Management von Tourismusunternehmen: Organisation, Personal- und Finanzwesen bei Reiseveranstaltern und Reisemittlern [3., völlig überarb. und erw. Aufl.] 9783486709537, 9783486588064

Management von Tourismusunternehmen bedeutet jonglieren, die verschiedenen betrieblichen Funktionsbereiche in einem Glei

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Management von Tourismusunternehmen: Organisation, Personal- und Finanzwesen bei Reiseveranstaltern und Reisemittlern [3., völlig überarb. und erw. Aufl.]
 9783486709537, 9783486588064

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Management von Tourismusunternehmen Organisation, Personal- und Finanzwesen bei Reiseveranstaltern und Reisemittlern von

Prof. Dr. Torsten H. Kirstges 3., völlig überarbeitete und erweiterte Auflage

Oldenbourg Verlag München

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

© 2011 Oldenbourg Wissenschaftsverlag GmbH Rosenheimer Straße 145, D-81671 München Telefon: (089) 45051-0 www.oldenbourg-verlag.de Das Werk einschließlich aller Abbildungen ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Bearbeitung in elektronischen Systemen. Lektorat: Lea Ruschmeyer, Rainer Berger Herstellung: Constanze Müller Titelbild: iStockphoto Einbandgestaltung: hauser lacour Gesamtherstellung: Grafik + Druck GmbH, München Dieses Papier ist alterungsbeständig nach DIN/ISO 9706. ISBN 978-3-486-58806-4

Für meine Töchter Janine, Julia und Sophie deren Lachen ich während des Verfassens dieses Werkes viel zu selten genießen konnte!

Vorwort Konnte ich noch Mitte der 1990er Jahre eine große Lücke im Bereich der tourismuswirtschaftlichen Literatur feststellen, so wurde diese durch eine Reihe interessanter Buchpublikationen namhafter Autoren verringert. Bücher über „Marketing im Tourismus“ oder in Form 1 einer allgemeinen „Einführung in die Tourismuswirtschaft“ gibt es mittlerweile reichlich. Was jedoch nach wie vor dünn gesät ist – und dies bestätigen mir nicht nur Kollegen und Studierende, sondern gerade auch nach Problemlösungshilfen suchende Praktiker – sind konkrete Hinweise zum Management von Tourismusunternehmen, verbunden mit praktischen Fallbeispielen. Dieser Mangel war für mich der Anlass, ein Lehr- und Arbeitsbuch zu ausgewählten Managementproblemen von Tourismusunternehmen zu verfassen. Ich hoffe also, mit meinen Ausführungen zu Organisation, Personalwesen und Finanzwirtschaft von Reiseveranstaltern die Wissenslücke ein Stück mehr schließen zu können. Den gesamten Bereich „Tourismusmarketing“ habe ich aus o.g. Gründen bewusst ausgeklammert, wenngleich sich aus der Managementthematik automatisch Schnittstellen zum Marketing ergeben (z.B. im Rahmen der Preiskalkulation). Mein Anliegen war es, ein „handliches“ Buch, kompakt und preiswert, einer breiten Interessentenschaft zugänglich zu machen. Bewusst wird keine breite, allgemeine Einführung gegeben; die Ausführungen greifen vielmehr einzelne, m.E. besonders interessante und spezifische Problembereiche des Tourismusmanagements heraus und versuchen diese einer Lösung näher zu bringen. In der nun vorliegenden dritten Auflage wurden insbesondere die Praxisbeispiele aktualisiert und erweitert; mein Dank gilt allen Unternehmen, die mich mit Informationen und Materialien aus ihrem Hause unterstützt haben. Das vorliegende Werk richtet sich nicht nur an (Hochschul-)Lehrer und deren Schüler, die die tourismusspezifischen Managementaspekte systematisch erarbeiten wollen, sondern insbesondere auch an Tourismuspraktiker, die konkrete Anregungen zur (Besser-)Gestaltung ihrer Unternehmenssysteme suchen; Anregungen, die zum einen – dank der Praxisbeispiele im vorliegenden Buch – von anderen Unternehmungen kommen, zum anderen die Früchte grundsätzlich-wissenschaftlicher Überlegungen sein können. Torsten Kirstges Wilhelmshaven, im Februar 2011

1

Meines Erachtens besonders lesenswert sind die Werke von Mundt, Reiseveranstaltung, Pompl, Touristikmanagement, Roth/Schrand, Touristik-Marketing, Schulz/Berg et al, Grundlagen des Tourismus, Freyer, TourismusMarketing, Freyer/Pompl, Reisebüro-Management sowie Dettmer et al, Tourismus-Marketing-Management.

Inhalt Vorwort

VII

Themenabgrenzung, begriffliche Grundlagen und vorausgesetzter Kenntnisstand ....................................................................................... 1 1 2

Abgrenzung und Voraussetzungen zum Verständnis der folgenden Ausführungen

1

Begriffliche Grundlagen

3

Kapitel I: Ausgewählte Probleme der Organisation von Touristikunternehmen ................................................................... 7 1

Einleitung: Fallbeispiele zur Organisation im Tourismus

7

1.1

Organisation der TUI ......................................................................................... 7

1.2

Organisation von ITS....................................................................................... 13

1.3

Organisation des DER ..................................................................................... 17

1.4

Organisation mittelständischer Spezial-Reiseveranstalter: Hapag-Lloyd Seetouristik, Wikinger Reisen und ZiK-Gruppenreisen .................................. 25

2

Von der Strategie über die Ablauforganisation zur Aufbauorganisation

33

2.1

Structure follows strategy und situativer Ansatz der Organisationsforschung ............................................................................. 33

2.2

Die Wertschöpfungskette der Reiseveranstalter als Ausgangspunkt organisationaler Gestaltung ............................................................................. 35 Paxzahl, Umsatz und Wertschöpfung als Indikatoren der organisationalen Gesamtleistung eines Reiseveranstalters ......................................................... 35 Der Prozess der Wertschöpfung bei Reiseveranstaltern als strategischer Rahmen der Ablauf- und Aufbauorganisation ................................................. 40 Veränderung von Wertschöpfung und Organisation gemäß dem Grad der vertikalen Integration................................................................................. 43

2.2.1 2.2.2 2.2.3

X

2.3 2.3.1 2.3.2

Inhalt

2.3.5

Aufgabenanalyse und Festlegung der Ablauforganisation .............................. 46 Schritte der organisationalen Gestaltung von Reiseveranstaltern.................... 46 Definition von Tätigkeitsfeldern der Unternehmung sowie Einzeltätigkeiten ................................................................................... 48 Ermittlung des Tätigkeitsumfangs ................................................................... 52 Koordination der einzelnen Tätigkeiten und Stellenbildung ........................... 54 Logisch-zeitliche Anordnung der Einzelaufgaben – dargestellt am Beispiel der Reisekatalogplanung ............................................ 54 Zusammenfassung der Einzeltätigkeiten zu Stellen unter Berücksichtigung des Zentralisationsgrades .......................................... 60 Hierarchische Anordnung der Stellen und Verteilung der Weisungsbefugnis ...................................................................................... 70 Dokumentation und Kontrolle ......................................................................... 75

2.4 2.4.1 2.4.2 2.4.3

Organisationale Grundformen zur Zusammenfassung von Tätigkeiten .......... 81 Funktionale Organisationsstruktur .................................................................. 81 Divisionale Organisationsstruktur ................................................................... 82 Mischformen ................................................................................................... 84

2.5

Lean Management ........................................................................................... 85

2.6

Alternative organisationale Gestaltung am praktischen Fallbeispiel ............... 88

2.3.3 2.3.4 2.3.4.1 2.3.4.2 2.3.4.3

Kapitel II: Ausgewählte Probleme des Personalmanagements bei Reiseveranstaltern ....................................................................... 93 1

Die Teilbereiche des Personalmanagements

94

2

Kriterien der Personalauswahl: Anforderungen von Tourismusunternehmen an potentielle Mitarbeiter

99

2.1

Problemstellung und Untersuchungsgegenstand ............................................. 99

2.2

Zur Methodik ................................................................................................ 100

2.3 2.3.1 2.3.2 2.3.3 2.3.4 2.3.5

Ausgewählte Analyseergebnisse ................................................................... 101 Art der mitarbeitersuchenden Unternehmungen............................................ 101 Regionale Verteilung der offenen Stellen ...................................................... 103 Art der offenen Stellen und allgemeine Anforderungen ................................ 104 Spezielle Anforderungen im EDV- und Fremdsprachenbereich .....................115 Sonstige Anforderungen .................................................................................119

2.4

Weitere Studien zum Thema...........................................................................119

2.5

Schlussfolgerungen für die Arbeitsmarktchancen von tourismuswirtschaftlich ausgebildeten Akademikern ............................. 120

Inhalt

3

XI

Ausgewählte Aspekte des Personaleinsatzes: Möglichkeiten und Probleme der Arbeitszeitflexibilisierung

121

3.1

Grundüberlegungen zur Personaleinsatzplanung........................................... 121

3.2 3.2.1 3.2.2 3.2.3

Regelung der Arbeitszeit und Arbeitszeitmodelle ......................................... 123 Zur Problematik der Arbeitszeitflexibilisierung ............................................ 123 Vorgehensweise bei der Erstellung von Arbeitsplänen .................................. 124 Arbeitszeitmodelle: Beispiele aus anderen Branchen .................................... 127

3.3

Fallbeispiel: Gestaltung von Arbeits- und Urlaubsplänen bei K&S-REISEN .......................................................................................... 131

3.4

Fallbeispiel: Arbeitszeitflexibilisierung bei Lufthansa, TUI und bei Wikinger Reisen ...................................................................................... 135

4

Finale Entlohnung: Gestaltung von Mitarbeitererfolgsbeteiligungssystemen bei Reiseveranstaltern – Grundlagen und Fallbeispiel

136

4.1

Mitarbeitererfolgsbeteiligung – oder: Wie motiviere ich meine Mitarbeiter zu Höchstleistungen? ..................................................................................... 136

4.2

Ziele eines Mitarbeitererfolgsbeteiligungssystems ........................................ 137

4.3

Konzeptionelle Ansatzpunkte eines Mitarbeitererfolgsbeteiligungssystems .......................................................... 139 Grundsätzliches zur Gestaltung eines Mitarbeitererfolgsbeteiligungssystems .......................................................... 139 Zentrale Entscheidungsfelder im Rahmen der Systemgestaltung .................. 140 Wahl der Basisgröße und Festlegung des Ermittlungszeitraums ................... 140 Festlegung der Faktoranteile ......................................................................... 143 Festlegung der Individualquote ..................................................................... 143 Verwendungsalternativen............................................................................... 144 Zur Problematik der Verlustbeteiligung ......................................................... 146

4.3.1 4.3.2 4.3.2.1 4.3.2.2 4.3.2.3 4.3.2.4 4.3.3 4.4

Fallbeispiel: Erfahrungen mit Mitarbeitererfolgsbeteiligungssystemen in Tourismusunternehmen ............................................................................. 147

5

Personalfreistellung: Zeugnisformulierung

5.1

Globale Leistungsbeurteilung ........................................................................ 155

5.2

Angabe des Ausscheidungsgrunds................................................................. 156

5.3

Beurteilungsdimensionen eines qualifizierten Arbeitszeugnisses.................. 157

5.4

Zeugnisaufbau und Formulierungsbeispiele .................................................. 159

154

XII

Inhalt

Kapitel III: Ausgewählte Probleme des Finanzmanagements von Veranstalterunternehmen ......................................................... 163 1

Strukturelle Rahmenbedingungen des Finanzmanagements bei Reiseveranstaltern

163

1.1

Einzelne Leistungsebenen im arbeitsteiligen Tourismussystem .................... 163

1.2

Finanzielle Rahmenbedingungen des Veranstaltergeschäfts ......................... 166

1.3

Zusammenfassung und Praxisbeispiele ......................................................... 167

2

Preiskalkulation und Preisgestaltung bei Reiseveranstaltern

2.1

Preistheoretische Modelle und ihre Relevanz für den Reiseveranstaltermarkt ...................................................................... 168

2.2 2.2.1 2.2.2 2.2.2.1 2.2.2.2 2.2.2.3 2.2.2.4 2.2.3 2.2.3.1 2.2.3.2 2.2.4

Kalkulationsstrategien – ein Überblick ......................................................... 171 Kostenorientierte Preisfindung ...................................................................... 173 Nachfrageorientierte Preispolitik .................................................................. 180 Die Rolle des Preises im Rahmen der Reiseentscheidung............................. 180 Ziele der nachfrageorientierten Preisbildung ................................................ 181 Preisdifferenzierung im Rahmen der Strategie der Marktsegmentierung ...... 184 Preislogik....................................................................................................... 193 Konkurrenzorientierte Preisstellung .............................................................. 195 Ausgewählte Aspekte der strategischen Preisfestsetzung.............................. 196 Grundzüge einer informatorischen Basis ...................................................... 198 Das Zusammenspiel von kosten-, konkurrenz- und nachfrageorientierter Preiskalkulation ............................................................................................. 199

2.3 2.3.1 2.3.2

2.3.4

Vertiefung ausgewählter Aspekte der kostenorientierten Preisfindung ......... 200 Fixe versus variable Leistungskosten und Währungsrisiken ......................... 200 Bedeutung der Auslastung bei der Verteilung fixer Leistungskosten und deren Auswirkung auf das Preisniveau (Charterkettenkalkulation)........ 202 Varianten des Kalkulations- und Provisionsaufschlags und deren Auswirkung auf das Preisniveau...........................................................211 Grundlagen zu Provisionssystemen ............................................................... 211 Regelungsbedarfe bei Provisionssystemen.................................................... 213 Probleme einer prozentbasierten Umsatzprovision ....................................... 213 Die Alternative: innovative abwicklungskostenorientierte Provisionssysteme (IakoP) ............................................................................ 218 Auswirkungen von IakoP .............................................................................. 219 Fazit und Analogie bei der Deckungsbeitragskalkulation der Veranstalterleistung ................................................................................. 220 Target-Costing als „neuer“ Denkansatz im Rahmen der Kalkulation............ 221

2.4

Zusammenfassung ......................................................................................... 222

2.3.3 2.3.3.1 2.3.3.2 2.3.3.3 2.3.3.4 2.3.3.5 2.3.3.6

168

Inhalt

XIII

3

Cash-Management

224

3.1

Zahlenspielereien: Die Cash-Illusion ............................................................ 224

3.2

Kennzahlen der Liquidität und der kurzfristige Liquiditätsplan als Ausgangspunkt eines effizienten Cash-Managements ............................. 228

3.3

Anlagealternativen für kurzfristige Finanzüberschüsse ................................. 236

3.4

Absicherung des Devisenbedarfs ................................................................... 242

3.5

Weitere Aufgaben des Cash-Managements ................................................... 246

Verzeichnis der verwendeten Literatur

251

Der Autor

261

Stichwortverzeichnis

263

Themenabgrenzung, begriffliche Grundlagen und vorausgesetzter Kenntnisstand 1

Abgrenzung und Voraussetzungen zum Verständnis der folgenden Ausführungen

Das vorliegende Buch kann unmöglich alle interessanten und grundsätzlich auch wichtigen Aspekte aus den Bereichen Organisation, Personalwesen und Finanzwirtschaft behandeln. Es beschränkt sich daher auf eine konkrete, praxisorientierte Anleitung zur Gestaltung der betrieblichen Organisations-, Personal- und Finanzprozesse bei Reiseveranstaltern. Nicht bzw. nicht ausführlich behandelt werden u.a. folgende Bereiche: ƒ Die Geschichte der Organisationsforschung, so z.B. die Grundüberlegungen von Taylor (1903, 1911; Stichworte: „scientific-Management“, „Funktionsmeisterprinzip“), von Fayol (1916; Stichwort: „Administrationsprinzipien“), der Vertreter der angloamerikanischen Administrations- und Managementlehre (Gulick 1937, Urwick 1943, Koontz/ Donnel 1955, etc) oder der traditionellen deutschen betriebswirtschaftlichen Organisationslehre (Nordsieck 1934; Kosiol 1962) sowie die Beiträge zum strukturbezogenen Verhalten i.S. des Bürokratiemodells von Max Weber (1921). Wenngleich die Beiträge dieser Autoren historisch äußerst interessant sind und in speziellen Aspekten auch unmittelbare Relevanz für die heutigen Probleme der organisationalen Gestaltung von Unternehmen besitzen, erscheint ihre Darlegung an dieser Stelle im Hinblick auf eine schnelle, praxisorientierte Einführung in die Organisationslehre wenig sinnvoll. Der interessierte Leser sei daher auf die entsprechende Fachliteratur verwiesen. ƒ Die soziologischen und psychologischen Rahmenbedingungen der Organisations- und Personalforschung. Zu erwähnen wären hier beispielsweise die Arbeiten von Mayo/ Roethlisberger (1927/1932, Stichwort: „Hawthorne-Experimente“), Maslow (1954, Stichwort: „Bedürfnispyramide“), Herzberg (1966), Bales (1951), Simon, March, Cyert (Ende 40er- bis Anfang 60er-Jahre, Stichworte: „Theorie der kognitiven Prozesse“, „Anreiz-Beitrags-Theorie“, „Koalitionstheorie“) oder Witte (1973, Stichwort: „Promotorenmodell“).

2

Themenabgrenzung, begriffliche Grundlagen und vorausgesetzter Kenntnisstand

ƒ Die Gestaltung der Informationsprozesse und des Informationsflusses in der Unternehmung. ƒ Einzelne Organisationstheorien und wissenschaftstheoretische Ansätze der Organisationsforschung. Lediglich auf den sog. situativen Ansatz wird im Abschnitt 2.1. des ersten Kapitels kurz eingegangen, da seine Kernaussagen m.E. von unmittelbarer Relevanz für die praktische Organisationsgestaltung sind. ƒ Ziele und Zielsysteme als Voraussetzungen und Rahmenbedingungen für Organisation und Personalwesen. ƒ Spezielle Koordinationsmechanismen innerhalb einer Organisation (Kompetenzverteilung etc.). 2 ƒ Personalführung (Führungstheorien, Führungstechniken, etc.). ƒ Die Arbeitswissenschaft (als Fortführung des Scientific-Management). ƒ Finanzbuchhaltung und Kosten-Leistungs-Rechnung/Controlling bei Tourismusunter3 nehmen. Die Ausführungen beschränken sich auf die Perspektive deutscher Reiseveranstalter. Andere Unternehmen der Tourismusbranche bleiben somit, ebenso wie jede sonstige Art von sozio-technischen Systemen, unberücksichtigt. Das gliederungstechnisch vorgenommene Splitting des Gesamtthemas „Tourismusmanagement“ in einzelne Bereiche führt teilweise zu inhaltlichen Abgrenzungsproblemen. Gerade die Kapitel I und II weisen eine starke Interdependenz auf. So sind die Überlegungen zur Wertschöpfungskette, die in Kapitel I angestellt werden, auch von unmittelbarer Relevanz für das Personalmanagement (Kapitel II). Trotz dieser Schnittstellenprobleme erscheint die hier gewählte Gliederungsstruktur themenadäquat; eine allzu isolierte Betrachtung einzelner Kapitel sollte jedoch vermieden werden. Zum Verständnis der folgenden Ausführungen ist ein gewisser Kenntnisstand hinsichtlich allgemeinbetriebswirtschaftlicher, insbesondere organisatorischer und personalwirtschaftlicher Grundlagen sowie tourismusspezifischer Rahmenbedingungen Voraussetzung. Hinsichtlich der touristischen Spezifika werden insbesondere Kenntnisse in folgenden Bereichen 4 vorausgesetzt: ƒ Besonderheiten und konstitutive Merkmale der touristischen Dienstleistung (partielle Simultaneität von Produktion und Konsum; Uno-actu-Prinzip; Immaterialität; etc.). ƒ Arbeitsteiliges Gesamtsystem des Tourismus (Wertschöpfungskette der Branche). ƒ Leistungen der einzelnen touristischen Marktpartner (Leistungsträger, Reiseveranstalter, Reisemittler, etc.). ƒ Komponenten und Varianten der Pauschalreise. ƒ Struktur des deutschen Veranstaltermarktes. ƒ Leistungsprogramm der namhaften deutschen Reiseveranstalter. 2

3

4

Organisation und Führung verfolgen grundsätzlich das gleiche Ziel, nämlich die Anleitung der Unternehmensmitglieder zu bestimmten Handlungen. „Organisation“ nutzt hierzu strukturelle Maßnahmen, „Führung“ basiert auf interpersonellen, direkt-persönlichen Handlungsanweisungen. Zu den Besonderheiten der Rechnungslegung von Tourismusunternehmen siehe beispielsweise Hässel/Rummel, Besteuerung. Vgl. zu diesen Grundlagen ausführlich: Kirstges, Expansionsstrategien.

2 Begriffliche Grundlagen

2

3

Begriffliche Grundlagen

Definitionen sind Zweckgebilde. Sie gehören demnach zu den nicht-wahrheitsfähigen Aussagenkategorien, können also weder falsch noch richtig, sondern nur zweckmäßig oder unzweckmäßig sein. Je nach Literaturstelle kann man daher andere Begriffsabgrenzungen finden. Es macht somit wenig Sinn, an dieser Stelle die Managementlehre als Begriffswissenschaft – dies würde der niedrigsten Stufe einer Theorienentwicklung (begriffliche Aussagen) entsprechen – anzugehen. Um jedoch für die folgenden Ausführungen eine gemeinsame sprachliche Basis zu schaffen, werden in diesem Abschnitt zentrale Begriffe erläutert. Auch die nächsten beiden Stufen der Theorienentwicklung, die Erarbeitung von deskriptiven sowie explanatorischen Aussagen, sind allenfalls mittelbar von Interesse für eine praktische Betriebswirtschaftslehre der Reiseveranstalter. Daher liegt der Schwerpunkt dieses Buches auf der vierten Stufe der Entwicklung von Theorien, der Erarbeitung von entscheidungsorientierten, praxeologischen Aussagen, die dem in einem Veranstalterunternehmen handelnden Entscheidungsträger Hilfestellungen für eine spezifische Problemlösung geben. Begriffliche Grundlagen dieses Buches (einige ausgewählte zentrale Begriffe in alphabetischer Reihenfolge): Ablauforganisation Räumliche und zeitliche Strukturierung der Arbeitsvorgänge in einem (Tourismus-)Unternehmen. Aufbauorganisation Formale Gliederung der Unternehmung unter Aspekten der Aufgaben-/Arbeitsteilung in organisatorische Untereinheiten, die untereinander in Beziehung stehen. Auslastungsgrad Prozentualer Anteil der tatsächlich genutzten Plätze (Flug, Hotel, Kurs, etc.) an dem zur Verfügung stehenden Platzpotential (für das Kosten in fixer Höhe anfallen). Arbeitsteilung Zerlegung größerer Aufgabenkomplexe in Teilaufgaben, die dann auf bestimmte Teileinheiten (Stellen) übertragen werden. Je stärker die Arbeitsteilung, desto mehr ist „Organisation“ erforderlich. Cash-Flow Finanzwirtschaftlicher Überschuss, somit die Differenz aus Einzahlungen und Auszahlungen innerhalb eines bestimmten Zeitraums.

4

Themenabgrenzung, begriffliche Grundlagen und vorausgesetzter Kenntnisstand

Divisionale Organisation Synonyme: objektorientierte Organisation, Spartenorganisation. Neben der funktionalen Organisation eine der beiden Grundformen der organisationalen Gestaltung. Aufgabenteilung nach anderen als funktionenorientierten Kriterien, so z.B. nach Produktgruppen, Kundengruppen, Regionen oder sonstigen sachlogischen Kriterien. Jede Sparte erfüllt somit sämtliche betriebliche Funktionen. Funktionale Organisation Synonym: verrichtungsorientierte Organisation. Neben der divisionalen Organisation eine der beiden Grundformen der organisationalen Gestaltung. Aufgabenteilung nach dem Verrichtungsprinzip, d.h. den einzelnen betrieblichen Funktionsbereichen (Beschaffung, Produktion, Absatz, etc.). Jeder Funktionsbereich ist somit für sämtliche Sparten der Unternehmung (Produkte, Regionen, Kundengruppen etc.) zuständig. Leistungsträger Diejenigen Glieder der touristischen Wertschöpfungskette, die als Organisationen bzw. Personen am Endverbraucher, also am Reisenden, eine touristische Leistung letztlich erbringen. Sie können somit als die Produzenten der touristischen Einzelleistungen einer Reise gelten. Leitungsspanne Zahl der einer Leitungsstelle (Instanz) unterstellten Stellen (Mitarbeiter). Management Institutionaler Begriff: Eine sozio-technische Organisation, also z.B. eine tourismuswirtschaftliche Unernehmen, verfügt über ein Management (also über Manager inkl. evtl. mitarbeitender Inhaber), das die Leitungsebene(n) derselben darstellt. Funktionaler Begriff: Sämtliche Aktivitäten, Aufgaben, Tätigkeiten und Systeme, die von Managern durchgeführt bzw. geschaffen werden, um die Zielerreichung einer soziotechnischen Organisation zu gewährleisten. Das Management einer Unternehmung umfasst insbesondere die Bereiche (funktionale) Organisation und Führung und gliedert sich in die Phasen bzw. Teilaufgaben Zielsetzung, Planung, Entscheidung, Realisation/Umsetzung und Kontrolle. Organigramm Graphische Darstellung der Aufbauorganisation einer Unternehmung, aus der die einzelnen Stellen sowie deren Beziehung zueinander (hierarchische Anordnung) erkennbar sind. Organisation Institutionaler Begriff: Sozio-technische Perspektive einer Unternehmung. Die Unternehmung ist eine Organisation.

2 Begriffliche Grundlagen

5

Funktionaler Begriff: System an organisatorischen Regeln zur Gewährleistung der Aufgabenerfüllung einer Unternehmung. Die Unternehmung hat eine Organisation. Reisebüro Kaufmännische Betriebsstätte eines (i.d.R.) Reisemittlers (ggf. auch Reiseveranstalters); betont, dass ein „Büro“, also i.d.R. ein Ladenlokal mit Geschäftsräumen, vorhanden ist. Reisemittler (Retailer) Unternehmen, das Leistungen von Reiseveranstaltern sowie touristische Grundleistungen (von Leistungsträgern, z.B. nur Beförderung durch ein Verkehrsunternehmen) in fremdem Namen und auf fremde Rechnung verkauft, somit also Leistungen Dritter vermittelt und – unter reiserechtlichen Aspekten – hinsichtlich der Durchführung der Reisen keine Haftung übernimmt. Reisepreiskalkulation Sämtliche Überlegungen, Planungen, Entscheidungen und Analysen, die dazu dienen, einen wettbewerbsfähigen Einzelreisepreis (Kundenendpreis) festzulegen bzw. diesen hinsichtlich seiner Markt- und Unternehmensadäquanz zu überprüfen. Hierbei sind drei grundsätzliche Ansatzpunkte zu berücksichtigen: Kostenorientierung, Konkurrenzorientierung, Nachfrageorientierung. Reiseveranstalter (Tour-Operator) Unternehmung, die eigene Leistungen sowie Leistungen Dritter (= Leistungsträger) zu marktfähigen touristischen Angeboten (Pauschalreisen) kombiniert und – i.d.R. mittels des Trägermediums Reisekatalog – für deren Vermarktung sorgt, wobei diese Pauschalreisen in eigenem Namen, auf eigene Rechnung und – unter reiserechtlichen Aspekten – auf eigenes Risiko angeboten werden. Als wesentliche Veranstalterfunktionen können somit die Bereitstellung einer „gebündelten“ Problemlösung sowie die Risikoübernahme gesehen werden Stelle Kleinste handelnde Aktionseinheit einer Organisation. Sie entsteht durch die Zusammenfassung der aus einer Aufgaben-/Tätigkeitsanalyse gewonnenen Teilaufgaben gemäß sachlogischen Kriterien. Eine Stelle besteht i.d.R. aus einem, ggf. auch aus mehreren Menschen, aus einer oder mehreren Maschinen oder auch aus einer Kombination von Personal- und Sachmitteln. In einem Organigramm wird jede Stelle i.d.R. durch ein „Kästchen“ dargestellt. Wertschöpfung Maßgröße, die angibt, welcher „Wert“ im Rahmen des unternehmerischen Produktionsprozesses „geschöpft“, also geschaffen wird. Die Wertschöpfung ist somit Ausdruck des Umfangs der durch eine Unternehmung geschaffenen Werte, also die in Geldeinheiten ausgedrückte Summe der erstellten Leistungen abzüglich der ebenfalls in Geldeinheiten veran-

6

Themenabgrenzung, begriffliche Grundlagen und vorausgesetzter Kenntnisstand

schlagten Summe der Vorleistungen, die das Unternehmen nicht selbst erstellt hat (subtraktive Ermittlung nach der Entstehung der Wertschöpfung). Sie lässt sich auch additiv nach der Verwendung für die Mitarbeiter, die Kapitalgeber, die öffentliche Hand und das Unternehmen selber berechnen.

Kapitel I: Ausgewählte Probleme der Organisation von Touristikunternehmen 1

Einleitung: Fallbeispiele zur Organisation im Tourismus

5

1.1

Organisation der TUI

Springen wir zum Beginn dieses Buches gleich ins „kalte Wasser“ der Organisations- und Personalwirtschaftslehre und betrachten beispielhaft die organisatorischen Hintergründe von Europas größtem Reiseveranstalter, der TUI. Die Touristik Union International GmbH & Co. KG, Hannover, wurde 1998 vom Preussag-Konzern im Zuge einer Diversifikation übernommen; sie war anschließend Teil der Hapag Touristik Union (HTU), dem touristischen Geschäftsbereich der Preussag AG. Die rund 39.000 Mitarbeiter der HTU erwirtschafteten 1999 ca. 10,2 Mrd. EUR Umsatz mit ca. 11 Mio. Veranstaltergästen. Im Jahr 2000 wurde die HTU in TUI Group umbenannt. 2001 wird diese dann hundertprozentige Tochter der Preussag AG, welche sich 2002 dann in TUI AG umbenennt. Mit diesem Schritt beginnt die Umstrukturierung zu einem reinen Touristikkonzern. So verkaufte die WestLB als damaliger Hauptgesellschafter ihre Anteile. 2007 entstand durch die Fusion mit First Choice Holidays unter der Firmierung TUI Travel bei einem Umsatz von 18 Milliarden EUR pro Jahr mit Sitz in Großbritannien die größte Touristikgruppe der Welt. Hauptaktionäre der TUI sind 2010 mit jeweils ca. 15% der norwegische Großreeder John Frederiksen und der russische Oligarch Alexei Mordaschow. Welch gewaltiger organisatorischer Aufwand muss hinter solchen Zahlen stecken?! Werfen wir 6 einen Blick auf die Organisationsstruktur der (früheren) HTU sowie der TUI Deutschland.

5

6

Wie bei anderen Unternehmungen auch unterliegt die Organisation von Reiseveranstaltern einem ständigen Wandel. Daher entsprechen nachfolgende Beispiele teilweise bereits beim Erscheinen dieses Buches nicht mehr den realen Gegebenheiten. Dies schränkt jedoch deren Nutzen im Rahmen der vorliegenden Arbeit in keiner Weise ein, geht es doch vor allem darum, die grundsätzlichen Probleme und Lösungsmöglichkeiten zu erkennen und nicht, einen Status quo festschreiben zu wollen oder als „Patentlösung“ darzustellen. Für diese Neuauflage des Buches stellte die TUI leider keine aktuellen Organisationsinformationen zur Verfügung.

Abbildung I.1.a.: Organisationsstruktur der HTU

Roger Paeth

Leitende Führungskräfte*

Lutz Cauers

Revision*

Dr. Andreas Karsten

Recht*

Günter Ihlau

Internationale Beziehungen*

Dr. Michael Iwand

Umweltmanagement*

Rainer Ortlepp

Kommunikation*

Thies Rheinsberg

Unternehmensentwicklung*

Michael Tettinek

Geschäftsreise

Hotelbeteiligungen

Horst Baier

Heinz Kreuzer Manfred Klute

Roger Paeth

Finanzen/ Rechnungswesen*

* Z e ntralbe re iche /F unctional U nits

Olaf Seifert

Ertragssteuerung*

Olaf Seifert

Controlling*

Karl Born

Quellmarkt Europa Mitte John Donaldson

Quellmarkt UK Hans Bakker

Quellmarkt Europa West Georg Eisenreich

Zielgebietsmanagement

Wolfgang Kurth

Fluggesellschaften

Dieter Schenk

Bausteinprogramme

Dieter Zümpel

Eigenvertrieb

Henrik Homann

Controlling / Kaufm. Funktionen

Norbert Munsch

Marketing und Veranstaltervertrieb

Karl Born

Hans Bakker

Vertrieb

Hans Bakker

Alan Stewart

Finanzen

John Ardrone

Informationstechn.

Ashwini Kakkar

Th. Cook Indien

Lester Porter

Unternehmensentwicklung

Gerard Brackx

TUI Belgium

Weltweite ReiseDienstleistungen Shaun Astley

Abel Rasterhoff

John Hempsey

Weltweite Finanz- Finanzen / Personal / Dienstleistungen Informationstechn.

Nigel Hards

Reisegeschäft UK + Irland

John Donaldson

Wolfgang Bremer

ZGB-Beteiligungen

Georg Eisenreich

Dieter Schenk

Hapag Lloyd Vertrieb

Wolfgang Kurth

Hapag Lloyd Flugbetrieb

Wolfgang Kurth

Personal Internationale Hoteleinkauf & Vorsitzender der GF / Vorsitzender der GF Vorsitzender der GF/ Personalentwicklung* Reiseleiterorganisation Koordination Flug Touristik Veranstalter

Peter Seeger

Informationstechnologie

Marc Hildebrand Dr. Jörg Rudolph Wilhelm Schaab

Sebastian Ebel

Controlling / IT Personal und Finanzen Geschäftsreise

Dr. Ralf Corsten

Vorstandsvorsitz

Hapag Touristik Union

8 Kapitel I: Organisation von Tourismusunternehmen

1 Einleitung: Fallbeispiele zur Organisation im Tourismus

9

Die vorhergehende Abbildung zeigt die oberste Strukturebene der damaligen HTU. Aus diesem Organigramm erkennt man, dass sich auf der obersten Ebene, der Vorstandsebene der HTU die Unternehmensleitung auf acht Stellen aufteilt: ƒ ƒ ƒ ƒ ƒ ƒ

Vorstandssprecher (Herr Dr. Corsten), Controlling / Informationstechnologie / Geschäftsreise (Herr Ebel), Personal und Finanzen (Herr Seeger), drei Vorstände für jeweils verschiedene Quellmärkte, Zielgebietsmanagement (Herr Eisenreich), Fluggesellschaften (Herr Kurth).

Es fällt bereits auf dieser groben Betrachtungsebene beispielsweise auf, dass es zwar einen 7 Vorstandsbereich „Controlling“ gibt, dass aber z.B. in dem seinerzeit von Herrn Born geleiteten Vorstandsressort „Quellmarkt Europa Mitte“ ein eigener Controlling-Bereich existiert. Dies erklärt sich dadurch, dass unter diesem Vorstandsressort auch sämtliche europäische Tochtergesellschaften zusammengefasst sind, die jeweils einen eigenen Controlling-Bereich 8 haben. Herr Homann , der für diese Tochtergesellschaften des Quellmarkts „Europa Mitte“ verantwortlich für den Bereich Controlling ist, fungiert gleichzeitig als Geschäftsführer der „TUI Deutschland GmbH“. Die „TUI Deutschland GmbH“ nimmt somit eine Führungsrolle innerhalb der HTU-Tochtergesellschaften in Deutschland, Österreich, Polen und der Schweiz ein. Der zentrale Controlling-Bereich konzentriert sich hingegen auf die Gesamtbetrachtung der HTU-Holding und berichtet z.B. gegenüber dem Mutterkonzern Preussag. Würde man den einzelnen Tochtergesellschaften diese Controlling-Funktion „wegnehmen“, also diese betriebliche Funktion im Konzern zentralisieren, so nähme man diesen Gesellschaften auch die Möglichkeit, ihrer Ergebnisverantwortung gerecht zu werden. Als Folge dieser Arbeitsteilung zwischen Konzernspitze und Tochtergesellschaften entsteht natürlich ein verstärkter Abstimmungsbedarf zwischen den einzelnen Controlling-Abteilungen. Eine „Großabteilung Controlling“ hätte jedoch ebenfalls hohen internen Koordinationsaufwand zur Folge. Eine andere Erkenntnis: Der Vertriebsbereich ist den einzelnen Quellmärkten individuell zugeordnet; auf eine zentrale, konzernweite Vertriebsteuerung wurde verzichtet. Dies ist die logische Konsequenz der klaren Quellmarkt-Orientierung der HTU: Jede (nationale) Tochtergesellschaft ist für das (Vertriebs-)Ergebnis in ihrem Quellmarkt verantwortlich. Um dennoch Synergien – z.B. im Sinne eines Erfahrungsaustausches zur Bewältigung konkreter Probleme, die in allen Märkten ähnlich auftreten können – zu realisieren, bedarf es einer umfangreichen konzernweiten Kommunikation. Wie sieht die organisatorische Gliederung auf den nächsten Unternehmensebenen aus? Die nächsten Seiten zeigen einen Ausschnitt (!) des organisatorischen Aufbaus der TUI in Form eines Organigramms (Stand Oktober 1995; die Namen wurden z.T. unkenntlich

7

8

Karl Born war von 1992 bis 2000 im Vorstand der TUI/HTU, verließ die TUI dann aufgrund von unterschiedlichen Auffassungen zur strategischen Ausrichtung des Unternehmens und wurde Dozent an der Hochschule Harz in Wernigerode. Henrik Homann wurde 1999 Mitglied der Geschäftsführung der TUI Deutschland.

10

Kapitel I: Organisation von Tourismusunternehmen

Abbildung I.1.b.: Ausschnitte aus dem Organigramm der TUI Deutschland

1 Einleitung: Fallbeispiele zur Organisation im Tourismus

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Kapitel I: Organisation von Tourismusunternehmen 9

gemacht). Die Organigramme sind bei der TUI nicht mehr in Pyramidenform aufgebaut, sondern gliedern sich in A, B, C und D – Ebenen auf, die vertikal dargestellt sind. Das erste „Kästchen“ stellt also die A-Ebene dar, die Kästchen rechts daneben die B-Ebene, daneben die C- und dann die D-Ebene. Die Linien stellen jeweils die Berichtswege dar. Auf den ersten Blick „erschlägt“ die Vielzahl der Kästchen, Linien und die kleine Schrift. Spätestens nach der Lektüre des vorliegenden Buches sollten Sie jedoch in der Lage sein, souverän und gelassen an derartige Übersichten heranzugehen und diese genauer zu analysieren. Vielleicht studieren Sie daher nochmals ausführlich diese ersten Ausführungen und Fallbeispiele des Einleitungsteils, nachdem Sie das gesamte Kapitel I durchgearbeitet haben. Betrachten wir nun das TUI-Organigramm näher. In der Überschrift wird jeweils das Ressort (z.B. „Quellmarkt Europa Mitte“), der Geschäfts-/Zentralbereich (z.B. „Veranstalter“) sowie der Bereich der Ebenen A, B oder C angegeben. Rechts ist ersichtlich, wie viele „Mannjahre“ (also Arbeitszeit eines Mitarbeiters ein Jahr lang) dieser Bereich umfassen soll bzw. zurzeit umfasst. Abweichungen ergeben sich z.B. aufgrund von vakanten Stellen. Jede Stelle wird grafisch durch einen Kasten dargestellt. Jedes einzelne „Kästchen“ weist denselben Aufbau auf: die Stellenbezeichnung (z.B. „Leiter Touristik Westl. Mittelmeer, Dom. Republik/Kuba“) sowie die derzeitige Besetzung (z.B. „Frau B.“). Aus den detaillierteren Übersichten sind darüber hinaus die Stellennummer (z.B. „11100“), der jeweilige Rang (z.B. „LTR“ für „Leiter“, „REF“ für „Referent“) sowie der zugehörige Planstellenumfang, gemessen in Mannjahren (MJ) in Soll und Ist (z.B. 8,5 Planstellen für den „PM Balearen“) erkennbar. Die einzelnen Kästchen sind über waagerechte und senkrechte Linien verbunden, so dass man schnell die Unter- bzw. Überordnung der einzelnen Stellen sowie die Berichtswege zwischen den Stellen erkennen kann. Die Stelle „PM Balearen“, ist z.B. der Stelle „Leiter Touristik Westl. Mittelmeer, Dom. Republik/Kuba“ untergeordnet. Die TUI ist ein hervorragendes Beispiel dafür, dass es nie eine endgültige Organisationsstruktur gibt: Mehrfach wurden Zuständigkeiten und Bereiche umgeordnet und neu gegliedert. So wurde 1994 eine Beteiligung an der Quelle-Reise GmbH beschlossen. Wenige Jahre später hat man sich vom Kooperationspartner Quelle wieder getrennt. Im selben Jahr 1994 schied auch der damalige Hotelvorstand der TUI aus, und man nahm eine Neuordnung der Verantwortungsbereiche in der Unternehmensspitze vor. 1995 begann bei der TUI das umfangreiche Reorganisationsprojekt „TURBO„ (TUI Process-driven Business-Optimization) mit dem Ziel einer stärker prozess- und kundenorientierten Organisation. Man wollte weg von der pyramidenähnlichen, starren Organisationsstruktur und hin zu einem „PipelineModell“, bei dem alle Abläufe zum Kunden hin fließen. An einem konkreten Punkt verdeutlicht bedeutet dies, dass z.B. ein Teil der Kundenreklamationen bereits im Zielgebiet bearbeitet wird. Die alten Hierarchiebezeichnungen „Bereichsleiter“, „Hauptabteilungsleiter“, „Fachgebietsleiter“ und „Abteilungsleiter“ wurden zugunsten der Unterscheidung in „Leiter“ (für alle Führungspositionen) und „Referent“ (für alle Fachpositionen mit herausgehobener Verantwortung) ersetzt, wie sie in den vorstehenden Organigrammen deutlich wer9

Der Verfasser dankt an dieser Stelle den damaligen (im Jahr 2000 zur 2. Auflage auskunftsbereiten) Ansprechpartnern der TUI sowie aller anderen in diesem Buch beispielhaft dargestellten touristischen Unternehmungen, die durch die Zurverfügungstellung der Informationen aus ihren Unternehmen zur Praxisorientierung dieses Buches wesentlich beigetragen haben.

1 Einleitung: Fallbeispiele zur Organisation im Tourismus

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den. Aus „Gruppenleitern“ wurden – je nach ihrer Funktion – „1. Sachbearbeiter“ bzw. „1. Verkäufer“. Warum, so die grundsätzlich Überlegung, ist die TUI überhaupt so und nicht anders organisiert? Gibt es nur diese eine Möglichkeit? Wissen wir nicht aus der Fachpresse, dass die TUI vor gar nicht allzu langer Zeit ihre Marken und damit auch ihre Organisation restrukturiert, später dann z.B. „Dr. Tigges“ als Marke wiederbelebt hat?! Ist dies nun also die bestmögliche aller Organisationsformen? Wo liegen die Vor- und Nachteile dieser Struktur? Fragen, auf die dieses Buch in grundsätzlicher Weise eine Antwort geben will …

1.2

Organisation von ITS

Kontrastieren wir den organisatorischen Aufbau der TUI mit dem zweier TUI-Konkurrenten, 10 nämlich ITS und DER. Die ITS (der Name stammt ursprünglich von „International Tourist Service Länderreisedienste“; seit der Übernahme durch die REWE-Gruppe firmierte ITS unter „ITS Reisen Zweigniederlassung der REWE ZENTRALFINANZ eG“) ist, je nach Markt- und Unternehmensabgrenzung, nach TUI und Thomas Cook sowie vor Alltours 11 Deutschlands drittgrößter Reiseveranstalter. Das Unternehmen wurde am 23.11.1970 von der damaligen Muttergesellschaft Kaufhof AG gegründet. Seit 1995 gehört ITS zum ReweKonzern. ITS hat im Laufe der neunziger Jahre einige interessante organisatorische Veränderungen vollzogen, die im Folgenden nachvollzogen werden sollen. Gliederte sich die Unternehmensleitung Anfang der neunziger Jahre noch in vier Geschäftsführer: ƒ ƒ ƒ ƒ

Vorsitzender, Zentrale Dienste, Produkte, Vertrieb,

so führte 1999 mit Herrn Dietmar Kastner ein einziger Manager die Geschäfte.

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Im unteren Teil der Stellen-Kästchen stehen auch hier jeweils die Namen der Stelleninhaber, die jedoch für die Publikation im vorliegenden Buch entfernt wurden. Ich danke an dieser Stelle besonders Herrn Dietmar Kastner, damals Geschäftsführer von ITS, für die Überlassung der Informationen (Herr Kastner ist im August 2010, zwei Jahre nach Beginn seines Ruhestandes, im Alter von 66 Jahren an einem Krebsleiden verstorben). REWE hat Ende 1999, gerade zum Redaktionsschluss der 2. Auflage dieses Buches, DER übernommen und wurde damit zum „richtigen Big Player“ der Reisebranche. Unter dem Dach der REWE, die durch diesen Kauf ihre Diversifikation in den Tourismus hinein fortsetzt, entstand somit mit DER, ITS etc. und den Atlas-Reisebüros ein neues „Lager“, das HTU/TUI und C&N/Thomas Cook durchaus Paroli bieten kann. Vgl. Kirstges, Expansionsstrategien, S. 70–78. Je nach Abgrenzung befindet sich ITS auch auf Platz 6 nach DER und FTI. Faßt man nun ITS und DER zusammen (aufgrund der gemeinsamen Mutter REWE), so ergibt sich natürlich eine andere Rangfolge.

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Kapitel I: Organisation von Tourismusunternehmen Geschäftsführer Zentrale Dienste

Geschäftsführer Produkte

Kundenbetreuung

EDV und Organisation

PC Flug Nah

Eigene Reisebüros

Marktforschung & Statistik

Finanzen und Rechnungswesen

PC Auto-BahnBus

Außendienst

Presse

Bilanzen und Konsolidierung

PC Flug Fern

Key-Accounts

Unternehmensplanung

Controlling

PC Städte

Verkaufsförderung/ Marketing

Personal und Verwaltung

PC Gruppen und Incentives

Schulung

PC ITH / ITC

Vertriebscontrolling Steuerung

PC Agenturen

Administration

Vorsitzender der Geschäftsführung

Geschäftsführer Vertrieb

SC Koordination Beförderung SC Werbung

SC Koordination Reiseleitung Projektmanagement Neue Produkte

Abbildung I.1.c.: Organigramm von ITS (Stand: 1992)

Vor der Reorganisation sah die Struktur von ITS wie folgt aus: Dem Geschäftsführer „Produkte“ unterstanden sieben Profit-Center (PC), drei ServiceCenter (SC) sowie ein Projektmanagement für neue Produkte. „Auto-Bahn-Bus“ bildeten ein PC, Flugreisen waren in zwei Profit-Center aufgeteilt: „Flug Nah“ und „Flug Fern“. Die organisatorische Gliederung erfolgte also – zumindest auf dieser Hierarchieebene – nicht wie seinerzeit bei der TUI nach Ländern/Reisezielen, sondern gemäß dem Verkehrsmittel. Daneben

Abbildung I.1.d.: Organigramm von ITS (Stand: August 1999) Skandinavien, Ungarn, Spanien

P.C. Lanzarote, Fuerteventura, Sp. Festland

„ITSY Club“

Leitung Zielgebietsorganisation

Koordination Kurzfrist

Österreich, Schweiz

Deutschland

Benelux, Slowenien, Kroatien

Italien, Tschechien, Slowakei

P.C. Teneriffa, G. Canaria, Gr. Griechenland

P.C. Türkei, Kl. Griechenland

P.C. Tunesien, Marokko, Ägypten

P.C. Balearen

Statistik, Marktbeobachtung, Preisvergleiche, EK Kroatien

Frankreich, England, Schwarzwald

Teamleitung, Chefeinkäufer

P.C. Fernreisen MEX, Dom.Rep, PMV, Cuba

P.C. Fernreisen MIA, MBA, MLE, CMB, Fernost

BL Autoreisen

BL Flugreisen

Sekretariat / Personal

Hoteldirektoren

Animation

BL Hotelbeteiligung

Geschäftsführung

Agenturbetreuung

Außendienst

Flughafenstationen

Kundenbetreuung

Post / Doku

Verkauf

Key Account

BL Vertrieb

Verwaltung

Leistungsträgerabrechnung

Finanzbuchhaltung

Treasury

EDV

BL Rechnungswesen, Finanzen, EDV, Verw.

Werbung

Presse und Öffentlichkeitsarbeit

Flugeinkauf/Dispo

Controlling

Stabsstellen

1 Einleitung: Fallbeispiele zur Organisation im Tourismus 15

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Kapitel I: Organisation von Tourismusunternehmen

bildeten zwei spezielle Reisearten (Städte- sowie Gruppen-/Incentive-Reisen) je ein PC. Auch die ITS-eigenen Hotels (ITH) und Clubs (ITC) wurden als Profit-Center geführt. „Werbung“ wurde bei ITS als Service-Center gesehen, ebenso wie die Koordination der Beförderung, die somit nicht den einzelnen verkehrsträgerorientierten Profit-Centern zugeordnet war. Dem Geschäftsführer „Vertrieb“ unterstanden u.a. zwei Abteilungen, die man bei TUI vergebens suchte: „Eigene Reisebüros“ und „Key Accounts“ (Schlüsselkunden-Management). Es unterstanden dem alleinigen Geschäftsführer nach der Umstrukturierung fünf Bereichsleiter, und zwar für die Geschäftsbereiche ƒ ƒ ƒ ƒ ƒ

Flugreisen, Autoreisen, Hotelbeteiligungen, Vertrieb, Rechnungswesen/Finanzen/EDV/Verwaltung.

Jeder Bereichsleiter führt mehrere Abteilungen an. Beim Bereichsleiter Flugreisen findet man so z.B. diverse, nach Ländern gegliederte Profit Center. Daneben gibt es vier Stabsabteilungen für die Funktionen ƒ ƒ ƒ ƒ

Controlling, Flugeinkauf / Dispo, Presse und Öffentlichkeitsarbeit, Werbung.

Insgesamt wurde ITS in seiner Führungsstruktur somit wesentlich „schlanker“ und „marktnäher“ als noch Anfang der neunziger Jahre. Die oberste Managementebene wurde gestrafft, die Informations- und Entscheidungswege dadurch verkürzt. Unterstanden in der alten Organisation alle Profit-Center einem Geschäftsführer, der daneben auch noch diverse ServiceCenter (z.B. „Werbung“) zu leiten hatte, so erfolgte eine sinnvolle Verteilung auf zwei produktorientierte Bereichsleiter (Flug – Auto) sowie – von diesen organisatorisch getrennten – Service-Centern (als Stabsstellen geführt). Gleichwohl stellen sich dem kritischen Beobachter auch bei dieser Organisation noch einige Fragen. So verwundert es z.B., dass die Aufgaben „Statistik/Marktbeobachtung/Preisvergleiche“ organisatorisch erstens mit dem „Einkauf Kroatien“ zusammengefasst sind (während „Kroatien“ ansonsten dem Bereich „Autoreisen“ zugeordnet ist) und zweitens dem Bereichsleiter Flugreisen unterstehen, anstatt auch diese Aufgaben zentral als ServiceLeistung – auch für den Bereich der erdgebundenen Reisen – in Form einer Stabsstelle zu führen. Ein Grund hierfür ist laut Herrn Kastner, dass ITS das Zielgebiet Kroatien sowohl als Autoreise- als auch als Flugziel anbietet. Auch dass der „Schwarzwald“ Frankreich/England und nicht etwa „Deutschland“ zugeordnet wird, verwundert den neutralen Betrachter dieser Organisation. Sachzwänge oder eine personenzentralisierte Zuordnung von Einzeltätigkeiten, wie sie weiter unten in Kapitel 2.3. noch ausführlich beschrieben werden, mögen hierfür ein Grund gewesen sein.

1 Einleitung: Fallbeispiele zur Organisation im Tourismus

1.3

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Organisation des DER

Als letztes Beispiel für die Organisation eines Großveranstalters betrachten wir das Deutsche 12 Reisebüro (DER) mit seinem Eigenveranstaltungsbereich DERTOUR. Als vertikal integriertes Unternehmen vereinigt das DER die Tätigkeiten eines Reisemittlers (DER13 Reisebüros) mit denen eines Reiseveranstalters (DERTOUR). Dementsprechend bildet der Veranstalterbereich nur einen Teil der gesamten Organisation. Betrachten wir zunächst die Organisation des DER im Jahre 1992, um sie dann mit der Struktur des Jahres 1999 zu vergleichen. Das DER hatte damals vier verschiedene Geschäfts(führer)bereiche: ƒ ƒ ƒ ƒ

DERTOUR, DERTRAFFIC (inkl. Abrechnung der DB-Verkäufe) und Reisebürobeteiligungen, Finanzen/Controlling/Organisation, Unternehmensplanung / Personal (beim Vorsitzenden des Vorstands).

Somit zeichnete sich die Aufbauorganisation des DER durch eine Mischung aus zwei klar voneinander getrennten Sparten sowie zwei Funktionsbereichen aus. Dem für den touristischen Bereich (DERTOUR) zuständigen Geschäftsführer waren vier Bereichsleiter unmittelbar unterstellt: ƒ ƒ ƒ ƒ

Marketing und Vertrieb, Fernreisen, Europareisen, Spezialreisen.

„Osteuropa“ beispielsweise zählte zu den „Spezialreisen“ und war dem Hauptabteilungsleiter unterstellt, der auch für Gruppen- und Leserreisen verantwortlich zeichnet. Vertrieb und Werbung lagen – anders als beispielsweise seinerzeit bei ITS – in der Hand desselben Bereichsleiters. Bestimmte Aufgaben, die sowohl den (DERTOUR-)Veranstalterbereich als auch die übrigen DER-Geschäftsbereiche betreffen, wurden zentral erledigt (z.B. Rechnungswesen; Rechtsangelegenheiten; Kommunikation; Konzernentwicklung/Marktforschung; Personalwirtschaft, -planung, -beschaffung, -entwicklung). Wie stellte sich das DER nun fünf Jahre später, im Jahre 1999 dar? Das DER hat sich zu einem Konzern entwickelt; der gesamte DER-Konzern besteht aus drei selbständigen Unternehmen (sowie zahlreichen Beteiligungen): ƒ

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Die „Deutsches Reisebüro GmbH“ übernimmt die Funktion einer Holding, die für alle Konzerngesellschaften Dienstleistungen erbringt. Bei ihr sind daher neben den zentrali-

An dieser Stelle danke ich besonders Herrn Werner Sülberg (Organigramme bis 1999) und Herrn Matthias Klar (Organigramm 2010) von DER/DERTour für die überlassenen Informationen. Die „DERTOUR GmbH & Co. KG“ sowie die „DER Deutsches Reisebüro GmbH & Co. OHG“ gehörten jeweils zu 100% der „Deutsches Reisebüro GmbH“, die – nach der Übernahme durch REWE – eine 100%ige Tochter dieser Handelsgruppe ist.

Abbildung I.1.e.: Organigramm des DER (Stand 1992)

Bereichsleiter

Hauptabteilungsleiter

Geschäftsführung

FR-2 Rechnungswesen, Niederlassungen FR-3 Betriebswirtschaft, Controlling

VP-3 Aus- und Fortbildung, DERAkademie

FR-1 Finanz- und Rechnungswesen

VR VÖ RechtsPresse, angelegen- Öffentlichheiten keitsarbeit

VR-1 Gesellschafter-, ARAngelegenh., Beteil., Vers.

VP Personal-/ Bildungsund Sozialwesen

VP-2 Personalwirtschaft, -planung, -beschaffung, -entwicklung

VP-1 Personalverwaltung und Sozialwesen

VU Unternehmensplanung, Marktforschung

GV Vorsitzender, Stabsbereiche, Personal

FO-4 Inlandsrevision

FO-3 Auslandsrevision

FO-2 Zentrale Dienste

FO-1 Organisation, Kommunikation

FR Finanz- & Rechnungswesen, Controlling

TA-3 Service Center

TA-2 Werbung, Kataloggestaltung

TA-1 Service Vertrieb

FO Organisation, Kommunikation, Zentr. Dienste, Revision

GF Finanzen, Controlling, Organisation

TF-3 Asien, Australien/ Neuseeland, Afrika

TF-2 Nordamerika

TE Europareisen

TE-3 FeWo, FeHo, Grüne Oasen, VAE

TE-2 Städtereisen

TE-1 Einkauf, Hotelverträge, DER-HRS

TF Fernreisen

TF-1 Abwicklung, Einkauf Flug

TA Marketing und Absatz

GT Touristik, DERTOUR

TS-4 Osteuropa, Gruppen- und Leserreisen

TS-3 Sonderveranstaltungen

TS-2 Kreuzfahrten, Erlebnisreisen

TS-1 Aktivurlaub / Irland

TS Spezialreisen

RT-3 BahnService, BusService, Vers.-Service

RT-2 BahnService – Sonderverkehr, SchiffService

RT-1 Agenturangelegenheiten, Zulassung, Revision

Niederlassungen

RN-3 Ztr. Abwicklung, Rechnungs-, Berichtswesen

RN-2 Betr.-wirtsch. Ltg. Personal, Orga., Beteiligungen

RN-1 Marketing und Absatz

RT RN DB/DRNiederAngelegen- lassungen, heiten, ReisebüroDER beteiliTRAFFIC gungen

GR DB/DRAngelegenh., DERTRAFFIC, Reisebüros

18 Kapitel I: Organisation von Tourismusunternehmen

Abbildung I.1.f.: Organigramm des DER-Konzerns (Stand 1999)

Kurzreisen, Neue Medien, Event

DERTRAFFIC

Pauschalflugreisen

Fernreisen

Europareisen

Flug

- Nord - West - Mitte - Südwest - Süd - Ost - Südost

Privatkundengeschäft

- Süd

- Mitte

- Nord/Ost

- West

Geschäftsreise-Service

Zentralbereich Vertrieb

Frankfurt Gesellschaftskapital: 30 Mio. DM

Marketing und Vertrieb

DER Deutsches Reisebüro GmbH & Co. OHG

Informationstechnologie

Personal und Organisation

Frankfurt Gesellschaftskapital: 30 Mio. DM

Berlin Gesellschaftskapital: 100 Mio. DM

Deutsches Reisebüro GmbH

DERTOUR GmbH & Co. KG

DERRAIL

Rechtsangelegenheiten

Finanz- und Rechnungswesen

Unternehmenskommunikation

Norbert Fiebig Betriebswirtschaft, Controlling, Revision

Gerhard Stamm

Peter Landsberger

Finanzen, Controlling, Personal, Organisation, Arbeitsdirektor

Konzernentwicklung

Vertrieb Reisebüro Business Travel

Vorsitzender der Geschäftsführung, DERTOUR

1 Einleitung: Fallbeispiele zur Organisation im Tourismus 19

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Kapitel I: Organisation von Tourismusunternehmen

sierten funktionalen Bereichen (Finanzen, Controlling, Personalwesen, Organisation, Informationstechnologie etc.) alle strategischen (nicht-operativen) Beteiligungen angegliedert, so z.B. DERPART, Deutsche Touring etc. Als einziges operatives Geschäft ist die DER GmbH als Generalagent der DB AG (DERRAIL) tätig. ƒ Die „DERTOUR GmbH & Co. KG“ umfasst alle Veranstalterbeteiligungen. Komplementärin (Vollhafter) ist die „DERTOUR Geschäftsführungs GmbH“; die Holdinggesellschaft „Deutsches Reisebüro GmbH“ fungiert als Kommanditistin und kann dadurch ihre Haftung auf das Gesellschaftskapital der KG begrenzen. ƒ Die „DER Deutsches Reisebüro GmbH & Co. OHG“ umfasst sämtliche Reisebürobeteiligungen. Hier sind sowohl die Holding als auch die „DERTOUR Geschäftsführungs GmbH“ voll haftende Gesellschafter, wobei die Holding mit ihrem gesamten Vermögen haftet, während die Geschäftsführungs-GmbH mit ihrem Stammkapital haftet. Die vorhergehende Abbildung zeigt diese Konzernstruktur auf. Warum hat sich das DER von einem Unternehmen zu einem Verbund mehrerer rechtlich selbständiger Einheiten entwickelt? Ein Grund für die Bildung einer Holding aus mehreren Einzelgesellschaften war die gewünschte größere gesellschaftsrechtliche Flexibilität im Hinblick auf Akquisitionen, Fusionen etc. Gleichzeitig wurde – aufgrund der Ergebnisverantwortung der einzelnen Firmen – eine größere Transparenz der Wirtschaftlichkeit erreicht. Personengesellschaften (KG, OHG) wurden als Rechtsform gewählt, um eine steuerliche Organschaft zu vermeiden, denn die Personengesellschaften übertragen ihren gesamten Gewinn ja an die jeweilige Muttergesellschaft (hier: die Holding „Deutsches Reisebüro GmbH“). Die DB (Deutsche Bahn AG), die aufgrund des Ausscheidens der Lufthansa als Gesellschafter 100%-Eigentümerin der DER war, konnte durch einen Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag die Gewinne des DER mit ihren eigenen Verlustvorträgen verrechnen, was zu steuerlichen Vorteilen führte. Durch diese gesellschaftsrechtliche Konstruktion konnten die Gewinne der operativen DER-Firmen bis zur DB „durchgeschleust“ werden. Betrachten wir nun ausgewählte Bereiche dieses Konzerns etwas detaillierter. Innerhalb der Holding findet man die Funktion „Betriebswirtschaft, Controlling, Revision, Auslandsrevision“. Hier ist für den Vertrieb, die Veranstalter und die Holding ein den jeweiligen Anforderungen entsprechendes Sparten-Controlling auf Basis einer Deckungsbeitrags- bzw. Produktergebnisrechnung installiert. Der Zentralbereich „Finanz- und Rechnungswesen“ ist funktional gegliedert und setzt sich aus insgesamt fünf Hauptabteilungen zusammen. 1. Sachkonten: 2. Debitoren: 3. Beteiligungen: 4. Kreditoren OHG: 5. Kreditoren KG:

Monatsabschlüsse, Jahresabschluss, Anlagevermögen, Konzernberichtswesen und Cash-Management Forderungsmanagement, Mahnwesen, Inkasso Buchhaltungsdienstleistung für 15 Konzerngesellschaften und drei Unterstützungskassen Abstimmung und Zahlungen an Leistungsträger Verrechnungskonten, Abwicklung eigener Reisen der Reisebüros Rechnungsprüfung DERTOUR, sonstige Zahlungen, verantwortlich für DER Ireland

1 Einleitung: Fallbeispiele zur Organisation im Tourismus

21

„DER Ireland“ ist eine 100%-Beteiligung, deren 24 Mitarbeiter vor allem mit der Rechnungsprüfung für DERTOUR beschäftigt sind; teilweise werden auch Nacharbeiten für das Call-Center in Frankfurt erledigt. Dem Funktionsbereich „Personal und Organisation“ obliegen u.a. folgende Aufgaben: ƒ ƒ ƒ ƒ ƒ ƒ ƒ ƒ ƒ ƒ

Betreuung aller inländischen Beteiligungen, Payroll, Personalentwicklung, Tarifpolitik, arbeitsrechtliche Maßnahmen, Personalbeschaffung DERTOUR, GmbH und OHG Zentrale sowie Ausbildung (die Personalbeschaffung für die Vertriebsstellen erfolgt dezentral), Zentraleinkauf aller nicht-touristischen Leistungen und Produkte, Konfektionierung (Versand von Unterlagen DERTOUR, Post), Facility- / Immobilien-Management (über Dienstleister), Telefonnetz inkl. Zentrale.

Der per 1.8.1999 neu geschaffene Funktionsbereich „Information Technologie (IT)“ ist für die Unterhaltung und Betreuung sämtlicher im Unternehmen genutzten Systeme zuständig. Dazu zählen u. a. die von der KG und der OHG genutzte Systemumgebung mit im Wesentlichen dem DER-eigenen Inhouse-CRS Phoenix, Amadeus und dem Business-Travel-System und den Abrechnungssystemen für DERRAIL/DERTRAFFIC. Der IT-Bereich gliedert sich in drei Hauptabteilungen: 1. FIV: 2. FIT: 3. FIS:

Reisebüros / Geschäftsreise / Eigenveranstaltungen Reservierungssystem Phoenix (Reiseveranstaltung) Betreuung SAP und angeschlossene Systeme

Insgesamt sind 1999 in den kaufmännischen Bereichen 226 Vollzeitmitarbeiter beschäftigt. Im Backoffice bzw. Abrechnungsbereich ist die Abrechnungssoftware SAP R/3 für Finanzund Rechnungswesen, Controlling, Anlagenwirtschaft in Verbindung mit umfangreichen Eigenentwicklungen wie einem Fakturierungsmodul und einem Vertriebsinformationssystem auf Basis der Amadeus-Verkaufsdaten im Einsatz. Darüber hinaus wird ein Archivierungssystem des Softwareanbieters SER zur optischen Archivierung mit Link zu SAP und Übernahme sämtlicher Rechnungsdaten aus Phoenix und Amadeus genutzt. Soweit ein Einblick in die Aufgaben und die Organisation der zentralen Holding des DERKonzerns. Analysieren wir abschließend nun die Organisation des DER-Veranstalterbereichs, der „DERTOUR GmbH & Co. KG“, sowie auf den DER-Eigenvertriebsbereich, die „DER OHG“.

TF Fernreisen

TFN Nordamerika, Club Med

TFC Afrika, Asien, Ind. Ozean, Pazifik, Vorderer Orient

TFL Lateinamerika, Karibik

TFA Premium, à la Carte

TA Marketing und Vertrieb

TAV Verkaufsunterstützung, Schulung

TAW Werbung, Katalogerstellung

TAS CommunicationCenter

TAD Daten-Services, VertriebsKonzepte

TI-3 Produktmanagement Städtereisen

TI-4 Hoteleinkauf Städtereisen

Ferienwohnungen, Ferienhotels. Grüne Oasen Sport und Tennis

TI-2 Customized Hotelprogrammes

TI-1 Corporate Progr. DERTOUR Hotel Service

TI Kurzreisen,Event, Hoteleinkauf Städte Europa

TEG Gruppen- und Sonderreisen

TEK Flußkreuzfahrten, Kongreß, Rußland u. Nachbarländer

TES Irland, GB, Nord. Länder, Boote, Golf, Flug(Charter)

TE Europareisen

P. Landsberger

GV/GT Vorsitzender, DERTOUR

Live-Events

TNM Neue Medien

Reisebüro Business Travel G. Stamm

GR Vertrieb

TMA Zentrale Flugabteilung

TM Flug

Geschäftsführung (identisch mit DER GmbH und DER OHG)

DERTOUR GmbH & Co. KG

CenterParcs Disneyland Paris

TU Urlaubsreisen

GF Finanzen, Contr., Organisation, Revision, Personal, Arbeitsdirektor N. Fiebig

VBT DERTRAFFIC

VB DERRAIL

22 Kapitel I: Organisation von Tourismusunternehmen

Abbildung I.1.g.: Organigramm von DERTOUR und DER OHG (Stand 1999; die Namen wurden – mit Ausnahme derjenigen der Geschäftsführer – entfernt)

Privatkundengeschäft Süd Geschäftsreiseservice Mitte

Geschäftsreiseservice Süd

RZK Akquisition und Account Management

RZM Marketing, Einkauf, Verkaufssteuerung

Privatkundengeschäft Südost

Privatkundengeschäft Mitte Geschäftsreiseservice Nord/Ost RZI Verkaufsadmin., Integrationsteam neue Vertr.stellen

Privatkundengeschäft Ost

Privatkundengeschäft Nord Geschäftsreiseservice West

Privatkundengeschäft Südwest

QM Qualitätsmanagement

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RZ Zetralbereich Vertrieb

P. Landsberger

Reisebüro Business Travel G. Stamm

Privatkundengeschäft West

GF Finanzen, Contr., Organisation, Revision, Personal, Arbeitsdirektor N. Fiebig GR Vertrieb GV/GT Vorsitzender, DERTOUR

Geschäftsführung (Deutsches Reisebüro GmbH)

DER Deutsches Reisebüro GmbH & Co. OHG

1 Einleitung: Fallbeispiele zur Organisation im Tourismus

Hinweise zu den Abkürzungen in den Organigrammen: ƒ GV/GT = Geschäftsführungs-Vorsitzender / Geschäftsführer Touristik ƒ GR = Geschäftsführer Reisebüros ƒ GF = Geschäftsführer Finanzen ƒ T... = Touristik ... (die weiteren Buchstaben stellen individuelle Abteilungskürzel dar) ƒ R... = Reisebüros ... (die weiteren Buchstaben stellen individuelle Abteilungskürzel dar)

Die „DERTOUR GmbH & Co. KG“ ist in die Produkt-Bereiche „Fernreisen“, „Europareisen“, „Kurzreisen- (Event-, Neue Medien)“ sowie „Flugpauschalreisen/Center Parc/Eurodisney“, „Flüge/Consolidator“ und „DERTRAFFIC“ eingeteilt. Daneben gibt es den funktionalen Bereich „Marketing/Vertrieb“.

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Kapitel I: Organisation von Tourismusunternehmen

Die Produktbereiche untergliedern sich wiederum in einzelne Produkt-Managements, die weitgehend thematisch den Bereichen zugeordnet sind. Aufgrund personeller FunktionsIdentitäten sind einzelne Abweichungen möglich (z. B. Club Med. bei Fernreisen). Der Bereich „Flüge/Consolidator“ ist für den gesamten Flugeinkauf aller DERTOUR-Bereiche zuständig (Charter, Linie, IT, Consolidator). Der Bereich „Urlaubsreisen“ koordiniert das 1999 neue Pauschalflugreisenprogramm „DERTOUR Sonnenseiten“, das über die LTUGruppe eingekauft wird. In nahezu allen Produkt-Bereichen werden auch Angebote erstellt, die nicht über die DERTOUR-Kataloge vertrieben werden (Leserreisen, Kongressreisen/organisation, Hotel-Corporate-Rates, Hotelangebote für Geschäftsreisekunden, Reisversicherungen, Schiffsfahrscheine/Fährpassagen, Turnus-Sonderzüge etc.) Der Bereich „Marketing/Vertrieb“ ist zuständig für die Verkaufsförderung, Schulung und Außendienstbetreuung des Agenturnetzes (Schwerpunkt Fremdvertrieb), die zentrale Werbung sowie Katalogproduktion und -distribution sowie für die Verkaufssteuerung. Darüber hinaus sind hier das gesamte Communication-Center (Call-Center), das produktlinienbezogen für alle DERTOUR-Bereiche tätig ist, sowie das Service-Team für Kundendienst und Qualitätsmanagement eingeordnet. Auffällig ist bei dieser Arbeitsteilung z.B., dass der Bereich „Neue Medien“ der Abteilung „Kurzreisen ...“ untergeordnet ist. Auf den ersten Blick wäre eine Zuordnung dieser Abteilung zum Bereich „Marketing/Vertrieb“ sicher sachlogischer. Aufgrund persönlicher Qualifikation wurde dieser Bereich jedoch der Abteilung „Kurzreisen“ unterstellt (personenzentralisierte Organisation – vgl. die theoretischen Grundlagen in Abschnitt 2.3.4.2.). Interessant ist auch, dass zwar nahezu alle funktionalen Tätigkeiten (Personal, Rechnungswesen etc.) der Holding-Gesellschaft zugeordnet sind, die für die operativen Unternehmen diese Dienstleistungen erbringt. Dies gilt jedoch nicht für die betriebswirtschaftliche Funktion des Marketing/Vertriebs. Diese Aufgabe ist sowohl bei der Veranstalter- als auch bei der Reisebüro-Tochterfirma separat angesiedelt. Dies wohl aus gutem Grund, soll doch gerade der Vertriebsbereich möglichst marktnah angesiedelt sein. Dies bestätigt ein Blick auf das Organigramm der DER OHG: Diese ist in die Geschäftsfelder „Reisebüro“, „Business Travel“ sowie einen Zentralbereich „Vertrieb“ gegliedert. Die DER OHG übernimmt – insbesondere mit ihrem Zentralbereich „Vertrieb“ – die Eigenvertriebsfunktion der DERTOUR-Produkte. Das Geschäftsfeld „Reisebüro“ unterteilt sich in sieben Regionen, das Geschäftsfeld „Business Travel“ in vier Regionen. Diese stellen eine bundesweite Abdeckung sicher. Die Regionalleiter haben die Funktion des „Unternehmers vor Ort“ und berichten der Geschäftsführung direkt. Der Zentralbereich „Vertrieb“ besteht aus drei Hauptabteilungen: „Administration und Integration“, „Akquisition und Account-Management“ sowie „Marketing, Einkauf und Verkaufssteuerung“. Der Leiter des Zentralbereichs „Vertrieb“ berichtet ebenfalls direkt an die Geschäftsführung. Das Qualitätsmanagement ist der Geschäftsführung direkt unterstellt. Mehr als zehn Jahre später (2010) hat sich DERTOUR, als Teil der REWE Touristik, erneut eine geänderte Organisationsstruktur gegeben. Drei Geschäftsführer (Sören Hartmann, Klaus Franke und Ralph Schiller) teilen sich die Verantwortung, wobei der Marketingbereich einem Geschäftsführer direkt zugeordnet ist. Neu sind die Bereiche Online-Vertrieb und Travelmanagement. Der Kurzreisenbereich wurde von den sog. Spezialreisen getrennt. Unverändert

1 Einleitung: Fallbeispiele zur Organisation im Tourismus

25

sind die zwei Divisionen Europareisen und Fernreisen. Die nachfolgende Abbildung zeigt diese Organisation auf der obersten Führungsebene auf: DERTOUR GmbH & Co. KG DERTOUR Geschäftsführungs GmbH Geschäftsführer Baustein- und Fernreiseveranstalter Sprecher der Geschäftsführung

Geschäftsführer Marketing & Vertrieb

Marketing und Vertrieb

OnlineVertrieb

Fernreisen

Europareisen

Spezialreisen

Kurzreisen

TravelManagement

Abbildung I.1.h.: Organigramm von DERTOUR (2010)

1.4

Organisation mittelständischer SpezialReiseveranstalter: Hapag-Lloyd Seetouristik, Wikinger Reisen und ZiK-Gruppenreisen 14

Nachdem nun die Organisationsstruktur einiger „Branchengrößen“ dargelegt wurde, soll an drei Veranstalterbeispielen der Aufbau großer mittelständischer Tourismusunternehmen veranschaulicht werden. Die Aufbauorganisation der damaligen Hapag-Lloyd Seetouristik (Cruises) GmbH (heute Hapag Lloyd Kreuzfahrten) zeigt die typische Mischung zwischen divisionaler (Sparten „Luxuskreuzfahrten“, „See- und Flussreisen“) und funktionaler („Marketing“, „Personal/Controlling“ etc.) Struktur. Insgesamt ergibt sich dadurch ein sehr „breites“ Organigramm mit vielen „Häuptlingen“. Das Unternehmen verfügt über mehrere Schiffe für Luxuskreuzfahrten (am bekanntesten wohl die „Europa“) sowie für See- und Flussreisen. Eine Besonderheit bildet hier z.B. das „Cruiseship Management“, dem die Inspektion der Schiffe sowie der Landhotels zugeordnet ist. Die Wikinger Reisen GmbH, spezialisiert auf Wanderstudienreisen, Radwander-Reisen, Trekking-Reisen etc. in Gruppen, erwirtschaftete 1999 über 50 Mio. DM Umsatz. Das Unternehmen beschäftigte 52 Mitarbeiter in der Zentrale in Hagen sowie zusätzlich ca. 150 Reise14

Ich danke Herrn Michael Ellert, Absolvent der Fachhochschule Wilhelmshaven und bis August 1999 Verkaufsleiter bei Hapag-Lloyd Seetouristik, sowie Herrn Hans-Georg Kraus und Frau Dagmar Kimmel, seinerzeit Geschäftsführer von Wikinger Reisen, ebenso wie Herrn Oliver Minarzik, Geschäftsführer von ZiKGruppenreisen, für die Überlassung der Informationen.

Abbildung I.1.i.: Organigramm der Hapag-Lloyd Seetouristik (1999)

Hartmut Puschmann

Produkt Seereisen/

Verkaufscenter

Isolde Susset

Heiner Enterich

Wolfgang Coym

Produkt

Petra Quasdorf

Konstanze Baßin

Andrea Horstmann

Dokumentation

Peter Ehrmann

Verkaufscenter

Dokumentation

Heike Bingel

Produkt Flussreisen/ Verkaufscenter

Leitung

Leitung

Anne Schmidt

See- und Flussreisen

Luxuskreuzfahrten

Antje Bernsteiner

Werbung

Kornelia Nowotka

Leitung

Marketing

Antje Borstel

Presse

Günther Brauer

Leitung

Vertrieb Leserreisen Moritz Schmid-Burgk

Kirsten Dmoch

Flug/ Operations

Vertrieb Reisebüros/ Vertriebsservice

Herbert Kroboth

Entertainment

Birgit Ahrens

Gisela Suding

Leitung

Touristik

n.n.

Leitung

Vertrieb

Thomas Bockholdt

Leitung

Dr. Wolfgang Flägel

Leitung

Georg Bernsteiner

Hotelinspektion

Leitung

Peter Richters

Operations

Schiffsinspektion/

Leitung

Finanz- und Personal/ Cruiseship Controlling Rechnungswesen Management

26 Kapitel I: Organisation von Tourismusunternehmen

1 Einleitung: Fallbeispiele zur Organisation im Tourismus

27

leiter auf nebenberuflicher Basis. Eine Besonderheit von Wikinger ist das zum 1.11.1998 eingeführte Profit-Center-Modell. Für ursprünglich drei, später dann zwei touristische Bereiche („Fernreisen“ und „Europa“) werden auf Basis einer mehrstufigen Deckungsbeitragsrechnung die Erfolgsbeiträge errechnet, wobei jedes Profit-Center volle Verantwortung für die Kosten und Erlöse des eigenen Bereiches übernimmt und hierzu auch für die Steuerung der operativen Parameter übernimmt. Aus dem Organigramm kann man auch die Schwesterfirmen „Wikinger Individuell GmbH“ sowie die Werbeagentur und die Reisebüro-GmbH ersehen. Man erkennt, dass Wikinger – durchaus im positiven Sinne – den Charakter eines Familienunternehmens besitzt, da die obersten Leitungsfunktionen vor allem durch Mitglieder der Familie Kraus besetzt sind. Zum 1.10.1999 hat Wikinger seine Struktur nochmals modifiziert. Die Geschäftsführung wurde um eine Person erweitert, der Firmengründer und Seniorchef Hans-Georg Kraus wechselte von der Geschäftsführung in einen neu gebildeten Aufsichtsrat, der wachsenden Bedeutung des Internet wurde durch eine eigene Stelle Rechnung getragen, und der Bereich „Verkauf und Vertrieb“ wurde deutlicher herausgestellt, indem die Stabsstelle des Geschäftsführungsassistenten Christian Schröder in die Linie „wanderte“. Wikinger Reisen verfügt somit, neben den zwei Geschäftsführern, über mehr 50 fest angestellte Mitarbeiter in der Zentrale, darunter ƒ vier Bereichsleiter (davon zwei für die touristischen Bereich, hiervon einer für Fernreisen und einer für Europa; einer für den Vertrieb und einer für die Buchhaltung), ƒ einen Controller, der zugleich Mitglied der Geschäftsleitung ist, ƒ im Kundenservice eine Abteilungsleiterin, fünf fest angestellte Mitarbeiter und zwei Saisonmitarbeiter (Dezember bis April), ƒ im touristischen Bereich „Fernreisen“ neben dem Bereichsleiter zwei Produktleiter, einen Sachbearbeiter sowie 1,5 Flugdisponentenstellen, ƒ im touristischen Bereich „Europa“ neben dem Bereichsleiter zwei Produktleiter, zwei Produktleiter-Assistenten, 1,5 Sachbearbeiterstellen sowie drei Flugdisponenten, ƒ weitere saisonal beschäftigte Sachbearbeiter in den beiden touristischen Bereichen (Mai bis September), ƒ einen freien Mitarbeiter, der u.a. für den Produkteinkauf zur Verfügung steht. Diese Struktur erscheint für ein mittelständisches Unternehmen ziemlich kopflastig, d.h. auch hier gibt es viele „Häuptlinge“ im Vergleich zur Zahl der „Indianer“. Anders als in Großunternehmen haben die Führungskräfte zumindest ab der 2. Ebene in einem solchen mittelständischen Unternehmen jedoch unmittelbar operative Aufgaben zu bewältigen, kämpfen also mit ihren „Indianern“ an der Markt-„Front“. Der Vorteil der großen Zahl an Leitungskräften liegt dann vor allem darin, dass die Verantwortungsstruktur deutlich definiert ist und die Geschäftsführung in ihrer Koordinationsaufgabe dank einer geringeren Leitungsspanne (Zahl der ihr unmittelbar unterstehenden Mitarbeiter) entlastet wird. Die Organisationsstruktur von Wikinger Reisen zeichnet sich somit u.a. durch folgende Merkmale aus: ƒ divisionale Struktur auf der Bereichsleiterebene,

Abbildung I.1.j.: Altes Organigramm der Wikinger Reisen GmbH (Stand Mai 1999)

A.G.

R.Z.

Lager

H.W.

U.O.

V.F.

T.K.

Debitoren

E.M.

M.B.

I.B.

Kreditoren

M.K.

Sonderaufgaben GL

Ralf Wessel

Gerd Thiel

EDV/Sonderaufgaben

Buchhaltung

Akquisition Sonderaufgaben

Einkauf

Leiter Controlling & EDV Peter Riemekasten MdG

S.K.

M.S.

B.B.

S.M.

Reservierung

B. T.

M.K.

D.S.

Leitung Helga Kramer

Dokumentation

Michael Heinermann

Kundenservice

GFAssistenten Christian Schröder

Trainee O.J.

Azubi

K.K.

Sachbearbeiter

Sachbearbeiter

Produktleiter R.D.

M.H. (Ass. Der GF)

Touristik 1

PL-Ass. S.E.

Daniel Kraus

Hans-Georg Kraus

Organigramm Stand 01.05.1999 Sekretariat Simone Stitz

Geschäftsführung

Wikinger Reisen GmbH

PL-Ass. D.S.(zeitw.)

Trainee U.R.

PL-Ass. S.W.

A.B.

B.D.

Produktleiter M.A.

Ralf Wiemann

Touristik 2

R.M.

T.R.

Ticketing Einkauf

Finanzen/ Sonderaufgaben Anne Kraus

U.B.

RLReferent

ReiseleiterReferat

Personalwesen/ Bewirtschaftung Carola Kraus

Wikinger Reisebüro GmbH GF: Daniel Kraus

GF: Carola Kraus

C.B. Kraus Werbeagentur GmbH

Wikinger Individuell GmbH GF: Charlotte Josefus

28 Kapitel I: Organisation von Tourismusunternehmen

Abbildung I.1.k.: Neues Organigramm der Wikinger Reisen GmbH (Stand Dezember 1999)

A.G.

R.Z.

Lager

H.W.

U.O.

V.F.

EDV/Sonderaufgaben

J.N.

Internet

Leiter Controlling & EDV Peter Riemekasten MdG

T.K.

Debitoren

E.M.

M.B.

I.B.

Kreditoren

T.K.

Leistungsträgerabr.

R.W.

Buchhaltung

Organigramm Stand 01.12.1999

Wikinger Reisen GmbH

Azubi

A.B.

S.K.

M.S.

B.B.

Leitung U.O.

Azubi

M.K.

B.T.

Leitung Helga C.

Touristik 1

Sachbearbeiter

Flugdispo T.R., R.M.

Produkt -leitung AFR, ASI O.J.

M. Heinrich

Touristik 1 Fernreisen

Produkt -leitung NAM, LAK, OZE

S.M.

Dagmar Kimmel

Daniel Kraus

Dokumentation

Christian Schröder

Verkauf u. Vertrieb

Kundenservice

Sekretariat S.R.

Geschäftsführung

Rad, Winter, Island, Skandinavien

Produktleit. Italien, Portugal R.D.

Touristik 2

Sachb.arb. Fr. E. Fr. E Fr. D. 1/2, Fr. E. 1/2 Fr. S

Saisonkraft Flugdispo

Kanaren, Frankreich St. W.

Produktleit. Griechenl. /Zyp./Türkei Prod.leit. Spanien1, Osteuropa, BRD, Alpen, GBR/Irl.

R. Wiemann

Touristik 2 Europa

Finanzen/ Sonderaufgaben Anne Kraus

U.B.

RLReferent

ReiseleiterReferat

Personalwesen, Sonderaufgaben Buchhaltung

Personalwesen/ Bewirtschaftung Carola Kraus

Wikinger Reisebüro GmbH GF: Daniel Kraus

GF: Carola Kraus

C.B. Kraus Werbeagentur GmbH

Wikinger Individuell GmbH GF: Charlotte Josefus

1 Einleitung: Fallbeispiele zur Organisation im Tourismus 29

30

Kapitel I: Organisation von Tourismusunternehmen

ƒ organisatorische und sogar gesellschaftsrechtliche Trennung von Reisemittler- und Reiseveranstalterfunktion, ƒ Zentralisierung der Funktionsbereiche „Controlling/EDV“, „Finanzen“ und „Personalwesen/Verwaltung“. Die vorhergehenden beiden Abbildungen zeigen die alte sowie die seit 1.10.1999 neue Struktur von Wikinger Reisen auf. Die Informationen bezüglich der Stellenbesetzung (Mitarbeiternamen) wurden aus dem Organigramm entfernt. Die Zik Gruppenreisen International GmbH, vor allem spezialisiert auf Chorreisen, ist ein familiengeführter, mittelständischer und international tätiger Veranstalter mit Sitz in Datteln im Ruhrgebiet. Das Unternehmen nahm 1969 seinen Anfang im Busunternehmen Keller Reisen. 1983 ging hieraus zik Reisen hervor, welches 1990 zu zik Touristik mit dem Schwerpunkt Chorreisen firmierte, bis es letztendlich 1999 in ZiK Gruppenreisen umfirmierte. Im Unternehmen sind 2010 ca. 20 festangestellte Mitarbeiter tätig, zu denen weitere 25 regelmäßig beschäftigte freie Mitarbeiter aus dem Bereich Reisebetreuung kommen. Das Unternehmen erwirtschaftete 2009 mit ca. 50.000 Reisenden 5 Millionen EUR Jahresumsatz. Davon entfielen 67,5% auf die Hauptzielgruppe der Chorreisen. Die Hauptzielgebiete sind vor allem Deutschland und Europa, darüber hinaus aber auch Überseeziele wie die USA oder Kanada. Das touristische Kerngeschäft befindet sich in der ZiK Gruppenreisen International GmbH und die Verwaltung in der DOM OHG, welche nicht nur ausschließlich für ZiK tätig ist, sondern auch eigene Kunden und Produkte im Bereich Service/Dienstleistungen und EDV betreut. Im Zuge einer Geschäftsanalyse von 2009 stellte man fest, dass die Verkaufserfolge der Vertriebsmitarbeiter in den Hauptsaisonzeiten rückläufig waren. Hauptgrund hierfür war, dass die sog. Reiseabwickler in dieser Zeit die Vertriebsmitarbeiter in ihre Arbeit mit einbezogen haben. Schon mit der Buchung einer Gruppe erhielt der Mitarbeiter in der Buchungsabwicklung seine Prämie, zu diesem Zeitpunkt beginnt jedoch erst seine eigentliche Arbeit und die des Vertriebsmitarbeiters endet. Meist liegen jedoch zwischen Buchungszeitpunkt und der Reise mehrere Monate, sodass in der Hauptsaison sich die Arbeit für den Abwickler vermehrte, er jedoch das Gefühl hatte, dafür nicht richtig entlohnt zu werden. Dies führte zu Motivationsproblemen der Mitarbeiter. Darüber hinaus konnten keine optimalen Ergebnisse in dieser Zeit erwirtschaftet werden, da sich die Prämien für Vertriebs- und Abwicklungsmitarbeiter nach Buchungseingang errechneten, die Vertriebsmitarbeiter jedoch in der Abwicklung zu sehr eingebunden waren und kaum neue Buchungen generieren konnten. Daraus ergab sich eine Umstrukturierung, die nachfolgende Abbildung verdeutlicht. Die drei Teams GD, GE und GI, welche jeweils Vertrieb und Abwicklung erledigten, wurden aufgelöst und in die beiden Bereiche Vertrieb und Abwicklung aufgeteilt. Somit werden nun alle Vertriebsaktivitäten im Bereich Vertrieb gebündelt und die Prämierung erfolgt weiterhin nach den Verkaufserfolgen. Im Bereich Abwicklung werden nun alle Aktivitäten und Maßnahmen gebündelt, die nach dem Einkauf der Leistungen erfolgen und die Durchführung der Reise betreffen. In diesem Bereich wird der Abwicklungserfolg prämiert, also mit dem Datum der Hinreise der Reisegruppe. Somit sind die Aufgaben der einzelnen Bereiche klar definiert und die Motivation der Mitarbeiter kann gesteigert werden.

1 Einleitung: Fallbeispiele zur Organisation im Tourismus

31

ZiK Gruppenreisen Planung, Verkauf und Durchführung von geschlossenen Gruppenreisen

Geschäftsführer: Oliver Minarzik Daniel Minarzik

Team GD Verkauf und Abwicklung Gruppenreisen

Großgruppenlogistik für Veranstaltungen und Organisationen Broker für Busgestellungen deutschlandweit

Team GE Verkauf und Abwicklung Gruppenreisen

Team GI Verkauf und Abwicklung Gruppenreisen

Teamleiter Touristikfachkraft 1 Touristikfachkraft 2 Touristikfachkraft 3

Teamleiter Touristikfachkraft 1 Touristikfachkraft 2

Teamleiter Touristikfachkraft Freier Mitarbeiter

Azubi 3. Lehrjahr Azubi 2. Lehrjahr Azubi 1. Lehrjahr

Azubi 3. Lehrjahr Azubi 2. Lehrjahr Azubi 1. Lehrjahr

Azubi 3. Lehrjahr Azubi 2. Lehrjahr Azubi 1. Lehrjahr

Team GV Verkauf und Abwicklung Busvermittlung

Team GA Service & Support.

