einem Mieterhöhungsverlangen des Vermieters durch Zustimmung nach § 2 oder in sonstiger Weise hinsichtlich der übrigen Fälle einverstanden erklärt. Dies ergibt sich allerdings nicht aus dem Wortlaut der Vorschrift (so aber SCHMIDT-FUTTERER C 380), weil eine Einigung der Parteien auch nach einem Mieterhöhungsverlangen des Vermieters stattfinden kann. Auch die im Rahmen des § 2 durch Zustimmung des Mieters eintretende vertragliche Bindung schließt an sich nicht das Recht aus, sich hiervon durch Kündigung wieder zu lösen. Entscheidend für den Ausschluß des Kündigungsrechts ist aber das aus § 242 BGB herzuleitende Verbot widersprüchlichen Verhaltens, so daß der Mieter grundsätzlich an seine Zustimmung zur Mieterhöhung gebunden bleibt (vgl BARTHELMESS § 9 Rz 10; SCHMIDT-FUTTERER aaO). Allerdings kann seine Kündigungserklärung ggf in eine ordentliche Kündigung umgedeutet werden (BARTHELMESS aaO). Hat der Mieter zunächst gekündigt, erklärt er sich dann aber mit der Mieterhöhung einverstanden, können die Parteien den Eintritt der Rechtsfolgen der wirksam gewordenen Kündigung - also Beendigung des Mietverhältnisses und Wegfall der Mieterhöhung - nur einverständlich durch Vertrag beseitigen (vgl BGB § 564 Rz 43). Dies gilt im Rahmen des § 10 Abs 1 auch hinsichtlich des ursprünglich vorgesehenen Zeitpunktes für die Mieterhöhung. Das vorzeitige Kündigungsrecht des Mieters wird nicht dadurch ausgeschlossen, daß er oder der Vermieter vorher schon eine ordentliche Kündigung ausgesprochen hat, die das Mietverhältnis erst zu einem späteren Zeitpunkt beenden würde (SCHMIDT-FUTTERER C

381).

10 c) Sonstige Kündigungsvoraussetzungen aa) Ein bestimmter Inhalt ist für die Kündigungserklärung des Mieters nicht vorgeschrieben. Er braucht weder einen Kündigungsgrund (vgl BGB § 564 Rz 16) noch einen Kündigungstermin (vgl BGB § 564 Rz 18) anzugeben. Die Kündigung wirkt dann zum nächsten zulässigen Termin (SCHMIDT-FUTTERER C 383; aM B A R THELMESS § 9 Rz 7). Die Angabe der Kündigungsgründe ist nur als Sollvorschrift in § 564 a Abs 1 S 2 BGB vorgesehen (s dort Rz 16 ff). 11 bb) Die Kündigungserklärung des Mieters bedarf nach § 564 a Abs 1 S 1 BGB der Schriftform. Der Mieter muß das Kündigungsschreiben nach § 126 BGB grundsätzlich eigenhändig durch Namensunterschrift unterzeichnen (s im einzelnen BGB § 564 a Rz 7 ff). 12 cc) Die Fristen für eine Kündigung sind in Abs 1 hinsichtlich der einzelnen Mieterhöhungserklärungen unterschiedlich geregelt. Dabei ist im einzelnen zwischen der Frist zur Ausübung der Kündigung und der eigentlichen Kündigungsfrist bis zum Eintritt der Kündigungswirkungen zu unterscheiden. Wird die Mieterhöhung auf verschiedene Gründe gestützt, steht dem Mieter ein Wahlrecht zu, auf Jürgen Sonnenschein

(1422)

2. Wohnraumkündigungsschutzgesetz

Art 3 WKSchG, § 9 MHRG 13-15

welche Kündigungsregelung er sich berufen will. Macht er insoweit keine Angaben, wirkt die Kündigung zum nächsten zulässigen Termin. (1) Verlangt der Vermieter eine Mieterhöhung nach § 2 im Wege des Vergleichsmieteverfahrens, so kann der Mieter bis zum Ablauf des zweiten Monats, der auf den Zugang des Erhöhungsverlangens folgt, für den Ablauf des übernächsten Monats kündigen (Abs 1 S 1). Daraus ergibt sich, daß dem Mieter zunächst eine Überlegungsfrist wie in § 2 Abs 3 S 1 von mindestens zwei Monaten zur Ausübung der Kündigung erhalten bleibt. Da es hierbei auf den Ablauf von zwei Kalendermonaten ankommt, verlängert sich diese Frist entsprechend, wenn das Mieterhöhungsverlangen im Laufe eines Monats zugeht. Auf ein zB am 10. 2. zugegangenes Mieterhöhungsverlangen muß die Kündigungserklärung dem Vermieter spätestens am 30. 4. zugehen. Die Kündigungsfrist selbst beträgt nochmals mindestens zwei Monate bis zum Ablauf des übernächsten Monats, dh bis zum 30. 6. in dem genannten Beispiel (Rz 17). (2) Wenn der Vermieter eine Mieterhöhung nach den §§ 3, 5 - 7 verlangt, so kann 13 der Mieter das Mietverhältnis spätestens am dritten Werktag des Kalendermonats, von dem an der Mietzins erhöht werden soll, für den Ablauf des übernächsten Monats kündigen (Abs 1 S 2). Da die Mieterhöhung in diesen Fällen am Ersten des auf die Erklärung folgenden Monats oder bei einem Zugang nach dem Fünfzehnten vom Ersten des übernächsten Monats an eintritt, steht dem Mieter entsprechend eine Überlegungsfrist zur Ausübung der Kündigung von mindestens zwei bzw sechs Wochen zu. Die Kündigung muß dem Vermieter spätestens am dritten Werktag nach Eintritt der Mieterhöhung zugehen. Ist dem Mieter zB eine Erhöhungserklärung am 10. 2. zugegangen, tritt die Mieterhöhung am 1. 3. ein. Die Kündigungserklärung muß dem Vermieter spätestens am 3. Werktag nach diesem Zeitpunkt, dh am 4. 3. zugehen. Die Kündigungsfrist endet dann mit Ablauf des übernächsten Monats am 31. 5. Sie beträgt also mindestens fast drei Monate (Rz 18). (3) Die Berechnung der Fristen richtet sich nach den Auslegungsvorschriften der 14 §§ 187 ff BGB (vgl im einzelnen BGB § 565 Rz 9 ff). (4) Für eine Fristversäumnis bei Ausübung des Kündigungsrechts kommt es nicht 15 darauf an, ob der Mieter ohne sein Verschulden verhindert war zu kündigen (vgl SCHMIDT-FUTTERER C 3 8 8 ) . Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist nicht vorgesehen. Der Mieter bleibt dann auf ein etwaiges ordentliches Kündigungsrecht angewiesen. Es spielt nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut auch keine Rolle, ob der Mieter zunächst den Ausgang eines Rechtsstreits um die Mieterhöhung abgewartet hat. Eine Verlängerung der Frist zur Ausübung des vorzeitigen Kündigungsrechts ist für diesen Fall anders als nach der Regelung des früheren § 20 Abs 3 BMietG I nicht vorgesehen. Diese Vorschrift ermöglichte es dem Mieter, der den Genehmigungsbescheid der Preisbehörde angefochten oder sonst die Zulässigkeit einer Mieterhöhung bestritten hatte, innerhalb eines Monats von dem Zeitpunkt an, in dem der Bescheid unanfechtbar geworden oder in dem der Streit über die Zulässigkeit der Mieterhöhung auf andere Weise behoben war, das Mietverhältnis zu kündigen. Auf dieser Grundlage schlägt D E R L E D E R (MDR 1976, 802, 804 f) eine analoge Anwendung des § 9 Abs 1 S 1 und 2 MHRG in der Weise vor, daß der Mieter auch noch nach Rechtskraft eines aufgrund des § 2 erlassenen Urteils auf Zustimmung oder eines infolge einer Mieterhöhung nach den §§ 3, 5 erlassenen Zahlungsurteils innerhalb der vorgesehenen Fristen kündigen könne. Dabei sei allerdings die erhöhte Miete bis zur Beendigung des Mietverhältnisses zu zahlen. Rechtspolitisch wäre eine solche Regelung durchaus akzeptabel. De lege lata wird der Vorschlag jedoch durch das Gesetz nicht gedeckt. In den Gesetzesmaterialien sind zwar nur § 11 WoBindG und § 32 StädtebaufördG erwähnt (Begr zum RegE (1423)

Jürgen Sonnenschein

Art 3 WKSchG, § 9 MHRG 16-19 2. Wohnraumkiindigungsschutzgesetz

BT-Drucks 7/2011, 13). Diese Vorschriften gehen jedoch ebenfalls auf §20 BMietG I zurück. Es ist deshalb davon auszugehen, daß dem Gesetzgeber die Problematik bekannt war. Allein aus dem Schweigen des Gesetzes kann deshalb nicht der Schluß gezogen werden, es liege eine Gesetzeslücke vor. Der Regelungszweck des Gesetzes erfordert es auch nicht, einseitig dem Vermieter das Risiko aufzuerlegen. Will der Mieter das Risiko einer fristgemäßen vorzeitigen Kündigung nicht eingehen, bleibt ihm im Regelfall der Weg der ordentlichen Kündigung offen. Für eine Analogie fehlt es an der Voraussetzung einer Gesetzeslücke (im Ergebnis ebenso BGB-RGRK-GELHAAR § 9 Rz 1; vgl SCHMIDT-FUTTERER C 389). Der Mieter

kann sich auch nicht mit einer durch die Wirksamkeit der Mieterhöhung bedingten Kündigung schützen, da eine solche Bedingung mit der Kündigung als einseitigem Gestaltungsrecht unvereinbar ist (vgl BGB § 564 Rz 19 ff).

16 2. Rechtsfolgen a) Beendigung des Mietverhältnisses Die Vorschrift räumt dem Mieter gegenüber dem Verlangen des Vermieters nach Mieterhöhung ein Recht zur außerordentlichen befristeten Kündigung des Mietverhältnisses ein. Die Kündigungsfrist richtet sich jedoch nicht nach § 565 Abs 5 BGB, da § 9 Abs 1 insoweit eine Sonderregelung enthält. 17 aa) Kündigt der Mieter gegenüber einer Mieterhöhung nach § 2, endet das Mietverhältnis mit Ablauf des übernächsten Monats (Abs 1 S 1). Damit ist der Ablauf des zweiten vollen Kalendermonats nach dem letztmöglichen Kündigungstag gemeint (BARTHELMESS § 9 Rz 12; SCHMIDT-FUTTERER C 391). Die Kündigungsfrist beträgt

also mindestens zwei Monate, da es insoweit nicht auf den tatsächlichen Kündigungstag, dh den Zugang der Kündigungserklärung beim Vermieter, ankommt. Die Kündigungsfrist kann dementsprechend je nach Kündigungstag länger sein (vgl Rz 12).

18 bb) Wenn der Mieter gegenüber einer Mieterhöhung nach den §§ 3, 5-7 kündigt, endet das Mietverhältnis mit Ablauf des übernächsten Monats nach Eintritt der Mieterhöhung (Abs 1 S 2). Auch hiermit ist der Ablauf des zweiten vollen Kalendermonats nach dem letztmöglichen Kündigungstag gemeint (BARTHELMESS § 9 Rz 17; SCHMIDT-FUTTERER C 3 9 2 ) . Da dies der dritte Werktag nach Eintritt der Mieterhöhung ist, diese aber immer am Ersten eines Monats wirksam wird, beträgt die Kündigungsfrist also wie im Fall des § 565 Abs 2 S 1 BGB mindestens knapp drei Monate. Auf den tatsächlichen Kündigungstag kommt es im übrigen nicht an, so daß die Kündigungsfrist entsprechend länger sein kann (vgl Rz 13). Die Kündigungsfrist verlängert sich nicht auf der Grundlage des § 3 Abs 4 S 2, wenn der Vermieter dem Mieter die voraussichtliche Mieterhöhung wegen baulicher Änderungen nicht oder zu niedrig angegeben hat (BGB-RGRK-GELHAAR § 9 Rz 1; PALANDT-PUTZO § 9

Anm 1 c; aM SCHMIDT-FUTTERER C 3 9 2 ; ders WuM 1 9 7 6 , 6 5 , 6 6 f). Nach dem Wortlaut des § 9 Abs 1 S 2 kommt es nur auf den Zeitpunkt an, von dem an der Mietzins erhöht werden „soll". Eine Verlängerung der Kündigungsfrist liegt idR auch nicht im Interesse des Mieters. 19 b) Nichteintritt der Mieterhöhung Neben der Beendigung des Mietverhältnisses hat die Kündigung des Mieters zur Folge, daß die Mieterhöhung nicht eintritt (Abs 1 S 3). Dies ist insoweit bedeutsam, als in den Fällen der §§3, 5-7 die Mieterhöhung an sich vor dem sich aus § 9 Abs 1 S 2 ergebenden Kündigungstermin eintreten würde. Der Mieter, der sich deshalb Jürgen Sonnenschein

(1424)

2. Wohnraumkiindigungsschutzgesetz

Art 3 WKSchG, § 9 MHRG 20-22

von dem Mietverhältnis lösen will, soll auch nicht mehr vorübergehend mit der Mieterhöhung belastet werden. Ist die Mieterhöhung schon vor der Kündigung eingetreten (vgl § 9 Abs 1 S 2), fällt sie rückwirkend fort. Bei einer Mieterhöhung nach § 2 stimmen der Kündigungstermin und der Zeitpunkt einer gerichtlich erzwungenen Erhöhung dagegen überein (vgl § 2 Abs 3, 4 und § 9 Abs 1 S 1). Die Mieterhöhung tritt auch dann nicht ein, wenn sich der Mieter nicht ausdrücklich auf sein vorzeitiges Kündigungsrecht aus § 9 Abs 1 beruft, weil er zur Angabe eines bestimmten Kündigungsgrundes nicht gezwungen ist (Rz 10). Beruft er sich jedoch ausdrücklich auf andere Gründe und kündigt er deshalb sogar zu einem anderen Termin, als es in § 9 Abs 1 vorgesehen ist, so handelt es sich nicht um eine vorzeitige Kündigung iS dieser Vorschrift. Die Mieterhöhung wird deshalb nicht beeinträchtigt (SCHMIDT-FUTTERER C 3 9 6 ) .

c) Vorenthaltung des Wohnraums und Fortsetzung des Gebrauchs 20 aa) Hat der Mieter das Mietverhältnis wirksam gekündigt, gibt er den Wohnraum nach Beendigung des Mietverhältnisses aber nicht zurück, so kann der Vermieter für die Dauer der Vorenthaltung nach § 557 Abs 1 BGB eine Entschädigung verlangen, die den vereinbarten Mietzins oder die ortsübliche Vergleichsmiete umfaßt. Da die Mieterhöhung infolge der Kündigung nach § 9 Abs 1 S 3 nicht wirksam geworden ist (Rz 19), ist der vereinbarte Mietzins nur der frühere Betrag. Über die ortsübliche Vergleichsmiete kann der Vermieter jedoch wirtschaftlich das gleiche Ergebnis wie bei Fortbestand der Mieterhöhung nach § 2 erzielen (vgl BGB § 557 Rz 37 ff). bb) Eine Fortsetzung des Gebrauchs nach Beendigung des Mietverhältnisses führt 21 unter den Voraussetzungen des § 568 BGB dazu, daß das Mietverhältnis als auf unbestimmte Zeit verlängert gilt. Es bleibt aber bei dem früheren Mietzins, da der Nichteintritt der Mieterhöhung infolge der Kündigung nach § 9 Abs 1 S 3 (Rz 19) durch die Fortsetzung des Gebrauchs nicht hinfällig wird. Allerdings tritt demzufolge auch die Sperrfrist des § 2 Abs 3 S 2 nicht ein, so daß der Vermieter alsbald die Mieterhöhung erneut verlangen kann (BARTHELMESS § 9 Rz 25).

HI. Kündigungsrecht des Vermieters (Abs 2) 1. Wenn der Mieter rechtskräftig zur Zahlung eines erhöhten Mietzinses nach den §§ 2-7 verurteilt worden ist, steht dem Vermieter ein Kündigungsrecht wegen Zahlungsverzugs des Mieters mit den Erhöhungsbeträgen aus § 554 BGB nicht vor Ablauf von zwei Monaten nach der rechtskräftigen Verurteilung zu. Die Rechtskraft richtet sich nach § 19 EGZPO. Der Mieter soll in seinen Entschließungen gegenüber einer vom Vermieter geltend gemachten Mieterhöhung nicht beeinträchtigt werden und bei Aufnahme eines Rechtsstreits nicht alsbald wegen der aufgelaufenen Erhöhungsbeträge einer Kündigung ausgesetzt sein (Rz 4). Die Regelung schließt im Gegensatz zu Abs 1 eine Mieterhöhung wegen gestiegener Betriebskosten nach § 4 ein. Die Verurteilung richtet sich nach § 2 Abs 3 S 1 auf Zustimmung zur Mieterhöhung, in den übrigen Fällen auf Zahlung. Es bedarf also bei einer Mieterhöhung nach § 2 nicht erst einer zusätzlichen Zahlungsklage, wie sich aus dem an sich ungenauen Gesetzeswortlaut schließen läßt, der von einer rechtskräftigen Verurteilung nach § 2 ausgeht (BARTHELMESS § 9 Rz 2 7 ; SCHMIDT-FUTTERER C 3 9 9 ; vgl Unterrichtung durch den BR über die Anrufung des Vermittlungsausschusses BT-Drucks 7 / 2 7 7 5 , 2). Der Wortlaut des Art 1 § 3 Abs 5 WKSchG I war insoweit eindeutig. Eine vor Ablauf von zwei Monaten ausgesprochene Kündigung ist nichtig (§ 134 BGB) und kann auch nicht zu einem späteren Zeitpunkt Rechtswirkungen entfalten. Nach Ablauf der Zweimonatsfrist gilt § 554 BGB in vollem Umfang. Der (1425)

Jürgen Sonnenschein

22

Art 3 WKSchG, §§ 9, 10 23

2. Wohnraumkündigungsschutzgesetz

zeitweise Ausschluß des Kündigungsrechts wegen Zahlungsverzugs gilt nicht, wenn die Mieterhöhung auf einer Vereinbarung der Parteien beruht, da es dann an einem Urteil fehlt (SCHMIDT-FUTTERER C 3 9 9 ) . 23 2. Das Kündigungsrecht des Vermieters aus § 554 BGB wird durch § 9 Abs 2 nicht beeinträchtigt, soweit der Mieter mit dem bisher geschuldeten Mietzins in Verzug gerät. Der Mieter darf also bei einem Rechtsstreit um die Mieterhöhung nicht seine gesamten Mietzahlungen einstellen.

§ 10 MHRG Vereinbarungen, die zum Nachteil des Mieters von den Vorschriften der §§ 1 bis 9 abweichen, sind unwirksam, es sei denn, daß der Mieter während des Bestehens des Mietverhältnisses einer Mieterhöhung um einen bestimmten Betrag zugestimmt hat. Die Vorschriften der §§ 1 bis 9 gelten nicht für Mietverhältnisse 1. über preisgebundenen Wohnraum, 2. über Wohnraum, der zu nur vorübergehendem Gebrauch vermietet ist, 3. über Wohnraum, der Teil der vom Vermieter selbst bewohnten Wohnung ist und den der Vermieter ganz oder überwiegend mit Einrichtungsgegenständen auszustatten hat, sofern der Wohnraum nicht zum dauernden Gebrauch für eine Familie überlassen ist. Begr zum RegE BT-Drucks 7/2011, 13 (zu § 8); Stellungnahme des BR BT-Drucks 7/2011, 17 ff; Gegenäußerung der BReg BT-Drucks 7/2011, 20; Ausschußbericht BT-Drucks 7/2629 u 7/2638, 5; Unterrichtung durch den BR über die Anrufung des Vermittlungsausschusses BT-Drucks 7/2775.

Schrifttum BLANK, Die Wirksamkeit von Mietanpassungsklauseln bei befristeten und unbefristeten Mietverhältnissen über Wohnraum, WuM 1974, 1; BRAXMAIER, Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum Miet- und Pachtrecht, WM 1978, 158, 159 und 163; BREIHOLDT, Sind freie Mietvereinbarungen auch nach Inkrafttreten des Artikelgesetzes möglich? AIZ 1973, 257; BUCHER, Mieterhöhung für nicht preisgebundenen Wohnraum, NJW 1972, 670; DURKES, Genehmigungsfähigkeit von Lebenshaltungskostenindex-Klauseln in Miet- und Pachtverträgen, BB 1975, 1318; GALLAS, Zur Rechtswirksamkeit einer Mieterhöhungserklärung nach MHG vor Auslaufen der Mietpreisbindung, WuM 1977, 179; GANSCHEZIAN-FINCK, Die Mieterhöhung nach dem Wohnraumkündigungsschutzgesetz, NJW 1974, 116, 121; GLASER, Rechtswirksamkeit einer freien Mietpreisvereinbarung trotz Wohnraumkündigungsschutzgesetz, JR 1974, 140; GÜNTER, Die Mieterhöhung nach dem 2. Wohnungskündigungsschutzgesetz, WuM 1975, 5, 8; KALTER, Die Wirksamkeit der Mietpreisgleitklausel, ZMR 1974, 193; KORFF, Zum Problem der Mieterhöhungen bei befristeten Mietverträgen, DWW 1975, 63; LÖWE, Wichtige Neuregelungen im Zweiten Wohnraumkündigungsschutzgesetz, NJW 1975, 9, 14; ders, Unabdingbarkeit des Wohnraumkündigungsschutzgesetzes, NJW 1972, 2109; LUTZ, Gesetz über den Kündigungsschutz für Mietverhältnisse über Wohnraum mit Erläuterungen, DWW 1971, 383, 389; ders, Das neue Mietrecht in der Praxis, DWW 1972,161,162; ders, Das neue Wohnraumkündigungsschutzgesetz, DWW 1974, 272, 280; NIES, Zur Wirksamkeit freier Mietvereinbarungen bei nicht preisgebundenem Wohnraum nach dem Wohnungskündigungsschutzgesetz vom 25. 11. 1971, WuM 1972, 73; ROGGENSACK, Wertsicherungsklausel und Wohnungskündigungsschutzgesetz, MDR 1974, 200; ROQUETTE, Mieterschutz und Mieterhöhung bei befristeten Mietverhältnissen, ZMR 1972, 133, 139; SCHMIDT, Zweifelsfragen zum Zweiten Wohnraumkündigungsschutzgesetz, WuM 1976, 41, 43; SCHMIDT-FUTTERER, Die gesetzlichen Beschränkungen der Mieterhöhung für Wohnraum, MDR 1972,660; ders, Kündigungsschutz für Wohnraum und Beschränkung der Mieterhöhung als Dauerrecht. Die Neuregelung im 2. WKSchG v. 18. 12. 1974, MDR 1975, 89, 95; ders, Die Mieterhöhung für Wohnraum außerhalb der gesetzli-

Jürgen Sonnenschein

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Art 3 WKSchG, § 10 MHRG 2. Wohnraiunkändigungsschutzgesetz chen Begrenzungen, ZRP 1974, 153; ders, Die Mieterhöhung für nicht preisgebundenen Wohnraum nach neuem Recht, NJW 1972, 86, 89; ders, Die Unzulässigkeit von Mieterhöhungen durch Vereinbarung, NJW 1972, 1171; ders, Sind freie Vereinbarungen über eine Mieterhöhung zulässig? WuM 1972, 69; SCHOPP, Das Zweite Wohnraumkündigungsschutzgesetz, ZMR 1975, 97, 104; STAEHLE, Die Anwendbarkeit des 2. Wohnraumkündigungsschutzgesetzes auf Heimvertragsverhältnisse, NJW 1978,1359; STERNEL, Zur Mieterhöhung nach neuem Recht, WuM 1972,185 und 1973, 1; ders, Zulässigkeit und Grenzen von Mieterhöhungsvereinbarungen nach dem Zweiten Wohnraumkündigungsschutzgesetz, ZMR 1975, 321; STOLLENWERK, Mieterhöhungen bei befristeten Mißverhältnissen mit Mietpreisgleitklauseln, ZMR 1974, 1; W E I M A R , Die Unzulässigkeit von Mietpreisgleitklauseln und Staffelmieten bei nicht preisgebundenem Wohnraum, WuM 1975,161; ders, Freie Vereinbarungen über die Miete bei nicht preisgebundenem Wohnraum, B1GBW 1975, 246; ders, Inwieweit können bei nicht preisgebundenem Wohnraum unter den Mietparteien Vereinbarungen über die Höhe der Miete getroffen werden? Betrieb 1972, 859; ders, Wann ist bei einem Wohnraummietverhältnis das Recht des Vermieters zur Mieterhöhung durch Vereinbarung ausgeschlossen? (§ 3 Abs 1 WKSchG), Betrieb 1972, 325, 326; ders, Zur Zulässigkeit von Mietgleitklauseln und Staffelmieten, FWW 1975,130; W I L L M S - W A H L I G , Zur Genehmigungsbedürftigkeit von Wertsicherungsvereinbarungen nach § 3 WährG und zur Neufassung der Genehmigungsgrundsätze der Deutschen Bundesbank, BB 1978, 973.

Ubersicht I. Allgemeine Kennzeichnung 1. Überblick 1 2. Entstehung der Vorschrift 2 3. Zweck der Vorschrift 4 D. Abweichende Vereinbarungen (Abs 1) 1. Grundsatz der Unabdingbarkeit (Abs 1 HS 1) 7 a) Allgemeines 7 b) Nachteilige Vereinbarungen 9 c) Vorteilhafte Vereinbarungen 18 d) Gemischt vorteilhaft-nachteilige Vereinbarungen 19

e) Rechtsfolgen 2. Zustimmung zur Mieterhöhung um einen bestimmten Betrag (Abs 1 HS 2) 23 a) Allgemeines 23 b) Voraussetzungen 24 c) Rechtsfolgen 28 m . Geltungsbereich des MHRG (Abs 2) 1. Preisgebundener Wohnraum (Nr 1) 31 2. Wohnraum zu nur vorübergehendem Gebrauch (Nr 2) 34 3. Möblierter Einliegerwohnraum (Nr 3) 35

e Übersicht Abänderungsvertrag 24,28 - Anfechtung 24,28 - Form 24 Abweichende Vereinbarungen 7 ff

LAG-Wohnung 32 Leistungsvorbehalt 11

Beweislast 30 Formbedürftigkeit 24 Geltungsbereich des MHRG 3, 31 ff Gemeinnützige Wohnungsunternehmen 32 Genehmigung von Wertsicherungsklauseln 11 Instandsetzungskosten 14 Klagefrist 10,29, 33 Kündigung - Ausschluß 9,17,29 - abweichende Vereinbarungen 25 (1427)

Mietanpassungsklausel 2,11 f, 20,21, 26 Mieterhöhung - Ausschluß 9,20,21 - bauliche Änderungen 13,18 - Bergmannswohnung 16 - bestimmter Betrag 21, 22,23 ff - Betriebskosten 14, 25 - Erlaß 12 - Kapitalkosten 15 - Rückzahlung 22, 28 - Wirkungseintritt 10,14,18,25 - Wohnung im Saarland 16, 31 - Zustimmung des Mieters 10,22,24 Mietherabsetzung 25 Mietverhältnis - befristetes 11,21

Jürgen Sonnenschein

Art 3 WKSchG, § 10 MHRG 2. Wohnraumkündigungsschutzgesetz 1-3 -

Bestehen 27 zu vorübergehendem Gebrauch 11,34 Geschäftsraum 11 Mischmietverhältnis 11

Nachteilige Vereinbarungen 7 , 9 ff, 19 - Zeitpunkt des Abschlusses 8 Preisgebundener Wohnraum 6, 31 ff Rechtsfolgen 21 f, 28 f Rechtsirrtum 28 Schiedsgerichtsklausel 7,10 Schiedsgutachterklausel 10,26 Spannungsklausel 11 Sperrfrist 10 Staffelmiete 2,12

Teilnichtigkeit 20, 21 Überlegungsfrist 10,18, 33 Unabdingbarkeitsklausel 2,4, 7 ff Vergleichsmiete 10,12,18, 20,26 Verwaltungskosten 14 Vorteilhafte Vereinbarungen 7 , 1 8 , 1 9 Wartefrist 18,25,29 Wertsicherungsklausel 11 Wohnheim 34 Wohnraum - möblierter 3,35 - preisgebundener 6, 31 ff - zu vorübergehendem Gebrauch 11,34 Zustimmung des Mieters zur Mieterhöhung 10, 22, 24

I. Allgemeine Kennzeichnung 1 1. Überblick Die Vorschrift stellt in Abs 1 HS 1 den Grundsatz auf, daß Vereinbarungen, die zum Nachteil des Mieters von den Vorschriften der §§ 1 - 9 abweichen, unwirksam sind. Damit wird das Prinzip der Vertragsfreiheit ebenso wie in anderen Bestimmungen des sozialen Mietrechts zum Schutz des Mieters eingeschränkt. Eine Ausnahme läßt Abs 1 HS 2 für den Fall zu, daß der Mieter während des Bestehens des Mietverhältnisses einer Mieterhöhung um einen bestimmten Betrag zustimmt. In Abs 2 werden gewisse Mietverhältnisse vom Geltungsbereich des MHRG ausgenommen.

