Lexikon der Medizinischen Laboratoriumsdiagnostik [3. Aufl.] 978-3-662-48985-7, 978-3-662-48986-4

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Lexikon der Medizinischen Laboratoriumsdiagnostik [3. Aufl.]
 978-3-662-48985-7, 978-3-662-48986-4

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Springer Reference Medizin

Axel M. Gressner · Torsten Arndt  Hrsg.

Lexikon der Medizinischen Laboratoriums­ diagnostik 3. Auflage

Springer Reference Medizin

Springer Reference Medizin bietet Ärztinnen und Ärzten die optimale Lösung für ihren Arbeitsalltag. Unser neues Publikationsangebot beinhaltet die Qualität, die man von Springer kennt, bietet nun aber den Vorteil, dass das Wissen ständig aktualisiert wird und die Leser immer auf dem neuesten Stand sind. Während bislang die großen, umfassenden Fachbücher die Inhalte gebündelt und statisch in einer Printausgabe präsentiert haben, bieten wir nun zusätzlich auch dynamische online Publikationen an. Der Vorteil der dynamischen online Publikationen liegt auf der Hand: Wer ein LiveReference abonniert, muss sein Bücherregal nicht in regelmäßigen Abständen erneuern – jetzt sind die Informationen jederzeit online abrufbar: schnell, übersichtlich und in deutscher Sprache. Zudem hat die neue Publikationsform den großen Vorteil, dass alle Kapitel, die fertig geschrieben und einem Peer-Reviewing unterzogen wurden, sofort online gestellt werden und für alle Leser sichtbar und vor allem zitierbar sind. Außerdem können Autoren ihre Kapitel jederzeit aktualisieren – neue Erkenntnisse können dann sofort online publiziert werden. Springer Reference Medizin wächst kontinuierlich um neue Kapitel und Fachgebiete. Alle deutschsprachigen Referenzwerke – auch anderer Fächer – finden Sie unter www.springerreference.de.

Axel M. Gressner • Torsten Arndt Hrsg.

Lexikon der Medizinischen Laboratoriumsdiagnostik 3. Auflage

mit 730 Abbildungen und 386 Tabellen

Hrsg. Axel M. Gressner Labor Dr. Wisplinghoff Berlin Berlin, Deutschland

Torsten Arndt Bioscientia Inst. Medizinische Diagnostik GmbH Ingelheim, Deutschland

ISSN 2625-3461 ISSN 2625-350X (electronic) Springer Reference Medizin ISBN 978-3-662-48985-7 ISBN 978-3-662-48986-4 (eBook) ISBN 978-3-662-48987-1 (Bundle) https://doi.org/10.1007/978-3-662-48986-4 Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. Springer # Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2007, 2013, 2019 Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlags. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und MarkenschutzGesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Der Verlag, die Autoren und die Herausgeber gehen davon aus, dass die Angaben und Informationen in diesem Werk zum Zeitpunkt der Veröffentlichung vollständig und korrekt sind. Weder der Verlag, noch die Autoren oder die Herausgeber übernehmen, ausdrücklich oder implizit, Gewähr für den Inhalt des Werkes, etwaige Fehler oder Äußerungen. Der Verlag bleibt im Hinblick auf geografische Zuordnungen und Gebietsbezeichnungen in veröffentlichten Karten und Institutionsadressen neutral. Fotonachweis Umschlag: # Alexander Raths / stock.adobe.com Umschlaggestaltung: deblik Berlin Springer ist ein Imprint der eingetragenen Gesellschaft Springer-Verlag GmbH, DE und ist ein Teil von Springer Nature. Die Anschrift der Gesellschaft ist: Heidelberger Platz 3, 14197 Berlin, Germany.

Vorwort zur 3. Auflage

Die vorliegende 3. Auflage des Lexikons erscheint 6 Jahre nach der 2. und 12 Jahre nach der 1. Auflage des Buches im Jahr 2007. Sie dokumentiert mit jetzt über 3600 Texteinträgen und ca. 8800 Suchbegriffen, zahlreichen Abbildungen und Tabellen sowie aktualisierten Literaturangaben nicht nur die rasante Entwicklung der in viele medizinische Fachgebiete hineinreichenden Laboratoriumsmedizin, sondern auch die in diesen Jahren fundamentale Umwälzung im Verlagswesen allgemein und in der Publikation von Fachliteratur im Speziellen. Während die erste Auflage und der bald erforderliche Nachdruck in gedruckter Form mit CD-ROM erschienen, gab es zur 2. Auflage schon eine eBook-Version, die als PDF unter SpringerLink verfügbar ist. Die 3. Auflage geht nun noch einen Schritt weiter: erstmals sind die Beiträge als ePubVersion für Lesegeräte sowie einzeln als PDF und im HTML-Format verfügbar. Letzteres kommt insbesondere Lesern entgegen, die ein Smartphone oder Tablet nutzen. Vor allem aber wird das komplette Werk parallel zur gedruckten und eBook-Ausgabe auch als Live ReferenceWerk angeboten: alle Einträge dieser Ausgabe können die Autoren jederzeit selektiv und kontinuierlich aktualisieren. Dadurch kann das Lexikon zukünftig noch besser mit den wissenschaftlichen und technischen Neuerungen im Fachgebiet Schritt halten. Das erfolgreiche Konzept des Lexikons wurde auch in der 3. Auflage beibehalten. So enthält das Lexikon strukturierte Texteinträge in Verbindung mit Verweisstichwörtern, Synonymen, Literaturangaben, Tabellen und Abbildungen, die alle relevanten Laborparameter umfassen, aber auch Analytik, Qualitätskontrolle, Statistik, Labororganisation und einige historische Informationen und biografische Skizzen von Persönlichkeiten, deren Erfindungen und Entwicklungen das Fachgebiet fundamental erweitert haben. Alle Einträge und Verweise sind wie bisher alphabetisch sortiert, was einen schnellen Zugriff möglich macht. Durch die inhaltliche Fülle und ein neues Layout bedingt musste das Lexikon, im Unterschied zu den Vorauflagen, nun in drei Bänden erscheinen. Die Herausgeber danken allen Autorinnen und Autoren für ihre Bereitschaft und ihren großen Einsatz, dem Buch einen hohen fachlichen Anspruch zu geben. Darüber hinaus danken wir dem Springer-Verlag für die stets sehr gute, konstruktive und einsatzfreudige Zusammenarbeit, wie sie stets in hohem Maße von der Projektmanagerin Frau Sigrid Janke, dem Lektor Herrn Dr. Claus Puhlmann, dem Buchplaner Herrn Dr. Fritz Kraemer und dem Hersteller Herrn Steffen Rieck in jeder Phase der Erstellung des Gesamtwerkes geleistet wurde. Es würde alle Beteiligten sehr freuen, wenn die 3. Auflage des Lexikons wie die Vorauflagen zu einer Optimierung der labormedizinischen Patientenversorgung beiträgt und den mit Ausund Weiterbildung, Lehre, Forschung und Entwicklung befassten Kolleginnen und Kollegen umfangreiche Unterstützung bietet. Berlin und Ingelheim November 2018

Axel M. Gressner Torsten Arndt

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Die Herausgeber

Prof. Dr. med. Prof. h. c. Axel M. Gressner Beruflicher Werdegang Studium der Humanmedizin an den Universitäten Freiburg i. Br. und Marburg. Nach der Approbation ca. zwei Jahre wissenschaftliche Tätigkeit am Institut für Biochemie der Universität Heidelberg und am Department of Biochemistry and Molecular Biology (Prof. Ira G. Wool), University of Chicago, USA. Anschließend Weiterbildung zum Facharzt für Laboratoriumsmedizin, Klinischen Chemiker (DGKC) und Habilitation an der Universität Marburg und am Institut für Klinische Chemie und Pathobiochemie (Prof. Dr. Dr. H. Greiling) der RWTH Aachen. 1984 Berufung auf den Lehrstuhl für Klinische Chemie und Pathobiochemie mit Leitung des Zentrallabors am Klinikum der Universität Marburg; 1997 Rufannahme auf den Lehrstuhl für Klinische Chemie und Pathobiochemie und zum Leiter des Zentrallabors am Klinikum der Medizinischen Fakultät der RWTH Aachen. 1998 bis 2000 Präsident der Deutschen Gesellschaft für Klinische Chemie (DGKC). Nach Ausscheiden aus dem Universitätsdienst (2009) Übernahme der Ärztlichen Leitung des Labors Dr. Wisplinghoff Berlin. Wissenschaftliche Schwerpunkte und Veröffentlichungen Postsynthetische Modifikationen ribosomaler Proteine durch reversible Phosphorylierung und deren Einfluss auf die zellfreie Translation, Bindegewebsstoffwechsel der gesunden und geschädigten (Ratten-)Leber mit Schwerpunkt der Proteoglykane und Glykosaminoglykane, zelluläre und molekulare Mechanismen der Leberfibrogenese mit Schwerpunkt der sinusoidalen Lebersternzellen und deren para- und autokrine Aktivierung zu matrixproduzierenden, kontraktilen Myofibroblasten, Entwicklung und Evaluation von Biomarkern zur nichtinvasiven Fibrosediagnostik der Leber, Bearbeitung allgemeiner labormedizinischer Themen. Zu den genannten Themen sind über 470 Original- und Übersichtsarbeiten und über 800 Abstracts von Vorträgen und Postern erschienen. Hinzu kommen Buchbeiträge und Buchherausgaben, z. B. H. Greiling, A. M. Gressner (Hrsg.) Lehrbuch der Klinischen Chemie und Pathobiochemie, 3. Auflage, 1995, Schattauer-Verlag, Stuttgart. Verheiratet mit Dr. med. Gabriele Gressner; eine Tochter, ein Sohn.

Prof. Dr. rer. nat. Torsten Arndt Beruflicher Werdegang 1981–1986 Studium der Chemie an der Universität Leipzig, Diplom 1986. 1986–1992 Doktorand und wissenschaftlicher Assistent am Institut für Pathobiochemie der Universität Leipzig (Leiter Prof. Dr. Fritz Müller), 1992 Promotion. 1993–1995 wissenschaftlicher Assistent am Institut für Klinische Chemie und Pathobiochemie – Zentrallaboratorium (Leiter Prof. Dr. Axel M. Gressner), Philipps-Universität Marburg. Seit 1996 Abteilungsleiter Spezielle Klinische Chemie (bis 2006), Chromatographie und Toxikologie, Bioscientia Institut für Medizinische Diagnostik GmbH. 2004 Anerkennung als Klinischer Chemiker DGKL. 2005 Habilitation und Venia legendi im Fach

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Klinische Chemie und Pathobiochemie und seit 2008 außerplanmäßige Professur an der PhilippsUniversität Marburg. 2010 Anerkennung als Forensischer Chemiker GTFCh. Seit 2009 Mitglied im Vorstand der Gesellschaft für Toxikologische und Forensische Chemie (GTFCh). Seit 2009 Schriftleiter von Toxichem Krimtech. Mitglied der International Association of Forensic Toxicologists (TIAFT). Zahlreiche Buchbeiträge sowie Originalien und Übersichten in impactfactor-gelisteten Zeitschriften. Verheiratet mit Diplom-Chemikerin Christiane Arndt, eine Tochter Franziska. Wissenschaftliche Schwerpunkte Klinisch-chemische Kenngrößen des Konsums von Alkohol, Tabak und psychoaktiven Pflanzen, chromatographische und massenspektrometrische Verfahren im klinisch-chemischen und toxikologisch-forensischen Labor.

Die Herausgeber

Hinweise zur Benutzung des Lexikons

Alle Einträge des Lexikons sind alphabetisch gelistet entsprechend der Reihenfolge der Buchstaben im Beitragstitel; Ziffern und griechische Buchstaben wurden dabei nicht berücksichtigt. So ist z. B. • 13C-Harnstoff-Atemtest unter CHAR • b-Aminoisobuttersäure unter AMIN • a2-Makroglobulin unter MAKR eingeordnet. Darüber hinaus führen auch die Synonyme, die als Verweisstichwörter einsortiert sind, zur gewünschten Information. Die Daten zu Autoantikörpern gegen körpereigene Strukturen sind unter Buchstabe A zusammengefasst unter dem jeweiligen Beitragstitel „Autoantikörper gegen . . .“. Antikörper gegen körperfremde Antigene sind ebenfalls unter Buchstabe A („Antikörper gegen . . .“) behandelt – mit Ausnahme der Antikörper und Antigene der Hepatitis-Serologie, die aus traditionellen und praktischen Gründen unter Buchstabe H einsortiert sind.

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Autorenverzeichnis

Prof. Dr. rer. nat. T. Arndt Bioscientia Institut für Medizinische Diagnostik GmbH, Ingelheim, Deutschland Institut für Laboratoriumsmedizin und Pathobiochemie, Molekulare Diagnostik, PhilippsUniversität Marburg, Universitätsklinikum Gießen und Marburg GmbH, Marburg, Deutschland Prof. Dr. rer. nat. J. Arnemann Abteilung Molekulargenetik, Labor Dr. Wisplinghoff, Köln, Deutschland Prof. Dr. med. H. Baum Institut für Laboratoriumsmedizin, Mikrobiologie und Blutdepot, Regionale Kliniken Holding RKH GmbH, Ludwigsburg, Deutschland Dr. med. M. Bidlingmaier Medizinische Klinik und Poliklinik IV, Klinikum der Universität München, München, Deutschland Dr. rer. nat. F. Bürger Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin, Dietmar-Hopp-Stoffwechselzentrum, Universitätsklinikum Heidelberg, Heidelberg, Deutschland Dr. med. O. Colhoun Institut für Laboratoriumsmedizin, Klinikum Frankfurt Höchst, Frankfurt am Main, Deutschland Eur. Chemiker, Dipl.-Ing. J. Diekmann Institut für Laboratoriums- und Transfusionsmedizin, Herz- und Diabeteszentrum NRW, Bad Oeynhausen, Deutschland Prof. Dr. rer. nat. J. Dreier Institut für Laboratoriums- und Transfusionsmedizin, Herz- und Diabeteszentrum Nordrhein-Westfalen, Universitätsklinik der Ruhr-Universität Bochum, Bad Oeynhausen, Deutschland Dr. med. A. Ehling Bioscientia Institut für Medizinische Diagnostik GmbH, Ingelheim, Deutschland Prof. Dr. med. habil. Dr. rer. nat. H. Fiedler Erfurt, Deutschland Dr. rer. nat. J. Fraune Euroimmun Medizinische Labordiagnostika AG, Lübeck, Deutschland Dr. med. B. Gierten Bioscientia Institut für Medizinische Diagnostik GmbH, Ingelheim, Deutschland Prof. Dr. rer. nat. C. Götting MVZ Labor Limbach Nürnberg GmbH, Nürnberg, Deutschland Prof. Dr. med. Prof. h. c. A. M. Gressner Labor Dr. Wisplinghoff Berlin, Berlin, Deutschland Priv.-Doz. Dr. med. O. A. Gressner Labor Dr. Wisplinghoff Köln, Köln, Deutschland Prof. Dr. med. W. G. Guder München, Deutschland Dr. rer. nat. Dipl.-Chem. B. Güssregen Merck KGaA, Darmstadt, Deutschland Prof. Dr. med. H.-D. Haubeck Wasserburg, Deutschland xi

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Prof. Dr. rer. medic. N. Heussen Institut für Medizinische Statistik, RWTH Aachen, Aachen, Deutschland Prof. Dr. rer. nat. R.-D. Hilgers Institut für Medizinische Statistik, RWTH Aachen, Aachen, Deutschland Prof. Dr. med. G. F. Hoffmann Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin, Universitätsklinikum Heidelberg, Heidelberg, Deutschland Prof. Dr. med. S. Holdenrieder Institut für Laboratoriumsmedizin, Deutsches Herzzentrum München, Technische Universität München, München, Deutschland Priv.-Doz. Dr. rer. nat. W. Hubl Dresden, Deutschland Priv.-Doz. Dr. med. H. Jomaa amedes MVZ für Laboratoriumsdiagnostik und Mikrobiologie, Halle/Leipzig GmbH, Halle, Deutschland Prof. Dr. med. P. Kiefer Dortmund, Deutschland Prof. em. Dr. med. K. Kleesiek Institut für Laboratoriums- und Transfusionsmedizin, Herzund Diabeteszentrum Nordrhein-Westfalen, Ruhr-Universität Bochum, Bad Oeynhausen, Deutschland Prof. Dr. med. T. O. Kleine Institut für Laboratoriumsmedizin und Pathobiochemie, Molekulare Diagnostik Standort Marburg, Referenzlabor für Liquordiagnostik, UKGM Universitätsklinikum Gießen und Marburg, Marburg, Deutschland Dr. rer. nat. Dipl.-Chem. J. Knecht FB Chemie, Division Analytical Chemistry, Universität Marburg, Marburg, Deutschland Dr. rer. nat. Dipl.-Chem. C. Krüger Euroimmun Medizinische Labordiagnostika AG, Lübeck, Deutschland Prof. Dr. med. W.-R. Külpmann Hannover, Deutschland Prof. Dr. med. K. J. Lackner Institut für Klinische Chemie und Laboratoriumsmedizin, Universitätsmedizin Mainz, Mainz, Deutschland Dr. rer. nat. C.-D. Langhans Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin, Dietmar-Hopp-Stoffwechselzentrum, Universitätsklinikum Heidelberg, Heidelberg, Deutschland Prof. Dr. rer. nat. D. Meißner Dresden, Deutschland Prof. Dr. med. O. Müller-Plathe Hamburg, Deutschland Prof. Dr. med. D. Peetz Institut für Labormedizin, Helios Klinikum Berlin-Buch, Berlin, Deutschland Dr. med. F. H. Perschel Institut für Laboratoriumsmedizin, Klinische Chemie und Pathobiochemie, Charité – Universitätsmedizin Berlin, Campus Virchow-Klinikum, Berlin, Deutschland Prof. Dr. med. H. Renz Institute of Laboratory Medicine and Pathobiochemistry, Molecular Diagnostics, Philipps University Marburg, University Hospital Gießen and Marburg GmbH, Marburg, Deutschland Dr. rer. nat. W. Schlumberger Euroimmun Medizinische Labordiagnostika AG, Lübeck, Deutschland Dr. rer. nat. Dipl.-Biol. M. Schmidt Institut für Laboratoriums- und Transfusionsmedizin, Herz- und Diabeteszentrum Nordrhein-Westfalen, Universitätsklinik der Ruhr-Universität Bochum, Bad Oeynhausen, Deutschland

Autorenverzeichnis

Autorenverzeichnis

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Prof. Dr. med. A. Schulze Clinical and Metabolic Genetics, The Hospital for Sick Children, University of Toronto, Toronto, Kanada Prof. Dr. rer. nat. G. Schumann Hannover, Deutschland Dr. rer. nat. Dipl.-Biochem. A. C. Sewell Ingelheim, Deutschland Dr. rer. nat. S. Stanzel DKFZ Heidelberg, Heidelberg, Deutschland Dr. rer. nat. Dipl.-Chem. T. Stauch EuSpLM, Porphyrie-Speziallabor EPNET, MVZ Labor PD Dr. Volkmann und Kollegen GbR, Karlsruhe, Deutschland Dr. rer. nat. Dipl.-Chem. A. Steinhorst EA Secretariat, Paris, Frankreich Dr. med. P. Stieber München, Deutschland Priv.-Doz. Dr. med. T. Stief Institut für Laboratoriumsmedizin und Pathobiochemie, Krankenhaus der Philipps-Universität, Marburg, Deutschland Prof. Dr. med. W. Stöcker Euroimmun Medizinische Labordiagnostika AG, Lübeck, Deutschland Prof. Dr. med. R. Tauber Institut für Laboratoriumsmedizin, Klinische Chemie und Pathobiochemie, Charité – Universitätsmedizin Berlin, Campus Virchow-Klinikum, Berlin, Deutschland Dr. rer. nat. Dipl.-Chem. G. Töpfer Schöpstal, Deutschland Dr. rer. nat. C. Vidal Landeskriminalamt Niedersachsen, Dezernat 53 „Chemie“, Hannover, Deutschland Dr.-Ing. R. Westermeier Freising, Deutschland Dipl.-Biol. U. Zimmermann Abteilung Gesundheit / Forensik, Deutsche Akkreditierungsstelle GmbH (DAkkS), Frankfurt, Deutschland

A

Å

A-Antigen

▶ Ångstrom

K. Kleesiek, C. Götting, J. Diekmann, J. Dreier und M. Schmidt

Ab ▶ b-Amyloidpeptide

Synonym(e) A-Substanz; Blutgruppen-Antigen A Englischer Begriff A antigen; blood group A antigen Definition Kohlenhydratstruktur auf ▶ Erythrozyten, die als terminalen Zucker ein N-Acetylgalaktosamin aufweist und mit Anti-A-Isoagglutininen reagiert.

Ab42 ▶ b-Amyloidpeptide

AAK ▶ Atemalkohol

AAk gegen Schilddrüsen-spezifische Peroxidase ▶ Autoantikörper gegen Thyreoperoxidase

b-A4-Amyloid-Protein ▶ b-Amyloidpeptide

Beschreibung Das A-Antigen ist eine Zuckerstruktur von Glykoproteinen (s. ▶ Glykoproteine) und Glykolipiden auf der Oberfläche von Erythrozyten, die als endständigen Zuckerrest ein a-1,3-glykosidisch verknüpftes N-Acetylgalaktosamin aufweist. Die Synthese des A-Antigens erfolgt durch die A-Transferase, eine Glykosyltransferase (▶ Glykosyltransferasen A und B), die den Transfer von N-Acetylgalaktosamin auf die ▶ H-Substanz Fukose-a-1,2-Galaktose-b1-Rest katalysiert. Die A-Transferase wird von Trägern der Blutgruppen A und AB synthetisiert, die mindestens ein A-Allel des AB0-Gens in ihrem Genom aufweisen. Personen mit Blutgruppe B oder 0, die kein A-Antigen auf den eigenen Erythrozyten tragen, bilden in den ersten Lebensmonaten als immunologische Reaktion auf A-Antigen-ähnliche Strukturen, wie sie zum Beispiel auf gramnegativen Bakterien (▶ Gram-Färbung) des Gastrointestinaltrakts vorkommen, Anti-A-Antikörper (Anti-A-Isoagglutinine; s. ▶ Isoagglutinine) aus. Diese Anti-A-Isoagglutinine gehören zu den komplementaktivierenden IgM-Antikörpern und reagieren mit hämolysierender Wirkung mit Erythrozyten der Blutgruppe A. Es existieren bei der Blutgruppe A Untergruppen, die sich in der Stärke der Antigenausprägung sowie in der Struktur des A-Antigens unterscheiden. Gemeinsam für alle A-Untergruppen ist das in der Regel fehlende korrespondierende Isoagglutinin, selbst bei nur geringer Antigendichte auf den Erythro-

# Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2019 A. M. Gressner, T. Arndt (Hrsg.), Lexikon der Medizinischen Laboratoriumsdiagnostik, Springer Reference Medizin, https://doi.org/10.1007/978-3-662-48986-4

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zyten. Bei der Untergruppe A1 wird zusätzlich zum A-Antigen das A1-Antigen synthetisiert, das sich strukturell leicht vom A-Antigen unterscheidet und mittels einer Agglutinationsreaktion mit dem Lektin aus Dolichos biflorus identifiziert werden kann. Bei der Untergruppe A2 ist die Antigendichte, also die Zahl der A2-Glykostrukturen auf der Erythrozytenoberfläche, deutlich geringer als bei der Blutgruppe A1. Dies führt dazu, dass A2-Erythrozyten sowohl mit dem A1-Lektin aus Dolichos biflorus wie auch mit dem Lektin aus Ulex europaeus, das die H-Substanz erkennt, reagieren. Diese Reaktivität nutzt man im blutgruppenserologischen Laboratorium zur Differenzierung der A-Untergruppen A1 und A2. Allerdings reagiert Anti-H auch mit Erythrozyten der Blutgruppen 0, B sowie weiterer Untergruppen der Blutgruppe A mit schwacher Antigenexpression. Dieser Test ist folglich nicht geeignet, um eine Differenzierung der A-Untergruppe A2 und weiteren AUntergruppen mit einer sehr schwachen Antigenexpression durchzuführen. Diese weiteren A-Untergruppen wie A3, Aend, Ax und Ael treten allerdings sehr selten auf und sind zumeist schon in der initialen Reaktion mit Anti-A-Isoagglutininen (s. ▶ Isoagglutinine) bei der Blutgruppenbestimmung auffällig, da sie nur abgeschwächt mit Anti-A-Isoagglutininen reagieren. Alle A-Untergruppen mit sehr schwacher Antigenausprägung werden unter dem Oberbegriff „aweak“ zusammengefasst und ihre genaue Differenzierung ist in der immunhämatologischen Routinediagnostik von untergeordneter Bedeutung. In Europa gehören etwa 80 % der Träger der Blutgruppe A zur Untergruppe A1 und 20 % zur Untergruppe A2. Die anderen A-Untergruppen treten deutlich seltener auf, sie sind in der Summe bei weniger als 0,1 % der europäischen Bevölkerung nachweisbar. Die Verteilung der A-Untergruppen weist allerdings wie die generelle Verteilung der Blutgruppen große Unterschiede in Bezug auf die untersuchten Populationen auf. Als Beispiel seien asiatische Populationen genannt, bei denen teilweise die A-Untergruppe A2 nicht auftritt, während bei der Gruppe der Lappen eine große Anzahl von A2-Trägern gefunden wird. (s. a. ▶ AB0-Blutgruppensystem).

Literatur Mollison PL, Engelfriet CP (1993) Blood transfusion in clinical medicine. Blackwell Scientific, London Mueller-Eckhardt C, Kiefel V (2003) Transfusionsmedizin. Springer, Berlin/Heidelberg/New York Müller TH, Hallensleben M, Schunter F, Blasczyk R (2001) Molekulargenetische Blutgruppendiagnostik. Dtsch Ärztebl 98:B267–B272

AAS ▶ Atomabsorptionsspektrometrie

AAS

a-AASA ▶ a-Aminoadipinsemialdehyd (a-AASA)

AAT ▶ Aminopyrinatemtest

AB0-Blutgruppen ▶ AB0-Blutgruppensystem

AB0-Blutgruppensystem K. Kleesiek, C. Götting, J. Diekmann, J. Dreier und M. Schmidt

Synonym(e) AB0-Blutgruppen Englischer Begriff AB0 bloodgroup system; AB0 bloodgroup Definition Wichtiges Blutgruppensystem, das aus den Kohlenhydrat-Antigenen A, B und H besteht, die für die Ausprägung der Blutgruppen A, B, AB und 0 verantwortlich sind. Beschreibung. Das AB0-System ist das wichtigste Blutgruppensystem (s. ▶ Blutgruppensysteme), bei dem die Antigene A, B und H die phänotypischen Blutgruppen A, B, AB und 0 definieren. Die ABH-Antigene sind im Gegensatz zu vielen anderen Blutgruppenantigenen keine primären Genprodukte, sondern als Kohlenhydratstrukturen Produkte der enzymatischen Reaktion von Glykosyltransferasen (▶ Glykosyltransferasen A und B). Das AB0-System ist eine Folge von Polymorphismen komplexer Kohlenhydratstrukturen von Glykoproteinen (s. ▶ Glykoproteine) und Glykolipiden auf der Oberfläche von ▶ Erythrozyten, anderen Zellen oder auch in gelöster Form in Sekreten. Variationen (Mutationen, Polymorphismen) in den Genen, die für die am Aufbau dieser Kohlenhydratstrukturen beteiligten Glykosyltransferasen kodieren, führen zur Synthese von divergenten immunodominanten Saccharidstrukturen, die die Antigene des AB0-Systems bilden. Grundlage für die Entstehung dieser Blutgruppenantigene ist die Modifikation des H-Antigens, Fukose-a-1,2-Galaktose-b1Rest, durch die A- und B-Transferasen bei den Blutgruppen A,

ABC-Transporter

3

B und AB, während es bei der Blutgruppe 0 aufgrund des Fehlens von funktionsfähigen A- und B-Transferasen nicht zu einer Veränderung des H-Antigens kommt. Das von der H-Transferase oder der Se-Transferase synthetisierte H-Antigen ist das Akzeptorsubstrat für die Blutgruppen-Glykosyltransferasen A und B (A-, B-Transferase), die jeweils zur Blutgruppe A, B oder AB führen (s. folgende Tabelle und Abb. 1). Eigenschaften der AB0-Blutgruppen und deren Verteilung in Europa: Antigene auf den Blutgruppe Erythrozyten A A B B AB A, B 0 Keine/HSubstanz

Isoagglutinine im Serum Anti-B Anti-A Keine Anti-A, AntiB

Mögliche Genotypen AA, A0 BB, B0 AB 00

Häufigkeit in Europa (%) 44 10 5 41

Die A-Transferase ist eine a1,3-N-Acetyl-D-Galaktosaminyltransferase, die den Transfer von N-Acetylgalaktosamin auf das H-Antigen katalysiert, während die B-Transferase die Addition von Galaktose auf das H-Antigen vermittelt. Die A- und B-Transferasen werden von unterschiedlichen Allelen (A-Allel, B-Allel) eines einzigen AB0-Gens, das auf dem langen Arm des Chromosoms 9 lokalisiert ist, kodiert. Die Kenntnis der molekularen Basis der AB0-Blutgruppenantigene erklärt auch ihren Vererbungsmodus. Während die Blutgruppen A und B kodominant vererbt werden, dominieren sowohl A als auch B über die nichtfunktionalen Allele der Blutgruppe 0. Das AB0-System weist die 4 antigenen Merkmale A1, A2, B und H auf, wobei das H-Antigen das Antigen von Personen mit Blutgruppe 0 ist. Da sich die A1- und A2-Antigene primär in der Antigendichte auf der Erythrozytenoberfläche unterscheiden und weniger Unter-

schiede in der molekularen Struktur der Antigene vorliegen, bilden Träger der Blutgruppen A1 und A2 wechselseitig keine ▶ Isoagglutinine gegen die andere Blutgruppensubstanz. Daher ist die Unterscheidung der Blutgruppen A1 und A2 in der transfusionsmedizinischen Praxis in der Regel irrelevant, sodass häufig nur die Blutgruppen A, B, AB und 0 unterschieden werden. Das AB0-Blutgruppensystem spielt bei notwendigen Transfusionen eine sehr große Rolle, da im AB0-System wegen der regelhaften, blutgruppenkonträren Präsenz von Anti-A- und AntiB-Isoagglutininen streng blutgruppenkompatibel transfundiert werden muss. Bei inkompatibler Transfusion kommt es sofort zu einer Antigen-Antikörper-Reaktion zwischen den im Empfänger vorhandenen Isoagglutininen und den transfundierten Erythrozyten mit Zelllyse und der massiven Freisetzung von ▶ Histamin und histaminähnlichen Substanzen. Die folgenden Transfusionsreaktionen können zu Volumenmangelschock, massiver Nierenschädigung und einer Aktivierung der intravasalen Gerinnung führen, die mit vital bedrohlichen Zuständen einhergeht.

Literatur Mollison PL, Engelfriet CP (1993) Blood transfusion in clinical medicine. Blackwell Scientific, London Mueller-Eckhardt C, Kiefel V (2003) Transfusionsmedizin. Springer, Berlin/Heidelberg/New York Müller TH, Hallensleben M, Schunter F, Blasczyk R (2001) Molekulargenetische Blutgruppendiagnostik. Dtsch Ärztebl 98:B267–B272

Abblocken ▶ Blockieren

Blutgruppe A A-Transferase Fuc UDP-GalNAc Blutgruppe 0 Fuc

α2

Gal β

α3

GalNAc

K. J. Lackner und D. Peetz

R α2

H-Substanz

Gal β

UDP R

R

ABC-Transporter

UDP-Gal

β α2 α3 Gal Fuc

Synonym(e) ATP-binding-cassette Transporter Gal

B-Transferase Blutgruppe B

AB0-Blutgruppensystem, Abb. 1 Synthese der Blutgruppenantigene A und B durch die Glykosyltransferasen A- bzw. B-Transferase, die ausgehend von einem aktivierten UDP-Zucker ein N-Acetylgalaktosamin oder eine Galaktose auf die H-Substanz transferieren. Die H-Substanz bleibt bei der Blutgruppe 0 unverändert. Fuc, Fukose; Gal, Galaktose; GalNAc, N-Acetylgalaktosamin; UDP, Uridindiphoshat; R, Rest

Englischer Begriff ATP-binding-cassette transporter Definition ABC-Transporter sind eine Familie von Transmembranproteinen, die verschiedene Substanzen einschließlich Medikamenten über zelluläre Membranen transportieren können. Beschreibung Alle ABC-Transporter besitzen eine Nukleotidbindungstasche (NBF) mit sog. Walker-A- und -B-

A

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Abdampfrückstand

Motiven. Funktionelle Transporter enthalten 2 NBFs und 2 Transmembrandomänen mit je 6–11 transmembranen a-Helices. Die ABC-Transporter-Superfamilie hat derzeit ca. 50 Mitglieder in 7 Unterfamilien (A–G). Die Funktion und das transportierte Substrat einiger ABC-Transporter konnten inzwischen geklärt werden. Genetische Defekte von ABC-Transportern führen zu verschiedenen Erkrankungen, s. dazu folgende Tabelle: Transporter ABCA1 ABCA3 ABCA4

Substrat Cholesterin Phospholipide N-Retinylidene-PE

ABCG5/ ABCG8 ABCC7 (CFTR)

Pflanzensterole Chloride ion channel

Genetische Erkrankung Tangier-Erkrankung Surfactant-Mangel StargardtMaculadystrophie Sitosterlolämie

Literatur Falbe J, Regitz M (Hrsg) (1989) Römpp Chemie Lexikon. Georg Thieme Verlag, Stuttgart/New York

Abell-Kendall-Methode ▶ Abell-Kendall-Verfahren

Abell-Kendall-Verfahren

Zystische Fibrose

Daneben sind zahlreiche ABC-Transporter in den Efflux von Medikamenten und anderen ▶ Xenobiotika involviert. Dazu gehören der Multidrug-Resistance-(MDR-)Transporter (ABCB1) sowie die MDR-related-Proteine (MRP) 1–3 (ABCC1–3). Sie haben deshalb in der Pharmakogenetik eine Bedeutung.

Literatur Locher KP (2016) Mechanistic diversity in ATP-binding cassette (ABC) transporters. Nat Struct Mol Biol 23:487–493

Abdampfrückstand T. Arndt

Synonym(e) Eindampfrückstand; Trockenrückstand Englischer Begriff evaporation residue Definition Jene Bestandteile einer Analysenprobe, die unter den Bedingungen des Abdampfens durch Wärme und/oder Druckerniedrigung nicht verdampfbar sind. Beschreibung In der klinisch-chemischen Analytik ist es gewöhnlich der analythaltige Rückstand, der nach einer ▶ Flüssig-Flüssig-Extraktion und Eindampfen der nicht mit Wasser mischbaren organischen Phase zurückbleibt, anschließend durch ein geeignetes, mit Wasser mischbares Lösungsmittel aufgelöst und schließlich der Analyse zugeführt wird.

K. J. Lackner und D. Peetz

Synonym(e) Abell-Kendall-Methode Englischer Begriff Abell-Kendall procedure Definition Referenzmethode der quantitativen Cholesterinbestimmung. Beschreibung Diese Modifikation der von W.M. Sperry und F.C. Brand beschriebenen Cholesterinbestimmung wird von den US Centers for Disease Control und Prevention als Referenzmethode (▶ Referenzmethodenwert) für die Cholesterinbestimmung genutzt. Sie basiert auf der Hydrolyse der Cholesterinester in der Probe mit nachfolgender Extraktion. ▶ Cholesterin wird dann mit einem Liebermann-BurchardReagenz quantifiziert. Das Verfahren weist einen deutlichen systematischen Fehler gegenüber der heute verfügbaren auf GaschromatographieMassenspektrometrie basierenden Methode mit Isotopenverdünnung auf, der auf einer unzureichenden Spezifität gegenüber anderen Sterolen beruht. Aus diesem Grund gibt es Bemühungen, das Abell-Kendall-Verfahren abzulösen. Zu beachten ist dabei, dass die Entscheidungsgrenzen aus den großen klinischen Studien auf Standardisierung der Cholesterinbestimmung durch das Abell-Kendall-Verfahren beruhen.

Literatur Abell LL, Levy BB, Brodie BB et al (1951) Simplified methods for the estimation of total cholesterol in serum and demonstration of its specificity. J Biol Chem 195:3573–3566 Edwards SH, Kimberly MM, Pyatt SD et al (2011) Proposed serum cholesterol reference measurement procedure by gas chromatography-isotope dilution mass spectrometry. Clin Chem 57:614–622

Abhängigkeit

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Abessinischer Tee

Abgeleitete Einheit, kohärente

▶ Kath

C. Vidal und W.-R. Külpmann

Englischer Begriff coherent derived unit

Abfrage O. Colhoun

Definition Abgeleitete Einheit, die für ein Größensystem (▶ Größe) und eine ausgewählte Menge von Basiseinheiten (s. ▶ Basiseinheit) ein Produkt von Potenzen von Basiseinheiten nur mit dem Proportionalitätsfaktor eins ist (BIPM et al. 2010). Für Anmerkungen s. Literatur.

Synonym(e) Auftragsquery; Befundabfrage Englischer Begriff query Definition Selektion von Daten der Labor-EDV Beschreibung Eine Abfrage ermöglicht die Darstellung selektierter Daten, die im ▶ Labor-EDV-System abgespeichert sind, aus einem definierten Zeitraum. Hierfür stehen unterschiedliche Auswahlbedingungen zur Verfügung, die sich z. B. auf Einsender, Patienten, Materialien, Ergebnisse, Laborbereiche oder/und Auftragseigenschaften beziehen können. Angezeigt werden je nach Wunsch der gesamte Auftrag, auf den die definierten Bedingungen zutreffen, oder nur die gewünschten Analysen.

Beschreibung Ist beim numerischen Faktor (Proportionalitätsfaktor) 10n einer abgeleiteten Einheit n = 0, sodass der Faktor gleich 1 ist, dann spricht man bei einem Produkt aus Potenzen der Basiseinheiten von einer kohärenten abgeleiteten Einheit, z. B. ein Pascal: 1 Pa = 100 m1 kg s2 = m1 kg s2.

Literatur BIPM, IEC, IFCC, ILAC, ISO, IUPAC, IUPAP, OIML (2010) Internationales Wörterbuch der Metrologie (VIM) Deutsch-englische Fassung. ISO/IEC-Leitfaden 99:2007, 3. Aufl. Beuth-Verlag, Berlin

Abgeleitete Größe C. Vidal und W.-R. Külpmann

Abgeleitete Einheit Englischer Begriff derived quantity C. Vidal und W.-R. Külpmann

Englischer Begriff derived unit Definition ▶ Maßeinheit für eine abgeleitete Größe (BIPM et al. 2010). Beschreibung Einheiten für abgeleitete Größen lassen sich stets als Produkt aus einem numerischen Faktor (Proportionalitätsfaktor) 10n (mit ganzzahligem n) und dem Produkt aus Potenzen der Basiseinheiten ausdrücken, z. B. ein Kilopascal: 1 kPa = 103 m1 kg s2.

Definition ▶ Größe in einem Größensystem, die als Funktion der Basisgrößen (s. ▶ Basisgröße) dieses Systems definiert ist (BIPM et al. 2010). Beschreibung Als Funktion der 7 Basisgrößen lassen sich weitere Größen darstellen, z. B. die Geschwindigkeit als Quotient von Länge und Zeit.

Literatur BIPM, IEC, IFCC, ILAC, ISO, IUPAC, IUPAP, OIML (2010) Internationales Wörterbuch der Metrologie (VIM) Deutsch-englische Fassung ISO/IEC-Leitfaden 99:2007, 3. Aufl. Beuth-Verlag, Berlin

Literatur BIPM, IEC, IFCC, ILAC, ISO, IUPAC, IUPAP, OIML (2010) Internationales Wörterbuch der Metrologie (VIM) Deutsch-englische Fassung. ISO/IEC-Leitfaden 99:2007, 3. Aufl. Beuth-Verlag, Berlin

Abhängigkeit ▶ Dependenz

A

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ABH-Antigene ▶ ABH-Substanz

ABH-Substanz K. Kleesiek, C. Götting, J. Diekmann, J. Dreier und M. Schmidt

Synonym(e) ABH-Antigene Englischer Begriff ABH substance; ABH antigens Definition Oberbegriff für die Antigene des AB0-Blutgruppensystem (s.▶ AB0-Blutgruppensystem). Beschreibung Die ABH-Substanz ist eine Oligosaccharidstruktur auf der Erythrozytenoberfläche, welche die Grundlage der AB0-Blutgruppen darstellt und deren molekulare Struktur durch die Glykosyltransferasen H-Transferase (Fukosyltransferase 1), A-Transferase (N-Acetylgalaktosaminyltransferase) und B-Transferase (Galaktosyltransferase) bestimmt wird. Personen mit Blutgruppe A können H- und A-Transferase synthetisieren, während bei Personen mit Blutgruppe B H- und B-Transferase exprimiert wird. Die Blutgruppe 0 entsteht hingegen, wenn nur die H-Transferase in enzymatisch aktiver Form vorliegt. Personen der Blutgruppe AB sind in der Lage, alle 3 Enzyme zu bilden. Das Profil der gebildeten Glykosyltransferasen (▶ Glykosyltransferasen A und B) bestimmt somit die synthetisierte Kohlenhydratstruktur der ABH-Substanz und folglich die AB0-Blutgruppe (▶ AB0-Blutgruppensystem).