Teamleiter Fachkraft Fahrerkosten

Teamleiter Fachkraft Freier Mitarbeiter

Azubi 3. Lehrjahr Azubi 2. Lehrjahr Azubi 1. Lehrjahr

Azubi 3. Lehrjahr Azubi 2. Lehrjahr Azubi 1. Lehrjahr Ausgelagerte Dienstleistungen DOM OHG

Buchhaltung EDV & Marketing Büroservice

Abbildung I.1.l.: Teamaufteilung ZiK Gruppenreisen bis 2009

32

Kapitel I: Organisation von Tourismusunternehmen

ZiK Gruppenreisen Planung, Verkauf und Durchführung von geschlossenen Gruppenreisen

Geschäftsführer

Oliver Minarzik Daniel Minarzik

Team Vertrieb Verkauf Gruppen- & Paketreisen Teamleiter D. Minarzik

Großgruppenlogistik für Veranstaltungen und Organisationen Broker für Busgestellungen deutschlandweit

Arbeitsstunden Jahr

Woche

1.400,00 1.050,00 1.400,00 1.400,00

40,00 30,00 40,00 40,00

Freier Mitarbeiter Freier Mitarbeiter

1.400,00 720,00

40,00 15,00

Azubi 3. Lehrjahr Azubi 2. Lehrjahr Azubi 1. Lehrjahr

116,67 466,67 933,33

Touristikfachkraft Touristikfachkraft Touristikfachkraft Touristikfachkraft

1 2 3 4

Team ZiKBUS Einkauf, Verkauf & Abwick. BUS Teamleiter D. Minarzik

stellv. Teamleiter n.n. Fachkraft Disponent Fahrer je 15 Einsatztage Fahrer je 15 Einsatztage Fahrzeugkosten

Azubi 3. Lehrjahr Azubi 2. Lehrjahr Azubi 1. Lehrjahr n.n.

0,00 700,00 0,00 0,00 0,00

700,00 700,00 0,00

Arbeitsstunden Jahr

Woche

1.400,00 1.400,00 700,00 816,67 816,67

40,00 40,00 20,00 40,00 40,00

0,00 0,00 466,67

0,00 0,00 40,00

Touristikfachkraft Touristikfachkraft Touristikfachkraft Touristikfachkraft Touristikfachkraft

1 2 3 4 n.n. 5 n.n.

40,00 40,00 40,00

Azubi 3. Lehrjahr Azubi 2. Lehrjahr Azubi 1. Lehrjahr

n.n. n.n.

Arbeitsstunden

Woche

Team DOM OHG Service & Support Teamleiter O. Minarzik

Jahr

Woche

Teamleiter Fachkraft

1.470,00 1.400,00

42,00 40,00

0,00 0,00 0,00

0,00 0,00 0,00

stellv. Teamleiter Verwalt. Fachkraft Verwaltung Fachkraft Reinigung

1.400,00 735,00 1.050,00

40,00 42,00 30,00

stellv. Teamleiter Buchhalt. Fachkraft Buchhaltung 1 Fachkraft Buchhaltung 2 Fachkraft Buchhaltung 3

700,00 1.400,00 525,00 1.400,00

20,00 40,00 15,00 40,00

700,00 466,67 933,33

40,00 40,00 40,00

2.870,00 4.025,00 5.285,00

82,00 115,00 232,00

Arbeitsstunden Jahr

Team Abwicklung Abwicklung Gruppen- & Paketr. Teamleiter O. Minarzik

0,00 40,00 0,00 0,00 0,00

40,00 40,00 0,00

Azubi 3. Lehrjahr Azubi 2. Lehrjahr Azubi 1. Lehrjahr -

Azubi 3. Lehrjahr Azubi 2. Lehrjahr Azubi 1. Lehrjahr Fachbereich EDV & Market. Fachbereich Buchhaltung Fachbereich Büroservice

Abbildung I.1.m.: Neue Teamaufteilung ZiK Gruppenreisen (Stand Mai 2010)

2 Von der Strategie über die Ablauforganisation zur Aufbauorganisation

33

Verschiedene Reiseveranstalterunternehmen – zum Teil ähnliche, zum Teil sehr unterschiedliche Unternehmensstrukturen! Welche Organisation ist nun die beste, welche die „richtige“? Gibt es überhaupt eine Idealstruktur? Warum verändern Unternehmen ihre Organisation, und wie gehen sie dabei vor? Die folgenden Ausführungen sollen Licht ins Dunkel bringen und den Leser befähigen, vorhandene Unternehmensstrukturen selbständig kritisch zu analysieren sowie eigene Vorschläge für eine effiziente organisatorische Gestaltung zu machen. Sie werden die in den einleitenden Fallbeispielen dargestellten Merkmale sowie deren spezifische Vor- und Nachteile ausführlich erörtern.

2

Von der Strategie über die Ablauforganisation zur Aufbauorganisation

2.1

Structure follows strategy und situativer Ansatz der Organisationsforschung

Greifen wir die einleitenden Fallbeispiele auf: Welche ist denn nun die „richtige“ Organisationsform für einen Großveranstalter? Die der TUI, die von ITS oder etwa die von DER? Ist die neue Struktur von Wikinger Reisen bzw. ZiK in der dargestellten Art „gut“? Die Organisationsforschung hat sich in vielfältiger Weise mit dieser Frage nach der optimalen Organisationsform beschäftigt. Wir wollen diese Diskussionen hier nicht wiederholen (siehe die einleitende Themenabgrenzung), sondern nur die Antwort geben, die den heutigen Erkenntnisstand am treffendsten wiedergibt. Sie lautet: Es kommt drauf an! Nun hört sich diese Antwort nicht gerade wissenschaftlich an, und deshalb hat man sie zum sogenannten situativen Ansatz ausformuliert. Dieser besagt eben, dass richtiges Organisieren, verallgemeinert sogar jegliches richtiges Handeln nur situativ, d.h. in Abhängigkeit von der jeweiligen Situation, bestimmt werden kann. Es gibt also nicht die richtige, die optimale Organisationsform, sondern nur eine für eine ganz bestimmte Situation passende. Die „Situation“ charakterisiert sich aus dem Status quo und den Zielen der Unternehmung selbst sowie aus 15 den relevanten Unternehmensumfeldern, also z.B. der ƒ direkten Umwelt: – Konkurrenten, – Abnehmer, – Lieferanten und sonstige Marktpartner.

15

Eine ausführliche Analyse einiger dieser Rahmenbedingungen findet sich bei Kirstges, Expansionsstrategien.

34

Kapitel I: Organisation von Tourismusunternehmen

ƒ weiteren Umwelt: – politisch-rechtlich, – sozio-kulturell, – ökonomisch, – ökologisch, – technologisch-infrastrukturell. Die größte Organisationseffizienz lässt sich also – je nach Unternehmens- und Umweltsituation – durch eine andere Organisationsstruktur erzielen. Da es aber – zumindest theoretisch – unendlich viele situative Konstellationen gibt, die sich zudem noch ständig wandeln können, lassen sich unendliche viele organisationale Konfigurationen vorstellen. An unseren Fallbeispielen verdeutlicht bedeutet dies, dass die von ITS gewählte Organisationsform eben für dieses Unternehmen zum herausgegriffenen Zeitpunkt optimal, einige Zeit später aber schon wieder suboptimal sein kann, keinesfalls aber auch für TUI oder Wikinger „passend“ sein muss. Eine wichtige Determinante für die organisationale Gestaltung einer Unternehmung sind deren Ziele und die daraus abgeleiteten Unternehmensstrategien. In diesem Zusammenhang stößt man auf das klassische Strategie-Struktur-Dilemma: ƒ Einerseits sind für die Planung und Initiierung von Strategien bereits bestimmte organisatorische Voraussetzungen erforderlich. Eine Strategie kann demnach nur verfolgt werden, wenn die Organisation dies zulässt. Insofern „folgt“ die Strategie also der Organisationsstruktur („strategy follows structure“). ƒ Andererseits bestimmt eine gewählte Strategie die Organisationsstruktur. Die Unternehmung muss (organisatorisch) so gestaltet werden, wie es die Strategie als Ziel vorgibt. Die Struktur muss also der Strategie folgen („structure follows strategy“). In der Praxis kann man dieses Dilemma nur lösen, indem man beiden Ansprüchen Rechnung trägt: Die organisationale Gestaltung muss der gewünschten Strategie den Weg ebnen („structure leads to strategy“). Die organisatorischen und personellen Gegebenheiten führen zu einer bestimmten Strategie, die ihrerseits wieder diese Rahmenbedingungen beeinflusst und (um-)gestaltet. Der situative Ansatz der Organisationsforschung zeigt einmal mehr, dass es in der Betriebswirtschaftslehre kaum, vielleicht gar keine „Wahrheiten“ gibt. Aus dem Blickwinkel dieser Erkenntnis sind die folgenden Ausführungen zu sehen. Kein Leser des vorliegenden Buches sollte also jemals die Frage stellen, was denn nun „richtig“ sei – denn es kommt eben drauf an ...!

2 Von der Strategie über die Ablauforganisation zur Aufbauorganisation

2.2

Die Wertschöpfungskette der Reiseveranstalter als Ausgangspunkt organisationaler Gestaltung

2.2.1

Paxzahl, Umsatz und Wertschöpfung als Indikatoren der organisationalen Gesamtleistung eines Reiseveranstalters

35

Wie groß muss, wie groß darf eine Organisation sein? Wie viele Mitarbeiter können – unter Wahrung der Effizienz – eingesetzt werden? Ein erster Anhaltspunkt zur Bestimmung insbesondere der Größe einer Organisation ist die Zahl der innerhalb eines bestimmten Zeitraums verbuchten Reiseteilnehmer bzw. der hierbei realisierte Umsatz oder Gewinn. Gerade hinsichtlich der Zahl der „Paxe“, wie die Branche ihre Kunden bezeichnet, herrscht aufgrund einer relativ großen informatorischen Freizügigkeit weitgehend Transparenz. Beim Indikator „Zahl der Reiseteilnehmer“ sind u.a. folgende Besonderheiten zu beachten: ƒ Die Zahl der Reiseteilnehmer stellt eine Outputgröße dar, die die Leistungsfähigkeit am Markt widerspiegelt. ƒ Es handelt sich um eine reine Mengengröße; wertorientierte Hinweise, die z.B. für die Beurteilung der Wertschöpfung nötig wären, fehlen. Eine Steigerung der Ausgabensumme pro „Pax“”, auch inflationsbedingt, wird somit nicht erfasst. Auch der (durchschnittliche) organisatorische Aufwand zur Erzielung und Bearbeitung einer Reisebuchung lässt sich aus der Paxzahl nicht ersehen. ƒ Die Ermittlung dieser Maßzahl für ein bestimmtes Unternehmen kann aufgrund von Abgrenzungs- und Definitionsproblemen trotz der grundsätzlich einfachen Handhabung zu Schwierigkeiten führen. Unter Berücksichtigung der mit diesem einfachen Indikator verbundenen Probleme scheint er kein brauchbares Maß zur globalen Bestimmung der erforderlichen Stellenzahl einer im deutschen Reiseveranstaltermarkt tätigen Unternehmung zu sein. Aussagekräftiger ist daher der Umsatz, den man in Relation zur Mitarbeiterzahl setzen kann. Allerdings schwankt der Jahresumsatz pro Mitarbeiter bei Reiseveranstaltern sehr stark. So erzielte der HapagLloyd-Konzern beispielsweise nur ca. 0,35 Mio. EUR pro Mitarbeiter, der LTU-Konzern 0,8 16 Mio. und die NUR Touristic GmbH gar 1,3 Mio. pro Mitarbeiter. Diese Schwankungen hängen in erster Linie zusammen mit dem jeweils unterschiedlichen Charakter der Pauschalreisen. Der durchschnittliche Reisepreis einer Veranstalterreise dürfte bei ca. 600 EUR liegen. FUR gibt in der Reiseanalyse für 2008 durchschnittliche Reiseausgaben pro Person für die Haupturlaubsreise (diese muss keine Veranstalterreise sein und der Wert umfasst auch die Nebenausgaben im Urlaub) in Höhe von 834 EUR an; bei Inlandsreisen betragen diese 525 EUR, bei Auslandsreisen 974 EUR, wobei sich der Unterschied vor allem durch die 16

Werte bezogen auf 1994/95; siehe Kirstges, Expansionsstrategien, S. 84.

36

Kapitel I: Organisation von Tourismusunternehmen

geringeren Beförderungskosten erklärt. Am meisten wird für Fernreisen mit einem Durchschnittswert in Höhe von 2.143 EUR ausgegeben. Für Zweit- und Drittreisen wird mit 632 EUR durchschnittlich weniger ausgegeben. Die durchschnittlichen Reiseausgaben pro Per17 son und Tag liegen 2008 laut FUR bei 67 EUR. Die im Vergleich zu anderen Branchen 18 sehr hohen Umsätze pro Beschäftigten erklären sich zudem daraus, dass ein Reiseveranstalter im wesentlichen die bei Leistungsträgern eingekauften Dienstleistungen bündelt und 19 vermarktet; der größte Teil des Umsatzes ist also ein durchlaufender Posten. Die Zahl der von einem Veranstalterunternehmen benötigten Mitarbeiter kann also nicht nur von der verbuchten Paxzahl oder dem realisierten Umsatz abhängen. Sie hängt vielmehr auch von Art und Umfang der Unternehmensleistung ab. Es ist von entscheidender Bedeutung für die Gestaltung der Organisation, ob ein Reiseveranstalter weitgehend nur 20 Leistungen anderer Unternehmungen vermittelt oder in größerem Umfang das Endprodukt Pauschalreise selbst produziert. Doch wie lässt sich diese unternehmerische Eigenleistung messen? Ein sinnvolles Maß der 21 Eigenleistung eines Unternehmens stellt die einzelwirtschaftliche Wertschöpfung dar, die angibt, welcher “Wert"” im Rahmen des unternehmerischen Produktionsprozesses „geschöpft“, also geschaffen wird. Die Wertschöpfung ist somit „Ausdruck der durch eine 22 Unternehmung geschaffenen Werte“ . In der Literatur werden verschiedene Ansätze zur Berechnung der Wertschöpfung diskutiert, auf die im Einzelnen nicht näher eingegangen 23 werden soll. In Anlehnung an Küting soll hier der folgende, subtraktiv ermittelte Wertschöpfungsbegriff zugrunde gelegt werden:

17 18 19 20

21

22 23

Vgl. ausführlich Kirstges, Expansionsstrategien, Kapitel 4.1.3. , Kapitel 5.2.2. sowie Kapitel 4.3.2.1. Vgl. die Werte aus anderen Branchen in Kirstges, Expansionsstrategien, S. 84 – 85. Vgl. Mundt, Rekordland, S. 50–51. So hat beispielsweise ADAC-Reisen lange Zeit das Flugprogramm von ITS einfach übernommen und den Katalog nur mit einem eigenen Umschlag versehen; ebenso griff ITS lange Zeit auf das DERtour-AmerikaProgramm zurück. Von der einzelwirtschaftlichen Wertschöpfung lässt sich die gesamtwirtschaftliche unterscheiden. Die gesamtwirtschaftliche Wertschöpfung entspricht dem Nettoinlandsprodukt zu Faktorkosten, wie es in der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung ermittelt wird. Vgl. beispielsweise Richter/Schlieper/Friedmann, Makroökonomik, S. 71; Brümmerhoff, Rechnungswesen, S. 99–100. Würde man die (einzelwirtschaftliche) Wertschöpfung aller Unternehmen einer Volkswirtschaft addieren und die entsprechenden Werte der Haushalte und des Staates hinzurechnen, so stellte diese Summe die gesamtwirtschaftliche Wertschöpfung dar. Vgl. auch Woll, Volkswirtschaftslehre, S. 241. Enderle, Konzentration, S. 176. So unterscheidet man beispielsweise die subtraktive von der additiven Wertschöpfungsermittlung. Vgl. z.B. die Wertschöpfungskonzeptionen bei Lehmann, Wertschöpfung, Sp. 1787–1795; Pohmer, Wertschöpfung, S. 148– 156; Keller, Wertschöpfung, S. 291; Coenenberg, Jahresabschluß, S. 436; Betriebswirtschaftlicher Ausschuß des Verbandes der Chemischen Industrie e.V., Gesellschaft, S. 164.

2 Von der Strategie über die Ablauforganisation zur Aufbauorganisation

37

Umsatzerlöse Verminderung des Bestandes an fertigen und unfertigen Erzeugnissen + Erhöhung des Bestandes an fertigen und unfertigen Erzeugnissen + Andere aktivierte Eigenleistungen ___________________________________________________________________________ =

Bruttoproduktionswert

Aufwendungen für Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe sowie für bezogene Waren Sonstige Aufwendungen ___________________________________________________________________________ =

Nettoproduktionswert

Abschreibungen und Wertberichtigungen auf Sachanlagen und immaterielle Anlagewerte ___________________________________________________________________________ =

Einzelwirtschaftliche Wertschöpfung

Abbildung I.2.a.: Subtraktiv ermittelter Wertschöpfungsbegriff

Die Wertschöpfung eines Unternehmens ist somit „die in Geldeinheiten ausgedrückte Summe der erstellten Leistungen abzüglich der ebenfalls in Geldeinheiten veranschlagten 24 Summe der Vorleistungen, die das Unternehmen nicht selbst erstellt hat“ . Für den Bereich der (touristischen) Dienstleistungen ergibt sich aufgrund der Immaterialität und des uno25 actu-Prinzips die Besonderheit, dass Bestandsänderungen an fertigen und unfertigen Erzeugnissen – diese sind streng von eventuell erforderlichen Trägermedien (Kataloge) zu unterscheiden – nicht möglich sind; die Berechnungsformel könnte also für reine Dienstleistungsunternehmen entsprechend gekürzt werden. Unter besonderer Betonung des Personals ergibt sich damit der folgende modifizierte, wertschöpfungsorientierte Aufbau einer Gewinnund Verlustrechnung für Reiseveranstalter. Der „Erfolg der Geschäftstätigkeit“ lässt sich also auch additiv aus dem Periodenergebnis und dem Lohnaufwand ermitteln. Diese Summe (ergänzt um die hier vernachlässigten Ertragsteuern) wird in der Literatur gelegentlich auch als Nettowertschöpfung bezeichnet.26 Der Erfolg der Geschäftstätigkeit bzw. die so definierte einzelwirtschaftliche Nettowertschöpfung (vgl. die vorhergehende Abbildung) kennzeichnet die Wertspanne, die das Unternehmen den eingekauften und eingesetzten sachlichen Produktionsfaktoren (Vorleistungen) hinzugefügt hat, wobei in diesem Berechnungsschema zur vollständigen Ermittlung der Wertschöpfung die oben abgezogenen „Aufwendungen für Eigenleistungen“ hinzu addiert

24 25 26

Kürpick, Unternehmenswachstum, S. 45. Vgl. hierzu ausführlich Kirstges, Expansionstrategien, Abschnitt 4.2. Vgl. Kürpick, Unternehmenswachstum, S. 45.

38

Kapitel I: Organisation von Tourismusunternehmen

Umsätze aus Reiseleistungen (steuerpflichtig und steuerfrei) 27

-

MwSt. auf die steuerpflichtigen Reiseumsätze _________________________________________________________________________ = Nettoumsatz -

Aufwendungen für Reisevorleistungen durch Leistungsträger

28

29

-

Aufwendungen für Eigenleistungen _________________________________________________________________________ = Deckungsbeitrag aus Touristikgeschäften + Zinserträge und sonstige Erträge _________________________________________________________________________ = Bruttoertrag der gesamten Geschäftstätigkeit 30

-

Diverse betriebliche Sachaufwendungen _________________________________________________________________________ =

Erfolg der Geschäftstätigkeit (Nettowertschöpfung) 31

-

Summe der Personalaufwendungen _________________________________________________________________________ =

Periodenergebnis (vor Steuern)

2728293031

Abbildung I.2.b.: Grobaufbau einer wertschöpfungsorientierten GuV für Reiseveranstalter

27

28

29

30

Die Berechnung der MwSt. erfolgt für deutsche Reiseveranstalter nach dem sog. Margenprinzip, nach dem sich der MwSt.-Satz nur auf eine – auf relativ komplizierte Weise zu ermittelnde – Marge bezieht; steuerpflichtig sind z.B. nur solche Veranstalterumsätze, die auf Reisen in EG-Länder entfallen; vgl. § 25 des Umsatzsteuergesetzes. Reisevorleistungen sind solche Leistungen, die der Reiseveranstalter bei fremden Leistungsträgern bezieht, um sie als Bestandteile in seine Pauschalreise einzuarbeiten, die somit also dem Reisenden unmittelbar zugute kommen, also z.B. Flug- oder Hotelleistungen. Leistungen, die der Reisende nicht unmittelbar erfährt, sind keine Reisevorleistungen (Beispiel: Reparatur des Reisebusses während einer Gruppenreise; solche Fremdleistungen wären als „normaler“ betrieblicher Aufwand, in o.g. Schema also unter dem Posten „Diverse Aufwendungen“, erfaßt). Vgl. § 25 Abs. 1. Satz 1 UStG. Eigenleistungen sind solche Leistungen, die dem Reisenden unmittelbar zugute kommen, die jedoch vom Reiseveranstalter selbst erbracht werden. Beispiel: Ein Mitarbeiter des Reiseveranstalters arbeitet als Reiseleiter im Rahmen einer Busreise. Hierunter sind sämtliche beim Betrieb des Unternehmens anfallenden Aufwendungen (inkl. Abschreibungen) mit Ausnahme der Personalkosten zu verstehen. Diese resultieren in aller Regel aus Markttransaktionen mit Lieferanten im weitesten Sinne (inkl. Vermieter von Geschäftsräumen (→ Miete), Banken (→ Kreditzinsen, Bankgebühren) etc.).

2 Von der Strategie über die Ablauforganisation zur Aufbauorganisation

39

werden müssen. Ceteris paribus kann also davon ausgegangen werden, dass der organisatorische Aufwand einer Unternehmung um so größer ist, je höher die Nettowertschöpfung (hier: Erfolg der Geschäftstätigkeit) ausfällt. Das nachfolgende Zahlenbeispiel verdeutlicht dies.

Abbildung I.2.c.: Kennzahlenbeispiele zur wertschöpfungsbasierten Ermittlung der effizienten Mitarbeiterzahl

Wie kommt es nun in einer Veranstalterunternehmung zu einer solchen Wertschöpfung? Welche sind die Produktionsstufen, die das touristische Produkt, also die Pauschalreise, im Unternehmen durchläuft? Da das Verständnis dieser Zusammenhänge für die orga31

Nettolöhne, Sozialleistungsaufwand, Vermögenswirksame Leistungen, Lohn-/Kirchensteueraufwand, Fortbildungskosten etc.

40

Kapitel I: Organisation von Tourismusunternehmen

nisatorische Gestaltung des Leistungserstellungsprozesses bei Reiseveranstaltern eine zentrale Voraussetzung ist, soll hierauf im Folgenden kurz eingegangen werden.

2.2.2

Der Prozess der Wertschöpfung bei Reiseveranstaltern als strategischer Rahmen der Ablauf- und Aufbauorganisation

Eng verbunden mit der Wertschöpfung sind die Begriffe der Wertschöpfungskette und der 32 Wertschöpfungstiefe. Unter Wertschöpfungstiefe versteht man den Phasenanteil einer einzelnen Unternehmung am gesamtwirtschaftlichen Leistungsprozess:33 Wie viele Stufen des Leistungserstellungsprozesses umfasst die Unternehmung? Der Begriff der Wertschöpfungstiefe stellt also eine Brücke dar zwischen dem einzelwirtschaftlichen und dem gesamtwirtschaftlichen Wertschöpfungsbegriff. Für eine beschreibende Darstellung der Wertschöpfungstiefe kann das Konzept der Wert(schöpfungs)kette nach Porter herangezogen werden. Er unterscheidet zwischen Mikro-

Abbildung I.2.d.: Modell einer für den Reiseveranstaltermarkt modifizierten Wertschöpfungskette nach Porter

32 33

Synonym „Fertigungstiefe“, „Produktionstiefe“, „Betriebstiefe“. Vgl. z.B. Schäfer, Unternehmung, S. 102.

2 Von der Strategie über die Ablauforganisation zur Aufbauorganisation

41

und Makroebene:34 Die Makroebene, die Porter auch als Wertsystem bezeichnet, enthält alle Stufen des Transformationsprozesses, die ein Produkt oder eine Leistung innerhalb einer Branche auch über mehrere Unternehmen durchläuft. Auf der Mikroebene werden die Vorgänge innerhalb einer einzelnen Unternehmung als Wertkette abgebildet, die sogenannte primäre und unterstützende Wertaktivitäten sowie die Gewinnspanne erfasst. Die „Urform“ der Wertschöpfungskette nach Porter ist auf die Analyse industrieller Unternehmungen ausgelegt.35 Für die vorliegende Arbeit wurden daher die primären Aktivitäten dem Werterstellungsprozess der Tourismusindustrie angepasst und die unterstützenden Aktivitäten um die Bereiche „Entwicklung und Sicherung einer Unternehmensidentität“, „Qualitätsmanagement“ und „Finanzmanagement“ erweitert. Die folgende Abbildung analysiert genauer, worin die Wertschöpfung auf den einzelnen unternehmensinternen Wertschöpfungsebenen der primären Aktivitäten im Falle eines typi36 schen Reiseveranstalters zu sehen ist. Ein kleines Zahlenbeispiel, das die Wertschöpfung im Zuge der Erstellung einer Skipauschalreise durch einen Reiseveranstalter zum Inhalt hat, soll der Verdeutlichung dienen. Wenngleich die Trennung der einzelnen Stufen teilweise sehr theoretisch anmuten mag, dient diese inhaltliche Strukturierung doch dem besseren Verständnis zum Einen der touristischen Veranstalteraktivitäten in der Praxis, zum anderen der folgenden Ausführungen im Rahmen der vorliegenden Arbeit. Die Wertschöpfung und die Wertschöpfungsstruktur bilden einen ersten Anhaltspunkt für die organisationale Gestaltung der Unternehmung. Ausgehend von den unternehmensinternen Wertschöpfungsstufen lassen sich betriebliche Funktionsbereiche unterscheiden, die – ergänzt um die übergreifenden Funktionen der unterstützenden Wertschöpfungsaktivitäten – die Grundlage für die Bildung von Stellen darstellen. Im dargestellten Beispiel müsste sich beispielsweise eine organisatorische Einheit mit der Beschaffung touristischer Vorleistungen (Hotelunterkunft, Flug, etc.) befassen. In Abstimmung mit einer anderen Einheit würde die marktorientierte Leistungsabstimmung erfolgen. Einer weiteren organisatorischen Einheit obliege die Schaffung materieller Trägermedien (Erstellung des Reisekatalogs, von Plakaten, Werbe-CD-ROMs etc.). Schließlich befasst sich ein Teil der Organisation mit dem Vertrieb und dem Absatzkanalmanagement im weiteren Sinne. Erst durch die Summe dieser Aktivitäten wird ein distribuierbares Endprodukt, eben die Pauschalreise, geschaffen, die von einem Kunden zu einem Gesamtpreis erworben werden kann. Der Umfang dieser organisatorischen Einheiten ergibt sich aus dem jeweiligen Anteil an der gesamten unternehmerischen Wertschöpfung. So kann es z.B. sein, dass das Absatzkanalmanagement bei einem Direktverkäufer (Reiseveranstalter verkauft über Mailings und Telefon direkt an seine Endkunden) kaum von Bedeutung ist. Bei einem anderen Reiseveranstalter, der vornehmlich über selbständige Reisemittler vertreibt, werden hingegen das Vertriebsmanagement und die Agenturbetreuung wesentlich stärker ausgebaut sein. Neben den hier dargelegten primären Aktivitäten werden die sekundären 34 35 36

Vgl. Porter, Wettbewerbsstrategie, S. 59–62. Vgl. Porter, Wettbewerbsvorteile, S. 62 und S. 432. Vgl. in diesem Zusammenhang auch Hölzel, Reiseveranstalter, S. 117–122.

42

Kapitel I: Organisation von Tourismusunternehmen

Abbildung I.2.e.: Wertschöpfungsstufen eines typischen Reiseveranstalterunternehmens

2 Von der Strategie über die Ablauforganisation zur Aufbauorganisation

43

durch weitere organisatorische Einheiten erbracht: So stellen z.B. das Qualitäts-, Finanzoder Personalmanagement als flankierende Wertschöpfungsbereiche das reibungslose Funktionieren der genannten primären Wertschöpfungsaktiväten sicher.

2.2.3

Veränderung von Wertschöpfung und Organisation gemäß dem Grad der vertikalen Integration

Eine der für die heutige Tourismusindustrie zentralen Strategien besteht in der vertikalen Integration. Diese verfolgt u.a. das Ziel, die Unternehmenssituation durch Investitionen in Bereiche mit höheren Gewinnmargen, als sie im angestammten Reiseveranstaltergeschäft erzielbar sind, zu verbessern. Die vertikale Integration hat als eine spezielle Form der vertikalen Expansion die Ausdehnung der Unternehmensaktivitäten auf vor- oder nachgelagerte Wirtschaftsstufen zum Inhalt; sie erhöht somit die Wertschöpfung des Unternehmens. Das Ausmaß der vertikalen Integration eines Tourismusunternehmens beeinflusst unmittelbar die organisatorische Gestaltung der Unternehmensaktivitäten. Im Fall des Zusammenschlusses von zwei touristischen Unternehmen aus verschiedenen Wertschöpfungsstufen entspricht die Wertschöpfungskette des gewachsenen, neuen integrierten Unternehmens der Summe der primären Aktivitäten der beiden Einzelwertschöpfungsketten abzüglich des Schnittstellenbereichs, der nun nicht mehr erforderlich ist. Weitere Synergie lässt sich in diesem Fall nur hinsichtlich der unterstützenden Wertschöpfungsaktivitä37 ten realisieren. Eine klare, überschneidungsfreie Trennung zwischen den Funktionen der im Tourismusmarkt tätigen Organisationen ist jedoch oftmals nicht gegeben. Die Wertketten der einzelnen Unternehmen sind also nicht in einer vollkommen linearen Anordnung zu sehen, sondern sie überlappen sich partiell. Integriert ein Veranstalter nun ein Unternehmen, das zumindest zum Teil auch veranstalterähnliche Funktionen erfüllt (z.B. Incoming-Agentur, die auch einen eigenen Angebotsprospekt für Direktkunden herausgibt), so reduziert sich die neue Wertschöpfungskette auf wesentlich weniger als die Summe der beiden einzelnen Wertschöpfungsketten. Gleichzeitig ist damit ein vor allem quantitatives Wachstum in der Horizontalen verbunden. Dies bringt durchaus Vorteile für das expandierende Unternehmen mit sich, führt aber zu einem eher geringen Effekt in der vertikalen Richtung – und dieser ist bei einer vertikalen Expansion vorerst einmal angestrebt gewesen. Ausgehend von den Expansionszielen sollte also geprüft werden, wie die Wertschöpfungsketten des eigenen und des zur Übernahme anstehenden Unternehmens zueinander liegen. Je geringer die Überschneidung zwischen diesen in der Vertikalen ist, desto stärker tritt der „reine“ Effekt einer vertikalen Expansion in Erscheinung, desto umfangreicher wird die organisationale Ausdehnung sein.

37

Vgl. ausführlich Kirstges, Expansionsstrategien, Kapitel 6.2.1.1.

44

Kapitel I: Organisation von Tourismusunternehmen

Unabhängig von den allgemeingültigen wertschöpfungsbezogenen Konsequenzen bietet eine vertikale Integration auch für mittelständische Reiseveranstalter eine Reihe von tourismus38 spezifischen Chancen, von denen insbesondere drei wesentliche zu nennen wären: ƒ Die Sicherung von touristischer Kapazität durch vertikale Rückwärtsintegration, z.B. durch den Kauf oder den Aufbau von Zielgebietsagenturen oder durch eine Beteiligung an Hotel- oder Appartementanlagen. ƒ Die Absatzsicherung durch vertikale Vorwärtsintegration, für Großveranstalter insbesondere angesichts der anstehenden Liberalisierung des Reisebürovertriebs relevant. Als Alternative zur „echten“ vertikalen Integration wäre auch ein Franchise-System, ähnlich wie es z.B. Thomas Cook als Reiseveranstalter mit „Holiday Land“ gegenüber Reisemittlern verwirklicht, überlegenswert. ƒ Die Bildung von Imageketten und Qualitätsmanagement durch vertikale Integration. 39

Aufgrund der arbeitsteiligen Erstellung der touristischen Dienstleistung ist es für Reiseveranstalter äußerst schwierig, dem Kunden konsequent, d.h. zu jeder Zeit und auf allen Bezie hungsebenen, ein gewünschtes Unternehmens- und/oder Produktimage zu vermitteln.40 Der Nachfrager erfährt während des Konsums des Produkts „Urlaubsreise“ eine Fülle von touristischen Einzelleistungen, die von verschiedenen Leistungsträgern des Reiseveranstalters erbracht werden. Dies birgt die Gefahr in sich, dass der Veranstalter zwar einerseits – und dies vor allem hinsichtlich der juristischen Verantwortlichkeit – der zentrale Dienstleister ist, andererseits jedoch keinen unmittelbaren Einfluss auf die Qualität der Leistungen und das – u.a. dadurch – vermittelte Image hat.41 Nicht zuletzt aus diesem Umstand erklärt sich die geringe Bindung von Urlaubern an Reiseveranstalter, die soweit geht, dass viele Urlauber sich kaum mehr an den Namen der Veranstalter erinnern, mit denen sie verreist sind. Somit kann der Veranstalter im Rahmen der Kooperation nur versuchen, über bestimmte Marketingmaßnahmen für die Qualitätssicherung und die Beibehaltung des Images zu sorgen. Anders als Großveranstalter haben gerade mittelständische Unternehmen i.d.R. nicht die Marktmacht, den Reisemittlern und Leistungsträgern ihre Qualitätsstandards und Imageziele verbindlich aufzuerlegen. Auch eine qualitäts- und imageorientierte Selektion der Marktpartner ist vielfach nicht möglich. Ganz anders sehen die Möglichkeiten hingegen für vertikal integrierte Veranstalterunternehmen aus. Je mehr Teilbereiche der touristischen Leistungserstellung in der Hand eines Unternehmens liegen, desto durchgängiger ist die Imagekette, und

38

39

40

41

Vgl. ausführlich: Kirstges, Expansionsstrategien, Kapitel 6.2.1.2. bis 6.2.1.4. Zu den allgemein möglichen Vorteilen einer vertikalen Integration s. auch z.B. Demmer/Messinger, Synergien. Die Besonderheiten resultieren also aus der stark arbeitsteiligen Erstellung und aus dem Dienstleistungscharakter des touristischen Produkts. Vgl. Kirstges, Expansionsstrategien, Abschnitte 4.2. und 4.3.1., sowie zum Qualitätsmanagement bei Dienstleistungsunternehmen auch Stauss, Augenblicke, S. 96–98; Stauss/Hentschel, Qualitätsmanagement, sowie zum Image als Qualitätsdimension: Garvin, Produktqualität, S. 72 f. Auf den Zusammenhang zwischen Image und Corporate Communications bzw. allgemein auf die Bedeutung einer Corporate Identity kann hier nicht näher eingegangen werden. Vgl. zusammenfassend z.B. Raffée/Wiedmann, Glaubwürdigkeit. Vgl. in diesem Zusammenhang auch die Problematik der Messung wahrgenommener Dienstleistungsqualität: siehe z.B. Hentschel, SERVQUAL.

2 Von der Strategie über die Ablauforganisation zur Aufbauorganisation

45

Image des RM

Ziel: Markttransaktion

Imagekontinuität und Qualitätssicherung mittels marktbezogener Koordinationsmechanismen verschiedene Images

unterbrochene Imagekette

Markttransaktion

Kunde

Image des RV verschiedene Images Ziel:

Imagekontinuität und Qualitätssicherung mittels marktbezogener Koordinationsmechanismen

Image der einzelnen LT

Abbildung I.2.f.: Der Kunde im Spannungsfeld der verschiedenen Unternehmensimages im Rahmen der touristischen Kette

desto besser kann eine angestrebte und dem Kunden versprochene Qualität gewährleistet werden. Da sich der Kunde immer in der Hand eines Unternehmens befindet, treten Zielkonflikte von der Art, wie oben dargelegt wurde, erst gar nicht auf. Da die jeweiligen Kontaktpersonen des Kunden immer Mitglieder desselben Unternehmens sind, können eine gezielte Imagegestaltung und Qualitätssicherung besser durchgesetzt werden. Die personalpolitischen Instrumente (so z.B. Personalauswahl, Personaleinsatzplanung, Motivationsinstrumente) werden vom eigenen Unternehmen gehandhabt und steuern somit durchgängig die vom Kunden wahrgenommenen und damit imageprägenden Mitarbeiter. Notfalls sind hier – anders als bei Kooperationen – auch disziplinarische Maßnahmen (z.B. Versetzung, Entlassung) vorstellbar, um Image- und Qualitätssicherung zu gewährleisten. Aufgrund der mit der vertikalen Integration verbundenen Möglichkeiten der Qualitätssicherung ist auch davon auszugehen, dass die Reklamationsquote im Zuge einer vertikalen Integration sinken wird.

46

Kapitel I: Organisation von Tourismusunternehmen

Imagekontinuität und Qualitätssicherung mittels unternehmensinterner Koordinationsmechanismen

... bei seiner Veranstaltertätigkeit

Imagekontinuität und Qualitätssicherung mittels unternehmensinterner Koordinationsmechanismen

Durchgängige Imagekette

Image des integrierten Unternehmens

... bei seiner Mittlertätigkeit

ein einheitliches Image

Kunde

... bei der Erstellung der Einzelleistungen

Abbildung I.2.g.: Imagekette in einem vertikal integrierten Touristikunternehmen

2.3

Aufgabenanalyse und Festlegung der Ablauforganisation

2.3.1

Schritte der organisationalen Gestaltung von Reiseveranstaltern

Nachdem die grundlegenden Zusammenhänge und Rahmenbedingungen der organisationalen Gestaltung des Reiseveranstaltergeschäfts dargelegt wurden, stellt sich für die Unternehmenspraxis die Frage, wie man einen Veranstalter nun konkret „organisieren“ soll. Im unternehmerischen Alltag taucht diese selbst dann auf, wenn alles scheinbar bestens gelöst ist. Gerade in der Organisation der Abläufe gibt es immer etwas zu verbessern. Indikatoren eines solchen Reorganisationsbedarfs zeigen sich ständig: ƒ zu lange Durchlaufzeiten von der Buchungsanfrage bis zur Buchung oder von der Buchung bis zur Bestätigung, ƒ Verärgerung von Kunden durch ungerechtfertigte Mahnungen, ƒ vergessene Zahlungen an Leistungsträger, die zu Problemen bei der Kundenanreise führen, ƒ Doppelzahlungen an Lieferanten, ƒ ein „muddling-trough„ bei bestimmten Problemen, die immer wieder auftauchen, von denen aber niemand genau weiß, warum sie eigentlich auftreten und wie man sie grundsätzlich lösen könnte, ƒ stark schwankende Dienstleistungsqualität, ƒ hohe Reklamationsquoten, ƒ u.s.w.

2 Von der Strategie über die Ablauforganisation zur Aufbauorganisation

47

Eine systematische Vorgabe der erforderlichen Arbeitsabläufe durch die Unternehmensführung fehlt oftmals oder ist mangels Dokumentation derselben nicht bekannt. Wie lassen sich solche Missstände abstellen? Gehen wir zur Lösung dieser Aufgabe von folgendem Fallbeispiel aus: Ein mittelständischer Reiseveranstalter bittet uns in eben dieser Frage um unseren Rat. Wir abstrahieren zur Vereinfachung von der bisher vorhandenen Unternehmensstruktur und gehen im Sinne einer zero-base-Planung sogar soweit, dass wir zunächst annehmen, das Unternehmen würde noch über keinerlei Personal verfügen. Nachfolgendes Phasenschema soll den gedanklichen Rahmen der folgenden Ausführungen bilden: 1.

Zielsetzung Ø

2. Abgrenzung der Tätigkeitsfelder (Schwerpunktaufgaben) Ø 3. Ermittlung der einzelnen Teilaufgaben Ø 4. Ermittlung des Tätigkeitszeit- und Mengenbedarfs Ø 5. Koordination der einzelnen Tätigkeiten (logische Aufeinanderfolge der Ablaufschritte) Ø 6. Zusammenfassung der Tätigkeiten zu Stellen Ø 7. Gestaltung der Aufbauorganisation als Stellengefüge Ø 8. Dokumentation in Organigrammen, Ablaufplänen, Arbeitsplänen, etc. Ø 9. Kontrolle von Ablauf und Ergebnis Abbildung I.2.h.: Phasen der Gestaltung von Ablauf- und Aufbauorganisation bei Reiseveranstaltern

48

Kapitel I: Organisation von Tourismusunternehmen

Voraussetzung für die zielorientierte, effiziente organisationale Gestaltung einer Unternehmung ist die Kenntnis der einzelnen Aufgaben, die von den Mitarbeitern des Veranstalters unter Zuhilfenahme spezifischer Produktionstechnologien (z.B. EDV-Systeme / CRS) erledigt werden sollen. Hierfür sind die einzelnen Tätigkeiten, die im Hinblick auf die Realisierung der Unternehmensziele ausgeführt werden sollen, zu erheben und in ihrem zeitlichen Ablauf darzustellen. Wer dies jemals für ein reales Unternehmen versucht hat, weiß, dass es 42 keinesfalls einfach ist, den zeitlichen Ablauf einer Tätigkeit abzubilden. Für beispielsweise eine wirksame Qualitätssicherung bedarf es aber unbedingt des (dokumentierten) Wissens um diese Abläufe, da nur so eventuelle Schwachstellen ausfindig gemacht werden können.

2.3.2

Definition von Tätigkeitsfeldern der Unternehmung sowie Einzeltätigkeiten

Zunächst sollte man mit der Aufzeichnung der wesentlichen Abläufe beginnen. Hierzu kann eine Orientierung an o.g. Modellen zur reiseveranstalterspezifischen Wertschöpfung sinnvoll sein. Selbstverständlich bietet es sich an, die bisherige Art der Arbeitsabläufe als Leitfaden zu wählen; allerdings sollte man sich von dem, „was schon immer so gemacht“ wurde, emanzipieren, um bei der beabsichtigten (Neu-) Gestaltung der Organisation nicht nur im alten Fahrwasser zu verharren. Unabhängig vom Status quo sollten die Unternehmensziele den Orientierungsmaßstab für die Festlegung von Einzeltätigkeiten und deren Zusammenhänge bilden. In unserer Beispielunternehmung würden sich vielleicht die folgenden Schwerpunkttätigkeiten als erforderlich herauskristallisieren: ƒ Strategische Unternehmenskonzeption, Entwicklung und Sicherung der Unternehmensidentität ƒ Human-Ressourcen-Management ƒ Informationsmanagement und Rechnungslegung ƒ Finanzmanagement ƒ Qualitätsmanagement ƒ Beschaffung touristischer Vorleistungen ƒ Beschaffung sonstiger Vorleistungen ƒ Koordination und Abstimmung der Einzelleistungen zu einer zielgruppenorientierten Pauschalreise ƒ Identifikation von erfolgversprechenden Zielgruppen, Ableitung von Strategien zur Zielgruppenansprache und marktorientierte Leistungsabstimmung ƒ Schaffung materieller Trägermedien: Katalogerstellung, Kommunikationspolitik ƒ Absatzkanalmanagement und Vertriebslogistik: Aufbau und Unterhaltung des Distributionssystems

42

Vgl. Nägeli/Lang/de Weck/Zingg, Ablauforganisation, S. 69.

2 Von der Strategie über die Ablauforganisation zur Aufbauorganisation

49

Bereits auf dieser groben Stufe des Organisierens sollte die gedankliche Auseinandersetzung mit den später konkreter werdenden Fragen der Koordination und Vernetzung der einzelnen Tätigkeiten untereinander zu Abläufen erfolgen. So erscheint es keineswegs zwingend, dass die Tätigkeit „Beschaffung touristischer Vorleistungen“ der Aufgabe „marktorientierte Leistungsabstimmung“ zeitlich vorgeschaltet ist. In der heutigen Situation des Käufermarktes bleibt es auch für Reiseveranstalter unerlässlich, zunächst marktorientierte Leistungsanforderungen aufzustellen, anhand derer dann die touristischen Teilleistungen zu beschaffen sind. 43 Gerade das sog. dynamic packaging erfordert eine solche Organisation. Auf dieser ersten Stufe stellt sich auch die Frage, welche Tätigkeiten einem ständigen Wandel unterworfen bleiben dürfen und welche – zumindest auf gewisse Zeit – „eingefroren“ werden können 44 (z.B. zur Rationalisierung) oder sollten (z.B. kritische Abläufe in der Qualitätssicherung). Diejenigen Tätigkeiten, die ihre Dynamik beibehalten sollten, stellen später den bewusst geschaffenen Gestaltungsspielraum für engagierte Mitarbeiter dar. Nachdem die einzelnen Tätigkeitsfelder und deren Zusammenhänge im groben analysiert wurden, müssen die erforderlichen Einzeltätigkeiten festgelegt werden. Diese müssen dem für die Beschreibung des Ablaufs interessierenden bzw. erforderlichen Detaillierungsniveau entsprechen. Gegebenenfalls sind Tätigkeiten zusammenzufassen oder weiter aufzugliedern. Je größer die Bedeutung eines Tätigkeitsfeldes oder einer Einzeltätigkeit für die unternehmerische Wertschöpfung, desto detaillierter sollten diese beschrieben werden. In unserer Beispielunternehmung ließen sich innerhalb der einzelnen Schwerpunktbereiche z.B. folgende Einzeltätigkeiten unterscheiden (siehe Tabelle auf den folgenden Seiten):

Schwerpunktbereich ƒ

Strategische Unternehmenskonzeption, Entwicklung und Sicherung der Unternehmensidentität

Einzeltätigkeit ƒ ƒ ƒ ƒ

ƒ

43 44

Human-RessourcenManagement

ƒ ƒ ƒ ƒ ƒ ƒ ƒ ƒ ƒ ƒ ƒ

Durchführung strategischer Analysen Planung von Einzelstrategien (z.B. Marktsegmentierung) innerhalb eines abgestimmten Strategien-Profils Evaluierung der Chancen horizontaler Kooperationen (Strategische Partnerschaften) Evaluierung alternativer Instrumentalstrategien (z.B. Direktvertrieb versus Vertrieb über Reisemittler; Sponsoringstrategien versus klassisches Marketing) Strategiencontrolling Schaffung und Erhaltung einer Corporate Identity etc. Personalführung Organisationale Gestaltung der Arbeitsprozesse Personalmarktforschung / Personalmarketing Personalbeschaffung Personaleinsatzplanung Personalentwicklung regelmäßige Durchführung von Mitarbeiterbefragungen Festlegung von Entlohnungsgrundsätzen, z.B. Erarbeitung eines Mitarbeitererfolgsbeteiligungssystems

Siehe vertiefend zum dynamic packaging: Kirstges, Expansionsstrategien, Kapitel 6.4.1. Vgl. Nägeli/Lang/de Weck/Zingg, Ablauforganisation, S. 70.

50

Kapitel I: Organisation von Tourismusunternehmen

Schwerpunktbereich

Einzeltätigkeit ƒ

ƒ

Informationsmanagement und Rechnungslegung

ƒ ƒ ƒ ƒ ƒ ƒ ƒ

ƒ

ƒ

Finanzmanagement

Qualitätsmanagement

ƒ ƒ ƒ ƒ ƒ ƒ ƒ ƒ ƒ ƒ ƒ ƒ ƒ ƒ ƒ ƒ ƒ ƒ ƒ ƒ ƒ

ƒ

Beschaffung touristischer Vorleistungen

ƒ ƒ ƒ ƒ ƒ ƒ ƒ ƒ ƒ

ƒ

Beschaffung sonstiger Vorleistungen

ƒ ƒ ƒ ƒ

monatliche Entgeltabrechnung inkl. Abrechnung mit den Trägern der Sozialversicherungen und dem Finanzamt etc. Planung und Durchführung von Marktforschung Durchführung von Soll-Ist-Vergleichen bezüglich der Reisebuchungen, strukturiert nach verschiedenen Gliederungskriterien regelmäßige Fortschreibung der Unternehmensstatistik Information der einzelnen Entscheidungsträger Aufbau eines MIS (Management-Informations-System) laufende Verbuchung der Geschäftsvorfälle in der Finanz- und Betriebsbuchhaltung Controlling auf Basis einer Kosten-Leistungs-Rechnung Abrechnung der Provisionen mit Reisemittlern Regelmäßige Abgabe von Steuererklärungen Erstellung von Quartalsübersichten und Jahresabschlüssen etc. Durchführung von Auszahlungen an Leistungsträger, Lieferanten etc. Devisenmanagement (z.B. Planung und Durchführung von Devisenoptionsgeschäften) Überwachung der Einzahlungen inkl. Mahnwesen regelmäßige Durchführung der erforderlichen Finanzplanungen Disposition der Finanzkonten zur Sicherung der Liquidität Anlagestrategien für kurz- und langfristige Cash-Überschüsse Kapitalbeschaffung / Verhandlungen mit Banken Investitions- und Finanzierungsrechnungen etc. Regelmäßige Durchführung von Kundenbefragungen Imageanalysen Konkurrenzanalysen Kontrolle der Dienstleistungsqualität bei Leistungsträgern, Reisemittlern und sonstigen Kooperationspartnern Testbuchungen Erarbeitung organisatorischer und personalpolitischer Innovationen zur Qualitätsverbesserung Initiierung von Maßnahmen zur Förderung eines ökologisch- und sozialverträglichen Tourismus Bearbeitung und systematische Auswertung von Kundenreklamationen etc. Besichtigung von Hotels und Appartementanlagen in den Zielgebieten Suche nach neuen Unterkünften / Leistungsträgern Verhandlungsführung und Vertragsabschluss mit Unterkunftsleistungsträgern Verhandlungsführung und Vertragsabschluss mit Beförderungsleistungsträgern (Airlines, Busunternehmen, Bahn, etc.) laufende Überwachung der Kontingente bzw. Buchungen verbale Beschreibung der Einzelleistungen Erstellung bzw. Beschaffung von Bildmaterial zur Visualisierung der Leistungen etc. Verhandlung und Vertragsabschluss mit Druckereien (Druck von Reisekatalogen und sonstigen Werbeträgern) sowie Überwachung deren Leistungsqualität Verhandlung und Vertragsabschluss mit Anbietern von CRS (Amadeus, SABRE, In-house-CRS, etc.) Information über neue relevante Entwicklungen in der EDV; Neubeschaffung bzw. Aktualisierung der eingesetzten EDV-Systeme

2 Von der Strategie über die Ablauforganisation zur Aufbauorganisation

Schwerpunktbereich

Einzeltätigkeit ƒ ƒ

ƒ

Koordination und Abstimmung der Einzelleistungen zu einer zielgruppenorientierten Pauschalreise

ƒ ƒ ƒ ƒ ƒ ƒ

ƒ

ƒ

Identifikation von erfolgversprechenden Zielgruppen, Ableitung von Strategien zur Zielgruppenansprache und marktorientierte Leistungsabstimmung

Schaffung materieller Trägermedien: Katalogerstellung, Kommunikationspolitik

ƒ ƒ ƒ ƒ ƒ ƒ ƒ ƒ ƒ ƒ ƒ ƒ ƒ ƒ ƒ ƒ

ƒ

Absatzkanalmanagement und Vertriebslogistik: Aufbau und Unterhaltung des Distributionssystems

51

ƒ ƒ ƒ ƒ ƒ ƒ ƒ ƒ ƒ ƒ ƒ ƒ ƒ

Verhandlung mit Bundespost und Telekom; Beschaffung von Telefonanlagen Beschaffung von Büroeinrichtungen, Kopiersystemen, Büromaterialien, Papier, u.v.m. etc. Zusammenfassung von Einzelleistungen zu Pauschalen Beschaffung, Ausbildung, Einsatz und Kontrolle von Reiseleitern und Animateuren Kombination von Zusatzleistungen zur Grundleistung (z.B. Reiseversicherungen, Ausflüge, Grillfeste, etc.) Festlegung von Abflughäfen bzw. Busabfahrtsorten Einsatzplanung und Einsatzkontrolle der Verkehrsträger (Flugeinsatzplanung, Buseinsatzplanung, etc.) etc. Marktforschung, insbesondere Preis-Leistungs-Vergleiche mit Konkurrenten Definition der zu bearbeitenden Zielgruppen und Marktsegmente Initiierung operativer Maßnahmen zur Realisierung der Marktsegmentierung Festlegung von Preisstrategien für einzelne Segmente Preiskalkulation und Preisgestaltung Planung von Vermarktungsstrategien, insbesondere Kommunikationsstrategien etc. Schaffung und ständige Aktualisierung der erforderlichen Infrastruktur (z.B. PC-Netze mit geeigneter Grafik-/DTP-Software) Planung des Katalogaufbaus (Seitenspiegel, Layout, etc.) und der Katalogkosten Erstellung von Katalogtexten Beschaffung und Auswahl von Bildmaterial Erstellung der Preistabellen Abstimmung mit Druckereien Planung und Durchführung von Werbekampagnen Gestaltung von Werbeannoncen, Plakaten und Displaymaterial (für Reisemittler) Planung und Durchführung von PR- und Sales Promotion-Aktionen Abstimmung mit Zeitungsverlagen und sonstigen Werbeträgern etc. Akquisition und Betreuung von Agenturen Planung und Durchführung von Schulungsmaßnahmen und Katalogpräsentationsveranstaltungen Versand von Katalogen und Displaymaterialien Festlegung der Provisionssätze inkl. Staffelprovisionen Versand von aktuellen Angeboten / Restplätzen (z.B. über INFOX) Aufbau eines Direktvertriebssystems inkl. Kunden-Database Bearbeitung von Beschwerden der Reisemittler Prüfung innovativer Vertriebswege (z.B. Mobile Business) Kontrolle des Erfolgs einzelner Vertriebswege bzw. Vertriebspartner etc.

Abbildung I.2.i.: Einzeltätigkeiten einer Reiseveranstalterorganisation

52

Kapitel I: Organisation von Tourismusunternehmen

Die Liste der Einzeltätigkeiten ließe sich noch problemlos erweitern, und viele der hier genannten Aufgaben bedürfen in der Praxis einer noch feineren Aufsplittung. Dies soll am Beispiel der Beschaffung touristischer Vorleistungen verdeutlicht werden: Schwerpunktbereich: Einzeltätigkeiten:

Beschaffung touristischer Vorleistungen Besichtigung von Hotels und Appartementanlagen in den Zielgebieten, Verhandlungsführung und Vertragsabschluss mit Unterkunftsleistungsträgern

Detailgliederung dieser Aufgabe: für Mittelmeerreisen – für Fernreisen – für Städtetouren bzw. noch detaillierter:

für Spanien, für Frankreich, für Italien, .... für die USA, Kenia, Kuba, ... in Paris, London, Rom, Florenz, ...

Die notwendige Tiefe der Untergliederung ist nicht allgemeingültig zu bestimmen. Es hängt insbesondere vom Anteil einer einzelnen Aufgabe an der unternehmerischen Wertschöpfung und damit letztlich vom Arbeitsumfang ab, wie detailliert diese gegliedert wird. Ein Reiseveranstalter, der von seinen gesamten 50.000 Paxen jährlich 100 für die Malediven verbucht, wird den touristischen Einkauf für dieses Reiseziel auf einem höheren Aggregationsniveau zusammen mit anderen zu einer Aufgabe zusammenfassen. Derselbe Veranstalter wird hingegen Frankreich, für das er jährlich 20.000 Urlauber verbuchen kann, in kleinere Regionen aufteilen und damit „den“ Einkauf als eine aus mehreren Teilaufgaben bestehende Tätigkeit ansehen, sprich: organisieren. Hier zeigt sich bereits die Interdependenz zwischen den in der obigen Abbildung als die Phasen 3 (Ermittlung der einzelnen Teilaufgaben) und 4 (Ermittlung des Zeit- und Men45 genbedarfs) charakterisierten Schritte des Organisierens. Um den Arbeitszeitbedarf einer Tätigkeit bestimmen zu können, muss diese zunächst definiert werden; um diese – in einem ausreichenden Detaillierungsgrad – jedoch definieren zu können, muss der voraussichtliche Umfang dieser Aufgabe (quantitative und qualitative Dimension von einzusetzender Arbeit sowie sonstigen Produktionsfaktoren) abgeschätzt werden.

2.3.3

Ermittlung des Tätigkeitsumfangs

Halten wir jedoch zur besseren Übersicht die in der einleitenden Abbildung angegebene Reihenfolge der einzelnen Organisationsschritte ein. Nach der Definition der Tätigkeiten gilt es also nun, deren Umfang abzuschätzen. Beschränken wir uns hierbei auf den Mensch als 46 Aufgabenträger, und betrachten hierbei nur den Anfall an Arbeitszeit. Dieser lässt sich durch drei Dimensionen charakterisieren: 45

46

Es wäre somit also besser, die Phasen dieser Abbildung als Kreislaufmodell darzustellen, um den interdependenten Charakter der einzelnen Schritte und die Feedback-Beziehungen zu betonen. Daneben sind z.B. Sachmittel von Nöten, die anhand von Kriterien wie Leistung und Kosten analysiert werden. Ebenso bedarf es Informationen, um übertragene Aufgaben erfüllen zu können. Doch auch bezogen auf den Menschen als Aufgabenträger bedarf es – in der Perspektive des Personalmanagements (s. Abschnitt 4.1.) der Ergänzung um eine qualitative Dimension (erforderliches Know-how, Ausbildungsstand, etc.).

2 Von der Strategie über die Ablauforganisation zur Aufbauorganisation

53

ƒ Zeit: Wann und in welcher Periodizität entsteht eine Aufgabe? (z.B. jeden Montagmorgen; einmal jährlich; etc.) ƒ Menge: Wie umfangreich ist die Aufgabe? (z.B. 12 Stunden) Um diese Dimension näher bestimmen zu können, kann es sich bei vielen Aufgaben anbieten, zwischen der anfallenden Menge in der jeweiligen Leistungseinheit (z.B. zehn Anfragen für Gruppenreisen mit einem schriftlichen Angebot beantworten) und dem pro Leistungseinheit im Durchschnitt erforderlichen Zeitbedarf (ca. 30 Minuten pro Angebot) zu unterscheiden. So lässt sich durch Multiplikation (10 Anfragen · 30 Min.) der gesamte Umfang einer Aufgabe (5 Stunden) abschätzen. ƒ Ort: Wo entsteht eine Aufgabe? (z.B. am Counter; am Schreibtisch; in Palma de Mallorca; etc.) So ließe sich beispielsweise die Teilaufgabe „Einkauf von Appartementkapazität für die Wintersaison in französischen Skigebieten“ wie folgt in ihrem Umfang präzisieren: Auf der ITB im März ist mit den dort vertretenen Leistungsträgern die Geschäftsentwicklung des vergangenen Winters zu besprechen. Jeweils in den Monaten Mai und Juni vor der nächsten Wintersaison muss eine zweiwöchige Verhandlungsfahrt nach Frankreich durchgeführt werden. Für die schriftliche Ausarbeitung der neuen Saisonverträge (inkl. Kontingentübersichten und Einkaufspreistabellen) sind pro Leistungsträger pro Skistation durchschnittlich acht Arbeitsstunden (Schreibarbeiten, Telefongespräche, etc.), bei 25 Angeboten also etwa 200 Stunden erforderlich. Eine Arbeitskraft mit einer Wochenarbeitszeit von 40 Stunden wäre also insgesamt (zu einer bestimmten Periode in jedem Jahr) fünf Wochen (nur) mit dieser Aufgabe beschäftigt; alternativ könnte sie gemäß unserem Rechenbeispiel zehn Wochen mit 20 Wochenstunden daran arbeiten. Auf einen wesentlich größeren Zeitrahmen ließe sich die Arbeit nicht verteilen (z.B. 20 Wochen à 10 Wochenstunden), da ansonsten die für diese Teilaufgabe zu nutzende Periode (hier: Mai bis Juni) überschritten würde. Dass dies nicht der Fall sein darf, werden die Ausführungen zum fünften Organisationsschritt gemäß der obigen Abbildung zeigen. Problematisch im Hinblick auf die Gestaltung einer (zeit-)stabilen Organisation wirkt sich ein sehr unregelmäßiger Arbeitsanfall aus. Dieser kann zum Einen aus einem unregelmäßigen Anfall vorgelagerter Initialfaktoren resultieren (z.B. die Zahl der Anfragen nach Gruppenreisearrangements schwankt stark: mal kommen pro Tag 10 Anfragen, mal nur eine), zum Anderen im Wesen der Aufgabe selbst liegen (z.B. muss das Layout für den Sommerkatalog punktuell, d.h. zu einem ganz bestimmten Zeitpunkt im Jahr, fertig gestellt werden; sobald dies geschehen ist, sinkt der Arbeitsanfall für diese Tätigkeit auf Null). Zur Lösung dieses Problems müssen dynamische organisatorische Regelungen getroffen werden, auf die wir weiter unten eingehen wollen. In der Praxis liegen die Hauptschwierigkeiten dieses organisatorischen Schrittes in der Berechnung bzw. Abschätzung des zeitlichen Arbeitsanfalls. Unter Umständen kann auf Erfahrungswerte aus der Vergangenheit zurückgegriffen werden. Zeitmessungen (über Beobachtung mit der Stopp-Uhr in der Hand) stoßen bei neuen Unternehmungen bzw. Geschäftsbereichen schnell auf ihre Grenzen. Tests und Versuche (z.B. Durchführung einer Musterbuchung; exemplarische Erstellung einer Katalogseite) bieten unter Umständen einen

54

Kapitel I: Organisation von Tourismusunternehmen

Ausweg. Vielfach bleibt jedoch nur der analytische Weg durch systematische gedankliche Vorwegnahme der einzelnen Tätigkeiten („Wie lange benötigt man wohl, um ...?).

2.3.4

Koordination der einzelnen Tätigkeiten und Stellenbildung

2.3.4.1

Logisch-zeitliche Anordnung der Einzelaufgaben – dargestellt am Beispiel der Reisekatalogplanung

Nachdem Art und (Arbeits-)Umfang der einzelnen Tätigkeiten festgelegt wurden, müssen diese in eine logisch-zeitliche Reihenfolge gebracht werden. Dies impliziert, dass eine Aufgabe u.U. auf der Erledigung einer vorhergehenden aufbaut. Eine zeitliche Streckung einer Tätigkeit könnte somit zu einer nicht vertretbaren Verzögerung einer nachfolgenden Tätigkeit führen. Nehmen wir zur Verdeutlichung wieder unser o.g. Beispiel des Einkauf von Appartementkapazität für die Wintersaison. Auf Basis einer zeitlichen Ablaufplanung lässt sich ermitteln, wann diese Tätigkeit abgeschlossen sein muss. Der Winterkatalog soll im August (Kalenderwoche (KW) 32/33) erscheinen. Die Druckerei benötigt zwei Wochen zur Fertigstellung der Prospekte. Die Erstellung des Kataloglayouts dauert insgesamt vier Wochen, teilweise vorgelagert muss die Kundenpreiskalkulation erfolgen. Diese ist jedoch (abschließend) erst möglich, wenn die Einkaufsverhandlungen mit den Leistungsträgern vollständig abgeschlossen sind. Bereits aus diesem noch stark vereinfachten Beispiel ergibt sich, dass der touristische Einkauf in Kalenderwoche 23 abgeschlossen sein sollte.

Versand Druck Katalogerstellung (Layout) Preiskalkulation Touristischer Einkauf

17

19

21

23

25

27

29

31

33

KW

Abbildung I.2.j.: Ablaufgrobplanung vom Einkauf zur Katalogdistribution

Würde nun der Einkauf zeitlich gestreckt, so wäre der anvisierte Termin für den Katalogversand letztlich nicht mehr einzuhalten. Demnach bestünde also nicht die Möglichkeit, statt fünf Wochen mit 40 Wochenstunden (siehe Rechenbeispiel von oben) zehn Wochen mit 20 Stunden oder gar 20 Wochen mit 10 Stunden dieser Tätigkeit zu widmen.

2 Von der Strategie über die Ablauforganisation zur Aufbauorganisation

55

Was aber, wenn der touristische Einkauf für dieses Zielgebiet so aufwendig und umfangreich ist, dass selbst eine 40-Stunden-Woche über einen Zeitraum von fünf Wochen nicht zur Bewältigung dieser Aufgabe ausreicht? Für dieses in der Praxis regelmäßig auftretende Problem bieten sich zwei Lösungsansätze: ƒ Entweder die Tätigkeit wird detaillierter beschrieben, somit weiter aufgesplittet, und jede Teilaufgabe wird von einer anderen Stelle erledigt (= stärkere funktionale Arbeitsteilung, siehe Kapitel 2.4.1.), z.B. – Kontaktaufnahme und Terminvereinbarung per Telefon/email etc., – Besichtigung und Verhandlungsführung von Ort/im Zielgebiet, – Verfassen und „Festzurren“ der Kontingentverträge, – Erfassung der eingekauften Kontingente inkl. Einkaufspreise im Inhouse-CRS. ƒ Oder die identische Aufgabe wird im nächsten Organisationsschritt (Phase 6 gemäß der einführenden Abbildung) auf mehrere gleichlautende Stellen verteilt, das Zielgebiet somit weiter in kleinere Regionen unterteilt (= Bildung von nebeneinander arbeitenden Sparten/Divisionen, s. Kapitel 2.4.2.). Obige Abbildung zur Ablaufgrobplanung vereinfacht stark den Ablauf. Hofmann, seinerzeit Geschäftsführer der LTT, geht für sein Unternehmen von folgendem Ablaufraster für die 47 Produktion des touristischen Produktes aus: Tätigkeit

Zeitlicher Arbeitsanfall

Buchungsfreigabe

x

Katalogversand

x

I==I

I::::I

Test Stammdaten

I====I

I::::::::I

Katalogdruck

I==I

I::::I

Kalkulation

I====I

Aufbau Stammdaten

I=======I

Katalogproduktion

I=======I

I:::::::::::::::I I::::::::::::::::::::I I::::::::::::::::::::::::I

Einkauf Hotel

I==========I

I:::::::::::::::::::::::::::::::I

Einkauf Flug

I=======I

I::::::::::::::I

Feinplanung Grobplanung

I===I

I::::::::::::I

I======I

I::::::::::::::I

——————————————————————————————————————→ Monate:

Jan.

Febr.

März

April

Mai

Juni

Juli

Aug.

Sept.

Okt.

Nov.

Abbildung I.2.k.: Ablaufplanung bei der LTT (I=====I = Wintersaison I::::::::::I = Sommersaison)

47

Eigene Darstellung in Anlehnung an Hofmann, Wolfgang, Flugpauschalreise, S. 113.

Dez.

56

Kapitel I: Organisation von Tourismusunternehmen

Bei ITS sieht die Grobplanung für die Katalogerstellung wie folgt aus:

Abbildung I.2.l.: Ablaufplanung zur Katalogerstellung bei ITS

Mehr als sieben Monate vor der Buchungsfreigabe wird also auch bei ITS mit der Planung der Kataloge begonnen. Um beispielsweise die Aufgaben konkret zu verteilen oder neue Mitarbeiter einzuarbeiten, würde auch dieses Detaillierungsniveau noch nicht genügen. So müsste die Tätigkeit „Katalogproduktion„ näher beschrieben werden. Bei Wikinger Reisen sieht die Planung für den Hauptkatalog „Wandern Europa 2000“, der mit einem Umfang von ca. 120 Seiten in einer Auflage von ca. 120.000 Exemplaren publiziert wird, wie folgt aus: Hier wird deutlich, dass verschiedene Stellen innerhalb und außerhalb des Unternehmens intensiv mit der Katalogerstellung beschäftigt sind. Geschäftsführung, Produktmanagement und Vertrieb müssen intensiv mit den Grafikern und der – hier hauseigenen – Werbeagentur kooperieren. Mehrfach durchlaufen die Katalogseiten die Hände der beteiligten Stellen; immer wieder können Korrekturen erforderlich sein. Je umfangreicher das Katalogprojekt, desto größer ist auch der Aufwand an Planung, Ab48 stimmung und Koordination – eben an Organisation. Bei der FTI Touristik, zu der u.a. die Veranstalterunternehmen/-marken Frosch Touristik GmbH, CA Ferntouristik GmbH, LAL Sprachreisen, Air Maritim und Sport Scheck Reisen sowie die Full Service Agentur für Konzeption und Produktion von Werbemittel „Type Conceptour Satz und Werbung GmbH (TCT)“ gehören, wird eine grobe zeitliche Ablaufplanung in Dutzende von einzelnen Arbeitsschritten aufgegliedert. Das folgende Beispiel zeigt den Ablauf der Katalogplanung und -erstellung bei FTI aus der Sicht der Bereiche Produktmanagement und TCT. Dabei werden auch die Schnittstellen zu anderen Bereichen deutlich wie Geschäftsführung, Finanzen, Controlling, Datenverarbeitung, Software, Vertrieb, Marketing, Presse und Routenmanagement.

48

Ich danke insbesondere Frau Nowag von FTI für die mir zur Verfügung gestellten Informationen.

2 Von der Strategie über die Ablauforganisation zur Aufbauorganisation

57

Timing Katalogproduktion 1999 Produkte: Katalog „Wandern Europa 2000“ mit beigelegtem P/L-Teil mit Seite „Buchung + Bestellung“ (Direkt) Umfang: ca. 120 (davon 24 Windi)+4U+ca. 56 P/L-Teil ET: 05. November 99 Auflage: 120.000 jeweiliger Anteil Agentur-Expl.: ca. 40% Termin

Phase

Katalog „Fernreisen 2000“ mit integriertem P/L-Teil dito ca. (64)72+4U+ca. 32 P/L-Teil 05. November 99 100.000 dito

Aufgabe

Verantwl.

Ab 18. KW

Anforderung Druckangebote Überarbeitung der bereits an WR übergebenen Texte, Produktauswahl, Überarbeitung der bestehenden Karten

Ab 23. KW

Erstellung der Texte neuer Programme, Angaben zur Erstellung neuer Karten Briefing der Grafiker Überarbeitung bzw. Neuerstellung der Karten durch Kartografin

CBK BL GF, BL BL BL

Vorbereitung

25.KW Ab 26. KW

CBK CBK

1.Korrektur 27.-30. KW

Überprüfung von Text- und Bildmaterial sowie aller Karten

BL, GT, CBK

Erste freigegebene Katalogtexte (ca. je 30% Fern und Europa) zur Bearbeitung an CBK Endgültiger Seitenumbruch für beide Kataloge

BL

Satz/Grafik Ab 21.07. 03.08. 05.08. 13.08. 16./17.08.

23.08. 26.08.

10.09. 14./15.09. 17.09.

22.09.

Bildredaktion, Überprüfung der Bildunterschriften Freigabe aller Karten durch WR, letzte Bilder inkl. Freigabe an CBK Katalogproduktion durch Grafiker: Übergabe aller Bilder bzw. Bilddaten an Grafiker Übergabe erster Katalogtexte an Grafiker Sukzessive Übergabe von fertigen Layout-Seiten an WR/Hagen zur internen Korrektur erste freigegebene P/L-Text (ca. je 30% Fern und Europa) und sukzessive Übergabe an CBK, Basis: standardisierter Preis-Leistungsteil 99, Erstellung jeweils eines Korrekturexemplars Letzte freigegebene Katalogtexte an CBK (max. je 10% Fern bzw. Europa) Übergabe letzter Katalogtexte an Grafiker P/L-Teil: Übergabe letzter Preise und Termine, StartBenutzerhilfe, Reiseinformationen, Reisebedingungen und evtl. Reisekalender an CBK Katalogteile: Übergabe aller letzten Texte (Vorwort, Reisearten, Service, Umwelt, Inhaltsverzeichnis, Servicenummern etc.) an CBK

GF, GF WI, BL, CBK BL, GT BL GT CBK

UBS, MS BL CBK BL CBK GF, BL

GF, BL

58

Kapitel I: Organisation von Tourismusunternehmen

Termin

Phase

Aufgabe

Verantwl.

Katalogteile: letzte Farbausdrucke bei WR/Hagen Fertigstellung Reinlayout P/L-Teil

UBS, MS CBK

Letzter Korrekturdurchgang bei WR: Katalogteile: Text-Bild-Kontrolle; Eingabe vereinzelter letzter Preise und Termine P/L-Teile: Eingabe vereinzelter letzter Preise und Termine Umsetzung der Korrekturen

BL, GT, CBK

Übergabe Datenmaterial Katalogteil an Lithoanstalt Übergabe Datenmaterial P/L-Teil an Lithoanstalt

UBS, MS, CBK

11.10.

Letzte Proofs/Andrucke Katalogteil in Hagen: Überprüfung und Korrektur

13.10.

Letzte Korrekturen in katalogteil und P/L-Teil in Lithoanstalt

UBS, MS GF, GF WI, BL, CBK UBS, MS, CBK

29.09. 30.09. 2. Korrektur 01.–05.10

05.–07.10

CBK

Druckvorstufe 08.10. 3. Korrektur

Druckerei 15.10.

20.10. 22.10.

4. Korrektur

UBS, MS GF WI CBK

Übergabe der Lithos + Proofs/Andrucke für den Katalogteil an Druckerei Übergabe der Lithos + Laserausdrucke für den P/L-Teil an Druckerei Seitenmontage und erste Ozalide bei WR/Hagen Andruckkontrolle: Ozalide bei WR/Hagen Druckfreigabe nach Umsetzung aller letzten Korrekturen

CBK GF, GF WI, CBK

Fortdruck, Heftung, Bindearbeiten Auslieferung ab Druckerei

CBK CBK

Konfektionierung n ach Absprache Versand an Agenturen nach Absprache ab Druckerei, WR/Hagen oder Konfektionierer Sukzessiver Versand an Wikinger-Kunden und Interessenten Zielvorgabe: Letzte konfektionierte Kataloge bei Post

CBK, Vertrieb CBK, Vertrieb

Druck Ab 25.10. 05.11. Ab 08.11. 08.–12.11. 08.–12.11. 08.–12.11. 15.11. GF: GF WI: BL: Vertrieb:

Versand

Geschäftsführung Wikinger Reisen Geschäftsführung Wikinger individuell Bereichsleiter Produktabteilung Vertrieb Wikinger Reisen

Abbildung I.2.m.: Katalogplanung bei Wikinger Reisen

CBK: UBS: MS: GT:

Werbeagentur Grafiker U. Brandhorst Grafiker M. Sowa Gert Thiel

CBK, Vertrieb CBK, Vertrieb

2 Von der Strategie über die Ablauforganisation zur Aufbauorganisation Aufgaben Terminplanung Auslieferungstermine Erarbeitung Quellmarkt- und Produktziele, Umsatz-Teilnehmergrobschätzung durch PM; Informationstreffen mit Controlling, Vertrieb, Marketing, GF und anderen Abteilungen; Verabschiedung der Planzahlen Aufstellung Katalogkosten laufendes Jahr (Vorjahr) mit Titel, Auflage, Umfang, Erscheinungstermin durch TCT an PM, GF, Controlling von TCT Erstellung von Planungsunterlagen auf Zielgebietsebene für Hoteleinkauf Grobplanung Seitenumfang und Auflage pro Katalog durch PM und Information an TCT, Vertrieb und GF Abgabe Programmplanung von PM an Datenverarbeitung Devisenbedarfsfeststellung durch PM an Finanzabteilung Festlegung der Flugkapazitäten und Verkaufssaisonzeiten durch Flugabteilung, PM, Vertrieb, GF u.a. Gemeinsame Verabschiedung der Eckdaten (Umfang, Auflage, Papier, Termin) durch PM, GF, Vertrieb und Weiterleitung an TCT Einholung von Angeboten der Druckereien durch TCT, Information über Kosten an PM und GF Abstimmung Werbemaßnahmen, Layout für Kataloge und Titel zwischen TCT, Marketing, PM und GF Weiterleitung der Kalkulationskurse durch Finanzabteilung an PM, Software und Datenverarbeitung Sukzessive Abgabe abgeschlossener Verträge, Preisaktivitäten, Neuer Produkte, Ausschreibungsmerkmale, etc. an Datenverarbeitung und Software Nach Abstimmung der Produktionskosten/-terminplan mit GF/PM Druckaufträge erteilen Kommunizieren der Druck- und Abgabetermine an PM, Setzer und GF u.a. Setzerteams für Kataloge einteilen und PM informieren Sukzessive Abstimmung der Katalogseiten zwischen PM und TCT – Überarbeitung bzw. Neuverfassung von Katalogtexten durch PM – Bildauswahl durch PM – Bestimmung von Preistabellenhöhen durch PM – Seitenaufbau durch TCT, zur Freigabe an PM – Erstellung von Landkarten, Grafiken, Zeichnungen, Logos durch TCT – Qualitative Aufarbeitung von Bildern – Einspielen der Preise durch TCT Bogen-Seitenplan für Katalog an TCT zur Weiterleitung an Druckereien Kalkulation von Hotels, Rundreisen, Sonderleistungen etc. durch PM Verabschiedung Kalkulation durch PM mit GF Weitergabe der Katalogseiten von PM an Datenverarbeitung zur Gewährleistung der EDV-Buchbarkeit Druckfreigabe Katalogseiten von PM an TCT Buchungstests anhand Katalog-Vorabexemplar Bereitstellung Kataloge an Vertrieb bzw. Auslieferungslager Interne und externe Produktschulungen Zeichenerklärung: AL : Auslieferungstermin GF: Geschäftsführung PM: Produktmanagement TCT: hauseigene Werbeagentur „Type Conceptour“ Abbildung I.2.n.: Beispiel für den Ablauf einer Katalogplanung (Sommer) bei FTI

59 Termin/Zeitpunkt 9 Monate vor AL 9 Monate vor AL

9 Monate vor AL 7 Monate vor AL 5 Monate vor AL 5 Monate vor AL 4 Monate vor AL 4–3 Monate vor AL 4–3 Monate vor AL 4–3 Monate vor AL 3 Monate vor AL 3–2 Monate vor AL 3 Monate vor AL 3 Monate vor AL 3 Monate vor AL 3 Monate vor AL ab 12 Wochen vor AL

11 Wochen vor AL 8–6 Wochen vor AL 6 Wochen vor AL 6 Wochen vor AL 5 Wochen vor AL 3–2 Wochen vor AL Auslieferungstermin ab Auslieferungstermin

60

Kapitel I: Organisation von Tourismusunternehmen

Um Abläufe in der Katalogerstellung ständig zu optimieren und damit verbundene Kosten zu reduzieren arbeitet FTI, mit Unterstützung der hauseigenen Werbeagentur TCT, intensiv an der Weiterentwicklung von Techniken wie zum Beispiel der datenbankgestützten Katalogproduktion. Mit deren Hilfe können mögliche Fehlerquellen minimiert und der Zeitaufwand reduziert werden. Im Rahmen der Katalogproduktion zeigt sich auch sehr deutlich die erforderliche Kombination und Abstimmung von Aufgabenträgern und Sachmitteln. Die Kataloge sind das wichtigste Verkaufsmedium. Dies erfordert eine strukturierte Planung, um einerseits eine reibungslose Katalogproduktion zu gewährleisten, andererseits auch während der Produktion kurzfristig und flexibel reagieren zu können, um somit die Aktualität für den Endverbraucher zu erhalten. Hinsichtlich der Gestaltung der Abläufe lassen sich verschiedene Grundprinzipien unterscheiden, die letztlich die Basis der hierarchischen und räumlichen Anordnung von Arbeitsplätzen bilden. Für den Veranstalterbereich sind insbesondere die folgenden Ablaufprinzi49 pien relevant: ƒ Werkstattfertigung: Im Sinne des Verrichtungsprinzips sind die Arbeitssysteme des Veranstalters mit gleicher oder ähnlicher Aufgabe räumlich zusammenhängend angeordnet. So entstehen Arbeitssystemgruppen („Werkstätten“) mit gleichem Arbeitsziel. Den Vorteilen der besseren Ausnutzung von Betriebsmitteln für eine Vielzahl von Produkten und der besseren Kontrollmöglichkeit steht der Nachteil des längeren und unübersichtlicheren Material- und Informationsflusses gegenüber. Beispiel: Am Counter oder in der Reservierungszentrale werden Reisebuchungen entgegengenommen; von dort „wandern“ sie zur Buchungserfassungsstelle, von dort zur Erstellung der Reisebestätigungen, etc. Dies führt letztlich zu einer funktionalen Organisationsstruktur (s. Kapitel 2.4.1.) ƒ Werkbankfertigung: Im Sinne des Objektprinzips wird eine Aufgabe zusammenhängend von einer Arbeitskraft erledigt. Dadurch entfällt der beim Verrichtungsprinzip zwangsläufige Übergang von einem Arbeitssystem zu anderen. Voraussetzung sind jedoch qualifizierte Fachkräfte. Beispiel: Buchungsannahme, -erfassung und -bearbeitung (hier: „Objekt“ = einzelne Reisebuchung eines Kunden) erfolgen durch dieselbe Stelle. Dies führt letztlich zu einer divisionalen Organisationsstruktur (s. Kapitel 2.4.2.). In einer geeigneten Form der Dokumentation müssen die logisch-zeitlichen Zusammenhänge einzelner Tätigkeiten für die mit den jeweiligen Problemen konfrontierten Mitarbeiter, insbesondere auch für neue Kräfte, transparent gemacht werden. Hierauf wird in Abschnitt 2.3.5. näher eingegangen.

2.3.4.2

Zusammenfassung der Einzeltätigkeiten zu Stellen unter Berücksichtigung des Zentralisationsgrades

Nachdem nun die einzelnen Tätigkeiten beschrieben, in ihrem Umfang festgelegt und untereinander in eine logisch-zeitliche Reihenfolge gebracht wurden, folgt die Überleitung der

49

Für den industriellen Bereich lassen sich weitere Ablaufprinzipien unterscheiden, so z.B. die Baustellenfertigung oder die Wanderfertigung.

2 Von der Strategie über die Ablauforganisation zur Aufbauorganisation

61

ablauforganisatorischen Gestaltung in eine Aufbauorganisation. Hierzu werden die einzelnen Tätigkeiten zu Stellen zusammengefasst (bzw. in mehrere Stellen aufgegliedert). Eine Stelle ist die kleinste organisatorische Einheit der Aufbauorganisation. Sie entsteht durch die Zusammenfassung der aus der vorangegangenen Tätigkeitsanalyse gewonnenen Teilaufgaben gemäß sachlogischen Kriterien zu Aufgabenkomplexen. Sie stellt somit die Summe aller Aufgaben dar, die einer Person übertragen werden – unabhängig davon, wer diese Person ist. Eine Stelle wird also später – dies ist Aufgabe des Personalmanagements – durch einen Mitarbeiter, den Stelleninhaber, besetzt. Sie wird jedoch zunächst abstrakt, d.h. unabhängig vom Leistungsprofil eines Mitarbeiters, beschrieben. Zur Aufgabenerfüllung werden dem Aufgabenträger Informationen und Sachmittel (z.B. ein Arbeitsplatz, EDVSysteme) zur Verfügung gestellt. In einem Organigramm, der graphischen Darstellung der Aufbauorganisation einer Unternehmung, wird jede Stelle i.d.R. durch ein Kästchen dargestellt. Zwischen der Stellenbildung und der Aufbauorganisation besteht ein unmittelbarer Zusammenhang: Die Art der Stellengestaltung bestimmt den gesamten Organisationsaufbau, bzw. die gewünschte Art der Aufbauorganisation (z.B. rein funktional) determiniert die Zusammenfassung der Einzelaufgaben zu Stellen. Wir werden die verschiedenen Grundvarianten der Aufbauorganisation im nächsten Abschnitt 2.4. ausführlich behandeln. Wie auch immer diese aussehen mag, bei der Stellenbildung sind grundsätzlich folgende Rahmenbedingungen zu beachten: ƒ Sämtliche im Zuge der Aufgabenanalyse erarbeiteten Tätigkeiten müssen sich in der Beschreibung der Stellen wiederfinden. Bei Leitungsstellen (Führungskräfte) muss darüber hinaus ein ausreichender Freiraum für Mitarbeiterführung vorgesehen werden. ƒ Der aus den einer Stelle zugeordneten Aufgaben resultierende (Arbeits-)Zeitbedarf muss zumindest grob der durchschnittlichen (Wochen-)Arbeitszeit eines Mitarbeiters entsprechen. ƒ Der Arbeits-(zeit-)anfall einer Stelle sollte über das gesamte Jahr hinweg möglichst gleichmäßig verteilt sein. ƒ Die Zusammenfassung der Tätigkeiten sollte nach sachlogischen Kriterien erfolgen. Hierbei bietet sich z.B. eine Orientierung an Berufsbildern und Ausbildungsgängen (z.B. Bilanzbuchhalter, Reiseverkehrskauffrau), somit also an den (potentiellen) Aktionsträgern, an. Dies impliziert auch, dass das „Niveau“ (Anforderungen an Mitarbeiterqualifikationen) der zu einer Stelle aggregierten Tätigkeiten vergleichbar sein sollte. Aufgabe, Kompetenz und Verantwortung müssen übereinstimmen. Insbesondere sind der gewünschte bzw. erforderliche Grad der Arbeitsteilung und der damit verbundene Zentralisationsgrad (s.u.) zu beachten. ƒ Unter bestimmten Bedingungen kommt man nicht umhin, eine personenorientierte Stellenbildung vorzunehmen. Dies kann zwar u.U. dem Grundsatz der abstrakten, personenunabhängigen Organisation widersprechen; vielfach bilden jedoch die bereits vorhandenen Mitarbeiter und deren Qualifikation (z.B. hochkarätige, teure Spezialisten) eine zu berücksichtigende Restriktion. ƒ Eine „falsche“, d.h. nicht an sachlogischen oder arbeitsmarktspezifischen Kriterien orientierte Stellenbildung, kann dazu führen, dass die Stellen später nicht besetzt werden kön-

62

Kapitel I: Organisation von Tourismusunternehmen

nen, da das erforderliche Personal nicht in der qualitativen und quantitativen gewünschten Weise am Arbeitsmarkt vorhanden ist. Folgende Beispiele zeigen, wie Stellenbeschreibungen in der touristischen Praxis formuliert werden. Aus dem Organigramm von ITS (siehe die Darstellung in der Einleitung 1.) erkennt man die Struktur des Profit Centers „Autoreisen“. In diesem Bereich gibt es die Stelle eines „Einkäufers“, der vom touristischen Einkauf über die Preiskalkulation bis zur Katalogerstellung die hierfür erforderlichen Unterkünfte beschafft. Die Stelle hat ein sehr vielfältiges Aufgabenspektrum zum Inhalt, denn nicht nur diese Bereiche, sondern auch z.B. Controllingfunktionen, Reklamationsbearbeitung und dgl. zählen zu den Aufgaben dieses „Einkäufers“. Position/Stellenbezeichnung

Einkäufer PC Auto

Ziel der Stelle

Einkauf, Kalkulation, Katalogerstellung

Über-/Unterordnung

untersteht dem Chefeinkäufer

Stellvertetung

Chefeinkäufer ƒ Verhandlung und Einkauf von Objekten zu günstigsten Konditionen entsprechend der Vorgaben; ƒ selbständiges Nachverhandeln während der Saison bei Auslastungsproblemen und Weiterverarbeitung erreichter Preisnachlässe ƒ Laufende Überprüfung der Zielgebiete zur Identifikation von Objekten in Zusammenarbeit mit Agenturen ƒ Information über Objekte, Preise und Konditionen, Entwicklung im Zielgebiet, insbesondere unter Beobachtung der Konkurrenz; Beachtung der Reklamationsquoten seiner Objekte; Weitergabe der Informationen ƒ Überwachung und Steuerung der Kontingente ƒ Erarbeitung der ZGB/Produkt- und ZGB/Objektplanung ƒ Ständige Einsicht in die Reklamationsliste (Kundenbetreuung) ƒ Erstellung der Layouts mit Bildauswahl ƒ Verhandlung mit Leistungsträgern über Werbekostenzuschüsse ƒ Bereitstellung und Verarbeitung sämtlicher Informationen ƒ Durchführung der Kalkulation ƒ Mithilfe bei der Erstellung und Kontrolle der Katalogtexte, Preistabellen und Kalkulationseingaben auf Richtigkeit vor der endgültigen Produktion; laufende Überwachung, ob Änderungen am Objekt erfolgen ƒ Mithilfe bei der Konzeption und Durchführung verkaufsfördernder Maßnahmen ƒ Mitarbeit im Produktteam bei der sorgfältigen und termingerechten Erledigung aller Aufgaben ƒ Termingerechte Erstellung von Kurzfristangeboten in Zusammenarbeit mit den Sachbearbeitern und dem Marketing ƒ Ständige Kontrolle der Deckungsbeitragsentwicklung

Hauptaufgaben

Abbildung I.2.o.: Stellenbeschreibung „Einkäufer“ bei ITS

Zum Vergleich noch drei Stellenbeschreibungen, wie sie bei Wikinger Reisen bzw. der TUI formuliert werden.