2 2. Entstehung der Vorschrift Die Vorschrift geht hinsichtlich der Unabdingbarkeitsklausel des Abs 1 HS 1 auf Art 1 § 4 Abs 1 WKSchG I zurück. Die Ausnahme des Abs 1 HS 2 für einverständliche Mieterhöhungen um einen bestimmten Betrag ist in das WKSchG II aufgenommen worden, da die Zulässigkeit derartiger Vereinbarungen unter der früheren Regelung streitig war (vgl B A R T H E L M E S S § 10 R Z 33; S C H M I D T - F U T T E R E R ZRP 1974, 153 mwN). Einem Vorschlag des BR, die Vereinbarung einer Gleitklausel unter Bezugnahme auf den Mietpreisindex des Statistischen Bundesamtes sowie die Vereinbarung von Staffelmieten zuzulassen (Stellungnahme des BR BT-Drucks 7/2011, 17 f), sind die BReg (Gegenäußerung BT-Drucks aaO 20 [zu Nr 14]) und der Rechtsausschuß des Deutschen Bundestages (Ausschußbericht BT-Drucks 7/2638, 5 [ zu Art 3 § 8]) aus währungspolitischen Gründen und aus Sorge um Mieterhöhungen nicht vertretbaren Ausmaßes entgegengetreten, so daß eine entsprechende Regelung unterblieben ist. 3 Die in Abs 2 festgelegten Ausnahmen vom Geltungsbereich des MHRG sind aus Art 1 § 3 Abs 7 und § 4 Abs 2 WKSchG I übernommen worden. Entsprechend der Ausdehnung des Bestandsschutzes für Mietverhältnisse über möblierten Wohnraum außerhalb der Wohnung des Vermieters (vgl BGB § 564 b Rz 155) ist die Ausnahmevorschrift angepaßt worden, so daß die vom Bestandsschutz erfaßten Jürgen Sonnenschein

(1428)

2. Wohnraumkündigungsschutzgesetz

Art 3 WKSchG, § 10 MHRG 4-7

Mietverhältnisse auch dem MHRG unterliegen. Während der Gesetzentwurf im übrigen auf eine „teilweise" Möblierung abstellte (BT-Drucks 7/2011, 6), ist im Gesetzgebungsverfahren wieder die frühere Fassung gewählt worden, nach der die Räume ganz oder „überwiegend" vom Vermieter zu möblieren sind (Stellungnahme des BR BT-Drucks 7/2011, 18; Ausschußbericht BT-Drucks 7/2638, 5 [zu Art 3 § 8]). 3. Zweck der Vorschrift 4 Das Mietrecht wird vom Prinzip der Vertragsfreiheit beherrscht. Hiernach kann es den Parteien überlassen werden, das Mietverhältnis nach ihrem Willen auszugestalten. Die Regelung des Abs 1 HS 1 macht jedoch eine Ausnahme für Vereinbarungen, die zum Nachteil des Mieters von den Vorschriften der §§ 1-9 MHRG abweichen. Es handelt sich um eine Schutzvorschrift für den Mieter. Sie bezweckt wie alle seit dem MietRÄndG I eingeführten Unabdingbarkeitsklauseln, solchen Vertragsbestimmungen entgegenzuwirken, die mit den Grundgedanken des sozialen Mietrechts im allgemeinen (vgl Begr zum RegE eines MietRÄndG I BT-Drucks IV/806, 7 f) und den Zielen des MHRG im besonderen (Vorbem 14 f zum WKSchG II) nicht zu vereinbaren sind. Die Vorschrift des Abs 1 HS 2 stellt klar, daß freiwillige Vereinbarungen über 5 Mieterhöhungen zulässig sind, auch wenn sie von der Regelung des MHRG abweichen. Ein Verbot solcher Vereinbarungen wurde nicht für sinnvoll gehalten, da es den Parteien möglich sei, den Mietvertrag einverständlich aufzuheben, ohne an die Kündigungsschutzvorschriften gebunden zu sein (vgl BGB § 564 b Rz 159), um dann einen neuen Vertrag mit einem höheren Mietzins abzuschließen (Begr zum RegE BT-Drucks 7 / 2 0 1 1 , 13 f; kritisch SCHMIDT-FUTTERER C 4 0 2 ) . Die Ausnahmen des Abs 2 vom Geltungsbereich des MHRG berücksichtigen, daß 6 sich Mieterhöhungen für preisgebundenen Wohnraum nach besonderen Vorschriften richten (Rz 31) und daß die übrigen aufgeführten Mietverhältnisse generell von dem Schutz des sozialen Mietrechts ausgenommen sind (Rz 34 f).

II. Abweichende Vereinbarungen (Abs 1) 1. Grundsatz der Unabdingbarkeit (Abs 1 HS 1) a) Allgemeines aa) Vereinbarungen, die zum Nachteil des Mieters von den Vorschriften der §§ 1-9 abweichen, sind grundsätzlich unwirksam (Rz 9 ff). Eine Vereinbarung ist für den Mieter nachteilig, wenn der Vermieter dadurch objektiv eine günstigere Rechtsstellung erhält, als sie ihm in formeller oder materieller Hinsicht durch das MHRG eingeräumt wird (SCHMIDT-FUTTERER C 404). Hierbei ist eine generalisierende Betrachtungsweise geboten. Ist eine Klausel generell geeignet, die Rechtsstellung eines Mieters gegenüber der gesetzlichen Regelung zu verschlechtern, so kommt es nicht darauf an, ob sich der Mieter in einem denkbaren Einzelfall aufgrund der Klausel auch einmal besser stehen könnte (LG Hamburg WuM 1975, 194; vgl aber LG Münster ZMR 1977, 247, 248). Vereinbarungen, die für den Mieter nur vorteilhaft sind, fallen nicht unter § 10 Abs 1 (Rz 18). Problematisch ist die Behandlung solcher Klauseln, die sich teils vorteilhaft, teils nachteilig für den Mieter auswirken (Rz 19 f). Wenn die Vereinbarungen der Parteien dem MHRG entsprechen oder ihm zumindest nicht widersprechen, insoweit also neutral sind, liegt kein (1429)

Jürgen Sonnenschein

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Art 3 WKSchG, § 10 MHRG 8-11 2. Wohnraumkündigungsschutzgesetz

Verstoß gegen § 10 Abs 1 vor. Dies gilt zB für eine Schiedsgerichtsklausel über Streitigkeiten nach dem MHRG, durch die nicht der Bestand des Mietverhältnisses berührt wird (vgl § 1025 a S 1 ZPO). Das Schiedsgericht muß allerdings an die formellen und materiellen Vorschriften des MHRG gebunden sein (SCHMIDT-FUTTERER C 419). 8 bb) Der Zeitpunkt, in dem eine für den Mieter nachteilige Vereinbarung getroffen wird, ist unerheblich. Es kommt nicht darauf an, ob dieser Zeitpunkt vor oder nach dem Inkrafttreten des WKSchG II, dh dem 1. 1. 1975 (Art 8 Abs 1), liegt (BARTHELMESS § 10 Rz 8). Es macht grundsätzlich keinen Unterschied, ob die abweichende Vereinbarung im ursprünglichen Mietvertrag oder in einem späteren Abänderungsvertrag enthalten ist (BARTHELMESS § 10 Rz 2; s zum letzteren aber Abs 1 HS 2, Rz 23 ff). 9 b) Nachteilige Vereinbarungen aa) Der Ausschluß der Kündigung zum Zwecke der Mieterhöhung (§ 1 S 1) kann nicht durch Vereinbarung der Parteien abbedungen werden, da der Schutz des MHRG für den Mieter damit hinfällig wäre. Unwirksam ist im Hinblick auf § 1 S 2 eine Vereinbarung, nach der der Mieter abweichend von den Vorschriften der §§ 2-7 eine Mieterhöhung verlangen darf (s im einzelnen Rz 10 ff). Ist eine Mieterhöhung nach § 1 S 3 durch ausdrückliche oder konkludente Vereinbarung ganz oder zeitweise ausgeschlossen (§ 1 Rz 10 ff), steht es den Parteien frei, diese Vereinbarung später wieder aufzuheben (§ 1 Rz 15). Darin liegt kein Verstoß gegen § 10 Abs 1, da nicht eine gesetzliche, sondern eine vertragliche Bindung beseitigt wird. Die Parteien können die Vereinbarung im Prinzip auch rückwirkend aufheben. Eine darauf basierende rückwirkende Mieterhöhung kommt aber nur insoweit in Betracht, als das MHRG selbst eine Rückwirkung zuläßt (§ 4 Abs 3 S 2, s dort Rz 28 ff; § 6 Abs 3, s dort Rz 16). 10 bb) Eine von der Mieterhöhung im Wege des Vergleichsmieteverfahrens nach § 2 zum Nachteil des Mieters abweichende Vereinbarung ist ausgeschlossen. (1) Dies gilt im einzelnen für die in § 2 festgelegten formellen und materiellen Voraussetzungen einer Mieterhöhung (vgl BARTHELMESS § 10 Rz 16). Die einjährige Wartefrist darf nicht verkürzt werden (§ 2 Rz 13 ff). Die ortsübliche Vergleichsmiete ist eine absolute Obergrenze (§ 2 Rz 21 ff; vgl AG Osnabrück WuM 1975, 127 - vertraglich vereinbarte Kostenmiete). Form und Inhalt des Erhöhungsverlangens können nicht zu Lasten des Mieters modifiziert werden (§ 2 Rz 47 ff). Das Erfordernis einer Zustimmung des Mieters kann nicht abbedungen werden, so daß eine durch einseitige Erklärung des Vermieters eintretende Mieterhöhung anders als in den Fällen der §§ 3 - 7 nicht möglich ist (vgl LG Braunschweig ZMR 1 9 7 3 , 1 5 4 , 1 5 6 ; AG Goslar WuM 1975, 5 5 ; BARTHELMESS aaO). Die Überlegungsfrist (§ 2 Rz 116), die Klagefrist (§ 2 Rz 119) und die Sperrfrist (§ 2 Rz 141) sind nicht abzukürzen. Auch die Fälligkeit des erhöhten Mietzinses kann nicht zum Nachteil des Mieters verändert werden (§ 2 Rz 138). Die Parteien können hinsichtlich des Verfahrens allerdings eine Schiedsgerichtsklausel vereinbaren (Rz 7). Eine Schiedsgutachterklausel ist hingegen unwirksam, soweit der Mieter dadurch im voraus einer Leistungsbestimmung durch den Gutachter zustimmt (LG Frankfurt WuM 1974, 156; AG Hamburg-Altona WuM 1974, 14; SCHMIDT-FUTTERER C 417; aM LG Wiesbaden ZMR 1974, 1 4 8 ; differenzierend BARTHELMESS § 10 Rz 5). Ein Schiedsgutachter kann nicht das ordentliche Gerichtsverfahren oder das Schiedsgerichtsverfahren der §§ 1025 ff ZPO ersetzen. 11 (2) Für Mietanpassungsklauseln ist neben der gesetzlich im Wege des Vergleichsmieteverfahrens vorgeschriebenen Mieterhöhung kein Raum. Solche Klauseln sind Jürgen Sonnenschein

(1430)

2. Woluiraumkündigungsschutzgesetz

Art 3 WKSchG, § 10 MHRG 12

daher nach hM unwirksam, soweit sie abweichend von den formellen und materiellen Voraussetzungen des § 2 eine höhere Mietzinsverpflichtung des Mieters begründen sollen (LG Hamburg WuM 1976, 187; AG Karlsruhe WuM 1972, 161; AG Oberhausen WuM 1 9 7 4 , 14 mwN; AG Wiesbaden NJW 1972, 2 0 4 3 ; BARTHELMESS § 10 R z 12; BGB-RGRK-GELHAAR § 10 R z 1; LÖWE N J W 1975, 9, 12; PALANDT-

PUTZO § 10 Anm 1 a; SCHMIDT-FUTTERER C 412 ff; differenzierend LG Münster

ZMR 1977, 247, 248; s auch Rz 19). Dies gilt für Wertsicherungsklauseln, Spannungsklauseln und Leistungsvorbehalte in gleicher Weise, weil sie dem Mieter wegen der vertraglichen Bindung die freie Entscheidung nehmen, ob er der später dementsprechend geforderten Mieterhöhung zustimmen will (Begr zum RegE BT-Drucks 7 / 2 0 1 1 , 14; LG Köln WuM 1973, 116 und AG Bonn WuM 1973, 5 0 zum Leistungsvorbehalt). Solche Klauseln führen auch nicht zu einer im Einzelfall vereinbarten zulässigen Mieterhöhung nach Abs 1 HS 2 (Rz 26). Es spielt keine Rolle, ob es sich um eine für ein befristetes Mietverhältnis vereinbarte Mietanpassungsklausel handelt (AG Oberhausen WuM 1974, 14; BARTHELMESS § 10 Rz 13; VOGEL J Z 1975, 73, 76 f; kritisch KORFF D W W 1975, 63; vgl hierzu § 1 Rz 17).

Unerheblich ist es auch, ob eine Klausel vor dem Inkrafttreten des WKSchG wirksam vereinbart worden ist (LG Darmstadt WuM 1973, 194) oder ob die nach § 3 WährG erforderliche Genehmigung erteilt worden ist (SCHMIDT-FUTTERER C 413). Die Deutsche Bundesbank kann eine solche Genehmigung unter Berufung auf das WKSchG II versagen (VG Frankfurt ZMR 1977,151; vgl DÜRKES BB 1975, 1 3 1 8 ; HAFKE Z M R 1977, 133; WILLMS-WAHLIG B B 1 9 7 8 , 9 7 3 , 9 7 7 ) . D i e M i e t e r h ö -

hung aufgrund von Anpassungsklauseln wird durch das WKSchG nicht berührt, wenn die Erhöhung bereits vor dem Inkrafttreten des Gesetzes wirksam geworden ist (BGH WM 1977, 418, 419 - WKSchG II; LG Darmstadt NJW 1973, 661). Zu beachten ist, daß das Verbot von Mietanpassungsklauseln nur die von der Geltung des MHRG erfaßten Mietverhältnisse betrifft, also nicht die nach § 10 Abs 2 ausgenommenen Mietverhältnisse (zB LG Hamburg WuM 1977, 143 - Studentenwohnheim), die nicht als Wohnraummiete zu beurteilenden Mischmietverhältnisse mit überwiegendem Mietanteil für die Geschäftsräume (BGH WM 1977, 643) und Geschäftsraummietverhältnisse (vgl BGH NJW 1978, 154). Umstritten ist die Frage, ob eine Staffelmiete vereinbart werden kann, indem der 12 Mietzins von vornherein für bestimmte Zeiträume in unterschiedlicher Höhe festgelegt wird. Auszugehen ist von dem Prinzip, daß durch eine solche Vereinbarung auf keinen Fall die ortsübliche Vergleichsmiete überschritten werden darf (PALANDTPUTZO § 10 Anm 1 a; VOGEL JZ 1975, 73, 77). Im übrigen wird die Vereinbarung einer Staffelmiete zT generell für unzulässig gehalten (LG Hamburg ZMR 1977, 30 = D W W 1975, 2 4 3 m abl A n m LUTZ; LÖWE N J W 1 9 7 5 , 9, 12; STERNEL RZ II 12; WEIMAR W U M 1975, 161, 162), während VOGEL (aaO) eine Vereinbarung als

zulässig ansieht, nach der die ortsübliche Miete erst nach einer bestimmten Zeit, vorher aber nur eine geringere Miete zu zahlen sei. Dadurch wird jedoch in unzulässiger Weise das nach § 2 vorgeschriebene Verfahren zur Anpassung des Mietzinses an die ortsübliche Vergleichsmiete umgangen. Dies läuft auch der Ablehnung des Gesetzgebers gegenüber einem dahin zielenden Vorschlag des BR entgegen (Stellungnahme des BR BT-Drucks 7/2011, 17 [zu Art 3 § 8 Abs 1]; hiergegen Ausschußbericht BT-Drucks 7/2638, 5). Will der Vermieter seinem Mieter entgegenkommen und erst zu einem späteren Zeitpunkt die Zahlung der ortsüblichen Vergleichsmiete verlangen, bleibt nur der Ausweg, von Anfang an einen Mietzins in Höhe der ortsüblichen Vergleichsmiete zu vereinbaren und dem Mieter für eine gewisse Zeit bestimmte Teilbeträge zu erlassen (BARTHELMESS § 10 R z 7 ; BGB-RGRK-GELHAAR § 10 R z 1; LUTZ D W W 1 9 7 4 , 2 7 2 , 2 8 0 ; SCHMIDT-FUT-

TERER C 415). Darin liegt keine unzulässige Umgehung des § 10 Abs 1, wie teilweise (1431)

Jürgen Sonnenschein

Art 3 WKSchG, § 10 MHRG 13-18 2. Wohnraum kündigungsschutzgesetz

angenommen wird (PALANDT-PUTZO § 10 Anm 1 a; STERNEL RZ II 12), weil es dem Vermieter durch diese Vorschrift nicht verwehrt ist, über seine Mietzinsansprüche zugunsten des Mieters zu verfügen. Diese Beurteilung ist aber nur möglich, wenn der vorübergehende, teilweise Erlaß des Mietzinses nicht als mietvertragliche Regelung, sondern als Schenkung mit der Folge des § 518 BGB behandelt wird. 13 cc) Die Parteien können nicht zum Nachteil des Mieters von den Voraussetzungen des § 3 für Mieterhöhungen wegen baulicher Änderungen abweichen. Es dürfen weder einzelne materielle noch formelle Voraussetzungen modifiziert werden (vgl BARTHELMESS § 10 R z 17).

14 dd) Die Vereinbarung unangemessen hoher Vorauszahlungen auf Betriebskosten verstößt gegen die §§4 Abs 1, 10 Abs 1 HS 1. Dies ist nicht der Fall, wenn die Vorauszahlung in Höhe eines bestimmten Prozentsatzes der abgerechneten Kosten des Vorjahres bemessen wird (AG Mannheim WuM 1978, 46). Ein vertraglicher Verzicht auf die jährliche Abrechnung und die Vereinbarung eines gegenüber § 4 Abs 1 längeren Abrechnungszeitraums sind ausgeschlossen. Auch im übrigen können die Parteien die formellen und materiellen Voraussetzungen des § 4 nicht zum Nachteil des Mieters modifizieren, etwa durch Ausdehnung des Umlegungsrechts auf Verwaltungs- und Instandsetzungskosten, die Veränderung des Wirkungseintritts von Mieterhöhungen oder durch Verzicht auf die Pflicht des Vermieters, den Mietzins bei einer Ermäßigung der Betriebskosten herabzusetzen (BARTHELMESS § 10 Rz 18). 15 ee) Ähnliches wie zu den Betriebskosten gilt auch für die Berücksichtigung von Kapitalkosten nach § 5 (BARTHELMESS § 10 Rz 19; vgl L G Mannheim WuM 1977, 189, s hierzu aber § 5 Rz 13). 16 ff) Unabdingbar sind die formellen und materiellen Voraussetzungen für Mieterhöhungen bei den in § 6 bestimmten Wohnungen im Saarland und bei den Bergmannswohnungen iS des § 7. 17 gg) Das vorzeitige Kündigungsrecht des Mieters aus § 9 Abs 1 kann vertraglich weder aufgehoben noch beschränkt werden. Die Parteien können auch nicht vereinbaren, daß die Mieterhöhung trotz der Kündigung für die restliche Vertragszeit eintreten soll. Die Schutzfrist des Mieters aus § 9 Abs 2 gegenüber einer fristlosen Kündigung wegen Zahlungsverzugs kann nicht abgekürzt werden (BARTHELMESS § 10 Rz 23). 18 c) Vorteilhafte Vereinbarungen Vereinbarungen, die zum Vorteil für den Mieter von den Vorschriften der §§ 1-9 abweichen, sind ebenso zulässig wie Vereinbarungen, die sich weder positiv noch negativ auf die Rechtsstellung des Mieters auswirken (vgl Rz 7). Vorteilhaft ist es für den Mieter zB, wenn vereinbart wird, die Mieterhöhung solle einen bestimmten oder bestimmbaren Betrag, der unter der Vergleichsmiete des § 2 liegt, nicht überschreiten (LG Münster DWW 1977, 20; BGB-RGRK-GELHAAR § 10 RZ 2). Das gleiche gilt, wenn die Mieterhöhung wegen baulicher Änderungen nach § 3 Abs 1 S 1 unter der Grenze von 11 vH der aufgewendeten Kosten bleiben soll. Die Parteien können gegenüber § 2 Abs 2 S 3 eine größere Zahl als drei Vergleichsobjekte vorschreiben. Es ist möglich, die Wartefrist des § 2 Abs 1 Nr 1 und die Überlegungsfrist des § 2 Abs 3 S 1 zu verlängern. Auch im übrigen können die Parteien strengere formelle und materielle Voraussetzungen für ein Mieterhöhungsverlangen nach den §§ 2-7 aufstellen. Es ist ferner zulässig, den Wirkungseintritt der Mieterhöhung vertraglich über den gesetzlich jeweils vorgeschriebenen Zeitpunkt hinauszuschieben und auch die Kündigungsfristen des § 9 Abs 1 zu verkürzen. Jürgen Sonnenschein

(1432)

2. Wohnraumkündigungsschutzgesetz

Art 3 WKSchG, § 10 MHRG 19-21

d) Gemischt vorteilhaft-nachteilige Vereinbarungen

19

Wirkt sich eine Vereinbarung zT vorteilhaft, zT nachteilig für den Mieter aus, wobei aber beide Teile in einer Wechselbeziehung stehen, so ist sie nach Meinung SCHMIDT-FUTTERERS ( C 4 0 7 ) insgesamt unwirksam, auch wenn sie sich bei einer Gesamtbeurteilung überwiegend vorteilhaft für den Mieter auswirke. Dies entspricht dem Ansatz, daß eine Vereinbarung für den Mieter nachteilig ist, wenn sie die Rechtsstellung des Vermieters objektiv verbessert (Rz 7). Es kommt dabei nicht auf das wirtschaftliche Ergebnis nach einer Aufrechnung von Vor- und Nachteilen für die jeweilige Partei an. Jeder einzelne Teil einer Gesamtvereinbarung ist daraufhin zu untersuchen, ob er sich für den Mieter gegenüber der gesetzlichen Regelung nachteilig auswirkt. Gleichwohl ist eine solche Vereinbarung nicht ohne weiteres als insgesamt unwirk- 20 sam zu beurteilen. Insofern vertritt SCHMIDT-FUTTERER seine Auffassung nicht konsequent (vgl C 407, 409). Dies zeigt sich etwa am Beispiel der Mietanpassungsklauseln (Rz 11 f). Solche Klauseln sind nach hM nur insoweit unwirksam, als sie zum Nachteil des Mieters von den formellen und materiellen Voraussetzungen einer Mieterhöhung nach den §§ 2 - 7 abweichen (Begr zum RegE BT-Drucks 7/2011,14; BARTHELMESS § 10 Rz 24). Vorteilhaft wirkt sich eine solche Klausel für den Mieter aber dann aus, wenn sich aus ihr eine allgemeine Stillhaltefrist für Mieterhöhungen ergibt (LG Hamburg WuM 1976, 187; B G B - R G R K - G E L H A A R § 10 Rz 2) oder wenn aus der Anknüpfung an bestimmte Steigerungsraten mittelbar der Ausschluß einer Mieterhöhung nach § 1 S 3 für eine entsprechende Zeit folgt (LG Münster ZMR 1977, 247, 248). Eine Mietanpassungsklausel ist zum anderen dann vorteilhaft für den Mieter, wenn sie die Mieterhöhung auf einen gegenüber der ortsüblichen Vergleichsmiete niedrigeren Betrag begrenzt (LG Münster aaO). Allerdings kann entgegen der Ansicht des LG Münster nicht daraus, daß das MHRG keine dem § 1 3 9 BGB entsprechende Regel kennt, ohne weiteres gefolgert werden, daß die dem Mieter günstigen Teile der Klausel aufrechtzuerhalten seien. Denn diese bürgerlich-rechtliche Vorschrift gilt auch im Rahmen des MHRG, ist aber im Hinblick auf die Natur der das soziale Mietrecht ausmachenden Vorschriften restriktiv in der Weise auszulegen, daß die Unwirksamkeit einer abweichenden Vereinbarung nicht die Unwirksamkeit des ganzen Mietvertrags zur Folge hat (s BGB § 556 a Rz 98). Dies beruht auf dem Ziel, den Mieter nicht wegen einer einzelnen Vertragsvereinbarung insgesamt vertragslos zu stellen. Hinsichtlich einzelner Teile einer Mietanpassungsklausel ist diese restriktive Anwendung des § 139 BGB für die Klausel als solche nicht geboten (vgl auch BARTHELMESS § 10 R Z 24). Aus dem Gesetz läßt sich auch nicht entnehmen, § 10 Abs 1 sei lex specialis gegenüber § 139 BGB, so daß es auf den Willen des Vermieters nicht ankomme (so aber SCHMIDT-FUTTERER C 411). Verstoßen nur einzelne Teile einer Vereinbarung gegen § 10 Abs 1, hängt die Wirksamkeit dieser Vereinbarung im übrigen, idR aber nicht die Wirksamkeit des ganzen Mietvertrags, von der nach § 139 BGB vorzunehmenden Beurteilung ab (vgl BGHZ 63, 132 = NJW 1975, 44; BULLA NJW 1975, 1108). e) Rechtsfolgen

21

aa) Als Rechtsfolge bestimmt § 10 Abs 1 HS 1 die Unwirksamkeit einer zum Nachteil des Mieters von den §§ 1 - 9 abweichenden Vereinbarung. Damit ist Nichtigkeit von Anfang an gemeint (SCHMIDT-FUTTERER C 4 0 8 ) . Eine Heilungsmöglichkeit für die Vereinbarung als solche besteht nicht. Die Parteien können später nur den Ausweg des Abs 1 HS 2 durch Vereinbarung der Mieterhöhung um einen bestimmten Betrag beschreiten (Rz 23 ff). Im übrigen bleibt der Mietvertrag von der Unwirksamkeit einer einzelnen Bestimmung grundsätzlich unberührt (vgl BGB (1433)

Jürgen Sonnenschein

Art 3 WKSchG, § 10 MHRG 22-24 2. Wohnraumkündigungsschutzgesetz § 5 5 6 a Rz 9 8 ) . Entgegen der von KORFF ( D W W 1 9 7 5 , 6 3 ) vertretenen Ansicht wird hierdurch der Vermieter auch bei einem befristeten Mietvertrag nicht benachteiligt, wenn etwa eine Mietanpassungsklausel als unwirksam beurteilt wird. Denn trotz der Unwirksamkeit der Klausel für eine darauf gestützte Mieterhöhung läßt die Vereinbarung den Schluß zu, daß im Hinblick auf die Befristung eine Mieterhöhung entgegen § 1 S 3 nicht ausgeschlossen ist (Begr zum RegE BT-Drucks 7 / 2 0 1 1 , 11 und 14; LG Frankfurt WuM 1976, 31; s § 1 Rz 17). Sind nur Teile einer einzelnen Vertragsbestimmung unwirksam, ist die Aufrechterhaltung der übrigen Teile dieser Bestimmung nach § 139 BGB zu beurteilen (Rz 20). Diese Vorschrift wird durch § 10 Abs 1 nicht ausgeschlossen (aM SCHMIDT-FUTTERER C 4 1 1 ) .

22 bb) Soweit der Mieter aufgrund einer hiernach unwirksamen Vereinbarung eine erhöhte Miete gezahlt hat, ist ihm der Vermieter nach den Vorschriften über die ungerechtfertigte Bereicherung (§§ 812 ff BGB) zur Rückzahlung verpflichtet (vgl LG Mannheim WuM 1975, 1 7 2 ; AG Aachen MDR 1 9 7 3 , 6 7 7 m Anm WEIMAR; s i m einzelnen BARTHELMESS § 10 R z 2 6 ff; SCHMIDT-FUTTERER C 4 3 3 f f ) . Z u

beachten ist allerdings, daß eine vorbehaltlose Zahlung der erhöhten Miete als konkludente Zustimmung zu einer nach § 10 Abs 1 HS 2 zulässigen Mieterhöhung um einen bestimmten Betrag beurteilt werden kann und damit einen Bereicherungsanspruch ausschließt (SCHMIDT-FUTTERER C 433; s Rz 23).