ABH-Antigene

Definition Der AB0-Identitätstest dient vor Transfusion von Erythrozytenkonzentraten der Bestätigung der zuvor bestimmten AB0-Blutgruppenmerkmale des Empfängers direkt am Krankenbett. Beschreibung Der AB0-Identitätstest wird unmittelbar vor der Transfusion von Erythrozytenkonzentraten vom transfundierenden Arzt oder unter seiner direkten Aufsicht am Empfänger durchgeführt. Der AB0-Identitätstest ist gemäß Transfusionsgesetz vorgeschrieben. Die Durchführung des AB0-Identitätstests erfolgt mit Reagenzien, die für den Einsatz am Krankenbett geeignet sind (z. B. geeignete Testkarten). Der AB0-Identitätstest wird nicht mit dem zur Transfusion bereitgestellten Blutprodukt (Fertigarzneimittel) durchgeführt. Das Ergebnis des AB0-Identitätstests muss schriftlich dokumentiert werden. Bei Unstimmigkeiten ist das Laboratorium bzw. die transfusionsmedizinische Einrichtung umgehend zu benachrichtigen. Ausnahme: Bei Empfängern von Eigenblutprodukten wird der AB0-Identitätstest mit dem Blut des Empfängers und im Fall von erythrozytenhaltigen Präparaten auch mit dem autologen Blutprodukt vorgenommen. Die serologische Verträglichkeitsprobe (▶ Kreuzreaktivität) kann in diesen Fällen entfallen.

Literatur Bundesärztekammer (2005) Richtlinien zur Gewinnung von Blut und Blutbestandteilen und zur Anwendung von Blutprodukten (Hämotherapie). Aufgestellt gemäß Transfusionsgesetz von der Bundesärztekammer im Einvernehmen mit dem Paul-Ehrlich-Institut, Gesamtnovelle 2005. Deutscher Ärzteverlag, Köln

AB0-Kompatibilität-Inkompatibilität Literatur Mollison PL, Engelfriet CP (1993) Blood transfusion in clinical medicine. Blackwell Scientific Publications, London Mueller-Eckhardt C, Kiefel V (2003) Transfusionsmedizin. Springer, Berlin/Heidelberg/New York Müller TH, Hallensleben M, Schunter F, Blasczyk R (2001) Molekulargenetische Blutgruppendiagnostik. Dtsch Ärztebl 98:B267–B272

K. Kleesiek, C. Götting, J. Diekmann, J. Dreier und M. Schmidt

Englischer Begriff AB0 compatibility; AB0 incompatibility Definition Die AB0-Kompatibilität/-Inkompatibilität bezeichnet die Verträglichkeit/Unverträglichkeit innerhalb dieses Blutgruppensystems (s. ▶ Blutgruppensysteme).

AB0-Identitätstest K. Kleesiek, C. Götting, J. Diekmann, J. Dreier und M. Schmidt

Englischer Begriff ABO identity; bedside test

Beschreibung Die AB0-Kompatibilität besitzt in der Transfusionsmedizin eine erhebliche praktische Bedeutung. Der wesentliche Grund besteht darin, dass in dem ▶ AB0Blutgruppensystem die Möglichkeit zur blutgruppenungleichen, aber dennoch kompatiblen Transfusion besteht. Eine blutgruppenungleiche, nicht kompatible Transfusion muss

AB0-Kompatibilität-Inkompatibilität

7

stets vermieden werden. Dies beruht auf einer Besonderheit des AB0-Blutgruppensystems, die darin liegt, dass natürlicherweise ▶ Alloantikörper, sog. ▶ Isoagglutinine, gegen ▶ Alloantigene solcher Blutgruppen gebildet werden, die auf den Erythrozyten des Individuums fehlen (▶ Landsteiner Regel). Aus diesem Grund ist eine AB0-inkompatible Transfusion von Erythrozyten bereits bei einem ersten Kontakt/der ersten Transfusion lebensgefährlich (hohe Wahrscheinlichkeit einer intravasalen Hämolyse; s. ▶ Hämolyse, transfusionsbedingt intra- und extravasal). Bei anderen, nicht AB0Blutgruppensystemen kann es erst nach Kontakt zu allogenem Blut, z. B. im Rahmen von Schwangerschaften oder Transfusionen, zu einer Alloimmunisierung (Alloantikörperbildung) kommen. Die Wahrscheinlichkeit und das Ausmaß einer Alloantikörperbildung ist bei den verschiedenen Blutgruppensystemen unterschiedlich hoch. Eine sehr hohe Wahrscheinlichkeit einer Alloantikörperbildung (Immunisierung) besteht insbesondere bei dem Kontakt emit dem RhD-Merkmal (▶ Rhesus-Faktor), d. h. bei einer Transfusion von RhD-positiven Erythrozyten in einen RhD-negativen Empfänger. Die starke Immunogenität dieses D-Merkmals findet daher besondere Berücksichtigung in den Richtlinien zur Gewinnung von Blut und Blutbestandteilen und zur Anwendung von Blutprodukten (Hämotherapie). Die AB0-Kompatibilität/-Inkompatibilität ist sowohl für die Auswahl von Blutprodukten in der Transfusionsmedizin als auch in der Schwangerschaftsvorsorge bedeutsam. Transfusionsmedizin Die AB0-Kompatibilität ist abhängig vom verwendeten Blutpräparat: Erythrozytenkonzentrat (EK), gefrorenes Frischplasma (GFP), Thrombozytenkonzentrat (TK) und Granulozytenkonzentrat. Erythrozytenkonzentrat: Kompatibles/inkompatibles Erythrozytenkonzentrat (EK) für einen Empfänger:

Empfänger (Proband) A B AB 0

Kompatibles (majorkompatibel) EK A oder 0 B oder 0 AB, A, B oder 0 0

Inkompatibles (majorinkompatibel) EK B oder AB A oder AB

Kompatibles (minorkompatibel) GFP A oder AB B oder AB AB 0, A, B oder AB

• Die Transfusion von Thrombozytenkonzentraten ist in der Regel „major-kompatibel“ (s. Tabelle oben unter „Erythrozytenkonzentrat“) zu übertragen. Bei der „major-kompatiblen“ Transfusion befinden sich im Serum des Patienten keine Isoagglutinine gegen die AB0-Eigenschaften auf den transfundierten Thrombozyten. Das RhD-Merkmal soll wegen der Möglichkeit einer Immunisierung berücksichtigt werden. Bei Kindern mit einem Körpergewicht unter 25 kg sollte die Transfusion von Thrombozytenkonzentraten „minor-kompatibel“ (s. Tabelle oben unter „Erythrozytenkonzentrat“) erfolgen. Bei der „minor-kompatiblen“ Transfusion von Thrombozytenkonzentraten finden sich im Plasma des Thrombozytenkonzentrates keine Isoagglutinine gegen die Erythrozyten des Patienten. Granulozytenkonzentrat: • Die Transfusion von Granulozytenkonzentraten muss „major-kompatibel“ (s. Tabelle oben unter „Gefrorenes Frischplasma“) erfolgen. Da Granulozytenpräparate herstellungsbedingt eine erhebliche Beimischung von Erythrozyten aufweisen, müssen zusätzlich die blutgruppenspezifischen Vorsichtsmaßnahmen wie bei einer Erythrozytentransfusion beachtet werden. Schwangerschaft Die AB0-Inkompatibilität kann unter bestimmten Umständen in der Schwangerschaft zu einer AB0Erythroblastose mit der Folge eines Morbus haemolyticus neonatorum (Mhn; s. ▶ Morbus haemolyticus fetalis/neonatorum) führen. Ein Mhn bei AB0-Inkompatibilität in der Schwangerschaft tritt vorwiegend bei Müttern mit der Blutgruppe 0 auf, deren Kinder die Blutgruppe A1 oder B besitzen. Die 0/AInkompatibilität ist dabei weitaus häufiger als die 0/B-Inkompatibilität. Die Konstellationen A/B, A/AB, B/A1 und B/A1B führen selten zum Mhn. Noch seltener oder nicht bekannt sind Erythroblastosen bei der Konstellation 0/A2, B/A2, B/A2B.

Literatur A, B oder AB

Gefrorenes Frischplasma: Kompatibles/inkompatibles gefrorenes Frischplasma (GFP) für einen Empfänger: Empfänger (Proband) A B AB 0

Thrombozytenkonzentrat:

Inkompatibles (minorinkompatibel) GFP B oder 0 A oder 0 A, B oder 0

Bundesärztekammer (2005) Richtlinien zur Gewinnung von Blut und Blutbestandteilen und zur Anwendung von Blutprodukten (Hämotherapie), Aufgestellt gemäß Transfusionsgesetz von der Bundesärztekammer im Einvernehmen mit dem Paul-Ehrlich-Institut, Zweite Richtlinienanpassung 2010. Deutscher Ärzteverlag, Köln Gesetz zur Regelung des Transfusionswesens (Transfusionsgesetz) – TFG (1998) Bundesgesetzblatt (Inkrafttreten der letzten Änderung: 26. November 2016) Klein HG, Anstee DJ (2005) Mollison’s, 12. Aufl. Blood transfusion in clinical medicine, 12. Aufl., first edition by Mollison, Blackwell Publishing 2014, London Mueller-Eckhardt C, Kiefel V (Hrsg) (2010) Transfusionsmedizin: Grundlagen – Therapie – Methodik, 4. Aufl. Springer, Berlin/Heidelberg/New York

A

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Abkürzungen

Querschnitts-Leitlinien (2015) Querschnitts-Leitlinien (BÄK) zur Therapie mit Blutkomponenten und Plasmaderivaten, 4., akt. u. überarb. Aufl. 2014. Dtsch Ärztebl 112(6):2015

Englischer Begriff sampling time

Abkürzungen

Beschreibung Der Abnahmezeitpunkt bezeichnet Datum und Uhrzeit der Gewinnung eines Spezimens (s. ▶ Spezimen) des Patienten in der ▶ Labor-EDV. Diese sind nur dem entnehmenden Arzt bekannt und werden von ihm auf dem ▶ Laborauftrag vermerkt. Markierungsbogen oder „Online Order Entry“-Formular des Laboratoriums bieten für die Auftragsanforderung entsprechende Ankreuzfelder an. Die angegebenen Daten werden bei der Auftragserfassung in der Labor-EDV für den Auftrag eingelesen.

▶ Akronyme in Klinischer Chemie und Laboratoriumsmedizin

Ablehnbereich R.-D. Hilger, N. Heussen und S. Stanzel

Synonym(e) Bereich, kritischer; Verwerfungsbereich Englischer Begriff rejection region Definition Als Ablehnbereich eines statistischen Tests (▶ Test, statistischer) wird der Bereich für die beobachteten Werte der ▶ Prüfgröße bezeichnet, für den unter der Gültigkeit der ▶ Nullhypothese die ▶ Alternativhypothese angenommen wird. Beschreibung Fällt die Realisation der Prüfgröße in den Ablehnbereich, so ist ein Ereignis eingetreten, dem bei Zutreffen der Nullhypothese nur eine geringe Wahrscheinlichkeit zukommt. In diesem Fall wird man sich dafür entscheiden, die Nullhypothese zu verwerfen und die Alternativhypothese anzunehmen. Komplementär zum Ablehnbereich ist der ▶ Annahmebereich. Realisiert sich die Prüfgröße im Annahmebereich, ist ein Ereignis eingetreten, dem bei Zutreffen der Nullhypothese eine hohe Wahrscheinlichkeit zukommt. Somit hat das Experiment keine gewichtigen statistischen Gründe geliefert, die Nullhypothese anzuzweifeln und die Nullhypothese wird nicht verworfen.

Literatur Hilgers R-D, Bauer P, Scheiber V (2002) Einführung in die Medizinische Statistik. Springer, Berlin/Heidelberg/New York

Abnahmezeitpunkt O. Colhoun

Synonym(e) Probenentnahme

Definition Zeitpunkt der Gewinnung eines Spezimens bzw. einer ▶ Probe.

AB-Peptid ▶ b-Amyloidpeptide

Abrechnung O. Colhoun

Synonym(e) Rechnungsstellung Englischer Begriff accounting Definition Gesamtheit aller Funktionen zur Rechnungsstellung in der ▶ Labor-EDV: Erfassung der Kostenträger für Patientenaufträge, Zuordnung eines Laborauftrags (s. ▶ Laborauftrag) zu einer Gebührenordnung oder krankenhausinternen Leistungsverrechnung, Erstellung entsprechender Rechnungen für den Patienten, Sammelrechnungen für einsendende Organisationen oder Verrechnungsaufstellungen für krankenhausinterne Einsender, Zusammenfassung aller Laboraufträge eines oder mehrerer Aufenthalte zu einer Rechnung, Kontrolle der Vollständigkeit und Abrechnungsrelevanz, Regelwerke zur Rechnungsstellung, Rechnungsdruck, Buchung, Mahnwesen, Stornierung. Beschreibung Abrechnung für den Patienten/Kostenträger: Die Abrechnung erfolgt zusammengefasst für den gesamten Aufenthalt oder bis zu einem definierten Stichtag an den Patienten. Hierfür müssen das entsprechende aktuelle Tarifwerk (Gebührenordnung für Ärzte) mit evtl. spezifisch ausgehandelten Faktoren im System hinterlegt und alle Analysenstammdaten der ▶ Labor-EDV mit der korrespondierenden Abrechnungsziffer versehen sein. Weiterhin muss im entspre-

Absinth

chenden Abrechnungsmodul des Labor-EDV-Systems ein Regelwerk mit gültigen Höchstwerten und Pauschalen (etwa der Intensivpauschale) hinterlegt sein. Die Rechnungsstellung kann als Einzelrechnung für einen Patienten oder Sammelrechnung für einen Einsender oder Kostenträger für spezifizierte Zeiträume ausgeführt werden. Der Ausdruck erfolgt mit Aufführung des Aufenthaltszeitraums, Angabe von Datum und Material der einzelnen Aufträge, Aufführung der Leistungsziffern nebst Beschreibung der durchgeführten Analysen. Berücksichtigung von Faktoren und vorgeschriebener Abschläge für den Rechnungsbetrag (z. B. 25 % Abschlag für stationäre Laborleistungen). Wegen der Komplexität der Rechnungsstellung hat es sich als äußerst vorteilhaft erwiesen, Rechnungen auf Wunsch zunächst testweise außerhalb der offiziellen Rechnungsnummern erstellen und bei Fehlern dann problemlos löschen zu können. Benötigt werden leistungsfähige Funktionen für die Übersicht bezahlter Rechnungen und das Mahnwesen. Bei der Stornierung einer Rechnung wird diese gelöscht und aus dem Mahnwesen entfernt. Krankenhausinterne Leistungsverrechnung: Sämtliche Analysenstammdaten können für die krankenhausinterne Leistungsverrechnung zusätzlich zur GOÄ/EBM-Abrechnung mit hausinternen Leistungsziffern hinterlegt werden, um die angeforderten Leistungen mit den spezifizierten Einsendern (Station, Abteilung, Klinik, Ambulanz) zu verrechnen.

Abrechnungskataloge ▶ Tarifwerke

Absättigen ▶ Blockieren

Abschlussbericht

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Beschreibung Für den Abschlussbericht werden die Ergebnisse aller Bereiche des Labors (etwa Klinische Chemie, Hämatologie, Gerinnung, Serologie, Bakteriologie, Immunhämatologie, ggf. extern durchgeführte Analytik) für den aktuellen – oder spezifizierten vorherigen – Aufenthalt eines Patienten anhand der Fallnummer aufgezeigt. Der Bericht soll auch auf bestimmte Bereiche einzuschränken sein oder – bei Verwendung einer ▶ Lebensnummer für den Patienten – auf Wunsch die Befunde (s. ▶ Befund) vorhergehender Aufenthalte einschließen.

Absinth T. Arndt

Synonym(e) Grüne Fee Englischer Begriff absinth Definition Alkoholisches Getränk (50–75 Vol% ▶ Ethanol), zu dessen Herstellung u. a. ein Extrakt aus Wermutkraut (Artemisia absinthum) verwendet wird. Beschreibung Aufgrund des hohen Ethanolgehalts wird Absinth gewöhnlich verdünnt und mit Zuckerbeimengung (auch flambiert) konsumiert. Bei Verdünnung mit Wasser wechselt die smaragdgrüne Farbe zu einer opaleszierenden Weißfärbung (Dispersion der ätherischen Öle in Wasser). Hauptwirkstoff des Absinths ist neben dem Alkohol das erregend wirkende Thujon. Dessen Wirkmechanismus ist jedoch noch unklar. Ein Großteil der (toxischen) Wirkungen wird dem hohen Alkoholgehalt des Absinths zugeschrieben. Dieser führt, wie auch der Wirkstoff Thujon, bei Dauerkonsum von Absinth zu Sucht, Übererregbarkeit und Halluzinationen (Grüne Fee, s. a. nachfolgende Abb. „Der Absinthtrinker“). Der Konsum von Absinth und Wermutöl (stark toxisch) war deshalb lange Zeit verboten. Seit dem Jahr 1991 ist ein Thujonanteil von 5–35 mg/kg Spirituose in Abhängigkeit von deren Alkoholgehalt wieder zugelassen. Strukturformel von Thujon:

O. Colhoun

Synonym(e) Schlussbericht Englischer Begriff final report Definition Druck eines vollständigen Berichts aller durchgeführten Laboruntersuchungen eines Patienten zu einem spezifizierten Aufenthalt aus dem ▶ Labor-EDV-System.

„Der Absinthtrinker“ Victor Oliva (1905), Cafe Slavia, Prag (Foto: C. und T. Arndt):

A

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Absolutglied

Literatur Kortüm G (1962) Kolorimetrie, Fotometrie und Spektrometrie. Eine Anleitung zur Ausführung von Absorptions-, Emissions-, Fluoreszenz-, Streuungs-, Trübungs- und Reflexionsmessungen. SpringerVerlag, Berlin/Göttingen/Heidelberg Falbe J, Regitz M (Hrsg) (1996) Römpp Chemie Lexikon, 10. Aufl. Georg Thieme Verlag, Stuttgart/New York

Absorptionsmaß, spektrales ▶ Lambert-Beer-Gesetz

Literatur Giebelmann R (2001) Kulturgeschichtliches zum Thujon. Toxichem Krimtech 48:43–46

Absorptionsspektrometrie/-skopie ▶ Spektrometrie/Spektroskopie

Absolutglied ▶ Achsenabschnitt

Abstrich W. G. Guder

Absorbanz ▶ Lambert-Beer-Gesetz

Absorption ▶ Lambert-Beer-Gesetz

Absorptionskoeffizient T. Arndt

Englischer Begriff absorption coefficient Definition Bezeichnung für den Bruchteil, um den die Intensität einer Strahlung (z. B. Lichtstrahlung, Röntgenstrahlung) beim Durchgang durch Materie (Messküvette eines Photometers oder Gewebe) abnimmt. Beschreibung Je größer der Absorptionskoeffizient, desto stärker ist die Strahlungsabsorption (Details ▶ Lambert-BeerGesetz). Früher auch als Extinktionskoeffizient bezeichnet.

Englischer Begriff smear Definition Entnahme von Untersuchungsmaterial (▶ Untersuchungsgut, biologisches) von Schleimhäuten, Wunden oder anderen Oberflächen des Körpers mit dem Ziel der mikrobiologischen, zytologischen und/oder mikroskopischen Untersuchung. Beschreibung Bei Verdacht auf Infektion mit Bakterien, Parasiten oder Pilzen kann durch Gewinnung eines Abstrichs die Lokalisation und Art des Erregers festgestellt werden. Je nach Symptomatik und Fragestellung unterscheidet man folgende Abstriche: Rachen- und Tonsillenabstrich (bei Verdacht auf eitrige Angina, Angina Plaut-Vincent, Diphtherie, Syphilis u. a.), Urethralabstrich und/oder Vaginalabstrich bei Verdacht auf Gonorrhoe, Chlamydieninfektion, Mykoplasmen- oder Trichomonadeninfektion sowie genitaler Herpessimplex-Infektion, Wundabstrich zur mikrobiologischen Abklärung nicht heilender Wunden sowie Hautabstriche bei allen Formen der Hautinfektion. Durchführung: Ohne vorherige Desinfektion der Abstrichfläche wird mit einem kräftigen Abstrich mithilfe des sterilen Abstrichtupfers der Inhalt auf den Tupfer übertragen und anschließend in ein Universaltransportmedium eingebracht und innerhalb von 6 Stunden ins Labor weitergeleitet.

ACA

Spezielle Abstrich- und Transportbehälter und -medien ermöglichen Stabilität und Anzüchtung bestimmter Erreger für Anaerobier, Mykoplasmen oder Chlamydien.

Abusus C. Vidal und W.-R. Külpmann

Synonym(e) Missbrauch Englischer Begriff abuse Definition Die Zufuhr von Stoffen mit einer Zielsetzung, in einer Dosis oder einer Bezugsweise, die nach allgemeiner Meinung nicht akzeptiert werden kann. Beschreibung Abusus bzw. eine missbräuchliche Verwendung findet sich häufig bei Stoffen, die eine Abhängigkeit erzeugen, d. h. bei Entzug der betreffenden, regelmäßig verwendeten Substanz ergeben sich psychische und häufig auch physische Funktionsstörungen, die sich bei erneuter Zufuhr der Substanz zurückbilden. Die psychische Abhängigkeit ist gekennzeichnet durch ein zwanghaftes, auf Beschaffung und Zufuhr des Pharmakons gerichtetes Verhalten.

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So wurde z. B. im Rahmen des EU-Projektes SEWPROF in mehreren europäischen Städten der aktuelle Drogenkonsum über Abwasseranalysen untersucht. Die dabei gewonnenen Erkenntnisse bzgl. der Verbreitung und Häufigkeit altbekannter Suchtstoffe, wie Alkohol, Amphetamine, Haschisch, Kokain und Nikotin, aber auch bzgl. des Aufkommens sog. Neuer Psychoaktiver Substanzen (▶ Neue Psychoaktive Substanzen (NPS)) lassen vielfältige Rückschlüsse zu. Sie betreffen nicht nur die lokale Verbreitung bestimmter Drogen und den durchschnittlichen Konsum einer bestimmten Substanz pro Kopf und Jahr, sondern auch die territoriale Ausbreitung von Drogen aus einem bestimmten Schwerpunktgebiet in bisher unbeeinflusste Siedlungsgebiete. Als Beispiel sei die Penetration kristallinen Methamphetamins (▶ Crystal Meth) aus Tschechien über Süddeutschland, besonders Sachsen und Bayern, nach nördlicher gelegenen Teilen Deutschlands genannt. Andere Anwendungen betreffen Biomarker für bestimmte Gesundheitszustände. So wurden z. B. erhöhte Konzentrationen von Isoprostanen (▶ Isoprostane) im Abwasser als ein Frühwarnsystem für einen erhöhten oxidativen Stress (▶ Stress, oxidativer) regionaler Bevölkerungen inauguriert. Voraussetzung für die Anwendung Abwasser-epidemiologischer Untersuchungen sind umfassende Kenntnisse über das Verhalten der Zielanalyte im Abwassersystem, d. h. bzgl. Verteilung im und Adsorption an Komponenten des Abwassersystems sowie Stabilität und Abbau in Abwasser. Ein zu klärendes Problem ist u. a. die Standardisierung der Messungen in einer hochvariablen ▶ Matrix durch eine Bezugsgröße wie z. B. Kreatinin bei Urinanalysen.

Abwasser-Epidemiologie T. Arndt

Synonym(e) BioSCIM; SEWPROF Englischer Begriff waste water epidemiology; sewage profiling (SEWPROF); bio sewage chemical information mining (BioSCIM) Definition Analyse von städtischen Abwässern, um Informationen über den Gesundheitszustand und die Lebensgewohnheiten der Einwohner zu erhalten. Beschreibung Betrachtet man Abwasser städtischer Einrichtungen als hochverdünnten Urin, lassen sich bei Verfügbarkeit geeigneter, hochsensitiver und ausreichend selektiver Analysenverfahren vielfältige epidemiologische Informationen zu der über das Abwassersystem zusammengefassten Bevölkerung gewinnen. Untersucht werden endogene Biomarker und exogene Stoffe (Xenobiotika) aus Drogen, Konsumgütern, Nahrungsmitteln, Pharmaka und Umwelt.

Literatur Daughton CG (2012) Using biomarkers in sewage to monitor community-wide health: isoprostanes as conceptual prototype. Sci Total Environ 424:16–38 https://sewprof-itn.eu/. Zugegriffen am 05.04.2017 Mardal M, Kinyua J, Ramin P, Miserez B et al (2017) Screening for illicit drugs in pooled human urine and urinated soil samples and studies on the stability of urinary excretion products of cocaine, MDMA, and MDEA in wastewater by hyphenated mass spectrometry techniques. Drug Test Anal 9:106–114

Abweichung ▶ Messabweichung

ACA ▶ Autoantikörper gegen Cardiolipin ▶ Autoantikörper gegen Zentromere

A

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Acarboxyproteine

Literatur

Acarboxyproteine ▶ Proteine, induziert durch Vitamin-K-Mangel ▶ Prothrombin

Zweig MH, Campbell G (1993) Receiver-operating characteristic (ROC) plots: a fundamental evaluation tool in clinical medicine. Clin Chem 39:561–577

ACD A, B ACAT

▶ ACD-Mischungen

▶ Acyl-CoA-Cholesterin-Acyltransferase

ACD-Lösung Acceptable Daily Intake (ADI)

▶ ACD-Mischungen

▶ PTWI-Wert

ACD-Mischungen Accuracy, diagnostische R.-D. Hilgers, N. Heussen und S. Stanzel

Synonym(e) Diagnostische Richtigkeit Englischer Begriff accuracy of a diagnostic test Definition Beschreibt die Fähigkeit eines diagnostischen Testverfahrens, zwischen 2 alternativen Gesundheitszuständen zu unterscheiden. Beschreibung Diagnostische Accuracy ist die grundlegende Eigenschaft eines diagnostischen Tests (▶ Test, diagnostischer). Zweig und Campbell (1993) definieren „diagnostische Accuracy“ als die Fähigkeit, zwischen 2 Subklassen von Individuen unterscheiden zu können, wenn dies klinisch notwendig erscheint. Diese Definition zielt auf die Qualität der Information ab und ist zu unterscheiden vom Aspekt des praktischen Nutzens der Information (▶ Usefulness). Beides sind Aspekte zur Bewertung der Leistungsfähigkeit des Tests, wobei am Anfang die Bewertung der diagnostischen Accuracy steht. Vielfach wird die diagnostische Accuracy (Richtigkeit) durch den relativen Anteil korrekter Testentscheidungen beschrieben. Die diagnostische Accuracy wird üblicherweise geschätzt durch den Quotienten aþd aþbþcþd (Bezeichnungen s. Tabelle im Stichwort ▶ Vierfeldertafel).

W. G. Guder

Synonym(e) ACD A, B; ACD-Lösung Englischer Begriff acid-citrate-dextrose solution; ACD-solution Definition Stabilisierende Lösung aus Natriumcitrat, Citronensäure und Glukose („acid citrate dextrose“, ACD) zur Konservierung von Blutzellen, die in 2 Formen (A und B) angewendet wird. Zusammensetzung siehe folgende Tabelle: Natriumcitrat Citronensäure, wasserfrei Glukose H2O ad pH Volumenanteil am Blutgemisch

A 2,2 g 0,73 g 2,45 g 100 mL 5,05 15 %

B 1,32 g 0,44 g 1,47 g 100 mL 5,1 25 %

Beschreibung Die im Jahr 1963 von H.S. Bowman beschriebene Mischung aus Citratpuffer und Glukose (Dextrose) zur Stabilisierung von Blut (▶ Erythrozyten) wird in 2 Formen A und B beschrieben, die sich in ihrer Zusammensetzung und ihrem Verhältnis zum Blut unterscheiden. Bei der ACD-A-Formel beträgt das Verhältnis von Zusatz zu Blut 1:5,67, bei der Formel B 1:3. Damit werden Erythrozyten über mindestens 21 Tage bei 1–6  C Lagerung konserviert. Bei der Blutspende weitgehend ersetzt durch die zusätzlich Adenin enthaltende Lösung SAGM (Sodium, Adenin, Glucose, Mannitol), die von Lovric und Högmann entwickelt wurde. Sie erweitert die Stabilität auf 5–6 Wochen.

Acetaldehyd

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Literatur

Funktion – Pathophysiologie Erhöhte AAD-Konzentrationen im peripheren Blut treten bei chronischen Alkoholikern auf. Pathobiochemisch ist AAD angesichts seiner großen chemischen Reaktivität bedeutsam durch Stimulation der Bindegewebssynthese in den hepatischen Sternzellen (Ito-Zellen, Vitamin-A-Speicherzellen) der Leber (Fibrose), Membranschädigung von Zellen und Mitochondrien (Nekrose), Verminderung protektiver Mechanismen (▶ Glutathion-Erniedrigung) und Bildung stabiler (kovalenter) intra- und extrazellulärer Proteinaddukte, z. B. mit Tubulin, ▶ Hämoglobin, ▶ Albumin, ▶ Kollagene. Diese Addukte können als Neoantigene zur Autoantikörperinduktion führen, die pathogenetische Relevanz für alkoholbedingte Lebererkrankungen haben (s. Abb. im Eintrag ▶ Ethanol).

Bowman HS (1963) Red cell preservation in citrate-phosphate-dextrose and acid-citrate dextrose. Transfusion 3:364–367 Högman CF, Akerblom O, Hedlund K, Rosen I, Wiklund L (1983) Red cell suspensions in SAGM medium. Vox Sang 45:217–223

ACE ▶ Angiotensin-konvertierendes Enzym

ACE/ACE-Gen ▶ Angiotensin-konvertierendes Enzym

Acetacetat

Untersuchungsmaterial – Entnahmebedingungen Serum, heparinisiertes Plasma, Enteiweißung mit eiskalter Perchlorsäure im Verhältnis 1:1, Zentrifugation und Neutralisation des Überstandes mit KOH.

▶ Acetoacetat

Probenstabilität Acetaldehyd ist flüchtig, deshalb ist die Bestimmung innerhalb von 3 Stunden durchzuführen. In abgeschlossenen Röhrchen bei 4  C ist der Analyt 2 Tage stabil.

Acetaldehyd

Analytik Für die quantitative Bestimmung stehen grundsätzlich zwei Verfahren zur Verfügung:

A. M. Gressner und O. A. Gressner

Synonym(e) Essigsäurealdehyd; Ethanal; Ethylaldehyd Englischer Begriff acetaldehyde Definition Hochreaktiver Metabolit des oxidativen Ethanolabbaus, dessen ausgeprägte und längerzeitige Konzentrationserhöhung in Gewebe und Serum bei chronischer Alkoholbelastung zu alkoholbedingten Organschäden führen kann. Synthese – Verteilung – Abbau – Elimination Alle bekannten oxidativen Abbauwege des ▶ Ethanols erzeugen Acetaldehyd (AAD) (Molmasse 44,04 g) (CH3-CHO), der physiologisch durch NAD+-abhängige mitochondriale ▶ Acetaldehyddehydrogenase (ALDH-2) sehr effektiv oxidativ in ▶ Acetat überführt wird. Die stationären AADKonzentrationen in der Leber sind deshalb sehr gering. Im peripheren Blut nicht alkoholisierter Probanden sind nur sehr geringe bis nicht messbare AAD-Konzentrationen vorhanden. Am AAD-Abbau beteiligen sich außer der Leber in geringem Umfange auch periphere Gewebe, wie Mukosazellen des Magen-Darm-Trakts sowie Blut- und Knochenmarkszellen.

1. Enzymatische Methoden • Reduktion von Acetaldehyd durch Alkoholdehydrogenase in Anwesenheit von NADH zu Ethanol. Der NADHVerbrauch ist der Menge an umgesetztem Acetaldehyd proportional und kann durch Absorptionsabnahme bei 334 oder 366 nm photometrisch gemessen werden. • Konversion von Acetaldehyd zu Acetat in Anwesenheit von NAD+ und Aldehyddehydrogenase (aus Leber) gemäß folgender Reaktion:

Gebildetes NADH wird durch Zunahme der Absorption bei 334 oder 366 nm gemessen und ist der Menge des umgesetzten Acetaldehyds proportional. Die Nachweisgrenze beträgt ca. 3,2 mmol/L, die Präzision hat einen VK von ca. 3 %. Neben Acetaldehyd werden auch manche andere Aldehyde (z. B. Benzaldehyd, Glykolaldehyd), jedoch mit wesentlich geringerer Reaktionsgeschwindigkeit, umgesetzt. 2. Head-Space-Gaschromatographie Sie stellt ein spezifisches Verfahren zur quantitativen AAD-Bestimmung in Blutproben dar (▶ Gaschromatographie).

A

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Referenzbereich – Erwachsene 5,5 200 % des Basalwerts bzw. >550 nmol/L; 17-Hydroxyprogesteron Anstieg auf 7,0 nmol/L. Indikation • Verdacht auf Nebennierenrindeninsuffizienz • Differenzialdiagnostik des adrenogenitalen Syndroms (AGS): – Homozygotes, klassisches AGS – Heterozygote Form des AGS – Nichtklassische Form des adrenogenitalen Syndroms („late onset AGS“) Eine partielle Insuffizienz der kortikotropen Hypophysenachse im Rahmen einer sekundären Nebennierenrindeninsuffizienz kann nach hochdosierter ACTH-Gabe (250 mg) durch einen Kortisolanstieg maskiert werden. Aus diesem Grund wird hier ein deutlich empfindlicherer Low-Dose-ACTH-Test mit 1 1 mg mu;g empfohlen, z. B. bei einem Hypophysentumor präoperativ. Kontraindikation(en) Überempfindlichkeit gegenüber ACTH. Nebenwirkung(en) Seltene allergische Reaktionen.

• Geringerer Kortisolanstieg deutet auf eine NNRInsuffizienz hin. 2. Verdacht auf adrenogenitales Syndrom (AGS) infolge eines 21-Hydroxylasemangels (CYP21-Gendefekt): • Beim homozygoten, klassischen AGS ist der Basalwert des 17-Hydroxyprogesterons bereits deutlich erhöht (>30 nmol/L), und das Kortisol steigt nach ACTHGabe nicht oder nur geringfügig (550 nmol/L 60 Minuten nach ACTH-Injektion schließt eine Nebennierenrinden (NNR)-Insuffizienz aus.

ACT-PSA ▶ Prostataspezifisches Antigen, komplexiertes

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Acylcarnitinprofil mit ESI-MS/MS aus Trockenblut G. F. Hoffmann, C.-D. Langhans und A. Schulze

Synonym(e) Acylcarnitin-Trockenblut-ElektrosprayIonisations-Tandem-Massenspektrometrie Englischer Begriff acylcarnitine profiling from dried blood spot specimen Definition Simultane quantitative Bestimmung zahlreicher Acylcarnitine mittels Elektrospray-Ionisations-Tandem-▶ Massenspektrometrie (ESI-MS/MS) aus Trockenblut. Acylcarnitine sind Carnitinester der aus dem Fettsäurestoffwechsel, dem Stoffwechsel organischer Säuren oder verzweigtkettiger Aminosäuren stammenden Acyl-CoA-Verbindungen. Die Methode dient der Früherkennung angeborener Stoffwechselkrankheiten im Neugeborenenscreening und der selektiven Stoffwechseldiagnostik und Therapieverlaufskontrolle (▶ Acetylcarnitin). Physikalisch-chemisches Prinzip Aus der Trockenblutprobe werden die Analyte mit Methanol extrahiert, zu Butylestern derivatisiert und in Gasform mittels Elektrospray ionisiert. Die Ionen gelangen über elektrische Linsensysteme in das Tandemmassenspektrometer. Die Quantifizierung erfolgt zuverlässig über interne stabile Isotopenstandards und externe Kalibration (Abb. 1). Bei der Quadrupol-Technologie erfolgt die Massenselektion durch Hochfrequenzfelder. Zur Fragmentierung wird eine mit Stickstoff gefüllte Kollisionseinheit verwendet. Durch spezifische Eltern- und Tochterionenexperimente könAcylcarnitinprofil mit ESI-MS/ MS aus Trockenblut, Abb. 1 Schematische Darstellung des physikalischchemischen Funktionsprinzips

Acylcarnitinprofil mit ESI-MS/MS aus Trockenblut

nen die einzelnen Analyte identifiziert werden (s. a. Abbildung im Stichwort ▶ Aminosäuren-Bestimmung mit ESI-MS/MS aus Trockenblut). Acylcarnitine bilden bei der Fragmentierung ein geladenes Fragment der Masse m/z = 85. Für die Messung der Acylcarnitine wird deshalb die MS/MS im Precursor-Ionen-ScanModus (m/z 85) durchgeführt (MS 1 scannt 200–500 D – MS 2 bleibt fix auf m/z 85). Das resultierende Acylcarnitinprofil umfasst freies Carnitin und Acylcarnitine der Kettenlänge C2 bis C18, deren b-Kohlenstoffatom des Acylrests gesättigt, ein- oder zweifach ungesättigt, mono- oder dicarboxyliert und hydroxyliert sein kann. Einsatzgebiet Neugeborenenscreening, Stoffwechseldiagnostik. Untersuchungsmaterial Vollblut getrocknet auf Filterpapier (= Trockenblut). Instrumentierung Elektrospray-Tandemmassenspektrometer (▶ Massenspektrometrie), Autosampler, HPLC-Pumpe, Mikrotiterfilterplatten, Mikrotiterplatten, Umluftrockenschrank, Abblasstationen, Pipetten, Computer. Spezifität Diagnostische Spezifität (▶ Spezifität, diagnostische) im Screening ca. 99 %. Analytische Spezifität: unterschiedlich für die einzelnen Acylcarnitin-Spezies. Sensitivität Diagnostische Sensitivität (▶ Sensitivität, diagnostische) im Screening für die meisten Zielkrankheiten >99 %. Analytische Sensitivität: 0,05–2 mmol/L.

ADAM

Fehlermöglichkeit Freies Carnitin wird durch Butylierung und Erhitzen der Probe falsch zu hoch bestimmt. Carnitinmangel führt zu falsch niedrigen Werten der Acylcarnitine. Während die Mehrzahl der Acylcarnitine in ähnlicher Konzentration in Trockenblut und Serum/Plasma auftreten, sind einige, insbesondere langkettige Acylcarnitine (z. B. C16 und C18), in nahezu zehnfach höherer Konzentration im Trockenblut zu finden. Die Verwendung von Verhältnissen (Ratios) einzelner Acylcarnitine, die zur Erhöhung der diagnostischen Sensitivität und Spezifität im Neugeborenenscreening eingeführt worden sind, kann deshalb nicht einfach auf Acylcarnitinanalytik in Serum oder Plasma übertragen werden. Praktikabilität – Automatisierung – Kosten Praktikabilität: sehr gut. Automatisierung: insbesondere bezüglich der Interpretation der Ergebnisse nur bedingt möglich. Kosten: ca. 0,60–3,50 Euro/Test (Chemikalien und Verbrauchsmaterialien), Gesamtkosten hängen von der Probenzahl ab. Bewertung – Methodenhierarchie (allg.) Die Bestimmung der Acylcarnitine mittels ESI-MS/MS stellt ein zuverlässiges, äußerst spezifisches und sensitives Verfahren zur Früherkennung einer ganzen Reihe angeborener Stoffwechselkrankheiten im Neugeborenenscreening dar. Die Bestimmung ist außerdem von Wert für die selektive Stoffwechseldiagnostik und zur Therapieverlaufskontrolle von Stoffwechselkrankheiten.

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Englischer Begriff acyl-CoA-cholesteryl acyltransferase Definition Intrazelluläres Enzym der Cholesterinveresterung. Beschreibung Zwei Enzyme sind für die Veresterung von ▶ Cholesterin mit langkettigen Fettsäuren in der Zelle verantwortlich: ACAT1 und ACAT2. Die beiden zeigen Sequenzhomologien am Carboxylende. Das Gen für ACAT1 ist auf Chromosom 1 sowie ein hoch homologes Gen auf Chromosom 7 lokalisiert. Die Veresterung von Cholesterin trägt zur zellulären Cholesterinhomöostase bei, indem überschüssiges freies Cholesterin als Fettsäureester gespeichert wird. Dieser Prozess ist vor allem in ▶ Makrophagen von Bedeutung, die große Mengen Cholesterin aufnehmen müssen. ACAT gilt als therapeutisches Target für verschiedene Erkrankungen, z. B. Atherosklerose, Alzheimer und Krebs.

Literatur Rogers MA, Liu J, Song B-L et al (2015) Acal-CoA:cholesterol acyltransferases (ACATs/SOATs): enzymes with multiple sterols as substrates and as activators. J Steroid Biochem Mol Biol 151:102–107

Acyl-CoA-Synthetase ▶ Fettsäuren

Literatur Schulze A, Lindner M, Kohlmueller D et al (2003) Expanded newborn screening for inborn errors of metabolism by electrospray ionizationtandem mass spectrometry: results, outcome, and implications. Pediatrics 111:1399–1406

AD ▶ Autosomal-dominante Vererbung

Acylcarnitin-TrockenblutElektrospray-IonisationsTandem-Massenspektrometrie ▶ Acylcarnitinprofil mit ESI-MS/MS aus Trockenblut

ADA ▶ Adenosin-Desaminase

Acyl-CoA-Cholesterin-Acyltransferase K. J. Lackner und D. Peetz

ADAM Synonym(e) ACAT

▶ Disintegrin-Metalloproteinasen

A

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ADAMTS

ADAMTS

Addison, Sir Thomas

▶ Aggrecanase ▶ Disintegrin-Metalloproteinasen

M. Bidlingmaier

ADAMTS-4 ▶ Aggrecanase

Addis-Count W. G. Guder

Synonym(e) Ausscheidungsrate von Leukozyten und Erythrozyten im Urin Englischer Begriff Addis-Count Definition Methode zur Quantifizierung von Blutzellen im Urin. Dabei werden Aliquots von Sammelurin in der Zählkammer quantifiziert und die Anzahl der ausgeschiedenen Zellen pro Stunde angegeben. Beschreibung Bei der von Thomas Addis (1881–1949) 1926 beschriebenen Methode wird der Sammelurin nach Mischen ohne Zentrifugation in eine ▶ Zählkammer gegeben und die ▶ Erythrozyten und Leukozyten (▶ Leukozyt) durch Zählung quantifiziert. Durch Definition der Zählkammervolumina und des Sammelvolumens wird die Ausscheidungsrate pro Stunde berechnet (Addis-Count). Addis fand eine normale Ausscheidungsrate von 0–35.500 Erythrozyten pro Stunde und 2700–152.917 Leukozyten pro Stunde als Normalbereiche. Darüber hinaus schätzte er mit dieser Methode die Ausscheidungsrate von Zylindern (▶ Zylinder im Urin) mit 0–355 pro Stunde ab. Die Methode wurde im nephrologischen, insbesondere im pädiatrischen Bereich weltweit als Standardmethode gepflegt, ist aber wegen des Aufwands und der großen biologischen und methodischen Streuung als halbquantitative Methode anzusehen. Sie ist heute weitgehend verdrängt durch ▶ Teststreifen-Ergebnisse und Quantifizierungen mit der ▶ Durchflusszytometrie und/oder digitalen Bilderfassung (▶ Harnsediment; ▶ Leukozyten im Urin).