2 Von der Strategie über die Ablauforganisation zur Aufbauorganisation

63

Job-Description Abteilungsleiterin Kundenservice bei Wikinger Reisen Positionierung der Stelle: Stelleninhaber: Personalverantwortung:

Dem BL Verkauf/Vertrieb unterstellt Ulrike O. für die Mitarbeiter der Abteilung Kundenservice

Stellenbeschreibung/Aufgaben: 1. Personalverantwortung Als Abteilungsleiterin ist Frau O. für den reibungslosen technischen und organisatorischen Ablauf des Kundenservice zuständig. Hierzu gehören die Einteilung der Arbeitsschichten, Samstags- und Spätdienste, die laufende Kontrolle der ACDAnlage, die Auswertung der ACD-Statistik im Hinblick auf optimalen Mitarbeitereinsatz zu den Spitzenzeiten; laufende Rechnungskontrolle. 2. ITOS Frau O. ist als ITOS-Spezialistin weiterhin für alle anwenderorientierten Fragen und Probleme des ganzen Hauses zuständig. Hierzu gehört auch die laufende Kontrolle der Richtigkeit der Stammdateneingaben. Frau O. schult die Mitarbeiter regelmäßig, um anwenderorientierte Fehler bei der Buchung zu vermeiden. 3. Sonstiges Frau O. arbeitet eng mit dem BL Vertrieb/Verkauf zusammen und macht ihn auf qualitative Mängel, inhaltliche Probleme aufmerksam mit dem Ziel der Qualitätsverbesserung und Aufhebung dieser Probleme. 4. Urlaubsvertretung Frau O. stimmt sich mit Herrn S. bei der Inanspruchnahme von Urlaub ab. Beide vertreten sich gegenseitig.

Job-Description Assistentin/Sekretärin des Vertriebsleiters bei Wikinger Reisen Positionierung der Stelle: Stelleninhaber:

Dem Vertriebsleiter unterstellt Frau M.

Stellenbeschreibung/Aufgaben: 1. Kundenkorrespondenz Selbständige Bearbeitung der eingehenden Kundenkorrespondenz inklusive der Reklamationsbearbeitung, nach Vorgaben des Vertriebsleiters. Internes Controlling der den involvierten Abteilungen vorgegebenen Timings zur Bearbeitung und Stellungnahme der Beschwerden. Monatliche Erstellung einer Reklamationsstatistik. Erfassung und Auswertung der Gästefragebogen. 2. Kundenbindung/Verkaufsförderung Unterstützung des Vertriebsleiters bei der Organisierung von POW WOWs, Reisemesse, Inforeisen und Schnuppertagen. 3. Agenturbetreuung Laufende Bearbeitung der Anfragen nach neuen Agenturnummern und AMADEUS-Freigaben. Kundenkorrespondenz mit Agenturen. Unterstützung des VL bei Mailings. 4. Sonstiges Unterstützung der Abteilung Kundenservice zu Spitzenzeiten und am Samstag. Post- und Stornobearbeitung.

64

Kapitel I: Organisation von Tourismusunternehmen

Kurz-Stellenprofil

direkt unterstellte Positionen Stellenbezeichnung:

Leiter/Referent Produkt Management ...

Stelleninhaber:

N.N.

Vorgesetzte Stelle:

Leiter Sun & Beach.....

Vorgesetzter:

N.N.

Code:

VT

Datum:

17. Januar 2011 GA

ƒ ƒ ƒ ƒ

x Referenten Planung x SB Katalogerstellung x SB Kalkulation x SB/Sekr.

Kennzahlen: Anzahl Mitarbeiter: Umsatz: DB I: Teilnehmer:

x x Mio. EUR x xxx

_____________________________ Unterschrift Stelleninhaber/Datum

_____________________________ Unterschrift Vorgesetzter/Datum

Zweck der Stelle: Entwicklung und Umsetzung von Konzepten und Produktstrategien zum profitablen Auf- und Ausbau des Zielgebietes mit voller Verantwortung für Wirtschaftlichkeit und Budgeterfüllung. Steuerung und Überwachung einer marktgerechten Einkaufsplanung, der Beschaffung von touristischen Leistungen im Zielgebiet sowie des Endpricings. Sicherstellung der termingerechten Planung und Erstellung der entsprechenden Kataloge. Steuerung der termingerechten Kalkulation für das Produkt Management. Wichtigste Zuständigkeiten: 1. Entwickeln und Umsetzen von Produktstrategien und -konzepten für den Bereich im Rahmen der übergreifenden Strategie Touristik in Abstimmung mit dem Vorgesetzten mit dem Ziel der Ausweitung des Marktanteils und der profitablen Ausschöpfung des Marktpotentials. 2. Erstellen der jährlichen Budget-, Umsatz-, Teilnehmer- und Ergebnisplanung in Abstimmung mit dem Ressort-Controlling zur Genehmigung durch den Vorgesetzten. Sicherstellen der Budgeteinhaltung sowie Einleiten von Gegenmaßnahmen bei auftretenden Abweichungen. 3. Veranlassen und Sicherstellen der Einkaufsplanung für die betreuten Zielgebiete im Rahmen der strategischen Vorgaben des Marketing-Boards sowie unter Einbezug relevanter interner und externer Daten aus den Quellund Zielgebieten. Steuern und Überwachen der Erstellung der Feinplanung. 4. Definieren der Betreuungs- und Zusatzleistungen im Zielgebiet entsprechend den Bedürfnissen der verschiedenen Zielgruppen und Verhandeln der Leistungen und ihrer Verrechnungspreise mit dem TUI-Service oder ggf. den Agenturen im Zielgebiet. Suchen, Auswählen und Abschließen von Rahmenverträgen mit entsprechenden Agenturen. 5. Entscheiden über das Pricing für die Produkte des PM´s unter Berücksichtigung der Deckungsbeitragsplanung und der Aktivitäten von Wettbewerbern. Beobachten des Marktes zur schnellen Erkennung und Beurteilung von Veränderungen und neuen Trends sowie Analysieren von Potentialen und gegebenenfalls Erschließen neuer Zielgebiete. Entscheiden über die Vergabe von Darlehen an Lieferanten im Rahmen der Limits.

2 Von der Strategie über die Ablauforganisation zur Aufbauorganisation

65

Leiter/Referent Produkt Management.... / - 2 6. Überwachen der Beschaffung und Sicherstellen der korrekten Eingabe und systemgerechten Aufbereitung aller für die Kalkulation notwendigen Einstands- und Verrechnungskosten. Sicherstellen der zeitgerechten Fertigstellung saisonaler Kalkulationen für das Produkt Management und Weiterentwicklung der Kalkulationssysteme zusammen mit den Bereichen Qualitätssicherung und IT. 7. Entscheiden über die Katalogseitenplanung und über die produktpolitische Ausrichtung der Kataloge. Festlegen entsprechender Vorgaben für die Kataloggestaltung und Sicherstellen der Umsetzung dieser sowie der Einhaltung von Layout-Richtlinien durch die Werbung. 8. Sicherstellen der Zusammenstellung von Einzelleistungen zu Produkten und deren Kalkulation sowie der fehlerfreien Erstellung der Preisteile in den Katalogen und der termingerechten Fertigstellung der Kataloge. 9. Aufbauen, Betreuen und Pflegen wichtiger Key-Accounts. Konzeptionelles Umsetzen des Werbeauftritts gemäß der Vorgaben aus dem Marketing und Erarbeiten destinationsspezifischer Werbemaßnahmen sowie Suchen und Akquirieren von Partnern für Kooperationswerbeaktivitäten. 10. Abstimmen und Genehmigen der signifikanten Maßnahmen des Yield Managements im Langfristbereich für die betreuten Zielgebiete. Abstimmen der Politik für das Kurzfristgeschäft mit dem Yield Management. Steuern der Erstellung und Anpassung der Flugplanung in Zusammenarbeit mit Beförderung. 11. Repräsentieren der TUI auf Messen, Konferenzen und vor der Presse sowie Vertreten der TUI-Interessen bei Vertragspartnern und öffentlichen Stellen im Zielgebiet. 12. Leiten von oder Mitwirken in Projekten zur Automatisierung, Optimierung und Flexibilisierung der Ablaufprozesse zusammen mit der DV-Koordination und dem Bereich IS. 13. Führen, Motivieren, Beurteilen und Entwickeln der unterstellten Mitarbeiter sowie Sicherstellen einer effizienten Aufbau- und Ablauforganisation im Delegationsbereich. Abbildung I.2.p.: Stellenbeschreibungen „Abteilungsleiterin Kundenservice“ und „Assistentin/Sekretärin des Vertriebsleiters“ bei Wikinger Reisen sowie „Leiter/Referent Produkt Management“ bei der TUI

Aus allen diesen Stellenbeschreibungen wird ein Kernproblem im Rahmen der Stellenbildung ersichtlich, nämlich die Frage der Aufgabenzentralisation bzw. -dezentralisation. Zentralisation ist die Zusammenfassung von Teilaufgaben aller oder mehrerer (bisherigen) Stellen zu einer (neuen) Stelle (Beispiel: Zentrales Schreibbüro/Sekretariat erledigt die Schreibarbeiten mehrerer Stellen). Von Dezentralisation spricht man, wenn gleiche Aufgaben auf verschiedene Stellen verteilt werden (Beispiel: Jede Abteilung hat eine eigene Schreibstelle oder jeder Mitarbeiter erledigt seine eigenen Schreibaufgaben (z.B. Geschäftsbriefkorrespondenz) selbst; siehe z.B. die oben aufgeführte Stellenbeschreibung des „Einkäufers“ bei ITS, der weit mehr als nur den touristischen Einkauf macht). Je stärker die Zentralisierung, desto homogener sind i.d.R. die zu einer Stelle zusammengefassten Tätigkeiten. In der Folge werden eher Spezialisten denn Generalisten als Stelleninhaber benötigt. Bezogen auf die zentralisierte Tätigkeit verfügt jedoch u.U. gerade der Spezialist über ein breites Generalistenwissen. An zwei Beispielen sollen diese alternativen Spezialisierungsgrade nochmals verdeutlicht werden: Beispiele: 1. Beispiel: Schreibkräfte: Organisationsalternative A: Ein zentrales Schreibbüro schreibt nur; die Stelle muss durch eine Kraft besetzt werden, die vor allem schnell und fehlerfrei in Textverarbeitungsprogrammen schreiben kann.

66

Kapitel I: Organisation von Tourismusunternehmen

Organisationsalternative B: Drei dezentrale Sekretariate sind mit Schreibarbeiten alleine nicht ausgelastet und erledigen daher noch die Termin- und Dienstreiseplanung. Die Stelleninhaber müssen schnell und fehlerfrei schreiben können, daneben aber auch über planerische Fähigkeiten und ggf. Fremdsprachenkenntnisse (zur Terminvereinbarung oder Zimmerreservierung im Ausland) verfügen. 2. Beispiel: Touristischer Einkauf, Produktgestaltung und Vermarktung (mit drei Stellen): Organisationsalternative A: Ein Hoteleinkäufer besorgt die Unterkunftskapazität in ganz Spanien. Als Fremdsprache benötigt er nur Spanisch. Er muss sicher sein in der Verhandlungsführung und die Marktadäquanz unterschiedlicher Hotels abschätzen können. Er ist Spezialist im Hinblick auf den Unterkunftseinkauf (besorgt nur Unterkünften) sowie Generalist für Spanien (tätig in ganz Spanien). Ein Flugeinkäufer besorgt sämtliche Flugkontingente, so auch nach Spanien. Er verhandelt vor allem mit deutschen Charterfluggesellschaften, muss aber auch über Englischkenntnisse für den Einkauf bei ausländischen Airlines verfügen. Ein Marketingexperte stellt aus den eingekauften Leistungen geeignete Pauschalreisebündel zusammen, erstellt den Katalogtext und kalkuliert den Kundenendpreis. Organisationsalternative B: Zwei Einkäufer teilen sich den Unterkunftseinkauf für Spanien (z.B. Festland versus Inseln) und beschaffen auch die jeweils notwendigen Flüge. Beide müssen Spanisch und Englisch beherrschen; beide müssen sich im Geschäft des Flug- bzw. Unterkunftseinkaufs auskennen. Ein Dritter, der Produktmanager, stellt nach wie vor die Pauschalreisen zusammen. Organisationsalternative C: Ein Flugeinkäufer beschafft die für alle Angebote erforderlichen Flüge. Zwei Produktmanager beschaffen für verschiedene Regionen Spaniens die Unterkünfte, stellen jeweils für ihre Angebote die Pauschalreisen zusammen, erstellen die Katalogtexte und kalkulieren die Reisepreise. Organisationsalternative D: Drei Produktmanager teilen sich den Unterkunfts- und Flugeinkauf für Spanien (Nordspanien/Costa Brava; Südspanien und Atlantik; Inseln), stellen jeweils die gesamte Pauschalreise zusammen, erstellen die Katalogtexte und kalkulieren die Endpreise. Alle drei müssen zwei Fremdsprachen beherrschen, sich im Flug- und Unterkunftseinkauf auskennen, marketingspezifische Fähigkeiten aufweisen und sich in der EDV-Software der Unternehmung (Textverarbeitungs-/Graphikprogramm; Preiskalkulationsprogramm) auskennen. Gerade das zweite Beispiel verdeutlicht, wenngleich sehr vereinfacht, die Problematik der Zusammenfassung von Tätigkeiten zu Stellen im Tourismus. Jede der vier Alternativen – weitere wären problemlos zu kreieren – birgt spezifische Vor- und Nachteile in sich. Von A nach D –

steigen die Reisekosten (bei A muss nur eine Person, bei D hingegen sollten alle drei Personen nach Spanien reisen),

2 Von der Strategie über die Ablauforganisation zur Aufbauorganisation



– +

+

+

67

steigen die Verwaltungskosten (bei A führt nur eine Person Verhandlungen mit den Airline-Leistungsträgern; braucht nur eine Person eine PC-Ausrüstung für Kataloggestaltung und Preiskalkulation; bei D entstehen diese Kosten bei allen drei Stellen), erhöhen sich die Anforderungen an die Qualifikation der (potentiellen) Stelleninhaber, was zu Problemen bei der Personalbeschaffung führen kann, sinkt der Zeitaufwand für Abstimmungen zwischen den drei Stellen (bei A müssen alle drei Stellen sich abstimmen; bei D kann jede Stelle weitgehend unabhängig von der anderen agieren), lassen sich manche Arbeitsprozesse effizienter gestalten, da beispielsweise die Hotelbeschreibung für den Reisekatalog unmittelbar im Zuge der Besichtigung des Hotels in einem Laptop erfassen lässt, sinkt die Reklamationsquote durch eine wirklichkeitsgetreuere Darstellung der Hotels im Katalog,



sinkt die Arbeitseffizienz bei anderen Arbeitsprozessen, da z.B. die Vorteile der Verrichtungsspezialisierung entfallen (bei A wird sich der Marketingfachmann besser im Kalkulationsprogramm auskennen, also besser und schneller damit umgehen können, als dies für die drei Produktmanager bei D, die nur unter anderem mit diesem EDV-Programm umgehen, der Fall sein kann), + sinkt die Produktionszeit, da die Schritte Hoteleinkauf – Flugeinkauf – Katalog/Preisgestaltung nicht sukzessive (eine Stelle muss auf die Vorleistungen der anderen warten), sondern (zumindest teilweise) simultan erfolgen können, – steigt die Gefahr unkoordinierten Handelns, z.B. hinsichtlich der Preisverhandlung von drei Produktmanagern mit einer Airline, die sämtliche nachgefragten Regionen in Spanien anfliegt, + steigt die Verantwortlichkeit der Stelleninhaber für das Gesamtprodukt, was zu positiven Motivationseffekten führen kann, – steigt die Abhängigkeit der Unternehmung von dem einzelnen Stelleninhaber, der „alles aus einer Hand“ liefert, was sich zum Beispiel negativ bei Erkrankung oder Kündigung desselben auswirken kann. + = Vorteil, – = Nachteil Welche Organisationsalternative ist nun die sinnvollste? Der situative Ansatz (s. Kapitel 2.1.) lehrt uns, dass es keine immer und überall gültige Ideallösung geben kann. So kann hier je nach Volumen/Buchungsaufkommen und Struktur der Leistungsträger und deren Organisationsform diese oder jene Organisationsalternative ideal sein. Geht man davon aus – und dies erscheint realitätsnah – dass ƒ die Flüge für alle spanischen Destinationen bei derselben Airline (oder maximal zwei Fluggesellschaften) eingekauft werden, so dass der Reiseveranstalter für alle Flugeinkäufe genau einen Ansprechpartner hat ƒ die Unterkünfte je nach spanischer Destination bei anderen Leistungsträgern, also z.B. verschiedenen Hotelgesellschaften, eingekauft werden, so dass je Destination unterschiedliche Ansprechpartner zur Verfügung stehen, mit denen jeweils individuelle Konditionen ausgehandelt werden,

68

Kapitel I: Organisation von Tourismusunternehmen

so erscheint die Organisationsalternative C am sinnvollsten. Gegenüber der Airline kann der Flugeinkäufer des Reiseveranstalters mit Erfahrung, Verhandlungssicherheit und „Masse“ (große Abnahmemenge für alle Destinationen) punkten, gegenüber den spanischen Hoteliers schickt der Reiseveranstalter jeweils spezielle Einkäufer ins Rennen, die beim Einkauf auch gleich die Vermarktung des Produkts im Auge haben. Ein konkretes Praxisbeispiel dazu: Ende 2009 hat die Rewe-Touristik erneut reorganisiert (vgl. die Ausführungen in Kapitel 1.3.). Als einziger touristischer Konzern leistet sich Rewe in Frankfurt jeweils ein eigenständiges Produktmanagement und einen separaten Einkauf für zwei seiner Marken, nämlich für DERTour und Meiers’s Weltreisen. Hintergrund ist, dass die Produkte und ihre Struktur, die Aufenthaltsdauern, Kapazitäten etc., zu 50 unterschiedlich sind, um sie zentral einzukaufen. Während ITS große Kontingente zu festen An- und Abreiseterminen, teilweise auch in Garantiebelegung, einkauft, benötigt DERTour als Bausteinveranstalter viele kleinere Kapazitäten ohne Abnahmerisiko und mit täglicher An- und Abreisemöglichkeit. Auch identifizieren sich die Mitarbeiter der jeweiligen Veranstalter(marken) so stärker mit „ihrem“ Unternehmen. Sofern dadurch ein hausinterner Wettbewerb unter den Hoteleinkäufern entsteht, ist dies durchaus gewünscht. Gleichwohl werden die Aktivitäten über Zielgebietsagenturen gebündelt. Hinsichtlich der Ausgestaltung der Zentralisation bieten sich somit grundsätzlich verschiedene Alternativen: ƒ Verrichtungszentralisation: Gleichgeartete Verrichtungen, jedoch an verschiedenen Objekten vorgenommen, werden in einer Stelle zusammengefasst. Beispiel: Die Kundenpreiskalkulation wird für alle Reisen von einer zentralen Abteilung durchgeführt. Ziel dieser Vorgehensweise ist es, eine Leistungssteigerung der Aktionsträger aufgrund der Spezialisierung zu erzielen. Nachteilig wirkt sich jedoch die Verlängerung der Transportbzw. Informationswege (Kalkulationsabteilung muss Einkaufspreisinformationen von den anderen Stellen (z.B. dem touristischen Einkauf) erhalten) aus. Eine konsequent durchgeführte Verrichtungszentralisation führt zu einer funktionalen Aufbauorganisation (siehe Kapitel 2.4.1.). ƒ Objektzentralisation: Unterschiedliche Verrichtungen, die bei der Bearbeitung eines Objektes (z.B. einer bestimmten Reiseart, eines einzelnen Reiseangebots) anfallen, werden zusammengefasst. Die Organisationsalternative D im o.g. Beispiel würde diesem Zentralisationsprinzip entsprechen. Eine konsequent durchgeführte Objektzentralisation führt zu einer divisionalen Aufbauorganisation (siehe Kapitel 2.4.2.). ƒ Sachmittelzentralisation: Die Zentralisation erfolgt im Hinblick auf ein (hochwertiges) Sachgut. Beispiel: Auf einem zentralen Hochleistungslaserdrucker sollen neben dem Schriftwechsel auch Präsentationsgrafiken ausgedruckt werden. Dies führt zur Bildung einer eigenen Schreib- und Graphikabteilung. ƒ Personenzentralisation: Teilaufgaben werden einzelnen Personen im Unternehmen zugeordnet, die dafür besonders geeignet sind. Beispiel: Konrad Puter ist gelernter Buchhalter, beschäftigt sich aber in seiner Freizeit mit EDV und gilt so auch als Spezialist für 50

Zu den unterschiedlichen Zielgruppenstrategien von ITS und Dertour und deren Auswirkungen siehe ausführlich: Kirstges, Expansionsstrategien, Kapitel 6.1.2.4.

2 Von der Strategie über die Ablauforganisation zur Aufbauorganisation

69

diesen Bereich. Ihm (bzw. seiner Stelle) wird die Aufgabe „Unterstützung bei Hard- und Software-Problemen“ zugeordnet, obwohl diese sachlogisch eigentlich nicht zur Buchhaltungsstelle passt. Ein konkretes Beispiel hierzu haben wir bei den eingangs geschilderten Fallstudien, und zwar zum DER, kennengelernt: Der Bereich „Neue Medien“ wurde beim DER aufgrund persönlicher Qualifikationen der Abteilung „Kurzreisen“ unterstellt (vgl. Abschnitt 1.3.). Die Tätigkeitsbeispiele aus o.g. Tabelle der Aufgabenbereiche und Einzeltätigkeiten zeigen bereits, dass viele Einzelaufgaben redundant sind. So wurde beispielsweise das „Durchführen von Analysen“ sowohl dem Schwerpunktbereich „Strategische Unternehmenskonzeption“ als auch den Bereichen Human-Ressourcen-Management („Personalmarktforschung“), Informationsmanagement („Marktforschung“), Qualitätsmanagement („Kundenbefragungen“, „Imageanalysen“, „Konkurrenzanalysen“) und Zielgruppenidentifikation („Marktforschung“) zugeordnet. Zu prüfen wäre hier, inwieweit diese Tätigkeiten auf eine Stelle, z.B. unter der Bezeichnung „Marktforschung und Analysen“, konzentriert werden sollten. Ein weiteres Beispiel: Das Qualitätsmanagement wurde als eigener Schwerpunktbereich herausgearbeitet. Dies legt nahe, die hiermit direkt oder indirekt (siehe beispielsweise die in o.g. Tabelle der wertschöpfungsorientierten Aufgabenbereiche dem Bereich Absatzkanalmanagement zugeordnete Tätigkeit der Bearbeitung von Reisemittlerbeschwerden) verbundenen Aufgaben einer speziellen Stelle zu übertragen. Andererseits hat jedoch gerade das Qualitätsmanagement den Charakter einer alle Stellen umfassenden, unternehmensübergreifenden Funktion – dies würde für eine Dezentralisierung sprechen. Die Deutsche Lufthansa beispielsweise hat 1993 das Qualitätsmanagement in einer Stelle, die seinerzeit mit der früheren Mar51 ketingleiterin Frau Schörcher (später: Leiterin der DZT) besetzt wurde, institutionalisiert. Auch die TUI hat erkannt, dass die Qualität einen Wettbewerbsfaktor darstellt, für dessen Schaffung und Erhaltung organisatorische Maßnahmen erforderlich sind. Mit der Sommersaison 1993 hat sie ein Qualitätssicherungs-System eingeführt. Hierin werden u.a. folgende 52 qualitätsbestimmende Leistungskriterien festgelegt: ƒ ankommende Gäste müssen nach maximal 45 Minuten Wartezeit am Flughafen im fahrenden Transferbus sitzen, ƒ die bestverfügbaren Transferbusse am Ort werden zur Verfügung gestellt, ƒ die Zahl der Hotelstops eines Transferbusses im Zielort wird auf maximal fünf begrenzt, die Fahrtdauer auf 30 Minuten, ƒ bei Ausflugsfahrten dürfen nicht mehr als fünf Aufnahmepunkte angesteuert werden, ƒ dem Kunden sind mindestens drei Info-Sprechstunden im gebuchten Hotel anzubieten, ƒ beim Rücktransfer dürfen die Gäste nicht länger als zwei Stunden vor dem planmäßigen Abflug auf den Flughafen gebracht werden. Ablauforganisatorisch umgesetzt wurden diese Ziele u.a. durch umfangreiche Schulungen der damals 700 (1999 schon ca. 1.000) im „TUI-Service“ zusammengefassten Mitarbeiter

51 52

Vgl. Schreier, Qualitäts-Management. Vgl. Rodrian, TUI-Qualität.

70

Kapitel I: Organisation von Tourismusunternehmen

sowie durch detaillierte Berichte über Strandqualität, Umweltprobleme, Überbuchungen und Gästereklamationen, die jeder Reiseleiter über jeden seiner Vertragspartner zweimal im Jahr verfassen muss. Aufbauorganisatorisch zeigte das TUI-Organigramm 1993 jedoch, dass für die Qualitätssicherung keine eigene Stelle eingeplant wurde. Dort nämlich war die Qualitätssicherung dezentralisiert auf drei Vorstandsressorts aufgesplittet: Die wichtigsten Teilaufgaben fanden sich im Ressort Touristik wieder; Reklamationen und Marktforschung waren zwei anderen Vorständen zugeordnet. In der späteren Organisation der TUI Deutschland gibt es dann in der Ebene unterhalb der Geschäftsführung einen Bereich „Qualitätsmanagement“, der sowohl für die Qualitätssicherung als auch für das Innovationsmanagement im Bereich Dienstleistungsqualität verantwortlich zeichnet.

2.3.4.3

Hierarchische Anordnung der Stellen und Verteilung der Weisungsbefugnis

Im nächsten Schritt werden die geschaffenen Stellen in ein hierarchisches Gefüge gebracht. Die Gesamtheit aller formalen Regelungen zur Arbeitsteilung und Koordination wird als formale Organisationsstruktur bezeichnet. Sie umfasst im Einzelnen folgende Teilstrukturen: ƒ Struktur der Aufgabenverteilung: Jede Unternehmung hat eine Vielzahl von Aufgaben zu bewältigen, die im Zuge der Aufgabenverteilung einzelnen Mitgliedern zugeordnet werden. Die Aufgabenstruktur bestimmt die Kommunikations- und Machtstrukturen, diese wiederum wirken auf die Aufgabenstruktur zurück. Mittels Organigrammen lässt sich der Soll- oder Ist-Zustand von Strukturen darstellen; sie veranschaulichen die Stellen- und Abteilungsgliederung. Die Struktur der Aufgabenverteilung wird den Schwerpunkt der folgenden Ausführungen bilden. ƒ Kommunikationsstruktur: Sie kennzeichnet den Informationsstand des Einzelnen sowie seine Möglichkeiten, Informationen zu erhalten und weiterzugeben. ƒ Machtstruktur: Die formale Machtstruktur stellt die Über- und Unterordnungsverhältnisse zwischen den einzelnen Organisationsmitgliedern klar. Sie bestimmt die Rechtmäßigkeit von Führungsansprüchen. Bereits oben wurde darauf hingewiesen, dass die zu einer Stelle zusammengefassten Tätigkeiten möglichst ein vergleichbares Niveau aufweisen sollen. Es dürfte also z.B. im Hinblick auf eine spätere Stellenbesetzung (Stichwort: Personalbeschaffung, s.u.) wenig sinnvoll sein, die Tätigkeiten „Suche neuer Produktbereiche“ und „Postabstempelung“ in einer Stelle zu verbinden. Trägt man diesem Grundsatz Rechnung, so ergeben sich automatisch Stellen, die sich durch anspruchsvolle, verantwortliche Aufgaben mit Führungscharakter aus53 zeichnen, während andere eher ausführende Tätigkeiten umfassen. Eine „gesunde“ Organisation zeichnet sich dabei zwangsläufig dadurch aus, dass sie relativ viele ausführende

53

Dieser Grundsatz der Zusammenfassung von im Anforderungsniveau homogenen Tätigkeiten zu einer Stelle schließt jedoch nicht aus, dass im Sinne eines Job-Enrichment bewusst höherwertige Aufgaben zu einer Stelle kombiniert werden.

2 Von der Strategie über die Ablauforganisation zur Aufbauorganisation

71

(„Indianer“) und relativ wenige leitende Stellen („Häuptlinge“) umfasst, wobei eine graduelle, hierarchische Abstufung in Form von Zwischenebenen zwischen Top-Stelle(n) und Bottom-Stellen besteht. Daraus resultiert der pyramidenähnliche Aufbau einer Unternehmung: oben wenige „Häuptlinge“, unten viele „Indianer“ – ein Gebilde, das normalerweise letztlich auch die Arbeitsmarktsituation eines Landes widerspiegelt. Die Notwendigkeit zur hierarchischen Gestaltung einer Organisation entsteht aus dem Koordinationsbedarf arbeitsteiliger Aufgabenerfüllung. Einzelaufgaben müssen auf übergeordnete Ziele hin abgestimmt werden. Zwar könnte die Koordination auch von den Beteiligten selbst geleistet werden, doch würde dies i.d.R. zu einem erheblichen Abstimmungsaufwand führen. Die Hierarchiebildung dient somit letztlich der Vereinfachung und der Beschleunigung von Entscheidungen. Gleichwohl besteht seit einigen Jahren die Tendenz, mit möglichst wenig Hierarchieebenen auszukommen, die Organisation also „flach“ und „schlank“ zu gestalten. Auf die Besonderheiten eines solchen „Lean Management„ werden wir in Kapitel 2.5. noch näher eingehen. Hinsichtlich ihrer hierarchischen Anordnung und der damit verbundenen überwiegenden Aufgabenart lassen sich grundsätzlich folgende Stellenarten unterscheiden: ƒ Leitungsstellen oder Instanzen: Hier werden Entscheidungen gefällt, die für andere (Stellen) verbindlich sind. Daraus leitet sich das Recht zur Anordnung sowie zur Kontrolle der Untergebenen sowie die Pflicht zur (Personal-)Führung ab. Die Zahl der einer Instanz unterstellten Stellen (Mitarbeiter) wird als Leitungsspanne bezeichnet. ƒ Ausführungs- oder Dienstleistungsstellen: Sie bilden die unterste Ebene der Hierarchie, geben also keine verbindlichen Anweisungen weiter. ƒ Stabsstellen: Sie stellen eine Sonderform der ausführenden Stelle dar. Stäbe unterstützen Instanzen, denen sie zugeordnet sind, indem sie z.B. die Entscheidungsvorbereitung (Informationsbeschaffung und -auswertung), Abwicklungs- oder Überwachungsaufgaben für diese übernehmen. Stabsstellen haben keine Entscheidungsbefugnis oder Anordnungskompetenzen gegenüber anderen Stellen. Dennoch ist der faktische Einfluss einer Stabsstelle auf die unternehmerischen Entscheidungen aufgrund der Beeinflussungsmöglichkeiten der Instanzen nicht zu unterschätzen. Durch die Einrichtung von Stabsstellen wird die Zahl der Entscheidungsträger begrenzt und die Koordination erleichtert. Abgesehen von der obersten Instanz, der Geschäftsführung oder Unternehmensleitung, haben alle Instanzen auch den Charakter von Ausführungsstellen. Unabhängig von der hierarchischen Anordnung haben somit i.d.R. alle Stellen (auch) Realisationsaufgaben; der Anteil dieser operativen Aufgaben nimmt jedoch – zulasten der Planungs- und Führungstätigkeiten – mit der Basisnähe zu. Die Form der Organisationshierarchie, erkennbar aus einem Organigramm, liefert erste Anhaltspunkte zur Beurteilung des Koordinations- („Verwaltungs-“)Aufwands einer Unternehmung: Je breiter (d.h. je mehr Stellen auf einer hierarchischen Ebene) und je tiefer (d.h. je mehr übereinander angeordnete Stellen), desto „bürokratischer“ ist ceteris paribus die Organisation. Die jüngsten Trends der Organisations- und Managementlehre verfolgen, wie bereits angedeutet, mit dem sog. Lean-Management das Ziel, Organisationen möglichst flach und schlank zu gestalten (siehe Kapitel 2.5.).

72

Kapitel I: Organisation von Tourismusunternehmen

Abbildung I.2.q.: Verhältnis von dispositiven und elementaren Aufgaben innerhalb der Unternehmenshierarchie

In der konkreten Ausgestaltung der hierarchischen Beziehung der Stellen zueinander können verschiedene Leitungsbeziehungen unterschieden werden. Erhält eine untergeordnete Stelle nur von einer einzigen Instanz Aufgaben und Kompetenzen zugewiesen und ist auch nur dieser einen Instanz direkt verantwortlich, so spricht man von einem Ein-Linien-System. Vorteile dieses Systems liegen in der klaren Regelung und der eindeutigen Abgrenzung von Kompetenzen. Ein-Linien-Systeme haben ihren theoretischen Ursprung in FAYOL´s Managementlehre, die als „allgemeine Administrationsprinzipien“ u.a. die Einheit der Auftragserteilung fordert. Ein Mehr-Linien-System ist hingegen dadurch gekennzeichnet, dass eine Stelle einer Mehrzahl von Instanzen untergeordnet ist. Dieses auf TAYLOR´s Funktionsmeisterprinzip zurückgehende System versucht, die Vorteile der Spezialisierung auch im Rahmen der Führung durch Vorgesetzte zu nutzen sowie die Kommunikationswege möglichst kurz zu halten. Zahlreiche Strategien und wertschöpfungsorientierte Aktivitäten können erst dann Realität werden, wenn sie von Reiseveranstaltern im eigenen Unternehmen aufbau- und ablauforganisatorisch verankert werden (vgl. Abschnitt 2.1. zum Zusammenhang von „structure“ und „strategy“). Zur Verdeutlichung soll als abschließendes Beispiel die Problematik der Umset54 zung eines sog. sanften Tourismus herangezogen werden. Diesem kann durch eine implizite oder eine explizite Lösung Rechnung getragen werden. Bei der impliziten Lösung wird eine Durchdringung aller Unternehmensfunktionen und Hierarchieebenen mit den Idealen des sanften Tourismus dadurch versucht, dass von jeder einzelnen Stelle ein umweltorientiertes Handeln gefordert wird. In Form eines job-enrichment übernimmt jeder Stelleninhaber bei diesem Totalansatz neben seinen ursprünglichen Aufgaben eigenverantwortlich auch Umweltschutzaufgaben. Hier zeigt sich eine starke Parallele zur nach innen orientierten Corporate Identity-Strategie, in deren Zentrum eine Unternehmensphilosophie steht, die

54

Vgl. ausführlich zum sanften Tourismus: Kirstges, Sanfter Tourismus.

2 Von der Strategie über die Ablauforganisation zur Aufbauorganisation

73

(u.a.) die Ideale des sanften Tourismus zum Inhalt hat. Alternativ ist ein Partialansatz denkbar, der nur einige Mitarbeitergruppen oder nur bestimmte Abteilungen für die Realisierung eines sanfteren Tourismus im eigenen und durch das eigene Unternehmen verantwortlich macht. So ist oft zu beobachten, dass Unternehmen den Umweltschutz als zusätzliche Aufgabe der Presse- und PR-Abteilung übertragen (so z.B. ITS). Nachvollziehbar wäre eine solche partial-implizite Lösung allenfalls bei Kleinveranstaltern, die sich aufgrund finanzieller Restriktionen keine bessere organisatorische Umsetzung erlauben können, oder aber als kurzzeitige Übergangslösung bis zur „richtigen“ Implementierung. Im Rahmen einer expliziten Lösung werden eigene Organe zur Verankerung der Ziele eines sanften Tourismus im Unternehmen geschaffen. Für eine solche Institutionalisierung der 55 Umweltschutzaufgabe sprechen mehrere Gründe: ƒ Komplexitätsreduktion Die „richtige“ Umsetzung der Ideale eines sanften Tourismus erfordert teilweise ein spezifisches Know-how, und zwar nicht nur im ökonomischen und ökologischen Bereich, sondern auch auf naturwissenschaftlichen und technischen Gebieten (z.B. Kläranlagensysteme; Katalogdruckverfahren). Diese Komplexität einzelner Umweltschutzaufgaben erfordert eine gewisse Professionalität, nicht zuletzt auch, um gegenüber Kunden, Leistungsträgern und der allgemeinen Öffentlichkeit (Presse, Verbände, Umweltschutzgruppen, etc.) eine ausreichende Kompetenz zu vermitteln. Durch die organisatorische Bündelung der Aufgaben eines sanften Tourismus wird diese Komplexität reduziert; professionelles und kompetentes Auftreten und Entscheiden sind eher möglich. ƒ Entlastung der anderen Abteilungen Die im Rahmen der Verwirklichung von Zielen eines sanften Tourismus auftretenden Einzelaufgaben können kaum mit der nötigen Sorgfalt von den einzelnen Stelleninhabern „nebenher“ erledigt werden. Eine eigene organisatorische Einheit kann die täglich in allen Unternehmensbereichen anfallenden Umweltschutzaufgaben qualitativ besser, umfassender und effektiver erledigen bzw. koordinieren. Dadurch werden die anderen Abteilungen entlastet. ƒ Besseres Controlling Eine offiziell bestimmte Organisationseinheit kann von der Unternehmensleitung besser hinsichtlich ihrer Leistung überwacht, kontrolliert und beurteilt werden als eine Vielzahl von Abteilungen und Personen. Professionalität und Aufgabenspezialisierung schaffen auch die Voraussetzungen für eine offensive, steuernde Umweltschutzpolitik. Durch eine explizite Organisationslösung wird auch externen Stellen eine Kommunikation und Überwachung erleichtert. ƒ Innovationsförderung Ein innovatives Umweltschutzmanagement wird von der Form der Verankerung der Ideale eines sanften Tourismus in der Unternehmensorganisation erheblich beeinflusst. Hier zeigt sich das klassische Strategie-Struktur-Dilemma, da bereits für die Initiierung

55

Vgl. z.B. Schulz, Chancen; Schulz, Organisation. Die an diesem Beispiel der organisatorischen Verankerung des sanften Tourismus aufgezeigten Vorteile gelten analog für jede Art der Bildung von auf bestimmte Teilaufgaben spezialisierte Stellen.

74

Kapitel I: Organisation von Tourismusunternehmen

und Planung offensiver Umweltschutzstrategien bestimmte organisatorische Voraussetzungen erforderlich sind (vgl. Abschnitt 2.1.). Im Rahmen einer expliziten Organisationslösung ist sowohl über die horizontale Ausgestaltung als auch über die hierarchische Anordnung dieser Stellen zu entscheiden. Als horizontale Form bietet sich die Bildung einer eigenen Abteilung an. Die so gebildete organisatorische Einheit kann – ebenso wie andere funktionale Betriebseinheiten – Weisungsbefugnis gegenüber untergebenen Stellen haben oder „nur“ als Stab dem Organisationsgefüge angegliedert werden. Inhaltlich ist hierbei an die Einsetzung eines Umweltschutzbeauftragten 56 zu denken. Die Schaffung spezieller Stellen zur Umsetzung des Umweltschutzes im eigenen bzw. durch das eigene Unternehmen ist natürlich mit hohen Kosten verbunden, die i.d.R. von kleinen und mittelständischen Reiseveranstaltern nicht getragen werden können. Der frühere Umweltschutzbeauftragte der TUI, Dr. Iwand, sprach für sein Unternehmen von einem sieben57 stelligen Betrag. Daher sind gerade für kleinere Unternehmen andere Formen der Institutio58 nalisierung des sanften Tourismus zu prüfen. Das zweite Entscheidungsfeld im Falle einer expliziten Verankerung des sanften Tourismus im Unternehmen betrifft die Frage nach der hierarchischen Anordnung des Umweltschutzes. Je höher beispielsweise die Funktion eines Umweltschutzbeauftragten aufgehängt ist und je mehr Weisungsbefugnis mit dieser Stelle verbunden ist, desto stärker werden sich die Ziele eines sanften Tourismus in konkreten Entscheidungen und Handlungen der einzelnen Organisationsmitglieder niederschlagen. Im positiven Extrem könnte sich einer der Geschäftsführer des Unternehmens für diesen Bereich zuständig erklären; im negativen Extrem würde der Umweltschutz als Alibi-Funktion einer Abteilung „zugeschustert“, die kaum Weisungsbefugnis gegenüber anderen Abteilungen besitzt (so z.B. die Presseabteilung). Selbst bei ansonsten geringer Weisungsbefugnis – beispielsweise um ein effizientes Arbeiten der Fachabteilungen zu ermöglichen – könnte der Umweltschutzbeauftragte mit einem VetoRecht ausgestattet werden. Dieses würde es ihm ermöglichen, im Falle von bedenklichen oder offensichtlich den (Unternehmens-) Zielen eines sanften Tourismus widersprechenden Entscheidungen und Handlungen der Fachabteilungen Fehlentwicklungen zu stoppen. Gegebenenfalls müsste die letztliche Entscheidung nach einem Veto durch die Abteilung Umweltschutz von der obersten Unternehmensleitung gefällt werden. Unternehmensinterne Streitfragen, die den Bereich Umweltschutz betreffen, wären somit – sofern zwischen Fachabteilung und Umweltschutzbeauftragtem keine Übereinstimmung erzielt werden kann – immer und automatisch Top-Management-Angelegenheit. Die durch eine solche Regelung hervorgerufenen Konflikte sind durchaus konstruktiver Natur und sollten daher gefördert werden, um eine bewusste Auseinandersetzung aller Mitarbeiter im Unternehmen mit den Konsequenzen des eigenen Handelns zu bewirken.

56 57 58

Vgl. ausführlich Kirstges, Sanfter Tourismus, S. 98–99. Vgl. TUI, Qualität kostet. Beispielsweise in Form einer Projekt- oder Arbeitsgruppe. Vgl. Kirstges, Sanfter Tourismus, S. 99–100.

2 Von der Strategie über die Ablauforganisation zur Aufbauorganisation

75

Gerade in größeren Unternehmen erscheint eine kombinierte Lösung (explizite und implizite organisatorische Umsetzung) i.S. einer Verteilung und hierarchiebezogenen Spezifizierung des Umweltschutzgedankens sinnvoll. Nur so ist eine vollständige Durchdringung der Gesamtorganisation mit den Zielen eines sanften Tourismus zu erreichen. Auf jeder Ebene könnten umweltbezogene Aufgaben bestimmten Managern übertragen werden. Der Beauftragte in der „Zentralstelle Umweltschutz“ hätte in diesem Fall als Fachpromotor innerhalb der Unternehmung vor allem Informations- und Koordinationsfunktion sowie Repräsentativfunktionen nach außen; er ist damit auch die Institutionalisierung des Risikomanagements, während die chancenorientierte Innovationsfunktion vor allem in Form von dezentralen Zu59 ständigkeiten, Projektteams oder betrieblichen Umweltausschüssen implementiert wird.

2.3.5

Dokumentation und Kontrolle

Eingangs wurde bereits darauf hingewiesen, dass in vielen Veranstalterunternehmen eine Hilfe zur Lösung alltäglicher oder besonderer Probleme in Form einer Dokumentation der Abläufe fehlt. Andererseits wäre eine Abbildung der gesamten Abläufe in einem Unternehmen viel zu aufwendig. Derartige Versuche enden oftmals damit, dass Archive sich mit Ablaufdokumenten füllen, während an der Front des täglichen Geschehens bereits alles ganz 60 anders geregelt wird. Dokumente können also nur dann als wirksames Hilfsmittel dienen, wenn ihr Inhalt von den Adressaten verstanden und leicht genutzt, d.h. in praktisches Handeln umgesetzt werden kann. Neben der Art der Dokumentengestaltung übt hierbei auch die Ausbildung der Mitarbeiter einen Einfluss aus. Oben aufgezeigtes Beispiel des TUI-Services zeigt, dass gerade die Qualitätssicherung im Tourismus auf einer ausführlichen Dokumentation basiert. Es ist keinesfalls leicht, den (zeitlichen) Ablauf einer Tätigkeit abzubilden. Neben verbalen Beschreibungen von Abläufen, die mangels Übersichtlichkeit häufig ungeeignet sind, stehen grafisch-verbale und rein grafische Darstellungsformen zur Verfügung. Deren formale Gliederung kann auf Beschreibungen, Bildern oder Symbolen basieren. Inhaltlich wird entweder nur die logische (sachliche) Aufeinanderfolge abgebildet (z.B. Flusspläne wie Datenflussplan, Programmablaufplan), oder aber es erfolgt eine Verknüpfung mit der Zeitdimension im Sinne von logisch-zeitlichen Aufeinanderfolgen in Form von digitalen (Terminlisten, Arbeitspläne) oder analogen (grafische Darstellung von Maßstäben, z.B. Balkendiagramme) Zeitplänen. Da jede Art der Darstellung Vor- und Nachteile bietet, werden häufig Kombinationen eingesetzt, wie dies z.B. bei der sog. Netzplantechnik der Fall ist. Grundsätzlich gilt: Je komplexer die Abläufe, desto mehr empfehlen sich grafische oder sinnbildliche Darstellungen zur Erzielung einer besseren Übersicht. Zur Darstellung der zeitlichen Reihenfolge von Tätigkeiten genügen i.d.R. einfache Balkendiagramme. Diese bestehen aus einem zweidimensionalen Koordinatensystem (Zeitmaßstab

59

60

Vgl. Umweltbundesamt (Hrsg.), Umweltorientierte Unternehmensführung, S. 80–81 u. S. 300 und die dort aufgezeigten empirischen Erkenntnisse für den Bereich der Industrie. Vgl. Nägeli/Lang/de Weck/Zingg, Ablauforganisation, S. 69.

76

Kapitel I: Organisation von Tourismusunternehmen

und Tätigkeiten/Aktionsträger/Sachmittel). Die Länge der in diesem Raum eingezeichneten Balken gibt die voraussichtliche Dauer der Tätigkeitsdurchführung an, die Balkenlage stellt die zeitliche Folgebeziehung dar. Balkendiagramme können – unter Kontrollaspekten – im Zeitverlauf sukzessive um die tatsächlichen Ist-Werte erweitert werden. Derartige Balkendiagramme wurden bereits oben, in den Abbildungen zur Planung der Katalogproduktion, genutzt. Ein Ablauffolgeplan strukturiert die einzelnen Tätigkeiten ebenfalls in eine logisch-zeitliche Reihenfolge, ermöglicht aber zusätzlich die Darstellung von Verzweigungen, Verknüpfungen, Alternativentscheidungen, Rückkoppelungen etc. Hierzu werden verschiedene Symbole verwendet, so z.B.: Symbol

Bedeutung Schleifenbegrenzung / Anfang

Schleifenbegrenzung / Ende

automatische Verarbeitung (einschließlich Ein- und Ausgabe)

manuelle Verarbeitung (einschließlich Ein- und Ausgabe)

Verzweigung (logische Abfrage)

Abbildung I.2.r.: Symbole in einem Ablaufplan

Für das einfache Beispiel der Bearbeitung einer Anfrage für Gruppenreisen, die individuell zu beantworten ist, lässt sich folgender Ablaufplan erstellen:

2 Von der Strategie über die Ablauforganisation zur Aufbauorganisation

Eingang einer Anfrage

Adresse vorhanden?

Nein

Adresse in CRS erfassen

Ja Adresse aus CRS übernehmen

Anfragen-Nr. vergeben (über CRS)

Anfrageninfos erfassen

Angebot ausarbeiten

Anfrage und Angebotskopie abheften

Angebot zur Post bringen

Ende der Anfragenbeantwortung

Abbildung I.2.s.: Beispiel eines Ablaufplans zur Beantwortung einer Anfrage für Gruppenreisen

77

Anfrageninfos erfassen

Anfragen-Nr. vergeben (über CRS)

Adresse aus CRS übernehmen

J

Adresse vorhanden?

Eingang einer Anfrage

N

Adresse in CRS erfassen

Anfragenerfassungsstelle

Abbildung I.2.t.: Ablaufplan „Anfragenbearbeitung Gruppenreisen“ in Matrixform Angebot zur Post bringen

Anfrage und Angebotskopie abheften

Angebot ausarbeiten

Gruppenreisestelle

Ende der Anfragenbeantwortung

Briefe versenden

Poststelle

Informationen zur Tätigkeit

Input

...etc. ...

In unserem CRS „TouriStar“ unter Menüpunkt 3.1 zu prüfen. Adresse ggf. wie folgt in der EDVMaske erfassen: ...etc. ...

Vollständige Adresse: Verfügbarer TouriStarArbeitsplatz

Schriftliche AnEingehende Anfragen werden von Frage/Brief/Fax der Poststelle im AnfrageneingangsTelefonische Anfach zur Bearbeitung deponiert frage

Vollzugsort Anfrageneingangsfach Poststelle, Raum 123

Vollständige Adressinfos Anfragenunter einer erfassungsstelle Adress-Nr. im TouriStarRaum 456 CRS gespeichert

Output

78 Kapitel I: Organisation von Tourismusunternehmen

2 Von der Strategie über die Ablauforganisation zur Aufbauorganisation

79

Komplexer und inhaltsreicher sind Matrixdarstellungen. Sie ermöglichen eine Zuordnung und ein Verknüpfen von Elementen und können flexibel den jeweiligen Erfordernissen angepasst werden. Neben verbalen Textinformationen lassen Matrixpläne auch die Integration von grafischen Ablaufplänen zu. Greifen wir zur Veranschaulichung das Beispiel der Anfragenbeantwortung auf und gehen davon aus, dass die Erfassung der Anfrage durch eine, die Ausarbeitung des Gruppenreiseangebots durch eine andere Stelle erledigt werden soll. Die Matrix auf der folgenden Seite enthält alle zur Lösung dieser Aufgabe erforderlichen Informationen. Die verschiedenen Dokumente lassen sich zu Manuels (Handbücher mit Arbeitsunterlagen) zusammenstellen, die für jeden Mitarbeiter zugänglich sind. Eine Momentaufnahme der Aufbauorganisation, beispielsweise in Gestalt eines Organigramms, lässt sich wesentlich leichter erstellen. In einem Organigramm entspricht i.d.R. jede Stelle einem Kästchen. Diese werden grafisch durch vertikale oder horizontale (also nicht durch diagonale oder „krumme“) Linien verbunden. Bei größeren Unternehmen kann es sich aus rein pragmatischen Gründen (beschränkter Platz auf einem DIN A4-Blatt; Übersichtlichkeit) als erforderlich erweisen, zunächst ein grobes Organigramm als Gesamtübersicht zu entwickeln, um dann einzelne Unternehmensbereiche in Detailorganigrammen näher abzubilden. Doch auch bei der Darstellung der Aufbauorganisation kann es zu Problemen kommen, wenn beispielsweise flexible Elemente (z.B. Springer) zu berücksichtigen sind oder wenn die gesamte Organisation (saison-)zeitabhängig geändert wird (Beispiel: In der Wintersaison sind die Stellen der Buchungserfassung dem Bereichsleiter „Winter“, im Sommer dem Bereichsleiter „Sommer“ zugeordnet). Vergegenwärtigen wir uns zur Verdeutlichung nochmals die einleitenden Fallbeispiele mit den verschiedenen Organigramme von TUI, ITS etc.. Die Dokumentation der einer einzelnen Stelle obliegenden Tätigkeiten erfolgt in einer sog. Stellenbeschreibung. Wir haben Beispiele für solche Stellenbeschreibungen bereits oben, in Abschnitt 2.3.4.2., aufgeführt. In einer solchen Stellenbeschreibung werden schriftlich die Ziele, Aufgaben, Befugnisse, Anforderungen, Verantwortungen und Beurteilungskriterien festgelegt und somit von anderen Stellen abgegrenzt. Eine Stellenbeschreibung sollte somit, je nach Detaillierungsgrad ihrer Formulierung, (mindestens) die Bezeichnung der Stelle, Informationen zu ihrer Einordnung in den Organisationsaufbau, zur Stellvertretung, Unterstellung, zum Stellenziel und zu den Hauptaufgaben sowie technisch-organisatorische Angaben (z.B. Zeichnungsbefugnis) enthalten. Darüber hinaus können Anforderungen an die Person des (potentiellen) Stelleninhabers, seine Belastungsfähigkeit sowie Maßstäbe zur Beurteilung seiner Leistungen in der Stellenbeschreibung festgelegt werden. Dass die Unternehmenspraxis teilweise, wie oben aufgeführte Beispiele zeigen, diese Anforderungen nicht immer erfüllt, erklärt sich u.a. aus dem damit verbundenen hohen Arbeitsaufwand, kann aber Missverständnisse und Missstimmung, gerade bei der Besetzung einer Stelle durch einen externen Bewerber, zur Folge haben. Schließlich hilft eine ausführliche Stellenbeschreibung Externen, sich ein genaues Bild von den auf sie wartenden Aufgaben zu machen. Letztlich resultiert aus der Stellenbeschreibung ein Anforderungsprofil, das die Basis für die spätere Personalauswahl bildet. Derartige Anforderungen sind Soll-Vorstellungen über

80

Kapitel I: Organisation von Tourismusunternehmen

diejenigen Voraussetzungen, die von einer Person als Stelleninhaber erfüllt sein müssen, damit diese die der Stelle zugehörigen Aufgaben bewältigen kann. Hierzu gehören neben fachlichen Anforderungen auch solche, die von den Arbeitsbedingungen ausgehen und z.B. als „Belastung“ verkraftet werden müssen (Beispiel: Bereitschaft zu intensiver Reisetätigkeit und gute Verträglichkeit tropischen Klimas für die Stelle „Hoteleinkäufer Fernreisen“). Ein bekanntes Grundraster zur Definition von Anforderungen ist beispielsweise das sog. Genfer Schema, das folgende Hauptanforderungsarten unterscheidet: ƒ ƒ ƒ ƒ

Können, Verantwortung, Belastung, Umgebungseinflüsse.

Diese Anforderungskategorien werden jeweils konkretisiert. Durch eine Bewertung der jeweiligen Anforderungen – z.B. vergleichend zwischen den einzelnen Stellen einer Unternehmung – lässt sich das gesamte Anforderungsniveau einer Stelle ermitteln. Je höher das Anforderungsniveau, desto „schwieriger“ ist die Stelle, desto höher wird sie i.d.R. in der Unternehmenshierarchie aufgehängt sein. Hierbei spielen jedoch Werturteile eine zentrale 61 Rolle. In unserer westlichen Wirtschaftsordnung werden z.B. die Anforderungsarten „Verantwortung für Betriebsmittel und die Arbeit anderer“ wesentlich höher bewertet als beispielsweise die muskelmäßige Arbeitsbelastung. Daher ist ein „Bereichsleiter EDV“ bei Reiseveranstaltern hierarchisch höher angesiedelt (und er bezieht damit auch ein höheres Gehalt) als ein Sportanimateur desselben Unternehmens. Erst die Dokumentation von Arbeitsabläufen, Aufbauorganisation und stellenspezifischen Anforderungen ermöglicht eine effiziente Kontrolle von Ablauf und Ergebnis. Regelmäßig durchgeführte Abweichungsanalysen decken auf, inwieweit sich die tatsächliche Entwicklung vom Soll entfernt (hat). Auf Basis eines unternehmensinternen Berichtswesen, das u.a. in Form von Kennzahlen verschiedene Größen in ein sinnvolles Verhältnis setzt, können (negative) Abweichungen schnell erkannt und wirkungsvoll bekämpft werden. Die Ablaufoder Verfahrenskontrolle überprüft dabei, ob nach den vorgeschriebenen Richtlinien vorgegangen wurde. Ist dem nicht so, wird entweder der Stelleninhaber zur Einhaltung der vorgegebenen Verfahren aufgefordert, oder aber die Richtlinie wird aktualisiert, falls der „Ausscherende“ eine bessere Vorgehensweise ge- bzw. erfunden hat (organisatorische Prozessinnovation). Im Rahmen der Ergebniskontrolle werden die Plandaten mit den realisierten Werten verglichen (Beispiel: angestrebte versus realisierte Durchlaufzeit einer Gruppenreisenanfrage vom Anfrageneingang bis zur Angebotsversendung; angestrebte Paxzahl, gesamt und gegliedert nach Zielgebieten, versus tatsächliche Reisendenzahl). Im Falle von (negativen) Abweichungen sollte sich eine Ursachenanalyse anschließen, damit Korrekturmaßnahmen eingeleitet und Lösungen zur künftigen Vermeidung von Abweichungen erarbeitet werden können.

61

Zur Werturteilsproblematik siehe vertiefend Kirstges, Expansionsstrategien, S. 25–26.

2 Von der Strategie über die Ablauforganisation zur Aufbauorganisation

81

Auf Basis der Kontrollinformationen müssen u.U. Zielsetzungen modifiziert, Tätigkeiten neu definiert oder Stellen neu formiert – kurz: es muss reorganisiert werden. Somit schließen sich die oben in der Abbildung aufgezeigten Phasen der organisationalen Gestaltung von Unternehmungen zu einem Regelkreissystem.

2.4

Organisationale Grundformen zur Zusammenfassung von Tätigkeiten

Bereits mehrfach, so z.B. in Abschnitt 2.3.4.2., wurde auf zwei grundsätzliche Ansatzpunkte der organisatorischen Zusammenfassung einzelner Tätigkeiten hingewiesen: die Organisation gemäß dem Verrichtungs- oder gemäß dem Objektprinzip. Die konsequente Orientierung an diesen Prinzipien führt zu konträren Organisationsstrukturen, auf die im Folgenden näher eingegangen wird.

2.4.1

Funktionale Organisationsstruktur

Bei einer Aufgabenteilung nach dem Verrichtungsprinzip bei gleichzeitiger Verwendung des Einliniensystems entsteht eine sog. verrichtungsorientierte, Zweckbereichs- oder funktionale Organisation. Aufgrund ihrer Ausrichtung auf einzelne Tätigkeitstypen ermöglicht die funktionale Organisation eine hohe Spezialisierung und damit verbunden eine Kostendegression (Einsatz spezialisierter Fachkräfte). Als Nachteil entstehen jedoch höhere Beziehungskosten (Transport und Kommunikation), da zwischen den einzelnen Abteilungen ein starker (Informations-)Austausch stattfinden muss. Dadurch werden insbesondere die höheren hierarchischen Ebenen inkl. der Unternehmensleitung in ihrer Eigenschaft als Abstimmungsorgane belastet. Die folgende Abbildung zeigt beispielhaft auf, wie ein Reiseveranstalter funktional organisiert sein könnte.

Geschäftsführung

Touristischer Einkauf und Kalkulation

Katalogproduktion

Personalmanagement und Organisation

Marketing

Werbung/PR

Vertrieb/ Sales Promotion

Buchhaltung

Finanz- und Rechnungswesen

CashManagement

Abbildung I.2.u.: Organigramm eines funktional organisierten Reiseveranstalters

Controlling

82

Kapitel I: Organisation von Tourismusunternehmen

Aus dem Organigramm lässt sich also nicht ersehen, in welchen Geschäftsbereichen der Veranstalter tätig ist. Die Produktorientierung erfolgt quasi implizit als Querschnittsaufgabe über alle Abteilungen. Die funktionale Organisationsstruktur eignet sich vor allem für Unternehmungen, die ein homogenes, weitgehend standardisiertes Veranstalterprogramm bieten, so dass kaum Umstellungen der einzelnen Aktionsträger erforderlich sind. In diesem Fall wird der erhöhte Koordinationsaufwand durch den Spezialisierungsvorteil überkompensiert. Je individueller jedoch die Kundenbetreuung erfolgt, da z.B. speziell auf einzelne Kunden zugeschnittene Angebote erstellt werden oder da keine größeren Kontingente durch Leistungsträger zur Verfügung gestellt werden, sondern die gewünschten Leistungen jeweils auch individuell bei den Leistungsträgern angefragt werden, desto ineffizienter wird die funktionale Organisation. Zur Verdeutlichung stelle man sich konkret den Ablauf einer Buchungsanfrage für z.B. eine Gruppen-Incentive-Reise vor: In der Verkaufsabteilung kommt eine spezielle Kundenanfrage an; der Verkäufer gibt seine Anforderungen weiter an die Einkaufsabteilung. Diese versucht, die gewünschte Leistung zu beschaffen und meldet ihre diesbezüglichen Erfolge – oder Misserfolge – zurück an den Verkauf. Dieser nimmt dann wieder Kontakt mit dem Kunden auf, was – insbesondere, wenn es spezifische Rückfragen von Seiten des Kunden gibt – zu einem ständigen Hin- und Her an Informationen mit allen damit verbundenen Nachteilen (Verzögerung der Bearbeitung; Fehleranfälligkeit etc.) führt. In solchen Fällen, die oft bei kleineren mittelständischen Unternehmen (siehe z.B. ZiK, Kapitel 1.4.) vorkommen, bietet sich die divisionale Organisation als effizienterer Weg an.

2.4.2

Divisionale Organisationsstruktur

Aus einer Aufgabenteilung gemäß dem Objektprinzip unter Beibehaltung des Einliniensystems entsteht demgegenüber eine objektorientierte, Sparten- oder divisionale Organisation. Die Vorteile bzw. Anwendungsbedingungen verhalten sich genau konträr zur funktionalen Organisationsstruktur. Sie liegen somit in der Entlastung der Leitungsspitze, in den Spezifika der einzelnen Sparten angepassten Entscheidungen und einer stärkeren Marktadäquanz. Diese Organisationsform, auf der obersten Ebene nach der Geschäftsführung gewählt, ist daher insbesondere für Großunternehmen adäquat; auf kleinere Mittelständler übertragen liegt ihr Vorteil darin, dass bei einem Mitarbeiter sämtliche Kompetenz um ein Produkt herum (Einkauf; Katalogbeschreibung; Verkauf; Reklamationsbearbeitung etc.) konzentriert ist. Die der funktionalen Organisationsstruktur innewohnenden langen Kommunikationswege aufgrund der erforderlichen Schnittstellen zum Informationsaustausch (konkret z.B.: zur Weitergabe der Auftragsmappen) entfallen. Spartenorganisationen erfordern qualifizierte Allround-Führungskräfte und erschweren die Schaffung einer unternehmensübergreifenden Corporate Identity, da sich leichter eigene „Abteilungs-C.I.s“ bilden können. Kriterien zur Bildung von Sparten bei Reiseveranstaltern können z.B. sein: ƒ Produkte / Programmbereiche (z.B. Flugreisen, Busreisen; die verantwortlichen Spartenleiter werden in diesem Falle oftmals als „Produktmanager“ bezeichnet), ƒ Zielgebiete (z.B. Mittelmeer, Fernreisen; einzelne Länder oder Ferienorte), ƒ Quellmärkte / Absatzregionen (z.B. national – international; einzelne Bundesländer),

2 Von der Strategie über die Ablauforganisation zur Aufbauorganisation

83

ƒ Kundensegmente / Zielgruppen (z.B. Familien, Gruppen, Einzelreisende) oder ƒ einzelne (zeitliche befristete) Projekte (z.B. Aufbau eines eigenen Ferienclubs auf Kreta; die verantwortlichen Spartenleiter werden in diesem Falle oftmals als „Projektmanager“ bezeichnet). 62

Die folgende Abbildung zeigt beispielhaft auf, wie ein Reiseveranstalter nach Sparten organisiert sein könnte.

Geschäftsführung

Frankreich

Spanien

Nord-

Südspanien

spanien

u. Atlantik

Italien

Inseln

Griechenland

Festland

Inseln

Abbildung I.2.v.: Organigramm eines divisional organisierten Reiseveranstalters

Aus dem Organigramm lassen sich die einzelnen Geschäftsbereiche des Veranstalters, hier gegliedert nach Reiseländern, direkt erkennen. Jede Sparte erledigt in dieser Reinform der Spartenorganisation sämtliche betrieblichen Funktionen (Einkauf, Preiskalkulation, Vertrieb, etc.) selbst, ist somit also völlig unabhängig von den benachbarten Sparten. Wird die Spartenorganisation mit dem sog. Profit-Center-Konzept verbunden, so können auch größere Unternehmungen in gewinnorientierte, flexible „Sub-Unternehmungen“ gegliedert werden. So unterscheidet ITS (vgl. ITS-Organigramm in Abschnitt 1.2.) beispielsweise die der „Bereichsleitung Flugreisen“ unterstellten und nach Zielregionen strukturierten Profit-Center ƒ ƒ ƒ ƒ ƒ

62

Fernreisen Ländergruppe 1, Fernreisen Ländergruppe 2, Balearen, Tunesien, Marokko, Ägypten, etc.

Vgl. beispielsweise die lebensphasenorientierten Zielgruppen bei Kirstges, Expansionsstrategien, S. 210–216.

84

2.4.3

Kapitel I: Organisation von Tourismusunternehmen

Mischformen

Die beiden genannten „reinen“ Organisationsformen zeichnen sich jeweils durch spezifische Vorteile aus, verbinden jedoch auch jede für sich eine Reihe von Nachteilen. In der Praxis existieren daher in der Regel Mischformen, die versuchen, die Vorteile zu summieren und die Nachteile auszuschließen. So werden z.B. in den einzelnen Divisionen Zweckbereiche gebildet, die den jeweiligen Spartenleitern unterstellt sind. Tätigkeiten, bei denen eine objektorientierte Spezialisierung und damit eine je nach Objekt differenzierte, individuelle Behandlung Sinn macht, werden in Sparten organisiert (siehe. z.B. die beiden Produktmanager in der Lösungsalternative C in Kapitel 2.3.4.2.). Daneben gibt es „zentrale Dienste“, also Funktionsbereiche, die spartenübergreifende Aufgaben erledigen. Tätigkeiten, deren Ausübung in Bezug auf verschiedene Objekte keine Unterschiede und Besonderheiten aufweisen, werden funktional organisiert (siehe z.B. den Flugeinkäufer in o.g. Lösung C). So sind speziell das Personalwesen oder die Finanzbuchhaltung und das Cash-Management Aufgabenbereiche, deren Differenzierung nach Sparten wenig Sinn machen würde, denn es macht z.B. für den Finanzbuchhalter keinen Unterschied, ob er die Umsätze aus Reisen nach Spanien oder solche aus Reisen nach Frankreich verbucht. Die Abbildung auf der folgenden Seite zeigt beispielhaft eine solche Mischform für Reiseveranstalter auf.

Abbildung I.2.w: Aufbauorganisatorische Mischform mit divisionalen und funktionalen Elementen

Derartige Mischformen lassen sich in vielfältiger Weise konzipieren. Im Extrem führen sie zur sog. Matrix-Organisation, bei der – zur Erhöhung der Flexibilität – eine nach Funktionen gegliederte Organisation von einer produkt- oder projektorientierten überlagert wird.

2 Von der Strategie über die Ablauforganisation zur Aufbauorganisation

85

Hierdurch sollen die Spezialkenntnisse bezüglich sowohl des Produktes als auch der Funktion genutzt werden. Demnach überschneiden sich zwei Kompetenzsysteme, was zu Problemen hinsichtlich der Teilung der Autorität führen kann (Mehrliniensystem). Es besteht permanent eine Konfliktsituation, die jedoch problemorientiert gesteuert werden kann, um so das Innovationspotential der Unternehmung positiv zu beeinflussen. Insofern sind MatrixOrganisationen besonders geeignet für die Lösung innovativer und komplexer Probleme.

2.5

Lean Management

Durch organisatorische Veränderungen mit weniger Kosten und Personal schneller, besser und billiger produzieren – dies ist in knappen Worten die faszinierende Botschaft des sogenannten Lean Management. Überlange Entscheidungswege, verkrustete Verwaltungsstrukturen und inflexible Systeme sollen „schlankeren“ Formen weichen. Lean Management bedeutet also keinesfalls nur den Abbau von Hierarchien, um zu einer flacheren Struktur zu gelangen (hiervon sind besonders das mittlere Management und Stabsstellen betroffen). Es umfasst vielmehr eine Vielzahl von Einzelmaßnahmen, die als solche keinesfalls völlig neu 63 sind. Ihren Ursprung hat die „Zauberformel Lean Management“ in Fernost. Hinter diesem Begriff verbarg sich eine Methode der Entscheidungs- und Produktionssteuerung, die japanische Industrieunternehmen seit den 1980er Jahren so zielstrebig weiterentwickelt haben, dass sie sich zunächst in beeindruckenden Zahlen niederschlug. Brauchten deutsche Automobilhersteller für die Produktion eines Pkw durchschnittlich 36,2 Arbeitsstunden, so schafften dies die Japaner in 16,8 Stunden. „Schlanke Produktion“ bedeutet zunächst, dass die sogenannte Fertigungstiefe des Produkts bis zur Endmontage am Fließband verringert wird, d.h. die teure Herstellung von Einzelteilen weitgehend Zulieferern überlassen wird. Mit weniger Personal, Zulieferern, Produkten auszukommen und überflüssige Arbeitsgänge abzuspecken, ist „lean production“. Aber erst ein umfassendes „lean management“ aller Stufen, von der Entwicklung und Planung bis zur Montage unter Verzicht auf starre, inflexible Unternehmenshierarchien, machte die Japaner so erfolgreich – und deutsche Manager selbstkritisch. Das Ziel dieser Methode sind flache Hierarchien, Verlagerung der Verantwortung an die relevanten Orte und eine insgesamt schlankere Produktion auf hohem Qualitätsniveau. Dadurch werden eine stärkere Segmentierung, kürzere Entscheidungswege und neue Mitarbeiter-Chef-Verhältnisse erreicht. Zusätzlich werden die Entlohnungsformen transparenter, Innovationen werden gefördert und es sollen faire interne und externe Beziehungen aufgebaut werden. Durch die schlanke Form wird eine Konzentration auf das Wesentliche erreicht, da eine freie Sicht auf Marktanforderungen ermöglicht wird. Zusätzlich kann sofort auf Veränderungen und Wünsche reagiert werden, und so wird eine echte Kundenorientierung gewährleistet. Dieser radikale Wandel der Strukturen im Produktionsbereich macht auch vor

63

Insofern sehen Kritiker Lean Management lediglich als „alten Wein in neuen Schläuchen“. Einen praxisorientierten Überblick über Lean Management geben z.B. Bösenberg/Metzen, Lean Management.

86

Kapitel I: Organisation von Tourismusunternehmen

den Dienstleistern nicht halt. „Lean Service“ liefert den Schlüssel zur Frage, wie beste 64 Dienstleistungsqualität mit möglichst niedrigem Aufwand erreichbar ist. Für Reiseveranstalter sind z.B. die folgenden Grundpfeiler dieses Ansatzes relevant:

65

ƒ Reduktion der Zahl nicht unmittelbar wertschöpfender Verwaltungsstellen. ƒ Verlagerung indirekter/unterstützender betrieblicher Funktionen (z.B. Qualitätssicherung; Planung) „nach unten“ in Richtung der unmittelbar wertschöpfenden Organisationseinheiten. Insbesondere die Aufgabe der Sicherung der Leistungsqualität sollte möglichst unmittelbar bei den Bereichen der Leistungserstellung angesiedelt sein (was in der –Folge zu einer verstärkten Eigenkontrolle – statt Fremdkontrolle – der Abteilungen bzw. Teams führt). ƒ Minimierung der Zahl der Arbeitsschritte, die von verschiedenen Mitarbeitern bzw. Abteilungen an einem „Objekt“ durchgeführt werden (z.B. Abwicklung einer Gruppenreisebuchung „in einer Hand“ anstelle einer starken Arbeitsteilung zwischen Kundenbetreuung – Verkauf – Einkauf – Kalkulation – Buchungsabwicklung, bei der ein und dieselbe Buchung (bzw. derselbe Kunde) durch verschiedene Hände laufen muss). Dadurch werden – produktionstechnisch gesprochen – „Zwischenlager“ in Form von Aktenstapeln oder PC-Informationen, die mehrfach durch das gesamte Haus wandern, vermieden. ƒ Verzicht auf Stabsstellen. ƒ Dezentralisierung der Organisation durch Erweiterung der Entscheidungskompetenz nachgeordneter Stellen. Zuordnung der Entscheidungs- zur Fachkompetenz. ƒ Schaffung von intern eigenverantwortlichen Bereichen („Unternehmen im Unternehmen“) mit Zielsetzungen, die motivierend und messbar sind (z.B. Kapitalrenditen, Produktivität, Kosten, Buchungszahlen). ƒ Schaffung von Team-Strukturen (jeweils 8 bis 15 Mitarbeiter) entlang der unternehmerischen Wertschöpfungskette, wobei jedes Team als geschlossene Einheit eine große Eigenverantwortung trägt. Dadurch wird die Arbeitsteilung bei der Leistungserstellung verringert, Mehrfachqualifikationen und soziale Kompetenz werden gefordert und gefördert. Die Teams werden als eigentliche Know-how-Träger im Unternehmen angesehen. Bei der Personalauswahl wird entsprechend Wert auf die Teamfähigkeit der potentiellen Mitarbeiter gelegt („Team-/Führungsfähigkeit geht vor Fachqualität“). ƒ Erhöhung der Leitungsspannen (= Zahl der einer Führungskraft unterstellten Mitarbeiter), als logische Folge der Reduzierung der Leitungsebenen sowie des verstärkten TeamWorks. ƒ Verkürzung der Kommunikationswege, insbesondere durch intensivere persönliche Kommunikation. Statt Abteilungsbesprechungen, Vormerkungen, Arbeitsmeetings, Aktennotizen und Rundschreiben kann gerade in kleineren Unternehmungen ein „Management by walk around“ praktiziert werden. ƒ Offene Informationspolitik gegenüber den Mitarbeitern, insbesondere Transparenz der Unternehmensziele.

64 65

Vgl. ausführlich Biehal, Lean Service. Vgl.z.B. Pompl, Lean-Management; Brodisch, Schlüssel zum Erfolg.

2 Von der Strategie über die Ablauforganisation zur Aufbauorganisation

87

ƒ Förderung der Bereitschaft der Mitarbeiter zum lebenslangen Lernen. Die Mitarbeiter sollen „neu-gierig“ werden. Als „rerum novarum cupidus“ – gierig nach Neuem – hat ein römischer Dichter den Menschen beschrieben. „Karriere“ darf nicht Aufstieg auf einer fiktiven Leiter bedeuten, sondern sie muss als Entwicklung der fachlichen, methodischen, sozialen und Persönlichkeitskompetenz verstanden werden. Karriere darf nicht zur reinen Wissensverwaltung nach Abschluss einer Ausbildung führen. Karriere soll der neu-gierige, nicht der hab-gierige Mitarbeiter machen. Die Unternehmensphilosophie muss dem Mitarbeiter auch Fehler zugestehen, damit das Team Erfahrungen sammeln kann. ƒ Outsourcing: Verringerung der Wertschöpfung dank mehr „buy“ (d.h. Zukauf von Leistungen) statt „make“ (d.h. Eigenerstellung) zur Dynamisierung fixer Kosten sowie zur Qualitätssteigerung aufgrund höherer (externer) Fachkompetenz (z.B. in den Bereichen „EDV“, „Marktforschung“ oder „Katalogerstellung“); insbesondere Verringerung der nicht wertschöpfenden Tätigkeiten. ƒ Abschaffung von unnötigem Ballast und Leerlauf: In jeder Minute müssen 60 Sekunden zur Wertschöpfung genutzt werden. Insbesondere muss der Tendenz zur „Selbstrechtfertigung“ bei Führungskräften entgegengewirkt werden: Oftmals nutzen Manager einen Großteil ihrer Arbeitszeit ausschließlich zum gegenseitigen Informationsaustausch in Arbeitssitzungen etc., ohne dass hierbei eine unmittelbare Wertschöpfung zu erkennen wäre. Versteckte Reibungsverluste müssen aufgedeckt und beseitigt werden. 66 ƒ Verbesserung der Dienstleistungsqualität (Stichwort: Total Quality Management). (Dienstleistungs-) Qualität muss als zentraler strategischer Erfolgsfaktor einer Tourismusunternehmung erkannt und in den Unternehmenszielen verankert werden. Nicht eine „Qualitätskontrollabteilung“, sondern jeder einzelne Mitarbeiter hat die Qualitätssicherung zu gewährleisten. Die Qualität muss aus Kundensicht betrachtet werden, sie ist somit subjektiv und relativ. Kundenforderungen müssen die Leitlinie der Dienstleistungserstellung sein. Mögliche Quellen für Fehler und Mängel müssen im voraus erkannt und beseitigt werden. ƒ Stärkung der Prozesskontrolle, möglichst in Form einer Selbstkontrolle. Festeingefahrene Abläufe werden ständig kritisch untersucht und mit Blick auf die optimale Wertschöpfung neu geordnet. Im Massengeschäft der Reiseveranstaltung gibt es kaum Einzelfehler, sondern die Fehler reproduzieren sich (wenngleich sie nicht immer offensichtlich werden). Statt nur die Symptome abzustellen sind Fehler daher an der Wurzel zu beseitigen ƒ Automatisierung durch den verstärkten Einsatz von Informationstechnologien. ƒ Schaffung einer ausgeprägten Dienstleistungsmentalität innerhalb der Unternehmung: Aufbau eines unternehmeninternen Kunden-Lieferanten-Verhältnisses, indem jede Abteilung sich selbst als Lieferant für andere Abteilungen sieht. ƒ Einbeziehung der gesamten Wertkette, von den Leistungsträgern/Lieferanten bis zum Kunden als externen Faktor.

66

Vgl. ausführlich zum TQM z.B. Bösenberg/Metzen, Lean Management, S. 153–166.

88

Kapitel I: Organisation von Tourismusunternehmen

Lean Management darf jedoch nicht darauf hinauslaufen, ƒ ƒ ƒ ƒ

Hierarchieebenen blindwütig wegzustreichen, wichtige zentrale Unternehmensfunktionen zu schwächen, alle Macht den Mitarbeitern zu geben, oder planlos Teams und Arbeitsgruppen zu bilden.

Mit dem Abbau von Hierarchien und im Zuge einer konsequenten Team-Orientierung verändert sich das Rollenverständnis der mittleren Führungskräfte radikal; deren Weltbild wird teilweise gehörig ins Wanken gebracht. Statt wie gewohnt in eindeutig festgelegten Befehlsund Kontrollstrukturen zu handeln, müssen die Manager im zweiten und dritten Glied plötzlich verhakt, vernetzt und in wechselseitigen Wirkungsbeziehungen denken. Das heißt: An die Stelle positionsgebundener Weisungsmacht tritt die Verantwortung für den reibungslosen Verlauf von Prozessen. Der mittleren Führungskraft bleibt demnach die Rolle des Moderators oder Spielleiters, der idealerweise Kaufmann, Kommunikator, Techniker und Personalchef in einem verkörpert. Keine Führungskraft verliert jedoch gerne angestammte Privilegien, Kompetenzen und Machtbefugnisse. Daher kommt es nicht selten vor, dass Linienmanager die neuen Konzepte blockieren, wo sie nur können. Reorganisationen in der Dimension eines Lean Management sind für sie ein Trauma, weil Verbindungen zwischen Menschen zerstört werden, Personen bewegt, Machtbasen verändert und die Sicherheit der Hierarchie abgeschafft werden. Um Reibungsverluste bei der Implementierung von flachen Hierarchien und Teamarbeit zu minimieren, müssen daher alle Mitarbeitergruppen rechtzeitig mittels Schulungen, InfoMeetings u. dgl. konsequent auf die organisatorische Wende vorbereitet werden, und die Führungsspitze muss rückhaltlos hinter dem neuen Konzept stehen. Erfolgreiche Pilotprojekte, z.B. in einzelnen Abteilungen, Tochterfirmen oder bei Kooperationspartnern, können am besten Überzeugungsarbeit leisten. Somit schließt sich der Themenkreis dieses Kapitels zur Organisation von Tourismusunternehmen, denn Lean Management kann einerseits als einer der Gründe gesehen werden, warum die eingangs vorgestellten organisatorischen Strukturen deutscher Reiseveranstalter einem ständigen Wandel unterliegen. Andererseits muss jemand in den Unternehmen Lean Management „machen“, initiieren, vorantreiben – und dadurch kann letztlich auch dieser Ansatz der (Selbst-) Rechtfertigung mancher Stellen dienen, die in den Organigrammen der Großveranstalter scheinbar unauslöschbar festgeschrieben sind.

2.6

Alternative organisationale Gestaltung am praktischen Fallbeispiel

Abschließend soll ein kleines Fallbeispiel die Möglichkeit bieten, die bislang erworbenen Kenntnisse an einem praktischen Organisationsproblem anzuwenden. Bevor Sie dieses Beispiel bearbeiten, sollten Sie nochmals die einführend zu diesem Kapitel dargelegten Organigramme von TUI, ITS etc. ausführlich analysieren (siehe Abschnitt 1.).

2 Von der Strategie über die Ablauforganisation zur Aufbauorganisation

89

Bei einem mittelständischen Reiseveranstalter, der auch über ein eigenes Reisebüro verfügt, in dem neben den eigenen Pauschalreisen auch solche von Fremdveranstaltern vermittelt werden (Reisemittler- und Reiseveranstaltergeschäft), wurde eine Aufgabenanalyse durchgeführt. Der Reiseveranstalter vertreibt seine eigenveranstalteten Reisen sowohl direkt an Endkunden (über Mailings sowie im eigenen Reisebüro) als auch über (andere) Reisemittler. Die nachfolgende Tabelle fasst die Ergebnisse zusammen (Einzeltätigkeiten und deren Zeitbedarf). Arbeits-

Stundenbedarf

anfall

Aufgaben

pro Woche Sommer

Winter

Immer

Annoncen schalten/Kontakt zu Medien (laufend/aktuelle Infos)

2

3

Immer

Annoncen, Flugblätter, Plakate am PC gestalten (Layout-Gestaltung)

2

3

Immer

Ansprechpartner für EDV-Fragen

2

2

Immer

Ansprechpartner/Betreuung Großgruppen ab 20 Pers.

1

1

Immer

Ansprechpartner/Tutor für Praktikanten im Laden

1

1

Immer

Arbeitspläne/Stundenpläne/Vertretungen koordinieren

0,5

0,5

Immer

AZUBI-Betreuung

3

3

Immer

Bearbeitung der Buchungen auf Fremdveranstalter / Reisemittlergeschäft (außer Flüge)

10

10

Immer

Bearbeitung Flugbuchungen/Flugspezialist im Reisemittlergeschäft

15

10

Immer

Blumen gießen

0,5

0,5

Immer

Botengänge

3

3

Immer

Buchführung/Bilanzen/Planungsrechnungen

20

20

Immer

Counterkraft / Kundenberatung im eigenen Reisebüro

70

90

Immer

Einkauf Bürobedarf und Ausgabe (Papier, Büromaterial)

1

1

Immer

Endablage von Umläufen und sonstigen Dokumenten

0,5

0,5

Immer

Finanzwesen/Finanzverwaltung/Unterschrift für Auszahlungen

10

10

Immer

Formulare: Bereitstellung (Kopieren)

0,5

0,5

Immer

Fremdveranstalter (fürs Reisemittlergeschäft): Betreuung/Akquisition

2

2

Immer

Fremdveranstalter: Kataloganforderungen

1

1

Immer

Führung des laufenden Geschäftskontos

2

5

Immer

Gestaltung und Auffüllen der Prospektwand

1

1

Immer

Kassenführung / Abrechnung der Bürokasse

2

2

Immer

Koordination aller Geschäftsbereiche / Gesamtunternehmensleitung

Immer

Krankmeldungen/Fehlzeiten/Überstunden registrieren

6

6

0,5

0,5 1

Immer

Mahnwesen

1

Immer

Personalwesen (neue Mitarbeiter, Verträge, Gehalt, Zeugnisse)

4

4

Immer

Pflege/Reparatur von Bürogeräten (Kopierer, Anrufbeantw., Fahrrad, Büromöbel, etc.)

1

1

90

Kapitel I: Organisation von Tourismusunternehmen Arbeits-

Stundenbedarf

anfall

Aufgaben

pro Woche Sommer

Winter

Immer

Planung größerer Anschaffungen / Grundausstattung Büro

1

1

Immer

Planung, Durchführung und Auswertung von Kundenbefragungen / Marktforschung

3

4

Immer

Post- und Telekommunikationsbeauftragter (Telefon, Fax, Großversendungen, Internet)

1

1

Immer

PR (Pressekontakte, regelmäßige Infos an Presse, etc.)

2

2

Immer

Prospektversand an Reisebüros

1

2

Immer

Rechnungsprüfung und Zahlungsanweisungen an Werbeträger

0,5

0,5

Immer

Reklamationen/Gerichtssachen

1

1

Immer

Schaufenstergestaltung/Ladendekoration

2

2

Immer

Überprüfung der Anzeigen auf Erscheinen und Richtigkeit

1

1

Immer

Überwachung Büroordnung (Ordnersysteme, Ablagesysteme, Sauberkeit, Aufräumen)

2

2

Immer

Überwachung und Anweisung der anfallenden Zahlungen an Leistungsträger

2

2

Immer

Verteilung von Flugzetteln und Plakaten (Werbung vor Ort)

1

1

Immer

Vertrieb/Reisebürobetreuung (Aktionen, Abrechnungen, Statistik, Vertriebsausweitung)

2

4

Immer

Verwaltung der Kunden-Stammadressen im PC

1

1

Immer

Verwaltung der Leistungsträger-Stammadressen im PC

1

1

Immer

Verwaltung sonstiger Kürzel im PC

0,5

0,5

Immer

Vorbereitung Zahlungsausgänge (Übertragung auf Überweisungsbelege)

3

4

Immer

Wochenmeetings vorbereiten

1

1

Immer

wöchentliches Office-Meeting für alle

1

1

Immer

5

Zeit für persönliche Mitarbeiterführung (je Führungskraft erforderlich)

5

nur Sommer

Bearbeitung der Buchungen für eigenveranstaltete Sommerreisen (diverse Angebote)

60

nur Sommer

Einkaufspreisbeschaffung Winter Frankreich (Unterkünfte, Skipässe, Busse, etc.)

5

nur Sommer

Einkaufspreisbeschaffung Winter Österreich (Unterkünfte, Skipässe, etc.)

2

nur Sommer

Einkaufspreisbeschaffung Winter Schweiz (Unterkünfte, Skipässe, etc.)

nur Sommer

Kapazitätseinkauf Winter Frankreich (Appartements)

15

nur Sommer

Kapazitätseinkauf Winter: Österreich

5

nur Sommer

Kapazitätseinkauf Winter: Schweiz

2

nur Sommer

Kontingentüberwachung Appartements/Hotels im Sommer

1

nur Sommer

Koordination der Kurse/Kurskontingente/Abrechnung Sprach-/Sportlehrer So.

1

nur Sommer

Koordination der Reiseleiter/Abrechnung Reiseleiter im Sommer

1

nur Sommer

Koordination der Sommer-Busfahrten/Buskontintenge/Abrechnung Busunternehmen

1

1

2 Von der Strategie über die Ablauforganisation zur Aufbauorganisation

91

Arbeitsanfall

Stundenbedarf Aufgaben

pro Woche Sommer

nur Sommer

Kundenpreiskalkulation Winterangebote

6

nur Sommer

Neue Angebote entwickeln (Winter/Ski)

2

nur Sommer

Schriftliche Beantwortung von Kundenanfragen/Eingabe in PC/KatalogVersand (Sommer)

3

nur Sommer

Verbuchung der geleisteten und erhaltenen Zahlungen im PC (Sommer)

4

Winter

nur Winter

Bearbeitung der Winterbuchungen, eigenes Angebot Nr. F100

15

nur Winter

Bearbeitung der Winterbuchungen, eigenes Angebot Nr. F111

5

nur Winter

Bearbeitung der Winterbuchungen, eigenes Angebot Nr. F200

10

nur Winter

Bearbeitung der Winterbuchungen, eigenes Angebot Nr. F201

8

nur Winter

Bearbeitung der Winterbuchungen, eigenes Angebot Nr. F205

5

nur Winter

Bearbeitung der Winterbuchungen, eigenes Angebot Nr. F210

5

nur Winter

Bearbeitung der Winterbuchungen, eigenes Angebot Nr. F238

10

nur Winter

Bearbeitung der Winterbuchungen, eigenes Angebot Nr. F241

20

nur Winter

Bearbeitung der Winterbuchungen, eigenes Angebot Nr. F260

10

nur Winter

Bearbeitung der Winterbuchungen, Eigenveranstaltungen Österreich

15

nur Winter

Bearbeitung der Winterbuchungen, Eigenveranstaltungen Schweiz

10

nur Winter

Einkaufspreisbeschaffung Sommerangebote

2

nur Winter

Kapazitätseinkauf für Sommerangebote

8

nur Winter

Kontingentüberwachung Appartements im Winter

3

nur Winter

Koordination der Reiseleiter/Abrechnung Reiseleiter im Winter

2

nur Winter

Koordination der Skikurse/Kurskontingente/Abrechnung Skilehrer

3

nur Winter

Koordination der Winter-Busfahrten/Buskontingente/Abrechnung Busunternehmen

4

nur Winter

Kundenpreiskalkulation Sommerangebote

3

nur Winter

Neue Angebote entwickeln (Sommer)

3

nur Winter

Schriftliche Beantwortung von Anfragen/Eingabe in PC/Katalog-Versand an Direktkunden (Winter)

10

nur Winter

Verbuchung der geleisteten und erhaltenen Zahlungen im PC (Winter)

punktuell

Eingabe der Unterkunftskontingente für Eigenveranstaltungen in den PC (Stammdatenaufbau)

punktuell

Formulare: inhaltliche Gestaltung / Überarbeitung

5

5

punktuell

Katalogerstellung/Layout/Druckkoordination (eigener Veranstalterprospekt)

300

200

punktuell

Koordination der großen Versandaktionen (Katalogversand an Direktkunden etc.)

50

70

punktuell

Vorbereitung von Direct-Mail-Aktionen (Gestaltung, Adressenselektion)

5

5

Abbildung I.2.x: Fallbeispiel Organisation – Aufgabenanalyse/Tätigkeitsbeschreibung

10 120

100

92

Kapitel I: Organisation von Tourismusunternehmen

Gemäß dieser Übersicht gibt es Tätigkeiten, die ganzjährig anfallen („immer“), solche, die nur in der Sommersaison („nur Sommer“) und solche, die nur im Winter („nur Winter“) auszuüben sind. Daneben existieren Aufgaben, die punktuell, also zu einem begrenzten Zeitraum, mit einem hohen Arbeitsanfall einhergehen. Um diese zu bewältigen müssen spezielle organisatorische Regelungen getroffen werden, da sich diese zeitintensiven Tätigkeiten nicht auf viele Wochen verteilen lassen. Entwickeln Sie ein Organisationskonzept für dieses Unternehmen, indem Sie die Überlegungen der Kapitel 2.3.4 bis 2.5. anwenden und folgendes erarbeiten: ƒ Stellenplan inkl. Kurzbeschreibung der Stelle sowie der spezifischen Anforderungen (s. Mustertabelle s. unten), ƒ Organigramm inkl. kurzer Erläuterung, ƒ Ablaufplan in Matrixform (nur) für die Teilaufgaben vom touristischen Einkauf bis zum Katalogversand. Ihr Stellenplan könnte z.B. folgendes Aussehen haben: StellenNr.