23 2. Zustimmung zur Mieterhöhung um einen bestimmten Betrag (Abs 1 HS 2) a) Allgemeines Durch die Regelung des Abs 1 HS 2 hat der Gesetzgeber die unter dem früheren Recht teilweise umstrittene Frage klargestellt, daß freiwillige Vereinbarungen über Mieterhöhungen unter gewissen Voraussetzungen abweichend von den gesetzlichen Vorschriften getroffen werden können (Rz 2, 5). Der Mieter muß allerdings in seiner Entscheidung völlig frei sein, ob er einer derartigen Mieterhöhung zustimmen will (Begr zum RegE BT-Drucks 7 / 2 0 1 1 , 13 f). Die Vorschrift erfaßt als Ausnahme von HS 1 nur solche Vereinbarungen, die an sich vom Grundsatz der Unabdingbarkeit erfaßt werden. Andere abweichende Vereinbarungen sind schon auf der Grundlage des § 305 BGB wirksam. 24 b) Voraussetzungen aa) Es muß die Zustimmung des Mieters zu einer Mieterhöhung vorliegen. Damit geht das Gesetz davon aus, daß die Mieterhöhung durch einen Abänderungsvertrag der Parteien vereinbart werden muß. Das Zustandekommen des Vertrags richtet sich nach den allgemeinen Vorschriften (insbesondere §§ 145 ff BGB). Wegen der grundsätzlichen Gleichwertigkeit beider Vertragserklärungen kommt es nicht darauf an, daß der Antrag vom Vermieter ausgegangen ist (vgl aber SCHMIDT-FUTTERER C 421). Das MHRG verwendet den Begriff der Zustimmung nicht iS des § 182 BGB. Der Mieter kann deshalb selbst durch einen Antrag seine Zustimmung zu einer vom Vermieter zunächst noch unverbindlich gewünschten Mieterhöhung zum Ausdruck bringen. Die Vertragserklärungen brauchen nicht den formellen und materiellen Voraussetzungen der §§ 2-7 zu entsprechen. Soweit nicht vertraglich oder gesetzlich nach § 566 BGB Formbedürftigkeit besteht, sind die Erklärungen formlos wirksam. In der vorbehaltlosen Zahlung des verlangten Erhöhungsbetrags kann deshalb eine konkludente Annahmeerklärung des Mieters liegen (SCHMIDTFUTTERER C 4 2 5 ; vgl auch BGB-RGRK-GELHAAR § 10 Rz 3; abweichend LG Aachen WuM 1973, 190 m Anm WEIMAR; AG Oberhausen ZMR 1974, 54 Jürgen Sonnenschein

(1434)

2. Wohnraumkündigungsschutzgesetz

Art 3 WKSchG, § 10 MHRG 25-27

- einmalige Zahlung; STERNEL R Z I I 2 2 ) . Dies ist eine Frage der Auslegung, wobei ein abweichender innerer Wille allenfalls im Wege der Anfechtung nach § 119 BGB berücksichtigt werden kann (Rz 28). bb) Die Vereinbarung muß eine Mieterhöhung betreffen. Hierfür kommen neben 25 § 2, der schon gesetzlich eine Zustimmungserklärung des Mieters voraussetzt, auch die Fälle der §§ 3-7 in Betracht, die eine einseitige Mieterhöhung zulassen. Die Vereinbarung der Parteien ist nur hinsichtlich der Mieterhöhung zulässig. Hierzu gehören nach Sinn und Zweck der Ausnahmeregelung auch die Wartefrist des § 2 Abs 1 Nr 1 und der Zeitpunkt des Wirkungseintritts einer Mieterhöhung abweichend von den jeweiligen Vorschriften (LG Hamburg NJW 1973, 1287; LG Köln WuM 1973,172; PALANDT-PUTZO § 10 Anm 1 b; S C H M I D T - F U T T E R E R C 423; WEIMAR B1GBW 1975, 246; aM AG Dortmund WuM 1974, 204; STERNEL R Z II 21). Wenn der Mieter schon hinsichtlich der Mieterhöhung als solcher auf den Schutz des MHRG verzichten kann, besteht kein Grund, den damit unmittelbar zusammenhängenden Wirkungseintritt auszuklammern. Nicht unter den Begriff der Mieterhöhung fallen dagegen abweichende Vereinbarungen über Kündigungsvorschriften (§ 1 S 1, § 9), Mietherabsetzung (§ 4 Abs 4, § 5 Abs 3, § 6 Abs 4, § 7 Abs 4) und Betriebskostenvorauszahlungen (§ 4 Abs 1). Solche Vereinbarungen sind selbst dann ausgeschlossen, wenn sie mit einer Mieterhöhung verbunden werden (BARTHELMESS § 1 0 R z 3 7 ; a M L U T Z D W W

1974, 272, 281).

cc) Die Parteien müssen eine Mieterhöhung um einen bestimmten Betrag vereinba- 26 ren. Dies ist der Fall, wenn der Erhöhungsbetrag ohne fremde Hilfe und außerhalb des Mietvertrags liegender Umstände zu berechnen ist. Der Betrag muß sich aus der Vereinbarung selbst ergeben oder durch Bezugnahme auf einen bestimmten Prozentsatz der bisherigen Miete zu ermitteln sein. Unzulässig ist es dagegen, die genaue Bestimmung einer späteren Berechnung des Vermieters (LG Osnabrück WuM 1978, 10) oder eines Dritten wie etwa eines Schiedsgutachters vorzubehalten (BARTHELMESS § 1 0 Rz 4 1 ; V O G E L JZ 1 9 7 5 , 7 3 , 7 6 ) . Das gleiche gilt für die Vereinbarung einer nicht näher bestimmten ortsüblichen Vergleichsmiete (SCHMIDTFUTTERER C 4 2 2 ) . Unzulässig ist ferner die Vereinbarung von Mietanpassungsklauseln jeglicher Form, soweit sie zum Nachteil des Mieters von den §§ 1-9 abweichen (Rz 11 f). Selbst bei der Vereinbarung solcher Klauseln während des Bestehens eines Mietverhältnisses (Rz 27) ist die Freiheit des Mieters in Zukunft nicht mehr gewährleistet (vgl BARTHELMESS § 1 0 R Z 4 1 ) . Es muß immer eine Mieterhöhung um einen genau festgelegten Betrag im Einzelfall gegeben sein (s auch § 1 Rz 5). dd) Die Vereinbarung muß während des Bestehens des Mietverhältnisses abge- 27 schlössen werden. Damit sind alle abweichenden Vereinbarungen vor oder bei Abschluß des Mietverhältnisses ausgeschlossen. Nur so ist gewährleistet, daß sich der Mieter nicht einer entsprechenden Klausel unterwirft, um die Wohnung überhaupt vermietet zu bekommen (Begr zum RegE BT-Drucks 7/2011, 14). Das Mietverhältnis besteht mit Abschluß des Mietvertrags. Auf die Überlassung des Wohnraums kommt es nicht an (BARTHELMESS § 10 R Z 36). Zu beachten ist aber, ob bei Vereinbarungen, die dem Vertragsschluß noch vor der Wohnraumüberlassung unmittelbar folgen, ein Umgehungsgeschäft vorliegt. Abweichende Vereinbarungen nach Beendigung des Mietverhältnisses werden vom Wortlaut der Vorschrift an sich nicht gedeckt. Gleichwohl kann auch dieser Fall im Wege der extensiven Auslegung zugelassen werden, weil insoweit die Freiheit des früheren Mieters in keiner Weise beeinträchtigt ist und damit dem Zweck der Regelung Genüge geschieht (im Ergebnis ebenso B G B - R G R K - G E L H A A R § 10 R Z 3).

(1435)

Jürgen Sonnenschein

Art 3 WKSchG, § 10 MHRG 28-31 2. Wohnraumkiindlgungsschutzgesetz

28 c) Rechtsfolgen aa) Eine Vereinbarung, die zum Nachteil des Mieters von den §§ 1 - 9 abweicht, ist unter den Voraussetzungen des § 10 Abs 1 HS 2 wirksam. Eine Grenze bilden allerdings die Vorschriften des § 5 WiStrG zur Mietpreisüberhöhung und des § 302 a StGB zum Wucher (§ 134 BGB). Ist der Abänderungsvertrag wirksam zustande gekommen, steht dem Mieter kein Recht zu, den Erhöhungsbetrag nach den §§ 812 ff BGB zurückzufordern. Es bleibt ihm aber die Möglichkeit, seine Willenserklärung unter den Voraussetzungen der §§ 119 ff BGB wegen Irrtums, Täuschung oder Drohung anzufechten. Das kann etwa von Bedeutung sein bei einer vorbehaltlosen Zahlung des Erhöhungsbetrags durch den Mieter, wenn er sich über den Inhalt seiner Erklärung geirrt hat (vgl Rz 24). Ein Rechtsirrtum über die Verpflichtung zur Abgabe der Zustimmungserklärung berechtigt allerdings nicht ohne weiteres zur Anfechtung, vor allem dann nicht, wenn neben der gewollten Wirkung der Zahlung die weitere, nicht vorgestellte Folge des Zustandekommens eines Abänderungsvertrags eintritt (vgl R G Z 134, 195, 197 f; E R M A N - H WESTERMANN BGB § 1 1 9 R z l 3 ; s auch SCHMIDT-FUTTERER C 430 f). 29 bb) Darüber hinaus wirkt der auf der Grundlage des Abs 1 HS 2 abgeschlossene Abänderungsvertrag auf die Anwendbarkeit der Vorschriften des MHRG zurück. Im Anschluß an eine einvernehmliche Mieterhöhung sind die Schutzvorschriften des § 9 über die Kündigung für den Mieter nicht anzuwenden (BARTHELMESS § 1 0 R Z 4 2 ; SCHMIDT-FUTTERER C 4 2 8 ) . Es fehlt an der tatbestandlichen Voraussetzung eines Mieterhöhungsverlangens iS der §§ 2 - 7 bzw an einer rechtskräftigen Verurteilung zur Zahlung des erhöhten Mietzinses. Durch den Abänderungsvertrag wird die einjährige Wartefrist des § 2 Abs 1 Nr 1 für Mieterhöhungen im Wege des Verfahrens nach § 2 ausgelöst. Nicht betroffen werden Mieterhöhungen nach den §§ 3-7, bei denen keine Wartefrist eingreift. Hat der Mieter einem Vertragsangebot des Vermieters iS des § 10 Abs 1 HS 2 nicht zugestimmt, greift die Klagefrist des § 2 Abs 3 S 1 nicht ein, da es sich nicht um ein Erhöhungsverlangen iS dieser Vorschrift handelt (LG Mannheim WuM 1977, 142). Die Abgrenzung kann im Einzelfall schwierig sein (vgl LG Hamburg ZMR 1976, 216). Allein aus der Beifügung eines Sachverständigengutachtens kann allerdings nicht gefolgert werden, daß es sich um ein förmliches Mieterhöhungsverlangen handelt (LG Mannheim aaO). 30 cc) Die Beweislast für einen Abänderungsvertrag nach Abs 1 HS 2 trägt der Vermieter (BARTHELMESS § 1 0 Rz 4 6 ; PALANDT-PUTZO § 1 0 Anm 1 b; SCHMIDT-FUTTERER C

432).

i n . Geltungsbereich des MHRG (Abs 2) 31 1. Preisgebundener Wohnraum (Nr 1) Das MHRG gilt nicht für preisgebundenen Wohnraum. Das Prinzip der Vergleichsmiete ist unanwendbar, da für derartigen Wohnraum die Kostenmiete nach den gesetzlich festgelegten Wirtschaftlichkeitsberechnungen maßgebend ist. Eine gesetzliche Mietpreisbindung besteht für die mit öffentlichen Mitteln geförderten Sozialwohnungen (§§ 1 ff WoBindG), für die mit Wohnungsfürsorgemitteln geförderten steuerbegünstigten oder frei finanzierten Neubauwohnungen (§§ 87 a, 111 WobauG II), für die mit Annuitätshilfen geförderten steuerbegünstigten Neubauwohnungen (§§ 88 a-88 c WobauG II) sowie bis zum 31. 12. 1980 für Altbauwohnungen in Berlin (Altbaumietenverordnung Berlin vom 21. 3. 1961 [BGBl I 230], § 18 Abs 1 Nr 3 BMietG II idF des Art 1 Nr 2 des G zur Änd mietrechtlicher und Jürgen Sonnenschein

(1436)

2. Wohnraiunkündigimgsschutzgesetz

Art 3 WKSchG, § 10 MHRG 32-34

mietpreisrechtlicher Vorschriften im Land Berlin vom 17. 11. 1975 [BGBl 12867]). Für bestimmte Wohnungen im Saarland gelten die Besonderheiten des § 6. Die Ausnahme vom Geltungsbereich des MHRG betrifft nur die gesetzliche Preis- 32 bindung. Haben die Parteien eine vertragliche Preisbindung entsprechend den öffentlich-rechtlichen Vorschriften vereinbart, bleibt das MHRG im Prinzip anwendbar (LG Essen WuM 1974, 32; LG Frankfurt WuM 1974, 184; BARTHELMESS § 10 Rz 50; LÖWE NJW 1975, 9, 14). Insoweit stellt sich dann die Frage, ob abweichende Vereinbarungen nach Abs 1 wirksam sind. Unerheblich ist es, ob der Wohnraum in anderer Weise als iS der gesetzlichen Preisbindungsvorschriften öffentlich gefördert oder verbilligt ist. Deshalb gilt das MHRG auch für Wohnraum der gemeinnützigen Wohnungsunternehmen (LG Braunschweig NJW 1973, 1053; LG Frankfurt WuM 1974, 184; LG Hagen ZMR 1974, 146; LG Mannheim NJW 1975, 316; AG Celle WuM 1976, 154; AG Frankfurt WuM 1973, 217; AG Frankfurt Z M R 1 9 7 4 , 1 4 8 m A n m LAU; BARTHELMESS § 1 0 RZ 5 0 ; LAU Z M R 1 9 7 4 ,

193; s auch Vorbem 44 zum MHRG). LAG-Wohnungen sind wegen der Förderung mit Ausgleichsmitteln nach § 254 Abs 3 LAG nicht preisgebunden (SCHMIDT-FUTTE-

RER C 4 5 0 ; STERNEL R z I I 4 0 ) .

Das Verfahren einer Mieterhöhung nach den Vorschriften des MHRG kann nach 33 hM erst eingeleitet werden, wenn die gesetzliche Preisbindung erloschen ist. Eine vorher abgegebene Mieterhöhungserklärung ist unwirksam, auch wenn die Mieterhöhung erst vom Zeitpunkt des Endes der Preisbindung an wirksam werden soll (LG Hannover WuM 1978, 144; LG Köln WuM 1977, 209; LG Wuppertal NJW 1977, 1691 m Anm GALLAS ZMR 1978, 61; AG Hamburg WuM 1977, 100; AG Köln W u M 1 9 7 7 , 1 6 9 ; A G Stuttgart W u M 1 9 7 3 , 1 4 3 ; BARTHELMESS § 1 0 RZ 5 1 ; GALLAS W u M 1 9 7 7 , 1 7 9 ; PALANDT-PUTZO § 1 0 A n m 2 a ; SCHMIDT-FUTTERER C 4 4 9 ; a M L G

Dortmund DWW 1975, 142; DWW 1978, 73; LG Köln WuM 1978, 93 m abl Anm GALLAS WuM 1978, 145; AG Aachen DWW 1975, 246). Solange die Preisbindung noch besteht, ist das MHRG unanwendbar, so daß für ein schon zu dieser Zeit abgegebenes Erhöhungsverlangen die materielle Grundlage fehlt. Zudem können die Fristen des § 2 Abs 3 S 1 nicht in Lauf gesetzt werden. Das Ergebnis, daß die Kostenmiete noch eine gewisse Zeit nach Auslaufen der Preisbindung für die Parteien maßgebend ist, muß angesichts des Fehlens einer gesetzlichen Ubergangsregelung hingenommen werden. 2. Wohnraum zu nur vorübergehendem Gebrauch (Nr 2) Wohnraum, der zu nur vorübergehendem Gebrauch vermietet ist, wird vom Geltungsbereich des MHRG ausgenommen. Dies entspricht der auch in anderen Vorschriften bestimmten Ausnahme derartigen Wohnraums von der Geltung des sozialen Mietrechts (s im einzelnen BGB § 556 a Rz 88 ff). Problematisch ist dabei vor allem die Behandlung von Wohnheimplätzen (vgl den im Gesetzgebungsverfahren abgelehnten Antrag des BR, Studenten- und Jugendwohnheime ausdrücklich von der Anwendbarkeit des MHRG auszuklammern [BT-Drucks 7/2775 unter 1 c; Vorbem 9 zum WKSchG II]; einerseits LG Marburg NJW 1977,154, STAEHLE NJW 1978, 1359, 1360 - Bestandsschutz bejaht; andererseits LG Hamburg WuM 1977, 143, LG Kiel WuM 1976, 79 und AG Münster WuM 1977, 233 - Mieterhöhungsverfahren abgelehnt). Hier kommt es auf die Vertragsgestaltung im Einzelfall an (BGB § 556 a Rz 94; § 564 b Rz 155; Vorbem 44 f zum MHRG). Für eine Differenzierung zwischen Bestandsschutz (§§ 556 a Abs 8, 564 b Abs 7 BGB) und Mieterhöhungsverfahren (§ 10 Abs 2 Nr 2 MHRG) ist angesichts der gleichlautenden gesetzlichen Vorschriften kein Raum (aM STAEHLE aaO, der das Mieterhöhungsverfahren ausschließen will, den Bestandsschutz aber zuläßt). (1437)

Jürgen Sonnenschein

34

Art 3 WKSchG, § 10 MHRG; 35; 1, 2 2. Wohnraumkündigungsschutzgesetz

35 3. Möblierter Einliegerwohnraum (Nr 3) Ausgenommen vom Geltungsbereich des MHRG ist Wohnraum, der Teil der vom Vermieter selbst bewohnten Wohnung ist und den der Vermieter ganz oder überwiegend mit Einrichtungsgegenständen auszustatten hat, sofern der Wohnraum nicht zum dauernden Gebrauch für eine Familie überlassen ist. Dies entspricht dem Tatbestand des § 565 Abs 3 BGB (s im einzelnen dort Rz 44 ff).

Artikel 4 Anwendung auf bestehende Miefverhältnisse Ein Mietverhältnis, das zur Zeit des Inkrafttretens dieses Gesetzes besteht, richtet sich von diesem Zeitpunkt an nach dem neuen Recht. Artikel 3 § 3 ist auch auf vor Inkrafttreten dieses Gesetzes begonnene bauliche Änderungen anzuwenden, die nach Inkrafttreten dieses Gesetzes beendet werden. Begr zum RegE BT-Drucks 7/2011, 14; Ausschußbericht BT-Drucks 7/2629 u 7/2638, 5.

Schrifttum Rechtsprobleme zum Zweiten Wohnraumkündigungsschutzgesetz, ZMR 1975, 33; GANSCHEZIAN-FINCK, Ungeklärte Fragen zur Mieterhöhung nach dem 2. Wohnraum-Kündigungsschutzgesetz, MDR 1975, 373; SCHMIDT-FUTTERER, Kündigungsschutz für Wohnraum und Beschränkung der Mieterhöhung als Dauerrecht. Die Neuregelung des 2. WKSchG v. 18. 12. 1974, MDR 1975, 89, 95. FREUND-BARTHELMESS,

Systematische Übersicht I. Allgemeine Kennzeichnung 1. Überblick 1 2. Entstehung und Zweck der Vorschrift 2

II. Übergangsregelungen 1. Allgemeines 3 2. Beendigung des Mietverhältnisses durch Kündigung oder Zeitablauf 5 3. Mieterhöhung 7

I. Allgemeine Kennzeichnung 1 1. Überblick Die Vorschrift enthält eine Übergangsregelung für die zur Zeit des Inkrafttretens des WKSchG II bestehenden Mietverhältnisse. Sie unterliegen von diesem Zeitpunkt an dem neuen Recht, dh dem WKSchG II (Abs 1). Dieser Zeitpunkt ist nach Art 8 Abs 1 grundsätzlich der 1.1. 1975, soweit sich nicht Einschränkungen aus Art 5 für Berlin und aus Art 6 für München und Hamburg ergeben. Eine Mieterhöhung nach Art 3 § 3 ist auch dann zulässig, wenn die bauliche Veränderung vor dem Inkrafttreten des Gesetzes begonnen und erst später vollendet worden ist (Abs 2). 2 2. Entstehung und Zweck der Vorschrift Der RegE eines WKSchG II enthielt als Art 4 nur den jetzigen Abs 1. Mit dieser Vorschrift soll klargestellt werden, daß die gesetzliche Regelung auch auf die zur Zeit ihres Inkrafttretens bestehenden Mietverhältnisse anzuwenden ist. Hierauf sollte entsprechend früheren Änderungen mietrechtlicher Vorschriften nicht verJürgen Sonnenschein

(1438)

Art 4 WKSchG

2. Wohnraumkiindigungsschutzgesetz

3-5

ziehtet werden (Begr zum RegE BT-Drucks 7/2011,14). Die Regelung des Abs 2 ist auf Vorschlag des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestags und des mitberatenden Ausschusses für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau in den Gesetzentwurf aufgenommen worden. Damit soll klargestellt werden, daß Mieterhöhungen auch für solche baulichen Maßnahmen zulässig sind, die vor Inkrafttreten des Gesetzes begonnen, aber nach seinem Inkrafttreten beendet worden sind (Ausschußbericht BT-Drucks 7/2638, 5).

IL Übergangsregelungen 1. Allgemeines 3 Übergangsregelungen waren für das WKSchG II zunächst insoweit erforderlich, als vermieteter Wohnraum bereits dem WKSchG I unterlag, das mit Ablauf des 31. 12. 1974 außer Kraft getreten ist. Dabei ist zwischen Beendigung des Mietverhältnisses (Rz 5 f) und Mieterhöhung (Rz 7 f) zu unterscheiden. Beide Gesetze erfassen jedoch solchen Wohnraum nicht, der dem MietSchG unterliegt (Art 3 § 2 Abs 2 WKSchG I, Art 8 Abs 2 WKSchG II). Zuletzt ist das MietSchG mit Ablauf des 31. 12. 1975 in Berlin außer Kraft getreten (Art 1 § 2 Nr 3 des Dritten G zur And des Schlußtermins für den Abbau der Wohnungszwangswirtschaft und über weitere Maßnahmen auf dem Gebiete des Mietpreisrechts im Land Berlin vom 30. 10. 1972 [BGBl I 2051]). Erst mit dem Außerkrafttreten des MietSchG traten die Art 1-4 WKSchG II in Kraft (Art 8 Abs 2 S 1). Auch insoweit bestand ein Bedürfnis für eine Übergangsregelung. Eine weitere Ausnahme vom Geltungsbereich des WKSchG II enthält Art 3 § 10 4 Abs 2 Nr 1, da die §§ 1-9 MHRG nicht für Mietverhältnisse über preisgebundenen Wohnraum gelten. Wird dieser Wohnraum im Einzelfall wegen Beendigung der Voraussetzungen oder generell kraft Gesetzes in Berlin ab 1.1. 1981 (Art 1 Nr 1 des G zur Änd mietrechtlicher und mietpreisrechtlicher Vorschriften im Land Berlin vom 17. 11. 1975 [BGBl I 2867]) aus der Preisbindung entlassen, unterliegt er ohne weiteres von diesem Zeitpunkt an den Vorschriften des MHRG. Eine besondere Übergangsregelung ist hierfür nicht vorgesehen. 2. Beendigung des Mietverhältnisses durch Kündigung oder Zeitablauf 5 a) Hinsichtlich der ordentlichen Kündigung eines Mietverhältnisses über Wohnraum ergeben sich Übergangsprobleme insoweit, als der durch Art 1 Nr 1 WKSchG II eingefügte § 564 b BGB von dem früheren Art 1 § 1 WKSchG I abweicht. Dies ist der Fall hinsichtlich der nunmehr geschützten Mietverhältnisse über Wohnraum, der nicht Teil der vom Vermieter selbst bewohnten Wohnung ist und den der Vermieter ganz oder überwiegend mit Einrichtungsgegenständen auszustatten hat, wobei es sich nicht um eine Überlassung zum dauernden Gebrauch für eine Familie handelt (vgl Art 1 § 4 Abs 2 WKSchG I, § 564 b Abs 7 BGB). Das gleiche gilt hinsichtlich der erleichterten Kündigungsmöglichkeit bei Mietverhältnissen über eine Wohnung in einem vom Vermieter selbst bewohnten Wohngebäude mit nicht mehr als zwei Wohnungen und über Wohnraum innerhalb der Wohnung des Vermieters, der nicht vom Anwendungsbereich des § 564 b BGB ausgenommen ist (§ 564 b Abs 4 BGB). In diesen Fällen kommt es auf die Rechtslage zur Zeit des Zugangs der Kündigungserklärung an, nicht aber auf das zur Zeit der Beendigung des Mietverhältnisses geltende Recht (FREUND-BARTHELMESS ZMR 1975, 33, 34; SCHMIDT-FUTTERER C 478). (1439)

Jürgen Sonnenschein

Art 4, 5 WKSchG 6-8; 1

2. Wohnraumkündigungsschutzgesetz

6 b) Bei der Beendigung eines befristeten Mietverhältnisses durch Zeitablauf weicht Art 2 WKSchG II insoweit von Art 1 § 2 WKSchG I ab, als Mietverhältnisse, die nach dem 31. 10. 1970 und vor dem 29. 11. 1971 abgeschlossen worden sind, nicht mehr dem Bestandsschutz unterliegen (Art 2 Rz 12). Insoweit kommt es nach Art 4 Abs 1 WKSchG II allein darauf an, ob ein derartiges Mietverhältnis zur Zeit des Inkrafttretens dieses Gesetzes noch bestanden hat. Ein bereits vor dem 1.1. 1975 ausgesprochenes Fortsetzungsverlangen nach Art 1 § 2 WKSchG I konnte damit keine Wirkung mehr entfalten (vgl SCHMIDT-FUTTERER C 4 7 9 ; aM FREUND-BARTHELMESS Z M R 1 9 7 5 , 3 3 , 3 5 ) .

7 3. Mieterhöhung Bei dem Verlangen des Vermieters nach Mieterhöhung ergeben sich Ubergangsprobleme insoweit, als das WKSchG II dem Mieter eine längere Überlegungsfrist zubilligt (vgl Art 1 § 3 Abs 3 WKSchG I, Art 3 WKSchG II § 2 Abs 3 MHRG). Darüber hinaus ist der Zeitpunkt des Wirkungseintritts der Mieterhöhung abweichend geregelt (vgl Art 1 § 3 Abs 4 WKSchG I, Art 3 WKSchG II § 2 Abs 4 MHRG). Bei der Überlegungsfrist kommt es darauf an, ob sie zur Zeit des Inkrafttretens des WKSchG II noch nicht abgelaufen war. In diesem Fall greift die längere Frist der Neuregelung ein. Auch der Zeitpunkt des Wirkungseintritts einer Mieterhöhung bestimmt sich ab 1. 1. 1975 nur noch nach neuem Recht, soweit der Vertrag durch die Zustimmung des Mieters nicht schon vorher geändert worden ist (SCHMIDT-FUTTERER C 4 8 3 ; abweichend FREUND-BARTHELMESS ZMR 1 9 7 5 , 3 3 , 3 5 ) . 8 In Art 4 Abs 2 ist eine besondere Übergangsregelung für eine Mieterhöhung wegen baulicher Veränderungen nach § 3 MHRG getroffen worden. Diese Bestimmung gilt auch für die vor Inkrafttreten des Gesetzes begonnenen baulichen Veränderungen, die erst nach dem Inkrafttreten des Gesetzes beendet werden.

Artikel 5 Geltung für mieterschutzfreie Mietverhältnisse über Wohnraum im Land Berlin Die Artikel 1 bis 4 gelten im Land Berlin für Mietverhältnisse über Wohnraum, auf die die §§ 1 bis 19 und 24 bis 31 des Mieterschutzgesetzes nicht anzuwenden sind. Begr zum RegE BT-Drucks 7/2011, 14. Vgl Art 2 WKSchG I vom 25. 11. 1971 (BGBl I 1839); Ausschußbericht BT-Drucks VI/2421, 5 (zu Art 2 b).