Literatur Addis T (1926) The number of formed elements in the urinary sediment of normal individuals. J Clin Invest 2:409–421

Lebensdaten Geboren im April 1793 in Long Benton, Newcastle-upon-Tyne; gestorben am 29. Juni 1860 in Brighton, East Sussex. Englischer Arzt. Medizinstudium 1812–1815, seit 1817 am Guy’s Hospital in London. 1838 Wahl zum Fellow des Royal College of Physicians, seit 1840 Professor. Ärztliche und wissenschaftliche Tätigkeit bis 1860. Addison litt unter Depressionen. Tod durch Suizid. Verdienste Zu Lebzeiten geschätzter Arzt und einflussreicher akademischer Lehrer. Aus heutiger Sicht war sein wichtigster Beitrag die Erstbeschreibung der später nach ihm benannten primären Nebennierenrindeninsuffizienz (Morbus Addison). Addison arbeitete insgesamt 11 Fälle dieser damals in ca. 90 % der Fälle durch eine Tuberkulose verursachten Erkrankung auf. Weniger bekannt ist, dass Addison bereits 1843 die heute als perniziöse Anämie bekannte Erkrankung als besondere Form der Anämie beschrieben hatte.

Literatur Addison T (1849) Chronics suprarenal insufficiency, usually due to tuberculosis of suprarenal capsule. Lond Med Gazette 43:517–518 Pearce JMS (2004) Thomas Addison (1793–1860). J R Soc Med 97(6):297–300

Additiv T. Arndt

Synonym(e) Zusatzstoff; Hilfsstoff Englischer Begriff additive Definition Sammelbezeichnung für alle Stoffe, die in geringen Mengen anderen Stoffen zugesetzt werden, um deren Eigenschaften in gewünschter Art und Weise zu verändern. Beschreibung Beispiele für Additive in der Klinischen Chemie sind Antikoagulanzien (z. B. EDTA, Citrat, Heparin; ▶ Antikoagulanzien in vitro), Probenstabilisatoren (z. B. EGTA, Glutathion, HCldil, NaF) und Reagenzienstabilisatoren (z. B. NaN3).

Adenosin-Desaminase

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Literatur

Adenosin-Desaminase Falbe J, Regitz M (Hrsg) (1989) Römpp Chemie Lexikon. Georg Thieme Verlag, Stuttgart/New York

H.-D. Haubeck

Synonym(e) ADA

Additive Eigenschaften ▶ Kolligative Eigenschaften

Adenin-Phosphoribosyltransferase H.-D. Haubeck

Synonym(e) APRT Englischer Begriff adenine phosphoribosyltransferase Definition Adenin-Phosphoribosyltransferase (APRT) ist ein wichtiges Enzym des Purinmetabolismus, das die Wiederverwertung von Purinbasen aus dem Abbau von DNA und RNA ermöglicht („salvage pathway“). Beschreibung Adenin-Phosphoribosyltransferase (APRT, EC 2.4.2.7) katalysiert die Bildung von Adenylat (AMP) aus Adenin und 5-Phosphoribosyl-1-Pyrophosphat (PRPP). Dadurch wird die Wiederverwertung von Adenin, das beim Abbau von DNA und RNA entsteht, ermöglicht. Beim sehr seltenen angeborenen Fehlen des Enzyms APRT wird Adenin durch die ▶ Xanthin-Oxidase zu 2,8-Dihydroxyadenin abgebaut und renal ausgeschieden. Da 2,8-Dihydroxyadenin schlecht wasserlöslich ist, kommt es schon früh zur Bildung von Nierensteinen und in der Folge zu Harnwegsinfekten und Niereninsuffizienz. Die Identifizierung der Steine erfolgt infrarotspektroskopisch. Der Nachweis des Enzymdefekts kann im Erythrozytenlysat mit radiochemischen Methoden oder über HPLC erfolgen. Darüber hinaus wurde ein NeugeborenenScreening im Urin über ▶ Isotopenverdünnung und Gaschromatographie/Massenspektrometrie (▶ GC-MS) beschrieben.

Literatur Kuhara T (2002) Diagnosis and monitoring of inborn errors of metabolism using urease-pretreatment of urine, isotope dilution, and gas chromatography mass spectrometry. J Chromatogr B Analyt Technol Biomed Life Sci 781:497–517

Englischer Begriff adenosine deaminase Definition Adenosin-Desaminase (ADA) ist ein Enzym des Purinmetabolismus, durch das Adenosin zu Inosin und weiter zu Harnstoff abgebaut wird. Der angeborene ADA-Mangel ist eine wichtige Ursache der schweren kombinierten Immunmangelkrankheit („severe combined immunodeficiency disease“, SCID). Beschreibung Adenosin-Desaminase (ADA, EC 3.5.4.4) ist ein wichtiges Enzym des Purinmetabolismus. Durch ADA wird Adenosin zu ▶ Inosin desaminiert und über ▶ Hypoxanthin und ▶ Xanthin weiter zu ▶ Harnsäure abgebaut. Bei einem angeborenen ADA-Mangel kommt es zur Anhäufung von Adenosin und Desoxyadenosin und durch Phosphorylierung zu ca. 50-fach erhöhten dATP-Konzentrationen. Der schwere kombinierte Immundefekt (SCID), der bei ca. 20 % der Patienten durch einen angeborenen ADA-Mangel ausgelöst wird, betrifft neben den T-Lymphozyten (▶ T-Lymphozyt) auch B-Lymphozyten (▶ B-Lymphozyt) und NK-Zellen (▶ NaturalKiller-Lymphozyt). Ohne eine geeignete Therapie (z. B. intramuskuläre ADA-Injektionen, Knochenmarkstransplantation oder Gentherapie) versterben die Patienten in den ersten Lebensmonaten an schweren, nicht beherrschbaren opportunistischen Infektionen. Der molekulare Mechanismus, durch den ein ADA-Mangel zu dem Immundefekt führt, konnte bisher nur teilweise aufgeklärt werden. Beschrieben wurde die Hemmung der Ribonukleotid-Reduktase, die zur Synthesehemmung der anderen dNTPs und dadurch der DNA-Synthese und Zellproliferation führt. Daneben wurde ein Einfluss von Adenosin auf dieSignaltransduktion über Adenosinrezeptoren auf den betroffenen Zellen und eine ▶ Apoptose-Induktion im Thymus beschrieben. Der Nachweis des Enzymdefekts kann im Erythrozytenlysat mit radiochemischen Methoden oder über ▶ HochleistungsFlüssigkeitschromatographie (HPLC) erfolgen. Darüber hinaus wurde eine ▶ Kapillarelektrophorese-Methode zum Nachweis der Metabolite und der Enzymaktivität im Urin und Erythrozyten beschrieben.

Literatur Apasov SG, Blackburn MR, Kellems RE et al (2001) Adenosine deaminase deficiency increases thymic apoptosis and causes defective T cell receptor signalling. J Clin Invest 108:131–141

A

26 Carlucci F, Tabucchi A, Aiuti A et al (2003) Capillary electrophoresis in diagnosis and monitoring of adenosine deaminase deficiency. Clin Chem 49:1830–1838 Hershfield MS, Mitchell BS (1995) Immunodeficiency diseases caused by adenosine deaminase deficiency and purine phosphorylase deficiency. In: Scriver CR, Beaudet AL, Sly WS et al (Hrsg) The molecular and metabolic basis of inherited disease. McGraw-Hill, NewYork, S 1725–1768

Adenosindiphosphat-Rezeptoren der Thrombozyten

pide [PL], d. h. Innen-PL werden zu Außen-PL) an die Thrombozytenoberfläche, wodurch eine prokoagulatorische Matrix entsteht.

Literatur Gachet C (2008) P2 receptors, platelet function and pharmacological implications. Thromb Haemost 99:466–472

Adenosindiphosphat-Rezeptoren der Thrombozyten 5’-Adenosylcobalamin T. Stief ▶ Vitamin B12 Synonym(e) ADP-Rezeptoren der Blutplättchen Englischer Begriff platelet ADP receptors

Adenoviren

Definition Rezeptoren für extrazelluläre Nukleotide gehören zur P2-Familie, die aus zwei Rezeptortypen besteht: P2X („ligand-gated-cation channels“, Kationenkanäle) und P2Y (G-Protein-gekoppelt). ▶ Thrombozyten exprimieren den P2X1-Kationenkanal, der durch ATP (Adenosintriphosphat) reguliert wird, und die P2Y1- und P2Y12-Rezeptoren, die durch ADP aktiviert werden.

W. Stöcker und W. Schlumberger

Beschreibung ADP in geringen Mengen ist nur ein schwacher Induktor der Thrombozytenaggregation (▶ Thrombozytenaggregation und -aktivierung). Da ADP in großen Mengen aus den Dense Granula der Thrombozyten nach Stimulation freigesetzt wird, amplifiziert ADP als sekundärer Agonist die Reaktion der Thrombozyten auf andere Agonisten der Thrombozytenaggregation. ADP stabilisiert somit Thrombozytenaggregate. ADP bindet an P2Y1, das über das G-Protein aq intrazelluläre Calcium-Ionen mobilisiert. Dies verändert die Thrombozyten-Morphologie („shape change“) und bewirkt eine schwache reversible Aggregation. Die Blockierung dieses Rezeptors führt zum kompletten Verlust der Aggregabilität der Thrombozyten und zum Ausbleiben des „shape change“. Der P2Y12-Rezeptor vermittelt über G-Protein Gai2 die Hemmung der Adenylatcyclase (AC; d. h. Hemmung der Produktion an zyklischem Adenosinmonophosphat [cAMP]). P2Y12 ist das pharmakologische Ziel der irreversiblen Thrombozyteninhibitoren Clopidogrel und Prasugrel als auch der kompetitiven Antagonisten Cangrelor und AZD6140. Blockade des P2Y12-Rezeptors führt zu einer starken Inhibition der Aggregation (mit schwachen oder mittelstarken Induktoren). Die Funktionalität beider Rezeptoren ist notwendig für eine normale ADP-vermittelte Stimulation der Thrombozyten. Aktivierung von P2Y12 führt auch zu einer Exposition von Phosphatidylserin („flip-flop“ der Membranphospholi-

Englischer Begriff adenovirus Beschreibung des Erregers Familie: Adenoviridae, Gattung: Mastadenovirus, Spezies: Humanes Adenovirus Spezies A bis G (53 Serotypen). Es handelt sich um ein weltweit verbreitetes, umweltresistentes, unbehülltes, humanpathogenes Doppelstrang-DNAVirus von 70–90 nm Durchmesser. Erkrankungen Pharyngokonjunktivales Fieber, epidemische Keratokonjunktivitis, Gastroenteritis, Acute Respiratory Distress Syndrome (ARDS). Übertragung: direkter Kontakt, Tröpfchen- oder Schmierinfektion, Organtransplantation (Hornhaut, Leber). Klinik: Im Vordergrund stehen Erkrankungen der Atemwege (Grippe, Bronchitis, Pneumonie: Serotypen 1–39). Bei geschwächtem Immunsystem Anfälligkeit für Komplikationen, wie etwa ARDS, vital bedrohliche Pneumonie, Hepatitis, Harnwegsinfektion. Manche Serotypen verursachen Gastroenteritis, vor allem bei Kindern: Serotypen 40, 41; epidemische Konjunktivitis: Serotypen 8, 19, 37; hämorrhagische Zystitis: Serotypen 11, 21; Rhinitis oder Pharyngitis. Als Spätkomplikationen werden diskutiert: persistierende Bronchiolitis, dilatative Kardiomyopathie, Typ-I-Diabetes. Einige Virustypen können jahrelang in den regionalen Lymphknoten und Tonsillen persistieren. Prävention durch Desinfektionsmaßnahmen (Chlorierung von Schwimmbadwasser, Hände- und Instrumentendesinfektion, vor allem in Augenarztpraxen). Es gibt keinen Impfstoff und keine spezifischen Therapeutika, nur die Symptome werden behandelt.

Adhäsionsmoleküle

Analytik Direktnachweis des Virus in Körperflüssigkeiten oder Stuhl durch Zellkulturanzucht, Elektronenmikroskopie (s. ▶ Elektronenmikroskop), direkte Immunfluoreszenz und ▶ PCR (Polymerase-Kettenreaktion). Des Weiteren werden Antigenschnelltests zum immunologischen Nachweis von Adenoviren im Stuhl eingesetzt. Serologie: Nachweis spezifischer Antikörper im Serum durch indirekte Immunfluoreszenz (▶ Immunfluoreszenz, indirekte), ▶ Enzymimmunoassay, Komplementbindungsreaktion und ▶ Neutralisationstest. Untersuchungsmaterial – Probenstabilität Direktnachweis: Untersucht werden Körperflüssigkeiten, Stuhl, Abstriche von Nasenschleimhaut und Rachenraum, Auge, Rektum. Die Patientenproben sollten bis zur Weiterverarbeitung bei +4  C bis +8  C aufbewahrt werden. Direktnachweise sind innerhalb von 24 Stunden durchzuführen, Kulturen innerhalb von 6 Stunden anzulegen. Bei längerer Transportzeit ist das Material einzufrieren. Serologie: Serum oder Plasma für den Nachweis der Antikörper sind bei +4  C bis zu 2 Wochen lang beständig, bei 20  C über Monate und Jahre hinweg. Zur Tiefkühlkonservierung des IgM kann man den Proben 80 % gepuffertes Glyzerin beifügen. Diagnostische Wertigkeit Aufgrund der unspezifischen klinischen Symptomatik kommt der Labordiagnostik besondere Bedeutung zu. Elektronenmikroskopie und direkte Immunfluoreszenz sind wenig sensitiv. Dagegen sind PCRMethoden sehr empfindlich und auch zur Serotypisierung geeignet. Die quantitative PCR ermöglicht die Bestimmung der Viruslast. Antigenschnelltests besitzen meist nur geringe Sensitivität oder Spezifität. Der Neutralisationstest kann zur Serotypisierung genutzt werden. Indirekte Immunfluoreszenz und Enzymimmuntechniken ermöglichen eine schnelle und exakte Diagnostik. Aufgrund der hohen allgemeinen Seroprävalenz kann eine serologische Diagnose nur aufgrund eines deutlichen Titeranstiegs im IgG innerhalb 1–3 Wochen gestellt werden. Es bestehen Kreuzreaktivitäten (s. ▶ Kreuzreaktivität) zwischen den verschiedenen AdenovirusSerotypen.

Literatur Handermann M (2009) Adenoviren. In: Darai G, Handermann M, Sonntag HG, Tidona CA, Zöller L (Hrsg) Lexikon der Infektionskrankheiten des Menschen, 3. Aufl. Springer, Heidelberg/Berlin/New York, S 6–11 Hoffman JA (2009) Adenovirus infections in solid organ transplant recipients. Curr Opin Organ Transplant 14(6):625–633 Langley JM (2005) Adenoviruses. Pediatr Rev 26(7):244–249

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Adermin ▶ Vitamin B6

ADH ▶ Alkoholdehydrogenasen ▶ Antidiuretisches Hormon

Adhäsionsmoleküle W. Stöcker

Synonym(e) Zell-Adhäsionsmoleküle Englischer Begriff (cell) adhesion molecules (CAM) Definition Moleküle auf der Zelloberfläche, die sich an Adhäsionsmoleküle anderer Zellen oder an Proteine der extrazellulären Matrix binden können. Adhäsionsmoleküle lassen sich in verschiedene Gruppen einteilen: • Integrine, z. B. LFA-1 (Leukozyten-Funktionsantigen 1), Mac-1 (CD11b/CD18), CR4 (Komplementrezeptor 4) • Selektine, z. B. P-Selektin, E-Selektin • Mitglieder der Ig-Superfamilie, z. B. ICAM-1 (interzelluläres Adhäsionsmolekül 1), ICAM-2, VCAM-1 (vaskuläres Zelladhäsionsmolekül 1), N-CAM (neuronales Zelladhäsionsmolekül), CD31 Man unterscheidet zwischen heterotypischen Adhäsionsmolekülen (Bindungspartner sind verschiedene Moleküle, z. B. ICAM-1 und LFA-1) und homotypischen Adhäsionsmolekülen (Bindungspartner sind identische Moleküle, z. B. N-CAM). Struktur Integrine sind heterodimere Zelloberflächenrezeptoren, die durch eine nicht kovalente Bindung einer von 20 a-Ketten mit einer von 9 b-Ketten gebildet werden. Somit ist eine Vielzahl unterschiedlicher Integrine möglich. Darunter befinden sich u. a. Laminin, Vitronectin, Fibronectin und das endotheliale Zelladhäsionsmolekül VCAM-1. Integrine vermitteln eine Kationen-abhängige Adhäsion an Moleküle der extrazellulären Matrix und an Zelloberflächenliganden. Cadherine konstituieren eine große Familie Calcium-abhängiger Adhäsionsmoleküle, die vorwiegend Interaktionen mit ähnlichen oder identischen Liganden auf anderen Zellen vermitteln. Die klassischen Cadherine, so z. B. das E-

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(epitheliale), P- (plazentare) und N- (neurale) Cadherin, bestehen aus 5 extrazellulären Cadherin-Domänen und einer konservierten zytoplasmatischen Region, die im Aktinzytoskelett verankert ist. Immunglobuline vermitteln eine Kationen-unabhängige Adhäsion mit denselben oder anderen Mitgliedern der Immunglobulinfamilie; außerdem können sie als Rezeptor für Integrine und extrazelluläre Matrixproteine dienen. Zur Immunglobulinfamilie zählen u. a. neurale Zelladhäsionsmoleküle wie NCAM und ALCAM, das endotheliale Zelladhäsionsmolekül MUC18/MCAM und Adhäsionsmoleküle wie LFA-3 und ICAM-1, die eine Interaktion mit Leukozyten vermitteln. Pathophysiologie Adhäsionsmoleküle spielen eine wichtige Rolle bei Entzündungen: Endothelzellen in entzündetem Gewebe exprimieren verstärkt Adhäsionsmoleküle, wie z. B. P-Selektin, E-Selektin, VCAM-1 oder ICAM-1. Darüber hinaus sezernieren aktivierte Endothelzellen geringe Mengen ICAM-1, das als serologischer Marker für Entzündungsprozesse dienen kann. Leukozyten tragen auf ihrer Oberfläche die Adhäsionsmoleküle LFA-1, Mac-1 oder CR4, mit denen sie sich an die entsprechenden Adhäsionsmoleküle der Endothelzellen binden. Anschließend treten die Leukozyten durch das Endothel hindurch und wandern in das umliegende Gewebe aus (Leukozytenmigration). Adhäsionsmoleküle sind auch für die Organogenese, das Remodeling und die Organisation von Geweben sowie für die Migration von Leukozyten im Körper von Bedeutung. Außerdem spielen sie bei der Progression von malignen Tumoren sowie der Intra- und Extravasation und der Metastasierung von Tumorzellen eine wesentliche Rolle. Untersuchungsmaterial Serum. Analytik ▶ Enzyme-linked Immunosorbent Assay. Bewertung Erhöhte Serumkonzentrationen von ICAM-1 deuten auf verschiedene entzündliche Prozesse hin, z. B. einen systemischen Lupus erythematodes. Auch bei Präeklampsie finden sich oft erhöhte Serumkonzentrationen verschiedener Adhäsionsmoleküle, ebenso bei Malignomen.

ADI

Adipat ▶ Adipinsäure

Adipinsäure G. F. Hoffmann, C.-D. Langhans und A. Schulze

Synonym(e) Adipat; 1,6-Hexandicarbonsäure Englischer Begriff Adipic acid Definition Die mittelkettige Dicarbonsäure entsteht als pathologischer Metabolit bei einer Reihe von Fettsäureoxidationsstörungen. Struktur C6H10O4; Strukturformel:

Molmasse 146,14 g. Synthese – Verteilung – Abbau – Elimination Die im Verlauf der mitochondrialen b-Oxidation aus dem trifunktionellen Protein freigesetzten mittelkettigen Fettsäuren werden durch die mittelkettige Acyl-CoA-Dehydrogenase weiter verkürzt und im weiteren Verlauf zu Acetyl-CoA (geradzahlige Fettsäuren) bzw. zu Propionyl-CoA (ungeradzahlige Fettsäuren) abgebaut, die schließlich in den Citratzyklus einfließen. Bei Defekten der mittelkettigen Acyl-CoA-Dehydrogenase (MCAD) und in geringerem Ausmaß der überlangkettigen Acyl-CoA-Dehydrogenase (VLCAD) werden die mittelkettigen Fettsäuren alternativ durch o-Oxidation zu mittelkettigen Dicarbonsäuren (Adipinsäure, Suberinsäure, Sebacinsäure) abgebaut. Diese werden im Urin ausgeschieden.

Literatur

ADI

Funktion – Pathophysiologie Adipinsäure hat keine bekannte Funktion im Intermediärstoffwechsel. Untersuchungen zur individuellen Toxizität der durch o-Oxidation entstandenen Dicarbonsäuren (Adipinsäure, Suberinsäure, Sebacinsäure) liegen erst in Ansätzen vor. In der Summe hemmen diese pathologischen Metabolite und/oder ihre Konjugate den mitochondrialen Energiestoffwechsel.

▶ PTWI-Wert

Untersuchungsmaterial – Entnahmebedingungen Urin.

Johnson JP (1999) Cell adhesion molecules in the development and progression of malignant melanoma. Cancer Metastatis Rev 18:345–357

Adipokine

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Präanalytik • Durch ▶ Flüssig-Flüssig-Extraktion im sauren Medium mittels Ethylacetat oder Diethylether • Mittels Gaschromatographie-Massenspektrometrie (▶ GCMS) als Di-Trimethylsilylester

Adipokine

Internationale Einheit mmol/mol Kreatinin (Urin).

• • • •



Kinder Normalbereich



Urin

0–4 Monate: 2–27 mmol/mol Kreatinin Bis 2 Jahre: 0–25 mmol/mol Kreatinin Bis 10 Jahre: 2–10 mmol/mol Kreatinin >10 Jahre: 1–7 mmol/mol Kreatinin Pathologischer Bereich:

• • • •

Literatur Blau N, Duran M, Gibson KM, Dionisi-Vici C (Hrsg) (2014) Physician’s guide to the diagnosis, treatment, and follow-up of inherited metabolic diseases. Springer, Berlin/Heidelberg

Retentionsindex RI: 1510 M+ (m/z): 290 Quant Ion (m/z): 111 Conf. Ion (m/z): 275

Referenzbereich (altersabhängig):

diese mit Formulanahrung auf der Basis von mittelkettigen Triglyzeriden (Alfaré) ernährt wurden oder eine schwere Ketose haben.

35–5200 mmol/mol Kreatinin (MCAD) 0–2000 mmol/mol Kreatinin (VLCAD) 35–1600 mmol/mol Kreatinin (Glutaracidurie Typ II) 15–320 mmol/mol Kreatinin (MCT angereicherte Ernährung)

Indikation Hypoketotische Hypoglykämien, rezidivierende Hepatopathien und Enzephalopathien, insbesondere ReyeSyndrom, Myopathien, Rhabdomyolyse. Interpretation Erhöhte Urinausscheidungen von Adipinsäure werden bei zahlreichen genetischen wie auch sekundären Störungen der Fettsäureoxidation beobachtet. Entscheidend für die Beurteilung ist zuerst die Kenntnis des aktuellen Ernährungsstatus und -modus sowie des Abstandes von der letzten Nahrungsaufnahme. Die Differenzierung erfordert ferner Kenntnisse über die Konzentrationen anderer Fettsäureoxidationsprodukte. Die Adipinsäure findet sich zusammen mit der Suberinsäure als führender Metabolit beim MCAD-Mangel. Bei Ketosen und Ernährung mit Formulanahrung auf der Basis von mittelkettigen Triglyzeriden (Alfaré) tritt vermehrt Adipinsäure auch bei Normalpersonen auf. Diagnostische Wertigkeit Stark erhöhte Adipinsäureausscheidungen im Urin werden bei einem MCAD-Mangel, beim VLCAD-Mangel und bei einem multiplen Acyl-CoADehydrogenase-Defekt (Glutaracidurie Typ II) beobachtet. Des Weiteren tritt Adipinsäure bei Normalpatienten auf, wenn

A. M. Gressner und O. A. Gressner

Synonym(e) Adipozytokine Englischer Begriff adipokines Definition Vom Fettgewebe sezernierte, endokrin aktive Proteine mit komplexen regulatorischen Funktionen auf Insulinempfindlichkeit und Glukosehomöostase, Energiestoffwechsel und Gewichtshomöostase. Beschreibung Das Fettgewebe spielt eine entscheidende Rolle in der Regulation des Gesamtkörperenergiehaushaltes und in der Glukosehomöostase durch seine systemischen und organbezogenen Funktionen. Es ist nicht nur der größte Energiespeicher in Form von Lipiden und deren Mobilisation und Verteilung im Körper, sondern auch ein wichtiges endokrines Organ und Bildungsort zahlreicher bioaktiver Moleküle wie Adipokine. Braunes und gelbes Fettgewebe sind die wichtigste Lieferanten der Körperwärme (Thermogenese) und somit für die Aufrechterhaltung der Euthermie entscheidend. Die Obesitas (Adipositas) ist Ausdruck einer Imbalanz von Energiezufuhr in Form von Lipiden und energieverbrauchender Prozesse. Sie ist verbunden mit der Pathogenese von Insulinresistenz, Diabetes mellitus, kardiovaskulären Erkrankungen, Depression und Karzinogenese. Zu den Adipokinen gehören die ▶ Zytokine und Hormone:

• • • • • • • •

▶ Tumornekrosefaktor-a (TNF-a) ▶ Interleukin-6 (IL-6) ▶ Leptin ▶ Adiponectin ▶ Resistin ▶ Visfatin Apelin Chemerin

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IL-6, TNF-a und Resistin erzeugen Insulinresistenz (▶ Insulin), Adiponectin ist ein endogener Insulinsensitizer. Leptin ist bedeutsam für die Appetitregulation und Gewichtshomöostase. Adipokine haben darüber hinaus weitere, vielfältige Wirkungen auf das Immunsystem, Entzündung, Bindegewebsstoffwechsel, Angiogenese, Knochenstoffwechsel, Reproduktionsfunktion u. a. Adipokine sind pathogenetisch wichtig für das metabolische Syndrom, Diabetes mellitus und Adipositas und erlangen zunehmende diagnostische Bedeutung.

Literatur Divella R, DeLuca R, Abbate I et al (2016) Obesity and cancer: the role of adipose tissue and adipo-cytokines-induced chronic inflammation. J Cancer 7(15):2346–2359 Luo L, Liu M (2016) Adipose tissue in control of metabolism. J Endocrinol 231(3):R77–R99 Meier U, Gressner AM (2004) Endocrine regulation of energy metabolism: review of pathobiochemical and clinical chemical aspects of leptin, ghrelin, adiponectin and resistin. Clin Chem 50:1511–1525

Adiponectin W. Hubl

Synonym(e) Acrp30 (adipocyte complement-related protein of 30 kDa); AdipoQ (Adiponectin, C1Q And Collagen Domain Containing); apM1 (AdiPose Most abundant Gene transcript 1); GBP-28 (gelatin-binding protein of 28 kDa) Englischer Begriff adiponectin Definition Adiponectin stellt ein Gewebshormon dar und beeinflusst den Lipid- und Glukosestoffwechsel. Pathologische Adiponectinkonzentrationen korrelieren mit der Adipositas, der koronaren Herzkrankheit, Typ-II-Diabetes und dem metabolischen Syndrom. Beschreibung Adiponectin, ein Vertreter der ▶ Adipokine, wird als Gewebshormon in den Fettzellen, den Adipozyten, produziert. Es besteht aus 24 Aminosäuren mit einem Molekulargewicht von 28 kDa und wird vom Gen APMI auf dem Chromosom 3q27 kodiert. Die Adipozyten werden in zunehmendem Ausmaß als endokrin aktives Organ erkannt, z. B. mit einem kompletten Renin-Angiotensin-AldosteronSystem, mit der Sekretion von ▶ Leptin, ▶ Resistin etc. Adiponectin steht im Zusammenhang mit der Entwicklung des Typ-II-Diabetes. Personen mit höheren Adiponectinwerten zeigen ein geringeres Risiko, an Typ-II-Diabetes zu

Adiponectin

erkranken. In klinischen Studien wurde nachgewiesen, dass Adiponectin der Insulinresistenz entgegenwirkt, indem es den Triglyzeridgehalt in den Muskel- und Leberzellen reduziert. Adiponectinkonzentrationen stehen auch in inverser Beziehung zur ▶ Insulin-Konzentration. Möglicherweise stellt Adiponectin zukünftig einen Marker zur Einschätzung des Diabetesrisikos dar (EPIC-Studie, European Prospective Investigation into Cancer and Nutrition). Die zwei Fettdepots – das subkutane und das viszerale Fett – zeigen Unterschiede in ihrer Fähigkeit, Adipokine zu sezernieren. Bei der Akkumulation von viszeralem Fett, das ein anderes Muster an Adiponektinen synthetisiert, wurden erhöhte Morbiditäts- und Mortalitätsraten beobachtet. Bei der koronaren Herzerkrankung zeichnet sich Adiponectin als ein Prädiktor des kardiovaskulären Risikos ab. Bei Patienten mit neuen kardiovaskulären Ereignissen werden niedrigere Adiponectinkonzentrationen beobachtet als bei Patienten ohne kardiovaskuläre Ereignisse. In diesem Zusammenhang korrelieren die Adiponectinkonzentrationen auch mit der HDL-Cholesterinkonzentration (▶ High Density Lipoprotein). Eine pathophysiologische Erklärung liegt in der abschwächenden Wirkung des Adiponectins auf die entzündliche Aktivierung der Endothelzellen. Erhöhte Adiponectinkonzentrationen sind mit einem niedrigeren Herzinfarktrisiko bei Männern assoziiert (EPIC-Studie). Die Adiponectin-Sekretion steht in inverser Beziehung zum ▶ Body-Mass-Index. Analytik ▶ Enzymimmunoassay oder ▶ Radioimmunoassay.

Literatur Gelsinger C, Tschoner A, Kaser S et al (2010) Adipokine update – neue Moleküle, neue Funktionen. Wien Med Wochenschr 160:377–390 Meier U, Gressner M (2004) Endocrine regulation of energy metabolism: review of pathobiochemical and clinical chemical aspects of leptin, ghrelin, adiponectin, and resistin. Clin Chem 50:1511–1525

AdipoQ (Adiponectin, C1Q And Collagen Domain Containing) ▶ Adiponectin

Adipozytokine ▶ Adipokine

Adrenokortikotropes Hormon

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Adiuretin

Adrenalin

▶ Antidiuretisches Hormon

▶ Katecholamine

ADM

Adrenalin/Noradrenalin-Quotient

▶ Adrenomedullin

▶ Katecholamine

ADMA ▶ Asymmetrisches Dimethylarginin

Adrenogenitales Syndrom ▶ CYP450 21A2-Mutation

Adrenogenitales-Syndrom-Screening Administrator

▶ 17-Hydroxyprogesteron, Bestimmung aus Trockenblut

O. Colhoun

Englischer Begriff administrator Definition Verwalter eines Computersystems, etwa eines Laborinformations-Systems. Beschreibung Der Administrator hat uneingeschränkten Zugriff auf alle Komponenten und Rechner des ▶ LaborEDV-Systems. Seine Aufgaben liegen in der Einrichtung und Pflege von Hard- und Software, Vergabe von Zugriffsrechten und Verwaltung der Systemressourcen. Für definierte Aufgaben können an bestimmte Benutzer gestufte Administratorrechte vergeben werden, z. B. Erfassung und Pflege von Qualitätskontrolldaten.

Adrenokortikotropes Hormon W. Hubl

Synonym(e) ACTH; Kortikotropin Englischer Begriff adrenocorticotropic hormone; adrenocorticotropin; corticotropin Definition Hypophysenvorderlappenhormon zur Aufrechterhaltung der Nebennierenrindenfunktion. Struktur ACTH ist ein Polypeptid mit 39 Aminosäuren, wobei die ersten 24 für die biologische Aktivität verantwortlich zeichnen.

ADP-Rezeptoren der Blutplättchen

Molmasse Ca. 4,5 kDa.

▶ Adenosindiphosphat-Rezeptoren der Thrombozyten

ADP-Ribosyltransferase 4

Synthese – Verteilung – Abbau – Elimination ACTH wird aus einem Glykoprotein-Prohormon (Proopiomelanocortin, POMC) in den kortikotropen Zellen des Hypophysenvorderlappens durch Aufspaltung in ACTH und b-Lipoprotein gebildet. Die Inaktivierung erfolgt durch Proteasen im Zielgewebe.

▶ Dombrock-(DO-)Blutgruppensystem

Halbwertszeit 3–7 Minuten.

A

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Adrenokortikotropes Hormon

Funktion – Pathophysiologie Das ▶ Kortikotropin-Releasing-Hormon (CRH) aus dem Hypothalamus stimuliert den Hypophysenvorderlappen zur ACTH-Sekretion, in deren Folge es zur Stimulation der Kortisolbiosynthese (▶ Kortisol) in der Nebennierenrinde kommt. Erhöhte Kortisolkonzentrationen hemmen im Rahmen eines physiologischen Regelkreises (negativer Feedback-Mechanismus) die ACTH-Sekretion. Bei Patienten mit einer Hypophysenvorderlappeninsuffizienz kann es zum Ausfall der ACTH-Produktion kommen. Hypophysenadenome können zum Morbus Cushing führen mit einer erhöhten ACTH-Sekretion. Ein aggressiv ACTH-sezernierender Tumor entwickelt sich beim NelsonSyndrom. Untersuchungsmaterial – Entnahmebedingungen EDTAPlasma, Heparinplasma. Die Stabilität von ACTH ist im EDTA-Plasma deutlich größer als im Serum. Deshalb sollte generell EDTA-Plasma (bzw. Heparinplasma) verwendet werden. An Glasoberflächen wird ACTH adsorbiert, deshalb sind Plastikgefäße zu verwenden. Nach der Blutentnahme sollte EDTA-Blut umgehend zentrifugiert werden oder gekühlt (nicht einfrieren!) transportiert werden.

Umrechnungsfaktor zw. konv. u. int. Einheit ng/L  0,2202 = pmol/L. Referenzbereich – Frauen EDTA-Plasma 6–10 Uhr 20–22 Uhr

pmol/L 2,20–13,2 1,32–6,60

ng/L 10–60 6–30

pmol/L 2,20–13,2 1,32–6,60

ng/L 10–60 6–30

Referenzbereich – Männer EDTA-Plasma 6–10 Uhr 20–22 Uhr

Referenzbereich – Kinder EDTA-Plasma 1. Lebenstag 2.–5. Lebenstag 6.–7. Lebenstag 8. Lebenstag – 5. Lebensjahr 6.–10. Lebensjahr 11.–15. Lebensjahr

pmol/L 10,4–15,8 8,1–14,1 6,3–9,1 3,5–4,9 3,2–3,8 4,6–6,4

Probenstabilität • • • •

Blut und Serum: instabil EDTA-Plasma bei +20  C: instabil EDTA-Plasma bei +4  C: 8 Stunden EDTA-Plasma bei 20  C: >3 Monate

Präanalytik Ausgeprägte Tagesrhythmik mit signifikant höheren ACTH-Werten am Morgen im Vergleich zu Abend und zur Nacht. Erhöhte Werte bei Stress. Analytik ▶ Immunoassay: Chemilumineszenz-Immunoassays (CLIA, ▶ Chemolumineszenz, ▶ Radioimmunoassay, ▶ Immunradiometrischer Assay IRMA). Beim CLIA und IRMA wird das intakte ACTH erfasst, wobei zwei monoklonale Antikörper verwendet werden, einer gegen das aminoterminale Ende (z. B. 1–17) und ein anderer gegen das carboxyterminale Ende (z. B. 34–39). Bei ektoper ACTH-Synthese werden auch ACTH-Fragmente und „big“-ACTH gebildet, die bei diesen Immunoassays nicht erfasst werden. Deshalb sind bei grenzwertigen Befunden Funktionsteste mit Dexamethason bzw. CRH empfehlenswert. Nachweisgrenze: 0,2–0,9 pmol/L. Konventionelle Einheit ng/L. Internationale Einheit pmol/L.

Indikation Differenzialdiagnose (nach Diagnosestellung):

• Hyperkortisolismus, Cushing-Syndrom • Nebennierenrindeninsuffizienz • Ektope ACTH-Sekretion Interpretation 1. Erniedrigtes ACTH: – Beim primären Cushing-Syndrom – Bei sekundärer Nebennierenrindeninsuffizienz – Nebennierenrindentumor – Glukokortikoidbehandlung 2. Erhöhtes ACTH: – Bei primärer Nebennierenrindeninsuffizienz (Morbus Addison) – Beim sekundären (hypophysären bzw. hypothalamischen) Cushing-Syndrom – Bei ektoper ACTH-Produktion Diagnostische Wertigkeit Die ACTH-Bestimmung dient nicht zur Diagnose, sondern zur Differenzialdiagnose von Nebennierenrinden-(NNR-)Über- und -Unterfunktionen:

b1-Adrenorezeptor-Autoantikörper

• Hypothalamisch-hypophysäres Cushing-Syndrom • Autonomer NNR-Tumor • Ektopisches ACTH-Syndrom (bei malignen Tumoren, kleinzelligem Bronchialkarzinom) • Primäre NNR-Insuffizienz • Sekundäre (hypophysäre) bzw. tertiäre (hypothalamische) NNR-Insuffizienz.

Literatur Besemer B, Honegger J, Bornemann A, Adam P et al (2015) Diagnose und Differenzialdiagnose des Cushing-Syndroms. Dtsch Med Wochenschr 140:1294–1295 Pulzer A, Burger-Stritt S, Hahner S (2016) Morbus Addison. Primäre Nebenniereninsuffizienz. Internist 57:457 Talbot JA, Kane JW, White A (2003) Analytical and clinical aspects of adrenocorticotropin determinations. Ann Clin Biochem 40:453–471

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Adrenomedullin beeinflusst folgende Systeme: • Hormonsekretion: negativer Feedbackmechanismus bei Kreislaufbelastung: Hemmung des Renin-Angiotensin-Aldosteron-Systems, ▶ adrenokortikotropes Hormon (ACTH), Vasopressin • Herz: positiv-chronotroper Effekt, verringerter Gefäßwiderstand • Atmung: Bronchodilatation • Diurese und Natriurese • Steigerung des Sympathikotonus • Vasodilatation und Salzverlust • Senkung des peripheren Widerstands und des Blutdrucks. Analytik ▶ Immunoassay. Referenzbereich – Erwachsene Plasma 2–3,5 pmol/L. Interpretation Erhöhte Werte bei folgenden Erkrankungen:

Adrenomedullin W. Hubl

Synonym(e) ADM Englischer Begriff adrenomedullin Definition Adrenomedullin wurde im Jahr 1993 erstmalig aus einem Phäochromozytom im Nebenierenmark extrahiert. Nach der „adrenal medulla“ wurde diese Substanz Adrenomedullin benannt. Es ist ein Peptid mit 52 Aminosäuren (Molmasse ca. 6 kDa) und zeigt Ähnlichkeiten zum ▶ Calcitonin gene-related peptide (CGRP). Adrenomedullin wird aus Präproadrenomedullin (185 Aminosäuren) über Proadrenomedullin (164 Aminosäuren) durch enzymatische Abspaltung von Aminosäuren gebildet. Als weiteres Spaltprodukt entsteht das N-terminale Proadrenomedullin aus 20 Peptiden (PAMP), das ebenfalls eine biologische Aktivität besitzt. Halbwertszeit Ca. 22 Minuten. Funktion – Pathophysiologie Adrenomedullin ist ein Peptid aus 52 Aminosäuren mit zahlreichen Wirkungen auf Herz-Kreislauf-System, Hormonsysteme, Atmung, Salzund Wasserhaushalt und auf das autonome Nervensystem. Das kodierende Gen für das Präadrenomedullin ist auf einem einzigen Locus des Chromosoms 11 lokalisiert. Als wichtigste Syntheseorte für das Adrenomedullin kommen neben dem Nebennierenmark die Gefäßendothelzellen in Betracht.