Stellenbezeichnung

1

Hoteleinkäufer FrankreichAngebote Nr. F100 bis F260

Tätigkeiten

Zeitbedarf (Wochenstunden) Sommer Winter

Anforderungen an Stelleninhaber ƒ

ƒ ƒ ƒ

ƒ

Einkaufspreisbeschaffung 5 Frankreich Kapazitätseinkauf Frank- 15 reich etc. Preiskalkulation ... etc. ...

2 8 etc.

ƒ ƒ ƒ

ƒ Σ = 39 2

Bereitschaft zu häufigen Auslandsaufenthalten Französischkenntnisse EDV-Grundkenntnisse (Textverarbeitung, Tabellenkalkulation) möglichst FachhochschulAusbildung ... etc. ...

Σ = 36

etc.

Abbildung I.2.y: Fallbeispiel Organisation – Beispiel Stellenplan

Bitte beachten Sie: Es gibt nicht nur eine richtige Lösung! Diskutieren Sie alternative Möglichkeiten und wählen Sie diejenige aus, die Ihnen am sinnvollsten erscheint.

Kapitel II: Ausgewählte Probleme des Personalmanagements bei Reiseveranstaltern Gerade in Dienstleistungsunternehmen stellen die Mitarbeiter den Erfolgsfaktor dar. Insofern kommt dem Personalmanagement bei Reiseveranstaltern eine besondere Bedeutung zu. Allerdings unterscheidet sich das Personalwesen bei Tourismusunternehmen nicht wesentlich von dem anderer Unternehmungen: ƒ Es gelten dieselben (arbeits-)rechtlichen Rahmenbedingungen. ƒ Wie in anderen Branchen auch gibt es Tarifverträge, die hier zwischen den Gewerkschaften (insbesondere Verdi, die 2001 aus HBV, ÖTV, DAG hervorging) und den Tarifgemeinschaften der Arbeitgeberverbände (hier: DRV-Tarifgemeinschaft) abgeschlossen werden. Hervorzuheben ist hier lediglich, dass es keine eigene „Tourismusgewerkschaft“ gibt. Auch wurden die abgeschlossenen Tarifverträge nicht – wie in vielen anderen Branchen geschehen – für allgemeinverbindlich erklärt; sie gelten daher jeweils nur für die in den jeweiligen Interessenvertretungen organisierten Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Auch sind nicht alle im DRV organisierten Tourismusunternehmen tarifgebunden, denn innerhalb des DRV gibt es eine eigene Tarifgemeinschaft, die nur einen geringen Teil aller DRV-Mitglieder umfasst (siehe auch nachfolgende Abbildung mit dem Beispiel für einen Gehaltstarifvertrag). ƒ Betriebsvereinbarungen und individuelle Arbeitsverträge haben grundsätzlich den gleichen Inhalt wie in anderen Branchen. ƒ Die personalpolitischen Instrumente sind dieselben. 67

Aus diesen Gründen soll auf eine breite, allgemeingültige Behandlung der personalwirtschaftlichen Fragestellungen in diesem Buch verzichtet werden. Lediglich ein grober Überblick über die Teilbereiche des Personalmanagements soll die Gestaltungsdimensionen ins 68 Bewusstsein des Lesers rufen. Vertieft werden daraufhin einige sehr spezielle Aspekte der

67

68

Einen guten Überblick über arbeitsrechtliche Grundlagen gibt Hentze, Personalwirtschaftslehre, Bd. I, S. 447–449. Speziell zu arbeitsrechtlichen Regelungen bezüglich der Arbeitszeit (z.B. Sonderurlaub für Pflege kranker Kinder; Arztbesuche, Behördengänge etc. während der Arbeitszeit; Wegerisiko/Unpünktlichkeit; Mehrarbeitsvergütung bei Überstunden) siehe o.V., Arbeitszeit. Zur ausführlichen Erarbeitung dieser allgemeingültigen Grundlagen sei der Leser auf die Standardwerke der Personalwirtschaftslehre verwiesen. Dank ihrer knappen und präzisen Abhandlung sind besonders zu empfehlen: Hentze, Personalwirtschaftslehre sowie Bisani, Personalführung.

94

Kapitel II: Personalmanagement bei Reiseveranstaltern

Personalpolitik, die gerade für mittelständische Unternehmungen – und durch solche ist die Tourismusbranche ja stark geprägt – von großer Relevanz sein können.

Abbildung II.a.: Beispiele für Tarifverträge im Tourismus

1

Die Teilbereiche des Personalmanagements

Das Personalmanagement bei Reiseveranstaltern und Reisemittlern lässt sich anhand der verschiedenen Managementaufgaben (Zielsetzung, Planung, Entscheidung, Realisation/ Umsetzung, Kontrolle) sowie der Objektbereiche der Personalwirtschaft strukturieren. Die nachfolgende Abbildung verdeutlicht dies, wobei in den Schnittstellen dieser beiden Dimensionen ausgewählte Einzelaspekte aufgeführt sind. Auf einige von diesen wird in den nachfolgenden Kapiteln näher eingegangen, so insbesondere auf die Möglichkeiten der Mitarbeitermotivation durch eine Mitarbeitererfolgsbeteiligung (s. Kapitel 4.). Zunächst ist in quantitativer, qualitativer, zeitlicher und räumlicher Hinsicht der Personalbedarf zu prognostizieren. Die Personalbedarfsplanung kann sich an den oben dargestellten Stellenplänen orientieren. Hier wird die Zahl der benötigten Mitarbeiter mit den jeweiligen Anforderungen definiert (vgl. Abschnitt 2.3.5. im 1. Kapitel: Stellenbeschreibung). Insofern ist die Personalbedarfsplanung die logische Fortsetzung der Festlegung einer bestimmten Aufbauorganisation. Aufbauend auf dem ermittelten Personalbedarf müssen die erforderlichen Mitarbeiter beschafft werden. Die Personalbeschaffung umfasst die beiden Hauptschritte Personalakquisition und Personalauswahl. Für die Akquisition bieten sich verschiedene Wege an: Neben dem unternehmensinternen Beschaffungspotential (unternehmensinterne Stellenbesetzung

1 Die Teilbereiche des Personalmanagements

95

Abbildung II.1.a.: Aufgabenfelder des Personalmanagements

durch Umsetzung von Mitarbeitern innerhalb des Unternehmens; i.d.R. mit einem hierarchischen Aufstieg des Mitarbeiters verbunden) bieten sich als Wege der externen Personalbeschaffung z.B. Stellenannoncen in Tageszeitungen oder Fachzeitschriften, die Werbung an Schulen oder Hochschulen, die Inanspruchnahme der Dienste der Arbeitsämter oder die 69 Einschaltung von Personalberatern an. Aus den daraufhin erhaltenen Bewerbungen müssen diejenigen selektiert werden, die – aus Sicht der Unternehmung – zu einer Einstellung führen könnten. Auch für diesen Schritt der Personalauswahl bieten sich verschiedene Methoden an: summarische versus analytische Personalbeurteilung sowie Beurteilungsgespräche zur Feststellung des Eignungspotentials bei Bewerbern des internen Arbeitsbeschaffungsmarktes; psychologische Tests, Vorstellungsgespräche oder Assessment-Center-Verfahren für externe 70 Bewerber – um nur diese Stichworte hier zu nennen. Schließlich bietet der Personaleinsatz eine Reihe von Gestaltungsoptionen. Da auch die Behandlung dieser Möglichkeiten und Probleme den Rahmen der vorliegenden Arbeit sprengen würde, sei hier mit einigen Stichworten nur auf die vorhandene Fachliteratur verwiesen: 69 70

Vgl. ausführlich zu den Wegen der Personalbeschaffung: Hentze, Personalwirtschaftslehre I, S. 257. Zur Vertiefung siehe z.B. Hentze, Personalwirtschaftslehre I, S. 265–313.

96

Kapitel II: Personalmanagement bei Reiseveranstaltern

Einarbeitung von neuen Mitarbeitern, Job-Rotation, Arbeitszeitplanung, Arbeitsplatzergonomie und Arbeitssicherheit stellen nur einige der zentralen Aufgaben der Personaleinsatzplanung dar. Wir werden in einem der folgenden Abschnitte einen ganz speziellen Teilbereich, nämlich die Gestaltung von Arbeits- und Urlaubsplänen, am Beispiel eines mittelständischen Reiseveranstalters näher behandeln. Der Personalerhaltung und Leistungsstimulation dienen nicht nur monetäre Anreize – wir werden die Mitarbeitererfolgsbeteiligung als eine spezielle Form der leistungsorientierten Entlohnung in einem der nächsten Abschnitte ausführlicher durchleuchten –, sondern insbesondere auch solche Motivatoren, die intrinsische Arbeitsbedürfnisse (Leistungserfolg, soziale Anerkennung, Entfaltungsmöglichkeiten, etc.) befriedigen. Hierzu gehört auch, die Mitarbeiter kontinuierlich zu fordern und zu fördern. Die Personalentwicklung trägt heute mehr denn je dem Grundsatz des „lebenslangen Lernens“ Rechnung. Gerade bei Reiseveranstaltern, die sich von einer extrem dynamischen Umwelt umgeben sehen, muss der Kenntnisund Wissensstand der Mitarbeiter ständig auf aktuellem Niveau gehalten werden. So müssen z.B. Zielgebietskenntnisse oder Fertigkeiten in der Bedienung (neuer) Computerreservie71 rungssysteme immer wieder aktualisiert werden. Die Personalfreistellung umfasst schließlich die Änderung sowie die Beendigung bestehender Arbeitsverhältnisse zur Beseitigung einer personellen Überdeckung in quantitativer, qualitativer, zeitlicher oder örtlicher Hinsicht. Die Beendigung von Arbeitsverhältnissen durch Kündigung von Seiten des Arbeitgebers zielt i.d.R. auf einen Personalabbau, d.h. eine Reduzierung des Personalbestands. Gründe hierfür können z.B. in Absatzrückgängen, strukturellen Veränderungen (vgl. z.B. oben: vertikale Integration ermöglicht Stellenabbau; oder auch als Folge von Reorganisationsmaßnahmen) oder – gerade im Tourismus – saisonal bedingten Beschäftigungsschwankungen liegen. Gerade bei der Kündigung durch den Arbeitgeber ist eine Reihe von rechtlichen Restriktionen zu beachten, auf die an dieser Stelle jedoch nicht näher eingegangen werden kann (Betriebsverfassungsgesetz, Kündigungsschutzgesetz, 72 etc.). Wie umfangreich Personalwesen in der touristischen Praxis sein kann, zeigt ein Blick auf die C&N Touristic AG, die 1999 gegründete Holding, in der u.a. die NUR TOURISTIC 73 GMBH sowie die Condor Flugdienst GmbH vereint waren. Zum C&N-Konzern gehören (Stand 1999) u.a. auch die Fischer Reisen GmbH (100%), die Kreutzer Touristik GmbH 74 (100%), die Holiday Land Reisebüro GmbH (100%) sowie zu 10% die Öger Tours GmbH. 2007 wurde der britische Reiseveranstalter MyTravel Group übernommen. Das nachfolgende Organigramm zeigt „nur“ die Zentralfunktionen der Vorstandsbereiche. Jeder Vorstand übt sowohl direkte Linien- als auch übergreifende Coachingfunktionen aus. 71

72 73

74

Einen ausführlichen Überblick über die Fragen, Probleme und Ansätze der Personalentwicklung, gerade auch aus der Perspektive mittelständischer Unternehmen, gibt Meier, Personalentwicklung. Vgl. ausführlich z.B. Hentze, Personalwirtschaftslehre II, S. 251–261. Man achte auf die von den Unternehmen gewünschte Schreibweise („Touristic“ mit „c“, Groß- bzw. Kleinschreibung etc.), die hier in der „offiziellen“ Form wiedergegeben ist. 2001 wurde aus dem C&N-Konzern die Thomas Cook AG. Öger wurde im Sommer 2010 komplett von Thomas Cook übernommen.

1 Die Teilbereiche des Personalmanagements

Abbildung II.1.b.: Organigramm C&N – Zentralfunktionen der Vorstandsbereiche (Stand: November 1999)

97

Abbildung II.1.c.: Ausschnitt aus der Personalbestandsstatistik von C&N

Gesamt

männlich weiblich Mitarbeiter Bord männlich im Einsatz weiblich Zwischensumme männlich weiblich Personal in Ausbildung Vorstand/Geschäftsführer

Mitarbeiter

Gesamt

männlich weiblich Mitarbeiter Bord männlich im Einsatz weiblich Zwischensumme männlich weiblich Personal in Ausbildung Vorstand/Geschäftsführer

Mitarbeiter

Personalbestand zum Stichtag 31. Juli 1999

541150 541160

541110 541120 541130 541140

27,0

15,0 9,0 0,0 0,0 15,0 9,0 0,0 3,0 239,0

129,0 110,0 0,0 0,0 129,0 110,0 0,0 0,0 147,0

48,0 79,0 0,0 0,0 48,0 79,0 18,0 2,0

Kreutzer 250

149,0 87,0 0,0 0,0 149,0 87,0 0,0 0,0

Holiday Land Reisebüro GmbH Hotel Vela Konto-Nr. 193 163

20,0 44,0 0,0 0,0 20,0 44,0 0,0 2,0 236,0

59,0

38,0 18,0 0,0 0,0 38,0 18,0 0,0 3,0 66,0

541150 541160

541110 541120 541130 541140

Konto-Nr.

Aldiana C&N AG Air Marin Fuerteventura 231 164 001

246,2 201,5 0,0 0,0 246,2 201,5 1,0 2,0 448,7

… … … … … … … … 72,0 …

52,0 17,0 0,0 0,0 52,0 17,0 0,0 3,0

88,6

17,0 69,6 0,0 0,0 17,0 69,6 0,0 2,0

Fischer 240

0,0

0,0 0,0 0,0 0,0 0,0 0,0 0,0 0,0

GUT 190

15,0

2,0 13,0 0,0 0,0 2,0 13,0 0,0 0,0

Holiday Land Belgien 103

326,0

260,0 66,0 0,0 0,0 260,0 66,0 0,0 0,0

276,0

55,0 220,0 0,0 0,0 55,0 220,0 0,0 1,0

10.011,1

3.370,8 4.427,3 777,0 1.215,0 4.147,8 5.642,3 184,0 37,0

Aldiana Royal Cupido Senegal Vrij Uit Gesamtsumme 161 153 113

0,0

240,0 …

Mochlos … 152 …

0,0 0,0 0,0 0,0 0,0 0,0 0,0 0,0

… … … … … … … …

134,0 104,0 0,0 0,0 134,0 104,0 0,0 2,0

AMC … 181 …

Clubhotel Hochkönig GmbH 350

98 Kapitel II: Personalmanagement bei Reiseveranstaltern

2 Kriterien der Personalauswahl

99

Vorhergehende Abbildung gibt einen Einblick in die Mitarbeiterstruktur des Konzerns. Die C&N-AG beschäftigte insgesamt mehr als 10.000 Mitarbeiter, darunter mehr als 180 Auszubildende. Dies erklärt, warum unter dem seinerzeitigen Vorstand Dr. Schoiber im Bereich „Personalentwicklung /-politik“ zahlreiche Stellen angesiedelt sind, die sich z.B. mit Fragen der Führungskräfteentwicklung, der Tarifpolitik oder der Personaleinsatzplanung befassen.

2

Kriterien der Personalauswahl: Anforderungen von Tourismusunternehmen an potentielle Mitarbeiter

An dieser Stelle sollen einige Ergebnisse einer vom Verfasser ohne Anspruch auf vollständige Repräsentativität durchgeführten Studie über die Anforderungen von Tourismus75 unternehmen an (potentielle) Mitarbeiter eingeflochten werden.

2.1

Problemstellung und Untersuchungsgegenstand

Wie sieht die Stellenmarktsituation im Tourismus, insbesondere im Bereich der Reiseveranstalter und Reisemittler, aus? Welche Qualifikationen werden gesucht, welche Stellen werden angeboten? Haben akademisch gebildete Touristiker, speziell Hochschulabgänger, auf dem Arbeitsmarkt eine Chance? 76

Diesen und weiteren Fragen wurde in bislang sieben Studien nachgegangen. Die Untersuchung erhebt keinen Anspruch auf vollständige Repräsentativität für den gesamten Markt tourismuswirtschaftlicher Arbeitsplätze in Deutschland. Der Analysegegenstand hat seinen Schwerpunkt bei den Arbeitsstellen bei Reiseveranstaltern und Reisemittlern; insbesondere die Hotelbetriebe sowie der kommunale Fremdenverkehr sind – aufgrund der gewählten empirischen Basis in Form spezieller touristischer Fachzeitschriften – nicht gemäß ihrer wahren (arbeitsmarktpolitischen) Bedeutung wiedergegeben.

75

76

Zu den allgemeinen Anforderungen an Mitarbeiter in Tourismusunternehmen vgl. auch Frings, Mitarbeitersuche. Siehe ausführlich zu den nachfolgenden Ausführungen: Kirstges/Weißflog, Arbeitsmarktperspektiven.

100

2.2

Kapitel II: Personalmanagement bei Reiseveranstaltern

Zur Methodik

Bereits sieben Mal, zwischen 1992 und 2007, wurde in einer stichprobenartigen Erhebung der touristische Arbeitsmarkt analysiert. Erstmals 1992 wurden die in einer führenden touristischen Fachzeitschrift, der Fremdenverkehrswirtschaft International (FVW), innerhalb eines abgegrenzten Zeitraums (August bis Dezember 1992) publizierten Stellenangebote ausgewählt und einer Analyse unterzogen. Die FVW hat für die Bundesrepublik den umfangreichsten Anzeigenteil für Stellenangebote in der Tourismuswirtschaft. Gerade mitarbeitersuchende Reiseveranstalter- und Reisemittlerunternehmen nutzen diesen Stellenmarkt der FVW; speziell für die touristischen Bereiche der Hotellerie und des kommunalen Fremdenverkehrs bieten sich dem Arbeitgeber jedoch andere, speziellere Medien, so dass diese Teilbranchen hier unterrepräsentiert sein dürften. Für die nachfolgenden Studien wurden sämtliche Ausgaben der führenden touristischen 77 Fachzeitschriften ƒ ƒ ƒ ƒ ƒ

Fremdenverkehrswirtschaft International (FVW), Reisebüro Bulletin (RB), Touristik Aktuell (TA), Touristik Management (TM), Touristik Report (TR)

des jeweiligen Jahres analysiert. Insgesamt konnten so für 1996 1.395 Stellenangebote, für 1997 1.581 Stellenangebote, für 1998 2.438 Stellenangebote und für 2007 2.123 Stellenangebote, die in dem jeweiligen Jahr in o.g. Zeitschriften publiziert wurden, erfasst und ausgewertet werden. Bezogen auf den Stellenmarkt dieser Fachzeitschriften handelt es sich

2007 Fachzeitschrift

1998

1997

1996

Häufigkeit

Prozent

Häufigkeit

Prozent

Häufigkeit

Prozent

Häufigkeit

Prozent

2084

98,2

2384

97,8

1449

91,7

1083

77,6

RB

0

0,0

0

0,0

5

0,3

13

0,9

TA

39

1,8

17

0,7

27

1,7

32

2,3

TM

0

0,0

12

0,5

10

0,6

13

0,9

TR

0

0,0

25

1,0

90

5,7

254

18,2

2123

100,0

2438

100,0

1581

100,0

1395

100,0

FVW

Gesamt

Abbildung II.2.a.: Stellenangebote in den ausgewerteten Fachzeitschriften

77

TM und TR existieren mittlerweile (und auch zu den letzten Studien) nicht mehr; RB nennt sich jetzt Travel One. Die Analyse aus dem Jahr 2007 stützt sich auf die Stellenanzeigen, die Unternehmen in den touristischen Fachzeitschriften FVW und Touristik Aktuell im selbigen Jahr schalteten.

2 Kriterien der Personalauswahl

101

also um eine Vollerhebung (zum Vergleich: In der Stichprobe für 1992 wurden 596 Annoncen untersucht). Eine Stellenannonce kann u.U. mehrere offene Stellen ausschreiben. Insofern liegt die Zahl der untersuchten Stellenangebote (hier: 2.123 in 2007) höher als die Zahl der publizierten Annoncen. Jede einzelne ausgeschriebene Stelle wurde hinsichtlich bestimmter Strukturkriterien analysiert und in einem Datenbanksystem erfasst. Als Untersuchungskriterien wurden beispielsweise festgelegt: ƒ ƒ ƒ ƒ ƒ ƒ ƒ ƒ

Name des mitarbeitersuchenden Unternehmens, Art des Unternehmens (Reisebüro, Veranstalter, etc.), Sitz des Unternehmens (Ort und PLZ), Stellenbezeichnung, Anforderungen an den Ausbildungsstand eines Bewerbers, gewünschte Fremdsprachenkenntnisse, geforderte EDV- und CRS-Kenntnisse, etc.

Sofern es offensichtlich war, dass dieselbe Stelle mehrfach in verschiedenen Zeitschriften oder verschiedenen Ausgaben nacheinander angeboten wurde, erfolgte nur eine Erfassung. Da die FVW als erste Zeitschrift erfasst wurde, entspricht so die Zahl der ausgewerteten Annoncen in den anderen Zeitschriften nicht der tatsächlichen Zahl der dort geschalteten Stellenanzeigen. Dennoch ist nicht auszuschließen, dass manche Stellen aufgrund mehrfacher Ausschreibungen mehrfach erfasst wurden. Deren Zahl dürfte jedoch insgesamt unbedeutend sein und somit kaum zu einer Verfälschung der Analyse beitragen. Die nachfolgende Kurzfassung der Analyseergebnisse stützt sich auf die so erfassten Strukturkriterien. Ohne Zweifel unterliegt der Arbeitsmarkt leichten Wandlungen im Laufe der Monate. An seiner grundsätzlichen Struktur und den prinzipiellen Anforderungen an (potentielle) Mitarbeiter ändert sich jedoch innerhalb eines kurz- bis mittelfristigen Zeitraums nichts. Insofern können die nachfolgend aufgeführten Analyseergebnisse auch unabhängig vom eingeschränkten Untersuchungszeitraum interessante Erkenntnisse liefern. Darüber hinaus ist, aufgrund der gleichartigen Erfassung zu nunmehr sieben Zeitpunkten über einen Zeitraum von insgesamt 15 Jahren, eine Längsschnittanalyse hinsichtlich verschiedener Strukturkriterien möglich.

2.3

Ausgewählte Analyseergebnisse

2.3.1

Art der mitarbeitersuchenden Unternehmungen

Im Jahr 2007 stellen die Reisebüros mit 37,3% (2005: 19,4%) der analysierten Stellenangebote den größten Anteil. Bei den Reiseveranstaltern finden sich 17,5% (2005: 27,1%) der offenen Stellen. Insgesamt sind mit 54,8% über die Hälfte (2005: 46,5%) der freien Arbeitsplätze den Reisemittlern und Reiseveranstaltern zuzuordnen.

102

Kapitel II: Personalmanagement bei Reiseveranstaltern 2007 (Gesamtjahr, 2 Zeitschriften)

Unternehmensart:

Zahl der Stellenangebote

2005 (Gesamtjahr, 3 Zeitschriften)

Anteil in %

Zahl der Stellenangebote

2002 (Gesamtjahr, 5 Zeitschriften)

Anteil in %

Zahl der Stellenangebote

Anteil in %

Reisebüros

791

37,3

221

19,4

610

40,5

Reiseveranstalter

372

17,5

308

27,1

247

16,4

Airlines

135

6,4

128

11,3

132

8,8

Hotelbetriebe

48

2,3

48

4,2

64

4,2

Fremdenverkehrsorte/organisationen

125

5,9

60

5,3

135

9,0

Bus/Sonstige

32

1,5

11

1,0

10

0,7

Autovermietung

13

0,6

15

1,3

20

1,3

CRS-Anbieter

62

2,9

59

5,2

13

0,9

Ferienwohnungen

9

0,4

8

0,7

14

0,9

Schiff/Reederei

88

4,1

60

5,3

51

3,4

Incoming-Agentur

32

1,5

34

3,0

11

0,7

Institution

45

2,1

15

1,3

27

1,8

Sonstige/nicht zuordenbar

371

17,5

170

15

172

11,4

2.123

100

1.137

100

1.506

100

Summe

1998 (Gesamtjahr, 5 Zeitschriften)

1997 (Gesamtjahr, 5 Zeitschriften)

1996 (Gesamtjahr, 5 Zeitschriften)

Zahl der Stellenangebote

Anteil in %

Zahl der Stellenangebote

Anteil in %

Zahl der Stellenangebote

Anteil in %

Zahl der Stellenangebote

Anteil in %

Reisebüros Reiseveranstalter Airlines Hotelbetriebe Fremdenverkehrsorte/ -organisationen Bus/Sonstige Ferienwohnungen Schiff/Reederei Sonstige/nicht zuordenbar

1572 242 84 62 115

64,6 9,9 3,4 2,5 4,7

925 241 76 48 103

58,5 15,2 4,8 3,0 6,5

793 294 77 31 86

56,8 21,1 5,5 2,2 6,2

300 154 26 12 32

50 27 4 2 5

7 5 26 325

0,3 0,2 1,1 13,3

188

12

114

8,2

72

12

Summe

2438

100,0

1581

100

1395

100

596

100

Unternehmensart:

Abbildung II.2.b.: Stellenangebote nach Unternehmensart

1992 (5 Monate, nur FVW)

2 Kriterien der Personalauswahl

2.3.2

103

Regionale Verteilung der offenen Stellen

Anhand der nachfolgenden Übersicht lassen sich sechs große Ballungsräume mit je mehr als 100 offenen Stellen ausmachen. Dazu zählen die Regionen Frankfurt/Taunus (337 Stellen), München (317), Köln/Bonn etc. (222), Stuttgart/Karlsruhe/Mannheim (168), Berlin (125) und Hamburg (109). Arbeitssuchende mit Wohnsitz in diesen Regionen haben ein quantitativ höheres Stellenangebot zur Auswahl als Suchende außerhalb dieser Gebiete. PLZBereich

Orte, Region (z.B.)

2007 Anzahl

2005

2002

1998

1997

1996

Anzahl

in %

Anzahl

in %

Anzahl

in %

Anzahl

in %

Anzahl

in %

1,5

13

1,3

22

1,5

27

1,4

15

1,4

11

0,9

in %

Neue Bundesländer

28

10–14

Berlin

125

6,6

54

5,6

68

4,8

72

3,7

19

1,7

41

3,5

15–19

Rostock

18

0,9

7

0,7

11

0,8

13

0,7

6

0,5

4

0,3

20–22

Hamburg

109

5,7

69

7,1

68

4,8

154

8

84

7,6

66

5,7

23–29

Kiel, Bremen

72

3,8

47

4,9

78

5,5

84

4,4

52

4,7

45

3,9

30

Hannover

62

3,3

39

4

42

3

69

3,6

20

1,8

29

2,5

31–39

Bielefeld, Neue Bundesländer

53

2,8

11

1,1

30

2,1

65

3,4

50

4,5

27

2,3

40

Düsseldorf

80

4,2

34

3,5

65

4,6

124

6,4

57

5,2

52

4,5

41–47

Mönchengladbach, Wuppertal, Dortmund, Ruhrgebiet

79

4,2

58

6

93

6,5

108

5,6

60

5,4

82

7

48–49

Münster, Osnabrück

18

0,9

8

0,8

10

0,7

45

2,3

9

0,8

11

0,9

50–59

Köln, Bonn, Aachen, Mainz

222

11,7

60

6,2

135

9,5

176

9,1

115

10,5

148

12,7

60–63

Frankfurt, Taunus

337

17,7

229

23,6

285

20

279

14,5

210

19,1

220

18,9

64–67

Darmstadt, Wiesbaden

84

4,4

55

5,7

74

5,2

84

4,4

45

4,1

63

5,4

68–76

Mannheim, Heidelberg, Stuttgart, Karlsruhe

168

8,8

67

6,9

108

7,6

171

8,9

90

8,2

122

10,5

01–09

77–79 Freiburg, Konstanz

33

1,7

13

1,3

43

3

41

2,1

23

2,1

27

2,3

80–85

München

317

16,7

158

16,3

218

15,3

275

14,2

168

15,3

145

12,5

86–99

Augsburg, Nürnberg, Regensburg

98

5,1

48

5

73

5,1

143

7,3

78

7,1

71

6,2

1.903

100

970

100

1.423

100

1.930

100

1.101

100

1.164

100

Summe ohne z.B. Chiffre, AusAngabe land Gesamt

220

167

83

508

480

231

2.123

1.137

1.506

2.438

1.581

1.395

Abbildung II.2.c.: Regionale Verteilung der offenen Stellen nach PLZ-Bereichen und Jahr

104

Kapitel II: Personalmanagement bei Reiseveranstaltern

Die Analyse für das Jahr 2007 ergibt, wie in den Vorjahren, dass es hinsichtlich der offenen Stellen ein beträchtliches Süd-Nord-Gefälle in der BRD gibt. Ebenfalls zeigt sich, dass im Westen deutlich mehr Stellen ausgeschrieben wurden als im Osten der Bundesrepublik.

2.3.3

Art der offenen Stellen und allgemeine Anforderungen

Die meisten der Stellenausschreibungen entfallen auf Positionen, die mit einer touristischen Fachkraft (FK = 20,1% in 2007) besetzt werden sollen. Ebenfalls werden viele Verkäufer als Counterkraft im Reisebüro gesucht (VK = 17,1%) sowie Firmendienstkräfte (FI = 10,6%). Daneben wurden Vertriebspositionen (VT = 10,8%) und Stellen als Büro-, Team- und Abteilungsleiter (BL = 7,5%) häufig ausgeschrieben.

Kürzel AS 78

2007

2005

2002

1998

Anzahl

in %

Anzahl

in %

Anzahl

in %

Anzahl

in %

64

3

44

3,9

56

3,7

35

1,4

AD

56

2,6

194

17,1

172

11,4

244

10

BO

40

1,9

91

8

61

4,1

39

1,6

BL

159

7,5

153

13,5

207

13,7

241

9,9

VK

362

17,1

128

11,3

419

27,8

704

28,9

EK

23

1,1

17

1,5

23

1,5

15

0,6

FK

426

20,1

132

11,6

168

11,2

405

16,6

FI

226

10,6

69

6,1

81

5,4

344

14,1

GF

43

2

41

3,6

61

4,1

100

4,1

MA

81

3,8

66

5,8

53

3,5

42

1,7 1,6

PM

96

4,5

67

5,9

74

4,9

40

PL

69

3,3

45

4

35

2,3

49

2

RL

41

1,9

16

1,4

9

0,6

15

0,6

79

VS

48

2,3

VT

229

10,8

SO Summe

78

79

160

7,5

74

6,3

87

5,8

165

6,9

2.123

100

1.137

100

1.506

100

2.438

100

Unter dem Kürzel AD wurden für die Analyse 2007 nur Außendienstkräfte erfasst. Für Vertriebspositionen wurde ein weiteres Kürzel VT eingeführt. VS ist ebenfalls ein 2007 neu eingeführtes Kürzel. Offene Stellen in der Verkaufssteuerung, z.B. im Yield Management (YM), werden damit zusammengefasst.

2 Kriterien der Personalauswahl

Kürzel

105 1997

Stellenart/-gruppe

Anzahl

1996 in %

Anzahl

in %

AS

Assistent/in

33

2,1

26

1,9

AD

Außendienst / Akquise/Vertrieb

168

10,6

91

6,5

BO

Backoffice/Verwaltung/Administration

26

1,6

28

2

BL

Büro-/Filial-/Team-/Abteilungsleiter

169

10,7

166

11,9

VK

Verkäufer/Counterkraft

491

31,1

428

30,7

EK

touristischer Einkauf/Hoteleinkauf

14

0,9

10

0,7

FK

Fachkraft allgemein/ Allround-Kraft

307

19,4

377

27

FI

Firmenreisedienst

GF

Geschäftsführer

56

3,5

64

4,6

MA

Marketing

46

2,9

53

3,8

PM

Produktmanagement/Produktplanung

52

3,3

40

2,9

PL

Projektleitung

RL

Reiseleitung

SO

Sonstige (z.B. Trainee, Berater, Lehrkraft)

219

13,9

112

8

VS

Verkaufssteuerung, YM, Controlling

VT

Vertrieb, Key Account Manager 1.581

100

1.395

100

Summe Abbildung II.2.d.: Art der offenen Stelle

In 15,2% aller Stellenausschreibungen werden Führungskräfte gesucht (2005 lag dieser Anteil mit 39,5% ungewöhnlich hoch, weil aufgrund der Tourismuskrise kaum Counterkräfte gesucht wurden). Die meisten der 323 Führungspositionen teilen sich auf die Stellenarten Büro-, Team- und Abteilungsleitung (145 Stellen/44,9%), Geschäftsführung (43/13,3%), Vertrieb (38/11,8%) und Produktmanagement (22/6,8%) auf. 2007 Führungskraftstelle? keine Führungskraftstelle Führungskraftstelle Summe

2005 in %

Anzahl

in %

Anzahl

in %

1.800

84,8

688

60,5

1.230

81,7

323

15,2

449

39,5

276

18,3

2.123

100

1.137

100

1.506

100

Anzahl

in %

Anzahl

in %

Anzahl

in %

2.283

93,6

1.513

95,7

1.169

83,8

155

6,4

68

4,3

226

16,2

2.438

100

1.581

100

1.395

100

1998 Führungskraftstelle? keine Führungskraftstelle Führungskraftstelle Summe

2002

Anzahl

1997

Abbildung II.2.e.: Anteil der Führungskraftstellen

1996

106

Art der freien Stelle

Gesamt

Kapitel II: Personalmanagement bei Reiseveranstaltern

Assistent

Anzahl % innerhalb von Unternehmens Backoffice/Verwaltung/ Anzahl Administration % innerhalb von Unternehmens Geschäftsführung/ Anzahl Stellv. GF % innerhalb von Unternehmens Büro-/Filial-/Team- u. Abtei- Anzahl lungsleitung % innerhalb von Unternehmens Marketing Anzahl % innerhalb von Unternehmens Außendienst/Akquise Anzahl % innerhalb von Unternehmens Produktmanagement/ Anzahl Produktplanung % innerhalb von Unternehmens Projektleitung/-management Anzahl % innerhalb von Unternehmens touristischer EinAnzahl kauf/Hoteleinkauf % innerhalb von Unternehmens Reiseleitung Anzahl % innerhalb von Unternehmens Firmenreisedienst Anzahl % innerhalb von Unternehmens touristische Fachkraft allgeAnzahl mein % innerhalb von Unternehmens Verkäufer/Counterkraft Anzahl % innerhalb von Unternehmens Verkauf (YM, Steuerung, Anzahl Planung) % innerhalb von Unternehmens Vertrieb (z.B. Key Account Anzahl Manager) % innerhalb von Unternehmens Sonstige (z.B. Aushilfe, Anzahl Praktikant, Azubi, Lehrkraft, % innerhalb von Berater etc.) Unternehmens Anzahl % innerhalb von Unternehmens

Art des

Art des Unternehmens Reisebüro Reiseveranstalter 8 19 1,0% 5,1%

Gesamt 27 2,3%

Art des

10 1,3%

8 2,2%

18 1,5%

Art des

0 ,0%

5 1,3%

5 ,4%

Art des

55 7,0%

22 5,9%

77 6,6%

Art des

2 ,3%

11 3,0%

13 1,1%

Art des

11 1,4%

6 1,6%

17 1,5%

Art des

4 ,5%

59 15,9%

63 5,4%

Art des

8 1,0%

11 3,0%

19 1,6%

Art des

1 ,1%

15 4,0%

16 1,4%

Art des

0 ,0%

28 7,5%

28 2,4%

Art des

184 23,3%

1 ,3%

185 15,9%

Art des

140 17,7%

123 33,1%

263 22,6%

Art des

322 40,7%

17 4,6%

339 29,1%

Art des

3 ,4%

0 ,0%

3 ,3%

Art des

28 3,5%

19 5,1%

47 4,0%

Art des

15 1,9%

28 7,5%

43 3,7%

Art des

791 100,0%

372 100,0%

1163 100,0%

Abbildung II.2.f.: Korrelation zwischen Unternehmenstyp und Stellenart (2008)

2 Kriterien der Personalauswahl

107

Die nachfolgenden Kreuztabellen zeigen Zusammenhänge zwischen der Unternehmensart und der Stellenart. Mit 27,5% (vgl. 1997: 27,6%; 1996: 26,4%) aller Stellenangebote werden Counterkräfte bei Reisemittlern am häufigsten gesucht. Assistentenstellen – eine beliebte Einstiegsposition gerade für Hochschulabsolventen – gibt es vor allem bei Reiseveranstaltern (31,4% aller Assistentenstellen; 1997 30,3%; 1996: 53,8%) und bei Reisemittlern. Der kommunale Fremdenverkehr sucht überraschend häufig Geschäftsführer (auch in Gestalt des Kurdirektors): 48% (1997 66,1%; 1996: 71.9%) aller Geschäftsführerstellenangebote entfallen auf diesen Bereich, bzw. 41,7% (1997 35,9%; 1996: 53,5%) aller von Fremdenverkehrsorganisationen ausgeschriebenen Stellen sind Geschäftsführerpositionen. Dieser hohe Anteil dürfte vor allem daraus resultieren, dass gerade solche gehobenen Stellen in der überregionalen Fachpresse ausgeschrieben werden, während Jobs im operativen Bereich eher lokal angeboten werden und daher hier nicht erfasst sind.

Art des Unternehmens

Reisebüro

Führungsposition Ja

Anzahl

63

728

791

% von Art des Unternehmens

8,0

92,0

100

% von Führungsposition % der Gesamtzahl

Airline

Hotelbetrieb

37,3 372

302 81,2

100

% von Führungsposition

21,7

16,8

17,5

% der Gesamtzahl

3,3

14,2

17,5

Anzahl

21

114

135

15,6

84,4

100

% von Führungsposition

6,5

6,3

6,4

% der Gesamtzahl

1,0

5,4

6,4

Anzahl

12

36

48

25,0

75,0

100

% von Führungsposition

3,7

2,0

2,3

% der Gesamtzahl

0,6

1,7

2,3

% von Art des Unternehmens

% von Art des Unternehmens

Führungsposition Ja

Gesamt

Nein 61

64

125

% von Art des Unternehmens

48,8

51,2

100

% von Führungsposition

18,9

3,6

5,9

2,9

3,0

5,9

% der Gesamtzahl

10

22

32

31,2

68,8

100

% von Führungsposition

3,1

1,2

1,5

% der Gesamtzahl

0,5

1,0

1,5

0

13

13

% von Art des Unternehmens

0,0

100,0

100

% von Führungsposition

0,0

0,7

0,6

% der Gesamtzahl

0,0

0,6

0,6

Anzahl % von Art des Unternehmens

Anzahl Autovermietung

37,3

34,3

70

Anzahl

Bus/Sonstige VKT

40,4

3,0 18,8

Art des Unternehmens

FVO/DMO

19,5

% von Art des Unternehmens

Anzahl Reiseveranstalter

Gesamt

Nein

108

Kapitel II: Personalmanagement bei Reiseveranstaltern

Art des Unternehmens

Schiff/Reederei

3

59

62

95,2

100

% von Führungsposition

0,9

3,3

2,9

% der Gesamtzahl

0,1

2,8

2,9

4

5

9

44,4

55,6

100

% von Führungsposition

1,2

0,3

0,4

% der Gesamtzahl

0,2

0,2

0,4

Anzahl

13

75

88

14,8

85,2

100

% von Führungsposition

4,0

4,2

4,1

% der Gesamtzahl

0,6

3,5

4,1

4

28

32

12,5

87,5

100

% von Führungsposition

1,2

1,6

1,5

% der Gesamtzahl

0,2

1,3

1,5

4

41

45

% von Art des Unternehmens

8,9

91,1

100

% von Führungsposition

1,2

2,3

2,1

% der Gesamtzahl

0,2

1,9

2,1

Anzahl

58

313

371

% von Art des Unternehmens

15,6

85,6

100

% von Führungsposition

18,0

17,4

17,5

% von Art des Unternehmens

% von Art des Unternehmens

Anzahl Incoming-Agentur

% von Art des Unternehmens

Anzahl Institution

Sonstige

Gesamt

Gesamt

Nein 4,8

Anzahl Ferienwohnungen

Ja

% von Art des Unternehmens

Anzahl SW-/CRS-Anbieter

Führungsposition

% der Gesamtzahl

2,7

14,7

17,5

Anzahl

323

1.800

2.123

% von Art des Unternehmens

15,2

84,8

100

% von Führungsposition

100

100

100

% der Gesamtzahl

15,2

84,8

100

Abbildung II.2.g.: Korrelation zwischen Unternehmenstyp und Führungskraftstellen (2007)

Mehr als ein Fünftel (21,7%) aller offenen Führungspositionen im Jahr 2007 wurde von Reiseveranstaltern ausgeschrieben. Danach hatten Reisebüros (19,5%) und Fremdenverkehrsorganisationen (18,9%) den größten Bedarf an Führungspersonal. Betrachtet man, unabhängig von der Anzahl der Führungspositionen, nur das Verhältnis von Führungskraftstellen zu Nicht-Führungskraftstellen, so lag dieses bei Fremdenverkehrsorganisationen (48,8% : 51,2%), Anbietern von Ferienwohnungen (44,4% : 55,6%) und Busunternehmen (31,2% : 68,8%) am günstigsten. Die Anzahl sowie der Anteil der Stellen, die ein Studium explizit erfordern, ist im Vergleich zu der Vorstudie im Jahr 2005 erneut gestiegen (auf 25,8%). Die ursprünglichen Ausprägungen dieser Variable waren bei den vorherigen Studien „Ja“ und „Nein“. Eine Erweiterung der Ausprägungsmerkmale erwies sich als sinnvoll, da bereits nach Erfassung der ersten Stellenannoncen eine Tendenz zu den Formulierungen „Studium vorteilhaft“ und „Studium

2 Kriterien der Personalauswahl

109 2007

2005

2002

Kürzel

Ausbildungsanforderung

HOT

Hotelausbildung

Kfm

allg. kaufm. Ausbildung

77

3,6

RVK

Reiseverkehrskaufmann/-frau

658

31,0

Komb

Kombinationen/Alternativen

8

0,4

192

16,9

46

3,1

Keine

Keine Angaben

954

44,9

561

49,3

814

54,1

Sonstige (z.B. LVK) Summe

Anzahl

in %

Anzahl

in %

Anzahl

in %

11

0,5

2

0,2

4

0,3

50

4,4

103

6,8

319

28,1

521

34,6

415

19,5

13

1,1

18

1,2

2.123

100,0

1.137

100,0

1.506

100,0

Anzahl

in %

Anzahl

in %

Anzahl

in %

1998

1997

1996

Kürzel

Ausbildungsanforderung

HOT

Hotelausbildung

28

1,1

31

2,0

10

0,7

Kfm

allg. kaufm. Ausbildung

110

4,5

84

5,3

75

5,4

RVK

Reiseverkehrskaufmann/-frau

1332

54,7

876

55,4

541

38,8

Komb

Kombinationen/Alternativen

20

0,8

33

2,1

16

1,1

Keine

Keine Angaben

Summe

948

38,9

557

35,2

753

54,0

2438

100,0

1581

100,0

1395

100,0

Abbildung II.2.h.: Ausbildungsanforderungen

Kürzel

Studium explizit gefordert?

2007

2005 in %

Anzahl

in %

Anzahl

in %

74,2

898

79

1.301

86,4

239

21

205

13,6

100

1.137

100

1.506

100

Anzahl

in %

Anzahl

in %

Anzahl

in %

2256

92,5

1465

92,7

1.300

93,2

nein

nein, kein Studium gefordert

1.577

ja

ja, Studium explizit gefordert

163

7,7

von Vorteil

101

4,8

Studium oder vergleichbare Ausbildung

282

13,3

Summe

Kürzel

2.123

Studium explizit gefordert?

nein

nein, kein Studium gefordert

ja

ja, Studium explizit gefordert

Summe

2002

Anzahl

25,8

1998

1997

1996

182

7,5

116

7,3

95

6,8

2438

100,0

1581

100,0

1395

100,0

Abbildung II.2.i.: Geforderte Hochschulausbildung

oder vergleichbare Ausbildung“ deutlich erkennbar war. Der Anteil der Stellenangebote, für die ein Studium keineswegs nötig ist, sinkt um fast fünf Prozentpunkte, so dass im Jahr 2007 nur noch ca. drei Viertel der unbesetzten Stellen keinen akademischen Ausbildungsgrad erforderten.

110

Kapitel II: Personalmanagement bei Reiseveranstaltern

Vor allem akademisch ausgebildete Tourismusfachkräfte haben bei den ausgeschriebenen Führungskraftstellen gute Chancen, da für 59,2% der 323 Führungspositionen ein Studium gewünscht ist. Auch bei Stellen ohne direkte Führungsverantwortung wird in 19,7% der Fälle ein Studium als Vorteil gesehen, und in 5,9% der Fälle wird ein Studium explizit vorausgesetzt. Dies lässt gute Arbeitsmarktperspektiven für die Absolventen tourismuswirtschaftlicher Studiengänge erkennen. Angesichts des bislang noch geringen Akademisierungsgrades der Branche erfreut diese Nachfrage sehr (zum Vergleich: Bezogen auf alle Erwerbstätige in der Bundesrepublik – über alle Branchen – geht man von einer Akademikerquote von 12% aus). Andererseits: Alleine von der Hochschule Wilhelmshaven halten pro Jahr ca. 70 Absolventen nach geeigneten Jobs auf dem Arbeitsmarkt Ausschau (natürlich auch in den hier unterrepräsentierten Bereichen der Hotellerie sowie des kommunalen Fremdenverkehrs). Diese Absolventen werden aber auch gute Chancen bei den Stellenausschreibungen für Führungskräfte haben, die hier nicht explizit ein Hochschulstudium fordern. Insofern wird auf dem Arbeitsmarkt ein Verdrängungswettbewerb zulasten der Nicht-Akademiker stattfinden. Als nahezu optimaler Ausbildungsweg erscheint daher der Abschluss einer Reisebüroausbildung mit anschließendem Studium der Tourismuswirtschaft an einer (Fach-) Hochschule. Derart gebildete Bewerber sind ideale Nachwuchsmanager auf der mittleren Führungsebene (z.B. als Büro- oder Abteilungsleiter oder als Produktmanager).

Kürzel nein ja

nein, keine Berufserfahrung gefordert ja, Berufserfahrung gefordert von Vorteil

Summe

Kürzel nein ja

2007

Berufserfahrung explizit gefordert?

ja, Berufserfahrung gefordert

Summe

2002

in %

Anzahl

in %

Anzahl

in %

701

33

405

35,6

679

45,1

1.168

55

732

64,4

827

54,9

254

12

2.123

100

1.137

100

1.506

100

Anzahl

in %

Anzahl

in %

Anzahl

in %

1.456

59,7

949

60

739

53

982

40,3

632

40

656

47

2.438

100

1.581

100

1.395

100

1998

Berufserfahrung explizit gefordert? nein, keine Berufserfahrung gefordert

2005

Anzahl

1997

1996

Abbildung II.2.j.: Geforderte Berufserfahrung

Doch ohne praktische Berufserfahrung scheint eine Beschäftigung in der Tourismusbranche, trotz Ausbildung, schwierig zu sein: 55% der Stellenangebote fordern explizit entsprechende Vorkenntnisse. Bei weiteren 12% der Stellen ist Erfahrung vorteilhaft. Die Zahl der Stellen, die Berufserfahrung erfordern, ist seit 2005 leicht gestiegen. Die nachfolgenden Kreuztabellen zeigen Zusammenhänge zwischen der Unternehmensart und den geforderten Ausbildungen.

2 Kriterien der Personalauswahl Gefordertes Studium

Art des Unternehmens

Ja Anzahl

Reisebüro

Reise-veranstalter

745

11

32

791

94,2

1,4

4

100

% von Gef. Studium

1,8

47,2

10,9

11,3

37,3

% der Gesamtzahl

0,1

35,1

0,5

1,5

37,3

Anzahl

30

257

21

64

372

% von U.-art

8,1

69,1

5,6

17,2

100

18,4

16,3

20,8

22,7

17,5

1,4

12,1

1

3

17,5

% von Gef. Studium

14

80

8

33

135

10,4

59,3

5,9

24,4

100

% von Gef. Studium

8,6

5,1

7,9

11,7

6,4

% der Gesamtzahl

0,7

3,8

0,4

1,6

6,4

2

25

6

15

48

% von U.-art

4,2

52,1

12,5

31,3

100

% von Gef. Studium

1,2

1,6

5,9

5,3

2,3

% der Gesamtzahl

0,1

1,2

0,3

0,7

2,3

Anzahl

44

20

9

52

125

% von U.-art

% von U.-art

35,2

16

7,2

41,6

100

% von Gef. Studium

27

1,3

8,9

18,4

5,9

% der Gesamtzahl

2,1

0,9

0,4

2,4

5,9

2

14

9

7

32

% von U.-art

6,3

43,8

28,1

21,9

100

% von Gef. Studium

1,2

0,9

8,9

2,5

1,5

% der Gesamtzahl

0,1

0,7

0,4

0,3

1,5

2

9

0

2

13

15,4

69,2

0

15,4

100

% von Gef. Studium

1,2

0,6

0

0,7

0,6

% der Gesamtzahl

0,1

0,4

0

0,1

0,6

4

39

8

11

62

% von U.-art

6,5

62,9

12,9

17,7

100

% von Gef. Studium

2,5

2,5

7,9

3,9

2,9

% der Gesamtzahl

0,2

1,8

0,4

0,5

2,9

Anzahl

0

5

4

0

9

% von U.-art

0

55,6

44,4

0

100

% von Gef. Studium

0

0,3

4

0

0,4

% der Gesamtzahl

0

0,2

0,2

0

0,4

Anzahl

7

52

5

24

88

% von U.-art

8

59,1

5,7

27,3

100

% von Gef. Studium

4,3

3,3

5

8,5

4,1

% der Gesamtzahl

0,3

2,4

0,2

1,1

4,1

Anzahl Bus/Sonstige VKT

Anzahl Autovermietung

% von U.-art

Anzahl SW-/CRSAnbieter

Ferienwohnungen

Schiff/Reederei

Gesamt

3

Anzahl

FVO/DMO

Studium o. vgl. Ausbildung

0,4

Anzahl

Hotelbetrieb

Studium von Vorteil

Nein

% von U.-art

% der Gesamtzahl

Airline

111

112

Kapitel II: Personalmanagement bei Reiseveranstaltern Gefordertes Studium

Art des Unternehmens

Ja Anzahl

Incoming-Agentur

Institution

Sonstige

Studium o. vgl. Ausbildung

Gesamt

2

23

0

7

32

% von U.-art

6,3

71,9

0

21,9

100

% von Gef. Studium

1,2

1,5

0

2,5

1,5

% der Gesamtzahl

0,1

1,1

0

0,3

1,5

Anzahl

32

8

2

3

45

% von U.-art

71,1

17,8

4,4

6,7

100

% von Gef. Studium

2,1

19,6

0,5

2

1,1

% der Gesamtzahl

1,5

0,4

0,1

0,1

2,1

Anzahl

21

300

18

32

371

5,7

80,9

4,9

8,6

100

12,9

19

17,8

11,3

17,5

% von U.-art % von Gef. Studium % der Gesamtzahl

1

14,1

0,8

1,5

17,5

163

1.577

101

282

2.123

% von U.-art

7,7

74,3

4,8

13,3

100

% von Gef. Studium

100

100

100

100

100

% der Gesamtzahl

7,7

74,3

4,8

13,3

100

Anzahl Gesamt

Studium von Vorteil

Nein

Abbildung II.2.k.: Korrelation zwischen Unternehmenstyp und geforderter Hochschulausbildung (2007)

Geforderte Berufserfahrung

Art des Unternehmens

Reisebüro

Reiseveranstalter

Airline

Ja Anzahl

307

409

75

791

38,8

51,7

9,5

100

% von Gef. Berufserfahrung

26,3

58,3

29,5

37,3

% der Gesamtzahl

14,5

19,3

3,5

37,3

Anzahl

217

105

50

372

% von Unternehmensart

58,3

28,2

13,4

100

% von Gef. Berufserfahrung

18,6

15,0

19,7

17,5

% der Gesamtzahl

10,2

4,9

2,4

17,5

Anzahl

110

11

14

135

% von Unternehmensart

81,5

8,1

10,4

100

% von Gef. Berufserfahrung

9,4

1,6

5,5

6,4

% der Gesamtzahl

5,2

0,5

0,7

6,4

% von Unternehmensart

41

5

2

48

85,4

10,4

4,2

100

% von Gef. Berufserfahrung

3,5

0,7

0,8

2,3

% der Gesamtzahl

1,9

0,2

0,1

2,3

Anzahl FVO/DMO

Gesamt

Von Vorteil

% von Unternehmensart

Anzahl Hotelbetrieb

Nein

% von Unternehmensart % von Gef. Berufserfahrung % der Gesamtzahl

82

23

20

125

65,6

18,4

16

100

7

3,3

7,9

5,9

3,9

1,1

0,9

5,9

2 Kriterien der Personalauswahl Geforderte Berufserfahrung

Art des Unternehmens

Ja Anzahl

Bus/Sonstige VKT

% von Unternehmensart

0,4

1,5

0,0

1,5

% von Unternehmensart

8

1

13

61,5

7,7

100

0,3

1,1

0,4

0,6

% der Gesamtzahl

0,2

0,4

0

0,6

% von Unternehmensart

35

7

20

62

56,5

11,3

32,3

100

% von Gef. Berufserfahrung

3,0

1,0

7,9

2,9

% der Gesamtzahl

1,6

0,3

0,9

2,9

% von Unternehmensart

7

2

0

9

77,8

22,2

0

100

% von Gef. Berufserfahrung

0,6

0,3

0

0,4

% der Gesamtzahl

0,3

0,1

0

0,4

% von Unternehmensart

75

4

9

88

85,2

4,5

10,2

100

% von Gef. Berufserfahrung

6,4

0,6

3,5

4,1

% der Gesamtzahl

3,5

0,2

0,4

4,1

% von Unternehmensart % von Gef. Berufserfahrung

% von Unternehmensart

23

9

0

32

71,9

28,1

0

100

2

1,3

0

1,5

1,1

0,4

0

1,5

34

4

7

45

75,6

8,9

15,6

100

% von Gef. Berufserfahrung

2,9

0,6

2,8

2,1

% der Gesamtzahl

1,6

0,2

0,3

2,1

Anzahl

212

104

55

371

% von Unternehmensart

57,1

28,0

14,8

100

% von Gef. Berufserfahrung

18,2

14,8

21,7

17,5

% der Gesamtzahl

10,0

4,9

2,6

17,5

1.168

701

254

2.123

55

33

12

100

100

100

100

100

55

33

12

100

Anzahl Gesamt

4 30,8

% von Gef. Berufserfahrung

Anzahl

Sonstige

32 100

1,4

% der Gesamtzahl

Institution

1 3,1

0,5

Anzahl Incoming-Agentur

10 31,3

1,8

Anzahl Schiff/ Reederei

21 65,6 1,0

Anzahl Ferienwohnungen

Gesamt

Von Vorteil

% der Gesamtzahl

Anzahl SW-/CRS-Anbieter

Nein

% von Gef. Berufserfahrung Anzahl

Autovermietung

113

% von Unternehmensart % von Gef. Berufserfahrung % der Gesamtzahl

Abbildung II.2.l.: Korrelation zwischen Unternehmenstyp und geforderter Berufserfahrung (2007)

Gerade im Reisemittlerbereich erscheinen spezielle Fachkenntnisse hinsichtlich des Flugund Bahngeschäfts unerlässlich: Die Zahl der Unternehmen, die von ihren Bewerbern IATAund DB Kenntnisse fordern, ist im Vergleich zum Jahr 2005 – v.a. bedingt durch die gestiegene Zahl der Stellenangebote in Reisebüros – sowohl absolut als auch relativ gestiegen. Für 23,1% der 2.123 Stellen werden IATA-Kenntnisse und für 14,4% der Stellen DB-Kenntnisse verlangt.

114

Kapitel II: Personalmanagement bei Reiseveranstaltern 2007

Art der geforderten Spezialkenntnisse

Anzahl Stellenangebote (Mehrfachnennungen möglich)

2005 in % aller Stellenangebote

Anzahl Stellenangebote (Mehrfachnennungen möglich)

2002 in % aller Stellenangebote

Anzahl Stellenangebote (Mehrfachnennungen möglich)

in % aller Stellenangebote

IATA

490

23,1

194

17,1

376

25

DB

306

14,4

124

10,9

177

11,8

Art der geforderten Spezialkenntnisse

1998 Anzahl Stellenangebote in % aller (MehrfachnenAngebote nungen möglich)

1997 Anzahl Stellenangebote in % aller (MehrfachnenAngebote nungen möglich)

1996 Anzahl Stellenangebote in % aller (MehrfachnenAngebote nungen möglich)

IATA

999

41,0

573

36,2

468

33,5

DB

694

28,5

373

23,6

234

16,8

Abbildung II.2.m.: Art der geforderten Spezialkenntnisse (IATA, DB)

Eine Kreuzkorrelation der beiden Spezialanforderungen für die Studie 1998 ergab, dass in 27,5% aller Stellenannoncen beide, also sowohl IATA- als auch DB-Kenntnisse gleichzeitig, gefordert wurden. Zum Vergleich: Eine Studie des Bundesinstituts für Berufsbildung, bei der 1994/1995 insgesamt 1.599 Stellenangebote der FVW analysiert wurden, ermittelte in 39% der Annoncen die explizite Anforderung nach IATA-Kenntnissen bzw. in 19% DBKenntnisse. Die Werte der beiden Studien sind also durchaus kompatibel. IATA-Kenntnisse gefordert? * DB-Kenntnisse gefordert? Kreuztabelle DB-Kenntnisse gefordert? IATA-Kenntnisse gefordert?

Nein

Ja

Gesamt

Anzahl

Nein 1416

Ja 23

Gesamt 1439

% von IATA-Kenntnisse gefordert?

98,4%

1,6%

100,0%

% von DB-Kenntnisse gefordert?

81,2%

3,3%

59,0%

% der Gesamtzahl

58,1%

,9%

59,0%

328

671

999

% von IATA-Kenntnisse gefordert?

32,8%

67,2%

100,0%

% von DB-Kenntnisse gefordert?

18,8%

96,7%

41,0%

% der Gesamtzahl

13,5%

27,5%

41,0%

1744

694

2438

71,5%

28,5%

100,0%

100,0%

100,0%

100,0%

71,5%

28,5%

100,0%

Anzahl

Anzahl % von IATA-Kenntnisse gefordert? % von DB-Kenntnisse gefordert? % der Gesamtzahl

Abbildung II.2.n.: Korrelation zwischen den geforderten Spezialkenntnissen (IATA, DB; 1998)

2 Kriterien der Personalauswahl

115

Nur auf die Stellen bei Reisebüros bezogen, ergibt sich ein weit höherer Anteil von 43,6% (2005: 40,7%, 2002: 48,5%) der Stellen, die IATA-Kenntnisse fordern, und bei 35% (2005: 24,4%, 2002: 25,7%) der Reisebürostellen werden DB-Kenntnisse verlangt. Geforderte IATA-Kenntnisse Art des nehmens

Unter-

Ja

Geforderte DB-Kenntnisse

keine Angabe

Ja

keine Angabe

Anzahl

in %

Anzahl

in %

Anzahl

in %

Anzahl

Reisebüro

345

43,6

446

56,4

277

35,0

514

in % 65,0

Reiseveranstalter

27

7,3

345

92,7

2

0,5

370

95,5

Airline

23

17,0

112

83,0

0

0,0

135

100

Hotelbetrieb

0

0,0

48

100

0

0,0

48

100

FVO/DMO

0

0,0

125

100

0

0,0

125

100

Bus/Sonstige VKT

2

6,2

30

93,8

2

6,2

30

93,8

Autovermietung

0

0,0

13

100

0

0,0

13

100

SW-/CRS-Anbieter

5

8,1

57

91,9

0

0,0

62

100

Ferienwohnungen

0

0,0

9

100

0

0,0

9

100

Schiff/Reederei

19

21,6

69

78,4

0

0,0

88

100

Incoming-Agentur

0

0,0

32

100

0

0,0

32

100

Institution

1

2,2

44

97,8

0

0,0

45

100

Sonstige

68

18,3

303

81,7

25

6,7

346

93,3

Summe

490

1.633

306

1.817

Abbildung II.2.o.: Korrelation zwischen den geforderten Spezialkenntnissen (IATA, DB) und dem Unternehmenstyp

2.3.4

Spezielle Anforderungen im EDV- und Fremdsprachenbereich

Die vorliegende Analyse der Stellenannoncen beweist einmal mehr die große Bedeutung von EDV-Kenntnissen. Für 38,9% (2005: 35,3%, 2002: 37,2%, 1998: 47,9%, 1997: 44,2%, 1996: 40,9%) der Stellenangebote wünschen die Unternehmen CRS-Kenntnisse von ihren Bewerbern. Am häufigsten werden Kenntnisse des System Amadeus (früher: START, mit Toma) verlangt. Die Anteile haben sich seit 1998 etwas gleichmäßiger auf alle Reservierungssysteme verteilt. Im Jahr 1998 hatte beispielsweise Start/Amadeus einen Anteil von 40,9% und Sabre nur 0,8%. Bei der aktuellen Analyse weist Start/Amadeus/Toma einen Anteil von 23,5% und Sabre/Merlin einen Anteil von immerhin 2,4% auf. Besonders hoch ist die Anzahl der Stellen, für die CRS-Kenntnisse erforderlich sind, bei Reisebüros (488 Stellen), Reiseveranstaltern (125 Stellen) und Airlines (48 Stellen). In 38,5% der Fälle werden explizit allgemeinen PC- oder EDV-Kenntnisse gefordert; davon entfallen fast 70% auf Microsoft Office-Kenntnisse. Insbesondere die Windows-Programme Word und Excel (welche u.a. kombiniert mit anderen Programmen auch unter ‚allg. PC Kenntnisse‘ erfasst wurden) gehören heute zum „Handwerkszeug“ eines Mitarbeiters in einem Tourismusunternehmen. An diesen Anforderungen der Praxis sollte sich die touristische Ausbildung – in Berufsschulen ebenso wie an Fachhochschulen – orientieren.

116

Kapitel II: Personalmanagement bei Reiseveranstaltern

CRS

Häufigkeit

Prozent

Start/Amadeus/Toma

499

23,5

CRS/GDS allgemein

147

6,9

Sabre, Merlin

51

2,4

Kombination Start/Amadeus/Sabre

48

2,3

Sonstige

36

1,7

Sonstige Kombination (z.B. Start/Amadeus/Galileo)

31

1,5

Galileo

9

0,4

Grundkenntnisse

5

0,2

keine Angabe

1.297

61,1

Gesamt

2.123

100

Kürzel

EDV-Kenntnisse

WO

2007

2005

2002

Anzahl

in %

Anzahl

in %

Anzahl

Word-Kenntnisse

0

0

0

0

0

in % 0

WO/EX

Word-/Excel-Kenntnisse

17

0,8

24

2,1

32

2,1

EX

Excel-Kenntnisse

3

0,1

31

2,7

19

1,3

AC

Access-Kenntnisse (Datenbanksystem)

3

0,1

2

0,2

0

0

DTP

DTP-Kenntnisse (Corel/Pagemaker/etc.)

1

0

3

0,3

5

0,3

allg

allgemeine PC-/EDV-Kenntnisse:

818

38,5

428

37,6

512

34

_davon Microsoft Office

572

26,9

279

24,5

255

16,9 1,6

_davon Sonstige

0

0

15

1,3

24

PR

Programmier-Kenntnisse

16

0,8

7

0,6

1

0,1

keine

keine Angaben

1.265

59,6

642

56,5

937

62,2

Summe

Summe

2.123

100

1.137

100

1.506

100

Anzahl

in %

Anzahl

in %

Anzahl

in %

1998 Kürzel

allg. EDV-Kenntnisse

1997

1996

WO

Word-Kenntnisse

0

0,0

1

0,1

11

0,8

WO/EX

Word-/Excel-Kenntnisse

31

1,3

96

6,1

20

1,4

EX

Excel-Kenntnisse

3

0,1

3

0,2

2

0,1

AC

Access-Kenntnisse (Datenbanksystem)

0

0,0

4

0,3

1

0,1

DTP

DTP-Kenntnisse (Corel/Pagemaker/etc.)

4

0,2

1

0,1

1

0,1

allg

allgemeine PC-/EDV-Kenntnisse

473

19,4

193

12,2

206

14,8

PR

Programmier-Kenntnisse

keine

keine Angaben

Summe

7

0,3

5

0,3

3

0,2

1920

78,7

1278

80,7

1151

82,5

2438

100,0

1581

100,0

1395

100,0

Abbildung II.2.p.: Geforderte CRS- und EDV-Kenntnisse (2007)

Mit 49,6% (2005: 53,7%, 2002: 38,7%, 1998: 22,19%, 1997: 24%; 1996: 24%) werden in fast der Hälfte aller offenen analysierten Stellenangebote Kenntnisse in einer Fremdsprache gefordert. In erster Linie sind es Englischkenntnisse, die sich die Unternehmen in 35% der Fälle von den Bewerbern wünschen. Daneben sehen 7,2% der Personalverantwortlichen es für Bewerber als Vorteil, wenn sie neben Englisch über weitere Fremdsprachenkenntnisse verfügen. Die Stellen, die neben Englisch entweder noch Französisch, Italienisch, Spanisch

2 Kriterien der Personalauswahl

117

oder sonstige Fremdsprachenkenntnisse erfordern, haben einen Anteil von zusammen 4,8%. Insgesamt weisen Anzeigen, in denen mindestens Englischkenntnisse gefordert werden, einen Anteil von 47% aus.

Kürzel

geforderte Fremdsprachenkenntnisse

E

2007

2005

2002

Anzahl

in %

Anzahl

in %

Anzahl

in %

Englisch

742

35

409

36

441

29,3

E/F

Englisch + Französisch

30

1,4

33

2,9

14

0,9

E/I

Englisch + Italienisch

10

0,5

6

0,5

0

0

E/S

Englisch + Spanisch

25

1,2

21

1,8

9

0,6

E/So

Englisch + Sonstige

37

1,7

86

7,6

51

3,4

E+

Engl. + weit. Kenntn v.V.

152

7,2

F

Französisch

10

0,5

6

0,5

10

0,7

F/I

Französisch + Italienisch

1

0

0

0

0

0

I

Italienisch

3

0,1

8

0,7

4

0,3

S

Spanisch

12

0,6

5

0,4

16

1,1

So

Sonstige

31

1,4

37

3,2

38

2,5

keine

keine Angaben

1.070

50,4

526

46,3

923

61,3

2.123

100

1.137

100

1.506

100

Anzahl

in %

Anzahl

in %

Anzahl

in %

Summe

1998

1997

1996

Kürzel

geforderte Fremdsprachenkenntnisse

E

Englisch

353

14,5

237

15

219

15,7

E/F

Englisch + Französisch

46

1,9

31

2

29

2,1

E/I

Englisch + Italienisch

5

0,2

1

0,1

3

0,2

E/S

Englisch + Spanisch

23

0,9

11

0,7

21

1,5

E/So

Englisch + Sonstige

93

3,8

80

5,1

48

3,4

F

Französisch

6

0,2

5

0,3

10

0,7

F/I

Französisch + Italienisch

0

0

0

0

1

0,1

I

Italienisch

1

0

2

0,1

4

0,3

S

Spanisch

4

0,2

2

0,1

0

0

So

Sonstige

10

0,4

11

0,7

0

0

keine

keine Angaben

1.897

77,9

1.201

75,9

1.060

76

2.438

100

1.581

100

1.395

100

Summe

Abbildung II.2.q.: Geforderte Fremdsprachenkenntnisse

Im Vergleich zur Studie von 2005 ist der Anteil der Unternehmen, die keine Angabe zu Fremdsprachenkenntnissen machen, um 4,1 Prozentpunkte gestiegen. Zum Vergleich: Eine Studie des Bundesinstituts für Berufsbildung, bei der 1994/1995 insgesamt 1.599 Stellenangebote der FVW analysiert wurden, ermittelte in 18% der Annoncen die explizite Anforderung nach Fremdsprachen-Kenntnissen.

118

Kapitel II: Personalmanagement bei Reiseveranstaltern

Art des Unternehmens Reisebüro Reiseveranstalter Airline Hotelbetrieb FVO/DMO Bus/Sonstige VKT Autovermietung SW-/CRSAnbieter Ferienwohnungen Schiff/Reederei Incoming-Agentur Institution Sonstige

E

E/F

E/I

E/S

E/So

E+

F

F+I

I

S

So

keine Angabe

Anzahl

224

9

0

0

0

17

0

0

1

1

3

536

in %

28,3

1,1

0,0

0,0

0,0

2,1

0,0

0,0

0,1

0,1

0,4

67,8

Anzahl

143

6

7

3

17

38

6

1

1

7

0

143

in %

38,4

1,6

1,9

0,8

4,6

10,2

1,4

0,3

0,3

1,9

0,0

38,4

Anzahl

106

2

0

2

3

10

1

0

0

0

0

11

in %

78,5

1,5

0,0

1,5

2,2

7,4

0,7

0,0

0,0

0,0

0,0

8,1

Anzahl

26

1

0

0

0

7

0

0

0

1

0

13

in %

54,2

2,1

0,0

0,0

0,0

14,6

0,0

0,0

0,0

2,1

0,0

27,1

Anzahl

24

3

3

0

1

11

1

0

0

0

8

74

in %

19,2

2,4

2,4

0,0

0,8

8,8

0,8

0,0

0,0

0,0

6,4

59,2

Anzahl

11

2

0

0

0

0

0

0

0

0

3

16

in %

34,4

6,2

0,0

0,0

0,0

0,0

0,0

0,0

0,0

0,0

9,4

50,0

Anzahl in %

5 38,5

0 0,0

0 0,0

0 0,0

0 0,0

2 15,4

0 0,0

0 0,0

0 0,0

0 0,0

0 0,0

6 46,2

Anzahl

15

0

0

0

0

10

0

0

0

0

0

37

in %

24,2

0,0

0,0

0,0

0,0

16,1

0,0

0,0

0,0

0,0

0,0

59,7

Anzahl

1

0

0

0

0

1

2

0

0

0

4

1

in %

11,1

0,0

0,0

0,0

0,0

11,1

22,2

0,0

0,0

0,0

44,4

11,1

Anzahl

50

4

0

7

2

10

0

0

0

0

4

11

in %

56,8

4,5

0,0

8,0

2,3

11,4

0,0

0,0

0,0

0,0

4,5

12,5

Anzahl

7

0

0

8

4

6

0

0

0

3

0

4

in %

21,9

0,0

0,0

25,0

12,5

18,8

0,0

0,0

0,0

9,4

0,0

12,5

Anzahl

14

0

0

0

1

7

0

0

0

0

2

21

in %

31,1

0,0

0,0

0,0

2,2

15,6

0,0

0,0

0,0

0,0

4,4

46,7

Anzahl

116

3

0

5

9

33

0

0

1

0

7

197

in %

31,3

0,8

0,0

1,3

2,4

8,9

0,0

0,0

0,3

0,0

1,9

53,1

Abbildung II.2.r: Kreuztabelle Unternehmensart und Fremdsprachen

Am wichtigsten ist die Beherrschung von Fremdsprachen in der Airlinebranche, in der nur 8,1% (2005: 27,3%, 2002: 9,8%, 1998: 13%, 1997: 17%, 1996: 33%) der offenen Stellen keine Fremdsprachenkenntnisse erfordern und z.B. für 78,2% der Stellen wenigstens Englischkenntnisse erforderlich sind. Weniger Bedeutung haben Fremdsprachen im Reisemittlerbereich (67,8% der Stellenannoncen ohne Fremdsprachenanforderung), bei Software- und CRS-Anbietern (59,7%) und bei Fremdenverkehrsorganisationen (59,2%). Die Bedeutung von Fremdsprachen in der Tourismusbranche wird durch diese Zahlen deutlich. Anhand der Kreuzkorrelation der Variablen „Fremdsprachen“ und „Studium“ lässt sich ermitteln, dass die Beherrschung von Fremdsprachen für Hochschulabsolventen besonders wichtig ist. Von den 1.577 Stellen, für die ein Studium keineswegs notwendig ist, werden in 42,8% der Fälle Fremdsprachenkenntnisse erwartet. Demgegenüber wurden in 69,2% der Fälle Kenntnisse in einer fremden Sprache gefordert, wenn es sich um Stellen handelt, für die Hochschulabsolventen eingesetzt werden könnten.

2 Kriterien der Personalauswahl

2.3.5

119

Sonstige Anforderungen

Seit der Analyse 2002 wurde die Variable „Führerschein“ mit in das Variablen-Set aufgenommen. Die Entwicklung der Zahlen lässt eine leichte Tendenz nach oben erkennen, so dass der Führerschein als Einstellungskriterium für Unternehmen etwas an Bedeutung gewinnt. In der Analyse 2007 wurde zusätzlich erfasst, ob ein eigener PKW erforderlich ist. In 15 von den 117 Stellen, die einen Führerschein erfordern, muss der Bewerber einen eigenen PKW besitzen.

Führerschein gefordert? Nein Ja Gesamt

2007

2005

2002

Anzahl

in %

Anzahl

in %

Anzahl

in %

2.006

94,5

1.082

95,2

1.470

97,6

117

5,5

55

4,8

36

2,4

2.123

100

1.137

100

1.506

100

Abbildung II.2.s.: Führerschein gefordert

2.4

Weitere Studien zum Thema

Neben den hier dargestellten Studien des Verfassers bieten folgende Untersuchungen Informationen zum Thema: ƒ Die TU Dresden hat in Kooperation mit dem Bundesinstitut für Berufsbildung in Berlin (BIBB) im Zeitraum 1994 bis 1996 eine Studie zu Karrieremöglichkeiten und Berufsverläufen im Tourismus durchgeführt. Im Rahmen dieser Untersuchung wurden u.a. 1.599 Stellenanzeigen aus der FVW analysiert sowie 190 Fachkräfteinterviews durchgeführt. ƒ Nahrstedt vom Institut für Freizeitwissenschaft und Kulturarbeit (IFKA) in Bielefeld hat 1994 eine Studie „Tourismusberufe für Hochschulabsolventen“ publiziert. Basis der Studie sind vor allem Befragungen bei Praktikern und Dozenten. ƒ Das Berufswahlmagazin „Uni“ der Bundesanstalt für Arbeit hat sich in Heft 6/96 sowie bereits im Heft 1/91 in einem „Branchenreport Tourismus“ dem Thema gewidmet. ƒ An der Universität Lüneburg wurde 1996 eine Magisterarbeit von Thora Petersen erstellt, deren empirische Basis u.a. eine Befragung von Absolventen tourismuswissenschaftlicher Studiengänge bildet. ƒ Die Willy Scharnow-Stiftung hat im Mai 1997 eine von Otto Schneider (DRVEhrenpräsident) durchgeführte Studie über den akademischen Nachwuchs in der Touristikbranche vorgelegt, die auf Basis einer Befragung von führenden Unternehmen aus dem Bereich Reisebüros, Reiseveranstalter, Airlines, Autovermieter und ausländischer Fremdenverkehrsämter erstellt wurde. Deutsche Fremdenverkehrsbüros sowie Hotellerie und

120

Kapitel II: Personalmanagement bei Reiseveranstaltern

Gastronomie waren nicht einbezogen. Ermittelt wurden u.a. der Anteil der akademisch Ausgebildeten an der Gesamtzahl der Beschäftigten, deren Einsatzgebiete und Entwicklungschancen. Von den akademisch ausgebildeten Bewerbern werden, so die Studie, vor allem intensive praktische Zusatzausbildung, Fremdsprachen- und EDV-Kenntnisse sowie soziale Kompetenz in Form von Führungsbefähigung, Integrationsfähigkeit, Kreativität sowie Entscheidungs- und Verantwortungsbereitschaft erwartet.

2.5

Schlussfolgerungen für die Arbeitsmarktchancen von tourismuswirtschaftlich ausgebildeten Akademikern

Abgänger von (Fach-)Hochschulen, die das Fach Tourismuswirtschaft vertieft haben, stehen mit ihren Bewerbungen vielfach in unmittelbarer Konkurrenz zu Bewerbern, die im dualen System ausgebildet wurden. Hochschulabsolventen werden mehr und mehr auch als hochwertige Sachbearbeiter eingesetzt. Ihr Ziel, in eine gehobene Führungsposition innerhalb eines Tourismusunternehmens zu gelangen, können sie nur dann erreichen, wenn sie den praktischen Anforderungen der Branche Rechnung tragen. Tourismuswirtschaftliche Akademiker haben insbesondere dann gute Chancen auf dem Arbeitsmarkt, wenn ƒ ihre Ausbildung wirtschaftswissenschaftlich ausgerichtet ist, ƒ ihre Ausbildung ihnen solide und vor allem praktische Grundkenntnisse in EDV- und Reservierungssystemen vermittelte, ƒ sie neben Englisch mindestens Grundkenntnisse in mindestens einer weiteren Fremdsprache besitzen, ƒ sie die Anforderungen an ihre Einstiegsstelle nicht zu hoch setzen: Ein Einstieg als Firmendienstmitarbeiter, Back-Office-Sachbearbeiter oder Assistent kann das Sprungbrett zu einer späteren Führungskrafttätigkeit sein. ƒ sie idealerweise vor ihrem Studium eine abgeschlossene Lehre (im Tourismusbereich) nachweisen können.

3 Ausgewählte Aspekte des Personaleinsatzes

3

121

Ausgewählte Aspekte des Personaleinsatzes: Möglichkeiten und Probleme der Arbeitszeitflexibilisierung 80

Das touristische Geschäft ist durch eine starke Saisonalität geprägt. Dies führt zu einem wechselnden, ungleichmäßigen Arbeitsanfall, der – aufgrund des Dienstleistungscharakters (insbesondere Nichtlagerbarkeit) der Reiseleistung – wiederum einen sich ändernden Personalbedarf mit sich bringt. Eine Lösung für dieses Problem kann in einer Flexibilisierung der Arbeitszeiten gefunden werden. Arbeitszeitflexibilisierung muss jedoch nicht nur notwendige Folge eines im Zeitverlauf instabilen Arbeitsanfalls sein. Gerade mittelständische Unternehmungen, und durch diese ist der Reiseveranstaltermarkt ja stark geprägt, haben gegenüber Großunternehmen vielfach den Vorteil, dass sie hinsichtlich der Planung von Arbeitszeiten und Urlauben ihrer einzelnen Mitarbeiter sehr flexibel sein können. So lassen sich beispielsweise mitarbeiterindividuelle Wochenarbeitszeiten einzelvertraglich vereinbaren, und auch diese Wochenstunden müssen nicht gleichmäßig über alle Wochenarbeitstage verteilt werden. Dies ermöglicht z.B., dass ein Mitarbeiter je Woche außerhalb des Wochenendes einen freien Nachmittag oder sogar einen freien Tag hat – eine Arbeitszeitregelung, die von den Beschäftigten i.d.R. gerne angenommen wird und somit ein Wettbewerbsvorteil kleiner Unternehmen im Vergleich zu Großveranstaltern im Konkurrenzkampf auf dem Arbeitsmarkt sein kann. Solche flexiblen Regelungen müssen jedoch in eine klare („straffe“) Gesamtarbeitsorganisation eingebettet sein, um „Chaos“ zu vermeiden. Die folgenden Ausführungen sollen einige Anregungen zur Lösung dieser Problematik liefern.

3.1

Grundüberlegungen zur Personaleinsatzplanung

Die Immaterialität ist ein wichtiges Charakteristikum der (touristischen) Dienstleistung. Das Touristikunternehmen hält sein Dienstleistungspotential bereit, kann aber den Dienstleistungsprozess erst in dem Augenblick auslösen, in dem der externe Faktor (hier: der Kunde) dieses Potential nachfragt. Für die Personaleinsatzplanung bedeutet dieses, dass das Dienstleistungspotential dann bereitgehalten werden muss, wenn es vom sog. externen Faktor nachgefragt wird, also z.B. wenn der Kunde das Reisebüro betritt. In diesem Zusammenhang

80

Vgl. hierzu auch die Übersicht über die Finanzströme im Zeitverlauf bei einem Tourismusunternehmen, Kapitel III, Abschnitt 3.1.

122

Kapitel II: Personalmanagement bei Reiseveranstaltern

stellt sich die Frage, wann und in welcher Menge das Dienstleistungspotential bereitgehalten werden muss. Problematisch gerade für den Tourismusbereich ist, dass die Kunden nicht regelmäßig und damit nicht zeitlich vorhersagbar die bereitgehaltenen Dienstleistungen nachfragen, sondern i.d.R. unregelmäßig auftreten. Während in Industriebetrieben nicht abgesetzte Produkte i.d.R. auch noch zu einem späteren Zeitpunkt verkauft und bis dahin gelagert werden können, ist im Tourismusbereich nicht genutztes Dienstleistungspotential ein für alle Mal verloren. Es muss also versucht werden, durch das Erfassen der Kundenströme Aussagen über das zeitliche und mengenmäßige Auftreten des externen Faktors zu treffen. Würde der dauerhafte Personaleinsatz der kurzfristigen Spitze des Personalbedarfs entsprechen, so hätte dies in anderen Perioden eine personelle Überkapazität zur Folge. Im Einzelfall lassen sich zeitweise personelle Spitzenbelastungen durch Überstunden, den Einsatz von Aushilfskräften bzw. Springern oder durch innerbetrieblichen Austausch von Personal beheben. Als dauerhafte Lösung bietet sich hingegen eine Flexibilisierung der Arbeitszeit an. Diese ist dann gegeben, wenn Mitarbeiter Arbeitszeitregelungen unterliegen, die vom 81 Arbeitsanfall abhängig sind und unterschiedlich ausgestaltet werden. Neben den Arbeitszeiten der einzelnen Mitarbeiter können also auch die Anzahl der Arbeitskräfte und die Zuordnung der Mitarbeiter auf die verschiedenen Arbeitsplätze variieren. Bei der Arbeit in einem Reisebüro kommt es aber nicht nur darauf an, zur entsprechenden Zeit die benötigte Anzahl an Mitarbeitern, d.h. das zur Aufgabenerfüllung notwendige Dienstleistungspotential bereit zu halten, sondern auch auf die Qualität, also die Kenntnisse und Fähigkeiten der einzelnen Mitarbeiter. Neben fachlichen müssen die Mitarbeiter auch – gerade im persönlichen Umgang mit Kunden – soziale Kompetenzen besitzen, die Techniken der Kundengewinnung und -erhaltung beherrschen, gut argumentieren können und über gewisse Kenntnisse im Bereich der Verhaltens- und Verkaufspsychologie verfügen. Gerade im Reisebüro hängt der Erfolg eines Verkaufsgesprächs stark von den personellen Interaktionen zwischen Expedient und Kunde ab. Voraussetzung für die optimale Zuordnung der Mitarbeiter auf die einzelnen Stellen ist aber auch, dass neben den ökonomischen Zielen des Unternehmens auch die Wünsche und Vorstellungen der Mitarbeiter berücksichtigt werden, die im Rahmen der Zufriedenheit 82 der Arbeitskräfte mit ihren Tätigkeiten von großer Bedeutung sind .

81 82

Vgl. Hentze, Personalwirtschaftslehre, Bd. I, S. 437–438. Vgl. Emmrich-Oltmanns, Personaleinsatz, S. VI 3.

3 Ausgewählte Aspekte des Personaleinsatzes

3.2

Regelung der Arbeitszeit und Arbeitszeitmodelle

3.2.1

Zur Problematik der Arbeitszeitflexibilisierung

123

Die aufgezeigten Probleme erfordern einen durchdachten Einsatz der (vorhandenen) Mitarbeiter. Wie in Einzelhandelsgeschäften auch, kommt bei Reisemittlern der Abstimmung von 83 Betriebs- und Arbeitszeit eine große Bedeutung zu, da die Betriebszeit i.d.R. die vertraglich oder gesetzlich geregelte Arbeitszeit einer Vollzeitkraft übersteigt. Bei Öffnungszeiten von z.B. 9:00 bis 18:00 Uhr (montags bis freitags) und von 10:00 bis 13:00 Uhr (samstags) ergäben sich Betriebszeiten von achtundvierzig Wochenstunden, die einer (angenommenen) Arbeitszeit von achtunddreißig Wochenstunden pro Vollzeitkraft gegenüberstünden. Die (längere) Betriebszeit sollte von der (kürzeren) mitarbeiterindividuellen Arbeitszeit entkoppelt werden. Eine Mc Kinsey-Studie unterstreicht insbesondere folgende Produktivitätseffekte, die durch eine Entkoppelung von Arbeitszeit und Betriebszeit durch mehr 84 Teilzeitarbeit entstehen können: ƒ ƒ ƒ ƒ ƒ

weniger Ausfälle durch Krankheit, weniger Fehlzeiten, höhere Produktivität bei Arbeiten, die besonders hohe Konzentration erfordern, bessere Reaktionsmöglichkeiten auf saisonale Marktschwankungen, sowie als nützlicher Nebeneffekt: Entlastung des Berufsverkehrs.

Eine solche Flexibilität wirft jedoch auch Probleme auf. Es müssen Regelungen geschaffen werden für ƒ Pausenzeiten, ƒ Überstunden, ƒ Urlaubszeitverrechnung (da die einzelnen Arbeitstage nicht immer gleich viele Arbeitsstunden umfassen). Ein besonderer Vorteil dieser Arbeitszeitflexibilisierung ist, dass dabei sowohl Unternehmens- als auch Mitarbeiterinteressen gleichermaßen berücksichtigt werden können. Für die Mitarbeiter bedeutet die Arbeitszeitflexibilisierung eine Entsprechung des Wunsches nach mehr Zeitsouveränität, der vor allem aus einer – in den letzten Jahrzehnten verstärkt auftretenden – veränderten Einstellung des Arbeitnehmers zu seiner Arbeit resultiert und zu 85 einer Interessenverlagerung in den Freizeitbereich führt . Diese Berücksichtigung der Mitarbeiterinteressen führt wiederum zu einer erhöhten Arbeitsmotivation und Arbeitszufrieden-

83

84 85

Unter Betriebszeit ist die Zeit zu verstehen, in welcher der Betrieb für Kunden zugänglich ist und Umsatz erwirtschaftet wird. Die Arbeitszeit ist die Arbeitsstundenzahl, die eine Arbeitskraft jeweils durchschnittlich pro Woche, Monat oder Jahr abzuleisten hat. Vgl. Wörl, Teilzeitarbeit. Vgl. Frey, Arbeitszeit, S. 7–8.

124

Kapitel II: Personalmanagement bei Reiseveranstaltern

heit und kann deshalb aus Arbeitnehmersicht am Arbeitsmarkt einen Wettbewerbsvorteil eines Unternehmens gegenüber einem anderen darstellen.

3.2.2

Vorgehensweise bei der Erstellung von Arbeitsplänen

Ausgangspunkt der Überlegungen hinsichtlich einer Flexibilisierung der Arbeitszeiten ist ein bestimmtes, vorher ermitteltes Arbeitsvolumen. Ziel ist es, einen Arbeitsplan zu erstellen, der sowohl eine Überbelastung als auch Leerlaufzeiten der Mitarbeiter zu vermeiden versucht, d.h. also dieses Arbeitsvolumen sinnvoll verteilen soll. Nach der Verteilung des Arbeitsvolumens auf die einzelnen Mitarbeiter muss im folgenden ermittelt werden, an wie vielen Werktage pro Woche die Arbeitsleistung erbracht und wie lang an den einzelnen Tagen gearbeitet werden soll. Ausgehend von einer wochenweisen 86 Betrachtung kann das Arbeitsvolumen z.B. vier, fünf oder sechs Werktage betragen . Nachdem die Dauer der Arbeitszeit pro Tag bzw. pro Woche festgelegt worden ist, gilt es, dessen Beginn und Ende zu bestimmen. Diese Lage der Arbeitszeit kann sowohl unveränderlich als auch flexibel gestaltet werden. Bei einer unveränderlichen Lage der Arbeitszeit beginnt bzw. beendet der Mitarbeiter seine Arbeit immer zur gleichen Zeit und an den gleichen Tagen. Ist die Lage der Arbeitszeit flexibel, variieren Anfang und Ende der Arbeitszeit und die Wochentage, an denen die Arbeitsleistung zu erbringen ist. Anschließend gilt es festzulegen, wie die Arbeitszeit der einzelnen Mitarbeiter zu verteilen ist. Die von der jeweiligen Arbeitskraft abzuleistenden Arbeitsstunden können dabei in gleich großen Mengen – d.h. täglich oder wöchentlich immer gleich viele Stunden – und in unterschiedlich großen Mengen – d.h. die Arbeitszeit ist ungleichmäßig auf die Tage der Woche oder auf den Monat verteilt – erbracht werden. In einem nächsten Schritt muss, nachdem feststeht, wie viele Mitarbeiterstunden an einem jeweiligen Tag benötigt werden, ermittelt werden, wie diese Stunden auf den Tag verteilt werden sollen. Grundsätzlich hat man dabei die Möglichkeit, den Tag grob in einzelne Abschnitte, z.B. vormittags, mittags und nachmittags, oder detailliert stundenweise aufzuteilen. Der aufzustellende Arbeitsplan sollte die Arbeitszeiten der Mitarbeiter so verteilen, dass die tatsächlich vorhandenen Mitarbeiterstunden auch den benötigten entsprechen. Die Öffnungszeit soll dabei montags bis freitags durchgehend von 9:00 bis 18:00 und samstags von 10:00 bis 13:00 Uhr sein. Wie die Tabelle zeigt, werden samstags drei Mitarbeiterstunden benötigt. Aufgrund der sehr kurzen Öffnungszeiten bietet sich hier z.B. ein Drei-WochenRythmus an, d.h. jeder Mitarbeiter arbeitet lediglich jeden dritten Samstag. Rein rechnerisch bedeutet dieses, dass durchschnittlich samstags pro Mitarbeiter eine Arbeitsstunde anfällt. Der sich so ergebende Arbeitsplan könnte folgendermaßen aussehen: 86

Einer Verteilung des Arbeitsvolumens einer Vollzeitkraft auf drei oder weniger Werktage stehen die Vorschriften des §3 Arbeitszeitrechtgesetz (ArbZRG) entgegen, die eine werktägliche Arbeitszeit von mehr als zehn Stunden verbieten.