1 I. Allgemeine Kennzeichnung Die Vorschrift entspricht der früheren Bestimmung des Art 2 WKSchG I. Mit dieser Regelung, die auf einen Vorschlag des BR zurückging, sollte in Berlin für die nicht dem MietSchG unterliegenden Wohnraummietverhältnisse das soziale Mietrecht eingeführt werden. Damit war schon durch das WKSchG I eine insoweit in Berlin noch bestehende freie Kündbarkeit von Mietverhältnissen beseitigt worden (Ausschußbericht BT-Drucks VI/2421, 5 [zu Art 2 b]). Diese Regelung des Kündigungsschutzes und der Mieterhöhungen bei mieterschutzfreien Wohnungen in Berlin ist unverändert in das WKSchG II übernommen worden (Begr zum RegE BT-Drucks 7/2011, 14). Jürgen Sonnenschein

(1440)

2. YVohnraumkündigungsschutzgesetz

Art 5, 6 WKSchG 2-4

n . Bedeutung der Vorschrift

2

Kündigungsschutz und Mieterhöhungen nach dem WKSchG II waren von Anfang an in Berlin nur bei Mietverhältnissen über Wohnraum möglich, auf die die §§ 1-19 und 24—31 MietSchG nicht anzuwenden waren. Die Ausnahmen vom Mieterschutz ergaben sich aus den §§ 31 a ff MietSchG und betrafen vor allem frei finanzierte Neubauwohnungen und Genossenschaftswohnungen. Demgegenüber unterlagen dem Mieterschutz weiterhin bestimmte Altbauwohnungen, steuerbegünstigte Neubauwohnungen und Sozialwohnungen. Mit Ablauf des 31. 12. 1975 ist das MietSchG in Berlin außer Kraft getreten (Art 3 1 § 2 Nr 3 des Dritten G zur Änd des Schlußtermins für den Abbau der Wohnungszwangswirtschaft und über weitere Maßnahmen auf dem Gebiete des Mietpreisrechts im Land Berlin vom 30. 10. 1972 [BGBl I 2051]). Damit bestehen insoweit keine Ausnahmen mehr vom Anwendungsbereich des WKSchG II, so daß Art 5 gegenstandslos geworden ist. Die Vorschrift des § 564 b Abs 2 Nr 2 BGB über den Kündigungsschutz bei der Umwandlung von Mietwohnungen in Eigentumswohnungen gilt in Berlin für Mietverhältnisse über Wohnraum, auf die das WKSchG II am 31. 12. 1975 noch nicht anzuwenden war, bis zum 31. 12. 1980 in einer geänderten Fassung (Art 2 des G zur Änd mietrechtlicher und mietpreisrechtlicher Vorschriften im Land Berlin vom 17. 11. 1975 [BGBl I 2867]). Hiernach ist die Kündigung wegen Eigenbedarfs des Vermieters unabhängig von einer Wartezeit nach der Begründung des Wohnungseigentums ganz ausgeschlossen (vgl BGB § 564 b Rz 73). Zu beachten ist ferner, daß nach Art 3 § 10 Abs 2 Nr 1 die Vorschriften des MHRG 4 nicht für Mietverhältnisse über preisgebundenen Wohnraum gelten. Neben der auch im übrigen Bundesgebiet bestehenden Mietpreisbindung der mit öffentlichen Mitteln geförderten Sozialwohnungen (§§ 1 ff WoBindG), der mit Wohnungsfürsorgemitteln geförderten steuerbegünstigten oder frei finanzierten Neubauwohnungen (§§87 a, 111 WobauG II) und der mit Annuitätshilfen geförderten steuerbegünstigten Neubauwohnungen (§§88 a-88 c WobauG II) unterliegen Altbauwohnungen in Berlin weiterhin der Mietpreisbindung nach den Vorschriften der Altbaumietenverordnung Berlin vom 21. 3. 1961 (BGBl I 230), die nach § 18 Abs 1 Nr 3 BMietG II erst mit Ablauf des 31. 12. 1980 außer Kraft treten wird (Art 1 Nr 2 des G zur Änd mietrechtlicher und mietpreisrechtlicher Vorschriften im Land Berlin vom 17. 11. 1975 [BGBl I 2867]). Insoweit bleibt Art 3 WKSchG II unanwendbar.

Artikel 6 Sondervorschriften für München und Hamburg In der kreisfreien Stadt München und im Landkreis München (Gebietsstand bis zum 30. Juni 1972) sowie in der Freien und Hansestadt Hamburg gilt Artikel 3 § 2 bis zum 31. Dezember 1976 mit der Maßgabe, daß bei Wohnungen, die bis zum 20. Juni 1948 bezugsfertig geworden sind und weniger als sechs Wohnräume einschließlich Küche haben, die Zustimmung zu einer Erhöhung des Mietzinses höchstens für einen Betrag verlangt werden kann, der die Grundmiete nicht um mehr als zehn vom Hundert übersteigt. Grundmiete im Sinne des Absatzes 1 ist die Miete, die am 31. Dezember 1974 preisrechtlich zulässig war, abzüglich folgender in ihr enthaltener Beträge: 1. Umlagen für Wasserverbrauch, 2. Kosten des Betriebs der zentralen Heizungs- und Warmwasserversorgungsanlagen, (1441)

Jürgen Sonnenschein

Art 6 WKSchG 1-3

2. Wohnraumküiidigungsschutzgesetz

3. Umlagen für laufende Mehrbelastungen seit dem 1. April 1945, 4. Untermietzuschläge, 5. Zuschläge wegen Nutzung von Wohnraum zu anderen als Wohnzwecken, 6. Mieterhöhungen für Wertverbesserungen nach § 12 der Altbaumietenverordnung. Ausschußbericht BT-Drucks 7/2629 u 7/2638, 5 f.

Schrifttum LÖWE, Wichtige Neuregelungen im Zweiten Wohnraumkündigungsschutzgesetz, NJW 1975,9,14 f; SCHMIDT-FUTTERER, Kündigungsschutz für Wohnraum und Beschränkung der Mieterhöhung als Dauerrecht. Die Neuregelung im 2. WKSchG v. 18. 12. 1974, MDR 1975, 89, 95.

1 I. Allgemeine Kennzeichnung Die Vorschrift enthält eine Übergangsregelung für Mieterhöhungen nach Art 3 § 2 in der kreisfreien Stadt München und im Landkreis München sowie in der Freien und Hansestadt Hamburg. In diesen Gebieten ist die Freigabe der Mietpreise mehrfach hinausgeschoben worden (vgl S T E R N E L R Z II 173), zuletzt bis zum 31. 12. 1974 durch das Zweite Gesetz zur Änderung mietpreisrechtlicher Vorschriften in der kreisfreien Stadt München und im Landkreis München sowie in der Freien und Hansestadt Hamburg vom 30. 10. 1972 (BGBl I 2054). Mehrere Gesetzentwürfe, die Mietpreisbindung noch weiter zu verlängern, fanden keine Zustimmung (BT-Drucks 7/1576; 7/1671; 7/2069). Statt dessen schlug die BReg vor, im weiteren Gesetzgebungsverfahren über das WKSchG II eine Regelung zu treffen, die eine Mieterhöhung nach dem Vergleichsmieteverfahren in den genannten Gebieten für die Dauer von zwei Jahren auf einen bestimmten Prozentsatz der bisherigen Miete begrenzt (Stellungnahme zum Entw des BR BT-Drucks 7/2069, 7). Dementsprechend ist aufgrund der Ausschußberatungen die Vorschrift des Art 6 in den Entwurf aufgenommen worden. Im Interesse der Rechtseinheit sollte ab 1. 1. 1975 auch in München und Hamburg das im übrigen Bundesgebiet geltende Recht für Mieterhöhungen eingeführt werden. Um eine allmähliche Überleitung in dieses Recht sicherzustellen, wurde die Sonderregelung des Art 6 auf zwei Jahre bis zum 31. 12. 1976 befristet (Ausschußbericht BT-Drucks 7/2638, 6). 2 II. Bedeutung der Vorschrift In der kreisfreien Stadt München und im Landkreis München nach dem Gebietsstand bis zum 30. 6. 1972 sowie in der Freien und Hansestadt Hamburg unterlag der bis zum 20. 6. 1948 bezugsfertig gewordene Wohnraum der Preisbindung nach den Vorschriften des BMietG IX (Art 2 des Zweiten G zur Änd mietpreisrechtlicher Vorschriften in der kreisfreien Stadt München und im Landkreis München sowie in der Freien und Hansestadt Hamburg vom 30. 10. 1972 [BGBl I 2054]). Diese Mietpreisbindung endete nach § 18 Abs 1 Nr 2 BMietG II (Art 1 des Zweiten G zur Änd mietpreisrechtlicher Vorschriften usw vom 30. 10. 1972 aaO) mit Ablauf des 31. 12. 1974. 3 Mit dem 1. 1. 1975 trat das WKSchG II in diesen Gebieten nicht in vollem Umfang in Kraft. Nach Art 6 galt die Mieterhöhungsregelung des Art 3 § 2 bei Wohnungen, die bis zum 20. 6. 1948 bezugsfertig geworden waren und weniger als sechs Wohnräume einschließlich Küche hatten, nur mit Einschränkungen. Die Zustimmung des Jürgen Sonnenschein

(1442)

2. Wohnraumkündigungsschutzgesetz

Art 6, 7, 8 WKSchG 4

Mieters zu einer Erhöhung des Mietzinses konnte höchstens für einen Betrag verlangt werden, der die Grundmiete nicht um mehr als 10 vH überstieg. Grundmiete war die am 31. 12. 1974 preisrechtlich zulässige Miete abzüglich der in Art 6 Abs 2 aufgezählten Beträge (vgl im einzelnen SCHMIDT-FUTTERER C 492 ff). Bei Neuvermietungen konnte die Miete frei vereinbart werden (Ausschußbericht BT-Drucks 7 / 2 6 3 8 , 6). Auch die übrigen Vorschriften des WKSchG II waren grundsätzlich anwendbar (vgl aber Rz 4). Die Übergangsregelung war bis zum 31. 12. 1976 befristet und ist inzwischen durch Zeitablauf außer Kraft getreten. Im übrigen ist zu beachten, daß nach Art 3 § 10 Abs 2 Nr 1 die Vorschriften des 4 MHRG nicht für Mietverhältnisse über preisgebundenen Wohnraum gelten. Die Mietpreisbindung in München und Hamburg beschränkt sich jedoch auf die allgemein geltenden Vorschriften für die mit öffentlichen Mitteln geförderten Sozialwohnungen (§§ 1 ff WoBindG), die mit Wohnungsfürsorgemitteln geförderten steuerbegünstigten oder frei finanzierten Neubauwohnungen (§§ 87 a, 111 WobauG II) und die mit Annuitätshilfen geförderten steuerbegünstigten Neubauwohnungen (§§ 88 a-88 c WobauG II). Artikel 7 Berlin-Klausel Dieses Gesetz gilt nach Maßgabe des § 13 Abs. 1 des Dritten Überleitungsgesetzes vom 4. Januar 1952 (Bundesgesetzbl. I S. 1) auch im Land Berlin. Die Vorschrift enthält die übliche Berlin-Klausel. Das WKSchG II ist durch Art I Nr 3 des G zur Übernahme von Gesetzen vom 27. 12. 1974 (GVB1 Berlin 2934) in Berlin übernommen worden. Die Änderung des Art 3 § 1 Abs 1 S 6 und die Aufhebung des Art 3 § 3 Abs 5 durch Art 2 § 2 des G zur Änderung des BBauG vom 18. 8. 1976 (BGBl I 2221) sind durch Art I Nr 3 des G zur Übernahme von Gesetzen vom 1. 9. 1976 (GVB1 Berlin 1828) übernommen worden. Die Änderung des Art 3 § 2 Abs 1 und Art 3 § 3 Abs 1 durch Art 3 des G zur Änd des WoModG vom 27. 6. 1978 (BGBl I 878) ist durch Art I Nr 2 des G zur Übernahme von Gesetzen vom 18. 7. 1978 (GVB1 Berlin 1382) übernommen worden. Artikel 8 Inkrafttreten Dieses Gesetz tritt am 1. Januar 1975 in Kraft. Soweit das Mieterschutzgesetz noch in Geltung ist, treten die Artikel 1 bis 4 mit dessen Außerkrafttreten in Kraft. Das Inkrafttreten des Artikels 5 nach Absatz 1 bleibt hiervon unberührt. Begr zum RegE BT-Drucks 7/2011, 14; Ausschußbericht BT-Drucks 7/2629 u 7/2638, 6.

Nachdem das WKSchG I mit Ablauf des 31. 12. 1974 außer Kraft getreten war (Art 3 § 2 Abs 3 WKSchG I), ist das WKSchG II in Kraft getreten (Abs 1). Ausgenommen waren jedoch die Art 1-4, soweit das MietSchG noch galt. Dies war bis zum 31. 12. 1975 in Berlin der Fall (Abs 2; vgl Art 5). Damit ist die frühere Regelung des Art 3 § 2 Abs 2 WKSchG I übernommen worden. Die Geltungsdauer des WKSchG II ist entgegen dahin zielenden Anträgen im Gesetzgebungsverfahren nicht begrenzt worden (Ausschußbericht BT-Drucks 7/2638, 1 f, 6). (1443)

Jürgen Sonnenschein

Sachregister Fette Zahlen ohne Zusatz bezeichnen die Paragraphen des BGB. Fette Zahlen mit dem Zusatz Art bezeichnen die Artikel des WKSchG II. Magere Zahlen und Buchstaben bezeichnen die Randziffern der Kommentierung.

Abbuchungsermächtigung 535 104 Abdingbarkeit s abweichende Vereinbarungen s Unabdingbarkeit Abhilfe bei Störung des Mieters 542 23 ff Ablehnung der Fortsetzung des Mietvertrags durch Ehegatten 569 a 12 ff der Fortsetzung des Mietvertrags durch Familienangehörigen 569 a 23 ff Abmahnung bei schuldhafter Verletzung der Pflichten aus dem Mietvertrag 554 a 13 bei vertragswidrigem Gebrauch der Mietsache 550 1 ff; 553 19, 21, 29 f des Wohnraummieters zu vertragsgemäßem Verhalten 564 b 26, 37,41 Abnahme der Mietsache 535 126 ff der Mietsache als Recht des Mieters 552 3 Abnutzung der Mietsache 548 1 Abrechnung Heizungskosten 535 86 s auch Betriebskosten Abschluß des Mietvertrags vor 535 91 ff Abstandszahlung vor 535 135 Abtretung der Mieterrechte 549 6 ff Abtretungsverbot 549 7 Beitritt eines Dritten 549 14 Einbringung eines Geschäfts 549 19 Eintritt eines neuen Mieters 549 9 ff Form 549 12 Gebrauchsüberlassung an Dritte, s dort Gesamtschuld 549 14 Geschäftsveräußerung 549 18 Gesellschafterwechsel 549 19 ff Mietvertrag, Fortbestand 549 11,13 Mietvertrag, neuer 549 15 Pfändbarkeit 549 8 Rechtsnachfolge 549 12 Umwandlung einer Gesellschaft 549 20 Verschmelzung von Gesellschaften 549 20 Wegnahmerecht 547 a 15 Wohnungstausch 549 22 Zustimmung des Vermieters 549 8 Abtretung des Vermieterpfandrechts 559 62 abweichende Vereinbarungen Befreiung von Mietzinszahlung bei persönlicher Verhinderung am Gebrauch 552 44 Belastung des Grundstücks 577 33 (1445)

Betriebskosten Art 3 § 4 15, 17,43 f Eintrittsrecht nach Tod des Mieters 569 a 52 Erhaltungs- und Obhutspflicht bei Miete 548 12 ff Form des Mietvertrags 566 68 Fortsetzung des Mietvertrags mit überlebendem Ehegatten 569 b 16 Gebrauchsüberlassung durch Wohnraummieter an Dritte 549 51 Gesundheitsgefährdung 544 25 Kapitalkosten Art 3 § 5 27 Kauf bricht nicht Miete 571 81 f, 96 Kenntnis des Sachmangels 539 5 Kündigungsfristen 565 5,29, 54,57 ff, 61, 63,66,76 Mieterhöhung bei Wohnraummiete vor Art 3 16; Art 3 § 3 92 ff; Art 3 § 4 17, 43 f; Art 3 § 5 27; Art 3 § 10 7 ff Rechtsmängelhaftung 54128 Sachmängelhaftung 537 58 ff; 538 43 ff Schönheitsreparaturen 535 142; 548 12 Unabdingbarkeit, s dort Verbesserungsmaßnahmen 541 a 41 Verjährung 558 27 Vermieterpfandrecht 559 37,67 vertragswidriger Gebrauch 553 36 Verwendungen auf Mietsache 547 30 ff Wegnahmerecht des Mieters 547 a 27 ff Werkwohnung 565 b-565 e 71 f Zahlungsverzug des Mieters, Kündigungsrecht 554 44 ff Abwendungsbefugnis des Vermieters bei Wegnahmerecht 547 a 18 Abwesenheit längere des Mieters 535 131 Änderungskündigung vor Art 3 3,12; Art 3 § 1 1, 8; Art 3 § 2 1 Änderungsvertrag 564 17 Äquivalenzstörung vor 537 33 Allgemeine Geschäftsbedingungen Aufrechnungsrecht des Mieters, Ausschluß 552 a 12 Automatenaufstellvertrag vor 535 54 Beweislastverteilung bei Schäden an Mietsache 548 20 Kraftfahrzeugvermietung vor 535 150 Mieterhaftung für Zufallsschäden 548 14 Mietzinsfälligkeit 5516 Schadenspauschalierung 550 a 13 Vertragsstrafe 550 a 14

Allgemeine Geschäftsbedingungen Sachregister Zurückbehaltungsrecht des Mieters, Ausschluß 5 5 2 a 12 Alter als h ä r t e b e g r ü n d e n d e r U m s t a n d 5 5 6 a 38 Altersheim Kündigungsfrist, gesetzliche 5 6 5 67 Kündigungsrecht 5 6 4 b 9 , 1 1 0 Mieterhöhung vor Art 3 45; Art 3 § 10 34 Sozialklausel 5 5 6 a 93 f Aneignungsrecht 5 4 7 a 14 Anerkenntnis des Zustands der Mietsache 5 3 9 10 anfängliche Unmöglichkeit vor 5 3 7 4 ff anfängliches Unvermögen vor 5 3 7 7 Anfechtung des Mietvertrags vor 5 3 7 35; 5 5 6 a 18; 5 6 4 54 ff; 5 6 4 a 10; 5 6 4 b 2 0 , 1 2 1 ff Angabe der Kündigungsgründe außerordentliche befristete / ordentliche Kündigung 5 6 4 a 22 außerordentliche fristlose Kündigung 5 6 4 16; 5 6 4 a 21 Kündigungsschreiben 5 6 4 16; 5 6 4 a 6 , 1 6 ff; 5 6 4 b 121 ff Anmietrecht vor 5 3 5 119 Annahme unterlassene, der Mietsache 5 5 2 4 vorbehaltlose, der Mietsache 5 3 9 18 ff; 5 4 1 29 Annahmeverzug des Mieters vor 5 3 7 17 f; 5 5 2 4, 6; 5 7 1 39 Anrechnungspflicht des Vermieters bei ersparten A u f w e n d u n g e n 5 5 2 23 ff Anzeigepflicht des Mieters bei A u f r e c h n u n g gegenüber Mietzinsforderung 5 5 2 a 9 Besitzaufgabe durch Mieter 5 4 5 14 störende Eingriffe durch Dritte 5 4 5 11 Entfallen 5 4 5 9 , 1 8 Fehler der Mietsache 5 4 5 7 f F o r m 5 4 5 16 Frist 5 4 5 17 Kenntnis des Vermieters 545 19 R e c h t s a n m a ß u n g durch Dritte 5 4 5 15 Rechtsfolgen bei Unterlassung 5 4 5 21 ff, 25 Rechtsnatur der Anzeige 5 4 5 16 ff unrichtige Anzeige 5 4 5 24 Unverzüglichkeit 545 17 W e g n a h m e einer Einrichtung 5 4 7 a 21 Zeitpunkt 5 4 5 10 Anzeigepflicht des Vermieters Grundstücksveräußerung 5 7 6 1 ff Modernisierungsabsicht Art 3 § 3 76 ff Arbeiterheim Kündigungsfrist, gesetzliche 5 6 5 67 Kündigungsrecht 5 6 4 b 9 , 1 1 0 Sozialklausel 5 5 6 a 94 Arbeitsverhältnis s Werkdienstwohnung s Werkmietwohnung

Arglist des Vermieters 5 3 9 17; 5 4 0 4 ff Aufbaudarlehen ( L A G ) Zustimmungserfordernis bei Kündigung 5 6 4 13 Aufhebungsvertrag s Mietaufhebungsvertrag Aufklärungspflicht des Vermieters vor 5 3 5 91 auflösend bedingter Mietvertrag Anwendungsbereich der Sozialklausel 565 a 20 ff auflösende Bedingung 556 b 6; 5 6 4 b 16; 5 6 5 a 14 Beendigung 5 5 6 a 14 ff; 5 6 4 50 auf bestimmte Zeit 5 6 5 a 15 Kündigung 5 6 5 a 16 ff Kündigungsfrist 5 6 5 a 19 Unabdingbarkeit 5 6 5 a 23 ff auf unbestimmte Zeit 5 6 5 a 15 Verlängerung auf unbestimmte Zeit 5 6 5 a 15 ü b e r W o h n r a u m 5 5 6 a 5; 5 5 6 b 6; 5 6 5 6, 74; 5 6 5 a 14 ff; 5 6 5 b - 5 6 5 e 10 Aufnahme in Wohnung Angehörige und Besucher 5 3 5 92 f; 5 4 9 3 E h e g a t t e und Kinder vor 5 3 5 105 Aufrechnung Aufrechnungsverbot vor 5 3 5 138; 5 5 7 30; 5 7 5 4 ff nach Kündigung des Mieters wegen Verzugs 5 5 4 29 ff des Mieters nach Eigentumswechsel 5 7 5 1 ff gegen Mietzinsforderung 5 3 5 116 f; 5 5 2 a 6 f, 12 aufschiebend bedingter Mietvertrag vor 5 3 5 118,122 Aufwendungen, ersparte bei persönlicher Verhinderung des Mieters am G e b r a u c h 5 5 2 24 Aufwendungsersatzanspruch des Mieters bei Mängelbeseitigung 538 35 ff bei Verbesserungsmaßnahmen 5 4 1 a 36 Ausbildung des Mieters als h ä r t e b e g r ü n d e n d e r U m s t a n d 5 5 6 a 44 Auslegung von Mietverträgen vor 535 97; 5 7 1 65 Ausschlagung der Erbschaft 5 6 9 a 12 Ausschluß fristlose Kündigung wegen Nichtgewährung des Gebrauchs 5 4 2 40 ff Kündigungsrecht wegen Gesundheitsgefährdung 5 4 4 22 ff Rechtsmängelhaftung 5 4 1 27 ff Sachmängelhaftung 537 52 ff; 5 3 8 4 3 ff; 5 3 9 1 ff; 5 4 0 1 ff Vermieterpfandrecht 5 5 9 69 Wegnahmerecht des Mieters 5 4 7 a 27 ff Widerspruchsrecht bei E n t f e r n u n g eingebrachter Sachen 5 6 0 22 ff (1446)

Sachregister Zurückbehaltungsrecht bei Grundstücksmiete 556 32 ff Außenantenne 535 68 Außenfläche vor 535 89; 535 3 Außerkrafttreten MietSchG Art 4 3; Art 5 3 WKSchG I Art 4 3 WKSchG II Art 8 außerordentliche befristete Kündigung Allgemeines 556 a 15 ff; 556 b 10, 22; 564 32 f; 564 a 22; 564 b 13; 565 74 ff Begriff und Arten 564 32 f Dreißigjahresvertrag 567 9 f des überlebenden Ehegatten bei Fortsetzung eines Mietverhältnisses über Wohnraum 569 b 1, 14 bei Eintritt von Ehegatten oder Familienangehörigen in Mietverhältnis über Wohnraum 569 a 38 ff - Ausschluß 569 a 40 f - bei Eintritt mehrerer Familienangehöriger 569 a 40 - bei Eintritt in ein zwischen mehreren Personen bestehendes Mietverhältnis 569 a 41 - des Erben 569 a 1, 1 2 , 1 5 , 4 6 , 4 8 ff - Sozialklausel 569 a 3 9 , 4 5 , 51 f - aus wichtigem Grund 569 a 3 9 , 4 9 bei Erbfolge 569 1 ff - Annahme der Erbschaft 569 20 - des Erben 569 11 ff, 20 ff - der Erbengemeinschaft 569 14 - Kündigungsfrist 569 1 7 , 2 4 - Kündigungsrecht bei Doppelstellung als Erbe und Familienangehöriger 569 a 49 - Kündigungsrecht des Vermieters 569 15 f, 20 - Kündigungstermin 569 18 ff; 569 a 50 - beiNachlaßverwaltung569 21 - Sozialklausel 569 9 - bei Testamentsvollstreckung 569 21 - Wohnraum 569 10,16; 569 a 38 ff, 48 ff Versetzung von Beamten 570 16 ff bei Verweigerung der Erlaubnis zur Untervermietung 549 33 f Zwangsversteigerung vor 537 12; 564 33 außerordentliche fristlose Kündigung Angabe der Gründe 564 16; 564 a 19 Begriff und Arten 564 34 ff Bestandsschutz 564 b 18 Gesundheitsgefährdung 544 1 ff - abweichende Vereinbarungen 544 24 - Ausschluß des Kündigungsrechts 544 22 ff - Beweislast 544 25 - Einzelfälle 544 16 - Erheblichkeit 544 10 ff Konkurrenzen 542 6; 5 5 3 11 Kündigung aus wichtigem Grund 553 4 ff Nichtgewährung des Gebrauchs 542 1 ff - Ausschluß des Kündigungsrechts 542 40 ff (1447)

- Beweislast 542 44 - Erheblichkeit der Störung 542 18 ff - Fristsetzung 542 23 ff - Gebrauchsentziehung 542 13 ff - Nichtgewährung des Gebrauchs 542 8 ff - Schadensersatz 542 38 f - Umdeutung 542 37 Sozialklausel 556 a 14; 556 b 11 Unzumutbarkeit der Fortsetzung des Mietverhältnisses 554 a 1 ff - Abmahnung 554 a 13 - Beweislast 554 a 31 - Einzelfälle 554 a 17 ff - Erfüllungsgehilfe 554 a 16 - Störung des Hausfriedens 554 a 22 ff - Vertragsverletzung 554 a 9 ff - Unzumutbarkeit 554 a 27 ff vertragswidriger Gebrauch 553 1 ff - Abmahnung 5 5 3 20 ff - abweichende Vereinbarungen 553 36 - Beweislast 553 37 - Einzelfälle 553 18 - Erfüllungsgehilfe 553 16 - Erheblichkeit der Vertragsverletzung 553 24 ff - Fortsetzung des vertragswidrigen Gebrauchs 553 20 ff - Gefährdung der Mietsache 5 5 3 30 f - Rücktrittsrecht des Vermieters 553 10 - Schadensersatz 5 5 3 12 f - Teilkündigung 5 5 3 14 - unbefugte Überlassung an Dritte 553 29 - vertragswidriger Gebrauch 553 16 ff Zahlungsverzug 554 1 ff - abweichende Vereinbarungen 554 44 - Aufrechnung nach Kündigung 554 29 ff - Ausschluß des Kündigungsrechts 554 26 ff - vorherige Befriedigung des Vermieters 554 26 ff - Beweislast 554 48 - Irrtum über Zahlungspflicht 554 16 - Nebenkosten 554 8 - Prozessuales 554 47 - Verzug in Höhe von zwei Monatsraten 554 18 ff - Verzug an zwei aufeinanderfolgenden Terminen 554 7 ff - Wohnraummiete 554 33 ff - dauernde unpünktliche Zahlung 554 21 Automatenaufstellvertrag vor 535 51 ff Form 566 10 Kauf bricht nicht Miete 5 7 1 1 5 Kündigungsfrist 565 72 f

Baukostenzuschuß vor 535 124 ff Ausgleich bei Eintritt in Mietverhältnis 569 a 33

Baukostenzuschuß Sachregister Eigenturaserwerb 573 10 Eigentumswechsel 571 68 Mieterhöhung Art 3 § 1 2 2 ff als Mietvorauszahlung 557 a 7 , 2 0 f, 26 verlorener vor 535 128; 557 a 7 Verwendungen des Mieters 547 30 Wegnahmerecht des Mieters 547 a 31 bauliche Veränderung Modernisierungsmaßnahmen, s dort Raummiete 535 59 ff Rückgabepflicht 556 18, 51 durch Untermieter 556 51 Beamte Kündigungsrecht bei Versetzung 570 7, 10 ff Bedienstetenwohnung Kündigungsrecht 564 b 9, 115 Mietzinsbeschränkung vor 535 14 Bedingung auflösende, s auflösend bedingter Mietvertrag aufschiebende, s aufschiebend bedingter Mietvertrag Beendigung des Mietverhältnisses durch Kündigung 564 7 ff durch sonstige Umstände 564 44 ff durch Zeitablauf 564 3 ff; 564 a 26, 27 Beförderungsvertrag vor 535 85 befristetes Mietverhältnis Beendigung 564 3 ff; 564 b 10,11; 565 6, 24; 565 b - 5 6 5 e 24 Begriff 564 3 f Bestandsschutz - Ablehnung des Fortsetzungsverlangens durch den Vermieter Art 2 20 ff, 28 ff - Abschlußzeitpunkt des Mietverhältnisses Art 2 10 ff - Anspruch des Mieters auf Fortsetzung des Mietverhältnisses Art 2 27, 30 - Ausnahmetatbestände Art 2 35 - Beendigung des Mietverhältnisses durch Zeitablauf Art 2 14 - Befristung des Mietverhältnisses Art 2 6 - berechtigtes Interesse des Vermieters an der Beendigung des Mietverhältnisses Art 2 20 ff, 28 ff - Einliegerwohnraum Art 2 22 f, 28 f - Einverständnis des Vermieters mit Fortsetzungsverlangen Art 2 31 f - Form Art 2 17,24, 30 - Fortsetzungsverlangen des Mieters Art 2 15 ff, 33 ff - Mietverhältnis über Wohnraum auf bestimmte Zeit Art 2 5 ff - möblierter Wohnraum Art 2 35 - Nachschieben von Gründen Art 2 26 - Optionsrecht Art 2 9 - Schutzrechte des Mieters bei Ablehnung des Fortsetzungsverlangens Art 2 29 - Sozialklausel Art 2 1, 29; s auch dort