• Sepsis • Herz-Kreislauf-Krankheiten, prognostischer Marker des kardiogenen Schocks • Essenzielle Hypertonie • Akuter Myokardinfarkt • Herzinsuffizienz • Präeklampsie • Respiratorische Erkrankungen • Endokrine Erkrankungen • Primärer Hyperaldosteronismus • IgA-Nephropathie • Glomerulonephritis • Leberzirrhose • ACTH-produzierendes Adenom • Wegener-Granulomatose

Literatur Cuttitta F, Martinez A (1997) Adrenomedullin. IOS Press, Amsterdam Hinson JP, Kapas S, Smith DM (2000) Adrenomedullin, a multifunctional regulatory peptide. Endocr Rev 21:138–167 Lasarte MR, Tolppanen H, Lassus J et al (2016) Bioactive adrenomedullin: a novel prognostic marker in cardiogenic shock. J Am Coll Cardiol 67:1424–1424 Marta Serrano-Ponz M, Rodrigo-Gasqué C, Siles E et al (2016) Temporal profiles of blood pressure, circulating nitric oxide, and adrenomedullin as predictors of clinical outcome in acute ischemic stroke patients Mol Med Rep 13:3724–3734

b1-Adrenorezeptor-Autoantikörper ▶ Autoantikörper gegen b1-Adrenorezeptor

A

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ADSF (adipocyte-specific secretory factor) ▶ Resistin

ADSF (adipocyte-specific secretory factor)

Adsorption erythrozytärer Antikörper K. Kleesiek, C. Götting, J. Diekmann, J. Dreier und M. Schmidt

Synonym(e) Allogene Adsorption; Differenzialadsorption

Adsorbat Englischer Begriff allogeneic adsorption ▶ Adsorption

Adsorbens ▶ Adsorption

Adsorption T. Arndt

Englischer Begriff adsorption Definition Physikochemische Anreicherung einer Substanz (Adsorbat) an der Oberfläche (Phasengrenze) zu einem anderen Stoff (Adsorbens) zumeist durch ▶ Van-der-WaalsKräfte, also ohne dass dabei eine chemische (kovalente) Bindung eingegangen wird. Beschreibung Die Phasengrenze kann der Übergang zwischen flüssiger und fester, gasförmiger und fester oder gasförmiger und flüssiger Phase sein. Im klinisch-chemischen Labor werden Adsorptionseffekte u. a. im Rahmen von Arbeitsschutzmaßnahmen zur Luftfilterung (z. B. an Aktivkohle), aber auch bei allen chromatographischen Analysemethoden genutzt. Eine weitere wichtige Nutzung von Adsorptionseffekten ist die Beschichtung von Latexpartikeln und von Kavitäten der ▶ Mikrotiterplatte mit Antikörpern (▶ Coating) im Rahmen immunologischer Analysemethoden. Die hier auftretenden Adsorptionskräfte sind so stark, dass selbst durch Waschen mit Detergenzien die Antikörper gewöhnlich nicht mehr entfernt werden können.

Literatur Latscha HP, Linti GW, Klein HA (2004) Analytische Chemie. ChemieBasiswissen III. Springer-Verlag, Berlin/Heidelberg/New York

Definition Die Adsorption erythrozytärer Antikörper ist die gezielte Elimination eines Antikörpers an seinem korrespondierenden Antigen. Beschreibung Die allogene Adsorption erythrozytärer Antikörper ist eine Technik in der immunhämatologischen Diagnostik, die bei dem Vorliegen von freien Autoantikörpern (s. ▶ Autoantikörper) Verwendung findet, wenn die Technik der ersten Wahl, die ▶ Autoadsorption, nicht durchgeführt werden kann. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, ein komplexes Gemisch verschiedener Alloantikörper durch selektive Elimination einzelner Spezifitäten zu entschlüsseln. Im blutgruppenserologischen Alltag kann die Kombination verschiedener ▶ Alloantikörper eine Antikörperdifferenzierung erheblich erschweren, wenn die meisten der eingesetzten Testerythrozyten aufgrund der Vielzahl verschiedener Alloantikörper positiv reagieren. Die Differenzialadsorption kann zur gezielten Entfernung einzelner Alloantikörper aus einem Alloantikörpergemisch eingesetzt werden. Die nach der Differenzialadsorption verbliebenen Alloantikörper können in der anschließenden Antikörperdifferenzierung eindeutig spezifiziert werden. Bei dem Vorliegen einer Kombination von freien Autoantikörpern und Alloantikörpern besteht das Ziel der allogenen Adsorption darin, den Autoantikörper vollständig zu entfernen und den unbekannten Alloantikörper im Serum/Plasma zu belassen. Die zur Adsorption eingesetzten Erythrozyten müssen für das Antigen negativ sein, gegen das der Alloantikörper reagiert. Da der Alloantikörper unbekannt ist, setzt diese Technik voraus, dass verschiedene Erythrozyten mit bekanntem Antigenmuster parallel zur allogenen Adsorption eingesetzt werden. Alle Testerythrozyten eliminieren mit einem Aliquot der Serum-/Plasmaproben den Autoantikörper. Die Testzellen, die zur allogenen Adsorption eingesetzt werden, sollen in der Antigenverteilung so gewählt werden, dass die häufigsten transfusionsmedizinisch relevanten Antikörper erkannt werden. Folgende Antigene sollten bei der Auswahl der zur allogenen Adsorption eingesetzten Erythrozyten sowohl negativ als auch positiv ausgewählt werden: C-, Cw-, c-, D-, E-, e-, K-, Fy(a)-, Fy(b)-, JK(a)-, Jk(b)-, S-, s-, M-, N-, P1-, Le(a)-, Le(b)-Antigen.

Advanced glycation end products

Antikörper gegen hochfrequente Antigene werden mit der Methode „Adsorption erythrozytärer Antikörper“ nicht erkannt, wenn alle eingesetzten Erythrozyten dieses Antigen tragen (antigenpositiv sind).

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ren die als Ketoamine gebundenen Zuckerreste auf Proteinen komplizierte Umlagerungen, die zu den dargestellten Endprodukten führen und teilweise mit Quervernetzungen einhergehen, z. B. durch Pentosidin (rot) (aus: Löffler und Petrides 1997):

Literatur American Association of Blood Banks (1999) Technical manual, 13. Aufl. S. Karger, Basel

Adsorptionschromatographie T. Arndt

Englischer Begriff adsorption chromatography Definition ▶ Chromatographievariante. Beschreibung Die Trennung der Probenbestandteile erfolgt durch deren unterschiedlich starke Adsorption an der stationären Phase, wobei eine starke Adsorption eine lange Elutionszeit des Analyten bewirkt.

Literatur Unger KK (Hrsg) (1989) Handbuch der HPLC. Teil 1 Leitfaden für Anfänger und Praktiker. GIT Verlag, Darmstadt

Advanced glycation end products K. J. Lackner und D. Peetz

Synonym(e) AGE-Proteine; AGE

Bereits im Jahr 1912 von L.C. Maillard (1878–1936) beobachtete Reaktion von Aminosäuren mit Zuckern. Über eine Serie von Zwischenprodukten (Schiff’sche Basen, Amadori-Produkte) können Zucker mit Aminogruppen reagieren. Im Ergebnis kommt es zur Bildung von stabilen, kovalenten Addukten, die sich in ihrer Funktion und Struktur z. T. signifikant von ihren nativen Vorläufern unterscheiden. Da der Prozess Tage bis Wochen in Anspruch nimmt, sind vor allem langlebige Moleküle (z. B. Kollagen oder andere Matrixproteine) betroffen. Eine Reihe von immer wieder auftretenden und strukturell aufgeklärten Verbindungen entsteht dabei. Bei Proteinen gehören dazu Pentosidin, NeCarboxymethyl-Lysin, die unter oxidativen Bedingungen aus glykierten Proteinen entstehen. Dabei treten intra- und intermolekulare Crosslinks auf. Weitere reaktive Verbindungen bei der Entstehung von AGEs sind Glyoxal, Methylglyoxal und 3-Deoxyglukose, die Dimere mit modifizierten Lysinen bilden können. Man hat spezifische Rezeptoren für AGEs bzw. glykierte Proteine gefunden (RAGE), die relevante Einflüsse auf zelluläre Funktionen haben. Den AGEs wird große Bedeutung in der Pathogenese zahlreicher chronischer Erkrankungen wie der Atherosklerose, neurodegenerativer Erkrankungen, den Komplikationen der Niereninsuffizienz etc. beigemessen. Diagnostisch spielen vor allem glykiertes Hämoglobin und Albumin eine Rolle.

Englischer Begriff Advanced glycosylation (glycation) end products

Literatur Definition Endprodukte der nicht enzymatischen Reaktion von reduzierenden Zuckern mit Aminogruppen von Peptiden, Lipiden oder Nukleinsäuren. Beschreibung Bei der Bildung von „advanced glycosylation endproducts“ (AGEs) durch Maillard-Reaktionen erfah-

Brownlee M (1995) Advanced protein glycosylation in diabetes and aging. Annu Rev Med 46:223–234 Löffler G, Petrides PE (1997) Biochemie und Pathobiochemie, 5. Aufl. Springer, Heidelberg/Berlin/New York Singh R, Barden A, Mori T et al (2001) Advanced glycation endproducts: a review. Diabetologia 44:129–146

A

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A/D-Wandler

A/D-Wandler

u. a. in Patienten mit metabolischem Syndrom, Präeklampsie und Ovarialkarzinom nachgewiesen.

O. Colhoun

Untersuchungsmaterial Plasma.

Synonym(e) Analog-Digital-Wandler

Präanalytik Stabil bei Raumtemperatur für 24 Stunden, bei 4  C für 48 Stunden, bei 20  C und 80  C für >1 Jahr.

Englischer Begriff analog-to-digital converter (ADC) Definition Bauelement, das analoge Signale (mit fließenden Übergängen) in digitale Signale, also in solche mit nicht kontinuierlich veränderbaren Werten, umwandelt.

Analytik ELISA. Referenzbereich – Erwachsene 45–99 mg/L. Referenzbereich – Kinder Nicht verfügbar. Indikation Gegenstand aktueller Untersuchungen.

Beschreibung Meist in Form von Chips ausgeführt. Verbreiteter Einsatz z. B. im Modem.

Diagnostische Wertigkeit Gegenstand aktueller Untersuchungen.

AE1

Literatur

▶ Diego-(DI-)Blutgruppensystem

Dieplinger H, Dieplinger B (2015) Afamin – a pleiotropic glycoprotein involved in various disease states. Clin Chim Acta 446:105–110

AES

Affinität

▶ Atomemissionsspektrometrie

T. Arndt

Synonym(e) Chemische Triebkraft

Afamin Englischer Begriff affinity H. Jomaa

Englischer Begriff afamin Definition Das Glykoprotein Afamin gehört zur AlbuminGenfamilie, neben Albumin, Alpha-Fetoprotein und VitaminD-Bindungsprotein. Afamin hat ein Molekulargewicht von 87 kDa. Synthese – Verteilung – Abbau – Elimination Afamin wird in der Leber synthetisiert und an das Blut abgegeben. Im Gegensatz zu Albumin ist es stark glykosyliert. Nachgewiesen wurde Afamin in Plasma, in Follikelflüssigkeit und in Zerebrospinalflüssigkeit. Funktion – Pathophysiologie Die Funktion des Afamin ist unbekannt. Untersuchungen zur Vitamin-E-Bindungskapazität lassen eine Rolle beim Vitamin-E-Transport annehmen. Veränderungen der Afamin-Plasmakonzentrationen wurden

Definition Bezeichnet diejenige „chemische Triebkraft“, mit der sich die chemischen Elemente und Verbindungen zu neuen Stoffen verbinden. Beschreibung Bei isotherm-isobarer Reaktionsführung (Temperatur und Druck konstant) ist die Affinität zweier Reaktionspartner zueinander umso größer, je stärker negativ die Reaktionsenthalpie ist (d. h. je mehr Wärme freigesetzt wird) und je stärker positiv die Reaktionsentropie ist (d. h. je mehr Unordnung entsteht). Im klinisch-chemischen Labor wird der Begriff Affinität am häufigsten im Zusammenhang mit der Bindung von Antigenen an Antikörper unter Bildung von Antigen-AntikörperKomplexen angewandt. Beispiele finden sich in der Blutgruppenserologie sowie bei allen immunologischen Bestimmungsund Nachweisverfahren. Eine spezielle Anwendung ist die Ausnutzung der Affinität von (Makro-)Molekülen zu ihren Liganden oder zu Antikörpern (die auf der analytischen Säule immobilisiert sind) bei der ▶ Affinitätschromatographie.

AFS

Bei der Bindung von multivalenten Antigenen mit Antikörpern kommt es zu Mehrfachbindungen, die in die Gesamtbindungskonstante im Produkt eingehen. Die resultierenden Bindungen sind deshalb, trotz schwacher Wechselwirkungskräfte der Einzelbindung, sehr stabil. Wegen Platzmangel und Überlappung der Bindungsstellen (▶ Epitop) kann es zu sterischen Behinderungen kommen, die die Affinität der Bindungspartner zueinander (scheinbar) vermindern können. Man definiert deshalb auch eine scheinbare Affinität bzw. ▶ Avidität.

Literatur Falbe J, Regitz M (Hrsg) (1996) Römpp Chemie Lexikon, 10. Aufl. Georg Thieme Verlag, Stuttgart/New York

Affinitätschromatographie T. Arndt

Englischer Begriff affinity chromatography Definition Variante der ▶ Adsorptionschromatographie, die wiederum eine Form der ▶ Chromatographie ist. Beschreibung Dieses Verfahren nutzt die reversiblen Wechselwirkungen zwischen einem, für das jeweilige analytische Problem spezifischen, am Trägermaterial der stationären Phase immobilisierten, Liganden und einem dazu komplementären Analyten. Die chromatographische Trennung erfolgt durch eine (möglichst) vollständige Bindung des Analyten an den Liganden (an die stationäre Phase) und Desorption (Elution) des Analyten mit einer modifizierten mobilen Phase. Dabei sollte die Bindung möglichst spezifisch, aber auch nicht zu stark und keinesfalls irreversibel sein.

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Definition Eine Zonenelektrophorese von Proteingemischen in einer Agarose- oder Polyacrylamidgelschicht, die spezifische Makromoleküle enthält, die mit bestimmten Proteinen aus der Probe in Wechselwirkung treten. Dabei entstehen unlösliche Komplexe, die als spezifische Präzipitatbanden angefärbt werden können. Beschreibung Alle in Immunelektrophoresen (s. ▶ Immunelektrophorese) verwendeten Techniken können prinzipiell auch in der Affinitätselektrophorese angewendet werden. Dabei werden die Antikörper durch Liganden verschiedener Art ersetzt: z. B. Enzymsubstrate, Enzyminhibitoren, Nukleinsäuren, Kohlenhydrate, Lektine. Zuweilen wird die Bezeichnung „Affinitätselektrophorese“ als Oberbegriff, auch über Immunelektrophoresen, verwendet: in diesem Fall werden Antikörper als Liganden verwendet. Die häufigsten Anwendungen von Affinitätselektrophorese sind Analysen von Wechselwirkungen zwischen Glykoproteinen (s. ▶ Glykoproteine) und Lektinen (s. ▶ Lektine); z. B. die organspezifische Differenzierung zwischen alkalischer Phosphatase aus Leber und Knochen in Humanserum. Knochenisoenzyme bleiben an dem im Gel befindlichem Weizenkeimagglutinin gebunden und bilden charakteristische Präzipitatbanden, Leberisoenzyme wandern ungehindert als normale Bande weiter.

Literatur Takeo K (1987) Affinity electrophoresis. In: Chrambach A, Dunn MJ, Radola BJ (Hrsg) Advances in electrophoresis, Bd 1. VCH, Weinheim

Afipia felis ▶ Bartonella

Literatur Unger KK (Hrsg) (1989) Handbuch der HPLC. Teil 1 Leitfaden für Anfänger und Praktiker. GIT Verlag, Darmstadt

AFP ▶ a1-Fetoprotein

Affinitätselektrophorese R. Westermeier

AFS

Englischer Begriff affinity electrophoresis

▶ Atomfluoreszenzspektrometrie ▶ Fluoreszenzspektrometrie/-spektroskopie

A

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Ag

Ag

Agaropektin

▶ Silber

▶ Agar

Agarose AG/AK-Reaktion ▶ Äquivalenzbereich

▶ Agar

Agarose-Elektrophorese Agar

▶ Agarosegelelektrophorese

T. Arndt

Agarosegelelektrophorese Synonym(e) Agar-Agar R. Westermeier Englischer Begriff agar (agar) Definition Hauptsächlich aus den Agarozyten von Algen des Pazifiks, der Indischen und Japanischen See extrahierter Polysaccharidkomplex. Beschreibung Agar ist in kaltem Wasser wenig, in heißem Wasser langsam unter Bildung einer zähen Flüssigkeit, ab einer Konzentration von 1 % (w/v) unter Bildung eines Gels, löslich. Aufgrund dieser Eigenschaft findet Agar vielfältige Anwendungen in der Lebensmittel-, Kosmetik- und Pharmaindustrie, aber auch als technischer Werkstoff, z. B. als Oberflächenschutzkomponente. Agar kann in einen neutralen, gelierenden Anteil, die Agarose, und eine sulfatierte, nicht gelierende Fraktion, das Agaropektin, getrennt werden. Agar(ose) wird in der klinischen Chemie als Träger oder Bestandteil von ▶ Elektrophorese-Gelen verwendet, in der Mikrobiologie als Nährboden für Mikroorganismen.

Literatur The MERCK Index (2006) 15. Aufl. MERCK Co., Inc. Whitehouse Station

Agar-Agar ▶ Agar

Synonym(e) Agarose-Elektrophorese Englischer Begriff agarose gel electrophoresis; agarose electrophoresis Definition Verfahren zur Auftrennung von geladenen Substanzen, z. B. Proteinen oder Nukleinsäuren, im elektrischen Feld. Dabei verwendet man Agarosegel als stabilisierendes Medium. Wegen der unterschiedlichen Ladungen und/oder Molekülgrößen ergeben sich unterschiedliche Wanderungsgeschwindigkeiten der Probenbestandteile; es bilden sich Zonen der Einzelsubstanzen aus. Physikalisch-chemisches Prinzip Das Polysaccharid Agarose wird aus roten Meeresalgen gewonnen, wobei geladene Agaropektinanteile so weit wie möglich entfernt werden. Mit abnehmendem Anteil an Sulfat- und Carboxylgruppen steigt die Trennqualität. Die Porengrößen der Gele werden durch den prozentualen Anteil an Agarose in der Gießlösung definiert. Die entsprechende Menge an Agarosepulver (je nachdem 0,5–1 %) wird mit dem – meist basischen – Elektrophoresepuffer aufgekocht und vermischt. Das heiße Sol wird in eine Glaskassette pipettiert oder auf einer Glasplatte ausgegossen. Beim Abkühlen entsteht eine Gelschicht mit guter mechanischer Stabilität. Normalerweise wird ein basischer Puffer um pH 8 verwendet, die Moleküle sind dann negativ geladen und wandern zur Anode. Proteine, deren isoelektrische Punkte (s. ▶ isoelektrischer Punkt) höher sind als der pH-Wert des

Agarosegelelektrophorese

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Puffers, wandern in Richtung Kathode. Zur Beobachtung der ▶ Elektrophorese werden geladene Farbmarker zur Probe hinzugemischt: Bromphenolblau für Proteine, Xylencyanol für Nukleinsäuren. Agarosegele üben auf Proteine fast keine, auf Nukleinsäurefragmente aber hohe Siebwirkung aus. Bei der elektrophoretischen Wanderung von Proteinen ist die Mobilität daher abhängig vom Ladungszustand, bei der Trennung von Nukleinsäuren von der Molekülgröße. Im Allgemeinen werden Agarosegele in Horizontalapparaturen verwendet. Fertige Agarosegele für Proteine sind meist auf eine Trägerfolie aufpolymerisiert und lassen sich auf einfache Weise in die Trennkammer einlegen (Abb. 1). Die Proteinproben werden entweder über Lochmasken appliziert, oder man erzeugt beim Gießen der Gele Probenschlitze mithilfe eines „Kammes“. Nukleinsäuren werden über Probenschlitze aufgetragen. Die Trennzeiten für Proteine sind aufgrund der nichtrestriktiven Wanderung relativ kurz, meist weniger als eine Stunde. Bei Nukleinsäuren hingegen ergeben sich häufig Trennzeiten von mehreren Stunden. Weil Agarosegele stets noch Reste von geladenen Sulfat- und Carboxylgruppen enthalten, werden Agarosegele für Nukleinsäurentrennungen mit einer Pufferschicht bedeckt (Abb. 1). Dies verhindert das partielle Austrocknen des Gels wegen ▶ Elektroendosmose. Der Nachweis von Proteinzonen erfolgt über Amidoschwarz-, Coomassieblau- oder Silberfärbung. Für Lipoproteine gibt es spezielle Farbstoffe wie Sudanschwarz. Nukleinsäuren werden mit Ethidiumbromid oder SYBRGreen nachgewiesen. Die gefärbten Proteinzonen werden mit einem ▶ Densitometer optisch vermessen. Damit kann man die Zonen quantifizieren und Rückschlüsse auf bestimmte Erkrankungen ziehen. Einsatzgebiet ▶ Serumprotein-Elektrophorese. Mit der differenziellen Elektrophorese von Liquor und Serumproteinen werden oligoklonale IgGs detektiert (▶ Liquor-Agarosegelelektrophorese). Mit der Hämoglobinelektrophorese werden abnorme Hämoglobinvarianten

Agarosegelelektrophorese von Proteinen Trennrichtung

Agarosegel auf Trägerfolie

detektiert. Bei der Urinproteinelektrophorese werden aufgrund der Proteinmuster Proteinurien in tubuläre, glomeruläre und gemischte klassifiziert. Die Isoenzyme der ▶ Kreatinkinase, ▶ Laktatdehydrogenase und der alkalischen Phosphatase (▶ Phosphat, ▶ Phosphatase, alkalische) aus Serum werden in Agarosegelen aufgetrennt und mit spezifischen aktiven Färbungen detektiert. Die Nukleinsäurenelektrophorese wird weniger im Routinelabor, aber vermehrt in Zentrallaboratorien von Kliniken zur DNA-Fragmentanalyse, z. B. zur Typisierung von Mikroorganismen, Genetik, Forensik, durchgeführt. Untersuchungsmaterial Seren, konzentrierte Liquores und konzentrierte Sammelurine. Für Agarosegelelektrophoresen von Nukleinsäuren werden mit PCR amplifizierte DNA-Fragmente appliziert. Instrumentierung Proteinelektrophorese: • • • •

Elektrophoresekammer Stromversorger Färbeschalen Densitometer Nukleinsäurenelektrophorese:

• • • • •

Elektrophoresekammer Stromversorger Färbeschalen UV-Leuchttisch Polaroid, Digitalkamera oder Videoimager

Spezifität Die mit allgemeinen Proteinfärbetechniken detektierten Banden werden durch ihre Position im typischen Elektrophoresemuster im ▶ Elektropherogramm und ▶ Densitogramm identifiziert. Dies basiert auf Erfahrungswerten. Höhere Spezifität erreicht man durch immunologische Nachweise oder Enzymnachweise mit Substratlösungen im Gel.

Agarosegelelektrophorese von Nukleinsäuren

Probe Puffer

Trennrichtung

Probe

Puffer

Agarosegel

Agarosegelelektrophorese, Abb. 1 Schematische Darstellung von Elektrophoresekammern für Agarosegelelektrophoresen von Proteinen und Nukleinsäuren

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Sensitivität Im Agarosegel liegt die Empfindlichkeit der ▶ Amidoschwarz-Färbung bei ca. 1 mg, der ▶ Coomassie-Färbung bei ca. 100 ng und der ▶ Silberfärbung bei ca. 1 ng pro Bande. Mit Ethidiumbromid kann man ca. 5 ng DNA nachweisen, SYBRGreen hat etwa die zehnfache Empfindlichkeit. Fehlermöglichkeit Bei der Selbstherstellung von Agarosegelen bestehen viele Fehlerquellen, wie z. B. falsches Einwiegen von Agarosepulver, Verwenden von Agarose mit falscher Elektroendosmose oder zu hohem Wasseranteil, zu kurzes Aufkochen, mechanische Belastung der Agarosemoleküle durch Mischer, ungleichmäßige Gelschicht, falsche Pufferzusammensetzung. Die Elektrophoreseergebnisse können dadurch erheblich in ihrer Qualität eingeschränkt bzw. sogar völlig unbrauchbar sein. Dies kann weitestgehend durch Verwendung von kommerziellen Systemen aus Fertiggelen und Pufferlösungen vermieden werden. Praktikabilität – Automatisierung – Kosten Fertiggele, Färbekits und automatisierte Elektrophoresesysteme für die klinisch-chemischen Anwendungen erleichtern den Aufwand bei der Durchführung von Elektrophoresen erheblich. Auch die Densitometersteuerungs- und -auswertungsprogramme führen zu einer höheren Qualität und Arbeitsentlastung bei der Gelauswertung.

Literatur Le Carrer D (1994) Elektrophorese & Immunfixation von Proteinen. Die Interpretation von Versuchsergebnissen mit zahlreichen Trennbeispielen. SA Sebia, Paris Martin R (1996) Elektrophorese von Nucleinsäuren. Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg

AGE

Agglutination T. Arndt

Englischer Begriff agglutination Definition Verklebung (lat. agglutinare: ankleben) oder Zusammenballung von antigentragenden Teilchen (Erythrozyten, Bakterien, Polystyrolpartikel) durch entsprechende ▶ Agglutinine. Beschreibung Führt die Reaktion zwischen antigentragenden Zellen und Antikörpern (Agglutininen) in physiologischer Kochsalzlösung ohne weitere Hilfsmittel zu einer makroskopisch sichtbaren Agglutination, spricht man von kompletter Agglutination. Müssen dagegen zusätzliche Reaktionsbedingungen angewandt werden, um die Agglutination sichtbar zu machen, spricht man von einer inkompletten Agglutination. In der Serodiagnostik ist die makroskopisch sichtbare Agglutination ein Kriterium zur Bestimmung von Blutgruppenantigenen. In der Immunologie werden Agglutinationsreaktionen in sog. Mikropartikel-verstärkten Immunoassays (z. B. Latexpartikelverstärkter ▶ Immunoassay) zum Nachweis von Proteinen eingesetzt. Die aus der Verklebung der Mikropartikel resultierende Trübung der Reaktionslösung ist der Antikörperkonzentration proportional. Diese kann so durch nephelometrische oder turbidimetrische Messverfahren quantifiziert werden.

Literatur

AGE ▶ Advanced glycation end products

Berzofsky JA, Epstein SL, Berkower IJ (1989) Antigen-antibody interactions and monoclonal antibodies. In: Paul WA (Hrsg) Fundamental immunology, 2. Aufl. Raven Press, New York Müller F (1992) Reaktionen zum Nachweis von Antikörpern und Antigenen. In: Burkhardt F (Hrsg) Mikrobiologische Diagnostik. Thieme Verlag, Stuttgart/New York, S 563–568

d-Agens ▶ delta-Antigen ▶ Hepatitis D-Virus (HDV)

Agglutinationstest K. Kleesiek, C. Götting, J. Diekmann, J. Dreier und M. Schmidt

AGE-Proteine ▶ Advanced glycation end products

Synonym(e) Direkter Antihumanglobulintest; DC; DAHG; Indirekter Antihumanglobulintest; IDC; IHAG

Aggrecan

Englischer Begriff agglutination test; direct agglutination test (DAT); indirect agglutination test (IAT) Definition Der Agglutinationstest im Kontext immunhämatologischer Untersuchungen beschreibt Reaktionen zwischen dem Antigen auf den Erythrozyten und einem korrespondierenden Antikörper, der zu einer sichtbaren Agglutination führt (Hämagglutination). Beschreibung Das Ergebnis eines positiven Agglutinationstests zeigt folgende Abbildung der Mischfeldagglutination von agglutinierten und nicht agglutinierten Erythrozyten:

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Literatur Mueller-Eckhardt C, Kiefel V (Hrsg) (2010) Transfusionsmedizin: Grundlagen – Therapie – Methodik, 3. Aufl. Springer, Berlin/Heidelberg/New York Eckstein R, Zimmermann R (2015) Immunhämatologie und klinische Transfusionsmedizin. Urban & Fischer/Elsevier Verlag

Agglutinine T. Arndt

Synonym(e) Phytohämagglutinine Englischer Begriff agglutinins Definition Antikörper, die mit bestimmten Strukturen (z. B. Oberflächenantigenen, Membranrezeptoren) korpuskulärer Antigene (Bakterien, Viren, Zellen) reagieren und eine ▶ Agglutination hervorrufen.

Die Anwendung des Agglutinationstests gehört zum Standardverfahren in der immunhämatologischen Diagnostik. Im mikroskopischen Bild sieht man in einer Suspension von Erythrozyten und Antikörpern eine schwache Agglutinationsreaktion mit ▶ Erythrozyten und frei flotierende Erythrozyten (▶ Mischfeldagglutination). Aufgrund dieses serologischen Verhaltens werden komplette (▶ Komplette Antikörper) von inkompletten Antikörpern (▶ Inkomplette Antikörper) unterschieden. Komplette Antikörper führen zu sichtbaren Agglutinationen der Erythrozyten im physiologischen Kochsalzmilieu, ohne dass zusätzliche Agenzien benötigt werden. Als inkomplett werden Antikörper bezeichnet, die an Erythrozyten binden, aber primär keine sichtbare Agglutination bewirken und dafür zusätzliche Reaktionsbedingungen erfordern. Diese zusätzlichen Reaktionsbedingungen sind unterschiedlich und dienen dem Zweck, bessere Agglutinationsreaktionen zu erzielen Dies geschieht z. B. durch die Herstellung von Erythrozytensuspensionen in einem Supplement wie ▶ LISS, den Zusatz von Albumin, Humanserum, Dextran u. a. oder mittels Vorbehandlung von Erythrozyten mit Proteinasen (Papain, Ficin, Bromelin). Die Herstellung einer diagnostisch bedeutenden Reaktionsbedingung erfolgt durch das Hinzufügen eines sekundären Antikörpers (▶ Antiglobulinserum), der zu einer sichtbaren Agglutinationsreaktion führen kann (Antihumanglobulintest).

Beschreibung Den Agglutininen ähneln in Wirkung und Proteinaufbau die aus Tieren und Pflanzen gewonnenen Hämagglutinine und Phytagglutinine, die man unter dem Oberbegriff ▶ Lektine (Phytohämagglutinine) zusammenfasst.

Literatur Berzofsky JA, Epstein SL, Berkower IJ (1989) Antigen-antibody interactions and monoclonal antibodies. In: Paul WA (Hrsg) Fundamental immunology, 2. Aufl. Raven Press, New York

Aggrecan H.-D. Haubeck

Synonym(e) Proteoglykan des Knorpels, großes aggregierendes Englischer Begriff aggrecan; large aggregating proteoglycan of cartilage (PG-LA) Definition Aggrecan ist das große Chondroitinsulfat-/Keratansulfat-Proteoglykan des Knorpels, das mit Hyaluronan umfangreiche Aggregate bildet.

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Beschreibung Aggrecan gibt einer Familie von großen modular aufgebauten Chondroitinsulfat-Proteoglykanen den Namen, zu der neben Aggrecan auch Versican, Neurocan und Brevican gehören. Aggrecan wird überwiegend im Knorpel exprimiert, Versican in zahlreichen Geweben (u. a. in der Wand von Blutgefäßen) und Neurocan sowie Brevican fast ausschließlich im Zentralnervensystem. Die Mitglieder der Aggrecan-Familie besitzen eine ähnliche Grundstruktur mit einer N-terminalen globulären Domäne (G1-Domäne), einer C-terminalen globulären Domäne (G3-Domäne) und einer zwischen der G1- und G3-Domäne gelegenen stabförmigen Domäne, die zahlreiche Chondroitinsulfat-(CS-)Glykosaminoglykanketten (CS-Domäne; ▶ Chondroitinsulfat-Dermatansulfat-Proteoglykane) trägt. Das Coreprotein des Aggrecans besitzt eine Molmasse von etwa 250 kDa und unterscheidet sich strukturell von den anderen Proteoglykanen durch 3 zusätzliche Domänen, die zwischen der G1- und CS-Domäne liegen. Neben der N-terminalen interglobulären Domäne (IGD) sind dies eine zweite globuläre Domäne (G2) und die C-terminale Keratansulfat-(KS-)reiche Domäne (▶ Keratansulfat-Proteoglykane), die bis zu 60 KS-Ketten tragen kann. Die G1-Domäne ist für die Bindung des Aggrecans an Hyaluronan verantwortlich. Diese Bindung wird durch das mit der G1-Domäne homologe Linkprotein stabilisiert. Damit wird die Ausbildung großer Hyaluronan-Aggrecan-Komplexe ermöglicht, die für die biomechanischen Eigenschaften des Knorpels verantwortlich sind. In der IGD liegen die Hauptangriffspunkte für die proteolytischen Enzyme aus der Familie der ▶ Matrix-Metalloproteinasen (MMP) und vor allem der ▶ Disintegrin-Metalloproteinasen (ADAMTS bzw. ▶ Aggrecanase). Die CS-reiche Domäne, in der bis zu 100 CS-Ketten (je ca. 20 kDa) kovalent an das Coreprotein gebunden sind, prägt u. a. durch die hohe Wasserbindungsfähigkeit der CS-Ketten entscheidend die biochemischen und funktionellen Eigenschaften des Aggrecans. Aggrecan und Kollagen Typ II bilden die wichtigsten Bestandteile des Knorpels und machen zusammen etwa 90 % des Trockengewichts des Knorpels aus. Während das Kollagennetzwerk für die Zugfestigkeit des Knorpels notwendig ist, sind die in dieses Netzwerk eingelagerten Aggrecan-Hyaluronan-Komplexe über ihre extreme Wasserbindungsfähigkeit für die Druckfestigkeit und Elastizität des Knorpels verantwortlich. Im Rahmen von entzündlichen und degenerativen Gelenkerkrankungen wird Aggrecan durch die Matrix-Metalloproteinasen, vor allem aber durch die Aggrecanasen abgebaut. Die entstehenden Aggrecan-Fragmente werden in die Synovialflüssigkeit und z. T. auch ins Serum freigesetzt. Dementsprechend eignen sich Fragmente des Aggrecans als Marker für das Ausmaß der Knorpelschädigung bzw. der Gelenkdestruktion bei diesen Erkrankungen. Wichtig ist hierbei die Differenzierung gegenüber Fragmenten, die im Rahmen des normalen Turnover aus dem Knorpel entstehen,

Aggrecanase

d. h. nicht aus den betroffenen Gelenken stammen, sondern z. B. aus Trachealknorpel, Rippenknorpel und dem Knorpel der Zwischenwirbelscheiben. Dementsprechend ist Chondroitinsulfat (CS) mit Ausnahme des CS846-Epitops der CS-Ketten angesichts seiner weiten Verbreitung (nicht nur im Knorpel; s. o.) hierfür weniger geeignet. Der Knorpelabbau bei Oesteoarthritis führt zu einer verstärkten Aggrecansynthese und insbesondere zu einer gesteigerten Expression des CS846-Epitops im Gelenkknorpel sowie zu erhöhten Konzentrationen in der Synovialflüssigkeit und z. T. auch im Serum. Für die Messung der Konzentration des CS846-Epitops ist ein kommerzieller ▶ Immunoassay verfügbar. Keratansulfat kommt fast ausschließlich im Knorpel vor und ist insbesondere beim Einsatz von Antikörpern gegen gelenkspezifische Keratansulfatepitope als Marker der Knorpelschädigung geeignet. In der Synovialflüssigkeit betroffener Gelenke und im Serum wurden dementsprechend erhöhte Konzentrationen von Keratansulfat nachgewiesen. Vielversprechend sind außerdem neue Immunoassays mit Antikörpern gegen spezifische Neoepitope, die durch die Spaltung des Aggrecan-Coreproteins durch die Aggrecanasen entstehen. Diese Immunoassays sind momentan noch nicht kommerziell verfügbar.

Literatur Fischer DC, Kolbe-Busch S, Stöcker G et al (1994) Development of enzyme immuno assays for keratan sulphate- and core-protein epitopes of the large aggregating proteoglycan from human articular cartilage. Eur J Clin Clin Biochem 32:285–291 Kiani C, Chen L, Yj W et al (2002) Structure and function of aggrecan. Cell Res 12:19–32 Lark MW, Bayne EK, Flanagan J et al (1997) Aggrecan degradation in human cartilage. Evidence for both matrix metalloproteinase and aggrecanase activity in normal, osteoarthrotic, and rheumatoid joints. J Clin Invest 100:93–106

Aggrecanase H.-D. Haubeck

Synonym(e) ADAMTS-4 Englischer Begriff aggrecanase-1; aggrecanase-2 Definition Aggrecanasen sind Metalloproteasen der ADAMTS-Familie, die das Coreprotein des großen aggregierenden Proteoglykans des Knorpels (▶ Aggrecan) spalten. Beschreibung Aggrecanasen sind Metalloproteasen der ADAMTS-(„a disintegrin-like und metalloprotease with

Agrin

thrombospondin type 1 motif“-)Familie mit aktuell 19 Mitgliedern, die mit der Familie der ADAMs (▶ DisintegrinMetalloproteinasen) verwandt ist. ADAMTS besitzen jedoch eine zusätzliche Thrombospondin-ähnliche Domäne, keine EGF-ähnliche und keine zytoplasmatische Domäne und sind daher in der Regel nicht zellmembrangebunden. Als wichtigste Aggrecanasen, die das Coreprotein des großen aggregierenden Proteoglykans des Knorpels (Aggrecan) spalten, wurden ADAMTS-4 (Aggrecanase-1) und ADAMTS-5 (Aggrecanase-2) identifiziert, geringere Aggrecanaseaktivität besitzen ADAMTS-1 und ADAMTS-9. Aggrecanasen spielen neben den ▶ Matrix-Metalloproteinasen (MMP) eine entscheidende Rolle bei der Zerstörung des Gelenkknorpels bei entzündlichen und degenerativen Gelenkerkrankungen. Aggrecan und Kollagen Typ II (▶ Kollagene) bilden die wichtigsten Bestandteile des Knorpels und machen zusammen etwa 90 % des Trockengewichts des Knorpels aus. Während das Kollagennetzwerk für die Zugfestigkeit des Knorpels notwendig ist, sind die in dieses Netzwerk eingelagerten Aggrecan-Hyaluronan-Komplexe über ihre extreme Wasserbindungsfähigkeit für die Druckfestigkeit und Elastizität des Knorpels verantwortlich. Im Rahmen von entzündlichen und degenerativen Gelenkerkrankungen wird durch die Aggrecanasen zunächst Aggrecan abgebaut, das durch seine zahlreichen Chondroitinsulfat- und Keratansulfat-Ketten (wahrscheinlich durch räumliche bzw. sterische Inhibition) Kollagen Typ II vor dem Angriff der MMP schützt. Dementsprechend lässt sich in experimentellen Modellen die Knorpeldegradation durch spezifische Inhibitoren der ADAMTS hemmen. Dieser neue therapeutische Ansatz für die Osteoarthrose und wahrscheinlich auch für entzündliche Gelenkerkrankungen wird momentan untersucht. Neoepitope des Aggrecan-Coreproteins, die an den spezifischen Aggrecanase-Schnittstellen erzeugt werden, lassen sich mit spezifischen Antikörpern nachweisen und eignen sich damit grundsätzlich als neue spezifische Marker der Knorpelschädigung bei entzündlichen und degenerativen Gelenkerkrankungen. ADAMTS-1 und ADAMTS-4 sind an der Degradation von 2 weiteren Mitgliedern der Aggrecan-Genfamilie, d. h. Versican in den Blutgefäßen und Brevican im Zentralnervensystem, beteiligt.

Literatur Malfait AM, Lui RQ, Ijiri K et al (2002) Inhibition of ADAM-TS4 and ADAM-TS5 prevents aggrecan degradation in osteoarthritic cartilage. J Biol Chem 277:2201–2208 Lark MW, Bayne EK, Flanagan J et al (1997) Aggrecan degradation in human cartilage. Evidence for both matrix metalloproteinase and aggrecanase activity in normal, osteoarthrotic, and rheumatoid joints. J Clin Invest 100:93–106

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AGNA ▶ Autoantikörper gegen Gliazell-Nuclei

Agrin H.-D. Haubeck

Englischer Begriff agrin Definition Agrin, ein Basalmembran-assoziiertes Heparansulfat-Proteoglykan, spielt eine wichtige Rolle bei der Organisation und Funktion der neuromuskulären Endplatte und ist an der Pathogenese der Muskeldystrophien beteiligt. Beschreibung Agrin ist ein Heparansulfat-Proteoglykan (▶ Heparansulfat-Proteoglykane), das eine entscheidende Rolle für die Ausbildung der neuromuskulären Endplatte spielt. Die von Neuronen und Muskelzellen gebildeten unterschiedlichen Splice-Formen des Agrins besitzen verschiedene Funktionen. Muskelspezifische Agrin-Isoformen führen nicht zur Aggregation von Acetylcholinrezeptoren (AChR), sondern tragen zur Differenzierung der Nervenendigung bei, während das neuronale Agrin eine Aggregation („clustering“) der AChR in der Muskelzellmembran bewirkt, an der eine Muskelzell-spezifische Kinase (MUSK) beteiligt ist. Dabei wird MUSK zusammen mit den AChR, Rapsyn, dem Dystrophin-assoziierten Glykoproteinkomplex und weiteren Komponenten zu einem großen multimolekularen Komplex zusammengefügt. Agrin verankert diesen makromolekularen Komplex über die Interaktion mit Laminin 2 fest in der Basalmembran der Synapsen. Agrin bindet andererseits hochaffin a-Dystroglykan und damit über den Dystrophin-assoziierten Proteinkomplex an das Zytoskelett. Die verschiedenen Formen der angeborenen Muskeldystrophie werden durch Mutationen im Dystrophingen oder in Genen der anderen Komponenten dieses makromolekularen Komplexes verursacht, z. B. im Laminin-2-Gen, das die wichtigste im Muskel exprimierte Lamininisoform kodiert. Bei der Myasthenia gravis, einer Autoimmunerkrankung, führen Antikörper gegen die neuromuskuläre Endplatte zu deren Schädigung, einer Verminderung der Zahl der AChR und einer Beeinträchtigung ihrer Funktion und letztlich zur Muskelschwäche. Bei ca. 80 % der Patienten sind die Autoantikörper gegen die AChR gerichtet, bei einem Teil der verbleibenden Patienten gegen MUSK und bei den restlichen Patienten möglicherweise gegen Agrin. Neben der Bedeutung von Agrin für die Bildung der neuromuskulären Endplatte spielt Agrin eine wichtige Rolle in

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weiteren Basalmembranen und wird u. a. auch in der Basalmembran von Blutgefäßen, der Niere und der Lunge exprimiert. In der glomerulären Basalmembran ist Agrin an der Kontrolle der größen- und ladungsabhängigen Filtrationsfunktion beteiligt. Die Schädigung von Agrin bei Nierenerkrankungen führt zur Proteinurie (▶ Proteine im Urin). Ob der Nachweis von Agrinfragmenten im Urin für die Differenzialdiagnostik von Nierenerkrankungen Bedeutung besitzt, ist noch nicht geklärt.