3 Ausgewählte Aspekte des Personaleinsatzes

125

Abbildung II.3.a.: Beispiel zur Verteilung der Mitarbeiterstunden auf den Tag

Wochentag Montag

Dienstag

Mittwoch

Donnerstag

Freitag

Samstag

Summe Std. pro MA (kum.) pro Tag

Summe MA-Std. pro Tag

MA

Arbeitszeit von bis

Pause in Std.

VZK 1 " 2 " 3

09:00 - 18:00 09:00 - 18:00 09:00 - 18:00

0,5 0,5 0,5

8,5 8,5 8,5

8,5 8,5 8,5

25,5

VZK 1 " 2 " 3

09:00 - 17:00 09:30 - 18:00 09:00 - 18:00

0,5 0,5 0,5

7,5 8 8,5

16 16,5 17

24

VZK 1 " 2 " 3

09:00 - 17:00 10:00 - 18:00 10:00 - 16:30

0,5 0,5 0,5

7,5 7,5 6

23,5 24 23

21

VZK 1 " 2 " 3

11:00 - 18:00 10:30 - 17:00 09:00 - 16:00

0,5 0,5 0,5

6,5 6 6,5

30 30 29,5

19

VZK 1 " 2 " 3

10:30 - 18:00 09:30 - 17:00 09:00 - 17:00

0,5 0,5 0,5

7 7 7,5

37 37 37

21,5

VZK 1 " 2 " 3

Jeder MA alle 3 Wochen 3 Std.

0 0 0

1 1 1

38 38 38

3

Abbildung II.3.b.: Beispiel eines Arbeitsplans für drei Vollzeitkräfte

126

Kapitel II: Personalmanagement bei Reiseveranstaltern

Aus diesem Arbeitsplan können dann die tatsächlich vorhandenen Mitarbeiterstunden abgeleitet werden. Die folgende Abbildung soll dies verdeutlichen:

Samstag = Öffnung ab 10:00 Uhr bis 13.00 Uhr. Abbildung II.3.c.: Beispiel zur groben Verteilung der vorhandenen Mitarbeiterstunden auf die Woche

Aus dem Vergleich der Tabellen ergibt sich, dass die benötigten und tatsächlich vorhandenen Mitarbeiterstunden nicht immer hundertprozentig übereinstimmen. So kann z.B. montagvormittags die rechnerisch geforderte Mitarbeiterstundenzahl von 12,5 nicht erreicht werden, da bei drei Mitarbeitern in vier Stunden nur 3 · 4 = 12 Mitarbeiterstunden realisierbar sind. Der vorangegangene Arbeitsplan zeigte beispielhaft eine Gestaltungsmöglichkeit flexibler Vollzeitarbeit, bei der die Lage der Arbeitszeiten flexibel war und entsprechend des Arbeitsanfalls verteilt wurden. Die Verteilung der Mitarbeiterstunden auf die einzelnen Wochentage war also ungleichmäßig. Da bei der Verteilung des Arbeitsvolumens von einer Mitarbeiterzahl von drei Vollzeitkräften ausgegangen wurde, war der Anteil jedes Mitarbeiters an diesem Arbeitsvolumen gleich groß, d.h. die durchschnittliche wöchentliche Arbeitsdauer konstant. Die Arbeitszeiten richteten sich dabei außerdem nach den Betriebs- bzw. Öffnungszeiten. Gegner solcher flexiblen Arbeitszeitmodelle führen ins Feld, dass sich in kleinen Büros der Einsatz von Teilzeitkräften aus Kostengründen nicht lohne und solche Arbeitskräfte ein Mehr an organisatorischem Aufwand erforderten. Ebenso wird bemängelt, dass teilzeitbeschäftigte Mitarbeiter nicht während der gesamten Öffnungszeiten den Kunden als Ansprechpartner zur Verfügung stünden und sie aufgrund ihrer verkürzten Anwesenheitszeit über einzelne Vorgänge oder Neuerungen nicht genügend informiert seien. Außerdem sei es den Kunden nicht zuzumuten, von einem Expedienten zu anderen geschickt zu werden. 87

Es ist sicherlich nicht von der Hand zu weisen, dass die Kosten in einem Unternehmen bei Einführung flexibler Arbeitszeiten u.U. steigen, insbesondere dann, wenn sich die Belegschaftszahl vergrößert. Ein wichtiger Kostenaspekt sind die gesetzlichen Verpflichtungen bei Überschreiten bestimmter Schwellenwerte bezüglich der Belegschaftsgröße. Wird das im 87

Vgl. zu den folgenden Ausführungen bezüglich Kosten und Nutzen flexibler Arbeitszeiten das Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung, Mobilzeit, S. 84–93.

3 Ausgewählte Aspekte des Personaleinsatzes

127

vorangegangenen Beispiel ermittelte Arbeitsvolumen auf fünf Mitarbeiter (z.B. eine Vollund vier Teilzeitkräfte) verteilt, greift das Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG), das im Rahmen des § 9 ab einer Belegschaftsgröße von fünf Mitarbeiter die Wahl eines Betriebsrates (Betriebsobmanns) vorsieht. Dieser hat z.B. nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG bezüglich der Regelung der Arbeitszeiten ein Mitbestimmungsrecht. Ab sechs (bei Neueinstellungen seit 1997: 11) Mitarbeitern kommt das Kündigungsschutzgesetz zum Tragen.

3.2.3

Arbeitszeitmodelle: Beispiele aus anderen Branchen

Als die Gewerkschaften in den achtziger Jahren des 20. Jahrhunderts auf die 35-StundenWoche hinarbeiteten, war die Zustimmung der Arbeitgeber nur unter der Bedingung zu erlangen, dass die Arbeitszeit der Beschäftigten flexibler als bisher disponiert werden konnte. Auf unterschiedliche Auftragssituationen sollte so beim verfügbaren Personalbestand entsprechend reagiert werden können. Die (längere) Betriebszeit sollte von der (kürzeren) mitarbeiterindividuellen Arbeitszeit entkoppelt werden. Als Folge dessen entstand eine Reihe von Arbeitszeitmodellen, die den flexibleren und fallbezogenen Einsatz von menschlicher Arbeitskraft ermöglichen sollten. Je nach individueller Ausgestaltung umfassen diese Modelle die folgenden Komponenten: ƒ Getrennte Betrachtung von Betriebszeiten, Kern-/Pflichtanwesenheitszeiten und individuellen Tagesarbeitszeiten. ƒ Flexibilisierung der Tages-, Wochen- und/oder Monatsarbeitszeit, wobei eine vorher festgelegte Sollarbeitszeit innerhalb einer Woche und/oder eines Monats und/oder eines Jahres geleistet werden muss. ƒ Konstantes monatliches Grundgehalt (trotz u.U. schwankender Monatsarbeitszeit). ƒ Führung von Zeitkonten bei automatischer Erfassung der mitarbeiterindividuell geleisteten Arbeitszeit. ƒ Wegfall von (bezahlten) Überstunden; dafür Verrechnung von Plus-Stunden mit MinusStunden auf dem Zeitkonto. ƒ Größtmögliche Freiheit jedes einzelnen Mitarbeiters, seine Tages-, Wochen-, Monatsund/oder Jahresarbeitszeit festzulegen (ohne Lohnausgleich); jedoch Berücksichtigung der betrieblichen Erfordernisse, insbesondere Bereitschaft zu Mehrarbeit bei Saison/Auftragsspitzen. Die folgenden Praxisbeispiele zur individuellen Gestaltung von Arbeitszeitmodellen in verschiedenen Branchen sollen – in ihrer stichwortartiger Darstellung – dazu dienen, auch in von saisonalen Auslastungsschwankungen betroffenen Tourismusunternehmen solche flexib88 len Arbeitszeitbestimmungen einzuführen.

88

Die folgenden Beispiele entstammen der Dokumentationsreihe „Arbeitszeitmodelle – ein Weg aus der Krise“ der Süddeutschen Zeitung von November/Dezember 1993. Zahlreiche weitere Informationen und Beispiele finden sich in: IAB, Arbeitszeit.

128

Kapitel II: Personalmanagement bei Reiseveranstaltern

a) Arbeitszeitmodell der „Ludwig Beck am Rathauseck-Textilhaus Feldmeier AG“, München ƒ Branche: Warenhaus ƒ Historie des Arbeitszeitmodells: Mitarbeiterbefragung 1976: 39% der Vollzeit- und 21% der Teilzeitbeschäftigten wollten eine geringere Arbeitszeit Mitte der 70er Jahre: Projektgruppe zur Entwicklung neuer Modelle der Arbeitszeitgestaltung 1978: Einführung der „Individuellen Arbeitszeit IAZ“ ƒ Grundzüge des Modells: Mitarbeiter können selbst entscheiden, wie viele Stunden sie arbeiten wollen: individueller Arbeitsvertrag legt gewünschte durchschnittliche Arbeitszeit pro Monat fest (mindestens 60 Stunden; in 10-Stunden-Schritten bis zur Vollzeitbeschäftigung; die meisten Beschäftigten arbeiten zwischen 90 und 100 Stunden); Monats-Soll muss nicht exakt erfüllt werden, d.h. Plus- und Minusstunden können auf Zeitkonten angesammelt und über einen Einjahreszeitraum ausgeglichen werden. Monatliche Gehaltszahlung bleibt jedoch konstant. Individuelle Anwesenheit wird über elektronische Teminals erfasst; Mitarbeiter bucht sich ein und aus. Zeitkontostand kann jederzeit abgefragt werden. Einteilung der Beschäftigten erfolgt durch jeweilige Führungskräfte (Informationsinstrumente: Planumsätze je Tag/Woche/Monat; Kundenfrequenztabelle zur Personaleinsatzverteilung über den Tag) ƒ Erfolg: sehr hohe Akzeptanz des Modells: ca. 2/3 aller Beschäftigten Teilzeit; 1.500 Mitarbeiter bei ca. 1.000 (Vollzeit-)Arbeitsplätzen; höheres Qualifikationsniveau, keine Personalbeschaffungsprobleme mehr, da Erhöhung der Arbeitsplatzattraktivität ƒ Nachteil für Unternehmung: Abstimmungsgespräche mit Mitarbeitern benötigen viel Zeit (erhöhen jedoch auch die Motivation). ƒ zusätzlicher Motivationsfaktor: Umsatzbeteiligung der Mitarbeiter b) Arbeitszeitmodell der „Mövenpick Holding AG“, Zürich/Schweiz ƒ Branche: Hotellerie/Gastronomie ƒ Historie des Arbeitszeitmodells: seit 1990 ƒ Grundzüge des Modells: Individuelle Arbeitszeit wird pro Jahr festgelegt und berechnet; Umrechnung auf tägliche Arbeitszeit: führt zu Acht-, Sechs- oder Vier-Stunden-Verträgen; Plus- oder Minusstunden werden über EDV-geführtes Zeitkonto (eigens entwickeltes EDV-Programm) verbucht und verrechnet; Zeitkonto sollte über drei Monate ausgeglichen sein, d.h. der SollArbeitszeit laut Arbeitsvertrag entsprechen. Keine bezahlten oder unbezahlten Überstunden im herkömmlichen Sinne mehr. Dienstplan wird gemeinsam mit Abteilungschef besprochen und festgelegt. Rahmenbedingungen: Muss-Zeit-Blöcke für die Spitzenzeiten. Lohn bleibt je Monat derselbe; auf Basis der Jahressollstunden festgelegt (d.h. unter Umständen geringeres Jahresentgelt als ohne IAZ-Modell) ƒ Berechtigter Mitarbeiterkreis: alle Mitarbeiter außer Abteilungschefs, Buchhaltung und Azubis

3 Ausgewählte Aspekte des Personaleinsatzes

129

ƒ Erfolg: In fast der Hälfte der Mövenpick-Hotels in Deutschland sowie in einigen Restaurants verwirklicht. Mövenpick in Neu-Ulm: 119 Mitarbeiter auf Basis des IAZ-Modells, nur fünf Mitarbeiter arbeiten nach dem herkömmlichen System. Insbesondere für Frauen als Wiedereinsteigerinnen auf Teilzeitbasis geeignet. Flexible Arbeitszeit erforderlich für Motivation der Mitarbeiter in der Gastronomiebranche. Mitarbeiterfluktuation konnte stark gesenkt werden. ƒ Nachteil für Unternehmung: Erhoffte Produktivitätssteigerung je Mitarbeiter trat nicht ein. Abteilungschefs müssen mehr Zeit für Mitarbeiterkommunikation aufwenden c) Arbeitszeitmodell der „Mettler-Toledo GmbH“, Albstadt ƒ ƒ ƒ ƒ

Branche: Waagenbau (z.B. Lebensmittelwaagen für den Einzelhandel) 200 Mitarbeiter Historie des Arbeitszeitmodells: Betriebsvereinbarung über IAZ seit 1986 Grundzüge des Modells: Die wöchentliche Kapazitätsauslastung schwankt zwischen der Hälfte und dem Doppelten der langfristigen Normalkapazität. Betriebszeit: 6.30 h–19.00 h; Regelarbeitszeit (gemäß Tarifvertrag): 36 Wochenstunden. Jeder Mitarbeiter muss innerhalb der Betriebszeit mindestens 4 Stunden arbeiten, beliebig stückelbar. Maximalzeit: 10 Stunden pro Tag, 46 Stunden pro Woche. Zeitkonto je Beschäftigten mit elektronischer Zeiterfassung; maximal 72 Plus-/MinusStunden pro Monat; Ausgleich innerhalb eines halben Jahres erforderlich. Analog zur IAZ gilt das Prinzip der „absatzgesteuerten Produktion“: zur Erreichung des Unternehmensziels, jeden Auftrag innerhalb von maximal fünf Arbeitstagen abzuarbeiten, müssen die Arbeitnehmer bei Bedarf bereit sein, bis zur Höchstzeit von 10 Stunden pro Tag zu arbeiten. ƒ berechtigte Mitarbeiter: bislang nur Produktionsbereich; Ausdehnung auf die Abteilungen EDV, Controlling und Personal geplant. ƒ Erfolg: große Akzeptanz; Krankenstand auf nur 3% gesunken ƒ Nachteil für Unternehmung: Auftragsgesteuerte Produktion bei selbstbestimmter, persönlicher Arbeitszeit erfordert eine Maschinen- und Anlagenkapazität von 200 Prozent. d) Arbeitszeitmodell der „Landert Motoren AG“, Bülach (bei Zürich, Schweiz) ƒ Branche: Motorenbau; Türautomatik, Hebe- und Transportvorrichtungen ƒ Grundzüge des Modells: individuelle Arbeitszeit zwischen 50% und 107% der geltenden Normalarbeitszeit; jedes Jahr neu festlegbar. Wer pro Woche eine Stunde mehr als 40 Stunden arbeitet, erhält pro Jahr eine Ferienwoche mehr, 2 Stunden = 2 Zusatzferienwochen, 3 Stunden = 3 Wochen (=Limit).

130

Kapitel II: Personalmanagement bei Reiseveranstaltern

Mehr Freizeit kann man auch durch Lohnverzicht erwerben: 2,5% weniger Monatsentgelt = eine zusätzliche Ferienwoche oder eine Stunde weniger Wochenarbeitszeit; Beispiel: 39 Wochenarbeitsstunden = 97,5% des normalen Einkommens; 35 Stunden = 87,5% Lohn; 30 Stunden = 75% Lohn (bei jeweils konstantem, dem gesetzlichen Urlaubsanspruch); gewünschte Wochenstundenzahl beliebig wählbar; 13. Monatsgehalt, Ferienanspruch und Lohnfortzahlung werden entsprechend der reduzierten Arbeitszeit anteilig berechnet. e) Arbeitszeitmodell der „Libri – Georg Lingenbrink GmbH & Co.“, Hamburg ƒ Branche: Buchgroßhandlung ƒ Historie des Arbeitszeitmodells: Seit 1990 Planungen zum IAZ-Modell; Realisationsbeginn in der Abteilung Rechnungswesen im Herbst 1992. ƒ Grundzüge des Modells: Eingehende Buchbestellungen müssen umgehend erledigt werden; Auftragsstand: in Normalzeiten täglich 40.000 Positionen, in Spitzenzeiten (z.B. vor Weihnachten) 80.000. Keine (bezahlten) Überstunden mehr; saisonale Spitzenbelastung jetzt in die Arbeitszeitplanung in Form von Plus-Stunden auf einem Arbeitszeitkonto eingebaut. Beschäftigungsorientierte Arbeitszeit: Für jede Abteilung wird individuell die „Ansprechzeit“ festgelegt (z.B. Rechnungswesen: 8.00 h–16.45 h; Versand: 8.00 h–22.30 h). Darüber hinaus „Arbeitszeitrahmen“ als maximal mögliche tägliche Arbeitszeit; Normalarbeitszeit = 38,5 Wochenstunden von montags bis freitags. Jeder Mitarbeiter hat Variationsbreite von 8 Stunden je Monat. Um Betriebsnotwendigkeit und individuelle Wünsche zu harmonisieren, werden Arbeitsgruppen gebildet, die eigenverantwortlich zur Monatsmitte Arbeitspläne für den Folgemonat erstellen. ƒ Nachteil für Unternehmung: Arbeitszeitabstimmung innerhalb der Arbeitsgruppen oft konfliktgeladen; schlechtes Verhältnis zwischen Betriebsrat und Geschäftsführung führt auch zu Spannungen im Rahmen der Gestaltung von Arbeitszeitmodellen; gerade in operativen Abteilungen (z.B. Versand) wenig Bereitschaft der Mitarbeiter, die persönliche Zeitplanung an die Saison anzupassen (z.B. auch nach hintern in die Spätschicht zu gleiten). Wenngleich es mannigfaltige individuelle Arbeitszeitregelungen in verschiedenen Sparten der Wirtschaft gibt, war die Teilzeitarbeit in der Bundesrepublik lange Zeit relativ wenig verbreitet: Während hierzulande 1989 nur 15,5% aller Erwerbstätigen teilzeitbeschäftigt 89 waren, betrug die Teilzeitquote in Großbritannien 23% und in den Niederlanden sogar 34%. Bereits 1999 waren immerhin 20% der Beschäftigten in der Bundesrepublik teilzeitbeschäftigt, wie eine Untersuchung des Kölner Instituts zur Erforschung sozialer Chancen (iso) von 1999, bei der 4.000 Arbeitnehmer befragt wurden, zeigt. Diese Studie belegt auch, dass in Deutschland 85% der Beschäftigten eine flexible Arbeitszeit genießen. Sie arbeiten im Schichtsystem, an Wochenenden, leisten Überstunden oder haben eine Teilzeitstelle. Zehn Jahre zuvor hatte der Anteil derjenigen, die nicht der tariflichen Regelarbeitszeit unterworfen waren, noch bei 76% gelegen. Bereits 37% der abhängig Beschäftigten haben ein Arbeitszeitkonto. Die Analyse der Arbeitszeitwünsche spricht für eine noch stärkere Flexibilisierung.

89

Vgl. Maier-Mannhart, Zeit-Konto.

3 Ausgewählte Aspekte des Personaleinsatzes

3.3

131

Fallbeispiel: Gestaltung von Arbeits- und Urlaubsplänen bei K&S-REISEN

Im Folgenden wird das Beispiel des Regelung von Arbeits- und Urlaubszeiten bei der K&SREISEN GmbH, einem mittelständischen Skispezialreiseveranstalter, gewählt, um die konkrete Gestaltung exemplarisch aufzuzeigen. In einer Betriebsvereinbarung von K&S-REISEN ist explizit geregelt, dass grundsätzlich keine Überstunden anfallen sollten, dass diese aber auf gar keinen Fall finanziell abgegolten werden: Grundsätzlich sollten Überstunden – mit Ausnahme bei Führungskräften, deren unternehmerische Verantwortung u.U. gelegentlich Überstunden erforderlich macht – vermieden werden. Fallen dennoch z.B. aufgrund saisonal bedingter Arbeitsspitzen Überstunden an, so können diese in Form eines Freizeitausgleichs (FZA) zeitnah abgegolten werden. Ein finanzieller Ausgleich für Überstunden (Überstundenvergütung) ist, ebenso wie ein Kumulieren von Überstunden zur Erlangung zusätzlicher Urlaubstage, grundsätzlich nicht möglich! Notwendig erscheinende Überstunden werden den jeweils verantwortlichen Führungskräften möglichst vorher, spätestens jedoch am nächsten Arbeitstag gemeldet. Die Überstunden werden schriftlich festgehalten und begründet. Für nicht ordentlich begründete Überstunden ist ein FZA nicht möglich. Diese Regelung wurde bei K&S-REISEN getroffen, nachdem man feststellte, dass einige Mitarbeiter ihr fixes Monatsgehalt regelmäßig durch Überstundenzahlungen aufbesserten. Die Zahl der Überstunden ist seit Einführung dieser Vereinbarung merklich gesunken, denn der einzelne Mitarbeiter weiß, dass ƒ er durch langsameres Arbeiten nicht mehr Geld verdienen kann, ƒ er durch Überstunden auch nicht seinen Urlaub ausdehnen kann, da Überstunden immer sofort auszugleichen sind, ƒ er, wenn er heute Überstunden anfallen lässt, diese zwar morgen „abfeiern“ kann, die gesamte Arbeitslast für ihn dadurch jedoch nicht weniger wird, da jeder Mitarbeiter sein fest abgestecktes Aufgabengebiet hat. Letztlich führte diese Regelung bei K&S-REISEN zu einer großen Steigerung der Arbeitseffizienz. Früher wollten die meisten Mitarbeiter von K&S-REISEN keine festen Pausen. Sie argumentierten, sie würden keine (längere Mittags-)Pause benötigen oder während kleinerer Pausen ohnehin weiterarbeiten. Tatsächlich war es aber so, dass ƒ Mitarbeiter entweder doch eine längere Pause machten, die somit zu Lasten der Arbeitszeit ging und bezahlt war, oder aber ƒ tatsächlich durcharbeiteten, was sich letztlich negativ auf ihr Wohlbefinden, ihre Gesundheit und auch auf die individuelle Tagesleistung auswirkte.

132

Kapitel II: Personalmanagement bei Reiseveranstaltern

Daher wurde in der Betriebsvereinbarung geregelt, dass eine (unbezahlte) Mittagspause von (mindestens) einer halben Stunde einzulegen ist, wenn an einem Tag mehr als sechs Stunden gearbeitet wird. Für die bei K&S-REISEN erforderliche Samstagsarbeit wurde eine Turnusregelung vereinbart. Die für den Counterbereich zuständigen Mitarbeiter sind somit etwa alle drei Wochen einmal Samstag „an der Reihe“. Auf Basis dieser Regelungen ergibt sich für K&S-REISEN ein Arbeitsplan, der z.B. folgendes Aussehen hat.

Abbildung II.3.d.: Stunden-/Arbeitsplan bei K&S-REISEN

Dadurch, dass manche Mitarbeiter ihre Arbeitsstunden nicht gleichmäßig über die Woche verteilt haben, sondern an einem Tag mehr, an einem anderen dafür weniger arbeiten, ergaben sich Probleme mit der Urlaubsabrechnung nach Tagen. „Ein Tag Urlaub“ kann eben den Ausfall unterschiedlich vieler Arbeitsstunden bedeuten. Daher vereinbarte man eine

3 Ausgewählte Aspekte des Personaleinsatzes

133

Abrechnung der Urlaubszeiten nach Stunden – ein System, das etwas aufwendiger, dafür aber sehr genau und somit „gerecht“ ist. Der Urlaubsanspruch eines Mitarbeiters staffelt sich nach der Unternehmenszugehörigkeit. Die K&S-Betriebsvereinbarung hält hierzu fest: Jeder Mitarbeiter hat Anspruch auf folgenden Jahresurlaub, gestaffelt nach der ununterbrochenen Unternehmenszugehörigkeit: ƒ Bis insgesamt 12 Monate (1 Jahr) Unternehmenszugehörigkeit: 25 Arbeitstage = (gerundet) 2 Tage pro Beschäftigungsmonat ƒ Mit dem 13. Monat (Beginn des 2. Jahres) der Unternehmenszugehörigkeit bis zum 36. Monat (Ende des 3. Jahres): 30 Arbeitstage = 2,5 Tage pro Beschäftigungsmonat ƒ Mit dem 37. Monat (Beginn des 4. Jahres): 32 Arbeitstage = (gerundet) 2,5 Tage pro Beschäftigungsmonat Der Urlaubsanspruch wird nach folgender Formel jeweils in Urlaubsstunden umgerechnet:

5 Tage Soll-Arbeitszeit ⋅ pro Woche pro Woche = Anspruch in Tagen : 5 ⋅ Soll-Arbeitszeit

Anspruch in Stunden = Anspruch in Tagen :

Beispiele: ƒ Mitarbeiter A arbeitet 40 Std. pro Woche und hat 25 Urlaubstage pro Jahr: 25 : 5 · 40 = 200 Stunden Urlaub im Jahr (dividiert durch 12 Monate ergibt den Urlaubsanspruch in Std. pro Monat) ƒ Mitarbeiter B arbeitet 37 Std. pro Woche und hat 30 Urlaubstage: 30 : 5 · 37 = 222 Stunden Urlaub im Jahr

Nimmt ein Mitarbeiter Erholungsurlaub, so wird die dadurch ausfallende Arbeitszeit (inkl. evtl. Samstagszeiten) stundengenau erfasst und von dem zur Verfügung stehenden Stundenanspruch subtrahiert. Jeder Mitarbeiter erhält mit seiner monatlichen Lohnabrechnung eine „Urlaubszeitabrechnung“, die ihm aufzeigt, ƒ welchen Urlaubsanspruch er insgesamt im aktuellen Jahr hat, ƒ wie viel er davon schon genommen hat und ƒ wie viel ihm an Urlaub noch zusteht.

Die nachfolgende Abbildung zeigt beispielhaft eine solche Abrechnung. Die Erfahrungen bei K&S-REISEN mit diesen Zeitplanungssystemen sind sehr gut. Die Mitarbeiter sind laufend und in vollem Umfang informiert, es entstehen keine Meinungsverschiedenheiten mehr zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmern hinsichtlich der Zahl der abzugeltenden Überstunden oder der noch offen stehenden Urlaubstage.

134

Kapitel II: Personalmanagement bei Reiseveranstaltern

Abbildung II.3.e.: Mitarbeiterurlaubskonto bei K&S-REISEN

3 Ausgewählte Aspekte des Personaleinsatzes

3.4

135

Fallbeispiel: Arbeitszeitflexibilisierung bei Lufthansa, TUI und bei Wikinger Reisen

Die Lufthansa Technik AG (LHT) hat bereits Ende 1997 mit dem Gesamtbetriebsrat der LHT eine Rahmenbetriebsvereinbarung über die flexible Arbeitszeit für ihre Mitarbeiter abgeschlossen. Ziel soll eine flexiblere und kundenorientiertere Handhabung der Arbeitszeit im Sinne des Jahresarbeitszeitgedankens des Manteltarifvertrages „Boden“ ermöglichen und eine verbesserte Wettbewerbsfähigkeit der Lufthansa Technik AG sicherstellen. Darüber hinaus sollen den Mitarbeitern individuelle Gestaltungsräume in Übereinstimmung mit den betrieblichen Erfordernissen zugestanden werden. Hier ein Auszug aus den umfangreichen Regelungen: ƒ Die tägliche Arbeitszeit ist in Arbeits- oder Arbeitsschutzkleidung zu beginnen, wenn das Tragen derartiger Kleidung vorgeschrieben ist. Vor dem Ende der Arbeitszeit steht dem Mitarbeiter die üblicherweise notwendige Zeit zum Reinigen und Umkleiden zur Verfügung. ƒ Jeder Mitarbeiter hat ein persönliches Zeitkonto, das als Tageskonto geführt wird. ƒ Das individuelle Zeitkonto kann bis zu plus/minus 75 Stunden betragen. ƒ Das Zeitkonto kann in erweitertem Umfang auch im Rahmen einer vereinbarten Jahresarbeitszeitregelung als Jahresarbeitszeitkonto geführt werden. ƒ Der Mitarbeiter kann im Einvernehmen mit seinem betrieblich Verantwortlichen stundenweise, ganz- oder mehrtägig die Arbeit nicht aufnehmen oder die Verlegung der gesamten Arbeitszeit eines oder mehrere Tage in Anspruch nehmen. ƒ Jeder Mitarbeiter kann grundsätzlich den Beginn und das Ende seiner täglichen Arbeitszeit innerhalb einer Spanne von 6.00 bis 20.00 Uhr im Rahmen der betrieblichen und persönlichen Belange selbst bestimmen.

Die TUI bietet ihren Mitarbeitern verschiedene Teilzeitmodelle an, so z.B. ƒ tägliche Teilzeitarbeit: Man arbeitet an jedem Arbeitstag, aber weniger als 8,2 Stunden. Die Anzahl der Stunden kann auch tageweise wechseln; man kann vormittags oder nachmittags arbeiten. ƒ wöchentliche Teilarbeitszeit: Man arbeitet jede Woche, aber nicht an jedem Arbeitstag. Die Arbeitszeit reicht von 15 bis unter 38,5 Stunden pro Woche, z.B. an zwei Tagen jeweils 7,7 Stunden. ƒ Teilzeitarbeit im wöchentlichen Wechsel: Man arbeitet z.B. in der ersten Woche an zwei, in der zweiten Woche an drei Tagen, oder man arbeitet in jeder Doppelwoche, d.h. in der ersten Woche hat man frei, in der zweiten Woche arbeitet man Vollzeit. ƒ monatliche Teilarbeitszeit: Eine bestimmte Teilarbeitszeit wird in jedem Monat geleistet, aber nicht in jeder Woche bzw. Doppelwoche. Man arbeitet so z.B. 128 Stunden im Monat oder 90% der Monatsarbeitszeit. Oder: Zwei Wochen wird Vollzeit gearbeitet, zwei Wochen sind frei. ƒ Job-sharing-Modelle: Zwei Mitarbeiter teilen sich einen Arbeitsplatz; gearbeitet wird im Wechsel an zwei oder drei Tagen in der Woche. Oder: Eine Woche wird gearbeitet und eine Woche ist frei.

136

Kapitel II: Personalmanagement bei Reiseveranstaltern

ƒ Jahresteilzeitarbeit: Man erhält ein festes Teilzeitgehalt – unabhängig davon, ob man gar nicht oder z.B. 10 Stunden pro Arbeitstag arbeiten. Der Arbeitszeitausgleich erfolgt über die Gleitzeit. Es kann aber auch z.B. sechs Monate Voll- bis Maximalzeit und sechs Monate Teilzeit 50% gearbeitet werden. ƒ gesetzliche Altersteilzeit: Anspruchsberechtigt sind Mitarbeiter ab dem 55. Lebensjahr. Die wöchentliche Arbeitszeit beträgt im Jahresschnitt 50% der tariflichen Arbeitszeit. Laufzeit: bis zu fünf Jahren. ƒ Tele-Teilzeitarbeitsplätze: Bei diesem Modell hat man die Möglichkeit, zu Haus in Vollzeit oder Teilzeit zu arbeiten, sofern es die familiäre Situation erfordert. Alternativ erbringt man einen Teil seiner Arbeit im Büro und einen Teil der Arbeit zu Hause – in Voll- oder Teilzeit.

Bei der TUI stand auch der Betriebsrat der Teilzeitarbeit positiv gegenüber, denn gerade für Mütter mit kleinen Kindern ist die reduzierte Arbeitszeit optimal. Lediglich bezüglich der Tele-Arbeit wünschte sich der Betriebsrat eine klare Rahmenvereinbarung, in der z.B. Haftungsfragen bei Datenverlust oder die Erfassung von Krankheitszeiten geregelt werden. Auch Wikinger Reisen realisierte 2001 einen neuen Personalentwicklungsplan, der u.a. ein Modell der Jahresarbeitszeitkonten beinhaltet. Gerade in einigen Abteilungen hält die Geschäftsführerin, Frau Dagmar Kimmel, es für sinnvoll und effizient, mit den Mitarbeitern flexiblere Arbeitszeiten auszuhandeln, so z.B. im Kundenservice in der Hauptbuchungszeit von Januar bis April eine tägliche Arbeitszeit von neun oder zehn Stunden zu vereinbaren, dafür in der Nebensaison eine Arbeitszeit von nur sechs bis sieben Stunden festzulegen. Entsprechendes gilt für die Produktabteilung in den Zeiten der Katalogproduktion.

4

Finale Entlohnung: Gestaltung von Mitarbeitererfolgsbeteiligungssystemen bei Reiseveranstaltern – Grundlagen und Fallbeispiel

4.1

Mitarbeitererfolgsbeteiligung – oder: Wie motiviere ich meine Mitarbeiter zu Höchstleistungen?

„Wir wollen im kommenden Jahr unseren Umsatz um 12% steigern!“. „Bei uns ist der Kunde König!“. „Unsere Mitarbeiter sollen kostenbewusster arbeiten!“. Die Beispiele betriebswirtschaftlicher Ziele, die sich bei vielen Unternehmen auch in einer schriftlich niedergelegten Unternehmensphilosophie wiederfinden, ließen sich beliebig fortführen. Die Erfahrung lehrt: Was leicht als Ziel vorgegeben ist, kann oftmals nur schwerlich realisiert

4 Finale Entlohnung

137

werden. Maßnahmen der Aufbau- und Ablauforganisation, der Kontrolle und der Führung stoßen rasch an ihre Grenzen, wenn es darum geht, vom einzelnen Mitarbeiter mehr Einsatz abzuverlangen. Sicherlich motivieren Lob und Anerkennung durch Vorgesetzte und Kollegen, und auch die intrinsische Motivation, die der Erfolg des eigenen Handelns für einen Arbeitnehmer mit sich bringt, darf nicht unterschätzt werden. Doch wie können Mitarbeiter dazu bewegt werden, sich anhaltend und ohne permanente äußere Anstöße „ins Zeug zu legen“? Ein Weg, dies möglich zu machen, könnte in der Einführung eines Mitarbeitererfolgsbeteiligungssystems liegen!

4.2

Ziele eines Mitarbeitererfolgsbeteiligungssystems

Was bewog bereits 1847 einen Johann Heinrich von Thünen, seine Landarbeiter am Ertrag 90 seines landwirtschaftlichen Gutes zu beteiligen? Was einen Ernst Abbe, Gründer und langjähriger Leiter der Zeiß-Werke, sich bereits 1897 für eine „Gewinnbeteiligung der Arbeiter in 91 der Großindustrie“ auszusprechen? Was veranlasste einen Hugo Junkers, den Fabrikanten von Gasöfen, Flugzeugen, Motoren und Möbeln, bereits in den 1920er Jahren seine Mitarbeiter am Unternehmenskapital zu beteiligen? Warum schüttete ein erfolgreicher Unternehmer bereits Mitte der sechziger Jahre dieses Jahrhunderts freiwillig über eine Mio. DM an Er92 folgsanteilen an seine etwa 800 Mitarbeiter aus? Was bewog diese und viele andere Unternehmer, kausale Lohnformen, bei denen das Arbeitsentgelt als Äquivalent für den Einsatz des „Faktors Arbeit“ im Betrieb gesehen wurde, durch finale Entgeltkomponenten, die den „Arbeitsoutput“, also das Leistungsergebnis zur Grundlage nehmen, zu ergänzen? Neben den Vorteilen einer Mitarbeitererfolgsbeteiligung unter gesamtwirtschaftlichen Aspekten oder aus Arbeitnehmersicht, auf die hier nicht näher eingegangen wird, lassen sich als wesentliche Ziele, die ein Unternehmen mit der (freiwilligen) Beteiligung seiner Arbeit93 nehmer am Unternehmensergebnis verfolgt, nennen: ƒ Die Beteiligung des einzelnen Mitarbeiters am Unternehmenserfolg soll diesem ein unmittelbarer Leistungsanreiz sein. Die Stärke dieser Wirkung hängt insbesondere von der Art der Beteiligung ab; hierauf wird weiter unten noch näher eingegangen. ƒ Der Partnerschaftsgedanke, den Unternehmer gerne bezüglich des Arbeitsinputs sehen, soll sich – um wirklich handlungsbestimmend zu sein – auch hinsichtlich des Arbeitserfolgs manifestieren. Die Identifikation der Mitarbeiter mit dem eigenen Unternehmen – Stichwort: Corporate Identity – lässt sich somit steigern.

90 91 92 93

Vgl. Gaugler, Erfolgsbeteiligung, S. 794; Wörl, Teilzeitarbeit. Vgl. Gaugler, Tarifpolitik, S. 770–773. Vgl. Pieroth, Pieroth-Modell, S. 5. Vgl. beispielsweise Gaugler, Erfolgsbeteiligung, S. 794–795.

138

Kapitel II: Personalmanagement bei Reiseveranstaltern

ƒ Nicht wenige Unternehmer verleihen durch die Einführung eines Mitarbeitererfolgsbetei94 ligungssystems ihrer Vorstellung von einer gerechten Entlohnung Ausdruck. Der soziale Aspekt einer solchen finalen Entgeltform sollte also nicht unterschätzt werden. ƒ In Zeiten enger Arbeitsmärkte lassen sich die knappen Fachkräfte u.U. durch die Aussicht auf einen (auch) erfolgsabhängigen Lohn eher für das eigene Unternehmen gewinnen. Auch erhoffen manche Arbeitgeber eine Immunisierung ihrer Mitarbeiter gegenüber außerbetrieblichen Einwirkungen, was sich beispielsweise in einer geringen Fluktuationsrate niederschlägt. Insofern kann ein Erfolgsbeteiligungssystem einen strategischen Wettbewerbsfaktor auf dem Arbeitsmarkt darstellen. ƒ Freiwillige finale Entlohnungsformen bieten eine sehr hohe Flexibilität. Diese betrifft sowohl die Gestaltung des Entgeltsystems (wer, wann, wie viel, etc.) als auch die daraus resultierende Personalkostenbelastung für das Unternehmen. In schlechten Zeiten sinken – bei entsprechender Ausgestaltung des Systems – die Lohnkosten, während sich die Ausschüttungen der „fetten Jahre“ ohne weiteres verkraften lassen. Durch die solchen Systemen innewohnende Reagibilität auch auf positive Wirtschaftsentwicklungen, die beispielsweise vielen Tarifverträgen und fixen Lohnvereinbarungen fehlt, dürften sie 95 auch aus Arbeitnehmer-, sprich: Gewerkschaftssicht ein akzeptiertes Instrument sein. ƒ In Verbindung mit bestimmten Verwendungsalternativen, die im Erfolgsbeteiligungssystem festgelegt sein können, lässt sich sowohl eine Vermögensbildung der Arbeitnehmer als auch eine Stärkung der Kapitalbasis des ausschüttenden Unternehmens erreichen (vgl. dazu die Ausführungen unten).

Eine Studie der AGP belegt, dass eine Mitarbeitererfolgsbeteiligung in vielfältiger Weise positiv wirkt:

Wirkung einer Mitarbeitererfolgsbeteiligung drei bis fünf Jahre nach Einführung: 1 = „kaum Verbesserungen“ bis 4 = „signifikante Verbesserungen“ Quelle: AGP (Arbeitsgemeinschaft Partnerschaft in der Wirtschaft) / A.T. Kearney, Studie „Mitarbeiterbeteiligung in Deutschland“, 2004–2006 Abbildung II.4.a.: Wirkung einer Mitarbeitererfolgsbeteiligung

94

95

Vgl. beispielsweise die Haltung des Unternehmers Elmar Pieroth, der in seinem Unternehmen das unter dem Namen „Pieroth-Modell“ bekanntgewordene Erfolgsbeteiligungssystem einführte. Vgl. Pieroth, Pieroth-Modell, S. 3–5. Vgl. Gaugler, Tarifpolitik, S. 772.

4 Finale Entlohnung

139

Wie lässt sich nun ein Mitarbeitererfolgsbeteiligungssystem gestalten? Welche Aspekte sollten Berücksichtigung finden, um ein Scheitern, einen „Schuss nach hinten“, zu vermeiden? Diesen Fragen widmen sich die folgenden Ausführungen, indem zunächst in allgemeiner Form die konzeptionellen Ansatzpunkte aufgezeigt werden, bevor an einem konkreten Fallbeispiel eine Gestaltungsalternative und die damit gewonnenen Erfahrungen geschildert werden.

4.3 4.3.1

Konzeptionelle Ansatzpunkte eines Mitarbeitererfolgsbeteiligungssystems

96

Grundsätzliches zur Gestaltung eines Mitarbeitererfolgsbeteiligungssystems

Selbstverständlich könnte es sich, gerade in kleineren, mittelständischen Unternehmungen, der Unternehmer vorbehalten, Erfolgsprämien „nach Gutdünken“ an seine Mitarbeiter zu vergeben. Vieles spricht jedoch gegen eine solche Vorgehensweise, die für den einzelnen Arbeitnehmer leicht den Charakter der unternehmerischen Willkür annimmt oder das Gefühl einer ungerechten Behandlung hervorruft. Erfolgsbeteiligungssysteme sollten daher so gestaltet sein, dass sie ƒ für den einzelnen Mitarbeiter nachvollziehbar sind. Das System muss so komplex wie nötig, aber so transparent und einfach wie möglich sein. Dies impliziert, dass vielfach zugunsten der Akzeptanz durch die Mitarbeiter und als Voraussetzung für die beabsichtigte Wirkung auf theoretisch optimale, aber zu komplexe Lösungen verzichtet werden muss. ƒ eine laufende Information der Belegschaft ermöglichen. Nur so ist der i.d.R. gewünschte Anreizcharakter gewährleistet. ƒ sich durch eine ausreichende Zeitnähe zwischen dem Auftreten des Erfolgs und der Ausschüttung der Erfolgsanteile auf die Mitarbeiter auszeichnen. Dadurch wird die unter Motivationsaspekten erforderliche Kausalität zwischen eigenem Handeln und wirtschaftlichem Unternehmenserfolg vom Mitarbeiter leichter wahrgenommen. ƒ insgesamt wirtschaftlich sind. Der Aufwand des Verfahrens muss in angemessener Relation zum Ausschüttungsbetrag, zur relativen Bedeutung des individuellen Erfolgsanteils für die Mitarbeiter und zur erzielbaren Motivationssteigerung stehen. ƒ flexibel hinsichtlich ihrer Anpassung an veränderte organisatorische oder wirtschaftliche Rahmenbedingungen sind.

96

Vgl. zu den folgenden Ausführungen auch Gaugler, Tarifpolitik, S. 772–773; Gaugler, Mitarbeiterbeteiligung, S. 49–52; Pieroth, Pieroth-Modell, S. 3–5.

140

Kapitel II: Personalmanagement bei Reiseveranstaltern

Ein Mitarbeitererfolgsbeteiligungssystem kann nur unternehmensindividuell konfiguriert werden, denn betriebsspezifische Besonderheiten sollten auf jeden Fall Berücksichtigung finden. Es macht daher keinen Sinn, an dieser Stelle ein allgemeines „Patentsystem“ zu proklamieren. Vielmehr werden die bei einer individuellen Ausgestaltung zu berücksichtigenden Entscheidungsfelder einer näheren Betrachtung unterzogen.

4.3.2

Zentrale Entscheidungsfelder im Rahmen der Systemgestaltung

4.3.2.1

Wahl der Basisgröße und Festlegung des Ermittlungszeitraums

In einem ersten Schritt gilt es, diejenige(n) Größe(n) festzulegen, die als Basis für die Berechnung der an die Mitarbeiter auszuschüttenden Erfolgsanteile dienen soll(en). Wann werden die Mitarbeiter etwas von „ihrem“ Erfolg spüren: wenn der Umsatz steigt, wenn mehr Aufträge verbucht werden, wenn die Kosten sinken? Was ist, wenn der Umsatz steigt, gleichzeitig aber die Kosten in die Höhe schnellen? Bereits an diesen einfachen Beispielen erkennt man, dass der Wahl der Basisgröße eine entscheidende Bedeutung bei der Ausgestaltung eines Erfolgsbeteiligungssystems zukommt. Ziel ist es also, solche Kennzahlen als Berechnungsschlüssel zu finden, die einen – wie auch immer zu definierenden – „Erfolg“ widerspiegeln bzw. sich im Sinne von validen Indikatoren zu diesem äquivalent verhalten. Grundsätzlich bieten sich vier Basisgrößentypen an: ƒ Quantitativ-outputorientierte Kennzahlen: Diese Größen knüpfen am sachlichen Leistungserfolg, also der tatsächlich von einem Unternehmen (bzw. seinen Mitarbeitern) erbrachten Leistung, an. Zu denken ist hier z.B. an: Ausbringungsmenge in Stück, Ausbringungsmenge in Gewichtseinheiten oder Absatzmengen, speziell bei touristischen Unternehmungen also z.B. die Zahl der distribuierten Reisekataloge, die Zahl der bearbeiteten Anfragen von Reiseinteressenten, die Buchungszahl, die Paxzahl etc. Diese Basisgrößen haben den Vorteil, dass sie von relativ einfacher Natur sind und damit sowohl für die Unternehmensleitung als auch für den einzelnen Mitarbeiter leicht ermittelbar und nachvollziehbar sind. Somit kann von ihnen eine relativ gute Motivationswirkung ausgehen, da der Mitarbeiter unmittelbar den Erfolg seiner Arbeit – sowie den daraus direkt oder indirekt auf ihn entfallenden finanziellen Erfolgsanteil – erkennt. Allerdings spiegeln nur einige dieser Kennzahlen den am Markt realisierten Unternehmenserfolg wider: Ist es sinnvoll, Mitarbeiter bereits dafür zu „belohnen“, dass sie auf Lager produzieren? Ist ein hoher Absatz zu honorieren, wenn er alleine durch Sonderangebote zu Niedrigpreisen erzielt wurde? Auch die Kostenseite bleibt bei diesen outputorientierten Größen unberücksichtigt: Vielleicht wurde der Mehrabsatz nur durch eine überproportionale Steigung der Werbekosten erreicht. ƒ Quantitative oder wertmäßige, inputorientierte Kennzahlen: Diese Basisgrößen berücksichtigen insbesondere den von den Mitarbeitern verursachten Leistungsverzehr, der sich in den Kosten des Unternehmens niederschlägt und somit

4 Finale Entlohnung

141

erfolgsmindernd wirkt. Basisgrößen könnten z.B. der Verbrauch an Material, Rohstoffen oder Vorleistungen, aber auch die Zahl an benötigten Aushilfskräften, Ersatzinvestitionen u. dgl. sein. Zwischen diesen Kennzahlen und dem Mitarbeitererfolgsanteil besteht ein umgekehrt proportionales Verhältnis. Also: Je niedriger der so gemessene Input ist, desto höher fällt die Mitarbeitererfolgsbeteiligung aus. Auch diese Kennzahlen haben den Vorteil, relativ leicht erfassbar zu sein. Unternehmen, die das Kostenbewusstsein ihrer Mitarbeiter steigern wollen, sollten (auch) auf solche Inputgrößen zurückgreifen. Die Gefahr liegt jedoch auch hier darin, dass die (Absatz-) Marktorientierung zugunsten von „Kostensenkungen um jeden Preis“ verloren geht. Darüber hinaus ist zu gewährleisten, dass die eingesparten Kosten zumindest auf lange Sicht höher sind als die an die Mitarbeiter (zusätzlich) ausgeschütteten Erfolgsanteile, da ja nur in diesem Falle das Ziel der Senkung der gesamten Unternehmenskosten erreicht wird. ƒ Einfache, wertmäßige Outputgrößen: Hier lassen sich Basisgrößen, die eher erfolgsorientiert sind und somit die tatsächliche Unternehmensleistung am Markt widerspiegeln (Umsatz, Deckungsbeitrag, Gewinn, Cash-Flow, etc.), von solchen unterscheiden, die eher substanzorientiert sind, also das Leistungspotential der Unternehmung zum Ausdruck bringen (Eigenkapital, Bilanzsumme, Anlagevermögen, etc.). Durch die Anknüpfung an substanzorientierten Kennzahlen werden die Mitarbeiter zur langfristigen Steigerung des Unternehmenswertes angehalten. Diese Größen sind jedoch – in den Augen des „einfachen“ Mitarbeiters – sehr abstrakt, und auch der unmittelbare Zusammenhang zwischen eigener Leistung und Wirkung auf die Basisgröße ist nur schwer erkennbar. Ähnlich wie die Orientierung am Absatz fördert auch die Bezugnahme auf die einfache und gut erfassbare Größe „Umsatz“ das Verkäuferdenken – unter Umständen um jeden Preis, d.h. unabhängig von den dafür verursachten Kosten. Deckungsbeitrag und Gewinn berücksichtigen hingegen sowohl den (Mehr-)Umsatz als auch die dafür aufgewendeten (Mehr-)Kosten, verlangen vom Mitarbeiter also ein Optimieren, das aus betriebswirtschaftlicher Sicht ohne Zweifel wünschenswert ist. Da sich bei der Ermittlung von Deckungsbeiträgen und Gewinn vielfältige Spielräume (z. B. Bewertungsspielräume, Einrechnung der Abschreibungen, etc.) ergeben, die aus Mitarbeitersicht Manipulationsmöglichkeiten der Unternehmensführung darstellen, muss im Erfolgsbeteiligungssystem klar und eindeutig definiert sein, wie die jeweiligen Größen zu berechnen sind. ƒ Aggregierte, komplexere wertmäßige Outputgrößen und Indizes: Schließlich sei noch die Möglichkeit erwähnt, durch Zusammenfassung mehrerer Einzelgrößen komplexere Basiseinheiten zu schaffen. Auf diese Weise kann der Versuch unternommen werden, mehrere Ziele gleichzeitig mit dem Erfolgsbeteiligungssystem zu erreichen: Kostenorientierung bei gleichzeitiger Umsatzsteigerung, Bindung der Mitarbeiter an das Unternehmen bei möglichst hoher Eigenkapitalverzinsung, etc. Zu denken ist hier z.B. an diverse Renditen (Umsatz-, Eigenkapitalrenditen, etc.). Doch bietet sich auch die Möglichkeit, in Form von Indizes, Vektoren oder Punktesystemen mehrere Ziele miteinander zu verbinden. Damit wird jedoch das Problem aufgeworfen, welche der diversen Einzelkennzahlen in einen solchen Index einbezogen werden sollen sowie auf welche Art deren Verknüpfung erfolgen soll – Fragen, die nur unternehmensindividuell beantwortet werden können. Auch resultieren aus solchen aggregierten Kennzahlen

142

Kapitel II: Personalmanagement bei Reiseveranstaltern

Werte, die zumindest direkt ohne eine konkrete, anschauliche Aussage sind, was nicht zuletzt deren Akzeptanz bei den Mitarbeitern erschwert.

Welche Größen dem Erfolgsbeteiligungssystem zugrunde gelegt werden sollten, kann wie bereits erwähnt nur unternehmensindividuell entschieden werden. Wesentlich bei der Festlegung der Basisgröße ist, dass sie vom einzelnen Mitarbeiter beeinflusst werden kann und eine möglichst direkte Wirkung auf den Unternehmenserfolg hat. So ist es beispielsweise durch einen Countermitarbeiter (Verkäufer) beeinflussbar, ob ein Interessent eine Reise bucht (ein Produkt kauft) oder nicht. Auch ist unmittelbar einsichtig, dass – positive Deckungsbeiträge vorausgesetzt – jede zusätzliche Buchung (jeder zusätzlich Verkauf) den Unternehmenserfolg mehrt. Die Buchungszahl (der Absatz) ist also durchaus eine sinnvolle Basisgröße zur Bestimmung des Mitarbeitererfolgsanteils. Fraglich ist hingegen, ob der Mitarbeiter einen Einfluss auf die Zahl der Reiseteilnehmer einer Buchung hat. Auch der Beratungsaufwand dürfte für ihn gleich sein, unabhängig davon, ob durch die Reservierung zwei oder acht Personen verreisen. Insofern spielt hier ein starker Zufallsfaktor mit, der die Paxzahl als weniger geeignete Basis eines Erfolgsbeteiligungssystems erscheinen lässt. Die Wahl einer oder mehrerer Basisgrößen hängt sehr stark von der intendierten Wirkung des Mitarbeitererfolgsbeteiligungssystems, welche wiederum von der zugrundeliegenden Unternehmensstrategie determiniert wird, ab. In Zeiten der expansiven Unternehmensentwicklung mag der Absatz als Basisgröße ideal sein, um die Mitarbeiter zu höchsten Verkaufsanstrengungen zu motivieren. Verfolgt das Unternehmen hingegen eine Strategie der Kostenführerschaft, sollte das Kostenbewusstsein der Mitarbeiter durch die Festlegung inputorientierter Kennzahlen als Basisgrößen des Erfolgsbeteiligungssystems gesteigert werden. Selbstverständlich spielt auch die Unternehmensgröße eine bedeutende Rolle. Gerade in Großunternehmen kann es sich anbieten, verschiedenen Abteilungen und Mitarbeitergruppen unterschiedliche Basisgrößen zuzuordnen: Produktivitätskennzahlen für die Mitarbeiter der Fertigung (Reisebuchungsabwicklung), Umsatzzahlen für die Außendienstler. In kleineren Unternehmen, die sich durch eine weniger starke Arbeitsteilung auszeichnen, bietet sich aus Gründen der „wahrnehmbaren Gerechtigkeit“ und der Wirtschaftlichkeit des Systems eher die Festlegung einer Basisgröße für alle Arbeitnehmer an. Wurde die Basisgröße bestimmt, so ist deren zeitlicher Berechnungsrahmen festzulegen. Bereits oben wurde darauf hingewiesen, dass zwischen Mitarbeiterleistung und Erfolgsausschüttung ein möglichst kurzer Zeitraum liegen sollte, um die Kausalität zwischen beiden für den Mitarbeiter erkennbar zu machen. Andererseits darf der Verwaltungs-, sprich: Berechnungsaufwand nicht zu groß sein. In der Praxis bietet es sich daher an, monatlich oder vierteljährlich abzurechnen und – gegebenenfalls – auszuschütten. Ist aus organisatorischen Gründen nur eine jährliche Berechnung möglich, so sollten unbedingt in kürzeren Intervallen Abschlagszahlungen erfolgen, da kein „einfacher“ Mitarbeiter sich ein Jahr lang durch eine einmalige Zahlung motivieren lässt. Anders verhält es sich u.U. bei hierarchisch hoch stehenden Führungskräften, für die das Denken in Jahreszeiträumen durchaus üblich sein kann.

4 Finale Entlohnung

4.3.2.2

143

Festlegung der Faktoranteile

Das zweite wichtige Entscheidungsfeld betrifft die Aufteilung des Gesamtunternehmenserfolges auf die betriebswirtschaftlichen Faktoren. Grundsätzlich ist von zwei (Arbeit und Kapital), gerade bei mittelständischen, inhabergeführten Unternehmen auch von drei Faktoren (Unternehmerleistung, Mitarbeiterleistung, Kapital) auszugehen. Der in der allgemeinen BWL oftmals einbezogene Faktor „Boden“ kann in unserer Branche sicherlich vernachlässigt werden. Der Unternehmenserfolg wurde also, vereinfacht ausgedrückt, durch das investierte Kapital, durch die Arbeit der Inhaber sowie durch die Arbeit aller im Unternehmen beschäftigten Mitarbeiter erzielt. Allen diesen Faktoren soll der Erfolg daher auch zugute kommen. Somit folgt hier der problematischste Schritt: die Aufteilung dieses Erfolges auf ƒ das Kapital (Welchen Anteil haben der aus dem Kapital finanzierte PC, Kopierer, Schreibtisch am Erfolg? Welcher Erfolgsanteil steht somit den Eigenkapital- und Fremdkapitalgebern zu?), ƒ die mitarbeitenden und das unternehmerische Risiko tragenden Inhaber, und ƒ die Mitarbeiter.

Um langen Diskussionen von vornherein zu begegnen: Es gibt keine „richtige“ Lösung! Auch hier ist es wieder vorstellbar, mit Verteilungsschlüsseln (z.B. „Lohnsumme dividiert durch Kapitaleinsatz“) zu arbeiten. Doch täuschen diese nur eine Objektivität vor. Man kommt letztlich nicht umhin, ein (subjektives) Werturteil zu fällen, sei es als unternehmerische Alleinentscheidung, sei es in Abstimmung mit der Belegschaft. Insofern bietet sich eine einfache prozentuale Aufteilung des Erfolges auf die Produktionsfaktoren an, also z.B. ƒ 50% für die Belegschaft, 50% für die Inhaber, die sowohl ihr Kapital als auch ihre Arbeitskraft einbringen, oder ƒ 1/3 für die Belegschaft, 1/3 für die Kapitalgeber, 1/3 für die geschäftsführenden Gesellschafter.

4.3.2.3

Festlegung der Individualquote

Wurde ermittelt, welcher Anteil des Erfolgs auf den Faktor „Mitarbeiter“ entfällt, so gilt es im nächsten Schritt, den individuellen Anteil jedes einzelnen Mitarbeiters am gesamten Faktoranteil zu bestimmen. Die konkrete Frage lautet also: Erhält Mitarbeiter xyz eine Ausschüttung, und wenn ja, in welcher Höhe? Berechtigt können alle Mitarbeiter im Unternehmen oder nur bestimmte Mitarbeitergruppen (z.B. nur leitende Angestellte) sein. Üblicherweise ist ein Arbeitnehmer erst nach Beendigung der Probezeit berechtigt, am Erfolgsbeteiligungssystem teilzunehmen, eventuell werden auch längere Anwartschaftszeiten vorgeschrieben. Sinnvoll im Hinblick auf die Bindung der Mitarbeiter an das eigene Unternehmen erscheint es auch, ausscheidende Arbeitnehmer vom Bezug auszuschließen. Selbstverständlich kann es auch angebracht sein, für verschiedene Mitarbeitergruppen unterschiedliche Regelungen zu wählen, wobei jedoch dem Grundsatz der Gleichbehandlung Rechnung getragen werden sollte.

144

Kapitel II: Personalmanagement bei Reiseveranstaltern

Die Verteilung des Ausschüttungsbetrages auf die einzelnen Mitarbeiter erfolgt im einfachsten Fall in Form einer Gleichverteilung nach Köpfen, so dass jeder Mitarbeiter gleichviel erhält. Bei unterschiedlicher Höhe des Grundentgelts variiert dadurch jedoch nicht nur die relative Bedeutung der Erfolgsbeteiligung (500.– EUR bei 1.500.– EUR brutto sind eben etwas anderes als bei 4.000.– EUR brutto), sondern aufgrund der Lohnsteuerprogression (Erfolgsausschüttungen stellen normal zu versteuerndes Einkommen dar, auf das auch in voller Höhe die Sozialversicherungsbeiträge entfallen) ergeben sich letztlich auch starke Unterschiede in den Nettobezügen der einzelnen Arbeitnehmer. Differenzierter lässt sich eine Verteilung der gesamten Ausschüttungssumme mit Hilfe von Punktesystemen erreichen, die z.B. zusätzlich zu einem nach Köpfen verteilten Sockelbetrag die Individualquote bestimmen. Diese können an „objektiven“ Kriterien anknüpfen, indem bestimmte Schlüssel, die im Sinne von validen Indikatoren den Erfolgsbeitrag eines einzelnen Mitarbeiters am Gesamterfolg erkennen lassen, der Berechnung zugrunde gelegt werden (Beispiele: Gehaltshöhe, Anwesenheitstage/Fehltage, Dauer der Betriebszugehörigkeit). Auch die Berücksichtigung sozialer Kriterien (Beispiel: Familienstand, Kinderzahl, Alter) wird so ermöglicht. So ist es zum Beispiel denkbar, dass Bezieher höherer Grundeinkommen cet. par. absolut mehr, aber relativ (bezogen auf ihr Fixgehalt) weniger als Mitarbeiter der unteren Hierarchiestufen erhalten. Punktesysteme ermöglichen also eine feinere Ausgestaltung, sind jedoch aufgrund ihrer Komplexität für den „einfachen“ Mitarbeiter u.U. nur schwer nachvollziehbar. Eine weitere Möglichkeit der Ermittlung der Individualquoten besteht darin, die subjektive Beurteilung der individuellen Leistung eines Mitarbeiters durch dessen Vorgesetzten als Verteilungsbasis zu wählen. Diese sicherlich flexibelste Verteilungsvariante mag dem einen oder anderen Mitarbeiter jedoch zu sehr als unternehmerische Willkür vorkommen. Um dem zu entgegnen, können in größeren Unternehmungen sog. Partnerschaftsausschüsse, bestehend aus Vertretern der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer, gebildet werden, die über die 97 Verteilung entscheiden.

4.3.2.4

Verwendungsalternativen

Nachdem festgelegt wurde, welchen Anteil jeder einzelne (berechtigte) Mitarbeiter am Unternehmenserfolg haben soll, müssen die Ausschüttungsmodalitäten geregelt werden. Im einfachsten Fall wird der Erfolgsanteil dem Mitarbeiter mit seiner normalen Gehaltsüberweisung ausgezahlt. Bei monatlicher Erfolgsberechnung bietet sich eine monatliche Auszahlung an, doch auch bei quartalsmäßiger Berechnung sollte geprüft werden, ob nicht eine Verteilung der Ausschüttung auf drei Monate sinnvoll ist. Denkbar ist auch, dass die individuellen Erfolgsanteile zur Vermögensbildung der Arbeitnehmer herangezogen werden. Verschiedene Modelle lassen sich hierzu in der Praxis finden.

97

Hier zeigt sich sehr deutlich die Schnittstelle zwischen Erfolgsbeteiligungssystem und betrieblicher Mitbestimmung der Arbeitnehmer. Ein solcher Partnerschaftsausschuß ist beispielsweise Bestandteil des Pieroth-Modells. Vgl. Pieroth, Pieroth-Modell, S. 4. Vgl. auch Knüpffer, Partnerschaft, S. 1445–1446.

4 Finale Entlohnung

145

Aus unternehmerischer Sicht besonders wünschenswert ist die Einbringung der Erfolgsanteile in das Kapital der Unternehmung, sei es als Eigenkapital (z.B. Mitarbeiteraktien oder Stille Beteiligung) oder als langfristiges Fremdkapital. Die Erfolgsbeteiligung bildet in diesem Fall die Quelle der Mittel, die für eine Mitarbeiterkapitalbeteiligung benötigt wer98 den. Im Extremfall gelingt es durch diese investive Anlage der ausgeschütteten Mittel im arbeitgebenden Unternehmen, ohne Liquiditätsverlust ein Erfolgsbeteiligungsmodell zu realisieren. Hugo Junkers hat bereits in den 1920er Jahren in seinem „industriellen Glaubensbekenntnis“, das seine durchaus links-liberale Auffassung dokumentiert, ausgeführt: „Das Kapital, die Fabrik, den gesamten geschäftlichen Organismus, sehe ich nicht als mein Privateigentum an, sondern als das aller Beteiligten, vom Leiter bis zum letzten Lehrjungen und Tagelöhner.“ Heute sprechen wir in diesem Zusammenhang gerne von „Investivlohn“, weil die Arbeitnehmer einen Teil ihres Einkommens gleich wieder investieren (können/sollen). Je nach Modell wandeln sie einen Teil ihres (Tarif-)Lohns um oder erhalten eine Beteiligung über den Tariflohn hinaus. Fraglich ist sodann, ob eine direkte Beteiligung am eigenen Unternehmen (höhere Motivation und Verbundenheit, aber auch Risiko des Verlustes bei Unternehmensinsolvenz; Problem der Übertragbarkeit bei Arbeitgeberwechsel etc.) oder an einem vom einzelnen Arbeitgeberunternehmen unabhängigen „Pool“ oder Fonds („Deutschlandfonds“) sinnvoller ist. Die Deutsche Lufthansa Aktiengesellschaft beispielsweise bietet ihren Mitarbeitern anstelle einer Ausschüttung von Erfolgsanteilen Aktien an, und zwar alternativ als „normale“ Mitarbeiteraktien oder in Verbindung mit einem Mitarbeiterdarlehen (Programm „LH Chance“). So konnten die Mitarbeiter 1998 ein „Wertpaket“ von ca. 1.600.-DM beziehen, das – zusammen mit einem zinslosen Firmenkredit in Höhe von ca. 2.500.-DM – den Bezug von bis zu 84 LH-Aktien ermöglichte. Sämtliche Aktien sind für eine Zeit von zwei Jahren gesperrt, dürfen von den Mitarbeitern also weder verkauft noch verpfändet werden. Nach diesem Zeitraum haben die Mitarbeiter die Wahl: Sie können die Aktien verkaufen und aus dem Verkaufserlös das Mitarbeiterdarlehen tilgen; darüber hinausgehende Beträge werden dem Mitarbeiter ausgezahlt. Oder sie können das Mitarbeiterdarlehen mit eigenen Mitteln tilgen und die Aktien behalten. Diese Mitarbeiteraktien sind von Anfang an voll stimm- und dividendenberechtigt. 32% der Lufthanseaten (= 14.000 Mitarbeiter) wählten das Programm „LH Chance“, nur 19,5% die traditionelle Belegschaftsaktien. Damit war der Anteil der „cash-Liebhaber“, die eine sofortige Ausschüttung bevorzugten, mit 48,5% kleiner als der der Aktienbefürworter. Natürlich gab es auch kritische Stimmen, besonders als im Oktober 1997 der Aktienkurs an Boden verlor und um einiges unter den Einstandskurs der Führungskräfte fiel. Einige Manager sprachen schon vom „Führungskräfte-Enteignungsprogramm“. Mit steigenden Aktienkursen verstummt natürlich diese Kritik.

98

Auf die komplexe Problematik der Kapitalbeteiligungsmodelle soll in diesem Beitrag nicht näher eingegangen werden.

146

4.3.3

Kapitel II: Personalmanagement bei Reiseveranstaltern

Zur Problematik der Verlustbeteiligung

In der Praxis wird immer wieder heftig diskutiert, inwieweit eine Beteiligung der Mitarbeiter am Erfolg auch deren Beteiligung an Verlusten des arbeitgebenden Unternehmens be99 dingt. Dieses Problem gewinnt zum einen in wirtschaftlichen Unternehmenskrisen an Bedeutung: Sollen Arbeitnehmer, die in den „fetten Jahren“ Erfolgsanteile erhalten haben, in den „mageren Jahren“ Geld zurückzahlen? Zum anderen ist es auch dann aktuell, wenn die Unternehmung starken saisonalen Schwankungen unterliegt. Wie kann bei Tourismusunternehmen im Falle monatlicher oder quartalsweiser Erfolgsabrechnung berücksichtigt werden, dass sich im Sommer und im Winter große Erfolge erwirtschaften lassen, während die Frühjahrs- und Herbstmonate mit negativen Werten zu Buche schlagen? Sicherlich ist nicht zu erwarten, dass erfolgsbeteiligte Mitarbeiter in Verlustperioden Ausgleichszahlungen an das arbeitgebende Unternehmen leisten. Insofern erscheint eine unmittelbare Verrechnung von Verlusten auf der Individualebene nicht realisierbar. Allenfalls könnten positive Erfolgsanteile bis zu einer gewissen „Sicherungshöhe“ kumuliert werden, um dann gegebenenfalls auftretende Verluste mit dieser Verlustreserve zu verrechnen. Doch stellt sich hier, auf der Verrechnungsebene des einzelnen Mitarbeiters, die Frage der Kausalität der Schlüsselgrößen: Trägt ein Mitarbeiter, der länger als ein anderer beim Unternehmen beschäftigt ist (Verteilungsschlüssel „Unternehmenszugehörigkeit“) dadurch auch mehr zum Verlust bei? Oder ist ein Vater von vier Kindern (soziale Kriterien als Verteilungsschlüssel) eher am Verlust „schuld“ als ein lediger Arbeitnehmer? Um eine Perversion des Systems der Erfolgsindikatoren zu verhindern, kann also bei der Verlustverrechnung allenfalls eine Gleichverteilung nach Köpfen, eventuell noch eine Schlüsselung gemäß der Höhe der bisher erhalten positiven Erfolgsanteile erfolgen. Auf jeden Fall sinnvoller erscheint daher eine Berücksichtigung von Verlusten auf der Ebene der Faktoranteile: Dem Faktor Arbeit wird sein Anteil am Gesamtverlust zugeschrieben, und dieser wird dann mit bisherigen (Verlustrücklage) oder künftigen (Verlustvortrag und aufrechnung) Erfolgen verrechnet. Gerade bei hohen Anfangsverlusten (Gründungs-, Expansionsphase der Unternehmung) oder bei starken Saisonschwankungen im Geschäftsverlauf ist das Erfolgsbeteiligungssystem jedoch so zu gestalten, dass die (angesammelten) Verluste nicht zu einer vollständigen Kompensation der Erfolge führen. In diesem Fall würde sich das System „totlaufen“, die Mitarbeiter würden aus der Verlustzone nicht mehr herauskommen und keine positiven Auszahlungen erhoffen, der Motivationscharakter des Erfolgsbeteiligungssystems wäre verloren.

99

Vgl. z.B. Gaugler, Mitarbeiterbeteiligung, S. 50–51.

4 Finale Entlohnung

4.4

147

Fallbeispiel: Erfahrungen mit Mitarbeitererfolgsbeteiligungssystemen in Tourismusunternehmen

Unternehmen geben ihre Entlohnungsrichtlinien i.d.R. nur sehr ungern bekannt. Herr Kastner, seinerzeit Geschäftsführer von ITS, bestätigte jedoch, dass bei ITS eine erfolgsabhängige Entlohnung bei denjenigen Mitarbeitern stattfindet, „die im wesentlichen zum Unternehmenserfolg beitragen (Produktmanager, Distriktleiter). Die erfolgsabhängige Entlohnung wird in Form von Prämien ausgezahlt.“ Wikinger Reisen hat 1999 erstmals eine Mitarbeiterprämie ausgelobt: Bei Erreichen eines bestimmten Jahresumsatzes erhielt jeder Mitarbeiter am Jahresende eine Prämie von 1.000.-DM. Im Folgenden wird das Beispiel des Erfolgsbeteiligungssystems eines inhabergeführten, mittelständischen Touristikunternehmens gewählt, um die konkrete Systemgestaltung exemplarisch aufzuzeigen. Das Unternehmen verfügt über eine explizite, gemeinsam von allen Mitarbeitern erarbeitete, schriftlich niedergelegte Unternehmensphilosophie. In dieser heißt es u.a.: „Gemäß seiner Leistung soll jeder Mitarbeiter an der Gesamtleistung des Unternehmens beteiligt werden.“ Durch das Erfolgsbeteiligungssystem soll diesem Grundsatz Rechnung getragen werden. Dem Erfolgsbeteiligungssystem liegt folgende Lohnphilosophie zugrunde: In den Augen eines mittelständischen Unternehmens bzw. eines Unternehmers wäre es ein idealer Zustand, wenn seine Mitarbeiter wie er selbst vom Gesamterfolg des Unternehmens profitieren würden – allerdings auch nur davon. Genauso wie ein Unternehmer nur Einkommen hat, wenn sein Unternehmen Profite erwirtschaftet, sollten auch die Mitarbeiter genau dann ein (hohes) Einkommen haben, wenn alle zusammen gut gewirtschaftet haben. Da dies dazu führen würde, dass die Mitarbeiter mal ein sehr hohes (bei erfolgreichen Monaten), dann wieder gar kein Einkommen (bei schlechten Monaten) hätten, ist ein solches System in Reinform nicht durchsetzbar. Die Mitarbeiter würden ständig in finanzieller Unsicherheit leben. Also muss der Unternehmer durch fixe, erfolgsunabhängige Lohnzahlungen dafür sorgen, dass seine Mitarbeiter – anders als er selbst – auf jeden Fall ein Einkommen haben. Der Unternehmer trägt dabei das Risiko für die Mitarbeiter. Verstehen der Unternehmer und seine Mitarbeiter diese Fixlöhne nun aber lediglich als Vorabzahlungen auf einen künftigen Anspruch auf den Unternehmenserfolg, so können alle am Unternehmen Beteiligten mittels eines Erfolgsbeteiligungssystems zu dem eigentlich ihnen zustehenden Entgelt kommen. Wie wird diese Lohnphilosophie nun im Erfolgsbeteiligungssystem umgesetzt? Der Geschäftserfolg des Unternehmens (Gewinn oder Verlust) wird regelmäßig, und zwar jedes Quartal, durch eine Gewinn- und Verlust-Rechnung (GuV) ermittelt. Dabei werden von den Umsätzen die Aufwendungen für Reisevorleistungen abgezogen. Von dem so verbleibenden Deckungsbeitrag (DB) müssen die Auftragsgemeinkosten, also die diversen betrieblichen Aufwendungen, die insgesamt für alle Reisebuchungen anfallen (z.B. Werbung, Büromiete etc.) gedeckt werden. Übrig bleibt der Erfolg der Geschäftstätigkeit einer Pe-

148

Kapitel II: Personalmanagement bei Reiseveranstaltern 100

riode. Dieser verteilt sich auf die Personalaufwendungen (hier verstanden als Vorabzahlung an die Mitarbeiter) und das verbleibende Periodenergebnis. Das Periodenergebnis wurde, vereinfacht ausgedrückt, durch das investierte Kapital, durch die Arbeit der geschäftsführenden Gesellschafter (Inhaber) sowie durch die Arbeit aller mitarbeitenden Arbeitnehmer erzielt. Allen diesen Faktoren soll der Erfolg daher auch zugute kommen. Bei diesem Mittelständler ist also das GuV-Ergebnis die Basis der Erfolgsbeteiligung. Umsatzsteigerung sowie Kosteneinsparungen kommen dabei gleichermaßen den Mitarbeitern zugute. Zu dem von allen gemeinsam erwirtschafteten Ergebnis (GuV-Ergebnis) werden die bereits an die Arbeitnehmer gezahlten Arbeitsentgelte (der fixe Monatslohn, d.h. Nettoentgelt plus Lohnsteuer plus Sozialleistungen) addiert. Diese Entgelte wurden ja bereits, sozusagen als „Erfolgsvorschuss“, an die Mitarbeiter ausgezahlt und haben so in der GuV den Erfolg geschmälert. Es resultiert der Ertrag von „Arbeit und Kapital“, der nun auf die einzelnen Produktionsfaktoren verteilt werden muss. Folgender Aufteilungsmodus wird praktiziert und von den Mitarbeitern als fair empfunden. Die geschäftsführenden Gesellschafter erhalten für ihr investiertes Kapital und ihre geleistete Arbeit nur ihr Geschäftsführerentgelt. 50% des – wie oben ermittelten – Erfolges verbleiben im Unternehmen, die Arbeitnehmer insgesamt erhalten ebenfalls 50%. Dem Unternehmen stehen also 50% des Ertrages zur Verfügung, um neue Investitionen zu tätigen und einen Eigenkapitalpuffer aufbauen zu können, und den Mitarbeitern fällt die andere Hälfte des Erfolges zu. Von diesem Erfolgsanteil für die Mitarbeiter werden die bereits an diese gezahlten Arbeitsentgelte (die oben addiert wurden), wieder abgezogen. Diese stellten praktisch Abschlagszahlungen für den am Markt realisierten Wert der Arbeitsleistungen dar. Übrig bleibt die Summe, die als Erfolgsanteil noch an die Mitarbeiter zu verteilen ist. Wie wird dieser Erfolgsanteil aller Mitarbeiter auf die einzelnen Arbeitnehmer aufgeteilt? Ist der Erfolg kleiner als 0.– EUR, so bekommen die Mitarbeiter kein weiteres Entgelt – sie müssten gemäß o.g. Lohnphilosophie sogar einen Teil ihres Lohnes zurückzahlen. Dies ist natürlich nicht realisierbar, und daher müssen die Inhaber als Unternehmer dieses Risiko tragen. Allerdings: Negative Erfolge (also auf die Mitarbeiter zu verrechnende Verluste) werden auf kommende positive Perioden verrechnet. Sie werden also von einem späteren positiven Erfolg abgezogen. Positive Erfolge werden auf die beteiligungsberechtigten Mitarbeiter verteilt, und zwar nach folgendem Punktesystem: Insgesamt 1000 Punkte entsprechen dem gesamten, auf die Arbeitnehmer zu verteilenden Erfolg.

100

Der Kenngröße „Erfolg der Geschäftstätigkeit“ liegt der oben, in Abschnitt 3.2.1. aufgezeigte, für die interne Rechnungslegung geeignete, Aufbau einer Gewinn- und Verlustrechnung von Reiseveranstalterunternehmen zugrunde (siehe die Abbildung in Abschnitt 3.2.1.).

4 Finale Entlohnung

149

1. Punkteschlüssel: Berufserfahrung/Unternehmenszugehörigkeit:

Von diesen 1000 Punkten werden 300 auf die Mitarbeiter danach verteilt, wie lange sie schon zum Unternehmen gehören (also praktisch nach Berufserfahrung): ƒ über vier Jahre = 3 × soviel wie bis zu einem Jahr Erfahrung, ƒ 1 bis 4 Jahre = 2 × soviel wie bis zu einem Jahr Erfahrung.

Also: Wer länger im Unternehmen mitarbeitet, hat i.d.R. schon mehr Erfahrung, ist routinierter und erbringt (hoffentlich) mehr Leistung in einer bestimmten Zeit als ein neuerer Mitarbeiter. Daher wird er auch mehr zum Erfolg beigetragen haben und bekommt einen höheren Anteil. Wer also seit über vier Jahren dabei ist, bekommt dreimal so viele Punkte wie derjenige, der weniger als ein Jahr im Unternehmen tätig ist. Die Zugehörigkeit wird jeweils ab dem Quartal gerechnet, zu dessen Beginn der Mitarbeiter bereits beschäftigt war (wer also z.B. am 1.3. begonnen hat, ist erst für das zweite Quartal des Folgejahres (1.4. bis 30.6.) ein volles Jahr dabei). Durch diesen Punkteschlüssel soll auch der Fluktuationsgefahr begegnet werden. Die Erfahrung zeigt, dass diese Komponente durchaus von hoher Bedeutung ist und insbesondere auch eine große psychologische Wirkung aufweist („Wir verdienten Mitarbeiter, die wir oftmals die Last der Einweisung von neuen haben, werden belohnt!“); sie vermag aber nicht zu verhindern, dass Mitarbeiter abwandern, wenn deutlich höhere (Fix-) Gehälter in Aussicht sind oder sonstige betriebliche Unstimmigkeiten fluktuationsfördernd wirken (vgl. die bekannte These, dass das Entgelt eben nur einen „Hygienefaktor“ darstellt). 2. Punkteschlüssel: Arbeitszeit/Stundenzahl: 300 Punkte werden proportional zur im betrachteten Erfolgszeitraum geleisteten Arbeitszeit (im Falle gleicher Grundlöhne also proportional zum „normalen Lohn“) verteilt. Also: Wer mehr Arbeitszeit im Unternehmen leistet und so mehr fixes Arbeitsentgelt bekommen hat, hat i.d.R. auch länger (oder mit schwierigeren Aufgaben) zum Erfolg beigetragen. Er bekommt daher einen größeren Anteil als jemand, der nur relativ wenige Stunden Einsatz zeigt. Bezugsgröße ist jeweils die durchschnittliche Regelarbeitszeit im betrachteten Erfolgszeitraum. Geleistete Überstunden werden dabei nicht berücksichtigt. 3. Punkteschlüssel: Individuelle Arbeitsqualität/Beurteilung: 400 Punkte werden von den Führungskräften auf die einzelnen, jeweils untergeordneten Mitarbeiter verteilt, und zwar im Sinne einer Beurteilung der Zuverlässigkeit und Qualität bei der Erledigung der dem einzelnen Mitarbeiter übertragenen Aufgaben.

Jede Führungsebene beurteilt jeweils nur die ihr untergebenen Mitarbeiter. Jede Führungsebene erhält zur Beurteilung den gemäß der Anzahl der ihr untergebenen Mitarbeiter proportionalen Anteil an Punkten, erhöht um den auf einen Mitarbeiter entfallenden Punkteanteil. Befindet sich auf einer Ebene nur eine Führungskraft, die beurteilt werden soll, so können auch weniger als die rechnerisch ermittelten Punkte vergeben werden.

150

Kapitel II: Personalmanagement bei Reiseveranstaltern

Beispiele: 1. Drei Hierarchieebenen = 2 Führungsebenen; insgesamt 8 berechtigte Mitarbeiter (neben den Geschäftsführern) Die Geschäftsführer vergeben 400 : 8 · 2 + (400 : 8) = 150 Punkte zur Beurteilung an die beiden ihnen nachgeordneten Führungskräfte (= im Durchschnitt/bei Gleichverteilung 75 Punkte pro Führungskraft). Bereichsleiter/Führungskräfte A u. B. vergeben die verbleibenden 250 Punkte zur Beurteilung an die sechs ihnen nachgeordneten Mitarbeiter (= im Durchschnitt/bei Gleichverteilung 41,5 Punkte pro Mitarbeiter).

2. Vier Ebenen = 3 Führungsebenen; 12 berechtigte Mitarbeiter Die Geschäftsführer vergeben (maximal) 400 : 12 · 1 + (400 : 12) = 67 Punkte zur Beurteilung der ihnen nachgeordneten Führungskraft (Prokurist G). Sie können je nach Beurteilung auch weniger Punkte vergeben. Prokurist/Geschäftsführer G vergibt 400 : 12 · 2 + (400 : 12) = 100 Punkte zur Beurteilung der ihm nachgeordneten Führungskräfte A u. B (= im Durchschnitt/bei Gleichverteilung 50 Punkte pro Führungskraft). Bereichsleiter/Führungskräfte A u. B. vergeben die verbleibenden 283 Punkte zur Beurteilung an die neun ihnen nachgeordneten Mitarbeiter (= im Durchschnitt/bei Gleichverteilung 31 Punkte pro Mitarbeiter).

Durch dieses System wird gewährleistet, dass die jeweils höhere Gruppe von Führungskräften einen im Durchschnitt höheren Punkteanteil (und damit insgesamt einen höheren finanziellen Erfolgsanteil) erhält als die untergebenen Mitarbeiter. Die geschäftsführenden Gesellschafter sowie die jeweiligen Führungskräfte behalten sich also vor, zuverlässig arbeitenden Mitarbeitern eine Art Bonus zu gewähren. Positiv ist zu bewerten, wenn ein Mitarbeiter die ihm übertragenen Aufgaben selbständig, vollständig, in der geforderten Qualität und im Rahmen der vorgegebenen Zeitspanne erledigt. Negativ zu bewerten ist, wenn ein Mitarbeiter erst nach mehrmaliger Aufforderung seinen Aufgaben nachkommt, diese in unzureichender Qualität oder in wesentlicher Überschreitung der geplanten Zeitspanne erledigt. Damit für einen Mitarbeiter die Einschätzung seiner Zuverlässigkeit durch die Führungskräfte transparent ist, soll er ein regelmäßiges Feedback von den Führungskräften erhalten. Die Beurteilung kann sich jeweils auf den zurückliegenden Zeitraum bis zum Zeitpunkt der letzten positiven Erfolgsausschüttung beziehen. Durch dieses System erhält jeder Mitarbeiter eine bestimmte Punktzahl, die mit dem zu verteilenden Euro-Betrag multipliziert wird. Es ergibt sich sein individueller Erfolgsanteil, der ihm über den bereits erhaltenen Lohn hinaus noch zusteht. Wer ist anteilsberechtigt? Grundsätzlich jeder Arbeitnehmer, der ƒ sich für eine Teilnahme am Erfolgsbeteiligungssystem entschieden hat

101

101

und

Jeder Mitarbeiter kann zwischen Erfolgsbeteiligung oder einem „sicheren“ Jahresbonus in Höhe von einem halben Monatsgehalt wählen. Bei Einführung des Systems hatten sich zwei von 12 Mitarbeitern für den sicheren Bonus entschieden; schon im Jahr darauf nahmen alle Mitarbeiter am Erfolgsbeteiligungssystem teil. Ein Wech-

4 Finale Entlohnung

151

ƒ regelmäßig mehr als 20 Stunden pro Woche im Unternehmen arbeitet und ƒ länger als ein halbes Jahr beim Unternehmen beschäftigt ist sowie ƒ im der Berechnung zugrundeliegenden Quartal nicht mehr als die Hälfte der Stundenzahl, die seiner regelmäßigen, durchschnittlichen Wochenarbeitszeit in diesem Quartal entspricht, aus nicht betriebsbedingten Gründen (inkl. Krankheit) abwesend war (Beispiel: 40-Std.-Woche – max. 20 Std. im Quartal abwesend). Grundgedanke: Wer (länger) nicht 102 mitgearbeitet hat, konnte auch nicht aktiv zum Erfolg beitragen.

Da die Erfolgsberechnung quartalsweise erfolgt, ist ein neuer Mitarbeiter somit spätestens für das Quartal berechtigt, das ein halbes Jahr nach Eintritt ins Unternehmen berechnet wird. Das „alte“ Mitarbeiterteam – jeweils pro Beurteilungs-/Hierarchieebene – entscheidet selbst, ob ein neuer Mitarbeiter bereits früher am Erfolg beteiligt werden soll (Einstimmigkeit pro Ebene erforderlich). Wie wird der Erfolgsanteil ausgezahlt? Die Mitarbeiter erhalten (maximal, insbesondere bei größeren Beträgen) drei gleiche Raten über die kommenden drei Monate ab Quartalsende, d.h. der Erfolg der letzten drei Monate wird über das kommende Quartal verteilt ausgezahlt. Negative Erfolge werden einfach auf künftige (positive) Quartale verrechnet. Verlässt ein Mitarbeiter das Unternehmen, so verliert er seinen Anspruch auf (vergangene und künftige) Erfolge, da sein Ausscheiden enorme Mehraufwendungen verursachen wird (neue Mitarbeiter suchen und einarbeiten etc.). Sein Anteil bleibt im Eigenkapital des Unternehmens. Negative Erfolge müssen auf die verbleibenden Mitarbeiter verrechnet werden, mindern also deren Erfolgsanspruch in den Folgeperioden.

Um einen (ausgeschütteten) Erfolgsanteil behalten zu dürfen, muss der Mitarbeiter mindestens drei Monate im Anschluss an das der Erfolgsermittlung zugrunde liegende Quartal beim Unternehmen beschäftigt bleiben (Beispiel: Erfolgsbeteiligung für das Quartal I wird am 15.5. ausgeschüttet – der Mitarbeiter darf das Unternehmen nicht vor dem 30.6. verlassen; ansonsten besteht Rückzahlungspflicht). Dabei ist es unerheblich, ob der Mitarbeiter von sich aus kündigt, vom Unternehmen entlassen wird oder aus sonstigen Gründen ausscheidet. Wie kann der Mitarbeiter also zu finanziellen Vorteilen kommen? Ganz einfach: Er muss „nur“ für gute Erfolge des Unternehmens sorgen, indem er die Umsätze steigern hilft und/oder die Aufwendungen für Reisevorleistungen (z.B. Unterkünfte) senkt und/oder alle sonstigen Kosten (Telefon/Porto/Werbung/Büromaterial/Kopien etc.) auf ein nötiges Minimum reduzieren hilft. Dadurch erhöht sich der den Mitarbeitern zustehende Erfolgsanteil. Und: Er sollte individuell „echte Leistung“ zeigen und auf ein langfristiges Engagement im Unternehmen zielen! An einem einfachen Beispiel soll die Berechnungsweise dieses Erfolgsbeteiligungssystems verdeutlicht werden:

sel zwischen Bonus und Erfolgsbeteiligung ist unter bestimmten Auflagen (i.d.R. leichte finanzielle Nachteile beim Wechsel) jährlich möglich. 102

Diese Regelung soll Fehlzeiten („blauer Montag“ o.ä.) reduzieren helfen.

152

Kapitel II: Personalmanagement bei Reiseveranstaltern

A. Berechnung des auf die Mitarbeiter insgesamt entfallenden Erfolgsanteils: Quartal:

Quartal IV

Quartal I

2011

2012

1. Bruttoertrag aus GuV: GuV-Gesamtergebnis: 2. zuzgl. bereits gezahlter Lohn:

–200.000

300.000

75.000

76.000

–125.000

376.000

–62.500

188.000

50.000

52.000

–112.500

136.000

0

–112.500

(insgesamt, also Mitarbeiter und GF ) 3. = Ertrag von Arbeit + Kapital (= 1. + 2.) von diesem Ertrag steht den Mitarbeitern die Hälfte zu: 4. = 50% von 3.: 5. davon haben sie den Festlohn bereits erhalten (wird abgezogen): (nur Mitarbeiter, ohne GF) 6. Anteil für Mitarbeiter: Verluste aus Vorperioden werden abgezogen: 7. zu verrechnende Verluste: 8. es verbleiben (6. –7.): als Erfolgsanteil zur Auszahlung: oder als Verlust für nächste Periode:

–112.500

23.500

0

23.500

–112.500

0

Abbildung II.4.b.: Berechnung des Faktoranteils

In diesem Beispiel wird von einer starken Saisonschwankung ausgegangen: Die hohen Verluste aus Quartal IV müssen mit den Erfolgen des Quartals I verrechnet werden. Insgesamt verbleiben so für den „Faktor Arbeit“ 23.500.– EUR zur Ausschüttung. B. Verteilung des Mitarbeitererfolgs auf die einzelnen Mitarbeiter auszuschüttender Gesamtbetrag: bei 1000 Gesamtpunkten. entspricht 1 Punkt:

23500,00 EUR für insgesamt 1000 Punkte 23,50 EUR

Kriterien der Punktevergabe: Durchschnittliche Wochenarbeitsstunden: Dauer der Betriebszugehörigkeit: Beurteilung der individuellen Leistung durch Vorgesetzte:

Punktanteil: 300 300 400

4 Finale Entlohnung

153

Aufteilung der 400 Beurteilungspunkte auf Büroleiter u. Mitarbeiter: Anzahl Führungskräfte (neben GF): Anzahl berechtigte Mitarbeiter:

2 4

(= Mitarbeiter A u. B), erhöht um 1: (= Mitarbeiter C, D, E und F):

Zu verteilende Punkte von GF an Büroleiter (Führungsebene): Zu verteilende Punkte von Büroleitern an Mitarbeiter:

Punktanteil: 3 Punktanteil: 4

171 (= 3/7 von 400) 229 (= 4/7 von 400)

Abbildung II.4.c.: Verfahren der Punktvergabe

Quartal I durchschn. Wochenstd.