- Unabdingbarkeit Art 2 36 f - Verlängerung des Mietverhältnisses Art 2 27 ff - Verlängerungsklausel Art 2 7 Sozialklausel 556 b 1 ff über Wohnraum mit Verlängerungsklausel - Kündigung 565 a 9 ff - Sozialklausel 556 a 5; 556 b 7; 565 a 13 - Unabdingbarkeit 565 a 23 ff - Verlängerung 565 a 8 , 1 2 f - Verlängerung durch Fortsetzung des Gebrauchs 565 a 7 - Verlängerung, mehrfache 565 a 8 , 1 2 f - Verlängerungsklausel 556 a 5; 556 b 7; 564 6 , 1 8 ; 564 a 10; 564 b 14; 565 6 , 1 0 , 61; 565 a 6 ff; 565 b - 5 6 5 e 23; 566 12 Werkmietwohnung 565 b - 5 6 5 e 24 Begründung s Angabe der Kündigungsgründe Beherbergungs vertrag vor 535 58 ff; 565 66 Belästigungen 554 a l l ; 564 b 44 Belegarzt vertrag vor 535 61; 565 67 Belegungsvertrag mit Sozialversicherungsträgcrn vor 535 60; 565 67 Belehrung über Widerspruchsrecht bei Kündigung 556 a 65; 564 a 5 , 1 8 , 24 ff berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses über Wohnraum 556 a 45 ff; 564 b 22 ff Abmahnung zu vertragsgemäßem Verhalten 564 b 26, 3 7 , 4 1 Abwägung gegen Härtegründe auf Seiten des Mieters 556 a 45 ff; 556 b 14, 19,21 Alten- und Altenpflegeheim 564 b 9 Angabe der Gründe im Kündigungsschreiben 554 a 45; 564 a 16 ff; 564 b 121 ff Arbeiterheim 564 b 9 f auflösende Bedingung 564 b 16 Ausnahmetatbestände 564 b 141 ff außerordentliche befristete Kündigung 564 b 13 außerordentliche fristlose Kündigung 564 b 18 Bedienstetenwohnung 564 b 9 , 1 1 5 Betriebsbedarf 564 b 104,106 ff; 565 b - 5 6 5 e 29, 31, 67 Eigenbedarf des Vermieters 564 b 2 2 , 4 7 ff Einliegerwohnraum 564 b 9, 141 ff Kündigung aus sonstigen Gründen 564 b 104 ff; 565 b - 5 6 5 e 29, 31, 67 Mehrheit von Vermietern 564 b 54 Mietaufhebungsvertrag 564 b 19,159 Nachschieben von Kündigungsgründen 564 b 125 ff nachträglich entstandener Kündigungsgrund 564 b 126 ff öffentliches Interesse 564 b 112 ff (1448)

Betriebskosteil Sachregister Optionsrecht 564 b 15 ordentliche Kündigung 564 b 12 Resozialisierungsheim 564 b 9 Schadensersatz wegen unberechtigter Kündigung 564 b 134 ff Seniorenheim 564 b 9 Sonderkündigungsrechte des Vermieters 564 b 141 ff Sozialwohnung 564 b 113 ff Studentenwohnheim 564 b 9 Tod des Mieters 569 10 Umdeutung von Kündigungen 564 b 132 ff Unabdingbarkeit 564 b 157 ff Untermietverhältnis 564 b 9, 148 Unzumutbarkeit einer längeren Fortsetzung des Mietverhältnisses 564 b 119 Verhinderung wirtschaftlicher Verwertung des Grundstücks 564 b 83 ff Verlängerungsklausel 564 b 14 Vertragspflichtverletzungen des Mieters 564 b 31 ff Wartezeit nach Begründung von Wohnungseigentum 564 b 73 ff; Art 5 3 Zahlungsverzug des Mieters 564 b 37 ff Bereicherungsanspnich Gebrauchsüberlassung ohne Vertrag vor 535 94 nicht abgewohnte Mietvorauszahlung 557 a 19 ff Verwendungsersatzanspruch des Mieters 547 26 f Vorenthaltung der Mietsache 557 66 ff Wegnahmerecht des Mieters 547 a 6 Bergarbeiterwohnung 565 b - 565 e 16 s auch Bergmannswohnungen Bergmannswohnungen Abschreibung Art 3 § 7 9 bauliche Veränderungen Art 3 § 7 9, 16 Bergarbeiter- und Bergmannswohnungen Art 3 § 7 3 f, 7; s auch Bergarbeiterwohnung Betriebskosten - Erhöhung Art 3 § 7 5, 9,16 - Ermäßigung Art 3 § 7 17 Bewirtschaftungskosten Art 3 § 7 8 f Fremdkapitalkosten Art 3 § 7 5 Instandhaltungskosten Art 3 § 7 5, 8, 17 Kapitalkosten Art 3 § 7 6 , 9 , 1 6 f Kündigungsrecht des Mieters Art 3 § 7 14; Art 3 § 9 5 ff Mietausfallwagnis Art 3 § 7 9 Mieterhöhungserklärung Art 3 § 7 11 ff; Art 3 § 8 4 ff Mietverhältnis über Bergmannswohnung Art 3§77 Mietzins - Erhöhung Art 3 § 7 7 ff, 13,15 f - Herabsetzung Art 3 § 7 17 Verwaltungskosten Art 3 § 7 8,17 Wirtschaftlichkeitsberechnung Art 3 § 7 8 (1449)

Berlin Berlin-Klausel Art 7 Geltung des WKSchG II Art 5 Beseitigungsanspruch des Mieters - wegen Abnutzung der Mietsache 548 1 - wegen Rechts eines Dritten 541 20 - wegen Sachmangels 538 48 des Vermieters - wegen baulicher Veränderungen 547 18; 55618 Besichtigungsrecht des Vermieters 535 138 f Besitz an der Mietsache 535 22 Bestandsschutz s befristetes Mietverhältnis s berechtigtes Interesse an der Beendigung eines Mietverhältnisses über Wohnraum s Betriebsbedarf als Kündigungsgrund s Eigenbedarf des Vermieters s Sozialklausel s Verhinderung wirtschaftlicher Verwertung des Grundstücks als Kündigungsgrund s Vertragspflichtverletzung des Vermieters als Kündigungsgrund Betriebsbedarf als Kiindigungsgrund 564 b 104, 106 ff; 565 b-565 e 29, 31, 67 Betriebskosten Abrechnung über Vorauszahlungen Art 3 § 4 11 ff abweichende Vereinbarungen - über Abrechnungspflicht Art 3 § 4 17 - über Recht zur Umlegung erhöhter Betriebskosten Art 3 § 4 43 f Begriff Art 3 § 4 5 f Betriebskostenpauschale Art 3 § 4 8,15,17 Erhöhung der Betriebskosten Art 3 § 4 19 ff Ermäßigung der Betriebskosten Art 3 § 4 34 ff Grundsteuermehrbelastung Art 3 § 4 4, 6, 28 Herabsetzung des Mietzinses bei Ermäßigung der Betriebskosten Art 3 § 4 33 ff - Ermäßigung der Betriebskosten Art 3 § 4 34 ff - Form der Erklärung Art 3 § 4 39 - Mitteilung der Ermäßigung Art 3 § 4 37 f - Rückzahlung zuviel entrichteten Mietzinses Art 3 § 4 42 - Wirkungseintritt Art 3 § 4 40 ff Kündigungsrecht des Mieters bei Umlegung erhöhter Betriebskosten Art 3 § 4 18; Art 3 § 9 5 ff Mieterhöhung - Ausschluß Art 3 § 4 17 - Wirkungseintritt Art 3 § 4 26 ff Mieterhöhungserklärung Art 3 § 4 23 ff - Form Art 3 § 4 23; Art 3 § 8 4 ff - Inhalt Art 3 § 4 24 Mietzins

Betriebskosten Sachregister - Erhöhung Art 3 § 4 24 ff - Herabsetzung Art 3 § 4 33 ff, 38 RückZahlungsanspruch des Mieters Art 3 § 4 42 Umlegung erhöhter Betriebskosten Art 3 § 4 16 ff Verletzung der Pflicht zur Herabsetzung des Mietzinses Art 3 § 4 43 f Vorauszahlungen Art 3 § 4 5 ff Betriebskostenpauschale Art 3 § 4 8 , 1 5 , 1 7 Betriebsrat Zustimmung zur Kündigung 565 b - 5 6 5 e 2 Betriebswohnungen 565 b - 5 6 5 e 19 bewegliche Mietsache s Fahrnismiete Beweislast Anzeigepflicht des Mieters bei Mangel 545 29 Arglist des Vermieters 540 10 Belastung des Grundstücks 577 28 Duldungsanspruch bei Erhaltung, Verbesserung der Mietsache 541 a 43 Fälligkeit des Mietzinses 551 1 Form 566 69 Gesundheitsgefährdung 544 25 Heizungskosten 535 87 Kündigung wegen Mieterhöhung Art 3 § 1 8, 17 Mängel der Mietsache 535 153; 5 3 7 62; 538 50; 541 31; 548 16 ff Mängelkenntnis des Mieters 539 25 Mietvertrag, Zustandekommen 535 152 Nebenabreden bei Vertragsurkunde 566 70 Nichtgewährung des Gebrauchs 542 1 ff Selbsthilferecht des Vermieters 561 50 f Sozialklausel 556 a 77; 556 c 27, 30 Unzumutbarkeit der Vertragsfortsetzung 554 a 31 Veräußerung des Grundstücks 571 98 Verbesserungsmaßnahmen 541 a 43 Verhinderung wirtschaftlicher Verwertung 564 b 83 Vermieterpfandrecht 559 70 f; 560 34; 561 50 f Vertragspflichtverletzungen des Mieters 564 b 36 vertragswidriger Gebrauch 550 21 ; 553 37 Verwendungsersatzanspruch 547 33 Wegnahmerecht 547 a 33 Zahlungsverzug 554 48 Bierlieferungsvertrag 565 69 Bodenschätze Ausbeutung vor 535 30; 5 7 1 1 6 Bordellmiete vor 535 151 Bruchteilsgemeinschaft vor 535 74, 99

Campingplatz Stellplatzvermietung 565 69

Chartervertrag als Frachtvertrag 580 a 2 culpa in contrahendo vor 535 91; 558 9

Darlehen des Mieters vor 535 123; 557 a 7 , 2 7 Dauerwohnrecht vor 535 40; 541 9; 577 4 f Deutscher Einheitsmietvertrag vor 535 146 Dienstbarkeit 541 9; 577 23 ff Dienstverhältnis 565 b - 5 6 5 e 7 ff Dienstwohnungen s Werkdienstwohnungen dingliche Rechte 577 1; vor Art 3 46 Doppelvermietung 535 9; 541 16 ff Dritte Übertragung der Mieterrechte 549 6 ff unbefugte Überlassung der Mietsache 553 29 Duldung Erhaltung und Verbesserung der Mietsache 541 a 1 ff

Ehegatten als Mitmieter vor 535 104 ff Sonderrechtsnachfolge in Mietverhältnis 569 a 1 ff; 569 b 1 ff Eigenbedarf des Vermieters 556 a 50 ff; 556 b 19; 556 c 10; 564 b 2 2 , 4 7 ff Benötigen der Wohnung 564 b 65 ff Beweislast 564 b 51, 139 Eigentumswohnung 564 b 73 ff; Art 5 3 Einzelfälle 564 b 72 Familienangehörige 564 b 56, 60 ff Hausgehilfen 564 b 57, 59 Hausstandsangehörige 564 b 56 ff juristische Person als Vermieter 564 b 55, 106 ff Mehrheit von Vermietern 564 b 54 Pflegepersonen 564 b 5 7 , 5 9 selbstverschuldeter Eigenbedarf 564 b 70 f Vermieter 564 b 52 vorgetäuschter Eigenbedarf 564 b 134 Wartezeit nach der Begründung von Wohnungseigentum 564 b 73 ff; Art 5 3 Eigenschaft, zugesicherte s Sachmängelhaftung Eigentum Erwerb durch Mieter 564 58 Veräußerung, s Veräußerung des Grundstücks Vermietung bei fehlendem Eigentum des Vermieters 535 6; 5 4 1 1 5 Eigentumswohnung Kündigung wegen Eigenbedarfs 564 b 73 ff; Art 5 3 Einbringung Sachen des Grundstücksmieters 559 9 ff (1450)

Flugzeugmiete Sachregister Einheitsmietvertrag vor 535 146 Einliegerwohnraum 564 b 9, 141 ff Kündigung zum Zweck der Mieterhöhung 564 b 1 5 3 Kündigungsfrist 564 b 150 Kündigungsschreiben 564 b 151 Wohngebäude 564 b 144 Wohnraum innerhalb der vom Vermieter bewohnten Wohnung 564 b 148 Wohnung 564 b 143 Einrichtungen des Mieters Begriff 5 4 7 a 8 ff Rückgabe der Mietsache 556 16 f, 51 unentgeltliche Überlassung 547 a 28 Wegnahmerecht des Mieters, s dort Zulässigkeit 547 a 3 Einsturzgefahr als Gesundheitsgefährdung 544 16 Eintritt in Mietverhältnis des Ehegatten 569 a 4 ff; 569 b 4 ff von Familienangehörigen 569 a 17 ff Fortsetzung des Mietverhältnisses, s dort des Grundstückserwerbers 571 46 ff Energielieferung als Vermieterpflicht 535 97 Entziehung Gebrauch der Mietsache 541 10 ff Erbbaurecht 5 4 1 9; 577 3 Erbe Fortsetzung des Mietverhältnisses 569 1; 569 a 4 6 ff Haftung für Mietschulden 569 a 27 ff Kündigungsrecht 569 11 ff; 569 a 48 ff Erfüllungsgehilfe 535 31; 554 a 16 Erfüllungsort Mietzinszahlung 535 112 Rückgabe der Mietsache 556 25 f Erhaltungsmaßnahmen abweichende Vereinbarungen 541 a 41 Begriff 5 4 1 a 8 ff Beweislast 5 4 1 a 4 3 Duldungspflicht des Mieters 541 a 4 ff, 16 f Gegenansprüche des Mieters 541 a 18 f durch Mieter 535 129 ff, 151; 547 10 ff Erhaltungspflicht des Vermieters 535 32 ff; 548 1 Erhöhung des Mietzinses 535 108 ff s auch Mieterhöhung Erlöschen Dauerwohn-, Dauernutzungsrecht 564 59; 564 b 2 1 Jagdpachtvertrag 564 61 Vermieterpfandrecht, s dort Ersatzanspruch abweichende Vereinbarungen 547 30 ff notwendige Verwendungen des Mieters 547 10 ff sonstige Verwendungen des Mieters 547 1 9 ff (1451)

Ersatzmieter 552 31 ff; 564 45, 48 Ersatzwohnraum Beschaffungsschwierigkeit als Härtegrund 556 a 2 7 f Etagenheizung 535 78 Eviktionshaftung 5 4 1 2

Fälligkeit Heizungskosten 535 86 Mieterhöhung, s dort Mietzins 5 5 1 1 ff Schönheitsreparaturen 535 142, 145 f Fahmismiete Annahmeverzug des Mieters vor 537 18 Aufrechnungsverbot 552 a 2 Begriff 535 2 Duldungspflicht des Mieters bei Erhaltungsmaßnahmen 541 a 4 Erhaltungspflicht des Vermieters 535 32 ff, 46

Fortsetzung des Gebrauchs nach Kündigung 568 1 ff Kauf bricht nicht Miete 571 26 Kündigung 567 5 ff Kündigungsfrist 565 63 langfristige 566 5 Vermieterpfandrecht 559 7 Fahrzeug Außenflächenvermietung vor 535 89 Vermietung mit Bedienungspersonal vor 535 3 6 ; 565 6 8 Familie Begriff 565 52 ff Kündigung bei Mietverhältnis über möblierten Wohnraum in Wohnung des Vermieters 565 51 ff Familienangehöriger Sonderrechtsnachfolge 569 a 18 ff Fehler s Sachmängelhaftung Fernsehen 535 67 Fernsprechanschluß 535 66 Fernsprechverhältnis vor 535 88 Festmiete 535 105; Art 3 § 1 1 6 Feuchtigkeit als Gesundheitsgefährdung 544 16 Feuerversicherungsprämie 546 7 Filmverleihvertrag vor 535 78; 565 68 Filmverwertungsvertrag vor 535 79 Finanzierungs-Leasing vor 535 46 Finanzierungsbeiträge des Mieters vor 535 123 ff; 557 a 7 Fixgeschäft 535 26, 121 Fixschuld Mietzinszahlung 535 121 Flugzeugmiete 580 a 5

Form Sachregister Form Formmangel 566 55 ff Grundstücksmiete 566 5 ff Kündigung, s dort Mieterhöhung, s dort Sozialklausel, s dort Formularvertrag Aufrechnungsausschluß 552 a 12 Ausschluß der Mängelhaftung 537 60; 538 45; 5 4 0 1 ff; 541 30 Beweislastverteilung bei Schäden an Mietsache 548 20 Duldungspflichten des Mieters 541 a 3 Fälligkeit des Mietzinses 551 6 Mieterhaftung für Zufallsschäden 548 14 Mietvertrag vor 535 9 7 , 1 4 5 f Schadenspauschalierung 550 a 13 Schönheitsreparaturen 535 142 a Vertragsstrafe 550 a 14 Zurückbehaltungsrecht des Mieters 552 a 12 Fortsetzung des vertragswidrigen Gebrauchs 55011 Fortsetzung des Mietverhältnisses mit überlebendem Ehegatten 569 b 10 ff Eintritt in Mietverhältnis, s dort mit Erben 569 1; 569 a 46 ff durch Gebrauch der Mietsache nach Ablauf der Mietzeit 568 1 ff aufgrund Sozialklausel, s Sozialklausel Fortsetzungsurteil 556 a 75 ff Franchising vor 535 77 Frist s Kündigungsfrist s Sozialklausel fristlose Kündigung s außerordentliche fristlose Kündigung Fürsorgepflicht des Vermieters 535 2 4 , 4 0 , 96 Fütterungskosten 547 29 Fußböden Verschlechterung 548 3 , 1 0

Garage 565 21, 28; vor Art 3 41 Garantiehaftung vor 537 5; 538 3 ff Gastarbeiter 537 20; 556 a 93 Gastwirtschaft 565 69 Gebrauch Fortsetzung nach Ablauf der Mietzeit 568 1 ff Verhinderung des Mieters 552 11 ff vertragsmäßiger 535 54 ff vertragswidriger 550 1 ff; 553 15 ff; 564 b 41 vorübergehender 556 a 88 ff; 564 a 31; 564 b 155; 565 55; 565 a 4, 10,23; Art 2 35; Art 3 § 10 11, 34 Gebrauchsentziehung 5 4 1 1 0 ff; 542 13 ff

Gebrauchspflicht 535 126 ff Gebrauchsüberlassung an Dritte - Begriff 549 3 ff - Beweislast 549 71 - Erfüllungsgehilfe 549 69 - Erlaubnis des Vermieters 549 23 ff - Haftung des Untermieters 549 67 - Herausgabeanspruch gegen Dritte, s dort - Kündigungsrecht des Mieters bei Verweigerung der Erlaubnis 549 30 ff, 43 - Kündigungsrecht des Vermieters bei unbefugter Überlassung 549 60; 553 27, 29 - Schadensersatz bei Verweigerung der Erlaubnis 549 43 - Übertragung der Mieterrechte auf Dritte 549 6 ff - Untermiete, s dort - Verpflichtung zur Erteilung der Erlaubnis 549 2 8 , 3 7 - Verweigerung der Erlaubnis 549 31 f - Widerruf der Erlaubnis 549 29 f - Wohnraummiete 549 37 ff an Mieter, s Überlassung der Mietsache Gebrauchswert der Mietsache s Modernisierungsmaßnahmen Gebrechen als härtebegründender Umstand 556 a 38 f Gefahr bevorstehende als Fehler der Mietsache 537 6 Geisteskrankheit des Mieters 553 9; 564 b 119 Geistliche Kündigungsrecht bei Versetzung 570 8 , 1 0 ff gemeinnützige Wohnungsunternehmen vor Art 3 44; A r t 3 § 2 45; A r t 3 § 10 32 gemeinschaftliches Mietverhältnis von Eheleuten 569 b 5 ff s auch Mehrheit von Beteiligten gemischter Vertrag vor 535 44 ff; 556 8; 565 64 ff; 566 8; 571 17 Genossenschaftswohnung 564 b 111; 565 a 4; 565 b - 5 6 5 e 19; 571 24 gerichtliche Räumungsfrist 556 a 36, 66; 557 26, 60 ff; 564 b 156 Gerüche Gebrauchsentziehung 542 14 Gesundheitsgefährdung 544 16 Gerüstmiete vor 535 85 Gesamtgläubiger vor 535 9 8 , 1 0 1 Gesamthand s Mehrheit von Beteiligten Gesamtrechtsnachfolge 569 1 Gesamtschuldner vor 535 98, 101 Geschäftsführung ohne Auftrag Verwendungen des Mieters 547 21 ff Geschäftsgrundlage, Wegfall vor 537 27 ff; 564 57; 564 b 21; Art 3 § 1 2 5 (1452)

Sachregister Geschäftsraummiete Abgrenzung vor 535 23 ff; 580 8 Änderung des Gewerbes 535 57 Aufrechnungsverbot 552 a 2 Außenwand 535 11 Baukostenzuschuß vor 535 129 Begriff vor 535 23, 26 ff; 565 28; 580 8 Duldungspflicht des Mieters bei Erhaltungsmaßnahmen 541 a 4 Fehler der Mietsache 537 22 ff Form 566 51 Garage 565 2 1 , 2 8 Konkurrenzschutz 535 35 ff Mischmietvertrag, s dort Sozialklausel 556 a 6 Veräußerung des Grundstücks 5 7 1 1 4 Geschäftsveräußerung 549 18 Geschirrspülautomat 535 65 Geschlechtsverkehr als Kündigungsgrund 554 a 21 gesetzliche Kündigungsfrist außerordentliche befristete Kündigung 565 74 ff bewegliche Sachen 565 63 Grundstücke, Räume, eingetragene Schiffe 565 15 ff Mischverträge, Sonderformen 565 64 ff möblierter Wohnraum 5 6 5 44 ff Wohnraum 565 30 ff Gestaltungsurteil Fortsetzung des Mietvertrags 556 a 76 Mieterhöhung Art 3 § 2 114 Gesundheitsgefährdung als Kündigungsgrund 544 1 ff Gewährleistungshaftung s Rechtsmängelhaftung s Sachmängelhaftung Gleitklausel s Mietanpassungsklausel grobfahrlässige Unkenntnis des Mieters über Mangel 539 13 ff Grunddienstbarkeit 5 4 1 9 ; 577 23 ff Grundmiete vor Art 3 63 Grundstück Begriff 565 15 Verhinderung wirtschaftlicher Verwertung 564 b 83 ff Grundstücksmiete Ausbeutung von Bodenschätzen vor 535 30; 571 16 Bebauung durch Mieter vor 535 28; 547 3 ff, 12 Begriff vor 535 23; 580 1 ff Belastung des Grundstücks 577 1 ff Duldungspflicht des Mieters bei Erhaltungsmaßnahmen 541 a 4 Einbringung von Sachen 559 9 ff Entfernung eingebrachter Sachen 560 8 ff Fälligkeit des Mietzinses 5 5 1 3 (1453)

Fixgeschäft 552 4 Fortsetzung des Gebrauchs 568 1 ff Gesamtrechtsnachfolge 569 1 Größe, zugesicherte 537 45 Kündigungsfrist, gesetzliche 565 15 ff, 30 ff Schadensersatz wegen Nichtrückgabe der Sache, s dort Sozialklausel 556 a 6 Tankstellenvertrag vor 535 57 ff; 565 71 Tod des Mieters 569 1 ff Veräußerung des Grundstücks, s dort Vermieterpfandrecht, s dort Zurückbehaltungsrecht des Mieters 556 32 ff, 52 Grundstücksteile 580 2 Grundstücksveräußerung s Veräußerung des Grundstücks Grundstücksverkauf Finanzierungsbeiträge des Mieters vor 535 130, 134 Kauf bricht nicht Miete 571 1 ff Vermieterpfandrecht 559 61 gutgläubiger Erwerb Grundstückseigentum 571 25 Vermieterpfandrecht 559 4, 29

Härte, ungerechtfertigte bei Anwendung der Sozialklausel 556 a 20 ff; 556 b 13, 16 f, 20 f; 556 c 7 ff Haftung nach Bereicherungsrecht bei Mietvorauszahlung 557 a 19 des Mieters für Dritten bei Gebrauchsüberlassung 549 69 Rechtsmängelhaftung, s dort nach Rücktrittsrecht bei Mietvorauszahlung 557 a 17 f Sachmängelhaftung, s dort des Untermieters 549 66 des Vermieters nach Eigentumswechsel 571 85 ff Hamburg Geltung des WKSchG Art 6 Hausfrieden Störung 554 a 22 ff Hausmeistervertrag vor 535 65; 565 69; 565 b - 5 6 5 e 14, 53 ff Hausordnung vor 535 140 ff; 554 a 23 Hausratsverordnung Bestandsschutz Art 2 6 eheliche Wohnung vor 535 113 Hausstand, temeinsamer Ehegatten 569 a 9 f; 569 b 8 Familienangehörige 569 a 20 Heimpflegevertrag vor 535 64; 565 67 Heizung Abrechnung 535 86 f

Heizung Sachregister Betriebskosten, s dort Beweislast 535 87 Einbau als Verbesserungsmaßnahme 541 a 25 Heizkostenpauschale 535 88 Heizperiode 535 79 f Heizungsanlage als Mietereinrichtung 547 a 10 Kaltmiete 535 84 Kosten 535 85 f mangelhafte 535 17; 542 14; 544 16 Mietpreisbindung 535 82 Obhutspflicht des Mieters 535 131 Umlage 535 82 Umlegungsmaßstab 535 85 Umstellung als Verbesserungsmaßnahme 5 4 1 a 25 Vorschußpflicht 535 58 Wärme, erforderliche 535 79 Warmmiete 535 84 Hemmung Verjährung 558 29 Herausgabeanspruch gegen Dritte 556 36 ff - Beendigung des Hauptmietverhältnisses 55643 - Beseitigung von Einrichtungen, baulichen Veränderungen 556 51 - Einwendungen des Dritten 556 37 - Inhalt der Herausgabepflicht 556 49 ff - Klage 556 53 - rechtliche Konstruktion 556 37 - Zurückbehaltungsrecht 556 52 gegen Mieter - Beendigung des Mietverhältnisses 556 5 - Inhalt der Rückgabepflicht 556 6 ff - Konkurrenzen 556 29 f - Ort der Rückgabe 556 25 - prozessuale Durchsetzung 556 27 f - Rückgabe der Mietsache, s dort - Vermieterpfandrecht 5 6 1 23 ff - Zeitpunkt der Rückgabe 556 21 ff - Zurückbehaltungsrecht 556 31 ff Hinderungsgründe in Person des Mieters 552 14 ff Hotelaufnahmevertrag vor 535 59; 556 a 91 ; 565 66 Hundehaltung 535 76

Immissionen 537 4 , 2 8 Inkrafttreten des WKSchG II Art 8 Instandhaltungspflicht s Erhaltungspflicht Interesse s berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses über Wohnraum

s öffentliches Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses über Wohnraum Interessenabwägung Härtegründe und Vermieterinteressen 556 a 54 ff; 556 b 1 4 , 1 9 , 2 5

Jagdpachtvertrag 564 61 juristische Person als Mieter 556 a 7; 565 40; 565 a 4; 569 8 als Vermieter 564 b 55, 106 Untergang 564 62

Kaltmiete 535 84; vor Art 3 52 Kapitalkosten abweichende Vereinbarungen Art 3 § 5 27 Anfrage des Mieters nach der Höhe dinglich gesicherter Darlehen Art 3 § 5 29 ff Ausschluß des Rechts zur Mieterhöhung Art 3 § 5 27 ff Begriff Art 3 § 5 6 Beweislast Art 3 § 5 35 Darlehen A r t 3 § 5 8 f , 3 9 f dingliche Sicherung von Baudarlehen Art 3§5 9 Eigenkapitalkosten Art 3 § 5 2 , 6 Erhöhung der Kapitalkosten Art 3 § 5 6 ff Ermäßigung der Kapitalkosten Art 3 § 5 37 ff, 43 Ermäßigung des Zinssatzes Art 3 § 5 38 f Form der Mieterhöhungserklärung Art 3 § 5 2 1 ; Art 3 § 8 4 ff Fremdkapitalkosten Art 3 § 5 2 , 6 , 9 Herabsetzung des Mietzinses bei Ermäßigung des Zinssatzes Art 3 § 5 37 ff Kündigungsrecht des Mieters bei Umlegung erhöhter Kapitalkosten Art 3 § 5 5; Art 3 § 9 5 ff Mieterhöhung - Ausschluß A r t 3 § 5 27 ff - Wirkungseintritt Art 3 § 5 23 ff Mietzins - Erhöhung Art 3 § 5 4 ff - Herabsetzung Art 3 § 5 37 ff RückZahlungsanspruch des Mieters Art 3 § 5 46 Stichtagsregelung Art 3 § 5 14 f Umlegung erhöhter Kapitalkosten Art 3 § 5 4 ff Verletzung der Pflicht zur Herabsetzung des Mietzinses Art 3 § 5 47 f Zinsen Art 3 § 5 10 f Zinssatz Art 3 § 5 12 - Erhöhung Art 3 § 5 7, 10,12 - Ermäßigung Art 3 § 5 38 f (1454)