Adrenogenitales Syndrom-Screening

AHG ▶ Antiglobulinserum

Ahonen-Antigen ▶ Gerbich-(GE-)Blutgruppensystem

Literatur Moll J, Barzaghi P, Lin S, Bezakova G, Lochmuller H, Engvall E, Muller U, Ruegg MA (2001) An agrin minigene rescues dystrophic symptoms in a mouse model for congenital muscular dystrophy. Nature 413:302–307 Raats CJ, Bakker MA, Hoch W, Tamboer WP, Groffen AJ, van den Heuvel LP, Berden JH, van den Born J (1998) Differential expression of agrin in renal basement membranes as revealed by domain-specific antibodies. J Biol Chem 273:17832–17838

AHS ▶ a2-HS-Glykoprotein

A(2)HS ▶ a2-HS-Glykoprotein

Adrenogenitales Syndrom-Screening ▶ 17-Hydroxyprogesteron, Bestimmung aus Trockenblut

A2HS ▶ a2-HS-Glykoprotein

AGS-Screening ▶ 17-Hydroxyprogesteron, Bestimmung aus Trockenblut

AHSG ▶ a2-HS-Glykoprotein

AH 10 ▶ Komplementsystem, Globalteste

AIDS-Virus ▶ HIV-1 und -2

AH 50 ▶ Komplementsystem, Globalteste

AIHA ▶ Autoimmunhämolytische Anämie

AH 100

AIRE

▶ Komplementsystem, Globalteste

▶ Autoimmun-Regulator

Akanthozyten im Urin

AK ▶ Antikörper

Akanthozyt ▶ Stechapfelzelle

Akanthozyten als Sonderform dysmorpher Erythrozyten ▶ Dysmorphe Erythrozyten im Urin

Akanthozyten im Urin W. G. Guder

Synonym(e) Dysmorphe Erythrozyten Englischer Begriff acanthocytes Definition Bezeichnung für eine Erythrozytenform mit zapfenförmigen Ausstülpungen (s. Abbildung), die für renale Hämaturie typischste Form des dysmorphen Erythrozyten im Urin (▶ Dysmorphe Erythrozyten im Urin). Die Abbildung zeigt Akanthozyten im Harnsediment (Pfeile), a rasterelektronenmikroskopisch, b Phasenkontrastmikroskopie (mit freundlicher Genehmigung von Prof. Dr. W. Hofmann, München):

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Passage von ▶ Erythrozyten durch die Niere. Durch Auflagerung von Tamm-Horsfall-Protein in den dicken aufsteigenden Schenkeln der Henle-Schleife werden die Ladung und damit die Form der Erythrozytenmembran in Abhängigkeit von der Osmolalität verändert. So bilden sich bei der Passage durch das Sammelrohr während der Konzentrierung des Urins die typischen Formen mit einzelnen oder mehrfachen Ausstülpungen aus. Gegen die Vorstellung, dass diese Form der Dysmorphie während der Passage von Erythrozyten durch die Glomeruli entsteht, spricht die Beobachtung, dass die Dysmorphie bei der Anwendung von Schleifendiuretika verschwindet. Untersuchungsmaterial – Entnahmebedingungen Spontanurin am Vormittag, der als Mittelstrahlurin gewonnen wird. Probenstabilität Akanthozyten sind entgegen allgemeiner Lehrmeinung bei hypertonen Urinen über 24 Stunden bei Raumtemperatur und gekühlt, aber nicht eingefroren, stabil. Präanalytik 10 mL Mittelstrahlurin werden bei 400 g für 5 Minuten zentrifugiert, 95 % des Überstandes dekantiert und der Rest nach Aufschütteln zur Untersuchung verwendet. Analytik Akanthozyten werden im ▶ Harnsediment mit Phasenkontrastmikroskopie bei 400-facher Vergrößerung gesucht und in % von 100 Erythrozyten (10–20 Gesichtsfelder) quantifiziert. Die Analyse von dysmorphen Erythrozyten mit durchflusszytometrischen (z. B. UF 50 und UF 100 der Fa. Sysmex) und mechanisierter digitaler Bilderfassung (z. B. iQ 10, 100 und 200 der Fa. Iris) bieten die Möglichkeit, die Anwesenheit dysmorpher Erythrozyten qualitativ zu erfassen. Bei den Geräten von Iris (iQ 200) besteht die Möglichkeit, diese Zellen im Bildschirm zu sehen und zu quantifizieren. Bei den Geräten von Sysmex kann die Meldung mit der UDFassung quantifiziert werden. Konventionelle Einheit Die Zahl der im Harnsediment gefundenen Akanthozyten wird halbquantitativ oder in % der Erythrozyten angegeben. Referenzbereich – Erwachsene Auch bei Normaler Erythrozyturie werden bis zu 50 % dysmorphe Erythrozyten gefunden. Bei vermehrter Zahl von Erythrozyten spricht ein Anteil von >10 % Akanthozyten für eine renale Ursache der Hämaturie.

Funktion – Pathophysiologie Akanthozyten (griech. akantha: Dorn; kythos: Höhlung, Zelle) entstehen bei der tubulären

Indikation Abklärung der Ursache einer teststreifenpositiven Hämaturie, falls diese nicht durch andere Symptome oder Verfahren klärbar ist.

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Interpretation Ein Anteil über 10 % Akanthozyten spricht bei erhöhter Erythrozytenzahl im Urin für eine renale Ursache der Hämaturie. Diagnostische Wertigkeit Die diagnostische Wertigkeit wird von den Autoren verschiedener Studien unterschiedlich beurteilt. Während erfahrene nephrologische Anwender den Wert hoch schätzen (diagnostische Spezifität 99 %, ▶ Spezifität, diagnostische; diagnostische Sensitivität 43 %, ▶ Sensitivität, diagnostische), wird in urologischen Kreisen wegen des Überwiegens postrenaler Ursachen der Hämaturie von einer niedrigen Wertigkeit gesprochen. Dies mag mit der für die Diagnostik notwendigen Erfahrung und dem hohen Zeitaufwand für die mikroskopische Quantifizierung zusammenhängen, die mit einer hohen Streuung belastet ist.

AKBR

angeschlossen. Die ALM organisiert Fortbildungs- und Fokusveranstaltungen sowie Symposien zu aktuellen labormedizinischen und gesundheitspolitischen Themen. Adresse: Akkreditierte Labore in der Medizin-ALM e.V. Europaplatz 2 D-10557 Berlin Tel.: 030-408192302 Fax: 030-408192450 E-Mail: [email protected], kontakt alm-ev.de Internet: www.alm-ev.de

Akkreditierung Literatur

U. Zimmermann und A. Steinhorst

Köhler H, Wandel E, Brunck B (1991) Acanthocyturia – a characteristic marker of glomerular bleeding. Kidney Int 40:115–120 Schütz E, Schaefer RM, Heidbreder E et al (1985) Effect of diuresis on urinary erythrocyte morphology in glomerulonephritis. Klin Wochenschr 63:575–577

Englischer Begriff accreditation (of conformity assessment bodies)

AKBR ▶ Ketonkörper-Ratio, arterielle

Akkreditierte Labore in der Medizin e.V.

Definition Bestätigung durch eine dritte Stelle, dass eine Konformitätsbewertungsstelle festgelegte Anforderungen erfüllt und kompetent ist, bestimmte Konformitätsbewertungsaufgaben (s. ▶ Konformitätsbewertung) durchzuführen. Beschreibung Die formale Anerkennung der Kompetenz der ▶ Konformitätsbewertungsstelle wird durch eine Akkreditierungsstelle erteilt. Ein Beispiel ist die Akkreditierung von Laboratorien nach der DIN EN ISO/IEC 17025 oder DIN EN ISO 15189. Dabei steht die Anerkennung der technischen (fachlichen) Kompetenz im Mittelpunkt bezogen auf bestimmte Untersuchungen oder Untersuchungsarten.

A. M. Gressner und O. A. Gressner

Literatur Synonym(e) ALM Definition Die ALM ist ein Berufsverband akkreditierter Labor-MVZs (medizinische Versorgungszentren), die sich an der labordiagnostischen Versorgung der kassenärztlichen und privaten Patienten beteiligen (§ 2 der Satzung).

DIN EN ISO/IEC17000 (2005) Konformitätsbewertung – Begriffe und allgemeine Grundlagen. Beuth, Berlin

Akkreditierungsstelle Beschreibung Die Zielsetzungen der ALM betreffen die Sicherstellung einer qualitativ hochwertigen labordiagnostischen Versorgung in Zusammenarbeit mit niedergelassenen Ärzten und Klinikärzten unter Wahrung verbindlicher Qualitätsstandards und ethischer Normen der ärztlichen Leistungserbringung. Gegenwärtig sind 9 Großlaboratorien mit ca. 150 medizinischen Laboren und über 400 Fachärzte und 300 Naturwissenschaftler sowie zahlreichen weiteren Mitarbeitern

U. Zimmermann und A. Steinhorst

Englischer Begriff accreditation body Definition Bevollmächtigte Stelle, die eine ▶ Akkreditierung durchführt.

Aktivität, molale

Beschreibung Akkreditierungsstellen bewerten die Kompetenz von Konformitätsbewertungsstellen (s. ▶ Konformitätsbewertungsstelle). Sie können den Handel erleichtern durch Förderung der globalen Anerkennung akkreditierter Konformitätsbewertungsstellen auf der Basis gegenseitiger Anerkennungsvereinbarungen zwischen den Akkreditierungsstellen. Die Anforderungen an Akkreditierungsstellen sind in der DIN EN ISO/IEC 17011 „Allgemeine Anforderungen an Stellen, die begutachten und akkreditieren“ festgelegt. Akkreditierungsstellen, die die gegenseitige Anerkennungsvereinbarung (Mutual Recognition Arrangement) mit ILAC (International Laboratory Accreditation Cooperation) unterzeichnet haben, erfüllen nachweislich die Anforderungen der DIN EN ISO/IEC 17011.

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vs. Arbeitsgemeinschaft medizinischer Laboratorien). Allerdings verhindern Verbindungen vieler Akronyme mit Dimensionsangaben, Einheiten, Messwerten eine fehlerhafte Zuordnung bzw. Fehlinterpretation eines Akronyms.

Literatur Rolf H Lexikon medizinisch-wissenschaftlicher Akronyme, 4. Aufl. ISBN 3794518438, Schattauer Verlag

Aktionen O. Colhoun

Literatur DIN EN ISO/IEC 17000:2005 „Konformitätsbewertung – Begriffe und allgemeine Grundlagen“ DIN EN ISO/IEC 17011:2005 „Allgemeine Anforderungen an Akkreditierungsstellen, die Konformitätsbewertungsstellen akkreditieren“

Synonym(e) Formeln Englischer Begriff actions Definition Logische Operationen im Laborinformationssystem aufgrund eingegebener oder berechneter Werte.

Akronyme in Klinischer Chemie und Laboratoriumsmedizin A. M. Gressner und O. A. Gressner

Synonym(e) Abkürzungen; Kurzbegriffe Englischer Begriff acronym Definition National und teilweise international gebräuchliche Kurzbegriffe/Abkürzungen in der Laboratoriumsmedizin.

Beschreibung. In der ▶ Labor-EDV können aufgrund der Eingabe eines Messwerts Aktionen ausgeführt, bestimmte Kommentare erzeugt, zusätzliche Verfahren generiert bzw. gelöscht oder auch aufgrund der vorhandenen Ergebnisse Werte berechnet werden. Beispiele: Berechnung (s. ▶ Berechnungen) der Kreatininclearance nach Erfassung der Werte für Körpergröße, Gewicht, Urinsammelmenge und -dauer sowie Kreatininkonzentration in Serum und Urin; Abrechnung des Höchstwerts für eine GOÄ-Ziffer, obwohl der Auftrag eine höhere Anzahl durchgeführter Analysen enthält. Querverweise ▶ Automatismen

Beschreibung ᅟ In Fachliteratur und Kommunikation werden auch im Bereich der Laboratoriumsmedizin/Klinischen Chemie eine Vielzahl von Akronymen verwendet, die sich auf folgende Beispiele beziehen: Analytische Methoden und Messgrößen (z. B. AAS, EIA, EMIT, ELISA, ISE, MS), Kenngrößen (Hb, MCV, MCHC, AST, GOT, ALT, GPT, LDL, HDL), Reagenzlösungen (PBS, EDTA, TCA), Krankheitsbilder (AIDS, MS), Fachgesellschaften (AML, DGKL, VDGH, DGTI) u. v. a. Auch wenn die Nutzung von Akronymen die Kommunikation technisch und zeitlich sehr erleichtert, ist die Gefahr der Doppeldeutigkeit zu beachten, wenn die Kurzbegriffe aus einem Zusammenhang entfernt werden (z. B. MS = Massenspektrometrie vs. multiple Sklerose, MCV = „mean corpuscular volume“ vs. mutiertes citrulliniertes Vimentin, AML = akute myeloische Leukämie

Aktionsgrenze ▶ Kontrollgrenze

Aktivität eines Enzyms ▶ Enzymaktivität

Aktivität, molale ▶ Elektrolyte

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Aktivitätskoeffizient

▶ Audit-Trail

lung), chemische Noxen, Ischämie, Traumen, Operationen, bakterielle Toxine (z. B. Endotoxine, LPS) oder Autoimmunbzw. Immunkomplexprozesse sein. Die überwiegend durch Makrophagen-Aktivierung freigesetzten Mediatoren wie ▶ Interleukin-6 (IL-6), ▶ Tumornekrosefaktor-a (TNF-a) und ▶ Interleukin-1 induzieren in Gegenwart von Glukokortikoiden (▶ Kortisol, ▶ Kortikosteroide) eine transkriptionelle Expressionssteigerung der positiven APP und eine Verminderung der negativen APP (Abb. 1). Expressionsstärke, Sekretionsund Eliminationskinetik, funktionelle Bedeutung und diagnostische Wertigkeit der einzelnen APP sind unterschiedlich.

Aktuelles Bikarbonat

Einteilung der APP in positive (Anstieg) und negative (Abfall) APP. Die Zahl positiver APP ist wesentlich höher als die der negativen APP, deren Konzentration bei AkuterPhase-Reaktion vermindert ist:

Aktivitätskoeffizient ▶ Elektrolyte

Aktivitätsprotokoll

▶ Bikarbonat, aktuelles im Plasma

Akute-Phase-Antwort ▶ Akute-Phase-Reaktion

Akute-Phase-Proteine A. M. Gressner und O. A. Gressner

Synonym(e) Akute-Phase-Reaktanten; APP Englischer Begriff acute-phase proteins; acute-phase reactants Definition APP sind eine Gruppe von in der Leber (Hepatozyten) synthetisierten Plasmaproteinen, deren Konzentrationen um mindestens 25 % ansteigen (positive APP) oder abfallen (negative APP) innerhalb der ersten 7 Tage nach Beginn einer Entzündung oder Gewebeschädigung. Beschreibung APP sind Ausdruck einer unspezifischen systemischen Reaktion (▶ Akute-Phase-Reaktion) des Körpers auf Störungen seiner Homöostase in Form von Entzündungen durch Infektionen, Gewebeschädigungen, Neoplasien und Immunopathien. Die entzündungsauslösenden Ursachen können Infektionserreger (Bakterien, Viren, Pilze, Parasiten etc.), physikalische Ursachen (Wärme, Kälte, energiereiche Strah-

(+) Positive APP Komplementfaktoren - C3 - C4 - C9 - Faktor B - C1-Inhibitor - C4b-Bindungsprotein Gerinnungs- und Fibrinolysefaktoren - Fibrinogen - Plasminogen - Tissue-Plasminogen-Aktivator (TPA) - Urokinase - Protein S - Plasminogen-Aktivator-Inhibitor (PAI) Antiproteinasen - a1-Antitrypsin (a1-Proteinaseinhibitor) - a1-Antichymotrypsin - Inter-a-Trypsininhibitor Transportproteine - Coeruloplasmin - Haptoglobin - Hemopexin Entzündungsfaktoren - Phospholipase A2 - Lipopolysaccharid-Bindungsprotein (LPB) - Interleukin-1-Rezeptor-Antagonist - Granulocyte colony stimulating factor (GCSF) Verschiedene Proteine - C-reaktives Protein (CRP) - Ferritin - Serum-Amyloid A (SAA) - a1-saures Glykoprotein (Orosomukoid) - Fibronectin - Angiotensinogen - Hepcidin

() Negative APP - Albumin - Transferrin - Transthyretin (Präalbumin) - a2-HS-Glykoprotein - a1-Fetoprotein - ThyroxinBindungsglobulin - Insulin-like growth factor I - Faktor XII

Expressionsstärke, Sekretions- und Eliminationskinetik der positiven APP Hinsichtlich des Konzentrationsanstieges und der Reaktionszeit lassen sich 3 Gruppen von APP

Akute-Phase-Proteine

49

A

Akute-Phase-Proteine, Abb. 1 Produktion von Akute-Phase-Proteine in Hepatozyten. jak, Januskinasen; STAT, signal transducers and activators of transcription

Akute-Phase-Proteine, Tab. 1 Einteilung der wichtigsten Proteine der Akute-Phase-Reaktion Gruppe (Reaktionsstärke) I (sehr stark)

II (mittel)

III (schwach)

Proteine C-reaktives Protein Serum-Amyloid-A-Protein (SAA) a1-Antichymotrypsin a1-Antitrypsin a1-saures Glykoprotein Haptoglobin Fibrinogen C3 C4 Coeruloplasmin

Konzentrationen (g/L) normal 45 Jahre hinsichtlich des Vorliegens eines kolorektalen Karzinoms • Ergänzende Untersuchung zur Differenzialdiagnose bei symptomatischen Patienten Trotz der relativ geringen Sensitivität, Spezifität und dem niedrigen positiv prädiktiven Wert hat sich gezeigt, dass die konsequente Vorsorge durch den Hämoccult-Test, alleine oder im Wechsel mit einer Sigmoidoskopie, die Mortalität des Kolonkarzinoms bei gleichzeitiger Kosteneffektivität gesenkt werden kann. Dabei wird der Hämoccult-Test als Voruntersuchung zu weiterführender endoskopischer Diagnostik angewendet. Bei einer Blutbeimengung von mehr als 30 mL in der 24-Stunden-Stuhlmenge sind etwa 90 % der Untersuchungen positiv. Differenzialdiagnostisch sind allerdings u. a. Hämorrhoiden, Analfissuren, Polypen, entzündliche Erkrankungen des Gastrointestinaltrakts, andere Ursachen einer gastrointestinalen Blutung und Menstruationen zu berücksichtigen. Falsch positive Befunde können außerdem durch das Nichteinhalten von Diätvorschriften (z. B. rohes Fleisch, Meerrettich, Broccoli, Blumenkohl, Leber, Rettich, Radieschen, Bananen, Kirschen, Eisen und Iod), durch die Einnahme potenziell blutungsfördernder Medikamente (z. B. Azetylsalizylsäure, Glukokortikoide, nichtsteroidale Antiphlogistika, Antirheumatika oder Cumarinderivate) sowie eine Eisentherapie verursacht werden. Falsch negative Resultate erhält man unter anderem durch die Einnahme von Vitamin-C-Präparaten sowie verschiedenen Fruchtsäften. Neue Parameter wie die Messung des HämoglobinHaptoglobin-Komplexes (▶ Hämoglobin-Haptoglobin-Komplex im Stuhl) können möglicherweise diese Limitationen überwinden. Tumorspezifischere Marker wie die Bestimmung von DNA-Veränderungen abgeschilferter epithelialer Zellen im Stuhl können potenziell die Spezifität für die Screeninguntersuchungen verbessern. Mit der Aufnahme des immunologischen Tests auf fäkales Blut (iFOB-Test, s. ▶ Okkultblut, fäkales) in das kassenärztliche Leistungsspektrum steht ein zum Guaiac-Test spezifischeres Verfahren allgemein zur Verfügung und wird letzteren vollständig ablösen.

Hämoglobin

1045

Literatur

Hämoglobins hängt dabei vor allem von der Sauerstoffspannung ab. Das Sauerstoffbindungsvermögen ist abhängig von der Art des variablen Kettenpaars der Hämoglobine sowie von der Konzentration von CO2, H+, 2,3-Diphosphorglyzerinsäure sowie der Temperatur.

John M, Schmidt-Gayk H (2008) Okkultes Blut im Stuhl. In: Thomas L (Hrsg) Labor und diagnose. Indikation und Bewertung von Laborbefunden für die medizinische Diagnostik, 7. Aufl. TH-Books, Frankfurt am Main, S 661–665

Untersuchungsmaterial – Entnahmebedingungen EDTABlut.

Hämodialyse ▶ Dialyse

Präanalytik Es sind keine besonderen präanalytischen Bedingungen einzuhalten. Präanalytik

Hämoglobin H. Baum

Synonym(e) Blutfarbstoff, roter Englischer Begriff hemoglobin Definition Eisenhaltiges, sauerstoffbindendes Protein der Erythrozyten mit Peroxidaseeigenschaft.

• Empfohlen wird die fotometrische Messung mit der Cyanhämiglobinmethode. Dabei werden alle im Blut nachweisbaren Hämoglobine mit Kaliumhexacyanoferrat(III) quantitativ in Cyanhämiglobin überführt und bei 546 nm gemessen. • Alternativ wird bei einigen vollautomatischen Methoden auch SLS (Natriumlaurylsulfat) zur Messung verwendet. Dabei werden normalerweise gleiche Ergebnisse erzielt. Konventionelle Einheit g/dL. Internationale Einheit mmol/L.

Struktur Tetramer aus 2 Paaren identischer Globinketten sowie 4 Hämmolekülen. Die Abbildung zeigt die tetramere Struktur des Hämoglobins HbA, innerhalb der jeweiligen Ketten ist das Sauerstoffbindende Hämmolekül dargestellt (aus: Löffler und Petrides 2006):

Umrechnungsfaktor zw. konv. u. int. Einheit g/dL = mmol/L  1,61.

Molmasse 68 kDa.

Referenzbereich – Kinder Alters- und geschlechtsabhängig, wobei Neugeborene höhere Werte bis >200 g/L haben, die aber innerhalb von 10–12 Wochen auf einen Nadir von etwa 90 g/L abfallen. Die Werte der Erwachsenen werden erst mit der Pubertät erreicht.

Synthese – Verteilung – Abbau – Elimination Hämoglobin wird ausschließlich in den erythrozytären Vorläuferzellen synthetisiert. Seine Verteilung entspricht der Erythrozytenmasse. Der Abbau erfolgt nach Aufnahme der Erythrozyten in Zellen des retikuloendothelialen Systems vor allem der Milz. Der Hämanteil wird über Biliverdin zum unkonjugierten Bilirubin abgebaut, das hepatisch eliminiert wird. Funktion – Pathophysiologie Das Hämoglobinmolekül ist ein Tetramer aus 2 identischen Paaren von Polypeptidketten, wobei jede Kette ein Hämmolekül (Ferroprotoporphyrin IX) enthält (Abb. 1). Allen normalen fetalen und adulten Hämoglobinen ist das a-Kettenpaar gemeinsam. Die unterschiedlichen Hämoglobine werden durch das zweite Kettenpaar bestimmt (b-, g- oder d-Kette). Jede dieser 4 Hämmoleküle kann reversibel ein Molekül O2 binden, sodass das Hämoglobin der ideale Sauerstoffträger ist. Die Sauerstoffsättigung des

Referenzbereich – Frauen 123–153 g/L. Referenzbereich – Männer 140–175 g/L.

Indikation Diagnostik von Anämien und Polyglobulien. Interpretation Verminderung der Hämoglobinkonzentration unter die jeweilige alters- und geschlechtsspezifische Referenzbereichsgrenze spricht für eine Anämie, eine Erhöhung wird als Polyglobulie bezeichnet. Diagnostische Wertigkeit Die Bestimmung der Hämoglobinkonzentration wird, zusammen mit dem ▶ Hämatokrit, zur Definition von Anämien und Polyglobulien herangezogen. Eine Einteilung der Anämien kann jedoch nur durch die abgeleiteten Kenngrößen MCH, MCV, MCHC und der Retikulozyten (▶ Retikulozyt) erfolgen.

H

1046

Hämoglobin, freies

Hämoglobin, Abb. 1 Struktur des HbA

Literatur Löffler G, Petrides PE (2006) Biochemie und Pathobiochemie, 8. völlig neu bearb. Aufl. Springer, Berlin/Heidelberg/New York Thomas L (2005) Hämoglobine. In: Thomas L (Hrsg) Labor und Diagnose. Indikation und Bewertung von Laborbefunden für die medizinische Diagnostik, 6. Aufl. TH-Books, Frankfurt am Main, S 487–489

Hämoglobin, freies

Probenstabilität Möglichst schnelle Abtrennung des Plasmas, um falsch hohe Messwerte durch Übertritt von Hämoglobin aus den Erythrozyten in vitro zu vermeiden. Im Plasma selbst ist der Parameter dann stabil. Präanalytik Es stehen mehrere Methoden zur Verfügung: Methode nach Harboe Photometrische Messung des verdünnten Plasmas bei 3 Wellenlängen und Berechnung nach der Formel:

H. Baum Konz:Hb ðmg=dLÞ ¼ ðAbs:415nm  167Þ  ðAbs:380nm  83Þ  ðAbs:450nm  83Þ Englischer Begriff hemoglobin in plasma Definition Frei im Plasma nachweisbares Hämoglobin. Funktion – Pathophysiologie Beim Abbau der Erythrozyten im retikuloendothelialen System (RES) werden geringe Mengen dimeres Hämoglobin freigesetzt. Dieses freigesetzte Hämoglobin wird äquimolar an Haptoglobin gebunden und dem RES wieder zugeführt. Wird die Bindungskapazität des Haptoglobins überschritten (z. B. starke Hämolyse), so kann freies Hämoglobin im Plasma nachgewiesen werden. Untersuchungsmaterial – Entnahmebedingungen Heparinplasma, Citratplasma, Blut frei abtropfen lassen und schonend transportieren.

(Abs. = Absorption) Die Methode wird durch Hyperbilirubinämie >2 mg/dL gestört. Methode nach Kahn Photometrische Messung des unverdünnten Plasmas bei 3 Wellenlängen und Berechnung nach der Formel: Konz:Hb ðmg=dLÞ ¼ ðAbs:578nm  155Þ  ðAbs:562nm  86Þ  ðAbs:598nm  69Þ Die Methode wird durch eine starke Lipämie gestört. Immunologische Methoden Nephelometrie, Turbidimetrie.

Hämoglobin im Urin

Konventionelle Einheit mg/dL. Referenzbereich – Erwachsene 60  C inaktivieren Legionellen, was für Hygienemaßnahmen von Bedeutung ist. Erkrankungen In ihrem natürlichen Habitat stellen Legionellen kaum eine gesundheitliche Bedrohung für den Menschen dar. Erst die Verbreitung technischer Errungenschaften wie Klima- und Warmwasseranlagen, in denen sich die Bakterien gut vermehren können, führten zu ihrer heutigen humanpathogenen Bedeutung. Legionellen werden überwiegend durch Inhalieren von Aerosolen bakterienhaltigen Wassers übertragen (Dusche), eine Infektion durch Aspiration ist ebenfalls möglich. Als Infektionsquellen sind vor allem ältere und weitverzweigte Warm- und Kaltwassersysteme, Kühltürme, Befeuchter von Klimaanlagen, Sprudelbäder sowie Beatmungs- und Inhalationsapparate beschrieben. Bei der Legionellose dominieren 2 Erkrankungsformen:

Legionellen

• Selbstlimitierendes Pontiacfieber, das einem InfluenzaInfekt ähnelt und hauptsächlich durch Fieber, Husten und Muskelschmerzen charakterisiert ist • Legionärskrankheit, meist schwerer verlaufend, bei der eine multifokale nekrotisierende Pneumonie im Vordergrund steht, mit zusätzlichen Symptomen wie Verwirrtheit, Benommenheit, Durchfall oder Erbrechen Nach dem Ursprung der Infektion wird zwischen nosokomialen und ambulant erworbenen Legionellosen unterschieden. Sonderformen ambulanter Legionellosen sind reiseassoziierte Infektionen. Zu den Personen mit erhöhtem Risiko gehören vor allem ältere Menschen, chronisch Kranke, Menschen mit kardiopulmonalen Grunderkrankungen, Defekten im zellulären Abwehrsystem, Immunsupprimierte nach Transplantation, zytostatischer Behandlung oder Kortikoiddauereinnahme. Alkoholmissbrauch und Rauchen gelten ebenfalls als Risikofaktoren. Männer erkranken häufiger als Frauen. Nur etwa 1 % der exponierten Personen erkrankt an einer Legionellose. Für die Manifestation der Infektion sind die Infektionsdosis, die Virulenz des Legionellen-Stammes und die Stärke des individuellen Abwehrsystems entscheidend. Im Jahr 2015 wurden in Deutschland 880 Fälle von Legionellose beim ▶ Robert Koch-Institut registriert. Besonders die Verkeimung warmwasserführender, aerosolbildender Systeme stellt ein erhebliches Gesundheitsrisiko dar, das durch gezielte Maßnahmen (Temperaturen >60  C, Desinfektion, bauliche Sanierung) verringert werden kann. In Einrichtungen wie Krankenhäusern ist die mikrobiologische Überwachung von Wasser- und Klimaanlagen sinnvoll, in besonders sensiblen Bereichen (Intensivstationen) sind Filter einzubauen. Es gibt keinen Anhalt für ein Trägerstadium, bei dem von inapparent infizierten Personen eine Ansteckung ausginge, oder generell für eine Übertragung von Mensch zu Mensch. Die Therapie basiert auf der Gabe von intrazellulär wirksamen Antibiotika, wie Makrolidantibiotika (z. B. Azithromycin) und Chinolone (z. B. Levofloxacin, Ciprofloxacin, Moxifloxacin). Analytik Für den direkten Erregernachweis kommen verschiedene Methoden zum Einsatz: Der direkte Immunfluoreszenztest mit respiratorischem Probenmaterial basiert auf monoklonalen Fluoreszenzfarbstoff-markierten Antikörpern. Mit der ▶ PCR (Polymerase-Kettenreaktion) wird ErregerDNA in Urin und Serum nachgewiesen. Mit einem ELISAAntigentest (s. ▶ Enzyme-linked Immunosorbent Assay) und einem immunchromatographischen Schnelltest wird hauptsächlich L. pneumophila der SG 1 im Urin identifiziert. Für den kulturellen Nachweis (Goldstandard) müssen Legionellen auf Spezialnährböden (BCYE, auch supplementiert, BMPA) angezüchtet werden. Die Anzucht gelingt allerdings häufig nicht, und ein positives Ergebnis liegt frühestens nach 3–5 Tagen vor. Spezifische Serumantikörper werden

1445

durch indirekte Immunfluoreszenz (▶ Immunfluoreszenz, indirekte) (IIFT) nachgewiesen (s. Abbildung), ▶ Enzymelinked Immunosorbent Assay (ELISA) und Mikroagglutination sind weitere Verfahren. Indirekte Immunfluoreszenz: Antikörper gegen Legionella pneumophila:

In der Regel werden Antikörper gegen L. pneumophila der SG 1–14 und weitere 6 L.-non-pneumophila-Spezies parallel in einem Testansatz untersucht, beispielsweise mit BiochipMosaiken mit je einer Spezies pro Baustein. Immunfluoreszenztests mit Antigengemischen eigenen sich zum Screening. Untersuchungsmaterial – Probenstabilität Direktnachweis und Kultur: untersucht werden Bronchiallavageflüssigkeit, Lungengewebe, Trachealsekret, Pleuraexsudat, Sputum, Urin (besonders bei Patienten, die nicht ausreichend repräsentatives Sputum produzieren), Serum. Der Aufnahmepuffer darf kein Natriumchlorid enthalten. Das Material sollte bis zur Weiterverarbeitung bei +4 bis +8  C aufbewahrt werden. Direktnachweise sind innerhalb von 24 Stunden durchzuführen, Kulturen innerhalb von 6 Stunden anzulegen. Bei längerer Transportzeit ist das Material einzufrieren. Serologie: Serum oder Plasma für den Nachweis der Antikörper sind bei +4  C bis zu 2 Wochen lang beständig, bei 20  C über Monate und Jahre hinweg. Zur Tiefkühlkonservierung des IgM kann man den Proben 80 % gepuffertes Glyzerin beifügen. Diagnostische Wertigkeit Die Diagnose einer Legionellose (Legionärskrankheit) basiert auf dem klinischen und röntgenologischen Bild einer Pneumonie und dem labordiagnostischen Erregernachweis. Weil Legionellen nicht zur normalen menschlichen Bakterienflora gehören, ist ein positiver Befund beweisend für eine Infektion. Der direkte Immunfluoreszenztest ist angesichts unbefriedigender Sensitivität und möglicher Spezifitätsprobleme bei der mikroskopischen Auswertung als alleiniger Test nicht

L

1446

ausreichend. Der Nachweis von Legionellen-DNA mittels PCR ist eine schnelle und sensitive Methode, mit der auch schwierig zu kultivierende Legionellen-Spezies diagnostiziert werden können. Der DNA-Nachweis gelingt auch in Urin und Serum. Dominierend ist mit einem Anteil von mehr als 60 % der Urinantigentest mittels ELISA, der jedoch auf die SG 1 beschränkt ist. Diagnostischer Goldstandard ist nach wie vor die Legionellen-Kultur. Trotz mangelnder Sensitivität sollte sie zumindest bei Risikopatienten angestrebt werden. PCR und Kultur bilden eine ideale Basis für Stammtypisierungen und epidemiologische Studien. Standardtest zum Antikörpernachweis ist der IIFT. Titer >1:100 gelten als diagnostisch relevant. Ein Anstieg der Konzentration spezifischer Antikörper um den Faktor 10 nach 2–3 Wochen ist serologisch beweisend für eine LegionellenInfektion. Da die Antikörperbildung teilweise verzögert abläuft, sollte ggf. nach 6–8 Wochen eine weitere Probe untersucht werden. Ein einmalig gemessener hoher Titer ist kein Beweis für eine Legionellen-Infektion, das findet man gelegentlich auch in der gesunden Bevölkerung. Kreuzreaktivitäten zwischen den einzelnen Spezies können vorkommen. Ein negativer Antikörpernachweis schließt eine Legionellen-Infektion nicht aus. Die Serologie ist auch epidemiologisch von Bedeutung. In Deutschland besteht Meldepflicht nach § 7 Abs. 1 Nr. 26 Infektionsschutzgesetz.

Literatur Fiore AE, Butler JC, Emori TG, Gaynes RP (1999) A survey of methods used to detect nosocomial legionellosis among participants in the National Nosocomial Infection Surveillance System. Infect Control Epidemiol 20:412–416 Lück C (2009) Legionella ssp. In: Neumeister B, Geiss HK, Braun RW, Kimmig P (Hrsg) Mikrobiologische Diagnostik, 2. Aufl. Thieme, Stuttgart/New York, S 511–518 Robert Koch Institut (Hrsg) (2016) Infektionsepidemiologisches Jahrbuch meldepflichtiger Krankheiten für 2015, Berlin, S. 138–144. https:// www.rki.de/DE/Content/Infekt/Jahrbuch/Jahrbuch_2015.pdf?__blob= publicationFile. Zugegriffen am 22.03.2017 Robert-Koch-Institut Berlin (2012) Epidemiologisches Bulletin 50:500–510.

Leichtketten (freie, gebundene)

Definition • Leichte Proteinketten der Immunglobuline • Nachgewiesen sind 2 Typen: k und l Beschreibung Beschrieben sind 2 Formen von Leichtketten mit einer Molmasse von ca. 23 kDa, von denen immer nur eine in einem Immunglobulinmolekül vorkommt. Sie werden N-terminal der Disulfidbindung der Schwerketten durch eine weitere Disulfidbindung an diese gebunden. Wie die Schwerketten bestehen auch sie aus einem konstanten (C-terminal) und einem variablen Teil (N-terminal). Die variable Region ist Teil der Antigenbindungsstelle. Eine breite Variabilität wird durch unterschiedliche Kombinationen verschiedener Genbereiche (VL, JL, CL) gewährleistet. Medizinisch bedeutsam sind monoklonale freie Leichtketten, die nicht an Schwerketten gebunden werden. Man bezeichnet sie auch als ▶ Bence-Jones-Protein. Sie neigen wegen der Cysteinmoleküle zur Dimerisierung.

Literatur Cruse JM, Lewis RE (1999) Atlas of immunology. Springer, Berlin/ Heidelberg/New York, S 107

Leichtketten, monoklonale im Urin ▶ Bence-Jones-Protein ▶ Leichtketten (freie, gebundene) ▶ Leichtketten, Serum und Urin

Leichtketten, Serum und Urin H. Renz und B. Gierten

Synonym(e) Bence-Jones-Protein; L-Ketten

Leichtketten (freie, gebundene)

Englischer Begriff light chains

H. Renz und B. Gierten

Definition Leichte Ketten der ▶ Immunglobuline. Molmasse Ca. 23 kDa.

Synonym(e) Bence-Jones-Protein Englischer Begriff light chains

Synthese – Verteilung – Abbau – Elimination Physiologisch werden neben der weit überwiegenden Menge intakter

Leishmania ssp.

1447

Leichtketten, Serum und Urin, Tab. 1 Referenzbereiche Probenmaterial Serum Urin

Freie k-Ketten (mg/L) 3 Banden mit ähnlichem pI in Grundmuster von CSF-/Serum-Probenpaar: systemisches Paraprotein, keine intrathekale Ig-Synthese; Befund VI: 2 im Serum beschränkte OB (schwarze Striche): keine intrathekale Ig-Synthese

parallel-lokalisiert (normaler Befund, I in Abb. 1), bestehend aus Immunglobulinen (Ig) und anderen Plasmaproteinen, z. B. Albumin, Transferrin, sowie ZNS-Proteinen (▶ Immunglobuline, oligoklonale, ▶ Immunglobuline, polyklonale).

Indikation Subakut/chronische ZNS-Entzündungen, Verdacht auf Antikörper-produzierende Tumoren im ZNS z. B. Lymphom; Multiple Sklerose (MS)-Verdacht bei klinischen Symptomen mit mindestens 2 anatomischen Orten der Myelindestruktion im ZNS mit Magnetresonanztomographie (MRT) nachgewiesen.

Funktion – Pathophysiologie Oligoklonale Banden (OB) sind CSF-beschränkte Banden von Ig und anderen Proteinen (s. o.), die u. a. Ig-Synthese in ZNS in B-Zell-Klonen bei permanenter Antigenstimulation anzeigen bei subakut/chronischen Entzündungsprozessen im ZNS. Untersuchungsmaterial – Entnahmebedingungen Ventrikel-, Subokzipital-(SOP-), Lumbal-Liquor sofort entzellt. Probenstabilität Entzellte Proben aliquotiert und verschlossen bei 80  C Lagerung bis zu 1 Jahr. Präanalytik Sterile Plastikröhrchen mit Verschluss.

Interpretation S. Abb. 1. Diagnostische Wertigkeit Höhere Ausschlussgrenze für positiven OB-Test mit 3–4 zusätzlichen (unspezifischen) Banden in CSF im Vergleich zu 1–2 oligoklonalen Banden in IgG-OB-Test (▶ Liquor-IgG, oligoklonal); unspezifische oligoklonale Banden in CSF durch b-trace (bis 4 oligoklonale Banden im leicht alkalischen Bereich, ▶ Liquor-Prostaglandin-D-Synthetase), g-trace (eine oligoklonale Bande bei pI 9,2 bzw. pI 8,2 in nativen CSF; ▶ Liquor-Cystatin C), mehrere Banden von Transferrin und Hämoglobin im neutralen Bereich.

Analytik ▶ Isoelektrische Fokussierung, ▶ Silberfärbung. Referenzbereich – Erwachsene Normaler Befund: OB-Test negativ: Grundmuster von identisch lokalisierten parallelen Banden in CSF- und Serumprobenpaar (Abb. 1, Spuren I). Referenzbereich – Kinder S. Erwachsene.