Zugehörigkeit

Beurteilung

Gesamtpunkte

(300 Punkte)

(300 Punkte)

(400 Punkte)

(1000 Punkte)

Std.

Punkte:

Stufe:

Punkte:

Punkte:

C

35

50,0

1

30,0

34

114,0

D

20

28,6

3

90,0

65

183,6

Mitarbeiter

E

39

55,7

2

60,0

65

180,7

F

40

57,1

1

30,0

65

152,1

A

37

52,9

2

60,0

96

208,9

B

39

55,7

1

30,0

75

160,7

210

300,0

10

300

400

1000

Summen:

Quartal I Gesamtpunkte (1000 Punkte)

Individueller Erfolgsanteil je Mitarbeiter, in EUR:

Mitarbeiter C

114,0

·

23,50 EUR

=

D

183,6

·

23,50 EUR

=

E

180,7

·

23,50 EUR

=

F

152,1

·

23,50 EUR

=

A

208,9

·

23,50 EUR

=

B

160,7

·

23,50 EUR

=

Summen:

1000

2679,00 EUR 4314,60 EUR 4246,45 EUR 3574,35 EUR 4909,15 EUR 3776,45 EUR 23500,00 EUR

Abbildung II.4.d.: Berechnung der individuellen Mitarbeiteranteile

Mitarbeiter C erhält also in diesem Beispiel 2.679.– EUR ausgeschüttet, der Erfolgsanteil von Führungskraft A beträgt 4.909,15 EUR usw.

154

Kapitel II: Personalmanagement bei Reiseveranstaltern

Die Erfahrungen des mittelständischen Unternehmens mit diesem System sind recht gut. Im Durchschnitt werden pro Jahr und Mitarbeiter, je nach Geschäftsverlauf, etwa ein bis zwei Monatsgehälter als Erfolgsanteil ausgeschüttet. Die Erfahrung zeigt jedoch auch, dass diese, eben nicht regelmäßig anfallenden Lohnkomponenten, in ihrer tatsächlichen Höhe nicht richtig wahrgenommen werden. Konkret: Mitarbeiter vergleichen i.d.R. nur ihr fixes Bruttogehalt mit dem, das andere verdienen oder das ihnen an anderer Stelle in Aussicht gestellt wird. Unverkennbar ist, dass der Berechnungsmodus insgesamt recht kompliziert und nicht auf Anhieb von den Mitarbeitern nachvollziehbar ist. Auch hat sich in der Anfangsphase die relativ lange Zeitspanne zwischen Mitarbeiterleistung (z.B. hohe Arbeitsbelastung in den Monaten November bis Januar) und Erfolgsausschüttung (für das Winterquartal Januar bis März erst ab April) als problematisch erwiesen, da sie den Motivationscharakter des Systems dämpft. In einem kleinen mittelständischen Unternehmen ist es jedoch möglich, dem einzelnen Arbeitnehmer ausreichend Gelegenheit zu Rückfragen zu geben und ihm die Funktionsweise des Systems ausgiebig zu erläutern. Es erscheint auch nicht erforderlich, dass der Mitarbeiter das komplette System im Detail auswendig beherrscht; entscheidend ist vielmehr, dass er ƒ an die „Gerechtigkeit“ des Systems glaubt, ƒ die mit dem Erfolgsbeteiligungssystem verbundenen Unternehmensziele internalisiert und zu seinen eigenen macht, damit sich das System im täglichen Handeln und Denken des Mitarbeiters niederschlägt. Diese Ziele wurden durch das oben dargelegte Erfolgsbeteiligungssystem erreicht.

5

Personalfreistellung: Zeugnisformulierung

103

„Frau Müller zeigte großes Verständnis für Ihre Arbeit und bemühte sich stets, unseren hohen Anforderungen gerecht zu werden!“ Stolz legt Frau Müller das Zeugnis ihres letzten Arbeitgebers inkl. dieser Formulierung ihrer Bewerbung bei – und erhält prompt eine Absage. Was sie nicht wusste: Hinter der genannten, scheinbar positiven Beurteilung verbirgt sich eine glatte Schulnoten-Fünf, so ziemlich das schlechteste Attest also, das ein Arbeitgeber einem scheidenden Mitarbeiter mit auf den Weg geben kann. Die folgenden Ausführungen sollen daher zunächst helfen, Arbeitszeugnisse – seien es eigene oder die von anderen Personen – richtig zu interpretieren. Gerade in den zahlreichen mittelständischen Touristikunternehmen obliegt es i.d.R. dem Inhaber, nicht nur von

103

Eine Haftung für die Richtigkeit und die juristische, insbes. arbeitsrechtliche Vertretbarkeit einzelner Formulierungen wird ausgeschlossen.

5 Personalfreistellung

155

Bewerbern vorgelegte Zeugnisse zu beurteilen, sondern auch seinen ausscheidenden Mitarbeitern Zeugnisse auszustellen. Dabei kann es vorkommen, dass er ohne es zu wollen – mangels genauer Kenntnis des „Sprachcodes“ – durch abqualifizierende Formulierungen gute und verdiente Mitarbeiter auf ihrem künftigen Werdegang behindert. Daher werden aufbauend auf den erörterten Zeugniscodes einige Hinweise und Beispiele zum effizienten Erstellen von treffenden Arbeitszeugnissen gegeben.

5.1

Globale Leistungsbeurteilung

Ein zentraler Zeugniscode liegt in der globalen Beurteilung der Zufriedenheit des Arbeitgebers mit den Leistungen des Arbeitnehmers. „... hat die ihm/ihr übertragenen Aufgaben zu unserer Zufriedenheit erledigt ...“ hört sich eigentlich positiv an, meint aber nicht mehr als eine ausreichende Leistung (Schulnote 4). Eine Nuance besser ist da schon die Formulierung „... stets zu unserer Zufriedenheit ...“ (Schulnote 3-4). Zeitbezogene Attribute wie „stets“, „immer“ , „jederzeit“ oder auch „in jeder Hinsicht“ betonen nämlich, dass der Arbeitgeber während der gesamten Beschäftigungsdauer, also vorbehaltlos und ohne zeitliche Einschränkung, mit dem Mitarbeiter zufrieden war. Eine befriedigende Leistung (Schulnote 3) kann man aus der Formulierung „...zu unserer vollen Zufriedenheit ...“ (alternativ: „stets zufriedenstellend“) lesen, eine gute Leistung (Schulnote 2) wird durch „ ... stets zu unserer vollen Zufriedenheit ...“ (alternativ: „voll und ganz zufriedenstellend“) bezeugt. Wirklich hervorragende Mitarbeiter dürfen in ihrem Zeugnis lesen, dass sie „... stets (und) zu unserer vollsten Zufriedenheit ...“ die ihnen übertragenen Aufgaben erledigt haben (Schulnote 1; alternativ: „in jeder Hinsicht und außerordentlich zufriedenstellend“). So falsch diese Formulierung auch sprachlogisch ist – voller als voll, also „vollst“, gibt es nicht – so sehr hat sie sich in der Praxis doch durchgesetzt. Schlechte Noten umschreiben immer Codes wie „im großen und ganzen“ oder „hat sich bemüht“ – aber seine Bemühungen nutzten leider nicht viel (alternativ: war bestrebt/ willens). Vorsicht ist insbesondere auch geboten, wenn Banalitäten und Selbstverständlichkeiten, die von jedem Mitarbeiter sowieso erwartet werden, gelobt werden: „Wegen Zeugnisformulierung: Arbeiten ordnungsgemäß erledigt zeigte für seine Arbeit Verständnis im Rahmen seiner Fähigkeiten großer Fleiß und Interesse an der Arbeit mit Vorgesetzten gut zurechtgekommen tüchtig und weiß sich gut zu verkaufen lernten ihn als umgänglichen Kollegen kennen Verbesserung des Betriebsklimas durch seine Geselligkeit Einfühlungsvermögen für die Belange der Belegschaft galt im Kollegenkreis als toleranter Mitarbeiter

Gemeint sein könnte: ist ein Bürokrat, der keine Initiative zeigt war faul und hat nichts geleistet tat, was er konnte, aber das war nicht viel eifrig, aber ohne Erfolge Mitläufer, der sich anpasst unangenehmer Mitarbeiter/Wichtigtuer war bei Kollegen nicht sehr geschätzt übertriebener Alkoholgenuss/Alkoholiker sucht Sexkontakt bei Betriebsangehörigen für Vorgesetzte ein schwerer Brocken

Abbildung II.5.a.: Beispiele für Zeugnisformulierungen und deren Interpretation

156

Kapitel II: Personalmanagement bei Reiseveranstaltern

willens). Vorsicht ist insbesondere auch geboten, wenn Banalitäten und Selbstverständlichkeiten, die von jedem Mitarbeiter sowieso erwartet werden, gelobt werden: „Wegen seiner Pünktlichkeit war er stets ein gutes Vorbild“ besagt, dass der Mitarbeiter ansonsten so ziemlich in jeder Hinsicht eine Niete war. Es gibt eine Reihe weiterer Formulierungen, die scheinbar harmloses, gar positives ausdrücken, von „Insidern“ unter den Personalchefs aber als Warnung gelesen werden. Die folgende Tabelle nennt einige Beispiele:

5.2

Angabe des Ausscheidungsgrunds

Wichtig ist noch der Grund des Ausscheidens aus dem Unternehmen, der i.d.R. am Schluss des Zeugnisses genannt wird. Wer als Arbeitnehmer selbst kündigt, hat Anspruch auf einen entsprechenden Hinweis im Zeugnis („... Ausscheiden auf eigenen Wunsch ...“). Gute Mitarbeiter wird man mit dem Satz „Wir bedauern sein/ihr Ausscheiden sehr, danken für die geleistete Arbeit/jahrelange erfolgreiche Zusammenarbeit und wünschen für den weiteren Berufsweg/Lebensweg viel Erfolg“ entlassen. Fehlen die Wünsche für die Zukunft, so lässt dies auf tiefgreifende Konflikte mit dem Arbeitnehmer (beispielsweise auch arbeitsrechtliche Auseinandersetzungen; Kündigungsschutzklage) schließen. „Im gegenseitigen Einvernehmen getrennt“ heißt nichts anderes, als dass das Unternehmen dem Arbeitnehmer wegen mangelnder Leistungsfähigkeit oder aus sonstigen, vom Arbeitnehmer zu vertretenden Gründen, kündigte bzw. ihm die Kündigung nahegelegt hat. Trennte man sich „ ... aus organisatorischen Gründen ...“, so sollte man dies bei einem guten Mitarbeiter näher begründen, um nicht den Eindruck zu erwecken, als handele es sich um einen vorgeschobenen Grund für eine auf Leistungsmängeln beruhende Kündigung. Fehlt ein Hinweis zum Grund und der Bewertung des Ausscheidens, so ist dies zunächst einmal negativ anzusehen. Wozu aber solche umständlichen Zeugniscodes, zumal die Gefahr besteht, dass entweder der Zeugnisverfasser gar nicht weiß, welchen Schaden er durch eine falsche Formulierung anrichtet, oder derjenige, der sich anhand eines Zeugnisses ein Bild über einen Bewerber machen soll, diese Codes nicht kennt und/oder nicht richtig versteht? Nun, der Grund liegt in den schwer zu erfüllenden Anforderungen des Arbeitsrechts an Zeugnisse: Sie sollen einerseits ein wahres Bild des Arbeitnehmers vermitteln, andererseits aber auch dessen beruflichen Lebensweg fördern. Gerade durchschnittlichen oder schlechten Arbeitskräften darf ein Zeugnis daher nicht den Weg auf dem Arbeitsmarkt verbauen. Dieses Wohlwollensgebot schließt aber nicht aus, dass auch Ungünstiges gesagt werden darf, denn unter Umständen setzt sich der das Zeugnis ausstellende Arbeitgeber Haftungsansprüchen späterer Arbeitgeber aus. So entwickelten sich nach und nach o.g. Standardformulierungen, auf die Arbeitgeber gerne zurückgreifen.

5 Personalfreistellung

5.3

157

Beurteilungsdimensionen eines qualifizierten Arbeitszeugnisses

Welche Hilfestellungen kann man nun Führungskräften aus (mittelständischen) Touristikunternehmen, die verständlicherweise ein treffendes Zeugnis mangels Routine nicht aus dem Ärmel schütteln können, an die Hand geben? Zunächst sollte man sich darüber klar werden, dass das Verfassen eines Zeugnisses für einen verdienten Mitarbeiter durchaus ein bis zwei Nettoarbeitsstunden in Anspruch nehmen kann! Diese Zeit sollte sich auch ein vielbeschäftigter und stressgeplagter Reisebüroinhaber nehmen, um den beruflichen Werdegang eines guten Mitarbeiters – auch wenn man vielleicht „sauer“ über dessen Ausscheiden ist – zu fördern. Und gerade bei mittelmäßigen Mitarbeitern müssen die Formulierungen gut gewählt werden. Es schadet m.E. überhaupt nichts, wenn sich ein Zeugnis in detaillierten Urteilen über zwei bis drei Seiten erstreckt, im Gegenteil: Je mehr Informationen das Zeugnis liefert, desto dankbarer ist der nächste Arbeitgeber (desto dankbarer wären auch Sie als Arbeitgeber), und desto zufriedener ist auch ein (guter) Arbeitnehmer. Grundsätzlich kann der Mitarbeiter wählen, ob er ein sog. einfaches Zeugnis, das nur eine Art Tätigkeitsnachweis darstellt, wünscht, oder ein sog. qualifiziertes Zeugnis. Das einfache Zeugnis gibt nur Auskunft über Dauer der Beschäftigung und die ausgeübte Tätigkeit; ihm fehlt jegliche Bewertung und Beurteilung. Man sollte sich hier nicht den Wünschen eines (schlechten) Arbeitnehmers beugen, in den Tätigkeitsbereichen, in denen er einige Stärken hatte, doch eine (positive) Bewertung vorzunehmen – entweder ganz, oder gar nicht! Das qualifizierte Zeugnis – und hiervon handeln die bisherigen und auch die folgenden Ausführungen – beginnt mit der Festschreibung des Mitarbeiternamens (inkl. akademischer Grade), Geburtstag und -ort, seiner Funktion und seiner Beschäftigungszeit im Unternehmen. Daran sollte sich eine möglichst ausführliche Arbeitsplatz-/Tätigkeitsbeschreibung anschließen, die die Aufgaben des Mitarbeiters in seiner jetzigen sowie in früheren Positionen zum Inhalt hat. Variierte die Leistung des Mitarbeiters in verschiedenen Tätigkeitsbereichen, so kann es sich anbieten, zu jeder Tätigkeit bereits ein Einzelurteil abzugeben. Um zu aussagekräftigen Bescheinigungen zu kommen, empfiehlt sich eine detaillierte Beurteilung anhand mehrerer Dimensionen. Als für Touristikunternehmen besonders relevante Dimensionen der Arbeitsleistung (neben dem allgemeinen Verhalten im Betrieb) erscheinen hier: ƒ ƒ ƒ ƒ ƒ ƒ ƒ ƒ

Arbeitsgüte, -gründlichkeit, -genauigkeit, -sorgfalt Arbeitstempo, -schnelligkeit Arbeitsökonomie, Zielstrebigkeit Wirtschaftliche Denkweise, Kostenbewusstsein, Effizienz, etc. Touristische Fachkenntnisse Ausdrucksvermögen, Formulierungsfähigkeit Selbständigkeit, Initiative Bemühung um Fortbildung.

Besondere Hinweise erscheinen noch erforderlich, wenn eine Führungskraft beurteilt werden muss. In diesem Falle sind weitere Beurteilungsdimensionen heranzuziehen, so z.B.:

158

ƒ ƒ ƒ ƒ

Kapitel II: Personalmanagement bei Reiseveranstaltern

Verhandlungsgeschick Verantwortungsbereitschaft, -bewusstsein Führungsfähigkeiten, Motivationsfähigkeit, praktizierter Führungsstil Unternehmerisches Denken und Handeln.

Es würde den Rahmen dieses Buches weit sprengen, auf die jeweils möglichen Beurteilungsstufen innerhalb dieser Dimensionen näher einzugehen. Dadurch, dass eine solche Leistungsdimension im Zeugnis überhaupt erwähnt wird, wird bereits ein positives Urteil gefällt. Generell gilt jedoch auch hier, dass das „Normale“, das eigentlich bereits positiv klingt, allenfalls „befriedigend“ ist. Gute und sehr gute Mitarbeiter wird man in jeder dieser Dimensionen mit den Attributen „sehr“, „äußerst“, „ausgezeichnet“, „stets“ etc. beurteilen. Schließlich sollte eine Gesamtbenotung des Mitarbeiters erfolgen. Dabei können oben genannte Codes Verwendung finden; es erscheint aber durchaus sinnvoll, bei guten Mitarbeitern (auch) auf das Schulnotensystem (Noten 1–3) zu rekurrieren, um eine klare und eindeutige Leistungsbeurteilung auch Nicht-Insidern zu vermitteln. Bei schlechteren Mitarbeitern verbietet sich eine solche Benotung u.U. aufgrund des Wohlwollensgebots (eine 5 ist nun einmal schlecht – das ist (zu) eindeutig). Die Gesamtnote wird abgerundet durch die Beurteilung des Sozialverhaltens im Betrieb: ƒ ƒ ƒ ƒ

Verhalten gegenüber Vorgesetzten Verhalten gegenüber Gleichgeordneten Verhalten gegenüber dem Gesamtunternehmen (Loyalität, Vertrauenswürdigkeit) Beachtung von betrieblichen Vorschriften.

Das Zeugnis endet mit einer der o.g. Schlussformulierungen, die auch den Grund des Ausscheidens nennt. Im Einzelfall entscheidend ist immer der Gesamteindruck eines Zeugnisses. Grundsätzlich gilt, dass ein Zeugnis um so schlechter ist, je kürzer und inhaltsloser es gehalten ist. Über einen guten Mitarbeiter kann man leicht viel (Positives) berichten; bei einem schlechten Arbeitnehmer gibt man gerne auch dadurch Signale, dass man bestimmte Angaben, die üblicherweise bei guten Kräften im Zeugnis erwartet werden, einfach weglässt. Die Formulierung des Zeugnisses ist Sache des Arbeitgebers; er alleine entscheidet, welche positiven und negativen Leistungen und Eigenschaften er mehr hervorheben will als andere. Das Zeugnis darf – wie gesagt – nur nichts Falsches enthalten oder ein unrichtiges Bild beim Leser hervorrufen. Gerade bei guten Mitarbeitern kann es durchaus sinnvoll sein, sich vom Mitarbeiter selbst einen Zeugnisentwurf vorlegen zu lassen. Der Arbeitgeber ist natürlich nicht daran gebunden, kann aber so gut die Selbsteinschätzung des Arbeitnehmers abtasten und vermeidet ungewollte Missverständnisse und Unwillen in den letzten Wochen des Arbeitsverhältnisses. Da der Arbeitnehmer sich selbst in aller Regel „mangels CodeKenntnis“ ein weniger galant formuliertes Zeugnis ausstellen wird, kann der Arbeitgeber in seiner Formulierung eher positiv davon abweichen, was natürlich auch ein enormes Vertrauens- und Motivationspotential bei den verbleibenden Mitarbeitern aufbauen kann. Bittet der Arbeitnehmer um ein Zwischenzeugnis, so ist es sinnvoll, am Schluss deutlich darauf hinzuweisen, dass es sich lediglich um eine vorläufige Beurteilung handelt („... Teil der Ge-

5 Personalfreistellung

159

samtbeurteilung...“; „... vorläufige Zwischenbeurteilung ...“), da ansonsten später u.U. einmal gefällte Urteile, die sich nachträglich als zu positive „Vorschusslorbeeren“ erwiesen, beibehalten werden müssen.

5.4

Zeugnisaufbau und Formulierungsbeispiele

Abschließend sollen einige Zeugnisbeispiele – es handelt sich um an tatsächlich ausgestellte Zeugnisse angelehnte Texte – wiedergegeben und kommentiert werden: Zeugnisaufbau (Beginn): Briefkopf des Unternehmens To whom it may concern Anmerkung: Es ist nicht logisch, hier die Adresse des ausscheidenden Mitarbeiters anzugeben.

Zeugnis

31.12.2011

Anmerkung: Überschriftstext „Zeugnis“ bzw. „Zwischenzeugnis“ und Datum der Ausstellung

Frau Claudia Müller, geboren am 23.5.1978 in Bonn, war in der Zeit vom 1.5.1997 bis zum 31.12.2011 als Teilzeitkraft (25 Wochenstunden) in unserer Freiburger Reisebürofiliale beschäftigt. ... Leistungsbeschreibung: Zu den Hauptaufgaben von Herrn Schulze gehörten die Beratung und Betreuung der Laufkundschaft in unserem Ladenlokal sowie die Abwicklung einerseits der Buchungen bei Pauschalreiseveranstaltern, für die unser Unternehmen als Reisemittler tätig ist, andererseits der Aufträge aus unserem eigenen Reiseprogramm. Hier im Bereich der Eigenveranstaltungen war Herr Schulze in den ersten beiden Jahren für die Abwicklung der Buchungen von zwei, später für drei unserer Angebote verantwortlich. Zu seinen Aufgaben in diesem Tätigkeitsbereich zählte die Erfassung der Buchungen in unserem EDV-Reservierungssystem, die Versendung der durch die EDV erstellten Reiseunterlagen, die Bestellung der Einzelleistungen bei unseren Leistungsträgern in Deutschland, Spanien und Italien, die Anweisung von Zahlungen an diese Leistungsträger sowie die Planung von Busfahrten in Zusammenarbeit mit unserem Büroleiter. Ferner war Herr Schulze für die monatliche Abrechnung der im Reisebüro verkauften Versicherungstickets mit den Versicherungsgesellschaften verantwortlich.

160

Kapitel II: Personalmanagement bei Reiseveranstaltern

Gesamtbeurteilung, auch anhand des Schulnotensystems, und detaillierte Bewertung: Zeugnistext Frau Schmitt hat die ihr übertragenen Aufgaben stets zu unserer vollen Zufriedenheit ausgeführt, so dass wir ihre Gesamtleistung mit gut beurteilen können. Sie ist ehrlich, loyal und sehr zuverlässig und war mit großem Interesse bei der Arbeit; sie zeigte Flexibilität, Eigeninitiative und Engagement in den sie betreffenden Bereichen. Wir lernten Frau Schmitt als zügig, gründlich und genau arbeitende Mitarbeiterin kennen, die nichts Wesentliches übersieht. Sie arbeitet kostenbewusst und ergebnisorientiert und beachtet ordnungsgemäß die betrieblichen Vorschriften.

Anmerkungen Zeugniscode für „gut“ explizite Schulnoten-Beurteilung besondere Hervorhebung spezieller, positiver Eigenschaften d.h. aber auch: nur in diesen Bereichen Steigerung über „sehr“, „äußerst“ etc. wäre noch möglich gewesen

Im Umgang sowohl mit Kunden als auch mit Leistungsträgern war sie stets freundlich und sehr überzeugend. Ihr aufgeschlossenes, freundliches intaktes, gutes Sozialverhalten Wesen machte sie zu einer beliebten Mitarbeiterin. Ihr Verhalten Vorgesetzten gegenüber war stets einwandfrei.

Zeugnistext Anmerkungen Herr Faul sollte darüber hinaus für die rechtzeitige und ausreichende Versorgung unseres Büros er sollte zwar, hat es aber nicht mit Büromaterialien sorgen. Herr Faul erledigte diese Aufgabe zufriedenstellend. Im Zuge seiner Tätigkeiten oblagen ihm die Überwachung von zwei Geschäftskonten sowie die Führung der Bürokasse, die er mit äußerster Sorgfalt führen sollte. Herr Faul war ehrlich und zeichnete sich durch die strikte Einhaltung der formalen Bürovorschriften aus. Wir lernten Herrn Faul als genau arbeitenden Mitarbeiter kennen, der unter Anleitung und Kontrolle nichts Wesentliches übersieht. Er arbeitet beständig und erledigt die ihm übertragenen Aufgaben im Allgemeinen ohne großen Zeitverlust. Sein aufgeschlossenes und soziales Wesen und seine natürliche Ausstrahlung machten Herrn Faul für viele Mitarbeiter zu einem umgänglichen, als tolerant geltenden Kollegen. Gegenüber seinen Arbeitgebern verhielt er sich stets korrekt.

größte Vorsicht: Unstimmigkeiten in Gelddingen ihm konnte nichts nachgewiesen werden Formalist, vor allem, wenn es um seinen Vorteil geht (z.B. pünktliches Arbeitsende) ohne Anleitung und ständige Kontrolle läuft alles schief extrem langsamer Mitarbeiter; ineffizient wenig gepflegte Erscheinung; (schlechte) Kundenbeziehung nicht erwähnt bei den meisten Mitarbeitern unbeliebt typisches Arbeitnehmerdenken; schwerer Brocken für Vorgesetzte

Keine Schlussformel; keine Angabe von Gründen tiefgreifende Differenzen; Kündigung durch für das Ausscheiden. Arbeitgeber

5 Personalfreistellung Zeugnistext Als touristischer Leiter sollte Herr Schwach auch die Kontingente in den Zielgebieten überwachen und gegebenenfalls rechtzeitig Kapazitätsanpassungen vornehmen. ... Er hat sich stets bemüht, unseren diesbezüglichen Ansprüchen an eine Führungskraft gerecht zu werden. Unsere Mitarbeiter lernten ihn als umgänglichen Kollegen kennen, der für ihre Belange stets Verständnis zeigte. ... ... Wir lernten Herrn Schwach als gründlich und genau arbeitenden Mitarbeiter kennen, der nichts Wesentliches übersieht. Er arbeitet kostenbewusst und beachtet ordnungsgemäß die betrieblichen Vorschriften. ... ... Herr Schwach verlässt uns vor Ablauf der Probezeit auf eigenen Wunsch. Für seine berufliche Zukunft wünschen wir ihm viel Erfolg.

161 Anmerkungen er sollte zwar, hat es aber nicht

keine Führungspersönlichkeit (weder fachlich noch persönlich)

guter Sachbearbeitertyp, aber eben keine Führungskraft

man hat ihm wohl nahegelegt, zu gehen, und ist froh darüber

Positive Schlussformulierungen: Besonders danken wir Herrn Fleißig für seinen großen Einsatz während der Aufbauphase unserer Bremer Zweigstelle. Herr Fleißig verlässt uns zum 31.3.2011 auf eigenen Wunsch. Bis zu seinem letzten Arbeitstag hat er sich mit Engagement für unser Unternehmen eingesetzt. Wir bedauern daher sein Ausscheiden sehr und wünschen ihm für seine berufliche Zukunft viel Erfolg. Eine grundlegende interne Umstrukturierung sowie die angespannte Finanzlage aufgrund der Wirtschaftskrise zwingen uns dazu, uns zum 30.4.2010 von Frau Tüchtig zu trennen. Wir bedauern ihr Ausscheiden und wünschen ihr für ihre berufliche Zukunft viel Erfolg.

Kapitel III: Ausgewählte Probleme des Finanzmanagements von Veranstalterunternehmen 1

Strukturelle Rahmenbedingungen des Finanzmanagements bei Reiseveranstaltern

1.1

Einzelne Leistungsebenen im arbeitsteiligen Tourismussystem

Um die Problematik der Kalkulation und des Finanzmanagements bei Reiseveranstaltern verstehen zu können, ist es unumgänglich, einen kurzen Blick auf das touristische Gesamtsystem zu werfen. In der Regel ist es eine Vielzahl von Einzelorganisationen, die zum Zustandekommen des touristischen Endprodukts, beispielsweise also einer Pauschalreise, beitragen. Angesichts der Komplexität der touristischen Leistung, die letztlich von einem Endverbraucher konsumiert wird, erscheint es daher durchaus gerechtfertigt, von einer „Tourismusindustrie“ zu sprechen. Bei einer sehr weiten Begriffsfassung könnte man bereits die Bauunternehmen und Immobiliengesellschaften, die Hotel- und Appartementanlagen in den jeweiligen Reisezielgebieten erstellen, als einen Teil der Tourismusindustrie ansehen. Die so erstellten Unterkünfte bilden eine der wesentlichen touristischen Grundleistungen. Als touristische Grundleistungen sollen die kleinsten einzel-konsumierbaren Einheiten verstanden werden, die von einem Glied der touristischen Wertschöpfungskette erstellt werden. Diese Glieder der Wertschöpfungskette sollen als Leistungsträger bezeichnet werden; sie sind diejenigen Organisationen bzw. Personen, die am Endverbraucher, also dem Reisenden, eine Leistung letztlich erbringen; sie können somit als die Produzenten der touristischen Einzelleistungen einer Reise gelten. Eine grundsätzliche Unterscheidung der touristischen Grundleistungen in Kern-, Zusatz- und Randleistungen erscheint sinnvoll, wenngleich eine allgemeingültige Einteilung von bestimmten Leistungen anhand dieser Kategorien nicht

164

Kapitel III: Finanzmanagement von Veranstalterunternehmen 104

möglich ist. In der Regel lassen sich Transport, Unterkunft und Verpflegung als Kernleistungen definieren; je nach Ausgestaltung der Reise können jedoch auch Leistungen, die üblicherweise den Zusatzleistungen zuzurechnen wären, zentralen Charakter bekommen (Beispiel: spezielle Sprachreise – Sprachkurs als zentrale Kernleistung). Aus den Grundleistungen werden entweder vom Leistungsträger selbst oder auf einer der nachgelagerten Produktionsstufen touristische Bausteine erstellt. Dabei ist es durchaus üblich, dass eine Kernleistung einen Baustein für sich darstellt. Aus diesen Bausteinen wird schließlich ein marktfähiges Angebot gestaltet. In diesen beiden Stufen (Schaffung touristischer Bausteine, Gestaltung eines marktfähigen Angebots) spielen die Reiseveranstalter bereits eine zentrale Rolle. Das Ergebnis, das marktfähige Angebot, wird als Pauschalreise bezeichnet, wobei üblicherweise zwischen Voll- und Teilpauschalreise unterschieden wird. Als Reiseveranstalter (Tour-Operator) soll hier eine Unternehmung definiert werden, die eigene Leistungen sowie Leistungen Dritter (= Leistungsträger) zu marktfähigen touristischen Angeboten (Pauschalreisen) kombiniert und – i.d.R. mittels des Trägermediums Reisekatalog – für deren Vermarktung sorgt, wobei diese Pauschalreisen in eigenem Namen, auf eigene Rechnung und – unter reiserechtlichen Aspekten – auf eigenes Risiko angeboten werden Eine Vollpauschalreise ist ein Dienstleistungspaket, bestehend aus mindestens zwei aufeinander abgestimmten Reisedienstleistungen, das – i.d.R. im voraus, ggf. aber auch erst zum Zeitpunkt der Buchungsanfrage – für einen noch nicht bekannten Kundenkreis erstellt wurde und geschlossen zu einem Gesamtpreis vermarktet wird, so 105 dass die Preise der Einzelleistungen i.d.R. nicht mehr identifizierbar sind. Von einer Teilpauschalreise spricht man hingegen, wenn nur eine einzelne Reisedienstleistung von einem Veranstalter angeboten wird (z.B. eine Ferienwohnung-Unterkunft aus dem Katalog eines Reiseveranstalters).

Das so erstellte, marktfähige Angebot wird schließlich vermarktet. Träger dieses Prozesses sind i.d.R. die Reiseveranstalter, wobei im Rahmen der Distribution den Reisemittlern eine 106 zentrale Rolle zukommt. Unter einem Reisemittler versteht man ein Unternehmen, das Leistungen von Reiseveranstaltern sowie touristische Grundleistungen (z.B. nur Beförderung durch ein Verkehrsunternehmen) in fremdem Namen und auf fremde Rechnung verkauft, somit also Leistungen Dritter vermittelt und – unter reiserechtlichen Aspekten – hinsichtlich der Durchführung der Reisen keine Haftung übernimmt.

104 105

106

Siehe ausführlich Kirstges, Expansionsstrategien, Kapitel 4.3.1. „Pauschal“ sind insofern sowohl der Gesamtpreis (Pauschalpreis für mehrere Einzelleistungen) als auch die einheitliche Leistung (im Prinzip gleiche Leistung für alle Kunden einer bestimmten Pauschalreise). Man spricht auch von der „vorkonfektionierten“ Reise. Bausteinsysteme und das sog. Dynamic Packaging „weichen“ das „klassische“ Produkt(ions)prinzip der Pauschalreise jedoch auf (s. Kirstges, Expansionsstrategien, Kapitel 6.4.). Zur betriebswirtschaftlichen Charakterisierung des Reisebüros als Handelsunternehmen siehe Bauer, Reisebüro, S. 467–480.

1 Strukturelle Rahmenbedingungen des Finanzmanagements bei Reiseveranstaltern

165

Tendenziell lassen sich somit die folgenden Funktionen innerhalb der Tourismusindustrie unterscheiden: Leistungsträger:

erstellen Einzelleistungen und stellen diese Reiseveranstaltern zur Verfügung. Reiseveranstalter: kombinieren Einzelleistungen zu marktfähigen Angeboten (Pauschalreisen). Reisemittler: vertreiben die marktfähigen Angebote der Reiseveranstalter. Daneben gibt es in den Zielgebieten vielfach sogenannte Zielgebietsagenturen. Diese erfüllen u.a. folgende Aufgaben: ƒ Unterstützung von Reiseveranstaltern bei deren touristischem Einkauf bzw. komplette Übernahme des Einkaufs für Reiseveranstalter, ƒ Organisation von Transfers (z.B. vom Flughafen zum Hotel), ƒ Gästebetreuung vor Ort; Ansprechpartner bei Problemen; Reiseleitung. Darüber hinaus übernehmen Zielgebietsagenturen z.B. im Falle von Appartementanlagen für eine Reihe von Einzeleigentümern die Verwaltung und Vermietung der Appartements. Die eigentlichen Leistungsträger sind also die jeweiligen Eigentümer der Appartements, die ihre Ferienwohnung einem Endkunden für dessen Urlaub zur Verfügung stellen. Da sie sich nicht

Abbildung III.1.: Alternative Distributionswege touristischer Leistungen

166

Kapitel III: Finanzmanagement von Veranstalterunternehmen

selbst um den organisatorischen Ablauf der Vermietung, die Überwachung, die Pflege, Reinigung etc. ihrer Unterkünfte kümmern können oder wollen, stellen sie ihr Appartement einer im Zielgebiet ansässigen Agentur zur Verfügung, die diese Aufgaben gegen Provision für sie übernimmt. Die Zielgebietsagentur, die auf diese Art über eine Vielzahl von Appartements verfügt, wendet sich ihrerseits dann Reiseveranstaltern zu, die die Unterkünfte als einen Leistungsbaustein im Rahmen der von ihnen zusammengestellten Pauschalreise nutzen. Diese idealtypische arbeitsteilige Struktur der Tourismusindustrie beginnt jedoch bereits seit einigen Jahren aufzuweichen: Durch Diversifikationsbestrebungen übernehmen einzelne Leistungsträger Veranstalterfunktionen, Reiseveranstalter suchen verstärkt direkte, reisemittlerumgehende Vertriebswege oder kaufen Zielgebietsagenturen auf, um sich Kapazitäten zu sichern, und Reisemittler betätigen sich selbst im Rahmen der Gestaltung marktfähiger Angebote (Funktionswandel in der Tourismusindustrie). Darüber hinaus ist die eindeutige Zuteilung eines bestimmten Unternehmens in eine dieser Kategorien nicht immer ohne weiteres möglich. Entsprechend der aufgeführten Teilfunktionen lassen sich verschiedene Formen der Distribution von Reiseleistungen darstellen. Die vorhergehende Abbildung gibt einen zusammenfassenden Überblick über alternativ mögliche Distributionswege der Leistungen der wesentlichen touristischen Institutionstypen.

1.2

Finanzielle Rahmenbedingungen des Veranstaltergeschäfts

Je nach Reiseart kann davon ausgegangen werden, dass der Deckungsbeitrag aus den Touristikgeschäften für die meisten Reiseveranstalter – auch für Großveranstalter – bei 15–25 % 107 des Umsatzes liegt. Von einer Million Umsatz verbleiben also durchschnittlich etwa 200.000 EUR zur Deckung des unternehmerischen Aufwands. Insgesamt kann von einer Umsatzrendite (GuV-Ergebnis bezogen auf Gesamtumsatz) von 1–3 % bei einem gesunden 108 Reiseveranstalterunternehmen ausgegangen werden. Aus einer Million Umsatz resultiert also ein Gewinn von ca. 10.000–30.000 EUR. Der Großteil des Deckungsbeitrages (im Beispiel 200.000.–EUR) wird von den Personalaufwendungen verzehrt; sie können je nach Unternehmen auf 20–30% des Deckungsbeitrages, damit also auf ca. 5%–10% des Umsat109 zes, geschätzt werden. Der durchschnittliche Reisepreis pro Person hängt natürlich sehr stark von der angebotenen Reiseart (inkl. Anreiseart) ab; bei den meisten Unternehmen 107

108

109

Aus diesem Deckungsbeitrag ist die normalerweise im Reiseendpreis einkalkulierte Reisebüroprovision von i.d.R. ± 10% nicht mehr zu zahlen, d.h. der Gesamtdeckungsbeitrag für Reiseveranstalter und Reisebüros beträgt bei einer „normalen“ Pauschalreise etwa ± 30%. Es ist durchaus nicht ungewöhnlich, dass weniger gesunde Unternehmen in Krisenzeiten auf eine Rendite von nur wenig über 0 kommen. Damit ist die Rendite im Tourismus im Vergleich zu anderen Dienstleistungsbranchen extrem niedrig. Siehe dazu auch das Kennzahlenbeispiel zur Wertschöpfungsrechnung in Kapitel I.2.2.1.

1 Strukturelle Rahmenbedingungen des Finanzmanagements bei Reiseveranstaltern

167

110

dürfte er zwischen 500.– EUR und 750.– EUR liegen. Bei einem mittleren Reisepreis von ca. 500.– EUR müssen also für 1 Million Umsatz 2.000 Reiseteilnehmer verbucht, organisatorisch verwaltet und abgerechnet werden. Die Mehrzahl der Kleinveranstalter, die nur wenige Mio. EUR Umsatz erwirtschaften, muss dabei mit einem Gewinn von weniger als 50.000.– EUR leben. Bereits diese einfachen Überlegungen zur finanziellen Situation zeigen, dass (mittelständische) Reiseveranstalter sich keine finanziellen Experimente oder gar Fehlkalkulationen leisten können. Aus diesem Grund beschäftigen wir uns im Folgenden näher mit den Fragen der Reisepreiskalkulation und des Finanzmanagements bei Reiseveranstaltern.

1.3

Zusammenfassung und Praxisbeispiele

Fassen wir zusammen: Eine Pauschalreise ist ein marktfähiges Leistungsbündel, das letztlich aus verschiedenen touristischen Grundleistungen (Kern-, Zusatz- und evtl. Randleistungen) zusammengesetzt wurde. Im Rahmen der Tourismusindustrie sorgen verschiedene Institutionentypen (Leistungsträger, Zielgebietsagenturen, Reiseveranstalter, Reisemittler) für die Erstellung und Vermarktung dieser Leistungen. Da zahlreiche Unternehmen im Rahmen der touristischen Wertschöpfungskette an der Leistungserstellung beteiligt sind und da gerade für Reiseveranstalter der Umsatz größtenteils nur einen durchlaufenden Posten darstellt, sind die Umsatzrenditen relativ gering. Betrachten wir abschließend noch zwei Beispiele, um die Rahmenbedingungen des (Finanz-) Managements bei Reiseveranstaltern zu verdeutlichen: Bereits aus Abschnitt 1.1. des Kapitels I ist die Organisationsstruktur der TUI ausreichend bekannt. Wie lässt sich dieses Unternehmen nun bezüglich seiner Stellung in der gesamten Tourismusindustrie charakterisieren? Wie bereits ausgeführt, ist die TUI Europas größter Reiseveranstalter. Aber die TUI engagiert sich nicht nur als Reiseveranstalter. Die TUI-Gruppe umfasst, neben diversen Veranstaltertöchtern im In- und Ausland, auch diverse Hotelgesellschaften (z.B. Robinson, Dorfhotels, RIU, Grecotel). Dadurch ist die TUI auch einer der größten Hoteliers (also Leistungsträger). Die TUI verfügt auch über eigene Zielgebietsagenturen und Airlines/Flugzeuge. Sie stellt damit das Paradebeispiel eines stark vertikal integrierten Unternehmens der Tourismusbranche dar.

Der mittelständische Skireiseveranstalter Top-Tours schreibt folgende Reise in seinem Katalog aus: 2.1.–8.1., Busfahrt ab Mainz, Mannheim, Karlsruhe; Übernachtung in EZ, DZ oder Mehrbettzimmer; Vollpension; Reiseleitung; 5 Tage Skipass; Skikurs. Jeder Reiseteilnehmer

110

„Ausreißer“ nach oben stellen vor allem die Studien- und Fernreisespezialisten, nach unten die Ferienhausanbieter dar. Die Fachzeitschrift FVW ermittelte alljährlich bei ca. 50 Veranstaltern einen Durchschnittsreisepreis, der bei ca. 600.– EUR liegt. Der erzielte Umsatz pro Reise beträgt bei einigen Studienreiseanbietern (Marco Polo, Ikarus, etc.) über 2.000.– EUR, bei reinen Ferienhausanbietern wie InterChalet teilweise unter 300.– EUR.

168

Kapitel III: Finanzmanagement von Veranstalterunternehmen

erhält außerdem eine Info-Broschüre (Tipps für Skigymnastik, Skiausrüstung, umweltorientiertes Verhalten, etc.). Welche einzelnen touristischen Grundleistungen umfasst diese Pauschalreise? Mit welchen Marktpartnern könnte Top-Tours im Rahmen der Leistungserstellung kooperieren? Die Kernleistungen umfassen hier auf jeden Fall die Busfahrt (Kooperationspartner: ein Busunternehmen, oder aber eigene Leistungserstellung, falls eigene Busse und Fahrer vorhanden sind), die Unterkunft (Kooperationspartner: Hotel, Pension, Gästehaus, ...) sowie die Verpflegung (entweder als touristischer Leistungsbaustein vom Hotel in Kombination mit der Unterbringung angeboten, oder aber z.B. durch eigenes Küchenpersonal von Top-Tours in einem Selbstversorgergästehaus erbracht). Auch der Skipass prägt die (Ski-)Reise so maßgeblich, dass er als Kernleistung angesehen werden kann (Kooperationspartner: örtliche Skiliftgesellschaft). Die Reiseleitung und der Skikurs stellen wohl eher Zusatzleistungen dar, wobei der Top-Tours-eigene Reiseleiter ggf. auch gleichzeitig Skilehrer sein kann (Alternative: Kooperation mit örtlichem Skilehrer). Mit dem Info-Heft bietet Top-Tours dem Kunden eine zusätzliche touristische Randleistung an.

2

Preiskalkulation und Preisgestaltung bei Reiseveranstaltern

2.1

Preistheoretische Modelle und ihre Relevanz für den Reiseveranstaltermarkt

Modelle sind vereinfachte Abbilder der Realität. Sie dienen der Darstellung wesentlicher Strukturen und Zusammenhänge. Zur Problematik der Preisbildung ist uns aus der Volkswirtschaftslehre das Modell der Marktformen bekannt. Die Marktformenlehre unterscheidet dabei durch Korrelation der beiden Dimensionen „Zahl der Anbieter“ und „Zahl der Nachfrager“ mit jeweils den drei Ausprägungen „eine“, „einige/wenige“ und „viele“ neun Marktformen. Der Reiseveranstaltermarkt (Gesamtmarkt) lässt sich unter Anlehnung an dieses Modell als Teilangebotsoligopol charakterisieren: Vielen Nachfragern stehen wenige Großveranstalter (= Oligopol) und viele mittelständische und kleine Veranstalter gegenüber. Beschränkt man die Betrachtung auf einzelne touristische Teilmärkte, so findet man durchaus auch andere Marktformen vor (z.B. auf dem Markt für Kreuzfahrten, Skireisen, Gesundheitsurlaub; auf dem süddeutschen Markt, etc.). Insofern muss also unternehmensindividuell der relevante Markt festgelegt werden. Reiseveranstalter, die in einem oligopolistischen Markt agieren, müssen – dies lehrt die mikroökonomische Theorie der Marktformen – sowohl die Nachfrage- als auch die Konkurrenzsituation bei ihren Preisentscheidungen berücksichtigen. Insofern finden wir bereits hier eine Begründung für die Notwendigkeit einer (auch) konkurrenzorientierten Preisbildung.

2 Preiskalkulation und Preisgestaltung bei Reiseveranstaltern

169

Die einfachen Marktmodelle der Volkswirtschaftslehre bauen auf einigen idealtheoretischen Prämissen auf: ƒ ƒ ƒ ƒ ƒ

Homogenität der Güter / vollkommene Gütersubstituierbarkeit, keine Nachfragerpräferenzen (persönlich, räumlich, zeitlich), vollkommene Markttransparenz, rationales Verhalten der Marktteilnehmer (homo oeconomicus), unendlich hohe Reaktionsgeschwindigkeit.

Wir finden hier also die Fiktion des vollkommenen Marktes vor; das Preis-LeistungsVerhältnis wird nicht berücksichtigt, so dass das Marketing-Instrumentarium des Reiseveranstalters durch eine absolute Dominanz der Preispolitik geprägt ist. Aufgrund dieser realitätsfernen Prämissen haben die volkswirtschaftlichen Modelle der Preisbildung nur einen sehr geringen Aussagewert für die konkrete unternehmerische Preisentscheidung. Letztlich müsste sich auf einem oligopolistischen Reiseveranstaltermarkt immer ein einheitlicher Preis ergeben – die Realität lehrt uns besseres. Es bleibt also festzuhalten, dass die unrealistischen Prämissen nicht den Anforderungen an realtheoretische Modelle entsprechen. Diese müssten die realen Voraussetzungen des unvollkommenen Marktes berücksichtigen: ƒ ƒ ƒ ƒ ƒ

qualitativ unterschiedliche Güter/Reiseleistungen, Nachfragerpräferenzen in persönlicher, räumlicher und/oder zeitlicher Hinsicht, eingeschränkte Markttransparenz für Reiseveranstalter, Reisemittler und Konsumenten, Reaktionsverzögerungen: time-lag zwischen Analyse und Aktion, begrenzte Angebotskapazität pro Reiseveranstalter.

Die „Unvollkommenheit“ des Marktes führt dazu, dass der Reiseveranstalter gewisse Preisspielräume hat. In einem bestimmten reaktionsarmen (sog. monopolistischen) Bereich mit niedriger (direkter) Preiselastizität kann er Preise erhöhen, ohne eine zu große Abwanderung von Kunden zu Konkurrenten befürchten zu müssen. Bereits Gutenberg hat dieses Phänomen in Form einer doppelgeknickten Preis-Absatz-Funktion vereinfacht dargestellt.

Monopolistischer Bereich

Preis

Menge Abbildung III.2.a.: Doppelgeknickte Preis-Absatz-Funktion des Oligopolisten

170

Kapitel III: Finanzmanagement von Veranstalterunternehmen

In bestimmten touristischen Teilmärkten, z.B. im Bereich der Ferienclub-Reisen, führen eine relativ große Markentreue sowie eine relativ geringe Markt-/Leistungstransparenz zu einem solchen reaktionsfreien Bereich. Nachfolgendes Beispiel soll die Aussage, Bedeutung und Berechnungsweise der Preiselastizität verdeutlichen: Reiseveranstalter Top-Tours bot im vergangenen Jahr seine Afrika-Reise für 2.500.– EUR pro Person an. 50 Kunden buchten daraufhin. In diesem Jahr bietet TopTours dieselbe Reise für 2.700.– EUR an. Daraufhin buchen nur 45 Kunden seine Reise. Wie hoch ist, ausgehend von diesem Zweijahresvergleich, die Preiselastizität der Nachfrage? Interpretieren Sie diesen Wert! Die Lösung finden Sie am Ende dieses Kapitels – doch überlegen und rechnen Sie erst einmal selbständig … Zweifelsohne bestehen große Unterschiede in der direkten Preiselastizität sowie in der Kreuzpreiselastizität je nach ƒ ƒ ƒ ƒ ƒ

Haushaltseinkommen der Nachfrager, zeitlicher Gebundenheit der Nachfrager (Ferienzeiten) , Preiskenntnis/Informationsstand der Nachfrager, Konkurrenzsituation etc.

In der Praxis stellt sich das Problem der Festlegung der Größe des monopolistischen Bereichs: Ab welchem Preisniveau sind umfangreiche Kundenabwanderungen zu befürchten? Bei der Beantwortung dieser Frage sind u.a. (psychologischen) Preisschwellen zu berücksichtigen, auf die wir weiter unten noch näher eingehen werden. Lösung zur Berechnung der Preiselastizität: (50 – 45) / (2.500 – 2.700) = –5/200 = –2,5% Eine Preiserhöhung um 40.– EUR führt dazu, dass die Nachfrage um einen Teilnehmer sinkt. Bzw. eine Preiserhöhung um 1.– EUR führt dazu, dass die Nachfrage um (rechnerisch) 0,025 Teilnehmer sinkt. Dieser Wert entspricht jedoch eigentlich nur der Steigung der (hier als linear angenommenen) PreisAbsatz-Funktion. Die gesamte Funktion lautet somit wie folgt: x = 112,50 – 0,025 p (Herleitung über x = a – 2,5% p, mit z.B. x = 50 bei p = 2500) Die Preiselastizität ist streng genommen so definiert, dass sie angibt, um wie viel Prozent sich die Menge ändert, wenn sich der Preis um 1% ändert. Hier ändert sich der Preis um 8% (+200 : 2.500) und die Menge dadurch um –10% (–5 : 50). Somit beträgt die Preiselastizität 1,25 (= 10 : 8). Bzw.: 1.– EUR Preiserhöhung entsprechen (1 : 2.500 =) 0,04% Preiserhöhung. Somit führen 1% Preiserhöhung (= 25 · 0,04%) zu einer Teilnehmerreduktion um 0,625 (= 25 · 0,025). Dies entspricht, bezogen auf 50 Teilnehmer, einer Preiselastizität von 1,25 (= 0,625 : 50 · 100) – ausgehend von diesen beiden Preis-Nachfrage-Punkten berechnet!

2 Preiskalkulation und Preisgestaltung bei Reiseveranstaltern

171

Hier: Preisänderung um 8% → Mengenänderung um 8% · 1,25 = 10%, also von 50 auf 50 · (1 – 10%) = 45. Der (kompliziertere und theoretisch bessere) Ansatz über die Differenzialquotienten führt zu keinem befriedigenden Ergebnis. Dies liegt daran, dass hier die (relativen) Änderungen nicht – wie bei diesem Ansatz gefordert – infinitesimal klein sind, sondern im Gegenteil sehr groß. Somit ergäbe sich: [(50 – 45) : 45 ] : [(2700 – 2500) : 2500 ] = [5 : 45] : [200 : 2500] = 1,39 d.h. bei einer einprozentigen Preisänderung würde sich die Nachfrage um 1,39% ändern. Hier: 8% Preisänderung, also 8% · 1,39 = 11,12 %, um die sich die Menge ändern würde. Also: 50 Plätze minus 11,12% davon (= 50 · (1 – 0,1112)) = 44,44 Plätze (statt der vorgegebenen 45), also ungenau. Hintergrund: Die Preiselastizität ist für verschiedene Punkte einer linearen PreisAbsatz-Funktion jeweils verschieden (es gibt also nicht die eine Preiselastizität bei einer solchen Funktion), d.h. die wie hier errechnete Preiselastizität bezieht sich nur auf eine „kleine“ Abweichung von der Ausgangssituation. Dies zeigt folgendes Beispiel: Angenommen, Top-Tours würde den Preis nur um 10.– EUR erhöhen, also von 2.500 auf 2.510. Dies wäre eine Preiserhöhung um nur 0,4% (= 10 : 2500). Gemäß der oben ermittelten Nachfragefunktion ergäbe sich: x = 112,5 – 0,025 · 2510 x = 49,75 Nun vergleichen wir dieses Ergebnis über eine Berechnung mittels Preiselastizität auf Basis der Differenzialquotienten: Der Preis hat sich um 0,4% erhöht, also reduziert sich die Nachfrage um 0,4% · 1,39 = 0,556%. Somit: 50 abzüglich 0,556% davon (= (50 · (1 – 0,00556)) ergibt: 49,72. Bis auf die zweite Kommastelle stimmt hier – aufgrund der nur geringen Preisveränderung – also das Ergebnis mit der Berechnung aus der Nachfragefunktion überein.

2.2

Kalkulationsstrategien – ein Überblick

„Kalkulation“ kann auf zweierlei Richtungen zielen: Ex-ante geht es um die Festlegung von Kundenendpreisen; ex-post hingegen im Sinne einer Nachkalkulation um Aspekte des Controlling. In den folgenden Ausführungen soll lediglich das erste Ziel der Kalkulation, nämlich Kundenendpreise zu „errechnen“, verfolgt werden.

172

Kapitel III: Finanzmanagement von Veranstalterunternehmen

Die ex-ante-Kalkulation im engeren Sinne kann inhaltlich gleich gesetzt werden mit der Kostenträgerrechnung. Demnach sind in einem ersten Schritt die relevanten Kostenarten zu ermitteln, bevor die anfallenden Kosten in einem zweiten Schritt auf die Kostenträger (= touristische Produkte) verrechnet werden. Man unterscheidet hierzu grob die Varianten der Vollkostenrechnung sowie der Teilkostenrechnung (hier insbesondere die Deckungsbeitragsrechnung, speziell diejenige auf Basis relativer Einzelkosten nach Riebel). Auf diese grundsätzlichen kostenrechnerischen Verfahren soll im Folgenden nicht näher eingegangen werden; sie werden – als allgemeine Grundlagen der BWL bzw. des betriebswirtschaftlichen Rechnungswesens – als bekannt vorausgesetzt. Die nachfolgende Abbildung fasst diese kostenrechnerische Vorgehensweise zusammen.

Quelle: eigene Darstellung in Anlehnung an Preißner, Andreas, Praxiswissen Controlling, S. 86 Abbildung III.2.b.: Systematik der Kosten-Leistungs-Rechnung zur Vollkostenrechnung

Im weiteren Sinne lässt sich unter einer (ex-ante-) Reisepreiskalkulation folgendes fassen: Definition Reisepreiskalkulation: Sämtliche Überlegungen, Planungen, Entscheidungen und Analysen, die dazu dienen, einen wettbewerbsfähigen Einzelreisepreis (Kundenendpreis) festzulegen bzw. diesen hinsichtlich seiner Markt- und Unternehmensadäquanz zu überprüfen.

2 Preiskalkulation und Preisgestaltung bei Reiseveranstaltern

173

In diesem ausreichend weit gefassten Sinne wollen wir das Problem der Preiskalkulation durch Reiseveranstalter angehen. Hierbei sind drei grundsätzliche Ansatzpunkte zu berücksichtigen, die den folgenden Ausführungen ihre Struktur geben sollen: ƒ Kostenorientierung, ƒ Konkurrenzorientierung, ƒ Nachfrageorientierung. Eine zentrale Besonderheit der Reiseveranstalterkalkulation besteht in der starken Variationsbreite der kalkulierten Endpreise in Abhängigkeit von Zukunftserwartungen (z.B. hinsichtlich Auslastungsgraden). Auf diese Problematik werden wir noch ausführlicher eingehen.

2.2.1

Kostenorientierte Preisfindung

Ausgangspunkt und Informationsbasis der kostenorientierten Preisfindung bilden die Daten des Rechnungswesens (insbesondere der Kosten-Leistungs-Rechnung/KLR). Diese Quelle liefert z.B. die Kosten der touristischen Eigenleistungen oder die Gemeinkosten. Als zweite zentrale Informationsbasis dient der touristische Einkauf: Die abgeschlossenen Verträge über die von den verschiedenen Leistungsträgern zur Verfügung gestellten Grundleistungen enthalten auch die erforderlichen Informationen über die Kosten dieser Reisevorleistungen. Folgendes Kalkulationsgrundschema kann für die Kundenendpreisberechnung (Preis pro 111 Person bzw. Preis pro Angebotseinheit (z.B. Fewo)) angesetzt werden: ƒ teilkosten-/deckungsbeitragsorientiert: 112 Kalkulierte Aufwendungen (Einzelkosten) für Reisevorleistungen + Kalkulierte Eigenleistungen + Kalkulationsaufschlag/geplanter Deckungsbeitrag =

Kundenendpreis

Der gemäß diesem Schema einkalkulierte Deckungsbeitrag muss zur Deckung sämtlicher Gemeinkosten (sowie der Reisemittlerprovision, der MwSt. und des Gewinns) ausreichen.

111

112

Sehr interessante Praxisbeispiele für Reisepreiskalkulationen finden sich bei Mundt, Reiseveranstaltung (z.B. Kalkulation einer Studienreise: S.237–238; Kalkulation einer Kreuzfahrt: S. 267–271; Incentive-Reise: S. 323– 324). Einzelkosten sind solche Kosten, die man einem Kostenträger, hier der zu kalkulierenden Reise, direkt zurechnen kann. Sie können variabel (z.B. vom Reiseveranstalter an die Airline nur pro gebuchter Person zu zahlender Flugpreis) oder fix (z.B. vom Reiseveranstalter bei einer Airline unabhängig von der Auslastung fest gebuchter Charterflug) sein.

174

Kapitel III: Finanzmanagement von Veranstalterunternehmen

ƒ vollkostenorientiert: Kalkulierte Aufwendungen (Einzelkosten) für Reisevorleistungen + Kalkulierte Eigenleistungen + Vertriebskosten (Reisebüroprovisionen; sonstige) + Werbekosten (anteilige Kataloggemeinkosten; sonstige) + Kulanz-/Reklamationsaufwand + anteilige (Verwaltungs-)Gemeinkosten + Kalkulatorischer Unternehmensgewinn + MwSt. (Margenbesteuerung beachten, s.u.!) =

Kundenendpreis

Diese vollkostenorientierte Kalkulation wirft einige Probleme auf: Ermittlung und Verteilung der anteiligen Gemeinkosten: ƒ Hierbei handelt es sich um ein allgemeines betriebswirtschaftliches Problem der Festlegung verursachungsgerechter Kostenschlüssel. Da sich hier also keine tourismusspezifische Besonderheit zeigt, soll in der vorliegenden Arbeit auf eine Vertiefung verzichtet werden. ƒ Speziell bezüglich der Katalogkosten könnte der Seitenanteil eines einzelnen Angebots als Verteilungsschlüssel dienen. – Die starre Vorgabe des von einem Produkt zu tragenden Gemeinkostenanteils schränkt den preispolitischen Spielraum des Veranstalters stark ein (z.B. keine Möglichkeit eines kalkulatorischen Ausgleichs). –

Aufgrund dieser Nachteile soll hier einer Betrachtung der tourismusspezifischen Kostenbestandteile als Basis einer (deckungsbeitragsorientierten) Kalkulation den Vorzug gegeben werden. Ausgehend von den touristischen Grundleistungen lassen sich die einzelnen Kostenbestandteile eines Pauschalreiseangebots unterscheiden. Folgende Beispiele zeigen die Bedeutung einzelner Kostenbestandteile bei typischen bzw. speziellen Reiseangeboten:

Abbildung III.2.c.: Beispiel Kostenbestandteile einer einwöchigen All-inclusive-Reise, 4-Sterne-Hotel, Mallorca, Flug ab Frankfurt

2 Preiskalkulation und Preisgestaltung bei Reiseveranstaltern Aufwendungen für ...

175 Anteil am Umsatz

Beförderungsleistungen Hotelleistungen Serviceleistungen (inkl. Reiseleitung, Transfer)

37 % 29 % 13,5 %

Gesamt

79,5 %

Abbildung III.2.d.: Beispiel Kostenbestandteile der Pauschalreisen der NUR Touristic (1978)

Aufwendungen für ...

Anteil am Umsatz

Anteil an den gesamten Aufwendungen für Vorleistungen

Beförderungsleistungen Hotelleistungen Transfer Extras (Leihwagen, Bierfest, Begrüßungsbrandy, Ausflüge, etc.) Sonstige (inkl. Reiseleitung)

34 % 39 % 2% 2,2 %

39,5 % 45,8 % 2,3 % 2,7 %

8%

9,7 %

Gesamt

85,2 %

100 %

Abbildung III.2.e.: Beispiel Kostenbestandteile des ITS-Angebots „Sevilla“ (Sommer 1990)

Abbildung III.2.f.: Beispiel Kostenbestandteile einer Wanderreise auf Teneriffa (2010)

Abbildung III.2.g.: Beispiel Kostenbestandteile einer Wanderreise in Venezuela (2010)

176

Kapitel III: Finanzmanagement von Veranstalterunternehmen

Dieser Überblick zur kostenorientierten Preisfindung soll zunächst genügen. Da dieser Ansatzpunkt der Preiskalkulation einige tourismusspezifische, besondere Probleme mit sich bringt, werden diese weiter unten (Abschnitt 2.3.) noch ausführlicher behandelt. Abschließend, quasi als kleiner Exkurs, ein Hinweis zur richtigen Berechnung von Kalkulationsaufschlägen bzw. Deckungsbeitragsspannen. Dazu folgendes Beispiel: Wie viel Prozent muss ein Reiseveranstalter auf seine Kosten für Vor- und Eigenleistungen aufschlagen, um einen Deckungsbeitrag in Höhe von 20% des Umsatzes zu realisieren? Man muss hier also unterscheiden zwischen ƒ Ka% = Kalkulationsaufschlag = %-Aufschlag auf die Netto-Kosten K (die der Reiseveranstalter an die Leistungsträger zahlt) ƒ DB% = Deckungsbeitragsspanne = %-Anteil des Deckungsbeitrages an den Kundenendpreisen P (die der Reiseveranstalter in den Preislisten publiziert) Folgende Formeln ermöglichen die Umrechnung:

Ka % =

DB % 1 − DB %

DB % =

Ka % 1 + Ka %

Um also z.B. 20% Deckungsbeitragsspanne zu realisieren, müssen 25% auf die Kosten aufgeschlagen werden. Ein Zahlenbeispiel verdeutlicht dies: ƒ 1.000.– EUR Kosten · (1 + 25%) = 1.250.– EUR ƒ ergibt also einen Deckungsbeitrag von 250.– EUR ƒ 250.– EUR : 1.250.– EUR = 20% Deckungsbeitragsspanne

Wie oben aufgeführt muss bei der teilkostenorientierten Kalkulation der Kalkulationsaufschlag auch zur Deckung der Mehrwertsteuer (MwSt.) dienen; bei der vollkostenorientierten Kalkulation muss die MwSt. explizit Berücksichtigung finden. Bei der Preiskalkulation muss also auch die später anfallende und an das Finanzamt abzuführende MwSt. einkalkuliert werden. Die Berechnung der MwSt. erfolgt bei Reiseveranstalterleistungen – anders als bei 113 „normalen“ umsatzsteuerpflichtigen Verkäufen – nach der sog. Margenbesteuerung. Diese besteht, grob erläutert, darin, dass die Umsatzsteuer nicht aus dem Umsatz, sondern nur aus dem steuerpflichtigen Anteil der Marge, definiert als die Differenz aus Umsatz und Reisevorleistungen, berechnet wird. Eine Veranstalterreiseleistung, die also z.B. zum Preis von 1.190.– EUR an einen Privatkunden verkauft wird, enthält somit also nicht 190.– EUR (entsprechend 19% auf 1.000.– EUR Nettoumsatz) MwSt., sondern einen i.d.R. weitaus geringeren Umsatzsteueranteil.

113

Eine ausführliche Erläuterung des Prinzips der Margenbesteuerung von Reiseleistungen im Umsatzsteuerrecht würde den Rahmen dieser Arbeit sprengen. Daher sei auf die entsprechende Fachliteratur verwiesen, so z.B. auf Hässel, Günter / Rummel, Jörg, Besteuerung, Buchführung und Vertragsrecht der Reisebüros; Henkel, H.J., Die Umsatzsteuer der Reisebüros und Reiseveranstalter; Wolf, Cyrilla, Umsatzsteuer in der Touristik.

2 Preiskalkulation und Preisgestaltung bei Reiseveranstaltern

177

114

Bei einer in voller Höhe steuerpflichtigen Reiseleistung ergibt sich für die Kalkulation bei einem gewünschten Netto-Kalkulationsaufschlag in Höhe von z.B. 20% ein zusätzlich zu berücksichtigender Aufschlag für die MwSt. in Höhe von 3,8% (und nicht 19%!), somit also ein „Brutto-Kalkulationsaufschlag“ in Höhe von 23,8%. Bezogen auf den Bruttoreisepreis ergibt dies eine darin enthaltene MwSt. in Höhe von 3,07%. Die nachfolgenden Berechnungsbeispiele verdeutlichen dies. Angenommen, der Veranstalter würde Koffer (Sachleistungen) zum Preis von 100 EUR pro Stück (brutto, inkl. 19% MwSt., also 84,03 EUR netto und 15,97 EUR MwSt.) bei einem Kofferhersteller einkaufen. Er will 20.– EUR pro Koffer, den er an seine Kunden verkauft, „verdienen“. Dann kalkuliert er: 84,03 EUR + 20.– EUR = 104,03 EUR, plus darauf 19% MwSt. = 19,77 EUR MwSt., somit also 123,80 EUR Brutto-Verkaufspreis (die 19%-MwSt. macht dann knapp 16% des Bruttopreises aus). Wenn er einen Koffer verkauft, erwirtschaftet er also 123,80 EUR Umsatz, von dem er die darin enthaltenen 19% MwSt. in Höhe von 19,77 EUR an das Finanzamt abführen muss. Diesem Betrag kann er die in der Rechnung des Kofferherstellers enthaltene Vorsteuer in Höhe von 15,97 EUR entgegensetzen, so dass er letztlich aus diesem Geschäft eine Umsatzsteuerzahllast in Höhe von 3,80 EUR an das Finanzamt abführen muss. Angenommen, der Veranstalter würde nun aber eine umsatzsteuerpflichtige Reisevorleistung (also z.B. eine Bustransferleistung) zum Preis von 100 EUR pro Reisegast (brutto, inkl. 19% MwSt., also 84,03 EUR netto und 15,97 EUR MwSt.) bei einem Busunternehmer einkaufen und daraus eine Veranstalterleistung zusammenstellen. Der Veranstalter will 20.– EUR pro Reise, die er an seine Kunden verkauft, „verdienen“ (eventuelle weitere Reisevorleistungen bleiben hier außer Acht). Dann kalkuliert er: 100.– EUR (Bruttoprinzip im Rahmen der Margenbesteuerung, d.h. die Vorsteuer in Höhe von 15,97 EUR wird nicht abgezogen!) + 20.– EUR = 120.– EUR, plus 19% MwSt. (nur) auf diese einkalkulierte Marge = 3,80 EUR MwSt., somit also 123,80 EUR Reisepreis für den Verkauf an den Kunden (die 19%-MwSt. macht dann knapp 3,07% des Bruttopreises aus). Wenn er diese Reise verkauft, erwirtschaftet er 123,80 EUR Umsatz, von dem er die in der Bruttomarge von 23,80 EUR enthaltenen 19% MwSt. in Höhe von 3,80 EUR an das Finanzamt abführen muss. Diesem Betrag kann er nicht (!) die in der Rechnung des Busleistungsträgers enthaltene Vorsteuer in Höhe von 15,97 EUR entgegensetzen. Somit führt er letztlich aus diesem Geschäft eine Umsatzsteuerzahllast in Höhe von 3,80 EUR an das Finanzamt ab. Die steuerlichen Effekte sind – zumindest aus Sicht des Finanzamts – bei beiden Markgeschehen also gleich. Der Unterschied besteht allerdings in der Art der Preiskalkulation. Entscheidend ist also, dass der Veranstalter nicht „einfach“ den MwSt.-Satz (hier 19%) auf seine Kosten + Kalkulationsspanne aufschlagen muss (bzw. darf, denn er würde sich damit aus dem Markt kalkulieren).

114

Gemäß Margenbesteuerung gibt es Reise(vor)leistungen, die umsatzsteuerpflichtig und solche, die umsatzsteuerfrei sind. In den nachfolgenden Kalkulationsbeispielen gehen wir zur Vereinfachung davon aus, dass alleine umsatzsteuerpflichtige Reiseleistungen vorliegen.

20% = 19% =

123,80 100,00 23,80 3,80

Beispiel 1 EUR 100,00 20,00 3,80 123,80

Abbildung III.2.h.: Berücksichtigung der MwSt. in der Reisepreiskalkulation

abzuführende USt (= MwSt - VSt)

K= darauf entfallende Vorsteuer:

Umsatzsteuerberechnung laut Regelbesteuerung: P = Bruttoverkaufspreis = Umsatz = Netto-VerkaufspPreis (ohne MwSt) = MwSt

Kalkulation: K (netto, ohne MwSt) = Ka = MwSt auf (K + Ka) = P = Bruttoverkaufspreis = Umsatz = 19% =

3,80

84,03 15,97

123,80 104,03 19,77

Beispiel 1 EUR 84,03 20,00 19,77 123,80

Kalkulation einer vergleichbaren nicht-touristischen Leistung:

Umsatzsteuerberechnung laut Margenbesteuerung: P = Reisepreis = Umsatz = -K = Bruttomarge darin enthaltene MwSt (abzuführen)

Kalkulation: K (brutto, inkl. MwSt) = Ka = MwSt auf Ka = P = Reisepreis = Umsatz =

Reiseveranstalterkalkulation:

100,00% 19,00%

100,00% 84,03% 15,97%

100,00% 23,80%

3,07%

100,00% 80,78%

100,00% 20,00%

19% =

20% = 19% =

24,74

547,06 103,94

805,94 677,26 128,68

Beispiel 2 EUR 547,06 130,20 128,68 805,94

805,94 651,00 154,94 24,74

Beispiel 2 EUR 651,00 130,20 24,74 805,94

100,00% 19,00%

100,00% 84,03% 15,97%

100,00% 23,80%

3,07%

100,00% 80,78%

100,00% 20,00% 3,80%

19% =

25% = 19% =

30,92

547,06 103,94

844,67 709,81 134,86

Beispiel 3 EUR 547,06 162,75 134,86 844,67

844,67 651,00 193,67 30,92

Beispiel 3 EUR 651,00 162,75 30,92 844,67

100,00% 19,00%

100,00% 84,03% 15,97%

100,00% 29,75%

3,66%

100,00% 77,07%

100,00% 25,00% 4,75%

178 Kapitel III: Finanzmanagement von Veranstalterunternehmen

2 Preiskalkulation und Preisgestaltung bei Reiseveranstaltern

179

Wenn wie im Beispiel 2 die MwSt. laut Margenberechnung berücksichtigt werden soll, dann muss die Rechnung also wie folgt aussehen: Netto-EK = K = 651,00 + 20% Ka = 130,20 + MwSt. auf Marge = ??? = Endpreis P ??? D.h. der Ka soll in voller Höhe erhalten bleiben und der Endpreis soll die MwSt. laut Margenberechnung berücksichtigen. Netto-EK = K = 651,00 + 20% Ka = 130,20 + MwSt. 19% auf 130,20 24,74 = Endpreis P = 805,94 (bzw. gerundet 806 EUR, oder 805 EUR oder unter Berücksichtigung von Preisschwellen und unter Verzicht auf einige EUR Marge 799 EUR) Aufschlag also 130,20 + 24,74 = 154,94 EUR (gerundet: 155 EUR) Die MwSt. errechnet sich also unter Berücksichtigung des gesuchten P wie folgt: (P – 651) – (P – 651) : 1,19 = (P – 651) · (1 – 1/1,19) = (P – 651) · 0,16 Somit errechnet sich P wie folgt: K + Ka + Margensteuer = P 651 + 130,20 + (P – 651) · 0,16 = P 651 + 130,20 + 0,16P – 104,16 = P 677,04 + 0,16P = P 677,04 = 0,84P P = 806 EUR Der Endpreis beträgt also (bei 651 EUR Vorleistungen, 20% Ka und unter Berücksichtigung der MwSt. von 24,74 EUR) gerundete 806 EUR! Die Margen-Umsatzsteuer errechnet sich dann wie folgt: Endpreis p = 806 EUR – Reise-VL = 651 EUR = Brutto-Marge = 155 EUR (hier als zu 100% steuerpflichtig angenommen) darin enthalten 24,74 EUR MwSt. (d.h. Nettomarge = 130,20 EUR) Die MwSt. beträgt dann 24,74 EUR auf 806 EUR Umsatz, also ca. 3%! Bzw. 24,75 EUR auf 651 EUR Vorleistung, also ca. 3,8% der Vorleistung K. Wird mit einem höheren Kalkulationsaufschlag Ka gerechnet (also z.B. 25%), dann erhöht sich entsprechend auch der MwSt.-Anteil am Bruttoreisepreis (also auf z.B. 3,66%).

180

Kapitel III: Finanzmanagement von Veranstalterunternehmen

Sofern die Reisevorleistungen nicht in voller Höhe steuerpflichtig sind, muss die MwSt. anteilig entsprechend der steuerpflichtigen Marge einkalkuliert werden.

2.2.2

Nachfrageorientierte Preispolitik

2.2.2.1

Die Rolle des Preises im Rahmen der Reiseentscheidung

Eine Vielzahl von Determinanten beeinflusst die Reiseentscheidung eines Interessenten: ƒ Produktpräferenzen (Destination/Reiseziel, Unterkunftsart und -niveau, etc.), ƒ Veranstalterpräferenzen (Image des Reiseveranstalters, regionale Präsenz, etc.), ƒ Verfügbarkeit der Reiseleistung (freie Kapazität, zeitliche und räumliche Verfügbarkeit, etc.), ƒ Kosten (Reisepreis (Katalogpreis des Reiseveranstalters); Art, Umfang und Höhe der Nebenkosten am Reiseziel; Lebenshaltungskosten im Reiseziel und Wechselkurse; etc.), ƒ u.v.m.

Der Reisepreis laut Veranstalterkatalog ist also nur eine Determinante während des Entscheidungsprozesses. Dieser verläuft in mehreren Phasen (bekannt ist z.B. das AIDAModell), wobei eine allgemeingültige Reihenfolge in Bezug auf die Wichtigkeit einzelner 115 Entscheidungsdeterminanten nicht bestimmbar ist. Wenngleich es somit jeweils einer situativen Relativierung der Bedeutung der verschiedenen Bestimmungsfaktoren bedarf, kann man davon ausgehen, dass der Katalogpreis einer Pauschalreise generell im Laufe des Entscheidungsprozesses immer wichtiger wird. Anders ausgedrückt: Das Preisinteresse des Reisewilligen nimmt während des Entscheidungsprozesses zu.

Die Bedeutung des Reisepreises (im Vergleich zu anderen Determinanten) im Rahmen der Reiseentscheidung ist somit u.a. abhängig von ƒ dem Preisinteresse des Einzelnen: Dieses ist wieder, analog der Preiselastizität der Nachfrage (s.o.), von verschiedenen Faktoren abhängig. ƒ der Preiskenntnis des Einzelnen. Hierunter versteht man das in der Vergangenheit erworbene und in der aktuellen Periode noch verfügbare Wissen über Reisepreise. Eine ausreichende Preiskenntnis wird vielfach kurzfristig im Vorfeld der Buchung erworben bzw. aktualisiert.

Aus der Bedeutung des Preisinteresses und der Preiskenntnis lassen sich bereits erste preis116 strategische Ansatzpunkte hinsichtlich der Preisdarbietung ableiten: ƒ für Niedrigpreisanbieter: – transparente Preisdarstellung, – einfache Reisepreisberechnung,

115 116

Vgl. ausführlich zum Reiseentscheidungsprozess: Kirstges, Expansionsstrategien, Kapitel 6.1.2.2. Siehe vertiefend Kapitel 2.2.3.1.

2 Preiskalkulation und Preisgestaltung bei Reiseveranstaltern

181

Überschreitung von Preisschwellen vermeiden, Werbung mit Preisinformationen, Verbraucherinformation/-aufklärung. ƒ für Hochpreisanbieter: – wenig transparente Preisdarstellung, – Vermeidung einer direkten Vergleichbarkeit mit Konkurrenzangeboten. – – –

An dieser Stelle sei auf die interessanten Erkenntnisse der „Hedonistischen Preistheorie“ hingewiesen, gemäß der eine Reise ein Bündel objektiv wahrnehmbarer Eigenschaften darstellt. Jede Eigenschaft stiftet jeweils einen eigenen Nutzen. Diese Teilnutzenwerte lassen sich ermitteln und getrennt bewerten („bepreisen“). Das Ziel des Nachfragers (und damit des Reiseveranstalters) lautet somit wie folgt: Summe der Werte der Leistungsbestandteile der Reise, die für das Individuum A bedeutsam sind → Max!

Für die Reise geforderter Preis Auf eine ausführlichere Behandlung dieses Ansatzes der hedonistischen Preistheorie soll hier verzichtet werden. Wir fassen kurz zusammen: Der Katalogpreis ist nur eine Determinante im Rahmen der Reiseentscheidung eines Interessenten. Dessen Bedeutung hängt vom Preisinteresse und von der Preiskenntnis des Einzelnen ab.

2.2.2.2

Ziele der nachfrageorientierten Preisbildung

Ziel der nachfrageorientierten Preispolitik ist es, ƒ ƒ ƒ ƒ

ausgehend von der Preisbereitschaft der Nachfrager, unter Anlehnung an (vermeintlich erkennbare) Preis-Absatz-Funktionen, unabhängig von den eigenen Kosten und den Preisen der Konkurrenten, den Preis zu ermitteln, zu dem die gewinnoptimale Preis-Mengen-Kombination erreicht wird, ƒ wobei u.U. Kapazitäts-/Kontingentrestriktionen zu berücksichtigen sind. Betrachten wir zur Verdeutlichung folgendes Beispiel: Die Nachfrage hänge ausschließlich ab vom Katalogpreis: Nachfrage x = f ( Preis p ) x = 800 – 0,8 · p

für p < 625.– EUR

x=0

für p ≥ 625.– EUR

f: Verfügbare Gesamtkapazität des Veranstalters: 400 Plätze (alternativ: 300 Plätze)

182

Kapitel III: Finanzmanagement von Veranstalterunternehmen

Welchen umsatzmaximierenden, nachfrageorientierten Angebotspreis sollte der Reiseveranstalter setzen? Die Lösung findet sich am Ende dieses Abschnitts; doch rechnen Sie zunächst einmal selbständig ... Dieses Beispiel ist jedoch alleine der Theorie entsprungen, da in der touristischen Realität die Nachfragefunktionen unbekannt sind. Das praktische Problem lässt sich hingegen mit folgender Fragestellung beschreiben: Welche Preisforderung für eine bestimmte Leistung wird von welchen Konsumentengruppen (noch) akzeptiert? In der Praxis kann das Ziel also nur darin bestehen, Nachfragefunktionen (Nachfrageverhalten) abzuschätzen, und zwar unter Berücksichtigung von Preisschwellen. Verschiedene Arten von Preisschwellen lassen sich unterscheiden: ƒ Obere Preisschwelle, ab der aufwärts die Buchungswahrscheinlichkeit aufgrund zu hoher Reisekosten gegen Null sinkt. ƒ Untere Preisschwelle, ab der abwärts die Buchungswahrscheinlichkeit gegen Null sinkt, weil die Urlauber zu große Zweifel an der Produktqualität, der Veranstalterseriösität etc. bekommen. Diese untere Preisschwelle gewinnt regelmäßig immer dann an Bedeutung, wenn ausführlich über das Schicksal „gestrandeter“ Urlauber nach Veranstalterkonkur117 sen in der Presse berichtet wird. ƒ Preisschwellen im sog. Preis-Norm-Bereich (zwischen oberer und unterer Preisschwelle) – Preisschwellen, deren Überschreitung zu einem sprunghaften Anstieg bzw. Rückgang der Nachfrage führt, – Preisschwellen, deren Überschreitung den Urlauber zum Veranstalterwechsel veranlasst (Verlust von veranstaltertreuen Kunden), – Preisschwellen, deren Unterschreitung Kunden anderer Veranstalter zum Wechsel bzw. Individualkunden zur Buchung von Pauschalreisen veranlasst, – Preisschwellen, deren Unterschreitung Interessenten dazu veranlasst, ihr Anspruchsniveau hinsichtlich der Reisequalität zurückzuschrauben. Folgende Möglichkeiten der Ermittlung von Preisschwellen bieten sich an: ƒ bisherige eigene Erfahrungen (Buchungsdaten der Vergangenheit). ƒ Konsumentenbefragungen (allerdings verbunden mit den bekannten Problemen: Validität? Ausreichende Preistransparenz? Preiskenntnis?). ƒ Expertenbefragungen, z.B. Befragung von Reisebüroexpedienten, die über Informationen und Erfahrungen aus den alltäglichen Kundengesprächen verfügen. ƒ Vergleich von Konkurrenzpreisen (s.u.: konkurrenzorientierte Preispolitik).

In der Veranstalterpraxis stellt sich dabei folgendes Problem (oder: es bietet sich folgende Chance): Qualitätsanforderungen, Preisbereitschaft und andere Determinanten der touristischen Nachfrage sind nicht bei allen Urlaubern gleich ausgeprägt. Dies erfordert (bzw. ermöglicht) eine Preisdifferenzierung im Rahmen einer Marktsegmentierung! 117

So z.B. Ende 1993/Anfang 1994 nach den Konkursen der beiden Reiseveranstalter „MP Travel“ und „Marlo“.

2 Preiskalkulation und Preisgestaltung bei Reiseveranstaltern

183

Wir fassen kurz zusammen: Da in der Veranstalterpraxis Nachfragefunktionen nicht bekannt sind, bietet sich eine Orientierung an Preisschwellen an, um nachfrageorientiert die Katalogpreise festzusetzen. Für unterschiedliche Zielgruppen können dabei verschiedene Preisschwellen gelten, was eine Preisdifferenzierung ermöglicht. Lösung zum Fallbeispiel „Nachfragefunktion“: p = 500.– EUR. Der Veranstalter wird die Reise also zu 500.– EUR anbieten, da er bei diesem Preis und der vorgegebenen Gesamtkapazität von 400 Plätzen den größten Umsatz erzielt: Ziel: Umsatz U = Preis p · Menge x → max! U=p·x U = p · (800 – 0,8p) U = 800p – 0,8p2 Optimum durch 1. Ableitung = 0: U’ = 800 – 1,6p = 0 800 = 1,6p p = 800/1,6 p = 500 x = 800 – 0,8 · 500 x = 800 – 400 x = 400 U = 500 · 400 U = 200.000 Wäre die verfügbare Gesamtkapazität größer als 400, so wäre unter rein umsatzmaximierendem Aspekt das Optimum dennoch bei p = 500 und x = 400 (wobei jedoch u.U. Leerkosten entstehen würden, die hier nicht berücksichtigt würden; bei Berücksichtigung der Kosten müsste der Deckungsbeitrag DB = U – K optimiert werden). Wäre die verfügbare Gesamtkapazität kleiner als 400, so müsste zur Umsatzmaximierung derjenige (höhere) Preis ermittelt werden, zu dem diese geringere Gesamtkapazität gerade noch ausgelastet wird. Also z.B.: x = 300 ⇒300 = 800 – 0,8p p = 500/0,8 p = 625 U = 300 · 625 = 187.500

184

2.2.2.3

Kapitel III: Finanzmanagement von Veranstalterunternehmen

Preisdifferenzierung im Rahmen der Strategie der Marktsegmentierung

Es würde den Rahmen dieses Buches sprengen, auf die vielfältigen Varianten der Marktseg118 mentierung im Tourismus näher einzugehen. Im Folgenden werden daher lediglich die Möglichkeiten einer (Mikro-)Segmentierung des Marktes nach der Preisbereitschaft der Kunden aufgezeigt. Ursachen und Hintergründe einer Preisdifferenzierung können z.B. sein: ƒ unterschiedlich hohe Aufwendungen für Vorleistungen (Preisdifferenzierungen der Leistungsträger schlagen sich durch), ƒ Leistungsdifferenzierungen, ƒ Chancen auf höhere Deckungsbeiträge, ƒ Strategien des (sukzessiven) kalkulatorischen Ausgleichs.

Auf die einzelnen Formen der Preisdifferenzierung im Reiseveranstaltergeschäft soll im folgenden kurz eingegangen werden. Spätestens an dieser Stelle sollte sich der im Umgang mit Reisekatalogen wenig versierte Leser mehrere Kataloge verschiedener Veranstalter zur Hand nehmen und darin jeweils nachvollziehen, ob und inwiefern die jeweilige Form der Preisdifferenzierung praktiziert wird! a) Zeitliche Preisdifferenzierung:

These: Zu verschiedenen Zeiten besitzt eine identische touristische Leistung (für verschiedene Nachfrager) einen unterschiedlich hohen Wert. Folgende Varianten der zeitlichen Preisdifferenzierung lassen sich unterscheiden: ƒ nach Buchungszeitpunkt: Frühbucherrabatte, last-minute ƒ nach Reisebeginn/Reisezeit: verschiedene Saisonzeiten ƒ nach Aufenthaltsdauer (auch als Variante der mengenmäßigen Preisdifferenzierung zu sehen): – tendenziell bei Pauschalreisen: je länger, desto günstiger (relativ pro Nacht) – Grund: aufenthaltsdauerunabhängige Leistungs-(Kosten-)bestandteile (z.B. Beförderung) – aber: unterschiedliche Preise sowie u.U. höhere Deckungsbeiträge für Verlängerungswochen

Eine Auswertung hinsichtlich der Anzahl der unterschiedlichen Saisonzeiten bei drei ausgewählten Veranstaltern ergibt, auf Basis der Kataloge über einen Zeitraum von 10 Jahren, folgendes Ergebnis: Es zeigt sich also, dass – zumindest bei diesen Veranstaltern – eine Preisdifferenzierung in sechs unterschiedliche Saisonzeiten üblich ist.

118

Zur Marktsegmentierung im Tourismus siehe ausführlich: Kirstges, Expansionsstrategien, Kapitel 6.

2 Preiskalkulation und Preisgestaltung bei Reiseveranstaltern

185

Jahr: Veranstalter

1989

1990

1992

1993

1999

TUI

k.A.

6

6

k.A.

6

Jahn Reisen

5

k.A.

k.A.

6

6

Neckermann

5

k.A.

5

k.A.

6

k.A. = keine Angabe möglich, da die Kataloge zum Untersuchungszeitpunkt nicht mehr vorlagen Abbildung III.2.i: Anzahl der unterschiedenen Saisonzeiten in den Jahren 1989 bis 1999 (jeweils Sommerprogramm)

Die Saisonzeiten können relationsbezogen (d.h. für die Verbindung von Abflughafen zu Zielflughafen gilt – über alle im Zielgebiet vorhandenen Hotels – die ausgewiesene Saisonzeit) oder objektbezogen (d.h. je Hotel gilt eine eigene Saisonzeiteneinteilung) sein. Letztere benötigt zwar mehr Darstellungsplatz in den Katalogen, ist jedoch flexibler und kann somit besser den unterschiedlichen Einkaufskonditionen bei verschiedenen Unterkunftsleistungsträgern Rechnung tragen. Durch die Umstellung der Preistabellen von relationsbezogene auf objektbezogene Saisonzeiten und der damit verbundenen Preisoptimierung können für die Hotels bessere Deckungsbeiträge und eine gleichmäßigere, eventuelle höhere Auslastung erzielt werden, da die Preise bei der objektbezogenen Saisonzeit entsprechend der Einkaufpreis- und Nachfragestruktur festgelegt werden. Ebenfalls ist eine möglicherweise erwünschte Nachfrageverschiebung zwischen den Unterkünften oder Terminen dadurch zu erreichen, dass ein Hotel oder ein bestimmter Termin eine deutlich höhere Saisonzeit und somit auch einen höheren Preis aufweist als ein benachbartes Hotel oder ein nachfolgender Termin. Daher hat z.B. die TUI Deutschland GmbH für die Saison 2001/2002 erstmals ihre Preistabellen von relationsbezogene auf objektbezogene Saisonzeiten umgestellt. Die Darstellung in den Preistabellen sieht dann – z.B. nachfolgend mit sechs Saisonzeiten und jeweils Preisangaben für eine Woche bzw. zwei Wochen – so aus: Hotel Grecotel Kreta

S

1W

A

2W 1W

B

2W 1W

C

2W 1W

D

2W 1W

E

2W 1W

2W

Doppel UF

1144

1529 1229

1699 1629 2499 1694 2629 1714 2669 1754

2749

Einzel UF

1229

1699 1344

1929 1929

3499

3099 2034

3309 2054

3349 2129

Abbildung III.2.j.: Ausschnitt aus einer Preistabelle mit objektbezogener Saisonpreisgestaltung

Vom Zeitpunkt der Buchungsfreigabe bis zum jeweiligen Reisebeginn werden darüber hinaus bei vielen Veranstaltern je nach Buchungszeitpunkt unterschiedliche Konditionen gewährt. Um Planungssicherheit zu haben, möchte der Veranstalter möglichst viele Buchungen 119 frühzeitig vorliegen zu haben; daher bietet er für frühes Buchen entsprechende Anreize. 119

Unter der Zielsetzung der Ertragsoptimierung ist jedoch eine differenziertere Steuerung erforderlich. Siehe hierzu die Darstellung der Strategie des Yield Management in Kirstges, Expansionsstrategien, Kapitel 6.6.

186

Kapitel III: Finanzmanagement von Veranstalterunternehmen

Übrig gebliebene Restplätze werden dann oft zum sog. Last-Minute-Preis abgegeben. Dieser sollte weniger vorteilhaft sein als die Frühbuchertarife, damit die Kunden nicht zum Spätbuchen „erzogen“ werden; doch werden aus der Not der Überkapazität heraus oft Last-MinutePreise angeboten, die weit unter den Frühbucherangeboten liegen.