Kündigungsfrist Sachregister Kauf Abgrenzung zur Miete vor 535 37 f Kombination mit Miete vor 535 90 Kauf bricht nicht Miete 5 7 1 1 ff Kaution vor 535 137 ff Kenntnis des Mieters Gesundheitsgefährdung 544 22 Rechtsmangel 5 4 1 2 7 Sachmangel 539 1 ff, 8 ff Kinderlosigkeitsklausel vor 535 152 Kinderreichtum als härtebegründender Umstand 556 a 41 Kinowerbevertrag vor 535 79 Kleintierhaltung 535 75 KonditionenkarteLl der Vermieter vor 535 3 Konkurrenzschutz 535 35 ff Konkurs Einfluß auf Mietvertrag 535 122 f Mehrheit von Beteiligten vor 535 101 Vermieterpfandrecht 560 27; 563 12 ff Konzessionsverträge vor 535 87 Kostenmiete vor Art 3 8, 22, 3 1 , 5 2 , 57; Art 3 §6 8 Kraftfahrzeugvermietung vor 535 150 Krankenhausaufnahmevertrag vor 535 62 f; 565 67 Krankheit als härtebegründender Umstand 556 a 38 f; 556 c 9, 13 des Mieters 535 95; 548 3; 552 20 Kündigung Abgrenzung zur Ablehnung der Fortsetzung des Mietverhältnisses mit Verlängerungsklausel 565 a 9, 16 Angabe der Gründe im Kündigungsschreiben 564 16; 564 a 16 ff; 564 b 121 ff Arten 564 30 ff; 564 a 9 Ausschluß, vertraglicher 564 11 f außerordentliche 564 16, 31 ff; 564 b 13, 18; 565 6, 74 ff; s auch außerordentliche befristete / fristlose Kündigung bedingte 564 19 ff Begründung 564 16; 564 a 16 ff Dreißigjahresvertrag 567 5 ff durch Ehegatten 564 23; 569 b 14; s auch Kündigungsfrist Eigentumswechsel 564 14; 565 36; 571 57, 67,91 Eigentumswohnung 564 b 73 ff; Art 5 3 Einwendungen 564 9 durch Erben 569 11 ff Erklärung 564 8 ff; 564 a 7 ff; 564 b 121 ff; 565 9, 13; 565 b - 5 6 5 e 25, 64 f Form 564 28 f; 564 a 7 ff, 11; 565 a 10, 16 Frist, s Kündigungsfrist Grund - s außerordentliche befristete Kündigung - s außerordentliche fristlose Kündigung (1455)

- s berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses über Wohnraum Inhalt 564 15 ff; 565 78 konkludentes Handeln 565 15, 28 f; 564 a 12 Lebenszeitvertrag 567 11 ff Mehrheit von Beteiligten 564 22 f; s auch dort wegen Mieterhöhung 564 17; s auch Mieterhöhung, Allgemeines Nachschieben von Gründen 556 a 45; 564 a 20; 564 b 125 ff nachträglich entstandener Grund 556 a 45; 564 b 126 ff durch Nichtberechtigte 564 10 Nichtigkeit 564 38 ordentliche 556 a 13; 564 16, 30; 564 b 12; 565 6 Rechtsnatur 564 8 Rücknahme 564 42 f Stellvertretung 564 23; 564 a 13 Tag 565 9; 565 b - 5 6 5 e 25 Teilkündigung 564 24 ff Termin 564 18; 565 12 ff; 565 b - 5 6 5 e 25, 35; 569 18 ff; 569 a 44; 569 b 14 Umdeutung 564 39 ff; 564 b 132 f; 565 78 f Verwirkung 564 36 Wechsel der Parteien 564 14; 565 36; 571 57 Werkdienstwohnung 565 b - 5 6 5 e 53 ff, 58, 61 ff, 65 Werkmietwohnung 565 b - 5 6 5 e 20 ff, 30 ff Widerruf 564 42 Widerspruch, s Sozialklausel Wirkung 564 37; 565 77 Zugang 564 8 Zustimmung Dritter 564 13 Kündigungsfrist außerordentliche befristete Kündigung 565 74 ff Begriff 565 14 Berechnung 565 9 ff, 24 ff, 31 ff bei Formmangel 566 50 ff Mietverhältnis über bewegliche Sachen 565 63 Mietverhältnis über Grundstücke, Räume, eingetragene Schiffe 565 15 ff - Abdingbarkeit 565 29 - Frist 565 24 ff - Garage 565 21, 28 - Gartenland 565 15 - Geschäftshaus 565 15 - Geschäftsräume 565 21 ff, 28 - Grundstück 565 15 ff - Mischmietverhältnis 565 22 - Raum 565 18 ff - Schiff 565 23, 28 - Wohnhaus 565 15 - Wohnraum 565 15,20, 22 Mietverhältnis über möblierten Wohnraum iS des 565 Abs 3 565 54, 57

Kündigungsfrist Sachregister -

Abdingbarkeit 565 54, 57 Beweislast 565 44 Familie 565 52 ff Frist 565 56 Mietverhältnis über Wohnraum 565 45 Teil der vom Vermieter selbst bewohnten Wohnung 565 49 - Überlassung zu nicht dauerndem Gebrauch für eine Familie 565 51 ff - Verpflichtung zur Ausstattung mit Einrichtungsgegenständen 565 46 ff Mietverhältnis über Wohnraum 565 30 ff; 565 b - 5 6 5 e 26 ff; 569 a 43; 569 b 14 - Abdingbarkeit 565 5, 58 f - Abschluß, Änderung, Aufhebung des Mietvertrags 565 35 - Frist 565 31 ff, 75; 565 a 12, 19; 565 b 565 e 30, 36; 569 a 43; 569 b 14 - Kündigung durch den überlebenden Ehegatten 569 b 14 - Mietverhältnis über Wohnraum 565 30 - Mischmietverhältnis 565 22, 30 - Rechtsnachfolge 565 36 - Überlassung von Wohnraum 565 33 ff - Überlassungszeitraum 565 4 3 - Unterbrechung der Besitzzeit 565 37 - Untermietverhältnis, Anrechnung der Besitzzeit 565 38 - Verlängerung der Kündigungsfrist 565 32 f - Werkwohnung 565 b - 5 6 5 e 26 ff, 30, 36,65 Mischverträge und Sonderformen 565 64 ff, 70 ff Kündigungstermin 564 18; 565 12 ff; 565 b - 5 6 5 e 25, 35; 569 18 ff; 569 a 44, 50;569 b 1 4

Lärmbelästigung Gebrauchsentziehung 542 14 Gesundheitsgefährdung 544 16 Störung des Mieters 535 40; 537 29 ff LAG-Wohnung 564 13; 564 b 116; vor Art 3 44; Art 3 § 1 0 32 Lasten der IVfietsache 546 1 ff Lastenausgleichsabgabe 546 7 Leasing-Vertrag Abzahlungsgesetz vor 535 49 f Ausschluß der Gewährleistung vor 535 48 a Finanzierungs-Leasing vor 535 46 Gefahrtragung vor 535 48 e Gewährleistungsrechte vor 535 47 ff Inhaltskontrolle vor 535 48 Kündigungsfrist 565 70 Minderung vor 535 48 c Operating-Leasing vor 535 47 steuerrechtliche Behandlung vor 535 50 Umgehungsgeschäft vor 535 49 Wandlung vor 535 48 b

Lebenszeitvertrag 566 14; 567 5, 11 ff Lehrer Kündigungsrecht bei Versetzung 570 9 ff Lehrlingsheim 556 a 94; 564 b 10; Art 3 § 10 34 Leihe Abgrenzung zur Miete vor 535 34 Leistungsvorbehalt Art 3 § 10 11 Lizenzvertrag vor 535 76 Luxusverwendungen Ersatzanspruch 547 20 ff

Mängelhaftung Leasing vor 535 48 a ff Mietverhältnis, s Sachmängelhaftung; s Rechtsmängelhaftung Mahnung Abmahnung, s dort Sachmängelhaftung 537 7; 538 19 ff Mangelfolgeschaden 538 27 f Maschine Vermietung mit Bedienungspersonal vor 535 3 6 ; 5 6 5 68 Mehrheit von Beteiligten Abschluß des Mietvertrags vor 535 99 Bruchteilsgemeinschaft vor 535 7 4 , 9 9 Form des Mietvertrags 566 22 Gesamthandsgemeinschaft vor 535 74, 99; 559 27 Kenntnis von Mängeln 539 11 Kündigung 564 22 f; 564 b 54 Rechtsstellung vor 535 99 ff Rückgabe der Mietsache 556 11 Tod 569 7; 569 a 6; 569 b 5 ff Untermieter 549 55 Veräußerung 5 7 1 31 ff Mietänderungsvertrag 564 17 Mietanpassungsklausel vor 535 157; 535 101; Art 3 § 1 0 2 , 1 1 f, 20 f, 26 Mietaufhebungsvertrag 556 5, 24; 557 a 8 , 1 1 ; 564 45 ff; 564 a 10, 15; 564 b 19, 159; 565 57; 565 b - 5 6 5 e i l , 15,61; 566 43, 65 Aufhebung der Kündigungswirkung 564 43 unter Bedingungen 564 48 Darlegungs- und Beweislast 564 49 Ersatzmieter 564 4 5 , 4 8 Form 564 47 über Teile der Mietsache 564 27 Miete Abgrenzung - Bestellung eines Wohnrechts vor 535 40 - Kauf vor 535 37 f - Leihe vor 535 34 - Pacht vor 535 30 ff - Verwahrung vor 535 35 - Werkvertrag vor 535 36 bewegliche Sache, s Fahrnismiete (1456)

Mieterrechte Sachregister Geschäftsraum, s Geschäftsraummiete Grundstück, s Grundstücksmiete Kombination mit Kauf vor 535 90 Raum, s Raummiete Sonderformen, gemischte Verträge vor 535 44 ff Wohnraum, s Wohnraummiete Mieterdarlehen vor 535 123; 557 a 7, 27 Mieterhöhung abweichende Vereinbarungen Art 3 § 10 7 ff Allgemeines Art 3 § 1 1 , 8 - Änderungskündigung Art 3 § 1 1 , 8 - Ausschluß der Mieterhöhung Art 3 § 1 1 1 ff, 20 ff - außerordentliche Kündigung Art 3 § 1 6 - Baukostenzuschuß Art 3 § 1 22 ff - Beweislast Art 3 § 1 8 , 1 7 - einseitige Art 3 § 1 2 - einverständliche Art 3 § 1 2 , 4 - Festmiete Art 3 § 1 1 6 - Mietherabsetzung Art 3 § 1 2 4 - Mischmietverhältnis Art 3 § 1 3 - ordentliche Kündigung Art 3 § 1 6 f, 9, 16 - ortsübliche Vergleichsmiete Art 3 § 1 4 - Staffelmiete A r t 3 § 1 5 - Umsatzmiete Art 3 § 1 1 6 - Wegfall der Geschäftsgrundlage Art 3 § 125 - Wertsicherungsklauseln Art 3 § 1 5 , 1 7 Bergmannswohnungen, s dort Betriebskosten, s dort Form der Mieterhöhungserklärung - Anfertigung mit Hilfe automatischer Einrichtungen Art 3 § 8 1 ff - Bergmannswohnungen Art 3 § 7 11 - Betriebskosten Art 3 § 4 23 - KapitalkostenArt3§521 - Modernisierungsmaßnahmen Art 3 § 3 67 - Saarland Art 3 § 6 11 - Vergleichsmieteverfahren Art 3 § 2 51 Geltungsbereich des M H R G vor Art 3 38 ff; Art 3 § 1 0 31 ff Kapitalkosten, s dort Kündigungsrecht des Vermieters Art 3§922f Modernisierungsmaßnahmen, s dort Saarland, s dort Sonderkündigungsrecht - Ausschluß Art 3 § 9 9 , 2 2 f - außerordentliche Kündigung Art 3 § 9 1, 16,22 f - Beendigung des Mietverhältnisses Art 3 § 9 16 ff - Fortsetzung des Gebrauchs Art 3 § 9 21 - Frist zur Ausübung Art 3 § 9 12 f, 15 - Kündigungsfrist Art 3 § 9 12 ff, 16 ff - Kündigungstermin Art 3 § 9 10, 17 f, 19 - Mieterhöhungsverlangen Art 3 § 9 6 ff, 21 - des Mieters Art 3 § 9 5 ff (1457)

- Nichteintritt der Mieterhöhung Art 3 § 9 19, 20 f - Vorenthaltung des Wohnraums Art 3 § 920 Zahlungsverzug Art 3 § 9 22 f Vergleichsmieteverfahren, s dort Mieterpflichten Abnahme 535 126 ff Anzeige bei Mangel oder Gefahr 545 1 ff Betrieb bei Umsatzmiete 535 128 Duldung 535 138 ff; 541 a 1 ff, 20 ff Entschädigung bei verspäteter Rückgabe 557 8 ff, 47 ff Gebrauch 535 126, 128 Gebrauchsrecht, Einhaltung der Grenzen 550 1 ff Instandhaltung 535 151 Mietzinszahlung 535 98 ff Obhut 535 129 ff; 545 1; 548 1 Offenbarung über Pfändung eingebrachter Sachen 559 67 Reinigung 535 141 Reparatur 535 133; 547 1 Rückgabe der Mietsache 556 1 ff Schadensersatz, s culpn in contrahendo; s positive Vertragsverletzung; s Unmöglichkeit; s Verzug Schönheitsreparaturen 535 142 ff; 556 15,20 Verkehrssicherung 535 150 Mieterrechte Anlagen des Mieters 535 64 ff Aufnahme von Angehörigen und Besuchern 535 92 ff Aufrechnung bei Wohnraummiete 552 a 6 f Aufwendungsersatz bei Verbesserungsmaßnahmen 541 a 36 bauliche Veränderungen 535 46, 59 ff Beleuchtung 535 45 Energielieferung 535 97 Erhaltung der Mietsache 535 32 ff; 548 1 Fürsorge und Verkehrssicherung 535 96 Fortsetzungsrecht des überlebenden Ehegatten 569 b 1 ff Heizung 535 77 ff Instandhaltung 535 41 ff Konkurrenzschutz 535 35 ff Kündigung, s dort Lärmbelästigung durch Dritte 535 40 Musikausübung 535 73 Rechtsmängelhaftung, s dort Reinigung 535 45 Rückzahlung von Mietvorauszahlungen 557 a 1 ff Rundfunk- und Fensehempfang 535 73 Sachmängelhaftung, s dort Schönheitsreparaturen 535 142 ff Sozialklausel, s dort Störungen durch Dritte 535 40 Tierhaltung 535 74 ff

Mieterrechte Sachregister Überlassung der Mietsache 535 18 ff Umfang des vertragsmäßigen Gebrauchs 535 54 ff; 550 1 ff Unterbringung der Sachen des Mieters 535 70 ff Untervermietung 549 23 ff, 37 ff, 53 ff Verbesserungsmaßnahmen 535 49 Wasserlieferung 535 97 Wegnahme von Einrichtungen des Mieters 547 a 12 ff Zurückbehaltungsrecht 535 119; 552 a 5, 8; 556 31 ff, 52 Mieterschutz Bestandsschutz 564 b 1 ff; Art 2 1 ff; s auch Sozialklausel Entwicklung vor 535 4 ff, 16 ff Mieterwechsel 557 a 26; 565 36 s auch Abtretung der Mieterrechte Mietgegenstand s Mietsache Mietherabsetzung Art 3 § 4 33 ff; Art 3 § 5 37 ff; Art 3 § 6 18 ff; Art 3 § 7 17; Art 3 § 10 24 Miethöhegesetz Art 3 Anwendungsbereich vor Art 3 38 ff - Mietzins vor Art 3 50 ff - räumlich vor Art 3 49 - sachlich vor Art 3 39 ff; Art 3 § 10 31 ff - zeitlich vor Art 3 47 f; Art 8 Entstehungsgeschichte vor Art 1 12 ff; vor Art 3 8 f Konkurrenzen vor Art 3 57 ff Prozessuales vor Art 3 65 ff Würdigung vor Art 3 17 ff Mietkauf vor 535 37 f, 51; 565 68 Mietnotrecht vor 535 4; 549 2 Mietpreisbindung Abbau vor 535 12 ff Heizungskosten 535 82 Mietrecht Entwicklung vor 535 1 ff; vor Art 1 1 ff; vor Art 3 1 ff systematische Stellung im B G B vor 535 20 ff Mietsache Außenfläche vor 535 89; 535 3, 11 Bestandteile 535 10 Doppelvermietung 535 9; 5 4 1 1 6 ff Eigentum des Mieters 535 7 Erhaltungspflicht des Vermieters 535 32 ff; 548 1 Fahrnismiete, s dort Fahrstuhl 535 12 Geschäftsraummiete, s dort Grundstücksmiete, s dort mehrfache Vermietung 535 9; 5 4 1 1 6 ff Parkplatz, mitvermieteter 535 13 Rückgabe der Mietsache, s dort Überlassung 535 18 ff Veränderung und Verschlechterung, s dort

verbrauchbare 535 5 vermieterfremde 535 6 vertretbare 535 4 Vorenthaltung 557 12 ff Wohnraummiete, s dort Zubehör 535 10 Zugang 535 11 Mietspiegel vor Art 3 20, 22 ff, 26 ff; Art 3 § 2 57 ff, 75 f, 127,147 Mietverhältnis auflösend bedingt, s auflösend bedingter Mietvertrag Beendigung 564 3 ff, 7 ff, 44 ff; 564 a 26 f auf bestimmte Zeit, s befristetes Mietverhältnis Kündigung, s dort Mietvertrag, s dort auf unbestimmte Zeit 556 a 5; 564 7 ff; 564 b 12; 565 5 f; 565 a 15, 20; 565 b - 5 6 5 e 24 Mietvertrag Abschluß vor 535 91 ff Anfechtung 556 a 18; 564 54 f; 564 a 10 f; 564 b 20 auflösend bedingt, s auflösend bedingter Mietvertrag Mietverhältnis, s dort mit Optionsrecht vor 535 120, 122; 556 b 9; 564 5; 565 a 7 ; 5 6 6 10 Sittenwidrigkeit vor 535 151 ff mit Verlängerungsklausel vor 535 121; 556 a 5; 556 b 7; 564 6, 18; 564 a 10; 564 b 14; 565 6, 10, 61; 565 a 6 ff; 565 b - 5 6 5 e 23; 566 12 Mietvorauszahlung Ausgleich 569 a 1, 32 ff; 569 b 1 , 1 3 Baukostenzuschuß 557 a 7, 20 f, 26 Begriff vor 535 125; 557 a 5 ff Bereicherungshaftung 557 a 19 ff Eigentumswechsel 573 11; 574 1 ff Entreicherung 557 a 17, 19, 23 Erwerb durch Zwangsversteigerung 557 a 8, 12,28 Fälligkeit des Rückerstattungsanspruchs 557 a 14 Haftung nach Rücktrittsrecht 557 a 17 f Mieterdarlehen 557 a 7, 27 Mieterwechsel 557 a 26 Minderung des Mietzinses 537 49 Nebenkosten 557 a 7 Rückerstattungsanspruch 557 a 13 ff Tod des Mieters 569 a 32 ff; 569 b 13 Verjährung 557 a 15 verlorene Zuschüsse 557 a 7 Vermieterwechsel vor 535 130 ff; 557 a 25; 573 11; 574 1 ff Verschulden des Vermieters 557 a 9 ff Verwendungsersatz 557 a 7 Verzinsung 557 a 18, 24 (1458)

Modemisierungsmaßnahmen Sachregister Zahlungsverzug 557 a 12, 14, 24 Zwangsversteigerung 557 a 8 , 1 2 , 2 8 Zwangsverwaltung vor 535 130 ff Mietvorvertrag vor 535 114 ff; 566 9 Mietwerttabellen vor Art 3 20, 22 ff, 26 ff; Art 3 § 2 57 ff, 75 f, 127, 147 s auch befristetes Mietverhältnis s auch Überlassung von Wohnraum Mietzeit 564 3 Mietzins Abbuchungsermächtigung 535 104 Art 535 99 ff, 103 Aufrechnung 535 116 f; 552 a 5 ff einmaliger 535 100; 557 a 6 Erfüllungsort 535 112 ff Erhöhung 535 108 ff; 541 a 32; s auch Mieterhöhung Fälligkeit 5 5 1 1 ff Festmiete 535 105 Fixschuld, absolute 535 121; vor 537 17 Haftung 569 a 27 ff; 569 b 11 f Hauptleistungspflicht 535 98 ff Höhe 535 99 ff Inhalt des Anspruchs 535 99 ff Konkurs 535 122 f künftiger 559 54 ff Modernisierungsmaßnahmen 541 a 32; Art 3 § 3 17 ff Nebenkosten 535 106 f ortsüblicher vor 535 99; 557 37 ff; Art 3 § 2 21 ff Pfändung 573 7 Quittung 535 119 Schickschuld 535 113 Staffelmiete, s dort Teilleistungen 535 120 Überweisungskosten 535 115 Umsatzmiete 535 101, 128 Umsatzsteuerbefreiung 535 102 Verbesserungsmaßnahmen 541 a 32; s auch Modernisierungsmaßnahmen Vereinbarung vor 535 92 f Verfügung des Vermieters 573 6 ff; 574 1 ff Vergleichsmiete, s dort Verjährung 535 124; 557 36, 70 Vermieterpfandrecht, s dort Verwirkung 535 125 Verzug 535 118,121; 554 1 ff; Art 3 § 9 22 f Vorausverfügungen des Vermieters 573 6 ff Vorauszahlung, s Mietvorauszahlung Vorleistungspflicht 535 114; 5 5 1 1 Wucherverbot vor 535 154 ff; 535 99 Zurückbehaltungsrecht 535 119; 552 a 5, 8 Militärpersonen Kündigungsrecht bei Versetzung 570 6, 10 ff Minderjährigkeit vor 535 94; 558 10 Minderung s Rechtsmängelhaftung s Sachmängelhaftung (1459)

Mischmietvertrag Begriff vor 535 26 ff; vor Art 3 40 f Bestandsschutz 564 b 9, 64, 84 Kauf bricht nicht Miete 571 33 Kündigungsform 564 a 2 Kündigungsfrist 565 2 2 , 6 4 ff Mieterhöhung Art 3 § 1 3 Sozialklausel 556 a 9 Mischverträge s gemischter Vertrag Miteigentum s Mehrheit von Beteiligten Mitvermietung s Mietsache Modemisierungsmaßnahmen abweichende Vereinbarungen Art 3 § 3 92 ff Ausgangsmietzins Art 3 § 3 39 f Ausmaß der Modernisierungsmaßnahmen Art 3 § 3 27 ff bauliche Maßnahmen Art 3 § 3 17 ff, 36 f Begründung der Mieterhöhungserklärung Art 3 § 3 69 ff Berechnung der Mieterhöhung Art 3 § 3 38 ff, 56 ff berücksichtigungsfähige Kosten Art 3 § 3 43 ff Duldungspflicht des Mieters Art 3 § 3 8 ff einseitige Verbesserungsmaßnahmen Art 3 § 3 15 Erläuterung der Mieterhöhungserklärung Art 3 § 3 74 f Form und Inhalt der Mieterhöhungserklärung Art 3 § 3 67; Art 3 § 8 4 ff Gebrauchswert der Mietsache Art 3 § 3 23 ff Hinweispflicht des Vermieters auf Modernisierungsabsicht Art 3 § 3 76 ff Instandsetzungsmaßnahmen Art 3 § 3 20 Kürzung der Modernisierungskosten Art 3 § 3 52 ff Luxusmaßnahmen Art 3 § 3 3 2 , 4 9 mehrere Wohnungen Art 3 § 3 50 f Mieterhöhungserklärung Art 3 § 3 61 ff Minderung des erhöhten Mietzinses Art 3 § 3

60 Modernisierungsmaßnahmen Art 3 § 3 17 ff, 36 f unwirksame Mieterhöhungserklärung Art 3 § 3 88 ff Verbesserung der allgemeinen Wohnverhältnisse Art 3 § 3 34 f Vergrößerung der Nutzfläche Art 3 § 3 31 Wahlrecht des Vermieters bei Mieterhöhung Art 3 § 3 16 Wirksamkeit der Mieterhöhung Art 3 § 3 83 ff Zeitpunkt der Mieterhöhungserklärung Art 3 § 3 64 ff Zustimmung des Mieters Art 3 § 3 12 ff, 15 a, 33

möblierter Wohnraum Sachregister möblierter Wohnraum Begriff 565 44 ff Bestandsschutz564 b 7, 9, 155; Art 2 35 Einliegerwohnraum 565 44 ff Kündigungsform 564 a 2 Kündigungsfrist 565 30, 3 9 , 4 4 ff, 57, 61, 66 Sozialklausel 556 a 95 f; 556 b 12 Verlängerungsklausel 565 a 4 , 1 0 Werkdienstwohnung 565 b - 5 6 5 e 57 München Geltung des WKSchG II Art 6 Musikausübung 535 73 Musikautomat Aufstellvertrag vor 535 54 Mustermietvertrag 1976 vor 535 148 Mustervertrag vor 535 146

Nachbesserung s Sachmängelhaftung Nachfolgeklausel vor 535 136 Nachlaßverwaltung 569 21 Nachschieben von Kündigungsgründen 556 a 45; 564 a 20; 564 b 125 ff nachträglich entstandener Kündigungsgrund 556 a 45; 564 b 126 ff nachträgliche Unmöglichkeit vor 537 8 ff Namensschild 535 69; 556 17 Nebenabreden vor 535 91 ff; 566 2 8 , 4 6 , 67; 5 7 1 5 7 ff s auch abweichende Vereinbarungen Nebenkosten 535 106 f Nebenräume 535 94 Nichtgewährung des Gebrauchs 542 8 ff Nichtigkeit abweichende Vereinbarungen, s dort Ausschluß der Mängelhaftung bei Arglist 540 1 ff Hausordnung vor 535 144 Kündigung 564 38 Mietvertrag vor 535 151 ff Unabdingbarkeit, s dort Nichtrückgabe der Mietsache s Schadensersatz wegen Nichtrückgabe der Mietsache Nießbrauch 541 9, 14; 577 6 ff; 578 8 notwendige Verwendungen 547 10 ff nützliche Verwendungen 547 20 ff Nutzungsentschädigung wegen Vorenthaltung der Mietsache 557 8 ff

Obdachloseneinweisung 556 3, 8 , 2 3 ; 557 18, 55; 564 b 15; 565 34 Obhutspflicht des Mieters 535 129 ff; 545 1 ; 548 1 ff

obligatorische Rechte Dritter an Mietsache 541 5 ff öffentlich geförderter Wohnungsbau Kündigungsrecht 564 b 113 ff Saarland A r t 3 § 6 1 ff Werkwohnung 565 b - 5 6 5 e 17 f öffentlich-rechtliche Beschränkungen als Fehler 537 22 ff; 5 4 1 4 öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis 565 b - 5 6 5 e 8 , 1 4 öffentliches Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses über Wohnraum 564 b 112 ff Erfüllung öffentlich-rechtlicher Pflichten des Vermieters 564 b 118 LAG-Wohnung 564 b 116 Sanierungsmaßnahmen nach dem StädtebaufördG 564 b 117 fehlbelegte Sozialwohnung 564 b 113 f mit Wohnungsfürsorgemitteln geförderte Wohnung 564 b 115 Operating-Leasing vor 535 47 Optionsrecht vor 535 120, 122; 556 b 9; 564 5; 565 a 7; 566 12; Art 2 9 ordentliche Kündigung Ausschluß 564 11 f bedingte 564 19 ff Begriff 564 30 Begründung 564 16; 564 a 16 ff Bestandsschutz 564 b 1 ff, 12 Form 564 a 7 ff, 11 Inhalt 564 15 ff; 565 78 Kündigung, s dort Kündigungsfrist, s dort Sozialklausel 556 a 13 f Zustimmung Dritter 564 13 ortsübliche Vergleichsmiete s Vergleichsmiete

Pacht Abgrenzung zur Miete vor 535 30 ff Parteivereinbarung, abweichende s abweichende Vereinbarungen Patientenaufnahmevertrag vor 535 62 f Pauschalierung Betriebskosten Art 3 § 4 8 , 1 5 , 1 7 Heizung 535 88 Schadensersatz 550 a 9 , 1 2 f Personengesellschaft als Mieter 549 20 f; 556 a 7; 565 40; 565 a 4; 569 7; 569 a 8 als Vermieter 564 b 5 5 , 1 0 6 s auch Mehrheit von Beteiligten Pfändung des Mietzinses 573 7 Pfändungspfandrecht s Vermieterpfandrecht (1460)

Rückgabe der Mietsache Sachregister Pfandrecht 5 4 1 9 s auch Vermieterpfandrecht Pflegebedürftigkeit als härtebegründender Umstand 556 a 38 Pflegeheim 564 b 9; 565 67; vor Art 3 45 Platzmiete 580 3 positive Vertragsverletzung Obhutspflicht des Mieters 548 1 unberechtigte Kündigung 564 b 135 Vermieterpflichten vor 537 24 ff Vorenthaltung der Mietsache 557 48 preisgebundener Wohnraum 535 82; vor Art 3 42 f; Art 3 § 1« 6, 31 ff; Art 4 4; Art 5 4; Art 6 1 ff