Literatur Kleine TO (1999) Heterogeneous humoral immune responses in cerebrospinal fluid from inflammatory diseases of the human central nervous system. Detection of oligoclonal immunoglobulin bands after isoelectric focusing. Anal Chim Acta 393:83–93

Liquor-Betrachtung, makroskopisch

1487

Literatur

Liquor-Basis-Programm Kleine TO, Hackler R, Lehmitz R et al (1994) Liquordiagnostik: Klinisch-chemische Kenngrößen – eine kritische Bilanz. DG Klin Chemie Mitt 25:199–214

T. O. Kleine

Englischer Begriff basic program of cerebrospinal fluid (CSF) diagnosis Definition Zweite Stufe im Stufenprogramm der CSFDiagnostik mit 8–15 zusätzlichen klinisch-chemischen Kenngrößen zur Bestätigung, Präzisierung und Erweiterung der Befundkonstellationen des Liquor-Notfall-Programms. Untersuchungsmaterial Präanalytik: ▶ Liquor-Notfall-Programm. 3–6 mL Ventrikel-, Subokzipital-(SOP-), Lumbal-liquor nicht älter als 1–2 Stunden nach Abnahme ohne Zusatz in sterilen verschlossenen Plastikröhrchen z. B. aus Polypropylen. 1 mL venöses Blut in Na-Fluorid-EDTA-Röhrchen, ca. 3 mL venöses Blut für Serum, 5 mL Heparin-CSF/Blut für PCR-Diagnostik. Zum Ausschluss einer artifiziellen Blutbeimengung 3 sukzessiv gewonnene Proben von je >1 mL bei Kindern, >3 mL bei Erwachsenen (beschriftet). Probenlagerung s. einzelne Kenngrößen. Analytik Begrenzte CSF-Probenmenge, die nicht beliebig oft gewonnen werden kann, erfordert Kenngrößenauswahl im Stufenprogramm: s. Tabelle. Mess- und Kenngrößen: Messgrößen (semi-)quantitativ CSF-Differenzialzellbild mit Phagen

CSF-Protein, CSF-Albumin QAlbumin IgG in CSF und Serum IgM in CSF und Serum fakultativ IgA in CSF und Serum fakultativ

CSF-Laktatdehydrogenase und andere CSF-Enzyme fakultativ

Kenngrößen ▶ Liquor-May-GrünwaldGiemsa-Färbung ▶ Liquor-Differenzialzellbild, ▶ Liquor-Zellreaktionen ▶ Liquor-Erythrophagen, ▶ Liquor-Siderophagen ▶ Liquor-Protein manuell, BlutHirn-Schranke-Funktionsteste Liquor/Serum-Albumin-Quotient ▶ Liquor/Serum-IgG-Quotient (QIgG), ▶ IgG-Index ▶ Liquor/Serum-IgM-Quotient (QIgM), ▶ IgM-Index fakultativ ▶ Liquor/Serum-IgA-Quotient (QIgA), ▶ IgA-Index fakultativ ▶ Immunglobulinbestimmung, intrathekal empirisch Reiber-Schema ▶ Liquor-Laktatdehydrogenase (LDH)

Liquor-Betrachtung, makroskopisch T. O. Kleine

Synonym(e) Visuelle Betrachtung von Liquor cerebrospinalis (CSF) Englischer Begriff visual examination of cerebrospinal fluid (CSF) Definition Visuelle Beurteilung der Liquorprobe auf Durchsichtigkeit und Farbe. Untersuchungsmaterial >1 mL nativer Ventrikel-, Subokzipital-(SOP-), Lumbal-Liquor bei 4  C bis zu 2 Stunden gelagert. Instrumentierung Visuelle Betrachtung bei Tageslicht bzw. Tageslicht ähnlicher Lichtquelle vor schwarzem Hintergrund (schwarz bezogene Pappe). Praktikabilität – Automatisierung – Kosten Einfache praktikable Durchführung ohne Automatisierung, kostengünstig (keine Instrumentalisierung erforderlich). Bewertung – Methodenhierarchie (allg.) Liquor-Betrachtung ist der erste Schritt im ▶ Liquor-Notfall-Programm und zeigt die in der Tabelle genannten Befunde an: Liquorbeschaffenheit Farblos, wasserklar

Gelblich-opal

Trüb weiß-gelblich

Trüb rosa

Befund Normalbefund, ▶ Liquor-NotfallProgramm und ▶ Liquor-Basis-Programm erforderlich Proteinvermehrung >5–10 g/L, ▶ LiquorPandy-Reaktion +++; Bilirubin negativ; starke Blut/Liquor-, Blut/Hirn-SchrankenFunktionsstörung Leukozytenzahl 1000/mL (M/L): Meningitis: Liquor-GranulozytenTeststreifen-Test positiv: akute Entzündung im ZNS Erythrozytenzahl 1000/mL (M/L): Blutung: ▶ Liquor-Drei-Gläser-Probe; HämoglobinTest positiv ab Hämoglobin (Hb) 10 Erythrozyten pro mL (M/L) (Fortsetzung)

L

1488 Liquorbeschaffenheit Klar, farblos nach Entzellung Rosa-rot, klar (nach Entzellung)

Xanthochrom, klar (nach Entzellung)

Braun, klar (nach Entzellung)

Gerinnsel rosa, Gerinnsel gelblich

Liquor-Bilirubin Befund Hämoglobin-Test negativ bei frischer Blutung (artifiziell) 4 h positiv Freier Hb-Nachweis: Liquor-HbTeststreifen-Test nach Entzellung positiv: ältere Blutung in die Liquorräume (>4 h alt) oder artifizielle Blutung >2 h bei Zimmertemperatur gelagert Durch Bilirubin >2 mg/dL:▶ LiquorBilirubin, ▶ Liquor-Bilirubin, TeststreifenTest positiv: alte Blutung in die Liquorräume >3 Tage alt oder Hyperbilirubinämie Hb/Bilirubin-Gemisch: Liquor-HbTeststreifen-Test +++, ▶ Liquor-Bilirubin, ▶ Liquor-Bilirubin, Teststreifen-Test Interferenz: ältere und alte Blutung in die Liquorräume Blutung geronnen, starke Proteinvermehrung mit Gerinnung; Sperrliquor

Weitere Abklärung der Befunde in ▶ Liquor-NotfallProgramm und ▶ Liquor-Basis-Programm.

Struktur ▶ Bilirubin. Diagnostische Wertigkeit Bilirubin-Teststreifen-Test ausreichend empfindlich, um gelbe Farbe als Bilirubin in xanthochromer CSF nachzuweisen (gelb ab >2 mg/dL Bilirubin). CSF-Bilirubin Kenngröße einer alten ZNS-Blutung in CSF bei etwa einem Viertel aller xanthochromer Liquorproben positiv.

Literatur Kleine TO (1980) Neue Labormethoden für die Liquordiagnostik. Georg Thieme Verlag, Stuttgart/New York

Liquor-B-Lymphozyten (CD19-BZellen) T. O. Kleine

Literatur Kleine TO (2005) Notfall-Programm. In: Zettl U, Lehmitz R, Mix E (Hrsg) Klinische Liquordiagnostik, 2. Aufl. W. de Gruyter, Berlin/New York, S 127–134

Synonym(e) CD19+3 Zellen im Liquor cerebrospinalis (CSF) Englischer Begriff CSF B lymphocytes

Liquor-Bilirubin ▶ Liquor, xanthochrom

Liquor-Bilirubin, Teststreifen-Test T. O. Kleine

Synonym(e) Schnelltest für Bilirubin im Liquor (CSF)

Definition CSF-CD19+-B-Zellen sind spezifisch aktivierte Lymphozyten, die im Rahmen der Immunüberwachung in CSF bzw. Zentralnervensystem (ZNS) ihr passendes Antigen mithilfe von MHC-Klasse-II-Oberflächenmolekülen suchen; ▶ CD19 (s. a. ▶ Liquor cerebrospinalis).

Liquor-CD3-T-Lymphozyten T. O. Kleine

Synonym(e) CD3+-Zellen im Liquor cerebrospinalis (CSF)

Englischer Begriff rapid testing method of bilirubin in cerebrospinal fluid (CSF)

Englischer Begriff CSF T lymphocytes

Definition Schnelltestverfahren zum semiquantitativen ▶ Bilirubin-Nachweis in gelber CSF als Kenngröße alter Blutungen im Zentralnervensystem (ZNS).

Definition Kleine Zufallsets in CSF von T-Zell-Klonen des Immunsystems, aktiviert im peripheren Immunsystem, permeiert Blut-Hirn-Schranke (BHS) und Blut-Liqour-Schranke

Liquor cerebrospinalis

(BLS) zur Immunüberwachung von CSF/Zentralnervensystem, die CSF jedoch binnen 24–48 Stunden noch nicht verlassen haben; ▶ CD3 (s. a. ▶ Liquor cerebrospinalis).

Liquor-CD4-T-(Helfer)-Lymphozyten

1489

Englischer Begriff CSF CD8 T lymphocytes; suppressor/ cytotoxic lymphocytes in CSF Definition CSF CD3+8+-Zellen sind T-Zellen, die im Rahmen der Immunüberwachung in CSF bzw. Zentralnervensystem ihr passendes Antigenpeptid mithilfe von MHC-Klasse-I-Oberflächenmolekülen suchen (▶ CD8). (s. a. ▶ Liquor cerebrospinalis)

T. O. Kleine

Synonym(e) CD3+4+-Zellen im Liquor cerebrospinalis (CSF)

Liquor cerebrospinalis

Englischer Begriff CSF CD4 lymphocytes; helper/inducer T cells in CSF

T. O. Kleine

Definition CSF-CD3+4+-Zellen sind T-Zellen, die im Rahmen der Immunüberwachung in CSF bzw. ZNS ihr passendes Antigenpeptid mithilfe von MHC-Klasse-II-Oberflächenmolekülen suchen; ▶ CD4. (s. a. ▶ Liquor cerebrospinalis)

Synonym(e) Cerebrospinalflüssigkeit; CSF; Liquor; Lumballiquor; Marburger Liquor-Modell; Nervenwasser; Subokzipitalliquor (SOP-Liquor); Ventrikelliquor (V-Liquor) Englischer Begriff cerebrospinal fluid; CSF; Marburg CSF model

Liquor-CD4/CD8-Quotient

Definition Wasserklare, farblose, zellarme Flüssigkeit in der Schädelkapsel und im Rückenmarkskanal (Abb. 1).

T. O. Kleine

Englischer Begriff CSF CD4/CD8 ratio; CD4+3+/CD8+3+; helper/suppressor blood lymphocytes in cerebrospinal fluid (CSF) Definition Dimensionsloser Quotient von CD4/CD8-TZellen (Zell-Quotient) bzw. in % der Lymphozytengesamtzahl (%-Quotient) in CSF oder peripherem Blut; ▶ CD4, ▶ CD8.

Liquor-CD8-T-(Suppressor)Lymphozyten T. O. Kleine

Synonym(e) CD3+8+ Zellen im Liquor cerebrospinalis (CSF); Suppressor-/zytotoxische T-Zellen

Beschreibung CSF-Gesamtmenge (100 %): Erwachsene 100–160 mL (je ca. 50 % in Schädelkapsel und Spinalraum), Kinder 50–150 mL, Säuglinge 40–60 mL mit >50 % in Schädelkapsel (▶ Liquor-Gewinnung). CSF Funktionen: schützende, Metaboliten-klärende, nutritive, regulative Aufgaben im ZNS. CSF ist ein Gemisch aus Primärliquor (50–70 %), Intramural-Liquor (ca. 30 %) und wenig Hirnhautliquor, das im Spinalraum weiter modifiziert wird (Abb. 1). Sekundärliquor entsteht durch Zugabe von Plasmaproteinen und Elektrolyten durch Löcher in der Blut-Hirn-Schranke (BHS) (▶ Blut-Hirn-Schranke-Funktionsteste). CSF-Umsatz (turnover): 3- bis 5-mal pro Tag (ca. 0,4 mL/ min) über Hirnnerven, zervikale Lymphbahnen > Arachnoidalzotten sind im dynamischen Verteilungsgleichgewicht (Abb. 1) (▶ Blut-Hirn-Schranke-Funktionsteste). Einsatzgebiet: Ventrikelliquor zur Untersuchung von BHSund BLS-(Blut-Liquor-Schranken-)Funktion, Zisternen-liquor (SOP-Liquor) von BLS-Funktion, weniger der BHS-Funktion; Lumballiquor: maskierter SOP-Liquor durch Zugabe von Sekundärliquor (▶ Blut-Hirn-Schranke-Funktionsteste).

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1490

Liquor cerebrospinalis (CSF)

Liquor cerebrospinalis, Abb. 1 Das Marburger Liquormodell. a, b In gesunden Erwachsenen werden Blutleukozyten (schwarze Punkte) mittels Blutdruck in Cerebrospinalflüssigkeit gepresst (CSF: leicht blau) in Ventrikel 3 und 4 des zentralen Nervensystems (ZNS: gelb) durch 6 durchlässige zirkumventrikuläre Organe (CVOs) (nummerierte rote Ellypsoide 1–6: 1 = subfornikales Organ; 2 = Organum vasculosum der Lamina terminalis; 3 = Zirbeldrüse; 4 = mediane Emminenzen (2); 5 = Neurohypophyse mit Infundibulum; 6 = Area postrema; andere durchlässige Gehirnkerne werden nicht gezeigt.) Kleine Lymphozyten werden leichter als große Monozyten mittels Blutdruck durch lecke Kapillaren in den CVOs und durch durchlässige ependymale CVO-Oberflächen in Ventrikelliquor gepresst. Alle anderen ZNS-Kapillaren sind versiegelt mit Tight Junctions (▶ Blut-Hirn-Schranke-Funktionsteste). Pia-Zellen formen ein fortlaufendes feines Zellband (rote Linie) um das gesamte ZNS. CSF (leicht blau) wird aus Blutplasma durch 4 Plexus choroidei (violett gerippelt) in Ventrikel (V) 1, 2, 3, 4 sezerniert durch das Molekularsieb der Blut-Liquor-Schranke (BLS), total undurchlässig für Blutleukozyten (▶ Blut-Hirn-Schranke-Funktionsteste). CSF (blaue Pfeile) fließt durch ‘vis a tergo’ aus lateralen Ventrikeln 1, 2 in Ventrikel 3 und durch engen Aquädukt in Ventrikel 4, dann durch die Öffnungen Luschkae/Magendi in Subokzipitalliquor (SOP CSF) mit bis zu 3/mL Leukozyten (▶ LiquorZellzählung, mikroskopisch) und 133–267 mg/L Gesamtprotein (▶ Liquor-Protein) (a). Hier fließt der meiste Liquor (leicht blau) aufwärts in kraniale Subarachnoidalräume durch Arachnoid-Villi in die Schädel-

venen (violettes Band). Etwas CSF wird aus Ventrikel 3 (weniger aus Ventrikel 4) zurück in Ventrikel 1, 2 gedrängt mit bis zu 1/mL Leukozyt (▶ Liquor-Zellzählung, mikroskopisch) durch Pulsationen der ChoroidPlexus-Durchblutung. Kardiale Systolen lassen Zwischenhirn und Hirnstamm synchron an- und abschwellen, was auf Liquor in Ventrikel 3, 4 in kleine Wellen übertragen wird (b). Etwas Ventrikel-CSF fließt in den Spinalraum: Flüssigkeit sickert entlang spinalen Nervenwurzeln heraus, was die Liquorzusammensetzung im Spinalraum leicht verändert. Durch das Hauptlymphgefäß Ductus thoracicus (orange) sickert – bei erhöhtem Druck im Ductus – etwas Lymphe mit bis zu 2/mL Lymphleukozyten in den Lumballiquor (oranger Pfeil, a: CSF wird dunkelblau): Hier werden Lymphleukozyten und Lymphproteine ventrikulären Blutleukozyten und Blutproteinen zugesetzt mit bis zu 5/mL Gesamtleukozyten (▶ LiquorZellzählung, mikroskopisch) und 209–421 mg/L Gesamtprotein (▶ Liquor-Protein) im Lumballiquor. Lumballiquor sickert auch in Ductus thoracicus über Brustlymphe in venöses Blut (oranger Pfeil, b) bei erhöhtem Liquordruck im Spinalraum, geregelt durch Körperhaltung (liegen, stehen), Atmen, Nießen, Pressen, Husten u. a. m. Zusammengefasst regeln 2 verschiedene Einflussgrößen die Zusammensetzung von Ventrikel-, SOP- und Lumballiquor und damit die zelluläre Immunüberwachung im CSF und CNS. Für Routineuntersuchungen wird Liquor gewonnen mit abnehmender Häufigkeit durch: Lumbalpunktionen für Lumbal-Liquor > Subokzipitalpunktionen für SOP-CSF > Ventrikelpunktionen für V-CSF

Literatur

Nieuwenhuys R, Voogd J, van Huijzen C (Hrsg) (1991) Das Zentralnervensystem des Menschen. Ein Atlas mit Begleittext, 2. Aufl. Springer, Berlin/Heidelberg/New York

Greitz D, Frank A, Nordell B (1993) On the pulsatile nature of intracranial and spinal CSF-circulation demonstrated by MR imaging. Acta Radiol 34:321–328 Kleine TO (2015) Cellular immune surveillance of central nervous system bypasses blood-brain barrier and blood-cerebrospinal-fluid barrier: revealed with the New Marburg Cerebrospinal-Fluid Model in healthy humans. Cytometry Part A 87A:227–243

Liquor cerebrospinalis (CSF) ▶ Blut-Hirn-Schranke-Funktionsteste

Liquor-D-Laktat

Liquor-Cystatin C T. O. Kleine

Synonym(e) Gamma-trace; Post-g-Protein; Post-g-Globulin Englischer Begriff cystatin C in cerebrospinal fluid (CSF) Definition Humanes Cystatin C (Cys C; 13 kDa) ist ein Typ-2-Cys-Protease-Inhibitor mit 120 Aminosäuren, 2 Disulfidgruppen und ca. 9 verschiedenen Glycoformen, basisch detektiert mittels isoelektrischer Fokussierung und Silberfärbung (▶ Liquor-Banden, oligoklonale; ▶ Cystatin C). Beschreibung In CSF und Blut-Plasma von Erwachsenen zeigt ein CSF/Plasma-Quotient von 2,3–14,6 höhere Cys-CKonzentrationen [Cys C] in CSF von 3,2–12,5 mg/L an und niedrigere [Cys C] in Plasma von 0,63–2,25 mg/L, was eine Cys-C-Bildung im Zentralnervensystem indiziert: Kulturen von Choroid-Plexus, Neuronen und leptomeningealen Zellen von Nagetieren synthetisieren Cys C in vitro.

Literatur Ghidoni R, Paterlini A, Albertini V et al (2011) Cystatin C is released in association with exosomes: a new tool of neuronal communication which is unbalanced in Alzheimer`s disease. Neurobiol Aging 32:1435–1442 Löfberg H, Grubb AO (1979) Quantitation of g-trace in human biological fluids: indications for production in the central nervous system. Scand J Clin Lab Invest 39:619–626 Ohe Y, Ishikawa K, Itoh Z et al (1996) Cultured leptomeningeal cells secrete cerebrospinal fluid proteins. J Neurochem 67:964–971

1491

Englischer Begriff differential CSF cell count; differential WBC count in CSF Definition Auszählung und Differenzierung von CSFLeukozyten in lymphozytäre, monozytäre und granulozytäre Zellen sowie atypische kernhaltige Zellen nach Anfärbung von abgeflacht-denaturierten Zellen mit kationischen/anionischen Kern-/Zytoplasma-Farbstoffen (▶ Liquor-May-Grünwald-Giemsa-Färbung oder nach Vitalfärbung mittels ▶ Liquor-Objektträger-Methode). Untersuchungsmaterial 1–5 mL frischer Ventrikel-, Subokzipital-(SOP-), Lumbal-Liquor oder (subdurale) Zystenflüssigkeit lichtgeschützt in durchsichtigen, farblosen Polypropylen-Röhrchen steril bei 4  C 1–2 Stunden gelagert. Instrumentierung Binokulares Lichtmikroskop mit 40-facher und 100-facher Vergrößerung (Immersionsobjektive), mechanisierte Zählvorrichtung, evtl. Photomikroskop; mechanisierteZelldifferenzierung ▶ Liquor-Zellzählung, mechanisiert; Anfärbung von Liquorzellen ▶ Liquor-May-Grünwald-Giemsa-Färbung, ▶ Liquor-Objektträger-Methode. Bewertung – Methodenhierarchie (allg.) Teil von ▶ Liquor-Basis-Programm zur Analyse von Entzündungsreaktionen, Tumorzellen, Liquor-Zellreaktionen; praktiziertes Routineverfahren mit mehr Probenvolumen, Zellverlusten und -denaturierungen bei ▶ Liquor-Sedimentierkammer-Verfahren bzw. ▶ Liquor-Zytozentrifugen-Verfahren im Vergleich zu ▶ Liquor-Objektträger-Methode, jedoch mit der Möglichkeit von Spezialfärbungen; ▶ Liquor-Tumorzellen. (s. a. ▶ Liquor cerebrospinalis)

Literatur

Liquor-Delpech-Quotient

Kleine TO (1981) Liquorzytologie mit farbbeschichteten Objektträgern. Vergleich mit Sedimentkammerverfahren und Zytozentrifuge. Dtsch Med Wschr 106:865–870

▶ IgA-Index ▶ IgG-Index ▶ IgM-Index

Liquor-D-Laktat Liquor-Differenzialzellbild

T. O. Kleine

T. O. Kleine Synonym(e) D-Milchsäure im Liquor cerebrospinalis (CSF) Synonym(e) Differenzierung der Leukozyten im Liquor cerebrospinalis (CSF)

Englischer Begriff CSF D-lactate

L

1492

Liquor-Drei-Gläser-Probe

Definition D-Laktat, ein spezifischer Bakterien-Metabolit, ist für die Diagnostik einiger bakterieller Meningitiden in CSF geeignet. Molmasse 90,08 (Milchsäure, s. folgende Abbildung); 89,08 (Laktat). D-Milchsäure: Synthese – Verteilung – Abbau – Elimination D-Laktat ist spezifischer Metabolit einiger gramnegativer und grampositiver Meningitiserreger, z. B. von Haemophilus influenzae, Escherichia coli, Staphylokokken, Enterobacter, Klebsiellen, Salmonellen, Shigellen, und kann bei bakterieller Meningitis erhöhte Konzentrationen in CSF haben. Geringe Konzentrationen im Blut (220 g und Zimmertemperatur mit Zellzerstörung (Leukozytenreste, Hämolyse) und/oder Festwinkelrotor (kein Zellsediment). • Störgröße: artifizielle Blutkontamination: mehr oder weniger stark ausgeprägt bei etwa der Hälfte aller CSF-Proben infolge intralumbaler Venenverletzung; Erkennung und Evaluation mittels ▶ Liquor-Drei-Gläser-Probe Die Probe wird verschlossen umgehend ins Labor transportiert (bis zu einer Stunde ohne Kühlung). Bis zu 3 Stunden nach Ankunft ist eine Untersuchung möglich, wenn die Probe gekühlt wurde. Einfrieren ist nicht sinnvoll, da Bakterien und/oder Zellen zerstört werden können.

Literatur Felgenhauer K, Beuche W (1999) Labordiagnostik neurologischer Erkrankungen. Georg Thieme Verlag, Stuttgart Guder WG, Narayanan S, Wisser H, Zawta B (2000) Proben zwischen Patient und Labor, 2. Aufl. GIT-Verlag, Darmstadt Kleine TO (1980) Liquordiagnostik: Untersuchungen mit Schnelldiagnostica. Untersuchungen zur Adsorption von Proteinen in Glas- und Kunststoffröhrchen. J Clin Chem Clin Biochem 18:7–11

L

1496 Oschmann P, Kunesch E, Zettl UK (2005) Liquorpunktion – Indikation, Techniken und Komplikationen. In: Zettl UK, Lehmitz R, Mix E (Hrsg) Klinische Liquordiagnostik, 2. Aufl. W. de Gruyter, Berlin/New York, S 21–38

Liquor-Glial fibrillary acidic protein T. O. Kleine

Englischer Begriff glial fibrillary acidic protein (GFAP) in cerebrospinal fluid (CSF) Definition Liquor-Glial fibrillary acidic protein (GFAP) (saures Gliafaserprotein, Gliafilament-Protein) in CSF und Blut ist frühe Destruktions-Kenngröße von Astrozyten und Astrogliose im Zentralnervensystem (ZNS), BlutserumKonzentrationen korrelieren mit Ausmaß geschädigter Astrozyten bzw. Astrogliose. Molmasse Monomere Untereinheit GFAP: 49,9–51 kDa; Abbauprodukt pGFAP: 40–50 kDa. Untersuchungsmaterial – Entnahmebedingungen Ca. 1 mL entzellter Lumbal-(L-), Subokzipital-(SOP-), Ventrikel(V-)Liquor und gleichzeitig gewonnenes venöses Serum (beides hämolysefrei). Kurze Lagerung bei etwa 5  C, bei –20  C >1 Monat, bei –80  C länger in sterilen verschlossenen Plastikröhrchen, z. B. aus Polystyrol. Probenstabilität S. Untersuchungsmaterial. Analytik ▶ Enzyme-linked Immunosorbent Assay (ELISA), kein Hämolyseeffekt; 2-Seiten-immunoradiometrischer Assay; Immunofluoreszenz-▶ Sandwich-Assay. Variationskoeffizient (VK) interseriell: 8–15 %; VK mit 0,24 mg/L GFAP: 25 %. Konventionelle Einheit mg/L.

Liquor-Glial fibrillary acidic protein

Interpretation GAFP ist in CSF erhöht bei akuter ZNSSchädigung, subakuten/chronischen neurologischen Erkrankungen mit Astrogliosis wie Alzheimer-Krankheit, Normaldruck-Hydrozephalus, zerebraler Vaskulitis, multipler Sklerose, Neuroborreliose, HIV-Infektion ohne ZNS-Komplikationen. GFAP in CSF korreliert mit Alter und Demenzformen (Ausnahme „frontal lobe dementia“), nicht mit ▶ QAlbumin. GFAP im Serum ist erhöht bei akuten neurologischen Erkrankungen während erster Woche bei Schlaganfall, Schädel-Hirn-Trauma, korreliert mit Infarktgröße wie S100Protein B (S100B). Diagnostische Wertigkeit Astrozyten-Destruktions-Kenngröße mit hoher Spezifität, da fast ausschließlich in reifen Astrozyten im ZNS synthetisiert, geeignet für ZNS-/Blutuntersuchungen, da Lumballiquor-/Serum-Gradient von 15:1 bei ausreichender methodischer Sensitivität im Blutserum: Nachweis von Abbauprodukt pGFAP und S100B-Proteinen im venösen Blut für ca. 3 Wochen proportional zum Volumen des geschädigten ZNS-Gewebes (bei kleinen Infarkten pGFAP im Serum früher erhöht messbar). Freisetzung von ▶ Liquor, basisches Myeloprotein aus Nervenscheiden in CSF erfolgt 1 Woche später. GAFP scheint besser mit dem „outcome“ von Infarktpatienten zu korrelieren als S100B-Proteine, obwohl GAFP- und S100B-Konzentrationen im Serum signifikant korrelieren.

Literatur Herrmann M, Vos P, Wunderlich MT et al (2000) Release of glial tissuespecific proteins after acute stroke. A comparative analysis of serum concentrations of protein S100B and glial fibrillary acidic protein. Stroke 31:2670–2677

Liquor-Glukose T. O. Kleine

Internationale Einheit pmol/L. Umrechnungsfaktor zw. konv. u. int. Einheit mg/L  20 = pmol/L. Referenzbereich – Erwachsene Lumballiquor: 7,2 mg/L (144 pmol/L); Ausschlussgrenze: 11,6 mg/L (232 pmol/L). Blutserum: 0,15–0,76 mg/L (3–15,2 pmol/L). Referenzbereich – Kinder Keine Werte vorhanden.

Englischer Begriff CSF glucose; glucose in cerebrospinal fluid (CSF); blood glucose in CSF. Definition D-Glukose, Hauptenergielieferant der ZNS-Zellen, wird durch spezifische Transporter aus Blut durch Blut-HirnSchranke (BHS) und Blut-Liquor-Schranke (BLS) ins Zentralnervensystem (ZNS) transportiert und ist Marker für CSF-Fluss aus Ventrikeln in Lumballiquor und die Stoffwechselaktivität von ZNS-Zellen.

Liquor-IgG, oligoklonal

Struktur ▶ Glukose. Molmasse 180,16 g. Untersuchungsmaterial – Entnahmebedingungen Patientenvorbereitung: nüchtern. 0,2 mL Ventrikel-, Subokzipital(SOP-), Lumbal-Liquor nativ oder entzellt, mit oder ohne NaFluorid-Zusatz und gleichzeitig gewonnenes venöses EDTA-Blut mit Fluorid-Zusatz. CSF-Glukose ohne Na-Fluorid-Zusatz 5 Stunden stabil bei Raumtemperatur mit 6 G/L Leukozyten und 30 G/L Erythrozyten, bei 4  C 24 Stunden, entzellt bei –20  C >1 Monat. Analytik. ▶ Hexokinase-Methode (▶ Glukose; ▶ QGlukose). Konventionelle Einheit mg/dL.

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Definition Oligoklonale IgA-Banden (IgA-OB) in CSF, mittels ▶ isoelektrische Fokussierung (IEF) und immunspezifischer Bandendetektion von monomerem und dimerem IgA in Agarosegel mit Ausschlussgrenze von 2 IgA-OB dargestellt, sind Kenngröße von subakut/chronischen Entzündungsprozessen im Zentralnervensystem (ZNS) mit geringerer Häufigkeit als IgG-OB (▶ Liquor-IgG, oligoklonal). Struktur ▶ Immunglobulin A. Molmasse Monomer 160 kDa; Dimer 335 kDa. Untersuchungsmaterial – Entnahmebedingungen Ventrikel-, Subokzipital-(SOP-), Lumbal-Liquor.

Internationale Einheit mmol/L.

Probenstabilität Sofort entzellt, aliquotiert in sterilen Plastikröhrchen mit Schraubverschluss und stabil bei –80  C bis zu 1 Jahr gelagert.

Umrechnungsfaktor zw. konv. u. int. Einheit mg/dL  0,0555 = mmol/L.

Analytik IEF in Agarosegel (▶ Liquor-Agarosegelelektrophorese, ▶ Liquor-Isoelektrische Fokussierung).

Referenzbereich – Erwachsene Lumballliquor: 62 mg/dL; 5–95 %-Bereich: 49–75 mg/dL für Erwachsene und Kinder, entsprechend 3,4 mmol/L, 5–95 %-Bereich: 2,7–4,2 mmol/L. In SOP- und Ventrikelliquor etwas höhere Werte.

Diagnostische Wertigkeit Detektion von IgA-OB mittels IEF mit spezifischer Immundetektion ist verfahrensabhängig: IgA-OB-Test mit monomer/dimerer IgA-Detektion in nativer CSF ist 4-mal weniger häufig positiv als mit Reiber-Diagramm von 1987, bei monomerer IgA-Detektion in reduziertem CSF seltener positiv (59 % der Fälle) als mit ReiberFelgenhauer-Formel von 1987 (83 %). Falsch-negative Werte bei IgA-Index durch Unterbestimmung von dimerem IgA (▶ Liquor-Immunnephelometrie, partikelverstärkt, QIgA). Fazit: falsch-positive Ergebnisse bei Berechnung von intrathekaler IgA-Produktion durch Unterkompensation von Plasma-IgA in CSF (▶ Immunglobulinbestimmung, intrathekal empirisch [Reiber-Schema]).

Referenzbereich – Kinder S. Erwachsene.

Literatur Kleine TO (2005) Notfall-Programm. In: Zettl K, Lehmitz R, Mix E (Hrsg) Klinische Liquordiagnostik, 2. Aufl. W. de Gruyter, Berlin/New York, S 127–134

Literatur

Liquor-Hämosiderophagen ▶ Liquor-Siderophagen

Sindic CJM, Monteyne P, Bigaignon G et al (1994) Polyclonal and oligoclonal IgA synthesis in the cerebrospinal fluid of neurological patients: an immunoaffinity-mediated capillary blot study. J Neuroimmunol 49:109–114

Liquor-IgA, oligoklonal T. O. Kleine

Liquor-IgG, oligoklonal T. O. Kleine

Synonym(e) Oligoklonale Immunglobulin-IgA-Banden im Liquor cerebrospinalis (CSF) Englischer Begriff oligoclonal IgA bands in CSF

Synonym(e) Oligoklonale Immunglobulin-IgA-Banden im Liquor cerebrospinalis (CSF)

L

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Liquor-IgG, oligoklonal

Englischer Begriff oligoclonal IgG bands

Referenzbereich – Kinder S. Erwachsene.

Definition Oligoklonale IgG-Banden (IgG-OBs) in CSF mittels ▶ Isoelektrische Fokussierung (IEF) in Agarosegel oder Polyacrylamid-Gel (PAG) und immunspezifischer Bandendetektion dargestellt, sind Kenngröße subakut/chronischer Entzündungsprozesse im Zentralnervensystem (ZNS) bei Ausschlussgrenze von 1–2 IgG-OB.

Indikation Verdacht auf subakut/chronische ZNS-Entzündungen, Verdacht auf Antikörper-produzierende Tumoren im ZNS, z. B. Lymphom; Verdacht auf Multiple Sklerose (MS) bei klinischen Symptomen mit mindestens 2 anatomischen Orten der Myelindestruktion im ZNS bei Magnetresonanztomographie (MRT).

Synthese – Verteilung – Abbau – Elimination Polyklonales Grundmuster von parallel-lokalisierten IgG-Banden mit unterschiedlichen pI im CSF-/Serum-Probenpaar (Normaler Befund, Befund I in Abb. 1), die ein Gleichgewicht von Plasma-IgG, filtriert durch Blut-Liquor-Schranke (BLS) und diffundiert durch Löcher in BHS, im CSF-/Serum-Probenpaar anzeigen (▶ Blut-Hirn-Schranke-Funktionsteste). Funktion – Pathophysiologie ▶ Liquor-Banden, oligoklonale. Untersuchungsmaterial – Entnahmebedingungen CSF-, Subokzipital-(SOP-), Lumbal-Liquor. Probenstabilität Sofort entzellt, aliquotiert in sterilen Plastikröhrchen mit einem Schraubverschluss und stabil bei –80  C bis zu 1 Jahr gelagert. Analytik ▶ Agarosegelelektrophorese, trische Fokussierung.

▶ Liquor-Isoelek-

Referenzbereich – Erwachsene OB-Test negativ: polyklonales IgG-Grundmuster von parallel gleichen IgG-Banden im CSF- und Serum-Probenpaar mit unterschiedlichem pI (Befund I in Abb. 1; weniger ausgeprägt bei Immunblotting).

Interpretation • OB-Test positiv: mehr als 1–2 deutliche IgG-Banden (Grenzwert 1 IgG-OB) nur in CSF im polyklonalen IgGGrundmuster: permanente intrathekale IgG-Synthese (Befund II in Abb. 1) • OB-Test positiv: mehr als 1–2 deutliche IgG-Banden auf CSF beschränkt im polyklonalen IgG-Grundmuster plus zusätzliche identische IgG-Banden mit unterschiedlichen pI im CSF- und Serum-Probenpaar: permanente intrathekale und systemische IgG-Synthese (Befund III in Abb. 1) • OB-Test negativ: identische IgG-Banden in CSF und Serum mit unterschiedlichem pI zusätzlich im polyklonalen IgG-Grundmuster: permanente systemische IgGSynthese (Befund IV in Abb. 1) • OB-Test negativ: mehr als 3 parallele IgG-Banden mit ähnlichen pI im polyklonalen IgG-Grundmuster bei systemischem IgG-Paraprotein (Befund V in Abb. 1) • OB-Test negativ: zusätzliche IgG-Banden nur in Serumprobe im polyklonalen IgG-Grundmuster: frische, vorübergehende IgG-Synthese im System (Befund VI in Abb. 1) Diagnostische Wertigkeit IgG-OB-Muster verfahrensabhängig: falsch-negative Ergebnisse bei Berechnung von intra-

Liquor-IgG, oligoklonal, Abb. 1 Darstellung von 6 Befundmustern in 6 Serum(S)- und Liquor(L)-Probenpaaren bei IEF mit IgG-spezifischer Immundetektion (Erläuterung s. Interpretation)

Liquor-Immunglobulinklassenmuster

thekaler IgG-Produktion durch nicht relevante Kompensation von Plasma-IgG in CSF. IgG-OB nicht MS-spezifisch; Mikroheterogenität von IgG-OB als individuell einzigartiges IgG-Muster abhängig vom Therapieverlauf; OB-Korrelation mit aktivierten CSF Lymphozyten und IgG-Index. IgG-OBTest kann mäßige Sensitivität und Spezifität von bildgebenden Verfahren („magnetic resonance imaging“, MRI) bei der MS-Diagnostik verbessern.

Literatur Kleine TO, Damm T (2003) Distinct heterogeneity of IgG immune response in cerebrospinal fluid (CSF) detected by isoelectric focusing (IEF) with extended immunofixation. Brain Res Bull 61:309–320

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Referenzbereich – Kinder S. Erwachsene. Diagnostische Wertigkeit IgM-OB-Test zuverlässiger und empfindlicher als quantitative Ermittlung von intrathekaler IgM-Synthese mit Formeln mit falsch-positiven und falschnegativen Ergebnissen: bei verschiedenen ZNS-Krankheiten; falsch-positive Werte durch ungenügende Kompensation von Plasma-IgM in CSF mittels zu kleinen Albuminmoleküls bei Blut-Hirn-Schranken/Blut-Liquor-Schranken-Funktionsstörung (▶ Immunglobulinbestimmung, intrathekal empirisch [Reiber-Schema]) und Unterschiede bei Quantifizierung von IgM monomer und pentamer mit Mikropartikel-verstärkter Immunnephelometrie (▶ Liquor-Immunnephelometrie, partikelverstärkt); bei Verdacht auf Multiple Sklerose und negativem IgG-OB-Test und negativem IgG-Index ist IgM-OB positiv in 40 % der Fälle.

Liquor-IgM, oligoklonal Literatur T. O. Kleine

Synonym(e) Oligoklonale Immunglobulin-IgA-Banden im Liquor cerebrospinalis (CSF)

Sindic CJM, Monteyne P, Laterre EC (1994) Occurrence of oligoclonal IgM bands in the cerebropsinal fluid of neurological patients: an immunoaffinity-mediated capillary blot study. J Neurol Sci 124:215–219

L

Englischer Begriff oligoclonal IgM bands in CSF

Liquor-Immunglobulinklassenmuster Definition Oligoklonale IgM-Banden (IgM-OB) in CSF, mittels ▶ Isoelektrische Fokussierung (IEF) und immunspezifischer Detektion in Agargosegelen dargestellt, sind Kenngröße früher humoraler Immunantwort bei Entzündungsprozessen im Zentralnervensystem (ZNS) mit Ausschlussgrenze von 1–2 IgMOB.

T. O. Kleine

Synonym(e) Immunoglobulinmuster im Liquor cerebrospinalis (CSF)

Struktur. ▶ Immunglobulin M.

Englischer Begriff immunoglobulin pattern in CSF

Molmasse Monomer: 179 kDa; Pentamer: 970 kDa.

Definition Intrathekale Synthese von IgM mit oder ohne Isotypenwechsel zu IgG und IgA in „geprimten“ Plasmazellen in CSF bzw. Zentralnervensystem (ZNS) bei der humoralen Immunantwort, bei der Immunglobulinklassenmuster in CSF entstehen.

Untersuchungsmaterial – Entnahmebedingungen CSF-, Subokzipital-(SOP-), Lumbal-Liquor. Probenstabilität Sofort entzellt, aliquotiert in sterilen Plastikröhrchen mit Schraubverschluss und bei –80  C bis zu 1 Jahr gelagert; intensives Mischen nach Auftauen.

Struktur ▶ Immunglobulin G, ▶ Immunglobulin A, ▶ Immunglobulin M.

Analytik ▶ Liquor-Agarosegelelektrophorese, ▶ Liquor-Isoelektrische Fokussierung.

Molmasse ▶ Immunglobulin G, ▶ Immunglobulin A, ▶ Immunglobulin M.

Referenzbereich – Erwachsene Normaler Befund: polyklonales IgM-Grundmuster von parallel gleichen IgM-Banden im CSF- und Serumprobe mit unterschiedlichen pI: IgM-OB-Test negativ (vgl. im Stichwort ▶ Liquor-IgG, oligoklonal, Abbildung, Befund I).

Halbwertszeit ▶ Immunglobulin G, ▶ Immunglobulin A, ▶ Immunglobulin M. Untersuchungsmaterial Ventrikel-, Subokzipital-(SOP-), Lumbal-Liquor (entzellt) und Serumproben, simultan gewon-

1500

nen, bei 4  C verschlossen in sterilen Polystyrolröhrchen ohne Verluste bis zu 2 Monate lagerbar; bei –80  C >1 Jahr, fraktioniert einfrieren, nur einmal auftauen. Analytik Liquor-Immunzytologie, ▶ IgM-Index, ▶ IgGIndex, ▶ IgA-Index, ▶ Immunglobulinbestimmung, intrathekal empirisch (Reiber-Schema), ▶ Liquor-IgA, oligoklonal, ▶ Liquor-IgG, oligoklonal, ▶ Liquor-IgM, oligoklonal, ▶ Liquor-Immunnephelometrie, partikelverstärkt. Bewertung Die Bestimmung der humoralen Immunreaktionsmuster ist abhängig vom Krankheitsbeginn bzw. -verlauf, (der sich nicht zeitlich eindeutig definieren lässt,) von Sensitivität, Spezifität und Effizienz der Untersuchungsverfahren (s. dort); mit empirischer und rechnerischer Ermittlung der intrathekalen Immunglobulinbestimmung: • Starke IgG-Dominanz bei multipler Sklerose, Neurosyphilis, chronischer HIV-Enzephalitis; • Zweiklassenreaktion – Von IgG + IgA bei eitriger Meningitis, tuberkulöse Meningitis – Von IgG + IgM bei Frühsommer-Meningoenzephalitis, progressiver Paralyse • Dreiklassenreaktion von IgG + IgM + IgA bei Neuroborreliose, Mumps-Meningoenzephalitis, opportunistischen Infektionen im ZNS

Liquor-Immunnephelometrie, partikelverstärkt

Untersuchungsmaterial Ventrikel-, Subokzipital-(SOP-), Lumbal-Liquor, Körpersekrete, entzellt, gleichzeitige Gewinnung von Blutserum zum Vergleich; Lagerung in sterilen Plastikröhrchen bei 2–8  C verschlossen für 1000 kDa.