Bezeichnung / Phase Höhe der Ermäßigung auf den Katalogpreis

Super-Frühbucher

Frühbucher

Katalogpreis

bis ca. 20%

ca. 10 - 15%

0%

LastMinute ideal =

Außerdem andere Preisvorteile, die es nur für Frühbucher gibt (z.B. 10 = 14; 5 = 7; hohe Kinderermäßigungen etc.)

ca. 10% (oft bis zu 50%) LM-Preisvorteil sollte geringer als Frühbucher-Vorteil sein!

100% 90% 80%

50%

Buchungsfreigabe

28.2.

31.3.

Reisebeginn (z.B. 1.8.)

Abbildung III.2.k.: Typischer Preisverlauf im Rahmen einer Preisdifferenzierung nach dem Buchungszeitpunkt

b) Räumliche Preisdifferenzierung:

These: An verschiedenen Orten besitzt eine (ansonsten) identische touristische Leistung (für verschiedene Nachfrager) einen unterschiedlich hohen Wert.

Varianten der räumlichen Preisdifferenzierung: ƒ nach Zielgebieten: zum selben Zeitpunkt unterscheiden sich die Saisonzeiten/Preisniveaus in verschiedenen Destinationen ƒ nach Absatzmärkten: je nach Ort der Buchung (Vertriebsweg) unterschiedliche Preisniveaus ƒ nach Abreiseorten: je nach Abflughafen/Abfahrtsort (⇒ „Flughafenzuschläge“)

Üblich ist eine Kombination der zeitlichen und räumlichen Preisdifferenzierung: Je nach Abflugort bestehen zum gleichen Termin unterschiedliche Saisonzeiten. Das nachfolgende Beispiel zeigt dies:

2 Preiskalkulation und Preisgestaltung bei Reiseveranstaltern Katalogseite mit Eckpreisangaben(„ab 755“):

187

188

Kapitel III: Finanzmanagement von Veranstalterunternehmen

zugehörige Preistabelle des separaten Preisteils:

Abbildungen III.2.l.: Preistabelle und Preisberechnung am Beispiel einer TUI-Reise120

Bei diesem Hotel verzichtete TUI auf die Saisonzeiten D und E, jedoch gibt es hier keinen so hohen Preisnachlass für Kinder wie bei anderen vergleichbaren Hotels. Dort bekommen zwei- bis sechsjährige 50% oder sogar 100% und sieben bis vierzehnjährige 25% bzw. 50% Ermäßigung. zugehörige Flughafen- und Flugzuschlagstabelle des separaten Preisteils:

120

Quelle: TUI Katalog Balearen Apr–Nov 2010, S.195 sowie im Preisteil S.173

2 Preiskalkulation und Preisgestaltung bei Reiseveranstaltern

189

Daraus errechnet sich der Preis für ein Doppelzimmer mit zwei Erwachsenen und einem zwei- bis zwölfjährigem Kind für 14 Tage Hotel Riu Palace Bonanza Playa auf Mallorca, Flug mit Air Berlin, wie folgt:

Reisepreis p.P. ab HAM

Reisepreis p.P. ab HAJ

Reisepreis p.P. ab TXL

Kinderpreis (80% des Reisepreises p.P.)ab HAM

Zuschläge

Preis p.P. für 1. Woche inkl. Flug

Preis p.P. für weitere Tage

800,-

7 · 65,- = +455,-

800,-

11.05. – 25.05. Saison B

Gesamtpreis ab HAM für 2 Erw.+1 K.

Hannover

Berlin Tegel

14 Tage HP

+15,-

-

+30,-

84,- + 7 · 12,= 168,-

1438,-

-

1453,-

1150,40

4026,40

(S) 2 · 65,+ (A) 5 · 79,- = +525,-

+15,-

-

+30,-

84,- + 7 · 12,= 168,-

1508,-

-

1523,-

1206,40

4222,40

975,-

7 · 90,- = +630,-

+15,-

+15,-

+30,-

84,- + 7 · 12,= 168,-

1788,-

1788,-

1803,-

1430,40

5006,40

18.05. – 01.06. Saison B&C

975,-

(B) 2 · 90,+ (C) 5 · 90,- = +630,-

+40,-

+40,-

+55,-

84,- + 7 · 12,= 168,-

1813,-

1813,-

1828,-

1450,40

5076,40

01.06. – 15.06. Saison C

985,-

7 · 90,- = +630,-

+15,-

+15,-

+30,-

84,- + 7 · 12,= 168,-

1798,-

1798,-

1813,-

1438,40

5034,40

06.04. – 20.04. Saison S 13.04. – 27.04. Saison S&A

Hamburg

c) Personelle Preisdifferenzierung: These: Verschiedene Personen(typen) sind bereit, für eine identische touristische Leistung einen unterschiedlich hohen Preis zu entrichten. Varianten der personellen Preisdifferenzierung: ƒ nach Alter: Kinderermäßigungen, Seniorentarife ƒ nach sozialen Gesichtspunkten: Behindertenermäßigungen ƒ etc. Räumliche und zeitliche Preisdifferenzierung werden, wie im o.g. Beispiel bereits ersichtlich, von Veranstaltern oft durch eine personelle Preisdifferenzierung ergänzt:

190

Kapitel III: Finanzmanagement von Veranstalterunternehmen

regionale Dimension

Produktvariation

Mallorca/Santa Ponsa Verpflegung Produktvariation

personenbezogene Dimension

zeitliche Dimension

Kinderfestpreis

1

S

2

1

A

2

1

B

2

Zimmerausstattung 1

HP

X

345€

645€

385€

685€

399€

699€

Zimmerausstattung 2

AI



399€

699€

425€

825€

445€

845€

regionale Dimension

zeitliche Dimension 01.01

08.01

12.01

Hamburg

40€

25€

45€

Düsseldorf

0€

0€

0€

München

-5€

10€

25€

Endpreiszusammensetzung

Abbildung III.2.m.: Typische Preisdarstellung bei einer Pauschalreise mit zeitlicher, räumlicher und personeller Preisdifferenzierung

d) Mengenmäßige Preisdifferenzierung: These: Für bestimmte Nachfragemengen bieten sich unterschiedliche Konditionen an (vgl. Mengenrabatt). Varianten der mengenmäßigen Preisdifferenzierung: ƒ Zahl der Reiseteilnehmer: Gruppenermäßigungen, Einzelzimmeraufschläge ƒ Zahl der durchgeführten Reisen: Stammkunden-/Vielbucherrabatte; Zusatzleistungen für Vielflieger Interessant: Unter dem Stichwort „Powertravel“ bot die TUI im Internet im Oktober 2000 einen Mengenrabatt an, wenn sich mehr als neun Gäste zum „Powershoppen“ zusammenfinden, also gemeinsam dieselbe Reise buchen. Das Konzept scheint sich jedoch nicht bewährt zu haben. e) Preisdifferenzierung nach dem Vertriebsweg: These: Für unterschiedliche Vertriebswege bieten sich unterschiedliche Konditionen an. Varianten der vertriebswegorientierten Preisdifferenzierung: ƒ Direktbuchertarife versus Reisemittlerpreise ƒ unterschiedliche Provisionen je nach Reisemittlertyp ƒ etc. f) Preisdifferenzierung in Verbindung mit Produktvariationen: These: Für unterschiedliche Produktvarianten lassen sich verschiedene Preise erzielen.

2 Preiskalkulation und Preisgestaltung bei Reiseveranstaltern

191

Unter einer Produktvariation versteht man eine nur leichte Veränderung einer Leistung, ohne dass dadurch ein völlig neues Angebot entsteht. Varianten der produktvariationsorientierten Preisdifferenzierung: ƒ ƒ ƒ ƒ

Aufpreise für komfortablere Zimmer, Schiffsaußenkabinen, etc. separat zu zahlende Zusatzleistungen (Ausflüge etc.) Airline-Klassen etc.

Je stärker die Preisdifferenzierung genutzt wird, umso komplexer – weil mehrdimensional – wird die Preisdarstellung, die i.d.R. in Preistabellen im Reisekatalog (bzw. in separaten Preisteilen) erfolgt. Relevant sind hierbei u.a.: ƒ ƒ ƒ ƒ ƒ ƒ ƒ ƒ ƒ ƒ ƒ

Anzahl der möglichen Abreise-/Abflugorte, Anzahl der möglichen Zielorte/Zielflughäfen, Anzahl der Unterkunftsalternativen/Hotels, Anzahl der Unterkunftsvarianten/Zimmeralternativen je Unterkunft/Hotel, Anzahl der Verpflegungsvarianten (Übernachtung, Übernachtung mit Frühstück, Halbpension, Vollpension, All Inclusive), Anzahl der möglichen Aufenthaltsdauern (eine Woche, zwei Wochen, Verlängerungstage, „krumme“ Termine), Anzahl der Saisonzeiten, Preisvarianten für Frühbucher, Zahl und Art der personellen Preisdifferenzierung (z.B. Kinderermäßigungen nach verschiedenen Altersklassen), Umfang und Art der mengenmäßigen Preisdifferenzierung, Zahl und Art der Produktvariationen.

Das nachfolgende Beispiel zeigt anhand der Preisdarstellung bei Airtours, wie die Katalogpreistabelle aufgebaut ist und wie sie – alternativ aufgebaut – die Darstellungskomplexität

Quelle: Preis- und Informationsteil des Airtours-Katalogs „Mittelmeer – Atlantik – Nordafrika“, Winter 2010/11, S. 22 Abbildung III.2.n.: Preistabellendarstellung am Beispiel von Airtours

192

Kapitel III: Finanzmanagement von Veranstalterunternehmen

reduzieren könnte. Die Darstellung der Grundpreistabelle erscheint optimierungsfähig. Die Orientierung des Tabellenaufbaus an Belegungen und Saisonzeiten (Tabellenspalten) führt dazu, dass oft Preisfelder leer bleiben, da die entsprechende Kombination der Dimensionen Zimmerkategorie + Personenbelegung + Saisonzeit nicht existiert. Auch ist die Darstellung der Reisezeiten sehr unübersichtlich, ebenso die Darstellung von Kinderermäßigungen und Besonderheiten. Alternativ wäre es daher möglich, die Grundpreistabelle wie nachfolgend aufgezeigt zu gestalten. Dabei haben wir mit der Darstellung des Lopesan Costa Meloneras Resort (Maspalomas, Gran Canaria) ein sehr „kompliziertes“ Hotel gewählt, das sehr viele Preisausprägungen umfasst (5 Zimmerkategorien mal 7 Reisezeiträume mal x bis zu 4 Personenbelegungen). Bei anderen, weniger komplexen Angeboten wird die Preisdarstellung daher noch einfacher ausfallen.

Zimmer/Kategorie: (siehe Katalog Seite 51) Reisebüro-Code:

Double Deluxe Seaview

Junior Suite Pool/Gardenview

DBHM 3

J B H A 3/2+2

LPA 41 324 - PAU00

Belegung mit … Personen

1

2

3

2

3

Senior Suite Seaview SBOM 3/2+2 2

3

Superior Suite Seaview SBOM A 2 2

Royal Suite Seaview

SBOM B 5 2

3

4

ggf. weitere RBCodes … 5 Besonderheiten / Mindestaufenthalte

Preis pro Person & Nacht in EUR nach Reisezeit: 1.11.-29.11.

203

136

123

164

148

218

196

372

553

498

471

454

29.11.-23.12.

154

111

100

124

112

163

147

277

411

370

349

337

23.12.-2.1.

320

214

193

258

232

346

311

592

883

795

751

725

2.1.-6.2.

154

111

100

124

112

163

147

277

411

370

349

337

6.2.-18.4.

203

136

123

164

148

218

196

372

553

498

471

454

18.4.-25.4. 25.4.-1.5. Verpflegung inklusiv: Aufpreis für Halbpension: Kinderermäßigungen:

218 154

146 111

132 100

176 124

159 236 212 112 163 147 Frühstücksbuffet (G)

401 277

596 411

537 370

507 349

489 337

mind. 7 Nächte bei Anreise 16-12.-26.12. Extra-Night möglich (s. Kasten oben) Festessen obligatorisch am 25.12. (+ 71 EUR) und 31.12. (+ 119 EUR) bei Buchung von Halbpension mind. 7 Nächte bei Anreise 11-4.-18.4. Extra-Night möglich (s. Kasten oben)

16.-EUR p.P. & Nacht max. 1 Kind bis 6 Jahre im Zimmer mit mind. 2 Vollzahlern frei 7 – 12 Jahre: 50% Ermäßigung

max. 2 Kinder bis 6 Jahre im Zimmer mit mind. 2 Vollzahlern frei 7 – 12 Jahre: 50% Ermäßigung

keine

max. 3 Kinder bis 6 Jahre im Zimmer mit mind. 2 Vollzahlern frei 7 – 12 Jahre: 50% Ermäßigung

Abbildung III.2.o.: Alternative Form der Preistabellendarstellung am Beispiel von Airtours

Die Vorteile dieser Preisdarstellung sind: ƒ Es gibt keine leeren Preisfelder. ƒ Die im Katalog aufgeführten Zimmerkategorien bilden das erste Sortierkriterium. ƒ Die Reisebüro-Codes stehen unmittelbar beim Zimmertyp. Codes, die für den Kunden unrelevant und unverständlich sind, werden vermieden bzw. als „Reisebüro-Code“ klar gekennzeichnet. ƒ Die Reisezeiten sind chronologisch aufgelistet; ein Querverweis von/zu Saisonzeiten ist nicht erforderlich („im Kopf des Kunden denken“). ƒ Terminbezogene Besonderheiten stehen direkt bei der jeweiligen Reisezeit.

2 Preiskalkulation und Preisgestaltung bei Reiseveranstaltern

193

ƒ Zimmer-/Kategoriebezogene Besonderheiten/Kinderermäßigungen stehen bei den Kategorien. ƒ Der Verweis auf die zugehörige Katalogseite steht direkt links im Tabellenkopf (+ ggf. zusätzlich auf der Seitenüberschrift). Berechnen Sie in beiden Tabellen den Preis ab z.B. dem 10.3. für fünf Nächte für zwei Erwachsene und ein Kind in einer Junior-Suite – bei welcher Preistabellendarstellung gelingt dies einfacher?

2.2.2.4

Preislogik

Die vom Reiseveranstalter im Katalog ausgewiesene Preisstruktur muss für den Nachfrager verständlich und logisch nachvollziehbar sein! Die daraus resultierende Forderung nach einer Preislogik muss folgende Aspekte berücksichtigen: a) Innerhalb eines Angebots sollten verschiedene Produktvariationen zu verschiedenen Saisonzeiten in gleicher Preisrelation zueinander stehen. Reisezeit A B C D

Einzelzimmer 899 958 999 845

Doppelzimmer 788 839 1086 756

Abbildung III.2.p.: Negativbeispiel Preisgestaltung bei Produktvariationen (Preise jeweils in EUR pro Person)

In diesem Beispiel sind die Preise zur Saisonzeit C unlogisch im Vergleich zu den übrigen Saisonzeiten: Warum ist das EZ hier plötzlich billiger als das DZ? b) Innerhalb eines Angebots sollten in gleichen Saisonzeiten dieselben Preise gelten. Reisezeit A B C D E F

Einzelzimmer 899 958 845 958 899 845

Doppelzimmer 788 839 756 839 785 756

Abbildung III.2.q.: Negativbeispiel Preisgestaltung Saisonzeiten (Preise jeweils in EUR pro Person)

Die Preise für das DZ zu den Reisezeiten A und E (= dieselbe Saisonstufe) sind unlogisch: Warum ist das DZ zu beiden Zeiten unterschiedlich teuer, obwohl das EZ jeweils zum gleichen Preis angeboten wird?

194

Kapitel III: Finanzmanagement von Veranstalterunternehmen

c) Aufpreise für identische Zusatzleistungen sollten zu unterschiedlichen Saisonzeiten gleich hoch sein. Reisezeit A B C D

eigene Anreise 699 758 805 958

Busanreise 899 958 999 1158

Abbildung III.2.r.: Negativbeispiel Preisgestaltung Zusatzleistungen (Preise jeweils in EUR pro Person)

Der Aufschlag für die Busanreise ist in der Saisonzeit C niedriger als zu den übrigen Reisezeiten. Aber: Hier stellt sich andererseits die Frage, ob eine Überschreitung der Preisschwelle von 1000.– EUR wegen 6.– EUR Unterschied („Preisunlogik“) sinnvoll ist? Die kostenorientierte Preiskalkulation liefert folgende Kundenendpreise (in EUR pro Person): Angebot-Nr.:

A

Appartement:

B

C

6er

4er

2er

6er

4er

2er

8er

6er

4er

2er

19.12. 26.12. 2.1. 9.1. 16.1.

-

26.12. 2.1. 9.1. 16.1. 23.1.

299 349 289 269 269

319 369 299 279 279

399 469 359 339 339

369 379 318 299 319

399 419 339 328 339

539 559 399 388 417

459 479 369 349 349

469 499 369 349 349

449 499 379 359 359

668 689 479 439 439

23.1. 30.1. 6.2. 20.2. 27.2.

-

30.1. 6.2. 13.2. 27.2. 6.3.

289 289 399 428 428

299 289 429 459 459

359 359 559 599 599

319 338 479 479 479

339 349 538 538 538

417 439 688 688 688

369 369 529 559 559

369 369 539 569 569

399 399 579 599 599

469 469 799 849 849

6.3. 13.3. 20.3. 27.3. 3.4.

-

13.3. 20.3. 27.3. 3.4. 10.4.

399 289 289 279 279

429 299 299 289 289

579 359 359 348 348

479 369 359 359 348

538 399 389 389 379

688 498 489 489 476

499 469 469 469 479

518 479 479 479 489

549 499 499 499 509

749 677 677 677 689

Abbildungen III.2.s.: Übungsbeispiel Preisgestaltung (Preise jeweils in EUR pro Person)

Wie sollten diese Preise im Sinne einer nachfragerorientierten Preislogik korrigiert werden?

2 Preiskalkulation und Preisgestaltung bei Reiseveranstaltern

195

Lösungshinweise: Die markierten Preise sind „unlogisch“. Angebot-Nr.:

A

Appartement:

B

C

6er

4er

2er

6er

4er

2er

8er

6er

4er

2er

19.12. 26.12. 2.1. 9.1. 16.1.

-

26.12. 2.1. 9.1. 16.1. 23.1.

299 349 289 269 269

319 369 299 279 279

399 469 359 339 339

369 379 318 299 319

399 419 339 328 339

539 559 399 388 417

459 479 369 349 349

469 499 369 349 349

449 499 379 359 359

668 689 479 439 439

23.1. 30.1. 6.2. 20.2. 27.2.

-

30.1. 6.2. 13.2. 27.2. 6.3.

289 289 399 428 428

299 289 429 459 459

359 359 559 599 599

319 338 479 479 479

339 349 538 538 538

417 439 688 688 688

369 369 529 559 559

369 369 539 569 569

399 399 579 599 599

469 469 799 849 849

6.3. 13.3. 20.3. 27.3. 3.4.

-

13.3. 20.3. 27.3. 3.4. 10.4.

399 289 289 279 279

429 299 299 289 289

579 359 359 348 348

479 369 359 359 348

538 399 389 389 379

688 498 489 489 476

499 469 469 469 479

518 479 479 479 489

549 499 499 499 509

749 677 677 677 689

2.2.3

Konkurrenzorientierte Preisstellung

Ziel der konkurrenzorientierten Preisstellung ist eine Festlegung des Reisepreises dergestalt, dass die Konsumenten ƒ noch nicht zu Wettbewerbern abwandern, ƒ gerade eben zum Wechsel zum eigenen Unternehmen bewegt werden. In diesem Zusammenhang sei nochmals an das oben dargestellte preistheoretische Modell erinnert: Es existieren eine obere und eine untere Grenze des wettbewerbsfreien, monopolistischen Bereichs der Preis-Absatz-Funktion. Als Wettbewerber sind alle Anbieter solcher Leistungen zu betrachten, die beim Nachfrager Bestandteil des gleichen „evoked set“ sind; somit besteht eine hohe Kreuzpreiselastizität zwischen den eigenen Reiseleistungen und denen der Konkurrenten. Auf die in diesem Zusammenhang auftretende Problematik der Abgrenzung des relevanten Marktes kann hier nur hingewiesen werden. Eine konkurrenzorientierte Preisbildung erscheint insbesondere bei „klassischen“ Standardpauschalreisen wichtig, da bezüglich der relevanten Produktfacetten kaum Unterschiede zwischen den einzelnen Veranstaltern bestehen.

196

2.2.3.1

Kapitel III: Finanzmanagement von Veranstalterunternehmen

Ausgewählte Aspekte der strategischen Preisfestsetzung

Preisstrategisch bieten sich einem Veranstalter drei grundsätzliche Verhaltensweisen gegenüber den Konkurrenten: ƒ unter dem Konkurrenzpreisniveau (im Sinne einer Penetrationsstrategie): = Kampfstrategie: Durch eine aggressive Preispolitik wird eine Erhöhung des eigenen Marktanteils angestrebt: – schnelle Marktdurchdringung („Masse“), 121 – sinkende Stückkosten durch Erfahrungskurveneffekte, – insbesondere durch Großveranstalter realisierbar, – für kleine Reiseveranstalter nur durch Konzentration auf bestimmte Zielgebiete möglich, – Gefahr: Einleitung von ruinösen Preiskämpfen. Hier müssen Preisdarstellung und -berechnung möglichst einfach und transparent erfolgen, denn der (direkt erkennbare, niedrige) Preis ist das zentrale Verkaufsargument. Erfolgreich ist die Penetrationsstrategie nur dann, wenn es gelingt, die Preisführerschaft zu erreichen (bzw. mit nur wenigen anderen Konkurrenten zu teilen). Hierzu bedarf es, wie oben erwähnt, niedriger Kosten – und zwar im touristischen Bereich (Hoteleinkauf etc.) sowie in allgemeinen administrativen Bereichen. Letztlich ausschlaggebend sind im Falle von Charterketten (Flug-, Buscharter) die Auslastungsgrade (s. nachfolgend 2.3.2.). Um hier eine optimale Auslastung zu erhalten, bedarf es bestimmter Techniken, 122 die unter das Stichwort „Yield Management“ fallen. Hierzu ein „spannendes“ und lehrreiches Beispiel: Thomas Cook setzte im Winter 2002/2003 die Low-Cost-Marke Air Marin gezielt gegen Alltours ein. Air Marin ging gezielt in Hotels, in denen Alltours hohe Garantieverträge hat. 136 Hotel, somit ca. 60% des Hotelportfolios, waren deckungsgleich zwischen Air Marin und Alltours. Die Air Marin-Preise wurden konsequent günstiger als die Alltours-Preise gehalten (durchschnittlich 35-EUR bei 2-Wochen-Reise). Air Marin bot dadurch bei 78% der Angebote billiger als Alltours an. Für diese Kampfstrategie, die Alltours in den Garantievertraghotels besonders treffen sollte, investierte Thomas Cook ca. 700.000.– EUR an „Subvention“ im Winter 2002/2003 in die Air Marin-Preise – letztlich ohne Erfolg. Im Frühjahr 2003 folgte dann die Diskussion, ob Air Marin ab August 2003 eingestellt werden sollte; nach dem Sommer 2003 wurde die Marke dann tatsächlich aufgegeben! Im Januar 2010 hat die Thomas Cook AG Air Marin wiederbelebt und unter dieser Marke den ersten „Alles exklusive“-Reiseveranstalter in Deutschland gestartet. Bei Air Marin buchen und zahlen die Gäste Flug und Hotel – mehr nicht. Zusatzleistungen wie Transfer oder Reiseleitung können bei Bedarf hinzu gebucht werden. Air Marin bietet Flug- und Hoteltarife zu tagesaktuellen Preisen an.

121 122

Zum Konzept der Erfahrungskurve siehe ausführlich: Kirstges, Expansionsstrategien, Kapitel 3.5. Siehe zum Yield Mangement Kirstges, Expansionsstrategien, Kapitel 6.6.

2 Preiskalkulation und Preisgestaltung bei Reiseveranstaltern

197

ƒ dem Konkurrenzpreisniveau entsprechend: = wirtschaftsfriedliche Koexistenz: Der Veranstalter orientiert sich am Preis-LeistungsNiveau seiner Konkurrenten. Dieses Verhalten kann zu einem „Schlafmützenwettbewerb„, wie Schumpeter diese Situation bezeichnete, führen. Außerdem besteht für den einzelnen Veranstalter die Gefahr, dass Deckungsbeiträge verschenkt werden. ƒ über dem Konkurrenzpreisniveau (im Sinne einer Abschöpfungsstrategie/skimmingpricing): Die Abschöpfungsstrategie birgt die Gefahr einer Abwanderung von Kunden. Daher erscheint sie nur unter folgenden Anwendungsvoraussetzungen opportun: – Der Veranstalter verfügt über eine starke Marktmacht (Markenkäufer; Stammkunden; Vertriebskanäle; Innovation). – Die Veranstalterstärke liegt in einer exklusiven Verfügbarkeit von Kapazitäten in den gefragten Saisonzeiten/Zielgebieten. – Die Preisdifferenzierung erfolgt in Verbindung mit einer Produktdifferenzierung im Vergleich zu den Konkurrenzangeboten. – Die Preiselastizität der Nachfrage ist – zumindest kurzfristig – niedrig. Die Abschöpfungsstrategie nutzt den durch empirische Untersuchungen mehrfach belegten Umstand, dass der Preis auch als Qualitätsindikator dient („was teuer ist, muss ja wohl auch gut sein“). Gerade bei der Einführung neuartiger Angebote (z.B. neue Zielgebiete oder Reisearten) lassen sich über eine Abschöpfungsstrategie („skimming pricing“) diejenigen Käuferschichten ansprechen, die bereit sind, für hohe Qualität und guten Service auch einen angemessenen Preis zu zahlen. Somit bietet diese Qualitätsstrategie, verbunden mit einer aktiven Marktsegmentierung, Chancen auf höhere Margen (Deckungsbeiträge). Gerade Bausteinsysteme und eine hohe zeitliche Flexibilisierung können dazu führen, dass die Preisgestaltung und -berechnung relativ kompliziert werden. Dies ist jedoch insofern nicht nachteilig, als ein guter (Beratungs-) Service zwingend zur Qualitätsstrategie gehört. Auch dient der Preis nicht primär als USP, muss also nicht so transparent sein, wie dies die Penetrationsstrategie erfordert. Verfügt der Veranstalter über mehrere voneinander unabhängige Marken, so erscheint eine Konkurrenzierung auf verschiedenen Ebenen möglich (vgl. die Strategie des simultanen kalkulatorischen Ausgleichs). Ebenso ist ein sukzessiver kalkulatorischer Ausgleich (speziell zur Markteinführung neuartiger Reiseleistungen) vorstellbar. Ein solches Preismanagement im Produktlebenszyklus (PLZ) zielt auf eine Entwicklung des Preisniveaus im Zeitverlauf ab. Innovation ⇒ Skimming-pricing ⇓ Habitualisierung/Entwicklung zum Massenmarkt ⇒ Senkung des Preisniveaus ⇓ Markteintrittsversuche von Konkurrenten ⇒ penetration-pricing Abbildung III.2.t.: Beispiel 1 zum Preismanagement im PLZ

198

Kapitel III: Finanzmanagement von Veranstalterunternehmen

PLZ-Phase

Marktanteilsziel

Preisstrategie

Einführung Wachstum Reife

aufbauen vergrößern halten

Sättigung

ernten; Elimination vorbereiten

aggressiv möglichst unter Marktpreis Preis halten oder erhöhen; für kleine Anbieter: Preis unterhalb des Marktführers Preis hoch lassen

Abbildung III.2.u.: Beispiel 2 zum Preismanagement im PLZ

Zur Verdeutlichung ein kurzes Praxisbeispiel: Sie kennen den Reiseveranstalter Alltours Flugreisen GmbH. Welche Preisstrategie verfolgt dieser große mittelständische Veranstalter? Alltours gehört zu den sehr preisaggressiven Anbietern, die den Großveranstaltern (TUI, Thomas Cook etc.) ein Dorn im Auge sind. Alltours versucht also (mit Erfolg), über eine Penetrationsstrategie Marktanteile zu gewinnen. Mitte 1993 kam es daher zu Versuchen der Großveranstalter, Alltours dadurch aus bestimmten (Ziel-)Märkten zu verdrängen, dass mit wichtigen Hotels in den Zielgebieten Ausschließlichkeitsverträge (gegen Alltours und andere Wettbewerber) abgeschlossen wurden. Diese Taktik der Großveranstalter wurde letztlich gerichtlich untersagt.

2.2.3.2

Grundzüge einer informatorischen Basis

Um konkurrenzorientiert die eigenen Preise gestalten zu können, bedarf es den Aufbaus eines Informationssystems hinsichtlich der relevanten Wettbewerber. Zentrale Informationsfelder sind z.B. die folgenden: ƒ ƒ ƒ ƒ ƒ ƒ

Ziele der Wettbewerber, Preispolitik und Preis-Leistungs-Niveau der Konkurrenten, Kostenstruktur, Einsatzspektrum der Marketinginstrumente, vorhandene Kapazität (Flug, Unterkunft je Zielgebiet, etc.), etc.

Auf Basis dieser Informationen lassen sich (produktbezogene) Stärken-SchwächenAnalysen erstellen. Folgende Vorgehensweisen bieten sich im Rahmen der Informationsgewinnung an: ƒ ƒ ƒ ƒ ƒ ƒ

Preis-Leistungs-Vergleiche mittels (Vorjahres-)Reisekatalogen, Auswertung von Presseinformationen, Beobachtung des allgemeinen Markt-/Marketingverhaltens, Abschätzung mittels Indikatoren (z.B. Mitarbeiterzahl als Indikator der Kostenstruktur) etc.

Im Zuge der Informationsverarbeitung und -speicherung kommt den Management- bzw. Marketing-Informationssystemen (MIS / MAIS), auf die an dieser Stelle jedoch nicht weiter eingegangen werden kann, eine zentrale Bedeutung zu.

2 Preiskalkulation und Preisgestaltung bei Reiseveranstaltern

2.2.4

199

Das Zusammenspiel von kosten-, konkurrenz- und nachfrageorientierter Preiskalkulation

Kosten-, Konkurrenz- und Nachfrageorientierung bilden ein „magisches Dreieck“ der Preiskalkulation. Jeder dieser drei Aspekte muss bei der Preisbildung und -darstellung durch Reiseveranstalterunternehmen hinreichend Berücksichtigung finden.

Kosten Die "3-K" der Reisepreiskalkulation Konkurrenten

Kunden

Abbildung III.2.v.: Die „3-K“ als „magisches Dreieck“ der Reisepreiskalkulation

Die Kosten bilden die Basis für eine Minimalkalkulation; sie stellen somit eine notwendige Bedingung der Preisberechnung dar. Die Kunden dienen der Optimalkalkulation für nachfrageorientierte, vom Markt akzeptierte Preise. Diese können durchaus über der kostenorientierten Minimalkalkulation liegen. Liegen sie hingegen darunter, sollten – im Sinne eines target costing (s. Kapitel 2.3.4.) – die Kosten auf das im Markt durchsetzbare Niveau gesenkt werden. Die Konkurrenten schließlich dienen als Orientierungsmaßstab und bilden ggf. eine Restriktion, die die Durchsetzung (höherer) nachfrageorientierter Preise verhindert. Die obige Abbildung soll abschließend die Zusammenhänge verdeutlichen: Wenngleich die einzelnen Aspekte in der Veranstalterpraxis nicht unbedingt derart schematisch „abgearbeitet“ werden müssen, finden sie dennoch – teilweise simultan und implizit – Berücksichtigung, wie nachfolgendes Beispiel der Organisation der Preiskalkulation bei ITS unter dem damaligen Geschäftsführer Herrn Kastner zeigt: Die Produktmanager kaufen Hotels und Flüge ein, führen Preisverhandlungen mit den Leistungsträgern. Produktteams pflegen die Einkaufsstammdaten ins CRS ein. Die Abteilung „Touristische Koordination“ entwickelt in Abstimmung mit den Produktmanagern die Saisonzeiten (anhand von Einkaufspreisen, Ferienzeiten etc.) als Grobentwurf. Dieser Grobentwurf geht an den Bereichsleiter Flugreisen, der die Feinabstimmung vornimmt und Deckungsbeiträge festlegt. Die Produktmanager übernehmen dann wieder die konkrete Kalkulation (inkl. Kinderfestpreise, Frühbucherrabatte etc.). Der Endverkaufspreis wird schließlich von Bereichsleiter und Geschäftsführung nochmals geprüft und ggf. korrigiert.

200

Kapitel III: Finanzmanagement von Veranstalterunternehmen

+ Deckungsbeitrag Angebot und Kosten korrigieren Soll-Preis nach oben/ unten korrigieren

= Soll-Preis/ Ziel-Preis

Das „3-K-Modell“ der Reisepreiskalkulation

Preise der Wettbewerber, Konkurrenzsituation

Nachfragesituation, Preisschwellen

Soll-Preis nach oben/unten korrigieren

Abbildung III.2.w.: Modell der Preiskalkulation unter Berücksichtigung von Kosten, Kunden und Konkurrenten

Nachdem nun ein Überblick über die Problematik der Reisepreiskalkulation gegeben wurde, sollen im folgenden einige spezifische Probleme der kostenorientierten Preisfindung durch Reiseveranstalter vertieft werden.

2.3

Vertiefung ausgewählter Aspekte der kostenorientierten Preisfindung

2.3.1

Fixe versus variable Leistungskosten und Währungsrisiken

Hier soll es nicht um die allgemeine Problematik der Gemeinkostenverrechnung gehen (z.B. anteilige Werbekosten, Bürokosten, Personalkosten, etc.), sondern um die spezifischen Einzelkosten der touristischen Leistung. Als variable Kosten sollen solche bezeichnet werden, die abhängig von der effektiven Zahl der Reiseteilnehmer sind. Fixe Kosten fallen dementsprechend unabhängig von der Paxzahl an. Bei den Fixkosten gewinnt daher der Auslastungsgrad an Bedeutung (siehe Abschnitt 2.3.2).

2 Preiskalkulation und Preisgestaltung bei Reiseveranstaltern

201

Als variable Kostenbestandteile fallen im Rahmen einer Reiseleistung z.B. die folgenden an: ƒ ƒ ƒ ƒ ƒ

Unterkunfts-/Hotelleistungen auf Optionsbasis, Transfers bei Abrechnung pro Pax, Versicherungsschutz, Zusatzleistungen/Extras pro Pax, etc.

Variable Kosten unterliegen zwar nicht der Auslastungsproblematik; doch auch für sie (ebenso wie für Fixkosten) können Währungsschwankungen von Bedeutung sein. Folgendes Beispiel soll die Problematik von Währungsschwankungen verdeutlichen: Im Rahmen der Kalkulation seines Appartementangebots (Reiseziel: USA) geht ein Veranstalter von folgenden Daten aus: ƒ Preis pro Appartement pro Woche: 400.-USD ƒ Kalkulationskurs: 1 USD = 1,10 EUR ⇒ Appartementkosten = 440.– EUR ⇒ bei 2.000 Appartementvermietungen über die gesamte Saison ⇒ 880.000.– EUR kalkulierte Kosten Als schließlich, nach der Saison, die Rechnung des Appartementleistungsträgers kommt, hat sich der Dollar-Kurs wie folgt geändert: ƒ effektiver Kurs bei Eingang der Leistungsträger-Rechnung: 1 USD = 1,14 EUR Welche Auswirkungen hat dies auf die Ergebnissituation des Veranstalters? ƒ effektiver Kurs bei Eingang der Leistungsträger-Rechnung: 1 USD = 1,14 EUR ⇒ effektive Appartementkosten = 456.– EUR ⇒ Differenz im Vergleich zur Kalkulation: 16.– EUR Mehrkosten pro verbuchtem Appartement ƒ bei Vollauslastung der 2.000 Appartementvermietungen ⇒ 912.000.– EUR effektive Kosten ⇒ 32.000.– EUR Mehrkosten aufgrund dieser Wechselkursänderung Die Wechselkursänderung von 3,6% schlägt sich also in Form einer Kostenerhöhung in voller Höhe auf die variablen Leistungskosten durch. Der Geschäftserfolg eines (auf ausländischen Zielmärkten außerhalb des Euro-Raums engagierten) Reiseveranstalters kann also wesentlich davon abhängen, auf welcher Wechselkursbasis er seine Katalogpreise berechnet hat und wie sich demgegenüber der tatsächliche Kurs zum Zahlungstermin verhält. Die Ursachen für Kursänderungen sind unterschiedlicher Natur: Die gesamtwirtschaftliche Entwicklung, Leitzinsänderungen der Nationalbanken oder Veränderungen der Arbeitslosenquoten können ebenso wie Gerüchte und Mutmaßungen an den Finanzmärkten den Devisenmarkt ins Wanken bringen.

202

Kapitel III: Finanzmanagement von Veranstalterunternehmen

Insbesondere für Reiseveranstalter, die Zielgebiete im außereuropäischen Ausland anbieten, ist daher ein Management der Währungsrisiken von Bedeutung. Wenn die Kundenpreise kalkuliert werden, ist der spätere Wechselkurs, zu dem die Leistungsträger im Ausland gezahlt werden müssen, noch nicht bekannt. Größere Schwankungen können schnell zu erheblichen Verlusten führen. Als Lösungsansätze zur Reduzierung bzw. Vermeidung der Währungsschwankungsrisiken bieten sich folgende Maßnahmen an: ƒ ƒ ƒ ƒ ƒ ƒ

Devisentermingeschäft, Devisenoptionsgeschäft, Kassageschäft / Kauf von Devisen zum Kalkulationszeitpunkt, Währungsschwankungen einkalkulieren, in der eigenen Währung mit Leistungsträgern fakturieren, nachträgliche Preiserhöhung (Preisänderungsklausel unter bestimmten, reiserechtlich zulässigen Bedingungen), ƒ strategischer Ausgleich über Tochterfirmen im Ausland. Auf diese sich im Rahmen eines Cash-Management bietenden Lösungsmöglichkeiten wird weiter unten, im Abschnitt 3.4., noch näher eingegangen. Fassen wir an dieser Stelle daher nur kurz die Bedeutung von Währungsschwankungen für die kostenorientierte Preiskalkulation zusammen: Das Währungsrisiko besteht in der (nachteiligen) Abweichung des Devisenkurses von seinem Erwartungswert, der der Kundenpreiskalkulation zugrunde gelegt wird. Durch ein Währungsmanagement kann man dieses Risiko reduzieren.

2.3.2

Bedeutung der Auslastung bei der Verteilung fixer Leistungskosten und deren Auswirkung auf das Preisniveau (Charterkettenkalkulation)

Die Problematik dieser Fixkosten stellt sich wie folgt dar: Die Kosten fallen in einer bestimmten Höhe an, unabhängig davon, wie viele Reisende diese (Teil-)Leistung tatsächlich in Anspruch nehmen werden. Die Höhe dieser Kosten steht vor Buchungseingang und Reisebeginn fest bzw. muss vom Reiseveranstalter festgeschrieben werden. Die Kostenanteile je Kunde müssen für die Preisfestsetzung vorab festgelegt werden. Dazu ist abzuschätzen, auf wie viele Personen sich die Gesamtkosten verteilen werden (Abschätzung des Auslastungsgrades). Bei späterer Nicht-Auslastung entstehen Leerkosten. Der Auslastungsgrad soll als der Anteil der tatsächlich genutzten Plätze (Flug, Hotel, Kurs, etc.) an dem zur Verfügung stehenden Platzpotential (für das Kosten in fixer Höhe anfallen) definiert werden. In welchen Leistungsbereichen des Veranstaltergeschäfts fallen nun Fixkosten an? Fixkosten (= Kosten, die unabhängig von der tatsächlichen Auslastung sind) fallen im Veranstaltergeschäft z.B. in folgenden Leistungsbereichen an:

2 Preiskalkulation und Preisgestaltung bei Reiseveranstaltern

ƒ ƒ ƒ ƒ ƒ ƒ

203

Charterflüge/Charterflugketten, Busbeförderung/Busketten, eigenveranstaltete Kurse (Sprach-, Sportkurse), fest angestellte Reiseleiter/Reiseführer, eigene Beherbergungsbetriebe, etc.

Folgende Beispiele sollen die Bedeutung des Auslastungsgrades verdeutlichen: Beispiel 1: Flug-Charterkette ƒ Kosten eines Charterflugs (Charterkette mit 8 Hin- und Rückflügen = 16 mal die Einzelstrecke; Boeing 767 mit 249 Flugsitzen) von Frankfurt nach Rio de Janeiro: – 232.000.– EUR pro Rundflug (1 × vollbesetzt Hin und 1 × vollbesetzt Rück) mit Passagieren – 174.000.– EUR im Falle eines integrierten Leerfluges (ohne Passagiere; am Anfang bzw. am Ende der Charterkette) ƒ Prognostizierter Auslastungsgrad: 85% Errechnen Sie den Flugkostenanteil pro Person! (Die Lösung hierzu finden Sie einige Seiten weiter.) Der Veranstalter gestaltet daraufhin folgende Pauschalreise: ƒ fünf qualitativ und/oder zeitlich verschiedenen Varianten (A bis E) ƒ jeweils verschiedene variable Kosten (z.B. Hotelaufenthaltskosten) ƒ unterschiedliche Teilnehmererwartung Gemäß der folgenden Tabelle lässt sich eine Saisonpreiskalkulation durchführen: Pauschalreise und Teilnehmerprognose A = 10% 148 Passagiere = 20% 296 Passagiere C = 30% 445 Passagiere D = 30% 445 Passagiere E = 10% 148 Passagiere 1.482 Passagiere

Flugkosten in EUR

Variable Kosten in EUR

Gesamtkosten in EUR

Verkaufskalkulierter preis in EUR Deckungsbeitrag pro Reise

Deckungsbeitrag total in EUR

1.174

295

1.469

1.469

0

0

1.174

530

1.704

1.856

152

44.992

1.174

870

2.044

2.226

182

80.990

1.174

1.060

2.234

2.516

282

125.490

1.174 1.890 3.094 3.396 durchschnittlicher Deckungsbeitrag pro Fluggast: Deckungsbeitrag total:

332 203

49.136

Abbildung III.2.x.: Beispiel Vorkalkulation

300.608

204

Kapitel III: Finanzmanagement von Veranstalterunternehmen

Am Ende der Saison stellt der Veranstalter fest, dass der tatsächliche durchschnittliche Auslastungsgrad nur 80% betrug. Auf welche Höhe belaufen sich – eine gleichmäßige Verteilung der Passagiere auf die einzelnen Flüge angenommen – die durchschnittlichen tatsächlichen Flugkosten je Passagier? Die Nachkalkulation der Saison ergibt folgendes Bild: ƒ 80% faktische Auslastung = 1.394 Personen ƒ durchschnittliche Flugkosten pro Passagier = 1.740.000.– EUR : 1.394 Personen = 1.248.– EUR Variable Kosten in EUR

Gesamtkosten in EUR

Verkaufspreis in EUR

realisierter Deckungsbeitrag pro Reise

Deckungsbeitrag total in EUR

1.248

295

1.543

1.469

–74

–10.286

1.248

530

1.778

1.856

78

21.762

1.248

870

2.118

2.226

108

45.144

1.248

1.060

2.308

2.516

208

86.944

1.248 1.890 3.138 3.396 durchschnittlicher Deckungsbeitrag pro Fluggast: Deckungsbeitrag total:

258 129

36.120

Pauschalreise Flugkosten und realisierte in EUR Teilnehmerzahl A = 10% 139 Passagiere B = 20% 279 Passagiere C = 30% 418 Passagiere D = 30% 418 Passagiere E = 10% 140 Passagiere 1.394 Passagiere

179.684

Abbildung III.2.y.: Beispiel Nachkalkulation

Durch den nur um fünf Prozentpunkte (bzw. um 5,9%) geringeren Auslastungsgrad sinkt der Gesamtdeckungsbeitrag von prognostizierten 300.608.– EUR auf realisierte 179.684.– EUR, also um mehr als 40%! Ein wesentliches Ziel des Tourismusmanagement – bei Airlines, Reiseveranstaltern, Hotelbetrieben etc. – ist es daher, die Auslastung zu optimieren. Als strategisches Instrument hierzu wird das sog. Yield Management als Strategie der auslastungsabhängigen Gestaltung der Konditionen zur Optimierung des Ertrags bei 123 fixen Kapazitäten eingesetzt. An dieser Stelle soll – quasi als kleiner Exkurs – ein Übersichtsschema zur Kalkulation von Charterketten dargelegt werden: Wenn Sie die Berechnungen nachvollziehen, stellen Sie z.B. folgende Zusammenhänge fest: ƒ Am Anfang und am Ende einer Charterkette fallen jeweils Leerflüge an, und zwar umso mehr, je länger cet. par. die durchschnittliche Aufenthaltsdauer ist.

123

Siehe zum Yield Mangement Kirstges, Expansionsstrategien, Kapitel 6.6.

2 Preiskalkulation und Preisgestaltung bei Reiseveranstaltern 1. Abflugstag letzter Rückflug An-/Abreisetournus: alle ... Tage Gesamtzahl der ... ... Termine (Flugtage) ... geflogenen Strecken Urlaubsaufenthaltswochen (= techn. Kettenlänge) durchschnittliche Aufenthaltsdauer in Nächten Anzahl der Flüge (Umfang der Kette) Hinflüge davon besetzt (= kommerzielle Kettenlänge) leer Rückflüge davon besetzt leer Fluggerät / Flugkapazität Plätze je Flug Auslastung tatsächliche Personenzahl je Flug durchschn. Anzahl der Personen im Zielgebiet (= erforderliche Bettenkapazität vor Ort) 1. Abflug bis 2. Abflug (z.B. 1. Woche) 2. Abflug bis 3. Abflug (2. Woche) 3. Abflug bis 4. Abflug (3. Woche) weitere Wochen drittletzte Woche vorletzte Woche letzte Woche Gesamtpersonenzahl in der Saison Gesamtzahl der Übernachtungen in der Saison Kosten des Fluges (in EUR) einfache Strecke, leer einfache Strecke, besetzt Gesamtkosten Kette Kosten je Person (Hin inkl. Rückflug)

205

04.04. 07.11.

04.04. 07.11.

04.04. 07.11.

04.04. 31.10.

7

7

7

14

32 64 31

32 64 31

32 64 31

16 32 30

7

14

21

14

32 31 1 32 31 1

32 30 2 32 30 2

32 29 3 32 29 3

16 15 1 16 15 1

288 85% 245

288 85% 245

288 85% 245

288 85% 245

bis 11.04. 245 bis 18.04. 245 bis 25.04. 245 245 245 245 245

bis 11.04. 245 bis 18.04. 490 bis 25.04. 490 490 490 490 245

bis 11.04. 245 bis 18.04. 490 bis 25.04. 735 735 735 490 245

bis 18.04. 245 bis 02.05. 245 bis 16.05. 245 245 245 245 245

7.595 53.165

7.350 102.900

7.105 149.205

3.675 51.450

40.000,00 50.000,00 3.180.000

40.000,00 50.000,00 3.160.000

40.000,00 50.000,00 3.140.000

40.000,00 50.000,00 1.580.000

418,70

429,93

441,94

429,93

Abbildung III.2.z.: Chartenkettenkalkulation

ƒ Je länger cet. par. die durchschnittliche Aufenthaltsdauer der Gäste ist, desto weniger Personen können befördert werden, desto mehr Übernachtungen lassen sich jedoch vor Ort verbuchen. Entsprechend steigt der Flugkostenanteil pro Person.

206

Kapitel III: Finanzmanagement von Veranstalterunternehmen

Lösung zu o.g. Aufgabe zur Berechnung des Flugkostenanteils pro Person: Kosten für die gesamte Charterkette: 6 · 232.000.– EUR + 2 · 174.000.– EUR = 1.740.000.– EUR Die Charterkette umfasst zwei Flüge ohne Passagiere, nämlich den ersten Rückflug und den letzten Hinflug. maximale Fluggastkapazität: 7 (Hin-)Flüge à 249 Sitzplätze = 1.743 Personen Es werden sieben Reisegruppen befördert; zu sieben Terminen starten Passagiere in den Urlaub. angenommener Auslastungsgrad zur Kalkulation: 85% · 1.743 Personen = 1.482 Personen Kostenanteil des Fluges im Rahmen der Pauschalreise: 1.740.000.– EUR : 1.482 Personen = 1.174.– EUR pro Person

Beispiel 2: Buspreiskalkulation Eine Busfahrt für maximal 50 Personen von Hannover nach Wien koste 5.000.– EUR. An variablen Kosten und Deckungsbeitrag (fixer, minimaler Aufschlag pro Buchung) fallen je Kunde 200.– EUR an. Der Reiseveranstalter möchte den optimalen Angebotspreis kalkulieren. Dazu prüft er zunächst die Auswirkung unterschiedlicher Auslastungsprognosen auf den kalkulierten Reisepreis. 1. Schritt: Preiskalkulation auf Basis alternativer Auslastungsprognosen kalkulierte Auslastung

Anteilige Fixkosten Variable Kosten + Soll-Marge

in Personen in %

in EUR

in EUR

kalkulierte Gesamtkosten = Preis in EUR 5000/Ausl. + 200

50 45 40 35 30 25 20 10 1

100 111 125 143 167 200 250 500 5000

200 200 200 200 200 200 200 200 200

300 311 325 343 367 400 450 700 5200

100 90 80 70 60 50 40 20 2

Abbildung III.2.aa.

Ginge man von einer Vollauslastung aus, könnte man die Reise also für 300.– EUR pro Person anbieten. Würden – im anderen Extrem – nur 10 Teilnehmer mitfahren, müsste jeder von

2 Preiskalkulation und Preisgestaltung bei Reiseveranstaltern

207

ihnen 700.– EUR zahlen, damit die Kosten gedeckt und der gewünschte Deckungsbeitrag erzielt wird. 2. Schritt: Zahl der Buchungen/Kunden auf Basis einer (nicht bekannten) Preis-AbsatzFunktion Dem Busreiseveranstalter ist jedoch nicht bekannt, wie sich die Nachfrage – in Abhängigkeit von dem gesetzten Preis – verhalten wird. Gehen wir hier – zur Verdeutlichung – von folgender Nachfragefunktion aus: Nachfrage = 200 – 0,45 · Preis also: x = f(p) = 200 – 0,45 p Damit würde sich – bei den oben kalkulierten Alternativpreisen – folgende Nachfrage ergeben (Abbildung III.2.ab.): Preis in EUR (laut obiger Kalkulation)

Nachfrage = tatsächliche Auslastung in Personen = 200 – 0,45 · P

300

65

311

60

325

54

343

46

367

35

400

20

450

-3 = 0

700

-115 = 0

5200

-2140 = 0

Abbildung III.2.ab

Es zeigt sich, dass ein Preis von 343.– EUR zu einer Nachfrage von 46 Personen führt, die alle als Reiseteilnehmer akzeptiert werden können. In der Nähe dieses Preises – etwas unterhalb, da noch vier Plätze gefüllt werden sollten – wird also das Optimum liegen. Mathematisch lässt sich das exakte Ergebnis wie folgt berechnen: Deckungsbeitrag = Umsatz – (direkt zurechenbare) Einzelkosten DB = U – K DB = p · x – k · x – Kfix DB = p · (200 – 0,45 p) – k · (200 – 0,45 p) – Kfix DB = 200 p – 0,45 p2 – 200 k + 0,45 p k – Kfix Zum Optimieren: 1. Ableitung = Null setzen, also: DB’ = 0 200 – 0,9 p + 0,45 k = 0 200 – 0,9 p + 0,45 k · 200 = 0

208

Kapitel III: Finanzmanagement von Veranstalterunternehmen

290 = 0,9 p p = 322 x = 200 – 0,45 · 322 x = (ca.) 55 Reisende Deckungsbeitrag daraus: DB = 55 · 322 – 200 · 55 – 5000 DB = 1.710 aber: Diese optimale Buchungszahl liegt über der Kapazität von 50 Plätzen. Daher: ausgehend vom maximal realisierbaren x = 50 den Preis ermitteln, den man laut Nachfragefunktion verlangen kann, um diese Kapazität gerade noch auszulasten: 50 = 200 – 0,45 p 0,45 p = 150 p = 333 Deckungsbeitrag daraus: DB = 50 · 333 – 200 · 50 – 5000 DB = 1.650 Durch Einsetzen des Wertes „50“ als maximale Kapazität in o.g. Nachfragefunktion lässt sich also das unter der Kapazitätsrestriktion realisierbare Optimum ermitteln: Um x = 50 Plätze auszulasten ergibt sich ein Preis von 333.– EUR, zu dem man die Reise anbieten muss. Aber: In der Praxis ist eine mathematische Optimierung nicht möglich, da Preis-AbsatzFunktionen in der Realität nicht bekannt sind! Allenfalls ist eine Abschätzung der Nachfrage – z.B. aufgrund von Erfahrungswerten – in Form der obigen Tabelle möglich. 3. Schritt: Ergebnisermittlung Greifen wir exemplarisch die Nachfrage- (= Auslastungs-) Daten von oben auf. Die Kapazitätsrestriktion des Busses beträgt nach wie vor 50 Plätze. Die Zusammenhänge der Überlegung lassen sich wie folgt darstellen: kalkulatorische Auslastung und geplantes Ergebnis → Angebotspreis → tatsächliche Auslastung → tatsächliches Ergebnis Die nachfolgende Übersicht fasst diese Überlegungen an ausgewählten Zahlenbeispielen, ausgehend von unterschiedlichen kalkulierten Auslastungsgraden, zusammen.

2 Preiskalkulation und Preisgestaltung bei Reiseveranstaltern

kalkulierte Auslastung

kalkulierter Fixkostenanteil pro Person

209

variable Kosten (+ Marge) p.P.

ausgewiesener Reisepreis/Angebot spreis pro Person

zu diesem Preis realisierte Reisendenzahl (Pax)

Umsatz Kosten gesamt gesamt

Ergebnis gesamt

= 5000/Ausl. 65 (50)*

200

277 (300)*

50 (75)*

13.850

math. Optimum (nicht realisierbar)*

77 (100)*

200

322

55*

17.710* 16.000*

15.000

1.710*

–1.150 (0)*

50

100

200

300

50 (65)*

15.000

15.000

0

45

111

200

311

50 (60)*

15.550

15.00

550

40

125

200

325

50 (54)*

16.250

15.000

1.250

math. Optimum unter Kapaz.restriktion

200

333

50

16.650

15.000

1.650

35

143

200

343

46

15.778

14.200

1.578

25

200

200

400

20

8.000

9.000

–1.000

20

250

200

450

0 (–3)

0

5.000

–5.000 (0)

* Es lassen sich aufgrund der Kapazitätsrestriktion nur maximal 50 Reisende realisieren. Abbildung III.2.ac.: Ergebnisermittlung in Abhängigkeit von der tatsächlichen Busauslastung

Da das rechnerische Optimum bei (nicht realisierbaren) 55 Reisenden liegt, ergibt sich der größtmögliche Deckungsbeitrag in Höhe von 1.650.– EUR bei p = 333.– EUR und x = 50. Aber, wie bereits gesagt: In der Unternehmenspraxis muss mit Schätzungen/Prognosen gearbeitet werden, da mathematische Funktionen nicht vorliegen. Dennoch verdeutlichen diese Beispiele folgende Probleme einer auslastungsorientierten Preiskalkulation: 1. Ein Reiseveranstalter, der mit einer hohen Auslastung von z.B. 90% (= 45 Plätze) kalkuliert hat und seine Reise zum niedrigen Preis von 311.– EUR anbietet, verschenkt Deckungsbeiträge, da er auch zu einem höheren Preis voll ausgelastet wäre. Da aber in der Praxis die Nachfragefunktionen (Nachfragereaktionen) nicht bekannt sind, stellt sich die Frage, wie weit die Preise erhöht werden können, ohne Leerkosten zu riskieren. 2. Ein Reiseveranstalter, der mit einer geringen Auslastung von z.B. 50% (= 25 Plätze) kalkuliert hat und seine Reise zum Preis von 400.– EUR anbietet, verbucht letztlich nur 20 Plätze und erwirtschaftet einen negativen DB. Als (falsche) Konsequenz wäre hier (z.B. in der nächsten Saison) eine Erhöhung des Reisepreises möglich. Dadurch würden jedoch die Nachfrage (und damit die reale Auslastung) noch weiter sinken und die Verluste steigen. Insofern kann man von einer „self-fulfilling prophecy“ einer niedrigen Auslastung sprechen: Die Kalkulation mit niedrigen Auslastungsgraden führt zu hohen Angebotspreisen und damit zu einem tatsächlich niedrigen Auslastungsgrad! Die folgende Abbildung fasst diese Überlegungen zusammen.

210

Preis

Kapitel III: Finanzmanagement von Veranstalterunternehmen

Nachfragefunktion

Kosten in Abhängigkeit von der kalkulierten Auslastung

kalkulierte Kosten p.P.

2 variable Kosten + kalk. Marge p.P.

1

Nachfrage in Pax

reale Kosten p.P.

3

kalkulierte Auslastung

5

reale Kosten Verlust

4

kalk. Kosten

realisierte Auslastung

reale Kosten auf Basis der realen Auslastung

realisierte Auslastung

Ergebnisermittlung

Abbildung III.2.ad.: Zusammenhang zwischen kalkuliertem Auslastungsgrad und tatsächlicher Auslastung

Ausgehend von einer kalkulierten Auslastung (Punkt 1 in der Abbildung) ergibt sich ein bestimmter Angebotspreis, der (siehe Punkt 2. im 2. Quadrant der Abbildung) gemäß einer – in der Praxis nicht bekannten – Nachfragefunktion zu einer entsprechenden Nachfrage führt. Diese entspricht der realen Auslastung, die die tatsächlichen anteiligen Fixkosten determiniert (siehe Punkt 3. im 3. Quadranten). Liegt diese realisierte Auslastung nun unter der kalkulierten, ergibt sich ein Verlust, da die realen Kosten die kalkulierten übersteigen (siehe 4. Quadrant). Würde man nun – angesichts der zu geringen Nachfrage, die die anteiligen Fixkosten steigen ließ – bei einer Folgekalkulation den prognostizierten Auslastungsgrad senken und somit den Reisepreis erhöhen, würde sich die Situation spiralförmig verschlimmern (siehe Punkt 5.). Die dünn gestrichelte Linie zeigt im Gegenzug, dass ein in der Preiskalkulation hoch angesetzter Auslastungsgrad tatsächlich zu einer großen Nachfrage führt, wobei

2 Preiskalkulation und Preisgestaltung bei Reiseveranstaltern

211

hier die Gefahr besteht, dass man zu günstig anbietet und dadurch eine Nachfrage stimuliert, die die Kapazität übersteigt und daher nicht in vollem Umfang befriedigt werden kann, so dass der DB suboptimal niedrig ist.

2.3.3

Varianten des Kalkulations- und Provisionsaufschlags und deren Auswirkung auf das Preisniveau

Abschließend sollen die verschiedenen Möglichkeiten, einen unternehmerischen Kalkulationsaufschlag zu berechnen und eine Provision für Reisemittler einzukalkulieren, problematisiert werden. Die Diskussion zwischen Reiseveranstaltern und Leistungsträgern einerseits sowie Reisemittlern andererseits, wie hoch eine „faire“, eine „gerechte“ Provision sein muss, die die Leistungsanbieter den Leistungsvermittlern für deren Vermittlungsleistung zu zahlen haben, ist wohl so alt wie die Touristikbranche selbst. Reiseveranstalter beklagen, dass der Reisebürovertrieb zu teuer sei, und Reisemittler sehen ihre Existenz angesichts ihrer Meinung nach zu geringen Provisionen bedroht. Die Diskussion gipfelt in dem alljährlichen Streit, wie viele Prozent eine auskömmliche Basisprovision betragen sollte und ob ein Reisemittler mit x% Basisprovision und y% Maximalprovision gut bedient ist. Die nachfolgenden Ausführungen zeigen, dass die beiden Parteien mit ihren Vorwürfen und Forderungen recht haben und sich auf Basis der bestehenden Provisionssysteme niemals auf eine aus Sicht beider „gerechte“ Prozentprovision einigen werden können, da das System einer vom vermittelten Umsatz abhängigen prozentualen Provision bereits im Grundsatz die Zusammenhänge zwischen Vermittlungsaufwand und Vermittlungsertrag nicht berücksichtigt. Hochpreisige Reiseveranstalter zahlen in der Tat zu viel Provision, und Reisemittler können von den Provisionen, die Niedrigpreisveranstalter ihnen anbieten, ohne Zweifel nicht überleben.

2.3.3.1

Grundlagen zu Provisionssystemen

Als Provision wird allgemein eine Vergütung bezeichnet, die ein Unternehmen (im Tourismus meist: Reisemittler) von einem anderen Unternehmen (Tourismus: Reiseveranstalter oder Leistungsträger wie z.B. Airline, Mietwagenfirma, Versicherungsgesellschaft etc.) dafür erhält, dass es dessen angebotene Leistungen (Pauschalreisen, Flüge, Mietwagen, Versicherungspolicen etc.) an Dritte (meist Endkunden) vermittelt. Das vermittelnde Unternehmen (Reisemittler) hat dabei i.d.R. den handelsrechtlichen Status eines Handelsvertreters inne, das vermittelte Unternehmen den des Handelsherren (vgl. § 84 HGB). In dem zwischen den beiden Parteien geschlossenen Handelsvertretervertrag (hier: Agenturvertrag) ist dann u.a. der gesetzlich vorgeschriebene (vgl. §§ 87, 86b, 354 HGB) Provisionsanspruch des Handelsvertreters gegenüber seinem Handelsherren detailliert geregelt. Üblicherweise werden dabei sog. Abschlussprovisionen (Vermittlungsprovisionen) vereinbart. Darüber hinaus können z.B. sogenannte Delkredereprovisionen oder Inkassoprovisionen (falls der Handelsvertreter auch für die Einbeziehung der Kundengelder verantwortlich zeichnet) vereinbart werden.

212

Kapitel III: Finanzmanagement von Veranstalterunternehmen

Die Abschlussprovision wird oft in den Agenturverträgen differenziert nach: ƒ Basisprovision (Grundprovision), ƒ Staffelprovision (Zusatzprovision, Umsatz-Block-Bonus) und ƒ Superprovision (Leistungsprovision, Steigerungsprovision, Turboprovision, Overriding Commission). Die in der Branche gebrauchten Begrifflichkeiten sind hier keinesfalls eindeutig oder gar hermeneutisch logisch. So kann man bei manchen Veranstaltern aufgrund einer negativen Superprovision (Malus) auch unter die Basisprovision fallen, oder als Basisprovision wird der höchste Prozentsatz einer Staffel bezeichnet (erreicht man den dafür erforderlichen Mindestumsatz nicht, verdient man also weniger als die Basisprovision). Oft wird auch Zusatzprovision mit Superprovision gleichgesetzt. Seit vielen Jahrzehnten ist es in der Reisebranche üblich, die (Basis-)Provision im Sinne eines Prozentsatzes auf die Höhe des vermittelnden Umsatzes zu berechnen. Dieser liegt branchenüblich – ab einem bestimmten vom Reisemittler beim einzelnen Leistungsanbieter zu realisierenden Mindestumsatz – bei etwa 10%. Die ggf. auf die Provision entfallende Mehrwertsteuer wird i.d.R. vom Veranstalter zusätzlich vergütet. Etwa seit Ende der 1990er Jahre gibt es in Teilen der Branche, insbesondere bei der Vergütung von Reisemittlern bei der Vermittlung von Flugleistungen, jedoch zwei Tendenzen: ƒ die Höhe des (Basis-)Provisionssatzes wird reduziert, teilweise sogar auf 0% gesetzt (sog. Nullprovision, die den Reisemitter dazu zwingt, direkt vom Kunden ein Entgelt zu verlangen; dadurch entwickelt sich der Reisemittler vom Handelvertreter zum eigenständigen Händler); ƒ an die Stelle einer prozentualen Provisionsberechnung tritt eine umsatzunabhängige Fixsumme je Buchung (Handling Fee, Flat Fee). Dies hat sich im Verhältnis Reiseveranstalter – Reisemittler jedoch bislang nicht etabliert. Bei Staffelprovisionen wird die Provisionshöhe (meist in Prozent) über eine Basisprovision hinaus in Abhängigkeit von der absoluten Höhe des vermittelten Umsatzes gestaffelt. Eine typische Staffelprovision, bezogen auf die für einen bestimmten Veranstalter vermittelten Umsätze, könnte z.B. wie folgt aussehen: Umsatzgrenzen bis unter 25.000,- EUR pro Jahr ab 25.000,- bis unter 75.000,- EUR pro Jahr ab 75.000,- EUR

Provisionssatz in % 6 (= Basisprovision) 8 10

Abbildung III.2.ae.: Beispiel für Provisionsstaffeln

Solche Staffeln können zahlreiche Stufen umfassen (z.B. im Thomas Cook-Agenturvertrag für 2005/06: 16 Umsatzklassen!). Bei Superprovisionen handelt es sich um zusätzliche Provisionen, meist gemessen in Prozentpunkten, die – wie auch immer definierte – besondere Leistungen des Reisemittlers be-

2 Preiskalkulation und Preisgestaltung bei Reiseveranstaltern

213

lohnen sollen. Diese besonderen Leistungen werden meist an den jährlichen Umsatzsteigerungen (bezogen auf den provisionsgewährenden Veranstalter) gemessen: Wächst der vermittelte Umsatz im Vergleich zum Vorjahr, erhält der Reisemittler eines Bonus. Um diejenigen Reisemittler zu bestrafen, die vom Veranstalter wegsteuern, werden diese oft analog mit einem sog. Malus bestraft. Um die Entwicklung des Gesamtmarktes sowie des betreffenden Veranstalters zu berücksichtigen, wird die Umsatzentwicklung des Reisemittlers (bezogen auf einen Veranstalter) vielfach mit der Umsatzentwicklung des Veranstalters verglichen: Sinkt der Umsatz des Veranstalters stärker als der auf diesen Veranstalter bezogene Umsatz des Reisemittlers, darf dieser nicht mit einem Malus bestraft werden. Zu regeln ist insbesondere, ob die Superprovision nur auf den Mehrumsatz (ab einer bestimmten Umsatzgrenze) oder aber auf den gesamten erzielten Umsatz anzuwenden ist (wobei dann auch rückwirkend, d.h. höher als ursprünglich berechnet, vergütet wird). Andere Modelle honorieren z.B. bestimmte Anstrengungen des Reisemittlers in Bezug auf Marketingaktionen oder Mitarbeiterfortbildung, sofern diese spezifisch auf den provisionsgewährenden Veranstalter bezogen sind. Oft wird auch der Abverkauf bestimmter Reisen, die der Veranstalter in den Markt drücken möchte, mit einer Superprovision belohnt. Über einen solchen Bonus können Reisemittler ihre Gesamtprovision i.d.R. um 1 bis 5% anheben.

2.3.3.2

Regelungsbedarfe bei Provisionssystemen

Bei der Festlegung der Provisionen, die von Leistungsanbietern an die für sie tätigen Leistungsvermittler gezahlt werden, sind mindestens die nachfolgend aufgeführten Aspekte zu berücksichtigen und festzulegen:

2.3.3.3

Probleme einer prozentbasierten Umsatzprovision

Reisebüroerlöse sind abhängig vom Reisepreis Die heute üblichen Provisionsmodelle der Reiseveranstalter gehen von der Höhe des durch Reisebüros vermittelten Umsatzes aus. Auf diesen Umsatz wird eine prozentuale Provision gezahlt. Die Provisionshöhe kann dabei ggf. noch nach bestimmten Kriterien variieren, so z.B. nach der Art des Reisebüros (klassisches Reisebüro versus sog. NTO = Non traditional outlets; Zugehörigkeit des Reisebüros zu einer Kette, einer Kooperation oder einem Franchisesystem etc.) oder nach der Gesamthöhe des durch das Reisebüro innerhalb eines bestimmten Zeitraums erzielbaren Umsatzes. Die nachfolgende Abbildung zeigt, dass daher der Erlös eines Reisemittlers von der Umsatzhöhe einer einzelnen vermittelten Reisebuchung, somit also vom Reisepreis abhängt (und damit natürlich auch von der Summe der Buchungen, also dem insgesamt innerhalb des Abrechnungszeitraums bei einem Reiseveranstalter getätigten Umsatzes). Bei einer festen Basisprovision (hier in Beispiel 10%) steigt der Erlös des Reisebüros also proportional zum vermittelten Reisepreis. Durch – ebenfalls umsatzbasierte – Zusatz- und Staffelprovisionen steigt der Erlös ggf. überproportional, was in der Abbildung mit der Kurve der Gesamtprovision exemplarisch angedeutet werden soll. Bezogen auf eine einzelne Buchung weist diese

214

Kapitel III: Finanzmanagement von Veranstalterunternehmen

Abbildung III.2.af.: Aspekte der Provisionsgestaltung

2 Preiskalkulation und Preisgestaltung bei Reiseveranstaltern

215

Gesamtprovisionskurve keinen „zackigen“ Verlauf auf; dieser progressive Verlauf entsteht de facto erst bei der Betrachtung aller Buchungen, die in ihrer Summe das Erreichen einer jeweils höheren Provisionsstaffel ermöglichen.

Abbildung III.2.ag.: Kosten- und Provisionsverläufe bei „traditioneller“ Reisebürovergütung

216

Kapitel III: Finanzmanagement von Veranstalterunternehmen

Reisebürokosten sind unabhängig vom Reisepreis Während die Erlöse des Reisebüros also mit der Höhe des vermittelten Reiseumsatzes je Buchung steigen, bleiben dessen Prozesskosten unabhängig von Art und Wert der vermittelten Reise weitgehend gleich. Die mit der Reisevermittlung verbundenen Kosten sind also weitgehend gleich hoch bei einer Ferienhausbuchung in der Nebensaison zum Buchungswert von 300.– EUR bzw. einer Studienreise oder einer Kreuzfahrt zum Preis von 3.000.– EUR. Wir gehen in unserem Beispiel von – durchaus realistischen – Prozesskosten in Höhe von 120.– EUR pro (geringwertiger, einfacher) Buchung (gebuchter Person) aus. Diese Prozesskosten, die aus dem gesamten Aufwand für Katalogausgabe, Beratung, Buchung, Buchungsabwicklung etc. je Reise entstehen, dürften mit dem Reisepreis allenfalls minimal steigen, was im leicht steigenden Verlauf der Prozesskostenkurve in der Abbildung angedeutet wird. So mag die Beratung und Buchungsabwicklung bezogen auf eine Kreuzfahrt aufwändiger sein als dies bezogen auf ein Ferienhaus der Fall ist – aber sicher nicht um den Faktor 10. Die Tatsache, dass die Prozesskosten pro Buchung im Reisebüro weitgehend unabhängig vom Preis der vermittelten Reise sind, resultiert im Wesentlichen aus drei Gründen: 1. Die Buchungsabwicklung ist dank einheitlicher Buchungssysteme (GDS, Back-officeSysteme etc.) weitgehend unabhängig von Art und Wert der vermittelten Reise standardisiert. 2. Die meisten Kosten im Reisebüro sind – bezogen auf Umfang und Art der vermittelten Reisen – fix, da Personalkosten (ca. 60% der Reisebürokosten), Miete (ca. 10% der Kosten), Werbung etc. nicht pro Leistungseinheit anfallen. 3. Wenn Kosten variabel anfallen, dann ist der kostentreibende Bezugsfaktor i.d.R. in der Zahl der Beratungen und Buchungen, nicht aber in der Reisepreishöhe zu sehen. So kosten die Erstellung von Reisebestätigungen, das Versenden einer Mahnung oder ein Fibu-Buchungssatz einen festen Betrag pro Reisebuchung, unabhängig davon, ob dieser 300.– EUR oder 3.000.– EUR Reisepreis zugrunde liegen. Die tatsächliche Höhe der Prozesskosten hängt somit kaum vom Reisepreis bzw. Umsatz, sondern vielmehr von anderen Faktoren ab, so natürlich von der absoluten Höhe der Reisebürokosten für Personal, Miete etc., aber auch von der Erklärungsbedürftigkeit der Reise bzw. dem Erklärungsbedarf des jeweiligen Kunden, von der Effizienz der Buchungsvorgangsbearbeitung (wobei diese wiederum nicht zuletzt von den technischen Gegebenheiten des Buchungssystems des Anbieters abhängt; man denke an das zwischenzeitliche Debakel von NPM, dem „verbesserten“ TUI-Buchungssystem, Ende 2009), von der Abschlussquote (Verhältnis Zahl der Buchungen zu Kundenberatungen) etc. Bezogen auf den vermittelten Umsatz (in der Abbildung bezogen auf je 100 EUR vermittelter Umsatz) sinken die Prozesskosten stark mit zunehmender Reisepreishöhe (siehe Abbildung).

2 Preiskalkulation und Preisgestaltung bei Reiseveranstaltern

217

Problematische Mischkalkulation: Der Verkauf hochpreisiger Reisen subventioniert niedrigpreisige Reisevermittlung Aus dem Verlauf der Erlöse und der Kosten ergibt sich ein Break-even-Punkt, also ein Reisepreis und damit eine Provisionshöhe, ab der die Prozesskosten je Buchung gedeckt werden. Bei identischen Prozentwerten der Provision (im Beispiel 10%) sind die mit dem Buchungsvorgang vorhandenen Prozesskosten bei niedrigpreisigen Reisen nicht gedeckt; bei hochpreisigen Reisen „verdient“ das Reisebüro hingegen außerordentlich gut – bei fast identischem Aufwand für Kundenberatung und Buchungsabwicklung. Bei einer umsatzbasierten Prozentprovision subventionieren somit Buchungen und damit Reiseveranstalter von hochpreisigen Reisen solche von niedrigpreisigen Reisen! Es findet also reisebüroseitig eine Mischkalkulation statt, die nicht aufwands- bzw. kostenorientiert ist. Von daher kann eine umsatzbasierte Prozentprovision nie so gestaltet sein, dass beide Marktpartner – Leistungsanbieter wie Reisemittler – diese als „gerecht“ empfinden. Die Mischkalkulation erschwert ein effizientes Reisebüro-Controlling inkl. Vertriebssteuerung und ist „ungerecht“ Bei Prozentprovisionen darf nicht nur der Prozentwert, sondern es muss auch der (durchschnittliche) Reisepreis betrachtet werden – was einen objektiven Vergleich der Veranstalterkonditionen nahezu unmöglich macht. So sind 10% Provision auf einen Durchschnittsreisepreis von 300.– EUR pro Person für einen Reisemittler uninteressanter als 5% Provision auf einen Durchschnittsreisepreis von 3.000.– EUR – doch würde sich bei der bis jetzt vorherrschenden „Prozentdenke“ ein Reisemittler eher über die vorgenannten 5% des Hochpreisanbieters beschweren als über die 10% des Niedrigpreisveranstalters. So äußerte z.B. ein Derpart-Reisebüro-Chef in der FVW vom 18.12.09 in eben solch undifferenzierter Weise: „Provisionssätze unter zehn Prozent sind unseriös, da nicht kostendeckend“ (FVW Nr. 26/09, S 41). Heute übliche Staffelprovisionsmodelle, die eine höhere prozentuale Provision in Abhängigkeit vom Erreichen festgelegter Umsatzschwellen bieten, sind darüber hinaus zur Vertriebssteuerung aus folgenden Gründen wenig geeignet: ƒ Der Abrechnungszeitraum ist zu lang (i.d.R. ein Jahr), so dass dieses System auf Expedienten nicht dauerhaft motivierend wirkt. Die für eine verkaufsorientierte Motivation erforderliche ausreichende Zeitnähe zwischen Ursache (hier: Umsatzsteigerung bei Veranstalter XY) und Wirkung (höhere Provision) fehlt. ƒ Die endgültige Abrechnung ist erst zum Ende des Abrechnungszeitraums möglich. Dies führt zu Be- und Verrechnungsproblemen (s. z.B. die i.S. eines Malus geforderten Provisionsrückzahlungen für den Fall, dass die mit einer Staffelprovision versehenen, geplanten Umsätze letztlich nicht erreicht wurden). ƒ Eine kurzfristige Feinsteuerung zur Verkaufsförderung ist nicht möglich. ƒ Es bestehen kaum Anreize für den Reisemittler, die Nebensaison und/oder niedrigpreisige Angebote verstärkt zu verkaufen.

218

Kapitel III: Finanzmanagement von Veranstalterunternehmen

„Gerecht“ wäre eine Provisionsregelung dann, wenn wir ein zeitlos gültiges Maß richtigen Verhaltens fänden, das nach moralischen Maßstäben einen angemessenen Ausgleich von Interessen ermöglicht. So erzielten wir eine angemessene Verteilung von Werten oder Chancen zwischen den beteiligten Marktpartnern. Aber: Was ist „angemessen“? Wir könnten ƒ nach dem Bedürfnisprinzip den (verschieden großen) Bedürfnissen der einzelnen Vertriebspartner gerecht werden. Zur Bestimmung einer dem Vermittlungsaufwand entsprechenden Mindest-Basisprovision kann dieser Ansatz hilfreich sein. Dies alleine würde aber zu Ineffizienzen führen, da die Bedürfnisse rasch inflationäre Tendenzen aufweisen … ƒ nach dem Vertragsprinzip dem Vereinbarten gerecht werden. Hieraus erwächst die Frage, ob es denn genügt, die vertraglichen Vereinbarungen „stur“ einzuhalten, um Reisemittler zum Vertrieb bestimmter Leistungen zu motivieren … ƒ nach dem Gleichheitsprinzip jedem Reisebüro das Gleiche geben. Doch auch dies würde Prozessinnovationen bremsen statt den „survival of the fittest“ zu begünstigen … ƒ nach dem Leistungsprinzip demjenigen mehr geben, der auch mehr zur Erreichung der vom Veranstalter gesetzten Ziele leistet. Provisionssysteme sollten das Bedürfnisprinzip mit dem Leistungsprinzip verbinden. Provisionssysteme sollten zudem „gerecht“ im ursprünglichen (bis ins 18. Jahrhundert verbreiteten) Sinn dieses Adjektivs gestaltet sein: gerade, geradlinig, ohne sich zu „verrenken“. Provisionssysteme mit einer sehr niedrigen umsatzbasierten Basisprovision und mehr als dutzend Staffeln sind dies nicht. Die heute vorherrschenden Mischkalkulationsprovisionssysteme sind dies ebenfalls nicht. Ein Provisionssystem wäre es zumindest im Ansatz dann, wenn die Provisionsgestaltung und –höhe verursachungsgerecht zu dem mit der Reisevermittlung verbundenen Aufwand wäre.

2.3.3.4

Die Alternative: innovative abwicklungskostenorientierte Provisionssysteme (IakoP)

Wie kann nun ein „gerechteres“ Provisionsmodell gestaltet werden? Unseres Erachtens muss dieses an den Kosten der Buchungsabwicklung durch den Reisemittler ansetzen. In Ansätzen gestalten manche Veranstalter ihre Provisionssysteme bereits in dieser Richtung, wenn sie NTO weniger Prozent Provision anbieten als traditionellen Reisebüros (wobei die kostenbasierte Begründung meist zu wünschen übrig lässt). Wir schlagen daher folgende grundsätzliche Gestaltung für Provisionssysteme vor: Fixum pro Buchungsvorgang + „Anreizprovision“ Das Fixum berücksichtigt die durchschnittlichen Prozesskosten bei einem „normalen“ Reisebüro, das also in effizienter Weise beraten und buchen kann. Die grundsätzliche Höhe dieses Fixums wird bei allen Veranstaltern ähnlich sein; leichte Variationen werden sich ergeben, z.B. je nach Reiseart, Beratungs- und Buchungsaufwand, Effizienz der vom Veranstalter angebotenen Buchungstechnik, der durchschnittlichen Teilnehmerzahl je Buchung etc.

2 Preiskalkulation und Preisgestaltung bei Reiseveranstaltern

219

Ausgehend von der heutigen Situation einer „normalen“ Badepauschalreise mit einem durchschnittlichen Reisepreis von 700 EUR pro Person, einer durchschnittlichen Teilnehmerzahl je Buchung von z.B. 2,5 Personen sowie den in diversen Studien festgestellten Prozesskosten eines Reisebüros zur Buchungsabwicklung dürfte sich ein solches Fixum, dessen Höhe im Detail zwischen Veranstalter und Reisebüroorganisation auszuhandeln sein wird, auf einen verursachungsgerechten Betrag von ca. 180 bis 220.– EUR je Buchung belaufen. Die Anreizprovision kann je nach Veranstalterzielsetzung gestaltet werden. Sie dient der zielorientierten Vertriebssteuerung und kann sich z.B. orientieren am getätigten Gesamtumsatz bzw. der Gesamtbuchungszahl einer Periode, am Umsatz- bzw. Buchungswachstum, an der Teilnehmerzahl, an der Höhe der Marge, die mit verschiedenen Reisearten, Destinationen etc. zu erzielen ist, an der Saisonzeit etc. So kann – anders als bei „plump“ umsatzabhängigen Staffelprovisionen – im Sinne eines Yield Management auch temporär gezielt gesteuert werden.

2.3.3.5

Auswirkungen von IakoP

Bei einer buchungsbezogenen Vergütung muss sichergestellt werden, dass die Reisemittler eine Buchung nicht auf mehrere Vorgänge splitten, um so eine höhere Provision zu erhalten. Wird die Fixprovision jedoch pro gebuchter Person in der Kalkulation berücksichtigt, ergibt sich dieses Problem nicht. Ein Wettbewerb zwischen den Reiseveranstaltern sowie ein Vergleich der Vertriebskonditionen derselben aus Sicht der Reisemittler ist über die Höhe einer buchungsfixen Provision leichter möglich als bei einer prozentbasierten Vergütung, denn wie oben ausgeführt darf bei Prozentprovisionen nicht nur der Prozentwert, sondern es muss auch der (durchschnittliche) Reisepreis betrachtet werden – was einen objektiven Vergleich der Veranstalterkonditionen nahezu unmöglich macht. Ein IakoP hat natürlich Auswirkungen auf die Preiskalkulation der Veranstalter und damit auf das Marktpreisniveau: ƒ Ähnlich wie das heute bereits übliche Reisebüroserviceentgelt, das von Reisemittlern gegenüber dem Kunden bei Buchung von Bahntickets oder Flügen erhoben wird, muss das Provisionsfixum als fester Aufschlag in die Reisepreiskalkulation einfließen. Da die Preise i.d.R. pro Person kalkuliert und ausgewiesen werden, muss das buchungsbasierte Fixum auf Basis der durchschnittlichen Teilnehmerzahl umgerechnet werden – was im Einzelfall, bei stark divergierenden Gruppengrößen eines Veranstalters, wieder zu einer Mischkalkulation führen kann. Gleichwohl ist es möglich und sinnvoll, für verschiedene Reisearten, die einen unterschiedlichen Abwicklungsaufwand auf Reisemittlerseite erfordern oder eine unterschiedlich hohe durchschnittliche Teilnehmerzahl verbuchen, unterschiedlich hohe Fixprovisionsbeträge festzulegen. ƒ IakoP führt zu einer tendenziellen Nivellierung der Reisepreise von Haupt- und Nebensaison, während die bisherige Prozentprovision zu einer starken Verteuerung der Hauptsaison und zu einer nicht kostendeckenden Niedrigprovision für Nebensaisonreisen, somit also zu einer Mischkalkulation auf Reisemittlerseite führt. Die nachfolgende

220

Kapitel III: Finanzmanagement von Veranstalterunternehmen

Abbildung verdeutlicht diesen Unterschied schemenhaft. Auch werden Mehrpersonenbuchungen (Familien, Gruppen) bei entsprechend auf diese Zielgruppen ausgerichteten Veranstaltern tendenziell günstiger; die Pauschalreisepreise werden damit auch familienfreundlicher.

Abbildung III.2.ah.: Auswirkungen unterschiedlicher Kalkulationsaufschlagsarten auf den Reisepreis

ƒ

Hochpreisanbieter, so z.B. im Markt der Kreuzfahrten, Studienreisen oder Luxusreisen, werden günstiger anbieten können; Niedrigpreisanbieter werden aufgrund der relativ hohen fixen Provision ihre Preise erhöhen müssen, steigern damit aber auch den Verkaufsanreiz für Reisemittler. ƒ Die Provisionsverhandlungen zwischen Reisemittlerverbünden und Reiseveranstaltern werden sich um die Frage drehen, wie aufwändig die Abwicklung einer Reisebuchung im jeweiligen vom Reiseveranstalter angebotenen Marktsegment ist, für die – ausgehend von den Prozesskosten des durchschnittlichen Reisemittlers – die Buchungsfixprovision zu entrichten ist. Die Anreizprovision wird darüber hinaus danach verhandelt werden, wie weit die Reisemittlerorganisation bereit und fähig ist, die vom Reiseveranstalter gesetzten Leistungs- und Vertriebsziele zu erfüllen. ƒ Ein IakoP erhöht auch den Innovationsdruck, bezogen auf die Abwicklungsprozesse, und zwar sowohl bei Reisemittlern als auch bei Reiseveranstaltern. Dank IakoP werden beide Parteien verstärkt das Ziel verfolgen, Beratung und Buchung möglichst effizient und kostengünstig abzuwickeln, um so die Prozesskosten und damit das Fixum reduzieren zu können, ohne dass dies zu Lasten der Reisemittler geht. Reiseveranstalter, deren Abwicklungstechnik schlecht funktioniert, werden dem Vertrieb höhere Fixprovisionen zahlen müssen. Reisemittler, die z.B. dank guter Organisation und Personalqualifikation überdurchschnittlich effizient arbeiten, werden hervorragende wirtschaftliche Ergebnisse erzielen.

2.3.3.6

Fazit und Analogie bei der Deckungsbeitragskalkulation der Veranstalterleistung

Prozentkalkulierte, umsatzbasierte Vermittlungsprovisionen sind nicht geeignet, um einen Interessensausgleich zwischen Reiseveranstalter und Reisemittler zu ermöglichen. Eine Lö-

2 Preiskalkulation und Preisgestaltung bei Reiseveranstaltern

221

sung könnte in einem IakoP, einem innovativen abwicklungskostenorientierten Provisionssystem, das eine buchungsorientierte Fixprovision, die sich an den Prozesskosten einer Reisebuchung orientiert und um eine steuernde Zusatzkomponente ergänzt, bestehen. Analog gilt dies für die in der Veranstalterpraxis übliche Variante der Kalkulation der Reiseveranstaltermarge (x % auf die kalkulierten Kosten). Das Problem besteht auch hier darin, dass Hochsaisonpreise (noch) höher werden und in der Nebensaison nur geringe Deckungsbeiträge (bei vergleichbarem Leistungsaufwand) erwirtschaftet werden. Daher sollten folgende Alternativen diskutiert werden: ƒ ƒ ƒ ƒ

Margen/Provisionen in absoluten Spannen je Person, Margen/Provisionen in absoluten Spannen je Buchung, reisezeit- oder auslastungsabhängige Provisionsvariationen, etc.

Absolute, vom Reisepreis unabhängige Kalkulations- und Provisionssätze haben einen reisepreisnivellierenden Effekt, der durchaus sinnvoll und erwünscht sein kann. Folgendes Beispiel verdeutlicht den unterschiedlichen Effekt verschiedener Varianten des Kalkulationsaufschlags (DB = Deckungsbeitrag) bei Reiseveranstaltern: Reisezeit

Gesamtkosten DB-Kalk. in %

A

500

50

550

Endpreis bei DB-Aufschlag von 80.– EUR pro Person Endpreis = in % der Kosten = in % des Umsatzes 580 16% 14%

B

700

70

770

780

11%

10%

C

900

90

990

980

9%

8%

D

1200

120

1320

1280

7%

6%

10% DB

Endpreis

Abbildung III.2.ai.: Auswirkung unterschiedlicher Kalkulationsaufschläge auf den Reisepreis

2.3.4

Target-Costing als „neuer“ Denkansatz im Rahmen der Kalkulation

Das Ziel des Target-Costing ist die konsequente Kunden- bzw. Marktorientierung sämtlicher Wertschöpfungsaktivitäten. Es werden sämtliche Geschäftsprozesse im Hinblick auf ihren Kundennutzen überprüft (vgl. hedonistische Preistheorie). Im Sinne der nachfrageorientierten Preisfindung erfolgt die Preisgestaltung nicht alleine von den Kosten her, sondern primär vom Markt ausgehend. Ausgangspunkt hierfür ist der am Markt voraussichtlich erzielbare bzw. unter strategischen Gesichtspunkten angestrebte Preis, der sogenannte Zielpreis im Sinne eines „Management by Objectives“. Nachfolgendes Zahlenbeispiel soll die Vorgehensweise beim Target-Costing verdeutlichen:

222

Kapitel III: Finanzmanagement von Veranstalterunternehmen

Zurzeit erreichbare Standardkosten, sogenannte drifting costs (880,- EUR) Hotel: Flug: Transfer: Sonstiges:

400,420,20,40,-

Lücke (80,- EUR)

Zielpreis / target price (999,- EUR) - Ziel-DB / -gewinn (199,- EUR) = vom Markt erlaubte Kosten / allowable costs (800,- EUR)

3 2

1 Wertschöpfungsoptimierung; Nachverhandlung im Einkauf

Verbleibende Markt – Produktions – Lücke (20,- EUR)

Vorläufige, zu realisierende Zielkosten (820,- EUR) Hotel: Flug: Transfer: Sonstiges:

380,395,15,30,-

Abbildung III.2.aj.: Beispiel Target-Costing

Auch nach einer ersten Optimierung verbleibt eine „Lücke“ von 20.– EUR. Folgende Möglichkeiten bieten sich als Lösungen an: 1. Das Produkt im Einkauf erneut verhandeln, um die Lücke von 20,- EUR zu schließen. 2. Den Ziel-DB so reduzieren, dass die vom Markt erlaubten Kosten den Zielkosten entsprechen. 3. Den Preis soweit erhöhen, dass die vom Markt erlaubten Kosten den Zielkosten entsprechen. Dies widerspricht jedoch dem Ansatz des Target-Costing. 4. Die Leistung nicht anbieten.