Räumungsfrist, gerichtliche 556 a 36, 66; 557 26, 60 ff; 564 b 156 Räumungsklage 554 47; 556 27 f, 53; 564 15; 564 a 12 Raum Begriff vor 535 24; 565 18 Raummiete Abgrenzung vor 535 23 ff Annahmeverzug vor 537 17 Begriff vor 535 24; 580 4 ff Duldungspflichten des Mieters, s Mieterpflichten Entfernung eingebrachter Sachen 560 9 Fälligkeit des Mietzinses 551 3 Fixgeschäft 535 2 6 , 1 2 1 ; vor 537 17; 552 4 Garage 565 21, 28; vor Art 3 41 Gesamtrechtsnachfolge 569 1 Grundstücksmiete, s dort Kauf bricht nicht Miete 5 7 1 1 3 Kündigung, s dort; s auch außerordentliche befristete / fristlose Kündigung Kündigungsfrist, s dort Schadensersatz wegen Nichtrückgabe der Mietsache, s dort Tod des Mieters 5 6 9 1 ff Verzug, s dort Wohnraummiete, s dort Realteilung 571 32 Rechte Dritter s Rechtsmängelhaftung Rechtsmängelhaftung abweichende Vereinbarungen 541 28 Annahme, vorbehaltlose 541 29 Anzeige des Mieters bei Rechtsanmaßung 545 15 Ausschlußklauseln 541 30 Ausschlußtatbestände 5 4 1 2 7 ff Beseitigungsanspruch 541 20 Besitzrecht eines Dritten 541 8 Dauerwohnrecht eines Dritten 541 9 dingliche Rechte Dritter 541 8 f Doppelvermietung 535 9; 5 4 1 1 6 ff (1461)

Eigentum eines Dritten 541 8 Erbbaurecht eines Dritten 541 9 Erfüllungsanspruch 541 20 Eviktionshaftung 541 2 Formularvertrag 541 30 Gebrauchsentziehung 5 4 1 1 0 ff; 542 13 ff Grunddienstbarkeit eines Dritten 541 9 Hypothek 5 4 1 9 Kenntnis des Mieters 541 27 Kündigung, fristlose - Gebrauchsentziehung 542 13 ff, 32 - Nichtgewährung des Gebrauchs 542 11, 23,32 Minderung 541 21 nachträglicher Rechtsmangel 541 23 Nichtgewährung des Gebrauchs 542 11 Nießbrauch eines Dritten 541 9 obligatorische Rechte 5 4 1 5 öffentlich-rechtliche Beschränkungen 537 22 ff; 5 4 1 4 Patentrechte Dritter 5 4 1 9 Pfandrechte Dritter 541 9 Rechte Dritter 5 4 1 4 ff Rechtsanmaßung Dritter 545 15 Rechtsbehelfe 541 20 ff Schadensersatz wegen Nichterfüllung 5 4 1 2 2 Untermiete, Haftung des Untervermieters 549 62 ff Verzug des Vermieters 541 26 Vorbehalt bei Annahme 5 4 1 2 9 Wohnrecht eines Dritten 541 9 Reklameflächen 565 16, 68 Reklametafeln vor 535 89; 535 2 f; 556 17 Resozialisierungsheim 556 a 94; 564 b 9 Rückerstattung s Mietvorauszahlung s RückZahlungsanspruch des Mieters Rückerstattungsgesetze 564 33 Rückgabe der Mietsache 556 2 ff bauliche Veränderungen 556 18, 51 Beendigung des Mietverhältnisses 556 5 , 4 3 Besitzaufgabe 556 6 Entfernung von Einrichtungen 556 16, 51 gemeinschaftliche Mieter 556 11 Gläubiger des Anspruchs 556 4 Herausgabeanspruch gegen Dritte, s dort Hinweisschilder 556 17 Konkurrenzen 556 29, 54 Mitwirkung des Vermieters 556 7 Ort der Rückgabe 556 25 f, 52 prozessuale Durchsetzung 556 27, 53 Reklameschilder 556 17 Schlüssel 556 13,24 Schönheitsreparaturen 556 15, 20 Teilleistungen 556 19; 557 16 Untermiete 556 36 ff, 52 Verjährung 556 1 Verzug 556 23 vorzeitige 556 24

Rückgabe der Mietsache Sachregister Zeitpunkt 556 21 ff Zubehör 535 10; 556 13 zukünftige Räumung 556 27 Zurückbehaltungsrecht 556 31 ff, 52 Rücknahme der Kündigung 564 42 Rücktritt vom Vertrag Erfüllungsverweigerung durch Vermieter 542 4 Form 564 a 10 fristlose Kündigung des Vermieters 553 10 gesetzlich 564 52 f; 564 b 17 Sozialklausel 556 a 19 vertraglich 564 51; 564 b 17; 570 a 1 ff Verzug des Vermieters vor 537 21 ff Wohnraummiete, s dort RückZahlungsanspruch Bergmannswohnungen Art 3 § 7 17 Betriebskosten Art 3 § 4 42 Kapitalkosten Art 3 § 5 46 Saarland Art 3 § 6 20 Rundfunk 535 67

Saarland Aufwendungen, laufende Art 3 § 6 9, 15, 18 Betriebskosten Art 3 § 6 16 f Erhöhung - Betriebskosten Art 3 § 6 16 - Kostenmiete Art 3 § 6 6 ff - Mietzins nach §§ 2, 3, 5 M H R G Art 3 § 6 15 Ermäßigung der Betriebskosten Art 3 § 6 17 Kostenmiete - Begriff Art 3 § 6 8 - Erhöhung Art 3 § 6 6 ff ; A r t 3 § 8 4 ff - Herabsetzung Art 3 § 6 18 ff - öffentlich geförderter Wohnungsbau im Saarland A r t 3 § 6 1 , 5 ff - Vereinbarung, privatrechtliche Art 3 § 6 4,8 Kündigungsrecht des Mieters bei Erhöhung der Kostenmiete Art 3 § 6 14; Art 3 § 9 5 ff Mieterhöhungserklärung Art 3 § 6 11 f Mietzins Art 3 § 6 6 ff, 15,18 ff Umlegung erhöhter Betriebskosten Art 3 § 6 16 f Verletzung der Pflicht zur Herabsetzung des Mietzinses Art 3 § 6 20 Wirtschaftlichkeits- und Lastenberechnung A r t 3 § 6 9, 12 Wohnraum - öffentlich geförderter Art 3 § 6 3 ff, 6 f - steuerbegünstigter Art 3 § 6 6 Wohnungsfürsorgemittel für Angehörige des öffentlichen Dienstes Art 3 § 6 7 Sachmängelhaftung abweichende Vereinbarungen 537 58 ff; 538 43 ff

Annahme, vorbehaltlose 539 18 ff Anzeige des Mieters 545 1 ff Arglist des Vermieters 539 17; 540 4 ff Aufwendungsersatzanspruch 538 35 ff Ausschluß 537 52 ff; 538 43 ff; 539 1 ff; 540 1 ff; 545 1 ff Baumängel 537 12 ff Bauverbot 537 22 ff Beseitigungspflicht des Mieters 538 48 Beweislast 537 62; 538 50; 539 28; 540 10 Eigenschaft, zugesicherte 537 39 ff Erheblichkeit des Mangels 537 38 Erkennbarkeit des Mangels 538 13 Fehler 537 1 ff - Abrißverfügung 537 22 - Baumängel 537 12 ff - Bebauungsverbot 537 22 - Begriff 537 1 f - Benutzungsverbot 537 22 - Erheblichkeit 537 38 - Gefahrenquelle 537 4, 6 - Gewerbeverbot 537 23 f - Heizung537 17 - Immissionen 537 4, 28 - Lärmbelästigung 537 29 ff - öffentlich-rechtliche Beschränkungen 537 22 ff - Schallisolierung 537 30 - Störungen durch Gewerbebetrieb 537 21 - Störungen des Mieters 537 27 ff - Straßenbauarbeiten 537 36 - Umweltfehler 537 5, 21 - Verkehrsverlagerung 537 37 - Verschulden des Vermieters 537 10 - Zeitpunkt 537 11; 538 4 ff - Zufahrtsweg 537 35 - Zweckvereitelung, Abgrenzung 537 26 Formularvertrag 537 60; 538 45; 540 1 ff Gebrauchsentziehung 542 13 ff Gefahrenquelle - äußere 537 4 - innere 537 6 grobfahrlässige Unkenntnis des Mieters 539 14 ff Kenntnis des Mangels 539 6 ff Leasing vor 535 48 c Mahnung 537 7; 538 19 f Minderung 537 48 ff - abweichende Vereinbarungen 537 58 ff - Ausschluß 537 52 ff; 545 25 - Berechnung 537 49 - Beweislast 537 62 - Mängelanzeige 545 25 - Mietzinsvorauszahlung 537 49 - Schadensersatz wegen Nichterfüllung 538 24 - Verschulden des Vermieters 537 50 - Verzicht bei längerem Gebrauch 537 53 - Wohnraummiete 537 61 (1462)

Schwammbefall Sachregister - Zahlung unter Vorbehalt 537 55 - Zurückbehaltungsrecht 537 51 Nachbesserungsanspruch 537 58; 538 23 Nichtgewährung des Gebrauchs 542 11 Schadensersatz wegen Nichterfüllung - abweichende Vereinbarungen 538 43 ff - Angehörige des Mieters 538 26 - Arbeitnehmer des Mieters 538 26 - Aufrechnungsausschluß 538 46 - Aufwendungsersatz 538 35 ff - Ausschluß 538 43 ff - Beweislast 538 50 - Deliktsansprüche 538 3 3 , 4 3 - Erfüllungsgehilfe 538 14 - Erfüllungsinteresse 538 28 - Erkennbarkeit des Mangels 538 13 - Garantiehaftung 538 3 - Gesundheitsschäden 538 29 - Kündigung 538 25, 30 - Mängelanzeige 545 25 - Minderung 538 24 - Mitverschulden des Mieters 538 48 f - nachträglicher Mangel 538 14 f - Nutzungsmöglichkeit 538 31 - Reparaturkostenersatz 538 32 - Schutzbereich des Mietvertrags 538 26 - Umfang 538 27 ff - Umzugskosten 538 30 - Verschulden des Vermieters 538 6 , 1 4 - Verzug mit Mängelbeseitigung 538 16 ff - Zeitpunkt des Vorliegens eines Mangels 538 4, 7 f, 14 Unkenntnis des Mieters 539 14 ff Untersuchungspflicht des Mieters 539 14 f Verschulden des Vermieters 537 10, 50; 538 6,14 Verwirkung 537 34, 53 ff; 538 47 Vorbehalt bei Annahme 539 18 ff Sammelheizung 535 77 Sanierung nach StädtebaufördG 564 b 117 Schadensfreiheitsrabatt 548 11 Schadensersatz culpa in contrahendo vor 535 91 fristlose Kündigung 542 38; 553 12 f positive Vertragsverletzung vor 537 24 ff; 5 4 8 1 ; 557 48; 564 b 135 Schönheitsreparaturen 535 147 f unberechtigte Kündigung 564 b 134 ff - Beweislast 564 b 139 - Mitverschulden des Mieters 564 b 138 - positive Forderungsverletzung 564 b 135 - Schaden 564 b 137 - unerlaubte Handlung 564 b 136 - Verjährung 564 b 140 wegen Nichterfüllung - Rechtsmangel, s Rechtsmängelhaftung - Sachmangel, s Sachmängelhaftung - Unmöglichkeit 535 27 ff (1463)

- Verzug 535 27 ff, 118; vor 537 20 ff wegen Nichtrückgabe der Mietsache - Billigkeitserwägungen 557 57 ff - entgangener Gewinn 557 51 - Fälligkeit 557 32 - Konkurrenzen 557 66 ff - Minderung 557 30, 34 - Mindestentschädigung 557 30 - Mitverschulden des Vermieters 557 52 - Nutzungsentschädigung 557 8 ff - ortsüblicher Mietzins 557 30 - positive Forderungsverletzung 557 48 - Räumungsfrist 557 26, 60 ff - Rückgabemöglichkeit 557 19 ff - Rücknahmewille des Vermieters 557 27 ff - Schuldnerverzug 557 48 - Teilleistungen 557 16 - Unabdingbarkeit 557 63 ff - Unmöglichkeit der Rückgabe 557 19 ff - vereinbarter Mietzins 557 30 - Vergleichsmiete 557 37 ff - Verjährung 557 36, 70 - Verschulden des Mieters 557 49, 55 f - Vorenthaltung der Mietsache 557 12 ff - weitergehender Schadensersatz 557 7,47 ff - Wohnraum, Besonderheiten 557 54 ff - Zurückbehaltungsrecht 557 15 Schadenspauschalierung 550 a 9 , 1 2 f Scheidung der Ehe vor 535 113; 569 a 9; 569 b 5 Schenkung Abgrenzung zur Miete vor 535 3 4 , 4 3 Schiedsgerichtsklausel Art 3 § 10 7 , 1 0 Schiedsgutachterklausel Art 3 § 10 1 0 , 2 6 Schiffsmiete 565 23, 28, 63; 580 a 1 ff Schlafwagenbenutzung vor 535 85 Schlüssel Rückgabe 556 13, 24 Übergabe 535 19 Schönheitsreparaturen 535 142 ff abweichende Vereinbarungen 535 142; 548 12 Begriff 535 143 Formularvertrag 535 142 a Nachmieter 535 149 Rückgabe der Mietsache 556 15, 20 Schadensersatz wegen Nichterfüllung 535 147 f Überwälzung auf Mieter 535 142, 144 Umfang 535 143 Verjährung 535 148 Zeitplan 535 145 Schriftform s Form Schülerheim 556 a 94; 564 b 9 , 1 1 0 Schutzbereich des Mietvertrags Schadensersatzansprüche 538 26 Schwammbefall als Gesundheitsgefährdung 544 16

Schwangerschaft Sachregister Schwangerschaft als härtebegründender Umstand 556 a 40 Selbsthilferecht 561 5 ff Seniorenheim 556 a 93; 564 b 9 Sicherheitsleistung 562 1 ff; 572 1 ff Sicherungsübereignung Vermieterpfandrecht 559 33 Sittenwidrigkeit Bordellmiete vor 535 151 Haftung des Mieters für Zufallsschäden 548 14 Kinderlosigkeitsklausel vor 535 152 Mietvertrag vor 535 151 ff Verbot des Geschlechtsverkehrs vor 535 152 Wegnahmerecht des Mieters 547 a 28 Wucher vor 535 154 ff Zölibatsklausel vor 535 152 Soforthilfeabgabe 546 7 Sondemutzung öffentlicher Sachen vor 535 86 Sonderrechtsnachfolge bei Mietverhältnis über Wohnraum des Ehegatten 569 a 1, 11,16; 569 b 10 von Familienangehörigen 569 a 1, 22, 26 soziales Mietrecht s Mietrecht Sozialexistenz Veränderung und Mietverhältnis vor 537 32 Sozialklausel Abänderung der Vertragsbedingungen 556 a 83 f, 87 Altersheim 556 a 93 Anfechtung des Mietvertrags 556 a 18 auflösend bedingtes Mietverhältnis 556 b 6 Ausnahmetatbestände 556 a 88 ff; 556 b 12 befristetes Mietverhältnis mit Verlängerungsklausel 556 a 5; 556 b 7; 565 a 13 Behörden als Mieter 556 a 7 , 2 4 berechtigtes Interesse des Vermieters 556 a 45 ff; 556 b 1 4 , 1 9 , 2 1 Beweislast 556 a 77; 556 c 27, 30 Dauer des fortgesetzten Mietverhältnisses 556 a 78 ff; 556 b 29; 556 c 19, 25, 27, 33 f Eigenbedarf des Vermieters 556 a 50 f; 556 b 19; 556 c 10 eingeschränkter Anwendungsbereich 556 a 20 ff Einigung der Parteien über Fortsetzung 556 a 72; 556 b 28; 556 c 19, 25, 33 f Ersatzwohnraum 556 a 27 ff, 38 Form - Einigung über Fortsetzung 556 a 73 - Fortsetzungsverlangen 556 a 61 f; 556 b 26; 556 c 18, 28, 34 - Widerspruch 556 a 61 f; 556 c 28 Fortsetzung des Mietverhältnisses 556 a 78 ff; 556 b 28 f; 556 c 16 ff, 25, 33 ff Frist - Fortsetzungsverlangen 556 a 63 ff; 556 b 26; 556 c 18, 28, 34

- Widerspruch 556 a 63 ff Gestaltungsurteil 556 a 76 Hinweispflicht des Vermieters 556 a 65; 556 c 18, 28; 564 a 24 ff Hotelzimmer 556 a 91 Inhalt - fortgesetztes Mietverhältnis 556 a 78 ff; 556 b 29; 556 c 19, 2 5 , 3 3 f - Widerspruch bzw Fortsetzungsverlangen 556 a 67; 556 b 27; 556 c 19, 25 Interessenabwägung 556 a 54 ff; 556 b 15 ff Kündigung - außerordentliche befristete 556 a 15 ff; 556 b 10, 22 - außerordentliche fristlose 556 a 14; 556 b 11 - ordentliche 556 a 14; 565 b - 5 6 5 e 38 ff - Eintritt von Ehegatten oder Familienangehörigen 569 a 39, 4 5 , 5 1 f - Erbfolge 569 9 Mietverhältnis - auf bestimmte Zeit 556 b 5; 556 c 6 ff - auf unbestimmte Zeit 556 a 5; 556 c 21 ff - über möblierten Wohnraum 556 a 95 f; 556 b 12 - über Wohnraum 556 a 5 ff; 556 b 4 Notunterkunft 556 a 92 Optionsrecht 556 b 9; 564 5; 565 a 7 Pflegeheim 556 a 93 Pflichtverletzungen des Mieters 556 a 48 Prozeßvergleich 556 a 74 Räumungsfrist, gerichtliche 556 a 36, 66 • Rücktritt des Vermieters 556 a 19 Schülerheim 556 a 94 Studentenwohnheim 556 a 92 ff Unabdingbarkeit 556 a 97 f; 556 b 30; 556 c 35 ungerechtfertigte Härte 556 a 20 ff; 556 b 13,16 f, 20 f Untermiete 556 a 25, 37 veränderte Umstände 556 c 29 ff Verlängerung - des auf bestimmte Zeit fortgesetzten Mietverhältnisses 556 c 6 ff - mehrfache 556 c 20 - des auf unbestimmte Zeit fortgesetzten Mietverhältnisses 556 c 21 ff Werkwohnung 565 b - 5 6 5 e 38 ff, 5 9 , 6 8 Widerspruch des Mieters 556 a 57 ff; 556 b 25; 556 c 17, 27 Wohnheim 556 a 94 Wohnraum 556 a 5 ff; 556 b 4 Sozialwohnung anfänglich fehlbelegt 564 b 113 Kritik vor 535 18 f nachträglich fehlbelegt 564 b 114 Nichtgebrauch durch Mieter 535 127 Nutzungsentschädigung bei Vorenthaltung 557 3 9 , 4 3 (1464)

Unmöglichkeit Sachregister Spannungsklausel Art 3 § 10 11 Spielautomat Aufstellvertrag vor 535 54 Staffelmiete 535 101; vor Art 3 16, 22; Art 3 § 1 5 ; Art 3 § 10 2 , 1 2 Stellvertretung bei Kündigung 564 23; 564 a 13 steuerbegünstigter Wohnungsbau Art 3 § 6 6; A r t 3 § 1031; Art5 Störung des Hausfriedens 554 a 22 ff; 564 b 44 des Mieters im vertragsmäßigen Gebrauch 535 40; 537 29; 5 4 1 1 0 ff; 542 13 ff durch andere Mieter 535 4 0 , 1 5 7 ; 537 29 f Straßenreinigungskosten 546 3 Studentenheim Geltung des M H R G Art 3 § 10 34 Kündigungsfrist 565 67 Kündigungsrecht 564 b 9 , 1 1 0 Sozialklausel 556 a 94

TanksteUenvertrag vor 535 57 ff; 565 71 Tausch der Wohnung 549 22; 565 3 6 , 4 1 f Teilkündigung 553 14; 564 24 ff Teilleistungen Mietzins 535 120 Rückgabe der Mietsache 556 19; 557 16 Testamentsvollstreckung 569 21 Tierhaltung 535 74 ff Tod des Mieters Eintritt von Ehegatten, Familienangehörigen 569 a 1 ff Fortsetzung mit Ehegatten 569 b 1 ff Mietzins 552 20 Rechtsnachfolge 569 1 ff vertragsmäßiger Gebrauch 535 95; 548 3 Träger-Bewerbervertrag vor 535 85; 538 2 Tresor- oder Schrankfachvertrag vor 535 82; 565 69 Trinkwasserversorgung Gebrauchsentziehung 542 14

Überlassung der Mietsache Anfechtung vor 537 35 Dauer 565 33 ff Gebrauchsüberlassung an Dritte, s dort Hauptleistungspflicht des Vermieters 535 18 ff Kündigung und Rücktritt 542 5; 564 52 f Übertragung des Eigentums 5 7 1 1 ff der Mieterrechte auf Dritte 549 6 ff; s auch Abtretung Umdeutung außerordentliche fristlose Kündigung in ordentliche 542 37; 564 39 ff (1465)

ordentliche Kündigung in außerordentliche fristlose 564 b 132 f; 565 78 ff Rücktritt in Kündigung bei Wohnraummiete 570 a 3 ff Umgehung Abzahlungsgesetz durch Leasingvertrag vor 535 49 Kauf bricht nicht Miete 571 10 Mieterschutz vor 535 26 Vermieterpfandrecht 559 29 ff Umlage Heizungskosten 535 82 ff Mietvorauszahlung 557 a 7 Umsatzmiete 535 101, vor Art 3 50; Art 3 § 1

16 Umsatzsteuer 535 102 Umwandlung Gesellschaft 549 20; 564 62; 569 8 Miet- in Eigentumswohnung 556 a 51; 564 b 73 ff; Art 5 3 Umweltfehler 537 5, 21 Umzugskosten553 13; 556 a 30 f; 564 b 137 Unabdingbarkeit bei Wohnraummiete abweichende Vereinbarungen, s dort auflösende Bedingung 565 a 23 ff außerordentliche befristete Kündigung 565 76 Begründung der Kündigung 564 a 32 f Bestandsschutz 564 b 157 ff; Art 2 36 f; s auch Sozialklausel Eintritt von Ehegatten und Familienangehörigen 569 25; 569 a 52 Form der Kündigung 564 a 32 f Fortsetzung mit Ehegatten 569 25; 569 b 16 Kündigungsfrist 565 57 ff Kündigungsrecht 564 b 157 ff Mieterhöhung vor Art 3 16; Art 3 § 10 7 ff Mietvorauszahlung 557 a 27 ff Sachmängelhaftung 537 61 Schadensersatz wegen Nichtrückgabe 557 63 ff Sozialklausel 556 a 97; 556 b 30; 556 c 35 Verlängerungsklausel 565 a 23 ff Werkwohnung 565 b - 5 6 5 e 71 f unbefristetes Mietverhältnis s Mietverhältnis auf unbestimmte Zeit unbewegliche Sachen s Grundstücksmiete ungerechtfertigte Härte im Sinne der Sozialklausel 556 a 20 ff; 556 b 13, 16 f, 20 f; 556 c 7 ff Ungeziefer als Gesundheitsgefährdung 554 16 Unkenntnis grobfahrlässige des Mieters über Mangel 539 13 ff Unmöglichkeit anfängliche bei unbehebbarem Mangel vor 537 4 ff

Unmöglichkeit Sachregister Annahmeverzug des Mieters 552 4 f Gebrauch der Mietsache 535 124; 552 15 f; 564 56 nachträgliche vor 537 8 ff Rückgabe der Mietsache 557 19 ff Wegfall der Geschäftsgrundlage vor 537 28 ff Unterbrechung Verjährung 558 28 Untergang der Mietsache vor 537 8 ff; 564 56 Unterlassungsanspruch bei vertragswidrigem Gebrauch 550 17 Untermiete Anrechnung der Besitzzeit 565 38 f bauliche Veränderungen 556 51 Beendigung 549 67 f Begriff 549 53 f Eigentumswechsel 57173 Einrichtungen des Untermieters 556 51 Gebrauchsüberlassung an Dritte, s dort Haftung des Untermieters 549 66 Haftung des Untervermieters 549 62 ff Herausgabeanspruch des Hauptvermieters 556 36 ff Kündigung 549 67 f - Begründung 564 a 2 - Form 564 a 2 - Frist 565 32 - des Hauptvermieters 541 23; 549 60, 65 - des Untermieters 549 64 - des Untervermieters 549 57; 564 b 9, 148 Rechtsmängelhaftung des Untervermieters 549 62 ff; s auch Rechtsmängelhaftung Rückgabe der Mietsache 556 36 ff; 557 9, 20 ff; 557 a l l Sachmängelhaftung, s dort Schadensersatzanspruch des Untermieters 549 63,65 Sozialklausel 556 a 25,27 unberechtigte 549 60 Unterlassungsanspruch 549 60 Untermietzins 549 55 Untermietzuschlag 549 49 Vermieterpfandrecht 549 55 Verbesserungsmaßnahmen 541 a 33 Verwendungsersatzanspruch des Untermieters 547 8 Zurückbehaltungsrecht 556 52 Zustimmung des Hauptvermieters 541 8; 549 23 ff, 30 ff, 37 ff, 58 Unternehmenskauf und Mietvertrag 549 18 f Untemehmenspacht Abgrenzung zur Miete vor 535 32 Unvermögen anfängliches, des Vermieters vor 537 7 Unzumutbarkeit Fortsetzung des Mietverhältnisses 553 4 f; 554 a 27 ff Kündigung

- berechtigtes Interesse 564 b 35,119 - aus wichtigem Grund 553 4 f; 554 a 1 ff, 27 f Verbesserungsmaßnahmen 541 a 27 ff Wegfall der Geschäftsgrundlage vor 537 27 ff Urkunde Einheitlichkeit bei langfristigem Grundstücksmietvertrag 566 20 ff

Veränderung und Verschlechterung abweichende Vereinbarungen 548 12 ff Allgemeine Geschäftsbedingungen 548 14 Beweislast 548 16 ff Erfüllungsgehilfe des Mieters 548 5 erlaubte 548 3 Schadensfreiheitsrabatt, Verlust 548 11 Schönheitsreparaturen 548 12 f Verjährung der Ersatzansprüche 558 1 ff Vertretenmüssen 548 4 ff Veräußerung des Grundstücks abweichende Vereinbarungen 571 81 f, 96 Änderungen des Mietvertrags 571 52 anfechtbarer Mietvertrag 57151 Anwendungsbereich 57112 ff Anzeige der Veräußerung 576 1 ff Aufrechnung 575 1 ff Ausbeutung von Bodenschätzen 57116 Auslegung des Mietvertrags 571 65 Außenwandmiete 57114 Baukostenzuschuß 571 68; 573 10 Beweislast 571 98 dingliche Wirkung der Miete 5 7 1 4 f Eigentumsübergang 57128 Eintritt des Erwerbers in Mietverhältnis 571 46 ff, 64 ff Enteignung 571 28 Genossenschaftswohnung 571 24 Geschäftsraummiete 57114 gutgläubiger Erwerb des Mietrechts 571 7,25 gutgläubiger Grundstückserwerb 571 25 Haftung des bisherigen Vermieters 571 85 ff Kaution des Mieters 572 1 ff Konkurrenzverbot 571 60 Kündigungsrecht 571 57,67, 91 Mehrheit von Beteiligten 571 31 ff Mieterhöhung Art 3 § 2 49 Mietvorauszahlung 571 53, 68; 573 11; 574 5 Mietzinsaufteilung 571 54 Mischmietverhältnis 571 33 Miteigentum 57123 Mitteilung des Eigentumsübergangs 571 90 Nachfolgeklausel 571 75 Nebenabreden 571 57 ff Pfändung des Mietzinses 573 7 Raummiete 57113 ff Rechtsstellung des bisherigen Vermieters 571 84 ff (1466)