Probenstabilität Lagerung in sterilen Plastikröhrchen bei Zimmertemperatur 1 Tag, bei 4–6  C 10.000 mg/L) evtl. mit CSF-Gerinnung. Liquor-Protein bzw. QGesamt-Protein vermindert bei Hirnatrophie, Liquorresorptionsstörungen, z. B. bei Hydrozephalus; lumbaler Liquordrainage. Diagnostische Wertigkeit Liquor-Protein ist eine Kenngröße der BLS/BHS-Funktionsstörung mit 87–88 % Sensitivität bzw. Spezifität bei der Meningitisdiagnostik in Lumballiquor. FolinCiocalteu-Methode 2 100-mal empfindlicher als Biuret-Methode 1, beide wenig praktikabel; Störfaktoren aller Methoden sind ▶ Hämolysin und Xanthochromie. Methoden 1, 3, 4, 5, 6 mechanisierbar; Methoden 1a, 1b, 4 für Ventrikelproben zu unempfindlich; Matrixunterschiede zwischen Kalibrator und CSF-Proben bzw. verschiedene Kalibratorproteine (z. B. Albumin, verdünntes Serum) und Reaktions- bzw. Farbstoffabsorptionsunterschiede bei Analyse einzelner Proteine können Abweichungen von 11–>27 % verursachen.

Literatur Kleine TO (1984) Liquor. In: Thomas L (Hrsg) Labor und Diagnose. Indikation und Bewertung von Laborbefunden für die medizinische Diagnostik, 2. Aufl. TH-Books, Frankfurt am Main, S 947–949

Liquor-14-3-3-Protein T. O. Kleine

Englischer Begriff 14.3.3 proteins in cerebrospinal fluid (CSF)

L

1510

Definition Name eines Proteins mit besonders saurer Wanderungsposition bei DEAE-Chromatographie und ▶ Stärkegelelektrophorese. Ligand für Proteine in der Zelle, die dadurch Isotypenwechsel erfahren, was zum Zelltod im Zentralnervensystem (ZNS) führt. CSF-14-3-3-Isotypen sind Kenngröße für akuten Neuronenverlust, akute ZNSDestruktion; laborunterstütze Diagnostik der Creutzfeldt-JakobKrankheit (JCD). Struktur Körbchenstruktur mit 9 a-Helices in jedem Monomer mit 2 Bindungsstellen im Dimer (z. B. von 14-3-3 ζ und t) zur Anpassung an Helix-Form von über 100 Liganden (phosphorylierte und nicht phosphorylierte Proteine). 14-3-3-Isotypen haben Chaperon-Funktion: Aktivitätserhöhung von Enzymen, z. B. Proteinkinasen, durch Konformationsänderungen, Aggregationshemmung von In-vitro-Proteinen. Molmasse Monomer 27–30 kDa, Dimere mit 7 Isoformen b, g, e, ζ, Z, s, t/y als Homodimere oder Heterodimere mit Unterschieden in Primärstruktur; b ist phosphorylierte Isoform von a, ζ phosphorylierte Isoform von d. Synthese – Verteilung – Abbau – Elimination ZNS-14-33-Proteine, ca. 1 % des löslichen ZNS-Proteins, sind lokalisiert in Neuronenkörper und Fortsätzen, 14-3-3-g-, -e-, -b-, -ζ-Isoformen in synaptischen Vesikeln und Membran, in einigen Gliazellen; Abgabe (z. B. durch Entleerung synaptischer Vesikel) in Interstitialflüssigkeit und CSF mit >1 % Anteil an Liquorprotein. 14-3-3-Proteine modifizieren Zellproliferation, -differenzierung, -transformation (▶ Apoptose, Onkogenese) via transkriptionale Kontrolle, Signaltransduktion, intrazelluläres Trafficking, Regulation von Ionenkanälen. Funktion – Pathophysiologie Deposition von 14-3-3Isotyp ζ mit sich selbst replizierendem Prion-Protein PrPSc in diffusen ZNS-Amyloidplaques bei Creutzfeldt-JakobKrankheit (CJD) und neuen Variante von CJD, nicht bei anderen Demenzen, macht Beteiligung von 14-3-3-Protein (en) bei molekularen pathologischen Prozessen im CJDZNS wahrscheinlich, möglicherweise bei der Transformation von normalen löslichen PrPC zur wenig löslichen PrPSc-Isoform, die Neuronenuntergang mittels Apoptose induziert; PrPSc-Peptid aktiviert Glutamat-Rezeptorkanal von Neuronen; 14-3-3-Proteine werden kurz vor Erscheinen klinischer Zeichen und atypischer Erregungsmuster im EEG (PSWCs) in CSF nachweisbar. Kolokalisation von e-, g-, ζ-, y-Isotypen mit a-Synuclein in Lewy-Körperchen im ZNS bei M. Parkinson und Hemmung der Tyrosinhydrolaseaktivität mit verminderter Dopaminproduktion. 14-3-3-Proteine in Astrozyten, Oligodendrozyten, Mikroglia, Makrophagen in Multiple-Sklerose-Plaques verhindern Apoptose von Oligodendrozyten.

Liquor-14-3-3-Protein

Untersuchungsmaterial – Entnahmebedingungen Ventrikel-(V-), Subokzipital-(SOP-), Lumbal-Liquor. Probenstabilität Sofort auf Trockeneis ohne Zusatz einfrieren, Lagerung bei 80  C. Analytik Quantitativer 14-3-3-Capture-Assay, der 14-3-3 an sein Phosphorylierungsregion-Peptid-Motiv im Monomer bindet; gebundenes Monomer aggregiert zu 14-3-3-Dimer, dessen freier C-terminaler Teil 226–245 mit Anti-14-3-3-g detektiert wird; Kreuzreaktion mit 14-3-3-Z. Nachweisgrenze Optical Density (OD): 27 OD405 nm bzw. >0,5 mg/L 14-3-3. Semiquantitative 2-dimensionale ▶ SDS-Elektrophorese mit Silberfärbung und Detektion von zwei 30-kDa-Banden: p130 und p131. Semiquantitative modifizierte Western-Blot-Technik mit Detektion von 14-3-3-Protein mittels polyklonaler Antib-Isoform-Antikörper; Nachweisgrenze 4 mg/L (▶ Western blot). Referenzbereich – Erwachsene Semiquantitativ: negativ, keine p130- und p131-Banden bzw. 14-3-3-Banden; quantitativ: Neuronen; Lumballiquor/Serum-Gradient von 40:1 geeignet für ZNS ! Blut-Untersuchungen, dabei Diskriminierung von extrazerebralen S100B-Proteinen erforderlich. Venöses Blut: Nachweis von S100B-Proteinen und ▶ Liquor-Glial fibrillary acidic protein-Abbauprodukt (pGFAP) für ca. 3 Wochen proportional zum Volumen des geschädigten ZNS-Gewebes (S100B-Peak später). Freisetzung von basischem Myelinprotein (BMP) aus Nervenscheiden in CSF erfolgt 1 Woche später. Bei der Evaluation von Infarktvolumen und klinischem Outcome erscheinen in seriellen Serumbestimmungen S100B-Proteine besser geeignet als LiquorNeuronenspezifische Enolase (NSE). S-100B-Proteine im Blutserum sind keine spezifischen ZNS-Zellmarker: Evaluation von ZNS-Zellschaden nur zusammen mit anderen ZNS-Zellmarkern, Evaluation von peripheren Gewebe- und Organschäden mit anderen Zellmarkern. Arterielles Blut: kurzer Anstieg von S100B-Proteinen in A.-carotis-Serum bei vorübergehender BHS-Öffnung nach Infusion mit 1,4 mol/L Mannitol, Indikator für effiziente arterielle medikamentöse ZNS-Therapie.

Definition S100B-Proteine sind in CSF Kenngrößen für Destruktion von Zellen des zentralen Nervensystems (ZNS) (hauptsächlich von Astrozyten), im Serum – validiert mit anderen Zellmarkern – Kenngrößen für Multiorgandysfunktion bzw. Kenngröße für iatrogene Öffnung der Blut-HirnSchranke (BHS). S100-Proteine sind löslich in gesättigter Ammoniumsulfatlösung. Synthese – Verteilung – Abbau – Elimination Saure Calcium-bindende Proteine mit Monomeren S100A und S100B, Dimeren mit 21 kDa. Vorkommen im ZNS: S100BB und S100A1B im Zytoplasma von Glia (Astrozyten), Schwann-Zellen, einigen Neuronen; extrazerebral: S100B Homo- und Heterodimere in Fettgewebe (Adipozyten), Knorpelgewebe (Chondrozyten), Epidermis und Dermis, S100A1A1 in Muskulatur. Halbwertszeit Im Blutplasma ca. 60 Minuten, in CSF 6–8 Stunden. Untersuchungsmaterial – Entnahmebedingungen CSF: ca.1 mL entzellter Lumbal-(L-), Subokzipital-(SOP-), Ventrikel-(V-)Liquor und gleichzeitig gewonnenes venöses Serum. Kurze Lagerung bei ca. 5  C, bei 20  C >1 Monat, bei 80  C länger in sterilen verschlossenen Plastikröhrchen, z. B. aus Polystyrol, fraktioniert eingefroren. Blutserum: Als BHS-Marker ZNS ! Blut: Serum aus A. carotis unmittelbar vor und nach intraarterieller Infusion von 1,4 mol/L Mannitol zur Öffnung der BHS, 45 Sekunden nach Zytostatikumapplikation, 4–6 Stunden später. Analytik Immunologischer ▶ Sandwich-Assay mit monoklonalem Anti-S100B z. B. auf paramagnetischen Partikeln, Detektion mittels Lumineszenz (▶ Luminex-Assay); S100BB

Literatur Kleine TO, Benes L, Zöfel P (2003) Studies of the brain specificity of S100B and neuro-specific enolase (NSE) in blood serum of care patients. Brain Res Bull 61:265–279

Liquor-tau-Globulin ▶ Liquor-Asialotransferrin

Liquor-tau-Protein, phosphoryliert

Liquor-tau-Protein, phosphoryliert T. O. Kleine

Synonym(e) Liquor-p-tau-Protein Englischer Begriff phosphorylated tau in cerebrospinal fluid (CSF) Definition CSF-tau-Proteine sind Kenngröße spezifisch für Demenzerkrankungen mit überphosphorylierten tau-Proteinen in CSF und gleicher oder höherer Effizienz als klinische und neuropsychologische Demenz-Evaluation.

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ten, 4  C, gelagert –70 bis 80  C; zyklisches AuftauenFrieren von Aliquots beeinflusst Ergebnisse. Analytik Sandwich Enzyme-Linked Immunoassay bzw. ▶ Enzyme-linked Immunosorbent Assay (ELISA) mit monoklonalen Antikörpern bindet spezifisch an 1 phosphorylierte (p) Aminosäure – Thr181 (p-tauThr181), Thr231 (p-tauThr231), Ser199 (p-tauSer199), Ser235 (p-tauSer235) – oder 2 phosphorylierte Aminosäuren – Thr231 plus Ser235 (p-tauThr231/Ser235), Ser396 plus Ser404 (p-tauSer396/Ser404). Umrechnungsfaktor zw. konv. u. int. Einheit Umrechnung von pg/mL in ng/L mit Faktor 1. Referenzbereich – Erwachsene Referenzbereich Erwachsene für Lumballiquor:

Struktur Basisches Protein mit bis zu 14 Arginin- und 44 Lysinresten in bis zu 6 Isoformen T1–T6 mit 55–60 kDa (▶ Liquor-tau-Proteine, gesamt). Synthese – Verteilung – Abbau – Elimination In Neuronen und Glia-Zellen des Zentralnervensystems (ZNS) Synthese von bis zu 6 Isoformen T1–T6 durch alternatives Pro-mRNA-Spleißen von einem Gen auf Chromosom 1 mit posttranslationaler Phosphorylierung an selektierten Serin- und Threoninresten mittels „Routine“-Kinasen (▶ Liquor-tau-Proteine, gesamt). Unter pathologischen Bedingungen Zunahme der Phosphorylierung anderer selektierter Ser-, Thr- und Tyr-Resten. Funktion – Pathophysiologie „Paired helical filaments“ (PHFs), „neurofibrillary tangles“ (NTFs). 3 überphosphorylierte gekürzte tau-Proteine als Grundeinheit (Triplet) formen spontan unlösliche, helikal-gewundene, gepaarte Filamente von ca. 10 nm Länge („paired helical filaments“, PHFs) vermischt mit „straight filaments“ von ca. 15 nm Länge, wobei (Heparansulfat-)Proteoglykane, Aluminium, Mg, Ca, Fe eine Chaperon-ähnliche Wirkung an Samenfilamenten haben. Proteinase-resistente PHFs akkumulieren zu „neurofibrillary tangles“ (NTF) perikaryal sowie in Axonen dystrophischer Neuronen und induzieren Apoptose; hyperphosphoryliertes (holo-)tau-Protein diffundiert in CSF. Resultat: intrazelluläre Verminderung von tau-Protein ! Destabilisierung von Zytoskelett mit Mikrotubuli-Dysfunktion (▶ Liquor-tauProteine, gesamt) ! neuronale Malfunktion mit gestörtem vesikulären-tubulären Transport u. a. mit APP-Anhäufung ! neuronaler Zelltod, eventuell Demenz. Untersuchungsmaterial – Entnahmebedingungen Ventrikel-, Subokzipital-(SOP-), Lumballiquor, feste Abnahmezeiten, z. B. zwischen 10 und 12 Uhr in Polypropylen-Röhrchen in Eis in 0,5 mL Aliquots, entzellen bei 10.000  g, 10 Minu-

CSF-p-tauThr181 CSF-p-tauSer199 CSF-p-tauThr231 CSF-p-tauThr181/Ser231 CSF-p-tauSer396/Ser404

Liquor-tauProteinLiquor-tau-ProteinKonzentration Konzentration (pg/mL) (pmol/L) 7–69 2,9–27,3 1 Zellkern, hyperchrom, polyploid, Polychromasie bzw. Hyperchromasie (gesteigerte Anfärbbarkeit von Zellkern) • Kernatypie: Kerneinkerbungen, Kernabschnürungen, Chromatinfragmentation „mit offenen Zonen“, schnurartiges Chromatinmuster bei Leukämiezellen • Aneuploidie: Abweichung einzelner Chromosomen von normaler Zahl • Mitotische und amitotische Teilungen mit 0,5 ‰ Häufigkeit • Vermehrte Zahl und Größe der Nukleoli • Gestörte Kern-Plasma-Relation mit größerem Zellkernanteil • Basophilie des Zytoplasmas (Nukleinsäurenreichtum), Fehlen der acidophilen prinuklearen Zone bei Lymphozyten, Zytoplasmaausstülpungen, -anhängsel, -vakuolen; Siegelringbildung von mukoiden Material Synthese – Verteilung – Abbau – Elimination Primäre ZNS-Tumoren metastasieren via CSF mit der Häufigkeit Medulloblastom > Glioblastom > Pinealom > Ependymom mit Tumorzellen in CSF (Meningeosis carcinomatosa blastomatosa); tertiäre Metastasen nach hämatogener Streuung und Tumorzellinfiltration in Leptomeningen mit Tumorzellen in CSF mit der Häufigkeit Bronchialkarzinom > Karzinome des Magen-Darm-Traktes > Mammakarzinom > Melanoblastom (Meningeosis carcinomatosa blastomatosa); Meningoenzephalopathie bei akuten (selten bei chronischen) Hämoblastosen mit Infiltration myeloischer/lymphatischer Zellen in Hirnhäute und Rückenmarksubstanz, davon wenige in CSF (Meningeosis leucaemica). Untersuchungsmaterial – Entnahmebedingungen Nativer Ventrikel-, Subokzipital-(SOP-) und Lumballiquor in sterilen beschrifteten Polypropylen-Röhrchen mit Verschluss und Lagerung bei 4  C lichtgeschützt nicht älter als 1–2 Stunden; eventuell simultan gewonnenes EDTA-Vollblut. Analytik ▶ Liquor-Zytozentrifugen-Verfahren; ▶ LiquorSedimentierkammer-Verfahren bzw. mittels spezieller Techniken verifiziert: ▶ Liquor-Durchflusszytometrie (FACS); ▶ Fluoreszenz-in-Situ-Hybridisierung (FiSH), Zellzyklusmarkierung-Indices (MIB-I), Immunphenotyping von Lymphomen. Störgröße: artifizielle Blutbeimengung bei Leukämien, Knochenmarkkontamination. Referenzbereich – Erwachsene Normale Zellgröße, Durchmesser 0,5 mL frischer Ventrikel-, Subokzipital-(SOP-), Lumbal-Liquor oder (subdurale) Zystenflüssigkeit.

Liquor-Zellzählung, mechanisiert

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Liquor-Zellreaktionen, Tab. 1 Differenzierung und Ausbeute von Leukozyten in Lumbal-Liquor von Erwachsenen mittels 5 Verfahren A-E

Verfahren A: Phasenkontrastmikroskop nativer Zellen B: Liquor-Objektträger-Methode C: Zytozentrifuge Cytospin I, II (Shandon)** D: Zytozentrifuge (Hettich) PDDA-beschichtete Objektträger** E: Sedimentierkammer nach Sayk, nicht beschichtete Objektträger**

Zellart Lymphozytäre (%) 63–99 79 70 77–91

Monozytäre (%) 0–28 18 29 8–22

Makrophagen (%) 0–9 3 1 –

Nichtdifferenzierbare* (%) (Ausbeute in %) 1 (52–74) 4 (>50) 11 (80 % der differenzierten CSF-Leukozyten • Zelluläre Kenngröße von meningealer Reizung: monozytäre Reaktion mit monozytären, aktivierten monozytären Zellen und Makrophagen bei >40 % der differenzierten CSF-Leukozyten

Lehmitz R, Kleine T O (1999) Routine cytodiagnosis and immunecytodiagnosis in cerebrospinal fluid (CSF). In: Melo E (ed) XX World Congress of Pathology and Laboratory Medicine. IV Mercosil, XXXIII Brazilian III Laboraotry Management. Monduzzi Editore International Proceedings Division, Bologna, S 157–161

Liquor-Zellzählung, mechanisiert T. O. Kleine

Englischer Begriff mechanized counting and differentiation of cerebrospinal fluid (CSF) cells

L

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Definition Mechanisierte Zählung und Differenzierung von nativen CSF-Zellen in Hämatologie-Analyzern mittels Streuung am Laserstrahl oder elektrischer Impedanzmessung und chemischer Zellpräparation oder Fluoreszenz-Durchflusszytometrie von Kern-gefärbten CSF-Zellen mit erhöhter Sensitivität in offenen Systemen durch Vermehrung des Probenvolumens. Fluorescence-activated cell sorting (FACS) zu gleichzeitiger Färbung, Analyse und Sortierung von lebenden Leukozyten. Physikalisch-chemisches Prinzip ▶ Liquor-Durchflusszytometrie (FACS). Untersuchungsmaterial Präanalytik: durchsichtige, farblose Polypropylen-Röhrchen steril mit Verschluss. Probenstabilität: lichtgeschützt bei 4  C 0,5 mL frischer Ventrikel-, Subokzipital-(SOP-), Lumbal-Liquor oder (subdurale) Zystenflüssigkeit. Praktikabilität – Automatisierung – Kosten Schnellere praktikablere Zellzählung mit größerem Probenvolumen (100 mL) als mit zeitaufwendiger Kammerzählung (10–20 mL) bei vergleichbar hohen VK bei niedrigen und hohen Zellzahlen (30–90 % bzw. 20 IU/L

Referenzbereich – Kinder Aufgrund der Unterschiede der Assays sind jeweils methodenspezifische Referenzbereiche zu verwenden. Orientierend folgende Angaben:

Luteinisierendes-Hormon-Releasing-Hormon

Luteinisierendes-Hormon-ReleasingHormon ▶ Gonadotropin-Releasing-Hormon

Luteohormon ▶ Progesteron

• Präpubertär: 50 mEq/h; PAO >60 mEq/h (Männer).

R. Tauber und F. H. Perschel

Synonym(e) Fraktionierte Magensekretionsanalyse; Pentagastrin-Magensäure-Sekretionstest; Pentagastrin-Test Englischer Begriff pentagastrin gastric secretory testing Definition Der Pentagastrin-Magensäure-Sekretionstest ist ein Funktionstest zur Erkennung einer Störung der Magensäuresekretion. Durchführung Nach Legen einer Magensonde wird über eine Stunde das Magensekret abgesaugt und in 4 Portionen von jeweils 15 Minuten aufgefangen. Das Volumen der ein-

Literatur Goldschmidt M, Feldman M (1997) Gastric secretion in health and disease. In: Sleisenger MH, Fordtran JS (Hrsg) Gastrointestinal disease, Bd 1. Elsevier, New York, S 524–544 Metz DC, Starr JA (2000) A retrospective study of the usefulness of acid secretory testing. Aliment Pharmacol Ther 14:103–111

Magische Pilze ▶ Pilze als Rauschmittel

Magnesium

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Störung der inneren Bilanz (Magnesium-Shift aus dem Extrazellulärraum):

Magnesium C. Vidal und W.-R. Külpmann

Synonym(e) Mg

• „Hungry-bone“-Syndrom nach totaler Parathyreoidektomie • Akute Pankreatitis • Gravidität • Insulingabe

Englischer Begriff magnesium Ursachen der Hypermagnesiämie: Positive äußere Bilanz:

Definition Erdalkalimetall. Molmasse Relative Atommasse: 24,305. Synthese – Verteilung – Abbau – Elimination Der tägliche Magnesiumbedarf von 15 mmol wird mit der Nahrung zugeführt. Magnesium ist neben Kalium mengenmäßig das bedeutendste intrazellulare Kation. Die Regulation der Magnesiumkonzentration im Plasma erfolgt durch die Anpassung der renalen Elimination. Im Plasma liegt etwa 65 % in freier Form vor, 35 % sind gebunden, überwiegend an Proteine (▶ Albumin). Funktion – Pathophysiologie Ursachen der Hypomagnesiämie: Negative äußere Bilanz: • Verminderte Zufuhr – Malnutrition – Alkoholismus – Magnesiumarme Ernährung • Vermehrte Verluste – Renale Verluste • Diuretische Phase nach akutem Nierenversagen • Postobstruktive Diurese • Polyurie • Angeborene tubuläre Defekte • Conn-Syndrom (primärer Hyperaldosteronismus) • SIADH (Syndrom der inadäquaten ADH-Sekretion) • Hyperkalzämie (einschließlich primärer Hyperparathyreoidismus) • Hyperthyreose • Therapie mit Schilddrüsenhormon • Metabolische Acidose • Diuretika • Sonstige Pharmaka (Aminoglykoside, Amphotericin B, Ciclosporin, D-Penicillamin) • Gitelman-Syndrom – Gastrointestinale Verluste • Chronische Diarrhoen (M. Crohn, Colitis ulcerosa) • Malabsorption (einheimische und tropische Sprue, pankreatogen) • Dünndarmresektion

• Erhöhte Zufuhr – Parenteral: Magnesiumtherapie – Enteral: magnesiumhaltige Antacida – Rektal: magnesiumhaltige Klysmen • Verminderte Ausfuhr – Akute oder chronische Niereninsuffizienz Störung der inneren Bilanz (Magnesiumfreisetzung aus dem Intrazellulärraum): • • • •

Rhabdomyolyse Zelllyse nach Zytostatikatherapie Verbrennung Trauma

Untersuchungsmaterial – Entnahmebedingungen Plasma, Urin. Analytik Die Bestimmung der Gesamtmagnesiumkonzentration erfolgt im Plasma überwiegend nach Farbreaktion z. B. mit Xylidylblau, seltener mittels Atomabsorptionsspektrometrie (AAS). Für die Bestimmung im Urin wird die AASMessung eingesetzt. Die Bestimmung der freien Magnesiumkonzentration im Plasma (sog. ionisiertes Magnesium) erfolgt mittels ionenselektiver Elektrode. Wegen der pH-abhängigen Proteinbindung ist die Konzentrationsbestimmung des ionisierten Magnesiums mit einer gleichzeitigen pH-Messung verknüpft. Referenzbereich – Erwachsene Der Referenzbereich für Plasma unterstellt eine ausreichende hohe Magnesiumzufuhr, die häufig nicht erreicht wird. Referenzbereich: Analyt Plasma

Urin

Magnesiumform Magnesium, gesamt Magnesium, ionisiert (pH 7,40) Magnesium, gesamt

Referenzbereich (mmol/L) 0,75–1,10 0,53–0,67 2,5–8,5

Referenzbereich – Kinder Nicht verfügbar.

M

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Indikation Die Gesamtmagnesiumbestimmung ist indiziert bei Verdacht auf Hypomagnesiämie (s. o.). Die Ursache einer Hypomagnesiämie kann aufgedeckt werden durch die Bestimmung von Magnesium im Urin: Eine Magnesiumausscheidung 1,5 mmol/L für eine renal bedingte Hypomagnesiämie. Die Bestimmung des ionisierten Magnesiums ist besonders indiziert bei Veränderungen der gebundenen Magnesiumfraktion (z. B. Hypalbuminämie, Citratgabe).

Magnesium-Ammonium-Phosphat-Hexahydrat

MAIGA-Test ▶ Monoclonal Antibody Immobilization of Granulocyte Antigens Test

Maillard-Reaktion ▶ Advanced glycation end products

Literatur Külpmann WR, Stummvoll HK, Lehmann P (2003) Elektrolyte, SäureBasen und Blutgase, 3. Aufl. Springer, Wien/New York

Mailserver ▶ E-Mailserver

Magnesium-Ammonium-PhosphatHexahydrat ▶ Struvit ▶ Tripelphosphat-Kristalle

Major Histocompatibility Complex H. Renz und B. Gierten

Synonym(e) Humane Leukozytenantigene (HLA); MHCKomplex (MHC I und II)

Magnetic beads ▶ Immunoassay, heterogener ▶ Nukleinsäure-Extraktion

Magnetismus ▶ Paramagnetismus

Magnetpartikel ▶ Immunoassay, heterogener

MAIEA-Test ▶ Monoclonal Antibody-specific Immobilization of Erythrocyte Antigens Test

Englischer Begriff MHC; human leukocyte antigens (HLA) Definition Antigene, die auf verschiedenen Zellen exprimiert werden und die Erkennung von Epitopen in Zusammenhang mit dem T-Zell-Rezeptor (TCR) durch T-Zellen ermöglichen. Sie tragen so zur Diskriminierung von Fremdund Eigenepitopen bei. Beschreibung Der MHC-Komplex besteht aus 2 Hauptklassen von Molekülen, die sich in Expression und physiologischer Funktion grundlegend unterscheiden. Die genetische Information ist auf Chromosom 6 neben zahlreichen Genen für das Komplementsystem lokalisiert. MHC-I Für MHC-I kodieren die Gene HLA-A, HLA-B und HLA-C mit zahlreichen Allelen, sodass interindividuell große Varianzen entstehen. Verschiedene MHC-I-Moleküle wiederum können unterschiedliche Antigene binden. MHC-I wird auf allen kernhaltigen Zellen exprimiert. Die Moleküle besitzen eine Bindungsgrube, in der Peptide (etwa 8–11 Aminosäuren) endogener Antigene gebunden werden. Unter endogenen Antigenen versteht man intrazelluläre Antigene, wie z. B. virale/bakterielle Proteine oder Tumorantigene. Diese werden ebenso wie zelleigene Proteine in Proteosomen enzymatisch in Peptide gespalten. Ein Transporterprotein

Makroarray

(TAP) an der Membran des endoplasmatischen Retikulums (ER) transportiert die Peptide in das ER. Dort werden sie an neu synthetisierte MHC-I-Moleküle gebunden und über den Golgi-Komplex und Exozytosevesikel auf der äußeren Oberfläche der Zellmembran exprimiert. Nun können die Antigene über einen Komplex von Oberflächenrezeptoren (CD8/TCR) auf naiven oder zytotoxischen T-Zellen erkannt werden. Der TCR erkennt das gebundene Peptid (Antigen), während CD8 das MHC-I-Molekül erkennt.

1561

Makroarray W. Stöcker und W. Schlumberger

Synonym(e) DNA-Array; Filter-Array; Membran-Array; Peptid-Array; Protein-Array; Englischer Begriff macroarray

MHC II Die Gene für MHC II (HLA-DR, HLA-DQ und HLA-DP) liegen analog der genetischen Information für MHC I in verschiedenen Allelen vor. MHC-II-Moleküle werden überwiegend von antigenpräsentierenden Zellen wie Makrophagen, dendritischen Zellen und B-Lymphozyten exprimiert. Sie binden in ihrer Vertiefung 12–16 Aminosäuren große Peptide von exogenen Antigenen (T-Zell-Epitope). Darunter versteht man extrazelluläre Antigene wie z. B. Bakterien, Pilze, Protozoen oder freie Viren. Diese Antigene werden von den Zellen aufgenommen und ihr Proteinanteil in Phagolysosomen in Peptide gespalten. Im rauen ER werden MHC-IIMoleküle synthetisiert. Deren Proteinbindungsstelle ist jedoch zunächst durch eine Peptidkette („invariant chain Ii“) blockiert, sodass keine Antigene, die durch MHC I gebunden und präsentiert werden sollen, an ihr binden können. Die MHC II enthaltenden Vesikel fusionieren intrazytoplasmatisch mit den Phagolysosomen und nach Entfernung der Ii-Kette können Peptide an die Antigenbindungsstelle binden. Die Komplexe werden zu äußeren Zellmembran transportiert und dort exprimiert. An MHC II gebundene Antigene werden über komplementäre T-Zell-Rezeptoren auf CD4-positiven T-Zellen erkannt.

Major-/Minorkreuzprobe ▶ Serologische Verträglichkeitsprobe

MAK ▶ Autoantikörper gegen Thyreoperoxidase ▶ Arbeitsplatzkonzentration, maximale

Makro-AP ▶ Phosphatase, alkalische

Definition Flächiges Substrat für die parallele Analyse von bis zu 10.000 Parametern in einer Flüssigkeit (Multiparameteranalytik). Das Substrat enthält in einer definierten Anordnung (Array) bis zu 10.000 „spots“ oder „dots“ aus unterschiedlichen Testsubstanzen, z. B. Nukleinsäuren (DNA-Array) oder Proteinen (Proteinarray). Der Abstand zwischen benachbarten Spots beträgt bei Makroarrays in der Regel >500 mm, die Übergänge zum Mikroarray sind fließend. Analyseprinzip Das Makroarray wird mit einer Probenflüssigkeit inkubiert und anschließend zur Entfernung ungebundener Probenbestandteile gewaschen. Bei den meisten Anwendungen werden dann die gebundenen Reaktanden in einem zweiten Reaktionsschritt markiert, z. B. über eine chemische oder enzymatische Reaktion, oder nach dem Prinzip eines Sandwich-Assays (s. ▶ Sandwich-Assay) über einen markierten sekundären Antikörper. Im Ergebnis erhält man im positiven Fall Farbpräzipitate, ▶ Fluoreszenz- oder ▶ Lumineszenz-Signale, oder, bei Verwendung radioaktiver Isotope zur Markierung, die Schwärzung eines photographischen Films. Die Reaktionen werden mit optischen Scannern erfasst. Die Intensität des Signals ist ein Maß für die Konzentration der betreffenden Substanz in der Probe. Die Herstellung von Makroarrays erfolgt durch positionsdefiniertes Applizieren kleiner, die Testsubstanzen in gelöster Form enthaltender Tropfen von wenigen Nanolitern bis zu einem Mikroliter mit geeigneten Dispensier-Robotern auf ein Trägermaterial, in der Regel eine Membran. Einsatzgebiete Makroarrays werden für den parallelen Nachweis von bis zu 10.000 unterschiedlichen Nukleinsäuresequenzen, Peptiden, Proteinen oder Antikörpern eingesetzt, zum Beispiel um cDNA-Klon- sowie Proteinexpressionsbibliotheken zu durchsuchen. Untersuchungsmaterial Protein- oder Nukleinsäureisolate aus Geweben und Zellen, Plasma, Serum, Liquor, Urin; für Proteinarrays auch direkter Einsatz von Körperflüssigkeiten. Ausrüstung Zum Auslesen von Makroarrays werden in der Regel ▶ Chemolumineszenz- oder Fluoreszenz-Imager oder, bei kolorimetrischer Detektion, auch einfache Flachbettscanner eingesetzt.

M

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Makroblasten

Praktikabilität – Automatisierung – Kosten Angesichts des Einsatzschwerpunkts in der Forschung ist eine standardisierte automatische Bearbeitung in der Regel nicht vorgesehen. Die Herstellung der Arrays ist vergleichsweise einfach, da im Gegensatz zum ▶ Mikroarray konventionelle Dispensiergeräte zur Arrayherstellung ausreichend sind.

hellungszone. Im Knochenmark ist der Anteil der Makroblasten beim Gesunden bei 1 % der Gesamtzellzahl bzw. 5 % innerhalb der erythrozytären Zellreihe.

Bewertung – Methodenhierarchie Makroarray-Analysen sind insbesondere in der Forschung von Bedeutung, wenn es darum geht, mit einfachen Mitteln eine große Anzahl (100–10.000) Parameter in einer Vielzahl von Proben parallel zu bestimmen. Der Vorteil liegt in der Einfachheit der Arrayherstellung. Makroarrays sind in vielen Fällen Vorläufer der Mikroarrays, von denen sie aufgrund der Fortschritte in der Miniaturisierung zunehmend verdrängt werden. In der medizinischen Laboratoriumsdiagnostik ist der Einsatz von Makroarrays bisher kaum verbreitet.

Boll I (1991) Knochenmark-Zytologie. In: Boll I, Heller S (Hrsg) Praktische Blutzelldiagnostik. Springer, Berlin/Heidelberg/New York, S 291

Literatur

Makro-CK ▶ Makrokreatinkinase

Makroenzyme Makroblasten

A. M. Gressner und O. A. Gressner

H. Baum Synonym(e) Hochmolekularer Enzymkomplex Englischer Begriff macroblast

Englischer Begriff macro enzymes

Definition Kernhaltige unreife Vorstufe der Erythropoese (s. Abbildung, Pfeil; 1000 May-Grünwald-Giemsa Färbung):

Definition Hochmolekulare Komplexe von verschiedenen Enzymen mit ▶ Immunglobulinen und ▶ Lipoproteinen oder oligomere bzw. polymere Formen normalerweise dimerer Enzyme bei erhaltener, oft mäßig erhöhter enzymatischer Aktivität im Blut ohne Krankheitswertigkeit.

Beschreibung Makroblasten sind unreife, kernhaltige Vorstufen der Erythropoese. Sie haben einen großen runden Kern mit dichtem, grobretikulärem ▶ Kernchromatin und Nukleolus. Das dunkelbasophile Zytoplasma ist gleichmäßig um den Kern angeordnet und zeigt teilweise eine perinukleäre Auf-

Synthese – Verteilung – Abbau – Elimination Hochmolekulare Komplexe (Molmasse um 450 kDa für Makroamylase) von Enzymen und ▶ Immunglobulinen vorwiegend der Klassen IgG und IgA, seltener von Enzymen und Lipoproteinen (g-Glutamyltransferase) oder oligo- bzw. polymeren Formen normalerweise dimerer Enzyme (Typ-2-Makrokreatinkinase). Die katalytische Aktivität bleibt in dem Komplex erhalten, die bindenden Immunglobuline haben möglicherweise die Eigenschaft spezifischer ▶ Autoantikörper. Makroformen sind bisher für folgende Enzyme beschrieben (Tab. 1): a-Amylase (▶ Amylase, pankreasspezifische), ▶ Kreatinkinase (CK), alkalische Phosphatase (AP; ▶ Phosphatase, alkalische), ▶ Aspartat-Aminotransaminase (AST), ▶ g-Glutamyltransferase (gGT), ▶ Laktatdehydrogenase (LDH), ▶ Lipase, pankreatische und ▶ Glukose-6-Phosphat-Dehydrogenase (G6PDH). Funktion – Pathophysiologie Eine pathophysiologische oder pathogenetische Bedeutung der Makroenzyme ist nicht

Makroenzyme

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Makroenzyme, Tab. 1 Bekannte Makroenzyme im Humanserum Enzym a-Amylase

Mechanismus Bindung von a-Amylase (vorwiegend Speicheltyp) an IgG, IgA oder abnorme hochmolekulare Plasmaproteine

Kreatinkinase (CK-MiMi)

Typ I: Bindung von CK-BB an IgG im Verhältnis 2:1 (selten von CK-MM an IgA)

Typ II: oligomere Form der normalerweise dimeren mitochondrialen CK (CK-Mi)

Alkalische Phosphatase (AP) AspartatAminotransaminase (AST) g-Glutamyltransferase (g-GT) Laktatdehydrogenase (LDH) Glukose-6-PhosphatDehydrogenase (aus Erythrozyten) Lipase

Bindung an IgG Bindung an IgG und IgA

Klinisch-chemische Befundkonstellation Persistierende Hyperamylasämie (bis zu 8-fach) Extrem niedrige renale Amylaseclearance Fehlende klinische Symptomatik Moderate bis deutliche Erhöhung der Gesamt-CK, Normalaktivitäten ebenfalls möglich Hitzestabiler als CK-MB oder CK-BB Pathophysiologisch ohne Bedeutung Bisher nur bei schweren Krankheiten, z. B. Tumoren, Leberzirrhose, LyellSyndrom beobachtet, bei fortgeschrittenen Erkrankungen evtl. zusammen mit CK-BB im Serum Auftreten mit anderen Immunkomplexen und Autoimmunphänomenen Isolierte, persistierende, klinisch unerklärliche AST-Erhöhung

Krankheitswertigkeit Keine

Häufigkeit Ca. 0,1–2 %

Keine

Ca. 1 %

Keine

Ca. 3 % –

Bindung an Apolipoprotein A und B sowie IgA Bindung an „abnormes“ IgA

Nur bei hepatobiliären Erkrankungen

Auftreten bei Gesunden und Leberkranken Wahrscheinlich keine

LDH erhöht

Krankheitsunspezifisch

1:10.000

Bindung an b-Globulin oder Immunglobulin



Unbekannt



Bindung an IgG oder IgM

Lipase erhöht (bis zu 7-fach) bei normaler Amylase

Keine

Sehr selten

bekannt. Ebenso ist eine diagnostische Relevanz nicht erkennbar, da ein Vorkommen bei klinisch Gesunden oder als Epiphänomen bei anderen autoimmunologischen oder Immunkomplexerkrankungen bekannt ist. Aufgrund der hohen Molmasse und dadurch eingeschränkter Clearance (▶ Clearance, totale) kommt es häufig, jedoch nicht immer zu mäßig erhöhten, persistierenden und isolierten, klinisch unerklärlichen Enzymaktivitätsanstiegen. Untersuchungsmaterial – Entnahmebedingungen Serum, Plasma. Analytik Es stehen mehrere Separationsmethoden zur Verfügung, die je nach zu untersuchendem Enzym eingesetzt werden: • ▶ Gelelektrophorese, ▶ Immunelektrophorese, ▶ Immunfixation • Gelchromatographie (Molekularsiebchromatographie) • Ultrazentrifugation (▶ Ultrazentrifuge) • Polyethylenglykolpräzipitation (PEG) • ▶ Hochleistungs-Flüssigkeitschromatographie (HPLC)

?

Indikation Die Indikation besteht in der Abklärung klinisch nicht erklärbarer, persistierender, isolierter Enzymaktivitätserhöhungen im Serum mit Verdacht auf Makroenzym. Interpretation Der eindeutige Nachweis eines zirkulierenden Makroenzyms schließt weitere diagnostische Maßnahmen aus. Der Befund eines Makroenzyms selbst hat keine bisher erkennbare klinische Wertigkeit, doch kann es wegen persistierender, isolierter, klinisch nicht erklärbarer Enzymaktivitätserhöhungen zu unnötiger zusätzlicher Diagnostik Anlass geben. Bei gegebener klinischer Situation mit CK-Erhöhung sollte eine weitere Abklärung durch zusätzliche Bestimmung der CK-MB erfolgen, um eine kardiale Ursache zu sichern. Im Falle der Makroamylase weisen persistierende Hyperamylasämie, extrem niedrige renale Amylaseclearance, ▶ Amylase/Kreatinin-Clearance-Quotient, im Referenzbereich liegende Aktivität der Lipase im Serum und fehlende klinische Symptomatik auf die Makroform hin. Angaben über die Inzidenz der Makroenzyme schwanken erheblich, insgesamt handelt es sich eher um eine Rarität (Tab. 1).