2.4

Zusammenfassung

Im arbeitsteiligen Tourismussystem lassen sich verschiedene Leistungsebenen unterscheiden, die – ausgehend von den touristischen Grundleistungen i.S.v. kleinsten einzel-konsumierbaren Einheiten – zum Zustandekommen und zur Vermarktung einer Pauschalreise beitragen. Da zahlreiche Unternehmen im Rahmen der touristischen Wertschöpfungskette an der Leistungserstellung beteiligt sind und da gerade für Reiseveranstalter der Umsatz größtenteils nur einen durchlaufenden Posten darstellt, sind die Umsatzrenditen relativ gering.

2 Preiskalkulation und Preisgestaltung bei Reiseveranstaltern

223

Die Leistungserstellung und Preiskalkulation im Tourismus muss im Hinblick auf bestimmte Marktsegmente erfolgen. Der Veranstaltermarkt in der Bundesrepublik lässt sich als Teilangebotsoligopol kennzeichnen. Für die praktische Preiskalkulation und Preisgestaltung bei Reiseveranstaltern liefern die preistheoretischen Modelle aufgrund ihrer realitätsfernen Prämissen allerdings nur sehr bedingt Ansatzpunkte. Die Reisepreiskalkulation des Veranstalters sollte daher sämtliche Überlegungen, Planungen, Entscheidungen und Analysen umfassen, die dazu dienen, einen wettbewerbsfähigen Einzelreisepreis (Kundenendpreis) festzulegen bzw. diesen hinsichtlich seiner Markt- und Unternehmensadäquanz zu überprüfen. Hierzu sind drei grundsätzliche Ansatzpunkte zu berücksichtigen: ƒ Kostenorientierung, ƒ Konkurrenzorientierung, ƒ Nachfrageorientierung. Für die kostenorientierte Preiskalkulation kann auf die bekannten Kalkulationsschemata (teilkosten-/deckungsbeitragsorientiert oder vollkostenorientiert) zurückgegriffen werden, wobei folgende, für den Tourismus besonders relevante Spezifika zu berücksichtigen sind: ƒ Währungsschwankungen: Das Währungsrisiko besteht in der (negativen) Abweichung des Devisenkurses von seinem Erwartungswert, der der Kundenpreiskalkulation zugrunde gelegt wird. Durch ein Währungsmanagement kann man dieses Risiko reduzieren. ƒ Auslastungsgrad: Die kalkulierte (bzw. die tatsächliche) Auslastung hat bei der Verteilung fixer Leistungskosten enorme Auswirkung auf das Preisniveau (bzw. auf das wirtschaftliche Ergebnis des Veranstalters). Die Problematik einer auslastungsorientierten Preiskalkulation liegt in einer Art „selffulfilling prophecy“ einer niedrigen Auslastung: Die Kalkulation mit niedrigen Auslastungsgraden führt zu hohen Angebotspreisen und damit zu einem tatsächlich niedrigen Auslastungsgrad! Zwischen kalkuliertem Auslastungsgrad und tatsächlicher Auslastung besteht also ein unmittelbarer Zusammenhang. ƒ Verschiedene Varianten des Kalkulationsaufschlags und der Reisebüroprovision haben große Auswirkungen auf das Reisepreisniveau der verschiedenen Saisonzeiten. Die nachfrageorientierte Preispolitik trägt dem Umstand Rechnung, dass der Katalogpreis eine zentrale Determinante im Rahmen des Entscheidungsprozesses eines Reisewilligen darstellt. Die Bedeutung des Reisepreises (im Vergleich zu anderen Determinanten) ist dabei abhängig von dem Preisinteresse und der Preiskenntnis des Einzelnen. Da in der Veranstalterpraxis Nachfragefunktionen nicht bekannt sind, bietet sich eine Orientierung an Preisschwellen an, um nachfrageorientiert die Katalogpreise festzusetzen. Für unterschiedliche Zielgruppen können dabei verschiedene Preisschwellen gelten, was eine Preisdifferenzierung ermöglicht. Für eine solche Preisdifferenzierung bieten sich im Veranstaltergeschäft verschiedene Ansatzpunkte: a) Zeitliche Preisdifferenzierung, b) Räumliche Preisdifferenzierung, c) Personelle Preisdifferenzierung, d) Mengenmäßige Preisdifferenzierung,

224

Kapitel III: Finanzmanagement von Veranstalterunternehmen

e) Preisdifferenzierung nach dem Vertriebsweg, f) Preisdifferenzierung in Verbindung mit Produktvariationen. Schließlich verlangt eine nachfrageorientierte Preisgestaltung, dass die vom Reiseveranstalter im Katalog ausgewiesene Preisstruktur für den Nachfrager verständlich und logisch nachvollziehbar ist. Ziel der konkurrenzorientierten Preisstellung ist eine Festlegung des Reisepreises dergestalt, dass die Konsumenten ƒ noch nicht zu Wettbewerbern abwandern und/oder ƒ gerade eben zum Wechsel zum eigenen Unternehmen bewegt werden. Preisstrategisch bieten sich einem Veranstalter drei grundsätzliche Verhaltensweisen gegenüber den Konkurrenten: ƒ unter dem Konkurrenzpreisniveau (im Sinne einer Penetrationsstrategie), ƒ dem Konkurrenzpreisniveau entsprechend, ƒ über dem Konkurrenzpreisniveau (im Sinne einer Abschöpfungsstrategie/skimmingpricing). Dabei kann es sinnvoll sein, während des Produktlebenszyklus die Preisstrategie zu ändern. Um konkurrenzorientiert die eigenen Preise gestalten zu können, bedarf es des Aufbaus eines Informationssystems hinsichtlich der relevanten Wettbewerber. Kosten-, Konkurrenz- und Nachfrageorientierung bilden ein „magisches Dreieck“ der Preiskalkulation. Jeder dieser drei Aspekte muss bei der Preisbildung und -darstellung durch Reiseveranstalterunternehmen hinreichend Berücksichtigung finden.

3

Cash-Management

3.1

Zahlenspielereien: Die Cash-Illusion 124

Jeder Touristiker kennt sie, die gesetzlich geforderte Absicherung von Kundengeldern. Diese Regelung erscheint im Grundsatz nicht ungerechtfertigt, wenn man bedenkt, dass Reiseveranstalter – und im Falle des sog. Reisebüroinkassos auch Reisemittler – wie kein anderes Dienstleistungsunternehmen mit dem Geld Anderer, nämlich dem ihrer Kunden, jonglieren können. Es ist keinesfalls ungewöhnlich, dass das Fremdkapital von Touristikunterneh125 men, vor allem eben in Form von erhaltenen Kundenanzahlungen , deren Eigenkapital 124 125

Siehe § 651 k BGB. Erhaltene Kundenanzahlungen müssen bis zum Zeitpunkt der Realisierung des Umsatzes in der Finanzbuchhaltung als Verbindlichkeiten gegenüber den Kunden erfasst werden. Hinsichtlich des richtigen Zeitpunkts der

3 Cash-Management

225

um ein Vielfaches übersteigt. Auf dem Bankkonto häufen sich die Millionen, der extrem positive Cash-Flow täuscht ein gesundes Unternehmen vor, auch größere Investitionen lassen sich scheinbar „aus der Portokasse“ tätigen – bis irgendwann der Cash-Zufluss einen Rückschlag erlebt und das Unternehmen wegen Zahlungsunfähigkeit oder gar Überschul126 dung Konkurs anmelden muss. Erschwerend kommt hinzu, dass aufgrund der starken Saisonalität des touristischen Geschäfts grundsätzlich hohe Schwankungen in der Liquidität auftreten. Das nachfolgende Beispiel verdeutlicht dies. Dieses zeigt, wie stark die Liquidität eines Reiseveranstalters im Zeitverlauf schwankt. Ausgehend davon, dass der Veranstalter die Kundengelder vor Reisebeginn vereinnahmt, die Mehrzahl seiner Leistungsträger jedoch erst nach Reiseende bezahlen muss, ergibt sich ein besonders hoher Cash-Überschuss in den Monaten Juni bis August. Mittels eines einfachen Zahlenbeispiels lässt sich leicht zeigen, wie schnell ein Touristikunternehmen dabei der Gefahr einer Cash-Illusion, also dem Trugschluss, über ausreichend Liquidität zu verfügen, erliegen kann. Die folgende Rechnung geht von neun Buchungen A 127 bis J aus, an denen das Unternehmen insgesamt nichts verdient; der Deckungsbeitrag einer jeden verkauften Reise beträgt also Null. Die Kundenanzahlungen fließen jeweils einige Zeit bevor die Leistungsträger vom Unternehmen bezahlt werden müssen (die Zeitpunkte t1 bis t9 könnten z.B. Wochen darstellen). Dadurch ergibt sich bis in die siebte Periode hinein ein ansehnlicher Cash-Flow, der aufgrund der starken Zunahme sogar den Eindruck eines enormen Unternehmenswachstums vermittelt. Erst in den letzten beiden Perioden zeigt sich das gesamte Ausmaß der Cash-Illusion, da plötzlich der Buchungseingang beendet ist. Zusätzliche, kontinuierlich eingehende Buchungen vorausgesetzt, ließe sich das Cash-Wachstum weiter fortspielen – das tatsächliche, insbesondere durch die fixen Gemeinkosten verursachte „Loch“ würde jedoch immer größer. Dieses Phänomen, dass die Expansion sich solange selbst trägt, bis die Wachstumsraten zurückgehen, erinnert an die bekannten Kettenbriefe und Schneeballsysteme. Durch eine Multiplikation dieser Beispielzahlen mit 1.000 oder 10.000 ergibt sich bereits die realistische Größenordnung eines mittelständischen Reiseveranstalters.

Umsatzrealisierung gibt es in Literatur und Praxis verschiedene Auffassungen; den Grundsätzen einer ordnungsgemäßen, d.h. auch vorsichtigen Buchführung entsprechend erscheint der Tag des Reiseendes der geeignete Realisierungszeitpunkt zu sein, zu dem aus den erhaltenen Anzahlungen (bzw. den an Leistungsträger geleisteten Anzahlungen) Umsätze (bzw. Aufwendungen für Vorleistungen) werden. Gleichwohl fordert die IASSystematik (International Accounting Standards), das Datum des Reisebeginns als Realisationszeitpunkt zu wählen. 126

127

Mit „Cash“ bezeichnet man in der Betriebswirtschaftslehre die liquiden Mittel, die verfügbaren Finanzmittel einer Unternehmung. Unter Cash-Flow versteht man die Veränderung des Cash, also den finanzwirtschaftlichen Überschuss (oder Differenzbetrag), somit die Differenz zwischen Einzahlungen und Auszahlungen in einer Periode, also zum Beispiel einem Jahr Als Deckungsbeitrag bezeichnet man den Überschuss der Umsatzerlöse über die direkt zurechenbaren (Einzel-) Kosten, hier also über die Aufwendungen für Reisevorleistungen der Leistungsträger. Der Deckungsbeitrag dient dann zur Deckung der – nicht direkt einer Reise zurechenbaren – Gemeinkosten und zur Erzielung eines darüber hinaus gehenden Gewinns.

226

Kapitel III: Finanzmanagement von Veranstalterunternehmen Einzahlungen aus verkauften Reisen

Monat

Januar

358.000

Februar März

Cash-Flow aus Auszahlungen an Cash-Flow aus Leistungsträger für Reiseleistungen pro Reiseleistungen kumuliert Periode verkaufte Reisen

80.100

277.900

277.900

203.500

76.500

127.000

404.900

258.000

311.400

-53.400

351.500

April

183.000

177.000

6.000

357.500

Mai

230.000

224.000

6.000

363.500

Juni

650.000

159.000

491.000

854.500

Juli

932.000

200.000

732.000

1.586.500

August

565.000

450.000

115.000

1.701.500

September

140.000

910.000

-770.000

931.500

Oktober

108.000

330.000

-222.000

709.500

November

89.000

122.000

-33.000

676.500

Dezember

85.000

94.000

-9.000

667.500

3.801.500

3.134.000

667.500

Summe:

2.000.000

1.500.000

1.000.000

Einzahlungen Auszahlungen

500.000 Cash-Flow pro Periode 0

Cash-Flow gesamt

-500.000

-1.000.000

Abbildungen III.3.a.: Entwicklung des Cash-Flows eines mittelständischen Reiseveranstalters

3 Cash-Management

227 Zeitpunkt

t1

Reise

A

t2

100

B C D E F G H I

200 150

t4

t5

400

-500

t6

-200 200 100

t8

-1000

0 -850 0 -1000 0 0 -1000 0 -750 0 -800 0 -1200 0

900 800 -500

400

800 500 600

250 200 300

Auszahlungen für Fixkosten Kumulierter Gesamtcash

t7

900

550

650

1300

850

1500 2800

500

500

500

-200

-150

0

t9

Summe 0

800

200

Cash-Flow der Pe300 riode aus Buchungen Kumulierter Cash aus 300 Buchungen

5500

t3

700

1200

900

-2950 -2650 0

3500 4700

5600

2650

0

0

500

500

500

500

500

4500

800

1000 1700

2100

-1350 -4500 -4500

500

Cash in EUR

4500 3500 2500

Fixkosten

1500

Cash flow der Periode aus Buchungen 500

Kumulierter Cash aus Buchungen

-500

Kumulierter Gesamtcash

-1500 -2500 -3500 -4500

1

2

3

4

5

6

7

8

9

Periode

Abbildungen III.3.b.: Beispielrechnung für einen positiven Cash-Flow trotz negativem Geschäftsergebnis

Zwar ist kaum davon auszugehen, dass Touristikunternehmen über längere Zeiträume hinweg Buchungen ohne jeglichen Deckungsbeitrag realisieren. Durchaus denkbar und in der Realität oft genug zu beobachten ist jedoch, dass ein starkes Unternehmenswachstum, definiert als Zunahme der Buchungs-, Pax- und Umsatzzahlen, zu so hohen fixen Gemein-

228

Kapitel III: Finanzmanagement von Veranstalterunternehmen

kosten führt, dass die zu geringen Gewinnmargen zu deren Deckung nicht ausreichen. Der Effekt der hohen Kundenanzahlungen bewirkt, dass dieses Wachstum zunächst problemlos zu finanzieren ist. Fatal wirken sich in einer solchen Situation plötzliche Umsatzeinbrüche aus. Nur wer langfristig vorausplant, was er wann zu bezahlen hat, ist vor bösen Überraschungen gefeit und kann die benötigte Liquidität zu optimalen Konditionen beschaffen. Dieser Gefahr steht natürlich andererseits die große Chance gegenüber, die verwalteten Kundengelder zu guten Konditionen am Kapitalmarkt anzulegen, um Zinserträge zu erwirtschaften. Nur wer den Überblick über seine freien Mittel behält, schafft sich die Möglichkeit, Finanzmittel zinsoptimal anzulegen. Ziel des Cash-Managements ist es daher, den Liquiditätsbedarf bzw. die finanziellen Anlagemöglichkeiten rechtzeitig zu erkennen und gleichzeitig die optimalen Lösungen im Sinne von Geldbeschaffungs- oder Geldanlage128 strategien zu finden.

3.2

Kennzahlen der Liquidität und der kurzfristige Liquiditätsplan als Ausgangspunkt eines effizienten Cash-Managements

Der Cash-Flow (englisch: Kassen- oder Bargeldfluss) ist einer der wichtigsten Kennzahlen zur Analyse der Liquidität von Unternehmen. Er beschreibt den finanzwirtschaftlichen Überschuss, also die Differenz zwischen Einzahlungen und Auszahlungen in einer Periode, und zeigt somit die Möglichkeit einer Unternehmung auf, sich aus eigener Kraft zu finanzieren. Er dokumentiert, welche selbst erwirtschafteten Mittel dem Unternehmen frei zur Verfügung stehen (beispielsweise für die Finanzierung von Investitionen, zur Schuldentilgung, für Dividendenauszahlungen etc.). Die Berechnung erfolgt zum einen unmittelbar und exakt aus den tatsächlichen Zahlungsströmen, welches die direkte Ermittlungsmethode darstellt. Oft wird für diese Kennzahl nicht jede Art von Ein- und Auszahlungen berücksichtigt, sondern nur solche, die aus Erträgen bzw. Aufwendungen resultieren. So ergibt sich der Cash-Flow aus einzahlungswirksamen Erträgen minus den auszahlungswirksamen Aufwand. Gelegentlich wird dieser dann noch aufgeteilt in den ƒ Operativen Cash-Flow (Zahlungsüberschuss aus der laufenden Geschäftstätigkeit), ƒ Investitions-Cash-Flow (Zahlungsüberschuss aus der Investitionstätigkeit), ƒ Finanzierungs-Cash-Flow (Zahlungsüberschuss aus der Finanzierungstätigkeit). Wenn ein derart definierter (operativer) Cash-Flow nur diejenigen Zahlungsströme berücksichtigt, die sich aus Erträgen bzw. Aufwendungen ergeben, dann werden z.B. die im Veran-

128

Vgl. auch Hofmann, Crux, S. 172.

3 Cash-Management

229 129

staltergeschäft nicht unbedeutenden erhaltenen Kundenanzahlungen ausgeblendet. Die tatsächliche Liquiditätsveränderung ist dann wesentlich höher als der derart ausgewiesene Cash-Flow. Aus diesem Grund scheint diese eingeschränkte Cash-Flow-Definition weniger geeignet, um den finanzwirtschaftlichen Überschuss eines Reiseveranstalters innerhalb einer Periode abzubilden. Zum anderen kommt die indirekte Methode der Cash-Flow-Ermittlung insbesondere dann zur Anwendung, wenn man – z.B. als unternehmensexterner Analyst – nicht unmittelbar auf die Finanzkonten schauen kann. Beide Verfahren, die direkte und die indirekte Methode, führen zum selben Ergebnis. Die indirekte Methode stellt sich folgendermaßen dar: Bilanzgewinn/Jahresüberschuss + Aufwendungen, die keine Auszahlungen bewirken, also z.B. + Nettozuweisungen zu den offenen Rücklagen + Abschreibungsgegenwerte auf Sach- und Finanzanlagen + Erhöhung der Pensionsrückstellungen + Steuern vom Einkommen und Ertrag – Erträge, die keine Einzahlungen bewirken, also z.B. – Abnahme der Pensionsrückstellungen – Zuschreibungen auf Vermögensgegenstände = Cash-Flow Ausgehend vom Jahresüberschuss werden somit die nicht-liquidätswirksamen Positionen der GuV ausgeklammert, um zum finanzwirtschaftlichen Überschuss zu gelangen. Diese indirekte Methode der Cash-Flow-Ermittlung liefert natürlich nur einen Näherungswert. Zudem ist gemäß dieser Formel die Höhe des Cash-Flows manipulierbar über die Bemessung zum Beispiel der Abschreibungen. Das nachfolgende Beispiel verdeutlicht die Berechnung der Cash-Flow: Büroausstattung Bank Kasse

Eröffnungsbilanz 12.000,- Eigenkapital 20.000,- Fremdkapital 2.000,34.000,-

14.000,20.000,34.000,-

Geschäftsvorfälle: 1. Kauf eines neuen Computers gegen Verbindlichkeiten Büroausstattung an Verbindlichkeit 2.000,– 2. Abschreibung der Büroausstattung Abschreibung an Büroausstattung 200,–

129

Die Kunden von Reiseveranstaltern zahlen i.d.R. vor Reisebeginn den Reisepreis an den Veranstalter. Die so vereinnahmte Zahlung, die erst zum Zeitpunkt der Erbringung der Reiseleistung durch den Veranstalter ertragswirksam wird, wird bis dahin vom Veranstalter als eine Verbindlichkeit gegenüber dem Kunden („erhaltene Kundenanzahlung“) in der Finanzbuchhaltung erfasst.

230

Kapitel III: Finanzmanagement von Veranstalterunternehmen

3. Überweisung der Raummiete Raumkosten an Bank 1.000,– 4. erhaltene Kundenanzahlung in bar Kasse an erh. Kundenanzahlung 500,– 5. Erhalt von Zinserträgen Bank an Zinserträge 2.000,–

Abschreibungen Raumkosten Gewinn

Büroausstattung Bank Kasse

Gewinn- und Verlustrechnung 200,- Zinserträge 1.000,800,2.000,-

Schlussbilanz 13.800,- Eigenkapital 21.000,- Fremdkapital 2.500,37.300,-

2.000,-

2.000,-

14.800,22.500,37.300,-

Cash-Flow-Berechnung nach der direkten Methode: einzahlungswirksame Erträge 2.000,– auszahlungswirksame Aufwendungen 1.000,= Cash-Flow 1.000,Cash-Flow-Berechnung nach der indirekten Methode: Jahresüberschuss 800,+ auszahlungsunwirksame Aufwendungen 200,– einzahlungsunwirksame Erträge 0,= Cash-Flow 1.000,Abbildungen III.3.c.: Beispiel zu Bilanz, Buchungssätze und Cash-Flow-Berechnung

Somit führen beide Berechnungsmethoden zum gleichen Ergebnis. Die tatsächliche Veränderung der Liquidität beträgt allerdings +1.500.– EUR, da die erhaltenen Anzahlungen zusätzlich berücksichtigt werden können/sollten. Die auf Kasse und Bank verfügbaren liquiden Mittel erhöhen sich nämlich von 22.000.– EUR (Eröffnungsbilanz) auf 23.500.– EUR (Schlussbilanz). Beim o.g. Cash-Flow-Ermittlungsansatz „Einzahlungen minus Auszahlungen“ ergibt sich dies: Einzahlungen = 2.000.– EUR Zinserträge + 500.– EUR Kundenanzahlungen = 2.500.– EUR – Auszahlungen = 1.000.– EUR Mietzahlung = Cash-Flow = 1.500.– EUR

3 Cash-Management

231

Es gibt zahlreiche weitere Definitionen des Cash-Flow, auf die an dieser Stelle jedoch nicht 130 eingegangen werden soll. Wie auch immer im Detail definiert: Diese Kennzahl liefert Informationen darüber, inwieweit sich eine Unternehmung von innen heraus finanzieren kann, inwieweit sie also liquide ist. Und dieser Wert ist bei Reiseveranstaltern angesichts der Zeitdifferenz zwischen Kundenanzahlungen und Auszahlungen an die Leistungsträger in der Regel erfreulich positiv. Gleichwohl sagt der für eine (längere) Periode ermittelte Cash-Flow nicht sicher aus, dass das Unternehmen tatsächlich zu jedem Zeitpunkt innerhalb dieser Periode liquide war, ob es also jederzeit in der Lage war, seine fälligen Zahlungsverpflichtungen zu erfüllen. Aus diesem Grund sollten zur Beurteilung der Liquidität immer verschiedene Liquiditätskennziffern herangezogen werden. Daher gibt es eine Reihe weiterer Kennzahlen, die die Liquidität einer Unternehmung zu kennzeichnen versuchen, so zum Beispiel: ƒ Liquidität 1. Grades (= Barliquidität, quick ratio) – Berechnung: Zahlungsmittel : kurzfristiger Verbindlichkeiten · 100 – Hintergrund: Kann die Unternehmung ihre kurzfristig fälligen Verbindlichkeiten aus den vorhandenen liquiden Mitteln begleichen?

Liquidität 1. Grades =

Zahlungsmittel ⋅ 100 kurzfristige Verbindlichkeiten

ƒ Liquidität 2. Grades (= acid test) – (Zahlungsmittel + kurzfristige Forderungen) : kurzfristige Verbindlichkeiten · 100 – Hintergrund: Kann die Unternehmung ihre kurzfristig fälligen Verbindlichkeiten begleichen, wenn sie über die vorhandenen (und evtl. nicht ausreichenden) liquiden Mittel hinaus auch die zu erwartenden Zahlungseingänge erhält?

Liquidität 2. Grades =

Zahlungsmittel + kurzfristige Forderungen ⋅ 100 kurzfristige Verbindlichkeiten

ƒ Liquidität 3. Grades (= current ratio) – (Zahlungsmittel + kurzfristige Forderungen + Vorräte): kurzfristige Verbindlichkeiten · 100 – Hintergrund: Falls liquide Mittel und zu erwartende Zahlungseingänge aus kurzfristigen Forderungen nicht ausreichen sollten, um die kurzfristig fälligen Verbindlichkeiten zu begleichen, verfügt die Unternehmung dann über kurzfristig liquidierbares Umlaufvermögen? – Wissenswert: ƒ Die sog. Goldene Bilanzregel erfordert hier einen Wert von mindestens 100 Prozent. ƒ Reiseveranstalter und Reisemittler sind, so wie die meisten Dienstleistungsunternehmen, hier im Vergleich zur Liquidität 2. Grades kaum besser gestellt, da sie in

130

Vgl. ausführlich Preißner 2003, S. 191–195; Fischer 2000, S. 192–199.

232

Kapitel III: Finanzmanagement von Veranstalterunternehmen

der Regel naturgemäß kaum veräußerbare Vorräte haben (Selbst die teuer gedruckten Kataloge sind nach kurzer Zeit nur noch Altpapier …). Liquidität 3. Grades =

Zahlungsmittel + kurzfristige Forderungen + Vorräte kurzfristige Verbindlichkeiten

ƒ Working Capital (= Nettoumlaufvermögen, arbeitendes Umlaufvermögen) – Umlaufvermögen – kurzfristige Verbindlichkeiten/Fremdkapital – Hintergrund: Ist eine Maßgröße für die Generierung eines positiven Cash-Flows. Bei einem positiven Wert wird von einem finanziellen Gleichgewicht gesprochen, bei einem negativen droht Illiquidität. – Wissenswert: Da die hohen Kundenanzahlungen an einen Reiseveranstalter einerseits im Umlaufvermögen (zum Beispiel Bank), andererseits als „erhaltene Kundenanzahlungen“ in den kurzfristigen Verbindlichkeiten stehen, kann diese Kennzahl „objektiver“ sein als der Cash-Flow, der von der zeitlichen Spanne zwischen Kundengeld-Einzahlungen und leistungsträgerbezogenen Auszahlungen profitiert (zum Beispiel bei Abrechnungsperiode = Kalenderjahr: erhaltene Kundenzahlungen im Dezember für Reisen über Sylvester; Bezahlung der Leistungsträger erst im Januar).

Solche Kennzahlen haben isoliert betrachtet nur eine begrenzte Aussagekraft und sollten deshalb immer in Bezug zu Vorjahres- oder Branchenwerten gesetzt werden, um Veränderungen erkennen und daraus Rückschlüsse auf die Unternehmensentwicklung ziehen zu können. Um die Liquidität sicherzustellen, der Gefahr der Cash-Illusion zu begegnen und gleichzeitig die Chancen des hohen Cash-Flows zu nutzen, bedarf es eines effizienten CashManagements. Als wesentliches Instrument hierzu dient der kurzfristige Finanzplan, aus dem sich die Liquiditätserfordernisse ebenso wie die zur Anlage am Kapitalmarkt verfügbaren Mittel ersehen lassen. Als zweckmäßig erweist sich für Reiseveranstalter und Reisemittler folgender Aufbau: Ausgangspunkt bildet immer der zum Planungszeitpunkt aktuelle Cash-Bestand, der sich aus der Summe der auf den einzelnen Liquiditätskonten (Girokonten, Kassen, etc.) des Unternehmens vorhandenen finanziellen Mittel ergibt. Den Einzahlungen, die vornehmlich aus verbuchten Reiseleistungen, daneben jedoch auch aus sonstigen Liquiditätszugängen (z.B. auch aufgrund sonstiger Verkäufe oder fälliger Termingelder) resultieren, werden die Auszahlungen gegenübergestellt. Diese ergeben sich zum einen ebenfalls aus den Reisebuchungen, zum anderen aus den davon unabhängigen Fixkosten. Die hier zu berücksichtigenden Posten können sich an den im Unternehmen anfallenden Kostenarten orientieren. Die Cash-Analyse umfasst jeweils mehrere Perioden. Je kleiner die einzelne Periode definiert wird, desto genauer, aber auch desto aufwendiger ist die Planung. So wird es gerade in mittelständischen Unternehmungen nicht möglich sein, täglich den Liquiditätsstatus aufzustellen. Hier genügt i.d.R. eine wochenweise, dekaden-/10-tagesweise oder monatliche Planung. Der Prognosezeitraum sollte ausreichend lang gewählt werden (z.B. drei Monate oder eine Saison), um auch die mittelfristige Liquiditätssituation abschätzen zu können. Dabei tritt jedoch das Problem auf, dass mit zunehmendem Planungshorizont Eintritt und Höhe der

3 Cash-Management

233 Zeit (z.B. Wochen)

Cash-Position

1

Aktueller Cash-Bestand

25000

2

3

4

5

etc.

Einzahlungen

aus Reiseleistungen

95000

63000

56000

82000

77000

sonstige

6000

3000

4000

4000

6000

Summe:

101000

66000

60000

86000

83000

67000

50000

45000

70000

85000

Miete u. Nebenkosten

0

0

9500

0

780

Löhne u. Nebenkosten

0

0

48600

2680

0

Tel./Kommunikation

450

0

0

2600

0

Werbung

0

0

0

4300

0

einmalige Auszahlungen (für Investitionen)

0

0

0

0

0

Summe:

67450

50000

103100

79580

85780

Cash-Flow der Periode

33550

16000

-43100

6420

-2780

Kumulierter Cash-Bestand

58550

74550

31450

37870

35090

Auszahlungen

an Leistungsträger für Reisevorleistungen sonstige laufende Auszahlungen (Kostenarten)

...etc....

Abbildung III.3.d.: Aufbau eines kurzfristigen Finanzplans für Touristikunternehmen

Zahlungsströme immer unsicherer werden. So ist heute noch nicht bekannt, wie viel Cash aus Reisebuchungen in einem Jahr eingehen wird, da die Mehrzahl dieser Reisen heute noch nicht eingebucht ist. Um Scheingenauigkeiten zu vermeiden, sollte die Periodeneinteilung mit zunehmendem Zeithorizont daher grober werden. Zeit (Planungszeitraum, gerechnet ab heute) Tage Cash-Position

1

Wochen 2

3

4

5

6

2

3

4

5

Monate

Quartale

2

2

3

3

etc. 4

Einzahlungen

aus Reiseleistungen etc.

Abbildung III.3.e.: Beispiel zum Aufbau der Zeitachse eines kurz- und mittelfristigen Liquiditätsplans

.

234

Kapitel III: Finanzmanagement von Veranstalterunternehmen

Im Sinne einer rollierenden Planung sollte die Übersicht gemäß der kleinsten gewählten Periodisierung aktualisiert werden, bei tageweiser Übersicht also möglichst täglich, bei wochenweiser einmal pro Woche. Darüber hinaus ist es natürlich erforderlich, eine langfristige Kapitalbedarfsplanung für einen Zeitraum von bis zu fünf Jahren auf Basis aggregierter Werte aufzustellen, um das strukturelle Finanzgleichgewicht des Unternehmens zu garantieren und der Gefahr der langfristigen Illiquidität vorzubeugen. Die praktische Durchführung einer solchen Planung sollte heute unbedingt EDV-gestützt erfolgen. Nur so ist eine effiziente Erstellung und rasche Aktualisierung der Übersichten möglich. Im einfachsten Fall genügt bereits ein modernes Tabellenkalkulationsprogramm (MS-Excel o.ä.), um ein unternehmensindividuelles Finanzplanungsraster zu erstellen. Wer über ein größeres Software-Budget verfügt, kann sich spezielle Finanzplanungsprogramme zulegen; die Preise schwanken hier zwischen wenigen und vielen tausend Euro (für z.B. SAP-basierte Systeme). Für Touristikunternehmen besonders sinnvoll sind entsprechende Zusatzmodule, die auf das vorhandene Buchungs- und Reservierungssystem des Reiseveranstalters oder Reisemittlers zurückgreifen. Eines der zentralen praktischen Probleme besteht vielfach darin, die (neue) Finanzplanungssoftware mit den bereits installierten Reservierungs-, Buchhaltungs- und Kostenrechnungsprogrammen zu verbinden. Hier gilt es, entsprechende EDV-Schnittstellen zu schaffen. Eines der zentralen praktischen Probleme besteht vielfach darin, die (neue) Finanzplanungssoftware mit den bereits installierten Reservierungs-, Buchhaltungs- und Kostenrechnungsprogrammen zu verbinden. Hier gilt es, entsprechende EDV-Schnittstellen zu schaffen. Manche Inhouse-CRS wie z.B. Jack/JackPlus bzw. DaVinci von Bewotec bieten Finanzplanungsmodule, die unmittelbar auf die Daten des CRS bzw. der integrierten Finanzbuchhaltung zugreifen. Man erhält hier jedoch i.d.R. keine Informationen über z.B. künftige Auszahlungen für Verbindlichkeiten, die erst nach dem aktuellen Tagesdatum entstehen bzw. über solche, die nicht reisevorgangsbezogen sind (z.B. Mieten, Gehälter, Steuerzahlungen, Darlehenszinszahlungen etc.). Das für die Planung erforderliche Datenmaterial ergibt sich ƒ aus dem Inhouse-Reservierungssystem des Unternehmens: Gute Reservierungssysteme, die der Verwaltung der eigenen Reisebuchungen dienen, sollten in der Lage sein, die für die einzelnen Reservierungen zu erwartenden Ein- und Auszahlungen aggregiert für einzelne Perioden zu ermitteln. ƒ aus Erfahrungswerten der Vergangenheit (z.B. Telefonaufwendungen), ƒ aus festen Verträgen (z.B. Mietverträge, Arbeitsverträge mit Fixlöhnen), ƒ aus geplanten/festgelegten Budgets (z.B. Werbebudget), ƒ sowie „zur Not“ auf Basis von qualifizierten Schätzungen.

Im Rahmen der Datenermittlung sollten u.U. geeignete Prognoseverfahren genutzt werden, um die künftigen Veränderungen besser berücksichtigen zu können (z.B. Trendextrapolationen). Die nachfolgende Abbildung zeigt die Struktur des monatlichen Liquiditätsplanung bei ITS. Als Besonderheit zeigt sich hier, dass neben ITS Deutschland noch diverse Schwesterunternehmen in die Finanzplanung einbezogen werden. Die Zahlenwerte wurden aus verständlichen Gründen unkenntlich gemacht.

3 Cash-Management

Abbildung III.3.f.: Struktur des Finanzplans bei ITS

235

236

Kapitel III: Finanzmanagement von Veranstalterunternehmen

Doch zurück zu unserem fiktiven Beispiel von oben: Hier zeigt sich für die ersten beiden Perioden ein Cash-Überschuss. Diese Beträge sollten – abzüglich einer „Liquiditätsreserve“ für unvorhersehbare Ausgaben und/oder Planungsfehler – gewinnbringend am Kapitalmarkt angelegt werden. Für die dritte Periode wird hingegen ein Cash-Bedarf prognostiziert, für dessen Deckung rechtzeitig gesorgt werden muss. Denkbare Anlagestrategien ab der Periode 1 könnten daher sein: ƒ 58.550.– EUR für zwei Perioden (Wochen) anlegen, 16.000.– EUR ab der nächsten Periode für eine Periode anlegen; dann die verbleibenden 31.500.– EUR erneut anlegen. Diese Möglichkeit dürfte angesichts mangelnder Anlagemöglichkeiten (wochenweise) jedoch kaum zu realisieren sein. ƒ 31.450.– EUR für vier Perioden anlegen; die verbleibende Liquidität, die in Periode drei benötigt wird, bleibt vorerst ohne Zinserträge zu erwirtschaften auf dem Girokonto.

Diverse weitere Dispositionsalternativen sind vorstellbar. In der Praxis stellt sich nun die Frage, welche Möglichkeiten der Anlage von kurzfristig überschüssigen Finanzmitteln sich 131 bieten.

3.3

Anlagealternativen für kurzfristige Finanzüberschüsse

Beginnen wir auch hier mit einem einfachen Rechenbeispiel, um die Bedeutung der richtigen Kapitalanlage zu verdeutlichen: Der Cash-Flow betrage am Ende von neun Perioden (Monaten) wieder Null, sei in den einzelnen Perioden zunächst jedoch durchaus positiv. Dieser Finanzüberschuss wird zu 9% Jahreszinsen am Kapitalmarkt angelegt. Zeitpunkt t1

t2

t3

t4

t5

t6

t7

t8

t9

Veränderung der Anlage zu 9% p.a. Kumulierte Geldanlage

300

850

1500 2800

3500 4700

5600

Zinsen am Monatsende

2,25

6,38

11,25 21,00

26,25 35,25

42,00 19,88 0,00

Summe

+ 300 + 550 + 650 + 1300 + 700 + 1200 + 900 – 2950 – 2650 2650

0 164,25

(9% auf Gesamtanlage · 1/12) Abbildung III.3.g.: Beispiel für die Erzielung eines Zinsertrags trotz eines Gesamt-Cash-Flow von Null

Es ergibt sich ein Zinsgewinn von 164,25 EUR (Zinseszinsen unberücksichtigt) aus Geld, das dem Touristikunternehmen kostenlos von seinen Kunden zur Verfügung gestellt wurde. Hätte das Unternehmen kein Cash-Management betrieben (Motto: Das Geld wird ja später 131

Daneben steht natürlich die Frage, welche Finanzierungsquellen sich im Falle einer Unterdeckung bieten. Dies soll jedoch nicht Thema dieses Beitrags sein.

3 Cash-Management

237

sowieso wieder voll benötigt), so wäre es nach t9 um 164,25 EUR ärmer (auch hier führt eine Multiplikation mit 1.000 oder 10.000 zu realistischen Größenordnungen). Welche konkreten Anlagemöglichkeiten bestehen nun? Jede Form der Kapitalanlage hat ihre spezifischen Vor- und Nachteile. Dabei konkurrieren grundsätzlich drei Ziele miteinander: ƒ Rentabilität der Anlageform, i.d.R. durch einen Zinssatz oder durch die Differenz zwischen Ankauf/Auszahlung und Verkauf/Einzahlung ausgedrückt, ƒ Liquidität, als Maß der zeitlichen Verfügbarkeit, i.d.R. durch den Kapitalbindungszeitraum definiert, ƒ Sicherheit der Anlage, gemessen an der Wahrscheinlichkeit eines Verlusts des angelegten Geldes.

Rentabilität

Verfügbarkeit

Sicherheit

Abbildung III.3.h.: Das „magische Dreieck“ der Geldanlage

Diese drei Ziele, die jeder Anleger gerne erreicht sehen möchte, stehen im Konflikt zueinander. Es lässt sich keine Anlage finden, die alle drei Anforderungen optimal erfüllt. Höhere Renditen erhält in der Regel derjenige, der hinsichtlich der zeitlichen Verfügbarkeit oder der Sicherheit zu Risiken bereit ist. Dies macht die Wahl der richtigen Anlageform auch für Tourismusunternehmen so schwierig. Gewiss ist nur, dass das Ansammeln von Cash-Bergen auf dem Girokonto die schlechteste Alternative darstellt. Oberstes Gebot beim Umgang mit verwalteten Kundengeldern muss die Anlagesicherheit sein. Aus erhaltenen Anzahlungen resultierende Cash-Überschüsse einer Periode sollten daher so angelegt werden, dass sich der prognostizierte Cash-Bedarf späterer Zeiträume (zum Beispiel aufgrund von Zahlungsverpflichtungen gegenüber den Leistungsträgern) auf jeden Fall befriedigen lässt. Insofern kommen also nur solche Anlageformen in Betracht, die sich durch eine hohe Sicherheit und eine plangemäße zeitliche Verfügbarkeit auszeichnen. Favorit unter den Anlagemöglichkeiten, die diese Anforderungen erfüllen, ist das Festgeld (Termingeld(konto)). Auf Termin (in der Regel 30, 60 oder 90 Tage) lässt sich eine feste Summe (in der Regel ab 5.000.– €€ ) bei der Bank anlegen. Zum vereinbarten Fälligkeitster-

238

Kapitel III: Finanzmanagement von Veranstalterunternehmen

min fließt der Anlagebetrag nebst Zinsen auf das Girokonto zurück, sofern das Festgeld nicht verlängert wird. Neben der kurzfristigen Disposition von Cash-Überschüssen auf Termingeldkonten, bietet es sich an, Überschüsse auf Tagesgeldkonten zu disponieren. Diese bieten eine tägliche Verfügbarkeit der Einlagen mit etwas geringerer Verzinsung im Vergleich zum Festgeld. Manche Geldinstitute nennen diese Alternativen auch „Geldmarktkonten“, die ebenfalls kostenfrei geführt werden und eine ähnliche Verzinsung wie Termingelder aufweisen, bei denen das Geld allerdings ohne Kündigungsfristen täglich verfügbar ist. Eine Sonderform des Tagesgeldkontos stellt das Währungsanlagekonto dar. Dieses bietet ebenfalls eine tägliche Verfügung über das Geld, arbeitet jedoch in fremder Währung. Oftmals wird dieses besser verzinst (bis zu 15%), beinhaltet jedoch ein gewisses Risiko, da sich der Devisenumrechnungskurs sowohl positiv als auch negativ auswirken kann. Bei der Vereinbarung der Festgeldkonditionen mit einer Bank sollte folgendes beachtet werden: ƒ Die Zinsen variieren zum Teil erheblich, und zwar nicht nur gemäß der Anlagedauer (30, 60 oder 90 Tage), sondern auch von Ort zu Ort (so lagen zum gleichen Zeitpunkt die Festgeldzinsen bei der Sparkasse in A. bei 1,75 Prozent, bei der Sparkasse in W. bei 2,15 Prozent) und von Kreditinstitut zu Kreditinstitut (zum Beispiel: Sparkasse: 1,75 Prozent; Commerzbank: 2 Prozent). Vergleiche und Verhandlungen lohnen also! ƒ Auch kann es sinnvoll sein, bei verschiedenen Banken Festgelder zu parken, um diese gegeneinander „ausspielen” zu können. Aber Achtung: Die Verhandlungsmacht aufgrund des großen Volumens (s.u.) könnte durch ein Splitting verloren gehen. ƒ Banken geben Zinssenkungen am Markt direkt an ihre Festgeldkunden weiter. Zinssteigerungen lassen diesen Automatismus hingegen vermissen. Ein einmal mit der Bank vereinbartes Zinsniveau sollte daher regelmäßig auf seine Aktualität, sprich: Marktadäquanz, hin überprüft werden, um ggf. rechtzeitig Nachverhandlungen führen zu können. ƒ Je mehr Geld angelegt wird, desto höhere Zinsen lassen sich aushandeln. Bereits 50.000.– €€ erwirtschaften in der Regel bessere Renditen als 10.000.– €€ (zum Beispiel 3 Prozent zu 3,2 Prozent), und ab 100.000.– €€ oder 500.000.– €€ werden viele Banken nochmals hellhörig. ƒ Alleine in Zeiten mit sehr niedrigem Zinsniveau (so z.B. 2009/2010) kann es sein, dass unabhängig von der Höhe des Anlagebetrags und der Laufzeit nur sehr niedrige Zinssätze (z.B. 0,5% bis 1%) realisierbar sind. ƒ Ist der von der Bank geforderte Mindestbetrag (z.B. mindestens 10.000.– € € ) angelegt, so kann dasselbe Festgeld auch um „krumme“ Beträge (also zum Beispiel 3000.– €€ ) zum jeweiligen Fälligkeitstermin erhöht oder reduziert werden. Auch lassen sich in der Regel beliebige Laufzeiten ab 30 Tagen (also zum Beispiel 35, 44, etc.) vereinbaren. Dadurch können bei einem heutigen hohen Cash-Überschuss die Fälligkeitstermine gleichmäßig verteilt werden, um die spätere Liquidität in zeitlicher Hinsicht zu erhöhen (Beispiel: 120.000.– €€ heute verfügbar; davon jeweils 40.000.– €€ auf 30, 40 und 50 Tage anlegen, so dass – nach Ablauf eines Monats – jeweils alle 10 Tage ein Festgeld zur Disposition steht). Bei den flexiblen Geldmarktkonten ist dies ohnehin möglich.

3 Cash-Management

239

Finanzmittel, die auch auf längere Sicht als Cash zur Verfügung stehen, können hingegen in solche Anlagen investiert werden, die hinsichtlich ihrer späteren Liquidierung zeitlich oder – bei entsprechender Risikofreude des Verantwortlichen – grundsätzlich bezüglich der Rückzahlungshöhe als weniger sicher bekannt sind, dafür aber höhere Renditen versprechen. Auch hier bietet sich eine Reihe von Alternativen. Die folgende Übersicht soll, ohne Anspruch auf Vollständigkeit, als erste Orientierung dienen. Bei der Rentabilität ist zu beachten, dass es sich hierbei um eine nominale Größe handelt, die Inflationsrate also unberücksichtigt bleibt. Touristikunternehmen, die erhaltene Kundengelder zu 2 Prozent auf ein Sparbuch legen und sich einer Inflationsrate von 3 Prozent gegenübersehen, sparen sich aufgrund des negativen Realzinses ärmer! Darüber hinaus sollten auch etwaige zu zahlende Steuern auf Zinseinkünfte mit berücksichtigt werden. Anlageform Kasse/Barmittel

Beurteilungskriterium Rentabilität Null

Girokonto Tagesgeldkonto

gering (0 bis 1%) gut

Festgelder (Termineinlagen)

gut (Verhandlungsspielraum bei größeren Anlagebeträgen; zusätzlicher Zinseszinseffekt bei Verlängerung)

Spareinlagen (Sparbuch)

gering (jedoch Möglichkeit zur Einlage von kleineren Beträgen als bei Termineinlagen) relativ gut (keine Transaktionskosten)

Sparbriefe (Sparobligationen)

Bundesschatzbriefe

mittel bis gut

Liquidität/Verfügbarkeit sofort verfügbar

Sicherheit gering (Gefahr von Diebstahl oder sonstigem Untergang)

sofort verfügbar sehr gut, Verfügung über Guthaben durch Überweisung auf das Girokonto der Hausbank gut, je nach Anlagedauer kurzfristig verfügbar (i.d.R. 30, 60 oder 90 Tage Laufzeit; bei Geldmarktkonten ohne Frist); Stückelung: i.d.R. ab 5.000 €€ ; keine Transaktionskosten eingeschränkt, Kündigungsfrist mind. 3 Monate; sofortige Liquidierbarkeit nur durch Zahlung von Vorschusszinsen möglich sehr eingeschränkt: i.d.R. mehrjährige Laufzeiten (überwiegend 4 bis 8 Jahre), oft jedoch Rücknahme durch Emittenten zu Kapitalmarktverhältnissen möglich bzw. bis zu 100%Beleihungsmöglichkeit eingeschränkt: i.d.R mehrjährige Laufzeiten (Typ A: 6 Jahre, Typ B: 7 Jahre), nach Sperrfrist von einem Jahr Möglichkeit zur Rückgabe von jeweils bis zu 5.000 €€ innerhalb von 30 Zinstagen

sehr hoch sehr hoch

sehr hoch

sehr hoch

relativ hoch

sehr hoch

240 Anlageform Finanzierungsschätze des Bundes

Kapitel III: Finanzmanagement von Veranstalterunternehmen Beurteilungskriterium Rentabilität gut

Festverzinsliche Wertpapiere

abhängig von der individuellen Anlage und der Laufzeit; neben Zinssatz Ausgabekurs zu berücksichtigen; i.d.R. gut

„Floater“ (Anleihen mit variablem Zinssatz)

gut (Koppelung der FloaterZinsen an einen Durchschnittszinssatz, den sich die Banken wechselseitig für Festgeld geben)

„UmkehrFloater“ (Anleihen mit variablem Zinssatz)

ungewiss; Rentabilität steht im umgekehrten Verhältnis zum „normalen“ Zinsniveau

Aktie

abhängig von der individuellen Anlage; nicht vorhersehbar aufgrund Kursschwankungen

InvestmentZertifikate (Anteilsscheine am Fonds einer Investmentgesellschaft)

abhängig von der individuellen Anlage; i.d.R. hoch trotz möglicher Kursschwankungen

Geldmarktfonds auf €€ -Basis (geldmarktnahe Investmentfonds aus einer Mischung von Floatern, Termingeldern etc.)

gut (bei geschickt gewählter Anlagezeit sogar einkommenssteuerfreie Kursgewinne)

Liquidität/Verfügbarkeit keine Möglichkeit zu vorzeitigen Rückgabe: 1- oder 2-jährige Laufzeit (Typ 1 bzw. Typ2) i.d.R. eingeschränkt; abhängig von der individuellen Anlage und der Laufzeit, Zinsänderungsrisiko bei vorzeitiger Veräußerung, Transaktionskosten gut (ca. 3 Tage), da Verkauf über die Börse jederzeit möglich (nahezu ohne Kursrisiko); niedrige Stückelung; Nachteil: Transaktionskosten für An- und Verkauf über die Börse (ca. 0,7%), daher im Vergleich zum Festgeld bei eher längerfristiger Anlageabsicht (ein Jahr) rentabel eingeschränkt, da i.d.R. längere Laufzeiten (5 – 10 Jahre); allerdings über Sekundärmarkt verkäuflich

eingeschränkt: jederzeitiger Verkauf zwar möglich, u.U. aber zum Zeitpunkt des Finanzbedarfs aufgrund einer Aktienbaisse nicht sinnvoll; hohe Transaktionskosten eingeschränkt

gut; durch vergleichsweise hohe Rendite bei niedrigem Ausgabeaufschlag als Kurzzeitanlage interessant

Abbildung III.3.i.: Anlageformen für Finanzüberschüsse

Sicherheit sehr hoch

abhängig von der individuellen Anlage; i.d.R. hoch

sehr sicher, da i.d.R. von öffentlichen Kreditinstituten (z.B. Staatsbank Berlin) emittiert

relativ riskant: Umkehr-Floater stellen quasi eine Wette auf niedrige Geldmarkt-Zinssätze dar: Je niedriger der Geldmarktzins, desto höher ist die Rentabilität des UmkehrFloaters riskant durch Kursschwankungen und unsichere Dividenden

abhängig von der individuellen Anlage, insbesondere der Zusammensetzung/ Mischung des Fonds aus Aktien, Renten oder Immobilien; i.d.R. riskant aufgrund möglicher Kursschwankungen abhängig von der individuellen Anlage; i.d.R. hoch

3 Cash-Management

241

Angesichts der Chancen auf ansehnliche Zinserträge aus den kostenlos zur Verfügung gestellten Kundenanzahlungen erscheint für Reisemittler die Abrechnungspraxis der Reiseveranstalter, die über Direktinkasso die Kundengelder selbst vereinnahmen und dem Reisebüro nachträglich die Provision erstatten, unter Liquiditätsaspekten besonders ärgerlich. Folgendes Beispiel verdeutlicht das Ausmaß des entgangenen Zinsgewinns für das Reisebüro. Ein mittelständisches Reisebüro hatte im Monat Oktober u.a. folgende Reisen bei einem Veranstalter, der Direktinkasso praktiziert: Reisedatum 02.10. 05.10. 09.10. 13.10. 16.10. 16.10. 23.10. 23.10. Summe:

Umsatz in €€ 1019 617 1298 1298 249 747 978 1298 7504

Provision in €€

600,32 114,06 714,38

= 8% Provision = 19% MwSt. auf Provision erhalten am 12.11.

94,56 57,26 120,45 120,45 23,11 69,33 90,76 120,45 696,37

Abbildung III.3.j.: Beispiel Vermittlerumsatz. Vermittlungsprovision, Reisebüroinkasso versus Direktinkasso

Am 12.11. erhielt das Reisebüro die ihm zustehende Provision (inkl. MwSt.) in Höhe von 714,38 €€ auf seinem Konto gutgeschrieben. Dies bedeutet eine „Verspätung“ von teilweise mehr als einem Monat. Hätte das Reisebüro die Kundengelder selbst vereinnahmt und den fälligen Betrag an den Veranstalter überwiesen, wäre seine Liquidität insgesamt wesentlich besser und eine Anlage der freien Mittel ertragssteigernd möglich gewesen. Es lässt sich leicht ausrechnen, wie groß der Zinsverlust für die Reisebüros aus der Zusammenarbeit mit Direkt-Inkasso-Veranstaltern ist: Pro Million Umsatz summiert er sich – je nach Zinssatz – 132 schnell auf mehrere Tausend €€ . Darüber hinaus sehen die Banken aufgrund des Direktinkassos weniger Umsatz über die Geschäftskonten laufen. Das Reisemittlergeschäft wirkt also „kleiner“. In unserem Beispiel: Für eine Bank ist ein Reisebüro „größer“, wenn es 7.504.– €€ anstatt nur 714,38 €€ umsetzt (auch wenn die Differenz ohnehin nur einen durchlaufenden Posten darstellt, was die Bank aber nicht ohne weiteres erkennen kann). Dies kann zur Folge haben, dass der Reisemittler eher Schwierigkeiten bekommt, Bankkredite zu erhalten.

132

Dem muss natürlich eine eventuelle Ersparnis an Verwaltungsaufwand (zum Beispiel keine Kundenmahnungen) gegenüber gestellt werden. Doch müssen andererseits auch die von den Reiseveranstaltern zu erwartenden Zahlungen überprüft (und ggf. gemahnt) werden.

242

3.4

Kapitel III: Finanzmanagement von Veranstalterunternehmen

Absicherung des Devisenbedarfs

Insbesondere für Reiseveranstalter, die Zielgebiete im außereuropäischen Ausland anbieten, 133 ist ein Management der Währungsrisiken von Bedeutung. Wenn die Kundenpreise kalkuliert werden, ist der spätere Wechselkurs, zu dem die Leistungsträger im Ausland gezahlt werden müssen, noch nicht bekannt. Größere Schwankungen können schnell zu erheblichen Verlusten führen. Der Geschäftserfolg eines (auf Zielmärkten außerhalb des Euro-Raums engagierten) Reiseveranstalters hängt also wesentlich davon ab, auf welcher Wechselkursbasis er seine Katalogpreise berechnet hat und wie sich demgegenüber der tatsächliche Kurs zum Zahlungstermin verhält. Die Ursachen für Kursänderungen sind unterschiedlicher Natur: Die gesamtwirtschaftliche Entwicklung, Leitzinsänderungen der Nationalbanken oder Veränderungen der Arbeitslosenquoten können ebenso wie Gerüchte und Mutmaßungen an den Finanzmärkten den Devisenmarkt ins Wanken bringen. Durch die Einführung des Euro als Zahlungsmittel innerhalb der Europäischen Union zum 1.1.2002 (als Buchgeld war der Euro bereits seit 1.1.1999 gültig) ist dieses Währungsrisiko im Vergleich zu den DM-Zeiten für viele, für Veranstalter wichtige, Reisezielländer entfallen. Allerdings waren auch schon in den Jahren vor der Währungsunion die Kurse der heutigen €€ Währungen sehr stabil (denn das war ja eine der Voraussetzungen für die Währungsunion!), so dass hier faktisch kaum eine Änderung/Verbesserung eingetreten ist. Für andere, ebenfalls wichtige Zielgebiete (zum Beispiel Türkei; USA) des deutschen Veranstaltertourismus, die nicht zum €€ -Raum gehören, gilt die Problematik der Währungsschwankungen nach wie vor. Gerade die nach der €€ -Einführung anhaltend aufgetretene Schwäche dieser neuen Währung gegenüber dem Dollar oder auch der €€ -Kursverfall im Zuge der Finanzkrise in wichtigen europäischen (Reiseziel-)Ländern, insbesondere Griechenland, im Frühjahr 2010, zeigen die Wichtigkeit der Absicherung des Devisenbedarfs. Das Währungsrisiko besteht also in der Abweichung des Devisenkurses von seinem Erwartungswert, der der Kundenpreiskalkulation zugrunde gelegt wird. Lösungsmöglichkeiten werden hier in sog. finanziellen Hedge-Instrumenten gesehen, zu denen beispielsweise Gegenkredit- und Gegenanlagegeschäfte, Devisentermingeschäfte oder Devisenoptionen 134 bzw. -forwards zählen. Von Reiseveranstaltern wird vielfach das Devisentermingeschäft zur Kurssicherung genutzt. Dieses ist insbesondere dann sinnvoll, wann der Veranstalter die künftig benötigten Devisen in Höhe und zeitlichem Anfall genau vorhersehen kann (z.B. aufgrund der Zahlungsvereinbarungen mit ausländischen Leistungsträgern). Beim Devisentermingeschäft wird der Wechselkurs sofort mit der Bank vereinbart, der Kauf der Devisen erfolgt jedoch erst zu einem späteren Termin. Die Bank trägt somit das Risiko eines ungünstigeren Kassakurses zum (späteren) Zeitpunkt des Cash-Bedarfs. Inwieweit der (künftige) Termin- vom (heutigen bzw. künfti133 134

Vgl. auch die Darstellung der Währungsproblematik in Abschnitt 2.3.1. Vgl. z.B. Menichetti, Währungsmanagement, S. 166–167.

3 Cash-Management

243

gen) Kassakurs abweicht, hängt vor allem vom unterschiedlichen Zinsniveau der Währungen am internationalen Geldmarkt ab. Daher wird die Bank des Veranstalters die Zinsdifferenz, den sog. Swap-Satz, entsprechend der Laufzeit des Termingeschäfts auf den geltenden Tageskurs aufschlagen. Der heute zu vereinbarende Terminkurs, zu dem der Reiseveranstalter später von der Bank die benötigten Devisen erhalten wird, setzt sich dementsprechend aus 135 Kassakurs plus Swap-Satz zusammen. Beispiel: Der Reiseveranstalter vereinbart am 4.10. mit seiner Bank folgendes Devisentermingeschäft: 1 US-Dollar kostet per 4.10.: Report für sechs Monate: Der Reiseveranstalter erhält am 5.4. seine USDollar zu folgendem Kurs: 1 US-Dollar =

0,935 €€ 0,016 €€

= Kassakurs zum 4.10. = Swap-Satz

0,951 €€

= Terminkurs

Abbildung III.3.k.: Beispiel Devisentermingeschäft

Mit diesem vereinbarten Kurs hat der Veranstalter eine feste Kalkulationsbasis, da er am vereinbarten Fälligkeitstag auf jeden Fall (nur) den vereinbarten Terminkurs zahlen muss. Steigt der Dollar, so hat er Glück gehabt. Sinkt der Dollar, so sind ihm zwar potentielle Wechselkursgewinne entgangen, doch dafür hatte er ja den Sicherheitsvorteil. Beim Devisenoptionsgeschäft erwirbt der Kunde – gegen Zahlung einer bei Vertragsabschluss fälligen Prämie – das Recht zum Kauf oder Verkauf einer bestimmten Summe von 136 Devisen zu einem vorab festgelegten Kurs. Somit hat er also – anders als beim Devisentermingeschäft – zum Optionstermin die Wahl, ob er den Devisentausch vornimmt oder nicht. Sollte der Kurs zum Optionstermin drastisch gesunken sein und somit die Option wertlos machen, so verzichtet der Veranstalter besser auf die Ausübung und kauft günstiger zum Tageskurs ein. Als Kostenfaktor bleibt ihm jedoch die bezahlte Prämie. Devisenoptionsgeschäfte sind aufgrund ihrer erhöhten Flexibilität für den Kunden i.d.R. teuerer als Devisentermingeschäfte. Sie sind insbesondere dann sinnvoll, wenn man starke Währungsschwankungen erwartet. Aufgrund der möglichen Buchungsschwankungen im touristischen Geschäft empfiehlt es sich jedoch nicht, den gesamten voraussichtlichen Devisenbedarf auf diese Art abzusichern. Verkauft sich ein Reiseland schlechter als geplant, so bliebe man bei einer hundertprozentigen Absicherung auf den relativ teuer eingekauften Devisen sitzen. Einen gewissen Grad an Flexibilität sollte sich also jeder Reiseveranstalter erhalten.

135

136

Nimmt die Bank einen Aufschlag, so spricht man von „Report“. Ein Abschlag wird als „Deport“ bezeichnet. Zur Devisenabsicherung bei Reiseveranstaltern siehe auch o.V., Devisenbedarf absichern. Zum Devisenoptionsmanagement für Reiseveranstalter siehe auch Franck, Kurssicherung.

244

Kapitel III: Finanzmanagement von Veranstalterunternehmen

So werden bei Studiosus in der Regel maximal 80 Prozent der voraussichtlich erforderlichen 137 Devisen mit einem Termingeschäft abgesichert. Thomas Cook muss jährlich Fremdwährungsrisiken im Wert von ca. 1,5 Mrd. €€ (= 2004; 0,8 Mrd. €€ in 2000) absichern (für Hoteleinkauf, Hotel- und Flugzeugfinanzierungen, Kerosinbeschaffung), somit ca. ein Fünftel des Gesamtumsatzes. Die Hauptabsicherungswährungen bei Thomas Cook sind US-Dollar, britisches Pfund und tunesischer Dinar. Thomas Cook sichert sechs bis zwölf Monate vor dem Erscheinen der Kataloge bzw. bei Vertragsabschluss das Fremdwährungsrisiko ab. 60–80 Prozent der benötigten Geldmenge werden über Devisentermingeschäfte abgesichert, 40–20 Prozent über Devisenoptionsgeschäfte. Die Währungsgewinne bzw. –verluste lassen sich, in Anlehnung an ein Vorgehen, wie es bei ITS Ende der 1990er-Jahre entwickelt wurde, mit Hilfe nachfolgender Übersicht ermitteln.

Geschäftsjahr 20xx/xx Währung

Sich.- Bedarf quote in Währg.

Fremdwährungssicherung

US $ / Tsd. TND / Tsd. MAD / Tsd. DKK / Tsd. GBP / Tsd CYP / Tsd. NKR / Tsd. SEK / Tsd. THB / Tsd. CZK / Tsd. CHF / Tsd. Gesamt

Vergleich Vormonat Termin/ EUR zum Tagesk Terminkurs

Kalk. Kurs

EUR zum Kalk.Kurs

Gewinn realisiert

Gewinn unrealisiert

Ergebnis aktuell

Ergebnis Vormonat

Vergl. in TEUR

0,716 0,509 0,088 0,134 1,156 1,709 0,124 0,108 0,024 0,041 0,743 Summen (in EUR)

0

Sonstiges: 0

0

0

0

0

Abbildung III.3.l.: Struktur der Tabelle zur Ermittlung des Währungsergebnisses

Devisentermingeschäfte und -optionsgeschäfte können nur Wechselkursänderungen im kurzund mittelfristigen Bereich ausgleichen. Längerfristige Optionen könnten wegen zu großer Unsicherheit über die künftige Kursentwicklung i.d.R. nicht angeboten bzw. nicht bezahlt werden. Bei entsprechend großem Geschäftsvolumen sind daher auch strategische Hedge138 Maßnahmen zu prüfen. Eine solche Strategie des langfristigen Währungsausgleichs verfolgt das Ziel einer dauerhaften Absicherung der Kalkulation und damit der Gewinnmargen in den Absatzmärkten. Dazu bedient sich diese Strategie der Verflechtung von Touristenströmen zwischen verschiedenen Ländermärkten in einem ausgeglichenen Quellmarktund Reisezielportfolio, um diese gezielt zur Kompensation von kursbedingten Nachfrageeinbrüchen auszunützen. Am Beispiel der Pauschalreisemärkte USA und Europa soll dies verdeutlicht werden. Beide Regionen gehören zu den wichtigsten Entsende- und Zielgebieten der Welt. Sie sind durch

137 138

Vgl. o.V., Devisenbedarf absichern, S. 23. Vgl. zu den folgenden Überlegungen ausführlich: Kirstges/Seidl, Basisstrategien, S. 33–41.

3 Cash-Management

245

bedeutende Touristenströme, deren Volumen jedoch stark vom jeweiligen Dollarkurs beein139 flusst wird, miteinander verflochten. Grundsätzlich sind nun zwei Kompensationssituationen denkbar: 1. Aufgrund eines fallenden Dollars sinkt die Neigung der Amerikaner, nach Europa zu reisen, so dass der in den USA anbietende Reiseveranstalter seine europäischen Ziele schlechter oder gar nicht mehr verkaufen kann. Für Amerikaner wird die Wahl näher liegender Reiseziele attraktiver, so dass Reiseziel-Substitutionseffekte auftreten, Amerikaner also tendenziell mehr Inlandsziele (Binnentourismus) nachfragen bzw. eher in angrenzende Staaten (Kanada oder Mexiko) reisen. Selbst wenn diese Staaten als Absatzmärkte nicht in Betracht kommen, erweisen sie sich als Beschaffungsmärkte beim Währungsausgleich u.U. als unverzichtbar. Vor allem für amerikanische Veranstalter sind Reiseziele in angrenzenden Ländern als Domäne anzusehen, deren Nutzwert sich vor allem in Zeiten eines schwachen Dollars bestätigt. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, den kursbedingten Preisanstieg für europäische Destinationen zu dämpfen: Der niedrige Dollar lässt die Touristenströme von Europa in die USA anschwellen. Mit den hierdurch erwirtschafteten europäischen Devisen könnte in den USA im Sinne eines simultanen kalkulatorischen Ausgleichs eine Politik der stabilen Preise unterstützt werden, um so die für amerikanische Touristen eingeplante Kapazität in europäischen Reisezielen auszulasten. Ein solcher kalkulatorischer Ausgleich bleibt aber, bei großen Geschäftsvolumen, für den gesamten amerikanischen Markt wirtschaftlich untragbar. Eine Lösung bietet sich daher durch die zusätzliche Bearbeitung solcher Entsendeländer an, die sich ebenfalls durch bedeutende Touristenströme in die USA auszeichnen, um 140 so die Ausgleichsfunktion Europas zu unterstützen. 2. Infolge eines steigenden Dollars dämpft sich die europäische Nachfrage nach amerikanischen Reisezielen. Analog dem ersten Fall kann sich hier ein ausgeglichenes strategisches Portfolio an Quellmärkten und Reisezielländern als nützlich erweisen. Nach Maßgabe der Bedeutung von kompensationsstrategischen Aktivitäten kann die Bearbeitung jeweils solcher Entsende-/Reisezielland-Paare intensiviert werden, die sich durch ein starkes Wechselkursgefälle auszeichnen. So kann durch eine Mischkalkulation verhindert werden, dass bei steigendem Dollar das outgoing-Geschäft zum Erliegen kommt und kontrahierte oder gar erworbene Kapazität unausgelastet bleibt. Derartige Strategien bedingen ein auf internationalen Absatzmärkten agierendes Tourismusunternehmen. Da Mittelständler hierzu in den seltensten Fällen in der Lage sein werden, beschränken sich diese strategischen Maßnahmen des Ausgleichs von Währungsrisiken auf die international tätigen Großunternehmen. Beispiel: Die Lufthansa verbraucht ca. 5,5 Mrd. Liter Treibstoff für rund 2 Mrd. €€ pro Jahr; dies entspricht 11–15 Prozent der operativen Kosten, die zum großen Teil in US-Dollar beglichen werden müssen. Sie hat aber gleichzeitig den Vorteil, einen Teil ihrer Erlöse im Dollarraum zu erzielen. 139 140

Vgl. o.V., Urlauberströme. Hierbei wäre z.B. an Mexiko zu denken, das ein fast ebenso großes Aufkommen in die USA hat wie ganz Westeuropa.

246

3.5

Kapitel III: Finanzmanagement von Veranstalterunternehmen

Weitere Aufgaben des Cash-Managements

Eine Reihe weiterer Aufgaben eines umfassenden Cash-Managements wären auszuführen, um der großen Bedeutung dieses betrieblichen Funktionsbereichs Rechnung zu tragen. Auf 141 eine ausführliche Behandlung soll an dieser Stelle jedoch verzichtet werden. So gilt es, analog zu den Anlagealternativen Kapitalbeschaffungsmöglichkeiten zu prüfen, zu bewerten und schließlich auszuwählen. Ziel hierbei ist die Minimierung der Geldkosten, also der für die Inanspruchnahme von Krediten zu zahlenden Zinsen. Die nachfolgende Übersicht fasst die bekannten Wege der Kapitalbeschaffung zusammen:

Abbildung III.3.m.: Gängige Finanzierungsformen

Last, but not least hat das Cash-Management die Aufgabe, die Chancen des electronic banking effizient zu nutzen. Hierbei geht es um die diversen Angebote der Kreditinstitute, online Kontenstände abzurufen, liquide Mittel auf Sammelkonten zu poolen, Überweisungen, Daueraufträge etc. selbst zu tätigen u.v.m., um so aktuellere Informationen als bei einem manuellen Banking zu haben und die Kosten des Geldtransfers zu reduzieren. So sollte ein gutes Cash-Management-System in der Lage sein, fällige Zahlungsverpflichtungen auf Basis der Daten aus dem Reservierungs- oder Finanzbuchhaltungssystem automatisch, d.h. in der

141

Vgl. hierzu Pausenberger/Glaum, Electronic-Banking, S. 43–44.

3 Cash-Management

247

richtigen Höhe und zum richtigen Zeitpunkt, zu erkennen. Die Zahlungsanweisungen werden dann – je nachdem, in welcher Form der Zahlungsempfänger, also zum Beispiel der touristische Leistungsträger, sein Geld erhalten möchte (Überweisung, Verrechnungsscheck, Bankscheck etc.) – automatisch erstellt und zum Beispiel via Datenträgeraustausch (DTA) bzw. per Datenfernübertragung (DFÜ) an die Hausbank übermittelt. Beim DTA-Verfahren werden die Zahlungsaufträge (Überweisungen, Lastschriften etc.) physikalisch in Form von Dateien auf einem Datenträger (Diskette, ZIP-Disk, CD-Rom, USB-Stick) bei der Bank eingereicht und dort weiterverarbeitet. Der Aufbau dieser Dateien ist dabei durch den Zentralen Kreditausschuss für inländische Transaktionen bereits seit 1976 bankenübergreifend standardisiert. Die Legitimation des Zahlungsauftrages wird dabei durch einen Datenträgerbegleitzettel und die Unterschrift eines Kontobevollmächtigten gewährleistet. Der physische Austausch der Datenträger wird nicht zuletzt aus Rationalisierungsgründen vermehrt durch den Austausch von Daten via DFÜ ersetzt, wobei das Dateiformat erhalten bleibt und somit auch online Inlandszahlungen standardisiert abgewickelt werden können; die Legitimation bei der Bank erfolgt durch eine sog. elektronische Unterschrift (PIN/TAN, Chipkarte, Schlüsseldiskette). Im einfachsten Fall wird bei diesem Online Banking (auch Home Banking oder E-Banking genannt) ein direkter Zugriff auf den „Rechner“ der Bank hergestellt. Dies kann mittels zweier Verfahren erfolgen: 1. browserbasiertes Internetbanking über die Website der Bank oder 2. unter Verwendung von Onlinebankingprogrammen (z.B. SFirm32, StarMoney, etc.)

Für Auslandszahlungen innerhalb der Europäischen Union (EU) galt dieser Datenaustauschstandard jedoch über viele Jahre nicht. Dies erschwerte nicht nur die grenzüberschreitende Zahlungsabwicklung, sondern führte auch zu erheblich höheren Kosten. Gerade Auslandszahlungen waren so bis zur Einführung der EU-Standardüberweisung (EU-Überweisung) erheblich teurer als Inlandszahlungen. Die EU-Standardüberweisung wurde auf der rechtlichen Grundlage einer Verordnung der EU (2560/2001) – auch Preisverordnung genannt – für Auslandsüberweisungen im Jahre 2003 eingeführt. Diese besagt, dass eine Überweisung innerhalb des Europäischen Wirtschaftsraumes (EWR) nicht teurer sein darf, als eine inländische bis zu einem Betrag von 50.000 €€ . Zur vereinfachten Abwicklung müssen dazu die Banken ihren Kunden die International Banking Accont Number (IBAN) und den Bank Identifier Code (BIC) – auch SWIFT-Code gennant – zur Verfügung stellen, welche als Identifizierungsmerkmale im innereuropäischen Zahlungsverkehr gelten. Die IBAN ist eine internationale Kontonummer, welche in Deutschland 22 Stellen von insgesamt 30 möglichen belegt. Der BIC dient zur weltweit eindeutigen Identifikation einer jeden Bank (= Bankleitzahl) und weist 11 Stellen auf. Somit kann jede Transaktion im europäischen Wirtschaftsraum vollautomatisch dem richtigen Empfänger zugewiesen werden. Anfangs wurde damit gerechnet, dass dies zu einer Verteuerung der Inlandszahlungen führen könnte. Die Banken gaben ihre dadurch entstanden Kostennachteile jedoch nicht an die Kunden weiter, sondern unternahmen Bestrebungen, die Kosten zu senken. Deshalb wurde im Jahre 2002 der European Payments Counsil (EPC) gegründet, um einen einheitlichen

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Kapitel III: Finanzmanagement von Veranstalterunternehmen

Euro-Zahlungsverkehrsraum (Single Euro Payments Area, SEPA) zu schaffen. Ihm gehören unter anderem große Kreditinstitute sowie europäische und nationale Bankenverbände aus den 27 Mitgliedstaaten der EU sowie Norwegen, Island, Lichtenstein und der Schweiz an. Dazu wurden vom EPC einheitliche Standards und Regeln für das SEPA-Verfahren entwickelt. Das SEPA-Verfahren sieht dabei neben der SEPA-Überweisung (SEPA Credit Transfer) auch die SEPA-Lastschrift (SEPA Direct Debit) vor. Somit ist es nun auch möglich, grenzüberschreitend standardisiert Lastschriften abzuwickeln. Diese werden im SEPADatenformat (XML-Format) – an den ISO-Standard 2002 angelehnt – übertragen. Die SEPA-Überweisung wird seit 2008 von den Kreditinstituten angeboten und wird genauso wie eine Inlandszahlung behandelt. Die SEPA-Lastschrift wird seit Ende 2009 von der Kreditwirtschaft angeboten und stellt die Entwicklung eines völlig neuen Verfahrens dar. Zur Implementierung war es daher notwendig, in der EU einen einheitlichen Rechtsrahmen zu schaffen bevor sie eingeführt werden konnte. Sie weicht dabei von dem in Deutschland gebräuchlichen Einzugsermächtigungsverfahren in einigen Punkten ab. Die Identifikation erfolgt wie bei der Überweisung per IBAN und BIC. Der Zahlungspflichtige ermächtigt den Gläubiger zum Einzug per Mandat, wobei die Belastung immer zum Fälligkeitstag erfolgt. Zur Verhinderung von ungerechtfertigten Kontobelastungen sieht das Verfahren umfangreiche Widerspruchsrechte vor. Weiterhin ist es notwendig, eine Gläubiger-Identifikationsnummer und Mandatsreferenz zu verwenden. Im Gegensatz zum Einzugsermächtigungsverfahren verfällt das Mandat bei der SEPA-Lastschrift bei Nichtnutzung nach 36 Monaten. Zusätzlich zu dieser Basisversion gibt es eine Variante, die besonders auf die Bedürfnisse von Geschäftskunden zugeschnitten ist, welche z.B. durch kürzere Widerspruchsfristen gekennzeichnet ist. Folgende Vorteile des SEPA-Verfahrens für ein international agierendes Tourismusunternehmen lassen sich somit feststellen: ƒ Abwicklung des gesamten Euro-Zahlungsverkehrs über ein Konto ƒ diverse Kostensenkungspotentiale für Unternehmen durch: – Konzentrationsmöglichkeit des Zahlungsverkehrs – Straffung von Bankverbindungen – Vereinfachung des Liquiditätsmanagements ƒ Zunahme von Zahlungsverkehrsdienstleistern (mehr Wettbewerb im Bankenwesen Æ Kostensenkungspotential) ƒ seit November 2009: Möglichkeit zur SEPA-Lastschrift (Æ Lastschriftabrechnung internationaler Kunden) ƒ Möglichkeiten zur exakten Disposition und Liquiditätssteuerung (Information über den genauen Tag der Kontobelastung durch Angabe des Fälligkeitsdatums) ƒ Schrittweise Verkürzung der Überweisungslaufzeiten: – ab 2012: max. Abwicklungszeit ein Bankgeschäftstag bis zur Verfügung – davor: max. drei Bankgeschäftstage ƒ Möglichkeit von Zusatzleistungen (Additional Optional Services, AOS): – Verwaltungsmöglichkeit von SEPA-Lastschriftmandaten im Kundenauftrag – Vorankündigung bereits eingegangener Kontobelastungen ƒ Möglichkeit zur besseren Verzahnung von Zahlungsvorgängen und internem Rechnungswesen

3 Cash-Management

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Zur Umsetzung des SEPA-Verfahrens wurden als Identifizierungsmerkmal ebenfalls die IBAN sowie der BIC eingesetzt. Zurzeit bestehen daher Überschneidungen zwischen EUStandardüberweisung und einer SEPA-Überweisung, wobei erstere gesetzlich vorgeschrieben ist, aber langfristig durch das SEPA-Verfahren, welches ein freiwilliges Abkommen der Banken darstellt, abgelöst werden wird. Ziel des IT-gestützten Cash-Managements von Reiseveranstaltern muss es sein, Schnittstellen zwischen Inhouse-CRS und Online-Banking so zu schaffen, dass sowohl das Einfordern/Abbuchen und Verbuchen von (meist kundenbezogenen) Einzahlungen (Informationsfluss vom Bankensystem an das Inhouse-CRS) als auch das Anweisen von (meist leistungsträgerbezogenen) Auszahlungen (Informationsfluss vom Inhouse-CRS an das Bankensystem) und das spätere Verbuchen der daraus resultierenden Zahlungsströme automatisiert und damit in höchstem Maße effizient erfolgen.

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Verzeichnis der verwendeten Literatur

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Wachenfeld, Harald, (Freizeitverhalten), Freizeitverhalten und Marketing, Heidelberg 1987 Wachholz, Dieter, (Single-Reisen), Single-Reisen: Allein ist man arm dran, in: ADACMotorwelt, Nr. 12/1990, S. 70–72 Wörl, Volker, (Teilzeitarbeit), Mehr Beschäftigte durch mehr Teilzeitarbeit, in: SZ Nr. 72/1994 vom 28.3.94, S. 19 Woll, Artur, (Volkswirtschaftslehre), Allgemeine Volkswirtschaftslehre, 10. Auflage, München 1990; 14. Auflage, München 2003 Wolf, Cyrilla, Umsatzsteuer in der Touristik.. 2010 Zantow, Roger, (Finanzierung), Finanzierung, 1. Auflage 2004 Zehle, Klaus-Olaf, (Yield-Management), Yield-Management, Eine Methode zur Umsatzsteigerung für Unternehmen der Tourismusbranche, Hamburg 1990 Zitzelsberger, Gerd, Bundesbank-Liquiditätspapiere: Sicher ein Schnaps mehr als beim Termingeld, in: SZ Nr. 42/93 vom 20.2.93, S. 24 Zitzelsberger, Gerd, Risikoarme Geldanlage: Zum Festgeld gibt es eine Reihe attraktiver Alternativen, in: SZ Nr. 3/92 vom 4.1.92, S. 34 sowie diverse Reiseveranstalterkataloge.

Der Autor Prof. Dr. Torsten H. Kirstges ist Dozent für Tourismuswirtschaft der Reiseveranstalter und Reisemittler an der Jade-Hochschule in Wilhelmshaven und Direktor des Instituts für Innovative Tourismus- und Freizeitwirtschaft (ITF).

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Friedrich-Paffrath-Str. 101, 26389 Wilhelmshaven email: [email protected] Homepages: www.serieu.de, www.itf-whv.de

Stichwortverzeichnis A Ablauf(folge)plan 77, 92 Ablaufkontrolle 80 Ablaufplanbeschreibung 77 Absatzkanalmanagement 41, 48 Absatzsicherung 44 Abschöpfungsstrategie 197 Abteilungsleiter 12 Abweichungsanalyse 80 Agenturbetreuung 41 Aktie 240 Alltours Flugreisen 196 Anforderungsprofil 79 Anlagedauer 238 Anlagesicherheit 237 Anreiz-Beitrags-Theorie 1 Anzahlung 224 Arbeitsablaufanalyse 48 Arbeitsanfall 53 Arbeitseffizienz 67, 131 Arbeitsmarkt 62, 99, 138 Arbeitsplan 124 Arbeitssystemgruppen 60 Arbeitsteilung 3, 61 Arbeitswissenschaft 2 Arbeitszeit 149 Arbeitszeitflexibilisierung 121, 135 Arbeitszeitmodelle 123 Arbeitszeugnis 154 Aufbauorganisation 3, 47, 79 Aufgabenverteilung 70 Aufgabenzentralisation 65 Ausbildungsanforderungen 109 Ausführungsstellen 71 Auslastungsgrad 196, 202, 223 Auslastungsprognose 206 Aussagenkategorie 3

B Bausteinsystem 164 Bereichsleiter 12, 27 Betriebszeit 123 Betriebszugehörigkeit 144 Buchungsfreigabe 56 Bundesschatzbriefe 239 Bürokratiemodell 1 Buspreiskalkulation 206 C C&N Touristik AG 96 Cash-Flow 225, 229, 231, 232 Cash-Illusion 224 Cash-Management 202, 224, 246 Charterflug/Charterketten 196, 202, 203 Controlling 2, 73 Corporate Identity 137 CRS 101, 115 D Datenbanksystem 101 DER/DERTOUR 13, 17 Devisenbedarf 242 Devisenmanagement 50 Devisenoptionsgeschäft 202, 243, 244 Devisentermingeschäft 202, 242, 244 Dienstleistungsstellen 71 Direktinkasso 241 Direktverkauf 41 Disposition 238 Distributionswege 166 Diversifikation 166 Divisionale Organisation 4, 82 Dokumentation 75 Drei-K-Modell 199

264 E Eigenleistung 38 Ein-Linien-System 72 Electronic Banking 246 Entgelt 137 Entscheidungskompetenz 86 Entscheidungsprozess 180 Erfolgsausschüttung 142 Ergebniskontrolle 80 F Faktoranteile 143 Fallbeispiel 88, 131 Fayol 72 Fehltage/-zeiten 144 Festgeld 237, 238 Finale Entlohnung 136 Finanzgleichgewicht 234 Finanzmanagement 48, 163 Finanzplanung 233 Fischer, R. 231 Fixkosten 200, 202 Fixlohn 147 Fluktuationsgefahr 149 Fluktuationsrate 138 Flussplan 75 Fremdkapital 224 Fremdsprachenkenntnisse 116 FTI Touristik 56 Führung 2, 61 Führungskräftebeurteilung 157 Führungstheorien 2 Funktionale Organisation 4, 68, 81 Funktionsmeisterprinzip 1 Funktionswandel 166 FVW 100 G Gehalt 136 Geldanlagestrategien 228 Geldbeschaffungsstrategien 228 Geldkosten 246 Geldmarktkonten 238 Generalisten 65 Genfer Schema 80

Stichwortverzeichnis Gewinn-und-Verlust-Rechnung (GuV) 38, 147 Goldene Bilanzregel 231 Gruppenreisen 77 H Hawthorne-Experimente 1 Hedge-Instrumente 242 Hedonistische Preistheorie 181 Herzberg 1 Hierarchiebildung 71 Hochsaisonpreise 221 Hoteleinkäufer 66 HTU 7 I Imagekette 44 Immaterialität 121 Immobiliengesellschaften 163 Incoming-Agentur 43 Indikatoren 35 Individualquote 143 Inflationsrate 239 Informationsfelder 198 Informationsprozesse 2 INFOX 51 Inhouse-CRS 234 Innovationsförderung 73 Instanzen 71 International Accounting Standards (IAS) 225 Investment-Zertifikate 240 ITS 13, 83, 147, 175, 234 J Jahresumsatz pro Mitarbeiter 35 Job-Enrichment 72 K K&S-REISEN 131 Kalkulationsaufschlag 176, 211 Kalkulationsschema 173 Kalkulationsstrategien 171 Kapazitätsauslastung 44 Kapazitätssicherung 44 Kapitalbedarfsplanung 234

Stichwortverzeichnis Kapitalbeschaffung 246 Kapitalbeteiligung 145 Kassakurs 202 Katalog 232, 244 Katalogproduktion 56 Kennzahlen 140 Kernleistungen 164, 167 Key Accounts 16 Kinderermäßigungen 189 Koalitionstheorie 1 Kommunikationsstruktur 70 Kompensation 244 Komplexitätsreduktion 73 Konkurrenzorientierte Preisstellung 195 Koordinationsmechanismen/-bedarf 2, 71 Kostenbewusstsein 141 Kostenorientierte Preisfindung 200 Kreislaufmodell 52 Kundenanzahlungen 224 Kundengelder 239, 241 Kundenreklamation 12 L Längsschnittanalyse 101 Laufzeit 238 Lean Management 71, 85 Lean Service 86 Leerkosten 202 Leistungsbeurteilung 155 Leistungsstimulation 96 Leistungsträger 44, 165, 231, 232 Leitungsbeziehungen 72 Leitungsspanne 4 Leitungsstellen 71 Linienmanager 88 Liquidität 231, 237, 238, 241 Liquiditätsplan 228 Liquiditätsreserve 232 Liquiditätsschwankungen 225 Liquiditätsstatus 232 Lohnphilosophie 147 Lohnsteuerprogression 144 LTT 55 Lufthansa 135, 145, 245

265 M Machtstruktur 70 Magisches Dreieck 199, 237 Manuel 79 Margenprinzip 38 Marktdurchdringung 196 Marktformenlehre 168 Maslow 1 Matrixdarstellung 79 Matrix-Organisation 84 Mehrliniensystem 72, 85 MIS/MAIS 198 Mischformen 84 Mitarbeiteraktien 145 Mitarbeiterbeurteilung 144 Mitarbeitererfolgsbeteiligung 136, 147 Mitarbeiterkapitalbeteiligung 145 Modell 168 Monopolistischer Bereich 195 Muddling-trough 46 N Nachfragefunktion 181 Nachfrageorientierte Preispolitik/-bildung 180, 181 Nachkalkulation 204 Nettoumlaufvermögen 232 Nettowertschöpfung 37 O Objektzentralisation 68 Oligopol 168 Organigramm 4, 79, 92 Organisationsforschung 1, 33 Organisationsstruktur 81 Organisationstheorien 2 P Partnerschaftsausschuss 144 Partnerschaftsgedanke 137 Pauschalreise 164 Pausenregelung 131 Pax 35 Penetrationsstrategie 196 Personalakquisition 94

266 Personalauswahl 79, 99 Personalbedarfsplanung 94 Personalbeschaffung 94 Personaleinsatz 95, 121 Personalentwicklung 96 Personalerhaltung 96 Personalforschung 1 Personalfreistellung 96 Personalführung 2 Personalkosten 138 Personalmanagement 93 Personalpolitische Instrumente 93 Personalwesen 84 Personenzentralisation 68 Phase (PLZ) 198 Phasenschema 47 Pieroth-Modell 137 Preis-Absatz-Funktion 169, 181, 195 Preisdifferenzierung 182, 223 Preisgestaltung 168 Preisinteresse 180 Preiskalkulation 168 Preiskampf 196 Preiskenntnis 180 Preislogik 193 Preismanagement im PLZ 197 Preis-Norm-Bereich 182 Preisschwellen 170, 182 Preißner, A. 231 Preistheorie 181 Primäre Wertaktivitäten 41 Produktivität 123 Produktmanager 66 Profit-Center 14, 27, 83 Prognoseverfahren 234 Projektmanager 83 Promotorenmodell 1 Provision 241 Q Qualitätsmanagement 44, 48, 69 Qualitätssicherung 44, 75 Qualitätssicherungs-System 69 Quelle-Reise GmbH 12 Quellmarkt 244

Stichwortverzeichnis R Randleistungen 163 Realzins 239 Regelkreissystem 81 Reisebüroprovision 223, 241 Reiseentscheidung 180 Reisemittler 44, 164 Reisepreis 166 Reisepreiskalkulation 167, 172 Reisevorleistungen 38 Reklamationsquote 45 Relevanter Markt 195 Rendite 141 Rentabilität 237, 239 Reorganisationsbedarf 46 Reservierungssystem 234 Rollierende Planung 234 S Sachmittelzentralisation 68 Saisonalität/Saisonschwankungen 146, 152, 225 Sanfter Tourismus 72 SAP 21 Schlafmützenwettbewerb 197 Schwachstellenanalyse 48 Scientific-Management 1 Self-fulfilling prophecy 209 Service-Center 14 Situativer Ansatz 2, 33 Skimming-Pricing 197 Sparbriefe 239 Sparobligationen 239 Spartenorganisation 4 Spezial-Reiseveranstalter 25 Springer 122 Stabsabteilungen 16 Stabsstellen 71 Stammdatenaufbau 55 Stärken-Schwächen-Analyse 198 Stellenangebot 100 Stellenarten 71 Stellenbeschreibung 62, 79 Stellenbildung 61 Stelleninhaber 61

Stichwortverzeichnis Stellenplan 92 Strategie-Struktur-Dilemma 34 Strategische Preisfestsetzung 196 Structure follows strategy 33 Studiosus 244 Swap-Satz 243 Synergien 9 T Tabellenkalkulationsprogramm 234 Tarifverträge 93 Tätigkeitsfelder 48 Tätigkeitsumfang 52 Taylor 1, 72 Terminkurs 243 Theorienentwicklung 3 Thomas Cook 244 Tourismusindustrie 163 Touristische Grundleistungen 163 Touristisches Gesamtsystem 163 TUI 7, 69, 135, 167 TUI-Service 75 TURBO 12 Türkei 242 U Überstundenregelung 131 Umkehr-Floater 240 Umsatzrendite 166 Umweltbereiche 33 Umweltschutzbeauftragter 74 Uno-actu-Prinzip 2, 37 Unternehmensphilosophie 147 Urlaubs(zeit)abrechnung 132 Urlaubspläne 96 Ursachenanalyse 80 USA 242

267 V Variable Kosten 200 Veranstaltermarkt 168 Verfahrenskontrolle 80 Verlustbeteiligung 146 Vermittlungsprovision 241 Vermögensbildung 138, 144 Verrichtungsorientierte Organisation 4, 81 Verrichtungszentralisation 68 Vertikale Integration 43, 167 Vertriebsbereich 9 Verwaltungskosten 67 Veto-Recht 74 W Währungsrisiken 200, 223, 242 Währungsschwankungen 201 Weisungsbefugnis 74 Werkbankfertigung 60 Werkstattfertigung 60 Wert(schöpfungs)kette 2, 35 Wertpapier 240 Wertschöpfungstiefe 40 Werturteil 143 Wikinger Reisen 135, 147 Z Zeitmessungen 53 Zentralisationsgrad 60 Zero-Base-Planung 47 Zeugnisaufbau 159 Zeugniscodes 155 Zeugnisformulierung 154 Zielsysteme 2 Zinserträge/-gewinn 228, 236 Zusatzleistungen 164, 168