Vergleichsmieteverfahren Sachregister Rückgabeanspruch des bisherigen Vermieters 571 56 Schadensersatzanspruch des Mieters 571 78 ff Sicherheiten 571 62; 572 1 ff Überlassung an Mieter 571 26 ff Untervermietung 571 17, 73 Veräußerung durch Vermieter 571 27 ff Verfügungen des bisherigen Vermieters über Mietzins 574 1 ff Vermieterpfandrecht 559 61; 571 61 Vermietung eines Grundstücks 5 7 1 1 3 ff Verwendungsersatzanspruch 571 71 Vorausverfügungen über Mietzins 573 1 ff Vorkaufsrecht 5 7 1 9 , 2 1 , 2 8 Vorverträge 571 74 Weiterveräußerung 571 88 Wohnraummiete 571 13 ff Zwangsversteigerung 571 35 Verbesserungsmaßnahmen abweichende Vereinbarungen 541 a 41 Aufwendungsersatzpflicht des Vermieters 541 a 36 Badeinbau 541 a 25 Begriff 5 4 1 a 21 Beweislast 541 a 43 Duldungspflicht 541 a 20 ff Erhaltungsmaßnahmen, Abgrenzung 541 a 22 Etagenheizung 541 a 25 Fahrstuhl 541 a 25 Fußbodenbelag 541 a 25 Garagenbau 541 a 25 Gemeinschaftsantenne 541 a 25 Kostentragung 541 a 36 Mietzinserhöhung 541 a 32, 39 ff; s auch Modernisierungsmaßnahmen Veränderung, Abgrenzung 541 a 22 Vorschußverlangen des Mieters 541 a 37 Warmwasserversorgung 541 a 25 wesentliche Veränderung 541 a 23, 33 Zentralheizung 541 a 25, 32 Zumutbarkeit für Mieter 541 a 27 ff verbrauchbare Sache 535 5 Verfallklauseln 547 52; 550 a 7 Vergleich 566 1 9 , 4 0 Vergleichsmiete 557 37 ff; vor Art 3 29; Art 3 § 2 21 ff; s auch Vergleichsmiete verfahren Vergleichsmieteverfahren Änderungskündigung Art 3 § 2 1 Alter der Wohnung Art 3 § 2 41 Anerkenntnis des Mieterhöhungsverlangens Art 3 § 2 108 Annahme des Mieterhöhungsverlangens Art 3 § 2 109 ff Ausstattung des Wohnraums Art 3 § 2 32 Beendigung des Zustimmungsklageverfahrens Art 3 § 2 133 ff (1467)

Begründung des Erhöhungsverlangens Art 3 § 2 54 ff, 94 ff Benennung von Vergleichsobjekten Art 3 § 2 80 ff Beschaffenheit des Wohnraums Art 3 § 2 33 Beweisaufnahme im Zustimmungsklageverfahren Art 3 § 2 126 ff Eigentumswechsel Art 3 § 2 49 Fälligkeit des erhöhten Mietzinses Art 3 § 2 138 ff Form und Inhalt des Mieterhöhungsverlangens Art 3 § 2 50 ff freifinanzierte Wohnung Art 3 § 2 42 Gemeinnützige Wohnungsunternehmen Art 3§ 245 Größe des Wohnraums Art 3 § 2 31 Grundmiete Art 3 § 2 22 Klage auf Erteilung der Zustimmung Art 3 § 2 11, 99 ff, 114 ff Klagefrist Art 3 § 2 119 f Lage des Wohnraums Art 3 § 2 34 Mieterhöhungsverlangen Art 3 § 2 1, 9 f, 18 f, 47 ff, 87 ff, 106; A r t 3 § 8 4 f f Mieterschutz Art 3 § 2 3, 5, 14 Mietwerttabelle Art 3 § 2 57 ff, 75 f, 127, 147 Mietzins Art 3 § 2 4, 22, 24 Mietermäßigung Art 3 § 2 16 nichtvergleichbare Wohnungen Art 3 § 2 39 ff öffentlich geförderte Wohnungen Art 3 § 2 43 ortsübliche Vergleichsmiete Art 3 § 2 1, 3 f, 8, 10, 21 ff, 59, 7 4 , 7 6 , 82; s auch Vergleichsmiete Rücknahme des Erhöhungsverlangens Art 3 § 2 53 Sachverständigengutachten Art 3 § 2 69 ff Schlüssigkeit der Zustimmungsklage Art 3 § 2 125 Sperrfrist Art 3 § 2 9 7 , 1 1 4 , 1 4 1 ff Teilannahme des Mieterhöhungsverlangens A r t 3 § 2 113 Uberlegungsfrist des Mieters Art 3 § 2 10, 4 7 , 1 0 3 , 107, 116 ff; Art 3 § 10 10, 18, 33 unwirksames Mieterhöhungsverlangen Art 3 § 2 97 f Verbesserungsmaßnahmen des Mieters Art 3§ 246 vergleichbare Wohnungen Art 3 § 2 26 ff, 83, 87, 92 Vergleichsobjekte Art 3 § 2 80 ff Vermieterschutz Art 3 § 2 5 Verwirkung des Anspruchs auf Zustimmung Art 3 § 2 12 Vorverfahren als Prozeßvoraussetzung Art 3 § 2 9 9 , 104 Wartefrist Art 3 § 2 7, 13 ff, 47; Art 3 § 10 18,25,29

Vergleichsmieteverfahren Sachregister Wohnungsmarkt Art 3 § 2 25, 35, 37, 70 Wohnungsteilmarkt Art 3 § 2 44 f Wohnwert Art 3 § 2 4, 23, 26 ff, 36, 4 1 , 4 5 , 83 Zustimmung zur Mieterhöhung Art 3 § 2 7 - freiwillig Art 3 § 2 109 ff - gerichtlich A r t 3 § 2 114 ff Zustimmungsklage Art 3 § 2 9 9 , 1 0 1 , 1 1 4 ff Vergnügungseinrichtung vor 535 81 Verhinderung wirtschaftlicher Verwertung des Grundstücks als Kündigungsgrund 564 b 83 ff Angemessenheit 564 b 88 ff Beweislast 564 b 83 Einzelfälle 564 b 98 ausgeschlossene Gründe 564 b 99 ff Kausalität 564 b 92 f, 97 erhebliche Nachteile für Vermieter 564 b 94 ff beabsichtigte Veräußerung im Zusammenhang mit Begründung von Wohnungseigentum 564 b 101 ff anderweitige Vermietung zu höherem Mietzins 564 b 99 Zweckentfremdung 564 b 84, 90 Verjährung abweichende Vereinbarungen 558 27 Aufwendungsersatzanspruch des Mieters 558

16 Beginn 558 19 ff Bereicherungsanspruch des Mieters 558 16 culpa in contrahendo 5 5 8 9 Dreißigjahresfrist 558 1 Erfüllungsansprüche des Vermieters 558 14 Ersatzansprüche des Vermieters - gegen Dritte 558 12 - wegen unterlassener Mängelanzeige 558 8 - wegen Veränderung oder Verschlechterung 558 2 ff Hemmung 558 29 Mietvorauszahlung 557 a 15; 558 18 Mietzinsanspruch 535 124; 558 1 Nutzungsentschädigung 557 36 Personenschaden 558 6 positive Vertragsverletzung 558 8 Rückgabe der Mietsache 556 1; 558 14, 23 Sachgesamtheit 558 23 Sachschaden 558 6 Schadensersatzanspruch wegen Nichtrückgabe der Mietsache 557 3 6 , 7 0 ; 558 1 Teile der Mietsache 558 23 Unterbrechung 558 28 Veräußerung der Mietsache 558 25 Verwendungsersatzanspruch des Mieters 547 17; 558 1 6 , 1 8 Verwirkung 535 125; 558 30 Wegnahmerecht 558 26 Wiederherstellungsanspruch 558 5 Zerstörung der Mietsache 558 13

Verkehrssicherungspflicht Mieter 535 150 Vermieter 535 42 ff Verlängerung des Mietverhältnisses aufgrund der Sozialklausel s Sozialklausel Verlängerungsklausel Ablehnung der Verlängerung 564 a 10 Beendigung 564 6; 565 61 ; 565a 6 ff Begriff vor 535 121 ; 564 6; 565 a 7 Form 566 12 Kündigung 564 b 14; 565 a 6 ff Sozialklausel 556 a 5; 556 b 7; Art 2 7 Vermieterpfandrecht 559 58 Werkmietwohnung 565 b - 5 6 5 e 23 Verlängerungsoption s Optionsrecht verlorene Zuschüsse s Baukostenzuschuß Vermieterpfandrecht Abtretung 559 62 abweichende Vereinbarungen 559 37, 69 Anwartschaftsrecht 559 24 Ausschlußfrist für Geltendmachung 561 39 Auszug des Mieters 5 6 1 1 8 ff bedingter Eigentumserwerb 559 23 f besitzloses Pfandrecht 559 2, 5 Beweislast 559 70; 560 34; 561 50 f Eigentum Dritter 559 29 ff Eigentumswechsel 559 61 ; 5 7 1 6 1 Einbringung von Sachen 559 9 ff einstweilige Verfügung 561 2 , 4 3 Entfernung eingebrachter Sachen 559 22; 560 8 ff Erlöschen 560 1 ff Ersatzansprüche 559 41 Fahrnismiete 559 7 Forderung - ausgeschlossene 559 49 ff - gesicherte 559 40 ff Gegenstand 559 16 ff Geltendmachung 562 7 gemischte Verträge 559 44 Gesamthandseigentum 559 27 Gewaltanwendung 5 6 1 1 6 Grundstücksmiete 559 7 Grundstücksveräußerung 559 61 ; 5 7 1 6 1 gutgläubig lastenfreier Erwerb 559 32 f gutgläubiger Erwerb 559 4, 29 Herausgabeanspruch 5 6 1 2 3 ff Klagefrist nach Entfernung 561 38 ff Konkurrenz von Pfandrechten 563 1 ff Konkurs des Mieters 563 12 ff Mietjahr 559 56 Mietzinsforderung 559 41, 54 Mietzinsrückstände 559 54; 563 5 ff Miteigentum 559 26 Nebenkosten 559 42 Pacht 559 39, 59 (1468)

Verwendungen des Mieters Sachregister pfändbare Sache 559 16 ff Pfändungspfandrecht 559 55, 63; 56147; 56310 Rang 559 3; 563 10 Rückgabe der Mietsache 557 27, 35 Schutz vor Beeinträchtigung 561 1 ff Selbsthilferecht 561 1 ff Sicherheitsleistung zur Abwendung 562 1 ff Sicherungsübereignung 559 33 Unabdingbarkeit 559 37 unpfändbare Sachen 559 35 ff Veräußerung - des Grundstücks 559 61 ; 571 61 - eingebrachter Sachen durch Mieter 559 32 Verhinderung der Entfernung 56110 ff Verlängerungsklausel 559 58 Verwertung 559 6; 56146; 563 3 Vorerbe 559 25 Widerspruch gegen Entfernung 560 16 ff; 56115 zukünftige Forderungen 559 49 ff Vermieterpflichten Aufwendungsersatz bei Verbesserungsmaßnahmen 541 a 36 Ausstattung mit Einrichtungsgegenständen 565 46 ff Beleuchtung 535 45 Beteiligung mehrerer Vermieter vor 535 100 Duldung - Anlagen des Mieters 535 64 ff - Aufnahme von Angehörigen und Besuchern 535 92 ff - bauliche Veränderungen 535 46, 59 ff - Untervermietung 549 28, 37 ff - Wegnahme von Einrichtungen 547 a 12 ff Energielieferung 535 97 Erhaltung der Mietsache 535 32 ff; 548 1 Fürsorge 535 24, 96 Gebrauchsgestattung 535 54 ff Heizung 535 77 ff Instandhaltung 535 41 ff Konkurrenzschutz 535 35 ff Lärmschutz 535 40 möblierter Wohnraum 565 46 ff Nebenleistungen 535 96 f Rechtsmängelhaftung, s dort Reinigung 535 45 Rückzahlung von Mietvorauszahlungen 557 a 1 ff Sachmängelhaftung, s dort Schadensersatz, s culpa in contrahendo; s positive Vertragsverletzung; s Unmöglichkeit; s Verzug Schönheitsreparaturen 535 142 ff Schutz des Mieters 535 40,42 ff, 96 Sozialklausel, s dort Überlassung der Mietsache 535 18 ff Umfang des vertragsmäßigen Gebrauchs 535 54 ff; 550 1 ff (1469)

Untervermietung 549 28, 37 ff Verkehrssicherung 535 42 ff, 96 Wasserlieferung 535 97 VermieterTechte Abnahme der Mietsache 535 126 Auskunft über Pfändung eingebrachter Sachen 559 67 Besichtigung der Mietsache 535 138 Erhaltungsmaßnahmen 541 a 4 ff Gebrauch der Mietsache 535 128 Instandhaltung 535 151 Mietzinszahlung 535 98 ff Nutzungsentschädigung 557 8 ff, 47 ff Pfandrecht, s Vermieterpfandrecht Reinigung 535 141 Rückgabe der Mietsache 556 1 ff, 36 ff Schönheitsreparaturen 535 142 ff; 556 15, 20 Schutz der Mietsache 535 129 ff; 545 1; 548 1 Umsatzmiete 535 128 Verbesserungsmaßnahmen 541 a 20 ff Verkehrssicherung 535 150 Vermögenssteuer 546 7 Verpackungsmaterial vor 535 84 Verschlechterung s Veränderung und Verschlechterung Verschmelzung 549 20; 564 62; 569 8 Verschmutzung 548 3 Verschweigen arglistiges des Vermieters 539 17; 540 4 ff Versetzung des Mieters Kündigung 570 1 ff Mietzins 552 20 Versottungsschaden 548 11 Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte 538 26 Vertragspflichtverletzungen des Mieters als Kiindigungsgrund 564 b 31 ff Beweislast 564 b 36 Einzelfälle 564 b 37 ff Erheblichkeit 564 b 33 Verletzungshandlung 564 b 32 Verschulden 564 b 34 f Vertragsstrafe 550 a 1 ff vertragswidriger Gebrauch 550 1 ff; 553 15 ff; 564 b 41 vertretbare Sache 535 4 Vertretung bei Kündigung 564 23; 564 a 13 Verwahrung Abgrenzung zur Miete vor 535 35 Verwendungen des Mieters abweichende Vereinbarungen 547 30 ff Baukostenzuschuß 547 30 Bebauung unbebauten Grundstücks 547 12 Begriff 547 11 ff Bereicherungsanspruch 547 6, 26 ff Beseitigungsanspruch des Vermieters 547 18 Besitzrecht 547 9 Beweislast 547 33 Eigentümer-Besitzer-Verhältnis 547 7 ff

Verwendungen des Mieters Sachregister Ersatzanspruch des Mieters 547 16 ff, 19 ff Fütterungskosten 547 29 Gebrauchsaufwand 547 29 Geschäftsführung ohne Auftrag 547 21 ff Konkurrenzen 547 2 ff; 547 a 16 Luxusverwendungen 547 19 Mängelbeseitigung 547 13 f notwendige Verwendungen 547 14 f nützliche Verwendungen 547 19 Schönheitsreparaturen 547 20 sonstige Verwendungen 547 19 ff Umbau 547 12 Untermieter 547 8 Verfallklausel 547 32 Verjährung des Ersatzanspruchs 547 17 Wegnahmerecht des Mieters 547 a 16 Verwirkung Anspruch auf Zustimmung zum Mieterhöhungsverlangen Art 3 § 2 12 Heizungskosten 535 87; Art 3 § 4 14 Kündigungsrecht 542 33; 564 36 Mietzinsforderung 535 125 Sachmängelhaftung 537 34, 53 ff; 538 47 Verwirkungsklausel 550 a 7 Verzinsung Kaution vor 535 139 Mietvorauszahlung 557 a 18, 24 Verzug Mietzinszahlung 535 118; 554 1 ff; vor Art 315; A r t 3 § 9 2 2 f Rückgabe der Mietsache 556 23; 557 48 des Vermieters - Mängelbeseitigung vor 537 22; 538 16 ff, 35 ff - Rechtsmängelhaftung 541 26 - Überlassung der Mietsache 535 27; vor 537 19 ff Vorbehalt bei Annahme der Mietsache 539 20 ff; 541 29 Vorenthaltung der Mietsache 557 12 ff Vorleistungspflicht des Vermieters 535 25, 114; 5 5 1 1 Vormietrecht vor 535 118 Vorschußpflicht Heizungskosten 535 88; Art 3 § 4 5 ff Mängelbeseitigung durch Mieter 538 38 Vorvertrag vor 535 114 ff; 566 9

Wäsche 535 64 Wandfläche vor 535 89; 535 2; 565 16,68 Wannmiete 535 84; vor Art 3 61 f Warmwasserversorgung 535 91 Wartezeit vor Kündigung nach Begründung von Wohnungseigentum 564 b 73 ff; Art 5 3

des Erwerbers eines Mietshauses 556 a 51; 564 b 82 Waschmaschine 535 64 Wasserschaden 548 11 Wasserversorgung 535 9 1 , 9 7 ; 542 14 Wechsel der Mietparteien s Kündigung s Mehrheit von Beteiligten s Mietvorauszahlung s Veräußerung des Grundstücks Wegfall der Geschäftsgrundlage vor 537 27 ff; 564 57; 564 b 21; Art 3 § 1 2 5 Wegnahmerecht des Mieters Abtretbarkeit 547 a 15 abweichende Vereinbarungen 547 a 27 ff Abwendungsbefugnis des Vermieters 547 a 18 ff Aneignungsrecht des Mieters 547 a 14 Anzeigepflicht des Mieters 547 a 21 Ausschluß 547 a 27 ff Baukostenzuschuß 547 a 31 Bereicherungsanspruch 547 a 6 , 1 6 Beweislast 547 a 33 Einrichtungen des Mieters 547 a 8 ff Klageart 547 a 32 Konkurrenzen 547 a 16 Mitteilung des Mieters 547 a 21 nach Rückgabe der Mietsache 547 a 14 Veräußerung des Grundstücks 547 a 17 Verjährung 547 a 17; 558 26 Verwendungsersatzansprüche 547 a 16 Vollstreckung 547 a 32 Wegnahmerecht 547 a 12 ff wesentlicher Bestandteil 547 a 14 Wohnraummiete 547 a 30 Weißer Kreis vor Art 3 1 Werkdienstwohnung 565 b - 5 6 5 e 13 ff, 53 ff abweichende Vereinbarungen 565 b - 5 6 5 e 71 f Anwendbarkeit des Mietrechts 564 b 9; 565 6; 565 a 4; 565 b - 5 6 5 e 1,13, 53 ff; 569 a 4 Aufhebung des Mietvertrags 565 b - 5 6 5 e 61 auflösende Bedingung 565 a 14 Ausschluß des Zurückbehaltungsrechts 556 32 Ausstattung mit Einrichtungsgegenständen 565 b - 5 6 5 e 55 Beendigung des Dienstverhältnisses 565 b - 5 6 5 e 2 5 , 4 5 ff berechtigte Interessen des Vermieters 564 b 9, 107 ff Bergarbeiterwohnungen, Bergmannswohnungen 565 b - 5 6 5 e 16 Betriebsbedarf als Kündigungsgrund 565 b - 5 6 5 e 67 Dienstverhältnis - Begriff 565 b - 5 6 5 e 7 f - auf bestimmte Zeit 565 b - 5 6 5 e 59 f (1470)

Wohnraumkiindigungsschutzgesetz Sachregister - auf unbestimmte Zeit 565 b - 5 6 5 e 61 ff Eintritt von Ehegatten, Familienangehörigen 569 a 4; 569 b 4 Führung eines eigenen Hausstandes mit Familie 565 b - 5 6 5 e 56 gerichtliche Zuständigkeiten 565 b - 5 6 5 e 73 f Kündigung 564 13; 564 b 107 ff; 565 b 565 e 53 ff, 58, 61 ff Mietaufhebungsvertrag 565 b - 5 6 5 e 61 möblierter Wohnraum 565 b - 5 6 5 e 57 öffentlich gefördert 565 b - 5 6 5 e 17 f Rückgabe 556 2 Sonderkündigungsrecht nach Beendigung des Dienstverhältnisses 565 b - 5 6 5 e 65, 72 Sozialklausel 565 b - 5 6 5 e 68 Werkförderungsverträge vor 535 67 ff; 565 b - 5 6 5 e 9; Art 3 § 1 1 8 Werkmietwohnung 565 b - 5 6 5 e 6 ff, 20 ff; vor Art 3 55 f abweichende Vereinbarungen 565 b - 5 6 5 e 71 f Anwendbarkeit des Mietrechts 556 a 7, 50, 64; 564 b 9; 565 6; 565 a 4; 565 b - 5 6 5 e 20, 28, 37, 38 ff; 569 a 4 Aufhebung des Mietvertrags 565 b - 5 6 5 e i l , 15 auflösende Bedingung 565 a 14; 565 b - 5 6 5 e 10 Ausschluß des Kündigungsrechts 565 b - 5 6 5 e 20 Beendigung des Dienstverhältnisses 565 b - 5 6 5 e 21, 2 5 , 4 5 ff berechtigte Interessen des Vermieters 564 b 9 , 1 0 7 ff Bergarbeiterwohnungen, Bergmannswohnungen 565 b - 5 6 5 e 16 Betriebsbedarf als Kündigungsgrund 564 b 107 ff; 565 b - 5 6 5 e 29, 31 Dauer des Mietverhältnisses 565 b - 5 6 5 e 24 Dienstverhältnis 565 b - 5 6 5 e 7 f Eintritt von Ehegatten, Familienangehörigen 569 a 4; 569 b 4 funktionsgebundene 565 b - 5 6 5 e 26, 33 ff Genossenschaftswohnung 565 b - 5 6 5 e 19 gerichtliche Zuständigkeiten 565 b - 5 6 5 e 73 f gewöhnliche 565 b - 5 6 5 e 26 ff Kündigung 564 13; 564 b 107 ff; 565 b - 5 6 5 e 20 ff Mietaufhebungsvertrag 565 b - 5 6 5 e 11, 15 Mietvorauszahlung 557 a 12 öffentlich gefördert 565 b - 5 6 5 e 17 f Rückgabe 556 2 Sonderkündigungsrecht nach Beendigung des Dienstverhältnisses 565 b - 5 6 5 e 21 f, 27, 32,33 Sozialklausel 565 b - 5 6 5 e 38 ff Verknüpfung von Dienstverhältnis und Mietverhältnis 565 b - 5 6 5 e 10 ff (1471)

Verlängerungsklausel 565 b - 5 6 5 e 23 werkseigene, -fremde, -geförderte 565 b - 5 6 5 e 9 Widerspruchsfrist 565 b - 5 6 5 e 42 Zustimmung des Betriebsrats 565 b - 5 6 5 e 2 Werkwohnung s Werkdienstwohnung s Werkmietwohnung Werkvertrag Abgrenzung zur Miete vor 535 36 Wertsicherungsklausel vor 535 157; 535 101; vor Art 3 16; Art 3 § 1 5 , 1 7 ; Art 3 § 10 11 f Wettbewerbsverbot 535 35 ff wichtiger Grund s außerordentliche fristlose Kündigung Widerruf der Kündigung 564 42 Widerspruch Gebrauchsfortsetzung 568 16 ff des Mieters gegen Kündigung aufgrund Sozialklausel 556 a 57 ff; 556 b 25; 556 c 17, 27; 564 9 , 1 6 , 39; 564 a 24 ff; 565 b - 5 6 5 e 38 ff wirtschaftliche Verhältnisse als härtebegründender Umstand 556 a 42 ff Wirtschaftsplan für Schönheitsreparaturen 535 145 Wohnheimvertrage 556 a 94; 564 b 9, 110; 565 67; Art 3 § 1 0 34 Wohnraum, möblierter s möblierter Wohnraum s Gebrauch, vorübergehender Wohnraumkündigungsschutzgesetz Anwendungsbereich vor Art 3 38 ff; Art 3 § 1 0 31 ff; Art 4 1 ff Entstehungsgeschichte vor Art 1 1 ff; vor Art 3 1 ff, 8 ff Inkrafttreten Art 8 Konkurrenzen vor Art 3 57 ff Kritik vor Art 3 17 ff Miethöhegesetz Art 3 Prozessuales vor Art 3 65 ff Ubergangsregelungen des WKSchG II - Beendigung von befristeten Mietverhältnissen durch Zeitablauf Art 4 6 - Kündigung wegen Eigenbedarfs des Vermieters nach der Umwandlung von Mietwohnungen in Eigentumswohnungen im Land Berlin 564 b 73; Art 5 3 - ordentliche Kündigung von Mietverhältnissen Art 4 5 - Mieterhöhungen Art 4 7 - Mieterhöhungen wegen baulicher Veränderungen Art 4 8 - Mieterhöhungen bei Wohnraummietverhältnissen in München und Hamburg Art 6 1 ff - mieterschutzfreie Mietverhältnisse über Wohnraum im Land Berlin Art 5 1 ff

Wohnraumkündigungsschutzgesetz Sachregister - Mietverhältnisse über preisgebundenen Wohnraum Art 4 4 Wohnraum unter Geltung des MietSchG Art 43 Verfassungsrecht vor Art 1 1 6 ff Zweck vor Art 1 1 1 ff Wohnraummiete Abmahnung zu vertragsgemäßem Verhalten, s Abmahnung Altenpflegeheim 556 a 93 f; 564 b 9 , 1 1 0 Anfechtung 556 a 18; 564 54 ff; 564 a 10; 564 b 20, 121 ff Arbeiterheim 556 a 94; 564 b 9, 110 Aufhebungsvertrag, s Mietaufhebungsvertrag auflösend bedingter Mietvertrag, s dort Aufnahme in Wohnung, s dort Aufrechnung, s dort Baukostenzuschuß, s dort Begriff vor 535 25; 556 a 5 ff; 564 b 9 f; vor Art 3 38 f, 4 1 , 4 4 , 4 7 Belehrung über Widerspruch bei Kündigung 556 a 65; 564 a 5 , 1 8 , 24 ff Bestandsschutz, s dort Betriebsbedarf 564 b 104, 106 ff; 565 b - 5 6 5 e 29, 31, 67 Eigenbedarf des Vermieters, s dort Einliegerwohnraum, s dort Eintritt von Ehegatten und Familienangehörigen bei Tod des Mieters, s Eintritt in Mietverhältnis Erbe, s dort Form der Kündigung, s Kündigung Fortsetzung des Mietverhältnisses, s dort fristlose Kündigung, s außerordentliche fristlose Kündigung Gebrauch, vorübergehender, s dort Gebrauchsüberlassung, s dort Gesamtrechtsnachfolge 569 1 Geschäftsraummiete, s dort Gewerbeausübung 535 55; 556 a 37 Grundstücksmiete, s dort Interesse, berechtigtes - s berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses über Wohnraum - s öffentliches Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses über Wohnraum Kauf bricht nicht Miete 571 13 Kündigung, s dort Kündigungsfrist, s dort Kündigungstermin, s dort LAG-Wohnung 564 13; 564 b 116; vor Art 3 44; Art 3 § 10 32 Mehrheit von Beteiligten, s dort Mietanpassungsklausel vor 535 157; 535 101; Art 3 § 10 11 f Mietvorauszahlung, s dort Mischmietvertrag, s dort möblierter Wohnraum, s dort Optionsrecht, s dort

Räumungsfrist, gerichtliche, s dort Resozialisierungsheim 556 a 94; 564 b 9 Rücktritt vom Vertrag, s dort Schadensersatz, s dort Schadenspauschalierung 550 a 9, 12 f Seniorenheim 556 a 93; 564 b 9 Sonderkündigungsrechte des Vermieters 564 b 141 ff Sozialklausel, s dort Sozialwohnung, s dort Studentenheim, s dort Tod des Mieters, s dort Umdeutung von Kündigungen, s Umdeutung Unabdingbarkeit, s Unabdingbarkeit bei Wohnraummiete Untermiete, s dort Unzumutbarkeit, s dort Verhinderung wirtschaftlicher Verwertung 564 b 83 ff Verlängerungsklausel, s dort Vertragspflichtverletzungen des Mieters 564 b 31 ff Vertragsstrafe 550 a 1 ff Wegnahmerecht des Mieters, s dort Wertsicherungsklausel, Verbot vor 535 157; 535 101; A r t 3 § 1 0 11 f Zahlungsverzug vor 535 18; 554 1 ff, 46; 564 b 37 ff; Art 3 § 9 22 f Zurückbehaltungsrecht 552 a 8; 556 31 ff, 52 Zweckentfremdung 564 b 8 4 , 9 0 Wohnraummietverhältnis s befristetes Mietverhältnis s Mietverhältnis auf unbestimmte Zeit Wohnrecht vor 535 40; 541 9; 577 4 ff Wohnungsbaugenossenschaft vor 535 75 s auch Genossenschaftswohnung Wohnungsschlüssel 535 131; 556 13, 24 Wohnungstausch 549 22; 565 36, 41 f Wohnungszwangswirtschaft vor 535 4 ff Wucher vor 535 154 ff; vor Art 3 64; Art 3 § 14

Zahlungsverzug vor 535 118; 554 1 ff; 564 b 37 ff; Art 3 § 9 2 2 f Zeitpunkt Beendigung des Mietverhältnisses 564 3 ff, 7 ff, 37; 565 9 ff Sachmängelhaftung 537 11; 538 4 ff Überlassung der Mietsache 535 18 ff; 565 33 ff Zerstörung der Mietsache vor 537 8 ff Zölibatsklausel vor 535 152 Zubehör 535 10; 556 13 Zufallsschäden 548 14 Zumutbarkeit s Unzumutbarkeit (1472)

Zweckvereitelung Sachregister Zurückbehaltungsrecht Mietzins 537 51; 552 a 8 Rückgabe der Mietsache 556 31 ff, 52; 557 15 Zusicherung Eigenschaft der Mietsache 537 39 ff Zustimmung Kündigung 564 13 Untervermietung 541 8; 549 23 ff, 30 ff, 37 ff, 58

(1473)

Zwangsversteigerung Kündigung des Erstehers vor 537 12; 564 33; 57135 Zwangsverwaltung Mietvorauszahlung vor 535 130 ff Zweckentfremdung Wohnraum 564 b 84, 90 Zweckvereitelung vor 537 28 ff; 537 26