M

1564

Literatur Selberg O, Chemnitz G, Ehlers B et al (1997) Macrolipasaemia in a patient with pancreas divisum and acute abdominal pain: a case report. Scand J Clin Lab Invest 57:435–444

a2-Makroglobulin G. Töpfer

Synonym(e) a2M Englischer Begriff a2-macroglobulin Definition Glykoprotein (s. ▶ Glykoproteine) mit 4 identischen Polypeptidketten (s. ▶ Polypeptide) (je 180 kDa, Kohlenhydratanteil 8–13,7 %), dessen Funktion in der Inhibition von Proteasen und dem Transport von Zytokinen (s. ▶ Zytokine) und Wachstumsfaktoren besteht, wobei seine klinische Bedeutung hauptsächlich als Marker für Blut im Urin besteht (Quotient aus a2M/Albumin im Urin). Struktur Je zwei 180 kDa große Polypeptidketten sind über Disulfidbrücken verbunden. Zwei dieser Untereinheiten werden wiederum über starke, nicht kovalente Interaktionen zusammengehalten. In einer Entfernung von zwei Drittel der Gesamtkettenlänge von der N-terminalen Seite hat jede der 4 Einzelketten eine b-Cysteinyl-g-Thiolesterbindung. Auch C3-Komplement und C4-Komplement haben eine ähnliche Domäne. Elektronenmikroskopisch erscheint das native a2-Makrogloblin in verschiedenen Erscheinungsformen in einer ovalen Form. Nach Komplexbildung mit Proteasen oder Zerstörung der inneren Thiolesterbindung nimmt es die Form des Buchstabens „H“ an (Hohlzylinder-ähnliche Struktur). Molmasse 725–800 kDa. Synthese – Verteilung – Abbau – Elimination Wird von einem einfachen Kopiergen auf Chromosom 12p12–13 kodiert. Ein genetisch bedingter Mangel ist nicht bekannt, lediglich ein Funktionsdefekt des Proteinmoleküls bei einem Patienten mit chronischer Lungenkrankheit. Die Synthese findet hauptsächlich in den Hepatozyten statt, obwohl andere Zellen wie Fibroblasten, Monozyten, Makrophagen, Astrozyten und Tumorzellen ebenfalls a2M bilden können. Beim Menschen ist a2M im Gegensatz zur Ratte kein Akute-PhaseProtein (s. ▶ Akute-Phase-Proteine). In vitro stimuliert IL-6

a2-Makroglobulin

(▶ Interleukin-6) die Synthese nur gering. Entzündungsherde wie Gelenkräume (Synovia) oder Zahnfleisch (Speichel) können erhöhte Konzentrationen des a2M aufweisen. a2M ist im Plasma gegenüber dem interzellulären Raum im Verhältnis 3:1 enthalten. Im Fetus ist es schon nach 4 Wochen nachweisbar. Unter physiologischen Bedingungen konnte a2M in geringen Konzentrationen in verschiedenen Körperflüssigkeiten wie der Synovia, der Gallenflüssigkeit, in Sekreten des Magen-Darm-Traktes und der Speicheldrüsen, im Liquor cerebrospinalis, Urin und Seminalplasma gefunden werden. Die ▶ Halbwertszeit des intakten Proteins beträgt einige Tage. Dagegen werden a2M-Proteasekomplexe und Neuraminsäure-depletierte a2M-Moleküle innerhalb von Minuten abgebaut (▶ Low density Lipoprotein-receptor-related protein bzw. Asialoglykoprotein-Rezeptor, ▶ Galaktoseerkennend). Halbwertszeit Intaktes Protein: 5 Tage. a2M-Protease-Komplex: 5 Minuten (6–10 Minuten). Asialo-a2M: 3–5 Minuten. Funktion – Pathophysiologie Die wichtigsten Funktionen des a2M sind neben der Transportfunktion für Metalle (besonders für ▶ Zink) die Inhibition von Proteinasen (Trypsin, Chymotrypsin, Pepsin, ▶ PMN-Elastase, ▶ Kollagenpeptidase, ▶ Kathepsin K, Plasmin, ▶ Thrombin und Kallikreine) und der Transport von Zytokinen und Wachstumsfaktoren. Das a2M-Molekül wird von Proteasen in der sog. Köder-Region, die pro Untereinheit 25 Aminosäuren umfasst, an mindestens 10 Stellen verändert (limitierte Proteolyse), was zu einer Konformationsänderung (▶ Konformation) führt, bei der die Protease in einem Hohlzylinder gefangen ist. Wegen dieser sterischen Verhältnisse behält die Protease gegenüber kleinen Substraten Aktivität, nicht aber gegenüber Proteinen. Jedes a2M-Molekül kann 1 oder 2 Moleküle Proteinase binden. Bei der Konformationsänderung wird eine Aktivierung der Thiolester erreicht, was zur kovalenten Bindung (in analoger Weise bilden die Komplementkomponenten C3 und C4 kovalente Bindungen aus) zu ▶ Lysin-Resten im Proteinasemolekül und zur Bildung von Sulfhydrylgruppen in jeder der tetrameren a2M-Ketten führt. Diese kovalente Bindung ist allerdings für die Proteinasehemmung nicht erforderlich. Diese irreversibel an Proteinasen gebundene Form des a2M (inaktive Form, zu weiterer Proteinasebindung unfähig) ist die elektrophoretisch schnelle Variante mit einem pl von 5,1, die elektrophoretisch langsame Form (pl = 5,4; F = fast, S = slow) ist die voll aktive strukturell intakte Form (voll aktiv, um Proteasen zu binden und zu inaktivieren). Die „schnelle“ Form des a2M kann allerdings nicht kovalent TGF-b mit hoher Affinität binden. Außerdem kann eine Bin-

a2-Makroglobulin

1565

dung von Zytokinen und Wachstumsfaktoren an die elektrophoretisch schnelle Form in der Region der Sulfhydrylgruppen erfolgen. Ist ▶ Insulin bei der Umwandlung von Thiolbindungen in der Nähe (z. B. während des Proteaseeinschlusses), so kann es selbst kovalent an a2M gebunden werden. Zytokine und Wachstumsfaktoren, die kompetitiv zu Proteasen an die „schnelle“ Form des a2M gebunden werden, sind: „platelet derived growth factor“, IL-6, IL-1b, ▶ Fibroblast Growth Factor 23, „nerve growth factor“, ▶ Transforming Growth Factor b (b1 und b2), Tumornekrosefaktor-a, ▶ Insulin und hPL. Die Zytokine und Wachstumsfaktoren werden durch die Bindung an a2M inaktiviert und durch rezeptorvermittelte Endozytose eliminiert.

Indikation

Untersuchungsmaterial – Entnahmebedingungen Serum, EDTA-Plasma, Citratplasma, Urin. Wie bei allen Proteinen besteht auch für dieses Makroglobulin eine Abhängigkeit der Konzentration im Serum von der Orthostase.

• a2-M steigt bei Neuralrohrdefekten im Fruchtwasser an. • Ähnlich wie a1-Antitrypsin wird es bei exsudativen Enteropathien im Darm ausgeschieden. Im Sammelstuhl gemessenes a2M kann als Aktivitätsmarker von entzündlichen Darmerkrankungen verwendet werden (beispielsweise bei Morbus Crohn). • Bedeutung könnte auch der a2-Makroglobulin-PSAKomplex erlangen. Der Quotient a2M-PSA (prostataspezifisches Antigen)/Gesamt-PSA soll eine gute Trennung der benignen Prostatahyperplasie vom Prostatakarzinom erlauben.

Probenstabilität Serum und Urin: 20–25  C 7 Tage, 4–8  C 7 Tage, 20  C mehrere Monate. Lyophilisierung vermeiden, da Unlöslichkeit hervorgerufen werden kann. Mehrfaches Frieren/Tauen führt zur Verminderung der Konzentration. Die Lagerung bei 4–8  C führt zur Umwandlung von „S“- in die „F“-Form. Präanalytik Nur Venenstauung 100 mg/L ist ein Quotient von a2-Makroglobulin/Albumin >0,02 (mehr als 2 % der Albuminkonzentration ist a2-Makroglobulin im Urin) ein Marker für Blut im Urin. Bei Quotienten von 1500 g

Zentrozyt

• Plasma: – 15 Minuten 2000–3000 g • Citrat-Plasma: – Plättchenreich: 5 Minuten 150–200 g – Plättchenarm 10 Minuten 1000–2000 g – Plättchenfrei: 15–30 Minuten 2000–3000 g • Lipoproteine: – Ultrazentrifugation über 30 Minuten bei 100,000 g • Urinsediment: – 5–10 Minuten 400 g • Liquor zur Zellanalyse: – 10 Minuten 1000 g

Literatur Die Qualität diagnostischer Proben (2012) 7. Aufl. BD, Heidelberg Felgenhauer K, Beuche W (1999) Labordiagnostik neurologischer Erkrankungen. Thieme Verlag, Stuttgart Guder WG, Hagemann P, Wisser H, Zawta B (2007) Fokus Patientenprobe. Kompendium Pränalytik. BD, Heidelberg Kouri T, Fogazzi G, Gant H, Hallander H, Hofmann W, Guder WG (2000) European Urinalysis Guidelines. Scand J Clin Lab Invest 60(Suppl):231

Zentrifuge

2537

Zentroblast H. Baum

Englischer Begriff centroblast Definition Große, aktivierte B-Zelle mit blastärer Morphologie. Beschreibung Der Zentroblast ist eine mittelgroße bis große Zelle mit einer feinen Kernchromatinstruktur und vielfach einigen bis mehreren deutlich sichtbaren Nukleolen. Die Nukleolen kommen meist nahe der Kernmembran zur Darstellung. Der Zytoplasmasaum ist meist mäßig groß und basophil. Der Zentroblast exprimiert B-Zelloberflächenantigene (CD19, CD20, CD22; s. u. ▶ Cluster-of-differentiationNomenklatur) sowie teilweise CD10. Physiologisch sind Zentroblasten neben den Zentrozyten (▶ Zentrozyt) in den Keimzentren (▶ Keimzentrum) der ▶ Sekundärfollikel der lymphatischen Gewebe nachweisbar. Es sind die aktiv proliferierenden aktivierten B-Lymphozyten (▶ B-Lymphozyt). Im Rahmen von Non-Hodgkin-Lymphomen können Zellen, die morphologisch den Zentroblasten entsprechen, nachgewiesen werden. Dabei handelt es sich um großzellige Lymphome, aber auch beim follikulären Lymphom können Zentroblasten neben Zentrozyten nachgewiesen werden.

W. G. Guder

Literatur Synonym(e) Zentrifugation Englischer Begriff centrifuge; centrifugation Definition Gerät zur Abtrennung von Partikelflüssigkeitsmischungen durch Sedimentation unter zentrifugal gesteigerter Sedimentationskraft, die mit einem rotierenden Rotor bei den darin befindlichen Behältern erzeugt werden (▶ Zentrifugalbeschleunigung, relative; ▶ Zentrifugationszeit).

Beschreibung Eine Zentrifuge besteht aus einem Rotor mit darin befindlichen Behältern zur Aufnahme des zu zentrifugierenden Untersuchungsgutes. Beim Vorgang der Zentrifugation werden die Sedimentationskräfte im Behälter durch Rotation und damit erhöhter relativer Zentrifugalbeschleunigung (▶ Zentrifugalbeschleunigung, relative) gesteigert. Je nach Höhe des Vielfachen der Erdbeschleunigung (g) spricht man von einfachen (100–5000 g), starken (10.000–30.000 g) und Ultrazentrifugen (100.000 g) (s. ▶ Ultrazentrifuge).

Harris NL, Jaffe ES, Stein H et al (1994) A revised European-American classification of lymphoid neoplasms: a proposal from the International Lymphoma Study Group. Blood 84:1361–1392

Zentromer-Antikörper ▶ Autoantikörper gegen Zentromere

Zentrozyt H. Baum

Englischer Begriff cleaved cell Definition Mittelgroße Keimzentrumszelle mit scharfkantiger Kerneinkerbung.

Z

2538

Beschreibung Der Zentrozyt ist eine B-Zelle (▶ B-ZellDifferenzierung) meist mittlerer Größe. Der Kern hat ein mäßig dichtes Kernchromatin und einen, manchmal auch zwei oder mehrere Nukleolen. Der Zytoplasmasaum ist schmal und nur wenig basophil. Der Zentrozyt exprimiert B-Zelloberflächenantigene (CD19, CD20, CD21, CD22; s. u. ▶ Cluster-of-differentiation-Nomenklatur) sowie CD5. Zentrozyten sind neben den Zentroblasten die vorherrschende Zellart in den Keimzentren (▶ Keimzentrum) der ▶ Sekundärfollikel von lymphatischen Geweben und sind aktiv proliferierende B-Lymphozyten. Im Rahmen von Non-Hodgkin-Lymphomen können bei einigen Subformen Zentrozyten als pathologisches Korrelat nachgewiesen werden. So ist er beim Mantelzelllymphom und beim follikulären Lymphom die vorherrschende Zellpopulation.

Literatur Harris NL, Jaffe ES, Stein H et al (1994) A revised European-American classification of lymphoid neoplasms: a proposal from the International Lymphoma Study Group. Blood 84:1361–1392

Zertifizierung U. Zimmermann und A. Steinhorst

Zertifizierung

Englischer Begriff tyrosine-protein kinase 70 Definition Zentrales Regulatorprotein der T-LymphozytenDifferenzierung (▶ T-Lymphozyt) und adaptiven Immunität. Beschreibung Die Zeta-Ketten-assoziierte Proteinkinase 70 ist ein 70 kDa großes Protein mit Thyrosinkinaseaktivität. Es bindet an die Zeta-Kette des T-Zellrezeptors und ist für die angepasste Regulation der T-Zell-Immunantwort essenziell. Mutationen in dieser Thyrosinkinase führen zur primären Defizienz der T-Zell-vermittelten Immunität. Es sind dabei unterschiedliche Mutationen nachweisbar, wobei meist die Mutation in der Kinasedomäne zu finden ist. Alle bislang beschriebenen Mutationen führen aber zu einer frühen Manifestation der Immundefizienz mit einem schweren Phänotyp im Kleinkindesalter. Im Mausmodell konnte darüber hinaus auch ein Zusammenhang mit Autoimmunerkrankungen gezeigt werden. Therapeutisch kommt bislang nur die Knochenmarktransplantation zum Einsatz. In den B-Lymphozyten findet sich diese Mutation bei Patienten mit einer CLL, wobei dies mit einer schlechten Prognose assoziiert ist.

Literatur Fischer A, Picard C, Chemin K et al (2010) ZAP70: a master regulator of adaptive immunity. Semin Immunopathol 32:107–116

Englischer Begriff certification Definition Verfahren, nach dem eine dritte Stelle schriftlich bestätigt, dass ein Produkt, ein Prozess, ein System oder eine Person mit festgelegten Anforderungen konform ist. Beschreibung Ein Beispiel ist die Zertifizierung eines Unternehmens nach ISO 9001:2015.

Zetapotenzial K. Kleesiek, C. Götting, J. Diekmann, J. Dreier und M. Schmidt

Synonym(e) Coulomb-Potenzial

Literatur DIN EN ISO/IEC 17000: 2005 „Konformitätsbewertung – Begriffe und allgemeine Grundlagen“

Englischer Begriff zeta potential

H. Baum

Definition Elektrisches Potenzial an der Abscherschicht eines bewegten Partikels in einer Suspension. In der Transfusionsmedizin beschreibt dies die Potenzialdifferenz zwischen 2 Ionenschichten, die die Erythrozytenoberfläche umgeben und die für die gegenseitige Abstoßung von ▶ Erythrozyten verantwortlich sind.

Synonym(e) ZAP70

Beschreibung Das Zetapotenzial ist das elektrische Potenzial an der Oberfläche eines bewegten Partikels in einer Sus-

Zeta-Ketten-assoziierte Proteinkinase 70

Ziehl-Neelsen-Färbung

pension und beschreibt die Fähigkeit, Kraft auf andere Ladungen auszuüben. Es wird auch als Coulomb-Potenzial bezeichnet und beruht auf der Eigenschaft sich in einer Suspension befindlicher geladener Partikel, ihr eigenes Potenzial durch Anlagerung von Ionen im Suspensionsmedium auszugleichen. Auf der Oberfläche des Partikels lagern sich fest gebundene Ionen an, weitere Ionen lagern sich in einer weiteren diffusen Schicht an. Dies führt zu einer Kompensierung aller Partikelladungen durch Ionen im Suspensionsmedium, sodass das Partikel elektrisch neutral erscheint. Erythrozyten sind ebenfalls Partikel in einer Suspension und weisen eine negativ geladene Membranoberfläche auf. An diese lagern sich die fest gebundenen positiv geladenen Ionen an, die wiederum von einer weiteren Ionenschicht umgeben sind, die primär aus negativ geladenen Ionen besteht. Die Potenzialdifferenz zwischen den beiden Schichten bewirkt, dass Erythrozyten sich gegenseitig abstoßen und unter physiologischen Bedingungen einen Abstand von mindestens 300 Ångström zueinander einhalten. Dieser minimale Abstand wird bestimmt durch die Dicke der Ionenschichten, die bis zu 150 Ångström betragen kann. Das Zetapotenzial der Erythrozyten spielt bei transfusionsmedizinischen Nachweismethoden von Antikörpern eine wichtige Rolle, da nur die größeren Antikörper der IgMKlasse in der Lage sind, direkt diesen Abstand zwischen 2 Erythrozyten, die die korrespondierenden Antigene auf der Zelloberfläche tragen, zu überbrücken. Hierdurch kommt es bei diesen In-vitro-Methoden zur ▶ Agglutination der Erythrozyten. IgG-Antikörper können den durch das Zetapotenzial bedingten Abstand zweier Erythrozyten nicht ohne Zusatz eines vernetzenden Sekundärantikörpers (Antihumanglobulin) überbrücken und führen daher nicht direkt, sondern erst nach Antihumanglobulinzugabe zu einer Agglutination der Erythrozyten. Alternativ kann durch eine Enzymbehandlung (Bromelin-, Papain-, Ficin-, ▶ Enzymtest) der Erythrozyten das Zetapotenzial durch Abspaltung von geladenen Oberflächensubstanzen auf dem Erythrozyten reduziert werden. Durch Änderung der Dielektrizitätskonstanten des Suspensionsmediums, z. B. durch Albuminzusatz, oder Änderung der Ionenstärke des Mediums („low ionic strength solution“, ▶ LISS) wird ebenfalls eine Herabsetzung des Zetapotenzials erreicht. Diese durch das Zetapotenzial bedingte unterschiedliche Wirkung von IgG- und IgM-Antikörper ist aber nur bei Nachweismethoden im Labor feststellbar, in vivo ist ausschließlich die Antigenspezifität der Antikörper für die Antigen-Antikörper-Reaktion verantwortlich.

Literatur Eckstein R (2005) Immunhämatologie und Transfusionsmedizin. Urban & Fischer, München

2539

Ziegelmehlsediment W. G. Guder

Synonym(e) Amorphe Uratkristalle im Urin; Sedimentum lateritium Englischer Begriff amorphous urates Definition Amorphe Ausfällungen von Uraten im ▶ Harnsediment ohne diagnostische Bedeutung. Beschreibung Bei neutralem bis saurem Urin-pH fallen beim Abkühlen größere Mengen eines ziegelfarbigen Sediments (sog. „Ziegelmehl“, Sedimentum lateritium) aus. Die gelb bis rötlich gefärbten Sedimente bestehen chemisch aus amorphen Uraten, gemischten Kalium-, Natrium-, Calciumund Magnesiumsalzen der ▶ Harnsäure. Unter dem Mikroskop sind amorphe Urate als winzige, schmutzig-gelbe, seltener farblose Körnchen sichtbar, die gewöhnlich schrumpfen und das Aussehen des Mooses annehmen. Sie sind so zahlreich, dass sie alle anderen Harnelemente überdecken können. Manchmal werden Urate auf Zylindern (▶ Zylinder im Urin) so abgelagert, dass sie Zylindern ähnlich sind (Uratzylinder). Diese Formen der Urate haben keine diagnostische Bedeutung. Sie finden sich oft im konzentrierten Harn, z. B. bei Fieber oder Gicht.

Literatur Fogazzi GB, Ponticelli C, Ritz E (1999) The urinary sediment. 2. Ed. Oxford University Press, Oxford

Ziehl-Neelsen-Färbung A. M. Gressner und O. A. Gressner

Englischer Begriff Ziehl-Neelsen stain Definition Zur Diagnostik von Tuberkulose und Lepra eingesetzte Kontrastfärbemethode für den mikroskopischen Nachweis von „säurefesten“ Stäbchen (Mykobakterien) im Sputum und Gewebe. Beschreibung Die von dem Lübecker Bakteriologen Franz Ziehl (1857–1926) und dem Dresdner Pathologen Friedrich Neelsen (1854–1898) um 1882 entwickelte Färbemethode

Z

2540

(▶ Färbemethoden, mikrobiologische) für „säurefeste“ Stäbchen, wie Mycobacterium tuberculosis, basiert auf einer Entdeckung des Phänomens der Säurefestigkeit durch Paul Ehrlich (▶ Ehrlich, Paul). Das Prinzip besteht im ersten Schritt in einer Anfärbung mit Karbol(Phenol)fuchsin bei Erwärmung, wodurch die Wachsschicht der Zellmembran (Lipide, Mykolsäure) für den Farbstoff permeabel wird und durch Diffusion nicht entweicht. Im zweiten Schritt wird eine Entfärbung mit Alkohol-Salzsäure bei Raumtemperatur vorgenommen, bei der nur die „säurefesten“ Stäbchen nicht entfärbt werden und somit ihre Rotfärbung behalten. Ein positives Testergebnis (Rotfärbung) ist nicht spezifisch für Mycobacterium tuberculosis, da auch Mycobacterium leprae, nicht pathogene Mykobakterien und Nokardien das Phänomen der Säurefestigkeit in unterschiedlicher Ausprägung zeigen.

Zielwert G. Schumann

Englischer Begriff target value Definition Der vom Hersteller deklarierte Wert einer ▶ Messgröße in einem ▶ Kontrollmaterial, der in der statistischen Qualitätskontrolle (▶ Qualitätskontrolle, statistische) zur Erfassung von Messabweichungen (s. ▶ Messabweichung) dient. Beschreibung Es handelt sich um einen Sammelbegriff für ▶ Referenzmethodenwert und verfahrensabhängigen ▶ Sollwert.

Literatur Management in der Laboratoriumsmedizin (2000) Teil 1: Grundbegriffe. DIN 58936-1, 3.1.9. Beuth-Verlag, Berlin

Zika-Viren W. Stöcker

Englischer Begriff Zika virus Beschreibung des Erregers Familie: Flaviviridae; Gattung: Flavivirus; Art: Zika-Virus. Plusstrang-RNA-Genom, behüllt. Das Virus wurde erstmals 1947 aus einem Rhesusaffen in Uganda isoliert. Erst seit 2007, nach einer Reihe größerer

Zielwert

Epidemien außerhalb Afrikas, und speziell seit einem schweren Ausbruch in Brasilien 2015, geriet das Virus in den Fokus der Forschung. Erkrankungen Verbreitung: Süd- und Mittelamerika, Südostasien. Übertragung: Das Virus wird vor allem durch den Stich infizierter Mücken der Gattung Aedes auf Menschen übertragen. Eine perinatale Übertragung, d. h. die Weitergabe des Virus von einer infizierten Schwangeren an ihren Fötus ist möglich. Darüber hinaus sind Übertragungen durch Geschlechtsverkehr beschrieben. Klinik: Eine Zika-Virus-Infektion verläuft in ca. 80 % der Fälle ohne Symptome, bei etwa 20 % der Erkrankten treten 3–12 Tage nach der Infektion Hautausschlag, Fieber, Kopfund Gelenkschmerzen sowie Bindehautentzündung auf. Die Symptome halten für 2–7 Tage an, die Krankheit ist in der Regel selbstlimitierend. In Brasilien und einer Reihe weiterer Länder wurde während der Zika-Epidemie 2015/2016 ein signifikanter Anstieg neurologischer Erkrankungen verzeichnet, insbesondere des Guillain-Barré-Syndroms. Außerdem kam eine ungewöhnlich hohe Zahl von Babys mit Mikrozephalie zur Welt. Der Zusammenhang zwischen einer ZikaVirus-Infektion und dem Auftreten neurologischer Erkrankungen und fetalen Missbildungen (kongenitales ZikaSyndrom) gilt inzwischen als gesichert. Analytik Direktnachweis: Nachweis viraler RNA durch RT-PCR (Polymerase-Kettenreaktion) aus Serum, Urin und Sperma. Serologie: Nachweis spezifischer Antikörper (IgA, IgG, IgM) im Serum durch indirekte Immunfluoreszenz (IIFT, ▶ Immunfluoreszenz, indirekte) (Substrat: ZIKV-infizierte Zellen, s. Abbildung) und ▶ Enzyme-linked Immunosorbent assay (ELISA). Im ELISA hat sich die Verwendung des Nichtstrukturproteins 1 (NS1) als hoch spezifisches und sensitives Zielantigen erwiesen. Indirekte Immunfluoreszenz: Antikörper gegen Zika-Viren:

Zink

Probenmaterial Direktnachweis: Blut, Urin, Sperma. Das Material sollte bis zur Weiterverarbeitung bei +4 bis +8  C aufbewahrt werden. Serologie: Serum oder Plasma für den Nachweis der Antikörper sind bei +4  C bis zu 2 Wochen lang beständig, bei 20  C über Monate und Jahre hinweg. Zur Tiefkühlkonservierung des IgM kann man den Proben 80 % gepuffertes Glyzerin beifügen. Diagnostische Wertigkeit Die geeignetste Methode zum Nachweis einer Zika-Virus-Infektion ist abhängig von der Krankheitsphase, in der sich der Patient befindet. In einer frühen Phase der Infektion ist ein Nachweis der viralen RNA möglich: Bis etwa 1 Woche nach Symptombeginn kann das Zika-Virus mittels RT-PCR im Blut nachgewiesen werden. Bei infizierten schwangeren Frauen kann das Virus in Einzelfällen auch noch mehrere Wochen später nachgewiesen werden. Im Urin kann ein Virusnachweis durch PCR bis zu 4 Wochen möglich sein. Liegt die Infektion länger als 7 Tage zurück, wird jedoch empfohlen, serologische Tests wie ELISA oder indirekte Immunfluoreszenztests durchzuführen. Antikörper sind etwa ab dem 5. Tag im Blut des Patienten nachweisbar. Bei der Interpretation der Ergebnisse ist die enge Verwandtschaft der Flaviviren zu berücksichtigen. Es kann zu Kreuzreaktionen zwischen den spezifischen Antikörpern kommen, sofern vorausgegangene Infektionen oder Impfungen mit einem anderen Flavivirus vorliegen. Durch die Verordnung zur Anpassung der Meldepflichten nach dem Infektionsschutzgesetz (IfSG) an die epidemische Lage (IfSG-Meldepflicht-Anpassungsverordnung), die am 01.05.2016 in Kraft getreten ist, wurde die Meldepflicht für Labore nach § 7 Abs. 1 Satz 1 IfSG auf den direkten oder indirekten Nachweis von ▶ Chikungunya-Viren, ▶ DengueViren, ▶ West-Nil-Fieberviren, Zika-Viren und sonstige Arboviren ausgedehnt, soweit der Nachweis eine akute Infektion anzeigt. Darüber hinaus können allgemeine nicht erreger- oder krankheitsspezifische Meldepflichten bestehen.

2541 Gourinat AC, O’Connor O, Calvez E, Goarant C, Dupont-Rouzeyrol M (2015) Detection of Zika virus in urine. Emerg Infect Dis 21(1):84–86 Johansson MA, Mier-Y-Teran-Romero L, Reefhuis J, Gilboa SM, Hills SL (2016) Zika and the risk of microcephaly. N Engl J Med 375:1 Musso D, Gubler DJ (2016) Zika virus. Clin Microbiol Rev 29(3):487–524 Steinhagen K, Probst C, Radmzimski C, Schmidt-Chanasit J, Emmerich P, van Esbroeck M, Schinke J, Grobusch MP, Goorhuis A, Warnecke JM, Lattwein E, Komorowski L, Deerberg A, Saschenbrecker S, Stöcker W, Schlumberger W (2016) Serodiagnosis of Zika virus (ZIKV) infections by a novel NS1-based ELISA devoid of cross-reactivity with dengue virus antibodies: a multicohort study of assay performance, 2015 to 2016. Euro Surveill 21(50):pii:30426 Zanluca C, Dos Santos CN (2016) Zika virus – an overview. Microbes Infect 18(5):295–301 Zhang FC, Li XF, Deng YO, Tong YG, Qin CF (2016) Excretion of infectious Zika virus in urine. Lancet Infect Dis 16(6):641–642

Zink D. Meißner und T. Arndt

Synonym(e) Zn Englischer Begriff zinc Definition Zink (chemisches Symbol: Zn) gehört zu den ▶ Übergangsmetallen mit der Atomnummer 30 und ist eines der wichtigsten essenziellen Spurenelemente. Struktur Zink kommt als zweiwertiges Kation vor. Im Plasma ist Zink an ▶ Albumin oder andere Proteine oder an ▶ Aminosäuren, in den Zellen vorwiegend an ▶ Metallothionein gebunden. Darüber hinaus ist es Bestandteil einer großen Zahl von Enzymen. Molmasse Relative Atommasse: 65,39.

Literatur Calleri G, Burdino E, Bonora S, Raso R, Ghisetti V, Caramello P (2016) Zika virus infection in two travelers returning from an epidemic area to Italy, 2016: algorithm for diagnosis and recommendations. Travel Med Infect Dis 14(5):506–508 Driggers RW, Ho CY, Korhonen EM, Kuivanen S, Jääskeläinen AJ, Smura T, Rosenberg A, Hill DA, DeBiasi RL, Vezina G, Timofeev J, Rodriguez FJ, Levanov L, Razak J, Iyengar P, Hennenfent A, Kennedy R, Lanciotti R, Plessis d A, Vapalahti O (2016) Zika virus infection with prolonged maternal viremia and fetal brain abnormalities. N Engl J Med 347(22):2142–2151 Fourcade C, Mansuya JM, Dutertre MD, Delpech M, Marchou B, Delobel P, Izopet J, Maritin-Blondel G (2016) Viral load kinetics of Zika virus in plasma, urine and saliva in a couple returning from Martinique, French West Indies. J Clin Virol 82:1–4

Synthese – Verteilung – Abbau – Elimination Die Aufnahme von Zink, das im Magen-Darm-Trakt zu 15–40 % absorbiert wird, erfolgt fast ausschließlich aus der Nahrung, wobei die Absorptionsrate von mehreren endogenen und exogenen Faktoren abhängt. Im Blut ist es sowohl im Plasma als auch in den Blutzellen enthalten. Aus dem Blut wird es rasch von der Leber, wo es an Metallothionein gebunden für zahlreiche biochemische Prozesse bereitgestellt wird, und daneben von Knochen, Muskel, Haut, Nieren und Thymus aufgenommen. Hohe Zinkkonzentrationen finden sich auch in Prostata, Testes, Ovarien, Pankreas, Iris und Retina. Die Ausscheidung erfolgt hauptsächlich über den Stuhl und nur zu einem geringen Teil über die Nieren. ▶ Interaktion besteht

Z

2542

mit ▶ Kupfer, ▶ Eisen, ▶ Cadmium, Phytaten und Ballaststoffen. Körperbestand: 1,3–2,0 g. Bedarf: Frauen 13), insbesondere bei erschwerter Beurteilbarkeit des Ferritins bzw. der Tranferrinsättigung (z. B. durch ▶ Akute-Phase-Reaktion, terminale Niereninsuffizienz o. Ä.) • Ergänzende Beurteilung und Therapieentscheidung bei renaler Anämie • Begleitende Diagnostik bei sideroachrestischen Anämieformen, hereditärer Sphärozytose, Thalassämien, hämolytischen Anämien und Schwermetallbelastungen • Als Teil eines porphyriediagnostischen Gesamtscreenings zusammen mit freiem Protoporphyrin bei kutanen Veränderungen oder Symptomen und Lichtsensitivität • Differenzialdiagnostik von erythropoetischer Protoporphyrie (EPP) und X-chromosomaler Protoporphyrie (XLPP)

Bailey GG, Needham LL (1983) Simultaneous quantification of erythrocyte zinc protoporphyrin and protoporphyrin IX by liquid chromatography. Clin Chem 32:2137–2142 Jensen BM (1990) Screening with zinc protoporphyrin for iron deficiency in non-anemic female blood donors. Clin Chem 36:846–848

Interpretation • • • •

50 mmol/mol Häm: Hinweis auf Funktionseisenmangel Ausgeprägte Erhöhungen auch vereinbar mit Protoporphyrie (EPP, XLPP), Schwermetallintoxikation oder anderen homozygoten/compound-heterozygoten Porphyrieformen

Diagnostische Wertigkeit Genaue Angaben zur Sensitivität und Spezifität der Kenngröße bezüglich eines Eisenmangels sind aufgrund der Vielfalt/Uneinheitlichkeit der klinischen und diagnostischen Kriterien einer Eisenminderversorgung schwierig. Daher zur groben Orientierung die in Tab. 1 zusammengestellte Auswertung. Eine ROC-Analyse nach Hanley & McNeil auf der Basis dieser Daten mit der Klassifizierungsvariable „Mikrozytäre Anämie“ (MCV 250 mg/L) wurden insbesondere beim Bronchialkarzinom, aber auch beim Ovarial- und kolorektalen Karzinom beobachtet; Werte über 50 mg/L kommen auch beim metastasierten Mamma-, Magen-, Leber-, Pankreas- und Blasenkarzinom vor. Während der Zugewinn des diagnostischen Nutzens bei den meisten soliden Tumoren gering ist, stellt CYFRA 21-1 beim nichtkleinzelligen Bronchialkarzinom mit Abstand den sensitivsten Marker dar (40–64 % bei einer Spezifität von 95 % gegenüber dem relevanten benignen Vergleichskollektiv und einem entsprechenden Grenzwert von 3,3 mg/L; ▶ Spezifität, diagnostische). Darüber hinaus ist es ein wertvoller Marker zur Früherkennung von Rezidiven beim muskelinvasiven Harnblasenkarzinom. Benigne pulmonale Erkrankungen wie COPD, Pneumonie, Sarkoidose, Tuberkulose, chronische Bronchitis, Asthma bronchiale sowie Emphysem haben nur geringen Einfluss auf die CYFRA-21-1-Konzentrationen. Ebenso führen benigne gynäkologische, urologische und gastrointestinale Erkrankungen zu allenfalls geringen CYFRA-21-1-Erhöhungen. Hingegen zeigen Patienten mit Niereninsuffizienzen unabhängig vom Kreatininwert etwas höhere CYFRA-21-1Werte bis 10 mg/L. Ohne wesentlichen Einfluss auf den Zytokeratinmetabolismus sind hingegen benigne Erkrankungen mit cholestatischer Komponente. Hinsichtlich iatrogener Einflüsse ist die Möglichkeit erhöhter CYFRA-21-1-Werte direkt nach Intubation sowie bei längerfristiger Überdruckbeatmung zu erwähnen. Außerdem kann jedes massive Trauma von Zytokeratin-reichem Gewebe z. B. bei Quetschungen der Lunge

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oder nach Operationen transient zu CYFRA-21-1-Erhöhungen führen. Während einer systemischen Chemotherapie weisen stark abfallende CYFRA-21-1-Werte auf ein gutes Ansprechen, gleichbleibend hohe oder ansteigende Werte auf ein ungenügendes Ansprechen hin. Diagnostische Wertigkeit • Nichtkleinzelliges Bronchialkarzinom: Diagnose, Therapiemonitoring, Rezidiverkennung, Prognose • Unklare Lungenrundherde: Differenzialdiagnose (mit CEA, NSE, ProGRP) • Harnblasenkarzinom: Verlaufsbeobachtung

Literatur Holdenrieder S, Wehnl B, Hettwer K et al (2017) Carcinoembryonic antigen and cytokeratin-19 fragments for assessment of therapy response in non-small cell lung cancer: a systematic review and meta-analysis. Br J Cancer 116:1037–1045 Omary MB, Ku NO, Strnad P et al (2009) Toward unraveling the complexity of simple epithelial keratins in human disease. J Clin Invest 119:1794–1805 Stieber P, Heinemann V (2008) Sinnvoller Einsatz von Tumormarkern. J Lab Med 32:339–360

Zytokine A. M. Gressner und O. A. Gressner

Synonym(e) Cytokine Englischer Begriff cytokines Definition Meist niedermolekulare, lösliche (Glyko-)Proteine, die in einer Vielzahl von Zellen exprimiert und von diesen sezerniert werden, um in pico- oder nanomolaren Konzentrationen über spezifische Rezeptoren auf nichtenzymatische Weise pleiotrope Wirkungen auf Zellfunktionen auszuüben. Beschreibung Ursprünglich wurde der Begriff Zytokine zur Klassifikation einer Gruppe von gelegentlich auch als Immunotransmitter bezeichneten Proteinen mit immunregulatorischen Eigenschaften verwendet, um sie von anderen Wachstumsfaktoren zu unterscheiden, welche die Proliferation von Nichtimmunzellen modulieren. Sie sind strukturell sehr unterschiedliche, oft glykosylierte Polypeptide mit Molmassen zwischen 7 und 60 kDa, die von verschiedens-

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ten Zellen nach Stimulation sezerniert werden und parakrine, autokrine, juxtakrine und endokrine Wirkungen vermitteln: • Parakrin: Zielzelle ist dem Syntheseort unmittelbar benachbart • Autokrin: Zielzelle und Syntheseort sind identisch • Juxtakrin: Zytokin bleibt membrangebunden am Syntheseort und wirkt auf unmittelbare Nachbarzelle • Endokrin: Zielzelle ist vom Syntheseort weit entfernt, Zytokinverbreitung erfolgt über systemische Zirkulation

Sie sind kurzlebige lokale und systemische Mediatoren der interzellulären Kommunikation und bilden durch ihre pleiotropen und redundanten biologischen Aktivitäten ein funktionelles Netzwerk. Bildungsorte für immunrelevante Zytokine (Th-1-Typ für zelluläre Immunität, Th-2-Typ für humorale Immunität) sind neben Lymphozyten (▶ Lymphozyt) und ▶ Monozyten/▶ Makrophagen auch nicht immunologische Zellen wie Endothelzellen, Fibroblasten, Keratinozyten, Hepatozyten, Thymuszellen und glatte Muskelzellen. Zytokineffekte werden über spezifische, hochaffine Zelloberflächenrezeptoren vermittelt, die der Typ-1- oder Typ-2-Zytokin-Rezeptorfamilie angehören. Neben membrangebundenen Rezeptoren sind auch lösliche Rezeptoren in Gewebe und Körperflüssigkeiten vorhanden, letztere entstehen durch proteolytische Abspaltung der Transmembranrezeptoren („shedding“) und führen zur Hemmung der Zytokinaktivität durch Bindung des Liganden. Zusätzliche Bindung an Plasmaproteine (z. B. ▶ a2-Makroglobulin) und an zirkulierende Blutzellen (z. B. ▶ Erythrozyten).

Hinsichtlich ihrer Wirkung auf Entzündungsprozesse sind proinflammatorische (z. B. IL-1, IL-2, IFN-g, TNF-a) von antiinflammatorischen Zytokinen (z. B. IL-1-Rezeptorantagonist, IL-10, TGF-b) zu unterscheiden. Eine verbindliche Einteilung (s. nachfolgende Tabelle) und Nomenklatur ist derzeit nicht verfügbar. Einteilung der Zytokine: Typ Interleukine (IL) Interferone (IFN) Kolonie-stimulierende Faktoren (CSF)

Tumornekrosefaktoren (TNF) Chemokine Lösliche Rezeptoren (R) Transformierende Wachstumsfaktoren (TGF)

Vertreter IL-1 bis IL-30, IL-1RA u. a. IFN-a, -b, -g M-CSF, GM-CSF, G-CSF, SCF, Erythropoetin, Thrombopoetin u. a. TNF-a, -b, Lymphotoxin-b Ca. 40 Einzelchemokine: GRO, MCP, MIP, RANTES u. v. a. TNF-R, IL-1R, IL-4R u. v. a. TGF-b, -a, Activine, bone morphogenetic proteins (BMPs)

Qualitative Nachweisverfahren und quantitative Bestimmungsmethoden auf der Zell- bzw. Gewebeebene und in Körperflüssigkeiten sind auf der RNA- bzw. Proteinebene mit verschiedenen Methoden möglich (Tab. 1). Eine Reihe von Zytokinen haben erhebliche pathogenetische Relevanz – z. B. ▶ Tumornekrosefaktor-a (TNF-a), ▶ Transforming Growth Factor b (TGF-b), ▶ Interleukin-6 – und sind das Ziel therapeutischer Interventionen (z. B. TNF-a-Antagonisierung, IL-1Rezeptorantagonisten). Eine klinisch-diagnostische Relevanz

Zytokine, Tab. 1 Bestimmungs- und Nachweismethoden von Zytokinen auf RNA- und Proteinebene Methode In-situHybridisierung

Ebene RNA

Vorteile Identifizierung des zellulären Expressionsorts Hohe Sensitivität Routinetauglich Robuste Methode

RT-PCR

RNA

Northern blotting

RNA

Immunzytochemie

Protein

Enzymimmunoassay und Varianten

Protein

Western blotting

Protein

Routinetauglich

Bioassay

Proteinfunktion

Nachweis der Funktionalität

Identifizierung der exprimierenden Zelle Routinetauglich Hohe Sensitivität Routinetauglich

Nachteile Aufwendig Nicht quantifizierbare RNA-Expression Nicht beweisend für Proteinexpression Im Standardverfahren nicht quantifizierbar Kontaminationsanfällig Aufwendig Geringe Sensitivität Falsch positive und falsch negative Befunde Hohe Abhängigkeit von Antikörperqualität Hohe Abhängigkeit von Antikörperqualität Bestimmung der Masse, nicht der Aktivität Zytokinbindungen an Proteine (z. B. a2-Makroglobulin) und lösliche Rezeptoren können zu falsch negativen Ergebnissen führen Geringe Sensitivität Nur semiquantitative Ergebnisse Störanfällig durch Interferenz mit löslichen Rezeptoren, Bindungsproteinen u. a. Nicht routinetauglich

Z

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ihrer Bestimmung in Körperflüssigkeiten im Rahmen von Akute-Phase-Reaktionen (▶ Akute-Phase-Reaktion), Sepsis, entzündlichen Darm- und Gelenkerkrankungen ist auf wenige Zytokine beschränkt, z. B. IL-6, IL-8, IL-10 (▶ Interleukin-10), TNF-a.

Literatur Horst Ibelgaufts COPE: Cytokines online pathfinder encyclopaedia. www.copewithcytokines.de, Version 45.1, Springer 2016 Edition

Zytotoxizitätstest

Zytotoxizitätstest ▶ Lymphozytotoxischer Test

Zytozentrifuge ▶ Liquor-Zytozentrifugen-Verfahren